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Wer preußische Zivilprozeß.

«ine

systematische Darstellung

de«

Msprozeßversaßrens

nach der jetzigen Gesetzgebung und Praxis.

Von

A. Alker,
Land ? und StadtsGerichts-Rath.

Lissa und Gnefen.


Druck und Verlag von Ernst Günther.

5 8 4«.
^ LS. I).
Ginleitnng.

^)as Gerichtsverfahren der vorchristlichen Bewohner Teutschlands war öffentlich


und einfach. Ungelehrte Schoppen sprachen nach Anhörung der streitenden Theile
das Urtheil. Dies geschah mündlich. Schrift war unbekannt. Selbst die Gesetze
pflanzten sich durch mündliche Überlieferung fort. Erst seit dem 5ten Jahrhundert
nach Christi Geb. begann man in Teutschland mit Sammlung der Gesetze und
deren Niederschreibung. Die Bekanntschaft der Teutschen mit den Römern führte
dies und so manches Andere herbei, was auf den Kulturzuftand und auf die poli
tischen und bürgerlichen Verhältnisse der Teutschen einwirkte. Doch blieb das
öffentliche Gerichtsverfahren noch ferner in Anwendung. Nur machte der streng
beobachtete Grundsatz: daß Jeder nur von Seines Gleichen gerichtet
werden könne, es jetzt, nachdem größere Standesverschiedenheit sich ausgebildet
hatte, nothwendig, daß bei Streitigkeiten unter Edlen gleich Edle die Schöppen-
stelle vertraten, und daß Prozesse der Reichsfürsten vom Fürstenrecht entschieden
wurden.
Das barbarische Mittelalter schob auch den Rechtsschutz in den Hintergrund.
Die als Beweismittel meist zur Anwendung kommenden Gottesurtheile (Ordalien)
machten die Entscheidungen schwankend. Bei den Ritterbürtigen namentlich war
der gerichtliche Zweikampf das Hauptbeweismittel. Nicht der Berechtigtere, sondern
der Kampffähigere gewann den Rechtsstreit. Das Faustrecht wirkte noch nachthei
liger auf die Rechtspflege. Der Gewaltigere und der unter dem Schutz des Gewal
tigeren Stehende siegte da auch bei Rechtsstreitigkeiten ob. Die Einwirkung des
Kaisers war zu ohnmächtig. Denn die Fürsten rissen die Gerichtsbarkeit an sich,
und die kaiserlichen Pfalzgrafen wurden als kompetente Richter außerhalb der kaiser
lichen Erbstaaten meist nicht anerkannt. Nur in den unmittelbaren Stödten war
noch einiges Recht zu finden, wiewohl es auch hier häusig der Gewalt der Patrizier
weichen mußte.
Inzwischen hatte mit Einführung des römischen und des kanonischen Rechts
sich auch das Gerichtsverfahren bei geschlossenen Thürcn eingeschlichen. Die Macht
der Geistlichkeit, und die von der Hierarchie ins Leben gerufenen Jnquisitions-
Gerichte, das Streben der Fürsten nach größerer Macht über ihre Unterthanen,
und der Dünkel der gelehrten Richter, daß die mit den fremdländischen römischen
und kanonischen Rechten unbekannten Schoppen zur Rechtsprechung unfähig, und
nur sie dazu geschickt wären, mögen die Hauptursachen gewesen sein, welche das
teutschthümliche öffentliche Rechtsverfahren verdrängten. — In jmer traurigen Zeit
mag freilich das öffentliche Gerichtsverfahren kein günstigeres Bild gewährt haben,
als das Verfahren hinter geschlossenen Thören. Aber die wohlthätigen Folgen des
öffentlichen Verfahrens hätten, wenn es nicht verdrängt worden, nicht lange aus
bleiben rönnen. Die Erkenntniß des Rechts und der Ordnung wäre früher erwacht;
Teutschland wäre unter Verdrängung der mgeschwgrztcn fremden Rechte durch
^ 1
2
ZeneS Verfahren des teutschen Rechts wieder Meister geworben; das jetzt un«
trennbare Gemisch von fremdländischen und teutschen Verhältnissen und Institu
tionen wäre vermieden worden; das teutsche Volk wäre seiner Rechtsversassung
nicht so unkundig, als es jetzt ist; und was recht allgemein empfunden wird, es
wären die unendlichen Schwierigkeiten und Mühen, um das geheime Verfahren
jetzt zu verbannen, erspart.
Auf dies düstere Bild des mittelalterlichen Rechtsverfahrens wirft den ersten
Lichtschein das durch Kaiser Friedrich II. (-j- 1218) errichtete kaiserliche Hofgericht.
Nach der wohlmeinenden Absicht seines genialen und menschenfreundlichen Schöpfers
sollte dasselbe über alle aus ganz Teutschland zu ihm gelangenden Rechtsstreitig
keiten in letzter Instanz sprechen. Seine Wirksamkeit war aber durch das Streben
der Rcichsfürsten, ihre Länder vom kaiserlichen Richterstuhle unabhängig zu machen,
gehemmt. Wichtiger für die Rechtsverwaltung in Teutschland war das durch
Kaiser Maximilian im Jahre 1495 nach dem Muster des Hofgerichts eingerichtete
Rcichskammergcricht. Seit mehren Jahrhunderten war ein öffentlicher Rechtszu
stand in Teutschland vermißt worden. Kaiser Maximilian begründete ihn endlich
durch den ewigen Landfrieden, und durch die Bildung des Reichskammergerichts»
Dieses wirkte nun vornämlich durch seine Entscheidungen auf Einheit der Rechts-
grundscitze, so wie dahin, daß in einzelnen teutschen Ländern Gerichte nach demselben
Muster errichtet wurden. >) Demnächst ergingen noch mehrfache, die Verbesserung
des Gerichtsverfahrens in Teutschland bezweckende Reichsgesetzc. Das letzte derar
tige war der jüngste Rcichstagsabschied vom Jahre 1654, welcher eine durchgrei
fende Reform des Prozesses anordnete.
Von jetzt an war es den Fürsten der einzelnen Länder Teutschlands überlassen,
die Reichsprozeßgesctzgebung zu vervollkommnen.
In den zur preußischen Monarchie gehörigen Ländern fand bis zur Mitte des
vorigen Jahrhunderts das gemeine teutsche Prozeßverfahren ebenfalls Anwendung,
zedoch unter Berücksichtigung einiger einheimischen Gesetze, namentlich der Kammer-
Gerichtsordnung vom Jahre ISIS, der am 1. Mai 1709 publizirte» neuen Kam
mergerichtsordnung, 2) und der für siimmtliche Gerichtshöfe des preußischen Staats,
damals giltigcn allgem. Ordnung vom 21. Juni 1721. ») Friedrich, der große
König, unterwarf das Juftizwesen in der preußische» Monarchie einer allgemeinen
Reform. Er wollte, daß jeder Prozeß binnen, Jahresfrist in alle» Instanzen zu
Ende sei. Die deshalb von dem Staatsminister v. Cocceji und mehren Röthen ent
worfene Konstitution erging am 31. December 1746. In Pommern, wo damit
der erste Versuch gemacht wurde, war der Erfolg glänzend. 240V alte Prozesse
waren binnen 8 Monaten zu Ende gebracht. Demzufolge wurde das in Pommern
am 6. Juli 1747 publizirte Projekt eines Loäieis ?rickrieislli ?om«rsMei den
Ädrigen Provinzialkollegien als Projekt des LoeZici« krickrieism NsrcKi« am
3. April 1748 vorgeschrieben und veröffentlicht. Im Publikationspatent vom 3>
April 1748 war zugleich ein« gründliche Revision dieses Projekts verheißen. Die
zu diesem Behuft niedergesetzte Kommission arbeitete fortwährend daran; doch er-
«) Für die Mark Brandenburg hatte bereits Kurfürst Friedrich I. im Jahre, 14SS,
das Hof- und Kammergericht gestiftet. Kurfürst Johannes, mit dem Bei
namen Cicero, welcher unter Kaiser Maximilian Reichskammerrichter war,
strebte dahin, jenes nach dem Reichskammergericht umzubilden. Doch erst
Kurfürst Joachim I. führte dies durch die Kammergerichts-Orsnung von 15tS>
(nach Andern 1526) aus. Simon und Strsmps Zntschr. I. S. 174.
Hymmens Beiträge zur jurist. Literatur in dm preuß. Staate», Samml. I.
S. 176 fg.; U. S. 246 fg.
S) c. c. VI. Nr. 6S.
->) c. c. Io« u. Rbtl> 2. Nr. «I.
3
schien d» «vidlitt Entwurf »icht. Rur zwei Anhänge wurden 1761 >) unb'resp.
1769 bekannt gemacht.
Am 18. August 1774 überreichte der schlesische Juftizmivister v. Carmer dem
König einen Plan zur Justizverbesserung. Der Großkanzler v. Fürst erklärte sich
jedoch gegen dessen Zweckmäßigkeit. Auch in Bezug auf den im Jahre 1775 vom
Juftizminister v. Carmer dem Könige überreichten, vom ehemaligen Ober-Amtsreg.-
Rath Suarez gefertigten und mit dem Titel eines Projekts des revidirten
l!«6ici» krie<1eriei»lli versehenen Entwurf einer neuen Prozeßordnung fiel
der gutachtliche Bericht, den der Großkanzler am Ii). Januar 1776 dem König
erstattete, ungünstig aus. Die Folge davon war, daß dieser Entwurf vorläufig
weggelegt wurde. Da jedoch die Prozesse dem Könige noch immer nicht schnell
genug beendet wurden, erging das deren Beschleunigung bezweckende Gesetz vom
15. Januar 1776 unter dem Titel: Reue Verordnung, um die Prozesse
zu verkürze».
Bis jezt war die Jnquisitivnsmethode dem Prozesse noch fremd gewesen. Der
Ooäex krieär. UsrcKici ordnete vielmehr die Verhandlungsmethode an, und be
schränkte den Schriftwechsel; er gewährte noch Erkenntnisse über Jnzidentpunkte
und Rechtsmittel gegen dieselben. Der v. Carmer'fche Entwurf wollte dagegen die
Juguifitionsmethode eingeführt haben. Die Hindernisse, welche der Einführung
desselben bisher in den Weg gestellt worden, wurden durch den bekannten Müller
Arnold'schen Rechtsfall beseitigt. Der Großkanzlcr v. Fürst erhielt in Folge dieses
Rechtsfalles die Entlassung, und v. Carmer wurde am 25. December 1779 sein
Nachfolger. Schon unterm 28. December 1779 erging eine vorläufige Instruktion
über das prozessualische Verfahren an sämmtliche Justizkollegien , und durch Kab.s
Ordre vom 14. April 1780 ») erhielt v. Carmer den Auftrag, unter Zuziehung
der geschicktesten und redlichsten Männer, die er finden könne, eine neue Prozeß
ordnung und ein neues Gesetzbuch zu entwerfen. Der Konig bezeichnete als
Hauptprinzipie» der Prozeßordnung!
„daß der Richter die Parteien mit ihrer Klage und Beantwortung selbst
hören, ihre Erzählungen und mitzubringenden Beweisthümcr gegen ein
ander halten, und so den wahren Zusammenhang der Sache, welche zu,
dem Rechtsstreite Anlaß gegeben, eruiren, hiernach aber denselben, den
Rechten und der Billigkeit gemäß, Vorschläge zum Vergleiche machen solle."
Der Großkanzler ließ demzufolge seinen Entwurf zur Prozeßordnung vom
Jahre 1775 nach den vom Kammerger.-Prästdenten v. Rebeur erforderten Erinne
rungen und unter Benutzung der, Behufs Revision des kri^r. MrcKiei
gesammelten Materialien umarbeiten, thcilte denselben der dazu ernannten Kom
mission zur Prüfung mit, und nach Benutzung der Erinnerungen wurde derselbe
am 2S. April 17S1 unter dem Titel :
„Corpus juris ?riäri eisnuin, erstes Buch, von der Prozeßordnung"
publizirt. — Die Oberlandesgerichte hatten bereits früher den ersten Theil dieses
Codrcis mit der Auftage erhalten, vom 1. Januar 1731 an die neu eingehenden
Sachen, die sich zum ordinairen Prozeß qualisizirten, darnach zu instruircn; auch
mar denselben eine von Suarez entworfene Instruktion zur Umleitung der noch
schwebenden Prozesse, sowie ein Unterricht über die Hauptgrundsätze und das Wesen
des künftig zu beobachtenden Verfahrens zugefertigt worden.
1) Sck. 28. Kbruar 1761; er ist abgedruckt in N. C. C. Nr. 6. «1« 1761.
2) Dieser Anhang erhielt als Pxivatsammlung die Allerh. Approbation. Er ist
besonder« edirt.
->) R, S. <5. Is». VI. S. 1SSS «nd in Aabe Bd. 1, Abth. S, S. 4SS.

4
Man hatte mit Abfassung des Loclex ?riclric. so geeilt, baß man nicht Zeit
gewann, die Gutachten der Landes-Justizkollegien und der Sachverständigen darüber
einzuholen. Erst nach Publikation holte man dies nach. Im Jahre 1792 erfolgte
die Revision der eingegangenen Erinnerungen, welche der Großkanzler sich vortragen
ließ. Demnächst schritt Suarez zur Umarbeitung. Diese ist als der Entwurf zur
Allgem. Gerichtsordnung anzusehen. Die Gesetzkommission und die Justiz
minister v. Goldbek und v. d. Reck prüften nochmals den Entwurf; über mehre
Punkte wurde im Staatsrathe konferirt, über andere trat der Großkanzler mit
dem General-Direktorium und mit dem Departement der auswärtigen Angelegen
heiten in Korrespondenz, und auf Grund aller dieser Verhandlungen erfolgte die
Revision des Entwurfs. Am 6. Juli 1793 genehmigte der König die neue Aus
gabe der Prozeßordnung unter dem Titel:
Allgemeine Gerichtsordnung für die preußischen Staaten;
und vollzog das Publikationspatent. Der Druck derselben verzog sich, so daß die
wirkliche Publikation des ersten Thcils bis zum December 1794 und des zweiten
und dritten Thcils bis zum Juli 1795 verschoben wurde.
Die Allgem. Gerichtsordnung ist nur eine veränderte und mit einem neuen
Titel versehene Ausgabe des Corpus juris ?ric!rie. Nur der zweite Theil ist in
zener neu hinzugekommen. Das Oorpus juris ?ricir. bestand aus 4 Theilen.
Won diesen bilden der erste und zweite Theil jezt den ersten Theil, und der dritte
ebenfalls den dritten Theil der A. G. O. Der vierte Theil des Corpus juris ist
in dem ersten Theile der A. G. O. an den gehörigen Orten vertheilt. Der wesent
lichste Unterschied zwischen beiden ist, daß in der A. G. O. das Institut der Assi-
fienzräthe nicht aufgenommen, deren Functionen vielmehr großcntheils den Justiz
kommissarien zugedacht worden.
Das in der Allg. G. O. vorgeschriebene Prozeßverfahren hat besonders in
neuester Zeit, wo die Stimmen für das öffentliche Gerichtsverfahren immer lauter
«nd zahlreicher werden, viele Anfechtungen erlitten. Es sei uns deshalb erlaubt,
eine über den Werth jenes Gesetzbuches sprechende gewichtige Stimme zu hören.
Der Revisor der Allg. G. O. sagt nämlich Folgendes :
„Es ist nur ein schuldiger Tribut, den wir der Allg. G. O. zollen, wenn wir
uns zuerst an das Gute erinnern, was die G. O. gewirkt hat. Wer kann ver
kennen, daß sie die Prozesse verkürzt, dieselben von unnützen Förmlichkeiten und
den vielen Iwischenurtheilen gereinigt hat? daß sie die Richter den Parteien
zugänglich gemacht, und auf den Stand der Richter vortheilhaft gewirkt, und
das Übel, das früher durch die Advokaten unbestreitbar bestand, gründlich beho
ben, daß sie also vielfach Gutes gewirkt hat? Wer aber vermag zu leugnen,
daß die Ausführung der zum Grunde liegenden Ideen hinter den Erwartungen
ihrer Schöpfer zurückgeblieben ist? In der Allg. G. O. selbst lag der Grund
dieser betrübenden Erscheinung. Man hatte die Kräfte, die eine Anwendung der
Gerichtsordnung erforderten, nicht gehörig berechnet; die Richter erlagen, beson
ders bei steigender Bevölkerung und vermehrtem Verkehr, der unübersehbaren
Last der Arbeit. Das schon an sich unnatürliche Verlangen, die außer dem Ge
biete der Strafgewalt liegende, daher ohne Basis aufgestellte Iwangspflicht,
uneigennützig zu handeln im Augenblicke des Kampfes um wesentliche materielle
Güter, konnte von den Parteien nicht erfüllt, nicht erzwungen werden. Die
Formlosigkeit des Verfahrens führte auf einer andern Seite die Langsamkeit
ber Prozesse wieder herbei. Die subalterne Stellung des Justizkommiffarius
konnte kein geistiges Leben wecken, raubte ihm sogar in gewissem Grade die
Möglichkeit, wesentlich zu wirken für seinen Machtgeber. Er steht überhaupt da
als ein? der Verwirklichung der Jnquis«ZonSmaxi,me hemmend entgegentretende,
5
in den Untersuchungsprozeß g«n- »icht gehörende Person j schon um deshalb, weit
sein Eintreten Formen und Fristen nothwendig machte. So wurde das, nach
der Idee der G. O. formlost Verfahren eine tobte Form, war also schlimmer,
als ein durch den Gesetzgeber in Formen gebrachtes Verfahren."
Die geraume Zeit, welche seit Publikation der Allg. G. O. verstrichen, die seit
jener Zeit erfolgte Änderung so mancher Institutionen und Verhältnisse im Staate,
die geistige Regsamkeit unter den preußischen Juristen, und so manche andere Um
stände waren Veranlassung, daß die Vorschriften der Allg. G. O. bis jetzt vielfach
verändert, ergänzt und erläutert worden. — Eine der wichtigsten Änderungen
wurde bereits durch die Verordnung vom 19. Decbr. 1799') herbeigeführt, wo
durch die Pflicht der Parteien, persönlich zu erscheinen, auf die Fälle beschränkt
wurde, in denen dieses Erscheinen dem Richter zur Ermittelung der Wahrheit un
umgänglich nothwendig erscheine. Diese Verordnung griff wesentlich in das Prinzip
der Allg. G. O. ein, und führte dahin, daß in der Praxis die in der G. O. vor
geschriebene Jnquisitionsmethooe nach und nach vernachlässigt wurde, und zuletzt
ganz außer Gebrauch kam.
Im Jahre 1815 wurden die bis dahin ergangenen ergänzenden und erläutern
den Verordnungen gesammelt, und als Anhang durch Patent vom 4. Februar 181ö
vom Könige sanctionirt. Im Jahre 1817 wurde in Prcusstn der erste Versuch
gemacht, die durch die Allg. G. O. vorgeschriebene Jnquisitionsmethode zu verlassen
und eine ganz andere Richtung einzuschlagen. Die Verordnung vom 9. Februar
1817 führte nämlich im Großherzogthum Posen, in dem zuletzt französisches
Recht gegolten hatte, ein mündliches, auf die Verhandlungsmaxime gebautes,
öffentliches Prozeßverfahren ein. Dennoch währte es noch 16 Jahre, ehe der
Wunsch, ein ähnliches Verfahren auch in den übrigen preußischen Provinzen einzu
führen, in Erfüllung ging. Es geschah durch die Verordnung vom 1. Juni 1833.
Durch diese Verordnung sind die bei weitem größte Zahl der Prozesse dem Prozeß
verfahren der Allg. G. O. entzogen. Sie sind einem einfacheren, an strenge For
men und Fristen gebundenen, zur größeren Beschleunigung dienenden Verfahren
überwiesen. —
Außerdem sind als höchst wichtige Prozcßgesctze noch zu erwähnen die Vererbe
nung vom 14. December 1833 über das Rechtsmittel der Revision und der Nich
tigkeitsbeschwerde, nebst Deklaration und Instruktion vom 6. — 7. April 1839;
die Verordnung vom 4. März 1834 über die Exekution in Civilsachen, und die
Verordnung von demselben Tage über den Subhastations- und Kaufgelder- Liqui
dationsprozeß. Die auf das Prozeßverfahren minder einflußreichen Verordnungen,
deren Zahl groß ist, übergehen wir hier. Sie werden an den betreffenden Orten
erwähnt werden.
Landestheile, in denen die Allg. G. O. nicht gilt.
Die Allg. G. O. nebst den sie ergänzenden, erläuternden und abändernden
Bestimmungen kommt im ganzen preußischen Staate mit Ausnahme nachstehender
Landestheile, in denen sie nicht gilt, zur Anwendung:
1) Im Fürstenthum Neufchatel und der Grafschaft Valenginz
2) im Herzogthum Pommern und dem Fürstenthum Rügen (Regierungsbezirk
Stralsund oder Provinz Neuvorpommern), welches mittels Traktats vom 7.
Juni 1815 von Schweden an Prcuffen abgetreten ist (Anh. Ges.-S. vom Jahre
1815, S. 39);
3) in dem Bezirk des Oberappellationsgerichts zu Köln, und
4) in dem Gerichtsbezirk des Justiz-Senats zu Koblenz, bestehend aus dem
') N. C. E. roiu. X. S. 2713, Nr. 74 <K 1799. — Rabe, Bd. S, S. 673.
6
Gerichtssprengel des Stadtgericht« zu Wetzlar, der königl. JuMmber «lten-
kirchen, Atzbach, Ehrenbeitftein, Freusburg, Friedewald, Hammer
stein, Linz, Mallendar und der standesherrlichen Jufiizä'mter Altenwied,
Dierdorf, Heddersdorf, Neuerburg, Neuwied, Hohensolms, Schön
stein. Gewöhnlich bezeichnet man diesen Obergerichtsbezirk als den auf dem
östlichen oder rechten Ufer des Rheins belegenen Theil des Regierungsbezirks
Koblenz.
In den Landesthcilen 2 bis 4 sind jedoch einzelne Bestimmungen der Allg.
G. O. durch spezielle Verordnungen eingeführt, und zwar:
s) Die Bestimmungen über das Aufgebot und die Amortisation verlorener oder
vernichteter Stoatspapierc durch die Verordnung vom 16. Juni 1819 (G. W.
für 1819, S. 16«),
Ii) die Vorschriften über das Verfahren gegen ausgetretene Militairpflichtige, durch
Verordnung vom 15. September 1818 (GS. S. 175>,
c) die Vorschriften Behufs Entscheidung der Frage: wie viel einem preußischen
Beamten im Wege der Exekution von seinem Diensteinkommen entzogen werden
kann? durch Beschluß des königl. Staatsministerii vom 29. November 1813
(Jahrb. Bd. 21, S. 32. GrKff, Bd. 2, S. 214).
WerhSltniß der Prozeßordnung zu den übrigen Gesetzbüchern.
Beim Widerspruch zweier Gefetze gilt als Regel, daß die neuere gesetzliche Be
stimmung die ältere widersprechende aufhebe. Daraus folgt, daß die Allg. G. LX
in Betreff der Bestimmungen den Vorzug hat, hinsichtlich welcher sie mit den
Gesetzbüchern nicht übereinstimmt.
Die Depositalordnung ist im Jahre 1783 und die Hypothekenordnung im Jahre
1784 publizirt. Die Publikation des Allg. L. R. erfolgte durch Patent vom 5.
Februar 1794 und dasselbe hat Gesetzeskraft seit dem 1. Juni 1794. Die A. G. O.
wurde zwar schon unterm 6. Juli 1793 vom Könige bestätigt, erschien aber erst
resp. im Deccmber 1794 und Juli 179Z, also später als das Allg. L. R. Die Allg.
G. O. ist mithin jünger, als alle drei übrigen genannten Gesetzbücher. Wenn auch
die Allg. G. O. größtentheils Wiederholungen des tüorp. ^uris kri^ri«. enthält,
so macht dieser Umstand sie nicht älter, weil nach Inhalt des Publikationspatents
vom 6. Juli 1793 dieselbe erst von Publikation an, Gesetzeskraft erhielt und die
wirkliche Publikation erst nach Gesetzeskraft jener Gesetzbücher erfolgte; und weil
die Allg. G. O. mit Rücksicht auf den veränderten Titel und die im Inhalt und
Umfang vorgekommenen Veränderungen, namentlich aber durch Weglassung der bis
zur Publikation aufgehobenen Bestimmungen des Lorp. ^mis t>i<1nL., als ein
von diesem verschiedenes Gesetzbuch erachtet werden muß.') Bei Beurtheilung
dessen, welche von zwei sich widersprechenden Gesetzstellen der verschiedenen Gesetz
bücher den Vorzug habe, wird jedoch zugleich berücksichtigt werden müssen, wo
seäes mstsriäe ist, und daß die Allg. G. O. hauptsächlich Bestimmungen des for
mellen und das Allg. L. R. Bestimmungen des materiellen Rechts enthalt.
Der am 4. Februar 1815 publizirte Anhang zur Allg. G. O. ist nach Inhalt
des Publikationspatents nur eine Sammlung der neueren Borschriften. Bei An
wendung der einzelnen Anhangs §H wird daher, falls Iweiftl über deren Inhalt oder
Alter entstehen, aus die Gesetze zurückgegangen werden müssen, aus denen sie ge
nommen sind.
') Jedes Gesetzbuch enthält mehr oder minder Bestimmungen des vor ihm oft'ltig
gewesenen Gesetzes, dessen Stelle es »ertreten soll. Bei dergleichen Kvtifel»
müßte dann, wenn zener Umstand entscheidend fein sollte, bis ins gr«e Alter»
thum zurückgegangen werden, um zu entscheiden, welches Gesetz das ältere sei.
7

Allgemeiner Theil.

Erster Titel.
Über den Gegenstand de« Prozesses.
Begriffsbestimmungen.
§. I. Prozeß wird in der A. G. O. diejenige gerichtliche Verhandlung ge
nannt, durch welche der Richter in den Stand gesetzt werden soll, eine über Ge
genstände des Privateigenthums entstandene Streitigkeit nach den Gesetzen zu ent
scheiden. — Die Praris begreift aber unter Prozeß sowohl diese zur Entscheidung
vorbereitende Verhandlung, als die richterliche Entscheidung nebst deren Publikation.
Derjenige Theil des Prozesses, welcher die Aufnahme und Untersuchung der
in diesem vorkommenden, und zu dessen Entscheidung gehörigen Thatsachen in sich
faßt, heißt die Instruktion. Gegenstand der Letztern ist also hauptsächlich die Er
mittelung derjenigen Thatsachen, aus welchen die streitige Befugniß oder Obliegen
heit entspringen, oder worauf sie sich gründen soll. — §. 1, 2, 3, 5 und 3 der
Sinleit. zur A. G. O.
Gegenstand des Rechtsstreits.
Z. 2. Alle Streitigkeiten über Sachen und Rechte, welche einen Gegenstand
des Privateigenthums ausmachen, müssen, wenn kein gütliches Übereinkommen statt
findet, durch richterlichen Ausspruch entschieden werden. — §.1 das.
Von der Selbsthilfe.
§. 3. Dagegen ist Niemand sich durch eigene Gewalt Recht zu verschaffen
befugt. Die Selbsthilfe kann nur in dem Falle entschuldigt werden, wenn die
Hilfe des Staats zur Abwendung eines unwiderbringlichen Schadens zu spat kom
men würde. Als Fälle der erlaubten Selbsthilfe bezeichnet das Gesetz: 1) wenn
der Besitzer einer Sache gewaltsamen Eingriffen in seinen Besitz da, wo das Ein
schreiten des Staats zu spät kommen würde, ebenfalls Gewalt entgegensetzt;
2) wenn unter gleichen Umständen derjenige, welcher seiner Gewahrsam oder seines
Besitzes mit Gewalt entsetzt worden, diesen Besitz wieder ergreift; 3) wenn der
bloße Inhaber einer Sache von dem, in dessen Ramcn er besitzt, der Gewahrsam
au« eigener Macht entsetzt wird; 4) wenn Jemand bloßes Hausrecht, oder 5) ge
rechte Nothwehr gegen eigenmächtige Gewalt ausübt; und 6) wenn Jemand Pfän
dungen da vornimmt, wo ohne dieselben der Zweck der Sicherstellung wegen eines
schon erlittenen Schadens ( namentlich wenn die Pfändung das einzige Mittel ist,
sich des Beweises der geschehenen Beeinträchtigung oder des erlittenen Schadens zu
versichern, oder der Beschädige! oder Störer unbekannt, unsicher oder cm Fremder
ist), ober de« Abwendung noch bestehender Beeinträchtigungen durch richterliche
Hilft nicht erlangt werden kann.')
§. 77 fg. Einl. zum A. L. R. §. 157 fg. §. 517 — 527, Th. II. Tit. 20.
Z. 143 - 145. Z. 148, Tit. 7, und z. 414 fg. Tit. 14, Th. I. A. L. R.
Fälle, in denen kein Rechtsweg zulässig.
§. 4. In nachstehenden Fällen ist der Rechtsweg ausgeschlossen:
1) in allen Landeshoheitssachen. 2) Es kann deshalb aus den landeshoheit
lichen Anordnungen weder ein privatrechtlicher Anspruch an sich, noch ein Ent
schädigungsanspruch hergeleitet und im Wege des Prozesses geltend gemacht
werden. Nur s) wenn der Staat aus überwiegenden Gründen des gemeinen
Wohls ein Privilegium aufhebt, oder b) wenn er von feinem Rechte, Jeman
den des gemeinen Bestens wegen, zum Verkaufe seines Eigenthums anzuhalten,
Gebrauch macht; so kann der Privilegiirte oder resp. zum Verkauf Genöthigte
die Feststellung des dafür zu gewährenden Entschädigungsanspruches durch rich
terliche Entscheidung verlangen. K. 7«, 71 Einl. z. A. L. R. Cab.-Ordre vom
4. December 1831. GS. S. 255. Verordn. vom 26. December 1305, Z. 35
bis 41. N. C. C. I'om. XII. S. 679. Rabe, Bd. 9, S. 467. GS. für
1817, S. 283. — Z. 4—1«, Tit. 11, Th. I. Z. 11, Tit. 7 und Z. 109 fg.
Tit. 16, Th. II. A. L. R. — Z. 6 des Gesetzes vom 9. Nov. 1843. GS. S. 342.
2) Über die Verbindlichkeit zur Entrichtung allgemeiner Anlagen und Abgaben,
denen sämmtliche Einwohner des Staats oder alle Mitglieder einer gewissen Klasse
desselben nach der bestehenden Landesverfassung unterworfen sind, findet kein Prozeß
statt. Ausnahmsweise ist der Rechtsweg hier nur zulässig, wenn Jemand aus
1) Zur erlaubten Selbsthilfe sind auch diejenigen Fälle zu zählen, in welchen ein
zelnen Behörden ohne vorhergegangene richterliche Entscheidung das Ereku-
tionsrecht zusteht. Diese Fälle werden theils im Z. 6 d. T., theils im Titel:
„die Vollstreckung der Erkenntnisse durch Erckution," aufgezählt werden.
2) Dahin gehören: s) alle Handlungen des Landesherrn, welche den Schutz des
Staates gegen auswärtige Feinde, oder welche Bündnisse und Verträge mit
fremden Staaten zum Gegenstande haben, 81 der Einl. und §. 5. 13. II.
A. L. R.; — b) das Recht des Staatsoberhaupts, Gesetze zu geben, dieselben
wieder aufzuheben und sie zu deklariren; e) das Recht des Staatsoberhaupts,
Privilegien, Standeserhöhungen, Ämter und Würden zu verleihen; ck) das
landesherrliche Auffichtsrecht über öffentliche Anstalten und Korporationenz
«) das landesherrliche Besteuerungsrecht, und t) das Recht des Staatsober
haupts, da, wo es das gemeine Wohl erfordert, Privilegien aufzuheben und
Andere zum Verkauf ihres Eigenthums anzuhalten, wie z. B. zur Anlegung
und Verbreitung öffentlicher Landstraßen, eines schiffbaren Kanals oder Fluß
betts, zur Anlegung von Festungswerken, ferner von Gruben, Stollen, Halden
und Wegen, auch Gebäuden über der Erde Behufs des Bergbaues, oder bei
entstehendem Getreidemangel zc. — All. Cab.-Ordre vom 4. December 1831
und Ber. des Staatsm. vom 16. Nov. 1831. GS. S. 255. — §. 6, 7, IS,
15, 7«, 74 Einl. 8. 11, Tit. 11, I. g. 44, Tit. 14, II. A. L. R. — Wenn
jedoch der Landesherr selbst dem Unterthan in Betreff einer von ihm erlassenen
Verfügung rechtliches Gehör eröffnet, so ist die richterliche Entscheidung zulässig.
Rescr. vom 18. Juli 1799. Stengel, Bd. 15, S. 307. Rabe, Bd. 5,
S. 500. — Entstehen in den zum teutschen Bunde gehörigen Theilen der
Monarchie zwischen der Regierung und den Ständen über die Auslegung der
Verfassung oder über die Grenzen der bei Ausübung bestimmter Rechte des
Regenten den Ständen eingeräumten Mitwirkung, namentlich durch Verwei
gerung der, zur Führung einer, den Bundespflichten und der Landesverfassung
entsprechenden Regierung, erforderlichen Mittel Irrungen; so gehört die Ent
scheidung darüber zunächst vor das vom teutschen Bunde eingesetzte Schieds
gericht, und erst, wenn dies die Irrungen nicht zu beseitigen vermag, kann
die Dazwischenkunft des Bundes nachgesucht werden. Bundesbeschl. vom 30.
Lttoher 1SS4 im Publ.-Pat. vom 7. Juni 1343. GS. 1S43, S. 270.
besondern Grünben, namentlich auf Grund von Vertragen, ausdrücklichen Privilegien
«der Verjährung, Befreiung von einer bestimmten Abgabe behauptet. Doch ist hin
sichtlich der Zoll- und Verbrauchssteuer für ausländische Waaren der Einwand
der Befreiung niemals zulässig. Beschwerden über die Höhe der von den Be
hörden repartirten Staats- oder Eommunalobgaben können nur im Wege des
Rekurses an die vorgesetzte Staatsbehörde beseitigt werden. Dies gilt auch in
Betreff der bei Chausseebauten oder Reparaturen unter die verpflichteten Ge
meinden repartirten Fuhren. Unter den Mitkontribuenten einer allgemeinen
Abgabe oder Anlage sind Prozesse über die Vertheilung derselben, namentlich
über die Frage: ob Jeder nach Verhältniß seiner Theilnahmepflicht besteuert
sei? jederzeit zulässig. ') — K. 4 — 9. Z. 79, Tit. 14, II. A. L. R. —
Cab.-Ordre vom 19. Juni 1836. GS. S. 193. Cab.-Ordre vom 13. Nov.
1328. GS. für 1829, S. 16. — 8- 27 des Ges. vom 26. Mai 1813. GS.
S. 69. z. 24, Ed. vom 2. Nov. 181«. GS. S. 85. — Ges. vom 3«. Mai
. 1820, Z. 6. GS. S. 142. — Rescr. vom 8. April 1836, Jahrb. Bd. 47, S.
S31. — Rescr. vom 16. Octb. 1817, Jahrb. Bd. 1«, S. 231. Gröff,
Bd. 2, S. 4.
3) Gegen die das Kreditsystem betreffenden Verfügungen oder Handlungen der
landschaftlichen Provinzialdirektionen findet nur der Weg der Beschwerde
an die Generaldirektion, und gegen die von dieser erlassenen Verfügungen der
Rekurs an den engern Ausschuß statt. — g. 61 und 62 der Kreditordn. für
das Großherz. Posen vom 15. December 1821. GS. S. 226;
4) Die Rechtsstreitigkeiten zwischen der hinterpommerschcn Land , Feuerfc-
zietät und deren Assoziirten sind ausschließend der Kognition der Landstände
unterworfen. Rescr. vom 3. Juni 1835. Jahrb. Bd. 45, S. 427. Gräff,
Bd. 8, S. 136. — Streitigkeiten zwischen der Feuersozietät des platten
Landes der Grasschaft Hohnstcin und den Assoziirten, so wie zwischen der
schlesischen Land-Feuersozietät und den Assoziirten und der Magdebur
ger Feuersozietät und den Assoziirten wegen Aufnahme der Taxen oder
Brandschäden, über den Betrag der Bergütigungsgelder, über die Zahlungs
modalitäten, über zu zahlende Kosten und dergl. sind vom ordentlichen Rechts
wege ausgeschlossen. Sie werden durch die Direktion entschieden. — Reglem.
vom 27. März 1843. GS. S. 161. — Reglem. vom 28. April 1843, Z. 123.
GS. S. 212. — Reglem. vom 6. Mai 1842, §. III. GS. S. 141.
ö) Streitigkeiten der Armenanstalten unter einander wegen Wiedererstattung
der den Armen fremder Gemeinden gegebenen Unterstützungen, werden nicht durch
Prozeß, sondern durch Ministerialverfügung geschlichtet. Cirk.-Rescr. vom 17.
November 1803. N. C. C. lom. XI. S. 1931. Rabe, Bd. 7, S. 522.—
Über Streitigkeiten zwischen verschiedenen Armenverbändcn entscheidet die
Landespolizeibehörde. Betrifft der Streit die Frage: welcher von diesen Ver
bänden die Verpflegung des Armen zu übernehmen habe, so findet gegen jene
Entscheidung der Rechtsweg statt; doch muß letztere bis zur rechtskräftigen
Beendigung des Prozesses befolgt werden. Über den Betrag der Verpflegungs-
koften ist der Rechtsweg nicht zulässig. — Der Arme selbst kann den Anspruch
auf Verpflegung gegen einen Armenverband niemals im Rechtswege, sondern
nur bei der Verwaltungsbehörde geltend machen, in deren Pflicht es liegt, keine
Ansprache zuzulassen, welche über das Nothdürftige hinausgehen.
Weigert der zur Verpflegung eines Armen aus privatrechtlichem Verhalt-
nisse Verpflichtete die Erfüllung dieser Pflicht, so muß bis zu dessen rechtskräf-
') Dies ist z. B. der Fall, wenn Mehre sich in ein Grundstück getheilt haben
und über die Beitragspflicht zu den öffentlichen Abgaben uneinig sind.
10
tiger Verurteilung die Fürsorge für den Armen von dem Armenverbanbe über
nommen werden, welchem dieselbe in Ermangelung eines solchen Verpflichteten
obliegen würde. Entsteht unter zwei Verbänden darüber Streit, so wird er
nach vorstehenden Bestimmungen entschieden. 8> 23 bis 35 des Ges. vom 31.
December 1S42. GS. für 1843, S. 13. Der Rechtsweg ist ferner ausge
schlossen :
6) über die Frage : ob eine Gemeinheitstheilung nach Beschaffenheit der Ortlichkeit
an sich zulässig sei oder nicht. — z. 6, Tit. 43, I. V. G. O. Z. 23 der Gem.-
Ordn. vom 7. Juni 1821. GS. S. 56 z
7) über die Verbindlichkeit der Freiholzdeputanten, die Hälfte ihres Bedarfs in
Torf oder in Gelde anzunehmen. — Anh. S. 61 zum A. L. R. §. 36 der
Verordn. vom 26. December 1808 (GS. für 1817, S. 283);
8) in Betreff der Fragen :
ob der Fall der Entschädigung für den durch das Edikt vom 28. Oct.
1810 aufgehobenen Mühlen- und Getränkezwang durch besondere örtliche
Verhältnisse als Ausnahme von der Regel begründet?
auf wie hoch dann diese Entschädigungssumme festzustellen sei?
und wie viel der für ein im Großhcrzogthum Pofen aufgehobenes Zwangs-
und Bannrecht vom Staate zu vergütende Schaden betrage?
Über diese Fragen hat nur die betreffende königl. Regierung die nöthigen Er
mittelungen vorzunehmen und zu entscheiden. Gegen die Entscheidung der Re
gierung steht der Weg des Rekurses an die Ministerien des Innern und für
Handel und Gewerbe offen. — Z. 6 und 10 der Verordn. vom 15. Sept. 1818.
GS. S. 178. Gef. vom 13. Mai 1833. GS. S. 6«. Rescr. vom 3«. Aug.
1817. Jahrb. Bd. 10, S. 5. Gr« ff, Bd. 2, S. 4. Z. 3 des Ges. vom
28. October 181«. GS. S. 95;
9) hinsichtlich der von den Magisträten aufgenommenen, von der Regierung bestä
tigten Taxen der abzulösenden Real- Gewerbeberechtigungen; ferner hinsichtlich .
der Frage: ob die Ablösung der Berechtigung erfolgen muß, wenn die volle
Taxe geboten wird, fo wie: ob eine Corporation zur Berichtigung der Ablö
sungssumme einer ablösbaren Gewerbegerechtigkeit verpflichtet sei? und Hin-
fichtlich der Entschädigungssumme der nicht mit einem Grundstücke verbundenen
im Hyxothckenbuche eingetragenen Gewerbeberechtigung. In allen diesen Fällen
gehört die Sache vor die königl. Regierung. Nur über die Entschädigungs
summe der schon im Jahre 1810 in Berlin, Königsberg und Breslau etablirten
Apotheker entscheidet das Ministerium. — Ed. vom 2. November 1810 Z. 17.
GS. S. 83. — Ges. vom 7. Sept. 1811, Z. 34, 43, 44. GS. S. 266 fg.—
Verordn. vom 24. Oct. 1811, z. 8. GS. S. 36«. — Rescr. vom 6. Juni 1834.
Dagegen gehört zur richterlichen Kognition die Entscheidung der Fragen:
ob eine Gewerbeberechtigung in die Kategorie der gesetzlich abzulösenden
gehöre? so wie: ob der Inhaber einer bestehenden Apotheke eine Ent
schädigung durch Ablösung der Apothekergerechtigkeit um deshalb, weil er
ein Privilegium exclusivum hat, zu fordern befugt sei?
Eine Klage auf Schließung einer neu errichteten Apotheke ist aber niemals zu
lässig. — Rescr. vom 27. Oct. 1834. Gr äff, Koch zc. Ergänzungen I.
Abth. 1, S. 975. — Refcr. vom 4. Nov. 1817. Jahrb. Bd. 1«, S. 219.
Gräff, Bd. 1, S. 29.
1«) Wird dem zur Anlegung einer Apotheke Konzessionirten zur Bedingung gestellt,
die zur Einrichtung und zum Betriebe der Offizin seines Vorgängers gehörigen
noch brauchbaren Gefäße, Geräthschoften und Waarenvorräthe, diese in der dem
Umfange vis Geschäfts nöthigen Quantität, zu übernehmen; so bestimmt nach
11
Anhörung von Sachverständigen die Regierung den Übernahmeprei« und gegen
diese Feststellung ist eine Berufung auf richterliche« Gehör nicht zulässig. —
Eab.-Orvre vom «. März 1842. GS. S. III.
11) Wenn einem Staatsbeamten die Erlaubniß zur Betreibung eines Gewerbe« ver
sagt wird. — Ed. vom 7. Scpt. 1811, Z. 81. GS. S. 271.
12) Über die in Betreff der Grenzen einer Gewerbbercchtigung entstandenen
Zweifel gebührt die Entscheidung der Polizeibehörde. — Z. 58 das. GS. 1811,
S. 269.
13) Die Bestimmung darüber, ob dem, welcher das Hausir- oder eines der Z. 131
des Gesetzes vom 7. September 1811 über die polizeilichen Verhältnisse der
Gewerbe, benannten Gewerbe anfangen, oder von einem Andern übernehmen
will, das dazu erforderliche Zcugniß, daß ihm der Betrieb dieses Gewerbes er
laubt sei, zu ertheilcn oder zu versagen? gebührt der Lo?al-Polizeiobrigkeit, und
es steht dagegen nur der Rekurs an die vorgesetzte Polizeibehörde z»> — §. 133
ebend. Regul. vom 28. April 1824. GS. S. 126 fg.
14) Streitigkeiten der Zünfte gegen einander, oder mit Einzelnen, so weit sie Privat
rechte betreffen, die sich auf Junftprivilegien , Vertröge mit andern Zünften,
oder sonstige dcrgl. Rechtstitel gründen, gehören zur richterlichen Entscheidung.
Handelt es sich aber lediglich um Aufrechthaltung der im öffentlichen
Interesse erlassenen gewerbepolizeilichen Verordnungen, gleichviel, ob eine Zunft
oder ein einzelner Gewcrbeberechtigter bei deren Beobachtung auch ein Privat
interesse zu haben glaubt, so gehört die Sache, wenn obrigkeitliches Einschreiten
nöthig wird, mit Ausschluß dcs Richters, vor die Polizei, gegen deren Verfü
gung der Rekurs zusteht. — Rescr. vom 14. Mai 1836. v. Kamptz Annolen
Bd. 21, S. 51«.
15) Zwischen dem Patentirten und dem Dritten kann ein Prozeß über die Berechti
gung, welche jener aus dem Patent erlangt hat, gar nicht zugelassen werden.
Dem Dritten steht nur zu, wenn er durch Erthcilung des Patents sich gefährdet
glaubt, dm Nachweis darüber bei den Administrationsbehörden zu führen. —
Rescr. vom 7. Febr. 1821. Gräff, Koch zc. Th. III. S. 45, Iste Ausgabe.
16) Die Landespolizeibehörde hat die Befugniß, den Bau oder die Veränderung einer
Wind- oder Wassermühle, selbst die Wiederherstellung der in einer alten Mühle
früher vorhanden gewesenen aber eingegangenen Anlagen, so wie die Erlaubniß
zum Betriebe einer Brauerei oder Branntweinbrennerei zu untersagen. Dage
gen steht nicht der Rechtsweg, sondern der Rekurs an das vorgesetzte Ministe
rium offen. — Edikt vom 28. Ott. 181«, Z. 8. GS. S. 97. — Res«. Vom
14. Juni 183«. Gräff, Koch zc. Suppl.-Bd. zu Th. IN. S. S.
17) Die Bestimmung darüber : in welcher Art und Weist Flösse und Wassergraben
zu räumen oder zu erweitern;') ob eine beabsichtigte Entwässerung zulässig und
unter welchen Modalitäten sie stattfinden soll ? so wie in welcher Art und Weise
ein Merkpfahl an einer Mühle, der noch nicht unter polizeilicher Aufsicht gesetzt
ist, gesetzt werden soll? gebührt den Polizeibehörden. Ein gerichtliches Verfah
ren ist in allen diesen Fallen nur zulässig: ») wenn darüber gestritten wird,
daß die Höhe des Merkpfahl« durch Vertrage, Verleihungen oder Verjährung
bereits festgestellt sei, und b) wenn über den Umfang der Rechte Streit ist,
welche bei neuen Entwässerungsanlagen von den Interessenten zur Ausgleichung
gebracht werden. — Ges. vom 15. November 1811, §. 5, 1«, 13, 19, 24 und
»5. GS. S. 352. — Ges. 28. Februar 1843, z. 7..
18) Der Polizeibehörde steht die Entscheidung darüber zu : ob das zum Betriebe von
^) S. Srkenntn. des k. O. L. G. zu Breslau vom S. Febr. 1837, in Koch'«
Schl. Anh. Bd. II. S. 443.
12
Färbereien, Gerbereien, Walken und ähnlichen Anlagen benutzte Wasser einem
Flusse zugeleitet werden darf. ') — Ges. vom 28. Febr. 1843, z. 4. GS. S. 41.
19) Die bei Bewässerungsanlagen entstehenden Streitigkeiten gehören nur dann zur
richterlichen Kognition, wenn der Streit die Existenz oder den Umfang eines
Rechts, auf welches ein Widerspruch oder ein Entschädigungsanspruch gegründet
wird, betrifft. Die Entscheidung der Frage: ob durch die Bewässerungsanlage
einem zur Zeit der Publikation des Gesetzes vom 28. Februar 1843 bestehenden
Triebwerke das zum Betriebe im bisherigen Umfange erforderliche Wasser ent
zogen werde; ferner die Feststellung des Plans zur Ausführung und Benutzung
der Anlage und die Bestimmung der Entschädigungssumme für diejenigen, welche
zu Gunstcn der Anlage in ihrem Rechte beschränkt werden, oder solches einräu
men müssen, gehören, mit Ausschluß des Rechtsweges, zur Kompetenz der kön.
Regierungen, und es steht gegen deren Entscheidungen der Rekurs an das vor
gesetzte Ministerium offen. — Ges. vom 23. Febr. 1843, z. 23, 37, 44, 45.
20) Beschwerden über polizeiliche Verfügungen jeder Art, sie mögen die Gesetzmä
ßigkeit, Nothwendigkeit oder Zweckmäßigkeit derselben betreffen, gehören vor die
vorgesetzte Dienstbehörde. Der Rechtsweg ist nur zulässig, wenn die Verletzung
eines zum Privateigenthum gehörenden Rechts behauptet wird. Behauptet Je
mand, welchem durch polizeiliche Verfügung eine Verpflichtung aufgelegt wird,
die Befreiung davon auf Grund besonderer gesetzlicher Vorschrift, oder eines spe
ziellen Titels, so ist die richterliche Entscheidung sowohl über das Recht zu dieser
Befreiung, als auch über dessen Wirkungen zulässig. Doch wird, wenn nach
dem Ermessen der Polizeibehörde die erlassene Verfügung ohne Nachtheil für das
Allgemeine nicht ausgesetzt werden kann, dieselbe, trotz des Widerspruches,
vollstreckt.
Wird behauptet, daß durch die polizeiliche Verfügung, ohne daß ein beson
deres Recht auf Befreiung vorliegt, ein Eingriff in Privatrechte geschehen, für
welchen nach den Vorschriften über Aufopferungen der Rechte und Vorthcile des
Einzelnen im Interesse des Allgemeinen, Entschädigung gewährt werden muß,
so findet der Rechtsweg darüber statt: ob ein Eingriff dieser Art vorhanden sei,
und zu welchem Betrage dafür Entschädigung geleistet werden müsse. — Gesetz
vom 11. Mai 1842. GS. S. 192.
21) Die Entschädigung für den im Herzogthum Sachsen aufgehobenen Salzschank
und Deputalsalz der Rittergüter setzt das Finanzministerium, mit Ausschluß des
Rechtsweges, fest. — Edikt vom 9. Mai 181S, Z. 8. GS. S. 140. — Ferner
sind nicht zulässig :
22) Klagen wegen der aus dem Kriege gegen die französische Republik herrührenden
Forderungen, so wie wegen Ansprüchen an den Fiskus für Kricgsleistungen
während der französischen Militair- Verpflegungsperioden vom 1. März 1812
bis Ende Juni 1314, und in den wiedervereinigten und neuerworbenen Provin
zen während der Jahre 1805, 1806 und 1812. — Cab.-Ordre vom 4. Sept.
1823. GS. S. 161. — Verordn. vom 1. März 1815. GS. S. 14. — Cab.-
Ordre vom 1. Juli 182«. GS. S. III. — Edikt vom 3. Juni 1814. GS.
S. 49. — Cab.-Ordre vom 9. Juni 1821. GS. S. 99. — Cab.-Ordre vom
27. Juni 1822. GS. 1823, S. 17. — Cab.-Ordre vom 31. Januar 1827.
GS. S. 13. — Cab.-Ordre vom 4. Febr. 1799. N. C. C. low. X. S. 2201,
Nr. 6. 6e 1799. — Rabe, Bd. 5, S. 315.
23) Klagen wegen Ansprüchen, welche dritte Personen gegen das ehemalige Königreich
') Ein Grund zur Untersagung dessen ist vorhanden, wenn dadurch der Bedarf
der Umgegend an reinem Wasser beeinträchtigt oder eine erhebliche Belästigung
des Publikums verursacht wird. 05. d. angef. Ges.
13
West fahlen zu haben behaupten. — Art. 1 und 2 de« Staativertr. vom
29. Juli 1S42. GS. für 1843, S. 79, «0.
24) Klagen des Fiskus wegen Ersatzes der durch Schuld Anderer in den Kriegen
von 1806 und 1807 verloren gegangenen Militair-Effekten , Kassenbestände und
andern Staatseigenthums. — Eab.-Ordre vom 29. April 1811. Mathis, Bd.
I«, S. 485. Rabe, Bd. 10, S. 527.
25) Klagen aus polnischen Privilegien, auf dem platten Lande Jahrmärkte zu
halten, da solche der polnischen Konstitution von 1507: ne merests g»nt
in villi», entgegen ertheilt sind. — Eab.-Ordre vom 21. Febr. 1805 und Eirk.-
Rescript vom 9. März 1805. N. A. Bd. 4, S. 29. — Rabe, Bd. 8, S. 254.
26) Klagen aus den auf das sogenannte (aufgehobene) Kontinentalsystem sich bezie
henden Anordnungen und den daraus entsprungenen Verpflichtungen. — Edikt
vom 2«. März 1813. GS. S. 39. — Publik, vom 27. Mai 1817. Jahrb.
Bd. 1«, S. 275.
27) Klagen wegen Berwaltungsansprüchen an den Staat aus der Zeit der ehema
ligen Fremdherrschaft in den neu- und wiedererworbenen Provinzen. Die Rc-
gulirung dieser Ansprüche ist dem Schatzministerio übertragen. — Eab.-Ordre
vom 4. Febr. 1823. GS. S. 21.
28) Wenn wüste Feldmarken unter landesherrlicher Genehmigung wieder ange
baut worden sind, so sollen wegen angeblicher Ansprüche benachbarter Ortschaften,
ohne vorherige Anfrage und landesherrliche Zulassung, keine Prozesse eingeleitet -
werden. — Anh. §. 59 z. Zl. L. R. und die demselben zum Grunde liegende
Eab.-Ordre vom 14. Juli 180«. — N. E. E. 1'om. X. S. 2999, Nr. 45,
<Ie 1800. — N. A. Bd. 1, S. 265. — Rabe, Bd. 6, S. 222.
29) Zur Regulirung und Feststellung der Gehaltsentschädigungen der ehema
ligen süd-, neuost- und westpreußischen, auch neuschlesischcn Beamten wurde eine
besondere Kommission niedergesetzt, gcgcn deren Ausspruch nur der Rekurs, nicht
aber der Rechtsweg, zusteht. — Eab.-Ordre vom 30. Dec. 1815.
30) Was die Anforderungen der Beamten aus ihrem Dienstverhältniß betrifft,
so findet wegen angeblicher Verkürzung, sei es im Gehalte, oder hinsichtlich der
zugesicherten Emolumente und Gebühren, oder in Betreff der für Ausrichtung
einer Amtshandlung liquidirten Diäten und Auslagen, keine gerichtliche Klage
statt. Dem Beamten steht zunächst der Weg der Beschwerde an das vorgesetzte
Ministerium, und demnächst der Antrag auf Entscheidung durch das Staats
ministerium, oder der Weg der Jmmediat-Beschwerde zu. Dahin gehört aber
nicht der Fall, wenn ein Beamter als Sachverständiger, gleichviel, ob von den
Interessenten oder von der Behörde, zugezogen worden, und Diäten, Gebühren
oder Auslagen liquidirt hat. Gegen das dieselben festsetzende Dekret kann er
nur den Rekurs an die vorgesetzte Behörde, und endlich die Bitte um Aller
höchste Entscheidung wählen.
Auch Gehaltsansprüche der Militairpersonen sind nicht zum Rechtswege ge
eignet. Während der Kriegsgefangenschaft haben Militairpersonen keinen An
spruch auf Sold. — Eab.-Ordre vom 7. Juli 183« und Rescr. vom 12. Nov.
1830. Jahrb. Bd. 36, S. 294. Gr äff, Bd. 6, S. 204. — Eab.-Ordre v.
12. April 1835. Jahrb. Bd. 45, S. 469. Gräff, Bd. 8, S. 137. — Rescr.
vom 4. Febr. 1828. Jahrb. Bd. 31, S. 155. Gräff, Bd. 2, S. 14. —
Eab.-Ordre vom 4. März 1833. Jahrb. Bd. 41, S. 213. Gräff, Bd. 6,
S. 206. — Eab.-Ordre vom 28. Ott. 1836. Jahrb. Bd. 48, S. 433.
31) Den Beamten ist in Beziehung auf ihre Pcnsionirung, die Reklamation
! mag die Berechtigung zum Genüsse einer Pension oder den Betrag derselben
14
betmffe», der R«chtsw«g nicht gestattet. — Sab.-Ordre vom 21. Mai 1825.
GS. S. 147.
22) Gegen die von der vorgefetzten Behörde wegen zu besorgender erheblicher Nach-
thÄe für das gemein« Beste verweigerten Annahme eines Dienfientlassungs-
gesuchs steht nur die Berufung auf die unmittelbare Entscheidung des Landes
herrn offen. — Z. 9S, 9S, II. Tit. w A. L. R.
33) Wegen- der den Konsistorien als Oberaufsichtsbehörde zustehende» Bestäti
gung der Wokationen der Prediger steht keine Klage zu; selbst dann nicht, wenn
mehren Patronen die Vokation gebührt, und Fiskus zu diesen Patronen gehört.
Reser. vom 2«. Juli 183« und vom 23. Sept. 1831. Jahrb. Bd. 36, S. 138.
Gr äff, Bd. 6, S. Itl.
34) Gleiches ist der Fall wegen Bereinigung mehrer Schulen zu einer Ge-
sammtschule, wegen der Beitragspflicht zu den Unterstützungskosten derselben,
und der Zutheilung eines Guts zu einer bestimmten Schulsozietät. — Restr. v.
«. Januar 1836. Jahrb. Bd. 47, S. 306. — Rcscr. vom 1. Febr. 1836 m
Mann köpf A. G. O. I. S. IIS.
35) Der durch Beschluß der Stadtverordneten des Bürgerrechts verlustig Erklärte
kann dagegen nicht auf rechtliches Gehör provoziren. — Rescr. vom 20. Juni
1810. Msthis 1«, S. 113. Rabe 1«, S. 361.
36) Bon den Verfügungen der städtischen Verwaltung in Städten, in denen eine der
Städteordnungen gilt, geht der Rekurs an die Regierung; und gegen deren
Entscheidung an die derselben vorgesetzte Behörde. Über allgemeine Vcrwaltungs-
grundsätze und deren Anwendung ist daher der Rechtsweg nicht zulässig. Dieser
kann nur gewählt werden, wenn die Klage auf einen speziellen privatrechtlichen
Biel gegründet wird. — Revid. Städte -Ordn. vom 17. Mörz 1831, z. 13S.
GS. S. A7S.
37) Wenn die Verwaltungsbehörde Jemanden, der ohne einen vom Staate geneh
migten Tarif Brücken- oder Wegegeld erhebt, die fernere Erhebung untersagt,
st, kann deshalb keine gerichtliche Klage angebracht werden. — Refrr. vom 7.
Juni und 12. Oct. 1S33. Mannkopf A. G. O. I. S. 11«.
38) Zur Kognition der Polizeibehörde des Aufenthaltsorts der Interessenten gehört,
ohne daß auf rechtliches Gehör angetragen werden kann, «) die Bestimmung
dessen, was an Lohn, Kostgeld, Beköstigung und Livree dem Gefinde in dem
FM, wenn bei Vermiethung keine bestimmte Abrede darüber stattgehabt, mit
Nü'Sstcht auf die Zeit der Vermiethung und den Ort derselben zu geben sei;
K) die Festsetzung der in den A 12, 1.7, 2«, 31, 51 und 168 der Ges.-Ordn.
angedrohte» Strafen, selbst n«vn sie 5 Thlr. übersteigen. Gegen diese Feftsez-
zung steht der Rekurs an die vorgesetzte Behörde zu; e) die Ahndung der vom
Gesinde gegen die Herrfchaft verübten Beleidigungen bis zu einer Strafe von
14 Tagen Gefängniß oder 5 Thlrn. Geldbuße; ä) die Verfügung in den Fällen
der Z. 1«, 13, 173 und 176 der Gesindeordn. ')
')'Sie lauten: I. 1V. Leute, die bisher noch nicht gedient zu haben angeben,
müffen durch ein Jeugniß ihrer Obrigkeit darthun, daß bei ihrer Annchmung
als Gesinbe kein Bedenken obwalte. — S. 13. Niemand darf mit Gesindemä
keln sich abgeben, der nicht dazu von der Obrigkeit des Orts bestellt und ver-
' Pflichtet worden ist. — z. 173. Wird dabei die Beschuldigung (die von der
Herrschaft ausgeht) für unbegründet befunden, fo muß die Obrigkeit dem Ge
sinde den Abschied auf Kosten der Herrschaft ausfertigen lassen, und Letzterer
fernere üble Nachreden bei namhafter Geldstrafe untersagen. — Z. 176. Auch
soll eine solche Herrschaft (welche nämlich Veruntreuungen und grobe Laster
des Gesindes im Atteste wider besseres Wissen verschwiegen und das Gegentheik
bezeugt hat) mit einer Geldstrafe von einem bis fünf Thlr. zum Be^n der
Armenkasse des Orts belegt werden.
IS
In einigen andern Fällen hat die Polizeibehörde nur die vorläufigen Bcstun»
münzen zu erlassen und zu vollziehen, und erst demnächst trit auf Anrufen die
Wirksamkeit des Richters ein. ')
Übrigens steht bci der See- und bei der Stromschifffahrt das Schiffsvolk zu
dem Schiffer in gleichem Vcrhältniß, wie das Gesinde zur Dienstherrschaft. —
Gesindeerdn. vom 8. Nov. 181«, Z. SS, 37. GS. S. 101. — Res», vom 17.
April 1812. Hoffmann's Repert. 3, S. 118. Rabe 1«, S. 358. — Refcr.
vom 15. Ja». 1821. Jahrb. 17, S. 259. Gr äff 1, S. 183. — Rescr. vom
19. Sept. 1833. Jahrb. 42, S. 110. Gräff 6, S. 92. — Eab.-Ordre vom
23. No». 1831. GS. S. 255. — Eab.-Ordre vom 23. Sept. 1835. GS. S. 222.
Wenn zwischen Reisenden und Handwerkern Streitigkeiten entstehen, so soll
zwar auf den Antrag eines Thcils jedesmal ein kurzes polizeiliches Verfahren
eingeleitet werden. Doch steht jedem Theile frei, auf rechtliches Gehör zu pro-
voziren. Das dem richterlichen Verfahren vorangehende polizeiliche Verfahren
ist folgendes: g) Die Vorladung erfolgt unter der Warnung, daß beim Aus
bleiben in contumaciam verfahren werde; b) zwischen den Erschienenen wird,
allenfalls unter Zuziehung eines Sachverständigen, die Sühne versucht; c) gelingt
diese nicht, so schätzt die Polizeibehörde die Arbeit, und entscheidet durch ein
Resolut; cl) wird nicht sofort auf den Rechtsweg provozirt, so hat die Polizei
behörde ohne weitere Ankündigung das Resolut durch Exekution zu vollstrecken;
e) bei Wahl des Rechtsweges ist der Handwerker schuldig, dem Reisenden die
Arbeit, wenn sie ein mit dessen Eigenthume zusammenhängendes Werk ist, gegen
Zahlung des polizeilich bestimmten Preises und Erlegung einer von der Polizei
behörde hinsichts der Mchrfordcrung festzusetzenden Kaution zu verabsolgen. —
Rescr. vom 14. Nov. 1816. Jahrb. 8, S. 251. Gräff 2, S. 2. — Reser.
vom 4. Februar 1817. Jahrb. 9, S. 10. Gräff 2, S. 3.
39) In Fällen, wo Verträge gesetzlich unstatthaft sind, findet daraus keine Klage statt.
Dies ist z. B. der Fall: s) bei Verträgen, wodurch sich Jemand zum Unter-
thänigkeitsverhältniß gegen einen Gutsbesitzer verpflichtet; Ed. v. 9. Oct. 1807,
§. 1V. GS. S. 171 ; b) bci Verträgen, durch welche Jemand sich verpflichtet,
feinen eigenen Getränkebedarf aus einer bestimmten Schankstätte zu entnehmen;
Ges. v. 7. Sept. 1811, §. 54. GS. S. 268; c) bei den die Gewerbefreiheit
beschränkenden Verträgen; Eab.-Ordre vom 9. April 1813. GS. S. 69, ck)
bei Vertragen über spanische Staatsschuldpapicre , und über andere auslän
dische auf jeden Inhaber lautende Staats- oder Kommunal - Schuldpapicre,
Aktien, Obligationen oder sonstige Geldpapiere auswärtiger Gesellschaften
oder Institute, sofern dieselben nicht sofort Zug um Zug erfüllt worden; Eab.-
Ordre vom 19. Januar 1836. GS. S. 9. Vcrordn. v. 13. Mai 184«. GS.
S. 123; e) bei Verträgen, bci denen die Absicht zum Grunde liegt, bei gericht
lichen und andern öffentlichen Subhastationen und Auktionen Kauflustige zum
Vortheile eines Lizitanten von Abgabe des Gebots oder von weiterem Mitvieten
abzuhalten. — Berordn. vom 14. Juli 1797. N. E. E. Tom. X. S. ISIS.
Rabe, Bd. 4, S. 204.
') Solche Fälle sind: s) wenn von der verweigerten Annahme des Gesindes in
den Dienst von Seiten der Herrschaft; K) von dem verweigerten Antreten des
Dienstes Seitens des Gesindes; c) von dem verweigerten Behalten des Gesin
des im Dienst von Seiten der Herrschaft; ck) von dem verweigerten Bleiben
des Gesindes im Dienst; e) von dem verweigerten Abziehen und Entlassen;
endlich 1) von der Erfüllung kontraktmäßiger Verbindlichkeiten der Herrschaft
oder des Gesindes während des Dienstes die Rede ist. Beruhigt sich eine der
beiden Parteien nicht bci der polizeilichen Verfügung, und provozirt auf rich
terliches Urtel, so muß er sich dennocb, bis dieses ergeht, der Bestimmung der
Polizei vorläufig fügen. — S> 47, 51, 16«, 1S7 Gesmdeordn.
Verfahren bei Kompetenzkonflikten zwischen Gerichts- und Wer«
waltungsbehörden.
Z. 5. Halt das Gericht eine Klage, bei welcher eine fiskalische oder Verwals
tungsbehörde interessirt, nach reiflicher Erwägung für zulässig und begründet, so
leitet sie dieselbe ein, und setzt die Sache fort, bis die Verwaltungsbehörde den
Konflikt erhebt. Diese prüft, wenn ihr durch Borladung oder sonst von einem ihr
Ressort betreffenden Prozeß Kenntniß zugeht, ebenfalls die Zulässigreit des Rechts
weges. Halt sie diesen nicht für zulässig, so trit folgendes Verfahren ein :
1) Die Verwaltungs- oder fiskalische Behörde faßt unverzüglich, und wo möglich
noch vor der nächsten Prozeßhandlung über den zu erhebenden Konflikt einen
motivirtcn Beschluß ab.
2) Die Erhebung des Konflikts erfolgt durch ein an den Prozeßrichter zu richten
des Schreiben, welches enthalten muß: s) die bestimmte Erklärung, daß in vor
liegender Sache der Rechtsweg nicht stattfinde, und deshalb in Gemäßheit der
Allerh. Eab.-Ordre vom 30. Juni 1823 der Konflikt erhoben werde; b) den
Antrag, das Rechtsvcrfahren bis zur Entscheidung des Konflikts einzustellen.
Dem Schreiben wird der abgefaßte motivirte Beschluß in Ausfertigung beigefügt.
— Bis zur Entscheidung des Konflikts darf die Verwaltungs - oder fiskalische
Behörde sich auch nicht eventuell auf die Klage einlassen. Ist die beim Prozeß
betheiligte Verwaltungs - oder fiskalische Behörde eine Unterbehörde, so hat sie
zuvor die Ermächtigung zur Erhebung des Konflikts bei der ihr vorgesetzten
Verwaltungsbehörde nachzusuchen. Nach Erhebung des Konflikts berichtet die
Verwaltungsbehörde mit Einreichung der Klage und Beilagen an das vorgesetzte
Verwaltungs-Ministerium.
3) Sobald der Konflikt auf die vorgeschriebene Weise erhoben worden, stellt der
Prozeßrichter das Rechtsverfahren einstweilen ein, benachrichtigt hiervon beide
Theile, und berichtet über den Konflikt an den Justizminister mit Einreichung
der Akten. — Schwebt der Prozeß bei einem Untergerichtc, so erstattet dasselbe
den Bericht an das vorgesetzte Lcmdes-Justizkollegium, welches ihn unter Beifü
gung seines Gutachtens dem Justizminister überreicht.
4) Kann der Konflikt nicht durch Vereinigung zwischen dem Justizminister und dem
Minister der betreffenden Verwaltung erledigt werden, so wird er im gesammten
Staatsministerio nach seinen faktischen und rechtlichen Verhältnissen vollständig
erörtert und gründlich geprüft. Ist hierdurch die Gewißheit erlangt, daß keine
Momente übergangen sind, die ein richtiges Urthcil über die streitige Anwendung
des Gesetzes auf den vorliegenden Fall begründen ; so hat das Staatsminifterium
in einem motivirtcn gutachtlichen Bericht auf unmittelbare Allerhöchste Bestim
mung anzutragen, auch, wenn nach Ansicht desselben der Kompetenzstreit aus
. einer zweifelhaften Fassung des Gesetzes entsprungen, und durch eine deklarato
rische Entscheidung, mithin im Wege der Gesetzgebung, zu berichtigen ist, den
Entwurf der Deklaration dem Könige zur weiteren Verfügung einzureichen.
In so fern nur über die Anwendbarkeit eines für unzweifelhaft zu achtenden
Gesetzes auf den einzelnen Fall zu urtheilen ist, mithin keine gesetzgebende, son
dern eine richterliche Funktion eintrit, entscheidet der König entweder unmittelbar
unter Umständen nach erfordertem Gutachten des Staatsraths, oder trögt die
Entscheidung dem obersten Gerichtshofe, also nach Bcwandniß des Ressorts ent-
, weder dem Geh. Ober-Tribunal, oder dem Rheinischen Rcvisionshofe, auf. —
Eab.-Ordre vom 3V. Juni 182«. GS. S. 86. — Instruktion vom 1. Juli
. 1SSS. Jghch, 4S, S. 10S. Gräff«, S. 411.
17
Fälle, in denen Exekution ohne Prozeß zulässig.
Z. 6. Ferner sind einige Fälle zu erwähnen, in welchen ohne vorherigen Pro
zeß sofort die Exekution zulässig ist.
I) Alle Landes- sowohl, als grundherrliche Revenüen, Abgaben und Dienste, auch
Laudemien, die Fiskus zu beziehen hat, können auf Anordnung der königl. Re
gierung, des gegen deren Prüfung erhobenen Widerspruchs ungeachtet, zur Lei
stungszeit exekutivisch bcigetrieben werden. Ferner haben die königl. Regierungen
die Befugniß, in Fällen, wo von Erfüllung der vom Fiskus mit Privatpersonen
eingegangenen Verträge die Erreichung bestätigter Etats abhängt (wie vorzüglich
bei Pachtungen von Domainen und Regalien der Fall ist), und wo die Erfül
lung der kontraktmäßigen Verbindlichkeit verweigert wird, nach summarischer.
Vernehmung des Weigernden ein vorläufiges I^iguigum pflichtmäßig festzusetzen,
und dasselbe vom Schuldner sogleich einziehen zu lassen; sie können die verpach
teten, unter ihrer Administration stehenden Grundstücke und Gerechtsame, sofern
Pachtgelder rückständig bleiben, oder die Pächter schlecht wirthschaften, unter
Sequestration setzen ; auch die Pächter und Nießbraucher nach Ablauf der Pacht
zeit und der beendigten Besitzzeit auf Grund einer nach summarischer Untersu
chung beschlossenen Resolution entfernen. Alles dies findet auch Anwendung auf
Verträge, welche die Regierungen oder Provinzial- Schulkollegien Namens der
unter ihrer unmittelbaren Verwaltung stehenden Institute mit Privatpersonen
abgeschlossen, sofern letztere sich in den Kontrakten diesen Bestimmungen aus
drücklich unterworfen haben.
Das vorstehend gedachte Erekutlonsrccht der Regierungen hat dieselben Wir
kungen, wie das Gesetz den gerichtlich verfügten Exekutionen beilegt. Dabei sind
auch die vom Gesetz vorgeschriebenen Grade zu beobachten, und es kann selbst
bis zur persönlichen Haft geschritten werden. Nur bei Einziehung von rückstän
digen direkten oder grundherrlichen Abgaben ist die persönliche Verhaftung des
Schuldners nicht zulässig. — Beim Verkauf der gepfändeten Effekten soll eine
Justizperson zugezogen werden, und Subhastation von Grundstücken jedesmal
gerichtlich erfolgen.') — Überhaupt kann die königl. Regierung bei den von ihr
veranlaßten Exekutionen die Hilfe der Gerichte stets in Anspruch nehmen, wenn
es ihr selbst an eigenen Organen zur Exekutionsvollstreckung, oder im Falle der
Verhaftung des Exequendi, an einem eigenen Lokale zur Aufnahme des Verhaf
teten fehlt. — Der Umstand, daß der Exequendus den Anspruch oder die Ver
pflichtung weigert, oder auf den Rechtsweg provozirt, ist kein Grund, die Exe
kution zu sistiren, wenn von der königl. Regierung dieselbe verfügt worden. —
Verordn. vom 26. December 1808. N. C. E. loni. Xll. S. 679. GS. 1817,
5. 283. Jnstr. vom 23. Oct. 1817, Z. 11. GS. S. 254. — Eab.-Ordre vom
31. Dec. 1825, Iii. v. Nr. XII. GS. für 1826, S. 11. — Cab.-Ordre vom
6. Mai 1836. GS. S. 194. Rcscr. vem 9. Februar 1820. Jahrb. 14, S. 183.
Gräff 1, S. 250. — Rescr. vom 2. Nov. und 26. Dec. 1835 und vom 20.
Dec. 1337. Gräff, Koch ,c. III. S. S5.
2) In gleicher Weise wird der zu den Meliorationsanlagen der Allcnsteincr Krcis-
korporation zu entrichtende Zins ohne Dazwischenkamst der Gerichte exekutivisch
beigetrieben. — Statut vom 15. Mai 1843, z. 17. GS. S. 276.
3) Die standesherrlichen Behörden genießen in Absicht auf Erhebung und Bei
treibung der von den Standesherrn zu beziehenden Steuern, Nutzungen
') Entsteht über ein Exekutionsobjekt Prioritätsstreit mit einem 'andern Gläu
biger, so muß auch die Verwaltungsbehörde sich auf den Streit einlassen. —>
Res», vom 22, Juli ISIS. Jahrb. S, S. SSV.
18
und Abgaben, wie auch ihrer liquiden DoMainengcMe, bei letzteren jedoch nur
auf einen zweijährigen Rückstand, desgl. zu ordnungsmäßiger Benutzung der
ihnen zu leistenden Lehn-, Frohn? und Gerichtsdienste bei gleichen Pflich
ten dieselben Rechte, welche den königl., für Beziehung solcher Abgaben und
Dienste angeordneten, Behörden zukommen. — Jnstrutt. vom 30. Mai 1820,
§. SS. GS. S. 91.
4) Die Magisträte der Städte sind berechtigt, die den Einwohnern der Stadt
obliegenden unstreitigen Abgaben und andere Beiträge zu den gemeinschaftlichen
Lasten einzuziehen, und dabei alle Grade der Exekution durchzugehen , welche nicht
nothwendig gerichtliche Prozedur oder Erkenntniß erheischen. — Mg. L. R. U.
«, §.130. Rescr. vom 31. Mai 1822. Jahrb. 19, S.305. Gräff 1, S. 199.
5) Gutsherrschaften können unstreitige Zinsen durch die Dorfgerichte unmittel,
bar beitreiben lassen, wobei jedoch die Borschriften der ExekutionSordnung zu
beobachten, und öffentliche Verkäufe dem Richter zu überlassen sind. — §. 484
und 485 II. 7 A. L. R.
6) Alle auf Nichtbefolgung richterlicher Befehle und Mandate angedrohten willkür
lichen Strafen, ferner die auf Grund gesetzlicher Vorschrift gestellten Präjudizien,
mit Einschluß der Auktion oder Subhastation bei ausbleibender Kaufgelderzah-
kungz endlich die von Gerichtsbehörden den Untergerichten, Kommissarien und
andern Beamten, oder den Parteien und Justizkommissarien auferlegten Ord
nungsstrafen sind ohne vorgängiges Rechtsverfahren zur exekutivischen Vollstrec
kung geeignet. — A. G. O. I. 22, Z. 31, 34; I. 23, Z. 13z I. 24, Z. 89;
I. 28, §. 15; I. 29, Z. 54; I. 31, §. 5; I. 4«, §. 56; l. 42, §. 19, 20; I.
44, K. 22; I. 45, Z. 4z I. 46, K. 7, 15; I. 52, K. 62; II. S, g. 56; Anh.
KZ. 116 — 122. Verordn. vom 4. März 1834 über den Subhast.-Prozeß, 8.2«;
GS. S. 45. Rescr. vom 28. Ott. 1832. Jahrb. 4«, S. 483. Gräff 7,
S. 136 fg.
7) Gerichtspersonen, welche Darlehne aus dem Depositum des Gerichts, bei
welchem sie als Vorgesetzter, Mitglied oder Subaltern angestellt sind, erschlichen
haben, sollen zur Rückzahlung durch sofortigen Personalarrest angehalten werden.
Kit. I. §. 42 fg. Dep.-Ordn.
8) Ist in Gemäßheit der Verordn. vom 24. Januar 1344 durch den von einer
Central- oder einer Provinzialbehörde gefaßten, oder genehmigten Beschluß fest
gestellt: welcher Beamte für einen an dem in öffentlichen Kassen oder andern
öffentlichen Verwaltungen oder sonst im Gewahrsam eines Beamten befindlich
gewesenen öffentlichen oder Privatvermögen entdeckten Defekt zu haften hat, und
wie viel der Defekt vorläufig oder überhaupt betrage, so muß der Beschluß un
verzüglich gegen den verpflichteten Beamten allenfalls exekutivisch vollstreckt wer
den. In so weit die betreffende Behörde nach den bestehenden Gesetzen Exeku
tion zu verfügen nicht befugt ist, muß das Gericht dieserhalb requirirt werden.
Die Gerichte und Hypothekenbehörden sind verpflichtet, den an sie ergehenden
Requisitionen zu genügen, die Exekution gegen die benachbarten Personen ohne
vorgängiges Aahlungsmandat schleunig zu vollstrecken, die Beschlagnahme der
zur Deckung des Defekts erforderlichen Vermögensstücke zu verfügen, und die in
Antrag gebrachten Eintragungen, wenn sonst kein Anstand obwaltet, im Hypo,
thekenbuche zu veranlassen, ohne auf eine Beurtheilung der Rechtmäßigkeit
einzugehen.
Dem verpflichteten Beamten steht gegen obigen Beschluß zwar der Rekurs
und die Berufung auf rechtliches Gehör offen; die Exekution wird jedoch dadurch
nicht gehemmt, wenn Nicht etwa von der Verwaltungsbehörde davon Abstand
genommen wird. — Ges. vom Z4> Jmm« 1S44. S. S».
9) Vom Vsr«u»de ««b von Konkurskuratoren könnt» anerkannte Kassen«
beftäkde und Defekte ohne Prozeß durch Exekution beigetrieben werden. Gleiche«
gilt von andern Verwaltern fremden Eigenthums in Ansehung liquider Vertre-
tungssummen. — A. L. R. U. 1«, K. 486 und 66«. — A G. O. l. 45, §. 11,
12, 22. Refer. vom 26. Januar 1824.
1«) Werden konfentirte Studenten schulden innerhatb der gestellten Frist nicht
berichtigt, so requirirt das Universitätsgericht auf rechtszeitiges Ansuchen de«
Gläubigers unter Zufertigung des Instruments die den Eltern oder Vormün
dern des Schuldners vorgesetzte Gerichtsbehörde, dieselben zur Abtragung der
Schuld allenfalls exekutivisch anzuhalten, und das rcquirirte Gericht muß der
Requisition ohne prozxMalisebe Weitläufigkeit nachkommen. — A. L. R. H.
12, S. 1t« fg.
1 1 ) Wer aus einem gerichtlichen Depositor« ein Kapital leiht, und die Zinsen davon
nicht pünktlich einzahlt, von dem werden die rückständigen Zinsen ohne Prozeß
durch sofortige Exekution beigetrieben. — Dep.-Ordn. Tit. I. z.52, 23 z II.K.353.
12) Die landschaftlichen Kreditsysteme haben die Bcfugniß, die von Pfand-
briefsinhabern rückständigen Sinsen, so wie die von Pächtern und Administrato
ren der unter landschaftlicher Sequestration stehenden Güter zu zahlenden Pacht-
und AdministrationS- Rückstände ohne Prozeß sofort exekutivisch beizutreibeu. —
Reglem. füx Schlesien vom 9. Juli 177«, Lsp. V. seet. 1. Rabe, Bd. 11,
S. 154, u. Verordn. vom 8. Juni 1835, §. 3«. GS. S. II«; — für dieKur-
und Reumark vom 15. Juni 1777, dsx. V. sect. 1 und Nachtr. vom 2. Ap.
1784. Rabe 11, S. 314; 12, S. 198; für Pommern vom 13. März 1781,
Csp. V. »ect. 1. Rabe 12, S. 88; für Westpreussen vom 19. April 1787.
Rabe 12, S. 311; für Oftpreussen vom 16. Febr. 1788 und vom 24. Der.
1808, c»p. V. Rabe 12, S. 546; für Posen vom 15. Dec. 1821, §.251 fg.
GS. S. 25p.
13) Der pommerschen ritterschaftlichen Privatbank gebührt gegen ihre Mitglieder we
gen der ihnen aus den Statuten «der Sozietätsvertrögen obliegenden Verpflich
tungen ein gleiches Exekutionsrecht. — Statuten vom 15. August 1824, §. 2«.
GS. S. 172.
14) Der Land-Armendirektion der Neumark ficht wegen der Detentionsgebühren da«
Exekutionsrecht ohne vorherige Klage zu. — Rescr. vom 16. September 1835.
Jahrb. 46, S. 106. Gräff 8, S. 123.
L5) Die Scehandlung hat das Recht, die ihr verpfändete Wolle zur Vcrfallzeit, ohne
Zuziehung der Eigenthümer und ohne Einwirkung gerichtlicher Behörden, durch
eine von ihren Beamten anzustellende Auktion, oder, »ach ihrer Wahl, aus der
Hand durch vereidete Mäkler da, wo sie lagert, und in dem Auftande, in wel
chem sie sich zur Zeit befindet, zu jedem zu erlangenden Preis, ohne Rücksicht
! auf den Taxwerth, zu veräußern, und sich aus dem Erlös wegen Kapital, Zin
sen und Kosten bezahlt zu machen. — Cab.-Ordre vom 2«. Mai 1826. GS.
1826, S. 44.
16) Wenn über die Beiträge zu Pfarr-, Kirchen - und Schulbauten Streit entsteht,
ft hat, um die ungesäumte Ausführung des Baues zu bewirken, die Verwal
tungsbehörde in Betreff der Beiträge ein Interimistikum festzusetzen, und dar
nach ohne gerichtliches Verfahren allenfalls mit Exekution zu verfahren. Die
Betheiligten haben das Recht, das Gezahlte von den angeblich Verpflichteten
Kurth Prozeß zurückzuverlangen. — Rescr. vom 28. Febr. 18«5. — R. E. E.
Ism.XZ. S.2S97. Rabe 8, S.251. — Rescr. vom 25. April 1836. Jahrb.
, S. SZ4. — Zl. L. R. II. 11, g. 708- fg. 759, 790.
17) Alle beständigen dinglichen oder persönlichen Abgabe» «nd Leistungen, ««che «»
2*
so
Kirchen und öffentliche Schulen, oder an deren Beamte vermöge einer allgemein
nen gesetzlichen, oder auf notorischer Orts- oder Bezirksverfassung beruhenden
Verbindlichkeit zu entrichten sind; desgleichen die Forderungen öffentlicher Schul-
und Erziehungsanstalten an Schul- und Pensionsgeld, unterliegen bei Säumig
keit der Debenten, sowohl hinsichtlich der laufenden, als der aus den letzten zwei
Jahren rückständig verbleibenden Beiträge, der exekutivischen Beitreibung durch
die betreffende Verwaltungsbehörde. Die Exekution wird nur gehemmt durch
den Einwand, daß der in Anspruch Genommene in Folge einer Exemption we
nigstens feit zwei Jahren vom letzten Verfalltermine von Beiträgen frei sei. —
Cab.-Ordre vom 19. Juni 1836. GS. S. 198.
48) Weigern sich Beamte, welche mit städtischen Grundstücken angesessen sind, das
Bürgerrecht zu gewinnen, so sollen sie dazu ohne Weiteres durch Exekution an
gehalten werden. — Rescr. vom 2. März 181«. Mathis 10, S. 61 fg.
19) Die Gerichte sind verpflichtet, auf Requisition der Postanstalten das unbezahlt
gebliebene Porto ohne weiteres Verfahren exekutivisch einzuziehen. — Dahin ge
hört auch Porto für Eingaben, welche an Gerichts- oder an Verwaltungsbehör
den unfrankirt gesendet worden, und deren Adresse deshalb zurückgesendet wird.
— Rcgul. vom 13. Dec. 1824, ß. 97. GS. S. 238. — Cab.-Ordre vom 17.
März 1839. GS. S. 101. — Cab.-Ordre vom 4. Mai 184«. GS. S. 117.
— Rescr. vom 4. April 1834. Gräff, Koch ,c. III. S. 6« fg.

Zweiter Titel.
Von de» Personen, welche vor Gericht klagen und beklagt
werden können.
Wer kann klagen und verklagt werden?
Z. 7. Jeder Einwohner des Staats ist den Schutz desselben für seine Person
und sein Vermögen zu fordern berechtigt. Derjenige, welcher den Gesetzen nach sich
und feinem Vermögen vorzustehen fähig ist, kann als Kläger sein Recht vor Gericht
selbst verfolgen. Unverheirathete Frauenspersonen haben gleiche Rechte mit den
Mannspersonen.
Ebenso kann jeder Unterthan und Einwohner des Staats ohne Rücksicht auf
Stand und Würden, und auf das Verhältniß desselben zum Kläger, gerichtlich belangt
werden, so daß Vornehme gegen Niedrige und Geringe, Dienstherrschaften gegen ihr
Gesinde, Obrigkeiten gegen ihre Untergebenen, Eltern gegen ihre Kinder, das Staats
oberhaupt gegen seine Unterthanen, >) wenn sie von ihnen verklagt werden, vor den
dazu verordneten Gerichten sich auf die Klage einlassen und Recht nehmen müssen.?)
— A. G. O. I. 1, §. 1 und 2, 25. — A. «. R. Einl. Z. 76, 8«.
' i) Ausnahmen f. §. S.
2) Die Frage: ob Jnjurienprozesse unter Eheleuten zulässig? ist unter den Juri
sten streitig. Das Gesetz schließt einen solchen Prozeß nicht ausdrücklich aus,
und es muß schon um deshalb jene Frage bejaht werden. Dazu kommt, daß
8. 652 des Str.R. vorschreibt, geringe Realinjurien unter Eheleuten sollen nicht
von Amtswegen gerügt werden, woraus zu folgern, daß Klage zulässig;
ferner können Injurien Scheidungsgründe abgeben. Dies läßt in mehrfacher
Hinsicht auf deren gerichtliche Ahndung deuten. Mit dem Charakter der Ehe
mag zwar ein Jnjurienprozeß nicht recht Harmonirenz doch die« ist bei jedem
andern Prozeß unter Eheleuten d» Fall.
Ausnahme.
z. g. MSn che und Nonnen werden nach abgelegtem Klostergelübde und so
lange dies währt, in Ansehung aller weltlichen Geschäfte als verstorben angesehen.
Mit ihnen können daher während dieser Seit keine Prozesse gefuhrt werden. —
Doch können weder Verschuldete die Rechte der Gläubiger auf ihre Person und
ihr Vermögen durch Ablegung des Klostergelübdes vereiteln, noch Verwalter
fremder Güter vor Rechnungslegung der desfallsigen Verbindlichkeit und dem Er,
kenntnisse des gehörigen weltlichen Richters durch Eintritt in's Kloster sich entzie
hen. — A. L. R. II. 11, Z. 1199, 12«S — 1209, 116Z und 11S7.
Beschränkungen: 1. in Betreff der unter väterlicher Gewalt
Befindlichen.
Z. 9. 1) Bei Kindern, welche unter väterlicher Gewalt stehen, >) kommt eS
darauf an, ob sie bereits großjährig sind oder nicht.
Großjährige haben: s) hinsichtlich ihres freien Vermögens 2) mit den nicht
unter väterlicher Gewalt stehenden Personen gleiche Rechte. In Injurien-, Ali«
menten- und Entschädigungsprozessen, so wie in Rechtsstreitigkeiten, welche aus
ihren Dienst-, Erwerbs- und Kontraktsverhältnissen entspringen, können sie,
wenn sie vom Vater entfernt als Lehrlinge, Gesellen, Handlungsdiener, Kunst
gehilfen, Hand- und Fabrikarbeiter sich aufhalten, sowohl als Kläger, als, wenn
sie verklagt sind, selbstständig und ohne Zuziehung oder Benachrichtigung der
Väter auftreten, b) In Betreff des nicht freien Vermögens ») aber kons
1) Die väterliche Gewalt hört auf: ^. bei minderjährigen Kindern s) durch die
vom Vater vor dem vormundschaftlichen Gerichte erklärte Entlassung und ihre»
Beitrit, ferner b) dadurch, daß der Sohn mit ausdrücklicher «der stillschwei
gender Einwilligung des Vaters ein besonderes Gewerbe für eigene Rechnung
anfängt, c) wenn eine minorenne Tochter heirathet ; L. bei großjährigen Töch-
tern durch ausdrücklich erklärte Entlassung und durch Verheirathung, bei groß
jährigen Söhnen s) durch Anlegung einer besondern Wirthschaft, d) durch
Beginn eines eigenen Gewerbes oder Antrit eines öffentlichen Amtes, ö. ohne
Rücksicht auf das Alter der Kinder s) wenn der Vater wegen grober Verbre
chen zu harter und schmählicher Zuchthausstrafe oder Festung, zu zehnjährigem
oder lebenslänglichem Gefängnisse oder zu Landesverweisung verurtheilt, K) wenn
er gerichtlich für einen Verschwender erklärt wird, e) wenn er ohne Vorwissen
des Staats in der Absicht, sich seinen Unterthanspflichten zu entziehen, aus
den königl. Landen entweicht, ck) wenn er vorsätzlich die Kinder hilflos und
ohne Aufsicht verlassen hat; — A.L.R. II. 2, z. 21«— 23« und z.255—25S.
e) mit dem Tode. — Z. 27« das.
2) Das freie Vermögen der Kinder ist dem väterlichen Nießbrauchs Nicht unter
worfen. Es gehört zu demselben s) Alles, was Kinder außerhalb des Betrie
bes der väterlichen Geschäfte durch Fleiß und Geschicklichkeit erwerben; b) was
sie in Kriegs- oder Civil- Diensten vor sich bringen, oder bei Gelegenheit der
selben von ihren Eltern oder Andern zur Ausrüstung oder Beihilfe erhalten;
e) Lehne, die den Kindern verliehen, oder wozu dieselben in die Gesammthand
mit aufgenommen worden, sobald sie zum Besitze gelangen; ck) Belohnungen
ihres Fleißes, die sie von Eltern oder Andern erhalten; e) Geschenke und Ver
mächtnisse, die ihnen aus Erkenntlichkeit für geleistete Dienste, oder für erwie
sene Gefälligkeiten zufließen; k) Ersparnisse von dem, was ihnen von Eltern
zum Unterhalt außerhalb des Vaterhauses, oder sonst zu Ausgaben angewiesen
worden; ß) endlich Alles, was ihnen von Eltern, Verwandten oder Freunden
unter der ausdrücklichen Bestimmung, daß es dem väterlichen Nießbrauchs nicht
unterworfen sein solle, zugewendet wird. — A. L. R. U. 2, 147—153.
») Alles, was außer dem Anm. 2 Bezeichneten den Kindern durch bloße Schen
kungen, Erbschaften, Vermächtnisse oder Glücksfälle zukommt, und namentlich
auch an Pathengeschenken , gehört zum nicht freien Vermögen. — A. L. R.
Z. 1öS, 157; II. 2. Von diesem gebührt dem Vater, so lange die väterliche
Gewalt dauert, der Nießbrauch und die Verwaltung. — z. 1öS das.
nen sie ilos unter Beitrit ihres Bat»« vor Gericht erscheinen. Der Bater hat
nur die Pflicht, sie bei solch«, Behandlungen zuzuziehen, «elche unbewegliche
Sachen, derm Pertinenzstücke «der Gerechtigkeiten betroffM. Wnd i» diesen
Fällen Bater und Kind über dm Betrieb und die Fortsetzung des PttzesstS
nicht einverstanden, so giebt die Meinung de« großjährige» Kind«, als Eigen«
thümers, den Ausschlag. >) Doch kann der Vater wegen seines eigemn dabei
obwaltenden Interesse, als Nießbrauch«, den Prozeß fortsetzen, und der Gegmr
muß in so weit sich mit ihm einlassen.
L. Minderjährige, noch unter väterlicher Gewalt stehende Personen, werden in Pro«
zessen von ihrem Bater vertreten. Dieser bedarf s) zu Prozessen über das
nicht freie Vermögen der Kinder in der Regel keiner obervormundschaftlichen
Genehmigung. Ausnahmsweise muß er jedoch diese zu Vergleichen, durch »elche
eine solche Veränderung der Substanz, 2) die ei» Nießbrauch« nicht ohne den
Eigenthümer vornehmen kann, wie z. B. wenn dadurch Grundstück« oder Ge»
rechtigkeiten veräußert, verpfändet oder mit bleibenden Resllaften belegt «erden
sollen, beibringen. Rur in Betreff der zum nichtfreien Vermögen der Ktt>der
gehörigen ausstehenden Kapitalien hat, sofern nicht Gesetz oder Willenserklärun
gen ihn beschränken, der Vater völlig freie Administrationsbefugntß. — d) In
Betreff des freien Vermögens hat der Bater Minderjähriger nur die Rechte
und Pflichten eines Bormundes. Er ist bei Prozeßführung daher gleichen Be,
dingungen unterworfen («L. Z. 10). — Treten die in fremdem Dienst befind,
lichen Minderjährigen, so wie dergleichen Lehrlinge, Gesellen, Handlungsdiener,
Kunstgchilftn, Hand- und Fabrikarbeiter in Injurien«, Alimenten«, Entschädi
gungsprozessen, oder in Rechtsstreitigkeiten, welche aus ihren Dienst«, Erwerbs«
und Kontraktsverhälrnissen entspringen, als Kläger oder Beklagte in ihrem, vom
Wohnort des Vaters entfernten, Auftnthaltsorte auf, so muß der Prozeßrichter
ihnen einen Rechtsbeistand als Litis-Curator zuordne», dessen Pflicht eS ist, den
Bater vom Gegenstande des Rechtsstreits in Kenntniß zu setzen.
Außerdem muß den minorennen unter väterlicher Gewalt Befindlichen von
der Bormundschaftsbehörde - ein Curator für Prozesse, welche sie mit ihrem
Bater führen, so wie bei Ehescheidungsprozessen ihrer Eltern dann, »en» ein
oder beide Ehegatten sich der Verschwendung des Vermögens oder Vernachlässi
gung der Erziehung der Kinder verdächtig machen, bestellt werden. Auch, wäh
rend die väterliche Gewalt ruht, ») trit Curat« ein. — A. Ä. S. I. 1, F. 14,
Z5 fg. — A. L. R. II. 2, §. 168 fg., 159, 20lj II. 18, g. 28 fg., S90; I.
IS, z.4«5 fg. — Cab.-Ordre vom 4. Juli 1332. GS. G.I7S. — <5ab.-Ordre
vom S. Dec. 1835. GS. S> 294.

1) Eine Einwirkung deS vormundschaftlichen Gerichts kommt in diesem Falle nicht


vor. Denn Großjährige sind, auch wenn sie noch unter väterlicher Gewalt
stehen, der Borsorge des Staats enthoben. Entstände Streit zwischen Bater
und Sohn in Betreff des nichtfreien Vermögens, so würde der großjährige
noch unter väterlicher Gewalt stehende Sohn selbstständig als Gegenpartei des
Waters auftreten können.
2) Das Gesetz macht hier keinen Unterschieb zwischen Mobilien und Immobilien.
Nur Kapitalien sind von dieser Beschränkung frei.
s) Die väterliche Gewalt ruht s) wenn der Vater zu bürgerlicher oder Festungs
haft von mehr als 2 aber kürzer als 10 Zahren verurtheilt; b) wenn er in
Raserei oder Blödsinn verfallen. Nach Hebung des Hindernisses lebt sie wieder
auf, wenn nicht etwa die Kinder schon früher oder inzwischen großjährig ge«
«ordm. - z. SSO fg. II. 2 A. e. Ä. '
Beschränkungen: 2—4. in Betreff der Bevormundeten und unter
Kuratel Stehenden.
Z. 10. 2) Personen, welche sich durch Willenserklärungen nicht rechtSgiltig
verpflichte» können, müssen bei Prozessen, wenn sie nicht unter väterlicher Gewalt
stehen, durch Vormünder vertreten werden. Dahin gehören :
s) Kinder und Unmündige. >)
b) Minderjährige 2) und diejenigen, hinsichtlich deren die Vormundschaft über ihr
24stes Lebensjahr verlängert wird. Wollen sie mit ihrem Vormunde vor Gericht
erscheinen, so kann dies nicht gewehrt werden. Doch ist in der Regel ihre Ge«
genwart, Zuziehung oder Beiftimmung nicht erforderlich. — Denen, die als
Dienstboten, Lehrlinge, Gesellen, Handlungsdiencr, Kunstgehilfen, Hand - oder
Fabrikarbeiter in Injurien-, Alimenten- und Entschädigungsprozcssen oder in
RechtSftreitigkeiten, welche aus ihren Dienst-, Erwerbs- und Kontraktsverhält-
nissen entspringen, als Kläger oder Beklagte vcrwikelt werden, hat der Prozeß«
richter, wenn der Vormund nicht an demselben Orte wohnt, einen Rcchtsbeistand
als Litiskurator beizuordnen, und dieser hat die Pflicht, den Vormund vom
Gegenstände des Prozesses in Kcnntniß zu setzen. In fiskalischen Untersuchung
gen werden Minderjährige ebenfalls persönlich vorgeladen, und es wird ihr
Vormund oder ein Kurator als Rechtsbeistand zugezogen. — Ausländer werden
in Betreff der Altersfähigkeit zur Prozeßführung nach den Gesetzen ihres Staats
beurtheilt. Ist jedoch ein Fremder über 25 Jahr alt, so schadet es der Giltig-
keit der vor hiesigen Gerichten mit ihm gepflogenen Verhandlungen nicht, wenn
sich auch in der Folge finden sollte, daß die Gesetze seines Wohnorts, oder des
Gerichtsstandes der Sache, oder auch besondere Willenserklärungen, welche dem
hiesigen Richter nicht vorgelegt worden, einen späteren Termin zur Volljährigkeit
bestimmen. — Für großjährig Erklärte müssen ihr Patent produziren, und nach
dessen Inhalt wird ihre Fähigkeit zu Prozeßhandlungen beurtheilt. — A. G. O.
I. I, §. 3—7. — A. L. R. II. 18, Z. 696 —704 und Anh. z. 17«; tz. 728—
735, 807 fg. I. 5, z.20, 21. — Cab.,Ordre vom 4. Juli 1832. GS. S. I7S.
Sab.-Ordre vom 5. December, 1835. GS. S. 294. — Rescr. vom 28. August
!S2«. Jahrb. 16, S. 61. — Reser. vom 26. Sept. 1821. Jahrb. 18, S. 27.
c) Rasende, Wahn- und Blödsinnige. ») — A. G. O. I. I, Z. 3.
6) Taubstumme. Sind diese erst nach zurückgelegtem I4ten Jahre in diesen Zustand
gerathen, und vermögen sich durch allgemein verständliche Aeichen auszudrücken,
so können sie, in sofern sie nicht mit ihrer Einwilligung bevormundet sind, unter
Zuziehung eines Beistandes Prozesse führen. — Gleiches gilt von taub und
stumm Gebornen, wenn nach ihrer Großjährigkeit vom Vormund
schaftsgericht unter Zuziehung des Vormundes dafür gehalten wird, daß dieselben
ihre Verstandeskräfte vollkommen zu gebrauchen, und sich durch allgemein
>) Kinder find die, welche das siebente, Unmündige die, welche das vierzehnte
Jahr noch nicht zurückgelegt haben. — A. L. R. I. I, Z. 24.
?) ,Die Minderjährigkeit währt bis zum zurückgelegten 24sten Lebensjahre. Auch
Juden w«rde» «icht früher großjährig. Der Vater hat die Bcfugniß, die Vor
mundschaft über .fein Kind höchstens bis zu dessen beendetem 30sten Lebensjahre
auszudehnen. Äußern andere Erblasser dergleichen Verlangen, so kann dieö
nur zur Prüfung dessen, ob Verschwendung oder Blödsinn einen desfallsigcn
Prozeß wünschenswerth erscheinen lassen, Grund geben. — A.L. R. I. I, 8.25;
Ü. L8, z. 696, 69« fg. — Deklaration vom 24. Januar 1844. GS. S. 51.
2) Rasende und Wahnsinnige sind die, welche des Gebrauchs ihrer Vernunft gänzlich
beraubt sind; Blödsinnige die, welchen das Vermögen, die Folgen ihrer Hand
lungen Zu überlegen, ermangelt. — A. L. R. I. I, §. 27, 23. Jene werde»
den Kindern, diese den Unmündigen gleich geachtet. — g. 29 das.
24
verständliche Zeichen auszudrücken vermögen. — A.G.O. I. !, §.S. — «. V.R.
II. 18, z. 15 fg. — Cab.-Ordre vom 23. Febr. 1805 und Cirk.-Verf. vom 9.
März 1805. Mathis I. S. 100.
3) Verschollene >) und selbst Abwesende, von welchen es bekannt oder
wahrscheinlich ist, daß sie wider ihren Willen in der eigenen Besorgung ihrer Ange-
legenhttten verhindert sind, müssen in Prozeßangelegenheiten ebenfalls durch einen
Abwesenheitsvormund, und
4) Verschwender, 2) eine noch ungeborne Leibesfrucht, ») und un
bekannte Interessenten — wenn nämlich diejenigen, welche bei einer Sache oder
einem Geschäfte Interesse haben, noch unbekannt sind, — durch einen Kurator ver
treten werden. — A. G. O. I. I, ß. 4 und 8. A. L. R. I. l, Z. 12; II. 18,
§. 19 — 27z §. 49, 962— 969.
Berührt ein Prozeß eine dieser unter 2 bis 4 Genannten als Partei, und
dieselbe hat noch keinen Bormund, resp. Kurator, so muß der Prozeßrichter, wenn
er selbst Vormundschaftsrichter ist, die Verpflichtung und demnächstige Zuziehung
des Vormundes oder Kurators vornehmen, sonst aber dem kompetenten inländischen
Wormundschaftsrichter zur Verpflichtung Nachricht geben. Gebührt die Bevor
mundung einem ausländischen Gerichte, so bleibt der weitere Betrieb derselben den
Interessenten überlassen. — Der Prozeß ruht bis zur Bevormundung. Nur bei
Gefahr im Verzuge, d. h. wenn bis dahin ein erheblicher Rachtheil zu fürchten ist,
ordnet inzwischen der Prozeßrichter der zu vertretenden Partei einen Jnterimsku-
«tor zu. — (tt. sub 2, b.) A. G. O. I. 1, 5. 9 bis 12.
Autorisation zur Klage.
Vormünder und Kuratoren bedürfen zur Einklagung von Zinsen keiner vor-
lnundschaftlichen Autorisation. Diese ist aber jedesmal erforderlich, wenn sie andere
Prozesse als Kläger, Widerkläger oder Jntervenienten anstellen. — Zur Einlassung
als Beklagte oder Interventen, so wie zur Einwendung und Fortsetzung der gesetz
lichen Rechtsmittel, bedürfen sie keiner vormundschaftlichen Approbation. Sie sind
jedoch verpflichtet, den Anweisungen der Vormundschaftsbehörde, bei eigener Ver
antwortlichkeit, nachzukommen. Wollen sie wider den Willen des vormundschaft
lichen Gerichts Prozesse anstellen oder fortsetzen, so kann dies zwar zugegeben wer
den; es geschieht aber auf ihre Gefahr und Kosten. Vergleiche und Kompro
misse können sie nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts giltig abschlie
ßen. — A. L. R. U. 18, §. 493, 501—504, 507, 508, 512—616, 524 und 956.
5. Hinsichtlich der Blinden und Schreibensunkundigen.
Z. 11. 5) Blinde und solche Personen, welche nicht schreiben 4) oder Ge-
schriebenes nicht lesen können, ferner Taubstumme, welche einen Vormund nicht
5) Verschollene sind jene Abwesenden, über deren Leben und Auftnthalt längere
Zeit keine Nachricht eingegangen, und deren Aufenthalt mitbin unbekannt ist.
8. II. 18, §. 19, 821 fg. A. L. R.
2) Verschwender nennt man die, welche durch unbesonnene und unnütze Ausgaben
oder durch muthwillige Vernachlässigung ihr Vermögen beträchtlich vermindern,
oder sich in Schulden stecken. — I. 1, z. 30 A. L. R. Sie werden den Min
derjährigen gleich geachtet. — Z. 31 das.
«) Die Vertretung einer noch ungebornen Leibesfrucht kann nöthig werden bei
Klagen der unehelich Geschwängertenz bei Erbschaftsangelegenheiten, welche
nach Conception angefallen z und bei Lehnen und Fideikommissen, auf welche
die Leibesfrucht, wenn sie zur Zeit der Conception geboren wäre, irgend ein
Anrecht hätte.
«) Dazu gehören auch die, welche in Folge ein« Lähmung «der des HanbverlusteS
zu schreiben außer Stande sind.
nüthig haben (c5 Z. 10, sub 6), bedürfen bc! Prozeßhanblungen dann eines Bei«
standeS, wenn die Verhandlung nicht vor einem Gerichtskollegio, oder unter Zuzie«
hung eines vereideten Protokollführers, oder statt dessen der diesen vertretenden
Personen aufgenommen wird. '
In diesen, so wie in andern Fällen, in denen ein Beistand nöthig ist, erfordert
dessen Wahl und Annahme keine besondere Förmlichkeit. Die benöthigte Partei
wählt ihn, und falls diese nicht wählen kann oder will, wird er von dem Richter
zugeordnet. Schreiben die Gesetze nicht ausdrücklich die Zuordnung eine« rechts
kundigen Beistandes vor, so kann als solcher jede Mannsperson, welche ihren eigenen
Angelegenheiten vorzustehen fähig und berechtigt ist, gewählt werden. — A. L. R.
II. 18/ §. S1 — SS.
6. In Betreff der unverheiratheten Frauenspersonen.
Z. 12. 6) An Orten, wo provinzialrechtlich noch Geschlechtsvormundschaft')
stattfindet, muß unverheiratheten Frauenspersonen 2) bei Prozeßverhandlungen ein
Geschlechtsvormund beistehen. Trit dieser für seine Pflegebefohlene ohne deren Bei«
sein auf, so muß er sowohl Kuratorium, als Bollmacht beibringen. Doch bedarf
es zur Ausstellung der Bollmacht auf den Geschlechtsvormund keines besonderen
Kurators. Gilt am Orte der Vollmachtsaufnahme nicht Geschlechtsvormundschaft,
am Orte des Prozesses aber gilt sie, so bedarf die Frauensperson zur Vollmachts
aufnahme keines Vormundes. Eine zur Vormünderin bestellte Frau hat zum Be
triebe der gerichtlichen Angelegenheiten ihrer Pflegebefohlenen niemals einen Ge
schlechtsvormund nöthig. — A. G. O. I. 1, 8. 2S— 29.
7. Hinsichtlich der Ehefrauen.
§. 13. 7) Prozesse über das Vermögen oder die Person der Ehefrauen können
1) von diesen ohne Beitrit der Männer nur dann geführt werden, wenn sie s) das
von der Frau vertragsmäßig vorbehaltene Vermögen 2) betreffen, oder d) der
Mann Gegenpartei ist. Eines Beistandes bedürfen sie in diesen Fällen nicht.
Doch hat der Richter, wenn Grund zur Besorgniß vorliegt, daß eine Ehefrau
bei einer solchen Prozeßvcrhandlung übereilt oder hintergangen werden möchte,
die Befugniß, ihr einen Beistand von Amtswegcn zuzuordnen. Ferner kann die
Ehefrau den Prozeß selbstständig führen, c) wenn er Mobilien, welche die
Frau aus dem Konkurse über das Vermögen ihres Mannes gerettet, oder mit
dort gerettetem Gelde angeschafft hat, betrifft. Endlich ci) wenn in Prozessen
über eingebrachte Grundstücke oder Gerechtigkeiten der Frau, oder über Kapi
talien, welche von ihr eingebracht und auf ihren oder ihres Erblassers oder
Geschenkgebers Namen geschrieben sind, oder über das gesetzlich vorbehaltene
Vermögen, der Mann den Beitrit verweigert, die Frau diese Weigerung
1) Dies überflüssige Institut besteht nur noch an wenigen Orten, und wird hof
fentlich auch da bald im Wege der Gesetzgebung beseitigt werden.
Unter diesen werden sowohl großjährige Mädchen, als Wittwen und geschiedene
Frauen verstanden.
2) Diesem ist alles Vermögen der Frau zuzuzählen, welches durch Vertrag oder
durch ausdrückliche Bestimmung des Erblassers oder Geschenkgcbers, welche es
der Frau zugedacht, der Verwaltung des ManneS entzogen, und von dem also
die Verwaltung der Frau vorbehalten ist. — II. 1, Z. 205, 214 A. L. R.
Die Revenüen dieses vorbehaltenen Vermögens wachsen ihm zu und erhalten
bei ihrer Absonderung von jenem die Natur desselben, wenn sie auf den Na
men der Frau geschrieben sind, oder wenn sonst klar erhellt, daß die Frau den
Besitz derselben nicht aufgegeben. — §. 217— 21S das.
4) Gesetzlich vorbehaltenes Vermögen ist s) alles, was nach seiner Beschaffenheit
zum Gebrauche der Frau bestimmt ist) b) die bei Schließung der Ehe von
2S
ZkflhMgt, »nö M ök Prozeßkofien ewe vom Meßbmuche des M<WN« uMx
hängige Kaution bestellt. In Provinze», «o GefchlechtSvorm«»dschaft noch
provinzialrechtlich, muß in diesen Fällen der Frau ein GeschlechtSvormuud zuge»
ordnet werden. — A. G. O. I. 1, Z. IS, 13 fg., 2t, 24. «. «. R. U- 1,
z. 221"" 223 j 223, 232, 261, 2S3.
2) Beide WhÄeute möffen dagegen zugezogen »erden, wenn der Prozeß dsS gesetzlich
«orbehattene Vermögen der Frau, oder die zur Substanz des Eingebrachten ge«
Höngen Grundstücke und Gerechtigkeiten, oder solche eingebrachte Kapitalien,
welche auf den Namen der Frau oder ihres Erblassers oder Geschenkgebers ge,
schrieben find, ecker einen Erbschstz, >) und bei vorwaltender Gütergemeinschaft 2)
wenn er ein Grundstück, oder eine Gerechtigkeit, oder ein auf den Namen der
Frau, ihres Erblassers oder Geschenkgebers, oder auf den Namen beider Ehe
leute geschriebenes Kapital betrifft.
Weigert in diesen Fällen der Mann den Beitrit, und will oder kann die
Frau den s<1 1, <Z erwähnten Vorschuß Behufs selbstftändiger Betreibung des
Prozesses nicht leisten, so muß das Gericht den Mann über die Ursachen der
Weigerung vernehmen, und wenn eS dieselben nicht offenbar erheblich findet,
zum Beitrit und zur Beobachtung seiner Schuldigkeit in Ausführung oder Wer«
Heidigung der Gerechtsame seiner Ehefrau anhalten. Verweigert die Frau den
Beitrit, oder die Einwilligung zu einer Prozeßhandlung, so kann das obervor«
mundfchaftliche Gericht nach vorhergegangener Untersuchung der Umstände sie
ergänzen. Steht der Mann unter Boxmundschaft, so muß sein Vormund zuge»
zogen werden. Geht dies in einer Sache nicht «n, so muß dafiir ein besonderer
Kurator zugeordnet werden. — A. G. O. I. 1, K, j9— 23. §. 17. A. K R.
II. 1, §. 239, 276 fg., 280.
dem Manne versprochene Morgengabe. — Alles übrige Vermögen der Frau,
sofern es nicht vertragsmäßig oder gesetzlich vorbehalten ist, hat die Eigenschaft
des Eingebrachten, gleich viel, ob eS der Frau vor, bei, oder nach der Ehe zu«
gefallen ist. ^ A. L. R. II. 1, Z. 206 — 213.
>) MKS dasjenige, was Eltern, Verwandte und Freunde aus ihrem eigenen Ver
mögen den Eheleuten unter der Bedingung zuwenden, daß sie es zwar besitzen
und genießen mögen, daß eS aber zum Besten der aus dieser Ehe erzeugten
Kinder aufbewahrt werden solle, heißt Erbschatz. — II. 1, Z. 276 fg.
2) In Betreff der ehelichen Gütergemeinschaft vereinigte sich das Geheime Ober
tribunal über einige zu seiner Berathung gekommene Zweifel am 24. August
1840 (Just.- Min. -Bl. S. 37« fg.) dahin: daß ein Gläubiger, wenn er im
Wege der nothwendigen Subhastation aus den zum gemeinschaftlichen Vermö
ge« gehörigen Grundstücken seine Befriedigung suchen will, zuvor ein Judikat
gegen beide Eheleute zu erstreiten nicht nöthig hat, vielmehr aus dem hloS
gegen den Ehemann ergangenen Erkenntnisse die Exekution ins gemeinschaftliche
Grundstück vollstrecken lassen kann, welcher nur dann Anstand zu geben ist,
wenn die Ehefrau das Grundstück in die Gemeinschaft gebracht hat, und auf
Grund des Z. 386 I. 1 A. L. R. der Subhastation widerspricht, indem sie an
dere zum gemeinsamen Vermögen gehörende Objekte zur Befriedigung des
Gläubigers nachweiset; ferner: daß ein nur gegen den Ehemann erftrittenes
Erkenntniß mittels der obigen Wirkung auch die hat, daß es einen Titel zum
Pfandrecht zwar nicht auf einen Antheil des Mannes am gemeinschaftlichen
Grundstück, wohl aber auf das ganze Grundstück giebt, und zwar unbedingt,
wenn der Ehemann das Grundstück erworben und in die Gemeinschaft gebracht,
bedingt, durch die Vorschrift §. 386 a. a. O., wenn es die Frau in die
Gemeinschaft gebracht hat; daß ferner der Antheil des Ehemannes an dem
Grundstück allein zur Subhaftation nicht gestellt werden kann. — Wenn diese
Annahmen richtig sind, so ist bei vorhandener Gütergemeinschaft die Zuziehung
der Ehefrau zu Prozessen in der Regel nicht nöthig, und höchstens in Bezug
<mf die künstige Vermögensauseinandersetzung der Eheleute, «sp. deren SKbe»,
von Einfluß. ^ .
Ist in dm Fäll«, sä I «rd 2 die Frau noch «in««», so «ertrit sie ibe
Bater, welcher alle Rechte und Pflichten eine« Vormunde« Hat, und wenn ihr
Bater nicht lebt, der ernannte «der zu ernennende Bormund. Kommt eine voll,
jährige Frau in Umstände, wo eine Bevormundung nöthig wird (z. B. bei
Wahn- oder Blödsinn), s« ist in der Regel ihr Mann, so lange er seinen «ige,
nen Angelegenheiten vorstehen kann, al« ihr Vormund anzusehen. — A. L. Sk.
U. IS, K. 39 fg.
3) In allen andern Fällen kann der Mann Prozesse, welche da« Eingebrachte der
Frau, ihre Person oder gemeinschaftliche« Vermögen betreffe», ohne Zuziehung
der Frau betreiben. Er ist sogar »erpflichtet, die Ehre, die Person und
da« Vermögen seiner Frau in und außer Gericht zu vertheidigen. — A. L. St.
II. 1, §. 189, 191. — Res«, vom 25. Febr. 1796. Math,« 1, S. 300.
Von Theilnehmern bei getheiltem Eigenthum.
z. 14. Bei getheiltem Eigenthum können Angelegenheiten, welche die Substanz,
die unbeweglichen Pertinenzstücke, und die Gerechtigkeiten der Sache betreff«, so«
wohl vom Ober- als vom nutzbaren Eigenthümer verhandelt werde«. Sollen jedoch
die eingegangenen Vergleiche oder ergehenden Erkenntnisse für beide verbindlich sein,
so müssen beide zum Prozesse zugezogen werden. Demnach »«A:
1) in Prozessen des Vasallen, sofern das Lehn') selbst oder das Interesse de«
Lehnsherrn berührt wird, der Lehnsherr vorgeladen werden, wenn dieser ver
bindlich werden sollt
2) in Prozessen, welche die Substanz eines Fideikommiffe« 2) betreffen, der Fidei,
kommißbefitzer zwar in Folge seiner präsumtiven Bollmacht das Fideikommiß
vertreten, aber im Fortgange derselben die nächsten Anwart« zuziehn, oder
Vollmacht beibringen, weil sonst diese an die ergehenden Entscheidungen nicht
gebunden sind; und
I) der Erbpächter in Prozessen über die Substanz der Sache, deren Pertinenzstücke
und über Gerechtigkeiten den Obereigenthümer mitzuzichn, weil er durch Unter
lassung dessen den Rechten desselben nichts vergeben kann. «)
Betrifft der Prozeß nur das zeitige Nießbrauchsrecht, so bedarf es nicht der
Zuziehung des Obereigenthümers; während in dem Falle, wo ein Prozeß nur daS
Obereigenthum allein berührt, und der nutzbare Eigenthümer gar kein Interesse
dabei hat, dieser sich auf den Prozeß nicht einzulassen braucht.
Gleiche Grundsätze gelten in Bezug auf den Nießbrauch. — A. G. O. I. 1,
z. s«— S2b. A. L. R. I. 1«, S. 258, Tit. 21, §. 82— 8S, 225 fg.; II. 4,
z. 117 fg.; I. 19, z. 11.
Ein Rechtsstreit, durch welchen die Richtigkeit eines dinglichen Rechts auf die
Substanz einer fremden Sache ausgemittelt werden soll, kann nur mit dem Eigen
thümer oder «ollständigen Besitzer derselben giltig verhandelt werden. Bei getheil
tem Eigenthum ist ein solcher, mit dem Untereigenthümer allein geführter, Rechts-
Eine Sache, deren nutzbares Eigenthum Jemand unter der Bedingung einer
dem Obereigenthümer zu erweisenden besonderen Treue, gegen den von diesem
ihm zu leistenden Schutz besitzt, wird Lehn genannt. Der Obereigenthümer
heißt Lehnsherr, der nutzbare Eigenthümer Vasall oder Lehnsmann. — I. 18,
Z. 13, 14 A. L. R.
2) Familienfideikommiß ist dasjenige Grundstück oder Kapital, welches in Folge
besonderer Verordnung für beständig oder doch durch mehre Geschlechtsfolgen
bei einer Familie verbleiben soll. — II. 4, z. 23 A. L. R.
5) Ein ErbpachtSverhültniß liegt vor, wenn vermöge Vertrage« Jemand das voll
ständige Nutzungsrecht einer fremden Sache gegen eine» damit im Werhältniß
stehenden Zins erblich überkommen hat. — Z. 1S7, 1. I A. L. «.
23
streit gegen den Oberekgenthü'mer, und so umgekehrt, von keiner Wirkung. — Mg.
L. R. I. 19, z. 10 fg.
Bon der Vertretung moralischer') Personen.
Z. 15. Fiskus, Kirchen, Schulen, Hospitäler und andere milde Stiftungen
und Armenanstalten, Stadt- und Dorfgemeinden, und überhaupt alle Korporationen
und Gesellschaften, welche in den Rechten als eine moralische Person betrachtet
werden, können gleich einzelnen Personen klagen und belangt werden.
Was ihre Vertretung in Prozessen, so wie den Umstand, ob sie zu deren Füh
rung höhere Genehmigung bedürfen, betrifft, so kommt es dabei hauptsächlich auf
den Inhalt ihrer besondern Statuten und Verfassungen an. In deren Ermange
lung sind die landrechtlichen Bestimmungen zu berücksichtigen.
I. Der landesherrliche Fiskus wird in der Regel durch die königl. Regie
rungen vertreten. Im Prozesse und in den Erkenntnissen dürfen sodann nicht diese,
sondern es muß Fiskus oder das oKoium tisei als Partei genannt werden. Die
Regierungen sind nicht Vertreter des Fiskus in Rechtssachen, die aus Geschäfts
zweigen herrühren, welche entweder dem Wirkungskreise einer Zentral- oder Jm-
mediatbehörde überwiesen sind, wie dies in Betreff des in allen Fällen durch
das General-Postamt vertretenen Postsiskus der Fall ist; oder für deren Ver
waltung besondere Behörden bestehen. Dahin gehören namentlich:
1) die Provinzialsteuerdirektionen, welche in den Provinzen, 2) in denen sie beste
hen, den Fiskus hinsichtlich der die indirekten Abgaben und die mit der Verwal
tung derselben verbundenen Geschäftszweige betreffenden Angelegenheiten,
2) die Militairintendanturen, welche ihn in den zu deren Geschäftskreise gehörigen
Militair-Ökonomieangelegenheiten,
I) die Bergämter, welche ihn in Berg- und Hüttensachen,
4) die gerichtlichen Salar.-Kassen, welche ihn in Sachen, betreffend das gerichtliche
Kostenwesen, vertreten. ' -
In allen diesen Fällen, wo Fiskus nicht von einer königl. Regierung zu ver
treten ist, wird im Prozesse und in Erkenntnissen die denselben vertretende fiska
lische Station als Partei genannt. — Die Regierungen und die übrigen den
Fiskus vertretenden Behörden können die Prozesse ohne höhere Autorisation nach
ihrer pflichtmäßigen Überzeugung anstellen und führen, auch Vergleiche schließen.
Einer höheren Genehmigung bedürfen sie zu diesen nur in Fällen, in denen verfas
sungsmäßig zu Verträgen höhere Genehmigung erforderlich ist.
Sie haben jedoch in fiskalischen Rechtssachen den speziellen Anweisungen der
vorgesetzten Behörde nachzukommen, und die etwa erforderten Berichte zu erstatten.
— A. G. O. I. 1, Z. 33, 34. A. L. R. II. 6, Z. 25, 26, 13, 81, 84. Jnstrukt.
vom 23. Ott. 1317, Z. 13, 14, 21. GS. S. 248 fg. — Cab.- Ordre vom 31.
Dec. 1825. GS. für 1826, S. 5. — Rescr. vom 6. Juli 1816. Jahrb. 8, S.
181. — Rescr. vom 3. Sept. 1824. Jahrb. 24, S. 13«. — Rescr. vom 21. Nov.
1825. Jahrb. 26, S. 388.

i) Moralische Person ist ein Rechtssubjekt, welches nicht zugleich eine physische
Person ist. Den moralischen Personen sind namentlich zuzuzählen: g) jede
Vereinigung mchrer Menschen, in sofern diese Vereinigung in Bezug auf ge
wisse Rechtsverhaltnisse als ein Rechtssubjekt anzusehen; b) Fiskus; c) milde
Stiftungen und überhaupt alle öffentlichen, vom Staat als solche anerkannten,
Korporationen und Gesellschaften. Im gemeinen Recht werden moralische Per
sonen gewöhnlich als juristische oder als fingirte Personen bezeichnet.
>) Sie sind eingeführt in den Provinzen Pommern, Posen, Preussen, Rheinpro
vinz, Sachsen, Schlesien und Westfalen.
II. Nach Analogie b« fiskalischen Vertretung ttnnen in Rechtsstreitigkeiten eine«
Standesherrn mit seinen Domanialpächtern, Abgabe- «der Dienstpflichtigen,
Schuldnern und Gläubigern diejenigen seiner Domanial-, Rent- oder Verwaltungs
behörden, in deren amtlichen Wirkungskreis die Sache einschlägt, für ihn als Haupt
oder Nebenparteien auftreten. Dieselben bedürfen hierzu keiner besondern Legiti
mation, wenn die Behörde ein standesherrliches Kollegium bildet, oder der Einzelne
für sein Amt gerichtlich verpflichtet ist. — Jnstrukt. wegen Eins, des Edikts vom
21. Juni ISIS, vom 3«. Mai 182«. GS. S. 81, §. 36.
III. Kirchen- und Pfarrgüter werben in Prozessen durch ihre geistlichcn
und weltlichen Vorsteher, und den Patron, in außerordentlichen Fällen auch durch
die aus der Kirchengemeinde gewählten Repräsentanten vertreten. In Prozessen
über Pfarrgüter wird außerdem der zeitige Nutznießer dcrfelben (Pfarrer ze.) zuge
zogen. Betrifft der Prozeß bloße rückständige Pfarrrevenüen, so ist derjenige, dem
sie gebühren, allein zu dessen Führung legitimirt. Su Klagen bedürfen die Vertreter
der Kirchen und Pfarrgüter der Approbation der geistlichen Obern (also in der
Regel bei evangelischen der königl. Regierung, bei katholischen des bischöfl. Kon-
sistorii). Beschaffen sie diese nicht, so wird der Prozeß auf ihre Gefahr und Kosten
geführt, und der Kirche erwächst durch denselben kein Nachtheil. Nur gegen säu
mige Ainszahler können sie ohne Approbation klagen. — Zur Einlassung auf die
Klage bedarf es zwar nicht der Beibringung des Approbationsdekrets. Doch haben
sie es für sich selbst einzuholen, da sie sonst Gefahr und Kosten tragen. Das Kir-
chenvermögen muß ihnen aber in beiden Fällen für die Kosten in so weit aufkom
men, als es durch einen ohne Approbation geführten Prozeß Vortheile erwirbt.
Vergleiche über Güter und Rechte der Kirche können nur mit Genehmigung
der geistlichen Obern, und wenn der Vergleich auch eine Veräußerung solcher
Rechte oder Güter enthält, unter gleichzeitiger Genehmigung der Regierung ge
schlossen werden. — A. L. R. II. II, Z. 156— 1S9, 568, 535, 648—662 ; 62Z;
219—227; 772 und 773. II. 18, §. 493. — Cab.- Ordre vom 31. Dee. 1825,
v. II. 2. GS. für 1826, S. 5. Jnstrukt. vom 23. Ott. 1817. GS. S. 248.—
Rescr. vom 23., Aug. 1822. Jahrb. 2«, S. 35.
IV. Was die öffentlichen Schulanstalten betrifft, so stehen:
1) die gemeinen Schulen, welche dem ersten Unterrichte der Jugend gewidmet
sind, unter der Direktion der Ortspolizei, welche dabei die Geistlichkeit der Ge
meinde, zu welcher die Schule gehört, zuziehen muß. Hinsichtlich der äußeren
Rechte und des Schulvermögens gilt in der Regel das in Hinsicht des Kirchen-
Vermögens Vorgeschriebene. — Gemeine öffentliche Schulen, welche nicht Orts
schulen sind, werden nach den Grundsätzen der Stiftungm beurtheilt. — A. L. R.
II. 12, §. 12—21.
2) Schulen und Gymnasien, in welchen die Jugend zu höheren Wissenschaften
oder auch zu Künsten und bürgerlichen Gewerben, durch Beibringung der dabei
nöthigen oder nützlichen wissenschaftlichen Kenntnisse vorbereitet werden soll, haben
die äußern Rechte der Korporationen. In Prozessen werden sie nach den
eingeführten Schulordnungen jedes Orts durch die Schulkollegien «der Vorstände
jedoch unter Direktion und Oberaufsicht der Provinzial-Schulkollegien vertreten,
und es findet in Betreff der einzuholenden Approbation zu Prozessen und Ver
gleichen das hinsichtlich des Kirchenvermögens (sd III.) Gesagte Anwendung.
— das. N. 12, Z. 54, 57, 58. — Jnstrukt. vom 31. Dec. 1825, L. I. 9. '
3) Universitäten haben alle Rechte privilegirter Korporationen. Die innere
Verfassung derselben, die Rechte des akademischen Senats und seines jedesma«
Rgen Vorsteher» in Besorgung und Verwaltung der gemeinschaftlichen, als« auch
dn Prozch-AnKtlegenheitm, find durch Priviltgim, und die vom Staat? geneh
migte» Statuten einer jede» Umverfität bestimmt. — II. 12, ß. 67, 68 A. L. R.
Alle diese Unterrichtsanstalten bedürfen zu Prozessen keiner höheren Autorisation.
Nur dann, wenn eine nicht vom Provinzial- Schulkollegium vertretene Anstalt der
Art eine» Vergleich schließt, durch welchen eine Veräußerung statthaben soll, so muß
die Genehmigung des Staats in dem Falle erfolgen, wenn die Veräußerung, auch
abgesehen vom Rechtsstreit, nur mit Genehmigung des Staats vorgenommen wer«
den könnte. — A. L. R. II. 12, §. 54, 57, 67; II. 6, Z. 83—85; I. 16, Z. 40S.
Eab.-Ordre vom 31. Dec. 1825. GS. für 1826, S. 5. . ,
V. Bei Wohlthätigkeitsanstalten und milden Stiftungen kommt es
bei Beurtheilung der Frage: wie sie in Prozessen zu vertreten sind? hauptsächlich
auf die Bestimmungen ihres Stifters an. Der Staat führt über sie das AufsichtS»
recht. Gegenwärtig wird dies theils durch die Abtheilungen der Regierunge» für
die Kirchenverwaltung und das Schulwesen, theils durch die Provinzial-Schul-
kollegien, theils durch die Oberpräsidenten ausgeübt. Approbation zu Prozesse»
wird gar nicht, und zu Bergleichen nur in den Fällen erfordert, in welche» sie bei
Bergleichen der Schulen vorgeschrieben. — A. ?. R. II. 19, §. SS—37; 42 fg. —
Jnstrukt. vom 23. Oct. 1817, §. 18, lit. «. Cab.-Ordre vom 31. Dec. 1825, v.
II. 2 und «. 9.
VI. Die Stadtgemeinden werden in Prozessen vom Magistrate vertrete».
Die Stadtverordneten sind zu dieser Vertretung nicht legitimirt. Dir Stadtver
ordnetenversammlung hat jedoch den Magistrat auch in Betreff der zu führenden
Prozesse zu kontroliren, und der Magistrat hat ihre Beschlüsse zu beachten. >) In
Städte», in denen eine der Städteordnungen gilt, bedarf übrigens der Magistrat
Km» Autorisation. 2) I» Städten, wo keine der Städteordnungen gilt, müsse»
die Vertreter der Stadt sowohl zu Klagen, als zur Einlassung auf Klagen das
Genehmigungsrescript der vorgesetzte» Provinzialbehörde beibringen. Betrifft in
diesem Fall der Prozeß das Bürgervermögen, so hat die Richtbeibringung des Re
skripts zur Folge, daß der Prozeß auf Gefahr und Kosten der Vertreter der
Stadt geführt wird. Betrifft er Kämmereivermögen, so hat die Nichtbeibringung
die Nullität des Verfahrens zur Folge. — A. L. R. II. 8, z. 134/— Städteordn.
vom 19. Nov. 1803, z. 47, 127, 169, 183, 189. GS. für 1806—181«, S.324.
— Re». Städteordn. vom 17. März 1831, z. 104, 1«7, 11«, 113 fg. GS. S.
40. — Rescr. vom 1«. Juli 1822. Jahrb. 1, S. 232. — Rescr. vom 27. Ott.
1809. Mathis 8, S. 459. — Anh. §. 4 zu §. 34, I. 1 A. G. O.
VII. Dorfgemeinden müssen in Prozessen, welche die Substanz ihres (Ge
meinde«) Vermögens betreffen, den Konsens ihrer Grundherrschaft beibringen. Ver
weigert oder verzögert diese den Konsens, und die Gemeinde verlangt rechtliche
Hilfe, so ist es zur Vermeidung von Weitläufigkeiten und Zeitverlust hinreichend,
die Gutsherrschaft zur Wahrnehmung ihrer Gerechtsame bei der, von der letztern
1) Sollte in einzelnen Fällen wegen personlicher Berheiligung der meisten Mit
glieder und deren Stellvertreter beim Prozesse eine beschlußfähige Versammlung
Persönlich unbetheiligter Stadtverordneten nicht herzustellen sein, so nimmt die
iömgl. Regierung in Folge des ihr zustehenden Oberaufsichtsrechrs die Gerecht
same der Stadt wahr, und bestellt nöthigenfalls einen Rechtsanwalt. — Cab^
Drdre vom 18. Juli 1833. GS. S. 84.
2) Der Anh. «. 4 z. A. G. O. ist aus dem Reskript vom 27. Ott. 1809 genom
men, welches die Regierungsgenehmigung auf Grund der Städteordnung vom
49. Nov. 1808 für wegfallend erachtete. Da nun bei Redaktion des Anhang«
«ur solche Städte zum Staate gehörten, in welchen die StSdteorbnung galt,
p wurde tu, Anhang K. 4 «üHemn» ausgesprochen, daß ju« SKnchmigung
nicht nöthig sti.
31
angemeldeten «läge zu adzitlren. — Da, wo durch Parzcllirung da« gutsherrliche
Grundeigenthumsverhältniß gänzlich und ohne Vorbehalt aufgehört hat, bedarf e«
dieses Konsense« nicht. — Res«, vom 18. Mai ISIS. Jahrb. S, S. 23. Gräsf
2, S. 17. — Sirk^Rescr. vom 27. Ott. l««S. Mathis 8, S. 459. Rabe I«,
S. 168. — Anh. S- 4 ,. A. G. O.
In der Provinz Westfalen ist zu Klagen, welch« Landgemeinden «der diejeni,
H«, Städte, in welchen die Landgemeindeordnung gilt, anstrengen, so wie zu Ver
gleichen derselben, stet« der Beschluß der Gemeindeversammlung nöthig. — K. 9l
der Landgemeinde«?»», vom 31. Oer. 1841. GS. S. 313. — Verordn. vom 31.
Ott. 1841. GS. S. 322.
VNI. Bei andern Korporationen und Gemeinden haben an Verwaltung
der äußern Gemeinderechte und mithin auch zur Führung der Prozesse alle Mitglie
der ein Theilnahmerccht. Sind jedoch für gewisse Geschäfte Repräsentanten gewählt,
so vertreten diese die Korporation in allen Verhandlungen, welche in Betreff des
ihnen übertragenen Geschäftszweiges vorkommen. Der zur Prozeßführung ernannte
Repräsentant heißt gewöhnlich Syndikus. — Treten die fämmtlichen Korporations-
Mitglieder bei prozessualischen Verhandlungen auf, und es find deren mehr als drei,
so können sie vom Richter angehalten werden, die ferneren Verhandlungen durch
zwei oder drei aus ihrer Mitte zu wählende Deputirre abzuwarten. Syndici und
Dexutirte können nicht ftlbststöndig klagen und auf Klagen sich einlassen. Sie ha-
'bni nur die Rechte und Pflichten von Bevollmächtigten. — §.114 fg., z. 148—152,
Mt. S, ». A. L. R.
IX. Hinsichtlich der vom Staate ausdrücklich genehmigten oder geduldeten Gesell
schaften gilt ebenfalls der Grundsatz: daß in Prozessen sämmtliche Gesellschaftsmit-
göeder als vorzuladende Partei zu betrachten. Sie bedürfen eben so wenig wie
Korporationen einer vom Staate zu ertheilenden Zlutorisation zu Klage» «der zur
Einlassung oder zu Bergleichen, in sofern die BestStigungsurkunde nicht eine des-
fallsige Beschränkung enthält. — Tit. S, N. §. 12 fg. A. L. R. — Bei einzelnen
sind besondere Bestimmungen zu bemerken.
1. Bei Graben und Hüttenwerken soll, wenn die Gewerkschaft nicht
andere Bevollmächtigte ernannt hat,
«) bei allen Verhandlungen, welche auf den Betrieb des Werks Bezug haben, der
Schichtmeister, und
in den Fällen, welche Beleihung Und Bewahrung des Eigenthums betreffe», der
Lehnsträger,
alS Bevollmächtigter der Gewerkschaft angesehen werden. Sie sind daher jeder in
ben bezeichneten Fällen zu allen prozessualischen Verhandlungen, zu welchen gesetzlich
keine Spezialvollmacht erforderlich ist, legitimirt. — Eab.-Ordre vom 24. Ott.
Z831. GS. S. 226. — Rcscr. vom 31. Mai 182«.
2. Zünfte bedürfen zu allen Prozeßhandlungen, welche das gemeinschaftliche
Junftvermögen betreffen, der Approbation de» Magistrats. — A. L. Si. II. 8,
§. 211 fg.
3. Eisenbahngesellschaften werden in allen gerichtlichen und außergerichtlichen
Geschäften, selbst in Fällen, wo eine Spezialvollmacht erforderlich ist, vom Bor
stande vertreten. Dieser leistet Namens der Gesellschaft die Eide. — Die Behän«
bigung der Vorladungen und anderer Ausfertigungen an die Gesellschaft ist giltig,
auch wenn sie nur an ein Mitglied des Vorstandes geschieht. — jj. 21—23 deS
Gesetzes vom 9. Nov. 184S. GS. S. 34S.
zt. Handelsgesellschaften können unter ihrer Firma klagend ««ftreten und be«
langt wttkm. —> «es«. Vom ». Mai «SS. ««ff, «sch «c. W. «. ?«.
32
"! ' Bon mehren Erben als Parter. ,
Z. 16. Sind mehre Miterben vorhanden, so müssen :
s) Sämmtliche als Kläger austreten oder belangt werden, so lange noch keine
Theilung stattgehabt, und in sofern nicht etwa der Prozeß solche Sachen, Rechte
oder Forderungen betrifft, welche durch letztwillige Verordnung einem oder Ein-
zelnen der Erben zugefallen sind.')
d) Hat aber Theilung stattgehabt, so ist: ss) der, welcher ein über eine Nachlaß
forderung sprechendes Dokument hinter sich hat, in sofern von den Miterben
keine gerichtliche Protestation erfolgt ist, so wie der, welchem eine Rachlaßsor-
derung bei der Theilung überwiesen ist, zu deren Einklagung allein berechtigt;
Kb) die Erbschaftsgläubiger können sich nur an jeden der Miterben nach Vcr«
hältniß seines Erbtheils halten, wenn die Theilung entweder zu ihren Händen
oder durch Einrückung in die öffentlichen Blätter gehörig bekannt gemacht wor
den, und die Gläubiger von Bekanntmachung, resp. der ersten Einrückung in
die Blätter ab, drei Monate, und Auswärtige, wenn Erblasser Kaufmann war
und seinen Verkehr auch außerhalb der Provinz seines Wohnortes oder ins
Ausland ausdehnte, sechs Monate, ohne sich zu melden, haben verstreichen lassen;
eo) ist dies nicht der Fall, so hat nach der Theilung jeder Erbschaftsgläubiger
die Wahl, ob er sich an die Erben insgesammt, oder an jeden derselben nach
Berhältniß seines Erbtheils, oder an einen unter ihnen für das Ganze halten
wolle. Kann er von einem oder von mehren in Anspruch genommenen Erben
in diesem Falle seine Befriedigung ganz oder zum Theil nicht erhalten, so bleibt
') Rechte, Verbindlichkeiten und Lasten, welche nur der Person oder dem Stande
des Erblassers anklebten, gehen nicht auf die Erben über. In sofern aber aus
Rechten oder Pflichten, die mit dem Tode des Erblassers erlöschen, noch bei
seiner Lebenszeit Folgen entstanden sind, die ein nach Gelde zu schätzendes In»
teresse begründen, so gehört dieses Interesse zum Nachlaß. Ebenso gehen auf
die Erben über: alle Rechte und Pflichten aus Verträgen, Rechte, welche zum
freien Eigenthum zu rechnen, desgleichen diejenigen, welche den Ersatz eines
aus unerlaubten Handlungen entstandenen Schadens betreffen. Hiernach läßt
es sich beurtheilen, welche Klagen Erben anstrengen, und welche gegen Erben
angestrengt oder fortgesetzt werden können. — A. L. R. Einl. Z. 102, 103,
104; Tit. 2, I. §. 4«; Tit. 9, Z. 36« fg. — Einige auf die Erben nicht
übergehende Klagen sind: s) die Klage aus Ehegelöbnissen. Die Erben
des Unschuldigen können Entschädigung und Abfindung vom Schuldigen nur
fordern, wenn sie dem Erblasser bereits rechtskräftig zuerkannt ist. Der
Unschuldige kann gegen die Erben des Schuldigen nur dann auf Entschädigung
und Abfindung klagen, wenn Letzterer sich vor dem Tode an eine andere Person
wirklich verheirathet hat, oder wenn er auf die aus dem Ehegelöbnisse ange
stellte Klage seine Weigerung, die Ehe zu vollziehen, gerichtlich oder doch
schriftlich erklärt hat. — A. L. R. II. 1, §. 124—127. — b) Die Erben
einer Geschwächten können vom Schwängerer eine Ausstattung nur in sofern
fordern, als dieselbe der Erblasserin bereits rechtskräftig zuerkannt ist. —
Z. 1088 daf. — c) Ehescheidungsstrafen können die Erben des unschul
digen Ehegatten aus dem Vermögen des schuldigen nur dann fordern, wenn
dieselben dem Erblasser bei seinem Leben bereits zuerkannt waren, und dag
Urtel vor oder nach seinem Tode rechtskräftig oder in den folgenden Instanzen
bestätigt wird. — Z. 83« das. — 6) Hat der Vasall wegen begangener Felonie
das Lehn verwirrt, so findet die Rüge gegen die Leibeslehnserben des Vasallen
nur dann statt, wenn gegen diesen auf Einziehung des Lehns vor seinem Tode
wenigstens in einer Instanz rechtlich erkannt warj ist aber der Lehnsherr, ehe
er die Felonie gerichtlich gerügt hat, gestorben, so kann der Nachfolger in der
Regel nicht, unb ausnahmsweise nur dann klagen, wenn der Lehnsherr durch
die Felonie das Leben verloren, ohne die Felonie ausdrücklich erlassen zu haben.
" ' Zl. L. R. I. 18, 624—629. — e) Die Jnjurienklage kann gegen die Erbe»
d«S Beleidigers nicht angeftttngt werden. — Zl. «. A. U. SV, §. SOS. ^ ,i
33
ihm dennoch sein Nicht ,tg» die Miterbm. «. ?. ». I. t?> Z. 1S7, Ut, IZß,
1S7— 1«, Ul^lSb. «est». v«n 17. Mörz 18«, Z. M. ». «Ä. 1U>
Aut-nahMtweise Ktzmulatiou von Klagen.
I. 1?. In ander» Fällen, in denen mchre Personen weder als Korporation«»
oder Gemeinden, noch fönst, z. B- als Erden »der Hanblungtgenossen ,c. rechtlich
alt eine Person zu erachten, können in der Regel Mehre als Kläger oder Beklagte
i» eine« Prozent nicht auftreten. Ausnahmsweise ist dies nur dann zuzulassen,
»enn Mchre alt Mitberechtigte oder Mitverpslichtete zu betrachten sind,
die aus einerlei Geschäfte, Bertrage oder unerlaubte» Handlung etwas fordern od»
in Anspruch genommen «erden. Doch müssen auch hier die Forderungm der meh«
nn Konsorten, od» die Ansprüche gegen sie zum besondern Prozeß verwiesen wer«
de», sobald aus einer solchen gemeinschaftlichen Ausführung in der Sache selbst
Verwirrungen zu besorgen sind.
Bon Amtswegen können aber selbst die, welche aus einerlei unerlaubte» Hand»
lung Ansprüche gegen dieselben Beklagten zu machen haben, zur Kumulation der
Klagen nicht anschalten werden.
Ist der Anspruch der mehren Kläger «der gegen die mehren Beklagten nicht
ans einerlei Fundament entsprungen, >) oder sind ein Theil der Letztem nur s»bsi-
diarisch verpflichtet, 2) f« ist eine Kumulation der Klagen unzulässig. In dritter
Instanz kann ein« solche niemals mehr gestattet werden. — A. G. O. 8- 35— S7,
I. t. — «et», vom 11. Februar 1837; vom 12. August 1822; vom ö. April 1S29
«nd vom 17. Dec. 1842 in Gräff, «och ,c. lll. «. 77 fg.

Dritter Xitel.
Vp« Se>icht<fta«dt.
Begriff und Eintheilung.
Z. 18. Jede Klage muß bei denjenigen Gerichten verhandelt werden, an welchk
sie entweder durch allgemeine Gesetze, oder durch besondere in einer Provinz oder an
einem Orte bestehende Vorschriften gewiesen ist. Dieses die Zivilstreitigkeiten lösende
Gericht wird in der Regel Aivilgericht genannt, zum Unterschiede vom Kriminal
gericht, welches die der richterliche» Kognition unterliegenden Straffälle untersucht
»gd resp. entscheidet. Letzteres, falls es nicht zugleich mit Ziviigerichtsbarkeit be»
liehen ist, stellt die Schadloshaltung eines durch ein Verbrechen Beschädigten mit
diesem Verbrechen nur in sofern fest, als sie gleichzeitig mit der Untersuchung des
Verbrechens erörtert werden kann. Ist dies nicht zugleich thunlich, oder wird eine
besondere Klage deshalb angebracht, so gehört der desfallsige Prozeß vor den erdenk
«che» persönlichen Richter de« Beschädig erg. — Überhaupt gilt in Bezug auf

2) Gegm den Trassanten und Akzeptanten eines Wechsels kann nicht in einem
und demselben Prozesse geklagt werden. Das Klagesundament ist gegen beide
verschieden; nämlich gegen den Akzeptanten seine Akzeptation, und gegen
de» Trassanten auf eigene Ordre sein Giro in Verbindung mit der nicht
erfolgten Zahlung. — Res«, vom 21. April 1842. I. M. B. S. 177.
>) Der hier zum Grunde liegende Fall des Rescr. vom 11. Februar 18Z7
betraf eine Regreßklagt wegen Geld»«, die an nicht legitimirt, Empfänger
Htjahitz waren,
S

gktlprozesse Ott Regel, da? jeder Prozeß im GertchtSfianbe >) der t»
Anspruch genommenen Person oder Sache anzustrengen sei. Sei
Vertretungen (z. B. durch einen Bormund) gehört die Klage vor dai dem zu
Vertretenden vorgesetzte, Gericht, da dieser als Beklagter anzusehen. — So
tald die Sache einmal anhängig ist, bleibt sie bei demselben Berichte, wenn auch
b« Beklagte seinen Wohnsitz oder Gerichtsstand 2) in der Folge verändert.
Der Gerichtsstand kann sein:
. l. Der ordentliche, welchem alle an einem Orte, in einem Distrikte oder m
einer Provinz befindlichen Personen oder Sachen, oder alle daselbst vorkommend«
Geschäfte von einer gewissen Art nach gesetzlichen Borschriften unterworfen sind.
Der ordentliche Gerichtsstand wird:
Z) Der persönliche genannt, wenn er durch den Ort, wo Jemand wohnt (forum
Domicilii), oder durch den Ort der Herkunst (forum origiuis), oder durch den
Aufenthaltsort (das Forum des Vagabunden), oder durch gewisse persönliche
Eigenschaften, mit welchen die Gesetze die Unterordnung unter dieses oder jenes
Gericht verbunden haben, bestimmt wird.
Z) Der dingliche Gerichtsstand wird durch den Ort bestimmt, wo eine Sache
sich befindet. Demnach hat der für einen Ort oder Bezirk unmittelbar und
zunächst bestellte Richter die Vermuthung für sich, daß alle in diesem Ort«
«der Bezirke befindlichen Sachen seiner dinglichen Gerichtsbarkeit unterworfen sind.
Z) Spezialgerichtsstand (forum specisle «süsse) heißt endlich da« Gericht,
welchem gewisse in einem Gerichtsbezirk vorfallende Rechtsangelegenheiten, ihr»
besondern Beschaffenheit wegen, ohne Rücksicht auf den sonstigen persönlichen
oder dinglichen Gerichtsstand beigelegt worden.
II. Er kann ein außerordentlicher Gerichtsstand sein:
Z) wenn der Staat in einzelnen Fällen zur Beförderung einer schleunigen und un«
parteiischen Rechtspflege, oder um die Vervielfältigung der Prozesse zu verhüten,
eine Ausnahme von dem ordentlichen Gerichtsstande zu machen für gut findet;
ö) wenn die Parteien mit Erlaubniß des Staats einem andern, als dem ordent«
lichen Gerichtsstande entweder durch ausdrückliche Erklärungen, oder durch vor«
hergehende Handlungen, woraus das Gesetz ihre Einwilligung folgert, sich un»
«ttwerfen. — A. G. O. I. 2, §.1—7, 173, 4S. Kr. O. §. S, 637.
l. jdrdentUcher Gerichtsstand, und zwar:
1. persönlicher, «) des Wohnsitzes.
§. 19. In der Regel steht Jeder unter dem Gericht, welches für den Ort od»
Bezirk, in welchem er wohnt, zunächst und unmittelbar bestellt ist, gleichviel, od
die Gerichtsbarkeit dem Landesherrn oder einem Privaten zusteht. Dieser «rdent»
liche persönliche Gerichtsstand wird jedoch noch nicht durch den bloßen Auf«
enthalt, sondern nur dadurch begründet, daß Jemand an einem Orte feinen be»
ständigen Wohnfitz aufgeschlagen hat. Wenn daher Jemand, selbst eine ge«
räume Zeit hindurch, wegen seiner Geschäfte oder Gesundheit, oder wegen Studb
>) Es kommt dabei auf den Zeitpunkt der Klagebehändigung an. Verzieht Be«
klagter in der Zeit von Anbringung der Klage bis zur Behändigung, so muß
die Sache, in sofern sie ins persönliche Forum gehört, an den persönlichen
Richter des neuen Wohnorts des Beklagten abgegeben werden. Rur in Betreff
eines Schwängerers findet die Ausnahme statt, daß gegen ihn die Geschwächte
auch im Gerichtsstande, in welchem er sich zur Zeit der Schwängerung befand,
aus der Schwängerung klagen kann. — A. L. R. II. I, §. 1037.
>) S. B. wenn ein Komerzienrath seine Handlung ganz niederlegt, und dadurch
<«S dem Gerichtsstand dkS UntergerichtS in den des ObergerichtS iibergeht.
35
rms, oder um einem drohenden Arrest, einer Krieg«« oder andern Gefahr zu ent
gehen, an einem Orte sich aufhält, so kann daraus noch nicht die Ausschlagung eine«
beständigen Wohnsitzes daselbst gefolgert werden. Bielmehr muß die Absicht,
einen solchen an einem Orte ausschlagen zu wollen, in jedem Falle entweder aus
drücklich, oder durch Handlungen oder Thatsachen geäußert werden.')
Solche stillschweigende Äußerungen müssen jedoch von der Art sein, daß daraus mit
Zuverlässigkeit auf die Absicht des Handelnden geschlossen werden kann. Sie
setzen auch Personen voraus, welche durch Willenserklärungen sich rechtsgiltig ver
pflichten können. — Auf die Beschaffenheit der Wohnung und die Art der Erwerbs-
thätigkeit kommt es bei der Absicht, einen Wohnsitz zu begründen, nicht an.
Das Gesetz will die Begründung des persönlichen Gerichtsstandes des Wohnorts
durch stillschweigende Äußerungen und Handlungen insbesondere angenommen wissen,
wenn Jemand an einem gewissen Orte:
1) ein Amt, welches seine beständige Gegenwart erfordert, übernimmt;
2) Handel und Gewerbe daselbst zu treiben anfängt, oder, was diesem gleich
ist, als Tagelöhner oder Arbeitsmann für beständig oder auf lange Zeit an
einem Orte sich niederläßt;
5) sich dafelbst alles, was zu einer eingerichteten Wirthschaft gehört, an-
schast. Wer an zwei verschiedenen Orten völlig eingerichtete Wirthschaftm hat,
und abwechselnd bald an dem einen, bald an dem andern Orte sich aufhält,
«der Gewerbe treibt, muß die Gerichte beider Orte als seinen persönlichen Ge
richtsstand anerkennen und es hängt von der Wahl des Klägers ab, wo ihn
derselbe belangen will.
4) Die Übernahme einer Pacht, verbunden mit dem persönlichen Aufenthalte auf
dem gepachteten Gute begründet den Wohnsitz des Pächters. Ist im Pachtver
trage verabredet, daß der für seine Person nicht schon aus andern Gründen
unter dem Obergericht stehende Pächter von der Gerichtsbarkeit des Verpächter«
(dem Patrimonialgericht) ausgenommen sein solle; so gilt diese Verabredung in
Absicht der Zivilprozesse zwischen Verpächter und Pächter als Kompromiß, und
das Obergericht muß solche vor seine Kognition ziehen. — Bei andern Klage»
gegen den Pächter hängt es, einer Verabredung ungeachtet, vom Gutbefinden
des Obergerichts ab, ob es sich der Kognition unterziehen, oder sie an da«
Gericht, vor welches die Sache gehören würde, zurückweisen will.
5) Gesellen haben da ihren Wohnsitz, wo sie in Arbeit stehen, in sofern nicht au«

In Folge der Gefetze vom St. December 1342 über die Aufnahme neu anzie
hender Personen (GS. 1843, S. S) und über die Verpflichtung zur Armenpflege
(GS. 1843, S. 8) ist mit Bezug auf Beantwortung der Frage : welche Ge
meinde zur Verpflegung eines verarmten Gemeindegliedes verpflichtet sei?
der Wohnsitz an einem Orte dann für begründet anzunehmen, wenn Jemand
entweder s) daselbst als Mitglied ausdrücklich aufgenommen worden, oder b)
sich bei der Polizeibehörde des Orts, den er als Wohnort wählt, gemeldet,
eine Bescheinigung darüber erlangt, und demnächst daselbst ohne begründete»
Widerspruch wirklich seine Wohnung aufgeschlagen, oder «) nach erlangter
Großjährigkeit während der drei letzten Jahre daselbst seinen gewöhnlichen Auf
enthalt gehabt hat. — In den gesetzlichen Vorschriften über Begründung des
Gerichtsstandes ist zwar durch diese Gesetze Nichts geändert; doch werden die
selben bei Zweifeln darüber: ob Jemand an einem Orte seinen Gerichtsstand
begründet habe? oft Erläuterungen gewähren.
2) Geht eine entgegengesetzte Absicht hervor, z. B. bei Maurern, Zimmerleutm,
Pflasterern, Eisenbahnarbeitern ie., die oft nur den Sommer über auf Arbeit
gehen, um demnächst wieder zu ihrer in dem bereits konstituirten Wohnort
zurückgelassenen Familie zurückzukehren, so begründet dieser nur zeitige Auftnt
halt Km Domizil.
36
ihren anderwetten auSdräcttichu, od» stillschweigend«, Äußerung« h«»«rMt,
daß nur die Absicht vorübergchenden Aufenthalts obwaltet («f. Anm. 2, S. SI).
Befinden sich dieselben jedoch noch unter väterlicher Gewalt oder Bormundschaft,
so sind sie nur in Injurien-, Alimenten- und Entschsdigungsprozessen, so mi«
in allen Rechtsstreitigkeiten, welche aus ihren Dienst-, Erwerbs- und Kontrakts«
Verhältnissen entspringen, dem persönlichen Gerichtsstande ihres Aufenthaltsorts
«nterworfen. Dies gilt auch von Lehrlingen, Handlungsdienern, Kunst
gehilfen, Hand- und Fabrikarbeitern,
b) Der Gesi »bedienst begründet zwar keinen Wohnsitz, in sofern nicht etwa das
Gesinde eine besondere Ökonomie führt (wie z. B. bisweilen bei solche», die
gegen Deputat dienen, der Fall ist); doch steht das Gesinde, welches nicht mehr
unter väterlicher Gewalt oder Vormundschaft sich befindet, in der Regel unt«,
dem ordentlichen Gerichte seiner Herrschaft. Ausnahmen finden statt: s) hin«
sichtlich der auf dem Lande oder überhaupt im Patrimonialgerichtsbezirk einer
Gutsherrschaft sich befindenden Hausofsizianten, Wirthschaftsbedienten derselbe»
und deren Gesinde. Dasselbe steht unter der Patrimonialgerichtsbarkeit, wenn
nicht Verträge oder Provinzialgesetze entgegenstehen, d) in Betreff des Gesindes
der Militairpersonen hinsichtlich der Jnjuriensachen, e) in Betreff der Bediente»
der Studenten. Die sä d und o ^stehen unter dem Gerichte, welchem andere
Einwohner gleichen Standes unterworfen sind.
Bevormundete oder unter väterlicher Gewalt befindliche Dienstleute sind in
Injurien-, Alimenten- und Entschädigungsprozessen und in den aus ihrem
Dienst entspringenden Rechtsverhältnissen dem persönlichen Gerichtsstande ihres
Aufenthaltsorts unterworfen. Überhaupt haben:
7) Alle minderjährigen, oder noch unter väterlicher Gewalt stehenden Personen in
Jnjuriensachen ihres Gerichtsstand »or dem Gerichte ihres Aufenthaltsortes.
Won dem Grundsatz, daß durch stillschweigende Äußerungen und Handlungen
ein Wohnsitz und somit der persönliche Gerichtsstand begründet werden könne, besteht
hinsichtlich der Standesherren eine Abweichung; diese sind niemals aus dem
Grunde allein, weil sie innerhalb des preußischen Staats eine Standesherrschaft be
sitzen, vor den hiesigen Gerichten in blos persönlichen Angelegenheiten Recht zu
nehmen verbunden. Dagegen sind sie, im Falle sie in mehren Bundesstaaten ftan-
desherrliche Besitzungen oder einen auf andere Art gesetzmäßig begründeten, mehr
fachen Personalgerichtsstand haben, nach erlangter Volljährigkeit verpflichtet, vor
dem Oberlandesgerichte, in dessen Bezirk die Standesherrschaft gelegen ist, zu erklä
ren, welchen in - oder ausländischen Ort sie als ihren Wohnsitz betrachtet haben wollen.
Der durch den Wohnort oder Aufenthalt begründete persönliche Gerichtsstand
hört auf, wenn Jemand dcn Wohn- oder Aufenthaltsort gänzlich verläßt und
entweder seinen Wohnsitz auf gehörige Weift anderswo aufschlägt, oder Bagabunde
wird. Der Aufenthalt in einer Strafanstalt zur Strafe ist jedoch nicht geeignet,
den bisherigen Gerichtsstand des Züchtlings zu ändern, so wie dadurch auch kein
neuer Gerichtsstand begründet werden kann. — A. G. O. das. §. 3 bis 16, 22.
Anh. §. 5, 19 und 28. — A. L. R. I. 4, z. 53, 59, 63; II. 17, §. 19 fg., 47.
Eab.-Ordre vom 4. Juli 1832. GS. S. 175. — Res«, vom 11. April 1823.
Jahrb. 21, S. 264. Gräff 2, S. 1«. — Rescr. vom S. Mai 1335. Jahrb.
45, S. 540. Gräff 8, S. 133. Rescr. vom 5. October 1821. Mannkopf A.
G. O. I. S. 145. — Rescr. vom 1«. März 1827. v. K. Ann. 11, S. 149.
— Rescr. vom 19. Febr. 1823. Jahrb. 21, S. 255. Gräff 1, S. 273. —
Rescr. vom 10. October 1823. Jahrb. 22, S. 217. Gräff 4, S. 141. —
Jnstr. vom 3«. Mai 182«, g. IS. GS. S. S4. — Reglem. vom 2S. Dec. 1810.
SS. S. M.
d) der Herkunft (forum origims),
§. 2«. So lange Jemand noch nicht gemäß §. 19 einen eigenen Wohnsitz
genommen hat, bleibt er im Gerichtsstände
L) de« Vaters, wenn dieser lebt, gleich viel, ob derselbe durch eheliche Zeugung
oder durch Adoption >) Vater ist, und zwar mit Rücksicht auf dessen jedesma«
ligen Wohnort j
2) der Mutter, wenn ex uneheliche« Kind «) oder in einer Ehe zur linken Hand
gezeugt ist, »)
S) der Pflegeeltern, so lange er a« ein von seinen Eltern verlassenes Kind sich l»
deren Pflege befindet; ^)
H Ist der Vater gestorben oder mit Aurücklassung von Kindern au« dem Land,
gegangen, so behalten die bei seinem Tede oder bei der Entfernung in seiner
Gewalt befindlich gewesenen zurückgebliebenen Kinder den Gerichtsstand dkl
letzten inländischen väterlichen Wohnort« bei.
Hatte der Vater zwei persönliche Gerichtsstände, so währt derjenige fort, l»
welchem gesetzlich die Bevormundung zu veranlassen, nämlich, >«nn der eine
väterliche Gerichtsstand vor einem Obergcricht, der andere vor einem Unter«
gericht war, der erstcre; wenn aber beide Gerichte von gleicher Qualität waren,
der Gerichtsstand, in dessen Bezirk der Vater seinen letzten wirklichen Wohn»
sitz hatte.
5) Ist der Vater unbekannt, oder das Kind nicht aus einer Ehe zur rechte«
Hand, so richtet sich beim Tode oder bei Entfernung der Mutter in gleiche«
Art, wie sck 4 in Betreff des väterlichen Gerichtsstände« bestimmt ist, der
Gerichtsstand der Herkunft eines solchen KindeS nach dem Gerichtsstände b»
Mutter.
6) Bei ausgesetzten Kindern, in Betreff deren der letzte Gerichtsstand der Mutt«
unbekannt ist, bestimmt der Geburtsort, und wenn auch dieser unbekannt, der
Untergerichtsbezirk, in welchem sie gefunden worden, den Gerichtsstand dtt
Herkunft.
Bon vorstehenden Regeln finden folgende Ausnahmen statt:
Referendarien und Auskultatoren stehen, wmn sie auch noch minderjährig
Wer unter väterlicher Gewalt befindlich sind, unter der Gerichtsbarkeit de« Ge«
richts, von dem die Mitglieder der Behörde, bei welcher sie arbeiten. Recht zu
nehmen haben.

Bei Adoption eine« Minderjährigen bleibt dessen eigenthümlicheS Vermöge»


unter der bisherigen väterlichen oder vormundschaftlichen Verwaltung, (kl. 2,
§. 626 A. L. R.) Bei minderjährigen Adoptirten wird daher die in Bezug
auf ihre Person angebrachte Klage beim persönlichen Richter des Adoptivvaters
angestellt werden müssen, während Klagen, die jenes Vermögen betreffen, im
Gerichtsstand der Herkunft gegen den leiblichen Vater oder Vormund angestellt
werden können.
2) Ein uneheliches Kind einer adligen Mutter hat somit den Gerichtsstand vor
dem Obergericht.
») Dieser Gerichtsstand wird in der Regel der des Vaters sein, da die Frau zur
linken Hand in die Gerichtsbarkeit, welcher der Mann unterworfer ist, übergeht.
A. L. R. !l. 1, K. SS6.
38
Väter und Vormünder müssen sich daher bei diesem Gerichte auf die aut
Handlungen ihrer Söhne und Pflegebefohlenen wider sie angestellten Klagen ein
lassen. In der Leitung der Vormundschaft wird hierdurch nichts geändert.
. L. Im Dienst Anderer Befindliche, Lehrlinge, Gesellen, Handlungsdiener, Kunst«
gehilfen> Hand- und Fabrikarbeiter sind in Injurien-, Alimenten- und Entschädi,
gungSprozessen, so wie in allen aus ihren Dienst-, Gewerbs- und Kontraktsverhält-
mssen entspringenden Rechtsstreitigkeiten dem persönlichen Gerichtsstande ihres Auf
tnthalts unterworfen, wenn sie auch unter väterlicher Gewalt oder Vormundschaft stehen.
L. Wird ein Adlicher wegen Verbrechen durch richterliches Erkenntniß des Adels
«erlustig, so behalten die zur Zeit, als das Erkenntniß erging, bereits gebornen oder
konzipirten Kinder desselben, in sofern das Erkenntniß nicht auch ihnen denselben
abspricht, den Adel und somit den Gerichtsstand vor dem Obergericht, während ih»
Eltern den Gerichtsstand vor dem Untergericht erlangen.
V. Alle Minderjährigen, so wie die der väterlichen Gewalt unterworfenen Groß
jährigen ohne Ausnahme haben in Jnjuriensachen den Gerichtsstand vor dem
Gerichte ihres Aufenthalts.
Der Gerichtsstand der Herkunft ergänzt den Gerichtsstand des Domizils in
Fällen, wo ein eigener Wohnsitz noch fehlt. Er hört daher auf, sobald s) durch
giltige Wahl eines Wohnsitzes; b) durch Verheirathung beim weiblichen
Geschlecht; c) durch Eintrit in den Gesindedienst bei nicht in väterlicher Gewalt
Befindlichen, auch nicht Bevormundeten; 6) durch Erwerb der nach den Gesetzen
mit einem besondern Gerichtsstande verbundenen persönlichen Eigenschaften >)
ein anderer Gerichtsstand begründet wird; auch e) dadurch, daß Jemand Vaga-
bunde wird. — A. G. O. z. 17—24. Anh. 8. 7. — A. L. R. II. 18, §. S7,
öS, 63; II. 9, §. 34, 92, 93; I. I, §. 12. — Jmmediatbericht des Justizminist!
vom 31. August 1833. Jahrb. 42, S. 302. — Cab.-Ordre vom 4. Juli 1832.
GS. S. 17S. — Rescr. vom 26. August 1822. Jahrb. 20, S. 4«. Gräff 2, S. 18.
c) der Vagabunden (Gerichtsst. des Aufenthalt«),
§. 21. Vagabunde heißt im rechtlichen Sinne:
s) der Mensch, welcher seinen vorigen Wohnsitz aufgegeben hat, und ohne eine feste
Wohnung zu nehmen, im Lande umherirrt;
d) der, welcher, ohne irgendwo einen feste» Wohnsitz genommen zu haben, den Ge
richtsstand seiner Herkunft schon seit länger als drei Jahren verlassen hat, oder
dessen Geburtsort unbekannt, oder außerhalb der königl. Landen gelegen ist. i)
Doch gehören unter die sck b Genannten nicht die, welche unter Eltern oder
Bormündern stehen, da diese ihren persönlichen Gerichtsstand der Herkunft nicht
Willkürlich verändern können. «)
Ein Vagabunde kann in Anspruch genommen werden:
1) vor jedem Gericht, in dessen Bezirk er angetroffen wird;
2) im Wege des Arrestschlages bei jedem Gericht, unter welchem sich einige ihm
gehörige Grundstücke, Effekten, Baarschaften :c. befinden; und

>) Z. B. in obigem sub H,. erwähntem Falle, oder wenn das Kind geadelt wird.
>) Auch in diesen beiden Fällen wird vorausgesetzt, daß derselbe weder im Jn-
noch im Auslande einen festen Wohnsitz hat, da der mit einem Wohnsitz ver
sehene niemals Vagabunde ist. — Ol. Rescr. vom 17. August 1832 in Gräff,
Koch :e. Suppl.-Bd. zu den Ergänz, der A. G. O. S. 18.
») Die A. G. O. spricht im 8. 24, I. 2 auch von Gutsunterthanen, daß sie ohne
Willen der Gutsherrschaft den Wohnort nicht verändern können. Durch die
«euere Gesetzgebung, in Folge deren die Erbunterthänigkeit aufgehoben, ist diese
und ähnliche Bestimmungen antiquirt.
S) »enn Kkntt «es» Mt v»«egt, Ue Klage gegt» ihn als Zkbwestnien kj. ».
wegen Ehescheidung) aber zulässig ist, in seinem letzten Gerichtsstände de«
Wohnort«, «der, in dessen Ermangelung, der Herkunft. — Demnach ist der
Schuldner, «elcher seinen neuen Aufenthalt verheimlicht, al« Bagabunde anzu«
sehn, und sein Gerichtsstand da, «g sein zurückgelassene« Vermögen sich befindet.
— A. G. O. I. 2, Z. 22—2S, Tit. 7, Z. 13. — «escr. vom Sl. Mai 182l.
Sröff, Koch ,e. Ul. S. SS.
ck) der Fremden (Gerichtist. de« Aufenthalt«),
Z. 22. Unter dem Ausdruck „Fremder" wird hier jeder Ausländ« verstau«
de», welcher im hiesigen Lande keinen Wohnsitz hat. E« gehören darunter auch
diejenigen au« dem diesseitigen Militairverhältnisse entlassenen AuilSn»
der, welche »ach erhaltener Dimission die hiesigen Lande sogleich verlassen habe«,
ohne darin einen Wohnsitz zu nehmen.
1. Steht ein Fremder im Begriff, sich im hiesigen Lande niederzulassen, ') st
kann er:
») wenn er darin noch keinen bestimmten Wohnsitz genommen hat, bei den ordent«
lichen Gerichten de« Ort«, wo er sich aufhält, belangt werden; gehört er ab»
nach seinen persönlichen Eigenschaften zu den Erimirten, so ist er beim Ober«
gericht der Provinz, in welcher er sich befindet, in Anspruch zu nehmen;
d) Hat er sich über den Ort, wo er im hiesigen Lande seinen Wohnsitz nehmen
will, schon deutlich geäußert, so kann er bei den ordentlichen Gerichten diese«.
Ort« belangt werden, selbst wenn er sich noch auf der Reise dahin befindet. 2)
2. Blo« durchreisende oder vorübergehend im hiesigen Lande weilende Fremde ha»
ben hier keinen persönlichen Gerichtsstand. Sie können jedoch, und zwar bei den«
jenigen Gerichten, welchen Inländer von gleichem Range und Stande un«
terworfen sind, belangt werden:
») wegen der im Jnlande begangenen Injurien. Die Eivilgerichte sind hi»
auch gegen fremde Militairpersonen kompetent, so daß fremde Offizier« unter
die Obergerichte der Provinz gehören;
K) wegen Schadloshaltung, sofern die Erörterung der Entschädigungssumme gleich«
zeitig mit der Untersuchung de« den Schaden herbeiführenden Verbrechen« ersolgtß
e) au« den im Jnlande geschlossenen Kontrakten und geführten Verwaltungen >
ck) mittel« de« Arrestprozesse«;
«,) sofern bewegliches ') oder unbewegliche« Vermögen «) de« Fremden im hiesige»
i) Die Srlaubniß zur Niederlassung wird den Ausländern von der betreffende»
königl. Regierung ertheilt. — Res«, vom 1«. Sept. 1829. Ann. der inner»
Verw. S. Sös.
«) Hat ein Ausländer, wenn auch als Deserteur, im preuß. Staate sich nieder«
gelassen, so kann er beim inländischen Gericht gegen seine im Auslande zurück«
gebliebene Ehefrau auf Ehescheidung klagen. — Rescr. vom 2S. Oct. 1799.
Stengel Bd. 15, S. 292. Rabe Bd. 5, S. S97.
») Auch Aktiva, die im Jnlande ausstehen, sind diesem zuzuzählen, und begründe»
hier einen Gerichtsstand gegen den ausländischen Gläubiger. — Ls. Rescr. vom
9. Juni 182« in GrSff, Koch :c. Suppl.-Bd. z. Erg. z. A. G. O. S. 31.
«) Sin zum Auslaufen fertiges und beladene« oder im Laden begriffene« Schiff,
so wie die Waaren, welche sich schon über dem Bord de« Hauptschiffe« befin»
den, können nach §. 1409—1419, II. 8 A. L. R. nur wegen Eigenthums«
ansprüchen oder aus andern Gründen, nicht aber wegen Schulden mit Arrest
belegt werdm; und e« darf nur ein vorläufige« Pfandrecht auf diese Gegen«
stände bestellt werden, wenn die Erfordernisse eine« Realarreste« vorbände»
find. Diese Bestimmungen gelten offenbar auch in Bezug auf die Ausländer»
gehörigen Frachtschiffe. — tt. Rescr. vom 17. Febr. 1SSS in GrSff, Koch:c.
VuppkBd. z. Erg. z. A. y. O. S. Sl,
Siwbe sich ieMet, unb bk Befriedigung s«S demfewm cMcht »«b. ') Poch
soW» Uüt«rtha»r« der tmtfch« BundtSstaaten in diesem KsSe i» ihrem per«
flnlichen ausländischen Gerichtsstände belangt werden, 2) in ssfer» nicht 6wa
t» Bezug auf einen Staat Wiedervergeltungsrecht zu iiben. s) .
t) F» Folge nothmenbiger oder freiwilliger Prorogatie».
g) Dem dingliche» Gerichtsstande find ausländische Besitzer hiesiger Grandftücke in
gleicher Art, wie Inländer selbst in Bezug aus die mit dem Besitze z»fmmnen-
hängenden persönlichen Ansprüche unterworfen.
d) Königliche Ätularbediente, welche einen auswärtigen Wohnsitz haben, und in
den königl. Staaten nicht angesessen sind, können bei den hiesigen Gerichten nur
dann belangt werden, wenn sie im Jnlatide sich wirklich, wenn auch n«r eine
Zeitlang, aufhalten.
ZZ Wenn ein Ausländer, der auswärts keinen Wohnsitz hat, oder diesen auswär
tigen Wohnsitz verschweigt, während feines Aufenthalts im hiisigen kande eM
' hiesige Unterthanin heirathet, ohne ihr bekannt zu machen, da^ er in hiesigen
Landen zu bleiben nicht gemeint fei, so kann, wenn er auch daselbst «Ken M
deutlichen Wohnsitz nicht aufgeschlagen, und nach geschlossener Eh« sich wMerüm
Vntfernt hätte, dennoch bei dem inländischen Gerichte, in dessen Bezirk die Ehe
geschlossen worden, auf deren Trennung wider ihn geklagt werden. In ändern
Fällen dagegen gehört die Ehescheidungsklage stets und selbst dann, wenn die
Ehefrau dem Manne ins Ausland zu folgen nicht verpflichtet wäre, vor ven
persönlichen Richter des Ehemannes. — A. G. O. I. 2, tz. 26—SS. Ach. Z. 8.
§. 6«. Anh. §. 22 z S. S4, 59 fg., 129, 17S. Anh. K. «8. AnH. I. Z4i —
Berordn. vom 7. Juli 1819. GS. S. 212. — KoNbent. vom Z«. August
1319. GS. S. 1 des Anh.
' 8. Die am hiesigen Hofe akkreditirten Gesandten, GischöflSträger (<Mltz6j ck'S?.
Kires) und Residenten fremder Mächte sind persönlich der hiesigen Grttchtt-
iarkelt nicht unterworfen. Gleiches gilt in Betreff ihrer Frauen, iyrks MMgeÄ>
und aller in ihrem Dienst befindlichen Personen, in Betreff Nestr, ft llckze der
Dienst währt. Heirathen hiesige Unterthanen weiblichen GefchKchK fiemde Ge
sandten, Residenten zc., oder Personen ihres Gefolges von höherem AaHe, näch
Vorausgegangener Ertheilung des AuswanderungsiKnftnfei Seitens der Hiesigen be
treffenden Provinzialregicrung, so gehen sie m den Gerichtsstand ihrer MSnnler
Lber. Bei Ehefrauen der Domestiken und Bedienten der Gesandten ist dies» M:
der Fall, wenn sie ebenfalls im Dienst des Gesandten stehen/ ober wettn sie ntK
ihrem Manne im Haufe des Gesandt«? wohnen. — Die GrMdten können selbst
durch Vertrag dem hiesigen Gerichtsstande sich nicht unteriverM.
Klagen gegen die zu einer Gesandtschaft gehörenden oder in deren Dienst ste
henden Personen können bei hiesigen Gerichten nicht angenommen,, sie müssen viel
mehr an den Gesandten gewiesen, oder es muß dem Departement der auswärtigen
5) In Fällen, wo es auf Erstreitung einer im Auslande eröffneten Erbschaft an
kommt, gehört jedoch der Prozeß in den ausländischen Gerichtsstand des Erb
lassers, wenn auch ein Thcil des Nachlasses sich im Jnlande befindet. — Rescr.
vom 21. April ISIS a. a. O. S. 30.
2) Gegen nicht preußische Unterthanen der teutschen Bundesstaaten können, daher
im Jnlande Klagen angestellt werden, in so weit sie durch das dingliche Forum
begründet, oder wenn sie mit einem begründeten Arrestgesiiche verbunden, oder
wenn sie durch Retorsionsrecht gerechtfertigt find. — Lf. auch Rescr. vom 27.
August 1S19 in Gräff, Koch zc. Wuppl.-Bd. z. Erg. z. A. G. O. S. 3«.
Zur. Woch. IM, S. 302.
») Dies ist in Betreff der in Preussen mit Grundeigenthum angesessenen rurhessi
schen Unterthanen der Fall. — Mescr, vom St. Stt. 4SSS. JakM 4S, A 486.
Xngtltgtnheite» txw«, Ztnzcjge gemacht »erden. Selbst als Zeuge kann ^ne ftlche
PersM vom hiesigen Gericht nicht vorgeladc», es maß vielmehr die Sache dem
gedachten Departement angezeigt werden.
Besitzt aber eine zur fremden Gesandschaft gehörige Person im Jnkande Grund
stücke, so muß sie den dinglichen Gerichtsstand anerkennen. Doch muß , »en» nicht
von eigentlichen Realklagrn die Rede, und der Gesandte, Geschäftsträger tt. «der
dessen Ehefrau selbst der Besitzer ist, vor Grlassung der Vorladung erst beim aus
wärtigen Departement angefragt werden.
Erhalten hiesige Unterthanen die Erlaubniß, ein Kredit!« von einem fremden
Hofe anzunehmen, so wird ihr Gerichtsstand nach den bei Ertheilvng dieser Er-
Wnbniß ihnen gemachten Bedingungen beurtheikt. Ist hier eine Befreiung von
der inländischen Gerichtsbarkeit nicht ausgesprochen, so sind sie in ihren Privat
handlungen der inländischen Gerichtsbarkeit unterwotfen.
We Konsuln fremder Nationen sind in ihren Privatangelegenheit», den Lan
desgerichten, und zwar denen unterworfen, zu welchen sie durch ihre sonstigen
persönlichen Eigenschaften gewiesen sind. Doch kann gegen sie, so lange sie m wirk
licher Funktion stehen, und keine kaufmännischen Geschäfte im Jnkande betreiben,
ohne Rückfrage beim auswärtigen Departement, kein Personskarreft stattfinden.
Die Justizbehörden berichten deshalb an das Justizministerium. Übrigen« hat der
preußische Staat auch in Betreff der Gesandten für den Fall, daß auswärtige Höfe
wegen der hiesigen bei ihnen beglaubigten Gesandten verschiedene Grundsätze befol
gen, die Ausübung des RetorfionSrechtß sich vorbehalten.
Die Wittiven der Gesandten, LKsr^eg d'sSsir« und Residenten auswürtiger
Höfe können in den Fällen, wenn sie vor ihr» Werhcirathung Landesunttrthdnen
«»«»>, oder noch dem Tode ihrer Männer in hiesigen Landen bleiben »ollen, auf
Befreiung bin der hiesigen Gerichtsbarkeit keinen Anspruch machen. — A. G. O.
§. 62—7«; §. 93 a. a. O. — A. L. R. Einl. Z. 4Z fg. — Deklartltivn vom 24.
Sept. 179«, Akad. Ed«.-Samml. Bd. 1«, S. 1757. — Bervrdn. vom 15. Sept.
1818. GS. S. 175, §. 4. — Rescr. vöm 4. April 1823. Grösf, «och n. Ul.
Si 110. — Resrt. vom 1«. Mär, tSIS. Jahrb. S> S. tt. Griiff 2, S. 29.
«) Persönlicher privrlegirter Gerichtsstand;')
gs) durch Geburt.
^. Ä. Durch Geburt erhalten :
1) sammtliche Prinzen und Prinzessinnen, welche zum königlichen Hause
gehören, ihren Gerichtsstand bei dem mit dem Kammergerichte verbundenen
Geh. Justizrache, 2) in sofern nicht durch Hausverträge und Verfassungen in
Ansehung gewisser Fälle und Angelegenheiten ein Anderes bestimmt ist. — Vor
iMeS Forum gehören auch die Gesindesachen der Prinzen vom königlichen Hause,
stlbst wenn diese im Kriegsdienst stehen, und zwar sowohl dann, wenn einer
ihrer Domestiken selbst, oder ein Dritter sie belangt, als wenn sie einen ihrer
Domestiken belangen. — In Sachen, welche ein Immobile betreffen, müssen die
Prinzen und Prinzessinnen vom königlichen Hause im dinglichen Gerichtsstande
Recht nehmen, ausgenommen, wenn der Gegenstand nach den feststehenden
Die Pfälzer Koloniegerichte und die Exemtion der Juden sind aufgehoben, und
somit die K. 30 — 40, I. 2 A. G. O. aoDer Anwendung. — Der Gerichtsstand
mitteivmswürdiger Personen ist schon in der A. G. O. a. o. O. Z. 1«6 auf
gehoben. , . . . ^
5) Das Plenum de« Jnstruktionssenat« bearbeitet all« ihm als Geheime« Justiz-
Käth zugewiesenen Rechttangrlegenheiren. — Lk. Starke, Beiträge zu, Ter.
V. ll. Th., 2te Abth., S. Sv ö as.
«rundsStzt» z» dm «sn de« König« Majestät ju tefttmmendtn Hausau«trSge»
geeignet ist. — z. 41, l. 2 A. G. O. — Rescr. vom IS. Juni 1S0S. SS. v.
1S«5, S. 2949 fg. — Eab.-Ordre vom 17. Juni 1SVS. MathiS 9, S. SIS.
GS. 1S06, S. «71.
S) Die Standesherren und die Mitglieder ihrer Familien haben für Zivilst«!,
tigkeiten einen privilegirten Gerichtsstand, dergestalt, daß in ihren persönlichen
Rechtssachen, so wie in denen, welche ihre standesherrlichen Besitzungen oder die
diesen anklebenden Gerechtsame betreffen, das Obergericht kompetent ist, in dessen
Sprengel sie in Hinsicht auf ihren Wohnort, > ) oder nach den übrigen bei der
Sache eintretenden Verhältnissen zu Folge der Landesgesetze gehören. Gewillkürte
und testamentliche, insonderheit Stamm - und Familienauströge, sind in Zivil«
streitigkeiten der Mitglieder einer ftandesherrlichen Familie unter sich in sofern
kompetent, als diejenigen Verfügungen, worin solche festgesetzt sind, die königlicht
Bestätigung erhalten haben. 2) — z. l4 und 15 der Jnstr. vom SV. Mai 1320.
GS. S. »4.
S) Alle Personen fürstlichen, gräflichen, freiherrlichen und «blichen Stande« stehen
unter der Gerichtsbarkeit der Obergerichte der Provinzen, in welchen sie wohne».
Auch regierende teutsche Fürsten, desgleichen abgetheilte Fürsten aus den HSi»
fern der regierenden teutschen Fürsten, wenn sie ihren beständigen Aufenthalt in
hiesigen Landen nehmen, müssen sowohl in Rücksicht ihrer persönlichen, al« sol«
eher dinglichen Rechtsverhältnisse, welche die in den preußischen Staaten belege«
nen Grundstücke und Sachen betreffen, die Gerichtsbarkeit der hiesigen Gericht«,
Höfe anerkennen. Doch bezieht sich dieser Gerichtsstand nicht auf die Regenten»
Handlungen der regierenden Fürsten, auch nicht auf Streitigkeiten, welche da«
fürstliche Familienrecht betreffen. — Betreiben Adliche eine Handlung «der ti»
bürgerliches Gewerbe, so sind sie hinsichtlich der darauf bezüglichen Angelt,
genheiten der gewöhnlichen Gerichtsbarkeit unterworfen.
Der durch Adel begründete privilegirte Gerichtsstand geht ganz verloren:
») durch ein auf Adelsverlust lautendes Erkenntnis, z
b) beim weiblichen Geschlecht durch Verheirathung an einen Nichtadlichen. — Bei
Trennung einer solchen Ehe durch Scheidung kann die Frau, sofern sie nicht
für den schuldigen Theil erklärt ist, in den früher« adlichen Stand, also auch
in den Gerichtsstand vor dem Obergerichte, zurücktreten. — Durch Adoption
geht der privilegirte Gerichtsstand der Adlichen nicht verloren, so lange der
Adoptirte seinen adlichen Namen führt. — A. G. O. I. 2, Z. 42. Anh. §. 10,
') ct. jedoch §. 19, S. 36.
Bei Reklamationen, welche von mittelbar gewordenen ehemaligen Reichsständen
oder von Gliedern des vormaligen unmittelbaren Reichsadels auf Grund de«
Art. 6S der Schlußakte gegen die zur Vollziehung des Art. 14 der Bundesakte
erlassenen landesherrlichen Verordnungen, in sofern diese nicht auf Vertrag
beruhen, oder ohne dagegen erhobene Beschwerde in unbestrittener Wirksamkeit
bestehen, bei der Bundesversammlung angebracht werden, soll jedesmal, und
bei Reklamationen gegen spätere einseitige legislative Erklärungen der durch
die Bundesakte ihnen zugesicherten Rechte, so oft das Bedürfniß dazu
sich zeigt, dem in anderweiten Rechtssachen der Reklamanten zuständigen
Obergerichte II. Instanz von der Bundesversammlung der nicht abzulehnende
Auftrag gegeben werden, den Streitfall zu instruiren. Die definitive
Entscheidung ist dann nach Umständen von der Bundesversammlung, oder
auf einen durch Stimmenmehrheit zu fassenden Beschluß von einer richter,
lichen Instanz, so weit derselben der Streitfall von der Bundesversammlung
zugewiesen wird, in deren Auftrag und Namen zu erlassen. — Publ.-
Patent des Bundesbeschlusses vom IS. Sept. 1S42, den 7. Juni 184Z.
GS. 184S, S. SS9.
43
z. 94. - Zt. L. R. n. 1, §. 74«t ll. 2, §. ess, ll. s, z. 6t fg., ll. 9,
76—85. — Rescr. vom 12. Januar 1836. Jahrb. «d. 47, S. 295.
bb) durch Besitz eines adlichen Guts,
§. 24. Wenn der Eigenthümer eines, der unmittelbaren Gerichtsbarkeit einet
Obergerichte unterworfenen, Grundstücks, >) auf demselben wohnt, so hat er, ohne
Rücksicht auf Geburt, Stand und Charakter, seinen persönlichen Gerichtsstand vor
jenem Obergericht. Doch fällt dieser persönliche Gerichtsstand weg, sobald der Ei
genthümer seinen ordentlichen Wohnsitz unter einer andern Jurisdiktion aufschlägt,«)
«der das Grundstück veräußert.
Der auf dem seiner Frau gehörigen Grundstück wohnende Ehemann kann,
wenn er sonst für seine Person nicht eximirt ist, auf den unmittelbaren Gerichts
stand unter dem Obergericht keinen Anspruch machen.
Die Besitzer der veräußerten Domainen-, Erbpacht- und Erbzintvorwerke,
welche in das beim Landeskollegio geführte Hypothekenbuch übernommen sind, haben
ihren Gerichtsstand beim Obergericht; die übrigen auf solchen Vorwerken wohnenden
Personen hingegen, welchen keine Exemtion zusteht, bleiben den Gerichten ihres
Wohnorts unterworsen.
Übrigens genügt die Eigenthumserwerbung und der Wohnsitz auf dem exemten
Gut. Die Besitztitelberichtigung ist zur Begründung des eximirten Gerichtsstandes
nicht durchaus nöthig. — Z. 109, ll. 2 und Anh. §. 33 A. G. O. — Eab.-Ordre
vom 31. Ott. 1831. GS. S. 251. — Rescr. vom 1». Sept. 1830. Jahrg. 36,
S. 158. — Rescr. vom 16. Sept. 1334. Jahrb. 44, S. 82.
cc) durch Exemtion.
Z. 25. Eximirt werden diejenigen Personen genannt, welche mit Rücksicht auf
ihren Stand, Ämter und Würden von der Gerichtsbarkeit des für ihren Wohnort
zunächst und unmittelbar bestellten Gerichts ausgenommen sind. — Diese Eximirten
haben in der Regel ihren Gerichtsstand vor dem Obergerichte, in dessen Bezirk sie
sich befinden. Ausnahmen müssen durch besondere Verordnungen oder durch beson
dere Provinzialverfassungen begründet sein.
Die Exemtion erstreckt sich bloS auf Rechtspflege. Auf Polizeieinrichtungen
und dienstliche Pflichten kann sie niemals ausgedehnt werden. Bei Polizeivergehen
müssen daher auch Erimirte die betreffenden unteren Polizeibehörden als kompetent
anerkennen; und sie haben ferner, wenn ihre unmittelbar vorgesetzte Behörde eine
Unterbehörde ist, auch deren dienstliche Anweisungen und Ordnungsstrafen zu respek,
tiren. — 8. 43, 44, 78, 79. — Rescr. vom 9. Sept. 1834. Jahrb. 43, S. 152.
Gräff 8, S. 143. — Zu den Eximirten und somit unter die Gerichtsbarkeit de«
Obergerichts gehören:
1. Vom geistlichen Stande alle Geistlichen der vom Staate privilegirten^)
Airchengesellschaften, also Bischöfe, Prälaten, Domherren, Vikarien, Offizialen, Äbte
und Äbtissinnen, Prioren und Priorinnen, Pröbste, Superintendenten, PrSpositi,
Erzpriester, Kanonici, Konventualen beiderlei Geschlechts, Pfarrer und Prediger,
i) S. §. 3« sub ll.
>) Wenn der Besitzer des adlichen Guts, welcher aus andern Gründen kein privi-
legirtes Forum hat, zwar im Bezirk des Guts, aber in einem nicht dazu ge
hörigen Hause wohnt, so hat er seinen Gerichtsstand bei dem Untergericht,
welchem dies Haus unterworfen ist. — Rescr. vom 4. Mai 1821. Gräff,
Koch :c. Supl.-Bd. z. A. G. O. S. 28.
«) Rabbiner und jüdische Gelehrte sind also nicht eximirt, da die Jubengemeinden
44
«hne Unterschieb b« ReNgionSpartek, in sofern sie als solche wirklich fungtren.
An Orten, wo den Magisträten Konsistorialrechte verliehen sind, oder wo eS durch
besondere Privilegien, oder vermöge rechtsbeständiger Observanz 2) wohl hergebracht
ist, bleiben die von solchen Magisträten berufenm protestantischen Prediger dem
Stadtgericht unterworfen. 2)
Kantoren, Organisten, Küster, Kirchenknechte, TodtengrSber und andere ihnen -
gleich zu achtende Kirchenbediente sind nicht erimirt; sie stehen vielmehr unter den
ordentlichen Gerichten ihres Wohnorts. — A. G.O. I. 2, Z. 45—47. — A. L. R.
ll. 11, §. 9S, 97.
2. Vom Lehrstande s) die Rektoren, Professoren, Privatdozen»
ten, Syndici und Sekretaire der Universitäten; so wie überhaupt alle, welche
nach vorhergegangener gesetzmäßiger Prüfung ^) akademische Würden erlangt
haben, als Doktoren, Lizentiatcn, Magister :c.; b) die königl. Professoren,
auch wenn sie nicht an der Universität angestellt sind; die Vorgesetzten und
Lehrer akademischer und anderer Gymnasien und sogenannten gelehrten Schulen,
so wie alle Schullehrer, welche ftudirt haben, und nach vorhergegangener Prü
fung der oberen Behörden zum wissenschaftlichen Unterricht der Jugend bestellt
worden sind. Nach Bewandniß der Umstände können jedoch die Obergerichte über
Schulbediente der letzteren Art die Gerichtsbarkeit in einzelnen Fällen den Unter
gerichten übertragen. Auf eximirte Rektoren der Stadtschulen findet aber eine
solche Delegation nicht Anwendung. — Die Schulmeister und Lehrer der sogenann
ten gemeinen Schulen stehen unter dm ordentlichen Gerichten ihres Wohnorts. —
A. G. O. I. 2, Z. 45—47. Anh. Z. 11 z Z. 74, 75. — Reglement vom 28. Dec.
181«. GS. S. 142. — A. L. R. U. 12, §. ?K. — Rescr. vom 29. März 179S.
Stengels Beitr. Bd. 5, S. 233.
3. Die Studiren den sind auf die Dauer, während welcher sie auf einer
Universität immatrikulirt sind, in allen Fällen, die nicht zur akademischen Gerichts
barkeit gehören, s) dem erimirten Gerichtsstand vor dem betreffenden Obergerichte
unterworfen. Ist daher in einem solchen Falle der Beitrit des VaterS oder des
Vormundes eine« Studirenden nöthig, so muß derselbe den exemten Gerichtsstand
ebenfalls anerkennen, übrigens wirkt ein solcher blos temporeller Gerichtsstand
keine Veränderung in den Gesetzen, nach welchen die Person und der Nachlaß eines
solchen Studirenden zu beurtheilen sind («f. oben K. 2«). — A. G. O. I. 2, §. 76.
— Reglem. vom 23. Dec. 1810, §.4—6. GS. S. 142.
4. Die aktiven Militairpersonen haben nur noch in Injurien- und
in Untersuchungssachen (hier mit Ausnahme der Forstkontraventionssachen) ihren
Gerichtsstand vor den Militairgerichten. In allen die Zivilgerichtsbarkeit betreffen
den Angelegenheiten stehen sie unter den Aivilgerichten, und zwar: s) die Ossiziere
aller Grade, gleichviel, ob sie zum stehenden Heere, zur Landwehr, Kriegsreserve
«der zur Gensd'armerie gehören, ferner die Unterstabsbedienten und andere ihnen
1) Sie haben die Exemtion als Beamte des Staats. Haben sie im Staate keine
solche Stellung, so können sie blos aus dem Grunde, weil sie als Priester or«
dinirt sind, auf den eximirten Gerichtsstand keinen Anspruch machen.
>) Ein Rescr. vom 22. Sept. 1804 nimmt an, daß diese Observanz eine in «an-
trsMowri« bestätigte sein müsse. — Mathis 1, S. 4S9. Rabe 13, S.603.
5) In Breslau z. B. haben die meisten protestantischen Geistlichen und die Lehrer
an den Gymnasien in Folge dessen ihr Forum vor dem dortigen Stadtgericht.
«. Res«, vom 26. April 1814. Jahrb. 3, S. 3 tttch 261. Gr« ff 2, S. 19.
«) Honoris csuss Promovirte und voetores, welche ihr Diplom ohne Prüfung
blos gcksuft haben, sind daher nicht erimirk
») Die zur akademischen Gerichtsbarkeit gehörigen Angelegenheiten s. unten jZ. SS,
Nr. 6.
4S
gleich zu achtende Militairpersonen «or dun Obergerichte, in dessen Bezirk ße in
Garnison sind, >) und die, welche nicht in Garnison sich befinden, vor dem Ober
gerichte, in dessen Bezirk ihr Wohnort, eveut. der Ort ihrer Herkunft, liegt j
d) Feldwebel, Wachtmeister, Feuerwerker, Portd'epee-Fähnriche, Unteroffiziere und
(Demeine, Kompagniechirurgen, Stallmeister, Küster, Fahnenschmiede u. dgl., sofern
sie nicht vermöge ihres Standes vor das Obergericht gehören, unter dem Unter,
gericht ihrer Garnison, ohne Rücksicht darauf, ob sie großjährig, oder noch minder»
jährig, oder unter väterlicher Gewalt befindlich sind, und Beurlaubte, Landwehr»
»anner und Kriegsrescrvisten unter dem Untergerichte ihres Wohnorts, resp. ihrer
Herkunft; die Gensd'armen aber unter dem ihres StationiortS. u)
Das Telegrafenkorps bildet eine besondere Abtheilung von Militairbeamten.
Die Oberbeamten, als: Ober-Inspektoren, Inspektoren, JnspektionS-Asfiftenten, ex-
pedirende Sekretaire und Rechnungsführer, Kanzlisten und Regiftratoren haben den
Rang der Offizier«, die Unterbeamtcn, als: Obertelegrafisten, Untertelegrafisten,
Reservetelegrafistev, Kanzleidiencr und Telegrafenboten haben Unteroffiziersrang.
Jene haben daher vor dem Ober-, diese vor dem Untergericht in Zivilsachen ihren
Gerichtsstand. Hatte jedoch ein Unterbeamter vor der Anstellung im Telegrafenkorps
in der Armee den Offiziererang, so behält er denselben, und somit den eximirten
Gerichtsstand auch ferner bei. — A. G. O. I. 2, Z. 48. Anh. Z. 12—2«. —
Mestr. vom 2!. Juni 1819. Jahrb. 14, S. 18. Landwehrordn. vom 21. Rov.
1815, §. 74 fg. GS. S. 77. Berordn. vom 30. Der. 182«. GS. 1321, S. 7.
Sab.-Ordre vom 2. Nov. 1833. GS. S. 29«. — Eab.-Ordre vom 5. Mai 1826.
GS. S. 49. — Eab.-Ordre vom 13. April 1821. Jahrb. 17, S. III. — Res«,
vom 27. Dec. 1842. Just.-Min.-Bl. für 1843, S. 11.
S. Bon den Zivilbeamten (außer den sc! 2 Genannten) sind eximirt und
dem Obergericht unterworfen alle zum Zivilstande gehörigen königlichen, in
wirklichen Diensten stehende Räthe und Beamte, auch Titularräthe, ohne
Rücksicht auf den ihnen sonst beigelegten höheren oder geringeren Rang, und ohne
Unterschied : ob sie zum Hofstaat, oder einem der Landesdepartements gehören.
Dieser Exemtion sind außerdem in Folge spezieller Borschrift theilhaftig: Aus-
kultatoren und Rcferendorien; alle bei Patrimonialgerichten angestellte
Richter ohne Rückficht auf ihr« Wohnsitz; Justizkommissarien, und Justiz»
kommissarien und Rotarien, die bei einem Landes-Justizkollegio ordentlich re»
zipirt und immatrikulirt sind; die Subalternen der landschaftlichen Institute und
i) Bei GarnisonverSnderungen müssen die gegen Militairpersonen schwebenden
Prozesse an die Gerichte des neuen Garnisonorts abgegeben, und von diesen
fortgesetzt werden, tt. Nr. 8. des Eirk.-Rescr. vom 21. August 18«9. Rabe,
Bd. 1«, S. 136; siehe auch Eentralbl. 1838, S. 804.
>) Zur Zeit ist ausnahmsweise durch besondere Anordnungen einigen Militairge»
richten Zivilgerichtsbarkeit verliehen. Nämlich ») in der Festung Groudenz
haben in Folge Delegation die Gouvernementsauditeure die Sivilgerichtsbarkeit
über die dortigen nicht eximirten «Zivilpersonen, und auch über die Militairper,
sonen. Sie sind dabei der Aufficht des Obcrgerichts zu Marienwerder, an
welches auch die Appellationen gehen, unterworfen, b) Im königl. Invaliden«
Hause zu Berlin steht dem Auditeur die Gerichtsbarkeit über die darin wohnen«
den nicht eximirten Invaliden zu, und e) in den Bundesfestungen Luxemburg
und Mainz üben die dortigen Gouvcrnementsgerichte die Sivilgerichtsbarkeit
über die zur Garnison gehörigen Militairpersonen und Beamte und über die
dort sich mit königl. Erlaubniß aufhaltenden inaktiven Offiziere und ihre An
gehörigen. Das Oberlandesger. Hamm ist Aussichts- und Apxellationsinstanz.
«f. Jnstr. vom 15. Sept. I8«9, K. 8. ES. S. 851. — Jnstr. vom 21.J«„.
1812, §. 24. Friccius Mil. GS. S. 91. — Cab.-Ordre vom 19. Zu«
1834. GS. S. 132. — Die Zivilgerichtsbarkeit in der Zitadelle Spandau übt
in Folg« Soh^Sch« »em «. Zehr. ISöö das Land- und StadtM, zu Spagda«.
46
Kredttsyftemez prsmovirte örztez die Assessoren der Pharmazie und Ehirur,
gie bei den Medizinalkollegien; Kreischirurgen und KreisthierSrzte; Kon«
dukteure, welche bei den Regierungen förmlich verpflichtet sind; die Mitglieder
und Offizianten der Akademie der Wissenschaften und der Künste; die bei
Ritterakademieen angestellten Stallmeister und Bereiter; die zum königl.
^ Theater oder zur Kapelle gehörenden Personen; die Inspektoren, Kommis«
sarien und Kontroleurs in den Landarmen- und Jnvalidenhäusern ; solche
preußische Unterthanen, welche nach erhaltenem königlichen Konsenfe entweder in
auswärtige Dienste treten, oder einen Charakter von einem fremden Hofe
annehmen. — A. G. O. I. 2, z. S3— 57, 61, 73. Anh. Z. 7 u. 23. — Cab^
Ordre vom 31. Ott. 1841. GS. S. 292. — A. L. R. II. 17, g. 32. — Rescr.
vom 4. Juni 1314. Jahrb. 3, S. 253. GrSff 2, S. 30. — Res«, vom 9.
März 1821. Jahrb. 17, S. 33. Gröff 2, S. 31. — Rescr. vom 13. Juni 1821.
Jahrb. 17, S. 270. — Rescr. vom 1«. Januar 1832. Jahrb. 39, S. 148. Gräff
S, S. 214. — Rescr. vom 12. Dec. 1831. Jahrb. 38, S. 312. Gräff 12,
S. 214. — Von den Eximirten haben jedoch:
^. die königl. an auswärtigen Höfen akkreditirten Gesandten, Residenten
und OKsrgös ü'stksires, so wie alle zur Gesandtschaft gehörenden Personn»
ihren persönlichen Gerichtsstand bei dem mit dem Kammergerichte verbundenen
geheimen Juftizrathe. Doch werden dadurch, wenn sie, vor ihrer Verschickung
auf Gesandtschaft, bereits einen ordentlichen persönlichen Gerichtsstand in hiesigen
Landen gehabt haben, die übrigen davon abhängenden persönlichen Rechte nicht
geändert. — g. 71, 72; I. 2 A. G. O.
L. Alle Klagen, mit Ausnahme der Ehescheidungsklagen, gegen die Hofdienerschaft
des Königs, so wie gegen die der Prinzen und Prinzessinnen des königl. HauseS,
so weit diese Dienerschaft bei Hofhaltungen angestellt ist, die sich in Berlin,
Potsdam, Charlottenburg und den Umgebungen dieser Städte, so wie den be
nachbarten Dörfern befinden, und zwar gegen alle Offizianten und Hofbediente,
von dem Kammerherrn einschließlich und denen, die diesem gleichstehen, abwärts,
und gegen alle Gartenbediente vom Hofgärtner einschließlich abwärts, ferner
auch Klagen gegen deren Frauen und die in ihrer Gewalt befindlichen Kinder,
gehören vor den Justitiar des königl. Hofmarschallamts und der Garteninten«
dantur. Dieser hat feinen Sitz in Berlin und ist bestandiger Kommissarius deS
Kammergerichts. — In Ansehung des Gerichtsstandes bei Widerklagen bleibt
tS jedoch auch hier bei den gesetzlichen Vorschriften. — Verordn. vom 9. Mörz
1SS7. ES. S. 24.
L. Die Beamten, welche in Folge des teutschen Zollvereins an einem außerhalb des
preußischen Staats belegenen Orte des Wereinsgebiets eine etatsmäßige Stelle
verwalten, haben ihren ordentlichen persönlichen Gerichtsstand vor dem Kammer
gnichte. — Ges. vom 2S. April 1844. GS. S. 112.
Ausnahmen.
§. 26. Obwohl unter die Kategorie der Beamten wirklich oder anscheinend
gehörig, haben dennoch einige gar nicht, andere in gewissen Angelegenheiten nicht
dm eximirten Gerichtsstand, und zwar sind gar nicht erimirt :
1. Bloße Notarien, welche wegen einer andern persönlichen Qualität') nicht
erimirt sind. — A. G. O. I. 2, Z. S6.
A Königl. Pächter, in sofern sie nicht mit einem Charakter begnadigt, oder als
Ceneralpächter königlicher Domainenämter die Eigenschaft von königl. Beamten

') S. B. durch ausdrückliche Belassung des WtelS als Referendarien.


haben. ') — §. 54 dos. «es«, vom 9. «ep. 18S4. Zahrb. 44, «. «1. «x«sf
S, S. 142.
S. Tituttrte Kom»zien« und Geheime KomerzienrSthe habe», so lange sie dk
Handlung fortsetzen, ^) kein eximirtes Forum. Sobald sie aber die Handlung ganz
niederlegen, genießen sie mit den übrigen äitularräthen gleiche Exemtion. »» j. SV,
1. 2 A. G. O.
4. Treiben andere Eximirte de« Zivilstandes Handlung «der andere bürge»
liche Gewerbe, so können sie in allen daraus entspringenden oder damit in Lew
bindung stehenden Rechtsstreitigkeitcn von ihrer Exemtion keinen Gebrauch machen.
— Z. 78 das.— «escr. vom S. Juni 1832 in G raff, Koch ,c. Suppl.»«d. zu den
«rg. der «. G. O. S. 24.
5. Bloße Diätarien, welche ohne weiteres Verfahren wieder entlassen werden
können, haben, selbst wenn sie zu ihren Geschäften förmlich verpflichtet find, kein
eximirte« Forum. — Res», vom 27. Januar 1823. Jahrb. 2l, S. 2S1. «r«ff
2, S. 26. — Gleiche« gilt
S. von Medizinalpersonen, welche nicht promovirt haben, und auch nicht
zu den königl. Medizinalbeamten gehören, und
7. von den Lotteriekollekteurs. — Refcr. vom 16. Juni 1306. Mathis,
Bd. 9, S. 476. — Res», vom 9. März 1821. Jahrb. 17, S. SS. — Res«,
»om 21. Sept. 1829 in Mannkopf A. G. O. Bd. I. S. 193.
S. AI« königl. Unterförster, welchen Namen ihre Funktion immer Hab«
mag, so wie alle niederen Forstbedienten, welche nicht Rechnung führen und auch
nicht Glied» eines Forftamts sind, haben ihren persönlichen Gerichtsstand vor dem
betreffenden königl. Untergericht. — Cirk. vom 12. Januar 1776. N. S. E. rom.
VI. S. 14. Rabe, Bd. 1, Abth. 6, S. 183. — Res», vom 26. Juli 1S09.
Mathis Bd. 1V, S. 104. Rabe, Bd. 10, S. 127.
9. Gleiches ist der Fall hinsichtlich der Poftillons, Briefträger und der
ihnen gleichstehenden Postbedienten in den den Postdienst nicht angehenden Sachen.
X. G. O. I. 2, §. 58. — Res», vom SV. Juli 1761. Akad. ES. Bd. S, S. SS.
10. Die Gerichtsbarkeit über die in d» Grafschaft Wernigerode angestell«
ten oder ihres Dienstes wegen darin sich aufhaltenden königl. Beamten all» Klassen
«it Einschluß der pensionirten und auf Wartegeld gesetzten, deren Wittwen, Kind»
und Gesinde, sowohl in Zivil- als in Kriminalsachen, ist den gräflichen Gerichte»
in d» Art delegirt, daß diejenigen unter jenen Personen, welche einen eximirtm
Gerichtsstand genießen, solchen bei der gräflichen Regierung haben. Die auf dit
Dienftführung dieser Beamten Bezug habenden Angelegenheiten sind von d» Dele«
aation jedoch ausgeschlossen. — Rezeß vom IS. August 1822. Magdeburg» Amts«
HKtt 1823, S. 140.
11. Ist für eine Standesherrschaft ein standesherrliches Obergericht Vorhände»,
so ist dieses die erste Instanz für die ftandesherrlichen Beamten, mit Au««
«ahme des Direktors, der Räthe und Beisitzer des Obergerichts, welche ihren Be«
richtSstand auch in Ist» Instanz vor dem Obergericht d» Provinz haben. Vor

Pächter königl. Fabriken, und prinzliche OberamtmSnner, selbst wenn diese «t»
aen de« Titel« ein Patent erhalten haben, können kein eximirtes Forum deshalb
beanspruchen. — «.R.V. 21. Oct. 1817. Jahrb. 10, S. 2S2. Gräff2,S.2S.
») Auf einen Komerzienrath , welch» nach Erlangung des Rechtstitels eine
Handlung anfängt, findet nicht diese, sondern die Bestimmung untn Nr. 4
Anwendung. Im Falle sck 3 gehört der Komerzienrath in allen Rechtsan«
«eleqenheiten, im Falle »<1 4 aber nur in den die Handlung betreffenden vor
das Untergericht. — tt. Res», vom 9. Sept. 1SS4. Jahrb. 44, «. «1.
«raff S. S. 142.
dixke« nehuun «uch all« idmdesherrlichen Bsamte» in erfter Zustanz Recht, wo kein
besonderes standesherrliches Obergericht gebildet wird. — Z. 42 der Jnstr. «o« SO.
Mi l8A). GS- S. «3.
12^ We stadtische ') und andere mittelbare Staatsbeamte, mit Ausnahmt
dk» yberttirguimeiKer, der für ihre Person mit der PolizeidirMon beauftragt«
Bürgermeister und der landschaftlichen Subalternen, welche zu den Erimirten gchö«
«N, habe» ihr persönliches Forum vor dem Untergericht, sofern sie nicht etwa «lS
Adljche od« in Folge einer andern königl. Bedienung 2) ihren Gerichtsstand vor
de« Oi,e«uu'cht hake». ^- i- S7, l. 2 A. G. O.z z. 104, 146 das. — H. 108 b«
tlt; p. w «. K. R. Rescr. vom S. Juli 180S, N. A. Bd. 1, S. AU. —
Res«, vom 12. Juli 1840, I. M. B. S. 230.
1?. PawimsnialgerichUveamte, mit Ausnahme der richterlichen Beamten, find
«cht «imirt. «. V. «. II. 1«, §. 74. — Cab.-Ordre vom ZI. Oct. 1S41.
««. «. 2S2.
Außerdem haben die Obergerichte der Provinz die Befugniß, unter Genehmi«
gung d« vorgesetzten Behörde die Gerichtsbarkeit über die königl. Beamten
niederen Ranges, so weit es nicht bereits durch allgemeine Verordnungen, mit
z. B. hinsichtlich der Psstillons und der niederen Forstbedienten geschehen, in
alle» ihren Dienst nicht betreffenden Angelegenheiten dm gewöhnlichen Gerichte»
jeden Orts ein für allemal zu übertragen. — Diese Befugniß erstreckt sich im
Allgemeinen auf die Subalternen aller öffentlichen Behörden, vom Kanzlisten
abwärts, insbesondere aber
») in Betreff d« Postbeamten auf die Postlandreiter und Lohnfuhrkontro«
leurs, ») die Schirrmeister, Briefträger, Pack- und Wagemeifter,
Büreaudiener, Packboten und ähnliche niedere Offizianten; ferner auf die
Postexpediteurs, Briefsammler, Posthalter und Beförderer von
Fußbotenpssten, in so fern, als diese 4 ihrer Dienstleistung wegen als Eximirte
zu betrachten;
b) hinsichtlich der Bergbeamten auf die Kanzlisten der Oberberg- und Berg»
Smt«, Kanzlei-, Kalkulatur- und Kassenafsistenten, Oberberg-,
«ergamrs- und Salzamtsboten, Marktscheidergehilfen, Grad!»
meister, Siedemeister, Kohlenmesser, Salzböttchereiaufseher, Ma»
gazinaufseher und Salzausgeberz
e) Hinsicht« der Polizeibeamtm auf Polizeidiener und Polizeisergeanttnz
6) in Betreff der Akzise- und Steuerbeamtcn auf sämmtliche Grenz- und
Steueraufseher; die Nebenzöllner und Ortserheber, die zeitweift
zur Sefälleechebung gegen Prozente bestellt werden; und auf die bei den Zoll«
Smtern und Steuerämtern angestellten Diener, Plombeurs und Ge»
wichtsetzer.
In dm Fälle» sck b und c kann die Delegation übrigens auch gn Patrimo-
nislgerichte erfolgen; in den Fällen gS s und S aber nur «> königliche oder fton-
i) Der Stadtsyndikus genießt als solcher nicht den eximirten Gerichtsstand. —
tt. R. V.S.Juni 1834 inGräff, Koch u. Erg. Suppl.-Bd. zur A.G.L.S.2S.
>) Sind dieselben früher aus einem Amte, mit welchem der erimirte Gerichts,
stand verbunden war, ehrenvoll entlassen worden, so steht ihnen um deshalb
die Exemtion zu. — Rescr. vom 15. Sept. 1837 in Grüff, Koch ,c. Suppl.-
Bd. z. Erg. A. G. O. S. 25.
«) In Folge Cab.-Ordre vom 1«. Dec. 1841 (GS. S. 336) ist die früher von
Miethskutschen und Lohnfuhren an die Poftkasse zu entrichten gewesene Abgabe
aufgehoben. Lohnfuhrkontroleurs fungiren daher nicht mehr. Obiges bezieht
sich deshalb nur aus etwa entlassene oder pensiomrte. LohnfuhrkontrsleurS.
40
dcshcrrlichc Gerichte. — «. G. O. I. 2, 8. 5». — Rcfcr. vom 13. Juli 1831.
Jahrb. 38, S. 31». Gräff 6, S. 215. — Rcscr. vom 24. Nov. 1834. Gräff,
Koch ,e. III. S. 1«7. — Rescr. vom 21. Marz 1816. Jahrb. 7, S. 15. Gräff
2, S. 27. — Refcr. vom 26. April 1814 und vom 8. Ort. 1819. Jahrb. 3,
S. 253, 15, S. 16. Gräff 2, S. 27, 28.
Verlust der Exemtion.
§. 27. Die auf Stand, Würden und Amt sich gründende Exemtion währt in
der Regel nur so lange, als der Erimirte diesen Stand, die Würde und das Amt
beibehält. DurchKassation oder Entlassung hört daher gewöhnlich der erimirte
Gerichtsstand auf, und der früher Erimirte wird den ordentlichen Gerichten seines
Wohnorts unterworfen, in sofern er nicht aus andcrm Grunde, z. B. als Adlicher,
den persönlichen Gerichtsstand vor dem Obcrgcrichtc hat. In Betreff der königl. u.
prinzlichcn Livreebcdicntcn, der nicht charakterisirtcn Ossizianten und der mittelbaren
Staatsbeamten (in sofern diese, wie z. B. die Subalternen landschaftlicher Insti
tute, cximirt sind), gilt dies unbedingt. Entlassene königl. und standcshcrrl. Zivil-
Beamte dagegen behalten den eximirten Gerichtsstand dann bei, wenn sie bei der,
sei es auf Ansuchen, oder sonst in Gnaden ertheilten Entlassung ihren Charakter
beibehalten haben.') Namentlich genießen auch die Eremtion nach ihrer Dienstent
lassung fort Reftrendarien , denen dieser Charakter ausdrücklich vorbehalten, und
solche Militairpersonen, die mit Ofsiziersrang verabschiedet sind. Auch die mit dem
Charakter eines königl. Beamten begnadigten Domainenpächtcr behalten den crimir-
ten Gerichtsstand bei, wenn das von ihnen gepachtet gewesene Domainengut in de»
Besitz von Privatpersonen übergeht; obwohl Pächter adlicher Güter sonst, wenn sie
auch mit dem Titel eines königl. Beamten begnadigt werden, auf den eximirten,
Gerichtsstand keinen Anspruch machen können.
Studircnde verlieren durch Exmatrikulation den durch Immatrikulation auf
einer Universität erlangten eximirten Gerichtsstand. - A. G. O. I. 2, z. 83—86,
102. — A. L. R. II. 8, 8. 71z 1«, z. 65 u. 66. Rcscr. vom 13. Mai 1817.
Mannkopf A. G. O. Bd. 1, S. 211. — Jnstr. vom 3». Mai 182«, z. 57c.
GS. S. 81. — Rcscr. vom 30. Oct. 1818, vom 24. Ott. 1834 und vom 4. Juli
1835 in Gräff, Koch zc. Suppl.-Bd. z. Erg. A. G. O. S. 23 fg. — Rescr.
vom 25. Oct. 1814. Jahrb. 4, S. 240. — Rescr. vom 6. Jan. 1832. Jahrb.
3S, S. 147. — Rescr. vom 27. Oct. 1834. Jahrb. 44, S. 36«.
GerichtsstandsverhSltniß der zur häuslichen Gesellschaft der
Privilegiirten Gehörigen.
§. 23. Die Ehefrauen folgen dem Gerichtsstände ihrer Männer, und die
in väterlicher Gewalt befindlichen Kinder stehen unter dcm Gerichtsstande ihrer
Väter. Sie setzen denselben in der Regel auch nach dcm Tode ihrer Männer resp.
Väter so lange fort, bis sie, und zwar die Frauen durch Wiedcrverheirathung, die
Kinder durch Großjährigkeit, oder Erlangung eines Wohnsitzes, oder Verheirathung,
einen eigenen Gerichtsstand erhalten.
Ossizianten und Dienstboten stehen während des Dienstes in der Regel
unter den Gerichten ihrer Dienstherrschaft. Nach Beendigung des Dienstes kehren
sie unter ihre vorige Gerichtsbarkeit zurück, oder werden den Untergerichten dcS
Orts, wo sie ihren Wohnsitz aufschlagen, unterworfen. Gleiches ist in Betreff der
') Es kommt übrigens bei dieser Entlassung nicht darauf an : ob ihnen ihr Cha
rakter ausdrücklich vorbehalten worden oder nicht? Nur Referendarien muß
er ausdrücklich vorbehalten werde». — t^f. Rescr. vom 27. Ott. 1834.
Jahrb. 44, S. 36«. Gräff 8, S. 144,

königl. und prinzl. Livrcebcdicntcn »nd Ofsizianten, in softrn sie nicht auch nach
der Entlassung einen Charakter beibehalten, der Fall,
Ist der Gerichtsstand der Männer, Väter oder Dienstherrschaft ein privilegirter
oder eximirter, so genießen auch die demselben Gerichtsstand Folgenden das Privi
legium oder die Exemtion, und verlieren dasselbe in der Regel mit demjenigen, dessen
Gerichtsstand sie folgen, i )
Borstehende Regeln erleiden jedoch mehrfache Beschränkungen.
1. Ehefrauen folgen in den Gerichtsstand ihrer Männer dann nicht, wen» sie
ausnahmsweise dem Manne bei Wohnortsveränderungen zu folgen nicht verpflichtet
sind. 2) Ihr fortdauernder Gerichtsstand richtet sich, in diesem Falle aber nach
dem Stande des Mannes, nicht nach ihrer Herkunft. — Ehefrauen der Militair-
Personen gehören auch in Jnjuricnsachen vor das Zivil-, nicht vor das Militair-
Forum, und zwar, wenn ihr Ehemann zu den Eximirten gehört, vor das Obcrgericht.
Nach Trennung der Ehe
^. durch Scheidung, behält zwar die geschiedene Frau in der Regel den privilc-
girren Gerichtsstand des Mannes, jedoch als ihren eigenen, und selbst dann fort,
wenn 'sie als noch minderjährig in die Gewalt des nicht eximirten Vaters zu
rückfällt. Es kann aber s) die nicht für schuldig erkannte Frau ihren Ge
schlechts- oder Wittwennamen, den sie vor der getrennten Ehe hatte, wieder
annehmen, und sie erlangt dann, wenn sie in Folge dessen in einen höheren
Stand trit, den damit verbundenen Gerichtsstand des Obergcrichts. b) Ist- sie
aber ausdrücklich für den schuldigen Theil, erklärt worden, so trit sie aus
dem höheren Stande des Mannes in den vor der Ehe gehabten niederen Stand,
und fällt dadurch aus dem mit jenem verbunden gewesenen privilegirten Ge
richtsstand in das hiernach sich ergebende nicht privilegirte Forum.
ö. Witt wen behalten ebenfalls den Gerichtsstand, welchen ihr Mann begründet
hat. War dieser ein privilegirter, so behalten sie das Privilegium, selbst, wenn
sie ihren Wohnort verändern. Ihr Gerichtsstand ist jedoch ein selbstständiger,
und im gedachten Falle vor dem Obergerichte der Provinz, in der sie den
Wohnort haben. Ausnahmsweise gehen s) die Wittwcn der Oberförster und
der ihnen im Range gleich stehende» Forstbedienten, ferner die Wittwen der
niedrigen Subalternen königl. Kollegien, als der Kopisten, Landreiter, Kanzlei
diener, Boten und der mit selbigen in eine Klasse Gehörigen, jedoch mit Aus
schluß der Kanzlistenwittwen; endlich die Wittwen der eximirten Schullehrcr i»
den Städten, mit Ausnahme der Wittwen der Rektoren bei Stadtschulen, mit
den, Tode ihrer Männer in den nicht eximirten Gerichtsstand ihres Wohnorts
über, wenn gleich diese während ihrer Lebenszeit die Exemtion genossen haben,
d) Die Wittwen derjenigen Iwilbedienten , über welche schon bei deren Leben
die Gerichtsbarkeit den Untexgerichten übertragen worden, behalten den Gerichts
stand vor den Untergerichtcn.
2. Bon den, beim Tode der vorstehend unter L» u. K genannten Beamten noch
unter väterlicher Gewalt befindlichen, Kindern gilt das in Betreff der Wittwen
Gesagte. Das Untergericht regulier den Nachlaß solcher Beamten, und leitet- die,
Vormundschaft über die minorennen Kinder ein.
Ausgenommen sind Kinder Adlichcr, welche, wenn ihrem Vater der Adel aber
kannt wird, den Adel, und somit den privilegirten Gerichtsstand bcibeh«ten,
wenn das Urtel nicht etwa auch in Bezug auf sie den Adelsverlust ausspricht.
») Eine Frau ist dem Manne zu folgen nicht schuldig, wenn derselbe, wegen be
gangener Verbrechen, oder sonst wider die Gefetze sich aus den königl. Landen
entfernt hat; serner dann nicht, wenn der Frau die Pflicht, dem Manne zu
folgen, durch einen vor der Heirath geschlossene« Vertrag erlassen worden. —
^ A. «. R. II. t, §. SSI, M.
51
Sind beim Tode eines Erimirten in seiner Gewalt befindliche Kinder bereit!
großjährig, so verlieren sie beim Tode des Vaters, eben so wie die bevormundeten
Kinder der Erimirten bei Erlangung der Großjährigkeit die Exemtion, wenn diese
ihnen nicht in Bezug auf ihren eigenen Stand oder in Folge eines anderen Abhän
gigkeitsverhältnisses gebührt.
Die Kinder der Militairpersonen haben auch in Jnjuriensachen ihren Gerichts
stand vor dem Zivilgericht, und zwar sowohl beim Leben als nach dem Tode ihres
Baters. — Einige andere Ausnahmen, in denen Kinder nicht den Gerichtsstand
des Vaters behalten, sind H. 2« angegeben.
3. In Betreff der im Dienst Anderer Befindlichen sind bereits z. 19
unter Nr. 6 einige Ausnahmen erwähnt worden. Den Landes-Justizkollegien steht
die Befugniß zu, auch in allen andern Fällen unter Genehmigung des Justizmini-
sterii die Gerichtsbarkeit über die zur Klasse der Hausofsizianten, Livreebedienten
und des Gesindes der Privilcgiirten gehörenden Personen niederen Standes den
Untergerichten ihres Wohnorts zu übertragen, in so weit es nicht bereits durch
allgemeine Verordnungen, wie z. B. in Berlin, geschehen ist. Doch erstreckt sich
diese Delegationsbefugniß nicht auf die königl. Hofdienerschaft mit Einschluß der
Kammerdiener, Kastellane, Hofgärtner, Stalldiener u. f. w. — A. G. O. I. 2,
§. 87— 102. Anh. z. 25—29. — Rescr. vom 19. Juni 1837. Jahrb. 49, S. 447.
Gr äff 1«, S. 8«. — Rescr. vom 3. Sept. 1793. Mathis Bd. 1, S. 312. —
Cab.-Ordre vom 19. Juli 1809, §. 4. ES. Bd. 12, S. 847.
cl<1) Privilegirter Gerichtsstand durch die Eigenschaft gewisser mora
lischer Personen.
§. 29. Moralische Personen genießen blos um dieser Eigenschaft willen nicht
den privilegirten Gerichtsstand. Sic haben in der Regel ihren Gerichtsstand vor
dem ordentlichen Unterrichter. Ausnahmsweise ist jedoch theils durch Gesetz, theils
durch besonderes Privilegium >) einzelnen moralischen Personen der Gerichtsstand
vor dem Obe'rgericht zugestanden. Diesen privilegirten Gerichtsstand genießen in
Folge gesetzlicher Bestimmung:
1. Fiskus als Beklagter in Prozessen, deren Gegenstand unter der unmittel
baren Verwaltung der Regierungen, der Provinzial-Schulkollegien und der Provin-
zial- Steuerdirektoren steht, oder dem unmittelbaren Wirkungskreise der Ministerien
oder anderer" Zentralbehörden 2) vorbehalten ist. Die Klage gegen den Fiskus ge
hört in diesen Fällen vor dasjenige Obergcricht, in dessen Gerichtsbezirk die ihn
vertretende Behörde ihren Sitz hat. In andern Prozessen hat Fiskus kein eximir-
tes persönliches Forum. Der Gerichtsstand wird vielmehr nach denselben Grund
sätzen, wie bei Privatpersonen, bestimmt. — A. G. O. Anh. §. 35. — Verordn.
vom 26. Dec. 1809, z. 34. Mathis, Bd. 7, S. 339. — Verordn. vom 27.
Ott. 181«. GS. S. 3. — Cab.-Ordre vom IS. Feb. 1816. GS. S. 1V1.
1) In Folge besonder« Privilegiums gehören z. B. alle die berliner Lcbcnsver-
sicherungsgesellschaft treffenden, im 43. Verfassungsartikel und im H. 32 des
Ges.-Plan« li« cnnttrin. den 11. Juni 1836 gedachten, Streitfälle, vor das
Kammergericht zu Berlin, bei welchem der Jnstruktions-Scnat die Sache
instruirt, und der Ober-Appellationssenat entscheidet (Rescr. vom 28. August
1836. Jahrb. 48, S. 216); m gleicher Art ist den in Betreff der Stiftung
der rheinischen Ritterschaft entspringenden, diese Stiftung oder deren Verwal
tung berührenden Prozessen ein privilegirtes Forum angewiesen. — Ct. K. 10
der Stat. cle conlirm. den 13. Mai 1837. GS. S. 83.
2) Wie z. B. dem Gencralpostamtc (welches immer bei dem Kammergerichte ver
klagt werden muß), der Generaldirektion der Scchandlungssozicts't, der obersten
Verwaltung der Landgcstütc u. s. w.
4"
52
Andere moralische Personen, welche unter mittelbarer oder unmittelbarer Ver
waltung der Regierungen stehen, können um deshalb auf den erimirten Gerichts«
stand keinen Anspruch machen. — A. G. O. Anh. §. 3«.
2. Domkapitel, Kollegiatstister, Klöster und Kirchengemeinden
und zwar sowohl in Betreff ihrer Grundstücke, als für persönliche Klagen. —
z. 103, I. 2 A. G. O. — A. L. R. II. II, §. 17, 949, 95«. — Rescr. vom 5.
Juli 1841. I. M. B. S. 222.
3. Ferner Gerichte, Magisträte der unmittelbaren und königlichen Me-
diatstädte >) und die Stadtgemeinden 2) in solchen Städten. — Doch findet
dies Privilegium nicht auf Gilden, Zünfte oder Gewerkc, auch nicht auf einzelne
Mitglieder der Magisträte Anwendung («f. oben Z. 26, Nr. 12).
Die Magistrate in nicht königl. Mediatftädten, die Stadtgemcindcn daselbst
und Dorfgemeinden müssen, wo nicht Provinzialgesetze Anderes bestimmen, bei ihrem
Untergcricht rcsp. Patrimomalgericht belangt werden. Ist jedoch die Gutsherrschaft
Kläger, so kann die Gemeinde, oder auch nur die in Anspruch genommene einzelne
Klaffe derselben, wie z. B. die Judcngcmeinde in den Mediatftädten, die Einlassung
vor dem Gerichtshalter ablehnen. Alsdann muß das vorgesetzte Obergericht sich der
Instruktion und Entscheidung der Sache schon in Ifter Instanz unterziehen. —
A. G. O. I. 2, z. 104 u. 105. Anh. Z. 30 u. 31. — Eab.-Ordre vom IS. Mai
1839. GS. S. 265. I. M. B. für 1839, S. 204. — A. L. R. II. 11, g. 95V.
4. Landes-Justizkollcgien müssen, wenn gegen sie Ansprüche erhoben wer
den, vor dem Jnstruktionsscnat des Kammergerichts belangt werden. — S.Starke
Beitx. II. Abth. 2, S. 3«L»g.
2. Dinglicher Gerichtsstand (ek. §. 18, I. 2).
») Für unbewegliche Sachen.
Z. 3V. I. Der dingliche Gerichtsstand erstreckt sich auf alle unbeweglichen Sachen ')
und deren Pcrtinenzstücke, diese mögen bewegliche, oder ebenfalls unbewegliche Ge
genstände sein. Pcrtinenzstücke haben in der Regel dieselbe Gerichtsbarkeit, als die
Hauptsache. Liegen jedoch unbewegliche Pertinenzstücke unter einer andern Gerichts
barkeit, als das Hauptgruiidstück, so gehört der in jene Gerichtsbarkeit hinüber-'
ragende Grundstückstheil unter das Forum, unter dem er liegt, und nicht unter
das des Hauptgrundstücks. Befinden sich Grundstücke unter einer Pxivatgerichts-
barkeit, so können sie allein in Folge der Zuschlagung zu einem unter einer andern
Gerichtsbarkeit gelegenen Hauptgrundstücke in diese nicht übergehen; es ist dazu
vielmehr auch die Einwilligung des Privatjurisdiktionsberechtigten nöthig. — A. G.
O. I. 2. S. 107. — A. L. R. I. 2, z. 41 fg. — Hyp. O. I. K. 34. — Ges. vom
25. April 1835, §. 2, Nr. Z. GS. S. 51. — Rescr. vom 24. Januar 1815.
Jahrb. 5, S. 11. Gräff, 2, S. 32.
1) Mittelbare oder Mediatstädte werden diejenigen genannt, welche noch zu einer
andern Herrschaft, außer dem Landesherrn, in einem Abhängigkeitsverhältnisse
stehen. Ist diefe andere Herrschaft der königl. Fiskus, so sind sie königl. Me
diatstädte.
2) Nach einem Rescr. vom 3«. März 181« (Jahrb. II, S. 200. Gr äff 2,
S. 31), haben in den vormals westfälische» Provinzen alle Magisträte und
Stadtgemeinden ein eximirtes Forum.
») Als solche sind sowohl die ihrer Natur nach unbeweglichen Sachen, d. h. solche,
welche, ihrer Substanz unbeschadet, von einer Stelle zur andern, nicht gebracht
werden können, als jene Gerechtigkeiten zu betrachten, welche auch ohne den
Besitz eines bestimmten Grundstücks «««geübt werden können, und ein eigenes
Hypotheken-Folium erhalten, wie erbliche und ausschließliche Gewerbeberechti
gungen, für sich beftehmds Jagdgerechtigkeiten, Zehntherechtigungen, u. s. ».
52
II. Die standesherrlichcn Besitzungen, sa'mmtliche geistliche, >) rit
terfreie und zu «blichen Rechten verliehene Güter, ferner die Grundstücke der
Universitäten und gelehrten Schulen, s« wie der vom Staate ausdrücklich
oder stillschweigend genehmigten Armen- und andern Versorgungsanstalten,
und die fiskalischen Besitzungen, in so weit sie die Eigenschaften eines adlichen
Guts haben, 2) sind vermöge dieses dinglichen Gerichtsstandes der unmittelbaren
Gerichtsbarkeit des Obergerichts, in dessen Bezirk sie liegen, untergeordnet. Zwar
werden in Folge Delegation die Hypothekenbücher der Kirchen-, Pfarr-, Küster
und Schulgüter meistens bei den Untergerichtcn geführt. Die dergleichen Grund
stücke betreffenden Prozesse gehören aber demungeachtet vor das Obergericht. —
Die Grundstücke, welche zu einer gemeinen Schule gehören, so wie alle andern
vorstehend nicht bezeichneten Immobilien haben ihren dinglichen Gerichtsstand vor
dem Unterrichter des Orts oder Bezirks, wo sie liegen.
Ausnahmen von vorstehenden Regeln müsse» durch Statuten oder Provinzial«
gesetzc, oder durch besondere Privilegien begründet sein. Auch kann eine Ausnahme
dadurch entstehen, daß der Käufer eines zu adlichen Rechten verliehenen Guts der
Schriftsäfsigkeit ») entsagt, was zulässig ist, in so weit dadurch die Rechte de«
Staats oder eine« Dritten nicht beeinträchtigt werden. — A. G. O. I. 2, Z. 108,
110. — A. L. R. II. 17, §. 33; 19, §. 42, 43. Jnstr. vom 30. Mai 1820,
ß. 19. GS. S. «7. — Rescr. vom 16. Mai 1816, vom 12. Mai 1812. Jahrb.
7, S. 184; 1, S. 53. Gräff 4, S. 170, 180. — Rescr. vom 7. Juni 1817.
Jahrb. 1«, S. 329. — Rescr. vom 19. Mai 1841. I. M. B. S. 184.
III. Die Realjurisdiktion über die von dem Areal eines erimirten Landguts
durch Veräußerungen zu vollem Eigenthum oder Erbzins - oder Erbpachtsrechten
abgetrennten Bestandthcile steht der Regel nach dem Ortspatrimonial- oder Orts
untergerichte zu. Eine Abschreibung der Parzelle vom Rittergute ist dabei nicht
durchaus nothwcndig. Der Vertrag und die Übergabe allein begründet dieses Forum.
Ausnahmsweise sollen dergleichen Gutstheile dem erimirten Gerichtsstande un
terworfen sein:
t) wenn sie zu vollem Eigenthum veräußert werden, und von einem solchen Um
fange oder Werths sind, wie ihn Rittergüter nach den Gesetzen über die Stand
schaft der Provinz bei freiwilligen Parzellirungen zur Bewahrung ihrer Ritter
gutseigenschaft mindestens behalten müssen ;
2) wenn bei einem geringeren Umfange oder Werth derselben der Erwerber in dem
Erwerbungsvertrage die Absicht ausgesprochen hat, daraus, oder in Verbindung
mit anderen bereits erworbenen, oder noch zu erwerbenden Grundstücken ein
Rittergut zu bilden, und demnächst diesem Grundbesitze durch eine vom Könige
t) In Schlesien gebührt den standesherrlichen Gerichten die Gerichtsbarkeit über
die in der Standcsherrschaft gelegenen geistlichen Güter. — Rescr. vom 2.
Nov. 183«. Jahrb. 36, S. 309. Gräff 6, S. 225.
2) Grundstücke des Fiskus, welche diese Eigenschaften nicht haben, stehen nicht
unter der Realjurisdiktion des Obergerichts, gleich viel, welche Behörde sie
verwaltet. Nur in Berlin besteht auf Grund des mit dem Magistrate daselbst
als frühcrem Jurisdiktionarius am 28. Juli 1787 abgeschlossenen Jurisdiktions
vergleichs die Einrichtung, daß die vom Fiskus in Berlin besessenen Häuser
der Gerichtsbarkeit des Kammergerichts unterworfen sind. Diese Ausnahme
gestattet aber keine analoge Anwendung auf andere Grundstücke. — Rescr. vom
19. Mai 1841. I. M. B. S. 184.
«) Darunter versteht man die dingliche Exemtion.
«) d. i. jedes einem erimirten Gerichtsstande unterworfene ländliche Grundstück.
Ein bloßes Domanialgut im Gegensatz von Rustikalgrundstück kann unter dem
Ausdruck „erimirtes Landgut" nicht verstanden werden. — Res«, vom 9. Feh.
1837. Grafs, Koch Zk. III. S. 122.
54
vollzogene Urkunde die Eigenschaft eines Ritterguts oder die Gerechtsame bei
gelegt worden sind, welche zur Theilnahmc am Stande der Ritterschaft befähigen;
3) wenn sie mit Zustimmung des Vcraußerers und des Jurisdiktionsberechtigten
einem erimirten Landgutc einverleibt, und auf den Antrag des Erwerbers diesem
Gute im Hypothekenbuche zugeschrieben werden.
Sind früher veräußerte Gutstheile, welche hiernach vor das Untcrgerichr ge
hören, bereits früher der Gerichtsbarkeit des Obergerichts überwiesen ; so kann der
Gerichlsherr des Ortsuntergerichts die Übertragung in das Hypothekenbuch seines
Gerichts fordern. Ist es jedoch mit Pfandbriefen oder andern Hypothckenschulden
belastet, so kann es beim Widerspruche des Eigenthümers dem Ortsgcrichtsstande
erst dann überwiesen werden, wenn im gewöhnlichen Laufe des Verkehrs die Lö
schung der Pfandbriefe oder andern Schulden im Hypothekenbuch erfolgt.
Vorstehende Bestimmungen finden auch auf das Verhältniß der standesherr
lichen Gerichte zu den in ihren Sprengcln befindlichen ,Patrimonialgerichten An
wendung, sofern nicht spezielle Verleihungen hierüber etwas Anderes enthalten. —
Ges. vom 2S. April 183S. GS. S. öl. — Rescr. vom 17. März 1837. Jahrb.
49, S. 170.
IV. In dem Gerichtsstände der Sache können in der Regel nur dingliche,
d. h. solche Klagen angebracht werden, durch welche man die Sache selbst, oder
Rechte daran oder de» in Folge des Besitzes verpflichteten Besitzer derselben in
Anspruch nimmt. Persönliche Klagen gehören vor dieses Forum nicht. Ausnahms
weise können diese jedoch im dinglichen Gerichtsstande angebracht werden :
1) wenn gegen den Besitzer unbeweglicher Güter eine solche persönliche Klage an
gestellt wird, welche aus dem Besitze des Grundstücks oder aus Handlungen
fließt, die er in der Eigenschaft als Gutsbesitzer vorgenommen hat. Beifpiele
der Art sind, wenn ein Gutsbesitzer ,i) die mit seinem Pächter oder Verwalter
eingegangenen Verbindlichkeiten zu erfüllen, oder K) die zum Besten des Grund
stücks geleisteten Vorschüsse oder gelieferten Materialien und Arbeiten zu vergü
ten sich weigert; oder e) die Patrimonialgerichtsbarkeit oder den Dienstzwang
mißbraucht, oder 6) seinen Nachbar im Besitze stört, oder e) sich eines auf das
benachbarte Grundstück zustehenden Rechts berühmt, oder f) wenn er das
Grundstück ganz oder zum Theil veräußert, und den Kontrakt nicht erfüllt,
oder die schuldige Gewähr nicht leistet;
2) wenn in Provinzen, wo der Landfassiat stattfindet, ein Ausländer ein adliches
Gut besitzt, oder an einem hiesigen Lehngute in die gcsammte Hand aufgenom
men ist. Hiesige Untcrthanen können dann denselben mit persönlichen Klagen
auch im Gerichtsstande des ihm gehörenden oder zur gesammten Hand verlie
henen Guts belangen;
3) auch gegen andere Ausländer, welche im Jnlande Immobilien besitzen, können
- persönliche Klagen in dem Gerichtsstande, unter welchem die Grundstucke liegen,
zum Zweck der Befriedigung ans denselben, angestrengt werden. Nur in Be
treff der den teutschcn Bundesstaaten angehörigc» Ausländer findet die §. 22,
5ub Nr. 2 e gedachte Ausnahme statt.
In diesen Fällen (sud 1 —3) hat der Kläger die Wahl: ob er den Verpflich
teten im dinglichen oder persönlichen Gerichtsstande belangen will. Gleiche Wahl
steht dem zu, welcher in Ansehung desselben Anspruchs zugleich ein persönliches und
ein dingliches Recht hat.') Rein dingliche Klagen können nur im dinglichen Ge
richtsstand des Grundstücks, aus dessen Besitz die Verpflichtung folgt, angebracht
werden.
> ') Z. B. wenn der Besitzer des verpfändeten Grundstücks zugleich Darleiher der
eingetragenen Post ist. Ein solcher k«nn nicht einwenden, daß die Sache vor
S5
Bei negatorisch,,, Servitutklogen >) ist nicht das Rcalforum des dienenden
Grundstücks, sondern dcr dingliche Gerichtsstand des berechtigten Guts zur In
struktion und Entscheidung des Prozesse« kompetent. — A. G O. I. 2, §.111—115.
Anh. §. 34. — Rescr, vom 3«. I„ni 180V. Stengel, Bd. II, S, 212. Rabe,
Bd. 6, S. 169. — Rescr. vom 25. April 183«. Grafs, Koch :c. III. S. 124.
Rescr. vom 1«. April 184«. I. M. Bl. S. I i«.
K) Für bewegliche Sachen.
K, 31. Klagen wegen beweglicher Sachen gehören in der Regel vor den erdenk
lichen persönlichen Richter des Beklagten. Ausnahmsweise wird an dem Ort, wo
eine bewegliche Sache sich befindet, ein Gerichtsstand begründet:
1) durch Klagen auf ein Eigcnthums- oder Pfandrecht an einer solchen Sache,
wenn der Besitzer oder Inhaber im hiesigen Lande keinen ordentlichen persön
lichen Gerichtsstand hat. — A. G. O. I. 2, §. 11«.
2) Durch Arrestschlag. Gegen solche, welche im Inlands keinen persönlichen Ge
richtsstand haben, also gegen Ausländer und Vagabunden, wird durch denselben
- sowohl der Gerichtsstand für den Arrestprozcß, als für die Hauptsache begründet,
gleich viel, ob der Klager ein Inländer oder Ausländer 2) ist. — Hat jedoch der
Beklagte im Jnlande einen persönlichen Gerichtsstand, so gehört vor den ding
lichen Gerichtsstand der beweglichen zu arrestirenden Sache nur die vorläu
fige Beurtheilunq eines schleunigen Arrestes, und die Verfügung der Maß
regeln zu dessen Anlegung. Das fernere Verfahren, sowohl im Arrest- als im
Hauptprozesse, so wie das ganze Verfahren bei gewöhnlichen Arresten, gehört
aber vor den persönlichen Richter des Beklagten. Wo wegen der Arreste gegen
Ausländer besondere Staatsvcrtröge oder besondere Provinzialgefetze gelten, hat
es dabei sein Bewenden. Doch find etwaige Beschränkungen hinsichtlich der Ar
reste wegen Schulden auf die Bestimmung sä 1 ohne Einfluß. — A. G. O. I.
2, K. 117-12«!,; I. 29, §. 41 — 44.
3) Die Untersuchung und Entscheidung eines, über die Defraudation von Privat-
Brücken-, Wege- oder Fähre- u. dgl. Zoll entstandenen Streits gehört vor das
ordentliche Gericht dos Ortb, wo dcr, einem Privatbercchtigten gehörende, Zoll
sich befindet. Der Zollberechtigte hat die Befugniß, jeden Zolldefraudanten zu
pfänden, und jenen Richter um Hilfe anzugehen. Auch über die Grenzen des
Zolldiftrikts kann der Zollberechtigte den Defroudantcn verfolgen, und dann
gehört die Untersuchung und Entscheidung des darüber entstehenden Streits vor
den Richter des Orts, wo der Übertreter betroffen worden. Doch kann der
Zollberechtigte verlangen, daß die Sache vor seine Gerichte gezogen, und bei er
mangelnder sonstiger Sicherheit dcr Übertreter zur Verwahrung im Arreste an
dieselben ausgeliefert werde. — A. G. O. I. 2, §. 12« b. «. «v St. II. 15,
lz. 130—135.

das Realforum gehöre, wenn er im persönlichen Forum belangt wird; während


der persönlich Verpflichtete, der nicht zugleich das verpfändete Grundstück besitzt,
dem Kläger einwenden kann, daß er sich zuerst an die verhaftete Sache halten,
also den Besitzer im Realforum belangen müsse.
>) Z. B. wenn Jemand in der Eigenschaft als Grundbesitzer auf dem nachbar
lichen Grundstück die Jagdgcrechtigkeit ausübt, und der nachbarliche Besitzer
im Wege der Klage Befreiung von der Jagdservitut verlangt.
2) Bei Eigenthums-, Pfandrechts- und Arrestklagen gegen Ausländer, die im hie
sigen Lande keinen Wohnsitz haben, kommt es nicht darauf an : ob der Aus
länder aus einem zum teutfchen Bunde gehörigen Staate sei oder nicht? Sie
können in jedem Falle im dinglichen Foro angebracht werden.
56
4) Ist eine Privatpfändung wegen wirklich verursachten Schadens, nicht blos
zur Sicherung gegen zu besorgende Nachtheilc, erfolgt; so muß der Beschädig«
sich auf die Entschädigungsklage allemal bei den Gerichten des Orts, wo die
Pfändung geschehen ist, einlassen. — A. ?. R. I. 14, Z. 433, 437.
e) Gerichtsstand der Erbschaft.
ß. 32. I. Der Gerichtsstand einer Erbschaft, als eines Inbegriffs von Sachen
und Rechten, ist da, wo der Erblasser zur Zeit seines Ablebens seinen ordentlichen
persönlichen Gerichtsstand gehabt hat. War dieser Gerichtsstand ein erimirter, so
gehört auch die Erbschaft vor das Obergericht. War jedoch Erblasser in Folge De
legation dem Untergericht überwiesen , oder ist einer der Fälle des g. 2«, Nr. lös
vorhanden; so ist das betreffende Untergericht Erbschaftsforum. — Hatte Erblasser
zwei verschiedene Wohnsitze, so kommen die in Betreff der Einleitung der Vor
mundschaft über die Kinder des Erblassers vorhandenen gesetzlichen Berschriften
analog zur Anwendung, und das Erbschaftsforum ist darnach beim Obcrgericht,
wenn ein Gerichtsstand unter dem Obergericht, der andere unter einem Untergericht
war, während dann, wenn beide Gerichtsstände gleicher Qualität sind, das Gericht,
unter welchem Erblasser beim Tode wirklich wohnte, der Gerichtsstand der Erbschaft ist.
Stirbt ein, an einem fremden Hofe akkreditirter preußischer Gesandter, so ist
das Kammergericht zu Berlin sein Erbschaftsforum. — A. G. O. Z. 121. — Resc.
vom 19. März 1798. Ak. ES. Bd. 10, S. 1607. — Rescr. vom 26. Juli 1809.
Mathis, Bd. 1«, S. 104. — A. L. R. II. 18, Z. 376, 381. — Rescr. vom
29. Jan. 183«. Gräff, Koch zc. III. S. 128.
II. Was die Kompetenz des Erbschaftsforums in Prozeßangelegenheiten be
trifft, so gehört:
1) der erbschaftliche Liquidationsprozeß vor dasselbe.
2) Streitigkeiten, welche bei Theilung des Nachlasses unter den Erben entstehen,
werden bei dem die Theilung vornehmenden Gerichtsstand der Erbschaft ') er
örtert und entschieden.
3) Ansprüche wegen eines Erbrechts können in diesem Gerichtsstande so lange an
gebracht werden, als daselbst noch ein Theil des Nachlasses, an welchen Kläger
sich halten will, vorhanden ist. Hatte Erblasser seinen Wohnsitz im Auslande,
so gehört die Klage auf Zuerkennung der Erbschaft dorthin, wenn auch ein
Theil des Nachlasses im Inlands befindlich wäre.
4) Erbfchaftsgläubiger und Legatarien können gegen den Erben im Gerichtsstande
der Erbschaft auf Befriedigung klagen.
III. In den Fällen sck II. Nr. 3 u. 4 hat jedoch Kläger die Wahl, ob er
das Erbschaftsforum oder den ordentlichen persönlichen Gerichtsstand wählen will.
Nur bei rein dinglichen Klagen trit an die Stelle des persönlichen, der dingliche
Gerichtsstand. Will der Erbe die Nachlaßgläubiger verpflichten, daß sie sich an ihn
nur im persönlichen (resp. dinglichen) Gerichtsstand halten, so muß er dieselben,
und zwar die unbekannten in den, zu gerichtlichen Bekanntmachungen bestimmten
öffentlichen Blättern, zur Meldung aizffordern, und die drei-, und nach Umständen
sechsmonatliche Frist abwarten. ,2) — Lf. Z. 16, K. bb. — A. G. O. I. 2, §.122
1) Es ist übrigens nicht Nothwendigkeit, daß die Theilung beim Nachlaßrichter
vorgenommen wird. Sie kann privatim, sie kann vor Notar, sie kann auch
vor jedem andern Richter geschehen. Sobald jedoch darüber Streit entsteht,
so muß dieser im Mangel einer Einigung entweder im Gerichtsstande der Erb
schaft, oder im ordentlichen Gerichtsstände der Provokaten entschieden werden.
2) Es ist nicht gerade nothwendig, daß den Gläubigern die Nachlaßtheilung bekannt
gemacht werde. Auch die Aufforderung zur Meldung ohne Nachlaßtheilung hat
M Wirkung. Bn Mm wzttnm Exbm Mxde diesM sonst niemals «nttsttn.
57
bis 125. — A. L. R. I. 17, z. 137 fg., II. 18, §. 42«. - Res», vom 21. April
1818 in Gräff, Koch ,c. Ergänz., Suppl. z. A. G. O. S. S«.
3. Ordentlicher Gerichtsstand gewisser Angelegenheiten und Geschäfte.
§. 33. Derjenige Gerichtsstand, welchem durch Gesetz gewisse Sachen speziell
überwiesen sind, schließt in Bezug auf diese jeden andern Gerichtsstand aus.
Fiskus hat keinen speziellen Gerichtsstand. ') In welchen Fällen derselbe
den ordentlichen Gerichtsstand unter dem Obergcricht hat, ist z. 29, Nr. 1 gesagt.
In andern Zivilprozessen muß Fiskus gleich jeder andern Partei vor den gewöhn»
lichen ordentlichen Gerichten Recht nehmen.
Als besondere Gerichtsstände bestehen folgende:
1) Der Gerichtsstand für Ehesachen. -) Ehescheidungsprozesse gehören in
den Provinzen, wo katholische geistliche Gerichte bestehen, «) dann, wenn beide
Eheleute zur katholischen Religion sich bekennen, vor diese Gerichte. ^) >) Doch
erkennt das geistliche Gericht in der Regel nur über die kanonische Zulässigkeil
oder Giltigkcit einer Ehe, und über die Scheidung von Tisch und Bett. Über
die Giltigkeit und den Fortbestand einer Ehe aus zivilrechtlichen Gründen, ferner
über die Ehescheidungsstrafen und die übrigen zivilrechtlichen Folgen der Ehe
scheidung ») erstreckt sich auch in diesen Fällen das Erkcnntniß des geistlichen
Gerichts nicht. Andere Ehesachen gehören vor den ordentlichen persönlichen
Richter des Ehemannes. Eine Ausnahme hiervon ist I. 22, Nr. 2 i angeführt.
Jedoch findet in allen Ehesachen, sie mögen vor den geistlichen oder weltlichen
Richter gewiesen sein, keine freiwillige Prorogation des Gerichtsstandes statt. —
Anh. Z. 35—33 der A. G. O.; Z. 126—128 das. — Cab.-Ordre vom 25.
Fcb. 1833. GS. S. 24. —
2) Für Bergbau und Hüttenverwaltung bestehen besondere mit den Berg
ämtern verbundene Berggerichte. ') Diesen gebührt die Instruktion und das
>) Nach der A. G. O. hatte Fiskus in allen Prozessen, in denen er als Kläger,
Beklagter, Jntervenient oder Litisdenunziat erschien, ein besonderes Forum vor
dem Obcrgerichte der Provinz.
2) Sponsaliensachen haben ferner keinen speziellen Gerichtsstand. Sie gehören vor
den persönlichen Richter des Beklagten.
«) Wo solche nicht sind, gehören auch Eheschcidungsprozesse unter zwei katholischen
Eheleuten vor die weltlichen Gerichte. — Rcscr. vom 22. Januar 1790. Akad.
ES. Bd. 8, S. 2855. — Rescr. vom 3. Jan. 1803. N. A. Bd. 3, S. 129.
«) Geistliche Gerichte bestehen im Großherz. Posen, in Ostpreusscn, in West-
preussen, in Schlesien und der Grasschaft Glaz, und für das vorm. Für»
stenthum, Erfurt. Starke, Darstellung :c. I. S. 344 —381. Löwcn-
berg, Übersicht der Verfassung zc. in der jurist. Wochenschrift 1835, S. 137,
209, 257, 345, 417, 424 fg.
5) Auch wird eine nach den Grundsätzen der katholischen Kirche eingegangene Ehe
vorausgesetzt. Ist eine Ehe zwischen Verwandten, die »ach dem A. L. R. sich
Heirathen können, während das kanonische Recht es gar nicht «der nicht ohne
Dispens zugiebt, oder die Ehe eines Geschiedenen, dessen geschiedene Ehehälfte
noch lebt, vom Pfarrer einer andern Konfession vollzogen, so ist dies eine ka
nonisch unerlaubte Ehe, deren Trennung niemals vor das katholische geistliche
Gericht gehört. — Rescr. vom 17. Juli 1808, Nr. 10, 11, 16. N. A.
Bd. 1, S. 269.
«) Ausnahmsweise erstreckt sich die geistliche Gerichtsbarkeit des Fürstbischofs zu
Breslau, des bischöflichen Kommissariats Kar scher (zu Olmütz gehörig) und
des bischöflichen Gerichts zu Erfurt auch auf die etleetus eiviles. — 6l.
Löwenberg a. „. O. S. 341, 424 u. 419.
') Durch die Verordn. vom 26. Der. 1808 war die frühere Spezialgerichtsbarkcit
für Bergbau und Hüttenverwaltung aufgehoben. Die Erfahrung zeigte jedoch,
haß die Instruktion »Nd Entscheidung der dahin gehörigen RechtsstrntiaMm
58
Erkenntniß in reinen Bcrgwerksstreitigkeitcn. Dahin gehören die Prozesse I.
über die Zuständigkeit und den Umfang des Bergwerks reg als, namentlich
über die beanspruchten Bcrgbauprivilegien; II. über das Verhältnis des
Bergwerksregals zum Grundbesitzer; insbesondere s) über das Schürfrecht
und die Entschädigung der Grundeigenthümcr für den durch das Schürftn
erwachsenen Schaden, d) über die Abtretungen von Grundeigcnthum «der
von Materialien zum Bergbau, über die dem Eigenthümer dafür provinzial-
eder gemeinrechtlich zustehenden Vorth eile, und über die Entschädigung,
welche ihm sowohl für die Abtretung des Grund und Bodens und die Überlas
sung des zum Betriebe der Werke erforderlichen Wassers, als für die durch den
Bergbau-, Poch- und Waschwerksbetrieb außerdem noch zugefügten Nachtheile
geleistet werden muß; III. über das spezielle Bergwerkseigenthum, als «)
über Ansprüche auf den Erwerb desselben (die Rechte des Finders, das Ver-
beiltniß mehrer Muther zu einander u. f. w.); Ii) über den Umfang und die
Bedingungen der Bcrgeigenthumsverleihungen, die mittelbare Erwer
bung des Bergwerkseigenthums und die beiderseitigen Rechte und Ver
bindlichkeiten bei der Veräußerung; c) über die Ausübung der durch die
Verleihung erworbenen Rechte, also über die Art des Betriebes der Berg-,
Poch- und Waschwerke, und die Ausführung der Arbeiten auf denselben; <t)
über alle andere dingliche Ansprüche, welche Bergeigenthum zum Gegen
stande haben; e) über die Verhältnisse der Miteigenthümer oder Gewerk
schaften unter einander; 5) über die gegenseitigen Rechte und Verbindlichkeiten
derEigenthümer verschiedener Gruben, Stollen und Wasserhaltungs-
mafchinen; IV. über die Verwirkung des Bergwerkseigenthums (das Zu
rückfallen in das landesherrliche Freie oder den Verlust der einzelnen Kuren an
die Gewerkschaft); V. über den Berghaushalt und das Bergschulden
wesen, als s) über die Rechtsverhältnisse der Bergcigenthümer oder Ge
werkschaften, und der Bcrgbcamten und Bergarbeiter unter einander; b) über
die Ansprüche an die Bergbeamtcn und an die landesherrlichen Hütten-
und Salzwerksbeamten aus ihren Dienstverhältnissen; «) über die auf den
Bergbau-, Poch- und Waschwerksbetrieb unmittelbar Bezug habenden
Schulden; rl) über die im Bergh>)pothekenbuche eingetragenen Forderun
gen; e) serner Arrcstanlcguiige» und Exekutionen auf und in das
Bergwerkseigenthum; f) Konkurs- und Liquidationsprozesse, so weit
sie Bcrgwerkseigenthum betreffen; g) Sub Hastation des Bergwerkseigenthums
und K) Aufgebotssachen hinsichtlich der im Bcrghypothekenbuche eingetra
genen Posten und des Bergwerkseigenthums selbst. In Bezug auf diese Berg
gerichte findet weder persönliche noch dingliche Exemtion statt. — Trit ein
Bergamt selbst als Kläger oder Beklagter in einer zum bcrggcrichtlichen Ressort
gehörigen Rechtsangelegenheit auf, so muß diese vor das Berggericht des zunächst
gelegenen Bergamts gebracht werden. — Edikt vom 21. Feb. 1816. GS. S.
104. — Cab.-Ordre vom 6. Juli 1837 und Regl. vom 13. Juli 1837. GS.
S. 134. — Cab.-Ordre vom 12. Oct. 1837. GS. S. 147. — Res«, vom
14. Juni 182«. Jahrb. 15, S. 260. — A. L. R. II. 1«, §. 69 — 473. —
A. G. O. I. 24, §. 27z I. 5«, Z. 672 fg.; 51, §. 99 fg. Anh. Z. 41« zur
A. G. O.z I. 52, Z. 65. — Refcr. vom 2«. Dcc. 1819. Jahrb. 14, S. 191.
3) Ferner bestehen einige Schifffahrts- und Handelsgerichte, und zwar:
sicherer und schneller zu bewirken sc! in den Händen von Männern, welche auch
wissenschaftliche Kenntnisse in diesem Fache besitzen und mit dessen eigenthüm-
licher Terminologie «ertraut sind. Durch Edikt vom 21. Feb. 1816 wurde
daher untex Modifikationen diese Sxezialgenchtsbarkeit wieder hergestellt.
5',
^. das Kommcrz- und Admiralitä Iskollcgium zu Königsberg, von
welchem ein beständiger Kommissarius in Pillau wohnt, und das Kom»erz-
und Admiralitätskollcgium zu Danzig. Denselben gebührt a^ßer an
dern Geschäflc» g) dic Reck)tspflcge in Bctrcff aller Streitigkeiten und Forde
rungen, welche aus einem kaufmännischen Verkehr entspringen, ohne Unterschied,
ob die Forderung durch die Handlungsbüchcr, oder durch irgend ein Dokument
begründet wird; Ii) die Kognition hinsichtlich aller Streitigkeiten und Forderun
gen, welche aus Strandungcn, Havcrcicn und Nothhaftlungc», auf Schiffs- und
Bördings-, Hvpothcken- oder Psandwesen Beziehung haben; «) die Jnftruktion
und Entscheidung der Prozesse wegen Ansprüchen, welche aus dem zwischen den
Interessenten und Thcilmhmern eines Schiffes oder einer Handlung, zwischen
dem Prinzipal, dem Disponenten, Faktor und Handlungsgehilfen, zwischen dem
Rheder und dem Schiffcr, diesem und dem Schiffsvolk, dem Be- und Verfrachter,
Kiefen und den Assaradcurs, dem Erbauer eines Schiffes und den Handwerkern
und Arbeitsleuten bestehenden Verhältnisse entspringen, so wie wegen Schuld-
forderungcn, welche an Schiffer und Schiffsvolk gemacht werden, so lange sie
sich noch im Dienste des Schiffes befinden; 6) dic Instruktion und Entscheidung
aller Jnjuricnprozessc, welche während des Laufes des Schisssdienstes zwischen
Schiffern und Matrosen unter sich oder zwischen ihnen und andern Personen,
in so fern diese als Kläger auftreten, vorfallen; «) das öffentliche Aufgebot »er«
loren gegangener, dje unter « erwähnten Verhältnisse betreffende» Urkunden. —
Durch Arrestschlag wird bei jenen Kollegien das Forum nur begründet, wenn
dic Hauptsache zu ihrer Kognition gehört. Dagegen können sowohl Perso-
nalarrefte, welche gegen Schiffer und Schiffsmannschaft, so lange sie sich im
Schiffsdienste befinden, verhängt, als Rcalarreste, welche auf Schiffe und Fahr
zeuge aller Art oder deren Ladungen gelegt werden sollen, nur von ih«en ver
fugt werden.
Was den Umfang ihres Geschäftsbezirks betrifft, so erstreckt sich die K«m-
xetenz des Kommerz - und Admiralitätskollegiums zu Königsberg auf den Poli
zeibezirk von Königsberg, auf das frifche und kurische Haff und auf den Strand
innerhalb des ostpreußifchen Regierungsbezirks; und die Kompetenz des Admi
ralitätskollegiums zu Danzig auf Danzig und dessen Territorium und die Oft»
steküste von Heifternest bis Polsk. — Reglem. vom 3«. Oct. -813 und vom
17. Sept. 1814 in Starke's Darstellung zc. I. S. 399 sg. Leman's Einl.
in die Prov.-Rechte Wcstpr. Beil. 34, S. 239.
S. Das Scglerhaus zu Eolbcrg ist eine Behörde zur Schlichtung von
Streitigkeiten, welche zwischen Rhedern, Befrachtern, Schissern, Schiffsvolk und
in andern ähnlichen Sachen vorkommen. ')
L. Bei den Land- und Stadtgerichten zu Mcmel und zu Stettin bestehen
besondere Schifffahrts- und Handlun gsgerichts-Deputationen ^) für
Sec- und Handclsassekuranz, und kaufmännische Wechselsachen, bei welchen Wit-
° glieder der Kaufmannschaft als Beisitzer fungiren. Auch bei den Land - und
Stadtgerichten zu Elbing und Tilsit werden bei den auf Handels- und
i) Das Seglerhaus ist bloßes Verglcichsgcricht. Rekurrircn die Parteien gegen
den Spruch (Isugum) der Älterleute jenes Gerichts, so geht die Sache an
das Stadtgericht zu Kolberg und dieses instruirt und entscheidet in erster In
stanz. — cf. Starke, Darstellung ,c. I. S. 404 fg.
«) Die gerichtlichen Geschäfte, welche früher der Schifffahrtskommifsion zu Swi-
nenninde in Hafen- und Schifffahrtsangelegenheiten zustanden, sind seit dem
1. April 1838 dem Land- und Stadtgerichte zu Swinemünde definitiv über
tragen. — tt. Starke a. a. O. S. 404.
60
Schifffahrtsangelegenheiten sich beziehenden Verhandlungen kaufmännische Mit
glieder zugezogen.
Bei den Land- und Stadtgerichten zu Naumburg und zu Frankfurt a. O.
bestehen während der Meßzcit besondere Meßdeputationen, welche die auf der
Messe vorkommenden, schnelle Rechtshilfe erfordernden Rechtsstreitigkeiten ent
scheiden, und da, wo es auf ein kaufmännisches Gutachten ankommt, die deshalb
verpflichteten kaufmännischen Mitglieder zuziehen. — Verordn. vom 4. Juni
1819. GS. S. 141. — Meßordn. vom 31. Mai 1832. GS. S. 149.
Bei dem Land- und Stadtgericht zu Posen ist während der dortigen Dauer
des Wollmarkts eine Gerichtskommission aus drei Gerichtsmitgliedern nieder
gesetzt, damit sie alle aus dem Wollhandel entstehenden Streitigkeiten, ohne
Rücksicht auf die Höhe des Objekts, erörtert und entscheidet. — Cab.-Ordre
vom 24. Sept. 1836. «. Starke a. o. O. S. 407.
v. Auf Grund der Schifffahrtskonvention bestehen besondere Elb-, Weser-
und Rheinzollgerichte, 2) zu deren Kognition außer den Defraudationen
landesherrlicher Gefälle, und außer den Kontraventionen gegen die Schifffahrts
ordnung gehören, alle Streitigkeiten wegen Zahlung der Schifffahrts-, Krahnen-,
Wage-, Hafen-, Werft- und Schleusengebühren und ihres Betrages; Klagen
wegen Hemmung des Leinpfades durch Privatpersonen; Ersatzforderungen wegen
der den Eigcnthümern der Zugpferde bei dem Heraufziehen der Schiffe zur Last
gelegten Beschädigung an Grundcigenthum, so wie wegen eines jeden Schadens,
den Schiffer oder Flösser während der Fahrt oder beim Anlanden durch ihre
Fahrlässigkeit verursacht haben sollen; nach den Elb-, und Weserschifffahrtsakten
auch Streitigkeiten wegen des Betrages der Bergelöhne und anderer Vcrgüti-
gungen bei Unglücksfällen. — Elbschifffahrtsakte vom 23. Juni 1821, ratif. am
2«. Nov. 1821, Art. 26. GS. S. 9 u. 1«. — Weferschifffahrtsakte vom 10.
Sept., ratif. 22. Nov. 1823, z. 52. GS. 1824, S. 25. — Übereinkunft vom
31. März, ratif. den 19. Mai 1831, Art. 8. GS. S. 71. — Eab.-Ordre
vom S«. Juni 1834, §. 1«. GS. S. 136.
4) Fabrikengerichte bestehen in Berlin für die Stadt und deren Polizeibezirk,
in Altena, Hagen, Iserlohn, Lüdenscheid und Siegen für die Bezirke der dorti
gen Land- und Stadtgerichte. Diese Fabrikgerichte sind jedoch nur Deputatio
nen, in Berlin des Stadtgerichts, in den übrigen Städten der Land- und Stadt
gerichte daselbst. Dem deputirten Richter steht ein technisches Mitglied mit be-
rathender Stimme zur Seite. Zur Kognition den Fabrikdeputationen gehören:
s) alle Streitigkeiten der Fabrik- oder Manufakturuntcrnehmer, und ihrer Ar
beiter gegen einander über schlechte und kontraktwidrige Arbeit, über ihre Ver
zögerung und Verfälschung, über das Verderben der Geräthschaften und Mate
rialien, und über die Entfernung und Abdankung der Arbeiter vor der Zeit,
überhaupt alle Streitigkeiten, welche unmittelbar die Fabrikation und die des
halb übernommenen und gesetzlich vorgeschriebenen Verpflichtungen zum Gegen
stande haben; b) die Streitigkeiten der Fabrik- und Manufakturunternehmer
unter sich wegen Verführung und Abspenstigmachens der Arbeiter; c) die
>) Starke a. a. O. S. 402 fg.
2) Solche Zollgerichte sind zu Wittenberge, Wittenberg, Mühlberg, Kalbes. d.S.,
Minden und Beverungen; ferner die Friedensgerichte St. Goar, Boppard,
Metternich (zu Coblenz), Andernach, Sinzig, Bonn, Cöln, Dormagen, Reuß,
Uerdingen, Rheinberg, Xanten, Königswinter, Mühlheim, Düsseldorf, die Ju
stizämter Ehrenbreitstein, Linz und Neuwied, und die Land- und Stadtgerichte
Duisburg, Wesel und Emmerich, bei welchen für die Zollgerichtsgeschäfte be
sondere Deputationen bestehen. — Kl. Starke a. a. O. S, 164, 166, 2S5fg.
61
Schuldsachen, so weit sie aus der Fabrikvcrbinbung entstehe», mit Ausnahme
der Wcchselprozesse; c!) alle Sachen, welche Beleidigungen, die zwischen den
Fabrikvorgesetzten und den Arbeitern und zwischen den Arbeitern unter sich vor
fallen, zum Gegenstände haben. — Verordn. vom 4. April 1815. Jahrb. S,
S. 16. Gröff 2, S. 37. — Rescr. vom II. Mai 1818. Jahrb. 11, S.2««.
Grass 2, S. 43. — Rcgl. vom 26. Nov. 1829 und Jnstr. vom 1. Ort. 1831.
Jahrb. 38, S. 36«. Gräfs 6, S. 378.
5) Generalkommissionen. Die Auseinandersetzung der Gutsherrn und der
Bauern wegen der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse, und die dabei
nöthig werdenden Grenzregulirungen, ferner die Ablösungen von Diensten und
Rcallasten, und Gcmeinheitstheilungen sind den, gegenwärtig schon zum Theil
mit den Regierungen verbundene», Generalkommissionen überwiesen, welche durch
Kommissarien das Geschäft verhandeln lassen, Vergleiche und Verträge abzu«
schließen suchen, demnächst dieselben prüfen und bestätigen; falls aber einzelne
Punkte zum Prozesse inftruirt werden müssen, darüber in erster Instanz ent:
scheiden. Für die zweite Instanz sind besondere Rcvisionskollegien bestellt. ')
In dritter Instanz erkennt das Geh. Obertribunal. 2)
Ausnahmsweise gehören von jenen Geschäften jedoch nicht vor die General«
kommissionen :
^. die von den Regierungen und Provinzial-Schulkollegicn auf den unter
deren Verwaltung stehenden Gütern im Wege des Vergleichs vorgenommenen,
von diesen Behörden selbst bestätigten Auseinandersetzungen;
L. die Ablösungen von Domanialgefällcn, und
c. andere Ablösungen, wenn g) die abgelösete Berechtigung weder Zubehör
eines Guts ist, noch ei» besonderes Folium im Hypothckenbuche hat; und b)
wenn bei Ablösungen nach der Ordn. vom 13. Juli 1829 in den Landestheilen,
in welchen die A. G. O. gilt, die Parteien es vorziehen, ihre ohne Dazwischen-
kunft der Generalkommission geschlossenen Ablösungsvcrträge den betreffenden
Gerichten zu überreichen, welche sich in solchem Falle der Prüfung und Bestäti
gung mit denselben Pflichte» und Wirkungen, die rücksichtlich dieser von den
Generalkommissionen zu bewirkender Geschäfte vorgeschriebe» sind, zu unterziehen
haben. — Ed. vom 14. Sept. 1811. GS. S. 281. — Deklar, vom 29. Mai
1816. GS. S. 154. — Verordn. vom 9. Juni 1819. GS. S. 151. —
Deklar, vom 24. März 1823. GS. S. 35. — Ges. vom 21. Juli 1821.
GS. S. 11«. — Ges. vom 8. April 1823. GS. S. 49 u. 73. — Ges. vom
1«. Juli 1836. GS. S. 2«4. — Ordn. vom 7. Juli 1821. GS. S. 77. —
Ges. vom 16. März 1311. GS. S. 157. — Cab.-Ordre vom 21. April 1821.
GS. S. 73, 74, 94 u. 112. — Ordn. vom 13. Juli 1829. GS. S. 65. —
Ges. vom 25, April 13Z5. GS. S. 53. — Ges. vom 29. Juni 1835. GS.
S. 135. —
6) Vor die akademische Gerichtsbarkeit gehören:
«) alle gegen Studenten gerichtete Jnjurienklagen;
b) Zivilklagen, vermöge deren ein Student wegen gesetzmäßiger ') Schulden
Der Rekurs gegen Entscheidungen, welche keine Appellation zulassen, geht an
das Ministerium des Innern.
2) Die Akten werden an dieses von den Generalkommissionen nicht unmittelbar,
sondern durch das Ministerium des Jiinern zugesendet, damit dieses, wenn eS
über die Aulässigkeit des Rechtsmittels Bedenken findet, mit dem Justizministe
rium sich darüber verständigen könne. — K. 53 Verordn. vom 3«. Juni 1834.
«) Solche sind bei Schneidern für Kleider einschließlich der Materialien bis 25 2h.,
bei Buchhändlern, Schuhmachern, Aufwärtern und Aufwärterinnen bis 1« Th.,
bei Buchbindern bis 3 Ah., an Kostgeld, Waschgeld, Friseur- und Barbier
62
belangt, oder bei Gelegenheit der unter die akademische Kompetenz fallenden
geringeren Bergehungen auf Schadensersatz oder Erstattung fremden Eigenthums
in Anspruch genommen wird. — Rcglem. vom M Dec. 181«. GS. S. 142.
7) Zur Kompetenz deö Oberzensurgerichts gehört: g) die Entscheidung über
Beschwerden, welche gegen die Seiteiis der Zensoren oder Oberpräsidenten erfolgte
Verfügung der Druckerlaubniß geführt werden; b) der Ausspruch von Debits-
verboten gegen solche Schriften, welche nicht schon gesetzlich für verboten zu er
achten sind; ausgenommen hiervon bleibt jedoch die Verfügung von Verboten
gegen auswärtige politische Zeitungen; e) die Ertheilung oder Entziehung der
Debitserlaubniß für Schriften, welche außerhalb der Staaten des teutschm
Bundes in teUtscher, oder außerhalb der preuß. Staaten in polnischer Sprache
gedruckt sind, jedoch ebenfalls mit Ausnahme politischer Zeitungen; g) die Ent
scheidung über den Verlust von Privilegien oder Konzessionen zu Zeitungen oder
andern Zeitschriften, so wie über die Zurücknahme der dem Redakteur einer pri-
vilegirten Zeitung ertheilten Bestätigung, ingleichen über die Entfernung des
Redakteurs einer konzcssionirtcn Zeitung; e) die Entscheidung über den Verlust
des Rechts zum Gewerbe des Buchhandels oder der Buchdruckerei in den Fällen,
itt welchen dies Recht durch Übertretung der Zensurgesetze verwirkt ist; t) das
Verbot des Debits sämmtlicher Verlags- und Kommissions-Artikel einer auslän
dischen Buchhandlung, welche, der ausdrücklichen Verwarnung ungeachtet, fort
fährt, verwerfliche Schriften im Inlands zu verbreiten. — z. 11 der Verordn.
vom 23. Febr. 1343. GS. S. 31.
8) Die berliner Lebensversicherungsgesellschaft ist ermächtigt, ihre Ge
rechtsame gegen vermeintlich unbegründet an sie gemachte Ansprüche, falls sie
dieserhalb gegen die Prätendenten mit der Negatorienklage oder im Wege des
Provokation?- oder Diffamationsprozeffes selbst austreten will, ohne Rücksicht
auf dm Gerichtsstand des Verklagten oder Provokaten jederzeit bei dem Kam
mergerichte rechtlich zu verfolgen. — Cab.-Ordre vom 16. April 1839, mit
geteilt d. R. v. 28. Juni 1839. I. M. B. S. 238. — tt. auch R. v. 28:
Rugtiff 1SS6. Jahrb. 48, S: 216.
vi Vkußttordentticher Gerichtsfiem».
z. 34. Bisweilen können umstände eintreten, in Folge deren ein Rechtsstreit
benr ordenttichrn Richter entzogen, unV der Kompetenz eines andern Gerichts unter
worfen wird: Dahin gehört:
1. der Fall, wenn dk Jurisdiktion zwischen zwei Gerichten streitig ist, da
hier der Prozeß bis zur Entscheidung des Jurlsdiktionsstreits nicht ruhen darf.')
s) Schwebt in einem solchen Falle der Jurisdiktionsstreit zwischen zwei demselben
Obergerichte unterworfenen Untergerichten, oder einem Untergericht und dem
lohn, Stubenmiethe, Bettzins, Aufwartung, Arzneien, und Arztlohn, für Un
terricht in Sprachen und Leibesübungen der einvierteljährige Betrag. Doch
muß die Klage bei allen diesen Schulden in dem unmittelbar auf das Quartal,
in welchem sie kontrahirt worden, folgenden Vierteljahr angebracht werden.
Klagen wegen anderer, als dieser Schulden, und der Honorare für Vorlesungen,
und später angebrachte sind unzulässig. — Anh. S. 141 zu §. 103, II. 12 A. L. R.
') Die Entscheidung über den Kompetenzstreit selbst gebührt: s) wenn zwei königl.
Gerichts streiten, dem Justizminifler; b) wenn der Streit zwischen einem kSn.
und einem Privatgericht, oder zwischen zwei Privatgerichten obwaltet, ss) dann,
wnrn es' sich bloS um einen Zweifel über die Auslegung und Anwendung der
über' die KompetenzverhMnisse gegebenett Gesetze handelt, ebenfalls dem Justiz-
minister, !>d) wenn aber der Rechtsgnind der Verleihung, resp. Erwerbung,
der Jurisdiktion die Grunblagc des Streits bildet, dem Über andere Rechte
derselben Parteien kompetenten Richter, - , ,
63
ihm vorgesetzten Obergericht, so muH die unterdessen zur Sprache gekommene
Rechtsangelegenheit in beiden Fällen bei diesem Obcrgcncht, oder einem von
demselben ernannten benachbarten Untergerichte verhandelt werden,
i,) Streiten hingegen zwei Untcrgerichtc verschiedener Departements, oder zwei
Obergcrichtc, so muß der Fall dem Justizministerio angezeigt werden, welches
nach Beschaffenheit der Unistände zu bestimmen hat, bei welchem Gerichte die
Sache, mit Borbehalt beiderseitiger Rechte, vermöge besonderen Auftrags erör
tert und entschiede» werden soll. ') — Immer wird aber vorausgesetzt, daß die
Gerichte selbst über die Kompetenz uneinig sind. Wird der Einwand der In
kompetenz von einer Partei erhoben, so hat das den desfallsigen Prozeß inftrui-
rcnde Gericht diesen Einwand zu beurtheilen. 2) — A. G. O. I. 2, z. 131,
132; I. 9, §. 20 fg.
2. Wegen zu verhütender Vervielfältigung der Prozesse.
Zur Verhütung einer Vervielfältigung der Prozesse kann in Fällen, wenn gegen
Mehre in verschiedenen Gerichtsbczirken wohnende Beklagte wegm derselben Forde
rung bei verschiedenen Gerichten geklagt werden müßte, 2) ein gemeinschaftlicher
Gerichtsstand für alle Beklagte in Bezug auf diesen Prozeß nachgesucht werden. ^)
Demgemäß hat Kläger, wenn in diesem Falle
») die mehren Beklagten unter verschiedene, einem Obergericht untergeordnete Un
tergerichte, oder einige unter das Obergcricht, die andern unter ein diesem un
tergebenes Untergericht gehören, die Befugniß, beim Obergericht anzutragen,
daß es sich der Verhandlung der Sache selbst unterziehe, oder ein Untergericht
dazu in Ansehung sämmUicher Beklagten anweise. 5)
d) Stehn aber Beklagte unter verschiedenen Obergerichtrn, oder unter Untergerich
ten verschiedener Obergcrichtsdepartements, so muß dem Justizminister davon
Anzeige gemacht werden, welcher bestimmt : ob und bei welchem Gerichte sämmt-
liche Beklagte Recht nehmen sollen, oder ob jeder in seinem besondern Gerichts
stande belangt werden müsse? ») — Der im letztern Falle vom Obergericht an
den Justizmimster zu erstattende Bericht muß speziell angeben: ss) den Bor?
und Zunamen des Klagers oder statt des Vornamens dessen nähere Bezeichnung,
und wenn deren mehre sind, den Vor- und Zunamen resp. nähere Bezeichnung
Gleiches gilt in dem vom Gesetze nicht vorgesehenen Falle, wenn ein Unter-
gericht und ein ihm nicht vorgesetztes Obergericht um die Jurisdiktion streiten.
— Da übrigens die beiden über die Kompetenz streitenden Gerichte von dieser
Wahl zur Instruktion und Entscheidung des vorliegenden Falls gesetzlich nicht
ausgeschloffen sind, so kann die Wahl auch auf eins derselben fallen. — Ent
stehen baare Auslagen in einem solchen übertragenen Prozesse, welche die schul
dige Partei wegen Unvermögens nicht zahlen kann, so kann das mit dem Pro
zesse beauftragte Gericht von dem später als kompetent sich ergebenden Ge
richte keine Erstattung verlangen. — ^ Rescr. vom 18. Juli 1843. Jusi>
M. B. S. 203 fg.
2) Die 8. 134 und 135, Tit. 2, I. A. G. O. sind in Folge Aufhebung der Spe-
zialverwaltungsjurisdiktionen und durch die oben K. 5 angeführten gesetzlichen
Vorschriften außer Anwendung gesetzt.
») Z. B. gegen mehre Erben wegen einer Nachlaßschuld nach getheiltcr Erbschaft
zu einer Zeit, wo das Erbschaftsforum nicht mehr stattfindet.
«) Haben die sämmtlichen zu Verklagenden ohnehin aus irgend einem Grunde in
Betreff des einzuklagenden Anspruchs schon ein gemeinschaftliches Forum, z. B.
das, Erbschaftsforum, einen dinglichen Gerichtsstand u. f. w^, so liegt der Fall
zur Rschsuchung eines außerordentlichen Gerichtsstandes nicht vor.
») Ein Eximirtcr kann diefmi mit der Einrede, daß er vor das Obergericht ge
höre, nicht widersprechen.
») Gleiches ist der Fall, wenn Beklagte, theils unter einem Obeigericht, rheil«
unter einem, diesem, nicht untergebenen Untcrgericht stehen.
64
. jedes einzelnen, feinen Wohnort, und das Obergcricht, in dessen Bezirk derselbe
sich befindet; dk) den Namen und sonstige nähere Bezeichnung sammtlichcr
Verklagten, bei jedem unter Angabe seines Wohnorts, des Gerichts, bei welchem
derselbe seinen ordentlichen persönlichen Gerichtsstand hat, wenn aber aus beson
dern Gründen ein anderer Gerichtsstand eintrete» sollte, des Gerichts, bei wel
chem derselbe begründet ist, und falls der Beklagte den ordentlichen persönlichen
oder den besondcrn Gerichtsstand bei einem Untcrgerichte hat, unter Bezeichnung
des vorgesetzten Obergerichts;
e) den Gegenstand der Sache, sowohl dem Klagegrunde, als dem Klageanträge nach; u.
ei) die Gründe, durch welche die Wahl des einen oder andern Gerichts getechtfertigt
werden dürfte.
Sind in einem Jnjurienprozcß >) Zivil- u. Militairpersonen als Beklagte bethei
ligt, so ordnet die Zivil - u. Militairbchörde gemeinschaftlich ein gemischtes Gericht an.
Durch Konkurseröffnung entsteht für alle gegen den Gemeinschuldner gerichteten
Klagen ein und derselbe Gerichtsstand, und die gegen ihn bereits schwebenden Pro
zesse werden an das den Konkurs dirigircnde Gericht gezogen. — A. G. O. z. 13ti
bis 141. — Res», vom 9. Nov. 1839. I. M. B. S. «64.
3. Wegen verweigerter oder verzögerter Rechtspflege. — Verweigert
oder verzögert ein Gericht die Rechtspflege, so kann die betheiligte Partei bei dessen
vorgesetzten Instanz Hilfe suchen. Dem vorgesetzten Obergericht steht es dann zu,
nach feinem Ermessen das gehörige Gericht durch Zwangsmittel zu seiner Schuldig
keit anzuhalten, oder den Prozeß demselben abzunehmen, und entweder vor sich zu
ziehen, oder einem benachbarten Gericht zur Instruktion und Entscheidung zu über
tragen. — s. 142 A. G. O.
4. Wegen gegründeten Verdachts gegen den gehörigen Richter.
I. Jeder Richter muß sich der unmittelbaren Bearbeitung eines Rechtsstreits
enthalten :
») wenn seine Tattin Partei, oder er selbst bei dems. persönlich bctheiligt ist, 2) od.
b) wenn er mit einer Partei in auf- oder absteigender Linie oder bis zum vierten
Grade einschließlich in der Seitenlinie verwandt oder verschwägert ist;
c) wenn er einer der streitenden Parteien in der Sache Rath ertheilt hat;
ck) wenn er in der Sache als Zeuge zu vernehmen ist;
e) wenn er mit einem die Sache bearbeitenden Justizkommissario in ab- oder auf
steigender Linie, oder als Bruder oder Schwager verwandt ist. Ferner darf
t) ein Richter bei Entscheidung einer Sache in fernerer Instanz nicht mitstimmen,
wenn er bereits in früherer Instanz als Richter mit erkannt hat.
Ein Richter kann freiwillig die Bearbeitung ablehnen, und, sobald eine
Partei es beantragt, muß er es thun,
8) wenn er, ohne Partei zu sein, doch beim Ausfalle des Prozesses ein nahes, oder
auch nur ein entferntes Interesse hat; «)
>) Andere Prozesse der Militairpersonen gehören vor die Zivilgerichte, eine Mit
wirkung der Militairbchörde ist bei denselben nicht nöthig.
») Der Richter ist auch dann persönlich betheiligt, wenn er als Mitglied oder
Ossizianr einer Korporation an einem Rechtsstreite derselben Theil nimmt. —
Rescr. vom 22. Juli 1815. Jahrb. 6, S. 13.
») Es versteht sich von selbst, daß dahin nicht Belehrungen gehören, welche der
Richter im Laufe des Prozesses als Deputirter oder Decerncnt zum Zwecke von
Jnformations- Einziehung oder der Prozeßinstruktion der Partei ertheilt hat,
da er bei Ertheilung derselben in seinem Amte handelte.
«) Dahin gehören z. B. die Fälle, wenn der Richter wegen der fr. Forderung als
Obervormund oder sonst Regreß zu besorgen hat. — Lf. Rest. v. 3«. Jan. 1797.
Stengel, Bd. 11, S. 198. - Rest. v.27. Nov. 1S07. Mgthis, Bd. 5, S.277,
«5
K) wenn er mit einer Partei oder deren nahen Verwandten verlobt ist, oder in
Heirathsuntcrhandlungcn steht;
i) wenn ein Prozeß über eine Angelegenheit vorliegt, in welcher er früher durch
Rath und That mitgewirkt hat; >)
K) wenn er mit einer Partei in offenbarer Feindschaft lebt; 2)
I) wenn bei einem Untergericht der Richter im 5tcn oder 6ten Grade der Seiten»
linie verwandt oder verschwägert ist. — Beim Obergericht hat ein solcher Richter
zwar Votum, doch kann, wenn die Stimmen getheilt sind, seine Stimme zum
Besten seines Verwandten niemals den Ausschlag geben;
m) wenn der Richter an der Einleitung oder dem Betriebe eines Prozesses als
Mitglied einer Vormundschafts- «) oder Lehnsbehörde oder als Kurator einer
Kasse Theil genommen hat.
Bloße Vermuthungen der Parteien, daß sie von dem Gerichte kein günstiges
Urtel zu erwarten hätten, wenn sie auch dieses Mißtrauen eidlich erhärten wollten
(juramentum perkorreseeotise), 4) «nd Verwandtschaft in entfernterem, als dem
öten Grade der Seitenlinie, verdienen keine Rücksicht.
II. Wenn der Richter, welchem einer der sub I. .1 — m verzeichneten Perhor-
rescenzgründe entgegensteht, ihn nicht selbst berücksichtigt und rcsp. anzeigt, so hat
die Nachtheil besorgende Partei die Befugniß, entweder beim Gerichtsvorgesetzten,
oder bei der höheren Behörde, nöthigenfalls unter Bescheinigung seiner Angabc, da«
von Anzeige zu machen, und Anträge zu formiren. 5)
III. Ein solcher Pcrhorrescenzgrund hat bei kollegialischen Gerichten in der
Regel nur zur Folge, daß der Richter, welchem er entgegensteht, sich der Bearbei
tung der Sache und namentlich bei Abfassung des Erkenntnisses und bei Aufnahme
der Verhandlungen, welche nothwcndig vor dem erkennenden Richter erfolgen sollen,
sich aller Theilnahme enthalten muß. Die Abgabe eines Prozesses ist daher bei
Gerichten, bei welchen mehre Richter fungiren, nicht nöthig, wenn außer den Mit
gliedern, welchen ein Perhorrescenzgrund entgegensteht, noch die zur Abfassung des
Erkenntnisses erforderliche Zahl von Mitgliedern übrig bleibt. °) Es genügt, daß
1) S. B. wenn er als Freund oder Verwandter Privatcrbtheilungen regulirt,
Ehepakten, Testamente abgefaßt, Vergleiche gestiftet hat u. dgl., und später
darüber ein Prozeß entsteht. — §. 14, Tit. 3, III. A. G. O.
2) Als Beispiele, in denen offenbare Feindschaft zu vermuthen, nennt das Gesetz
(A. L. R. II. I«, §. 144 — 146) die Fälle, wenn gerichtliche Anschuldigung
grober Verbrechen; verübte Thätlichkeiten gegen das Leben oder die Gesundheit;
ehrenrührige Schmähungen, und Prozesse über einen beträchtlichen Theil deS
Vermögens als Grund genannt werden. Doch schließen diese Beispiele andere
gleich oder ähnlich begründete Fälle nicht aus.
») Hat der Kurator einer Masse nach dem Beschlüsse der Gläubiger, oder aus
eigener Befugniß eine Klage angestellt, so folgt aus dem Umstände, daß dies
unter der Direktion, «der Vorwissen und formeller Genehmigung des Gerichts
geschieht, noch nicht, daß das Letztere bei der Sache bctheiligt, oder ein Per-
horrescenzgesuch gegen dasselbe begründet ist. — Jnftr. vom 7. April 1839,
Nr. IS, III. GS. S. 133.
«) Dies ^ursmenwm hatte der gemeine Prozeß aus dem kanonischen Recht, und
zwar aus der c. 11 in VI. cke reser. „uisi impetrsns <Io prseäiet« timors
— primo ückom juäi« tsoist; ssltom p«r proprium ^ursmeutum,"
entlehnt.
«) Die Partei ist Behufs Anbringung der Rekusation an eine bestimmte Zeit
' ' nicht gebunden; sie kann das Gesuch mithin in jeder Lage des Prozesses, selbst
nach Abschluß der Instruktion anbringen.
») Bleiben bloß zwei unbetheiligte Mitglieder übrig bei Gerichten, welche mit drei
Mitgliedern besetzt sind, und es ist auch kein für solche Fälle ernannter Ver
treter vorhanden, so ist in den nach dm Geschm vom 1. Juni 1SSZ und 9.
5
66
Zene vom Mitstimmen ausgeschlossen werden. — Außerdem ist: s) wenn in einem
Mandats- oder Bagatellprozesse der Verklagte das Mandat oder die Vorladung in
Rechtskrast übergehen läßt, ohne daß ein förmliches Erkenntniß abgefaßt wird;
b) wenn in Konkursen, Liquidations - und Prioritätsprozessen der Anspruch des Li
quidanten weder in Hinsicht der Verität noch der Priorität zur Kontestation kommt,
die Abgabe der Sache an ein substituirtes Gericht wegen eines Perhorreszenzgrun-
des nicht gerade erforderlich, und o) in summarischen und Bagatell-Prozeßsachen ist
die Klagebeantwortung aufzunehmen, und das Resultat des ersten Termins abzu
warten, ehe die Abgabe an das substituirte Gericht erfolgt. Eine Ausnahme von
dieser Regel trit nur dann ein, wenn kein ganz unbetheiligter Deputirter des Ge
richts vorhanden ist, dem die Abhaltung des Termins aufgetragen werden kann.
IV. Doch kann s) wenn einer der sg Is bis ck und F bis K verzeichneten
Perhorreszenzgründe den Präsidenten oder Dirigenten des Gerichts selbst trifft, die
den nachtheiligen Einfluß besorgende Partei darauf antragen, daß das sonst kompe
tente Gericht die Sache abgebe; b) Falls der Präsident oder Dirigent des Gerichts
selbst Kläger, Beklagter, Jntervenient oder Litisdenunziat ist, steht ihm frei, wenn
er dadurch seinem Gegner den Verdacht einer obwaltenden Parteilichkeit zu beneh
men nöthig findet, die Abgabe der Sache selbst zu verlangen; «) Schwebt der
Prozeß bei einem Untergericht, welches nur mit einigen Mitgliedern besetzt ist; so
steht, wenn in einem bei demselben anhängigen Prozeß eines dieser Mitglieder als
Kläger, Beklagter, Jntervenient oder Litisdenunziat verwickelt wird, sowohl dessen
Gegner, als dem betreffenden Mitglied frei, die Abgabe der Sache zu verlangen.
V. In den Fällen, in welchen wegen des den Präsidenten eines ObergerichtS
treffenden Perhorreszenzgrundes das Obergericht den Prozeß abgiebt, wird dieser
von dem, die Geschäfte des Geh. Justiz-Raths bearbeitenden, Jnstruktionssenat des
Kammergerichts instruirt und entschieden. Geschieht jedoch die Abgabe lediglich auf
Antrag des Präsidenten selbst, so kann dieser die Überweisung des Prozesses an ein
«nderes Obergericht verlangen.
Giebt in andern Fällen ein Obergericht oder auch ein Untergericht in Folge
Perhorreszenzgrundes einen Prozeß ab, so geht derselbe an das dem perhorreszirten
Gericht vom Justizminister, oder auf dessen Anweisung vom vorgesetzten Obergericht
ein für allemal substituirte oder zu substituirende Gericht über, welches an Stelle
des Ersteren die Sache bearbeitet und das Erkenntniß abfaßt. ') — A. G. O. Tit.

Feb. 1817 behandelten Sachen das dem Einzelnrichter vorgeschriebene Verfahren


zu beobachten. — Berordn. vom 1. Juni 183Z, z. 73 (GS. S. S7).
*) Die Substitution der Obergerichte ist dahin geordnet, daß als erkennende Be
hörden eintreten sollen für die Sachen aus dem Departement!
des O. L. G. zu Halberstadt der l. und resp. II. Senat des O. L. G. zu
Magdeburg;
des O. L. G. zu Naumburg de« I. und resp. II. Senat des O. L> G. zu
Halberstadt;
des O. L. G. zu Hamm, Paderborn und Arnsberg der l. und resp. II.
Sen. des O. L. G. zu Münster;
des O. L. G. zu Münster der I. und resp. II. Senat de« O. «. G. zu
Paderborn;
des O. L. G. zu Ratibor und zu GlögaU der l. und resp. II. Senat de«
O. L. G. zu Breslau;
des O. L. G. zu Breslau der t. und resp. II. Senat des O. L. S. zu
Glogau;
des Jnstr.-Senats des Ksmmetgerichts der l. und resp. II. Senat des
O. L. G. zu Frankfurt;
des O. L. G. zu Frankfurt der Anstruktions« und resp. Appellationi-Tenat
des KammexgerichtSz
«7
s, I. z. 14S— 147. Anh. §. 4«; m. 3, z. 12—17. — Verordn. vom 14. Dec.
1833, §. 5, Rr. 5 — 7 (GS. S. 302). — Deklar, vom 6. April 1839, Art, Z,
Nr. 3; Art. 17. GS. S. 126. — Jnstr. vom 7. April 1839, Nr. 15. GS.
S. 133. — Cab.-Ord.v«m 29. März 1836. Jahrb. 47, S. 31S. GrSff lv, S. 100.
5. Außerordentlicher Gerichtsstand des Vertrages. >)
I. Dieser Gerichtsstand ist in Fällen, in denen im Kontrakte bestimmt ist,
wo die übernommene Verbindlichkeit erfüllt werden soll, am Orte der stipulirtcn
Erfüllung, in andern Fällen aber da, wo der Vertrag seine verbindliche Kraft er
halten hat. 2)
II. In der Regel ist der ordentliche Richter dieses Orts der kompetente, bei
Klagen gegen persönlich Eximirte (im weiteren Sinn) aber derjenige Richter, bei
welchem Eximirte desselben Orts oder Distrikts belangt werden müssen.
III. Im Gerichtsstande des Kontrakts kann sowohl auf Erfüllung als auf
Aufhebung des Vertrags geklagt werden. Doch ist die Klage nur dann daselbst
begründet, wenn der zu belangende Kontrahent sich im Bezirk dieses Gerichtsstandes
antreffen läßt. »)
IV. Übrigens hat Klager nur die Befugniß, und niemals die Pflicht, im Ge
richtsstände des Kontrakts zu klagen. Es steht ihm frei, seine Klage im ordent
lichen persönlichen oder dinglichen Gerichtsstände anzustellen.
V. Bei Klagen gegen Pächter auf Rückgewähr müssen diese auch nach ihrem
Abzüge bei denselben Gerichten Recht nehmen, welchen sie während der Dauer der
Pacht in den darüber entstandenen Prozessen unterworfen waren (ck. z. 19, Nr. 5).
A. G. O. I. 2, K. 148—153. Anh. 8- ö.
6. Der Gerichtsstand der Verwaltung ist:
s) in dem Falle, wenn Jemand entweder aus eigener Bewegung, oder auf An
suchen des Eigenthümcrs fremdes Gut oder Vermögen verwaltet hat, derjenige,
untet welchem diese Verwaltung stattfand. Der Verwalter Muß bei diesem Gc»
des Ö. L. G. zu Stettin: statt des I. Senats das O. L. G. zu Köslin,
statt des II. Senats der Ob.-Appellations-Senat desKammergerichtsz
des O.L. G. zu Köslin der I. und resp. II. Senat des O. L. G. zu Stettin,
des O. L. G. zu Posen das O. L. G. zu Bromberg;
des O. L. G. zu Bromberg das O. L. G. zu Posen;
des O. L. G. zu Königsberg das O. L. G. zu Marienwerdcr;
deö O. L. G. zu Marienwerder und Jnsterburg in Sachen I. Instanz
das O. L. G. zu Königsberg, in Sachen II. Instanz das Tribunal
zu Königsberg. —
Rcscr. vom II. Juli 1835. Jahrb. 46, S. 116. Gräff S, S. 175. —
Rescr. vom 14. Nov. 1839. I. M. B. S. 385.
>) Der g. 148, Tit. 2, I. A. G. O. betrachtet als Grund dieses Gerichtsstandes
die Einwilligung der Kontrahenten und namentlich des Btkl. Kontraktähnliche'
Fälle gehören jedoch hierher nicht. Der Gerichtsstand der Verwaltung ist ei«
Ausnahmsfall, in welchem durch kontraktähnliches Verhältnis, ein Forum de«
gründet wird.
2) Auf Grund diefer Bestimmung sind die Gerichte befugt, Klagen aus Versiche
rungsverträgen gegen solche auswärtige Feucrversicherungsgesellschaften des Jn-
oder Auslandes vor sich zu ziehn, deren an dem Orte des Gerichts wohnende
Agenten dem Forum des Gerichts persönlich unterworfen sind, und die Versi
cherungsverträge daselbst abgeschlossen haben. — Rescr. vom 11. Okt. I8ZS.
Jahrb. 52, S. 474. Grüff 12, S. IIS.
») Wenn es daher auch in einem Wechsel heißt: „zahlbar aller Orten, wo ich
oder meine Güter anzutreffen sind," so ist der Gerichtsstand des Kontrakts da
nicht begründet , wo sich mir die Güter, nicht aber die Person des Schuldners
befindm.
richtsstanbe sich auf die wegen solcher Administration angestellten Klagen ein
lassen. >) Doch kann der Kläger den Verwalter auch in dessen ordentlichem
Gerichtsstande belangen,
d) Hat Jemand auf obrigkeitlichen Befehl sich der Verwaltung unterzogen, so kann
er deshalb, wenn ss) die, die Verwaltung anordnende, Behörde Gerichtsbarkeit
hat, nur bei dieser belangt werden; bb) im andern Falle gilt auch hier das
sck s Gesagte; oe) Glaubt aber der Eigenthümer, daß ihm durch die Anord
nung der Administration, oder durch die Art derselben, zu nahe geschehn, so
muß er bei der dieser Obrigkeit vorgesetzten Instanz rechtliche Hilft nachsuchen.
Der Gerichtsstand der Verwaltung hört auf, wenn die Administration völlig
beendigt, und der Verwalter über die gelegte Rechnung quittirt ist. 2) Wenn
daher nur ein aus der quittirten Rechnung verbliebener Rückstand gefordert, oder
eine ertheilte Quittung angefochten wird, so kann dies nicht beim vormaligen Ge
richtsstande der geführten Verwaltung geschehen. — A. G. O. s. 2, §. 154—158.
7. Außerordentlicher Gerichtsstand durch Prorogation. — Durch
Prorogation, d. h. durch Anhängigwerden des Prozesses in Folge Einlassung des
Beklagten auf die Klage, wird nicht unbedingt ein Gerichtsstand begründet. Jedes
Gericht ist vielmehr schuldig, sorgfältig zu prüfen, ob die angebrachte Klage vor
seinen Gerichtsstand gehöre. Im entgegengesetzten Fall muß es dieselbe sofort an
den kompetenten Richter verweisen, und darf nicht den Versuch machen, ob etwa
seine Gerichtsbarkeit durch Prorogation begründet werden möchte. Es muß jedoch
I. in Folge nothwendiger Prorogation ein Kläger in eben dem Gerichts
stände, wo er seine Klage angestellt hat, sich auch auf eine vom Beklagten erhobene
Widerklage dann einlassen:
s) wenn diese in demselben Prozesse verhandelt, oder
d) wenn die spätestens im Jnstruktionstermine angebrachte Widerklage zum beson
dern Prozesse verwiesen wird, und nicht nothwendig vor ein dingliches Forum
oder vor den besonderen Gerichtsstand gewisser Angelegenheiten oder Geschäfte
(§. 33) gehört.
II. Durch freiwillige Prorogation wird ein besonderer Gerichtsstand be
gründet, wenn ein nicht kompetenter Richter
») um deshalb, weil er sich mit einigem Grund für den kompetenten Richter hält, oder
d) in Folge der vom Kläger noch vor Erlaß der Vorladung beigebrachten Erklä
rung des Beklagten, daß dieser sich die Prorogation gefallen lasse, den Prozeß
einleitet, und Beklagter, ohne die Inkompetenz zu rügen, die Klage beantwortet.
Der Beklagte kann dann im Fortgange des Prozesses nicht mehr verlangen, daß
die Sache an das gehörige Gericht verwiesen werde.
Hat ein ungehöriger Richter aus Vorsatz oder grobem Verschen einen nicht
»or ihn gehörigen Prozeß eingeleitet, so entsteht zwar daraus, wenn nur der Be
klagte in der Folge sich wirklich eingelassen hat, Z) keine Nullität desselben. Doch
wird ein solcher Eingriff in fremde Jurisdiktion von der vorgesetzten Behörde gerügt,
«nd dem kompetenten Richter zur Erstattung der ihm entzogenen Gebühren ver-
Holfen. —
Eine Prorogation findet jedoch niemals statt:
4) wenn dem Gerichte, dessen Gerichtsstand durch die Prorogation begründet wer-
») Der Umstand, daß der Verwalter ein Ausländer, ändert die Sache nicht.
Auch Ausländer müssen diesen Gerichtsstand anerkennen. — Rescr. vom 10.
Juli 1826. Gr äff, Koch ,c. III. Supxl.-Bd. S. 35.
2) Der Tod des Verwalters an sich hebt die« Forum nicht auf; dessen Erben
müssen dasselbe ebenfalls anerkennen.
KontUmazialerkenntniS sann dkMNgch in diffM Fall? giltig nicht eintreten.
«9
den soll, dle Befugniß nicht zusteht, über solche Gegenstände und Geschäfte, als
die im Streit befangen sind, zu erkennen, ') und
2) wenn die Landesgesetze die Prorogation ausdrücklich untersagen. ?) Ist in einer
Sache, welche einem dieser beiden Fälle unterliegt, vom ungehörigen Richter
dennoch verhandelt und erkannt, und die Verhandlung oder Erkenntniß wird in
der Folge wegen Unzulässigkeit aufgehoben, so muß dieser Richter, wenn bei sei
ner Anmaßung Vorsatz oder grobes Versehen zum Grunde liegt, von der vor,
gesetzten Behörde zur Erstattung fämmtlicher den Parteien erwachsener gericht«
licher und außergerichtlicher Kosten angehalten werden. — A. G. O. I. 2,
159—165; 19, §. 4, 9, 17.
Gerichtsstand in der Provinz Posen.
§. 35. Im Großherzogthum Posen sind theils, weil der eximirte persönliche
Gerichtsstand daselbst fehlt, theils wegen der besondern Gerichtsverfassung in Kiefer
Provinz, die Gerichtsstandsverhältnisse abweichend geregelt. Es gehören daselbst:
I. Vor die Oberlandesgerichte (Posen und Bromberg):
1) als dinglichem Gerichtsstand s) alle Prozesse, welche die in ihrem De
partement belegenen Domainen, Rittergüter und die nach der landschaftlichen
Kreditordnung zur Aufnahme von Pfandbriefen geeigneten üblichen Güter, und
die in Bezug auf dicfelben gemachten Realansprüche 5) betreffen. Doch können
vom Oberlandesgericht minder wichtige Sachen dem betreffenden Land- und
Stadtgericht zur Instruktion und Entscheidung delegirt werden; d) alle Kon
kurs-, Liquidations- und Güterabtretungsprozesse, wenn ein zum Hypothekenbuch
des Oberlandesgerichts gehöriges Gut einen Theil der Masse ausmacht.
2) Als persönlichem Gerichtsstande s) die Instruktion und Entscheidung
aller Prozesse in erster Instanz, welche nach dem ursprünglichen Klageantrage
mehr als 500 Thl. Cour., oder b) welche Objekte, die nach Velde geschätzt, einen
Werth von 500 Thl. Eour. übersteigen, oder o) Regalien oder wichtige Gerecht
same betreffen. Zu diesen sind auch zu zählen sa) alle Streitigkeiten über
Standes-, Familien- ^) und Ehrenrechte, ^) wenn diese unmittelbar festgestellt
werden sollen, und nicht blos über einen aus denselben entspringenden, nach
Gelde zu veranschlagenden Vermögensanspruch zu erkennen ist, db) Eheschei
dungsprozesse, in so weit sie nicht vor die geistlichen Gerichte gehören. An die
Untergerichte dürfen nur einzelne Theile des Prozesses, namentlich der Sühne
versuch, die Regulirung des Jnterimistizi und die Aufnahme des Beweises über
tragen werden, cc) Blödsinnigkeits - und Prodigalitätserklärungen, ckck) Todes
erklärungen.
Hierher gehören alle vor Spezialfora gewiesenen Angelegenheiten. — Lk. Z. SZ,
Nr. 1—7.
2) Dies ist in Betreff der Ehefcheidungsprozesse durch Gesetz vom 25. Feb. 183Z,
(GS. S. 24) geschehen.
») Hypothekenforderungen, welche auf «blichen und dergl. Gütern haften, können
mithin im dinglichen Gerichtsstande eingeklagt werden, und falls Schuldner
nicht zugleich persönlich verpflichtet ist, gehört die Klage nur vor das dingliche
Forum, also vor das Obergericht. Ist der Schuldner zugleich persönlich ver
pflichtet, und die Summe übersteigt nicht 500 Thl., so hat Kläger zwischen
dem dinglichen Obergericht und dem persönlichen Untergericht die Wahl.
«) S.B. Streitigkeiten über Annahme an Kindesstatt, über die Rechtmäßigkeit der
Kinder in den Fällen des Abschn. 1, Tit. 2, II. A. L. R.; über die Beilegung
der Rechte der ehelichen Geburt in den Fällen der §. 592—600 das.; über die
Beilegung der Rechte einer geschiedenen für den schuldigen Theil erklärten Ehefrau
in den Fällen der 8. 1Y3S— 1037; s> 1042—1049; z. 105S— 1057 g. a. O.
«) 3. B. Patronat.?

Bei diesem persönliche» Gerichtsstande wird auf eine Veränderung des ursprüng
liche» Klageantrages nach erfolgter Behändigung, und auf den Gegenstand der vom
Beklagten erhobenen Widerklage nicht Rücksicht genommen. Eigentliche Wider
klagen, >) welche Gegenstände der Realjurisdiktion betreffen, werden an den ding
lichen Gerichtsstand verwiesen. Sind mehre persönliche, zusammen über 5<X) Tbl.
betragende Ansprüche Gegenstand einer Klage, so ist das Oberlandesgericht kom
petent, wenn entweder diese Ansprüche aus dem nämlichen Rechtsverhältnisse her
rühren, oder wenn sie zwar aus verschiedenen Rechtsgeschäften oder Handlungen
entsprungen sind, wenn jedoch die aus einem Rechtsgeschäft «der aus einer
Handlung entsprungenen 5<X> JHl. übersteigen.
II. Sur Kompetenz der Land- und Stadtgerichte gehören:
1) als dinglichem Gerichtsstände alle Prozesse, mit Einschluß der Konkurs-, Liqui-
dations-, Subhastations - und Güterabtrctungsprozesse, welche städtische oder
bäuerliche Grundstücke, oder Güter, die nicht unter die Kategorie der »t! I. 1 s
genannten gehören, oder Rcalansprüche an solche Grundstücke oder Güter be
treffen, ohne Unterschied der Höhe des Streitgegenstandes;
2) als persönlichem Gerichtsstände alle Rechtsstreitigkeiten über Gegenstände, deren
Betrag oder Werth nach dem ursprünglichen Klageantrage 5lX> Thl. nicht über
steigt, oder über Gerechtsame, welche nicht revisionsfähig sind. — Dadurch, daß
der ursprünglich 5<X> Thl. nicht übersteigende Betrag des Klageantrages im
Laufe des Prozesses 2) über diese Summe erhöht wird> erfolgt keine Änderung
des Gerichtsstandes.
Sind mehre jedoch aus verschiedenen Rechtsgeschäften oder Handlungen herrüh
rende Ansprüche, welche zusammen 500 Thl. übersteigen, Gegenstand eines Pro
zesses, so ist das Land- und Stadtgericht dann kompetent, wenn die aus ein und
demselben Rechtsverhältnisse entspringenden Ansprüche durchweg nicht über 500 Thl.
betragen. — In Bezug auf den ordentlichen Gerichtsstand gewisser Angelegenheiten
und Geschäfte, und auf den außerordentlichen Gerichtsstand kommen auch im Groß-
herzogthum Posen die Bestimmungen H. 33 und 34 zur Anwendung, in so weit
nicht etwa daselbst beim Mangel der persönlichen Exemtion eine daraus fließende
Modifikation cintrit. — Berordn. vom 16. Juni 1834. GS. S. 75. — Bckanntm.
vom 11. März 1835. Jahrb. 48, S. 55. — Rescr. vom 30. Juni 1835. Jahrb.
45, S. 428. — Rescr. vom 6. Febr. 1836. Jahrb. 47, S. 310.
Von der Prävention.
§. 36. Wenn cinc Klage bei mehr als einem Gerichte angestellt werden kann,')
so hängt es von der Wahl des Klägers ab, an welches derselben er sich wenden
wolle, und es findet in jedem Falle unter diesen Gerichten die Prävention statt.-
Diese aber hat dasjenige Gericht, dessen Vorladung dem Beklagten zuerst zugestellt,
oder wenn es eine Ediktalladung ist, zuerst in den öffentlichen Blättern bekannt
gemacht worden ist. — A. G. O. I. 2, z. 166.
Von Schiedsrichtern,
ß. 37. Rcchtsstreitigkeitcn sollen zwar in der Regel von dem zuständigen
Richter entschieden werden. Es giebt jedoch I. Fälle, in denen durch Gesetz ein
Ausspruch durch Schiedsrichter angeordnet ist, und II. können Parteien, den«n über
1) D. h. solche, welche mit der Vorklage nicht in ein und demfelben Prozesse ver
handelt werden.
2) Jedoch nach Klagebchändigung. Erfolgt die Erhöhung vorher, st muß die Sache
dem Obcrlandesgericht abgegeben werden.
'S) tt. z. B. 8. 34 sub ö; Z. S2 sub M.Z 8. SV s<j IV.j §. 2t «. ß, w, , z
71
einen streitigen Gegenstand die völlig freie und uneingeschränkte Disposition zusteht,
die Entscheidung des darüber obwaltenden Streits durch eigene Willenserklärung
einem schiedsrichterlichen Ausspruche unterwerfen.
I. Fälle der ersteren Art sind folgende: >)
1. Irrungen, welche zwischen der Regierung und den Ständen über die
Auslegung der Verfassung, «der über die Grenzen der bei Ausübung bestimmter
Rechte des Regenten den Ständen eingeräumten Mitwirkung, namentlich durch
Verweigerung der, zur Führung einer, den Bundespflichten und der Landesverfas-
sung entsprechenden Regierung erforderlichen Mittel, entstehen möchten, gehören,
wenn dieselben im verfassungsmäßigen und mit den Landesgesetzen vereinbarlichen
Wege nicht beseitigt werden, auf Grund Bundesbeschlusscs zur Entscheidung des
Bundesschiedsgerichts, bevor die Dazwischcnkunst des Bundes selbst nachge-
sucht wird.
Ferner, wenn Reklamationen der mittelbar gewordenen Reichsstände, «der
der Glieder des vormaligen unmittelbaren Reichs adels gegen die zur Vollzie,
hung de« Art. 14 der Bundesakte 2) erlassenen landesherrlichen Verordnungen bei
!) Die angeführten sind nur einzelne Fälle. Durch Partikulargesetze, Hausgesetze,
Statuten oder rechtsverbindliche Observanzen mögen noch viele andere Fälle
der Art begründet sein.
2) Art. 14 der Bundesakte vom 8. Juni 1815 : Um den im Jahre 1806 und
seitdem mittelbar gewordenen ehemaligen Reichsständen und Reichsangehörigen
in Gemäßheit der gegenwärtigen Verhältnisse in allen Bundesstaaten einen
gleichförmig bleibenden Rechtszustand zu verschaffen, so vereinigen die Bundes
staaten sich dahin: ») daß diese fürstlichen und gräflichen Häuser nichts desto
weniger zu dem hohen Adel in Teutschland gerechnet werden, und ihnen das
Recht der Ebenbürtigkeit in dem damit bisher verbundenen Begriff verbleibt,
b) Sind die Häupter dieser Häuser die ersten Standesherrn in dem Staate,
zu dem sie gehören; sie und ihre Familien bilden die privilegirteste Klasse in
demselben, insbesondere in Ansehung der Besteuerung, c) Es sollen ihnen
überhaupt in Rücksicht ihrer Personen, Familien und Besitzungen alle die Rechte
und Vorzüge zugesichert werden oder bleiben, welche aus ihrem Eigenthume
und dessen ungestörten Genuß herrühren, und nicht zu der Staatsgewalt und
zu den höheren Regierungsrechten gehören. — Unter vorbenannten Rechten
sind insbesondere und namentlich begriffen : 1) die unbeschränkte Freiheit, ihren
Aufenthalt in jedem zu dem Bunde gehörenden oder mit demselben in Frieden
lebenden Staate zu nehmen. 2) Werden nach den Grundsätzen der frühere»
teutfchcn Verfassung die noch bestehenden Familienverträge aufrecht erhalten,
und ihnen die Befugniß zugesichert, über ihre Güter und Familienverhältnisse
verbindliche Verfügungen zu treffen, welche jedoch dem Souvcrain vorgelegt,
und bei den höchsten Landesstellen zur allgemeinen Kenntniß und Nachachtung
gebracht werden müssen. Alle bisher dagegen erlassenen Verordnungen sollen
für künftige Fälle nicht weiter anwendbar sein. 3) Privilegirter Gerichtsstand
und Befreiung von aller Militairpflichtigkeit für sich und ihre Familie. 4) Die
Ausübung der bürgerlichen und peinlichen Gcrechtigkeitspflege in erster,
und wo die Besetzung groß genug ist, in zweiter Instanz, der Forstgerichts
barkeit, Ortspolizei, und Aussicht in Kirchen- und Schulsachen, auch über milde
Stiftungen, jedoch nach Vorschrift der Landesgesetze, welchen sie, sowie der
Militairverfassung und der Oberaussicht der Regierungen über jene Zuständig
keiten unterworfen bleiben.
Dem ehemaligen Reichsadel werden die sub Nr. 1 und 2 angeführten
Rechte, Antheil der Begüterten an Landftandschaft, Patrimonial- und Forstge
richtsbarkeit, Ortspolizei, Kirchenpatronat und der privilegirte Gerichtsstand
zugesichert. Diese Rechte werden jedoch nach der Vorschrift der Landesgesetze
ausgeübt. — In den durch den Frieden von Lüneville vom 9. Febr. 1801 von
Teutschland abgetretenen und jetzt wieder damit vereinigten Provinzen werden
bei Anwendung der obigen Grundsätze auf den ehemaligen unmittelbaren Reichs
adel diejenigen Beschränkungen stattfinden, welche die dort bestehenden besonder»
Verhältnisse nothwendig machen. — GS. für ISIS, S. 14S. des Anh.
72
der Bundesversammlung eingehen, soll, nach Instruktion des Streitfalls durch da«,
für andere Rechtssachen des Reklamanten zuständige Obergericht, die Bundesver
sammlung entweder selbst definitiv entscheiden, oder die Entscheidung dem Bundes
schiedsgericht auftragen.
Was die Wahl dieses Schiedsgerichts betrifft, so hat jede der siebzehn Stimmen
des engeren Rothes der Bundesversammlung aus den von ihr repräsentirten Staa
ten zwei durch Charakter und Gesinnung ausgezeichnete Männer, welche durch
mehrjährigen, Dienst hinlängliche Kenntnisse und Geschäftsbildung, der eine im juri
dischen, der andere im administrativen Fache erprobt haben, gewählt. Aus der Liste
diefer 34 Spruchmänner wählt für jeden einzelnen Fall die Bundesversammlung
durch Stimmenmehrheit vier Mitglieder für das Schiedsgericht, und von diesen
vier, bei Stimmengleichheit unter ihnen aber, von der Bundesversammlung, wird
ein fünftes Mitglied als Obmann bestimmt. — Bundesbeschlüsse vom 15. Sept.
1842 und vom 30. Ott. 1834, nebst Publ.- Patent vom 7. Juni 1843. GS. für
1843, S. 269.
2. Über Streitigkeiten, betreffend die nach Maßgabe der Verordn. vom 21. Jan.
1837 stattgefundenen Dispositionen der Mitglieder der rheinischen Ritterschaft ent
scheidet das dafür eingesetzte Schiedsgericht mit Ausschluß der ordentlichen Gerichts
höfe. GS. 1837, S. 9.
3. Streitigkeiten der Allensteiner Korporation als Unternehmerin von Melio
rationsanlagen mit Privaten werden dann, wenn dieselben nur die Feststellung des
Entfchädigungsquanti für abgetretene Grundstücke oder Gerechtigkeiten, oder für
aufgegebene oder geschmälerte Nutzungen betreffen, von zwei Schiedsrichtern, von
denen jede Partei einen aus der Zahl der dazu durch den Oberpräsidenten bestä
tigten und vereideten Männer wählt, entschieden. Sind beide Schiedsrichter nicht
einig, so wird ein Obmann gewählt, welcher mit diesen über die Entscheidung sich
»ereinigt und event. diese allein ausspricht. Gegen den Ausspruch der Schiedsrichter
resp. des Obmanns steht kein Rechtsmittel zu. — §. 31—33 des Stat. vom IS.
Mai 1843. GS. S. 277.
4. Bei Streitigkeiten über gegenseitige Rechte und Verbindlichkeiten zwischen den
neuerrichteten ProvinHial-Feuersozictäten und den Assoziirten, in sofern der
Streit nicht die Frage betrifft: ob der Assoziirte rücksichtlich eines ihn betreffenden
Schadens überhaupt als zur Sozietät gehörig zu betrachten, oder aber ihm
überhaupt eine Brandentschädigungsvergütigung zu versagen sei oder nicht? (in
welchem Falle der gewöhnliche Rechtsweg eintrit,) steht dem Betheiligten gegen die
Entscheidung der Direktion nur der Rekurs oder die Berufung auf schiedsrichterliche
Entscheidung zu. — §. 94 des Feuersozietäts-Reglm. der Grafschaft Hohnstein vom
27. März 1843. GS. S. 161. — Z. 107 des Reglem. für die Rheinprovinz vom
S. Jan. 1836. GS. S. 13. — Reglem. für die Provinz Posen vom 5. Jan.
1836, §. 107 fg. GS. S. 8Z. — Reglem. für Ostpreussen vom 3V. Dec. 1837,
§. 99 fg. — Reglem. für Sachsen vom 18. Febr. 1833, S. 1«7 fg.; vom 5. Aug.
1838, §. 1«9. Für die Kur- und Neumark vom 19. Sept. 1838. GS. für 1838,
S. 97, 125, 153, 2«1, 231, 313, 381 und 449.
5. Bei andern Assekuranzstreitigkciten soll so viel, als möglich, dahin gewirkt wer
den, daß die Parteien Schiedsrichter wählen, und daß die Sache in erster Instanz
durch solche entschieden werde. — A. G. O. I. 30, S. 48 fg.
6. In mehren, zum Ressort der Generalkommissionen gehörenden Angelegenheiten
ist das schiedsrichterliche Verfahren vorgeschrieben. Den Generalkommissionen ist
außerdem überlassen, bei andern Gegenständen, welche nach ihrem Ermessen am
zweckmäßigsten von Okonomieverständigen an Ort und Stelle entschieden würden,
das schiedsrichterliche Verfahren eintreten zu lassen. — Verordn. vom SV. Juni
73
1834, §. 6, 3l e fg. GS. S. 96. — Verordn. vom 12. Oct. 1835. Jahrb.
46, S. 4«».
^V<1 II. Liegt eine Willenserklärung vor, auf Grund deren das schiedsrichter
liche Verfahren cintrit, so muß:
1. Jene rechtsverbindlich sein, wenn die Parteien an den von den Schieds
richtern gethonen Spruch gebunden sein sollen. >) Ein unter zwei Parteien ge
schlossener Vertrag, durch welchen der schiedsrichterliche Ausspruch gewählt wird,
heißt Kompromiß.
2. Durch Kompromiß können weder das gemeine Beste, noch das Interesse
des Landesherrn, noch die Gerechtsame der dabei etwa nicht zugezogenen Interessen
ten auf irgend eine Weise geschmälert werden. Es findet daher in Ehcscheidungs-
sachcn, in Streitigkeiten wegen landesherrlicher oder gemeiner Abgaben u. dergl.
eine Entscheidung durch Schiedsrichter nicht statt.
3. Zu Schiedsrichtern können sowohl Personen, welche ein richterliches Amt
bekleiden, als andere Personen, ») welche die zur Entscheidung des obwaltenden
Streits erforderlichen Kenntnisse besitzen, gewählt werden. ^) Nur in Bezug auf
Personen, welche im Auslande wohnen, ist diese Wahl nicht zulässig.
4. Die gewählten Schiedsrichter können, sofern sie nicht dem Kompromiß bei
getreten, oder durch Vertrag (recoptum) zum Ausspruch sich rechtsverbindlich ver
pflichtet haben, nicht gezwungen werden, den Ausspruch zu thun, und falls eine
solche Verpflichtung gegen sie vorliegt, findet gegen sie nur eine Klage auf Genü-
gung der eingegangenen Verpflichtung statt.
5. Die Schiedsrichter müssen sowohl bei der Erörterung, ») als bei der Ent
scheidung der Sache die wesentlichen Vorschriften der Landesgesetze befolgen.
6. Sind von beiden Theilen die Schiedsrichter in gleicher Zahl gewählt wor
den, und sie können sich nicht vereinigen, so müssen die Parteien, und wenn zwischen
diesen kein Einverständniß stattfindet, die Schiedsrichter selbst, einen Obmann wählen.')
») Ordnet z. B. eine lctztwillige Verordnung oder eine Fideikommißstiftung das
schiedsrichterliche Verfahren an, so sind blos diejenigen verpflichtet, demselben
sich zu unterwerfen, welche die letztwillige Verordnung oder Fideikommißstiftung,
als sie verbindend, anerkennen müssen.
2) Das Kompromiß muß enthalten, das Einverständniß der Kontrahenten, den
Gegenstand, welcher zur schiedsrichterlichen Entscheidung kommen soll, und die
Vereinigung über die Person der gewählten Schiedsrichter. Was die Form
des Kompromißvertrages betrifft, so kommt es auf den Streitgegenstand an.
Sind z. B. bewegliche Sachen Streitobjekt, und wird in Folge Ausspruchs
der Schiedsrichter sofort beiderseitig erfüllt, so bleibt es dabei, wenn das Kom
promiß auch nur mündlich geschlossen war.
«) Auch Kollegien können als Schiedsrichter gewählt werden. Die« ergiebt die
Bestimmung Nr. 5« der Jnstrukt. vom 7. April 1839 (unter Nr. 11). AuS
derselben läßt sich auch folgern, daß der in der Sache sonst kompetente Richter
gewählt werden kann. Diefer ist auch nirgends ausgeschlossen. Der §. 176,
I. 2, A. G. O. ist nicht entgegen.
i) Personen, welche nicht lesen und nicht schreiben können, werden zu Schiedsrich
tern nicht gewählt werden können, da der Spruch schriftlich gegeben werden
muß, und Analfabeten dies nicht vermögen.
») Also auch ausländische Kollegien, z. B. Schöppenstühle dürfen nicht Schieds
richter im Jnlande sein. Der Grund, warum Ausländer, die im Auslande
wohnen, ausgeschlossen sind, mag hauptsächlich ihre vermuthliche Unkenntniß
mit den hiesigen Landesgesetzen sein.
«) In so fern das Schiedsgericht nicht eine richterliche Behörde ist, kann es Zeu-
genvereidungen nicht vornehmen. Es wird dann, wo diese nöthig werden, das
betreffende Gericht darum zu requiriren haben.
') Bei den Bcrathungen der Schiedsrichter gilt absolute Stimmenmehrheit. Kei«
74-
7. Haben die Parteien sich im Kompromiß ausdrücklich verpflichtet, den Aus-
spruch der Schiedsrichter (Isugum) ohne Widerrede gelten zu lassen; so ist derselbe
bindend. Er kann in diesem Falle nur wegen behaupteter Richtigkeit angefochten
werden. Er hat aber die Wirkung eines rechtskraftige» Urtels, bis er durch Er-
kenntniß annullirt ist. — Enthält das Kompromiß nicht jene Verpflichtung, so steht
der Partei die Provokation an den ordentlichen Richter frei.
8. Der schiedsrichterliche Ausspruch ist nichtig : ») wenn die Parteien gar nicht
gehört, >) oder b) offenbar erhebliche Thatsachen ganz unerörtert gelassen sind, «der
«) wenn gegen ein den vorliegenden Fall ganz klar entscheidendes Landesgesctz er
kannt worden ist.
9. In beiden unter Nr. 7 bezeichneten Fällen ist die Provokation von der un
zufriedenen Partei binnen 10 Tagen 2) nach eröffnetem Ausspruche bei dem an sich
ordentlichen Richter (vor welchen die Sache sonst gehört) anzubringen. Dieser muß
alsdann, wenn die Provokation rechtlich begründet ist, die Hauptsache zur Verhand
lung ziehn, und darüber, wenn der Ausspruch nichtig befunden wird, in erster,
sonst aber in zweiter Instanz ordentlich erkennen. «)
1«. Schiedsrichter können ihre Aussprüche niemals selbst vollstrecken, sondern
der obsiegende Theil muß das geschlossene Kompromiß und den erfolgten Ausspruch
bei dem gehörigen Richter einreichen und die Exekution nachsuchen.
11. Wenn Parteien im Lauft eines Prozesses ein Kompromiß vorlegen, worin
sie die Reposition der Akten und Auscmtwortung derselben an die erwählten Schieds
richter beantragen, und gegen das Kompromiß in formeller Hinsicht nichts zu erin
nern ist, so kann diesem Antrage nachgegeben werden.
12. Ein Kompromiß auf die Entscheidung des Geh. Ober-Tribunals mit Über
gehung des Richters erster Instanz und des Appellationsrichters, oder des letzteren
allein findet nur in solchen Fällen statt, welche der 8. 1 der Verordn. vom 14.
Dec. 183Z als unbedingt revisionsfähig bezeichnet. >) — A. G. O. I. 2, §. 167 bis
176. Anh. 41. — Nr. 5« der Jnstr. vom 7. April 1839. GS. S. 13S. —
Refcr. vom 17. Juli 182«. Jahrb. 16, S. 5«. G raff 2, S. 141. — Rcscr.
vom 27. Juli 1832. Jahrb. 4«, S. 166. Gräff 6, S. 229. — Refcr. vom
24. Ott. 1834. Gräff, Koch ic. III. S. 144.
Von Schiedsmännern.
I. 38. Verschieden von den Schiedsrichtern sind die Schiedsmänner. Jene
sprechen Recht, und die Parteien haben eine gewisse Pflicht, sich dem Ausspruch zu
unterwerfen. Diese bemühen sich, durch Vergleich den Streit beizulegen. Hier
ner hat überwiegendes Votum. Ist Stimmengleichheit vorhanden, so wird der
Obmann gewählt, durch dessen Stimme demnächst auf der einen Seite ein
Übergewicht und somit die Entscheidung erlangt wird.
>) Demnach kann ein Kontumazialerkenntniß im schiedsrichterlichen Verfahren gar
nicht ergehen.
2) Das Gesetz stellt bei dieser Frist kein Präjudiz. Der Verlust der Provokation
kann daher in keinem Falle die Folge sein. Als Wirkung wird nur die Voll
streckung der schiedsrichterlichen Entscheidung eintreten.
2) Da das Gesetz die Sache in den bezeichneten Fällen ausdrücklich an den or
dentlichen, also ersten Richter verweiset, so erkennt auch der erste Richter in
jedem Falle, und gegen diese Entscheidung müssen so, wie gegen andere erste
Erkenntnisse, die Rechtsmittel zugelassen werden.
D. i. wenn die Beschwerde Familien - oder Standesverhältnisse, Ehrenrechte,
Ehegelöbnisse, oder Ehesachen allein oder in Verbindung mit andern daraus
hergeleiteten Ansprüchen zum Gegenstande hat. Bei den nach Gelde zu berech
nenden Streitobjekten läßt sich ohne die Vorurtel die Revisionsfähigkeit nicht
beurtheilen, da zwei verschiedene Erkenntnisse dann vorausgesetzt werden. . '
75
hangt die Art der Beseitigung des Streits von dem Entschlüsse der Parteien auch
noch dann ab, wenn die Schiedsmänner ihre Vorschläge ausgesprochen haben.
Die über ein Rechtsverhältniß in Streit Befangenen können sich nach Belieben
Privatpersonen, ohne Rücksicht auf ihre Qualifikation, als Vermittler wählen.
Diese Vermittler find Beauftragte, und ihr Verhöltniß zu den Parteien hängt vom
Inhalt des geschlossenen Mandatsvcrtrages ab.
In den meisten preußischen Provinzen sind auch vom Staate zum Zweck der
außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten Schiedsmänner verpflichtet, und den
in Streit Befangenen ist überlassen, sich an diese zu wenden. ')
I. Was 1) deren Wahl betrifft, so geschieht diese nach SchiedsmcmnsbezirKn,
welche in den Städten 200«, auf den, Lande ö«v bis höchstens 4000 Seelen um
fassen. Das Wahlsystem ist in den einzelnen Provinzen nicht ganz gleich. In den
Städten wählen meist die Stadtverordneten, auf dem Lande gewöhnlich die Grund
besitzer. Die Wahl erfolgt auf 3 Jahre, nach deren Ablauf sie erneuert werden
kann. — 2) Der als Schiedsmann zu Wählende muß, bei völliger Unbescholtenheit
und zurückgelegtem 24stcn Lebensjahre, einer der christlichen Konfessionen angehören,
ein selbstständiger, geachteter, und mit den Geschäften des bürgerlichen Lebens und
der Fähigkeit, einen Aufsatz deutlich schriftlich abzufassen, vertrauter Einwohner des
Bezirks sein, für welchen er als Schiedsmann gewählt werden soll. Der Besitz be
sonderer Rechtskenntnisse und die Ansässigkeit (mit Grundstücken) im Bezirk sind
nicht unumgänglich nöthige Erfordernisse. — S) Die Bestätigung erfolgt durch das
Landesjuftizkollegium. Dieses verfügt auch die Vereidigung. ?) Beides geschieht
kostenfrei.
II. Der Schiedsmann kann Streitigkeiten jcder Art vor sich ziehn. Es wird
jedoch dabei vorausgesetzt: s) daß die Parteien sich freiwillig seiner schiedsamtliche»
Wirksamkeit unterwerfen, und b) daß beide Theile großjährig und befugt sind, über
die Sache, oder über das Recht, worüber ein Vergleich versucht werden soll, frei
zu disponiren. Dem Amte des Schiedsmanns sind ganz entzogen: 1) Konkurs-,
Liquidations-, Subhastations-, Bchandlungs-, Generalmoratoricn-, Wechsel-, Arrest-,
so wie Vormundschafts-, Prodigalitäts- und Blödsinnigkeitserklärungssachcn. 2) Jn-
jurienprozessc, sofern es auf Festsetzung einer Strafe ankommt. Vergleiche, durch
i) Die Provinzialstände der Provinz Prcussen brachten das Schicdsmanns-
institut zuerst in Antrag. In Folge dessen wurde es daselbst zuerst versuchs
weise durch Verordn. vom 7. Sept. 1827 (Königsberger Amtsbl. Nr. 44, S.
279) eingeführt. Später wurde es auch in andern Provinzen verbreitet, in
Schlesien und Brandenburg durch die Verordn. vom 26. Sept. 1832
(Bresl. Amtsbl. 1833, St. 5, S. 27; Potsd. Amtsbl. 1833, St. 12, S.69);
in Sachsen durch Verordn. vom 11. April 1834 (Merseb. Amtsbl. S. 149)«
in Pommern durch Verordn. vom 13. Juni 1834 (Stett. Amtsbl. S. 187);
und in Posen durch Verordn. vom 7. Juni 1841. — Über den Werth dieses
Instituts sprechen sich die Meinungen verschiede» aus. Su leugnen ist nicht,
daß dasselbe die Quelle von unendlich viel Gutem sein würde, wenn zu Schieds
männern durchweg oder doch meistens rechtliche, unparteiisch gesinnte, verstän
dige, das volle Vertrauen der Mitbürger genießende und für das Gemeinwohl
vollkommen empfängliche Wanner gewählt werden könnten. Leider ist aber
gewiß, daß es nur wenige mit allen diesen Eigenschaften versehene Schieds
männer giebt, und daß es daher häufig vorkommt, daß Schiedsmänner ihr
Amt mit Unlust verwalten, und die Parteien dadurch von sich entfernen, wäh
rend andere Schiedsmänner durch ihr Amt Vortheile suchen, und dadurch par
teiisch und zu Bedrückern werden.
») Der Eid lautet: Ich N. N. schwöre zu Gott dem Allmächtigen und Allwissen
den einen leiblichen Eid, daß ich, nachdem ich zum Schiedsmann gewählt und
bestellt worden bin, das mir übertragene Amt nach meinem besten Wissen und
Gewissen ausüben, und dabei die gegebenen Vorschriften genau beobachten will.
So wahr zc> . ,
76
welche sich Jemand zur Zahlung einer Geldsumme zum milden Zweck verpflichtet,
kann der Schiedsmann jedoch aufnehmen. 3) Ehesachen darf er nur annehmen,
sofern es auf einen Sühneversuch Behufs Fortsetzung der Ehe ankommt.
Er muß ferner zurückweisen: 4) alle Prozesse, bei welchen ein wegen Minoren
nität, Wahn- und Blödsinns, Taubstummheit oder Verschwendung unter Bormund
schaft Stehender Partei ist, 5) Prozesse, in denen verheirathete Frauen ohne den
Mann, unverheirathete in väterlicher Gewalt befindliche Töchter ohne ihren Bater,
andere in väterlicher Gewalt befindliche Kinder in Fällen, wo es sich um ihr nicht
freies Vermögen handelt, oder sie minderjährig sind, ohne ihren Vater als Partei
auftreten; ferner 6) alle Handlungen, welche als Vergehen oder Verbrechen mit
Strafe bedroht sind, sofern es sich nur um die Untersuchung und Bestrafung der
selben handelt; 7) alle Handlungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, namentlich die
Aufnahme von Schuldverschreibungen, Bürgschaften, Hypothekenbestellungen, Zessio
nen, Vollmachten, Quittungen, Kauf-, Tausch-, Pacht- und Miethsverträgen und
sonstigen Kontrakten. Eine Ausnahme trit ein, wenn dergleichen Erklärungen oder
Verträge den Gegenstand des Streits dergestalt betreffen, daß sie einen wesentliche»
Bestandtheil des vom Schiedsmann aufzunehmenden Vergleichs ausmachen, oder
wenn sie zur Ausführung des Vergleichs nothwendig sind. Doch müssen sie sich
auch in diesen Fällen der Aufnahme solcher Verträge enthalten, zu deren Rechtsbe-
ftändigkeit eine bloße Beglaubigung nicht genügt, bei denen vielmehr eine besondere
Form, namentlich eine gerichtliche Aufnahme oder Prüfung in den Gesetzen vorge
schrieben ist. Dahin gehören hauptsächlich: Schenkungsverträge, gemeinschaftliche
Schuldverschreibungen der Eheleute, Verträge zwischen Eheleuten, Bürgschaften der
Frauenspersonen, Erbverträge und Testamente, Ehegelöbnisse, Bergleiche über künf
tige Berpflegungsgelder, Bestellung von Altenthcilen und Erbzinsverträgen.
III. Das Verfahren des Schiedsmanns Behufs Ermittelung und Aufklärung
des zu seiner Kognition gekommenen Streitfalles beschränkt sich auf Entgegennahme
der mündlichen oder schriftlichen Erklärungen der Parteien, und Prüfung derselben
und der schriftlichen Beweismittel. Er darf weder Zeugen vernehmen, noch Eide
abnehmen. Auch Litisdenunziationen, Adzitationen, Nominationen, Interventionen
finden vor ihm nicht statt. Kommt ein Vergleich zu Stande, so trägt er ihn voll
ständig in das zu diesem Zweck gegebene Buch ein. Zur Vollständigkeit des Ver
gleichsprotokolls gehört Ort und Datum der Aufnahme; Benennung der Parteien
und ihre Legitimation; der Gegenstand des Streits; Inhalt des Vergleichs; der
Vermerk der gehörig erfolgten Vollziehung. — Den Parteien kann auf Verlangen
Ausfertigung des Vergleichs unter Siegel und Unterschrift des Schiedsmanns
ertheilt werden.
IV. Der Vergleich') hat exekutive Kraft, und der persönliche Richter des
darin Verpflichteten muß, sobald jener nur deutlich und vollständig gefaßt ist, auf
Antrag des Berechtigten, die Exekution verfügen.
V. Die Schiedsmänner stehen in Bezug auf ihr Amt unter der Aufsicht der
königl. Obergerichte. An diese gelangen die Nachweisungen der geschlossenen Ver
gleiche, welche die Schiedsmänner jährlich d'em Landrathe, und in den Städten der
städtischen Polizciobrigkeit einzureichen haben. — Untergerichte, Landrathsämter und
") Ist ein Vergleich über unbewegliche Gegenstände geschlossen, so kann daraus
nur auf Abschluß eines gerichtlichen oder notariellen Vertrages geklagt werden,
da der Hypothekenrichter aus dem schiedsmännischen Vergleich ins Hypotheken
buch nichts einträgt, es müßte denn im Wege der Exekution vom Erekutions-
richter beantragt werden, was aber bei Veräußerungsvertrögen nicht anginge.
Es würde daher darauf, ankommen, ob der schiedsmännische Vergleich die
Kraft einer Punktation hätte. Bei Schreibens unfähigen Kontrahenten müßte
man diese Kraft in Abrede stellen.
5?
Polizeibehörden haben Wahrnehmungen über fehlerhafte oder omtswibrige Vermal«
tung des Schiedsmannsamtes dem betreffenden Obergericht anzuzeigen. Dieses kann
die Dienstführung der Schiedsmänner untersuchen, denjenigen, welche ihr Amt mit
Treue und Umsicht erfüllen, die verdiente Anerkennung ihrer Bemühungen zu Theil
werden lassen, die Irrenden belehren, die Pflichtvergessenen aber zur Untersuchung
und Strafe ziehen.
VI. Hält das Oberlandesgericht die Entfcrnung eines Schiedsmanns vom Amt
für nothwendig, so sind die über die Erörterung der gegen den Angeschuldigten zur
Sprache gekommenen Pflichtvernachlässigungen oder Pflichtwidrigkeiten aufgenom
menen Verhandlungen dem Landrath des Kreises zu dem Zweck mitzutheilen, damit
sie der Kreisversammlung vorgelegt werden, und diese sich über die Beibehaltung
oder Entlassung des Schiedsmanns erkläre.
Stimmt die Kreisversammlung für die Entlassung, so erfolgt solche durch
Resolution des Oberlandcsgerichts, wogegen dem Schiedsmann kein Rechtsmittel zusteht.
Erklärt sich dagegen die Kreisversammlung wider die Entlassung und für die
Beibehaltung, so kann die erste« durch eine bloße Resolution nicht erfolgen. Es
bleibt jedoch dem Obergerichte in diesem Falle unbenommen, die gerichtliche Unter
suchung wider den Schiedsmann zu erneuern, in sofern die Sache dazu angethan
gefunden wird. — 55. die Verordn. vom 7. Sept. 1827, 26. Sept. 1832, 1«. Ap.
u. 13. Juni 1834, u. 7. Juni 1841. — Cab.-Ordre vom 29. April 1835 und
Jnstrukt. vom 1. Mai 1841.

Vierter Titel.
Bon Beiständen und bevollmächtigten im Prozesse.
l. Von den Beiständen und deren Pflicht.')
ß. 39. Parteien, welche in Aivilprozessen die Termine selbst wahrnehmen,
haben die Befugniß, zu den Terminen
1) einen Rechts beistand aus der Zahl der beim Prozeßrichter fungirenden Ju«
stizkommissarien mitzubringen, oder auch die Zuordnung eines Rechtsbeistandes
beim Richter nachzusuchen. Thun sie dies, so muß nach Beschaffenheit der Um
stände und Wichtigkeit der Sache ein Justizkommissarius oder ein schon hinläng
lich geübter Referendar oder Auskultator, und falls dergleichen Beamte beim
') Das Institut der Beistände war in Folge des von der A. G. O. festgehaltenen
Grundsatzes : daß die Parteien zu den Jnstruktionsterminen persönlich erscheinen
müßten, nothwendigcs Bedürfniß. Die Parteien mußten, da sie durch
Rechtsverständige in der Regel sich nicht vertreten lassen konnten, sich auf an
dere Art der Kenntnisse und Erfahrungen derselben bedienen können. Die
Pflicht der Rechtsbeistände ging nach dm Bestimmungen der A. G. O. aber
auch zugleich dahin, den Gerichtsdeputirten in Ermittelung der Wahrheit zu
unterstützen. Dadurch erklärt sich die Vorschrift der A. G. O., daß auch Ge
richtsbeisitzer, also Gerichtsmitglieder, zu Rechtsbeiständen gewählt werden
konnten. Mit der neueren Gesetzgebung ist dies nicht verträglich. Es würde»
dadurch die Perhorreszenzgründe vermehrt werden. Die Praxis ist deshalb
schon längst davon abgegangen, und Ministerialverordnungen haben sich mit
der Praxis dahin einverstanden erklärt, daß richterliche Personen weder als
Rechtsbeistände, noch als Anwälte zugeordnet werden sollen. — 5s. Rescr. vom
3«. Oct. 1827 und vom 27. März 1S2S. Jahrb. 3«, S. 3S3z Bd. 21, S.
SZ. GräffZ, S. SS fg.
78
Prozeßrichter nicht fungiren oder die fungirenden die Assistenzschaft nicht über
nehmen können, allenfalls ein bei einer andern Behörde angestellter Subaltern-
besmte, oder eine zur Assistenzschaft geeignete und bereite rechtsverstandige Per
son ihnen als Rechtsbcistand zugeordnet werden, i) Subalternbeamte des Ge
richts, bei welchem der Prozeß schwebt, sollen als Rechtsbeistände nicht zuge
ordnet werden.
Diese gewählten oder zugeordneten RechtsbeistSnde, welche allen gerichtlichen Ver
handlungen, und auch den Zeugenvernehmungen beiwohnen können, haben hauptsäch
lich die Pflicht, dahin zu sehen, daß die Parteien gehörig befragt, nicht übereilt, noch
in Furcht gesetzt, Nichts, was zur Aufklärung der Sache von ihrer Seite und
zu ihrer Vertheidigung gehört, übergangen oder vernachlässigt, vielmehr Alles
deutlich, richtig, dem wahren Sinne der Partei gemäß niedergeschrieben werde.
Glauben sie wahrzunehmen, daß der Gerichtsdeputirte die Sache von der un
rechten Seite ansehe; daß er erhebliche Umstände übergehe, zu leicht und flüchtig
«erfahre; nicht tief genug in den eigentlichen Zusammenhang der Sache ein
dringe, oder daß die Fassung des Protokolls dem wahren Sinne der Partei
nicht gemäß sei; so ist cö ihre Pflicht, dergleichen Fehler auf geziemende Art zu
bemerken, und falls ihren Erinnerungen kein Gehör gegeben wird, davon ent
weder bei der Unterschrift des Protokolls, oder durch besondere Eingabe, dem
Gericht Anzeige zu machen. — Doch dürfen die Rechtsbeistände bei Erforschung
des wahren Zusammenhangs der Thatsachen auf keine Weise hinderlich sein, die
Partei in ihren Erzählungen nicht unterbrechen, noch derselben zur Zurückhal
tung oder Verstellung der Wahrheit Rath oder Anlaß geben, vielmehr müssen
sie nach Möglichkeit dazu mitwirken, daß die vorkommenden Thatsachen bald
und vollständig in ihr wahres Licht gesetzt werden. — Die zum Betriebe des
Prozesses gehörenden, außer und zwischen den Terminen vorkommenden Angele
genheiten und Geschäfte dürfen die Rechtsbeistände nicht besorgen. Nur bei
Anfertigung der rechtlichen Deduktionen nach geschlossener Instruktion können sie
den Parteien zur Hand gehen. — Sollen sie auch zu andern Geschäften legi-
timirt sein, so müssen sie Vollmacht beibringen, und dann sind sie als Bevoll
mächtigte anzusehn. Übrigens müssen Rechtsbeistände auch ordentliche und voll
ständige Manualakten halten.
L) Die Parteien können neben dem Rechtsbeistande auch andere Personen, in welche
sie ein besonderes Vertrauen setzen, und von welchen sie, entweder wegen der
ihnen beiwohnenden genauer« Bekanntschaft mit dm im Prozesse vorkommenden
Thatsachen, oder in Fällen, wo es auf eine gewisse Sach- oder Kunstkenntniß
ankommt, wegen solcher bei ihnen anzutreffenden Kenntnisse, einen vorzüglichen
Beistand erwarten, zu den Terminen mitbringen. 2) Selbst unverdächtige Aus
länder müssen zugelassen werden. —
Auch wenn die Partei einen Bevollmächtigten hat, kann sie ihm dergleichen
Beistände zuordnen, welche jedoch keiner Vollmacht bedürfen, und dem Gericht
in Bezug auf den Betrieb der Sache daher auch nicht verantwortlich find. —
Personen, welche wegen Betrugs, Verfälschungen, Diebereien u. a. dgl. enteh
render Verbrechen gestraft «der in Untersuchung sind, oder sonst durch nieder
trächtige Handlungen die Verachtung ihrer Mitbürger auf sich gezogen haben,
,) RuditeurS dürfen als Rechtsbeistände der Offiziere niemals, als Rcchtsbeistände
anderer Personen aber nur mit Genehmigung ihrer Vorgesetzten auftreten. —
tt. Res«, vom 4. Juni 18Z4. Jahrb. 4Z, S. 477.
>) Juftizkommissarien, welche beim Prozeßrichter zur Praxis nicht verstattet sind,
kennen zwar mcht als Rechtsheistände, jedoch als Beistände der zweiten Art
mitgebracht werdM'
7S
ferner die, welche aus Winkelfchriftstellerei ein Gewerbe machen, sollen bei guts-
herrlich-bäuerlichen Regulirungen, GemeinhcitStheilungen und Auseinandersetzun
gen niemals als Beistände zugelassen werden. —
Diese Beistände müssen sich aber in ihren Schranken halten, und der Auf
klärung der Sache auf keine Weist hinderlich fallen. ' ) Übrigens erleidet durch
ihr Nichterscheinen die Sache niemals Aufschub, da es lediglich Sache der Partei
resp. des Bevollmächtigten ist, sie zum Termine mitzubringen. — A. G. O. l.
Z, §. 14—21, Z. 24, 27, 77. — §. 157 des Ges. vom 7. Sept. 1811. GS.
S. 279. — Cab.-Ordre vom 9. April 1835. Jahrb. 46, S. 109. Gräff «,
S. 150. — Res«, vom 19. Mörz 1832. Jahrb. 39, S. 5«. Griff 6, S.
230. — Rescr. vom 2«. Mai 1820. Jahrb. 16, S. 18. GrSff 5, S. 105.
Rescr. vom 7. März 1836. Jahrb. 47, S. 311. GrSff 10, S. 85. —
Rescr. vom 8. April 1836. Jahrb. 5«, S. 491. Gräff 12, S. 117.
N. Bon den Bevollmächtigten.
Befugniß der Parteien zu deren Wahl.
§. 4«. In Zivilprozessen haben die Parteien die Bcfugniß, sich durch zulässige
Bevollmächtigte vertreten zu lassen. Ihr persönliches Erscheinen ist nur nothwendig,
1) wenn es zur Ausmittelung der Wahrheit durchaus erforderlich ist; 2)
2) in Fällen, wo das Gesetz es ausdrücklich vorschreibt, s)
Lassen Parteien in Jnjuriensachen unter Personen geringeren Standes oder in
Prozessen, deren Objekt 200 Thl. nicht erreicht, sich durch Bevollmächtigte vertreten,
so können sie jedoch vom unterliegenden und kostenpflichtigen Gegner nur dann Er
stattung der Mandatariengebü'hren verlangen, wenn sie s) entweder durch Krankheit,
hohes Alter, Amts- oder Berufsgeschäftt verhindert werden, sich von ihrem Wohn
oder GeschZftsorte Behufs Wahrnehmung der Termine zu entfernen, ^) oder b)
wenn ihr Wohnort vom Sitze des Gerichts, resp. dem Orte der Instruktion der
Sache so weit entlegen ist, daß die Kosten der Reise, des Aufenthalts und der Ver-
säumniß in der Wirthschaft oder dem sonstigen Gewerbe mit dem Gegenstände dcS
Prozesses, und dem von der persönlichen Abwartung der Instruktion zu erwarten
den Bortheilen in keinem Verhältniß stehen. — Bei weiter Entfernung!») sind die
Parteien sogar zur Wahl eines Vertreters verpflichtet, da sie sonst vom Gegner
den Ersatz von Reise- und Bcrsäumnißkostcn, welche sie durch Bestellung eines Be
vollmächtigten hätten vermeiden können, nicht verlangen dürfen. — V. G. O. I. 3,
8. 1 — 6. Anh. Z. 1, 44. — Rescr. vom II. Sept. 182«. Jahrb. 16, S. 47.
GrSff 2, S. 49. — Rescr. vom 4. März 1799. Stengel, Bd. 7, S. 293. —
Cirk.-Rescr. vom 19. Dec. 1799. Akad. ES. Bd. 1«, S. 2713.
1) Dergleichen Beistände können und dürfen mithin nur auf Befragen des Depu-
tirten Erklärungen abgeben. Sie dürfen bei Zeugenvernehmungen nicht gegen
wärtig sein, und auch bei den Unterschriften keine Bemerkungen niederschreiben.
2) Wenn z. B. im Prozesse, welcher nach den Vorschriften der A. G. O. verhan
delt wird, die Sache wegen unvollständiger Information mit dem Man
datar nicht Fortgang gewinnt, so kann das Gericht die Partei unmittelbar
vorladen. Die Warnung, welche ihr gestellt wird, kann jedoch nur dahin
gehen, wie sie die Kontumazialinstruktion voraussetzt.
2) A. B. bei Eidesleistungen, bei Sühneversuchen im Ehescheidungsprozesse u. ,
4) Fgr Beamte, welche zu Führung ihrer Privatprozefsc einen Mandatar ange
nommen haben, streitet die Vermuthung, daß sie im Interesse ihres Amts,
mithin durch ein Hinderniß in ihrer Person zur Wahl eines Bevollmächtigten
genöthigt waren. — Rescr. vom 29. August 1837. Ccntr.-Bl. S. 1098.
») Das Rescript vom 11. September ig?» erachtet 5 Meilen für keine zu weite
Entfernung. .' . .
80
Von der Wahl und der Person der Bevollmächtigten.
§. 41. Den Bevollmächtigten wählt die Partei in der Regel selbst. Kann
oder will eine Partei, welche im Prozesse eines Bevollmächtigten bedarf, aus Man
gel an Bekanntschaft, oder aus andern Ursachen nicht selbst wählen, so kann sie
beim Gericht die Zuordnung beantragen. Gegen den Willen einer Partei kann ihr
ein Anwalt von Amtswegen nicht bestellt werden. Nur bei Eidesabnahmen soll der
im Termine nicht anwesenden und nicht vertretenen Partei von Amtswegen ein
Vertreter zu dieser einzelnen Handlung zugeordnet werden. — A. G. O. !. 3,
Z. 22 —24; I. 1«, z. 189, 373. Anh. §. 85.
In der Regel können nur die beim Prozeßrichter fungirenden Justizkommissa
rien als Bevollmächtigte im Prozesse gewählt oder zugeordnet werden. Diese Regel
erleidet jedoch mehrfache Ausnahmen.
I. Durch Wahl der Parteien können:
1. auch Rcferendarien, Auskultatoren und die bei andern Gerichten angestellten
Justizkommissarien auftreten, wenn die beim Prozeßrichter fungirenden Justizkom
missarien zur Annahme des Mandats verhindert sind. In Ermangelung von Ju
stizkommissarien, Referendarien und Auskultatoren, können ausnahmsweise auch
solche Personen als Bevollmächtigte in Bagatellprozcßsachen zugelassen werden,
welche nicht Subalternbeamte des Prozeßgerichts, auch nicht Justizkommissarien,
Referendarien und Auskultatoren, wohl aber nach ihrer Bildung geeignet und bereit
sind, Bevollmächtigungen zu übernehmen. — §. 22, I. 3 A. G. O. — Rescr. vom
7. März 1836 und vom 8. April 1836. Jahrb. 47, S. 311; 5«, 491. Gräff
10, S. 85; 12, S. 117.
2. Schwebte ein Prozeß in erster Instanz bei einem Untergericht, welches den
Sitz am Orte des Obergcrichts hat, so kann in der beim Obergericht zu verhan
delnden ferneren Instanz die Partei sich durch ihren Mandatar erster Instanz ver
treten lassen. — A. G. O. I. 25, Z. 28.
3. Jeder Justizkommissar ist, ohne Einschränkung auf einen Gerichtsbezirk, befugt,
Vorstellungen, Eingaben und Schriften aller Art, welche in Prozeß- oder andern
Rechtsangelegenheiten einem Gericht einzureichen sind, für andere anzufertigen oder
zu legalisiren. Er muß aber bei Vermeidung einer Ordnungsstrafe der Schrift,
wenn sie für ein anderes Gericht, als bei welchem er angestellt, bestimmt ist, außer
dem Datum und der Namensunterschrift auch sein Dienstsiegel beifügen. — Verord.
vom 21. Juli 1843. GS. S. 295.
4. Generalbevollmächtigte, d. h. diejenigen, welche zur Vornahme aller zur Be
sorgung der Geschäfte ihres Machtgebers gehörenden Handlungen ermächtigt sind,
können, sofern sie nicht zur Zahl der Justizkommissarien gehören, für ihren Macht
geber bei jedem Gericht Prozesse führen. Hat ein Justizkommissarius Generalvoll
macht, so kann er aus Grund derselben seinen Mandanten in prozessualischen Ter
minen nur bei dem Gerichte, bei welchem er zur Prozeßpraxis «erstattet ist, ver
treten. Bei andern Gerichten muß er sich einen dort fungirenden Justizkommissa
rius substituiren. — A. L. R. I. 13, z. 108. — Rescr. vom 14. März und vom
10. Jan. und 2. Febr. 1818. Jahrb. 1, S. 44; Bd. 11, S. 14, 17. Gräff 2,
S. 55, 56, 306. — Rescr. vom 26. April 1837. Jahrb. 49, S. 453. ,
5. Fiskus wird in Prozessen durch die von der Finanzbehörde bestellten Fiskale
«der Fiskalanwalte vertreten. — A. G. O. I. 35, z. 2 fg.
6. Für Kirchen, Klöster, Schulen, Hospitäler und andere Armenanstalten oder
inilde Stiftungen können Vorsteher und Verwalter derselben bei Instruktion der
Prozesse persönlich die Termine abwarten. Sind deren mehre, so reicht es aus,
penn nur Zwei, oder auch nur Einer derselben erscheint. — A. G. O. i.
S, §. 10. , ^
81
7. Stadt« und Dorfgemeinden, und andere Kollegien und Korporationen,')
welche aus mehr als drei Mitgliedern bestehen, sollen nur zwei oder höchstens drei
Deputirte zur Abwartung der Instruktionen bestellen. Es steht ihnen jedoch frei,
die Instruktion nur durch einen Deputirten, z. B. durch den Syndikus abzuwarten.
— A. G. O. I. 3, Z. 11, 39.
8. Bei Prozessen, welche eine Grube, oder anderes verliehenes, zu dem Bergre
gals gehörendes vergewerkschaftetes Bergwerkseigcnthum angehen, ist, falls die Ge
werkschaft nicht selbst Bevollmächtigte oder Repräsentanten gewählt hat, der Lehns
träger oder der Schichtmeister gesetzlicher Vertreter der Gewerkschaft, je nachdem
der Prozeß Beleihung und Verwahrung des Eigenthums, oder den Betrieb de«
Werkes betrifft. 2) — Cab.-Ordre vom 24. Oct. 183t und Rescr. vom 3t. Mai
182«. (bekannt gem. durch die Amtsbl.)
9. Die Prozesse der vom Staate genehmigten Aktiengesellschaften führt der Vor
stand derselben. — Dieser leistet auch die Eide Namens der Gesellschaft. — Gesetz
vom 9. Nov. 1843, z. 21—23. GS. S. 345.
10. Personen, welche gesetzlich in Angelegenheiten gewisser anderer Personen die
Vermuthung einer Vollmacht für sich haben, müssen in Prozessen als Bevollmäch
tigte dieser Personen zugelassen werden. Dergleichen Personen sind: s) Anver
wandte in auf- und absteigender Linie, Eheleute, Geschwister, Seitenverwandte des
dritten Grades, Geschwisterkinder ersten Grades, Schwiegereltern und Schwieger
kinder, und Schwäger und Schwägerinnen; li) Miteigentümer gemeinschaftlicher
Sachen und Rechte, und Mitgenossen eines Prozesses (Litiskonsorten) in dieser ge
meinschaftlichen Angelegenheit; 2) c) Fideikommißbesitzcr bei Prozessen, welche die
Substanz des Fideikommisses zum Gegenstande haben; 6) Familienvorsteher in Pro
zessen, welche die Erhaltung der Familienrechte betreffen; e) Gutsherrschaftcn in
Prozessen ihrer Gutsunterthanen; ^) t) Verwalter, Buchhalter und Hausoffizian-
ten 5) in Ansehung der von ihren Prinzipalen oder Dienstherrschaften ihnen anver-
') Resourcengesellschaften sind zwar nicht als Korporationen anzusehen, können
aber einem oder mehren der Gesellschafter den Betrieb aller oder einer gewissen
Art der Sozictätsgeschäfte, mithin auch der Prozesse übertragen, worin zugleich
ein unbeschränkter Vollmachtsauftrag liegt. — Rescr. vom 6. Juni 1831.
Jahrb. 37, S. 324. Gräff 6, S. 231.
2) Dem Lehnsträger und Schichtmeister, so wie dem scl 9 genannten Vorstande,
giebt das Gesetz die Befugnisse der Bevollmächtigten, und zwar jenen Beiden
Generalvollmacht, dem Vorstande «cl 9 nicht allein diese, sondern auch Vertrc-
tungsbefugniß für alle Fälle, in denen sonst Spezialvollmacht nöthig ist. Eine
besondere Vollmacht haben sie daher in Prozessen nicht beizubringen. Sie ha
ben vielmehr nur ihre Eigenschaft als Lehnsträger, Schichtmeister und resp.
Vorstand nachzuweisen, in sofern dieselbe nicht bekannt ist.
«) Dahin gehört auch der Assignatar bei Einklagung der angewiesenen Post Na
mens des Anweisenden. Ferner, wenn Nießbrauchcr, Erbrachter, Miether und
Pächter am Prozesse über die von ihnen besessene Sache mit dem Eigcnthümer
resp. Obereigenthümer zugleich Theil nehmen, so haben sie in Bezug auf diesen
ebenfalls Präsumtivvollmacht. Aeitpächter haben übrigens in Bezug auf die
gepachtete Sache die Rechte und Verbindlichkeiten der Verwalter. — Rescr.
vom 24. Dec. 1838. I. M. B. 1839, S. 3«.
Das ErbunterthSnigkeitsverhältniß ist zwar aufgehoben. Doch beruhte diese
Bestimmung nicht lediglich auf jenem Verhältnis, sondern zum Theil auch auf
der Eigenschaft des Gutsbesitzers als Gerichts- und Polizeiobrigkeit. Dies cr-
giebt der 8> 121, I. 13 A. L. R. Man kann daher diese gesetzliche Bestim
mung nicht als antiquirt ansehen.
») So kann z. B. der Rentmeister eines Guts die Vertheidigung gegen einen Anspruch
auf Holzlieferungen aus den Forsten dieses Guts als ein zu seinem Amte gehörendes
Geschäft übernehmen. Rescr. vom 16. Dec. 1838. I. M. B. 1839, S. 39. — Bei
Prozessen aus Geschäften, welche einem Hausoffizianten nicht übertragen sind, kann
derselbe nicht als Vertreter seiner Herrschaft auftreten. , .......'!
trauten Geschäfte. ') - A. G. O. I. 3, 5. 26. - A. L. R. I. 13, Z. 119-121;
11. 4, z. 1«, 14, 117, 11«. — Rescr. vom 9. Ort. 184«. I. M. B. S. 337. —
Rescr. vom 6. Nov. 1831 und vom 10. Mai 1834. Jahrb. 4«, S. 425; 43, S.
479. Gräff 6, S. 23V; und 8, S. 152. — Rescr. vom 8. Oct. 1836. Jahrb.
48, S. 434. Gräff 1«, S. 85.
11. Andere Personen, als die bisher (1—10) Genannten, können als Vertreter
einer Partei nur zugelassen werden, wenn eine Gefahr im Verzuge klar erhellet. —
A. G. O. I. 3, z. 2«.
Hinsichtlich der unter 10 und 11 Genannten findet, wenn sie als Bevollmäch«
tigte auftreten, wegen der von ihnen zu erwählenden oder zu erbittenden Beistände
das z. 39 Gesagte Anwendung. — A. G. O. I. 3, z. 27.
II. Wird ein Offizialanwalt nöthig, so kann als solcher nach Bewandniß
der Umstände und Beschaffenheit der Sache auch ein Referendar oder Auskultator,
und bei Ermangelung von Justizkommissarien, Referendarien und Auskultatoren,
namentlich in Bagatellsachen auch eine andere Person, welche nicht Subaltern
beamter desselben Gerichts, jedoch nach ihrer Bildung dazu geeignet und bereit ist,
z. B. ein Subalternbeamte eines andern Gerichts, ein Bürgermeister, Verwaltungs
beamte u. dergl. zugeordnet werden. Die Zuordnung richterlicher Beamten soll
selbst ausnahmsweise nicht gestattet sein. Überhaupt können Unterrichter zur Praxis
als Vertreter der Parteien nur dann zugelassen werden, wenn sie dazu wegen
Mangels an Justizkommissarien ausdrücklich erwählt 2) und bestätigt sind. — Die
beim Prozeß führenden Gericht angestellten Subalternbeamten sollen wegen der zu
besorgenden Kollusionen und Verzögerungen als Mandatarien der Parteien in Pro
zessen und in andern gerichtlichen Angelegenheiten nicht zugelassen, und noch weniger
von Amtswegen bestellt werden. Nur ») für einzelne Akte, z. B. bei Eidesleistun
gen als Schwurzeugen, oder bei Testamentspublikationen ist in Ermangelung von
Justizkommissarien oder Refcrendarien ihre Zuordnung gestattet, und d) den königl.
Salarienkassen können zur Ersparung der Kosten zum Betriebe ihrer Rechtsangele
genheiten Offizialmandatare aus der Zahl der Subalternbeamten bestellt werden. —
A.G.O. I. 3, Z. 23. — Rescr. vom 8. April 1836. Jahrb. 5«, S. 491. Gräff
12, S. 117. — Rescr. vom 1«. Oct. 1837. Sppl.-Bd. zu Gräff, Koch ,c. Erg.
III. S. 61. — Rescr. vom 9. Oct. 182«, vom 18. Mai 1821, vom 16. Der.
1822, vom 27. März 1823, vom 3«. Oct. 1827. Jahrb. 17, S. 275; 2V, S.
273; 21, S. 33; 3«, S. 363. Gräff 2, S. 5«, 53, 54. — Cirk.-Rescr. vom
25. Jan. 1836. Jahrb. 5«, S. 491. Gräff 12, S. 117. — Rescr. vom 3.
Sept. 1836 in Gräff, Koch zc. Erg. III. S. 143.
Von der Legitimation der Bevollmächtigten,
K. 42. Für den vom Gericht der Partei zugeordneten Anwalt ist die zuord,
«ende Verfügung Legitimation, und er bedarf zu den Geschäften, zu denen eine
gewöhnliche Prozeßvollmacht (ek. 8.43) legitimirt, keiner Vollmacht. Dagegen
muß der zur Prozeßführung von der Partei selbst gewählte Bevollmächtigte, sobald
er für die Partei auftrit, Vollmacht von ihr beibringen. Bedarf der Generalbevoll
mächtigte die Generalvollmacht für mehre Prozesse, so muß er beglaubte Abschrift
derselben zu den Akten geben. Justizkommissarien, welche sich zum Betriebe eines
Prozesses ohne Vollmacht, jedoch unter dem Angelöbniß, dieselbe nachzubringen, mel
den, werden zwar zugelassen. Der Richter muß ihnen jedoch zu dieser Nachbrin-
1) Justitiarien dürfen für ihre Gerichtsherrschaft bei andern Gerichten als Man
datarien nicht auftreten. — Rescr. vom 16. Dec. 1822. Jahrb. 3«, S. 363.
Gräff 2, S. 54.
>) d. K. von dem Justizministex,
gung eine nach der Nähe oder Entfernung des Aufenthalts der Partei abzumessende
Frist stellen. ') Im summarischen und im Bagatellprozeß kann aber auch ein Ju
stizkommissar ohne Bollmacht nur dann zugelassen werden, wenn er sich durch ein
Schreiben des angeblichen Mandanten legitimiren kann. In andern Prozessen kann
die Gegenpartei ebenfalls die vorläufige Legitimation durch Vorzeigung eines solchen
Schreibens verlangen, und wenn es nicht produzirt werden kann, die Einlassung
mit einem gar nicht legitimirten Bevollmächtigten verweigern, was zur Folge hat,
daß ein neuer Termin angesetzt, und dazu die Partei selbst vorgeladen werden muß.
Treten die 41 unter l. 10 Genannten ohne Vollmacht auf, so muß der
Richter bei Gefahr im Verzuge auf ihre rechtlichen Anträge verfügen, wenn sie nur
zur Beibringung der Vollmacht, oder zur Herbeischaffung der Genehmigung sich
erbieten.
Auch die im K. 41 unter I. 11 Bezeichneten werden für eine Partei, wenn
Gefahr im Verzuge klar erhellet, ohne Vollmacht und unter dem Versprechen
der nachzubringenden Genehmigung zugelassen, wenn sie eine vom Richter nach Be
schaffenheit der Umstände festzusetzende Kaution sofort bestellen.
Kann in allen diesen Fällen die Vollmacht nicht nachgebracht, auch die Geneh
migung des Abwesenden für nachgewiesen nicht angenommen werden, 2) so ist die
erfolgte Verhandlung für nicht geschehen zu achten, und der angebliche Bevollmäch
tigte muß sowohl dem Richter als dem Gegentheil für Kosten und Schaden voll
ständigen Ersatz leisten. ») — A. G. O. I. 3, §. 25—29, K. 32. — Cab.-Ordre
vom 29. Mai 1835. Jahrb. 45, S. 430. GrSff 8, S. 15«. — Rescr. vom
24. Febr. 1836. Mankopf A. G. O. I. S. 280. — Eab.-Ordre vom 17. Oct.
1833, Nr. 4. GS. S. 119. — Rescr. vom 23. Jan. 1835 und vom 19. Dec.
1837. Jahrb. 45, S. 199z 50, S. 489. Gräff 8, S. 264; 12, S. 117. —
Rescr. vom 16. Dec. 1838. I. M. B. für 1839, S. 39.
Von dem Inhalte und der Wirkung einer Prozeßvollmacht.
Z. 43. Eine jede zur Betreibung streitiger Rechtsangelegenheiten ausgestellte
Bollmacht muß enthalten :
1) den Namen, Stand und Charakter des Bevollmächtigten;
2) den Namen, Stand und Charakter des Gegentheils;
3) den Gegenstand des Rechtsstreits;
4) den Auftrag, alles das vorzunehmen, was die Gerichte von einem im Namen
einer abwesenden Partei erscheinenden Bevollmächtigten zu fordern berechtigt sind;
5) das Datum;
ö) die Unterschrift des Vor- und Zunamens des Ausstellers mit Beifügung seines
Charakters. Die Beidrückung des Siegels ist zur Giltigkeit der Vollmacht
nicht nothwendig.
1) Es versteht sich von selbst, daß die Sache bis Ablauf dieser Frist nicht ruhen
darf. Vielmehr muß der Fortgang dcs Prozesses nebenbei so betrieben wer
den, als wäre die Vollmacht schon eingereicht.
2) Als nachgewiesen ist die Genehmigung anzusehen, wenn die Partei erweislich
durch den Bevollmächtigten, oder durch die Gegenpartei vom Verhandelten in
Kenntniß gesetzt worden, und dieselbe nicht innerhalb der Tit. 5, I. Z. 9« fg.
A. L. R. bestimmten Fristen ihre Billigung oder Mißbilligung erklärt hat. —
«. 8. 125—128, Tit. 13, Th. I. A. L. R.
») Nach dem Gerichtsgebrauch wird, wenn bei Abfassung des Erkenntnisses von
einem Bevollmächtigten noch Vollmacht fehlt, im Urtel die Beibringung aufgege
ben, und in der Sache selbst erkannt. Dies läßt sich nicht rechtfertigen, da es
auf die Gefahr hin geschieht, daß bei nicht erfolgender Beibringung der Vollmacht
die mit dem nicht legitimirten Bevollmächtigten gepflogenen Verhandlungen ungiltig
werden können, und somit die Entscheidung selbst ihre Grundlage verlieren kann.
ß

Durch solche Vollmacht erhält der Bevollmächtigte die Befugniß und Verbind«
lichkeit, die Stelle der Partei vor Gericht zu vertreten, und sich im Fortgange des
Prozesses allen vorkommenden Geschäften zu unterziehen, auch alle ordentlichen und
außerordentlichen Rechtsmittel einzulegen. Sie legitimirt jedoch nicht
^. zur Bestellung eines Substituten für alle «der für einzelne im Prozesse vor
kommenden Verhandlungen, zum Empfange der Definitiventscheidungen, und dazu,
die Forderungen des Gegners durchgängig einzuräumen. Soll der Bevollmächtigte
auch dazu autorisirt sein, so muß die Autorisation in Bezug auf diese Punkte in
der Vollmacht besonders ausgedrückt werden.
L. Ferner legitimirt sie nicht zu den Geschäften, welche gesetzlich eine Spezial
vollmacht erfordern, als 1) wenn Parteien- oder Zeugeneide erlassen, oder für ge
schworen angenommen werden sollen; 2) wenn der Bevollmächtigte einen Eid in
die Seele des Machtgebers ableisten soll; 3) wenn die Entscheidung eines Rechts
streits einem schiedsrichterlichen Ausspruche unterworfen; 4) wenn über streitige
Rechte des Machtgebers ein Vergleich wirklich abgeschlossen; 5) wenn ein Recht des
Machtgebers einem Dritten abgetreten, oder Verzicht darauf geleistet werden; 6)
wenn der Bevollmächtigte Sachen oder Gelder (Prozeßkosten allein ausgenommen)
für den Machtgeber in Empfang nehmen, und darüber quittiren soll; 7) wenn im
Namen des Machtgebers Grundstücke veräußert oder angekauft werden sollen; 8)
wenn im Namen des Eigenthümers eines Grundstücks die Eintragung auf dasselbe
oder im Namen des Gläubigers die Löschung eingetragener Gerechtsame im Hypo
thekenbuche bewilligt werden soll. Doch ist der zum Empfang einer eingetragenen
Post Bevollmächtigte auch zur Ertheilung der löschungsfähigen Quittung befugt.
9) Endlich zu Schenkungen aller Art. — Auch der Generalbevollmächtigte ist zu
dergleichen Handlungen nur dann ermächtigt, wenn seine Generalvollmacht den
Auftrag dazu ausdrücklich enthält.
L. Eine Prozeßvollmacht legitimirt nur zu dem Prozesse, für welchen sie ertheilt
ist, und zu der in demselben Prozesse verhandelten Widerklage, nicht aber zur Ver
tretung in andern Prozessen. Sie autorisirt ferner zu Exekutionsanträgen aller
Art; nur zu Anträgen auf Einleitung einer Subhastation muß, wenn die zum vor
hergegangenen Prozeß ertheilte Vollmacht nicht ausdrücklich darauf ebenfalls gerichtet
ist, eine besondere Vollmacht beigebracht werden. Eine zur Verhandlung iu pos-
»essori« »ummsriissim« ertheilte Vollmacht giebt kein Recht zur Vertretung im
nachfolgenden Prozesse über die Hauptsache. — Wer in einem Konkursprozesse zur
Wahrnehmung der Gerechtsame eines Machtgebers überhaupt bevollmächtigt ist,
wird dadurch sowohl gegen den Kurator der Masse, als gegen einen Mitgläubiger
hinreichend legitimirt. Zur Zurücknahme eines Liquidats bedarf er jedoch einer
Spezialvollmacht.') — A. G. O. l. 3, Z. 30—35. — A. L. R. I. 13, Z. 99 bis
109. — Res«, vom 23. Juli 1838. Jahrb. S2, S. 172. Gräff 12, S. 118.
— Art. 7. der Deklar, vom 6. April 1839. GS. S. 126. — Rescr. vom 24.
April 1834. Jahrb. 43, S. 480. Gräff 8, S. 152. — Rescr. vom 9. Oct.
1835 und vom 17. Oct. 1835, in Mannkopf A. G. O. I. 287 fg.
Von der Form der Vollmacht.
§> 44. Prozeßvollmachten müssen allemal schriftlich ertheilt sein. Der Macht
geber braucht sie nicht gerade selbst geschrieben zu haben. Sie müssen von ihm
jedoch eigenhändig unterschrieben sein. Handlungsgesellschaften, bei denen ebenfalls
schriftliche Vollmacht ausreicht, können solche mit der Handlungsfirma unterzeichnen.
') Dies um deshalb, weil die Zurücknahme zugleich eine Verzichtleistung auf das
in das Vermögen des Gemeinschuldners erlangte Pfand- und das übrige »US
der Theilnahme an der Kreditmasse fließende Recht enthält.
85
Übrigens soll zu Prozeßvollmachten das gedruckte Vollmachtsformular > ) gebraucht,
und in ftempelpflichtigen Sachen der erforderliche Stempel verwendet werden. Fehlt
dem Aussteller ein Vollmachtsformular, so kann ein solches auch später dem vom
Machtgeber ausgestellten Vollmachtsblanquet umgeschlagen werden.
Die Prozeßvollmachten der des Lesens und Schreibens Unkundigen 2) müssen
gerichtlich oder notariel, und die der Blinden und Taubstummen gerichtlich aufge
nommen sein. Spezialvollmachten müssen, wenn vor Gericht auf Grund derselben
etwas verhandelt werden soll, vor Gericht oder Notar ausgestellt oder anerkannt,
und wenn aus gerichtlichen Depositorien Geld erhoben werden soll, gerichtlich sein.
Nur die von Ausländern im Auslände, 2) sowie die in dem Theile der Rheinpn-
vinz, in welchem noch die französische Gesetzgebung gilt, vor Notar ausgestellten
Vollmachten sind auch zur Gelderhebung aus Depositorien ausreichend. Bei letzteren
bedarf es jedoch der Legalisation der Unterschrift des Notars durch den kompetenten
Landgerichtspräsidenten. — Die von preußischen Gesandten und Residenten an aus
wärtigen Höfen attestirten Vollmachten sind den gerichtlichen gleich zu achten.
Sind Spezialvollmachten von Kollegien und Instituten, deren Beamte öffent
lichen Glauben haben, amtlich ausgestellt und mit dem Amtssiegel bedrückt, so be
dürfen sie keiner ferneren Bescheinigung mehr.
In außergerichtlichen Angelegenheiten ist es Sache des Dritten, welcher mit
dem Bevollmächtigten sich einlassen will, wie er sich von der Richtigkeit einer pri
vatim ausgestellten Spezialvollmacht überzeuge. Bloße Blanquets, auf welchen nur
der Name des Machtgebers, ohne Bestimmung des Geschäfts, wozu der Auftrag
gegeben worden, sich befindet, sind zu Spezialvollmachten niemals geeignet. Wer
aber ein Blanquet ohne Bemerkung des Geschäfts, zu dem es bestimmt, aus den
Händen giebt, kann gegen eine über die Ramensunterschrift gesetzte Bollmacht,
wenn sie gleich erst nach der Unterzeichnung darüber geschrieben worden, sich nicht
entschuldigen. — A. G. O. I. 3, §. 36—SS. — A. L. R. I. 13, z. 110—117.
Anh. z. 45 u. 46z — I. s, 172 fg. — Res«, vom 29. August 1S31 und vom 8.
Mai 1835 in Gräff, Koch ,c. III. S. 78 u. 1S1.
Besondere Borschriften in Betreff gewisser Vollmachtgeber.
§. 45. 1. Bormünder und Kuratoren müssen, wenn sie Bollmacht aus
stellen, dieser beglaubte Abschrift ihrer Bestallung beifügen. Der Inhalt der letztern
entscheidet beim Vorhandensein mehrer Vormünder, ob sie in jedem Falle ins Ge-
sammt oder einzeln einen Bevollmächtigten ernennen können. Der Mitunterschrift
i) Das Res«, vom 23. Juli 1838 (Jahrb. 52, S. 172) schreibt nachstehende«
Vollmachtsformular vor:
Prozeßvollmacht.
...... Endesunterschriebener bevollmächtige hierdurch den ......
Herrn zu .... zur Führung des von . . als
Kläger wider ....... als Verklagten vor dem .... Gericht zu ... .
über den nachstehenden Gegenstand : ......................
an . . . stell .... Prozesses, mit dem Auftrage, alles dasjenige in .... .
Namen vorzunehmen, was die Gerichte von dem Bevollmächtigten einer abwe
senden Partei zu fordern berechtigt sind. Insbesondere soll derselbe ermächtigt
sein : (of. §. 43 gck 4.)
Dessen zu Urkund habe . . . diese Bollmacht eigenhändig unterschrieben
und besiegelt. So geschehen .... am . . ten .... 18 . .
>) Von gemeinen Landleuten, die des Schreibens und Lesens unkundig sind, ist
eine vor den Dorfgerichten mit Zuziehung eines vereideten Gerichtsschreibcrs
aufgenommene Vollmacht hinreichend. — C5. z. 173, Tit. 5, I. A. L. R.
») Inländer, welche im Auslande sich aufhalten, müssen ihre Spezialvollmachten
pom Gesandten zc. attestiren lassen.

des Pflegebefohlenen bedarf es nicht. — Sind jene Kläger, so ist noch die Beifü
gung der obervormundschastlichen Autorisation zur Klage nöthig, wenn nicht etwa
Zinsen der einzige Gegenstand der Klage sind, oder der Vormund von obervormund-
schaftlicher Aufsicht befreit ist. — A. G. O. I. 3, g. 51 — 53.
2. Fiskale müssen sich als Vertreter des Fiskus durch de» Auftrag der den
Fiskus in dem desfallsigen Prozeß vertretenden Behörde legitimiren. (ek. oben Z. 15,
I.) das. z. 5«, I. SS, K. 3.
3. Wird in Prozessen der Standesherrn ein Bevollmächtigter gewählt, so kann
die Vollmacht von der standesherrlichen Domanial-, Rent- oder Verwaltungsbehörde,
in deren amtlichen Wirkungskreis die Sache einschlägt, dann vollgiltig ausgestellt
werden, wenn diese Behörde ein Kollegium bildet, oder wenn der einzelne Beamte
für sein Amt gerichtlich verpflichtet ist. — z. 3S der Jnstr. vom 30. Mai 182«.
GS. S. 81.
4. Bei Domkapiteln und Kollegiatstiftern müssen die Vollmachten von
dem Dechanten, oder in dessen Abwesenheit von dem Senior, bei Klöstern von
dem Prälaten, Abt, Probst, Prior, Guardian oder von der Äbtissin, Priorin zc.
nebst zwei Konvcntualen unterschrieben, und jederzeit des Domkapitels, Stifts oder
Klosters gewöhnliches Jnsiegel beigedruckt werden. Sollten besondere Statuten eines
Kapitels, Stifts zc. mehr fordern, so muß diesem pünktlich nachgelebt werden,
sieht jedoch die unterlassene Beobachtung dieser besondern Form eine Nichtigkeit der
Verhandlungen nach sich, so müssen die Aussteller der Bollmacht für alle daraus
entstandenen Schäden und Kosten aus eigenen Mitteln einstehen. A. G. O. I. 3,
Z. 45, 46. — A. L. R. II. 11, Z. 1022 fg.; §. 1054 fg.
5. Su Prozessen über Kirchenvermögen ist die Vollmacht für den Ver
treter der Kirche von den Vorstehern derselben und dem Patron, oder vom Kir-
chenkollegio, oder in deren Ermangelung vom Pfarrer zu unterfchreiben. Dabei ist
jedesmal das Kirchensiegel beizusetzen. In Fällen, s) wenn die Vorsteher, der Pa
tron oder das Kirchenkollegium sich weigern, wirkliche Rechte der Kirche vor
Gericht wahrzunehmen, oder b) wenn gegen den Patron oder das Kirchenkollegium
selbst Prozeß geführt wird, bestellen die geistlichen Obern von Amtswcgen einen
Bevollmächtigten.
Betrifft der Prozeß Pfarr? oder B ene fiziatgut, so erhält der Bevoll
mächtigte die Vollmacht vom zeitigen Nießbraucher (Pfarrer, Benefiziaten zc.) und
den Vertretern der Kirche als Eigenthümcrin. — A. G. O. I. 3, §. 47. — A. L. R.
II. 11, z. 653—661; Z.778. — Refcr. vom 23. August 1822. Jahrb. 2«, S.35.
6. Die für Schulen, Hospitäler, Waisen- und Wittwenanstalten
oder andere fromme Stiftungen auszustellenden Vollmachten müssen von den
Vorstehern oder Administratoren unterschrieben und mit dem ihnen anvertrauten
Siegel bedruckt werden. — Ist unter dieser Vollmacht von der, der Stiftung oder
Anstalt vorgesetzten obern Behörde attcstirt, daß die Unterschriebenen zur Ausstel
lung derselben berechtigt seien, so vertrit diese Bescheinigung in dem Falle, wo zum
Prozeß besondere höhere Genehmigung nöthig ist, die Stelle dieser Genehmigung. —
A. G. O. I. 3, Z. 47, 48.
7. Vollmachten, welche von Gilden oder Gewerken ausgestellt werden
sollen, müssen von den Altmeistern unterschrieben, und mit dem Gilde- oder Ge
werkssiegel bedruckt sein. Demnächst muß vom Beisitzer der Gilde oder des Ge-
werks, oder in dessen Ermangelung von einer Gerichtsperson des Orts unter der
Vollmacht attestirt werden, daß die Unterschriebenen wirklich die sind, für welche sie
sich ausgegeben haben. — a. a. O. Z. 49.
8. Soll von einem Kollegio eine Vollmacht ausgestellt werden, so muß sie vom
Dirigenten eher dem den Borsitz führenden Mitglieds, nebst einem oder zwei andern
8?
Mitgliedern unterschrieben und mit des Kollegii Jnsicgel bedruckt sein. — Kommt
es aber bei Regreßklagen oder sonst auf das Privatinteresse der einzelnen Mitglieder
an, so muß die Vollmacht von ihnen sämmtlich ausgestellt werden. — In Ansehung
auswärtiger Kollegien ist aus den Gerichtsgebrauch jedes Orts Rücksicht zu nehmen.
— §. 44 a. a. O.
9. Korporationen und Gemeinden') aller Art können sich in ihren
Rechtsangelegenheiten durch ihren Syndikus oder sonstigen Repräsentanten vertreten
lassen. Derselbe muß jedoch sowohl zur Anstellung der Klage als zur Einlassung
auf eine solche sich durch einen besondern Auftrag legitimiren. Fehlt ein Repräsen
tant oder Syndikus, so trit die Pflicht zur Wahl von zwei oder drei Deputirten
oder eines sonstigen Bevollmächtigten ein. — Zur giltigen Beschlußnahme einer
Korporation oder Gemeinde über die Ausstellung einer Vollmacht ist nothwendig,
daß entweder s) sämmtliche Mitglieder derselben unter Bekanntmachung des
Gegenstandes der Berathung zu einer Versammlung eingeladen werden, und
dann ist der von den Erschienenen, ohne Rücksicht auf ihre Zahl, gefaßte Beschluß
für die Nichterschienenen bindend; oder d) jene Bekanntmachung ist mit der Ein
ladung nicht verbunden. Dann müssen wenigstens zwei Drittheile der Mitglieder
gegenwärtig sein, wenn ein giltiger Beschluß zu Stande kommen soll. — I. 3, S.
39 A. G. O. — II. 6, Z. 143—151; §. 51—63 A. L. R.
Was insbesondere die von Stadt- und Dorfgemeinden auszustellenden Voll
machten anbetrifft, so werden
^. die Stadtgemeinden im Prozesse in der Regel vom Magistrate vertreten.
Die für die Bevollmächtigten der Stadt zu ertheilenden Vollmachten müssen daher
in der Regel vom Magistratsdirigenten und einem oder zwei Mitgliedern unter
schrieben, und mit dem Magistratssiegel versehen sein.
In Fällen, wo die Bevollmächtigten der Stadtverordneten nach den Gesetzen
einer Spezialvollmacht von der Versammlung der Stadtverordneten bedürfen, ver-
trit ein vom Magistrate des Orts bestätigtes Zeugniß: „daß durch einen gesetzlich
abgefaßten Beschluß der Stadtverordnetenversammlung die Bevollmächtigten bevoll
mächtigt seien," die Stelle der Vollmacht.
1) In den Städten, in welchen die Städteordnung vom 17. März 1831 gilt,
müssen Urkunden, welche die Stadtgemeinden verbinden sollen, also auch Voll
machten, vom Magistrate ausgestellt, und vom Bürgermeister oder Oberbür
germeister unterschrieben werden. Doch muß diesen Vollmachten erforderliche»
Falls der Genehmigungsbeschluß der Stadtverordnetenversammlung, oder wenn
verfassungsmäßig statt desselben eine Entscheidung der Regierung ergangen ist,
diese Entscheidung in bcglaubter Form beiliegen.
2) In Städten, in welchen keine der beiden Städteordnungcn gilt, kommt nur in
Prozessen wegen Kämmereivermögens das g<1 ^ Bestimmte zur Anwendung.
Bei Prozessen dagegen, welche Bürgervermögen betreffen, erfolgt die Wahl der
Bevollmächtigten nach Maßgabe der s6 ö gegebenen Bestimmungen. Da, wo
besondere Repräsentanten der Bürgerschaft vorhanden sind, bedarf es dann jedoch
nur der Vernehmung dieser Repräsentanten, und nicht der ganzen Bürgerschaft,
über die zu ertheilende Vollmacht. Jene müssen aber bei deren Vollziehung
jedesmal nachweisen, daß sie dazu nach der bestehenden Verfassung des Orts,
von ihren Kommittenten autorisirt worden sind.
S. Die Bollmachten der Dorf- und der Stadtgemeinden (die der letztern jedoch
') Die Regierungen find nicht befugt, Namens einer Gemeinde wider de,ren
Willen Prozesse führen zu lassen, vielmehr ist dazu ein Beschluß der Gemeinde
erforderlich. — Erk. des Geh. Obertribunals vom 15. Juli 1S35. Cmtr.-Bl,
1839, S. 709.
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nur ausnahmsweise) ') müssen jederzeit gerichtlich ausgestellt werden. Das Versah
ren bei Aufnahme ist folgendes :
g) Es wird ein gerichtliches Protokoll aufgenommen und darin bemerkt:
1) aus wie viel Mitgliedern der sorgfältig geschehenen Nachfrage zufolge die
Gemeinde bestehe;
2) wie viel von diesen Mitgliedern erschienen sind, und wie dieselben mit Vor-
und Zunamen heißen, auch ob es Bauern oder Kossäten :c. sind;
3) welche Mitglieder ausgeblieben sind, und was die Erschienenen für Ursachen
des Ausbleibens eines jeden angeführt Habenz
4) ob sämmtliche Erschienenen einig sind, daß und auf wen die Vollmacht aus
gestellt werden solle. Ergiebt sich, daß die Stimmen der Gemeinde getheilt
sind, so müssen die Difscnticntcn, wenn deren Vor- und Zunamen im Pro
tokoll verzeichnet worden, über die Gründe ihres Widerspruchs vernommen,
und ihre Erklärungen ausführlich zum Protokoll niedergeschrieben werden.
Sind in Ansehung des Ausbleibens einiger Mitglieder keine erheblichen
Gründe angeführt, und entsteht Verdacht, daß die Erschienenen vielleicht die
Absicht haben könnten, die ausgeschlossenen Mitglieder zu entfernen, so ist darauf
zu dringen, daß auch diese Mitglieder herbeigerufen werden, um ihre Erklärung
abzugeben.
d) Nach dem, was nach Inhalt des aufgenommenen Protokolls durch Mehrheit
der Stimmen beschlossen worden, wird die Bollmacht hiernächst ausgefüllt, den
Erschienenen vorgelesen, und von sämmtlichen, oder den einwilligenden Mitglie
dern vollzogen, welche jederzeit den größten Theil der Gemeinde ausmachen
müssen.
c) Das die Vollmacht aufnehmende Gericht bescheinigt auf Grund des aufgenom
mene» Protokolls die gerichtliche Vollziehung, und bemerkt: aus wie viel Mit
gliedern die Gemeinde bestehe, wie viele derselben erschienen sind, auch ob und
wie viele unter diesen die Vollmacht zu vollziehen Bedenken getragen haben. —
Sind von Einzelnen gegen die Vollziehung Bedenken erhoben, so muß jedesmal
beglaubte Abschrift des aufgenommenen Protokolls dem Gericht, bei welchem die
Vollmacht gebraucht werden soll, von Amtswegen gesendet werden. 2) — A. G.
O. I. S, ß. 39—43. Anh. §. 46 u. 47. — Revid. Städteordn. vom 17. März
1831, S. 79, 80, 112, 114, 115, 127. GS. S. 10. — Jnstr. zu deren Eins,
vom 17. März 1831. GS. S. 34, z. 7—13. — Refcr. vom 17. Ott. 1835.
Jahrb. 46, S. 501.
Verfahren bei mangelhaften Vollmachten und Folgen einer
falschen Vollmacht.
§. 46. I. Wird eine Vollmacht eingereicht, bei welcher im Äußerlichen eines
der vorstehend festgesetzten Erfordernisse nicht gehörig beobachtet worden ist; so muß
das Gericht den Bevollmächtigten anweisen, binnen einer, nach den Umständen zu
bestimmenden kurzen Frist, eine vorschriftsmäßig eingerichtete Vollmacht beizubrin
gen. Inzwischen muß jedoch derselbe zugelassen werden. Wenn aber s) da, wo die
Gesetze eine gerichtliche Vollmacht erfordern, eine bloße Privatvollmacht beigebracht,
') Nämlich in den Fällen, wo die Stadtgemeinde selbst Vollmacht ertheilen muß,
wie z. B. im Falle ack ^ 2, oder wenn die Mitglieder der Stadtgemeinde als
Kirchengcsellschaft klagen oder verklagt werden :c.
2) Nach dem Gerichtsgebrauch wird meistens in das nach sl—4 aufgenommene
Protokoll zugleich der Beschluß in Betreff der Bevollmächtigung mit aufge-
. nommen, und dies Protokoll als die Vollmacht selbst dann ausgefertigt. Dies
Verfahren ist offenbar einfacher und zweckmäßiger.
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oder b) wo sie eine ausdrückliche Spezialvollmacht erheischen, dieselbe auf die vor
zunehmende Handlung nicht gerichtet, oder «) die Vollmacht dergestalt fehlerhaft
abgefaßt wäre, daß daraus nicht ersehen werden könnte, wer sie ausgestellt habe,
oder auf wen sie gerichtet sei, oder zu welcher Sache sie gebraucht werden solle; so
kommen die Z. 42 für den Fall, wo gar keine Vollmacht beigebracht ist, gegebenen
Vorschriften zur Anwendung.
II. Hat Jemand eine Partei auf Grund einer falschen Vollmacht vertreten, so
steht dieser Partei in Gemäßheit der im Titel „von der Nullitätsklage" vorzutra
genden gesetzlichen Bestimmungen zu, das Verfahren anzufechten. Der falsche Be
vollmächtigte ist im Falle der nicht erfolgenden Genehmigung für Schaden und
Kosten verantwortlich, und in fofern ein Falsum verübt ist, strafbar.
Will eine Gegenpartei zeitig dem vorbeugen, so kann sie beantragen, daß, je
doch auf ihre Kosten, die vom abwesenden Gegentheil angeblich ausgestellte Voll
macht dem Aussteller persönlich zur Anerkennung vorgelegt werde. Inzwischen muß
sie dennoch mit dem sie angebenden Bevollmächtigten die Sache vor der Hand fort
setzen, und die Instruktion kann bis zur erfolgten Berichtigung des RekognitionS-
punktes nur dann ausgesetzt werden, wenn eine solche Partei erhebliche Gründe zur
Besorgniß einer Unrichtigkeit angegeben, und einigermaßen bescheinigt hat. — A. G.
O. I. 3, §. 54, 6S-70.

Pflichten und Verhältniß der Bevollmächtigten im Prozesse.


§. 47. I. Justizkommissarien sind, als öffentlich zur Vertretung der Parteien
vor Gericht bestellte, Personen verpflichtet, angetragene Aufträge der Art zu
übernehmen. Sie können sie nur aus erheblichen Gründen ablehnen, und zwar
haben sie sowohl das Recht als die Pflicht dazu:
1) wenn eine Partei ihren Dienst zu einer widerrechtlichen, betrüglichen, und auf
die Verkürzung des Gegentheils oder eines Dritten abzielenden Handlung begehrt;
2) wenn sie von dem Ungrunde der Forderung oder Weigerung einer an sie sich
wendenden Partei überzeugt sind. Wird ein Justizkommissar als Ofsizialanwalt
bestellt, so muß er die Vertretung übernehmen, und, wenn auf geschehene Be
lehrung die Partei von der Unstatthaftigkeit ihres Anspruchs oder ihrer Einwen
dungen sich nicht überzeugen kann, von den zu deren Unterstützung ihm an die
Hand gegebenen Gründen treulich Gebrauch machen.
3) Wenn ein Justizkommissar mit Geschäften dergestalt überhäuft ist, daß er neue
Aufträge mit der erforderlichen Sorgfalt und Pünktlichkeit nicht würde aus
richten können, so muß er die Parteien damit an seine Kollegen verweisen.
4) Wenn ein Justizkommissar einer Partei bereits früher als Konsulent oder Be
vollmächtigter in einer Sache gedient hat, so darf er in derselben Angelegenheit
vom Gegner keinen Auftrag übernehmen, ihm auch nicht mit Rath und Gut
achten beistehen.
Armen Parteien müssen Justizkommissarien mit ihrem Amte unentgeltlich
dienen, wenn sich dieselben an sie wenden, oder wenn sie von Amtswegen ihnen
zugeordnet werden.
II. Der Bevollmächtigte, Juftizkommiffar kann nur diejenigen Geschäfte, welche
den Betrieb des Prozesses zwischen den Terminen und die sogenannte Prokuratur
betreffen, durch einen Substituten wahrnehmen lassen. Eigentliche Jnstruktionsver-
handlungen dagegen muß er selbst abwarten, und er kann zu diesen nur bei eigener
Verhinderung durch Krankheit, Abwesenheit oder andere erhebliche Ehehaften auf
Grund ausdrücklicher Ermächtigung einen Substituten senden. Als solcher wird
dann der vom Machtgeber ernannte, sonst der vom Bevollmächtigten gewählte, und
mit schriftlichem Ausweis versehene zugelassen. >)
III. Das Erscheinen eines Bevollmächtigten an Stelle der Partei ändert nichts
in der Art der Verhandlung. Der Bevollmächtigte muß gehörig informirt erschei
nen; er muß die nöthigen Antworten und Auskünfte eben so fach- und der Wahr
heit gemäß, auch vollständig geben, wie es von der Partei gefordert werden kann;
er darf sich nicht die Direktion des Prozesses anmaßen, und nicht das Protokoll
diktiren. Nur dann, wenn er am Schlüsse des Protokolls bei dessen Vorlesung
findet, daß etwas von seinen Angaben oder Anträgen nicht vollständig genug oder
nicht seiner eigentlichen Meinung und Absicht gemäß niedergeschrieben worden, steht
ihm frei, dergleichen Nachträge wörtlich niederschreiben zu lassen. Doch müssen der
gleichen Nachträge keine dahin nicht gehörigen Rechtsdeduktionen, und noch weniger
künstliche Wendungen oder Verdrehungen der die Thatsachen betreffenden Angaben
der Partei oder des Gegentheils enthalten.
IV. Der Bevollmächtigte muß daher von der Partei stets die nöthige Infor
mation einziehen, und falls er sie nicht erlangen kann, dem Gericht allenfalls unter
Vorlegung der Manualakten Anzeige machen. Auch muß er stets der Partei über
die Lage des Prozesses Auskunft geben, um dadurch Beschwerden und Belästigun
gen der Gerichte vorzubeugen.
V. Der Bevollmächtigte muß ordentliche und vollständige Manualaktcn halten,
und sie auf Erfordern dem Gericht vorlegen. — A. G. O. I. 3, §. Sö, 56, 71 bis
77; III. 7, §. 26, 43; Z. 25. — A. L. R. I. 13, §. 13, 20 fg.
Vom Erlöschen der Prozeßvollmacht.
Z. 48. Die Vollmacht erlischt:
1. durch Widerruf. Dieser steht dem Machtgeber jederzeit zu. Doch hat
der Widerruf nur von dem Zeitpunkte an rechtliche Wirkung, da derselbe dem Ge
richte, bei welchem die Vollmacht übergeben worden, vom Machtgeber angezeigt,
oder sonst glaubhast bekannt wird. Was daher der Bevollmächtigte vor diesem
Zeitpunkte, obgleich nach schon erklärtem Widerrufe, verhandelt hat, wird durch
letztern nicht entkräftet. 2) — Bestellt die Partei beim Widerruf keinen andern Be
vollmächtigten, und nimt auch ihre Rechte nicht selbst wahr, so kann sie zur Wahl
eines Vertreters unter Bestimmung einer Frist aufgefordert werden. Unterläßt sie
es dennoch, so trifft sie die Schuld, wenn die Sache liegen bleibt, oder in eontu-
msoism verhandelt wird.
2. Sie erlischt durch den Tod des Machtgebers nur dann, wenn der
Gegenstand des Streits so beschaffen ist, daß nicht die Erben, sondern Singular
sukzessoren «) in die Stelle des Verstorbenen treten. In diesem Falle muß das
Gericht, sobald es vom Tode des Machtgebcrs Kenntniß erlangt, den Singularsuk
zessor von Amtswegen benachrichtigen, und ihn zur Bestellung eines Bevollmächtig-
>) Durch ihre Privatsekretaire dürfen sich Justizkommissare in Terminen nicht
vertreten lassen. — Refcr. vom 31. Januar 1837. Jahrb. 4S, S. 172. —
Sie können überhaupt nur solche Substituten wählen, welche zu den vorzu
nehmenden Geschäften persönlich qualifizirt sind, also hauptsächlich Justizkom
missarien. Dies ist eine stillschweigende Voraussetzung des Machtgebers, als er
ihnen Substitutionsbefugniß gab.
>) Doch muß, wenn dem Machtgeber durch diese nach geschehenem Widerruf vom
Bevollmächtigten vollführten Geschäfte Nachtheil erwachsen ist, dieser jenem
dafür aufkommen. — §. 169, I. 13 A. L. R.
») Als solche kann man jene bezeichnen, auf welche nicht in Folge des Erbrechts,
sondern auf Grund spezieller Bestimmung ein einzelner vom Erblasser zurück
gelassener Gegenstand übergeht. Z. B. der Fideikommiß-, der Lehns,-Nach-
solger zc. , >
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ten unter Beftimmuug einer Frist auffordern. Wahrend dieser Frist kann der frü
here Bevollmächtigte nur zu solchen Jnstruktionsvcrhandlungcn, bei welchen Gefahr
im Verzuge obwaltet, und wenn die Frist vergeblich abläuft, für die ganze Instruk
tion zum Offizialanwalt bestellt werden; und der Singularsukzessor muß die mit
diesem geschehenen Verhandlungen so anerkennen, als wenn er ihn bevollmächtigt hätte.
In allen andern Fällen wird durch den Tod des Machtgebers die Vollmacht
nicht aufgehoben. Der Bevollmächtigte ist jedoch schuldig, das Absterben de«
Machtgebers, so bald es zu seiner Wissenschaft gelangt, nebst Allem, was ihm von
dem Namen und Auftnthalte der Erben bekannt ist, dem Gericht anzuzeigen, auch
den Erben von seinem Auftrage und der Lage der Sache Nachricht zu geben, und
ihnen zu überlassen : ob sie den ferneren Betrieb der Sache selbst besorgen, oder die«
selbe einem andern Bevollmächtigten auftragen wollen. Inzwischen muß er die
Sache fortsetzen, so lange noch nicht ein anderer Bevollmächtigter von den Erben
ernannt ist. >)
In den Z. 45 bezeichneten Fällen bedarf es keiner Erneuerung der Vollmacht,
wenn sich auch mit den Personen, welche sie als Mitglieder einer Korporation, oder
vermöge ihres Amts ausgestellt haben, eine Veränderung ereignet.
3. Jede Vollmacht verliert durch den Tod des Bevollmächtigten ihre
verbindliche Kraft. 2) Will dessen Erbe die vom Erblasser angefangenen Geschäfte
beendigen, so muß er eine neue auf ihn selbst gerichtete Bollmacht beibringen.
Sobald das Gericht den Tod des Bevollmächtigten erfährt, muß es den Macht
geber von Amtswegen benachrichtigen und zur Bestellung eines andern Bevollmäch
tigten auffordern. Ist ein Substitut vorhanden, so wird,
«) wenn derselbe von der Partei selbst, oder auf Grund ausdrücklicher in der Voll,
macht ausgesprochener Befugniß vom Bevollmächtigten gewählt ist, mit dem
selben die Instruktion ununterbrochen fortgesetzt;
d) wenn er vom Bevollmächtigten ohne diese ausdrückliche Befugniß gewählt ist,
muß der Partei zugleich mit der Todesnachricht eine Frist zur Bevollmächtigung
des Substituten oder eines Andern gesetzt werden. Während der Frist besorgt
der Substitut nur solche Jnstruktionsverhandlungen, bei welchen Gefahr im
Verzuge obwaltet. Bei fruchtlosem Ablauf der Frist wird die ganze Instruktion
mit dem Substituten fortgesetzt, und die Verhandlungen sind für die Partei
ebenso verbindlich, als wenn sie den Substituten bevollmächtigt hätte. ')
4. Der Bevollmächtigte kann im Prozesse den Auftrag, selbst ohne An
führung und Bescheinignng besonderer Gründe aufkündigen. Doch darf dies
nicht zur Unzeit, d. h. nicht im Laufe einer Instanz erfolgen. Erfolgt die Kündigung
s) im Laufe einer Instanz, so ist der Partei dies zwar bekannt und die Bestellung
eines andern Bevollmächtigten zur Pflicht zu machen; sie dazu, wenn besonders
-) Auch zu Erekutionsanträgen ist er legitimirt. So lange jedoch die Erben des
Machtgebers bei den Prozeßakten ihre Legitimation als Erben nicht geführt
haben, wird der, dem Schuldner zu behändigenden Zahlungsanweisung beizu
fügen fein, daß, wenn er gegen die Legitimation der Erben ein Bedenken habe,
ihm überlassen bleibe, nach §. 21,5 fg., Tit. 16, und 8- 15S fg., Tit. 17, Th.
I. A. L. R. ein gehörig begründetes Depositionsgesuch innerhalb der im Man
date bestimmten Zahlungsfrist einzureichen. — Rescr. vom 24. Juli 1340.
I. M. B. S. 272.
^) Gleiches muß auch angenommen werden, wenn der Bevollmächtigte unfähig
wird, feinen eigenen Geschäften vorzustehen, oder wenn er auf andere Weise
seine Qualifikation zu Übernahme von Prozeßgeschöften, z. B. durch Kassation,
verliert.
») Der auf diese Weise vom Gericht zugeordnete Substitut kann gegen den, wel
chen er vertrit, wegen seiner Gebühren auf Grund des Festsetzungsdekrets eben
falls im Mandatsprozesse klagen. — Cl. R. v. 10. April 1843. I. M. B. S. 11V.
erhebliche Ursachen der Kündigung angeführt und bescheinigt worden,') auch
allenfalls durch Strafbefehle, anzuhalten. Doch muß, wenn die Partei diesem
nicht nachkommt, der bisherige Bevollmächtigte die Sache bis zum Schlüsse der
Instanz fortsetzen. Ist ihm dies nicht möglich, so wird, wie im Falle unter
Nr. 3, der etwa vorhandene Substitut zugezogen, und in dessen Ermangelung
ein Offizialanwalt zugeordnet,
b) Kündigt der Bevollmächtigte nach beendigter Instanz, oder hat im Falle «6 z
der Machtgeber nicht nur die zur Bestellung eines andern Bevollmächtigten ihm
gesetzte Frist versäumt, sondern auch damit gezögert, bis die Instruktion in der
laufenden Instanz völlig geschlossen, und darin erkannt worden z so ist der bis»
herige Bevollmächtigte nicht schuldig, sich der Sache weiter im Geringsten anzu
nehmen. Auch der Richter hat keine Verbindlichkeit, für deren Betrieb ferner
von Amtswegen zu sorgen. Die nachlässige Partei trägt allein die Schuld,
wenn die Sache liegen bleibt, oder auf Antrag des Gegners in eootumsoism
«erfahren wird. — A. G. O. I. 3, §. 57— 67. — A. L. R. I. 13, z. 1S2,
163, 169.
') Hiernach kann die Kündigung nach beendigter Instanz ohne und mit Ursachen,
die während der Instanz aber nur mit erheblichen Ursachen erfolgen.
Besonderer Theil.

Fünfter Titel.
»on der «läge, und zwar:
^. von deren Anmeldung.
§. 49. Der Klage muß nicht nothwendig eine Klageanmeldung vorausgehen.
Die Klage kann von vornherein vollständig eingereicht oder zu Protokoll gegeben
werden. Die bloße Anmeldung geschieht meist, um der Verjährung vorzubeugen,
oder um einen Termin zur Klageaufnahme, «der die Ernennung eines Ossizial-
anwalts zu erlangen.
Diese Anmeldung kann vom Kläger selbst «der von seinem Bevollmächtigten,
schriftlich oder mündlich zum Protokoll erfolgen. Bei jedem Gericht soll während
der Dienststunden stets eine Gerichtsperson zur Aufnahme von protokollarischen Ge
suchen dieser und anderer Art deputirt sein. —
Eine vollständige Klageanmeldung muß enthalten :
t) den Namen, Stand und Charakter des Klägers;
2) den Ort, wo er wohnhaft oder anzutreffen ist;
5) den Namen, Stand und Charakter des Beklagten und überhaupt solche Kenn«
zeichen, woran derselbe von Andern gleichen Namens hinlänglich unterschieden
werden kann;
4) den Wohn- oder Aufenthaltsort des Beklagten, oder statt dessen die Anzeige,
daß er ein Vagabund, oder sein dermaliger Aufenthalt völlig unbekannt ist;
ö) den Grund und Gegenstand der Klage wenigstens im Allgemeinen, damit der
Richter beurtheilen könne, ob die Sache zu seiner «der einer andern Gerichts
barkeit gehöre;
6) die Erklärung des Klägers: «b er persönlich oder durch einen Bevollmächtigt«
die Instruktion abwarten wolle;
7) falls Kläger die Zuordnung eines Rechtsbeistandes oder Bevollmächtigten will,
den desfallsigen Antrag; und
8) wenn ein Bevollmächtigter die Klage anmeldet, muß seine Vollmacht oder eine
nothdürftige Bescheinigung des Auftrags beiliegen und angegeben sein, «b die
Vertretung auch im Laufe des Prozesses erfolgen wird.') — A. G. O. I. 4,
§. 1-Z; 8. 9, 10, 22.
') Der 8. 16, Tit. 4 A. G. O. ordnete eine Ergänzung der Klageanmeldung an,
wenn sie unvollständig. In der Praxis wird dies für eine unnütze Weitläuf-
tigkeit erachtet, und auf die unvollständige Klageanmeldung sofort die Klage
selbst veranlaßt. Die Vollständigkit der Klageanmeldung kann aber bisweilen

Verfügung auf die Klageanmeldung.
Z. 50. Jede Klageanmeldung muß dem Dirigenten oder Präsidenten des Ge
richts, und in Sachen, welche einem bestimmten Kommissarius ein für allemal zu
gewiesen sind, diesem zugestellt werden. Dieselben müssen
1) wenn aus jener zu entnehmen, daß die Sache offenbar nicht zu dem Gericht,
bei welchem die Klage angemeldet ist, gehört, den Klager, wenn er noch anwe
send, sofort mündlich, sonst schriftlich darüber bescheiden, allenfalls auch das
Schriftstück an die kompetente Behörde senden;
2) wenn die Inkompetenz nicht klar erhellet, und s) der auswärts wohnende Klä
ger, welcher zum Protokoll die Klage anmeldet, noch auf dem Gericht gegen
wärtig ist, diesen sofort mündlich an einen Deputirten verweisen, damit derselbe
die Klage bald oder in einem zu verabredenden Termin aufnehme; und b) auf
andere protokollarische oder schriftliche, von der Partei selbst oder einem Man
datar geschehene Anmeldungen einen Dezernenten ernennen, in so fern nicht der
prüfende Kommissarius zugleich Dezernent bleibt.
Der Dezernent prüft zunächst ss) die Kompetenz des Gerichts. Ist der Ge
richtsstand nicht begründet, so wird Kläger durch schriftliche Resolution an den
gehörigen Richter verwiesen; Kb) im andern Falle wird die Einreichung oder
Aufnahme der Klage verfügt, je nachdem das Gericht mit Rücksicht auf die
Person des Klägers und des Gegenstandes, oder mit Rücksicht darauf, daß Klä
ger einen Bevollmächtigten gewählt, oder verlangt und erhalten hat, das eine
oder andere für zweckmäßiger hält. Sollte schon das Klageanmeldungsgesuch
oder Protokoll eine vollständige Klage enthalten, so wird es als wirkliche Klage
behandelt. — Wird der Partei oder dem Bevollmächtigten die Einreichung
der Klage aufgegeben, so wird ihm zugleich eine Frist, und die Warnung gestellt:
daß beim Nichteingang der Klage innerhalb der Frist die Klageanmeldung aus
Kosten des Klägers weggelegt wird. — Erscheint die Aufnahme der Klage
zum gerichtlichen Protokoll zweckmäßiger, so wird gleichzeitig vernünftig
beurtheilt: ob dieselbe durch einen Deputirten an gewöhnlicher Gerichtsstelle,
oder durch einen Kommissarius am Wohnorte des Klägers, oder an einem drit
ten Orte') erfolgen solle. In der hierauf an den Kläger oder dessen Vertreter
ergehenden Vorladung wird demselben der angesetzte Termin, der Ort der Ab
haltung, und der Deputirte oder Kommissarius bekannt gemacht, und ihm eröff
net, daß bei seinem Ausbleiben die Sache auf Kosten des Klägers weggelegt
wird. — Beim Nichteingang der Klage innerhalb der Frist, oder beim Ausblei-
und namentlich in Bezug auf den Einwand der Verjährung von Einfluß sein.
Nach z. SSI, Tit. 9, I. A. L. R. wird die Verjährung durch Nichtgebrauch
durch die Klageanmeldung unterbrochen. Kann ein Gesuch als solche nicht
erachtet werden, so wird die Unterbrechung bezweifelt werden müssen. Der
Richter wird daher ein solches Gesuch vervollständigen lassen müssen, wenn die
Vervollständigung vor Ablauf der Verjährungsfrist geschehen kann, während die
Klageaufnahme über diese Frist hinausgeschoben werden würde. Für den Fall,
^ daß Jemand Behufs Unterbrechung der Verjährung dem Richter seinen Anspruch
blos anzeigt, sich aber das weitere Verfahren verbittet, ordnet das Rescr. vom
22. Jan. 1841 (I. M. B. S. 6S) an, daß dem Kläger eröffnet werde: seine
Änzeige genüge zur Unterbrechung der Verjährung nicht, weshalb er eine voll
ständige Klageanmeldung nach Vorschrift §. 2, Tit. 4 Pr. O. einzureichen, oder
sich zur Aufnahme einer vollständigen Klage einzufinden habe. Ob er dann
die Sache liegen lassen wolle, bleibe mit Rücksicht auf die desfallsigen rechtlichen
Folgen seiner Beurtheilung allein überlassen.
') Dies namentlich bei Krankheit des Klägers, oder, wenn es zur Aufnahme der
vollständigen Klage wesentlich aus Ansicht des Prozeßgegenstandes, dessen Lage
«der Beschaffenheit ankommt.
ben im Aufnahmetermin wird demnächst die gestellte Warnung realisirt. —
Wohnt Kläger in einem andern Gerichtsbezirk, so wird, wenn die Aufnahme
der Klage zum gerichtlichen Protokoll zweckmäßig erscheint, das betreffende Ge
richt darum ersucht. — ec) Jede zur Unterbrechung der Verjährung geeignete
Klagcanmeldung muß, auch wenn sie keinen Prozeß zur Folge hat, mit der
darauf erlassenen Verfügung der Gegenpartei mitgetheilt werden. — A. G O.
I. 3, z. 7; I. 4, Z. 4—24; l. 5, §. 3. — Allg. Verf. vom 20. Juli 1843.
I. M. B. S. 204.
Z. Von Einziehung der Information zur Klage und deren Auf
nahme resp. Anfertigung.
Z. 5t. I. Derjenige, welcher eine Klage zu Protokoll nehmen oder anfertigen
soll, hat
1) das Forum zu prüfen, d. h. er muß untersuchen, ob der Beklagte nach seiner
Person und seinem Stande, oder die Sache nach ihrer Beschaffenheit, vor das
Gericht, wo die Klage angemeldet worden, wirklich gehöre, oder ob der Beklagte
besonderer Bestimmung zufolge vor einer andern Instanz Recht zu nehmen habe.
Finden sich Zweifel, so muß Kläger zu deren Aufklärung veranlaßt werden.
2) Er muß den Kläger über etwaige Litispendenz, d. h. darüber fragen, ob wegen
des Gegenstandes, weshalb er klagen will, nicht bereits bei einem andern Ge
richte ein Prozeß anhängig, und darin schon Vorladung ergangen sei; auch wenn
dies wäre, warum er die Sache dort nicht fortsetzen wolle. Darüber, ob Prä
vention durchgreifend, bestimmt demnächst das Gericht durch Verfügung.
3) Es muß vom Kläger das Objett der Klage, besonders wenn es dabei auf kör
perliche Dinge ankommt, nach Lage, Grenzen, äußerer Form und Gestalt, Maß
und Gewicht und nach den übrigen Umständen, wodurch die Sache sich von
andern ähnlichen unterscheidet, genau und deutlich bestimmt werden, um in der
Folge allem Mißverständnisse, Jrrthum und Zweideutigkeit vorzubeugen. ' )
4) Ferner muß der Kläger zur ausführlichen Erzählung der Thatsachen, des Han
dels oder Vorgangs, worauf er seinen Anspruch gründet, nach allen Haupt-
und zur Erläuterung dienenden Nebenumständen vermocht werden, so daß so
gleich übersehen werden kann, wovon eigentlich die Rede ist, und wie durch die
vorgetragenen Thatsachen der Anspruch des Klägers begründet werden solle,
(speeies tscti).
5) Kläger muß ausdrücklich darüber vernommen werden, worauf sein Anspruch
eigentlich gehe, und wie weit er sich erstrecke, ob er z. B. nur Kapital, ob«
auch Zinsen, und aus welchen Gründen, fordere. (Petitum).
ü) Es ist auf Berichtigung des Legitimationspunktes Bedacht zu nehmen. 2)
Demzufolge muß z.B. der Bevollmächtigte zur Beibringung der Vollmacht, der
Vormund «der Kurator zur Beschaffung des Tutoriums oder Kuratoriums, und
wo es erforderlich, des obcrvormundschaftlichen Approbationsdekrets, der Zessio-
narius zum Ausweis der Zession; der Erbe zur Bescheinigung seines Erbrechts,
1) Klagt Jemand eine Waarenschuld ein, so genügt es nicht, wenn auf eine an
geblich dem Beklagten bereits zugestellte Rechnung Bezug genommen und diese
edirt verlangt wird. Es kann die Beibringung einer Rechnung oder doch
nähere Angabe der verkauften Waaren verlangt werdm. — Ls. Res«, vom
«. Mai 1832 in Gräff, Koch zc. Erg. III. S. 156.
2) In manchen Fällen lcgitimirt das Gesetz; dann ist die nähere Angabe des durch
dos Gesetz vorausgesetzten Verhältnisses nöthig. So z. B. ist die QuSstur der
berliner Universität zur Einklagung gestundeter Honorare aus den ihr darüber
ertheilten Reversen allein gesetzlich legitimirt. — Cab.-Ord« vom 4. Februar
1Si4. GS. S. öS.
sofern dies nicht notorisch ist, angehalten werden. Diese Bescheinigung des Erb
rechts erfolgt bei Testamentserben durch Beibringung des Testaments und der
Publikationsverhandlung, bei Vertragserben durch Beilegung des Vertrages und
Nachweis des Todes des Erblassers, wenn derselbe nicht bekannt ist; bei gesetz
lichen Erben durch Beschaffung eines gerichtlichen Erbeslegitimationsattestes.
Ist Kläger nur zu einem gewissen Theile Miterbe, so muß er zugleich durch
Beibringung des Erbtheilungsvertrages, oder des über den eingeklagten Anspruch
lautenden Dokuments, oder der Vollmacht von den übrigen Miterben nachweisen,
daß er zur alleinigen Anbringung der Klage legitimirt sei. — Übrigens ist ein
ganz vollständiger, und bis zur vollkommen rechtlichen Gewißheit gebrachter
Nachweis des Erbeslegitimationspunktes bei Anbringung der Klage nicht durch
aus nothwendig, sondern hinreichend, wenn nur Kläger den Grund seiner Legi
timation bestimmt angiebt, die darüber in seinen Händen befindlichen schriftlichen
Beweismittel vorlegt, und in Ansehung derer, welche er nicht sogleich vorlegen
kann, bestimmt anzeigt, worin sie bestehen, und wie sie erforderlichen Falls her
beizuschaffen sein werden. 2)
7) Ergiebt sich aus dem Vortrage des Klägers, daß er in Betreff des Streit
objekts mehre Theilnehmer hat, und ist: «) jenes theilbar, so muß Kläger
angehalten werden, entweder nur seinen Antheil einzuklagen, oder von den Mit
interessenten Vollmacht zur Einklagung des Ganzen beizubringen, oder die ihm
von selbigen geschehene Abtretung des Ganzen nachzuweisen, b) Ist dasselbe
seiner Natur nach untheilbar, so muß dies im Protokolle bemerkt werden. Bei
Bestimmung über die Einleitung der Klage wird demnächst zugleich mit Rück
sicht darauf: ob die zu einem solchen untbcilbaren Objekte gehörenden mehreren
Interessenten Mitglieder einer Korporation oder Gemeinde sind, oder ob ihr
Miteigenthum aus einem Vertrage oder unmittelbar aus dem Gesetze entsteht,
beurtheilt, in wiefern der zur Klage sich meldende Theilnehmer allein zum Pro
zesse verstattet, oder bis zum Beitrit der übrigen Theilnehmer zurückgewiesen
werden muß. «)
8) Ebenso muß geforscht werden, ob von Seiten des Beklagten mehre Theil
nehmer sind, und ob Kläger sie insgesammt, oder nur einen oder etliche in
Anspruch nehmen wolle. — Ist das Streitobjekt theilbar, und Kläger belangt
den einen Mitinteressenten nur auf dessen Antheil, so hat es dabei sein Bewen
den. — Fordert er aber das Ganze, oder ist die Sache ihrer Natur nach un
theilbar, so muß er entweder besondere Gründe, warum der in Anspruch ge-
1) Dies Attest ertheilt in der Regel dasjenige Gericht, unter welchem Erblasser
beim Ableben seinen persönlichen Gerichtsstand hatte. Ist dieser im Auslande
gelegen, und im Jnlande, wo Erblasser Grundstücke besaß, ein Erbeslegitima-
tioneattest nöthig, so muß, wenn das ausländische Nachlaßgericht dessen Er-
theilung verweigert, das inländische Gericht der vom Erblasser zurückgelassenen
Grundstücke sich der Erbeslegitimationsführung hinsichtlich der Erbfolge in
dies unbewegliche Vermögen unterziehen, und demnächst ein Erbeslegitimations-
' attest ertheilen. — ck. Res», vom 7. Dec. 184«. I. M. B. 1841, S. 71.
2) Ist ein Prozeß, der ermangelnden oder nicht vollständig geführten Legitimation
ungeachtet, einmal zur Instruktion eingeleitet, so kann die nachzuholende Aktiv
legitimation nicht unter der Warnung der Aktenweglegung, sondern nur unter
der Warnung des Kontumazialverfahrens und demnächstigen Erkenntnisses auf
gegeben werden. — Rescr. vom 1«. Dec. 1814. Jahrb. 4, S. 207. Gr äff
2, S. S7.
») Ein einzelnes Mitglied einer Gemeinde kann aus eigenem Rechte gegen eine
Person, die von der Korporation als Mitglied nicht anerkannt wird, auf Lei
stung von Beiträgen zu den Gemeindelasten nicht klagen. — Erkenntniß vom
12. Ott. 1S37 in Koch's Arch. 3, S. 220. , ^ . ^
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nommene Interessent für das Ganze zu haften schuldig sei, anführen; oder er
muß bedeutet werden, seine Klage gegen sämmtliche Interessenten zu richten. —
Mit Rücksicht auf Nr. 7 und 8 ist eine Sache für untheilbar zu achten, wenn
sie einem von mehren Interessenten nicht zu Statten kommen kann, ohne zu
gleich den übrigen gewährt zu werden, oder von sämmtliche» Interessenten ge
leistet werden muß, wenn sie dem Gegentheile zu Statten kommen soll, wie z. B.
Grundgercchtigkeiten.
9) Falls die Zuziehung dessen, von welchem die streitige Sache oder Forderung an
den Kläger gediehen ist, des Auktors, zur ferneren Verhandlung vom Kläger
ausdrücklich verlangt wird, oder auch nothwendig und rathsam erscheint, muß
nach demselben geforscht werden.
1V) Ferner muß untersucht werden, ob die Klage rechtzeitig angestellt sei. (Ob nicht
etwa die exeptio plus Petition is tempore zustände). Findet sich, daß
Kläger damit noch eine gewisse Zeit oder Begebenheit abwarten müsse, >) so
muß er dahin bedeutet werden, oder er muß Gründe, warum er zu warten nicht
verpflichtet, angeben. Eine Ausnahme findet statt bei den Kündigungsklagen.
11) Ebenso ist es zu halten, wenn sich findet, daß Beklagter dem Kläger erst
in suusiäium verhaftet, und also den Rechten nach zufördcrst der Prinzipal-
schuldncr in Anspruch zu nehmen sei. Kläger ist dann an diesen zu verwei
sen, sofern er nicht besondere Ursachen angeben kann, weswegen er, mit Über
gehung des Haupischuldners, sich sogleich an den Nebenschuldner oder Bürgen zu
halten berechtigt sei. 2) (exceptio excussioni» et orliims).
12) Ist die Sache von der Art, daß vom Kläger Kaution gefordert werden könnte,
(es. unten Tit. 9, 5,1b L), so muß er gefragt werden, wie er sie zu bestellen
gedenke.
13) Bei jedem vom Kläger behaupteten, und irgend erheblich erscheinenden Umstände
müssen für den Leugnungsfall Beweismittel angegeben oder beigebracht wer
den. Beruft sich Kläger a) auf Zeugen, so muß deren Namen, Stand und
Aufenthalt, auch, von welchem Umstände eigentlich jeder derselben, falls mehre
benannt sind, Wissenschaft haben solle, vermerkt werden; Ii) beruft er sich auf
Dokumente, so müssen sie im Original oder in getreuer Abschrift ?) beigebracht
werden. Bezieh« sich diese Dokumente auf andere, so muß Kläger, falls letztere
zur vollständigen Übersicht der Thatsache nöthig, auch diese beschaffen. Besitzt
Kläger die Urkunde gar nicht oder doch nicht das Original, so muß er sie im
ersteren Falle genau bezeichnen, ob sie ein Kontrakt, Brief, Testament, Protokoll
?c. sei; er muß ferner so genau und bestimmt, als es ihm möglich, angeben,
was daraus in Bezug auf die vorliegende Thatsache entnommen werden solle;
> ) So z. B. müssen die Mitglieder der Schützcnkompagnie zu Goldberg, bevor sie
gegen ein anderes Mitglied wegen Beleidigung beim ordentlichen Richter kla
gen, vorerst das Ehrengericht um vergleichsweise Beseitigung der Sache an
treten. — 8. 4 des Stat. vom 31. Jan. 1842, bestätigt am 13. April 1842.
I. M. B. S. 179.
2) Der Bürge kann vor dem Hauptschuldncr belangt werden: I) wenn der Haupt
schuldner auf Anhalten anderer Gläubiger zum Arrest gebracht, oder 2) wenn
bei Exekutionen auf Instanz anderer kein Erekutionsobjekt bei ihm gefunden
wird; 3) wenn der Bürge sich ausdrücklich als Selbstschuldner verpflichtet, oder
dem Einwände, daß der Hauptschuldner zuerst belangt werden müsse, gehörig
entsagt hat; 4) wenn der Hauptschuldner nicht mehr in den kgl. Landen belangt
werden kann; 5) wenn der Hauptschuldner durch richterliches Urtel zu län
gcrem als einjährigem Indult verstattet worden; 6) wenn über desselben Ver
mögen Konkurs eröffnet ist. — A. L. R. i. 14, K. 284, 297 — 300.
») Dies brauchen nicht vjdimirte Abschriften zu sein. — er. A. G. O. I. 5,
K. 17, Nr. 2.
98
in beiden Fällen aber muß Kläger denjenigen nennen, in dessen Händen das
Original sich befindet, auch angeben, woher cr wisse oder vermuthe, daß der
Angegebene das Dokument wirklich hinter sich habe, o) Beruft Kläger sich auf
des Beklagten eigenes Gcständniß, so sind Zeit und Umstände, unter denen es
abgegeben, ob es schriftlich oder mündlich abgegeben, wer dabei zugegen gewefen,
oder sonst Wissenschaft davon haben könne, zu erforschen. S) Fehlen dem Klä
ger andere Beweismittel, so ist er zu befragen, ob er sich des Eides bedienen
wolle, >) und zugleich sind ihm die Folgen dieses Beweises bekannt zu machen.
14) Auch über etwaige, dem Beklagten zustehende, nach der Natur des Geschäfts und
sonst zu vermuthende Einwendungen, namentlich, ob die einzuklagende For
derung durch Zahlung, Vergleich, Abrechnung ,c. getilgt, oder durch ein darüber
ergangenes rechtskräftiges Urtel abgethan sei; ob etwa dem Beklagten eine Ge
genforderung, wodurch die Forderung des Klägers aufgehoben werden könnte,
zustehe, ob Beklagter sich mit der Verjährung schützen möchte, und dergl. muß
Kläger gefragt, und darüber gehört werden, waS er von den etwa einzuwen
denden Thatsachen einräume oder leugne, oder was für Thatsachen cr entgegen
setze, und womit er diese darzuthun gedenke. —
Steht einem einzuklagenden Anspruch die Extinktivverjährung 2) entgegen, so
muß, um in Betreff dieses Anspruchs die Klage zu begründen, die durch die
2) BeiJnjurienZlagen fällt dies weg, da in Jnjuriensachen Eideszuschiebung unzulässig.
2) Diese Verjährung trit durch Nichtgebrauch des Rechts innerhalb der gesetzlichen
Frist ein, und bewirkt die rechtliche Vermuthung, daß die ehemals entstandene
Verbindlichkeit in der Zwischenzeit auf eine oder die andere Art gehoben wor
den. — z. 502 und 8. 5S8, Tit. 9, I. A. L. R. — Der Gegenbeweis zur
Beseitigung dieser Vermuthung kommt in neuerer Zeit häufig vor, da durch
neuere Gesetze in Betreff sehr vieler Ansprüche kürzere Verjährungsfristen ein
geführt sind. Es verjähren nämlich mit dem Ablaufe von zwei Jahren die
Forderungen :
j) der Fabrikunternehmcr, Kaufleute, Krämer, Künstler und
Handwerker für Waaren und Arbeiten, ingleichcn der Apotheker für
gelieferte Arzneimittel. — Ausgenommen hiervon find solche Forderungen,
welche in Bezug auf den Gewerbebetrieb des Empfängers der Waare oder
Arbeit entstanden sind;
2) der Fabrikunternehmer, Kaufleute, Krämer, Künstler und
Handwerker, wegen der an ihre Arbeiter gegebenen Vorschüsse;
3) der öffentlichen und Privat-Schul- und Erziehungs-, sowie der
Pensions- und Verpflegungs-Anstalten aller Art für Unterhalt,
Unterricht und Erziehung;
4) der öffentlichen und Privatlehrer hinsichtlich der Honorare, mit Aus
nahme der bei den Universitäten und andern öffentlichen Lehranstalten regle
mentsmäßig gestundeten;
5) der Fabrikarbeiter, Handwerksgesellen, Tagelöhner u. anderer
gemeiner Handarbeiter wegen rückständigen Lohns;
L) der Fuhrleute und Schiffer hinsichtlich des Fuhrlohns und Frachtgeldes,
sowie ihrer Auslagen;
7) der Gast- und Speisewirthe für Wohnung und Beköstigung.
Mit Ablauf von vier Jahren verjähren die Forderungen:
t. der Kirchen, der Geistlichen und anderer Kirchcnbeamten we
gen der Gebühren für kirchliche Handlungen;
2. der Kommissarien öffentlicher Behörden, der Justizkommissa-
rien und gerichtlichen Anwälte, der Notare, der Medizinalperso
nen mit Ausschluß der Apotheker, der Feldmesser und Kondukteure, der
Auktionskommissarien, der Mäkler, und überhaupt aller der Personen,
welche zur Besorgung bestimmter Geschäfte öffentlich bestellt oder zugelassen
sind, oder sonst aus der Übernehmung einzelner Arten von Aufträgen ein Ge
werbe machen, sowie der Zeugen und Sachverständigen wegen ihrer Ge
bühren, und Auslagen 5
SS
Verjährung begründete Bermuthung der inzwischen erfolgten Tilgung durch
vollständigen Gegenbeweis widerlegt werden. Dieser Gegenbeweis muß
darauf gerichtet werden: „daß der Beklagte, wenn er von dem Einwände der
Verjährung Gebrauch machen sollte, sich unredlicher Weise und gegen besseres
Wissen von seiner noch fortwährenden Verbindlichkeit, der Erfüllung derselben
entziehen wolle." Doch kann über diesen Umstand selbst der Eid nicht angetra-
gen werden, da die Eidcsdelation »ur über Thatsachcn zulässig. Vielmehr
muß der Gegenbeweis auf Thatsachcn gerichtet werden, aus denen der Richter
die vollständige Überzeugung schöpfen soll, der Beklagte befinde sich wirklich im
unredlichen Glauben, und habe die Absicht, sich gegen besseres Wissen der Erfül
lung seiner Verbindlichkeit zu entziehen.
15) Der zur Aufnahme oder Anfertigung der Klage Beauftragte muß nach Mög
lichkeit die Wahrheit der, der Klage zum Grunde liegenden, Thatsachen zu er
forschen suchen; den Kläger auf die sich ergebenden UnWahrscheinlichkeiten, sowie
auf die gegen die angegebenen Beweismittel etwa erscheinenden Bedenken auf
merksam machen, und wenn aus den entwickelten Thatsachcn mit Gewißheit oder
mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu entnehmen, daß die Klage zurückgewie
sen werden dürfte, den Kläger darüber, sowie über die nachtheiligen Folgen des
muthwilligen Prozcssircns bedeuten.
ll. Erfolgt die Aufnahme der Klage durch einen Gerichtsdeputirten , so wird
über die gemäß I. 1 —15 erfolgte Jnformationseinziehung in weitläuftigen und ver
wickelten Sachen ein Protokoll aufgenommen, und auf Grund desselben demnächst
ein Klageprotokoll niedergeschrieben. In gewöhnlichen Sachen erfolgt sofort die
Niedcrschreibung des KlagcprotoZolls, und ist dann ein besonderes Jnsormatlonspro-
tokoll nicht nöthig. Die sud I. Nr. 15 erwähnten Bedeutungen gehören im letztern
3. der Haus- und Wirthschaftsoffizianten, der Handlungs
gehilfen, und des Gesindes an Gehalt, Lohn und andern Emolunnntenz
4. der Lehrherrn hinsichtlich des Lehrgeldes;
5. wegen der Rückstände an vorbcdungenen Zinsen, an Mieths-
und Pachtgeldern, Pensionen, Besoldungen, Alimenten, Renten
und allen andern zu bestimmten Anten wiederkehrenden Abgaben und Lei
stungen, es mag das Recht im Hupothekenbuche eingetragen sein oder nicht;
6. wegen Rückständen von direkten od. indirekten Staatsfteuern;
7. wegen Rückständen von öffentlichen Abgaben, welche an Gemein
den und Korporationen, fowie an ständische Kassen zu entrichten, oder als Pro«
vinzial-, Bezirks-, Kreis - oder Gemeindelasten, oder zur Unterhaltung öffent
licher Anstalten aufzubringen sind;
8. wegen Rückständen von Abgaben, die in Folge einer vom Staate
besonders verliehenen Berechtigung an Privatpersonen zu entrichten find, als :
Wege- und Brückengelder u. s. w.;
9. auf Erstattung ausgelegter Prozeßkosten von dem dazu verpflich
teten Gegner;
10. auf Nachzahlung der von den Gerichten, Generalkommissionen, Reo!-
sionskollcgien und Verwaltungsbehörden gar nicht oder zu wenig eingeforderten
oder auf Erstattung der an dieselben zu viel gezahlten Kosten , mit Einschluß
der Porto- und Stempelgefälle; ausgenommen bleiben jedoch die Wcrthftempel,
welche mehr als ein Prozent betragen, oder zu Verträgen und Schuldverschrei
bungen zu verwenden sind.
Diese zwei- und vierjährige Verjährung beginnt mit dem letzten Dccember
desjenigen Jahres, in welches der Aahlungstag fiel, und weNn ein solcher nicht
festgesetzt ist, in welchem die Forderung entstanden; bei gerichtlichen Kosten,
Stempeln und Portogefällen, in welchem das gerichtliche Verfahren, Prozeß,
Untersuchung beendet war, und bei Gebühren und Auslage», die einer Festsez-
zung bedürfen, des Jahres, in welchem die Liquidation zur Festsetzung einge
reicht werden konnte. — Ls. Ges. vom »1. März 183«. GS, S. 249. —
Ges. «om 18, Juni 1840. GS. S. 14« fg.
7^
100
Falle nicht ins Klageprotokoll. Sie können allenfalls an der Seite desselben oder
in der Anzeige des Deputirten angegeben werden.
Der Bevollmächtigte oder Assistent nimmt zu seinen Manualaktcn ein Jnfor-
mationsprotokoll auf. Zieht er aber die Information durch Schriftwechsel ein, so
vertrit dieser das Jnformationsprotokoll. Jeder Bevollmächtigte muß vor Anferti
gung der Klage ganz vollständige Information einziehen, damit im Laufe des Pro
zesses wegen Mangels derfelben kein Aufenthalt entsteht. Kann ein Bevollmächtigter
vom abwesenden Machtgeber, dem es an Kenntnissen und Einsichten, oder an der
Gabe sich deutlich und bestimmt auszudrücken, fehlt, nicht die nöthige Information
erlangen, so kann er beim Gericht darauf antragen, daß dieses das betreffende Ge
richt um Vernehmung des Klägers ersuche. — Auf Grund des Jnformationspro-
tokolls «der der geführten Korrespondenz muß dann der Bevollmächtigte oder Assi
stent die Klage entweder selbst anfertigen, oder zum gerichtlichen Protokoll geben.
III. Etwaige Anstände, welche die gehörige Begründung der Klage hindern,
namentlich s) wenn über die Kompetenz des Gerichtsstandes, wo die Klage ange
bracht werden soll; b) über die von einem andern Richter sich angemaßte Präven
tion; oder c) über die Legitimation des Klägers zur Sache noch ein Bedenken ob
waltet; oder 6) wenn sich findet, daß nur durch Borladung und Vernehmung des
Auktors des Klägers, von welchem die streitige Sache oder Befugniß an ihn gedie
hen ist, vollständige Information erlangt werden kann; oder e) wenn Kläger sich
in der Hauptsache auf ein Dokument bezieht, wovon er weder Original noch Ab
schrift in Händen hat, und dessen Herausgabe vom Beklagten oder einem Dritten
fordert,') müssen vor Aufnahme refp. Anfertigung der Klage befeitigt werden.
IV. Findet der mit Aufnahme oder Anfertigung der Klage Beauftragte, daß
die Forderung des Klägers sich zur rechtlichen Erörterung nicht qualifizire, wenn
«amentlich s) der Anspruch nach den Gesetzen gar nicht begründet wird, oder K)
ein dem Kläger entgegenstehender, von ihm zugestandener Einwand sein ganzes
Recht aufhebt, oder «) wenn die Sache nicht vor dieses, sondern ein anderes Ge
richt gehört, oder 6) wenn ein anderer Richter bereits eine rechtmäßige Präven
tion ausgeübt hat, oder e) wenn die Klage zu früh angestellt wird ,c.: — so muß
er den Kläger darüber bedeuten. Beharrt er auf der Klage dennoch, so muß jener
das aufgenommene Protokoll oder die angefertigte Klage dem Gericht zur Verfü
gung einreichen. — A. G. O. I. 5, Z. 1—16. — Allg. Verf. vom IS. Oct. 1841.
I. M. B. S. 307.
c. Vom Inhalt der Klage.
Z. 52. I. Jede Klage, sie mag zum gerichtlichen Protokoll gegeben oder ein
gereicht werden, muß enthalten:
1) eine deutliche, vollständige und zusammenhängende Erzählung der Khatsache, auf
welche Kläger seinen Anspruch gründet. Bei dieser Erzählung muß die erfor
derliche Vollständigkeit mit einer bündigen Kürze verbunden sein, und Umstände,
welche Nicht zur Sache gehören, oder zur Aufklärung ihres Zusammenhangs
Nichts beitragen, müssen wegbleiben. Auch weitläuftige juristische Ausführungen,
serner die gemäß K. S1, I. 15 gemachten Remonstrationen, und die über ver-
«mthliche Einwendungen eingezogenen Nachrichten gehören nicht in die Klage.
Ähatsachen und Umstände aber, welche in den vollständigen Zusammenhang der
') Dies ist nur dann ein die Aufnahme der Klage hindernder Anstand, wenn
Kläger den Inhalt des Dokuments nicht kennt, und dessen Kenntniß zur Be
gründung der Klage wesentlich nöthig ist. Kennt Kläger den Inhalt des Do
kuments, so hindert der Nichtbesitz nicht die Anbringung und Einleitung der
Klage, wenn nur daxin ein Mtivixtes. Editionsgesuch enthalten.
IUI
Geschichtserzählung von dem zum Grunde der Klage liegenden Geschäfte gehören,
sind aufzunehmen, wenn auch daraus ein Einwand oder eine Gegenforderung
des Beklagten zu folgern sein möchte. Solche Thatsachcn dagegen, welche auf
ein ganz anderes und verschiedenes, mit dem Fakto der Klage in keiner Verbin
dung stehendes Geschäft sich beziehen, müssen aus der Klage fortbleiben.
2) Sic muß ferner enthalten eine vollständige und bestimmte Anzeige «der Beifü
gung der zum Beweise dieser TKatsache vorhandenen Mittel, in Gemäßheit des
§. 51, I. Nr. lZ.
3) Muß ein der Sache und der Absicht des Klägers gemäßer, deutlicher und be
stimmter Antrag hinzugefügt werden, aus welchem mit hinlänglicher Gewißheit
entnommen werden kann, was eigentlich Kläger vom Beklagten fordert. — Will
Kläger aus der vorgetragenen Thatsachc etwas Andres oder Mehrcs herleiten,
als daraus nach der Meinung dessen, der die Klage aufnimmt, gesetzlich gefolgert
werden kann; so muß, wenn Kläger sich nicht bedeuten läßt, der Antrag der
Klage selbst nach dem Verlangen des Letztern abgefaßt werden.
II. Ein Kläger kann mehre an einen Beklagten ihm zustehenden Forderun
gen, gleich viel, ob dieselben aus einem Hauptgeschäft, oder aus mehren Geschäften
oder Thatsachen erwachsen, dann in ein und derselben Klage zusammenfassen, wenir
sie s) zu einerlei Gerichtsstand, und K) zu einerlei Art des Prozesses gehören.
Diese mehren Forderungen müssen sodann in einem Prozesse instruirt, und es muß
darüber in einem Erkenntnisse geurthcilt werden. Doch muß zur Vermeidung von
Verwirrungen, und so viel es nöthig und möglich, jeder Punkt oder jede Forderung
in besonder« Protokollen verhandelt, und jedem Protokoll das, was den speziellen
Gegenstand desselben angeht, z. B. die dazu gehörigen Urkunden, Zeugenaussagen
u. s. w. unmittelbar beigefügt werden. Auch müssen die Klagepunkte entweder
schon bei Aufnahme der Klage oder spätestens bei Entwurf des »tst»» csusse «t
contrnverüise so geordnet werden, daß die, von deren Entscheidung die Aburtelung
andrer abhängt, zuerst, und die mit einander in näherer Verbindung stehenden un
mittelbar nach einander vermerkt werden.
III. Sowohl die Thatsachen, welche zur Entscheidung der Frage des Besitzes,
als die, welche zur Entscheidung der Frage des wirklichen Rechts gehören, können
und sollen zugleich in einer Klage aufgenommen, und es muß dann zugleich über
beiderlei Thatsachen instruirt, und demnächst sowohl über das Recht, als über dir
etwaigen Folgen des Besitzes nach der verschiedenen Qualität desselben entschieden
werden.') Ausnahmen finden statt:
») beim s>«ss«ss«ri« summsriissim«, wo nur die Frage des Besitzes zur Sprache
kommt, und
!i) im Falle, wenn mehre Erben, z. B. ein Testaments- mit einem Intestaterben,
über das Erbrecht streiten. Hier kann neben dem Streite über das Erbrecht
ein besonderer Prozeß darüber angestrengt werden, wer inzwischen den Besitz
der Erbschaft haben soll. — A. G. O. I. 5, §. 17—19, 24—28.
v. Von deren Prüfung.
K. 53. Die aufgenommene oder eingereichte Klage wird, im crstern Falle mit
dem Jnformations-Protokoll, wenn ein solches aufgenommen worden, von der Ge-
richtsregistratur, in welche sie zu geben ist, dem bereits ernannten Dezernenten,
oder, falls ein solcher noch nicht ernannt, dem Gcrichtsdirigenten oder Präsidenten
zugestellt. Dieser ernennt im letztern Falle einen Dezernenten, an welchen die Klage
dann befördert wird. Der Dezernent prüft sie mit Rücksicht auf die Bestimmungen
') Z. B. bei Klagen auf Rückgabe eines Grundstücks kann zugleich der Antrag
auf Herausgabe der davon gezogenen Nutzungen, Pachtgelder zc. formirt werden.
I«2
z. St und 52, und hält darüber im Kollegio Bortrag. Bei der Prüfung ist, gleich
viel, über welches Objekt die Klage lautet, die größte Sorgfalt nöthig, ') um so
mehr, als die Klage die Grundlage des ganzen Prozesses bleibt, und übersehene
Mangel nicht allein später zu Weiterungen führen, sondern auch den Parteien große
Nachthcile bringen können. Die Prüfung ist hauptsächlich gerichtet:
I. darauf: ob das prüfende Gericht kompetent ist. Bei Nichtkompetenz erfolgt
die Verweisung an das kompetente Gericht;
II. darauf: ob in Ansehung der Deutlichkeit, Bestimmtheit, Ordnung oder
Vollständigkeit etwas Erhebliches zu erinnern sei. Sind in dieser Hinsicht Mängel
vorhanden, so betreffen sie;
1) entweder bloße Rebenumständc, denen noch vor Eintrit des anzuberaumenden
Termins abgeholfen werden kann, ohne daß daraus in der Instruktion selbst ein
erheblicher Aufenthalt zu fürchten wäre. Dann wird auf die Klage verordnet,
zugleich aber wegen Abhelfung dieser Mängel das Nöthige verfügt;
2) oder es find Umstände, denen nach pflichtmäßiger Beurtheilung des Gerichts
vor Einleitung der Klage abgeholfen werde» muß. In diesem Falle wird »)
wenn die Abhelfung des Mangels von dem, welcher die Klage aufgenommen oder
eingereicht hat, abhängt, diesem unter deutlicher Bemerkung des Mangels allen
falls unter Rückgabe der Klage und des Jnformationsprotokolls die Beseitigung
mit Bestimmung einer Frist aufgegeben. Dem Bevollmächtigten und Assistenten
kann für Nichtinnehaltung der Frist verhättnißmäßige Strafe angedroht werden.
Ist d) der Mangel von der Art, daß ihm ohne eigenes Zuthun der Partei nicht
abgeholfen werden kann, so wird diese schriftlich darüber bedeutet, und ihr die
Beseitigung überlassen.
III. Die Prüfung geht ferner dahin: ob die Klage auch rechtlich begründet
und zulässig sei. Qualisizirt sie sich nicht zur rechtlichen Erörterung, weil
s) durch die vorgetragene Thatsache der Anspruch nach den Gesetzen gar nicht be
gründet ist, 2) oder
d) weil ein ihm entgegenstehender Einwand, dessen Richtigkeit er nicht leugnen
kann, sein ganzes Recht aufhebt, ^) oder
e) weil ein anderer Richter eine rechtmäßige Prävention bereits ausgeübt hat,
(es. K. 36), oder
ck) weil die Streitsache durch gesetzliche Vorschrift vom Rechtswege ausgeschlossen,
<«s. oben §. 4), oder
e) weil die Klage (Kündigungsklagen ausgenommen) zu früh angestellt ist, zc.
so muß die Klage durch schriftliche Verfügung zurückgewiesen werden. Dem Kläger
steht gegen diese Verfügung der Weg der Beschwerde an die dem abweisenden Ge
richt vorgesetzte Behörde zu.
IV. Kommen in einer Klage Präjudizialfragen vor, welche die persönliche
Qualität oder das Verhältniß einer Partei gegen die andere, wovon ihre Rechte
und Obliegenheiten abhängig sind, betreffen, und die erst erörtert werden müssen,
ehe die Entscheidung der Hauptsache erfolgen kann, (z. B. wenn Jemand als Erbe
' eine Forderung des Erblassers einklagt, und ihm die Qualität eines Erben bestritten
wird :c.), so muß mit Rücksicht auf die in der Klage auseinandergesetzten Umstände,
und je nachdem die Erörterung der Präjudizialfrage oder der Hauptsache mehr oder
Auch Bagatellklagen müssen mit gleicher Sorgfalt geprüft werden.
2) I. B. bei Lotterie-, bei Spielschulden :c.
s) Z. B. es hat Jemand über ein Kapital ohne Vorbehalt quittirt, und er klagt
vorbedungene Zinsen von diesem Kapital ein, da doch gesetzlich in Folge jener
Quittung diese Zinsen für bezahlt oder erlassen zu erachten. — A. L. R. I.
II, Z. L43.
1«3
weniger weitläuftig und verwickelt zu sei» das Ansehen hat, erwogen und bestimmt
werden: ob beide Gegenstände zugleich und in einem Prozesse zur Untersuchung und
Entscheidung einzuleite», oder ob Kläger anzuweisen sei, daß er zuförderst die Prä
judizialfrage mir dem Beklagten ausmache, in welchem Falle die Instruktion der
Hauptsache bis nach günstiger rechtskräftiger Entscheidung der crftercn ausgesetzt bleibt.
V. Wenn die Klage vollständig und sonst einlcitungsfähig befunden worden,
so muß noch geprüft werden, in welcher Prozeßform darüber zu verhandeln ist. —
A. G. O.^ 5, Z. 12, 29, 3«; I. 6, j. 1—9. — Jnstrukt. vom 1. Juli 1835.
Jahrb. 4«, S. 106. Gräff 8, S. 411. — Einl. zur Jnstrukt. vom 24. Juli
1833. Jahrb. 41, S. 437. Gräff 6, S. 232.

Sechster Titel.
B«m Prozegverfahren in erfter Instanz.
Die verschiedenen Prozeßformen.
K. 54. Auf die an sich einleitungsfähige Klage wird in Gemäßhcit der Pro
zeßform, zu welcher sie sich eignet, verfugt. In den Provinzen, in welchen die
Allg. G. O. gilt, kommen nachstehende besondere Prozeßformen zur Anwendung :
I. der Mandatsprozeß;
II. der Bagatellprozeß;
III. der summarische Prozeß;
IV. das Prozeßverfahren nach der A. G. O,, und
V. das für das Großherzogthum Posen durch die Verordnung vom 9. Februar
1817 vorgeschriebene mündliche Prozeßverfahren.
Jeder Prozeß wird nach einer dieser Prozeßformen verhandelt. Auch in Betreff
der uuter Tit. 1V und 11 erwähnten Prozeßarten findet keine Ausnahme statt,
wenn auch die bei diesen zur Anwendung kommende Prozeßform gewisse besondere
Modifikationen erleidet. — L5. Einl. zur Verordn. vom 1. Juni 1833. GS. S. 37.
— Verordn. vom 9. Feb. 1817. GS. S. 37. — A. G. O. Einl. §. 35 fg., Tit.
5, l. z. 20.

Erster Abschnitt.
Allgemein« Kimmungen.
Von der Abfassung gerichtlicher in Prozessen ergehender Verfiigungen.
K. 55. I. Alle Vorladungen und Verfügungen der Gerichte in Prozessen
müssen :
1) in teutschcr Sprache,') und im Großherzvgthum Posen in Prozessen, welche in
polnischer Sprache verhandelt werde«, in polnischer und zugleich teutscher Sprache,
2) im Stil des gewöhnlichen Lebens und in deutlicher, ungekünstelter und allge
mein verständlicher Schreibart abgefaßt;
3) sie müssen von allen fremden, namentlich lateinischen und französischen Wörtern
und juristischen Kunstausdrückcn frei sein ;
') Auch in Betreff der im Auslande Wohnenden ist kein Unterschied.
10 t
4> es muß darin die Person und der Aufenthalt dessen, welchem die Verfügung
zukommen soll, so genau bestimmt werden, daß bei Bchändigung kein Jrrthum
oder Mißvcrständniß vorfallen kann;
5) dasjenige, was die Partei, resp. der Addrcssat thun oder leisten soll, muß deutlich
und positiv ausgedrückt;
b) der Zeitraum, innerhalb dessen, ingleichen der Termin, bis zu welchem der
Verordnung nachzukommen sei, muß genau bestimmt;
7) die Warnung wegen des Nachtheils, welchen der Addressat aus der unterlassenen
Befolgung der Verordnung zu erwarten hat, muß mit klaren und deutlichen
Worten beigefügt werden, ^) und
8) sie müssen korrekt und deutlich, und die Unterschrift unter denselben muß leserlich
geschrieben sein.
II. Alle gerichtlichen Verordnungen müssen auch an die richtige Person oder
Behörde gerichtet werden. Verfügungen an einen Magistrat, an ein Kollegium,
Stift, Kapitel, an eine Gemeinde oder andere moralische Person sind unter Gebrauch
des Kollektivnamens : „an den Magistrat," „das Kollegium," „die Gemeinde" :c.,
und die an die Stadtgcmeinden 2) ergehenden an den Magistrat zu addressiren.
Wird ein einzelnes Komptoir der Seehandlungssozictät aus seinen Handlungen und
Verträge», besonders in kaufmännischen Angelegenheiten, belangt, so ist die Vorla
dung an das verklagte Komptoir, wenn aber der Anspruch oder die Klage die See-
handlungssozietät überhaupt betrifft, so ist sie an das Officium 5,s« in Vertre
tung der Seehandlungssozietät zu richten. Verfügungen in Prozessen, in welche»
Rasende, Blödsinnige, bevormundete Taubstumme, gerichtlich erklärte Verschwender,
wegen minderjährigen Alters, oder sonst Bevormundete und solche, welche sowohl in
Betreff ihrer Person, als hinsichtlich der streitigen Sachen unter väterlicher Gewalt
stehen, betheiligt sind, werden an deren Vormund resp. Vater allein gerichtet. In
Provinzen, in welchen Geschlcchtsvormundschaft noch stattfindet, wird die Verfügung
an die betreffende Frauensperson allein gerichtet, und bedarf es zur Ausstellung des
Empfangsscheins keines Kurators. — Ist ein Vorzuladender verstorben, und dessen
Erben oder deren Aufenthalt noch unbekannt, so muß die Vorladung an den bereits
ernannten oder auf Antrag des Gegentheils zu ernennenden Verlassenschaftskurator
gerichtet werden.
III. Die vorgeschriebenen Kurialien dürfen weder in der gerichtlichen Verord
nung selbst, noch auf der Addresse fehlen. Demgemäß muß den Häuptern der stan
desherrlichen fürstlichen Häuser das Prädikat „Durchlaucht," den Häuptern
der standesherrlichen gräflichen Familien das Prädikat „Erlaucht;"») den
1) Bei Verfügungen an einzelne Erben cf. Z. 57, II. Nr. 11 und 13.
2) Werden sämmtliche Mitglieder einer Stadtgemeinde in Bezug auf ihr Privat-
vermögen, z. B. Behufs Beisteuer zu Kirchenbauten ic. belangt, so ist die
Vorladung nicht an den Magistrat, sondern an sämmtliche Beklagte zu erlassen.
») Im preußischen Staate angesessene fürstliche und gräfliche standesherrliche
Häuser sind: I, Fürstliche: Herzog von Arenberg, Fürst zu Bentheim-Stein
furt, Fürst zu Bentheim-Tccklenburg-Rheda, Herzog von Croy, Fürst von
Kaunitz-Rietbcrg, Herzog von Groz-Corswarem, Fürst zu Salm-Salm, Fürst
zu Salm-Kyrburg, Fürst zu Salm-Horstmar, Fürst zu Sayn-Wittgenstein-
Berleburg, Fürst zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, Fürst zu Solms-Braunfels,
Fürst zu Solms-Lych und Höhen-Solms, Fürst zu Wied. — II. Gräfliche
Hauser: Graf von Stolberg-Wernigerode, Graf von Stolberg-Stolberg, Graf
von Stolberg-Roßla. — Die Instruktion vom 3«. Mai 1820 sichert den Stan
desherren auch zu, daß ihnen in amtlichen Verfügungen und Ausfertigungen
das Ehrenwort : „Herr" (Herzog, Fürst, Graf) und refp. „Frau" (Herzogin,
Fürstin, Gräfin) gegeben werde.
1U5
katholischen und evangelischen Bischöfen das Ptädikat „Bischöfliche ( erzbischöfliche >
Hochwürden" gegeben werden.
So wie aber darauf zu wachen ist, daß Jcdcr den ihm gebührenden Titel
erhält, so darf auch keine Überschreitung geduldet werden. Namentlich ist bei Er-
theilung des adlichcn Prädikats mit Vorsicht zu verfahren, und dasselbe keinem zu
geben, dem es nicht zukommt. — A. G. O. I. 7, Z. t—3, 33». Anh. §. 5t, 5«.
— Verordn. vom 16. Juni 1834, IX. GS. S. 7». — Verordn. vom 9. Febr.
1817, K. 143 fg. — Rescr. vom I. April 1815. Jahrb. 5, S. 12. Grafs, Bd.
2, S. 59. — Rescr. vom 6. Marz 1841. I. M. B. S. 11». — Res«, vom
1«. Juli 1812. Jahrb. 1, S. 232. Gräff 2, S. 16. — Cab.-Ordre vom 21.
Febr. 1832 und Beschl. des Staatsm. vom 28. April 1832. GS. S. 129. —
Cab.-Ordre vom 3. März 1833. GS. S. 29. — Cab.-Ordre vom 26. Oct. 1831.
Jahrb. 39, S. 138. Gräff 6, S. 585. — Rescr. vom 2«. Dec. 183«. Jahrb.
36, S. 293. Gräff 6, S. 257. — Verordn. vom 27. Oct. 181«. GS. S. 9.
IV. Im Mandats-, Bagatell- und summarischen Prozeß sind sämmtliche pro-
zeßleitcnde Verfügungen in der Regel durch Dekrctsabschristen, welche vom Kanzlei-
vorftande z» beglaubigen sind, an die Betheiligtcn zu erlassen. Werden litogra-
phirte Formulare gebraucht, so ist nicht nothwcndig, daß vollständige Konzepte der
selben bei den Akten verbleibe». Es genügt eine Notiz des erpedirenden Sekretairs
unter der Originalverfügung. — 8- 72 des Gesetzes vom 1. Juni 1833; §. 56 der
Jnftrukt. vom 24. Juli 1833. — Rescr. vom 7. Oct. 1833. Jahrb. 43, S. 427,
Von der Zufertigung der Vvrlcidimgcn und Verfügungen an die Parteien.
^V. Von der Ediktalladung.
§. 56. Die Zufertigung der Verfügungen und Vorladungen im Prozesse ge
schieht s) in der Regel durch Behändigung; d) ausnahmsweise durch Ediktalladung.
Von dieser soll zuerst abgehandelt werden.
I. Die Ediktalladung findet statt: 1. in den unten Tit. 1«, 11 und 12 speziel
bezeichneten Fällen, namentlich im Konfiskationsprozcsse Behufs Vorladung der dem
Aufenthalte nach unbekannten ausgetretenen Kantonisten und Deserteurs; bei Pro
vokation auf Todeserklärung; im Ehcscheidungsprozeß Behufs Vorladung des abwe
senden Ehegatten; im Liquidations- und Konkursprozeß, bei Subhastationen und im
Aufgebotsprozeß Behufs Vorladung der unbekannten Interessenten; 2. in andern
Zivilprozessen, einschließlich der Jnjurienprozesse, dann, wenn ein Vagabonde:
») gemäß g. 21 im Gerichtsstande seines letzten bekannten Wohnorts oder seiner
Geburt, und wegen Injurien im Gerichtsstände der VerÜbung derselben vorge
laden werden soll,
Ii) sein Auftnthalt unbestimmt ist, und er sich nirgends in hiesigen Landen betreffen
läßt, und
«) auch kein Vermögen im hiesigen Lande besitzt. Befindet sich für ihn Vermögen
im Lande, so muß dem Abwesenden ein Vormund bestellt werden, und es hängt
von dessen pflichtmcißigcm Befinde» und Antrage ab, in wie fern es zum Behuf
des Prozesses einer Ediktalladung des Abwesenden bedarf.
II. Das Verfahren bei den Ediktalladungen !><t 1. 1 ist für die einzelnen ge
nannten Fälle gehörigen Orts besondcrs vorgeschrieben. Für den Fall sct 1.2 gilt
folgendes :
1. Der Ertrahcnt der Ediktalladung muß nachweisen, daß der Aufenthalt des
vorzuladenden Vagabunden unbekannt sei, und er sich um dessen Ausforschung ver
geblich bemüht habe. Der Richter muß nach Beschaffenheit eines jeden Falles
reiflich erwägen und vernünftig ermessen : ob unter den Umständen, unter welchen
106
der Beklagte seinen GeburtS- «der bisherigen Wohnort «erlassen hat, und nach
Berhältniß des seitdem verlaufenen Zeitraums wirklich Gründe vorhanden sind, den
selben im gesetzlichen Sinne als einen Vagabunden aiizusehn; ') und ob die Mühe,
welche der Kläger zur Erforschung seines Aufenthalts angewendet zu haben anzeigt,
für zweckmäßig und hinreichend zu achten sei.
2. Wird eine Ediktalladung für zulässig befunden, so erfolgt deren Erlaß. In
derselben wird :
s) die Person des Klägers benannt;
d) der Grund und Gegenstand der Klage kurz angegeben;
c) der Beklagte zu einem gewissen Termin vorgeladen, und
c>) ihm für den Fall des Nichterscheinens die Warnung des weiteren Verfahrens
in «o»t»msei»m gesetzt.
Bei Abfassung der Ediktalladung ist zur Sparung der Kosten dahin zu sehen,
daß sie so kurz, als unbeschadet der Vollständigkeit geschehen kann, eingerichtet,
und alle unnöthige Weitlüuftigkeit dabei möglichst vermieden wird.
3. Der Termin wird auf drei, und wenn der letzte bekannte Aufenthalt des
Beklagten über 5« Meilen vom Orte, wo das vorladende Gericht seinen Sitz hat,
entlegen, auf sechs Kalendermonate, vom Tage des erfolgenden Aushangs gerechnet,
hinausgesetzt.
4. Die Veröffentlichung der Ediktalladung geschieht:
») durch Aushang einer Ausfertigung derselben an der Gerichtsstelle in der Art,
daß vom Aushang bis zum Termin die Frist zu 3 frei bleibt. Wird nach dem
Aushang derselbe abgerissen, oder geht er sonst verloren, so hat dies keinen
Nachtheil;
d) durch dreimalige Einrückung in die Jntelligenzblätter der Provinz, in welcher
das vorladende Gericht seinen Sitz hat; wenn aber in der Provinz keine Jntel
ligenzblätter erscheinen, in den desfallsigen Anzeiger des Regierungsamtsblatts. ,
Die Einrückung geschieht in der Art, daß von der ersten Einrückung bis zum
Termin die Nr. 3 gesetzte Frist frei bleibt, und daß die letzte vier Wochen vor
dem Termin erfolgt. 2) In den Requisitionen um Einrückung müssen daher
die Einrückungsfristen näher bezeichnet sein. — Sind bei der Einrückung Män
gel vorgefallen, welche die Zahl der Einrückung betreffen, so müssen sie durch
Rachholung des Fehlenden beseitigt werden; betrifft aber der Mangel die Ein
rückungsfristen, so ist eine Wiederholung der Ediktalladung nur dann nöthig,
wenn bei Einrückunq um mehr als 14 Tage an der vorgeschriebenen Zeit gefehlt ist.
c) Die Einrücknng in die Seitungen und andere öffentliche Blätter ist nicht we
sentlich nothwendig. Doch bleibt dem vorladenden Gericht überlassen, zu prüfen :
ob und in welche Blätter es etwa mit Rücksicht darauf, wo der letzte bekannte
Aufenthalt des Vagabunden war, nach welcher Gegend er sich gewandt, und
auf welchem Wege daher ihm zunächst die Ladung zu Gesicht kommen könnte,
die Einrückung für zweckmäßig erachte? >)
1) Ist Jemand zeitweise abwesend, z. B. ein Hausircnder, so findet die gewöhn
liche Vorladung statt.
2) Bei der zweiten Einrückung ist die Jnnchaltung einer bestimmten Frist nicht
wesentlich nothwendig. — Rescr. vom 19. O«t. 1813. Jahrb. 2, S. 49.
Gräff 2, S. 4S9.
«) Wird hiernach die Einrückung in eine preußische Zeitung für zweckmäßig er
achtet, so soll die Staats-, jetzt Allg. preuß. Zeitung gewählt werden; soll die
Einrückung in eine Wiener Zeitung erfolgm, so haben sich die Behörden an die
Redaktion der privilegirtcn Wiener Zeitung zu wenden; und kommt es auf
Einrückung in eine Hamburger Zeitung an, so ist der Hamburger unparteiische
Korrehwndent zu wählen. — Rescr. vom 18. März 1829; vom 10. D«. 1832
107
5. Für die Einrückungen in die öffentlichen Blatter sorgt in der R«gel da« ver
ladende Gericht. Dieses hat daher auch, sowie es seine Pflicht ist, zum Termin«
den Aushang, oder, wenn er verloren gegangen, die nöthige Anzeige über erfolgten
Aushang zu den Akten zu bringen, für Hcrbcischaffung der zu den Akten zu brin
genden Exemplare der Blätter, in welche die Einrückung geschehen, zu sorgen. Will
der Extrahent die Besorgung der Einrückungcn in die öffentlichen Blätter selbst
übernehmen, so kann ihm dies nicht versagt werden. Er trägt aber die Schuld,
wenn wegen eines dabei vorgefallenen Mangels die Wiederholung der Ediktalladung
nöthig wird. — Der Extrahent hat dann auch für Hcrbeifchaffung der Belags
blätter zu sorgen.
6. Erscheint Beklagter weder vor noch im Termine, so muß Kläger schwören:
daß er die von ihm angezeigten Bemühungen, um den Auftnthalt de«
Beklagten zu entdecken, wirklich angewendet, dennoch aber weder vor,
noch nach erlassener Vorladung davon Nachricht erhalten habe.
Nach der Eidesleistung wird das Kontumazialerkennrni? abgefaßt, und, statt der
Zufertigung an Beklagten, eine Ausfertigung durch 14 Tage an gewöhnlicher Ge«
richtsstclle ausgehängt.
7. Wird vor Abfassung des Kontumazialerkenntnisscs der eigentliche Aufenthalt
des Beklagten dergestalt mit Zuverlässigkeit bekannt, daß, ihm eine gewöhnliche Bor
ladung daselbst behändigt werden kann, so ist die Ediktalladung zurückzunehmen.
Bleibt es aber noch zweifelhaft: ob eine gewöhnliche Behändigung werde erfolgen
können, so muß zwar damit der Versuch gemacht, die Ediktalladung aber nicht zu
rückgenommen werden, damit, wenn jene nicht stattfindet, aus Grund der letzter»
weiter verfahren werden kann. — A. G. O. !. 7, Z. 12—47; §. 42—47 b. Anh.
§. S3, 59—61; — Tit, 36, K. 35; Tit. 37, §. 6z Tit. 50, K. 1«7 fg.; Tit. 5t,
§, 103 d, K. 112. — Rcscr. vom 18. März 1829. Jshrb. 33, S. 137. Gräff
2, S. «3. — Cab.-Ordre vom 12. August 1834. GS. S. 15«. — Versrdn. vom
5. Mai 1838. GS. S. 273.

ö. Von Behändigung dcr Verfügungen an die dem Aufenthalte nach


bekannten Parteien.
I. Durch den Gerich tsbotcn.
§. 57. I. Die richtige Behändigung der gerichtlichen Verfügungen ist beson
ders in Prozessen von wesentlichem Einfluß, da aus deren Nichtbefolgung fast immer
gewisse das Verfahren und die künftige Entscheidung modifizirende Folgerunge»
fließen. Sollen diese Folgerungen eintreten, so muß daher die geschehene Behändi
gung der nicht befolgten Verfügung feststehen. Der Beweis dafür wird in der
Regel dadurch erlangt, daß die Parteien auf dem dcr Verfügung beigegebenen Be-
händigungsschein, oder einer Kanzleiabfchrift, oder der Verfügung selbst die erfolgte
Behändigung oder Vorzeigung bekennen, daß dies Bekenntniß vom Boten amts
eidlich bescheinigt, und demnächst zu den Akten gebracht wird. Was ein Gerichts
bote hinsichts der durch ihn bewirkte» Behändigung auf seinen Eid anzeigt, ist so
lange für wahr und richtig anzunehmen, bis das Gegcntheil auf eine zur Überzeu
gung des Richters hinreichende Art nachgewiesen wird. — A. G. O. EiiU. z. 15;
I. 7, Z. 19, 4«.
II. An die im Gerichtsbczirk Wohnenden erfolgt die Behändigung in der
Regel durch den vereideten Gerichtsbotc». Dieser muß
und vom 1. Febr. 1834. Jahrb. 33, S. 137; Bd. 4«, S. 424; Bd. 43, S.
122. Gräff 2, S. 83; Bd. 6, S. 265; Bd. 8, S. 162.
208
1. Beha'ndigungen der Regel nach an Werk- und 'nicht an Sonn- und Fest
tagen vornehmen. Doch entsteht aus der unterlassenen Befolgung dieser Vorschrift
keine Nullität, in sofern nur der Addressat die Verfügung angenommen hat.
2. Er muß Vorladungen und Verfügungen denen, an welche sie gerichtet
sind, in ihren gewöhnlichen Behausungen, und den Handelsleuten in ihren Kram
läden oder Schreibstuben infinuircn.
Z. Wird Addressat nicht zu Hause angetroffen, so ist die Verfügung oder Vorla
dung dessen Angehörigen, oder seinem Gesinde, und wenn keine solche Person,
welcher dieselbe gelassen werden kann, vorhanden, oder wenn keiner sie annehmen
will, dem Hauswirth zuzustellen. Ist auch dieser nicht gegenwärtig, oder wird
die Annahme von ihm verweigert, so ist die Verfügung an die Stuben- oder Hans
thür zu befestige». —
Fremden und unbekannten Personen «der unerwachsenen Kindern darf der
Bote Verfügungen nicht anvertrauen. Die Miether eines Hauses sind nicht schul
dig, an den Eigenthümcr gerichtete Verfügungen anzunehmen ; wohl aber Verwalter
und Administratoren, ingleichen Pachter ganzer Landgüter, welche die Verfügung
an ihren Brotherrn oder Verpächter auf seine Kosten zu senden verbunden sind.
Doch können auch solche Administratoren und Pächter die Annahme verweigern,
wenn ihr Prinzipal oder Verpächter in derselben Provinz wohnhaft ist, und daher
die Behändigung füglich an ihn unmittelbar geschehen kann.
4. Ist eine Verfügung an eine der Regierung untergeordnete fiskalische
Station (z. B. ein Rentamt) gerichtet, so geschieht die Behändigung an den
Vorsteher der fiskalischen Station. Lautet die Addresse aber an den durch die kgl.
Regierung vertretenen Fiskus, so erfolgt die Behändigung dem Präsidium der
Regierung.
5. Die an ein prinzliches Amt gerichteten Verfügungen werden dem betref
fenden Skonomiebeamten zugestellt.
6. Die an Standesherrn, Fürsten, Grafen und andere hohe Stan
despersonen, die ihre eigenen Regierungen, Kanzleien oder Justizkammern haben,
erlassenen Verfügungen werden dem betreffenden verpflichteten Beamten, und Falls
die Behörde ein Kollegium bildet, dem Vorstand desselben bchändigt. Ausnahmen
finden statt, wenn der betreffende Beamte selbst als Kläger Extrahent der Vorla
dung ist.
7. Verordnungen an Stadt- oder Dorfgemeinden, Magisträte, Kolle
gien, Stifter, Kapitel, Sünfte, Gewerke u. f. w. werden dem versitzenden
Bürgermeister, dem Schulzen und Schoppen gemeinschaftlich, oder (in Westfalen)
dem Gemeindevorsteher, dem Altmeister, sowie bei Kollegien oder Stiftern dem Vor
steher, Vorgesetzten oder Syndikus behändigt, und diesen liegt ob, der ganzen Ge
meinde oder den übrigen Interessenten davon Nachricht zu geben. Ist es aber der
Bürgermeister, Schulze, Gemeindevorsteher, Altmeister zc. selbst, welcher die Verfü
gung als Gegner nachgesucht hat, so muß die Behändigung dem nächsten nach ihm
geschehen.
8. Hüfner, Kossäten, Handfröhner, Dreschg ärtncr, Anlieger und
andere, die für eine Gemeinde nicht zu achten sind, müssen durch eine Kurrende
vorgeladen werden.')
') In Bagatell- und Mandatssachen findet ein anderes Verfahren statt, da beim
Nichterscheinen resp. beim Nichteingang von Einwendungen die Verfügung in
Urtelskraft übergeht, und daher in Betreff Behändigung der Verfügung die
Vorschriften hinsichtlich der Urtelsbehändigung zur Anwendung gekommen sein
müssen. — 65. Rescr. vom 20. Febr. 1839. I. M. B. S. 94. '
1«s
9. Bei Klagen gegen ein einzelnes Komptoir der Seehandlungssozietät au«
seinen Handlungen und Vertrögen ist die Verfügung diesem Komptoir, bei den die
Seehandlungssozietät betreffenden Klagen aber dem von der Generaldircktion
ernannten fiskalischen Bedienten zu bchändigc».
t«. Ist eine Verfügung an mehre Interessenten gerichtet,') so muß der,
welchem die Verfügung zuerst eingehändigt wird, sich gegen den Boten sofort erklä
ren: ob er sie seinen Mitgcnosscn zustellen wolle. Verspricht er dies, so ist ihm
die Verfügung zu lassen. Unterläßt er die Zustellung, und es müßte die Verfügung
aus irgend einem Grunde wiederholt werden, so muß derselbe für alle Kosten und
Nachtheile aufkommen. — Will dagegen der erste Empfänger die weitere Beför-
derung der Verfügung nicht übernehmen, so muß das Original allen Interessenten
vorgezeigt, und bei dem letzten gelassen werden. Jedem steht frei, Abschrift zu neh
men; doch muß er diescrhalb das Original nicht über 2 bis 3 Stunden, oder doch
nicht über die zu Nchmung der Abschrift nach Beschaffenheit der Umstände unum
gänglich erforderliche Zeit zurückbehalten.
It. Ist die Verfügung an mehre Erben gerichtet, und die Erbschaft noch un-
getheilt, so geschieht die Behändigung im Sterbehaufc. Ist die Theilung schon er
folgt, und der Ertrahent weiß nicht genau, was und wie viel Erben Jemand hin
terlassen habe; so ist es genug, wenn nur ein Erbe benannt, und diesem die Vor
ladung zugestellt wird. Ein solcher Erbe muß, wenn er Miterbcn hat, denselben
von der ergangenen Vorladung Nachricht geben, odcr ihre Personen und ihren Auf
enthalt dem Richter, zur Besorgung der besondern Borladung, in Zeiten anzeigen,
widrigenfalls er dem Kläger für Nachtheil und Kosten verhaftet bleibt. Diese ihm
obliegende Verbindlichkeit und die Folgen ihrer Unterlassung müssen jedoch einem
solchen Erben in der Verordnung ausdrücklich bekannt gemacht werden.
12. Sind Verfügungen an mehre Vormünder oder Kuratoren zugleich
gerichtet, so ist es ausreichend, wenn dieselben auch nur einem derselben behändigt
werden. Dieser ist verpflichtet, den Mitvormündern Nachricht zu geben. — Gleiches
gilt bei Vorstehern der Kirchen, Schulen und anderer milden Stiftungen.
13. Hat Jemand, welcher im Inlands zwar nicht wohnhaft, aber doch mit un
beweglichen Gütern daselbst angesessen ist, beim inländischen Gerichte sich auf den
Prozeß einmal eingelassen, so erfolgt die Behändigung aller darin an ihn ergehen
den Verfügungen allein auf seinen hiesigen Gütern. Auch nach seinem Absterben
geschieht dies, und der Erbe, welcher diese Güter in Besitz hat, es sei der Nachlaß
gethcilt oder noch ungctheilt, muß den Miterben davon Nachricht geben, «der ihnen
im Unterlassungsfälle gerecht werden. In der Verfügung muß ihm dies daher ge
mäß der Bestimmung Nr. 11 bekannt gemacht werden.
14. Hat eine Partei im schon rechtshängigen Prozesse am Orte des Gerichts
einen selbst gewählten oder zugeordneten Bevollmächtigten oder Assistenten, so wer
den alle nachhcrigcn Verfügungen an Kiefen abgegeben. Entfernt sich daher die
Partei, odcr verbirgt sich, oder geht aus dem Lande, ohne den Aufenthalt anzu
zeigen, so bedarf es keiner Ediktalladung. Vielmehr wird, wenn ber Bevollmäch
tigte oder Assistent die nöthige Information nicht erlangen kann, in oontuinscism
verfahren. Ist eine Partei, welche sich nach geschehener Einlassung auf den Prozeß
in der angegebenen Art entfernt, mit einem Bevollmächtigten noch nicht versehen,
so werden alle Verordnungen in ihrer bisherigen Wohnung abgegeben, und, wenn
sie daselbst Niemand annehmen will, an die Stuben- oder Hausthür befestigt. —
A. G. O. I. 7, Z. 19—23, Z. 27—36. Anh. Z. 57, S». — Rescr. vom 2S. Mai
1837. Jahrb. 49, S. 449. Gräff 1«, S. 91. — Rescr. vom 1. März 1839.
') Auf die erste Vorladung resp. das Mandat in Bagatell- und Mandatssachcn,
bczieht sich dies aus dem in de,r Rote S, 103 «ngcgebcnen Grunde nicht,
Z10
I. M. B. S. 1«4. — Jnstr. vom 30. Mai 182«. GS. S. 81 fg., §. 6«. —
Landgem. O. für Westfalen vom 3t. Oct. 1841. GS. S. 297. — Rescr. vom
28. Jan. 1841. I. M. B. S. 72. — Rescr. vom 24. Juli 1840. I. M. B. S. 271.
lll. Jeder, dem eine gerichtliche Verfügung, oder Verordnungen, welche von
gerichtlichen Deputaten oder Kommissarien, kraft ihres Auftrags, erlassen, einge
händigt wird, muß sie annehmen, und darf sich dessen unter dem Vorwande: als
ob die Titulatur oder sonst etwas in der Aufschrift nicht gehörig eingerichtet wäre,
bei willkürlicher Strafe nicht weigern. Liegt etwa ein solcher Verstoß vor, so hat
rr ihn nach Empfang der Verfügung zur künftigen Vermeidung anzuzeigen. Ist
Empfänger des Schreibens kundig, oder ein Anderer, welcher es verrichten kann
anwesend, so muß von jenem, sonst von diesem der Empfang der Verordnung auf
der beigegebenen Kanzleiabschrift oder dem BehSndigungsschein bei 1 bis 1« Thlr.
Geld oder anderer willkürlicher Strafe schriftlich bescheinigt werden. — Der Ge
richts böte aber muß über die Art und Zeit der Behändigung zu den Akten auf
seinen Amtseid Anzeige machen, oder ein über den Hergang der Behändigung auf
genommenes Protokoll aufnehmen. Hat er bei Abwesenheit des Addressaten einem
Dritten behändigt, so muß er diesen benennen, und sein Verhältniß zum Addressaten
bezeichnen. Hat er Verwaltern, Administratoren oder Pächtern die an ihren Prin
zipal «der Verpächter gerichteten Verfügungen zugestellt, so muß er der geschehenen
Bedeutung, daß sie dieselben dem Addressaten zuzuschicken haben, erwähnen, und hat
bei mehren Addressaten der erste Empfänger die Zustellung an die übrigen verspro
chen <Il. Rr. 10), so muß er in der Anzeige oder dem Protokoll dies Versprechen
ansiihrm. —
Weigert sich Jemand, den Empfang einer Verfügung zu bescheinigen, so muß
der Bote in seiner Anzeige oder seinem Protokoll, oder auch zum gerichtlichen Pro
tokoll angeben: zu welcher Zeit und wo die Behändigung geschehen; was darauf
geantwortet worden, oder sonst vorgefallen sei. Dies genügt zum Ausweise der
Behändigung. Soll einem solchen Widerspenstigen eine fernere Verordnung behän
digt werden, so muß es auf seine Kosten durch den Exekutor geschehen. — A. G. O.
I. 7, 5. 20-22, 31, 37—39.
2. Behändigung durch die Post.
§. 58. I. Die Behändigung gerichtlicher Verfügungen und Ausfertigungen,
gleich viel, ob damit Behändigungsscheine verbunden oder nicht, soll durch die Poft
in der Äkegcl dann bewirkt werden, wenn Address«! nicht am Orte, wo das Gericht
feinen Sitz hat, «der in der nächsten Umgebung des Gerichtssitzes, dagegen aber an
einem Orte wohnt, wohin vom Absendungsorte Postverbindung besteht oder Land-
briefträger gehen, auch nicht etwa besondere Gründe obwalten, aus denen eine Be
händigung durch den gerichtlichen Boten nothwendig oder zweckmäßig erscheint.
Gelbst 5« Behändigung von Kurrenden durch die Post ist in diesen Fällen zulässig,
wenn die säinmtlichen Empfänger im Bezirk ein und derselben Postanstalt sich
befinden. Auch an Orte des Auslandes, wo preußische Postanstalten bestehen, ')
') Im Auslände sind nachstehende preuß. Postanstalten belegen (I. M.B. 1842, S.203).
Ort. Eigenschaft. Land.
Allstedt Post-Expedition Großh. Sachsen-Weimar-Eisenach.
Alexisbad desgl. Herzogthum Anhalt-Bernburg.
Arolsen Postamt Fürstcnthum Waldek.
Ballenstedt Post-Expedition Hcrzogthum Anhalt-Wernburg.
Barntxup , desgl. Fürstenthum Lippe.
N1
und resp. nach den im Bezirke derselben belegenen Ortschaften ist die
Behändiguvg gerichtlicher, mit Bchandigungsschcincn versehener, Verordnungen zu
lässig, in sofern nach der Verfassung dcr betreffenden Staaten kein Hinderniß ob
waltet.
II. Verfügungen oder Ausfertigungen ohne Behändigungsschein werden
wie gewöhnliche Briefe zur Post gegeben. Ist eine Bescheinigung über Abgabe zur
Post nöthig, so wird auf der Addrcsse bemerkt: „gegen Post-Einlieferungsschein."

Ort. Eigenschaft. Land.


Bcrgcdorf Post-Verwaltung Gebiet dcr freien Städte Hamburg
und Lübek.
Wernburg Postamt Hcrzogthum Anhalt-Bernburg.
Birkcnfcld Post-Berwaltung Fürstenthum Birkenfeld-Oldenburg.
Blomberg Post-Expedition Fürstcnthum Lippe.
Bückcburg desgl. Fürstenthum Schaumburg-Lippe.
Sorbach desgl. Fürstenthum Waldek.
Coswig Postamt Herzogthum Anhalt-Bernburg.
(Zöthen desgl. Herzogthum Anhalt-Kothen.
Dessau desgl. Herzogthum Anhalt-Dessau.
Detmold desgl. Fürstcnthum Lippe.
Frankcnhaufen desgl. Fürstcnth. Schwarzburg-Rudolftadt.
Gernrode Post-Expedition Fürst. Schwarzb.-Sondershauftn.
Greußen desgl. Herzogthum Anhalt-Bernburg.
Gröbzig desgl. Herzogthum Anhalt-Dessau.
Güsten desgl. Herzogthum Anhalt-Körben.
Hamburg Ober-Postamt Freie Stadt.
Harzgerodc Post-Expedition Hcrzogthum Anhalt-Bernburg.
Horn desgl. Fürstcnthum Lippe.
Hoym Herzogthum Anhalt-Bernburg.
Idar Briefsammlung Fürstcnthum Birkcnfeld-Oldenburg.
Krakau Postamt Freie Stadt.
Lage Post-Expedition Fürstenthum Lippe.
Lemgo desgl. desgl.
Meinberg Briefsammlung desgl.
Mengering- Post-Expedition Fürstenthum Waldek.
hausen.
Nienburg desgl. >erzogthum Anhalt-Köthcn.
Nohfelden desgl. ürstenthum Birkenfcld-Oldenburg.
Oberftcin desgl. dcsgl.
Ohrlinghauscn desgl. Fürstcnthum Waldek.
Pyrmont Postamt desgl.
Radegast Post-Expedition Herzogthum Anhalt-Dessau.
Rhoden desgl. Fürstenthum Waldek.
Rischenau desgl. Fürstenthum Lippe.
Roßlau desgl. Herzogthum Anhalt-Köthen.
Sachsenbcrg desgl. Fürftenthum Waldek.
Sachsenhausen desgl. desgl.
Salzusseln desgl. Fürstcnthum Lippe.
Sandersleben desgl. Hcrzogthum Anhalt-Dessau.
Schieder Briefsammlung Fürstenthum Lippe.
Schlothcim Post-Erpedilion Fürstenthum Schwarzburg-Rudolst.
Schöttmar desgl. Fürstenthum Lippe.
Sevenär desgl. Königreich der Niederlande.
Sondershau Postamt Fürstcnthum Schwarzburg-Son
sen dershausen.
Wildungen Post-Expedition Fürstenthum Waldek.
Wrexen desgl. desgl.
öerbft Postgmt Herzogthum Anhalt-Dessau.
112
Diesen ertheilt die Post in portopflichtigen Angelegenheiten gegen Entrichtung von
1 Sgr., in portofreien Sachen gratis, und bemerkt darin zugleich die auf der Ab
presse etwa stehende Expcditionsnummer oder das Aktenzeichen. Soll Empfänger
das Scheingeld bezahlen, so muß auf der Addresse bemerkt sein: „gegen Posteinlic-
ferungsschein auf Kosten des Empfängers."
III. Behufs der poftamtlichen Behändigung mit Behändigungsscheinen
ist erforderlich, daß der betreffenden Verfügung ein Behändigungsschein') ohne be
sondere Addresse offen beigefügt, und, daß dies geschehen, auf der an den Empfän
ger gerichteten Verfügung oder Ausfertigung durch die Worte nachrichtlich vermerkt
wird: „hierbei ein Postinsinuationsdokument." Auf diefcm Jnsinuationsdokument
befindet sich zugleich ein nur vom Kanzleivorstand gezeichnetes Requisitionsschreibcn
an das Postamt. — Eine Versendung von Jnsinuationsdokumenten unter Addresse
der Postanstalten findet nicht statt. In portofreien und solchen Angelegenheiten, in
denen Porto reservirt wird, muß das Jnsinuationsdokument jedesmal mit demselben
portofreien Rubrum versehen sein, welches auf der Verfügung :c. steht, widrigen
falls da« Jnsinuationsdokument, als zu einer portopflichtigen Sendung gehörig,
angesehen wird.
IV. Die Behändigung erfolgt durch vereidete Postbedicnte oder dergl. Post
boten. Dieselben haben in Bezug auf den Ort der Behändigung und die Person,
welcher sie die Verfügung :c. zuzustellen, die Vorschriften §. 57, II. Nr. 2 und Z
zu befolgen, demnächst auf dem Behändigungsschein das Attest über geschehene Bc-
') Zu PostbehSndigungsscheinen ist nachstehendes Schema vorgeschrieben (I. M. B.
1842, S. 204):
Registraturabthcil.
Aktenzeichen. Post -Jnsinuationsdokument zur Nr. . . .
über die Zustellung (des Erkenntnisses, der
Verfügung) vom . . ten 18 . .
in der
Die mit der Nr. . . . bezeichnete, an zu . . . . . . .
addressirte Ausfertigung
den . . richtig
ten erhalten18zu. haben,
. bescheinige lch hierdurch.
Ein Königl. . . . Postamt wird ergebenst Die oben bezeichnete Ausfertigung ist, da
ersucht, die verschlossene Ausfertigung, der ich den Addreffaten ') persönlich angetrof
Addresse gemäß, durch einen vereideten fen")
Postboten behändigen zu lassen, und das
Jnsinuationsdokument mit der Quittung
des Empfängers und dem Atteste des Bo
am .. ten ..... 18 . . richtig insi-
ten unter Beidrü'ckung eines Amtssiegels
gefälligst zurückzusenden.
den .. ten nuirt, welches ich bescheinige.
13 . .
N. N.,
Königl vereideter Briefträger.
(Siegel.)
Der Empfänger hat folgende Beträge nicht bezahlt:
Porto :
Jnffnuations-Gebühr :
Briefbestellgeld :
Botenlohn :
') mit dem Worte „nicht" auszufüllen,
wenn Address«! nicht angetroffen wird.
") auszufüllen mit dem Worte, entweder:
1) „an den Addressaten selbst" oder
2) „an den , der die
weitere Beförderung versprochen
hat," oder
3) „durch Anheften an die «hur."
händigung mit Rücksicht auf die Art, wie diese geschehen, auszufüllen, und mir
ihrer Namens- und Charaktcrunterschrift zu bescheinigen. Die Richtigkeit der U»^
terschrift des Briefträgers :c. wird von den Postanstalte» durch Beidrückung des
Dienstsiegels legalisirt, und der Behändigungsschein dem betreffenden Gericht zurück
geschickt. — Verweigert derjenige, an den die Verfügung gerichtet ist, die Annahme
oder die Befcheinigung des Empfanges, so ist diefes auf dem Behändigungsfcheine
zu vermerken. Wird die Annahme verweigert, so ist die Verfügung, gleich unbe
stellbaren Addrefsen, sammt dem mit dem ermähnten Attest versehenen Behändi-
gungsschein zurückzusenden. Bei verweigerter Bescheinigung des Empfanges wird
der Behändigungsschei» allein zurückgesendet. Die Weigerung allein, das
Porto und die Jnsinuationsgebühr zu zahlen, ist kein Hindernis der
Insinuation.
V. Werden Verfügungen oder Ausfertigungen mit Bchändigungsscheinen ver
sehen durch die Post den königl. Regierungen oder Provinzial-Skuerdirektoren zu
geschickt, so genügt die amtliche Empfangsbescheinigung des Regierungspräsidenten,
resp. des Provinzial-Steuerdircktors, und es bedarf außerdem keines Attestes des
Postboten.
VI. Die Post hat bei Bchändigimgen von Verfügungen zc. zu erheben :
s) 3 Sgr. Jnsinuationsgebührcni
!,) das tarifmäßige Porto für die Beförderung nach dem Bestimmungsorte, und
das einfache Porto für Rücksendung des Jnsinuationsdokuments;
c) das tarifmäßige Bricfbestellgeld, oder bei Bchändigungcn auf dem platten Lande
entweder das Landbriefbestellgeld oder Botenlohn.
Bei Behändigungen von Kurrenden gebühren ihr 2 Sgr. Jnsinuationsgebühr
frlr jede einzelne Insinuation, das Porto s6 b und das Ortsbriefbeftcllgeld
für jeden einzelnen Empfänger, bei Insinuationen auf dem Lande aber das
Landdricfbcstellgeld oder das Botenlohn nach der ganzen vom Bricfboten wirklich
zurückgelegten Tour.
In portofreien und solchen Angelegenheiten, in denen das Porto reservirt wird,
fallen die Jnsinuationsgebühren und das Porto weg. Jene werden auch dann nicht
erhoben, wenn bei Insinuation portopflichtiger Verfügungen Addrcssat seine Ar-
muth durch obrigkeitliches Armenattest nachweiset, oder seine Armuth noto
risch ist.
Bei frankirtcn Absenkungen zahlt das Gericht die Jnsinuationsgebühr und
Porto; bei Kurrenden auch das Orts- oder Briefbestellgeld oder Botenlohn. Bei
andern frankirten Verfügungen wird dies vom Empfänger berichtigt. Bei unfra»-
kirten Absenkungen zahlt dieser Alles, Bleibt vom Empfänger eins oder das an
dere aus irgend einem Grunde unbezahlt, ') so wird der unbezahlte Betrag vom
absendenden Gericht eingezogen. — A. G, O. l. 7, §. 26. Anh. Z. 56. — Cab.-
Ordre vom 31. März 1842. — Rescr. vom 23. Mai 1842. — Rcscr. des Gen.-
Postm. vom 13. Mai 1842, und Jnstr. vom 13. Mai 1842. I. M. B. S.
198. — Rescr. vom 22. Febr. 1837, Nr. 3. I. M. B. für 1839, S. 394.
Rescr. vom 29, Mai 1841. I. M. B. S. 194.
,3. Behändigung durch Auftrag oder Requisition.
Z. 59. l. Die Behändigung durch Auftrag oder Requisition geschieht in der
Regel an solche Parteien, welche beim Prozeßrichtcr nicht ihren ordentlichen Ge
richtsstand haben, und zwar dann, wenn eine Behändigung durch die Post nicht
möglich oder nicht zweckmäßig erscheint. Nur:
') Z. B. wenn Empfänger die Zahlung weigett, oder wenn die Anhcftung an die
Thür erfolgt. . ,,
514
1) Overgerichte können solchen Parteien, welche ihren ordentlichen Gerichtsstand vor
einem ihnen untergeordneten Untergericht haben, Verfügungen unmittelbar be-
HSndigen lassen; und
2) Gerichte können in ihrem Gerichtsbezirke die Dorfgerichte mit der Behändigung
beauftragen, oder auch Magisträte und Polizeibehörde» um Behändigung ersu
chen. In beiden Fällen sind bei der Insinuation selbst die Vorschriften §. 57
zu beobachten.
II. Wird ein inländisches Gericht um Behändigung rcquirirt, oder damit
beauftragt, so findet:
1) das Requisitions - oder Auftragsfchrciben seinen Platz auf dem JnsinuationSbo-
kument selbst; es ist vom Kanzleivorstande gezeichnet, und muß die vollständige
Bezeichnung der betreffenden Rechtssache und der Akten enthalten.
2) Die Partei, welcher etwas behändigt werden soll, muß in jenem Schreiben oder
auf der Address? der zu insinuirenden Verfügung möglichst genau nach Vor- und
Zunamen, Stand und Dienstverhältnissen bezeichnet, und wo möglich die Woh
nung derfelben angegeben sein.
3) Bei kostenfreien Sachen muß eine portofreie Rubrik gebraucht werden.
4) Das requirirte oder beauftragte Gericht läßt die Behändigung in Gemäßheit des
S. 57 vornehmen, und sendet den vollzogenen Behändigungsschein ohne Anschrei
ben unter der früheren Rubrik zurück.
III. Werden im aktiven Dienst stehende Unteroffiziere oder gemeine
Soldaten vorgeladen, so ist die Vorladung dem Chef der Kompagnie oder Eska
dron, und wenn solcher abwesend ist, dem Kommandeur derselben, zur weiteren Be
förderung an den Vorzuladenden, zuzustellen. Dieser vorgesetzte Offizier hat auf
dem Empfangschein oder der Kanzleiabschrift den richtigen Empfang mit dem Ver
sprechen zu bemerken, daß die Vorladung dem Vorgeladenen zu gehöriger Zeit be
kannt gemacht werden soll. Bei Vorladung der aktiven Offiziere erfolgt eine
Benachrichtigung des Kommandeurs oder unmittelbar Vorgesetzten des Vorzuladen
den nur dann, wenn der Offizier im Termine selbst erscheinen muß. Der Be
nachrichtigung wird dann zugleich das Ersuchen beigefügt, den Vorgeladenen zur
Abwartung des Termins von etwaigen Dienstgeschäften, in sofern solche es gestatten,
zu entbinden. Ist die Anwesenheit des Offiziers im Termine nicht durchaus nöthig,
so fällt die Benachrichtigung weg.
IV. Werden Verfügungen oder Vorladungen an Personen, welche im Aus
lände wohnen, erlassen, so müssen: s) die Termine mit gehöriger Berücksichtigung
der Entfernung des Bestimmungsortes und der zur Beförderung solcher Sachen
durch gesandschaftliche Vermittelung erforderlichen längeren Zeit geräumig') genug
«nberoumt, und b) zur Vermeidung größerer Portoausgaben, V«rladu»gen und
Anfügungen nebst ihren Anlagen, so weit es thunlich, auf Briefpapier und mit
Möglichster Raumerfparung geschrieben werden. Ist damit kein Behändigungsschein
verbunden, so erfolgt in der Regel die Absenkung mit der Post. —
Die Fälle, in welchen an die im Auslande Wohnenden, mit Behändigungs-
scheinen versehene, Verfügungen durch die Post gesendet werden können, sind
§. 58 unter I. erwähnt. In andern Fällen ist bei Bchöndigungen an die im Aus
lände Wohnenden, wenn die Behändigung bescheinigt sein muß, folgendes zu be
obachten: l,
I) Die BehSndigungm können erfolgen s) durch «nmittelba« Requisition der
') Besonders geräumig müssen Termine und Fristen in Bezug auf die nach
Rußland gehenden Verfügungen bestimmt werden. — Lk. Stefer. vom 28, Juli
MS. Jahrb. 14, S. 25. «raff S, V. S4.
N5.
ausländischen SZxKbrde. In Bezug auf die tcutschcn Bundesstaaten') wird
sein; K) durch gcsandschaftliche Vermirtelung, indem .1.1) entweder
auswärtigen Behörden um BcbSndigung gerichteten Requisitionen
Hörden auf gefavdschaftlichem Wege «) zugestellt, oder >>d) indem die
preußischen im Auslande rcsidirenden Gcfandschaften oder Konsulate ersucht wer
den, die Verfügung dem Addressaten zuzuftrtigen. Diese letzte Art der Behän-
digung muß in Bezug auf das nicht zu den teutschcn Bundesstaaten gehörige
Ausland insbesondere dann gewählt werden, wenn die ausländischen Behörden
Weiterbeförderung an die Interessenten ablehnen, oder der
von ihnen nicht erlangt werden kann. — Untcrgcrichte wen-
scl b an das vorgesetzte Obergericht, welches die Wciter-
— c) Venvcigcrt ein auswärtiges tcutschländischcs We
ng, oder giebt auf wiederholtes Schreiben über die gcsche-
, „ keine Auskunft, so muß zwar zunächst der Anstand durch
Vermirtelung des Departements der auswärtigen Angelegenheiten zu beseitigen
gesucht werden. Gelingt dies aber nicht, so muß »») wenn am Orte, wo der
Addressat wohnt, Notarien sich befinden, ein Notar um Bchändigung ersucht
«erden; Kt>) wenn keine Notarien daselbst sind, muß eine an die Partei selbst
gerichtete Verfügung unmittelbar durch die Post versendet, und ein Posteinliefe-
rungsschein zu den Akten gebracht werden. Kommt hierauf in der doppelten
Frist, welche nach dem gewöhnlichen Laufe der Posten zum Eingange einer Ant
wort oder Erklärung darüber erfordert wird, vom Addrcssatcn keine Erklärung,
so muß entweder vom Pystamtc ein Attest: daß die Bestellung an den Adressa
ten wirklich geschehen sei, oder ein Nachweis darüber: daß Addressat damals,
als die Post mit der Verfügung am Orte der Addrcssc ankam, sich wirklich da
selbst aufgehalten hat, zu den Akten gebracht werden; ce) kann auch dies post-
1) Mit dm meisten tcutschen Bundesstaaten sind darüber Vereinbarungen getroffen,
z. B. mit Baicrn unterm 17. Mai 1«34 (KS. S. 7l), mit Hcsscn-Darm-
stgdt und Baden laut Rescr. von, 17. Januar 1820 (Jahrb. 14, S. 197);
mit Nassau laut Rescr. vom 25^ März 182« (Jahrb. 15, S. 266); mit Hes-

mit Sachsen-Koburg-Gocha am 23. Dcc, IM (GS. S, 9); mit Rcuß-Plauen


am 5. Juli 1834 (GS. S, 124) ?c. In Folge dieser Vereinbarungen wer
den für Insinuationen gegenseitig weder Porto noch Kosten angesetzt und ge
fordert. Sie werden vielmehr unter der Rubrik: „Herrschaft!, gerichtliche In-
sinuationssachen" zugesendet.
2) So können Insinuationen nach Schweden nur durch das Min, der «usw.
Angel, gesendet werden. — <',s. Rescr. vom 12. Dcc. 1802 (Stengel Bd. 17,
S. 299). Gleiches gilt in den Niederlanden und in Frankreich. — LI.
Rescr. vom «. Febr. IM. Jahrb. 35, S. 127. Gräff«, S. 25«. — Rcfc.
vom ö. Mai 1826. Jahrb. 27, S. 285. Gräff 2, S. 7«. — Hier werden
Insinuationen und andere Requisitionen kostenfrei besorgt. — Rescr. vom 23.
:NW7 und vom 13. Juni 183S. Jahrb. 29, S. 204; 47, S. 577.
"2, S. 80. — Nach Belgien geht die gerichtliche Korrespondenz vor-
Doch muß die Sendung ausdrücklich mit der Bezeichnung : ,.in8iuu«-
tiöns jucUoisirss" und der Signatur derjenige» Behörde versehen sein, von
welcher die Ausfertigung ausgeht. — Rescr. vom 4. März 1835. Jahrb. 45,
,G. 2S6. Gräff 8, S. 499. — Zwischen den königl. Gerichten in Königsberg
und dem diesseitigen Konsul in Riga findet unmittelbare Korrespondenz statt.
Andere Schreiben diesseitiger Behörden an russische Behörden werden durch das
«in. der «uS«. Angel, mittels der köuigl. Gesandschaft in Petersburg und der
:!><> «eMig» im kugiMn Reicheze angestellten Konsuln befördert. — Rescr. vom
2». Zu« 1819 und von, 12.. August 4818. Jahrb. 14, S. 25; !2, S. Ib.
H rS ff Z, S. M fg. ^
amtliche Attest oder der gedachte Nachweis nicht beschafft werden, so muß die
Verfügung den Zeitungen der Provinz, in welcher das verfügende Gericht seinen
Sitz hat, einmal inserirt, ein Exemplar dieses Zeitungsblatts dem Addressaten
auf der Post zugeschickt, und dessen Abgang bescheinigt werden.
2) Die Behändigung wird für richtig geschehen angenommen, wenn der von der
ausländischen Behörde bescheinigte Empfangschein über geschehene Behändigung
eingeht. Bleibt aber dieser Behändigungsschein aus, oder verweigert die aus
ländische Behörde die Behändigung, so genügt: s) in Bezug auf die teutfchen
Bundesstaaten die Bescheinigung der von einem Notar geschehenen Behändigung,
oder falls der Weg sä 1, e, bd eingeschlagen werden mußte, die vom Addressa
ten eingegangene Erklärung, event. der daselbst bezeichnete Nachweis, oder poft-
amtliche Bescheinigung, und im Falle »6 I, o, ee der Schein über Abgang des
Zeitungsblatts ; K) in Bezug auf das übrige Ausland die Bescheinigung der
diesseitigen Mission oder des diesseitigen Konsulats über die Jnsinuatiou oder
über die Absenkung der Verfügung durch die Post. — A. G. O. I. 7, Z. 4 bis
11; Z. 24, 25. Anh. Z. 54 und 55. — Cab.-Ordre vom 4. Juni 1823. GS.
S. 85. — Eab.-Ordre vam 21. Juni 1836. GS. S. 202. — Rescr. vom
31. Dec. 1831. Jahrb. 36, S. 31«. Gr äff 6, S. 258. — Rescr. vom 22.
Nov. 1834. Jahrb. 44, S. 358. Gräff 8, S. 159, und Rescr. vom 2t.
März 1835 in Mannkopf A. G. O. Bd. 1, S. 361. — Rescr. vom 14.
Nov. 1839. I. M. B. S. 391.
4. Von der Mitwirkung des Extrahenten bei der Insinuation
und 5. von der Realzitation.
? §. 60. I. Das zur Behändigung einer Vorladung oder Verfügung Nöthige
wird in der Regel durch den Prozeßrichter veranlaßt. Wenn jedoch der Extrahent
ausdrücklich verlangt, daß ihm die Insinuation überlassen werde, so ist ihm zu will
fahren. Er muß jedoch dann für die Herbeischaffung einer vollkommen glaubwür
digen Bescheinigung sorgen. Bei Vorladung der im Auslande Wohnenden ins Be
sondere kann Extrahent in sofern zweckmäßig mitwirken, als er die nach Z. 59 sub
ZV. 2 nöthigen Bescheinigungen und Nachweisungen beschafft.
II. Die zwangsweise Abholung und Stellung des Vorgeladenen durch den Ge
richtsboten (Realzitation) findet in Zivilprozessen in der Regel nicht statt, da beim
««gehorsamen Ausbleiben Kontumazialverfahren eintrit. Sollte jedoch die Gegen
wart einer Partei dergestalt nothwendig werden, daß sonst mit Verhandlung und
Instruktion selbst in «outumsLisin nicht weiter verfahren werden könnte, so würde
die Realzitation zulässig sein. — A. G. O. Z. 6, 11, 13, 19.
Wirkungen einer, auf die Klage geschehenen, gehörig behändigten
Vorladung des Beklagten.
§. 61. Außer den Folgen, welche eine auf die Klage an den Beklagten gehörig
erlassene und richtig behändigte Vorladung, oder auch die gehörig erfolgte Bekannt
machung einer Ediktalladung beim Ausbleiben des Vorgeladenen vermöge der nach
Unterschied der Fälle beigefügten gesetzlichen Warnung hervorbringt, hat dieselbe
auch folgende Wirkungen:
s) wird dadurch in Fällen, da die Klage bei mehr als einem Gerichte angestellt
werden kann, die Prävention begründet; — ek. Z. 36. —
d) entsteht dadurch die Rechtshängigkeit (Litispendenz) der Sache, welche bewirkt,
daß eine nachher mit dem Vorgeladenen sich ereignende Veränderung auf de»
Gerichtsstand keinen Einfluß hat. Verändert daher Beklagter nach behöndigter
Vorladung seinen Wohnsitz, oder wird eximirt, s« kann fr die Abgabe der Sachs
117
an seinen nunmehr erlangten Gerichtsstand nicht verlangen. Gleiches gilt ««»
den unter einem andern Gerichtsstand wohnenden Erben eines Erblassers, wel
chem als Beklagten bereits vor seinem Ableben die Vorladung behändigt war;
c) wird die in Anspruch genommene Sache dadurch streitig (litigiös»), und ihr
Besitzer darf damit keine Veränderung vornehmen, wodurch dem Gegner, wenn
er den angefangenen Prozeß gewönne, ein Rachtheil erwachsen könnte. Eine
solche streitige Sache darf daher nicht vernichtet, veräußert, abhandengebracht,
«der durch übermäßigen Gebrauch oder vernachlässigte Aufsicht verschlimmert
werden, widrigenfalls der, welcher sie zur Zeit der behändigten Klage besaß, den
obsiegenden Gegner vollständig entschädigen, und den Werth der Sache oder die
nach Insinuation entstandene Verschlimmerung vergüten muß;
ck) wird bei Verbindlichkeiten, zu deren Erfüllung keine gewisse Frist bestimmt war,
der in Anspruch Genommene in den Fall der Zögerung (mors) versetzt, und
muß sich die daraus fließenden rechtlichen Folgen gefallen lassen. ')
e) Die Verjährung durch Besitz wird durch Klagebehändigung unterbrochen. 2)
Diese Wirkungen der Klagsbehändigung fallen jedoch weg,
t) wenn der Ertrahent der Vorladung die Klage zurücknimmt oder durch AuSblei«
ten im Jnftruktionstermine die Aktenweglegung herbeigeführt, und den Prozeß
nicht innerhalb der bestimmten Frist aufnimmt (resssumii-t);
2) wenn der Vorgeladene die Inkompetenz des vorladenden Richters bei demselben,
«der bei dessen vorgesetzter Instanz nachweiset und die Aufhebung des Termin«
bewirkt.
In beiden Fällen wird die Behändigung der Vorladung als nicht geschehen be
trachtet. — A. G. O. I. 7, §. 48—50. — A. L. R. I. 9, Z. 603, 605.
Fälle, in denen gewissen Behörden von Klagen Kenntniß zu geben.
62. Die Mittheilung einer eingeleiteten Klage erfolgt in der Regel nur
an die Beklagten. Ausnahmsweise muß der Prozeßrichter:
1) von den gegen einen der Regierung untergeordneten Beamten aus Veranlassung
seines Amtes angebrachten Regreßklagcn, ferner von Klagen wegen Geldfor
derungen gegen Kassenbediente deö Rcgierungsressorts der betreffenden königl.
Regierung z
2) von den gegen Magazin- und Kassenbeamte der Militairverwaltung wegen
Geldforderungen angebrachten Klagen der betreffenden königl. Militairintendantur;
3) von Klagen gegen ein einzelnes Komptoir der Seehandlungsfozietät aus seinen
Handlungen und Verträgen, besonders in kaufmännischen Angelegenheiten der
Seehandlungsdirektion ;
4) von den gegen eine fiskalische Station, welche einer königl. Regierung unterge
ordnet ist, gerichteten Klagen, der betreffenden königl. Regierung sofort Nachricht
geben und Abschrift
>) Diefe Folgen sind bei Einklagung von Geldforderungen, die Pflicht zur Zah
lung von Zögerungszinsen, und bei Einklagung von Sachen, daß der Verklagte,
wenn er auch bis dahin redlicher Besitzer war, nun unredlicher Besitzer wird,
vorausgesetzt, daß das Verlangen des Klägers begründet ist. — (X. Z. 222,
Tit. 7, I. und K. 71, Tit. 16, I. A. L. R.
>) Die Verjährung durch Besitz findet statt, wenn Jemand eine Sache «der Recht
auf Grund eines zur Erlangung des Eigcnthums geschickten Titels durch die
gesetzliche Frist ruhig und redlicher Weise besessen hat. Auch die bloße Klage
anmeldung unterbricht diese Art der Verjährung; doch muß die Klageanmel
dung nothwendig dem Besitzer bekannt gemacht sein. Dies ist hauptsächlich
der Grund, warum nach K. 50 Nr. 3 e die Mittheilung von dergleichen Klage-
anmeldungen angeordnet ist. — Lk. Z. 596 und 603, I. 9 A. L. R.
118
S) der gegen Kirchen gerichteten Klage» unter Bekanntmachung des Klsgebcantwor-
tungstermins dcr königl. Regierung?
b) der gegen ein prinzlichcs Amt angestellten Klagen der prinzlichen Kammer;
7) der gegen Personen der königl. Schauspiele und Kapelle angebrachten Klagen
dcr Gcneraldirektion der königl. Schauspiele, und
8) der gegen Bevormundete angestellten Klagen in dem Falle, wenn der Prozeß
richter ein vom VorMundschastsrichtcr verschiedenes Kollegium bildet, dem Vor:
mundschaftsgericht mittheilen. — A. G. O. I. 7, A 28, 33 K. Anh. §> 49, 58.
Rescr. vom 5. Mai 1828. Jahrb. 3!, S. 273. Gräff2, S. 58. ^ Rescr.
vom 17. Sept. 1835. Jahrb. 4«, S. II«. Graff 8, S. 157. — Res«, vom
12. März 1839. I. M. B. 1839, S. 123. — Res«, vom 2«. Mai 1837.
Jahrb. 49, S. 449. GrSff 1«, S. 91. ^ Rescr. vom 1. März 1839. I.
M. B. S. 104.

Von den schriftlichen Erklärungen der Parteien im Mandats-,


summarischen «nd Bagatellprozeß.
§. 63. Im Mandats-, Bagatett- und summarischen Prozeß können Klage,
Appellation und Revision, so wie deren Beantwortung Mündlich zu Protokoll oder
schriftlich I» oder vor dem dazu anberaumte» Termine angebracht werden. Hat
jedoch eine Partei einen Justizkommissar zu ihrem Bevollmächtigten, so muß dieser
die Anträge und Erklärungen schriftlich einreichen. Allen Schriftsätzen, welche, sei
cs von der Partei oder von ihrem Mandatar, in den gedachten Prozessen eingereicht
werden, muß eine Abschrift derselben für den Gegentheil beigefügt sein. Justizkom
missarien sollen, wenn sie dies unterlassen, in Ordnungsstrafen genommen werden.
Gegen die Parteien selbst findet jedoch bei dessen Unterlassung kein Kontumazialver-
sahren statt. Es wird auf ihre Kosten ein Duplikat angefertigt. Die Mangelhaf
tigkeit eines von dcr Partei eingereichten Schriftsatzes soll aber auch niemals die
Verlegung eines Termins zur Folge haben. — Z. 7« und 71 des Ges. vom 1. Juni
1833. — Refcr. vom 7. Oct. und vom 3«. Sept. 1S3Z. Jahrb. 43, S. 426. —
Rescr. vom 8. Sept. 1834. Jahrb. 44, S. 87. Gr äff 8, S.237. — Rescr. vom
24. Nov. 1835, in Gräff, Koch :c. III. S. M.

Zweiter Abschnitt.
ZSom Mandatsprozeß.
In welchem Umfange und in welche» Fällen er stattfindet.
§. S4. I. Der Mandntsprszeß kommt in allen Provinzen zur Anwendung,
in welchen die A. G. O. Gesetzeskraft hat. Die Provinz Posen ist nicht ausge
nommen.
II. Eignet sich die eingeklagte Forderung zum Mandatsprozeß, und zugleich
auch zu einer andern Prozeßform, so geht der Mandatsprozeß vor. — Werden
mehre Forderungen in einer Klage vereinigt, von denen einzelne zum Mandats
prozeß, andere zu einer andern Prozeßform sich eignen, so wird in Betreff jener
der Mandatsprozeß eingeleitet, diese aber zu der Prozcßform verwiesen, zu welcher
sie gehören.
119
UI. Der Moncaröprozeß trit ein, ohne Unterschied de6 Strmobzekrs, oisv
bei Gegenständen unter und üb« SO Thaler in folgenden Fällen: >)
1) wegen aller Verbindlichkeiten aus einseitigen Geschäften, >) wenn die darüber
errichtete Urkunde
entweder nach §. 123, Tit. 10 der Prozeßordn. für eine öffentliche inlän«
dische Urkunde ') zu achten ist;
oder von einer inländischen öffentlichen Behörde in eigner Angelegenheit ausge
fertigt worden;
«der mit Beglaubigung der Unterschrift durch ein inländisches Gericht oder
einen inländischen Notar versehen ist;
2) wegen aller, auch aus zweiseitigen Geschäften herrührenden, Forderungen von
Kapitalien, Zinsen, und zu bestimmten Zeiten wiederkehrenden Leistungen, wenn
diese Forderungen ouö dem Hypothekenbuche hervorgehen, oder wenn über die
selben in Ermangelung eines «ollendeten Hypothekenbuchs eine Rekognition von
der Hypothekenbehörde ertheilt worden ist. — Die Urkunde, auf welche sich nach
Nr. t und 2 die Mandatsklage gründet, muß in der Regel in der OriginalauS-
strtigung beigefügt werden. ^) Nur, wenn rückständige Zinsen oder rückständige
Termine gewisser jährlicher aus dem Hypothekenbuche ersichtlicher Leistungen von
demjenigen, dessen Recht hierzu eingetragen ist, eingeklagt werden, und der Pro-
zeßrichter zugleich das Hypothekenbuch führt, genügt die Bezugnahme auf den
Inhalt des Letztern ohne Produktion des Hypothekeninftruments. — Die nach
1 und 2 begründeten Forderungen, einschließlich der zu bestimmten Zeiten wie
derkehrenden Leistungen, können auch vor der Berfallzeit im Mandatsprozeß
i) In den Provinzen, in welchen Kreisjustizräthe angestellt sind, können diese auch
die, gegen die in ihrem Bezirk wohnenden erlmirten Beklagten angebrachten,
Mandatsklagen, sofern daö eingeklagte Objekt 50 Thaler nicht übersteigt, das
Mandat erlassen, und wenn Einwendungen dagegen erhoben werden, die Sache
im Bagatellprozeß inftruiren und entscheiden. — Ls. Rescr. vom 25. Oct.
1S36. Jahrb. 48, S. 46«. — Berordn. vom 3«. Nov. 1833, §. 4, Nr. 4.
GS. S. 298.
1) Einseitige Geschäfte sind Hinsichts der Form solche, welche durch einseitig aus
gestellte Instrumente begründet werden; Hinsichts des Wesens solche, aus wel
chen auf Erfüllung der Verbindlichkeit geklagt Wersen kann, ohne daß der
Kläger nachzuweisen hat, daß er von seiner Seite erfüllt habe. — ö,. 189
des Anh. zur A. G. O. — Rescr. vom 8. Dec. 18Z4 in Gräff, Koch :c.
Erg. III. S. 598.
!) Öffentliche Urkunden sind die, welchen eine vorzügliche Glaubwürdigkeit um
deswillen beigelegt ist, weil die Aussteller derselben im Staate dazu bestellt
worden, dergleichen Urkunden auszustellen oder zu bekräftigen. — Z. 123, Tit.
1« Prz. O.
^) Kläger muß in der Mandatsklage alle Thatsachcn, deren Nachweis ihm ge
setzlich obliegt, durch öffentliche Urkunden nachweisen. DieS gilt auch bei For
derungen, die erst nach Kündigung zahlbar sind, in Bezug auf die behauptete
Kündigung. Doch braucht nur die Verbindlichkeit selbst durch eine inländi
sche öffentliche Urkunde festzustehen. Die übrigen beizubringenden Urkunden
brauchen nur solche zu sein, welche »ach der Prozeßordn. keiner Rekognition
bedürfen. Das Rescr. vom 12. Sept. 1835 hält es bei Mandatsklagen gegen
Erben sogar für zulässig, daß die Erbesqualität bei Anstellung der Klage nicht
durch Beibringung einer öffentlichen Urkunde bewiesen ist, daß vielmehr der
Beweis vom Kläger erst dann gefordert wird, wenn Beklagte die Erbesqua
lität in Abrede stellen. — Jahrb. 46, S. 123. Gräff 8, S. 259. — Rescr.
vom 6. Jan. 1834. Mannkopf A. G. O. Bd. 2, S. 582. Jahrb. 43,
G. 399. — Rescr. vom 11. Jan. 1837. Mann köpf a. a. O.
2) Wenn das Dokument sich bei dem Prozeßrichter in andern Akte» befindet, so
versteht eS.sich^von selbst, daß eine Bezugnahme daraus ebenfalls ausreicht.
120
eingeklagt werden. ') Doch kann dcr Antrag dann nur dabin geben, da? mit
dem Ablauf dcr Vnfallzcit Zahlung erfolge;
3) wegen Ansprüchen aus einem, die Erekution nicht mehr zulassenden (Kontuma-
zial-, Agnitions- und andern) Erkenntnisse, seit dessen Rechtskraft noch nicht
fünf Jahre verflossen sind, so wie aus den im Prozesse geschlossenen gerichtlichen
Vergleichen, welche noch nicht älter als 5 Jahre sind; ^)
4) wegen Forderungen dcr Geistlichen und andern Kirchen- und Schulbedientcn, ')
. der gerichtlichen gewählte» und Ofsizialanwalte, Rechtsbeistände und Notare, der
Feldmesser und Kondukteure für ihre Gebühren und Auslagen, wenn dicfe durch
. die vorgesetzte Behörde festgesetzt worden sind, und das Festsetzungsdekret mit dcr
Klage zugleich überreicht wird, sowie der Gerichte für ihre Gebühren und Aus
lagen. <>) In gerichtlichen Angelegenheiten können Anwälte, Rechtsbcistände,
. Rotare, Feldmesser und Kondukteure die ihnen festgesetzten Gebühren und Aus
lagen entweder bei den gcrichtlichcn Akten unter Hinweisung auf das gerichtliche
Festsetzungsdekret, oder im persönlichen Gerichtsstände des Schuldners unter
. Überreichung des Festsetzungsdekrets im Mandatsprozesse einklagen. In außer
gerichtlichen 5) Angelegenheiten können Feldmesser und Kondukteure nur im pcr-
) Darauf, wie lange vor dcr Berfallzcit die Klage angebracht wird, kommt es
nicht an, wenn die Verfallzeit nur feststeht. Bei wiederkehrenden Leistungen
ist nicht nöthig, daß Kläger bei Einklagung eine bestimme Reihcfolge beobachte.
Es ist auch zulässig, daß wegen sämmtlicher zu bestimmten Zeiten wieder
kehrender Leistungen eine Mandatsklage angebracht werde. — Lk. Rescr. vom
28. Sept. 1839.
2 ) In gewissen Fällen (z. B. wenn vergleichsweise die Zahlung erst nach 5 Jahren
erfolgen kann, oder bei Alimentenerkenntnissen) ist Exekution aus einem Er
kenntnisse oder Vergleiche auch nach 5 Jahren zulässig, obwohl auf Grund der
selben die Mandatsklage nicht mehr angestellt werden kann.
2) Dingliche und persönliche Abgaben, welche an dieselben vermöge einer allgemein
gcsctzlichen oder auf notorischer Orts- oder Bezirksverfassung beruhenden Ver
bindlichkeit zu leisten, sowie die Forderungen der öffentlichen Schul- und Erzie
hungsanstalten an Schul- und Pensionsgeld können, wenn sie laufende oder
nicht über 2 Jahr alte Rückstände sind, erekutivisch eingczogcn wcrdcn. Diese
gehören daher nicht hierher. Der Mandatsprozcß ist daher nur auf ältere
Rückstände und auf andere Gebühren und Auslagen dieser Personen anwend
bar. — llf. Eab.-Ordre vom 19. Juni 183«, und oben §. 6, Nr. 17.
Diese Bestimmung in Betreff der Gerichtsgebü'hren und Auslagcn ist durch die
Cab.-Ordre vom 17. Oct. 1833 noch suspendirt. Die Einziehung derselben er
folgt vielmehr durch Erlaß einer Zahlungsaufforderung und demnächstige ereku-
tivische Maßregeln. Nur i» Betreff der Untcrsuchungskosten muß, bevor deren
Eintragung ins Hypothckenbuch der Grundstücke des Schuldners erfolgen kann,
eine Mandatsklage vorausgehen, weil Untersuchungskosten keinen Titel zum
Pfandrecht haben, und dieser daher vorerst durch 'Mandat event. Erkenntniß
erlangt wcrdcn muß. — «s. Rescr. vom 6. Oct. 1834. Jahrb. 44, S. 444.
Rescr. vom 3. Juni 1844. I. M. B. S. 142,
5) In außergerichtlichen und außerprozessualischen Angelegenheiten sind Justizkom.
nicht gerade verpflichtet, ihre Gebühren, z. B. für Notariatsakte festfetzen zu
lassen. Sie können solche daher auch im gewöhnlichen Prozeß einklagen. Die
Festsetzung erfolgt nur entweder auf ihren eigenen, oder auf Antrag des Zab-
lungspflichtigen, und zwar: 1) wenn das fr. Geschäft eine Lehns-, Hypothe
ken-, Vormundschafts-, Nachlaß- oder Depositalangelegenheit betrifft, von dem
Richter, welchem die Regulirung der Sache gebührt; 2) in allen andern
Rechtsangelegenheiten.- s) sofern darüber Verhandlungen bei einem Gerichte
schweben, von dem Gericht, bei welchem die Sache anhängig; d) sonst vom
Obergerichte, in dessen Departement der Justizkommissarius oder Notar an
nestellt ist. — Rescr. vom 28. Mai 1843. I. M. B. S. 143. — Rescr. vom
7. Febr. 1840. I. M. B. S. 70.
12!
sönlichen For« beb Schuldner« klagen , und Juftizkommissarien und Notare ' )
können die Klage entweder bei dem persönlichen Richter de« Schuldner«, od«
bei dem Richter anbringen, welcher die Gebühren festgesetzt hat. — Dieselbe«
find zwar befugt, der Mandatsklage >) eine gerichtliche Zahlungsaufforderung
vorausgehen zu lassen; jedoch ist dies zur Begründung der Mandatsklage nicht
wesentlich nothwcndigi 5)
5) wegen Forderungen ordnungsmäßig konzcssionirtcr Privat -Schul- und Erzie
hungsanstalten an rückständigem, durch ihren Einrichtungöplan festgesetztem.
Schul- oder Pensionsgelde aus dem Zeiträume eines Jahres von Einreichung
der Klage zurückgercchnct;
6) wegen Forderungen der Medizinalpersonen und Apotheker für ihre Besuche, Ope
rationen und Arzneimittel unter gleicher Zeitbeschränkung wie aii 5. Die Liqui
dationen müssen jedoch von ärztlichen Personen ^) aller Klassen mit spezieller
Angabe der Dienstleistungen und mit Berechnung einer jeden Dienstleistung nach
den Bestimmungen der Medizinaltaxe aufgestellt, sowie die Rechnungen der Apo
theker mit den ärztlichen Rezepten und einem Festsetzungsdekrcte ^) belegt sein. —
K. 1 und §. 75 des Gcs. vom 1. Juni IM. GS. S. 37. — §. 7 d«
Jnftr. vom 24. Juli IM. Jahrb. 41, S. 437. Gräff 6, S. 232. — Cab.-
Ordre vom 17. Ott. IM. GS. S. 119. — Cab.-Ordre vom 19. Juni 1836.
GS. S. 19«. — A. G. O. I. 5, §. 24, und Rescr. vom 20. Febr. IM, in
Mann köpf A. G. O. Bd. 2, S. 65«. — Rescr. vom 6. Sept. und 7. Ott.
IM. Jahrb. 43, S. 395 u. 397. — Rescr. vom 2«. Sept. 1839. I. M. ».
S. 323. — Rescr. vom 9. Febr. 1843. I. M. B. S. 52. — Rescr. vom 2«.
März und vom 25. März 1837. Jahrb. 49, S. 188 fg. — Rescr. vom 15.
Juli 1837, in Gräff, Koch :c. III. S. 605. — Verord. vom IS. Juni 1834,
XI. GS. S. 75.
Verfügung auf die Mandatsklage.
§. 65, I. Auf die gehörig begründete Mandatsklage wird unter abschriftlich«
Mittheilung derselben ein Befehl an den Beklagten erlassen, binnen 14 Tagen, vom
Tage der Insinuation des Befehls an, entweder den Kläger klaglos zu stellen, oder
seine Einwendungen gegen die Forderung mündlich zu Protokoll oder schriftlich an
zubringen, widrigenfalls auf Antrag des Klägers und nach gehörig geschehener Be-
händigung die Exekution verfügt werden würde. Auch muß ausdrücklich bemerkt
sein, an wen Beklagter sich beim Gericht zu wenden habe, wenn er seine Einwen
dungen zu Protokoll geben wolle.
In besonderen Fallen steht dem Richter die Befugniß zu, die Frist auf 8 Tage
zu verkürzen, «der bis auf 6 Wochen zu verlängern. —
1) Ausländische Sachwalter haben in Bezug auf Einklagung ihrer Gebühren
gegen Inländer gleiche Rechte und Pflichten mit den inländischen Sachwaltern.
Ks. Rescr. vom 26. Febr. 1837. Jahrb. 47, S. 323.
2) In Betreff der den Justizkommissarien :c. im Mandatsprozesse erwachsenen
Gebühren brauchen sie nicht von Neuem im Mandatsprozesse zu klagen.
«) Die Mandatsklage ist in Betreff der Forderungen s6 4 nicht auf eine gewisse
Zeit beschränkt. Sie kann also bis zu deren Verjährung angebracht werden.
Eine Festsetzung ist bei den Forderungen der Medizinalpersoncn nicht nöthig.
Sind dergleichen Personen in gerichtlichen Angelegenheiten vom Gericht zuge
zogen worden, so haben ihre vom Gericht festgesetzten Gebühren und Auslagen
die Natur der gerichtlichen Gebühren und werden, wie diese, ohne Mandats
klage eingezogen. — Rescr. vom 6. Der. 1834, und Rescr. vom 8. April 1837
in Gräff, Koch zc. Erg. III. S. 602.
s) Die Festsetzung kann durch den Kreisphysikus oder durch das Medizinalkolle-
gium erfolgen.
12s
Die Fckft selbst wird durch den Dezernenten , allenfalls auf Bortrag im Kot-

Bei Kündigung«- und überhaupt bei Klagen wegen, zur Seit der Klage noch
nicht fälliger, Ansprüche wird im Befehl die Warnung gestellt, daß Schuldner den
Kläger mit dem Tintrit der Verfallzeit befriedige, und die etwaigen Einwendungen
binnen 14 Tagen anbringe, widrigenfalls nach Ablauf der Berfallzeit ohne Weiteres
d» Exekution erfolge.
Wird mit der Mandatsklage ein Arrestgesuch angebracht, und dieses ebenfalls
fitr begründet erachtet, so wird der Arrest angelegt, und das Mandat an Beklagten
dahin erlassen: daß der beantragte und angelegte Arrest für justifizirt erachtet wor
den, und daß Beklagter gehalten, den Kläger binnen 14 Tagen klaglos zu stellen
oder seine Einwendungen gegen die Forderungen und gegen den Arrest anzubringen,
widrigenfalls es bei dem verhängten Arrest bis zur Befriedigung des Klägers ver
bleiben, und auf seinen Antrag die Exekution verfügt werden wird. — §.2 des
Ges. vom 1. Juni 1«33. — Z. 9 u. 11 der Jnstr. vom 24. Juli 183S. — Nr. 1
der Eab.-Ordre vom 17. Ott. 1SS3. — Restr. vom 1. Aug. 1834 in Mannkopf
». G. O. Bd. 2, S. SS«.
II. Sind Mehre in einer Mandatsklage belangt, so wird der Befehl nebst
Abschrift der Klage nur Einem der Beklagten zugestellt. Die übrigen Beklagten
dagegen sind hiervon unter Beifügung einer Abschrift des Befehls zu benachrichtigen.
Diese Benachrichtigung kann auch durch eine Kurrende geschehen. g. 3s des
«es. vom S. Mai 1838. GS. S. 273. — Restr. vom 2«. Febr. 1839. I. M.
B. «. 94.
III. Die Behändigung des Mandats, und im Falle sä II. auch der Abschrist
erfolgt in der Z. 57—59 vorgeschriebenen Art. Der attestirte Behändigungsschein,
welcher zu den Akten gelangen muß, dient als Ausweis. Weigert Empfänger die
Ausstellung eines Empfangscheins, so vertrit die Anzeige des mit Zustellung beauf
tragte» Beamten die Stelle dieses Nachweises. — Ediktalladung ist im Mandats
prozesse nicht zulässig.
IV. Durch Behändigung des Befehls ist die Sache als rechtssnhängig zu be
trachten. — Bald nach Eingang des Empfangscheins «der der Botenanzeige, und
ohne die im Befehl gestellte Frist abzuwarten, muß dem Kläger von der geschehenen
Behändigung und dem Tage, an welchem sie erfolgt, Kenntniß gegeben werden.^) —
K. 10 z z. 13 der Jnstr. vom 24. Juli 1833. — §. 3 des Ges. vom 5. Mai 183«.
Restr. vom 9. Dec. 1839. I. M. B. S. 424. — Restr. vom 8. Dec. 1837.
G raff, Koch :c. III. S. 596. — Z. 2 des Ges. vom 1. Juni 1833.
Bon den gegen das Mandat erhobenen Einwendungen und der
darauf erfolgenden Verfügung und Entscheidung.
§. 66. I. Gegen diesen Befehl sind nur solche Einwendungen zulässig, welche
sofort durch Urkunden, 2) Sideszuschicbung oder solche Zeugen, deren unverzüglicher
Dem Kläger wird in der Praxis häufig auch von Einleitung der Klage und Erlaß
des Mandats Kenntniß gegeben. Dies ist in der Ordnung, da jeder Kläger
von dem auf seine Klage gefaßten Beschlüsse Nachricht fordern kann, und die
unterlassene Benachrichtigung nur zu wiederholten Anfragen führen würde.
I» dem Restr. vom 2«. Febr. 1839 (I. M. B. S. 94) zu 2 ist jedoch vor
ausgesetzt, daß die Benachrichtigung von der geschehenen Behändigung des
Mandats die Stelle des Notifikatorii über Einleitung der Klage vertrete.
2) Die Urkunden müssen als« der Gegenschrift beiliegen, oder sie müssen sich beim
Prozeßrichter befinden, so daß daselbst der Einsicht kein Hinderniß im Wege
steht. — Restr. vom 26. August 1840. I. M. B. S. 292.
123
Abhörung Kin Hindermß entgegensteht, ') liquid gemacht werden kötwen. 5) —
Der Antrag des Beklagten, welcher solche Einwendungen erhebt, muß dahin gerichtet
werden, daß der Befebl ganz oder in Bezug auf den durch dm Einwand zu leseiti-
genden bestimmten Theil des eingeklagten Anspruchs aufgehoben werde. — D» d«
Einwendungen auch zu Protokoll gegeben werden können, so muß der bei jevem Ge
richt zur Aufnahme protokollarischer Gesuche ernannte Beamte oder Wochrndepurirtr
während der Amtsstundcn zu deren protokollarischen Niederschreibung bereit fttn.
,,«U. Das die Einwendungen enthaltende Protokoll oder die Eingabe ist nebst
den Akten sofort dem Dezernenten zur Prüfung und zum Bortrag im KölKgio zu»
zustellen. Sind die Einreden innerhalb der im Mandat gestellten Frist angebracht,
und haben sie die zu I. vorgeschriebene Eigenschaft, so wird die Sache zur Ber-
Handlung, und zwar bei Bagatellobjekten zur Verhandlung im Bagatellprozeß
(Abschn. 3), bei größeren Streitgegenständen aber zur Verhandlung im summari
schen Prozeß (Abschnitt 4) verwiesen. Bei kollegialischen Gerichten geht ba^er die
Sache im ersten Falle an den Bagatellkommissarius, im zweiten Falle an die mit
summarischen Prozessen beauftragte Deputation. Von beiden wird Termin zur
Instruktion über die Einreden verfügt, zu welchem beide Thcile und zugleich die
vom Beklagten genannt«« Zeugen vorgeladen werden. Den Parteien wird in der
Borladung die Warnung gestellt: daß beim Ausbleiben beider Theile die Akten auf
Kosten des Klägers weggelegt, beim Ausbleiben eines Thcils aber, je nach dem
Antrage des Erschienenen, entweder die Akten auf Kosten de« Gegners weggelegt,
oder mit Aufnahme des Beweises und fernerer Verhandlung verfahren, die vom
Erschienenen beigebrachten Urkunden als rekognoszirt angesehn, und alle streitige,
vom Nichterschienenen angeführte, mit schriftlichen Beweisen nicht unterstützte «hat»
fachen für nicht angebracht, dagegen alle vom Erschienenen angeführte und im Ter
min anzuführenden Thatsachen, denen noch nicht ausdrücklich widersprochen worden,
für zugestanden erachtet werden würden.
M. Findet der Richter den Einwand erheblich und bewiesen, so wird a«f Zu
rücknahme des Mandats erkannt. Ist der Einwand nur in Bezug auf einrn Thell
des Anspruchs erwiesen und erheblich, so geht das Srkenntnifi nur auf diese tbri«,
weise Rücknahme des Mandats. — Wird gegen ein die gänzÄch« oder rheilweiße
Rücknahme des Mandats aussprechende« Urtel appellirt, so bleibt die Exekution M
Betreff des Anspruchs, hinsichtlich dessen der Befehl zurückgenommen ist, suspendirt.
Wird der Einwand unerheblich oder unerwiesen befunden, so wird auf Bollstreckung
des Mandats erkannt, und die Appellation gegen ein solches «rtel kann die Erek
tion nicht aufhatten.
Die genannten Zeuge» müssen daher entweder zur mündlichen Verhandlung
ohne Hinderniß vorgeladen, oder vom Beklagten mit zur Stelle gebracht wer
den können. Soll dies letztere geschehe», so muß Beklagter sich in der Einre-
deschrift dazu erboten haben. Ändere Zeugen machen die Einrede nicht liquid.
— Rescr. vom 3. August 1833, und 3«. Sept. 1833. Jahrb. 4t, S. 4ö9z
43, S. 401. Gräff ö, S. 251.
>) In Betreff der Art der Einreden ist Beklagter nicht beschrankt. Er kann z. B.
den Einwand der mangelnden Legitimation zur Sache, der erfolgten Verstat
tung zum Moratorio u. f. w. machen. Bei faktischen Einreden wird jedoch
stets die Liquidität, und bei allen Einreden die rechtszeitlge Anbringung vor
ausgesetzt. Rechtseinwendungen werden, wenn sie die vorgeschriebenen Eigen
schaften haben, nicht durch Dekret zurückgewiesen, es ist darüber z« erkennen. —
Rescr. vom 2. Dec. 1U36; vom 16. Juli 1837; vom 7. Oct. 1833, vom
3«. Sept. 1833, vom 3«. Jan. 1837 und 21, Jnli 183Z in GrSff, Koch:c^
124
IV. In beiden Fällen sck III. bleibt dem unterliegenden Theile die Verfolgung
seiner Ansprüche im besondern Prozesse vorbehalten, i)
V. Eine Rekonvention, in so weit sie sich nicht zu einer Kompensationseinrede
eignet, hat nur die Begründung des Gerichtsstandes zur Folge.
VI. Einreden, welche nach Verlauf der im Mandate festgesetzten Frist vorge
bracht worden, halten die Exekution des Mandats nicht auf, sie werden vielmehr
mittels einfacher Verfügung zum Separatverfahren im geeigneten Wege des Pro
zesse« verwiesen. 2) Der Richter muß daher auf solche Einwendungen zugleich das
jenige verfügen, was erforderlich ist, um die Sache zur weiteren rechtlichen Ver
handlung in der Prozeßform, zu welcher sich die vorgebrachten Einwendungen «der
Gegenforderungen eignen, gehörig einzuleiten. —
Will der Beklagte sich in Folge der zum Scparatverfahren verwiesenen Ein
reden von der Exekution durch Depositen befreien, so muß er zugleich einen Ar
restschlag begründen. — Einreden, die in der Exekutionsinstanz zulässig sind, also
der Einwand der Zahlung, der Kompensation, des Erlasses und des Vergleichs,
können jedoch auch noch später angebracht werden, in so fern dieselben erst nach
Ablauf der im Mandate gestellten Frist entstanden sind. — g. 3, 4, 18—25 d. Ges.
vom 1. Juni 1833. — §. 11—15 der Jnstr. vom 24. Juli 1833. — A. G. S. I.
24, z. 36. — 8. 6 des Ges. vom 4. März 1834, betreff, die Exek. in Zivils. —
Rescr. vom 3. August 1833. Jahrb. 41, S. 459. Gr äff 6, S. 251.
Verfahren bei kumulirten Mandatsklagen wegen der an städtische
Kassen oder Verwaltungen zu entrichtenden Geld- oder Natural-
zinsen oder Leistungen,
z. 67. Zur Vereinfachung des Verfahrens und zur Sparung von Kosten
ist bei Einziehung der an städtische Kassen oder Verwaltungen zu gewährenden
Geld? und Naturalzinsen, oder anderer zu bestimmten Zeiten wiederkehrenden Lei
stungen folgendes Verfahren vorgeschrieben:
1. Die Kumulation von Mandatsklagen ist zulässig, wenn der Gegenstand der
selben in Geld- oder Naturalzinsen oder andern zu bestimmten Zeiten wiederkehren
den Leistungen besteht, welche aus einem Erbpacht-, ErbzinS- oder Sinsverhältnisse
herrühren, und an städtische Kassen oder Verwaltungen zu entrichten sind, in der
Art, daß wegen dergleichen Ansprüchen im dinglichen Gerichtsstande mehre Ver
pflichtete in einer Klage von dem Berechtigten belangt werden können.
2. Macht ein Magistrat von dieser Befugniß Gebrauch, so muß das in die
Klage aufzunehmende Verzeichniß der Verpflichteten in Form einer Tabelle enthalten:
s) die Bezeichnung der Verklagten nach Namen, Stand und Wohnort ;
b) den Gegenstand der Forderung;
v) den Grund derselben und die Angabe der Beweismittel (Z. 64, III. Nr. 2);
6) eine Kolumne für die Kosten des Mandats, und eine freie Kolumne für den
Jnsinuationsvermerk.
3. Mit der Klage werden zugleich
') Nach den Rescr. vom 4. Jan. und vom 8. April 1836 (in Mannkopf A. G. O.
Bd. 2, S. 593) ist in beiden Fällen nach Analogie des §. 13, Tit. 28, und
S. 52 fg., Tit. 27 der Prozeßordn. der Gerichtsstand des Separati derjenige
Richter, welcher die Mandatssache verhandelt hat, wenn gleich der MandatZ-
kläger einen andern persönlichen Gerichtsstand hätte.
2) Bei diesem Separatverfahren ist der Mandatskläger der Beklagte, und der
Mandatsbeklagte, Kläger. Die Sache gehört daher, da durch die verspätete
Anbringung der Einreden die Wahrung des Mandatsfor! versäumt ist, vor
den persönlichen Richter des Elfteren. — 6f. Rescr. vom 8. April 1836 in
Mannkopf a. a. O.
ein vollständige« Duplikat und Auszüge au« derselben für jede« einzelnen
Beklagten,
eingereicht, insgesammt mit einem von dem Gericht ein für allemal vorzuschreiben«
den Mandatsentwurfe versehen. Wenn das Gericht es angemessen erachtet, kann
in diesem Mandate zugleich ein, nach dem Ablauf der im §, 65 bestimmten Frist
zu ermessender percmtorischer Termin zur Anbringung der Einwendungen anberaumt
werden.
4. Das Gericht prüft die Klage nach Borschrift §. 64, 6S, löscht darin die
zum Mandatsverfahren nicht geeigneten Forderungen, vollzieht im Übrigen de»
Mandatsentwurf unter dem Duplikate und unter den einzelnen zur Mittheilung
geeignet befundenen Auszügen der Klage, und fertigt beides dem Magistrat zur
Bcwirkung der Insinuation zu.
5. Bei der Insinuation ist Jedem der Beklagten der für ihn bestimmte Auszug
auszuhandigen, in dem Duplikate der Klage aber bei seinem Namen in die dazu
bestimmte Kolumne die erfolgte Aushändigung vorschriftsmäßig zu bemerken, von
dem Boten aber zu bescheinigen, wie? an wen? und zu welcher Zeit er die Insi
nuation bewirkt habe? (Z. 57, 65)
6. Ist die im Mandate bezeichnete Frist verstrichen, oder der darin bestimmte
Zeitraum abgelaufen, so reicht der Magistrat das mit dem Jnsinuationsvermerke
versehene Klageduplikat dem Gerichte wieder ein, mit der Anzeige, ob und von wel
chem Verklagten inzwischen die Schuld berichtigt worden sei.
Das Gericht prüft hierauf das bei der Insinuation beobachtete Verfahren, er
läßt, in so weit dabei nichts zu erinnern ist, und nachdem ermittelt worden, welche
Verklagte Einwendungen angebracht haben, die eine weitere Instruktion nöthig ma°
chen, auf den Antrag des Magistrats wegen der zur Erekution geeigneten Forde
rungen einen Exekutionsbefehl, und übersendet denselben dem Magistrat zur Benach
richtigung der Schuldner und zur Vollstreckung.
Bei den Posten, wobei die Insinuation nicht vorschriftsmäßig erfolgt ist, bleibt
dem Magistrat überlassen, eine neue Mandatsklage anzustellen.
7. Sowohl die hiernach zu bewirkende Insinuation (Nr. 4 u. S), als auch die
Vollstreckung der Erekution (Nr. 6), kann nur von solchen Boten und Exekution««
beamten des Magistrats bewirkt werden, die zu diesem Zwecke besonder« verpflichtet
worden sind.
8. Bei der Ausübung ihrer Erekutionsbefugni? haben die MagiftrSte und
deren Beamte sich nach den für die Gerichte ertheilten Vorschriften zu achten.
Kommt es auf den öffentlichen Verkauf abgepfändeter Effekten an, so erfolgt
derselbe durch den gerichtlichen Auktionskommissar, und in Ermangelung eines sol
chen unter der Leitung eines gerichtlichen oder magistratualischen Beamten.
Jntsrventions - oder Prioritätsansprüche sind an das Gericht zu verweisen.
Ebenso gebührt dem letztern die Überweisung ausstehender Forderungen im Wege
der Erekution, die Einleitung einer Subhastation und die Vollstreckung des Pe»
sonalarrestes.
9. An Kosten sollen, außer den etwa erforderlichen Stempeln, für das Man«
bat 2 Sgr. und für die Erekution 4 Sgr. für jeden Verklagten als Pauschquan»
tum angesetzt werden, und zur einen Hälfte zur Kasse des Gerichts, zur andern
Hälfte zur städtischen Kasse fließen. Die Kosten des Mandat« werden in da« Du
plikat, sowie in die Auszüge der Klage in die dazu bestimmte Kolumne eingetragen,
die Kosten der Exekution dagegen in den Erekutionsbefehl aufgenommen.
In beiden Fällen zieht der Magistrat die Kosten von den Schuldnern ein,
zahlt jedoch zur Kasse des Gerichts die ihr zukommende Hälfte vorschußweise, ohn?
die. Erstattung eines Ausfalls verlangen zu können.
ISS
' > 4«. s» de»i«>igen Stäb««, in welchen keine Magistrate Vorhand« sind, soll
auf die daselbst bestehenden städtischen Verwaltungsbehörden dasselbe Anwendung
finden, wa« in dieser Verordnung in Ansehung de» Magistrate bestimmt ist. —-
B«,rdn. vom 2. Dec. 1837. GS. 1838, S. 1. .,, '
Vom Rekurse bei Zurückweisung der Mandatsklagc. >)
z. 68. Gegen Verfügungen, durch welche der Mandatsprozeß verweigert wird,
Acht dem Klager der Rekurs zu. Über diesen beschließt die, dem verfügenden
Nicht» vorgeMc Aufsichtsbehörde, bei welcher er daher anzubringen ist. ?) ^ S. 5,
5« «Ks. «m 1. Juni «BS. — Rescr. vom 22. April 1843. I. M. B. S. 112.

Dritter Abschnitt.
«SM »«g atellprpzeß.
Welche Sachen gehören zum Bagatellprozeß, und wie ist überhaupt
der Werth der Streitgegenstände zu berechnen?
g. 69. I. Im Bagatellprozeß sind alle jene Rcchtsstreitigkcitcn zu verhandeln,
deren Streitobjekt nach Gclde zn schätzen ist, und Hie Summe oder dcn Werth von
Ä> Thl. nicht übersteigt. Ausgenommen sind nur:
U) dje zu«! Mandatprozeß gewiesene» Sachen,
?) die «n Kvnkurs- und Liquidationsprozeß verhandelten SpezialProzesse, und
3) Prozesse über Gegenstände, für welche nach der A. G. O. ein besonderes abge
kürztes Verfahren vorgeschrieben ist, in sofern dies Verfahren überhaupt noch
Anwendung findet, wie dies in Wechsel-, in schleunigen Arrest-, in Possessorien-,
Er»»ssio»s-, Diffamations- und Provokationsprozcssen und in Grenz- und Bau
sachen der Fall ist.
-Mnd mehre Forderungen in einer Klage geltend gemacht, und diese Forderun-
O«n betragen zusammen mehr als 5« Thlr., so findet der Bagatellprozeß Auwcn-
5Mg, ««inline dieser aus einem Hauptgeschäft entsprungenen Forderungen
SV Thlr. übersteigen. Haben jedoch Kaufleute mit einander in sortlaufender Rech
nung «der so»ft in fortgesetztem Verkehr gestanden, und es wird ein daraus sich er
gebender Rechnungs-Saldo, welcher 5l> Thlr. übersteigt, eingeklagt, so findet
Her 'VagatMrozeß nicht Anwendung, wenn auch die einzelnen Positionen SO Thlr.
Dicht überftöiMi, und aus verschiedenen Geschäften erwachsen sind.
Werhen .BagZtellobjekte mit Ansprüchen, welche 5« Thlr. übersteigen, in einer
MOgÄlagt, so wird über die Bagatellobjekte zugleich in der Prozeßform vcr-
ZBWtzelt, .zu welcher sich die größeren Ansprüche eignen. Nur beim Mandatsprozesse
M:dj«j§..Hi U. enthaltene Ausnahme. — g. 53 d. Jnstr. vom 24. Juli 1833.—
Reser. vom 18. Nov. 1839. I. M. B. S. 386. — Rescr. vom 13. Juli 1838.
AOch. ö?, «. t«7. — A. G. O. I. 19, §. 10. — Rescr. vom 22. Oct. .1837.
A«Att, L«ch,?c. «rg. «I. S. 654, Zus. 4.
Äst 4er >W«»datsp«>zeß einmsl eingeleitet, so kam, wenn Seitens des Bell.
tzethsH kein Einnxmd erhoben »ixd, ein zur Ungebühr erlassenes Mandat selbst
5,«u> der Aufsichtsbehörde nicht aufgehoben werden. — Rescr. vom 9. März
18S7. Jghx.b. 49, H. 194.
?)MMchr. vom 9. ,S?pt. 1833 und 25. Febr. 1839, welche annahmen, da?
der R«urs an di^enige höhere Instanz gehe, welche erkannt haben würde,
wenn App,ll«tion zukssfig gewesen wäre, sind durch die Werf, vom 22. April
1843 beseitigt.
127
v. Bei Berechnung des Werths eines Streitgegenstandes, sowohl Behufs Be
stimmung der Prozeßform, als Behufs Beurtheilung der Zulässigkeit der Rechts
mittel, als in Bezug auf andere im Pro«ssc von der Höhe des Streitgegenstandes
abhängige Wirkungen, kommen nachstehende Grundsätze zur Anwendung !
t) Der Werth des Gegenstandes eines Rechtsstreites wird durch den Kapitalswerth
desselben und die rückständigen Nutzungen, Sinsen und Früchte bestimmt, so weit
der ursprüngliche, oder im Laufe der ersten Instanz veränderte Klageantrag
darauf gerichtet ist, oder die Nutzungen, Zinsen und Frücbte von Amtswegen
zuerkannt werden müssen.
Der Seitpunkt, bis zu welchem die rückständigen «utzungen, Sinsen und Früchte
zu berechnen sind, wird durch den Tag der Einreichung der Klage, und wenn
eine Vervollständigung derselben »erfügt worden, durch den Tag der Einreichung
der vervollständigten Klage bestimmt.
Dagegen bleiben von der Berechnung ausgeschlossen :
») die Stützungen, Zinsen und Früchte, welche erst während des Prozesses auf
gelaufen «der entstanden sind,
K) die während des Prozesses entstandenen Schäden und Kosten, sowie alle im
Werthe des streitigen Gegenstandes eingetretene Veränderungen.
2) Die Berechnung wird in preußischem Silbergelde angelegt. Preußisches Gold
wird zu dem Werthe, wozu es in den königl. Kassen angenommen wird, frem
des Gold nach dem Tageskurse berechnet. Bei Bcrgleichung anderer fremder
Geldsorten mit preußischem Gelde, wird die von dem Staatsministeriuni unter
dem 27. November 1821 (GS. S. 19«) bekannt gemachte Tabelle zum Grunde
gelegt. Wer ein von dieser Tabelle abweichendes Verhältnis, behauptet, muß
darüber den Beweis führen.
3) Bei wiederkehrenden immerwährenden Nutzungen wird der fünf und zwanzigfache,
bei Nutzungen, deren künftiger Wegfall gewiß, deren Dauer aber unbestimmt ist,
der zwölf und einhalbfache Betrag einer Jahresleistung als deren Kapitalswerth
angenommen.
Auf eine bestimmte Zeit eingeschränkte periodische Rutzungen werden für die
ganze Zeit ihrer Dauer zusammengerechnet, jedoch nur soweit, daß der KapitalS-
wcrth der immerwährenden Rutzungen niemals überschritten werden soll.
Rückstände periodischer Rutzungen werden jederzeit zusammengerechnet. Sie
treten dem Kapitalswertbe hinzu, wenn die Nutzungen selbst mit den Rückstän
den Gegenstand des Prozesses sind.
4) Die Ermittelung, zu welchem Werthe der Streitgegenstand anzunehmen ist, soll
während der Instruktion in erster Instanz erfolgen, sowohl um den Kostenansatz
danach zu bestimmen, als auch um die Grundlage für die Beurtheilung der Iu-
lWgkeit der Rechtsmittel, oder anderer im Prozesse von der Hohe de« Streit
gegenstandes abhändigen Wirkungen zu gewinnen.
5) Der Richter hat daher, wenn der Werth des Streitgegenstandes nicht klar vors
liegt, vie Parteien darüber zu hörm. Dieselben sind verpflichtet, eine Erklärung
abzugeben. Gegen denjenigen, der sich nicht erklärt, gilt die Angabe des andern
Theils. Sind die Angaben in dem Maße, als es darauf im Prozesse zur Be
stimmung der von der Höhe des Streitgegenstandes abhängigen Wirkungen an
kommt, verschieden, und kommt eine Einigung nicht zu Stande, so gilt die
höhere Angabe bis dahin, daß vom Gcgentheil der Minderwcrth bewiesen wird.
6) Wird ein solcher Beweis des Minderwerths angetreten, so ist die Veranschlagung
nach de» allgemeinen Vorschriften über Aufnahme gerichtlicher Taxen zu veran
lassen, jedoch mit folgenden Modifikationen :
Leistungen, deren Werth sich nur nach jährlichen Durchschnitten bestimmen.
128
läßt, find nach den Grundsätzen der für die betreffenden Landestheile gelten
den Ablösungsordnungen zu veranschlagen, und soll dieserhalb, wenn eine
Partei eS verlangt, ein Gutachten der Auseinandersetzungsvkhörde eingeholt
werden. ,,
K) Der Werth von Bergwerksantheilen ist nach dem Gutachten des Ober
bergamts der Provinz anzunehmen. . .> ° .
e) Auf den außerordentlichen Werth ist bei der Abschätzung nur dann Rücksicht
zu nehmen, wenn derselbe Gegenstand des Streites ist.
7) Grundgerechtigkeiten gehören zu den Gegenständen, deren Werth nach Gelde nicht
,u veranschlagen ist. — Ges. vom 21. Juli 1843. GS. S. 297.
III. Ergiebt sich erst, nachdem eine Sache im summarischen oder im Verfahren
nach der A. G. O., oder nach dem Gesetz vom 9. Febr. 1817 bereits eingeleitet
worden, daß ihr Gegenstand nicht mehr als 50 Thlr. beträgt, oder wird demnächst
der Klageantrag bis auf 50 Thlr. oder weniger ermäßigt, so muß die Sache sofort
dem BagatellkommissariuS zur Verhandlung und Aburtelung im Bagatellprozeß
übergeben werden. War aber das Erkenntniß bereits abgefaßt, so bleibt dies bei
Kräften. Findet sich, daß der Gegenstand eines als Bagatellsache eingeleiteten Pro
zesses mehr als 50 Thlr. beträgt, so muß die Sache an die Deputation für sum
marische Prozesse, oder wenn dieser nicht zulässig, an das Kollegium gegeben werden,
damit die Sache in den ordnungsmäßigen Weg umgeleitet wird. — Nr. 14 u. 16
der Jnstr. vom 7. April 1839. GS. ,S. 138, — Rescr. vom 13. Juli 1838.
Jahrb. 51, S. 182.
IV. Eine Bagatellsache kann als solche niemals zu einer andern Prozcßform
Verwiesen werden. — Rescr. vom 25. Nov. 1837, in Gr äff, Koch zc. Erg. III.
S. 655, Zus. 5.

Prüfung der Bagatellklagen und Beschwerde gegen die Zurückwei


sungsverfügung.
§. 70. Die Bagatellklagen müssen gemäß z. 53 geprüft werden. Wird die
Einleitung vom Gericht verweigert, weil es entweder die Klage nicht für begründet,
oder das Bagatellverfahren nicht für zulässig erachtet, so steht dem Kläger frei,
gegen die abweisende Verfügung bei der dem verfügenden Gericht vorgesetzten Be
hörde sich zu beschweren.') Diese prüft die Klage und die Abweisungsgründc.
Erachtet sie die Klage für einleitungsfähig und das Bagatellverfahren für anwend
bar, so weiset es den Prozeßrichter unter Anführung der Zulässigkeitsgründe zur
Einleitung an. Dieser aber muß demnächst dem Beklagten bei Mittheilung der
Klage eine Abschrift der Abweisungsverfügung, des Nekursgesuchs und der Verfü
gung der Vorgesetzten Behörde zufertigen, und ihn noch besonders darauf aufmerk
sam machen, daß, wenn er im Termine nicht erscheinen und seine Gerechtsame darin
«icht wahrnehmen sollte, das eventuelle Mandat dennoch in die Rechtskraft über
gehen, und er durch Exekution zu dessen Befolgung werde angehalten werden. —
j. 68 des Ges. vom 1. Juni 1833. — §. 4 der Jnstr. vom 24. Juli 1833. —
Rescr. vom 10. Oct. 1834. I. M. B. 1839, S. 84. — Rescr. vom 22. April
1843. I. M. B. S. 112.
') Diese Art Rekurs hat nur die Natur einer Beschwerde, und gehört nicht vor
den Appellationsrichter. Es folgt daraus, daß gegen die auf eine solche Be
schwerde vom Obergericht ergangene Verfügung noch der Beschwerdeweg an
den Juftizminister offen steht, und daß jene Beschwerde nicht gerade an die
«ierwöchentliche Frist gebunden ist. Schering ist anderer Ansicht, l/s. dessen
Mandats- Zl. Prozeß, S. 424, . , . ,., .
129
Bon Besetzung des Gerichts bei Verhandlung der Bagatellprozesse
und Befugnisse des Bagatcllkommissarius.
§. 71. I. Alle Jnstruktions- und Beweisausnahmevcrhandlungcn im Bagatell
prozeß müssen von einem Richter unter Zuziehung eines vercidctcn Protokollführers
aufgenommen werden. Bei Gerichten, welche ein Kollegium bilden, werden einzelne
Kommissarien ernannt, >) welche ohne Dazwischcnkunst des Kollegii die ihnen über
wiesenen Bagatellprozesse instruiren und entscheiden.
II. Bei kollegialischen Gerichten ist daher der Bagatcllkommissarius als Beauf
tragter des Gerichts zu betrachten, bildet aber keine sclbstständige Behörde. Seine
Funktion beginnt, sobald die Klage vom Kollegio geprüft, und zur Einleitung gceig-
net gefunden worden, und währt bis nach Insinuation des Erkenntnisses. Er erlaßt
Verfügungen, Requisitionen und Erkenntnisse 2) wahrend dieser Zeit in seinem Na
men und unter seiner Unterschrift als Kommifsarius des pp. Gerichts. Spätere
Verfügungen werden vom Kollegio erlassen. Zweckmäßig ist es, wenn der Bagatell-
kommissarius beständiger Dezernent für die eingehenden Klagen ist, damit er seine
etwaigen Bedenken über die Zulassung derselben im Kollegio vortragen kann.
III. In Provinzen, wo Kreisjustizräthe angestellt sind, müssen diese als Kom
missarien der Obergerichte, wenn Kläger sich mit Bagatellklagen gegen Eximirte
ihres Bezirks an sie wenden, der Instruktion und Entscheidung derselben sich
unterziehen.
IV. Die bei den Obcrgerichten mit den Bagatellsachen beauftragten Komissa-
rien können als Repräsentanten der Obcrgcrichte den Untcrgcrichtcn zur Aufnahme
einzelner Handlungen Aufträge ertheilcn, 2) und sich dabei des Rescriptenstils bedie
nen. ^) Die Kreisjustizräthe kann der BagateUkommissarius des Obcrgcrichts aber
nur im Wege der Requisition um Erledigung von Geschäften ersuchen. Die ganze
Instruktion und Entscheidung einer Bagatellsache kann der obergerichtliche Kom
missarius weder den Untergcrichten noch den Kreisjustizräthen eigenmächtig über
tragen. 5) — In Berlin vertrit das Hausvogtcigericht die Stelle des Kommissarius
in allen Bagatellsachen, welche vor das Kanimergcricht gehören. — §. 67 und 73
des Ges. vom 1. Juni 1833. — §. 4, Nr. 4 der Verordn. vom 3«. Nov. 1833.
GS. S. 298. — Res«, vom 19. Ott. 18Z5 und 23. Mai 1836. Gräff, Koch
zc. III. S. 656. — Rcscr. vom 31. Juli 1834, das. S. 659 fg. — Rescr. vom
6. März 1836. Jahrb. öt, S. 15». — Rescr. vom 23. Jan. 1835. Jahrb. 45,
1) Die Ernennung geschieht durch den Präsidenten resp. Dirigenten des Gerichts.
Diese haben bei der großen, den Bagatellkommissarien zustehenden Selbststän
digkeit, nur solche Beamte dazu zu wählen, welche es einerseits verstehen, mit
Leuten jedes Standes mündlich zu verkehren, und die andererseits eine klare
Auffassung, einen richtigen Takt und umfassende Gesetzkenntniß besitzen.
2) In einem an das O. L. G. Posen erlassenen Rescr. vom 7. Dec. 1841 ist
ausgesprochen, daß es zur Verhütung widersprechender Entscheidungen desselben
Gerichtshofes Pflicht des Kommissarius sei, sich den Rechtsansichten des Kolle
giums möglichst zu konformiren.
») Die am Orte des Sitzes des Obergerichts oder in dessen Nähe wohnenden
Zeugen, selbst wenn sie zu den Richterimirten gehören, muß der obergerichtl.
BagateUkommissarius selbst vernehmen.
«) Der obergcrichtliche Kommissarius kann dabei sogar im Namen des Ober
gerichts Strafbcfchle an die Untcrgcrichtc erlasse», und Rechtfcrtigungsbcrichte
erfordern. Die Prüfung der dagegen erhobenen Beschwerden und Remonstra
tionen und deren Abhilfe liegt aber dem Kollegium ob. — Rescr. v. 12. Juni
1837. Gräff, Koch :c. Erg. Hl. S. 657.
5) Soll ausnahmsweise ein ganzer Bagatellprozeß dem Untergcricht oder dem
Km'sjuftizrath übertragen werden, so muß dies vom Obergericht geschehen.
9
130
G. 2««. — Rescr. vom 14. Nov. 1«4«. I. M. B. S. S6ö. — Sab.-Ordre vom
18. Oct. 1837. GS. S. 155.
V. Zum, Wirkungskreise des Bagatcllkommissarius gehören alle nach diesem
Abschnitt zu verhandelnden Bagatellsachen, also auch jene Mandatssachen, welche in
Folge erhobener Einwendungen zum Bagatellverfahren gewiesen sind. Ihm gebührt
aber auch die Instruktion und Entscheidung derjenigen Wechsel-, schleunigen Arrests
Prozesse, Exmissions-, Grenz-, Bau- und Possessoriensachen, deren Gegenstand den
Betrag von 50 Thalern nicht übersteigt. Er muß hier jedoch das in der A. G. O.
Vorgeschriebene besondere Verfahren beobachten (unter Titel 1V). — Z. 67 und 76.
der Berordn. vom 1. Juni 1833. — Rescr. vom 8. Dcc. 1834. Jahrb. 44, S.36S.
Borladung der Parteien zum Klagebeantwortungs- und Jnstruk»
tionstcrmin.
§. 72. I. Auf die zur Einleitung im Bagatellverfahren geeignet befundene
Klage wird Termin zur Klagcbeantwvrtung und zur weiteren mündlichen Verhand
lung angesetzt, wozu beidr Parteien vorzuladen sind. In den Borladungen muH
Tag und Stunde des Termins genau angegeben und der Deputirte genannt; ')
es muß ferner
») in der Vorladung an den Beklagten, welchem Abschrift der Klage und Beilagen
mitzutheilen, demselben eröffnet werden, was er dem Kläger zu leisten hat, mit
der Warnung, daß, falls er zur bestimmten Stunde nicht erscheint, und die
Klage nicht beantwortet, die erlassene Vorladung gleich einem Kontumaz»!»«
kenntniß ohne Weiteres zur Vollstreckung gebracht werden würde.
d) Dem Kläger ist von der an den Beklagten erlassenen Verfügung entweder durch
abschriftliche Mittheilung, oder durch Angabe des wesentlichen Inhalts Kenntniß
zu geben, und unter Vorladung zum Termin die Warnung zu stellen, daß bei
feinem Ausbleiben die Akten auf seine Kosten weggelegt werden. ^) Hat der
BagatellkommissariuS vom Kläger die Klage zu Protokoll genommen, so kann
er den Kläger sofort mündlich und unter Bekanntmachung der Folgen des Aus
bleibens zum Termin vorladen. Dies wird dann im Protokoll kurz vermerkt.
II. Sind mehre Beklagte vorzuladen, so erhält nur der eine derselben die Bor«
ladung und Abschrist der Klage und Beilagen. Den andern wird davon, allenfalls
durch Kurrende, unter Beifügung einer Abschrift der Vorladung Kenntniß gegeben.
III. Der Termin wird dergestalt anberaumt, daß dem Verklagten eine Frist
von vierzehn Tagen, vom Tage der Behändigung an gerechnet, zur Vorbereitung
seiner Einlassung frei bleibt. «) Wohnt der Beklagte nicht am Sitze des Gerichts,
so ist die Frist nach Verhältnis) der Entfernung seines Wohnorts vom Sitze des
1) Bei Gerichten, bei denm mehre Verhandlungszimmer sich befinden, muß in den
Vorladungen auch das betreffende Lokal bezeichnet, und die Einrichtung getrof
fen werden, daß die Erscheinenden vor oder in dem Terminszimmer einen Be«
amten finden, bei dem sie sich melden können, und der sie zurecht zu weisen
hat. — Cirk. vom 15. Mai 184«. I. M. B. S. 179.
2) Wenn Jemand mehre Bagatellklagen gegen verschiedene Personen zu gleicher
Zeit bei demselben Gericht einreicht, wie es z. B. Kaufleute, Apotheker :e.
am Schlüsse des Jahres oft thun, so kann Kläger auf seine» Antrag zu stimmt«
lichen Terminen durch eine Verfügung vorgeladen werden. Doch muß der
Kommissarius zur Vermeidung von Verwirrung darüber genaue Kontrole sich«
ren. — Rescr. vom 16. Mai 1842, in Schering S. 430.
») Ist durch fehlerhafte Einrückung des Termins, oder durch verzögerte Behändi
gung dem Beklagten diese Frist nicht frei, so folgt zwar daraus noch nicht
eine Ungiltigkeit der Vorladung, auch kein unbedingter Restitutionsgrund; doch
kann es Veranlassung zur Ansehung eines neuen Termins seist. -> Lk. Rescr,
»°M S. August 1833, Jahrb. 4t, S. 4SI.
Gerichts zu verlängern. — In besonders schleunigen Sachen kann die Frist auch
kürzer bestimmt werden. > )
IV. Die Termine können auch während der Gerichtsfcrien anberaumt werden.
Doch trit eine Ausnahme bei den Erntcferien ein, wenn zu den Parteien solche
Landleute oder städtische Einwohner gehören, welche Ackerbau treiben.
V. Bei Behändigung der Vorladungen sind die Vorschriften Z. 57—59 genau
zu befolgen. Als Jnsinuationsdokument für Beklagten muß eine vollständige Ab«
schrift der an diesen erlassenen Verfügung genommen werden. — Z. 9, 61 u. 6»
des Ges. vom 1. Juni 1833. — Z. 54 der Jnstr. vom 24. Juli 1833. — Rescr.
vom 29. Juni 1834. Jahrb. Bd. 43, S. 531. — Rescr. vom 22. Febr. und 14.
Mai 1837. Jahrb. 49, S. 231 u. 497. — Rescr. vom 2«. Febr. 1839. I. M.
B. S. 94. — Bcrordn. vom 5. Mai 183«. GS. S. 273. — Rescr. vom 25.
Nov. 1835. Jahrb. 46, S. 511. — Rescr. vom 15. Dec. 184«. I. M. B.
1841, S. 4.
Verlegung des Klagcbcantwortungs- und Jnstruktionstermins.
§. 73. I. Die Verlegung des Klagebeantwortungs - und Jnstruktionstermins
findet ohne Zustimmung des andern Theils nur einmal statt, und in diesem
Falle nur, wenn die Hinderungsursachen bescheinigt sind. Dabei ist folgendes zu
bemerken :
1) Krankheit und Abwesenheit der Partei sind an sich noch keine hinreichenden Hin
derungsgründe. Sie werden dies nur, wenn ersichtlich, daß dadurch die Partei
ohne ihre Schuld verhindert war, sich durch einen gehörig legitimirtcn Be
vollmächtigten vertreten zu lassen.
2) Für einen Juden ist der Umstand, daß der Termin an einem Sabbath oder
jüdischen Feiertage ansteht, ein ausreichender Grund, die Terminsverlcgung nach
zusuchen. 2)
Z) Für einen die Partei vertretenden Justizkommissar ist kein Grund zur Proroga
tion, wenn er krank oder nicht mit hinreichender Information versehen ist, oder
zu gleicher Zeit an verschiedenen Orten Termine wahrzunehmen hat.
4) Die den Fiskus vertretende fiskalische Behörde kann mit Grund eine angemessene
Terminsverlängerung nachsuchen, wenn nach ihrer Verfassung und nach ihrem
Geschäftsgange ihre Einlassung auf die Klage innerhalb der vierzehntägigen
Frist und bis zum Termine nicht erfolgen kann.
5) Wegen Mangelhaftigkeit eines von einer Partei eingereichten Schriftsatzes kann
niemals die Terminsverlegung stattfinden.
6) Zur Bescheinigung der Hinderungsursachen ist die bloße Angabc von Beweis
mitteln und selbst die Eideszuschiebung nicht hinreichend. Vielmehr ist eine Be
scheinigung dann als vorhanden anzunehmen, wenn auf Grund von Urkunden,
oder auf Grund der Aussage unverdächtiger Zeugen wenigstens so viel Beweis
vorliegt, daß eine Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der Angabe ge
währt wird.
II. Bei Anberaumung des neuen Termins soll zwar in der Regel die Z. 72 III.
vorgeschriebene Frist beobachtet, doch muß dieselbe auch mit Rücksicht auf die Be
schaffenheit der Hinderungsursachen dergestalt verlängert werden, daß dem Beklagten
Zeit zur Vcrtheidigung seiner Rechte bleibt.
>) Z. B. in Merkantil- und Arrestsachen.
») Am Wabbath oder jüdischen Feiertag sind daher wo möglich Juden nicht vor
zuladen. Doch hat das Gericht beim Zweifel darüber: ob Jemand Jude sei,
Nicht zu recherchiren.
152
M, Die Vorladung Zum neuen Termin erfolgt durch Dekretsabschrift und
unter Hinweisung auf die in der ersten Borladung enthaltene Verwarnung.
IV. Eine fernere Verlegung des bereits prorogirten Termins findet nur statt,
wenn außer der Bescheinigung der Hinderungsursachen zugleich die Bewilligung
des Gege'ntheils beigebracht wird.
V. Wird ein Prorogationsgesuch für unbegründet erachtet, so muß der Ex-
trahent sofort darauf beschieden werden. Ist die Partei durch einen Mandatar
vertreten, so geht der Bescheid zu dessen Händen, und Abschrift davon ist der Partei
(ohne Jnsinuationsdokument) zu senden. — Z.II; Z. 71 des Ges. vom 1. Juni
1833. — z. 27 Jnstr. vom 24. Juli 1833. — Rescr. vom 24. Juli 1840. I. M.
B. S. 271. — Cab.-Ordre vom 27. April 1842. I. M. B. S. 196. — Sirk.-
Rescr. vom 17. Dec. 1833. Jahrb. 43, S. 405. — Rescr. vom 3«. August 1833.
Jahrb. 43, S. 408. — Rescr. vom 31. Jan. 1837. Jahrb. 49, S. 172. — Rescr.
vom 3«. Mörz und 14. Aug. 1835. Jahrb. 46, S. 122. — Rescr. vom 6. März
1838. Jahrb. 51, S. 149. — Rescr. vom 10. Sept. und 29. Oct. 1821. Jahrb.
18, S. 25, 292. — Rescr. vom 1. Juli und 19. Sept. 1831. Jahrb. 37, S.
35«; 38, S. 96. .
Verhandlung der Bagatellprozesse.
K. 74. l. An der Gerichtsstelle muß drei Tage vor Abhaltung der mündlichen
«Verhandlungen im Bagatellprozesse ein Verzeichniß der Sachen, in denen Termin
ansteht, ausgehängt werden.
II. Beide Theile oder ihre legitimirten Vertreter müssen genau zu der in der
Borladung angegebenen Stunde erscheinen. Der Kommissarius beginnt die Ver
handlung mit Aufruf der Parteien und zwar mit Rücksicht auf die Reihefolge in
dem Verzeichnisse sä I., falls nicht dringende Ursachen eine Ausnahme erfordern.
Erscheint
1) Kläger nicht, so werden, in sofern Beklagter den Anspruch bestreitet, die Akten
reponirt. Wenn er aber denselben einräumt, wird Agnitionsresolution abgefaßt.
2) Bleibt Beklagter aus, >) so erlangt, wenn die Behändigung der Vorladung nach
Ausweis des zu den Akten gebrachten Behändigungsscheins gehörig erfolgt ist,
die an ihn ergangene Vorladung die Kraft des Kontumazialurtels. 2) Ist die
Behändigung in Abwefenheit des Beklagten in seiner Wohnung gehörig gesche
hen, so kommt es auch darauf nicht an, ob der Vorgeladene sie nur augen
blicklich verlassen, oder ob er sich vom Orte seines Wohnsitzes, insbesondere auf
Reisen, abwesend befunden habe, s)
5) Wenn für Beklagten Niemand zur bestimmten Stunde auf den Aufruf erfcheint,
so hemmt eine von ihm eingegangene Klagebeantwortung nicht das Kontuma-
zialerkenntniß. Dies trit auch ein, wenn ein Vertreter erscheint, welcher sich
nicht als solcher legitimiren kann. Erscheint ein Justizkommissar als Mandatar
des Beklagten ohne schriftliche Klagebcantwortung, so muß auf den Antrag
des Klägers ebenfalls Kontumazialurtel eintreten.
2) Wenn auch vom Beklagten Gründe des Nichterscheinens angezeigt sind, so
kommt es, sobald die Vorladung gehörig behändigt ist, nicht auf deren Prü
fung an. Das Kontumazialverfahren trit ein. Jene Gründe könnten nur
Veranlassung zur Restitution werden. — 65 Rcfcr. vom 3. August 1833.
Jahrb. 41, S. 462. — Eirk.-Rescr. vom 15. Mai 1840. I. M. B. S. 179.
s) Kommt Beklagter nach Aufruf und Verhandlung der Sache, so ist es gleich-
giltig, wie viel Minuten oder Stunden er zu spät kommt. Ist eine Parter
eines natürlichen Bedürfnisses oder anderer dringender Veranlassungen wegen
genöthigt, sich vor dem Aufruf, oder bevor ihre Sache in der angeordneten
Reihefolge zur Verhandlung gelangt, vom Gerichtslokal zu entfernen, so muß
sie, falls ihn Entfernung mutbmaßlich nicht «her S Minute« dauert, dem auf«
133
3) Bleiben beide Theile aus, so erfolgt die Aktenreposition.
4) Erscheinen beide Theile, so wird zunächst Beklagter, sofern er nicht schriftliche
Klagebeantwortung bereits eingereicht hat, mit dieser gehört. Räumt er die
Forderung ohne Weiteres ein, so wird Agnitionsbcschcid abgefaßt; bestreitet er
den Anspruch, oder macht Einwendungen, so wird auch Kläger darüber, und
sofern noch fernere Erklärungen nöthig, Beklagter und Kläger fo lange vernom
men, bis die Sache vollständig erörtert ist. Gleichzeitig wird die Sühne ver
sucht. — Erklärt sich der Beklagte gar nicht, so erlangt die Vorladung die
Kraft des KontumazialurtclS; erklärt er sich nur theilwcise, so trit in Betreff
des Übrigen Kontumazialverfahren ein. >)
III. Dicse ganze Verhandlung erfolgt mündlich. Nach deren Beendigung wird
darüber ein Protokoll aufgenommen, welches außer dem Name» des Richters und
Protokollführers, dem Gegenstande des Rechtsstreits, und den Anträgen der Par
teien in dem Falle, wenn es zum kontradiktorischen Verfahren kommt, auch das
Sachverhältniß und die Streitpunkte, jedoch nur im Resultate und so über
sichtlich dargestellt enthalten muß, daß sie eine Jedermann verständliche Grundlage
für die Entscheidung zu bilden geeignet sind. — Dies Protokoll wird den Parteien,
welche dabei mit ihren Erinnerungen zu hören sind, vorgelesen, und zur Unterschrist
vorgelegt. 2) Wollen oder können sie nicht unterschreiben, so ist dies am Schlüsse
des Protokolls zu bemerken. ')
IV. Nach dem Schlüsse des Protokolls ist unter demselben wegen Aufnahme
des Beweises das Erforderliche sofort zu verfügen. Bedarf es keiner Beweisauf
nahme, so ist das Erkenntnis; in der Regel unter das Protokoll niederzuschreiben. ^)
Hat die Instruktion im ersten Termine nicht zu Ende geführt werde» können, so
wird ein neuer Termin beschlossen, und die Parteien werden dazu unter der obe«
§. 66, II. enthaltenen Warnung mündlich vorgeladen. Wie dies geschehen, wird im
Protokoll kurz vermerkt.
V. Bevor die Parteien entlassen werden, ist ihnen der gemäß IV. gefaßte Be
schluß zu publiziren.
wartenden Boten davon Anzeige machen. Der Bote soll sich dann solche Par
teien notiren, die Geschäftsunerfahrenen bedeuten, und wenn die Angelegenheit
derselben inzwischen aufgerufen wird, dem Richter die ertheilte Erlaubniß an
zeigen, welcher letztere alsdann die noch fehlenden Minuten abzuwarten hat.
Soll die Entfernung länger als 5 Minuten dauern, so muß die Partei zuvor
die Erlaubniß des Richters, oder Aktuars, oder Protokollführers einholen. In
beiden Fällen hat sie sich bei ihrer Rückkehr ins Gerichtslokal sogleich wieder
beim Boten zu melden. Zum Genuß von Erfrischungen darf keine Erlaubniß
ertheilt werden. — Eick, vom 15. Mai 184«. — Die von zu spät Kommen
den behauptete Irrung in der Zeit, oder der Umstand, daß die Stadtuhr mit
der Gerichtsuhr nicht harmonire, finden keine Berücksichtigung. Doch kann
Letzteres Grund zur Restitution und Veranlassung sein, daß die Gerichtsuhr
mit der Stadtuhr in Übereinstimmung gebracht werde.
>) Kommt Beklagter in so trunkenem Zustande, daß er keine Erklärung abgeben
kann, so trit ebenfalls Kontumazialurtel ei».
2) Die Unterschrift der Parteien erfolgt vor Niederschreibung des Beschlusses. —
Rescr. vom 8. Sept. 1834. Jahrb. 44, S. 87.
») Weigert ein des Schreibens Fähiger die Unterschrift, so muß er zwar über die
Gründe der Weigerung befragt, und denselben nach Möglichkeit abgeholfen
werden, doch bedarf es nicht deren Niederschreibung im Protokoll. — Rescr.
vom 12. Nov. 1835. Grass, Koch :c. Erg. III. S. 652, Zus. 3.
4) Es hängt vom Bsgatellkommiffarius ab, ob er den Beschluß in Gegenwart
der Parteien oder nach deren Entfernung aus dem Zimmer diktiren will. Im
letztern Falle müssen die Parteien nach Niederschreibung zur Publikation geru
fen werden. — Rescr. vom 8. Sept. 1834.
134
VI. Wahrend der Verhandlung wacht der Kommissarius über Aufrechthaltung
der nothigen Ordnung und Ruhe. Sollten sich Parteien, Stellvertreter oder Assi
stenten derselben, Zeugen, Sachverständige oder andere vor ihm auftretende Personen
eine Störung zu Schulden kommen lassen, so hat der Kommissarius 5as Recht
, und die Pflicht, den Ruhestörer zur Ordnung zu verweisen; wenn die Ermahnung
fruchtlos ist, ihm die Entfernung aus dem Gerichtssaal anzudrohen, und diese Dro
hung, wenn sie ohne Erfolg bleibt, zur Ausführung zu bringen.
Wenn sich auch diese Maßregel als unzureichend ergiebt, ist der Kommissarius
befugt, den Ruhestörer für die Dauer der Verhandlung, jedoch nicht über 6 Stun
den lang, vorbehaltlich der sonst noch verwirkten härteren Strafe, zur gefänglichen
Haft bringen zu lassen. — Über den Hergang eines solchen Vorfalls muß jedesmal
eine vollständige Registratur zu den Akten niedergeschrieben werden. — Z. 12; Z. 21;
Z. 62 u. 63, 68; §. 13 der Verordn. vom 1. Juni 1833. — Cab.-Ordre vom 24.
Ott. 1838. GS. S. 5«4. — Cab.-Ordre vom 18. Ott. 1837. GS. S. 147. ->
Rescr. vom 3. August 1833. Jahrb. 41, S. 462. — Cirk.-Rescr. vom IS. Mai
184«. I. M. B. S. 179. — Rescr. vom 14. Aug. und 25. Nov. 1835. Jahrb.
46, S. 121, 511. — Cab.-Ordre vom 27. April 1842. I. M. B. S. 196. —
Rescr. vom 17. Ott. 1843. I. M. B. S. 259. — Rescr. vom 22. Febr. 1837.
Jahrb. 49, S. 231. — Rescr. vom 23. Oct. 1839. I. M. B. S. 355.
Von Aufnahme der Beweise und vom Schluß der Sache.
§. 75. I. Die Beweist können sogleich im ersten Termine aufgenommen, >)
und Jeugen und Sachverständige, welche sich am Orte des Gerichts befinden, un
verzüglich durch den Gerichtsboten zur Gerichtsstelle beschieden werden. Geht dies
nicht an, so wird im Beweisrcsolut (Z. 74, sub IV.)
g) in Betreff der nicht in der Nähe 2) und unter anderer Jurisdiktion wohnende»
Zeugen und Sachverständigen die Requisition um deren Vernehmung entworfen, und
d) hinsichtlich der im Bezirk des Prozeßrichters oder in der Nähe Wohnenden
deren Vorladung verfügt. In diesem Falle werden auch die Parteien zu diesem
Termine zugleich zum Schluß der Sache mündlich unter der Warnung bestellt,
daß beim Ausbleiben mit Aufnahme des Beweises verfahren und angenommen
werde, daß sie zur Sache Nichts mehr anzuführen haben, und Erkenntniß ge
wärtigen werden, s)
II. De- und referirte Eide, sofern sie erheblich und akzeptirt sind, werden so
fort im Jnstruktionstermine normirt. Doch erfolgt deren Abnahme nicht sogleich,
sondern in einem nicht früher, als nach 8 Tagen anzuberaumenden Termin, ^) mit
welchem gleichzeitig Schlußtermin verbunden wird, und zu welchem die Parteien
mündlich vorgeladen werden. Sie sind dabei zu bedeuten, daß beim Ausbleiben
dessen, welcher den Eid leisten soll, anzunehmen, er wolle oder könne den Eid nicht
leisten, daß beim Ausbleiben des andern Theils demselben ein Schwurzeuge zuge-
1) Namentlich, wenn nur solche bei demselben Gericht befindliche Akten vorgelegt
werden sollen.
2) Bei den in der Nähe, jedoch unter fremder Jurisdiktion Wohnenden, wird der
Antrag der Parteien unter Berücksichtigung dessen: ob auf die eine oder andere
Art mehr Kosten erwachsen, entscheiden : ob sie vom Prozeßrichter selbst vorzu
laden, oder ob ihr persönlicher Richter um ihre Vernehmung zu requiriren sei.
») Hier und überhaupt in allen Fällen, in denen die Parteien mündlich zu Ter
minen bestellt werden, muß die ihnen eröffnete Verwarnung zwar kurz, jedoch
vollständig im Protokoll vermerkt werden. — Rescr. vom 2. März 1836 und
vom 24. Juli 184«, in Schering Mand.-Pr. S. 236.
4) Die Parteien sollen dadurch Zeit gewinnen, die Sache reiflich- zu überlegen,
damit Eidesleistungen nicht übereilt werden.
135
ordnet und der Eid abgenommen, demnächst aber erkannt, und daß beim Ausbleiben
Beider die Akten reponirt werden würden. Der Termin und die geschehene War,
«ung wird im Falle sä I. und II. im Protokoll kurz vermerkt. — Im nächsten
Termin wird beim Ausbleiben eine« oder beider Thcile der Warnung gemäß
»erfahren.
Wohnt die Partei, welche dm Eid leisten soll, nicht im Bezirk des Prozeß,
richters oder in dessen Nähe, so wird im Beweisresolut die Requisition an den
betreffenden Richter um Abnahme des Eides entworfen.
III. Nach Entwurf und Publikation des BeweiSresolutS sind neue Beweis»
mittel nur dann zulässig,
Z) wenn der Gegner damit einverstanden ist;
2) ohne die« Einverstöndniß, wenn sich dieselben erst auö dem aufgenommenen Be<
weise als vorhanden ergeben haben;
3) wenn der neue Beweis in der EidcSzuschiebung besteht, da diese noch bis zur
Abfassung des Erkenntnisses gestattet ist.
IV. Ein befonderer Schlußtermin wird in Bagatellsachen in der Regel nicht
angesetzt. Ausnahmen sind:
s) wenn die Vernehmung der Zeugen oder Sachverständigen, oder die Abnahme
eine« Eides durch Requisition resp. Auftrag erfolgt ist. Dann werden beide
Thcile nach Eingang des auswärtigen Protokolls — allenfalls unter abschrift,
licher Mittheilung desselben — zur mündlichen Schlußverhandlung und Ent,
scheidung der Sache unter der Warnung vorgeladen, daß gegen den Ausbleiben,
den angenommen wird, er habe zur Sache nichts mehr anzuführen, und gewär,
tige die Entscheidung;
b) wenn wegen Weitläuftigkeit oder sonst gegründeter Ursachen der Kommissariu«
Veranlassung hat, nach Aufnahme des Beweises die Verhandlung abzubrechen,
und zum weitern mündlichen Verfahren, Abschluß und Entscheidung der Sache
einen neuen Termin anzusetzen.') Die Parteien oder ihre Vertreter werdeil
dann zu demselben mündlich unter der scl s gestellten Warnung vorgeladen.
V. Im Übrigen, und so weit hier nicht abweichende Bestimmungen vorge,
schrieben, wird bei Verhandlung der Bagatellprozesse das im Abschnitt 4 d. T.
überhaupt und insbesondere das bei nichtkollegialischcn Gerichten zur Anwendung
kommende Verfahren beobachtet, und bei Aufnahme der Beweise selbst, namentlich
bei Vorladung und Vernehmung der Zeugen und Sachverständigen, bei Normirung
und Abnahme der Eide, bei Aufnahme des Augenscheins, bei Vorlegung der Urkun,
den und bei Vergleichung der Handschriften nach den im Abschnitt ö d. T. enthal,
tenen Vorschriften verfahren. — In Betreff der Rckonventionen gilt dasselbe, wa«
im 3ten Abschnitt 9ten Titels von Rckonventionen im summarischen Prozesse gesagt
werden wird. — Z. 31 fg., §. 35, 64, SS, 77 der Verordn. vom 1. Juni 1833. —
Res«, vom 24. Dec. 1841. I. M. B. 1842, S. 3. — Rescr. vom 24. Nov.
1S36. Jahrb. 48, S. 443. — Rescr. vom 2t. März 1837. Jahrb. 49, S. 195.
— Rescr. vom 24. Jan. 184«. I. M. B. S. 42. — Rescr. vom 6. März 1833.
Jahrb. 51, S. 150.
') Trägt eine Partei darauf an, so kann dem Verlangen nur aus hinlänglichen
aus der Sache selbst (z. B. wegen Weitläuftigkeit der Sache oder Beweise)
sich ergebenden, oder sonst bescheinigten Gründen stattgegeben werden. Mangel
an Information des Stellvertreters oder die Anführung, daß eine Partei noch
prüfen wolle, ob sie sich der Eidesdelation bedienen werde, oder die Angabc de«
Mandatars, daß sein Machtgeber noch auf neue zulässige Beweismittel sich
möglicherweise berufen könnte, sind keine ausreichenden Gründe zur Ansehung
eine« Schlußtermins. — Rescr. vom 24. Dez. 1S41.
136
Von dem Erkcnntniß, dessen Publikation und den zuständigen
Rechtsmitteln.
§. 76. I. Da wo die Vorladung die Kraft des Kontumazial- Erkenntnisses
erlangt,') wird ein Urtcl nicht weiter abgefaßt. Kläger erhält darüber, daß Kon-
tumazialurtel eingetreten, wenn er es verlangt, Bescheinigung. Dem Beklagten
wird aber davon keine Kenntniß gegeben. Nur wenn zum Termin ein unbegrün
detes Prorogations- oder ein dcrgl. Perhorreszcnzgcsuch eingegangen, muß er sofort
davon benachrichtigt werden.
In den Fällen, in denen es zur Entscheidung kommt, wird das Erkcnntniß
sofort in dem Termine, in welchem die mündliche Verhandlung beendet worden,
falls aber Beweisaufnahme oder Eidcsabnahme nöthig war, in dem dazu angesetzten
Termin, und in den Fällen des Z. 75 IV. im Schlußtermin abgefaßt, unter das
aufgenommene Protokoll niedergeschrieben und den Parteien publizirt. — Eine Aus
setzung der Entscheidung darf nur ausnahmsweise, wenn die Sache verwickelt ist,
oder zweifelhafte Rechtsfragen dabei zur Sprache kommen, stattfinden, und auch
dann muß die Abfassung des Erkenntnisses spätestens innerhalb 8 Tagen erfolgen,
und die Parteien sind Behufs der Publikation desselben gleich mündlich zu einem
neuen Termine zu bescheiden.
II. Das Erkenntniß wird, sofern es unter die Verhandlung gefetzt ist, zugleich
mit dieser, sonst allein für beide Parteien ausgefertigt (wenn sie nicht etwa auf
Ausfertigung verzichtet haben), und auf die im 7. Abschnitt d. T. vorgeschriebene
Art zugestellt. Eine Belehrung über die zuständigen Rechtsmittel findet nicht statt.
III. Gegen die in Kraft eines Kontumazial-ErkcnntnisscS übergegangene Vor
ladung steht binnen 10 Tagen, vom Terminstage ab gerechnet, das Rechtsmittel
der Restitution, gegen die im Bagatellprozeß ergangenen Erkenntnisse binnen 6
Wochen von der Zustellung das Rechtsmittel des Rekurses zu. Dieses ist ein
außerordentliches Rechtsmittel, hemmt mithin nicht die Exekution. — Im Titel 7,
Abschn. 1 und 2 wird von diesen Rechtsmitteln die Rede sein. — Z. 63, 68, 69
der Verordn. vom 1. Juni 183Z. — Rescr. vom 14. August 1835. Jahrb. 46,
S. 121. — Rescr. vom 6. März 1838. Jahrb. 51, S. 15V. — Rescr. vom 3.
') Bevor der Kommissarius diese Urteilskraft ausspricht, hat er die erfolgte Bc-
händigung zu prüfen, weil das Kontumazialurtel in der richtigen Behändi-
gung seine Grundlage hat. Ist nicht richtig behändigt, so ist kein Kontuma
zialurtel vorhanden. Nimmt das Gericht an, daß ordnungsmäßig bchündigt
sei, Beklagter bestreitet dies aber, so steht diesem frei, sich im Wege der Be
schwerde an die vorgesetzte Aufsichtsbehörde zu wenden, von welcher darüber:
ob die Vorladung gehörig insinuirt und demgemäß für exekutorisch zu achten
sei oder nicht, mittels bloßer Verfügung zu entscheiden ist. — L5, Rescr. vom
24. Juli 1840. I. M. B. S. 271. — Ergiebt sich erst im Lauft der Exeku-
tiousinstanz die unrichtig erfolgte Bchändigung, so muß auf Antrag des Be
klagten die Exekution sistirt, das Beigetriebene ihm erstattet und ein neuer
Termin zur Klagebeantwortung und mündlichen Verhandlung angesetzt werden.
^- Rescr. vom 25. Nov. 1835. Jahrb. 46, S. 511. — Ist der Bagatell
prozeß mit Unrecht eingeleitet, und die Vorladung gehörig behändigt, Beklagter
«der im Termin nicht erschienen, so erlangt die Vorladung ebenfalls die Kraft
eines Kontumazialurtels. Gleiches ist der Fall, wenn das Gericht, welches die
Klage eingeleitet, nicht kompetent ist, und Beklagter den Kompetenzmangel
nicht rügt, in .sofern nur die Sache nicht vor ein forum 8peeisl« csus»«
gehört. Rügt aber Beklagter schon vor dem Termin die Unzulässigkeit des
Bagatellprozesses oder die Inkompetenz, so muß das Gericht rcsp. der Kom
missarius den Einwand prüfen, wenn er begründet, den Termin aufheben und
die Sache an das kompetente Forum abgeben; wenn aber der Einwand unbe
gründet, den Beklagten sofort davon benachrichtigen, da bei seinem Nichter
scheinen Kontumazialurtel eintrit.
137
Febr. t«37. Jahrb. 49, S. 196. — Rescr. vom 24. Der. 1«4t. I. M. B. 1842,
S. 3. — Verordn. vom 5. Mai 1«38, §. 2. GS, «. 273. — Deklar, vom 6.
April 1839, Art. I, Nr. 2. GS. S. 126. — Cab.-Ordre vom 2S. Nov. 1839.
GS. S. 336.

Vierter Abschnitt.
Der summarische Prozeß. >>
Fälle, in denen er stattfindet.
§. 77. I. Im Großhcrz. Posen kommt der summarische Prozeß nur zur An
wendung in Fallen, in denen eine Mandatssachc in Folge der rechtszeitig gegen da«
Mandat erhobenen Einwendungen zum Prozeßverfahren verwiesen wird, und nicht
Bagatellprozeß vorliegt, («f. §. 6611.)
II. In den übrigen Provinzen, in welchen die A. G. O. gilt, findet derselbe
außer den Fällen sei I. noch statt, vorausgesetzt, daß nicht Mandatsprozcß oder
Bagatellprozeß zur Anwendung kommt,
I) in allen Fällen, in denen nach der A. G. O. Erekutiv-Prozcß stattfand, als«
wegen Forderungen, die in Geldsummen oder andern bestimmten Quantität
ten verbrauchbarer Sachen bestehen, und zu bestimmten Zeiten oder auf Kündi
gung zahlbar oder zu liefern sind, wenn dieselben herrühren s) aus einsei
tigen Geschäften, über welche eine Urkunde im In lande entweder gerichtlich
oder vor Notar und Zeugen aufgenommen oder anerkannt und ausgefertigt
worden; I,) aus zweiseitigen Geschäften, und ihre Eintragung im Hypothe»
kcnbuche erfolgt ist; 2) «) aus Instrumenten über einseitige Geschäfte, die vor
ausländischen Gerichten errichtet sind, sofern in dem auswärtigen Staate
aus dergleichen bei den hiesigen Gerichten vollzogenen Instrumenten ein gleich
mäßiges summarisches und abgekürztes Verfahren zugelassen wird; <1) au«
Handelsbillets, 6) d. h. aus Schuldscheinen, welche ein Kaufmann über den
Betrag der auf Zeit gekauften Waaren ausgestellt hat; e) aus kaufmännischen
Assignationen, d. i. aus Anweisungen, welche ein Kaufmann in Handelsge
schäften ertheilt hat. Hier findet der summarische Prozeß gegen den Assigna
ten dann, wenn er Kaufmann ist, und die Anweisung akzeptirt hat, und gegen
den Anweisenden dann, wenn der Assignatar die Anweisung gekaust, in dieser
das Empfangsbekcnntniß der baar gezahlten Valuta enthalten, und der Assigna
tar die Fristen zur Aufnahme und Versendung des Protestes wegen Nichtzah
lung gehörig beobachtet, auch dem Assignaten nach der Akzeptotion keine Nach-
') Die Momente, in denen der summarische Prozeß vom sog. ordentlichen Prozeß
sich hauptsächlich unterscheidet, bezwecken die Beschleunigung der Prozesse, und
hierin liegt der vorzüglichste Fortschritt der neueren Prozcßgesetze. Jene Mo
mente bestehen namentlich «) in einer schärferen Begrenzung der Instruktion
und des Beweisverfahrens; b) in der Mündlichkeit des Verfahren«,
so daß auch die schriftlichen, den Prozeß verzögernden Deduktionen wegsallen,
und «) in den strengeren Präjudizien und Fristen.
2) In der Regel wird in den Fällen sä » und b der Mandatsprozeß zulässig
sein (es. §. 64 III.). Nur, wenn dieser aus irgend einem Umstände nicht zu
ständig, wird der summarische Prozeß eingeleitet werden müssen.
«) Der Erekutivprozeß war aus diesen nur binnen Jahresfrist, vom Zahlungs
tage an gerechnet, zulässig. Der summarische Prozeß ist in der Hinsicht nicht
beschränkt, da das Handelsbillet als Privaturkunde über ein Kaufgeschäft zu
betrachten. ' , >
138
ficht gegeben hat, und zwar in beiden Fällen innerhalb Jahresfrist vom Ver
falltage an gerechnet, statt. 5) Aus einer Asfekuranz-Polize kann gegen
den Versicherten binnen 3V Tagen nach Zeichnung auf Zahlung der Prämie im
summarischen Prozeß geklagt werden, g) Derselbe ist ferner zulässig aus Schuld
instrumenten, welche von nicht wechselfähigen Personen in Form eigner
Wechsel mit dem Bekenntniß der baaren Valuta ausgestellt worden, und zwar
gegen den Aussteller; ') K) bei Klagen des Remittenten oder Indossatars gegen
den Aussteller oder Indossanten auf Aushändigung des Wechsels, sobald
dieselbe nach Empfang der Valuta länger als 24 Stunden über die bedungene
Zeit verzögert wird; i) desgl. bei Klagen des Ausstellers eines Wechsels oder
des Indossanten gegen den Remittenten oder Indossatar auf Zahlung der ver
abredeten Valuta, jedoch nur binnen Jahresfrist vom Tage des geschlossenen
Handels an gerechnet. K) Auch öffentlich bestellte Pfandverleiher können aus
ordnungsmäßig geführten Pfandbüchern gegen den Schuldner auf Bezahlung
der Pfandschulden im summarischen Prozeß klagen. — Dieser findet ferner statt:
2) aus Urkunden über zweiseitige Geschäfte, 2) welche im Jnlsnde:
entweder in Form öffentlicher Urkunden ausgestellt,
oder von einer öffentlichen Behörde in eigener Angelegenheit ausgefertigt,
oder mit gerichtlicher oder notarieller Beglaubigung der Unterschrift versehen sind;
3) aus Privaturkunden«) über Darlehns-, Verwahrungs- und Leihverträge,
über Kauf-, Tausch-, Lieftrungs-, Mieths- und einfache Pachtverträge, über
versprochene Pensionen, Besoldungen, Alimente, Renten und alle zu bestimmte»
Zeiten wiederkehrende Leistungen;
4) die aus besondern Kontrakten oder testamentarischen Bestimmungen auf Grund
stücken haftenden jährlichen Abgaben an Kirchen und Schulen, wenn
sie nicht hypothekarisch eingetragen sind; s)
5) wegen Forderungen:
der Fabrikunternehmer, Fabrikarbeiter, Kaufleute, Krämer,
Künstler und Handwerker für Arbeiten und gelieferte Waaren, sowie für
Vorschüsse an ihre Arbeiter, und der Meister, Gesellen und Lehrlinge ge
gen einander;
der Medizinalpersonen für ihre Besuche, Operationen und Arzneimittel,
(in sofern dabei die Erfordernisse zur Einleitung des Mandatsprozesses fehlenz
es. z. 64, III. 7).
1) Der Erekutivprozeß war hier auf die Zeit beschränkt, innerhalb deren das
Schuldinstrument, wenn es Wechsel gewesen, Wechselkraft gehabt hätte. Beim
summarischen Prozeß fällt diese Beschränkung weg. Gegen nicht wechsclfähige Gi
ranten eines solchen Schuldinstruments kann in diesem Prozesse nicht geklagt werden.
2) Dies sind solche, aus denen beide Theile Rechte und Verbindlichkeiten überkom
men. Der Umstand, ob die Urkunde selbst von beiden Theilen, oder einseitig
(z. B. Zession) ausgestellt ist, macht keinen Unterschied. Der Anspruch muß
aber aus der Urkunde hervorgehen. Auf den Gegenstand des Anspruchs kommt
es übrigens nicht an, und die bei den Ansprüchen sä 1 hervorgehobenen Merk
male sind hier nicht wesentlich.
>) Auf die Form der Urkunde kommt es nicht an. Es wird daher auch Brief
wechsel, wenn er den Anspruch nachweiset, dessen Stelle vertreten. Untcrkreuzte
Schriftstücke sind aber keine solche Urkunden.
«) Pachtstreitigkeiten find in der Regel verwikelt. Unter Nr. 3 sind aber nur
einfache, auf Privaturkunden sich stützende, Rechtsverhältnisse verstanden. Da
jedoch auch einfache Klagen aus Pachtverträgen, z. B. aus Zahlung von Pacht
geld vorkommen können, so werden dieselben in dieser Beschränkung zum sum
marischen Prozeß geeignet erscheinen. — Lk. Rescr. vom 9. März 1839.
») Sind sie Hypothezirt, so findet Mandatsprozeß statt. — 8- S4, lll. Nr.?.
der öffentlichen und Privat-Schul- und Erziehungsanstalten für
den Unterhalt, den Unterricht und die Erziehung (in sofern nicht Mandattprojeß
begründet ist; es. Z. 64, III. «)z
der öffentlichen und Privatlehrer hinsichtlich de« Honorars;
der Lehrherrn hinsichtlich des Lehrgeldes;
der Haus- und Wirthschaftsoffizianten und des Gesindes sn Gehalt
und Lohn;
dcr Tagelöhner und andrer gemeiner Handarbeiter hinsichtlich ihre« Lohn«;
der Fuhrleute und Schiffer hinsichtlich des Fuhr- und Frachtgeldes;
dcr Gast- und Speiscwirthe für die von ihnen gegebene Wohnung und
den gelieferten Unterhalt;
K) bei Jnterventionsstreitigkeiten, welche bei Auspfändungen erhoben wer
den, wenn dcr Gegenstand dcs Jntcrventionsprozcsscs SO Thaler übersteigt; >)
7) bei Erörterung und Entscheidung über die in der Erckutionsinstanz vorgebrach«
ten Einreden dcr Zahlung, der Kompensation, des Vergleichs, des Erlasse«;
8) alle Rechtsstreitigkeiten, durch welche auf Grund des Gesetze« vom 26. April
1835 die von einem zahlungsunfähigen Schuldner zum Nachtheile seiner Gläu
biger gcschlossencn Verträge angefochten werden; endlich
9) wegen Injurien, >) in so weit sie nicht zum Untersuchungsverfahnn sich eignen.»)
III. Außerdem hat da« Gericht die Bcfugniß, sobald beide T heile darauf
antragen, auch andere als die untcr II. erwähnten Rechtsstrcitigkeiten (mit Aus
nahme der Bagatell- und Mandatsklagcn) sowohl vor, als Nach Einleitung und in
jeder Lage dcs Prozesses zum summarischen Verfahren zu verweisen.«) Den De-
putirten der nach der A. G. O. verhandelten Prozesse ist deshalb zur Pflicht ge
macht, die Parteien im Klagcbeantwortungs- und ersten Jnstruktionstermin, desgl.
in zweiter Instanz nach Beantwortung dcs Appellationsbericht« im ersten Jnftruk-
rionstcrmine, so wie in jedem Schlußtermine in erster und zweiter Instanz ,u
befragen :
ob sie die Fortsetzung der Sache oder die Abfassung de« Erkenntnisses
im summarischen Prozeßverfahren verlangen.
Selbst auf einseitigen Antrag des Klägers können Rechtsftreitigkeiten , welche
nicht zu den s6 II. bezeichneten gehören, namentlich Schwängerung«- und Alimen
tensachen im summarischen Verfahren eingeleitet werden. Doch muß da« Gericht
in einem solchen Falle den Beklagten in der Vorladung oder im ersten Termin«
ausdrücklich auffordern, sich zu erklären, ob er gegen diese Prozeßform etwa« zu
erinnern habe. Wendet er auf ausdrückliches Befragen nicht« ein, so wird sein

') Bei Gegenständen untcr 5« Thl. kommt Bagatellprozeß zur Anwendung.


2) Doch findet wegen Injurien nur in crstcr Instanz das Verfahren statt, da
die Rechtsmittel im Jnjuricnprozcß ganz anderer Art, als die bei andern
Rechtsstrcitigkeiten, sind.
») Dies trit ein «) bei Beleidigungen, bei denen eine Verwundung erfolgt ist;
Ii) bei groben Beleidigungen von Personen, welche durch Geburt oder Rang
eine vorzügliche Achtung zu fordern berechtigt sind, insbesondere auch bei Be
leidigungen dcr Beamten in und bei Ausübung ihres Amts, und c) dann,
wenn der Beleidigte zum höhcren Bürger-, oder zum Adel- oder Militoirstande
gehört. In den beiden letzten Fällen ga b und e wird jedoch der Antrag
des Beleidigten vorausgcsctzt, da er die Beleidigung auch im Jnjurienprozesse
rügen kann. — Z. 21, 25; I. 34 A. G. O. — II. 2V, §. 207 fg., «54 A.
L. R. — Cab.-Ordre vom 9. Febr. 1836. GS. S. 164.
«) Mit dem Augenblicke der Umwandlung treten dann die Vorschriften diese«
Abschnitts und somit die daraus sich ergebenden Folgen ein.
1W
Einverständniß angenommen. ' ) — Die Mandatare bedürfen zu einem solchen An
trage keiner Spezialvollmacht.
IV. Bei Prüfung dessen: ob eine Klage mit Rücksicht auf Nr. II. zum
summarischen Prozeß sich eigne, darf übrigens nicht ängstlich zu Werke gegangen
werden, um so weniger, als den Gerichten die Befugniß zusteht, jede in diesem
Prozeß verhandelte Sache zum ordentlichen Prozeßverfahren zu verweisen, sobald
sich findet, daß sie sich zur Verhandlung und Entscheidung im summarischen Prozeß
nicht eignet. 2) Von da ab, wo ein solcher Prozeß zum Verfahren nach der A.
G. O. verwiesen wird, finden die Vorschriften im fünften Abschnitt Anwendung.
V. Gegen Verfügungen, durch welche eine Sache im Einverständniß beider
' Äheile zum summarischen Prozeß, oder aus diesem zum Verfahren nach Abschnitt
S verwiesen wird, findet kein Rekurs statt. — §. 6 und 7 der Verordn. vom I.
Juni 1833. — 8. 16 der Jnstr. vom 24. Juli 1833. — Rcfcr. vom 1. März
133« (für Posen). — §. 1 und 2, Tit. 28, I. A. G. O. und Anh. §. 189 bis
192. — A. L. R. II. 8, KZ. 956—958, 750, 434 fg., 125«—1256, 1273—1288,
1297—1304, 211«. — Cab.-Ordre vom 16. Juni 1836. GS. S. 199. — Refcr.
vom 6. März 1839. I. M. B. S. 114. — Cab.-Ordre vom 17. Oct. 1833.
GS. S. 119. — Verordn. vom 4. März 1834, S. 13. GS. S. 32. — Rescr.
vom 21. April 1834. Jahrb. 43, S. 532. — Ges. vom 26. April 1835, z. 14.
GS. S. 56. — Rescr. vom 9. Sept. 1833. Jahrb. 43, S. 4«4. — Cirk.-Rescr.
vom 1«. Jan. 1836. — Rescr. vom 18. Okt. 1837. Jahrb. 5«, S. 496. —
Rescr. vom 6. März 1838. Jahrb. 51, S. 148.
Von Besetzung des Gerichts bei Verhandlung der summarischen
Prozesse.
Z. 78. I. Bei kollegialischen, d. h. bei solchen Gerichten, welche nach dem Etat
mit mindestens 3 richterlichen Mitgliedern besetzt sind, erfolgt die Verhandlung der
summarischen Prozesse theils vor einer Deputation, theils vor einzelnen Kommissarien.
, ^. Bor einzelnen Kommissarien werden
1) in der Regel alle zum summarischen Prozeß gewiesenen Jnjurienprozesse ver
handelt. Es kommt dann das bei nicht kollegialischen Gerichten vorgeschrie
bene Verfahren zur Anwendung. Nur bei einigen Obergerichten sind entweder
alle, oder gewisse Jnjurienfachen der Deputation überwiesen.
2) In andern Prozessen erfolgt die Klagebeantwortung, Aufnahme der Appella-
tionsbcschwerdm und deren Beantwortung, und fast durchweg die Beweisauf«
nähme vor einem Kommissarius.
L. Von der Deputation wird die mündliche Jnstruktions- und Schlußver,
Handlung, auch bisweilen die Abnahme von Eiden und die Abfassung und Publi
kation des Erkenntnisses vorgenommen. Bei Gerichten, welche nur mit drei Mit
gliedern befetzt sind, wird im Verhinderungsfalle eines derfelbcn dessen Stelle durch
einen Referendar oder durch einen zum Richteramte verpflichteten Aktuar ») ver-
1) Gleiches ist der Fall, wenn die Vorladung die Benachrichtigung über Einlei
tung dieses Verfahrens enthält, und Beklagter sich kontumaziren läßt, oder
sich darüber nicht erklärt.
2) Mit Rücksicht auf das günstige Resultat, welches der summarische Prozeß er
fahrungsmäßig gewährt hat, sind die Gerichte vom Justizminister wiederholt
aufgefordert worden, von der Befugniß, summarische Prozesse zum ordentlichen
Prozesse zu verweisen, nur in dringenden Fällen Gebrauch zu machen. — L5.
Cirk.-Rescr. vom 1«. Januar 1836 und 3. Juli 1841 in Schering's Wand.,
Pr. S. 21«.
» ) Gewöhnliche Aktuarien, welche zwar als Aktuarien bestätigt sind, denen aber nicht
richterliche Qualität beigelegt ist, können nicht die Stelle eines Richters vertreten.
141
treten. Ist ein Referendar oder ein solcher Aktuar bei dem Gerichte nicht vorhan»
den, so trit im Verhinderungsfälle eines Mitgliedes das Verfahren bei nicht kolle»
gialischen Gerichten ein.
II. Bei nicht kollegialischcn, d. h. solche» Gerichten, welche nur aus zwei oder
einem etatmäßigen Mitgliede bestehen, erfolgt die Verhandlung der summarischen
Prozesse vor einem Richter unter Zuziehung eines Protokollführers. Durch zeit«
weise Zuordnung eines richterlichen Hilfsarbeiters wird ein solches Gericht noch
nicht zum kollegialischcn, wenn nicht der Justizminister etwa durch spezielle Anwei
sung anordnet, daß ein Gericht, bei welchem einschließlich des Hilfsarbeiters wenig
stens drei zur Justiz vollständig qualifizirte und verpflichtete Mitglieder vorhanden
sind, durchgehcnds als ein formirtes Kollegium zu verfahren habe.
III. Die Deputation bei kollcgialischen Gerichten muß:
1) in erster Instanz mindestens aus drei, in zweiter Instanz mindestens aus fünf,
sie kann aber auch aus mehr Mitgliedern bestehen.') Die Beigebung eines
befondern Protokollführers ist nicht wesentlich erforderlich. Der vom Vorsitzen
den ernannte Referent führt das Protokoll. Doch kann die Aufnahme desselben
auch einem Referendarius oder Expedienten oder Aktuarius übertragen werden.
2) Bei den Obergerichten hat der Präsident, und wo mehre Senate angeordnet
sind, der betreffende Scnatspräsident, bei den Untergerichtcn der Dirigent der
selben für die Bildung der Deputationen zu sorgen. Sie ernennen die Mitglie
der derselben auf sechs Monate, und wählen dazu vorzugsweise solche etatsmä
ßige Mitglieder des Gerichts, welche sie einerseits nicht mit Bearbeitung wich
tiger Dezernate beschäftigen müssen, und welche andererseits sich durch eine
größere Leichtigkeit im Auffassen von mündlichen Vorträgen auszeichnen. Bei
den Obergerichten dürfen indcß auch die außeretatsmäßig beschäftigten und
selbst die nur mit einem beschränkten Stimmrecht verfehenen Assessoren zu Mit
gliedern der Deputation ernannt werden. Dieselben erhalten dann in allen
summarischen Sachen volles Votum. — Die Präsidenten oder Dirigenten sollen
so viel als möglich sich dem Vorsitz unterzichn. Haben sie aber auch ein Mit
glied zum Vorsitzenden ernannt, so steht ihnen, so oft sie wollen, frei, selbst
den Vorsitz zu übernehmen. — Der Justizminister hat sich nöthigensalls die
Ernennung der Mitglieder dieser Deputationen selbst vorbehalten.
3) Die Vorsitzenden der Deputationen, welche Übung und Geschick in dieser Art
der Amtstätigkeit erlangt haben, sind nach Ablauf der Frist in der Regel
wieder zu wählen, es ist aber auch nicht außer Acht zu lassen, daß es noth«
wendig ist, Keinem, zumal der jüngeren Mitglieder, diese Gelegenheit zu seiner
Ausbildung und künftigen Beförderung ganz zu entziehen.
4) An großen Orten, oder bei dem Zusammenfluß vieler Geschäfte müssen mehre
Deputationen gebildet, und zur Verhütung widersprechender Erkenntnisse die
Rechtssachen nach Gattungen unter sie vertheilt werden.
5) Jede Deputation muß mindestens zwei Mal in jeder Woche Sitzung halten.
Die Mitglieder derselben können als Deputirte und Referenten in Kiefen fum«
manschen Prozessen, außerdem aber auch als Kommissarien in Jnjuriensachen
oder in Bagatellsachen beschäftigt werden. Sonst sind sie mit andern Arbeiten
möglichst zu verschonen. '
6) Das Lokal für die Sitzungen dieser Deputationen 2) ist so einzurichten, daß
Mitglieder muß daher stets dafür gesorgt
werden, daß bei Sitzungen die Zahl von 3 und resp. 5 Mitgliedern voll ist.
2) Bei größeren Gerichten soll gleich am Eingange des Gerichtslokals auf einer
Tafel mit großer Schrift bemerkt werden, wo sich das Sitzungszimmer und
die Gelasse für die Deputationen und Kommissarien für den summarischen
Prozeß befinden. — Refcr. vom IS. Mai lsj«, Rx. l. I. M. B. S. 179.
142
der Sesfionstisch, an welchem die Richter und der Referent ihre Sitze einneh
men, von den Sitzen der übrigen Gerichtsbcamten und der Parteien durch
Schranken gesondert sind, und der dadurch abgeschlossene Theil des Sitzungs
saales eine erhöhete Lage erhält. Den Parteien und ihren Bevollmächtigten
sind die ersten Plätze zunächst den Schranken einzuräumen.
7) Die Wirksamkeit der Deputation dauert, sofern die Sache nicht früher durch
Vergleich oder Entsagung beseitigt wird, bis zur Entscheidung der Instanz, für
welche die Deputation eingesetzt ist. Nach Abfassung des Erkenntnisses und
Mittheilung desselben an die Parteien ist ihr Geschäft beendigt. Die Sache
wird dann wieder dem Kollegio zurückgegeben, und spätere Verfügungen, na
mentlich auch die wegen Bollstreckung des Erkenntnisses, werden vom gewöhn
lichen Dezernenten im Namen des Kollegiums erlassen.
IV. Zu den Verhandlungen, welche von einem Kommissarius oder Einzeln
richter aufgenommen werden (oben I. ^. und II.), ist in der Regel die Zuziehung
eines vereideten Protokollführers, oder eines diesen vertretenden Auskultators nöthig.
Ist dies unterlassen, so hat es zwar keine Nullität des Verfahrens zur Folge.
Wo e« «der ohne besondern Aufwand an Zeit und Kosten geschehen kann, ist es
zur Sicherheit der Parteien angemessen, die Verhandlung nochmals auf legale
Weise wiederholen zu lassen. — Die Vcrabsäumung der gesetzlichen Borschriften ist
überdies zu rügen.
Patrimonialrichter können in Ermangelung eines Protokollführers zwei
besonders dazu vereidete Gerichtsschöppen oder Gerichtsbeisitzer zuziehn.
Der zugezogene Protokollführer mich in der Regel das Protokoll wirklich füh
ren. Eine Abweichung ist dann gerechtfertigt:
1) wenn kein Protokollführer und auch keine Gerichtsbeisitzer vorhanden, dagegen
«der ein anderer richterlicher oder zum Protokollführer qualifizirter Beamter
anwesend ist, von diesem die Verhandlung mit unterschrieben, und dabei be
scheinigt wird, daß derselbe bei Aufnahme der Verhandlung, bei Vorlesung und
Bollziehung des Protokolls zugegen war;
2) wenn der Termin von einem Auskultator oder Aktuarius 2) unter Aufsicht
eines Gerichtsmitgliedes abgehalten wird, dieses Mitglied das Protokoll mit
unterschreibt, und seine Gegenwart bei der Vernehmung der Parteien, bei der
Borlesung und Vollziehung des Protokolls, dabei bescheinigt.
Doch bedarf es der Zuziehung eines Protokollführers da nicht, wo nicht im
Prozeß verhandelt, sondern blos eine einseitige Erklärung von einer Partei
«usgenommen wird, also namentlich: s) zur Aufnahme der Klage, der Appel
lationsanmeldung und Appellationsrechtfertigung z b) zur Aufnahme der Ein
wendungen, welche gegen ein erlassenes Mandat angebracht werden; e) zu blo-
Den Registraturen, wenn z. B. in dem Termin nur eine Partei erschienen ist,
und von dieser Kontumazialanträge formirt, oder Schriftstücke überreicht wer
ten, oder wenn beide Theile ausgeblieben sind, oder einseitige Prorogationsge-
suche angebracht werden, u. bgl. — Z. 8, 31, 33, 41, 43, 49, 73 des Ges.
,om 1. Juni 1843. — Z. 16—21, 41, 25, 32 der Jnftr. vom 24. Juli 183S.
Sab.-Ordre vom 10. Nov. 1835. GS. S. 232. — Rescr. vom 25. Novbr.
1839. I. M. B. S. 400. — Rescr. vom 3. Jan. 1834. Jahrb. 43, S. 421.
Res«, vom 27. Dez. 1836, vom 23. Jan. und vom 17. März 1834. Gräff,
' >) Die Zuziehung eines glaubhaften Mannes ist nicht ausreichend. Dagegen
bedarf es aber bei schreibensunkundigen Parteien keiner Schreibzeugen, da der
Protokollführer oder die Gerichtsbeisitzer den Mangel der Unterschrift ersetzen,
s) Dieser braucht nicht gerade ein mit richterlicher Qualifikation versehener Ak
tuar zu sein,
Koch ic. Erg. M. S. «62 u. 664. — «es. vom Z0. August 1S3Z. Jahrb.
43, S. 427. — Res. vom 23. Mai 1336. Gr äff, Koch ,c. Erg. III. S.
«56. — Res. vom 2. Nov. 1835, das. S. 663. — Res. vom Z. August, vom
' 6. u. 3«. Sept. und 7. Okt. 1833. Jahrb. 41, S. 464; Bd. 43, S. 4Z3. —
Res. vom 2. Fcbr. 1835. Jahrb. 45, S. 201.

I. Vom Verfahren bei Gerichten, welche ein Kollegium bilden.


Verfügung auf die Klage und Vorladung zum Klagebeantwor«
tungstermin.
j. 79. I. Erachtet ein Gerichtskollegium eine Klage für vollständig, begrün
det und zum summarischen Prozeß geeignet, so wird die« auf der Klage vermerkt,
und dieselbe dr. m. an den Dirigenten der Deputation für summarisch« Prozesse
gegeben. Dieser verfügt hierauf die Borladung des Beklagten zur Klagebeantw«»
tung, bestimmt die Frist für den Termin zu derselben, und ernennt den Deputa
ten. Der Kläger wird dazu ebenfalls vorgeladen.
II. Bei Bestimmung des Klagcbeantwortungstermins kommen die Vorschriften
§. 72 III. und IV. zur Anwendung. (S. 130 fg.)
III. Zu Deputirten sind Mitglieder der Deputation oder wirkliche Referen-
darien zu ernennen; Auskultatoren nur unter Aussicht eines der erfteren.
IV. Die Borladung des Beklagten zum Klagebeantwortungstermin muß
enthalten :
1. in einer Seitcnrubrik
die Aufschrift: Borladung des Beklagten zur Klagebeantwortung:
die genaue Bezeichnung des Prozesses mit Anführung des Namen«, de« Gewerbe«,
Charakters und Wohnorts der Parteien, des Streitgegenstande« und de« AK
tenzcichens;
2. im Kontext:
g) die Mittbeilung der Klage und die Bestimmung des zur Klagebeantwsrtung
anberaumten Terminstagcs und der Stunde;
d) die Aufforderung in Person zu erscheinen, oder durch einen Bevollmächtigten
su« der Zahl der Justizrommissarien ') die Klage vollständig zu beantworten,
die Beweismittel bestimmt anzugeben, die Urkunden im Original oder in Ab
schrift einzureichen, die etwa erforderlichen Editionsgefuche anzubringen, mit dem
Bemerken, daß später auf neue Einreden, welche auf Thatsachen beruhen, im
Laufe der Instanz keine weitere Rücksicht genommen werden würde;
e) den Namen des Deputirten und die Bezeichnung des Gerichtszimmers, in wel
chem der Termin abgehalten werden soll;
ch die Bedeutung, daß der Stellvertreter den erhaltenen Auftrag im Termin selbst
nachzuweisen habe, >Z weil der Gcgentheil nicht schuldig ist, sich mit einem un«
legitimirten Stellvertreter einzulassen, auf den Antrag des Gegner« also ange«
nommen werden würde, als ob Niemand für ihn erschienen sei, und d«ß er
die Klagebeantwortung in zwei Exemplaren schriftlich zu überreichen habe;
e>) die Androhung, daß, wenn er nicht im Termin zur bestimmten Stund« er«
scheine, oder sich nicht vollständig auf die Klage erkläre, wenn der Stellver«
») Parteien können auch durch andere Bevollmächtigte erscheinen. Überhaupt fin«
ken die Vorschriften Tit. IV. §. 40 fg., S. 79 fg. auch hier Anwendung,
in so weit nicht ausdrücklich Ausnahmen vorgeschrieben sind.
2) Auch Bevollmächtigte, welche ein msnel»tum prsesumtum haben, also selbst
die für ihren Mann erscheinende Frau, müssen ihren Auftrag im Termins
nachweisen. — «s. Res. vom 14. August 1835. Jahrb. 46, V. 1Z2.
144
tretcr den Auftrag nicht nachzuweisen vermag, oder die Klagebeantwortung nicht
schriftlich überreicht, in contnmsoism werde verfahren, die in der Klage an
geführten Thatsachen, und die Urkunden, worüber er sich nicht erklärt hat,
für zugestanden und anerkannt werden geachtet, und was den Rechten nach
daraus folgt, im Erkenntniß gegen ihn ausgesprochen werden solle. Endlich ist
t) ausdrücklich zu bemerken, daß eine Verlegung des Termins ohne Zustimmung
des Gegners nur einmal, und auch in diesem Falle nur dann stattfinde, wenn
die Hinderungsurfachen bescheinigt sind.
V. Die Vorladung des Klägers muß enthalten:
t. in einer Seitenrubrik
die Aufschrift: Vorladung des Klägers zum Klagebeantwortungstcrmine, außerdem
«lies, was bei der Vorladung des Beklagten bemerkt ist;
2. im Kontext:
g) die Bestimmung des Terminstages und der Stunde, sowie den Namen des
Deputirtcn und die Bezeichnung des Gcrichrszimmers ;
K) die Aufforderung des Klägers, im Termin zur bestimmten Stunde in Person
zu erscheinen, oder durch einen mit Vollmacht zu versehenden Stellvertreter aus
der Zahl der Justizkommissarien die Beantwortung oder den Versuch der Sühne
zu gewärtigen;
e) sich demnächst zu erklären, ob die Akten ohne Weiteres zum Spruch vorgelegt
werden können, oder die fernere Verhandlung eingeleitet werden solle; und
g) die Androhung, daß, wenn Kläger nicht zur bestimmten Stunde erscheint, oder
sein Stellvertreter sich nicht legitimiren könne, die Akten auf seine Kosten wer
den reponirt werden, wofern nicht der Beklagte die Forderung einräumen sollte. ')
z. 8 u. 9 des Ges. vom 1. Juni 1833. — §. 22 — 24 der Jnstr. vom 24.
Juli 1833. — Cab.-Ordre vom 13. Okt. 1837. GS. S. 147. — Eirk.-Berf.
vom 15. Mai 134«. I. M. B. S. 179. — Ref. vom 30. August 1833.
Schering Mand.-Pr. S. 219. — Ref. vom 24. April 1836. Gräff, Koch zc.
Erg. III. S. 613.
Verhandlung im Klagebeantwortungstermin.
Z. SV. I. Erscheint im Termine zur bestimmten Stunde keine der Parteien,
so setzt der Deputirte darüber einen Vermerk auf. Erscheint nur eine Partei,
so wird der Antrag derselben zu Protokoll genommen. Räumt der erschienene Be
klagte den eingeklagten Anspruch ohne Weiteres ein, so muß der Deputirte dies
Augeständniß zu Protokoll nehmen, wenn auch Kläger ausgeblieben wäre.
II. Erscheinen im Termine beide Theile, so muß
1) Beklagter, wenn er die Klage bestreitet, mit seiner Klagebeantwortung und
seinen Einreden vollständig gehört und es müssen dieselben zu Protokoll genom
men werden. Dabei ist nicht außer Acht zu lassen, daß Thatsachen und Ur
kunden, worüber er sich nicht erklärt, für zugestanden und anerkannt gehalten
werden, und daß nach dem Klagebeantwortungstermin fernere Einreden, welche
auf Thatsachen beruhen, im Laufe der ersten Instanz vom Beklagten nicht
mehr vorgebracht werden dürfen. Uncigentliche Widerklagen sind ebenfalls
spätestens mit der Klagebeantwortung anzubringen.
2) Erscheint für Beklagten ein Justizkommissar als Mandatar, so muß er schrift
liche Klagebeantwortung nebst Duplikat überreichen, welches letztere dem Kläger
zu verabfolgen ist.
') Die Behändigung der Vorladungen erfolgt auf die §. 57 fg. (S. 107 fg.)
vorgeschriebene Art. Auch EMalladung (§, 56) sindct im fummarischen Prozeß
. Anwendung.
I4S
3) Nach Aufnahme oder Übernahme dcr Klagebcantwortung versucht der Deputirte
zwischen den Parteien die Sühne.
4) In der Regel wird im Klagcbeantwortungstcrmin Kläger über die Erklärun
gen des Beklagten nicht gehört. Dies und die fernere Instruktion bleibt ge
wöhnlich der mündlichen Verhandlung vorbehalten. Ist jedoch keine Beweis
aufnahme erforderlich, und ersichtlich, daß die Instruktion in demselben Termin
zu Ende gebracht werden kann, so muß der Deputirte die Parteien befragen:
ob sie auf mündliche Verhandlung verzichten wollen?
Erklären sie dies einstimmig, so wird Kläger mit der Replik gehört, es erfolgt
die etwaige Auswerfung der Streitfragen, dcr nochmalige Sühneversuch und
die Vernehmung beider Thcile zum Schluß.') Nach dem Termine ist ein Ver
zicht auf mündliche Verhandlung nicht mehr gestattet.
III. Der Beklagte kann zwar schon vor dem Termin die Klagebcantwortung
schriftlich einreichen. Er muß aber dcmungeachtet im Termine erscheinen, da sonst
Kontumazialerkenntniß eintrit. Überreicht daher ein nicht zu den Rechtsverständi
gen gehöriger Beklagter vor dem Termin schriftliche Klagebcantwortung, so muß
er sofort beschieden werden, daß er dadurch des Erscheinens im Termin nicht
überhoben sei.
IV. Editionsgcsuche einer Partei gegen die andere müssen i» der
Klage oder Klagebcantwortung angebracht werden, und es ist darüber zugleich mit
der Hauptsache zu «erhandeln. — Editionsgcsuche gegen Dritte sind mit der
Klage oder Klagebeantwortung, jedoch in besonder« Schriften oder Protokollen,
unter den Parteien zu verhandeln. — 13—17; z. 20, 59, 7t> des Ges. vom
1. Juni 1833. — Z. 23/ 26, 31 der Jnstr. vom 24. Juli 1833. — Res. vom
3. August 1833. Jahrb. 41, S. 461. — Res. vom 7. Okt. 1833. Jahrb. 43,
S. 409. — Res. vom 27. April 1836. Gr äff, Koch :c. Erg. III. S. 623,
Jus. 4. — Ref. vom 2«. Sept. 1837. Jahrb. S«, S. 97. — Res. vom 29. Juni
133S. Jahrb. 45, S. 463.
Von Prorogatio n sgcsuchcn.
g. 81. Geht ein Gesuch um Verlegung des Klagebeantwortungstermins ein,
so ist dasselbe dem Dirigenten der Deputation zuzustellen, welcher darauf verfügt.
Der Deputirte ist zur Verfügung auf ein solches Gesuch nicht befugt.
Bei Prüfung der Prorogationsgesuche , der erfolgenden Bescheidung und bei
Ansehung des neuen Termins gelten auch hier die §. 73 vorgetragenen Bestim
mungen. — Z. 27 der Jnstr. vom 24. Juli 1833 und die Alleg. bei K. 73.
Verfügung auf das Klagebeantwortungsprotokoll und Vor
bereitung der Sache zur mündlichen Verhandlung.
§. 82. I. Auf die im Klagebeantwortungstermin aufgenommene Verhand
lung wird:
1) wenn Kläger nicht erschienen, und auch kein Ancrkenntniß des Beklagten vor
liegt, die Aktenweglegung verfügt;
2) wenn Beklagter den eingeklagten Anspruch pure anerkannt hat, gleich viel, ob
Kläger im Termin erschienen war, oder nicht, Agnitionsresolutioii, und
3) wenn Beklagter ausgeblieben, oder jede Erklärung unterlassen, oder verweigert,
oder für ihn ein nicht legitimirtcr Vertreter sich gemeldet hat, oder ein legiti-
mirter Justizkommissar ohne schriftliche Klagebcantwortung erschienen ist, auf
') Das Verfahren bei dieser Schlußvcrhandlung geschieht nach den Vorschriften
der «. G. O. junten Abschn. 5).
10
146
Antrag des Kläger«, so weit die Klage rechtlich begründet erachtet wird,
Kontumazialbescheid abgefaßt. —
In beiden Fällen sck 2 und 3 trögt der Deputirte in der nächsten Sitzung
der Deputation die Sache vor, und überreicht den zur Vollziehung bereits ent,
worfencn Kontumazial- oder Agnitionsbefcheid.
4) Wenn gemäß §. 8«, II. Nr. 4 zum Schluß verhandelt worden ist, erfolgt die
sofortige Vorlegung der Akten zum Spruch, und es muß das Erkenntniß vor
züglich beschleunigt werden.
5) In Fällen, wo Beweisaufnahme nöthig, ist ein gänzlicher Verzicht auf münd
liche Verhandlung niemals zulässig. Wenn jedoch die Rothwendigkeit der Be
weisaufnahme gar keinem Zweifel unterliegt, und beide Theile im Klagebeant
wortungstermin einstimmig darauf angetragen haben, daß die mündliche Ver
handlung ausgesetzt, und sofort Beweisaufnahme erfolge, so hat die Deputation
bald nach dem Klagebcantwortungstermin zu bestimmen : ob die mündliche Ver
handlung dennoch zweckmäßig, «der ob dem Antrage der Parteien statt zu geben
sei ? i) Beschließt sie dies, so faßt sie sofort das Bcweisresolut ab, und setzt die
mündliche Verhandlung bis nach Aufnahme des Beweises aus.
6) In den übrigen Fällen endlich ist die Sache zur mündlichen Verhandlung ge
eignet, und dahin zu verweisen. Doch sind bisweilen vor dieser noch gewisse
Jnzidcnzpunkte zu erledigen. Namentlich kann «) wenn ein Editionsgesuch
gegen Dritte angebracht ist, auf Antrag des Editionsfuchcrs die Verhandlung
der Hauptsache bis zur Erledigung des Editionspunktes ausgesetzt werden; "d)
ferner muß, wenn mit der Klagebeantwortung eine uneigentliche, sich ebenfalls
zum fummarischen Prozeß eignende Rekonvention, angebracht worden, diese vor
erst dem Kläger unter Bestimmung einer gemäß §. 72 III. festzusetzenden Frist
zur Beantwortung abschristlich mitgctheilt, und der Eingang der Beantwortung
cvent. Ablauf der gestellten Frist abgewartet werden z «) wenn eine Partei, welche
wegen Krankheit oder wegen zu großer Entfernung nicht vor dem Prozeßrichter
erscheinen kann, sich über einzelne Umstände, z. B. über die Rekognition oder
Dissession einer Urkunde in Person erklü'rcn soll, so muß vorerst die Verneh
mung der Partei entweder durch einen Deputirten, oder durch Requisition des
betreffenden Gerichts veranlaßt werden. Nach Beseitigung dieser Anstände erfolgt
ebenfalls mündliche Verhandlung.
II. Da, wo eine Substitution der Gerichte nöthig wird («5. §. 34, Nr. 4 oben
S. 64 fg.), müssen die Akten bald nach dem Klagebeantwortungstermin dem substi-
tuirten Gericht zugestellt, und von diesem das mündliche Verfahren eingeleitet wtt-
den. Dies gilt auch für den sä I. Nr. 5 berührten Fall.
III. Soll mündliche Verhandlung eintreten, so hat der Deputirte nach Abhal
tung des Klagebeantwortungstermins aus der Klage und Klagebeantwortung binnen
3 Tagen eine vollständige Geschichtserzählung und Darstellung des Rechtsstreits in
gedrängter Kürze zu entwerfen, 2) und mit den Akten dem Dirigenten der Deputa
tion vorzulegen. — Dieses Referat wird zu dm Akten genommen. Der Dirigent
prüft und berichtigt dasselbe. Er kann auch selbst das Referat entwerfen. Er setzt
hierauf den Termin zum mündlichen Verfahren an, und bestimmt, ob der bisherige
Deputirte oder ein Anderer den Vortrag darin übernehmen soll. Er kann sich dem
selben auch selbst unterziehen. —
«) Die Deputation ist also an den, wenn such übereinstimmenden Antrag beider
Parteien nicht gebunden,
s) Diese Darstellung ersetzt de» »tatus csusse et o«»tr«ver«»e. Sie m»? eine
kurze aber vollständige specie« tscti enthalten, und die Punkte darkgen, lid«
welche Parteien streitig, und über welche sie einig sind.
147
IV. Die Vorladungen der Parteien zum mündliche» Verfahren müssen enthalten:
1. in der Seitenrubrik
die Aufschrift „Vorladung zum mündlichen Verfahren" und außerdem Alles, was
§. 79 IV u. V. bei den Vorladungen zur Klagcbcantwortung in Betreff der
Seitenrubrik bemerkt ist;
2. im Kontert: >
s) die Bestimmungen des Taget und der Stunde des Termins;
1>) die Au fforderung, darin in Person oder durch einen Bevollmächtigten zu
erscheinen, die in Bezug genommenen oder nur in Abschrift beigebrachten Urkunden
urschriftlich zur Stelle zu bringen, und die fernere Verhandlung zu gewärtigen;
«) die Androhung, daß, wenn beide Parteien zur bestimmten Stunde nicht er
scheinen, die Akten auf Kosten des Klägers zurückgelegt werden sollen, wenn nur
eine Partei nicht erscheint, oder sich nicht auf die Sache einläßt, die andere auf
Reposition der Akten, oder auf Kontumazialvcrhandlung anzutragen befugt sei.
V. Eine Verlegung der zur mündlichen Verhandlung der Sache anberaumten
Sitzung findet nur auf übereinstimmenden Antrag der Parteien statt. Auf
die vor der Sitzung eingehenden Prorogationsgefuche verfügt der Dirigent der De
putation, und derselbe bestimmt auch den neuen Termin, wenn er diesen für zulässig
hält. In Betreff der in der Sitzung eingehenden Verlegungsgesuche ist Z. 83, V.
das Nähere bestimmt. — §. 1«, 12, IS, 14, 17, 1«, 19, 20, 59, 70 des Ges. vom
1. Juni 1833. — j. 26; Z. 31^34 der Jnstr. vom 24. Juli 18Z3. — Rr. 15
IV. der Jnstr. vom 7. April 1839. GS. S. 139. — Res. vom 26. Febr. u. 13.
März 1842, in Schering Mand.-Pr. Art. 339, S. 263. — Eab.-Ordre vom 17.
Okt. 1833. GS. S. 119. — Res. vom 23. Jan. 1835. Jahrb. 45, S. 199. —
Res. vom 16. Dez. 1S38. I. M. B. 1839, S. 39. — Res. vom 29. Juni 1835.
Jahrb. 45, S. 462.
Verfahren im Termin zur mündlichen Verhandlung.
ß. 83. I. Ein Vcrzeichniß der zur mündlichen Verhandlung bestimmten Sachcn
ist drei Tage vor derselben vor dem Sitzungssaale auszuhängen.') Die Verabfäumung
hat zwar keine Richtigkeit des Verfahrens zur Folge; sie muß jedoch im Wieder
holungsfälle durch Verweis und event. Ordnungsstrafe gerügt werden. — Z. 21 des
Gef. vom 1. Juni 1833. — Res. vom 6. Dez. 1836. Jahrb. 48, S. 456.
II. Im Termine zur mündlichen Verhandlung kommt die Deputation eine vier
zwei Stunden vor Beginn der erstern zusammen. Es werden zunächst
1) Die Kontumazial« und Agnitionsbescheide nach Z. 82, I. Nr. 2 u. 3, und die
Referate in den Sachen, welche nach Z. 82, I. Rr. 4 zum Spruch vorgelegt
worden find, vorgetragen.
2) Mit Eintrit der zum mündlichen Verfahren bestimmten Stunde wird der Vor«
trag der Referate unterbrochen. Sollten noch nicht alle vorzutragenden Sachen
«ledigt sein, so muß damit allenfalls Nachmittags desselben Tages fortgefahren
werden, damit nichts unerledigt bleibe. Jetzt dagegen werden
S) die zu 1 erwähnten Bescheide und Erkenntnisse den anwesenden Justizkommissa
rien durch Vorlesen publizirt, und es wird sodann
zur Verhandlung der auf dem Verzeichnisse »<1 1. enthaltenen Sachen geschritten.
Z. 35 der Jnstr. vom 24. Juli 1833.
S) Die Verhandlung der einzelnen Sachen geschieht nach der Rckhcfolge des Ver
zeichnisses.' Die zu einer bestimmten ganzen, halben oder Viertelstunde «orgela-
In Prozessen, welche, wie z. B. die Merkantilsachcn, die größte Beschleunigung
bedSrfe», Hann dieser Bestimmung wegen der Termin nicht hinausgerü'ckt wer
den. Es genügt denn, anch der kürzest« Aushang.

14g
denen Parteien werden mit dem Eintrit der Zeitbestimmung aufgerufen, die
Ausgebliebenen sogleich kontumazirt und auf dem ausgehängten Verzeichnis,
gleich den sonst ausfallenden Sachen gestrichen, sodann aber die Sachen der An
wesenden in der angeordneten, von ihnen abzuwartenden Folgeordnung >) vor
genommen. Von dieser Reihefolge darf nur aus besonders dringenden Ursachen
abgewichen werden. Die Deputation hat vorkommenden Falls darüber zu ent
scheiden. — Cirk.-Res. vom 15. Mai 184«. I. M. B. S. 179.
III. Die mündliche Verhandlung der einzelnen Sache beginnt damit, daß der
vom Dirigenten der Deputation ernannte Referent 2) «ine kurze mündliche Dar
stellung der Sache voranschickt. Das nach ß. 82 III. entworfene Referat wird
diesem Vortrag zum Grunde gelegt. — Demnächst beginnt der Vortrag der Par
teien. Jede Partei kann in Person 2) oder durch einen von ihr aus der Zahl der
bei dem Gerichte angestellten Justizkommissarien zu wählenden Bevollmächtigten,
«der durch einen auf ihr Verlangen ihr zugeordneten Beistand ihre Sache vortra
gen. Auch diejenigen Personen, welche gesetzlich die Vermuthung einer Vollmacht
für sich haben, dürfen zu Bevollmächtigten bestellt werden. ->) Darüber, welcher
von beiden Thülen mit dem Vortrag beginnt, s) entscheidet im Zweifel der Diri
gent der Deputation. Dem Beklagten gebührt aber immer das letzte Wort. —
z. 26 des Ges. vom 1. Juni 1833. — §. 32 der Jnstr. vom 24. Juli 1833.
IV. Die mündliche Verhandlung und Erörterung einer jeden Prozeßsache muß
so lange fortgesetzt werden, bis die Sache zur Abfassung des Beweisresoluts oder
zur Entscheidung reif ist. Weitläufigkeit und Verwickeltheit einer Sache kann für
sich allein und ohne Antrag der Parteien nicht Veranlassung sein, die mündliche
Verhandlung abzubrechen und zum neuen Audienztermin zu verweisen. Werden
jedoch bei der mündlichen Verhandlung von einer Partei Thatumstände, «) in so
weit sie nach §. 80 II. 1 (S. 144) noch zulässig sind, und Beweismittel ange
bracht, auf welche die andere Partei nicht vorbereitet sein konnte, ') so ist durch
1) Parteien müssen also diese Folgeordnung abwarten, wenn sie nicht die Folgen
des Nichterscheinens eintreten lassen wollen. Sind sie genöthigt, sich auf Au
genblicke zu entfernen, so müssen sie dem aufrufenden Boten davon Anzeige
machen; soll ihre Abwesenheit länger als 5 Minuten dauern, so müssen sie
vom Dirigenten der Deputation Erlaubniß einholen, wenn sie jene Folgen ab
wenden wollen. — Cirk.-Res. vom 15. Mai 184«.
2) In der Regel ist der Deputirte, welcher den Klagebeantwortungstermin abge
halten hat, zum Restrenten zu wählen. Auch Auskultatoren können unter
Aufsicht eines Mitgliedes dazu ernannt werden. — Lk. Res. vom 26. Juni
1835. Jahrb. 45, S. 456. — Res. vom 7. Okt. 1833. Jahrb. 43, S. 412.
«) Kann die Partei da, wo teutscher Vortrag zu halten, nicht teutsch, so muß so
viel als möglich dahin gewirkt werden, daß sie einen der teutschen Sprache
kundigen Mandatar wählt. Will sie dennoch selbst Vortrag halten, so muß ein
Dolmetscher zugezogen werden, falls die Mitglieder der Deputation ihn nicht
verstehen. — Ref. vom 3«. Aug. u. 27. Sept. 1833. Jahrb. 43, S. 412, 434.
«) überhaupt finden auch hier die Bestimmungen des vierten Titels S. 77 fg.
Anwendung.
») In der Regel wird Kläger beginnen müssen. Doch können auch Fälle eintreten,
wo es zweckmäßiger ist, daß Beklagter beginnt. ,»
«) Neue Thatsachen sind nach der Klagebeantwortung für die erste Instanz in der
Regel nicht mehr zulässig, da Kläger die zur Begründung seines Anspruchs
erforderlichen Thatsachen in der Klage, Beklagter die zur Widerlegung nöthigen
Thatsachen in der Klagebeantwortung anführen muß. Nur bei Widerklagen
wird dem Kläger zur Anbringung seiner Einwendungen eine Frist gestellt.
Rechtseinwendungen sind auch später zulässig.
?) Ob dies anzunehmen, darüber entscheidet die Deputation, Übrigens ist hier
unter Partei sowohl diese, als ihr Vertreter zu verstehen, ,
149
mündliche Verfügung des Gerichts, welche zugleich die Stelle der Vorladung vertrit,
die Fortsetzung der Verhandlung zu einer andern Sitzung anzuberaumen. Bei die«
ser mündlichen Vorladung werden die Parteien mit den Folgen des Ausbleibens
(cs. §. 79, IV. und §. 84) bekannt gemacht. Wie dies geschehen, wird im aufzu
nehmenden Protokoll vermerkt. — §. 27 de« Ges. vom 1. Juni 183Z. — Res.
vom 7. Okt. 1833. Jahrb. 43, S. 41«. — Res. vom 22. Febr. u. 14. Mai 1837.
Jahrb. 49, S. 231 u. 497.
V. Wird die Verlegung des Audienztermins im Termine selbst nachgesucht, so
beschließt darüber die Deputation unter Berücksichtigung der Bestimmung §. 82, V.
Wird der neue Termin bewilligt, so erfolgt die Vorladung der Parteien sofort
mündlich gleich, wie im Falle unter IV., in sofern die Parteien oder ihre Vertreter
anwesend sind. — Res. vom 22. Febr. 1837, Nr. S. Jahrb. 49, S. 231. — Res.
vom 6. Juni 1839. I. M. B. S. 217.
VI. Die Leitung der mündlichen Verhandlung, die Sorge für gehörige Erör
terung der Sache,') der nochmalige Versuch der Sühne, 2) die Befugniß zur
Schließung der Verhandlung 5) gebühren dem Vorsitzenden des Gerichts (resp. der
Deputation), welcher jedoch hierbei auf die Meinung der beisitzenden Richter Rück
sicht zu nehmen, und diejenigen Fragen, welche letztere den Parteien vorgelegt zu
sehen wünschen, zu stellen hat. — §. 23 des Ges. vom 1. Juni 1833.
VII. Ebenso hat der Vorsitzende der Deputation für Aufrechthaltung der
Ordnung bei der mündlichen Verhandlung zu sorgen. — Sollte sich eine Partei,
ein Stellvertreter derselben, oder ein Gerichtsbeamter 2) eine Störung zu Schulden
kommen lassen, so hat der Vorsitzer das Recht und die Pflicht, den Ruhestörer
zur Ordnung zu verweisen; wenn die Ermahnung fruchtlos ist, ihm die Entfernung
aus dem Gerichtssaal anzudrohen, und diese Drohung, wenn sie ohne Erfolg bleibt,
zur Ausführung zu bringen. Wenn sich Jemand aber zu Beleidigungen seines
Gegners oder gegen das Gericht hinreißen laßt, so steht dem Vorsitzenden die Be
fugniß zu, nach vorgängiger Bcrathung mit den übrigen Mitgliedern der Deputa
tion und nach dem Beschluß der Majorität, eine Ordnungestrafe von 1 bis 5 Thl.
1) Die Pflicht zur Aufklärung de« Sachvcrhältnisscs und überhaupt zur fakti
schen Erörterung des Rechtsstreits liegt im summarischen Prozesse zunächst
den Parteien ob. Die Deputation hat diese Pflicht nur in Bezug auf dic
von den Parteien wirklich abgegebenen Erklärungen. Die Parteien zur Ab
gabe derselben zu zwingen, dazu hat die Deputation kein Recht. Die Fragen,
welche sie deshalb an die Parteien im Audicnztermin zu stelle» hat, werden
sich daher hauptsächlich auf undeutliche und zweifelhafte Erklärungen und Aus
lassungen Behufs deren Aufklärung bezieh«.
2) Über die zu machenden Vergleichsvorschläge kann der Dirigent allenfalls, wenn
er es für nothwendig hält, sich vorher mit den übrigen Mitgliedern der Depu
tation berathen, und die Parteien inzwischen abtreten lasse». — Res. vom
3. August 1833. Jahrb. 41, S. 462.
5) Diese erfolgt, sobald die Sache vollständig erörtert, und die Abfassung des
Beweisresoluts oder des Erkenntnisse« erfolgen kann, oder wenn neuer Termin
nöthig wird. Gebricht es am Vormittag zur Erledigung aller Audienzsachen
an Zeit, so muß die Verhandlung bis des Rachmittags allenfalls um 6 Uhr,
und nötigenfalls sogar am folgenden Tage fortgesetzt werden. — tt. Res.
vom 22. Febr. 1837. Jahrb. ' 49, S. 232. — Res. vom 7. Okt. 1833.
Jahrb. 43, S. 41«.
4) Das Gesetz erwähnt der Zeugen und Sachverständigen nicht, da solche in der
Audienz in der Regel nicht erscheinen. Sollten jedoch dieselben ausnahmsweise
zur mündlichen Verhandlung anwesend sein, so versteht es sich wohl von selbst,
daß die sck VII. erwähnten Maßregeln auch gegen dieselben zur Anwendung
kommen.
150
oder von 6- bis 24ftünbiger Gefängnißstrafe gegen denselben ") festzusetzen, und so
gleich vollstrecken zu lassen, unter Vorbehalt der härteren Strafen, welche dabei
«och verwirkt sein sollten, — S. 36 der Jnstr. vom 24. Juli IM. — Cab.-Ordre
vom 24. Okt. 1838, Nr. 5. GS. S. 504.
VIll. Bei der zur mündlichen Verhandlung anberaumten Sitzung haben Zutrit
s) sämmtliche, sowohl bei dem verhandelnden Gericht, als bei andern Gerichtsbe
hörden der preußischen Monarchie angestellten richterlichen Beamten, Rc-
fcrendarien, Auskultatoren und Justizkommissaricn, unter gleicher
Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit;
1>) die Parteien selbst und deren Stellvertreter und Beistände, die ag b,
in sofern sie nicht unter die Kategorie der sä s Genannten gehören, jedoch nur,
wenn ihre resp. ihrer Partei Sache verhandelt wird.
Sämmtliche mit Ausnahme derer, welche als Mitglieder der Deputation, als
Referenten, Parteien oder deren Beistände und Stellvertreter bei der Sache be
theiligt sind, müssen sich aber entfernen, sobald auch nur eine der Parteien darauf
anträgt, oder das Gericht aus Rücksichten für die öffentliche Ordnung oder für die
Sittlichkeit oder aus andern Gründen dies für angemessen erachtet. — Z. 22 des
Ges. vom I. Juni 1833. — Z. 37 der Jnstr. vom 24. Juli 1833. — Cab.-Ordre
vom 15. Mai 1836. Jahrb. 47, S. 538. — Res. vom 3. August 183S. Jahrb.
«1, S. 462.
Folgen des Ausbleibens im Termin zur mündlichen Verhandlung.
§. 84. I. Gegen die, welche beim Aufruf der Sache nicht zu der in der Bor
ladung für sie bestimmten Stunde erscheinen, treten die gesetzlichen Folgen ein.
Demgemäß werden, wenn
Z) in der zur mündlichen Verhandlung bestimmten Sitzung beide Parteien nicht
erscheinen, 2) die Akten auf Kosten des Klägers reponirt.
2) Erscheint die eine der Parteien nicht, oder löst sie sich auf die Sache nicht
ein, ss kann die andere Partei auf Reposition der Akten auf Kosten des Geg
ners, oder auf Kontumazialverhandlung antragen.
3) Werden die Akten reponirt, so kann Kläger innerhalb vier Wochen, vom Ter
mine ab gerechnet, auf Wiederaufnahme des Prozesses antragen, s) Demnächst
erfolgt Ansehung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung, und Kläger
trägt die Kosten des früheren fruchtlosen Termins. Nach Ablauf der vier Wo
chen kann Kläger nicht mehr Reassumtion verlangen. Er muß vielmehr von
Neuem klagen.
4) Bei der Kontumazialverhandlung werden alle streitige, von dem Nichtcrschiene-
1) Die Instruktion vom 24. Juli 1833 will im Z. 36 diese Strafen gegen den
Beleidiger angewendet wissen, während die Cab.-Ordre vom 24. Okt. 1838
«on der Bestrafung des Ruhestörers spricht. Da jedoch dies Gesetz den
S. 36 der Jnstr. vom 24. Juli 1833 nicht ändern will, so kann man Viesen
Widerspruch nur dahin vereinen, daß den in Beleidigungen übergehenden Ruhe
störer die angedrohte Geld- oder Gefängnißstraft treffen soll.
2) Dem Richterscheinen steht gleich, wenn ein Bevollmächtigter sich meldet, welcher
weder Bollmacht noch Schreiben vorzeigen kann; ferner, wenn Jemand zwar
erschienen, sich aber vor dem Beginn der Verhandlung entfernt hat, ohne dazu vom
Boten oder dem Dirigenten der Deputation gemäß Anm. 3, S. 132, u. Anm. 1,
S. 148 Erlaubniß eingeholt zu Habenz ferner, wenn die Partei in so trunkenem
Zustande erscheint, daß sie keine Erklärung abgeben kann, oder wenn sie vor Ab
gabe ihrer Erklärung wegen Störung oder Beleidigung entfernt werden muß.
») Dem Beklagten kann man kein gleiches Recht, auf Reassumtion anzutragen,
einräumen, da das Gesetz vom i. Juni 1833 ihm dies nicht gestattet, und
auch in der A. G. O. ihm ein solches Recht nicht zugesprochen ist.
155
Ntn angeführte, mit schriftlichen Beweisen nicht unterstützte Thatsachen für nicht
angeführt erachtet, und alle von dem Gegentheil angeführte Thatsachen, denen
noch nicht ausdrücklich widersprochen worden, sind für zugestanden, sowie die
vom Gegentheil beigebrachten Urkunden für rekognoszirt anzusehn. ' )
Eben so wird es gehalten, wenn eine erschienene Partei sich auf solche neue
Umstände, welche bei der mündlichen Verhandlung noch vorgebracht werden
dürfen, nicht einläßt. 2) — §.21, 23—25 des Ges. vom 1. Juni IM. —
l. 2«, Z. 20 A. G. O.
II. Die unter I. vorgeschriebenen Folgen gelten sowohl für den ersten, als für
die folgenden gemäß §. 83, Nr. IV. u. V. angesetzten Audicnztermine, und selbst
dann, wenn die Parteien cventucl zugleich zum Abschluß der Sache vorgeladen
worden. Nur, wenn der Termin nach geschehener Beweisaufnahme lediglich zum
Schluß der Sache ansteht, oder wenn ohne Beweisaufnahme in einer zum End-
urtheile bereits reifen Sache der Termin bloö zur Abfassung und Eröffnung des
Urtel« ausdrücklich angesetzt worden; treten nicht jene Folgen ein, sondern es wird
in der Sache erkannt. — §. 27, 29, 34 des Ges. vom 1. Juni 1833. — Res. v.
21. März 1837. Jahrb. 49, S. 195.
Von dem im Audienztermin aufzunehmenden Protokoll, und dem
darauf zu fassenden Beschluß.
Z. S5. I. Über die mündliche Verhandlung wird ein Protokoll aufgenommen,
welches enthält:
1) die Namen der anwesenden Gcrichtsmitglicdcr; ')
2) die Namen der Parteien u. ihrer Sachwalter, ^) und ob sie erschienen sind od. nicht;
Z) den Gegenstand des Rechtsstreits;
4) den Gang der stattgefundcncn Verhandlungen im Allgemeinenz
5) die Augeständnisse der Parteien, deren Aufzeichnung vom Gegner verlangt wird,
sowie diejenigen Erklärungen der Parteien, deren Aufnahme das Gericht für
erheblich hält.
1) Der Gegentheil braucht in seinem Antrage auf Kontumazialverfahren die eins
zelnen Thatsachen und Urkunden nicht gerade zu bezeichnen, da die Deputation
schon auf Grund des Antrags zu prüfen hat, in wie weit Kontumazialan-
nähme eintrit. Die Thatsachen und Beweismittel, in Betreff deren kontuma
zialverfahren eintreten soll, müssen jedoch dem Nichterschienencn bereits bekannt
geworden sein. Bedient sich z. B. der Erschienene erst im Audienztcrmin der
' Eideszuschiebung, so ist zur Erklärung darüber und Leistung erst ein Termin
nöthig. — cf. Res. vom 7. Okt. 1833. Jahrb. 43, S. 415.
2) Sind dies Umstände, worauf die Gegenpartei nicht füglich vorbereitet sein
konnte, so ist ihr Antrag auf neuen Termin gerechtfertigt. Doch muß sie einen
solchen Antrag ausdrücklich formiren, da sonst Kontumazialverfahren eintrit. —
Refcr. vom 1«. April 184«. I. M. B. S. 147.
5) Diese Namen werden am zweckmäßigsten an der Seite der Verhandlung «er
zeichnet. Die Unterlassung der Aufnahme dieser Namen hat keine Ungiltigkeit
der Verhandlung, sondern nur Disziplinarrüge zur Folge. — Lf. Jnstr. vom
?. April 1839, Nr. 13. GS. S. 138.
Überreichen diese Vollmacht, so ist dies hier zu vermerken.
i) Rur Thatumstände, und auch diese nur im Resultat sind aufzunehmen. Jeder
einzelne Punkt erhält eine Nummer, und bei jeder Nummer wird sogleich die
Erklärung des Gegners, sofern sie Abweichendes enthält, ebenfalls im Resultat
aufgeführt. Ist unter den Mitgliedern der Deputation eine Meinungsverschie
denheit darüber vorhanden, ob eine Erklärung ins Protokoll aufzunehmen oder
nicht? so entscheidet darüber der Vorsitzende der Deputation ohne Rücksicht auf
die Stimmcnzahl. — <'/. Res. vom 24. April 1841. I. M. B> S, 154, —
Res. vom 19. Juli 1843. I. M. B. S. 19S.
152
Dieser letztere Vermerk wird den Parteken vorgelesen, und diese sind mit ihrer
Bemerkung über dessen Fassung zu hören, auch ist diese nach den gemachten
Erinnerungen zu berichtigen.
Werden in Gemäßheit des Z. 83, Nr. IV. und V. Parteien mündlich zu einem
neuen Termin bestellt, so wird
V) dies und die geschehene Bedeutung im Protokoll vermerkt. — Z. 27, 36 des
Ges. vom 1. Juni 1833. — §. 41 der Jnstr. vom 24. Juli 1833.
II. Bald nach vollständig verhandelter Sache und Aufnahme des Protokolls
treten entweder, in sofern nicht etwa durch Ansehung eines neuen Termins (I. 6),
«der sonst die besondere Berathung unnöthig wird, die Mitglieder der Deputation
und der Referent zur Berathung über den aufzunehmenden Beweis, eventuel des
Urtcls ab, oder es fordert der Vorsitzende die anwesenden Parteien und deren
Stellvertreter und Beistände, und die sonst anwesenden Justizkommissarien auf,
sich zurückzuziehen. — Der Referent nimmt den Vortrag wieder auf, und legt
«inen Entwurf zum Bcweisresolut oder zum Urtel vor, worüber die Richter sofort
einen Beschluß fassen, und den Entschluß des Referenten entweder annehmen oder
berichtigen. — Die Deputation kehrt hierauf in den Sitzungssaal zurück, «der läßt
die abgetretenen Personen wieder hereinrufen, und der Vorsitzende publizirt sodann
das Resolut oder das Urtel durch Vorlesen des Inhalts. — Es ist nicht noth-
»endig, daß die Gründe gleich mit vorgelesen werden; es genügt, daß der Vor
sitzende sie kurz anführt. > )
Findet der Vorsitzende es angemessen, daß ein vollständiges schriftliches Referat
«usgearbeitet werde, so muß der Referent ein solches binnen den nächsten 8 Tagen
abfassen; die Entscheidung wird bis dahin ausgesetzt, und dies den Parteien eröffnet.
Ist eine Sache so einfach, daß deren Entscheidung nach der Meinung des Re
ferenten keine Diskussion veranlassen dürfte, so steht ihm frei, unmittelbar nach
beendigtem Vortrage seinen Urtelscntwurf dem Vorsitzenden zuzustellen, welcher ihn
durchsieht, und wenn er damit einverstanden ist, den übrigen Mitgliedern sogleich
vorlegt. Trägt keins derselben auf die Eröffnung einer Diskussion an, so publizirt
der Vorsitzende das Erkenntniß ohne Weiteres. — z. 29 fg. des Ges. vom 1. Juni
1833. — Z. 38 der Jnstr. vom 24. Juli 1833.
III. Der Referent trägt demnächst den Inhalt des Beschlusses ins Protokoll
nach, und legt dasselbe am Schlüsse der Sitzung den Richtern zur Unterschrift vor.
— §. 41 der Jnstr.
IV. Es ist nicht zulässig, mehre Sachen hinter einander vortragen zu lassen,
und dann erst die Erkenntnisse abzufassen. — Z. 39 der Jnstr. vom 24. Juli 1833.
V. Was die Fassung des Beschlusses betrifft, so müssen,
1) wenn Beweisaufnahme beschlossen ist, die zu beweisenden Thatfachen und die
Beweismittel darin ausdrücklich aufgenommen werden. — Lautet das Beweis
resolut auf Ableistung eines Eides, so muß dasselbe die durch Einigung der Par
teien festgestellte, oder in deren Ermangelung durch die Deputation beschlossene
Eidcsnorm vorschreiben. Sind die Parteien auch über die Erheblichkeit des
Eides uneinig, so muß im Beweisresolut zugleich bestimmt sein : ob der Eid
Die Verweisung auf die im Urtel künstig mitzutheilenden Gründe ist un
statthaft. — ck. Res. vom S. Jan. 1843. I. M. B. S. 15.
2) Das Beweisresolut ist zwar eine bloße Verfügung; kann jedoch im Wege der
Beschwerde nicht aufgehoben werden, da es vom erkennenden Richter ausge
gangen, und eine entgegengesetzte Anweisung der Aufsichtsbehörde ein Eingriff
in die richterliche Selbstständigkeit wäre. — Übrigens muß den Parteien auf
Verlangen Abschrift des Beweisresoluts ttthejlt werden. — 6s. Res. vom 3.
August 1841. Jahrb. 41, S. 4SI.
153
»och !m Laufe der Instruktion abzuleisten sei, oder ob er dem Erkenntniß vor«
behalten bleiben soll? — Soll ein Eid von einer auswärtigen nicht in der
Nähe und nicht im Bezirke des Gerichts wohnhaften Partei geleistet werden,
so muß im Resolut zugleich die Requisition desjenigen Richters, in dessen Spren»
gel die Partei wohnt, um Abnahme des Eides angeordnet werden. Soll eine
andere Beweisaufnahme erfolgen, so ist dazu ein KommissariuS zu ernennen,
oder, wenn sie auswärts erfolgen muß, das auswärtige Gericht zur Ernennung
eines Kommissars zu veranlassen.
2) Ist das Endurthcil beschlossen, so muß im Beschlüsse der Tenor de« Erkennt»
nisscs vollständig niedergeschrieben, und die Entscheidungsgründe entweder sofort
beigefügt, oder doch mindestens kurz angeführt sein. Im letzter« Falle arbeitet
hierauf der Referent bis zur nächsten Sitzung das Erkenntniß mit seinen Ent-
scheidungsgründcn aus, wobei er das Referat, das Protokoll über die mündliche
Verhandlung und den publizirtcn Urtelsendspruch zum Grunde zu legen hat.
Z) Wird das schriftliche Referat vorbehalten («s. II.), so ist in den Beschluß dies,
sowie der Termin zur Publikation des abzufassenden Erkenntnisses, und die,
mündlich unter der Warnung der beim Nichterscheinen in Kraft der Publikation
erfolgenden Anfertigung des Urtcls geschehene, Vorladung der Parteien zu ver»
merken. — K. 29, 3«, 32, 33 des Ges. vom I. Juni 1833. — §. 32, 38, 4«,
41 der Jnstr. vom 24. Juli 1833. — I. 10, Z. 306—308 A. G. O. — Jnstr.
vom 7. April 1839, Nr. 42. GS. S. 149. — Res. vom 13. Juli 183«.
Jahrb. 52, S. 177.
Von den Beweisen und deren Aufnahme.
§. 86. I. Im summarischen Prozeß können Parteien bis zur Abfassung und
Publikation des BcweisrefolutS beliebig Beweismittel anbringen. Mit diesem Zeit»
punkt trit die Beschränkung ein, daß
1) zwar Eideszuschicbung noch bis zur Abfassung des Erkenntnisses >) zulässig,
2) daß aber andere nachher angebrachte Beweismittel nur dann aufgenommen wer»
den dürfen, wenn entweder ») beide Parteien damit einverstanden sind, oder d)
wenn sich dieselben erst aus dem aufgenommenen Beweise als vorhanden erge»
ben haben. — §. 35 des Ges. vom 1. Juni 1833. — Res. vom 7. Okt. 183Z.
Jahrb. 43, S. 415. — Res. vom 24. Jan. 1840. I. M. B. S. 42.
II. Die von den Parteien zu leistenden Eide müssen in der Regel vor der er»
kennenden Deputation innerhalb der Gerichtsschranken abgenommen werden. Nur
») bei den Eiden der Juden, sofern sie in der Synagoge abgeleistet werden müssen, u.
d) bei den durch einen requirirtcn Richter abzunehmenden Eiden ^) (§. 85, V. 1)
finden Ausnahmen statt.
Der Termin zur Eidesleistung darf nicht früher als 8 Tage nach Auferlegung
des Eides anstehen, selbst wenn die Partei bei letzterer in der Sitzung anwesend wäre. »)
') Wenn also der Spruch bis zur nächsten Sitzung vertagt wird, so kann bis
dahin noch der Eid zugeschoben werden. Schering (Mand.-Pr. S. 334)
nimmt an, daß mit dem Abschluß der Instruktion, und wo die Sache spruch
reif, Eideszufchiebung nicht mehr zulässig sei.
2) Die durch Requisition abzunehmenden sollen nach K. 40 der Jnstr. in der Ge»
richtssitzung des requirirten Gerichts geleistet werden.
») Dies findet in allen summarischen Prozessen, selbst in den Merkantilsachen und
auch bei einzeln stehenden Richtern Anwendung, und es kann selbst mit Ein
willigung beider Parteien keine Abweichung stattfinden. Eine Ausnahme würde
nur dann gerechtfertigt sein, wenn Gefahr im Verzuge obwaltet, und aus der
Ausschiebung der Eidesabnahme den Parteien ein unersetzlicher oder doch ein
sehr erheblicher Nachtheil erwachsen würde, z. B. in Schifffahrtsangelegenheiten,
wenn die Betheiligtcn zu Schiffe abzureisen gcnöthigt sind, oder in schleunigen
154
Die Verladung dazu kann, wenn die Parteien bei Publikation des Nesoluts anwe
send sind, mündlich erfolgen; sonst muß sie schriftlich geschehen. Dabei wird die
Warnung gestellt, und zwar dem, welcher den Eid leisten soll: daß beim Ausbleiben
i» contumsLism angenommen werden würde, daß er den Eid nicht leisten könne
«der wolle; dem Gegenthcil: daß ihm beim Ausbleiben ein Bevollmächtigter auf
seine Kosten zur Beiwohnung bei der Eidesleistung bestellt werden würde.
Sind andere Beweismittel ') nicht aufzunehmen, so wird mit dem Termin zur
Eidesleistung in der Regel zugleich Schlußtermin verbunden, und demnächst den
Parteien außer vorstehender Warnung noch die Z. 87, I. enthaltene Verwarnung
gestellt. —
Die Eidesleistung 2) erfolgt mit Beobachtung aller der Feierlichkeiten, welche
die Wichtigkeit der Sache erfordert, in Gegenwart des Gcgners, seines Anwalts,
oder eines ihm zuzuordnenden Schwurzeugen. Die Verhandlung, welche darüber
aufgenommen wird, muß entweder die Worte des geleisteten Eides, oder doch die
Bemerkung enthalten, daß der Eid wörtlich so abgeleistet ist, wie er normirt wor
den. — S. 31 des Ges. vom 1. Juni IM. — §. 4« der Jnftr. vom 24. Juli
1833. — I. 1», Z. 371, 374 fg. A. G. O. — Res. vom 29. Juni 1835, Nr. 2.
Jahrb. 45, S. 463. — Res. vom 22. Febr. 1837, Nr. 5. Jahrb. 49, S. 231.
III. Im Übrigen kommen bei Aufnahme der Beweise die im folgenden Ab
schnitt in dieser Hinsicht gegebenen Borschriften, jedoch unter Berücksichtigung der
S. 78, Nr. IV. enthaltenen Bestimmungen, zur Anwendung. — Z. 74 des Ges.
vom 1. Juni 1833.

Vom Schlußtermin, dem Erkenntnis? und den zulässigen Rechts


mitteln.
§. 87. I. Die Ansehung eines besonder« Schlußtermins ist dann nöthig,
wenn mit dem Termin zur Eidesleistung nicht zugleich Schlußtermin verbunden
war, oder, wenn die Beweisaufnahme vor einem Kommissarius, oder durch Requi
sition eines andern Gerichts erfolgt ist. Der Verzicht auf mündliche Schlußver
handlung ist in diesen Fällen nicht zulässig. Vielmehr werden, sobald die Beweis-
verhandlungcn beendigt sind, die Parteien unter abschriftlicher Mittheilung derselben
zur mündlichen Verhandlung in die Gerichtssitzung und zur Entscheidung der Sache
mit der Verwarnung vorgeladen, daß gegen den Ausbleibenden angenommen werden
würde, er habe zur Unterstützung seiner Behauptungen und Anträge nichts weiter
anzuführen. Das Ausbleiben einer Partei hat daher zur Folge, daß dennoch er
kannt wird, in sofern nicht etwa vom Gegentheil angebrachte, noch zulässige Beweis
mittel aufzunehmen sind («f. III.). — Z. 34, 35 Ges. vom 1. Juni 1833. —
Res. vom 3. August 1833. Jahrb. 41, S. 4S3. — Res. vom 29. Juni 1835,
Rd. 2. Jahrb. 45, S. 463.

Handelssachen, wenn Parteien die diesseitigen Staaten bald «erlassen müssen. —


tt. Res. vom 6. Dez. und 24. Nov. 1836. Jahrb. 48, S. 454z S. 444 fg.
«. auch Schering Mand.-Pr. S. 324.
>) Bei Konkurrenz anderer Beweismittel ist es zweckmäßig (in sofern nicht etwa
diese von der Eidesleistung abhängen), daß zunächst die andern Beweismittel
aufgenommen, und demnächst Termin zur Eidesabnahme und zum Schluß im
mündlichen Verfahren angesezt werde.
^) Die Vorladung zur Eidesleistung erfolgt zu einer bestimmten Stunde. Erscheint
der Vorgeladene nicht zu dieser Stunde, so trit Kontumazialverfahren ein.
Hinsichtlich der Verlegung der Schwörungstermine gilt das im 6. Abschnitt d.
T. in dieser Beziehung Gesagte.
155
II. Dik Verhandlung in> Schlußtermin erfolgt in der j. SA vorgeschriebenen
Zlrt. ') Der Referent kann seinem Vortrage entweder das frühere, jedoch au« den
Audienzprotokollen und den aufgenommenen BeweiSvcrhandlungen ergänzte, oder ein
neu gefertigtes Referat zum Grunde legen. Bei Aufnahme des Protokoll« u»d bei
der Befchlußnahme kommen die S. 85 enthaltenen Vorschriften zur Anwendung. —
z. 26, 36 Ges. vom 1. Juni 1833. — z. 32, 3« Jnstr. vom 24. Juli 18i».
III. Erfolgt im Schlußtermin noch eine Eidcszuschiebung, oder werde» andere
Beweismittel angebracht, so wird über deren Zulässigkcit und Aufnahme mit Rück»
ficht auf §. 86, I. Beschluß gefaßt, und falls sie zulassig, nach Z. 85> V. da« Be»
weisresolut entworfen. — Ist der Gegner nicht erschienen, so wird bei einer zu«
lässigen Eidcszuschiebung die Erheblichkeit und Norm in colllmvscigm festgesetzt,
und Termin zur Ableistung anberaumt; bei zulässigen andern Beweismitteln aber,
in sofern der Nichtcrschicncne darauf nicht füglich vorbereitet fein konnte, nnier
Audienztermin zur Erklärung darüber angesetzt, sonst die Aufnahme des für zulässig
erachteten Beweises veranlaßt. Erfolgt demgemäß nur die Ansehung eine« Termins
zur Eidcsabnahme vor der Deputation, so wird gleichzeitig damit Schlußtermin
verbunden. Bei andern Beweisaufnahmen wird nach Beendigung der BcweiSver«
Handlungen wieder Schlußtermin angesetzt. — Z. 27, 34, 35 Ges. vom 1. Juni
1833. — Res. vom 7. Okt. 1833. Jahrb. 43, S. 415.
IV. Die Publikation des Urtels erfolgt sofort nach dessen Beschluß in der §. 85,
Rr. II. angeführten Art. Die Anfertigung desselben geschieht auf die Abschnitt 7
d. T. vorgeschriebene Weise. — Z. 29 Ges. vom I. Juni 1833. — Z. 3« Jgstr.
V. Gegen die im summarischen Prozeß (mit Ausnahme der Jnjurienprozesse)
ergehenden Urtel sind zulässig :
1) das Rechtsmittel der Restitution in dem Falle, wenn in Gcmäßheit des §. 82,
I. 3 Kontumazialerkenntniß ergangen ist, und zwar binnen 10 Tagen von Be«
händigung des Urtels gerechnetz
2) das Rechtsmittel des Rekurses dann, wenn der Gegenstand der Beschwerde nicht
5« Thlr. übersteigt; und
3) das Rechtsmittel der Appellation, wenn der Gegenstand der Beschwerde mehr
o» 50 Thlr. beträgt. — In beiden Fällen, Rr. 2 und 3, läuft die zur »ah»
rung des Rechtsmittels gegebene 6- resp. 12wöchentliche Frist vom Tage der Ur-
telSzustelluug. — Von allen diesen Rechtsmitteln, sowie von den gegen die im Jn
jurienprozesse zulässigen besondern Rechtsmitteln wird im siebenten Titel die Rede
sein. — §. 38, 4« des Ges. vom 1. Juni 1833. — I. 14, Abschn. 3 «. G. O. —
Cab.-Ordre vom 23. Nov. 1839. GS. S. 33S.

II. Von dem Verfahren bei den Gerichten, welche kein Kollegium bilden.
z. 88. Bei den Gerichten, welche nur mit einem «der mit zwei Richtern
befetzt, sowie in denjenigen Jnjuricnprozessen, welche bei kollegialischen Gerichten ein«
zelnen Kommissarien überwiesen sind, oder werden (es. §> 78, I. Nr. 1), kommen
die Z. 79—87 enthaltenen Vorschriften ebenfalls, jedoch unter nachstehenden Modi«
fikationen zur Anwendung :
1) Auf die Klage wird ein Termin zur Beantwortung derselben und zur weitern
') Schriftliche Deduktionen werden im summarischen Prozeß nicht zugelassen.
Überhaupt beschränkt sich der Schriftwechsel auf Klage und Klagebcantwortung,
Appellationsbericht und Appellationsgcgenbericht, die Nichtigkeitsbeschwerde? und
Revisionsschriften, und Erwiderung auf die Widerklage, sowie die etwaigen
Litisdenuntiationen. Andere Schriftsätze sollen nicht angenommen, sondern
zurückgewiesen »erden.
156
mündlichen Verhandlung anberaumt, wozu beide Parteien, der Verklagte unter
abschriftlicher Mittheilung der Klage, vorgeladen werden.
2) Die Z. 79, Nr. IV. und V. angedeuteten Vorladungen erhalten deshalb mit
Rücksicht hierauf Änderungen, namentlich erhält s) die Aufschrift nach den
Worten „zur Klagebeantwortung" den Ausatz: „und zum weiteren Verfahrenz"
d) bei der Vorladung des Verklagten fallen die Worte unter b „oder in Ab
schrift" weg. Die Urkunden müssen sofort im Original eingereicht werden;
c) bei der Vorladung des Klägers ist die unter e beigefügte Aufforderung ganz
wegzulassen.
3) Hinsichtlich der Aufnahme des Protokolls und des Beweises, und in Betreff der
Abfassung des Erkenntnisses, gelten die beim Bagatellprozeß Z. 74, 75 und 76
vorgeschriebenen besondern Bestimmungen nur mit der Maßgabe, daß hier beim
Ausbleiben des Beklagten im ersten Termin nicht die Vorladung die Kraft eines
Kontumazialurtels erlangt, fondern daß ein besonderer Kontumazialbescheid unter
das aufgenommene Protokoll gesetzt, mit diesem ausgefertigt, und den Parteien
gleich andern Erkenntnissen (Abschn. 7) behändigt wird. Die lOtägige Restitu
tionsfrist gegen diese Kontumazialerkenntnisse läuft deshalb von deren Zustellung
an Beklagten.
4) Dem Richter stehen Behufs Aufrechthaltung der Ruhe und Ordnung während
der Verhandlungen gleiche Rechte und Pflichten zu, wie gemäß Z. 74, Nr. VI.,
dem Bagatellkommissarius. — Z. 1«, 60—64 des Ges. vom 1. Juni 1833. —
Z. 16, 52 der Jnstr. vom 24. Juli 1833. — Cab.-Ordre vom 24. Okt. 1838.

Fünfter Abschnitt. ' ,


Bom Verfahren im ordentlichen Prozeß. )
In welchem Umfange die in Betreff desselben in der A. G. O. gege
benen Vorschriften Anwendung finden,
ß. 89. Das in der A. G. O. vorgeschriebene ordentliche Prozeßverfahren findet
1) ausschließlich und für den ganzen Prozeß Anwendung in allen Rechtsstreitig
keiten, welche nicht dem Mandats- oder Bagatcll- «der summarischen Prozeß
überwiesen sind, und welche auch nicht nach dem im Gesetze vom 9. Febr.
1817 vorgeschriebenen Verfahren verhandelt werden (Abschn. 6);
2) für einen Theil des Prozesses und zwar von dem Zeitpunkte der Umleitung an,
und in Bezug auf alle von diesem Zeitpunkt bis zur Aktenweglegung vorgenom
menen Verhandlungen und Prozeßakte in denjenigen Rechtsstreitigkeiten, welche
im summarischen Prozeß, oder im Großherz. Posen nach dem Verfahren des
Ges. vom 9. Febr. 1817 verhandelt wurden, jedoch später zum ordentlichen
Verfahren verwiesen werden.
3) Als Aushilfe gelten die Vorschriften der A. G. O. I. Tit. 1—25 auch im Man
dats- und im summarischen Prozeß, sowie beim Verfahren in Bagatellsachen
und im öffentlichen Prozeßverfahren des Ges. vom 9. Febr. 1817 da, wo die
für diese Prozeßformen gegebenen Gesetze nicht abweichende Bestimmungen ent-
') Das Prozeßverfahren nach der A. G. O. war früher Regel, der in demselben
vorgeschriebene Prozeß daher der ordentliche. Diese Benennung ist jetzt beibe
halten, wenn auch in Folge der neueren Prozeßgesetze die nach der A. G. O.
zu verhandelnden Prozesse der Zahl nach die bei Weitem geringeren sind.
157
halten. — §. 7, 74 de« Ges. vom 1. Juni 1833. — §. 3 der Berordn. vom
9. Febr. 1817. GS. S. 37.
Einzelne Modifikationen des ordentlichen Prozeßverfahrens bei glwissen Prozeß
arten werden unten im zehnten und eilften Titel vorkommen.

Verordnung auf die Klage.


g. 90. Ist eine gemäß Z. 53 geprüfte und vollständig und begründet erachtete
Klage zur Einleitung im ordentlichen Prozeßverfahren geeignet, so hat der Dezer
nent zugleich, da hiervon auf der einen Seite die Beschleunigung, sowie auf der
andern die Gründlichkeit und Vollständigkeit der Instruktion besonders mit abhän
gen, mit vorzüglicher Aufmerksamkeit und aufs Reiflichste zu prüfen : ob sogleich
Termin zur Instruktion der Sache, oder zuförderst Termin zur bloßen Klagcbeant-
wortung anzusetzen. Erstercs ist bei minder weitläufigen oder verwickelten Prozeß-
suchen,') letzteres aber besonders dann zu wählen, wenn aus der Beschaffenheit der
Umstände, oder aus dem Inhalt der Klage und des Jnformationsprotokolls sich
ergiebt, daß die Sache einer vorzüglich weitläufigen Erörterung bedürfen werde,
indem entweder der Grund der Klage auf mannigfaltigen, zusammengesetzten unb
verwickelten Thatsachen beruhet, zu deren Aufklärung eine umständliche AuSeinan»
Versetzung und förmliche Beweisaufnahme erforderlich sein dürfte, oder daß der
Beklagte wahrscheinlich dergleichen weit aussehende Einwendungen dem Ansprüche
des Klägers entgegensetzen werde. Wenn Anfangs in der Voraussetzung, daß die
Sache keiner weitläufigen Erörterung bedürfen werde, sofort Termin zur Jnftruk,
tion angesetzt worden; in der Folge aber aus vorläufigen Anzeigen des Beklagten,
oder sonst, sich hervorthut, daß die dem ersten Anfthn nach einfache und wenig
verwickelte Sache durch weitaussehende Einwendungen, durch Litisdenunziationen,
durch verwickelte aus eben dem Geschäfte, wie die Klage, herrührende Gegenforde
rungen u. s. w. eine weitläufigere Erörterung, als die Klage vermuthen ließ, noth-
wendig mache; so kann der Richter den anfänglich zur Instruktion überhaupt ange
setzten Termin nunmehr blos auf die Beantwortung der Klage richten; er muß
aber dem Kläger sofort davon Nachricht geben, damit er sich allenfalls die Kosten
der Terminsreise spare. — Wird nun
I. blos Termin zur Klagebeantwortung angesetzt, so erfolgt nur die Vorla
dung des Beklagten. In der Vorladung, mit welcher ihm zugleich die Klage und
deren Beilagen in Abschrist vollständig zugefertigt werden, ist ihm
I) aufzugeben, den Kläger seinem Antrage gemäß zu befriedigen und klaglos zu
stellen, oder wenn er sich dazu nicht verpflichtet halte, dem Gericht innerhalb
einer zu bestimmenden Frist davon Anzeige zu machen, und in dem am Ende
dieser Frist anzusetzenden Termine vor dem zu benennenden Gerichtsdeputirten
Behufs Vernehmung über den Inhalt der Klage und die darin angegebenen
Thatsachen entweder in Perfon oder durch einen zulässigen Bevollmächtigten zu
erscheinen und alle zur vollständigen Erörterung der Sache gehörige Nachrichten
nach seiner besten Wissenschaft, der Wahrheit gemäß, mitzutheilen; auch alle
') Nach einem Reskript vom 10. August 1330 (Gräff, Koch ,e. Erg. III. S. 162)
hat der Richter selbst in einfachen Prozeßsachen die Bcfugniß, einen bloßen
Klagebeantwortungstermin anzusetzen, wenn er nach der bei ihm gemachten Er
fahrung gesunden, daß die meisten bei ihm verhandelten einfachen Prozesse sich
mit Kontumazialbescheiden oder Agnitionsresolutioncn endigen. Der Grund ist
dann Kostensparung, da beim Nichterscheinen des Beklagten oder bei dessen Zu-
geständniß es im gewöhnlichen Prozesse eines nochmaligen Antrags des Klägers
zur Abfassung des Kontumazial- oder AgnitionshescheidcS nicht bedarf. —
^ zc. <s. s. I. 8, z. g und 15.
158
etwa in seine» Händen befindlichen Urkunden «nd andere Schriften, die zur
Aufklärung der Sache etwas beitragen können, mit zur Stelle zu bringen;
2) wenn auö der Klage oder dem Jnformationsprotokoll sich ergiebt, daß Beklag
ter sich wahrfcheinlich im Falle befinden werde, die Herausgabe eines Dokuments
vom Kläger oder einem Dritten zu verlangen, oder eine Litisdenunziation anzu
bringen, oder sonst auf Zuziehung oder Vorladung eines Dritten anzutragen,
so muß ihm zugleich angedeutet werden, daß er das Erforderliche zeitig vor dem
Termin beim Gericht nachsuchen müsse. Endlich
ä) muß dem Befehl die Warnung beigefügt werden, daß, wenn Beklagter sich in
nerhalb der bestimmten Frist nicht melden, und auch in dem anberaumten Ter
mine ungehorsam außen bleiben würde, ihm nicht nur sämmtliche Kosten zur
Last fallen, sondern anch die in der Klage vorgetragenen Thatsachen für richtig
angenommen, und darauf das, was nach diesen Thatsachen und den Gesetzen
Rechtens sei, wider ihn festgesetzt, auch auf ferneres Ansuchen des Klägers mit
der Exekution verfahren werden solle.
Möger oder dessen Bevollmächtigter erhält Abschrift dieser Verfügung zur
Nachricht (ohne Behändigungsschein). ,' .
II. Erfolgt dagegen auf die Klage sofort Termin zur Klagebcantwortung und
Fnstrllktion; so werden dazu der Beklagte und der Kläger vorgeladen. Der an
Beklagten nach Borstehendem zu fassenden Vorladung wird zugleich beigefügt, daß
der Termin auch zur weiteren rechtlichen Verhandlung anstehe.
In der an Kläger zu erlassenden Vorladung wird
1) demselben aufgegeben, alle noch etwa hinter ihm befindliche oder in der Zwischen
zeit ihm noch bekannt werdende Nachrichten und Urkunden, welche zur Aufklä
rung der Sache etwas beitragen konnten, mit zur Stelle zu bringen; ferner
2) Mb, wenn etwa an der Klage solche Mängel zu rügen, welche die Fortsetzung
' "der Sache nicht aufhalten (es. g. 53, II. Nr. 1), die zur Abhelfung dieser
Mängel nöthigcn Verfügungen in der Vorladung zu treffen; endlich wird
S) die Warnung beigefügt, daß, wenn Kläger im anberaumten Termine ungehorsam
ausbliebe, die Akten auf seine Kosten weggelegt werden würden.
Im Übrigen gilt von Abfassung und Zustellung der Borladungen das oben
§. SS—S9 Gesagte. — I. 6, §. 11—1«; Anh. Z. S« A. G. O. -

Bon Ansehung der Termine.


Z. 91. Bei kollegialischcn Gerichten muß im ordentlichen Prozeß ein vom De
zernenten verschiedener, Deputirter gewählt werden, welcher die Instruktion der
Sache leitet. Diesem Deputirten ist das Konzept der nach z. 9« erlassenen Ver
ordnung Vorzulegen, und er hat den einzurückenden Termin nach Datum und
Stunde darauf zu setzen. Dabei und überhaupt bei Einrückung der Termine in
Prozeßsachen haben die Deputirten folgendes zu beobachten:
1) Kein Termin darf auf einen Sonntag oder Festtag, und wenn Juden erscheinen
sollen, auf einen jüdischen Sabbath oder Feiertag angesetzt werden. Ist es aus
Versehen dennoch geschehen, so ist darunter der nächstfolgende Werkettag, «nd
wenn die Verordnung »or das versammelte Gericht ladet, der folgende Gerichts
tag (SeffionStag) zu verstehen. DK durch solche Versehen dm Parteien erwach
senen Reise- und Jehrungskosten trägt der irrenbe Deputirte. — Auch in
Wechsel-, Alimenten- und Arrestsachen findet keine Ausnahme statt. Nur, wenn
vo« einem schlesnigen und dringenden Arreste die Rede ist, dessen Anlegung und
Rechtfertigung ohne die höchste Gefahr nicht ausgefetzt werden kann, ist es er
laubt, das Geschäft auch an einem Sonn« »nd Festtage vorzunehmen/. Jedoch
159
muß alsdann aller öffentliche Anstoß und jede Störung des Gottesdienstes mit
möglichster Vorficht vermieden werden.
2) Bei Bestimmung der Termine muß stets auf die Entfernung der Vorzuladenden,
also namentlich auf die bis zur Bchändigung nöthige Zeit; ferner auf den etwa
wegen Weitläufigkeit und Wichtigkeit der Sache zur Vorbereitung Seiten« de«
Vorgeladenen erforderlichen minderen oder größeren Aufenthalt; auf etwaige
persönliche Verhältnisse der Parteien, als Krankheit, hohes Alter, Amts- oder
Berufsgeschäfte, und auf ähnliche Umstände Rücksicht genommen werden. —
Der Klagebeontwortungs- und resp. Jnstruktionßtermin ins Besondere soll, falls
nicht etwa eine, vorzügliche Beschleunigung erfordernde, Prozcßart vorliegt, nicht
leicht unter 4 Wochen vom Tage der Verordnung ab gerechnet, und nicht über
8 Woche» hinsusgerückt werden. Fernere Termine können und müssen kürzer
anberaumt werden.
3) Sind Assistenten oder Zustizkommissaricn im Termine zuzuziehn, so soll der De-
putirte mit ihnen über den anzusetzenden Termin Rücksprache nehmen, und einen
solchen Zeitpunkt auswählen, in welchem keiner von ihnen an der gehörigen Ab«
Wartung des Termins verhindert wird.
4) Kein Dexutirter darf in mehr als einer Prozeßfache auf denselben Tag Termin
ansetzen, wenn nicht etwa wegen Geringfügigkeit der Verhandlung, z. B. wenn
blos eine Erklärung von einer Partei aufzunehmen, zuvcrlässig anzunehmen,
daß er die mehren anzusetzenden Termine gehörig abzuwarten im Stande sei.
Ist aus der Beschaffenheit der Sache vorauszusehen, daß zur Verhandlung mehr
als ein Tag erforderlich sein werde, so muß der Gerichtsdeputirte bei Einrü-
ckung des Termins sich dergestalt einrichten, daß ihm nicht nur derselbe Nach
mittag, sondern auch der nächstfolgende ganze Tag zur ununterbrochenen Fort
setzung der Verhandlungen frei bleibe.
5) Der Deputirte muß gleich, wie die Assistenten und Mandatare, die Termine
gehörig vermerken, damit er nicht darauf vergesse, und sich dazu gehörig vorbe
reite. Wird ein Termin durch seine Fahrlässigkeit vereitelt, so trägt er die
Terminskosten, ist der verletzten Partei zum Schadensersatz verpflichtet, und hat
Verweis, und im Wiederholungsfalle Ordnungsstrafe verwirkt. — A. G. O. I. 8,
z. I—7; Tit. 9, §. 26; Tit. 10, §.6 fg.; Anh. §.62. — Ref. vom 9. Mai 1823.
Gröff, Koch ,c. Erg. IU. S. 189. — Ref. vom 1. Jan. 184«. I. M. B. S. 23.
Bon Verlegung der KlagcbeantwortungStermine.
Z. 92. I. Ist Beklagter genöthigt, die Verlegung des Klagcbeantwortungs-
terminS nachzusuchen, so muß er sein Gesuch so zeitig bei den Akten einreichen,
damit bei bewilligter Terminsverlegung der etwa mit vorgeladene Gegner davon
vor dem Termin Kenntniß erlange, und sich die Kosten der TerminSabwartung
sparen kann. Fällt dein Beklagten deshalb eine Verspätung zur Last, so muß er
den Gegner wegen der dadurch gehabten Kosten entschädigen. Beklagter kann, um
in dieser Hinsicht den nachtheiligen Folgen eines zu kurz vor dem Termin einge
reichten Prorogationsgesuchs vorzubeugen, dem Gegner von diesem unmittelbar in
Kenntniß setzen. — «. T. S. !. 8, §. 2«, 21.
II. Behuf« Begründung de« Prorogationsgesuchs reicht eS
1) beim ersten Klagebeantwortungs « resp. Jnftruktionstermin hin, wenn baj
obwaltende Hinderniß nur bestimmt angezeigt, und an sich von dem Richter
nicht unerheblich befunden wird. Eine besondere Bescheinigung darüber ist in
der Regel') nicht erforderlich.
') Die Ausnahmen sind bei einzelnen Titel 1« erwähnten Prozeßartxn angeführt.
16«
2) Bei ferneren Prorogationen muß, s) wenn der Grund desselben ein in der
Person des Beklagten sich ereignendes Hinderniß ist, die Richtigkeit dieses Grun
des, sofern nicht Notorietät obwaltet, durch glaubwürdige Atteste bescheinigt
werden. Wird die Bescheinigung nicht beigefügt, die Ursache aber an sich er
heblich, auch nicht unwahrscheinlich gefunden j so muß zwar das Erforderliche
wegen Prorogation verfügt, zugleich aber der Partei die Beibringung der Be
scheinigung anbefohlen, und wenn diese von ihr nicht beschafft werden kann, die
Unrichtigkeit ihrer Angabe mit 5 bis 20 Thlr. Ordnungsstrafe geahndet werden.
In dem erwähnten Falle, sowie überhaupt, wenn das angeführte Hinderniß für
erheblich erachtet wird, muß der Termin vcrlegt, zugleich aber reiflich erwogen
werden: ob und was zu verfügen sei, um den ferneren Aufenthalt in der Sache
^, zu verhüten und abzuschneiden. Ist z. B. das Hinderniß Krankheit, so muß
sorgfältig erwogen werden, ob mit Rücksicht auf die nach dem ärztlichen Atteste
etwa bald zu erwartende Genesung der Termin an der Gerichtsstelle zu wieder
holen, oder ob die Vernehmung am Aufenthaltsorte des Beklagten vorzunehmen,
oder ob dieser zur Wahl eines Bevollmächtigten anzuweisen sei. d) Liegt der
Grund der nachgesuchten Verlegung in der Sache selbst, nämlich darin, daß der
Beklagte die erforderlichen Nachrichten zur Beantwortung der Klage noch nicht
hat zusammenbringen können, so muß derselbe genau und bestimmt anzeigen:
worin der Mangel eigentlich bestehe; ob und in wie fern die Ursache davon in
der Weitläufigkeit der Sache, in der allzugroßen Entfernung des Beklagten vom
Gerichtssitz, oder vom Orte, wo die erforderlichen Nachrichten eingezogen werden
müssen, oder in andern äußern zufälligen und unvermeidlichen Umständen liege,
und was er gethan habe, um diese Nachrichten herbeizuschaffen, und sich dadurch
in den Stand zu setzen, daß die Beantwortung der Klage in dem neuen Ter
mine ohne abermaligen Aufenthalt aufgenommen, sodann aber mit der ferneren
Instruktion verfahren werden könne? — Findet demnächst das Gericht nach
reiflicher Prüfung den angezeigten Mangel dergestalt für erheblich, daß ihm vor
dem ferneren Fortgang der Instruktion abgeholfen werden muß, so muß es die
erbetene Nachricht bewilligen, und die etwa zur leichteren und schleunigen He-
> bung des Hindernisses zweckdienlichen Maßregeln an die Hand geben. Erachtet
das Gericht aber den angezeigten Anstand für unerheblich, oder nur zum Ver
schleif der Sache hervorgesucht, so muß Beklagter bedeutet und zu einem mög
lichst nahen Termin unter der Warnung vorgeladen werden, daß, wenn er auch
in diesem nicht gehörig erscheinen und sich einlassen würde, alsdann ohne alle
fernere Nachsicht in contumseism wider ihn verfahren werden solle.
3) Wegen eines Hindernisses in der Person des Bevollmächtigten findet der Regel
nach keine Prorogation statt. Dieser muß vielmehr einen Substituten senden,
oder seinen Mandanten zur Wahl eines andern Bevollmächtigten veranlassen.
Sucht der vom Beklagten bevollmächtigte Justizkommissar aus andern Gründen
Terminsverlegung nach, so kommen zwar vorstehende Vorschriften Nr. 1 und 2
ebenfalls zur Anwendung. Der Justizkommissar muß jedoch überdies dem Ge
suche seine Mnnualakten beifügen. Der Dezernent hat nach diesen die Richtig
keit und Erheblichkeit des angeführten Prorogationsgrundes mit genauester Auf
merksamkeit zu prüfen, und demnächst das zur Förderung der Sache und zur
. . Vorbeugung ferneren Verzugs Nöthige zu veranlassen. Demgemäß muß s) wenn
der Grund in der Sache selbst liegt, ohne daß irgend Jemanden dabei eine
Schuld oder Nachlässigkeit beigemessen werden kann, dem Prorogationsgesuche
' ' unbedenklich gewillfahrt werden, d) Liegt der Grund im Mangel an Infor
mation, dieser betrifft aber nur einen Nebenumstand, welcher noch im Laufe der
. , Instruktion nachgeholt werden kann, so ist mit Aufnahme der Klagebeantwor
161
tung zu verfahren, c) Trägt der Justizkommissar die Schuld des Aufenthalts,
so muß zwar die Prorogation bewilligt, der Justizkommissar aber zurechtge
wiesen, unter Uniständen sogar bestraft, und ihm nöthigenfalls bestimmt ange
deutet werden, was er zur ungesäumten Beschaffung der Information zu thun
habe. 6) Liegt die Schuld an der Partei, und äußert sich dabei ein Vorsatz
zum Vcrschleif der Sache, so muß mit Vcrsagung der gebetenen Prorogation
wider sie in contumaciam verfahren werden. «) Scheint es nicht sowohl
Borsatz, als Nachlässigkeit und Sorglosigkeit der Partei zu sein, wodurch sie
abgehalten worden, ihrem Mandatar Information zu geben, so muß nach Bc-
wandniß der Umstände, nach dem sich ergebenden Grade der Verschuldung, und
je nachdem schon mehre Prorogationen nachgesucht und bewilligt worden oder
nicht, entweder ebenfalls in contumaciam verfahren, oder die Prorogation
zwar zugestanden, zugleich aber die Partei vom Richter unmittelbar und schriftlich
bedeutet, zur unverzüglichen Jnformationsertheilung, nöthigenfalls mit bestimmter
Bemerkung der fraglichen Umstände, ernstlich angewiesen, allenfalls auch wegen
bewiesener grober Saumseligkeit mit 5 bis tv Thlr. Ordnungsstrafe belegt, und
derselben jedenfalls eröffnet werden, daß bei ferncrem fruchtlosen Ablauf der
Rachfrist ohne weitere Rücksicht in contumaciam wider sie verfahren werden
ftUe. — a. a. O. §. 22—Z».
III. Wege» eines Hindernisses in der Person des inftruircnden Richters darf
kein Termin prorogirt «der verschoben werden. Derselbe muß vielmehr ein solches
Hinderniß dem Gerichtsdirigenten zur Bestellung eines Substituten rechtszeitig an
zeigen. Ereignet sich im Laufe der bereits begonnenen Instruktion ein solches nur
vorübergehendes Hinderniß, so kann mit Bewilligung der Parteien der Termin auf
höchstens 2 bis 3 Tage verschoben werden. Jnstruenten, welche aus Mangel an
Nachdenken und Überlegung oder aus andern Gründen zu viel Termine auf einen
Tag angefetzt, und dadurch zu Prorogationen selbst Anlaß gegeben haben, sind den
Parteien nicht nur zur SchadloShaltung verpflichtet, sondern auch straffällig. —
a. a. O. §. ZU.
Verhandlung im Klagebeantwortungstermin.
Kontumazial- und Agnitionsresolution.
§. 93. I. Erscheint Beklagter im Termine, dieser mag blos zur Klagebcant-
wortung oder zugleich zur Instruktion angesetzt sein, gar nicht, und hat auch nicht
Verlegung des Termins nachgesucht und erlangt, so wird über das Ausbleiben ein
Protokoll aufgenommen. Der Termin währt, wenn er am Vormittage ansteht,
bis 12 Uhr, und wenn er am Nachmittage angesetzt ist, bis 5 Uhr. Erst nach
Ablauf dieser Endpunkte treten im ordentlichen Prozeß die Kontumazialfolgen ein,
und es kann daher das über das Ausbleiben lautende Protokoll erst mit diesem
Zeitpunkt aufgenommen werden. Dennoch müssen Parteien, ihre Vertreter und der
Deputirte zu der in der Vorladung bestimmten Tcrminsstundc sich am Termins
orte einfinden. Wer länger als eine Stunde auf sich warten läßt, muß, wenn
dadurch der Termin vereitelt wird, oder wegen Zeitverkaufs, die Verhandlung vor
ihrer gänzlichen Beendigung abgebrochen werden muß, die daraus erwachsenden
Mehrkosten tragen.
Das Kontumazialprotoroll wird zur Registratur, und von da an den Dezcr«
nenten befördert, welcher darüber in der nächsten Gerichtssitzung Vortrag hält.
Ist die Behändigung der an den Beklagten erlassenen Vorladung gehörig nachge
wiesen, so wird Kontumazialerkenntniß beschlossen, darin Beklagter der in der
Klage enthaltenen Thatsachen in contumaciam für geständig und überwiesen
erklärt, und deutlich und bestimmt festgesetzt, was ex nach Borschrift d?r Gk«
u
162
fetze') dem Kläger an Kapital, Zinsen und Kosten zu bezahlen schuldig, oder wozu
der Kläger nunmehr für berechtigt zu achten sei. — Die Zufertigung dieses UrtelS
erfolgt auf die im Abschn. 7 d. T. vorgeschriebene Art. — A. G. O. I. 8,
z. 8—12.
Sind mehre Verklagte vorhanden, und es bleibt einer oder einige derselben
aus, so kann,
s) wenn Beklagte Theilnehmer ein und derselben Verpflichtung sind, oder wenn die
erschienenen mit den ausgebliebenen Verklagten gleiche Gründe zur Rechtferti
gung der gegen den Klagcanspruch erhobenen Einwendungen haben, das Er-
kenntniß nicht getrennt, es muß vielmehr auch gegen die Nichterschienenen so
lange ausgesetzt bleibm, bis die Sache gegen die übrigen Litiskonsorten spruchreif
geworden ist.
d) Ist dagegen von solchen Theilnehmern die Rede, bei welchen eine Klagekumu
lation zwar wegen Gleichheit des Rechtsverhältnisses zulässig (oben g. 17, S. 33),
aber kein wahres Litiskonsortium vorhanden, so ist gegen die ausgebliebenen
Beklagten sofort in eontumseism zu erkennen, wenn Kläger darauf anträgt. —
Res. vom 7. Juli 1837. Jahrb. 50, S. 101. GrSff, 12, S. 122.
II. Steht der Termin zur Klagebeantwortung und zugleich zur Instruktion
an, und Kläger bleibt aus, ohne daß er vorher zu erkennen gegeben hat, daß er
die Sache fortsetzen wolle; so wird der gestellten Warnung gemäß angenommen,
daß er sich der Fortsetzung des Prozesses begebe. Es wird ein Vermerk über fein
Ausbleiben zu Protokoll gesetzt, und demnächst Aktenreposition verfügt. Hat er
durch Prorogationsgesuch oder sonst zu erkennen gegeben, daß er Fortsetzung des
Prozesses wolle, so wird im Termin mit Aufnahme der Klagebeantwortung oder
der sonstigen Erklärung des Beklagten verfahren. — K. 1 und 42, Tit. 9, 1. A. G. O.
III. Erscheint Beklagter, so wird er über den Klagcanspruch vernommen:
Z) Räumt er denselben durchgehends ein, so wird ein Protokoll darüber aufgenom
men, und ihm zur Vollziehung vorgelegt. Giebt aber der Mandatar des Be
klagten ein solches Jugeständniß für diesen ab, so muß er nicht allein mit Vollmacht
überhaupt legitimirt sein, sondern es muß auch sein Auftrag zu einer solchen Erklä
rung entweder aus der Vollmacht selbst, oder aus Briefen, Instruktionen u. s. w.,
welche der Bevollmächtigte zu den Akten geben muß, hinlänglich erhellen.
Auf Grund des aufgenommenen Protokolls wird in der nächsten Gerichts
sitzung eine Resolution abgefaßt, und darin deutlich und bestimmt festgesetzt,
was Beklagter dem Kläger zu leisten oder zu zahlen habe, oder wozu Kläger
berechtigt sei. Die Zufertigung dieser, die Kraft eines Erkenntnisses erlan
genden Resolution geschieht in derselben Art, wie andere Erkenntnisse. «)
Da der Anspruch des Klägers nach den Gesetzen geprüft werden muß, so folgt
daraus, daß, wenn er nach dcm nun gefaßten Beschlüsse rechtlich nicht begrün
det erscheint, Kläger, des ungehorsamen Ausbleibens des Beklagten ungeachtet,
damit abgewiesen werden muß.
2) Die A. G. O. verlangt im z. 11, Tit. 8, I. für Bekl. nur die Zufertigung
einer Abschrift des Kontumazialurtels, und der Ober-Appcllationssenat des
Kammergerichts erachtete dies durch Urtel 6e publ. den 14. Sept. 1838
(Jur. Woch. 1839, S. 528 fg.) in einem svcziellen Falle auch für ausreichend.
Nach den neueren Gesetzen (Verordn. vom 5. Mai 1838, z. 5 und 6, und
Jnstr. vom 7. April 1839, Nr. 42, 43) muß jedoch dem einen Beklagten un
bedenklich eine Ausfertigung zugestellt werden, wenn die Publikation rite
erfolgt sein soll.
s) Gegen Agnitionsresolutionen sind alle Einwendungen zulässig, welche gegen ge
richtliche Anerkenntnisse überhaupt stattfinden. Diese Einwendungen können,
so lange sie nicht verjährt sind, sowohl durch Klage, als zum Schutze gegen
Vttkutionen geltend gemacht werden. — Gesetzrevision Pens. lV , Th. S, S,
l63
Geht ei» vom Beklagten vor einem andern Gericht oder vor einer sonstigen
öffentliche» Behörde abgegebenes ganz vollständiges und unbedingtes Anerkenntniß
ein, so wird auch auf Grund desselben Agnitionsresolution abgefaßt. Eine bloße
schriftliche Privatcrklärung ist jedoch dazu nicht hinreichend. Diese wird viel
mehr dem Kläger zur Erklärung mitgetheilt: ob er sich dabei beruhigen, und
Aktenweglegung nachsuchen, oder ob er auf gerichtliche Wiederholung des Privat-
anerkenntnisses dringen wolle. >)
2) Erklärt sich der Beklagte über den Anspruch des Klägers nicht deutlich und
bestimmt genug, oder macht er dabei Bedingungen oder Vorbehalte, oder nimmt
er nur einen Theil der Forderung, 2) z. B. blos das Kapital, nicht aber die
Zinsen, «der diese nur nach einem späteren Termine oder geringeren Satze als,
richtig an, «der will er den Zahlungstermin weiter hinausgerückt wissen, oder
bezweifelt er die geforderte Münzsorte :c., so wird in allen diesen Fällen ange
nommen, daß Beklagter es auf den Prozeß ankommen lasse. Bleiben hiernach
blos Kosten, Zinsen, der Zahlungstermin oder andere dergleichen Nebenforderun-
gen oder Nebenumstände streitig, so muß der Deputirte auf gütliche Beilegung
«der doch möglichste Abkürzung der Sache Bedacht nehmen, und zwischen dem
schon gegenwärtigen, oder sofern er in der Nähe, sogleich herbeizurufenden Klä
ger und dem Beklagten über die streitigen Ncbenpunkte die Sühne versuchen,
oder, falls dies nicht gelingt, die Instruktion, so weit es irgend möglich, noch
in demselben Termin abschließen.
3) Bestreitet der Beklagte den Anspruch durchgehcnds, oder doch in solchen Theilen,
welche keine Nebenpunkte sind, und läßt er es auf den Prozeß ankommen, sg
erfolgt die Aufnahme der Klagcbeantwortung. — ß. 13—19, I. 8 A. G. O.
Fortsetzung.
Aufnahme der Klagebeantwortung und deren Inhalt.
K. 94. I. Läßt sich der Beklagte auf den Prozeß ein, so muß der Deputirte
von ihm Behufs Aufnahme der Klagebeantwortung über alle zur Sache gehörigen
Thatsachen und Umstände die genaueste und gründlichste Information eiuziehen, und
darüber allenfalls, besonders, wenn blos zur Klagebeantwortung Termin ansteht,
ein Jnformationsprotokoll aufnehmen. — A. G. O. I. 9, Z. 1, 15.
Bei Einziehung dieser Information hat der Deputirte ins Besondere Nachste
hendes zu berücksichtigen:«)
1) er muß nachforschen, ob dem Beklagten eine der Z. ö«, I. Nr. 1, 2, 6, 7, 8, 1«,
11 und 12 erwähnten Einreden zustehe, also:
s) ob der Prozeß auch vor das Gericht gehöre;
> ) Erscheint Beklagter in dem dazu angesetzten Termine nicht, so kann das Pri-
vatanerkenntniß nicht in eontumaeism für richtig angenommen, es muß viel
mehr Kontumazialurtel abgefaßt werden.
2) In Betreff des anerkannten Thcils der Forderung kann nur da, wo die Ge
setze es ausdrücklich vorschreiben, wie z. B. beim Pacht-, Mieths- und Rech-
nungsprozeß, eine vorläufige Agnitoria abgefaßt werden. — Res. vom 4.
Nov. 1835, in Gräff :c. Erg. III. S. 19«.
») Zieht ein Bevollmächtigter von seiner Partei Behufs Klagcbeantwortung In
formation ein, so hat er gleiche Pflichten.
«) Der Einwand der Inkompetenz ist von Amtswegen zu berücksichtigen und zu
erforschen. Überzeugt sich der Richter von seiner Inkompetenz, so muß er in
jedem Stadio des Prozesses die Sache dem kompetenten Richter zustellen. Ein
Erkenntniß ist dazu nicht erforderlich. Gegenstand der Gründe des Erkennt
nisses kann dieser Einwand dann werden, wenn der erkennende Richter sich
für kompetent hält, und eine der Parteien den Einwand der Inkompetenz bis
zum Spruche erhoben und verfolgt hat. Hält der Richter, welcher, erkennen
11
l6ä
K) ob die Sache bereits bei einem andern Richter anhängig;
e) «b Kläger zur Klage legitimirt sei;
6) ob Seitens des Klägers oder
e) Seitens des Beklagten mehre Interessenten vorhanden, welche beim Prozeß
zuzuziehn;
L) ob etwa nicht zn früh geklagt sei, oder
ß) ob Kläger erst einen Prinzipalschuldner belangen müsse, und
K) ob der Fall vorliege, in welchem Kläger Kaution stellen muß; ferner
j) ob vielleicht Beklagter gegen die Person des Richters rechtmäßige Einwen
dungen habe (oben S. 64, Nr. 4).
2) Er muß dem Beklagten eine getreue und ausführliche Erzählung von der That-
sachc, dem Geschäft oder der Verhandlung, woraus der Prozeß und der Anspruch
des Klägers entspringt, abfordern, dieselbe mit der vom Kläger vorgetragenen
speeies facti sorgfältig vergleichen, den Inhalt dicfer Letztern dem Beklagten
Punkt für Punkt vorhalten, und bei jedem auf eine genaue, deutliche und be
stimmte Antwort dringen; solchergestalt aber, was am Klagcgrunde zugestanden
oder abgeleugnet werde, richtig auseinander setzen.
S) Er hat über alle von der Erzählung des Klägers abweichende Umstände in Gc-
mäßheit des Z. 5V, I. Nr. 13 vom Beklagten Beweismittel zu erfordern, und
wenn diese in Urkunden bestehen, darauf zu dringen, daß dicfe sofort herbeige
schafft werden, oder doch daß er angebe, wo dieselben bcsmdlich, und von wem
also die Edition zu fordern sei.
4) Beklagter muß über die Beweismittel des Klägers vernommen werden : ob und
was er in Ansehung ihrer Richtigkeit, Giltigkcit oder Beweiskraft zu erinnern
habe. — Beruhen die Erinnerungen auf Thatsachen, so muß der Jnstrucnt
sich diese gehörig auseinandersetzen und für den Leugnungsfall Beweismittel
dafür bestimmt anzeigen lassen.
L) Beklagter ist über die, den Anspruch des Klägers etwa ganz oder theilweise
aufhebenden Einwendungen') zu befragen, z. B. ob die Schuld durch Zahlung,
Vergleich oder Entsagung getilgt, oder durch rechtskräftige Entscheidung oder
Verjährung beseitigt sei u. s. w. Dabei müssen die Thatsachcn, auf welche die
Einwendungen gestützt werde», umständlich und deutlich auseinandergesetzt und
mit Beweismitteln unterstützt, auch, wen» diese in Urkunden bestehen, dieselben,
ungesäumt herbeigeschafft werden.
L) In Fällen, wo der Termin lediglich zur Klagebeantwortung ansteht, muß der
Deputirte die etwaigen Einreden, welche Kläger gegen die Anführungen des Be
klagten erheben könnte, zu erforschen suchen, und den Beklagten darüber hören:
wie er dieselben zu widerlegen gedenke; diesen auch, falls er darauf noch nnht
gefaßt fein sollte, Mit deutlicher und bestimmter Anweisung : was er deshalb thun,
wonach er sich erkundigen, was er aussuchen und herbeischaffen müsse, versehen.
7) Der Jnstrucnt muß ferner untersuchen: ob Jemand Behufs Aufklärung der
Sache mit vorzuladen, «der ob eine Litisdenunziation anzubringen sei? Die
dahin einschlagenden Kbatsachen find alsdann, sammt der Angabe der Beweis-
soll, sich nicht für kompetent, so faßt er darüber kein Erkenntmß ab, sondern
weiset die Sache mittels Resoluts an dm kompetenten Richter. Nur, wem,
die bereits zum Spruch vorliegende Sache als zum Rechtswege gar nicht ge
eignet erachtet wird, erfolgt der Ausspruch darüber, sofern nicht etwa Kompe-
tenzkonflikt inzwischen erhoben ist, durch Erkenntniß. — Ls. übrigens das Res.
vom S. Sept. 1827, in Gräff, Koch ,c. Erg. III. S. 191, und Res. vom
1. Sept. 1837, im jur. Wochenbl. 1837, S. 823.
') In der A, G. O, sind diese Einwendungen auch pexemtsxifche genannt.
163
mittel, gleich allen übrigen richtig aufzunehmen, und vollständig auseinander
zu setzen.
«) Gleiches findet statt, wenn dcm Beklagten Gegenforderungen zustehen.
9) Wo es nothwendig erscheint, muß der Dcpulirte dc» Beklagten an seine Pflicht,
die Wahrheit zu sagen, und an die Strafen des frevelhaften Leugnens und Lü
gens vor Gericht erinnern; ihm etwaige Unwahrscheinlichkeitcn in seinen Erzäh-
lungcn und die gegen seine Beweismittel sich äußernden Anstände freimüthig
vorhalten; auch ihm, wenn er keinen Rechtsbcistand hat, die einschlagenden Ge
setze bekannt machen.
10) Auf die aus dem Vortrage des Beklagten oder aus dessen Vcrglcichung mit der
Geschichtserzählung des Klägers sich für Beklagten ergebenden Rechtsausslüchte
(exesNivnes ^»ris), oder Rechtswohlthaten muß der Deputirte von Amtswegen
Rücksicht nehmen, und die zu deren Unterstützung oder Beseitigung dienenden
Thatsochcn und Umstände mit aller Sorgfalt und Treue ermitteln. Dies liegt
ihm um so mehr ob, als selbst dann, wen» die Akten bereits zum Spruch vor
liegen, jede aus dem entwickelten Fakto zu folgernde Rcchtsausflucht, z. B. Ver
jährung, von Amtswegen gerügt, und die Vernehmung der Parteien darüber
vor Abfassung des Erkenntnisses veranlaßt werden muß, wenn sie bei der In
struktion übersehen ist. ') — Doch muß der Jnstruent dabei vorzügliche Vorsicht
und Behutsamkeit anwenden, damit er nicht aus übertriebener Ängstlichkeit oder
übel angebrachter Begierde, mit seinen Kenntnissen in der Rcchtsgelehrsamkeit
zu glänzen, auf Abwege und blos scheinbare Einwendungen verfalle, oder die
Parteien ans Schikanen und Umzüge leite. — K. 26 u. 27 der Einleit. zur
A. G. O. — §, 2—11, «it. 9, I. daf. — Beschl. des Geh. Ober-Trib. vom
14. März 1842. I. M. B. S. ISS. — Res. v. 2S. Mai 1S4I. I. M. B. S. 19«.
II. Sollte sich bei Einziehung der Information vom Beklagten irgend ein
Anstand ereignen, zu dessen Hebung eine richterliche Verfügung nöthig wäre, z. B.
daß eine dritte Person mit vorgeladen, die Edition eines, auch nicht in Abschrift,
hinter Beklagten befindlichen Dokuments vom Kläger oder einem Dritten gefordert j
die Kompetenz des Gerichtsstandes, oder eine obwaltende Prävention, oder ein an
derer dergl. vorläufiger Einwand erörtert werden müßte, so muß der Jnstruent
sofort und noch während der Jnformationseinzichung beim Kollegio auf Erlaß der
deshalb erforderlichen Verfügung antragen. — §. 12, Tit. 9, !. A. G. O.
III. Auf Grund der eingezogenen Information wird die Klagebcantwortung
zu Protokoll niedergeschrieben. Dieselbe muß enthalten:
1) das Faktum, woraus geklagt worden ist, nach der Erzählung des Beklagten
deutlich und umständlich vorgetragen. Dasselbe muß mit der »pocie» iscti des
Klägers Punkt sür Punkt verglichen, und dabei auseinandergesetzt werden, in
welchen Stücken beide Theile einig sind, oder in ihren Erzählungen von einans
der abweichen. Ferner müssen
2) die Einwendungen des Beklagten sowohl gegen die Forderungen des Kläger«
überhaupt, als gegen seine Beweismittel angeführt, und die Thotsachen, worauf
selbige beruhen, eben so deutlich und vollständig vorgetragen werden.
3) Sodann sind die dem Beklagten etwa zu statten kommenden Rechtsausflüchte,
') Nach dem Plen.-Beschl. des Geh. Ober-Trib. vom 14. März 1842 bezieht sich
diese Bestimmung nur auf solche Einwendungen, die zum wenigsten den fakti
schen Klagegrund nicht bestreiten. Sie ist daher nicht anwendbar auf Ein
wendungen (im weitern Sinne), die den Klagegrund selbst treffen. Dahin ge
hört der Fall, wenn der erkennende Richter eine Auslegung eines Kontrakts
zum Nachtheil des Klägers annimmt, welche der Verklagte selbst der Klage
nicht entgegengesetzt hat, worüber sich also die Parteien nicht haben auslassen
können. .. .
166
jedoch nur ganz kurz, und ohne weitere nicht hierher, sondern in die künftige
Deduktion gehörende Ausführung, zu bemerken. Diesem wird
4) ein der Sache u. der Absicht des Beklagten gemäßer Antrag beigefügt. Auch müssen
5) die vom Beklagten angegebenen Beweismittel über sämmtliche angeführte Tat
sachen genau und bestimmt angezeigt, und, wenn es Urkunden sind, dieselben
sofort beigelegt, auch in Betreff der etwa zu verfügenden Edition der Origi-
nalien von den hinter dem Beklagten nur in Abschrift befindlichen Urkunden die
«öthigen Antrage formirt werden. — H. 14, 15 a. a. O.
IV. Die Klagcbeantwortung muß in der Regel, und selbst, wenn Beklagter
lincn rechtsvcrständigc» Bevollmächtigten ernannt hat, vom Deputirten zu Protokoll
genommen, und die Verlegung des Klagebcantwortungstermins darf niemals unter
dem Borwandc einer einzureichenden schriftlichen Klagebeantwortung nachgesucht
«nd bewilligt werden. — Nur
wenn der Deputirte ein Jnformationsxrotokoll aufgenommen hat, kann Be
klagter verlangen, daß die Anfertigung der Beantwortung auf Grund dieses
Protokolls seinem Assistenten oder Bevollmächtigten überlassen werde; und
2) hat Beklagter oder dessen Rcchtsbeistand die Befugniß, vor dem Klagebeantwor
tungstermin eine Eingabe, welche das zur Beantwortung der Klage Nothigc
enthält, einzureichen. Der Rechtsbeistand muß zugleich die Manualakten bei
fügen. Erachtet das Kollegium, auf Bortrag der Sache durch den Dezernenten,
diese Eingabe für eine vollständige Klagebeantworlung, so wird der blos zur
Klagebeantwortung anstehende Termin aufgehoben, und sofort zur Instruktion
Termin angesetzt. — Wird die Eingabe nicht für eine vollständige Klagebeant
wortung erachtet, so dient sie dem Deputirten im Termin blos zur Informa
tion, und wird demnächst dem von demselben aufzunehmenden Klagebeantwor
tungsprotokoll beigefügt. — Z. 15 a. a. O.
V. In dem Falle, wenn zur Klagebeantwortung und zugleich zur Instruktion
Termin ansteht, wird ein Jnformationsxrotokoll in der Regel nicht aufgenommen.
Bald nach Aufnahme der Klagebeantwortung wird Kläger oder dessen Vertreter
herbeigerufen/ mit dem Inhalte der Klagebeantwortung bekannt gemacht, und mit
ihm darüber instruirt («5. §. 1««, II.). Die nach I. Nr. 6 und 9 zu machenden
Bedeutungen und Vorhaltungen kommen in diesem Falle nicht ins Klagcbeantwor-
tungsprotokoll. Der Jnstruent hat sie entweder besonders zu vermerken, oder in die
Manualakten des Assistenten oder Bevollmächtigten des Beklagten vermerken zu lassen.
— §. 14, 15 a. a. O.
VI. Das Jnformationsprotokoll, wo ein solches aufgenommen worden, wird
nach dem beim Gericht Behufs Prüfung der Klagebeantwortung gemachten Ge
brauche bei den Manualakten des Assistenten oder Bevollmächtigten des Beklagten
aufbewahrt. — §. 15 a. a. O.
Verfügung auf das Klagevcantwortungsprotokoll.
I. 95. Das Klagebeantwortungs - nebst dem versiegelten Jnformationspro
tokoll, wenn ein solches aufgenommen worden, wird zur Registratur, und von hier
dem Dezernenten in Vortrag gegeben. Dieser prüft jenes, vergleicht evcntuel beide,
und hält darüber im Kollegio Vortrag. — Ist die Instruktion der Sache mit
Rücksicht aus §. 93 II. Nr. 2 bereits abgeschlossen, so wird die Vorlegung der Akten
zum Spruch verfügt (in sofern nicht etwa das Deduktionsverfahren vorbehalten ist).
Sonst ist die zu erlassende Verfügung hauptsachlich auf Fortsetzung der Instruktion
gerichtet. Finden sich
I. Anstände, denen der Jnstruent oder Bevollmächtigte abhelfen kann, so wird
die Beseitigung unter Bestimmung einer Frist sofort angeordnet.
167
II. Walten andere Anstände ob, die eine Verfügung an eine der Parteien oder
an einen Dritten nöthig machen, sie mögen nun vom Jnftruenten gemäß Z. 94, II.
angezeigt, oder vom Dezernenten entdeckt worden sein, so fragt es sich:
1. ob der Anstand eine vorläufige Einwendung des Beklagten betreffe, wodurch
die Einlassung auf die Klage aufgehalten werden soll, ') z. B. daß nicht in dem
gehörigen Gerichtsstande geklagt worden; daß die Sache schon anderswo rechts
gängig sei; daß es dem Kläger an der erforderlichen Legitimation crmangele u. s. w.
In diesem Falle muß
s) wenn der Anstand durch eine vorläufige Verfügung fofort gehoben werden kann,
diese Verfügung unverzüglich erlassen, und deren schleunige Genügung von Amts
wegen betrieben werden.
b) Kann aber ein solcher Einwand durch eine vorläufige Verfügung nicht sofort
aufgeklärt und beseitigt werden, ist vielmehr zur Erörterung desselben eine förm
liche Untersuchung und Beweisaufnahme nöthig, so muß dadurch die Sache nicht
aufgehalten, sondern die nähere Erörterung des Einwandcs mit zum Jnstruk-
tionstermine verwiesen werden.
2. Besteht der Anstand in einem Mangel an der Vollständigkeit der Nachrichten
über die in der Klage oder deren Beantwortung vorkommenden Thatfache», so muß,
s) wenn das Fehlende zur Vermeidung von Dunkelheit und Verwirrung, oder von
beträchtlichem Aufenthalt und Verzug noch vor dem Instruktionstermin ergänzt
werden muß, das Nöthige zur Hebung des Auslandes vor diesem Termin ver
fügt, und für Genügung dieser Verfügung von Amtswcgen gesorgt werden.
Beispiele sind, wenn noch ein Hauvtdokument zur Aufklärung der bei der Klage
oder einer Einwendung dagegen zum Grunde liegenden Thatfache, von welchem
auch keine Abschrift hat beigebracht werden können, vom Kläger oder einem
Dritten herauszugeben ist; — wenn ohne Vernehmung eines Dritten, welcher
von der Sache nähere Wissenschaft als der Beklagte selbst hat, eine vollständige
spevies tsrti über den Grund der Klage oder einer Einwendung nicht zu
Stande gebracht werden kann; u. s. w.
K) Betrifft der Mangel blos Nebenumstände, z. B. den Namen und Aufenthalt
eines Zeugen, der leicht später ergänzt werden kann, fo muß zwar deshalb das
Erforderliche verfügt, zugleich aber mit Anberaumung des JnftruktionsterminS
verfahren werden. — A. G. O. I. 9, §. 15—24, Tit. 12, §. tt, 20.
III, Wo gar keine oder doch nicht solche Anstände, welche vorerst zu beseitigen
find, obwalten, wird sogleich auf das Klagebeantwortuiigsprotokoll, sonst aber nach
Beseitigung der Anstände Termin vor dem Deputirte» zur Instruktion der Sache
und zum Entwurf des Streitstandes («tstus «antrcnersi»«) angesetzt. Ergicbt
sich aus Vcrgleichung der Klage mit ihrer Beantwortung, daß die Parteien in den
Thatsachen einig sind, und nur darüber: in wie fern daraus das bchauptctc Recht
des Klägers folge? streiten; fo wird der Termin zugleich zum Versuch der Sühne
und zum Schluß der Sache bestimmt.
Zu diesem Termin werden beide Parteien oder refp. ihre Vertreter vorgeladen.
Außer der Angabe des Zwecks des Termins, des Tages und der Stunde, des Orts
der Abhaltung und des Namens des Dcputirten müssen die Vorladungen enthalten:
1) diejenigen Belehrungen, Anweisungen und Bedeutungen, welche der Richter bei
pflichtmäßiger Prüfung der bisherigen Verhandlungen zur vollständigen Borbe-
') Der Revisor der A. G. O. bezeichnet als solche vorläufige Einwendungen auch
folgende: ,i) wenn der Beklagte Ausstellungen gegen die Förmlichkeit der
Klage macht; b) wenn er vom Kläger Kaution für die Kosten verlangt; «)
wenn der Erbe sich auf die Deliberationsfrist beruft, und <I) wenn ein Theil,
bevor er sich auf die vom andern abschriftlich produzirten Urkunden erklärt, die
Vorlegung der Originalien verlangt. — Gesetzrcv. Pens. IV., Th. 3, S. III.
168
reitung der Instruktion für zweckmäßig und für geeignet halt, etwaigen zögern
den Zwischenfällen dadurch vorzubeugen. . >. ,
2) Die Anweisung, die Originatten der von ihnen allegirten oder nur in Abschrift
übergcbenen Dokumente mitzubringen, sich auf die Rekognition oder eidliche
Diffession derselben vorzubereiten, oder die edirt verlangten Dokumente einzu
reichen z auch über die Annahme oder Aurückschiebung der vom Gegner etwa
zugeschobenen Eide ihren Entschluß zu fassen, damit sie im Termin sich deshalb
erklären können.
3) die Anordnung wegen Beseitigung der etwaigen, den Jnstruktionstermin selbst
nicht aufschiebende» Anstände (II. Nr. 1s u. 2K).
Außerdem ist in der an den Kläger zu erlassenden Vorladung,
welcher vollständige Abschrist des Klagcbcantwortungsprotokolls und der Bei
lagen beizufügen,
4) demselben aufzugeben, in sofern er zur Widerlegung und Entkräftung der vom
Beklagten aufgestellten Behauptungen, erhobenen Einwendungen oder angebrach
ten Beweismittel etwas auf Thatsachen Beruhendes fü» sich anzuführen habe,
dieses nebst allen desfallsigcn Beweismitteln so zeitig vor dem Termin anzuzei
gen, daß der Beklagte davon noch früh genug Nachricht erhalten, und sich
darauf hinlänglich vorbereiten könne; und
5) als Warnung beizufügen, ») falls der frühere Termin blos zur Klagebeantwor
tung anstand, daß, wenn er im Termin ungehorsam ausbleibe, die Akten auf
seine Kosten weggelegt würden; b) falls er aber bereits über die Klagcbcant-
wortung gehört worden, daß die Instruktion dennoch in eonlumaeinm fort
gesetzt, und deshalb jede streitige und nicht zu erörternde Thatsache für zuge
standen oder nicht angebracht erachtet werden solle, je nachdem es ihm am
Nachthciligsten sein wird.
In der an den Beklagten zu erlassenden Vorladung ist
6) die vorstehend unter ö b erwähnte Warnung zu stellen. — A. G. O. 1. 9,
S. 25—27, 30—34, 41, 44.
IV. Soll von einem Dritten das Original eines Dokument« beschafft werden, so
wird hier zugleich wegen Erlangung desselben das Erforderliche verfügt. — §.34 a.a.O.
V. Ebenso muß, wenn ein Litisdenunziat vorzuladen ist, gleichzeitig diese Vor
ladung veranlaßt werde». — Z. 35 a. a. O.
Von Zuziehung und Vorladung Sachverständiger zum Jnstruk
tionstermin.
§. 96. I. Wenn aus dem Vortrage der Parteien und den bis dahin verhan
delten Akten sich crgiebt, daß bei Untersuchung und Erörterung des Rechtsstreits
solche Thatsachen vorkommen, deren zuverlässige Beurtheilung nähere Kenntniß und
Übung in einer gewissen Kunst oder Wissenschaft voraussetzt, so muß das Gericht
von Amtswcgen die Verfügung treffen, daß seinem Dcputirten im Jnstrukkionster-
mine ein Sachverständiger beigegeben werde, mit dessen Zuziehung er dergleichen
streitige Thatsachen instruiren, und nach dessen Rath und Gutachten er sowohl bei der
Auseinandersetzung der Sache und Regulirung des Streitstandes, als bei Aufnahme
der Beweismittel verfahren soll. — Z. 38, Tit. 9, I. A. G. O.
II. Was die Wahl dieser Sachverständigen betrifft, so muß
I) wenn die Parteien sich über die Person derselben einigen, ') dieser einstimmige
') Das einseitige Mitbringen der Sachverständigen zu den Terminen und ihre so
fortige Vereidigung soll nicht gestattet werden, da der nicht darauf vorbereitete
Gegner außer Stande ist, fogleich seine Einwendungen gegen ihre Person oder
gegen ihre Eigenschaft als Sachverständige anzubringen. — Res. vom 28. Feb.
' . 1834. Gräss, Koch zc. Ergänz, lll. S. 193.
Antrag der Parteien berücksichtigt werden. Parteien können darnach auch Sach
verstandige mahlen, «eiche als solche beim Gericht nicht angestellt') und ein für
allemal vereidet sind.
2) Fehlt eine Einigung der Parteien, so steht die Auswahl der Sachverständigen
dem prozeßleitenden Gericht zu. Dies wählt nun entweder die bei ihm ein für
allemal als Sachverständige angestellten und vereidigten Personen, oder nimmt
deshalb mit demjenigen Kollegium, welchem Personen dieser Art in Amtsfachen
untergeordnet sind, Rücksprache; versucht demnächst, daß Parteien über die von
der Amtsbchörde vorgeschlagenen sich einigen, und wenn eine Einigung nicht
erfolgt, wählt es unter denselben die Zuzuziehende».
3) Bei Streitsachen über landwirtbfchaftliche Gegenstände sollen nur approbirte
Ökonomiekommissarien oder Kreisvcrordnete als Sachverständig« zugezogen wer
den. — Anh. 8. «4, 65 zur A. G. O. — Edikt vom 14. Sept. 1811, Z. 3».
GS. S. Itt.
4) Die dem königl. Finanzministerium unmittelbar untergeordnete Ober-Bau
deputation und technische Deputation für Gewerbe könne» in Fällen, in denen
es sich lediglich um Streitfragen zwischen Privatpersonen ohne irgend
eine Betheiligung fiskalischen Interesses handelt, und zivor weder
als Behörde, noch können deren Direktoren oder einzelne Mitglieder als Sach
verständige vorgeschlagen und vernommen werden, da ihre Zuziehung in dieser
Eigenschaft mit dem ihnen angewiesenen Wirkungskreise als obersten konsultativen
technischen Baubehörde «so. Deputation für Gewerbe nicht zu vereinigen ist.
Sind in andern Fällen diese Behörden, oder deren Direktor oder einzelne Mit
glieder als Sachverständige in Prozessen zu vernehmen, so ist allemal d« vor-
göngigc ausdrückliche Genehmigung des königl. Finanzministeriums erforderlich.
Die Gerichte habe» deshalb alle diesfälligen Antrage an dies Ministerium (und
nicht an die Baudeputation resp. technische Deputation und die Beamten) un
mittelbar zu richten. — Allgem. Verf. vom 26. Juni l»4«. I. M. B. G. 236.
5) Bei Instruktion der zur Kompetenz der Berggerichte gehörigen sogen. Berg-
wasser-Entzichungs-Prozesse, d. h. derjenigen Streitigkeiten, welche auf der Be
hauptung beruhen, daß durch bergbauliche Anlagen oder Werke der Oberfläche
der Erde Wasser entzogen oder auf derselben vermindert worden, ist jederzeit
der Bcrgmeister des betreffenden Reviers als Sachverständiger zuzuzichn, damit
er dem Dcputirten assistire, und das Berggcricht hat deshalb zuvor das betref
fende Ober-Bergamt z» rcquin'ren. — Res. vom 15. Dez. 1840. I. M. B.
1841, S. 3.
rll. Was die Vorladung der Sachverständigen anlangt, so erfolgt
1) Die Vorladung der beim Gericht angestellten, sowie der in keinem öffentlichen
Amtsverhältnisse Stehenden unmittelbar »ach der durch beide Parteien oder
das Gericht getroffenen Wahl, und Sachverständige, welche sich von ihrer Kunst
oder Wissenschaft nähren, wie z. B, Lehrer, Professoren, Ärzte, Künstler oder
Handwerker, müssen sich als Sachverständige, der unmittelbaren Aufforderung
ihrer Obrigkeit gemäß, gestcllen und vernehmen lassen.
') Ist die Zuziehung eines Thierorztcs als Sachverständiger nsthig, so kann
in Folge Einigung beider Parteien auch ein Thierarzt zweiter Klasse zu
gezogen werden. Steht aber dem Gericht die Wahl zu, so müssen in allen
Fällen, in denen es auf technische Begutachtung über Gegenstände der Thier
arzneiwissenschaft überhaupt ankommt, Thierärzte erster Klasse gewählt
werden. Thierärztc zweiter Klasse können dann nur über Borkommenheiten
aus ihrer eigene» Praxis als Sachverständige vernommen werden. — Allgem.
Verf. vom 12. Juli 1843. I. M. B. S. 187.
17«
2) Die in einem öffentlichen Amtsverhältnisse stehenden Sachverständigen können
erst nach der mit ihrer vorgesetzten Behörde genommenen Rücksprache und er
klärter Bewilligung vorgeladen werden. — Anh. Z. 64, 65 zur A. G. O. —
Res. vom 18. März 1833. Gräff, Koch zc. Erg. III. S. 193. — Res. vom
12. Juli 1843. I. M. B. S. 187.
Von Ansehung der Jnstruktionstermine und von Verlegung
derselben.
§. 97. I. Der Jnstruktionstermin wird vom Deputirten unter Beobachtung
der Bestimmungen Z. 91 (S. 158 fg.) und mit Rücksicht auf die noch vor dem
Termin etwa zu befolgenden Anweisungen eingerückt. — §. 40, Tit. 9, I. A. G. O.
11. Verlegung der nach Aufnahme der Klagebeantwortung anstehenden Jn
struktionstermine soll in der Regel gar nicht stattfinden. Ausnahmsweise ist sie
1) gestattet, wenn eine Partei, die den Termin in Person abwarten soll oder
will, durch persönliche Ehehaften und Abhaltungen wider ihren Willen und ohne
ihr Verschulden daran verhindert wird.
2) Wenn ferner der Klage Einwendungen aus Thatsachen entgegengesetzt werden,
die bei Aufnahme der Klage und der Information dazu gar nicht vorgekom
men sind, worauf sich also der Kläger nicht hat vorbereiten können; so kann
diesem zur Herbeischaffung der erforderlichen Nachrichten und Vorbereitung sei
ner etwaigen ebenfalls auf Thatsachen beruhenden Erwiderungen eine billige
Nachfrist und die Verlegung des Jnstruktionstermins nicht versagt werden.
Doch müssen auch hier bei Beurtheilung der Prorogationsgesuche die Vor
schriften Z. 92 gehörig, und mit um so mehr Genauigkeit und Strenge beob
achtet werden, als Klage und Antwort bereits vorliegen, nur ungewöhnliche
und außerordentliche Umstände die weitere Fortsetzung der Sache aufhalten kön
nen, und daher ein vollständiger und überzeugender Nachweis solcher Umstände
nothwendig ist, wenn, besonders von dem Beklagten, der Verdacht, daß die Pro
rogation nur zum Verschleif der Sache nachgesucht werde, abgewendet werden soll.
Sucht ein Justizkommissar, welcher als Bevollmächtigter des Klägers die
Klage eingereicht hat, Verlegung nach, so müssen seine Manualakten eingesehen,
und falls sich ergiebt, daß er bei Einziehung der Information nicht die Vor
schriften K. 51 gehörig beobachtet, muß dies Verfahren gerügt, und nach Be
schaffenheit der Umstände mit Ordnungsstrafe geahndet werden.
3) Wegen obschwebender Privatvergleichsunterhandlungen findet die Verlegung eines
Jnstruktionstermins nur dann statt, wenn beide Parteien sie in Person oder
unter ihrer Hand und Unterschrift nachsuchen; oder wenn sonst zu den Akten
glaubwürdig nachgewiesen wird, daß sie wirklich in solchen Unterhandlungen
stehen, und besonders der Kläger sich aus diesem Grunde die Verlegung des
Termins gefallen lasse. — A. G. O. I. 9, z. 45—48.
Zweck der Jnstruktionstermine (Instruktion im weitcrn Sinn).
§. 98. Die Bestimmung der Jnstruktionstermine ist
1) daß in denselben die Parteien über die beim Prozesse vorkommenden Thatsachen
noch näher gegen einander vernommen, und, so weit es möglich, darüber ver
einigt;
2) daß durch Aufnehmung der unstreitigen Thatsachen, nähere Bestimmung der
streitig gebliebenen, und Absonderung der erheblichen von den unerheblichen
der »latus osusse et eontroversise regulirt;
3) daß die streitig gebliebenen erheblichen Thatsachen durch Aufnahme der darüber
vorhandenen Beweismittel möglichst ins Licht gesetzt ;
171
4) daß nach erfolgter Beweisaufnahme Parteien damit bekannt gemacht, darüber,
und, was sie dabei etwa noch zu erinnern und zu ergänzen finden, vnnom»
men, die Sühne unter ihnen mit allem Fleiße versucht, und, wenn diese nicht
stattfindet, die Instruktion geschlossen werden soll. — A. G. O. I. 1«, Z. 1.
I. Von der nähern Vernehmung der Parteien, und dem Entwurf deS
Sach- und Streitstandes (Instruktion im engern Sinn).
Verfahren des Jnstruenten im Jnstruktionstermin;
1) wenn eine der Parteien ausbleibt.
99. I. Bleibt Kläger im Jnstruktionstermin aus, so wird
») wenn ihm mit Rücksicht auf §. 95 III. Nr. 5» die Warnung der Aktenrcpo-
sition gestellt war, und kein unzulässiges, wenn auch Prorogationsgesuch einge
gangen ist, auch sonst nicht erhellt, daß er den Prozeß fortsetzen wolle, ein
bloßer Vermerk über sein Ausbleiben zu Protokoll registrirt. Auf dies Pro
tokoll wird demnächst vom Dezernenten verfügt, daß die Akten aus Kosten des
Klägers zu reponiren.
K) Hat Kläger aber durch Einreichung eines Prorogationsgcsuchs oder sonst zu
erkennen gegeben, daß er den Prozeß fortsetzen wolle, oder hat schon ein fer
nerer Jnstruktionstermin angestanden, so erfolgt Kontumazialinstruktion. —
S> 42, 43, Tit. 9, I. A. G. O.
II. Diese findet auch in allen Fällen statt, wenn Beklagter ausbleibt. —
K. 4Z a. a. O.
III. Die Kontumazialinstruktion geschieht in der Art, daß die erschienene
Partei ihre Erklärungen über die Auslassungen des Gegners, und über die von
diesem beigebrachten Dokumente, in so weit es noch nicht geschehen, abgicbt, daß
der Sach- und Streikst«»» nach Lage der Akten entworfen, und demnächst Be
weisaufnahme, wenn Beweise angegeben und nothwcndig sind, beschlossen wird und
erfolgt. Die ausgebliebene Partei wird jedoch zu jedem noch ferner nöthig wer
denden Termin wieder vorgeladen. Wenn daher auch die rechtlichen Folgen des
Ungehorsams darin bestehen:
daß jede streitige Thatsache, bei deren Erörterung sich der Ungehorsam
äußert, für zugestanden oder nicht angebracht erachtet wird, je nachdem
es dem Ungehorsamen nachthcilig ist;
so kann die ausgebliebene Partei diese Folgen bis zum gänzlichen Abschluß
der Instruktion noch immer abwenden, indem sie dem, was von ihr zu thun
oder zu erklären ist, bis dahin genügt. Sie ist dann nur verpflichtet, dem Gegner
in Betreff der durch die Sögerung erwachsenen Schäden und Kosten Ersatz zu
leisten. Auch kann sie, wen» sie ihr Verschulden nicht vollkommen abzulehnen
vermag, in 2 bis 10 Thlr. Ordnungsstrafe genommen werden. — a. a. O. §.44.
2) Wenn beide Thcile erscheinen.
K. Ivo. I. Sind die Parteien über die im Prozeß vorkommenden erheblichen
Thalsachen einig, und nur darüber streitig: in wie fern daraus das vom Kläger
behauptete Recht folge? so wird im Jnstruktionstermin der Sach- und Streitstand
entworfen,') demnächst zwischen den Parteien die Sühne versucht, und wenn diese
fehlschlägt, werden Parteien zum Schluß vernommen. — §. 27, Tit. 9 a. a. O.
II. In andern Fällen wird zunächst Kläger darüber, was er seiner Klage
noch beizufügen, und was er an ihr zu erinnern oder zu ergänzen habe, vernom-
') In den meisten Fällen der Art wird mit Rücksicht auf Z. 106 II. der Sach-
und Streitstand jedoch nicht erst nöthig sein.
172
wen. Demnächst wird er darüber gehört, was er auf den Inhalt der Klagebeant
wortung, namentlich darauf, was Beklagter gegen die in der Klage enthaltene
speoies tsLti oder gegen die angegebenen Beweismittel erinnert, oder was er sonst
eingewendet hat, zu erwidern habe. Nach vollständiger Vernehmung des Klägers
und protokollarischer Niederschreibung seiner Erklärungen erfolgt die Vernehmung
de« Beklagten über etwaige Ergänzungen der Klagebeantwortung, über die Erwi
derung des Klägers und über die hinsichtlich der Beweismittel nöthigen Auskünfte.
Seine Auslassung wird ebenfalls kurz aber vollständig zu Protokoll genommen.
Mit dieser wechselseitigen Vernehmung der Parteien wird so lange fortgefah
ren, bis alle vorkommende» erheblichen Thatsachen vollständig aufgeklärt, oder doch
bestimmt ausgemittelt ist, was die Parteien einander davon zugestehen oder ab-
läugnen. — §. 2t, 26. Tit. 1« a. a. O.
III. Bei Aufnahme der Klagcbcantwortung darf, selbst wenn der Termin
zugleich zur Instruktion ansteht, weder Kläger, noch dessen Assistent oder Bevoll
mächtigter gegenwärtig sein. Bei de» darauf folgenden Verhandlungen aber müssen
die Assistenten und rechtskundigen Bevollmächtigten beider Parteien zugelassen wer
den. Dagegen wird es bisweilen zweckmäßig sein, daß bei der Erklärung des Klä
gers über die Klagebeantwortung der Beklagte, und bei der Vernehmung des Letz
tern über die Replik der Kläger fern gehalten wird, und daß erst, wenn sich als
dann noch Zweifel oder Dunkelheiten über That fachen finden, welche durch die
abgesonderte Vernehmung der Parteien nicht gehoben werden können, beide Par
teien zugleich vorgelassen, und durch ihre Gegeneinanderstellung ein Versuch zur
Aufklärung der Sache und zur Hebung der obwaltenden Widersprüche gemacht
werde. Doch steht es dem Jnstruenten frei, nach Beschaffenheit der Umstände und
des vorliegenden Falles sogleich nach Aufnahme der Klagebeantwortung beide Theile
oder ihre Bevollmächtigte zugleich vorzulassen, die etwa noch fehlenden Erklärungen
derselben über die in der Klage oder Antwort vorgekommenen Thatsachen und an
gegebenen Beweismittel abzufordern, und dann unmittelbar zur Regulirung des
Sach- und Streitstandes überzugehen. Der Jnstruent muß vor Beginn der In
struktion reiflich erwägen: welcher Weg mit Rücksicht auf die vorliegende Sache
am kürzesten und sichersten zum Zwecke führen könne, und darnach verfahren. —
Ist eine Zusammenbringung der Parteien wegen der unter ihnen herrschenden Ani
mosität nicht rathsam, so muß mit der abgeforderten Vernehmung derselben so
lange fortgefahren werden, bis dies Mittel zur Erforschung der Wahrheit erschöpft
ist. — §. 2l bis 2S a. a. O.
IV. Jeder Richter muß bei den vor ihm stattfindenden Verhandlungen für
die Aufrechthaltung der Ruhe und Ordnung im Dienst sorgen. Es stehen ihm
deshalb dieselben Rechte und Pflichten zu, wie sie im §. 74, Nr. Vt. vorgeschrie
ben sind. — Cab.-Ordre vom 24. Okt. 1838. GS. S. 504.
3) Fernere Pflichten des Jnstruenten;
g) in Betreff der zu eruirenden Thatsachen;
Z. lvl. I. Neue Thatsachen können in den nach diesem Abschnitt zu
«erhandelnden Prozessen von beiden Theilen noch bis zum Schlußtermin und selbst
in diesem angebracht werden. Kommen noch in der Deduktionsschrift neue That
sachen vor, so kann der Spruchrichtcr durch eine vorlausige Resolution deren In
struktion noch vor Abfassung des Erkenntnisses dann anordnen, wenn diese neuen
Umstände deutlich und bestimmt genug vorgetragen, auch an sich von so offenbarer
Erheblichkeit find, daß dadurch in der Lage der Sache eine wesentliche Veränderung
hervorgebracht werden könnte. — Diese Regel in Betreff Anbringung neuer That
sachen findet eine Ausnahme in dem Grundsatz:
173
daß im Laufe der Instruktion, obwohl der Klageantrag
(petitum) geändert wcrdcn kann, doch niemals der Klag,«
grund (fuvcksinentum sxeneli) geändert werden darf.
Werden daher Thatsachcn, welche von denen, die in der Klage angegeben
worden, ganz »erschieden sind, und eincn andern und neuen Klagegrund darstellen,
während der Instruktion vorgebracht, so können sie nicht zur Erörterung gezogen
werden. Es bleibt dem Kläger nur überlassen, in wie fern cr auf Grund dersel
ben von Neuem klagen wolle. — §. 3 und 5s, Tit. 10, z. 19, Tit. t2 a. a. O.
g. 2t, Tit. 5 das.
II. Die Instruktion ist nur auf erhebliche, d. h. solche Umstände und That-
sachen zu richten, welche zur Begründung der Klage, oder eines dagegen gemachten
Einwandes gehören, und entweder zur genauer« und vollständigern Aufklärung
derselben geradezu beitragen, oder auf die Giltigkeit und Glaubwürdigkeit der an
gegebenen oder auch schon aufgenommenen Beweismittel Einfluß haben können. —
Rcchtsausführungen gehören in die Deduktion. — Z. 16, Nr. 3, Tit. 9z §.3,
Tit. 1« a. a. O.
III. Der Jnstruent muß mit uncrmüdeter Sorgfalt, Aufmerksamkeit und
Geduld streben, die bei Instruktion des Prozesses als erheblich sich herausstellenden
Thatsachen auszumitteln und aufzuklären. Er muß dabei die Parteien auf die
in ihren Angaben sich findenden Unwahrscheinlichkeitcn, Lücken, und aus das Unzu
sammenhängende in denselben aufmerksam machen, sie zur Wahrheit ermahnen, vor
dem Läugnen und Lügen warnen. Er muß den zur Aufklärung der streitigen
Thatsachcn sich ergebenden Mitteln nachgehen, und dies selbst dann, wenn dieselben
von den Parteien nicht besonders angeregt worden. Doch darf er dabei solche
Thatsachcn, worauf weder die Angaben der Parteien, noch dcr Zusammenhang der
Sache, noch dcr Inhalt der Urkunden odcr Zeugenaussagen führen, sondern die
blos in seiner Privatwissenschaft beruhen, nicht zum Gegenstände dcr
Instruktion machen. — §. 2, 5 K, Tit. 10 a. a. O.
b) bei Abgabe von Geständnissen und beim Widerruf derselben;
g. 102. I. Bei dem Streben, die im Prozesse vorkommenden Thatsachen auf
zuklären, muß der Jnstruent sich andererseits in Acht nehmen, daß er die Parteien
nicht übereilt, noch zu Geständnisse» verleitet.') Besonders bei gemeinen und
in Geschäften unerfahrenen Personen muß er mit pflichtmäßiger Sorgfalt darauf
sehen, daß sie nicht etwa aus Einfalt, Mißverstand oder Unbekanntschaft mit
den rechtlichen Folgen eines gerichtlichen Zugeständnisses Thatsachcn einräumen, von
deren Richtigkeit sie nicht überzeugt sind; oder daß nicht in ihren Erklärungen aus
Mangel an Gabe, sich deutlich und bestimmt auszudrücken, Jrrthümer und Zwei
deutigkeiten unterlaufen, die in dcr Folge, gegen ihre eigentliche Meinung, als gericht
liche Geständnisse wider sie geltend gemacht werden können. — §. 2S, Tit. 10 a, a. O.
II. Widerruft eine Partei ein im früheren Protokoll von ihr abgegebenes
Geständnis,, odcr giebt sie sonst einen zur Sache gehörigen Umstand anders, als
er früher im Protokoll vermerkt worden, an, so muß der Jnstruent die Partei
anhalten, wahrscheinliche Gründe, wodurch sie zur Rücknahme des Geständnisse«
oder zu der für irrig ausgegebenen Erklärung bewogen worden, anzuführen, auch
nSthigensalls zu bescheinigen; inglcichcn Mittel an die Hand zu geben, wodurch'
») d. h. sie zu Geständnissen bewegt, die gegen ihren ernsten Willen sind.
2) Zugeständnisse, wodurch die Anwendbarkeit bestimmter Gesetze od« Rechtsnor
men auf eine» gewissen Fall eingeräumt wird, können zu jeder Zeit widerru
fen werden, ohne daß es einer nähern Begründung des Widerrufs bedarf
er. Erk. des Geh. Vb.-Trjb. von 1SS3, m M. Woch. 1S4«, S. 11.
174
die wahre Bewandniß einer solchen Thatsache ins Licht gesetzt werden kann. So
dann erfolgt die weitere Instruktion. Dem künftigen Urtel aber bleibt die Be
stimmung überlassen : ob der Widerruf begründet, oder die Partei an das frühere
Geständniß gebunden sei. — Ein erst nach erfolgter Regulirung des Sach- und
Streitftandes geschehener Widerruf kann in dieser Instanz in der Regel nicht mehr
berücksichtigt, er muß vielmehr in der folgenden Instanz angebracht und ausgeführt
werden. Wird jedoch bei Anbringung des Widerrufs die wahre Bewandniß der
Sache deutlich und vollständig angezeigt, und sowohl diese Anzeige, als »er Um
stand, wodurch die Parte! zu dem vorgefallenen Jrrrhum verleitet worden, sogleich
bescheinigt; so soll ein so beschaffener Widerruf selbst im Schlußtermin noch aufge
nommen, der Gegner zur Erklärung und Einlassung darüber angehalten, und es
der Beurtheilung des erkennenden Richters überlassen werden : in wie fern der
Widerruf für hinlänglich begründet zu achten sei, und was daraus in Ansehung
der Hauptsache folge? — ß. 27s a. a. O.

e) zu ununterbrochener Fortsetzung der Instruktion und zu selbst


ständigem Betrieb der Sache;
z. 103. I. Der Jnstruent muß die Instruktion ununterbrochen fortsetzen.
Kann sie im ersten Termin nicht geschlossen werden, so muß er damit denselben
Nachmittag, oder doch am nächstfolgenden Tage ununterbrochen fortfahren. Machen
Zwischenfälle, z. B. weil noch eine Nachricht oder Urkunde herbeizuschaffen, noch
ein Zeuge vorzuladen ist u. s. w. einen ferneren Termin zur Fortsetzung der Sache
nöthig, so muß der Jnstruent denselben am Schlüsse des Protokolls mit den Par
teien oder deren Sachwaltern, und zwar immer so nahe als möglich, verabreden.
Hiernächst giebt er in einer an die Seite des Protokolls zu setzenden Resolution
die Umstände und Gegenstände, worauf es im nächsten Termin hauptsächlich noch
ankommen wird, so bestimmt als möglich an, und weiset, unter schleuniger Anfer
tigung einer Abschrift dieses Bescheides, die Parteien an, was sie zum Termin
noch herbeizuschaffen oder sonst zu besorgen haben. — Auf die hinsichtlich solcher
verabredeten Termine von einer Partei, einem Zeugen oder einem vorgeladenen
Dritten eingehenden Berlegungsgesuche verfügt der Dezernent. Wird der Termin
verlegt, so rückt der Deputirte den neuen Termin ein, und die Parteien oder deren
Bevollmächtigte müssen schleunigst davon benachrichtigt werden. — Trägt eine
Partei in irgend einer Art Schuld an Terminsverlegungen, so muß ihr im Urtel
die Bergütigung der dadurch dem Gegenthcil erwachsenen Kosten, Schäden und
Nachtheile aufgebürdet werden. — Sie kann selbst in 20 bis IVO Thlr. Geld oder
beim Unvermögen in verhältnißmäßige Gefü'ngnißstrafe verurtheilt werden, wenn
sich ergiebt, daß sie wissentlich und vorsätzlich in der Absicht, die Sache zu ver
schleppen, die Wahrheit zu verdunkeln, etwas zu erschleichen, oder den Gegner zu
übereilen, und in Verlegenheit zu setzen, mit Ansührung gewisser Umstünde, oder
mit der Angabe von Beweismitteln bis zum Jnstruktionstermine zurückgehalten;
oder daß sie aus Eigensinn oder Schikane, aller Vorhaltungen ungeachtet, auf ir
gend eine Weise den Abschluß der Sache zur Ungebühr verzögert hat.
Sind Parteien durch Justizkommissarien vertreten, und es fehlt diesen an
Information, so muß der Jnstruent einen neuen Termin ansetzen, und die Bevoll-,
mächtigten unter näherer Angabe der betreffenden Punkte zur unfehlbaren Jnfor-
mationseinziehung anweisen. Ist dabei eine Nachlässigkeit des Justizkommissars bei
Einziehung von Information über Thatsachen, welche bereits in der Klage oder
Klagebeantwortung vorgekommen sind, sichtbar, so müssen die Gerichtsgebühren
und die Kostm de? Gegners für den dadurch vereitelten Termin vom JnstrueMn
17S
festgesetzt, und vom nachlässigen Justizkommissar allenfalls exekutivisch eingezogen
werden. — A. G. O. I. 1v, K. 8—15.
II. Mit Beginn der eigentlichen Instruktion muß der Deputirtc das zum Be
trieb und zur schleunigen Fortsetzung der Sache Nöthige von Amtswegen verfügen
und anordnen, und die Parteien müssen seinen Anweisungen unweigerlich Folge leisten.
Er muß die Verfügungen sofort nach Abhaltung der Termine aus den aufgenomme
nen Protokollen entwerfen, und sie an die Parteien durch Dekrctsabschrift ergehen
lassen. Dieser sein selbstständigcr Betrieb der Sache währt bis zur völligen Been
digung der Instruktion, bis wohin daher in der Regel die Sache durch Vorträge
im Kollegio und durch Erlaß zu cxpedirender Verfügungen nicht aufgehalten werden
soll. Ausnahmen finden statt:
1) wenn während des Laufes der Instruktion Verfügungen vorkommen, welche der
Jnstruent für sich allein nicht mit hinlänglichem Nachdruck erlassen kann, z. V.
wenn ein Zeuge oder sonst eine dritte Person zur Erthcilung einer Auskunft
vorgeladen, Edition von einem Dritten gefordert, ein fremdes Gericht um Mit
theilung von Akten, Einziehung von Rachrichten u. f. w. ersucht werden soll ic.
In solchem Falle muß der Jnstruent beim Gericht das Erforderliche beantragen.
2) In Fällen, wo wegen weiterer Einleitung und Behandlung der Sache dem Jn-
struenten ein wichtiges, auf Materialien sich beziehendes Bedenken aufstößt, und
er deswegen eine Rückfrage beim Kollegio zur eigenen Belehrung, oder zur Si
cherung gegen Vorwürfe und Verantwortlichkeit nöthig hält; oder wo er sich
über einen solchen Gegenstand mit den Parteien, den Assistenten oder Bevoll
mächtigten nicht vereinigen kann, z. B. wenn es sich fragt: ob eine gewisse
Thatsache näher ins Licht zu setzen, oder ob diese Erörterung unnütz und nur
zum Verschleif der Sache geeignet sei; ob mit Aufnahme eines gewissen Beweis
mittels zu verfahren, oder ob dasselbe unzulässig oder unnöthig sei? und dergl.;
muß der Jnstruent unter Überreichung der Akten beim Kollegio dessen Beschluß
einholen. — Nach Bortrag und Abfassung der beschlossenen Verfügung erhält der
Jnstruent wieder die Akten, um das zur Fortsetzung der Instruktion Erforder
liche zu veranlassen. — §. 6, 7, 16—1« a. a. O. — Res. vom 12. Jan. 18Z7.
Jahrb. 49, S. 174.
III. In Bezug auf die Zahl der anzusetzenden Termine, und der für diese und
die sonst zu stellenden Fristen auszumessenden Zeiträume bleibt die Bestimmung dem
pflichtmäßigen Ermessen der Gerichte überlassen. Enge Schranken sind in dieser
Hinsicht durch das Gesetz nicht gezogen. Doch soll wo möglich jeder Prozeß binnen
Jahresfrist nach Aufnahme der Klagebeantwortung durch alle Instanzen beendet
sein. — Die Gerichte und namentlich die Jnstruenten und Dezernenten müssen da
her bei Einrückung der Termine und bei nachgesuchten Verlegungen derselben stets
Vorsicht, Aufmerksamkeit und Überlegung anwenden, den Verlegungsgesuchen nur
aus wirklich erheblichen Gründen, die im Dekret ausdrücklich anzuführen sind, statt
geben; Parteien und ihre Vertreter mit Nachdruck und Ernst zu ihrer Schuldigkeit
anhalten, und gegen die, welche beharrlicher Saumseligkeit oder vorsätzlichen Unge
horsams oder zum Berschleif der Sache abzielender Chikane sich schuldig machen,
ohne Nachsicht in vonwmseiam verfahren. — Wird die Instruktion einer Sache
einem auswärtigen Deputirtcn oder Kommissario aufgetragen, fo muß ihm eine
Frist zu deren Beendigung gesetzt werden. Beendet dieser die Sache innerhalb der
Frist nicht, so muß er über die Lage der Sache und die Hinderungsgründe berichten
und, wenn er es unterläßt, dazu und zur Genügung des Auftrags nötigenfalls bei
2 bis 5 Thlr. Ordnungsstrafe aufgefordert werden.
Die den Gerichten vorgesetzten Behörden haben über Beschleunigung der bei
jenen schwebenden Prozesse zu wachen, und etwaige, bei Justizvisitationen, aus Be
17S
schwerben, bei Prüfung der eingehenden Liften und Tabellen oder bei anderer Ge«
Kgenheit wahrgenommene. Zögerungen und Fehler zu rügen. — ß. 33—37, Sit. 8;
8. 4, 1«, 12—15, Tit. 1», !. A. G. O.
ch bei Aufnahme und Vollziehung der Verhandlungen und Zuzie
hung von Schreibzeugen;
§. 104. I. Im ordentlichen Prozeß muß Alles, was in Bezug auf den
Rechtsstreit Erhebliches verhandelt wird, kurz, aber treu und vollständig zum Pro
tokoll niedergeschrieben werden. Jede Partei hat sogar das Recht, zu verlangen,
daß ihre Angaben und Anführungen, selbst wenn sie der Jnstruent für unerheblich
und entbehrlich erachtet, oder wen» sie ihm zur Sache nicht zu gehören scheinen,
dennoch in das Protokoll aufgenommen werden. — §. SÄ, 41 Einl. K. 21, 23,
Tit. 10, I. A. G. O.
II. Die Verhandluvgen können vom Deputirten allein aufgenommen werden.
Der Zuziehung eines Protokollführers bedarf es in der Regel nicht.') Dage
gen muß die Partei refp. der Vernommene durch Vorlesung des Protokolls, durch
Vorlegung desselben zum eigenen Durchlesen, oder auf andere hinreichende Art in
den Stand gesetzt werden, sich zu überzeugen, daß darin die Verhandlungen, wie
sie in ihrer Gegenwart wirklich vorgefallen sind, niedergeschrieben worden. Sie
müssen aber auch alsdann das Protokoll ohne Widerrede unterzeichnen. — Kann
Jemand nicht schreiben oder Geschriebenes lesen, oder kann er nur seinen Namen
schreiben, sonst aber weder schreiben noch lesen, so muß er sich zu der Verhandlung
einen glaubhaften Mann wühlen; er muß ferner nach Vorlesung der Verhandlung
zum Aeichen der Genehmigung Handzeichen, oder, wenn er seinen Namen schreiben
kann, diesen darunter setzen, und der glaubhafte Mann hat die Handzeichen, unter
Ergänzung der Namcnsunterschrift, event. den geschriebenen Namen zu bescheinigen.
Ist diese Vorschrift nicht befolgt, so ist die Verhandlung für die Partei, welche
nicht schreiben oder Geschriebenes lesen kann, unverbindlich. Der Jnstruent muß
daher Personen, deren Stand oder Ansehen es zweifelhaft macht, ob sie schreiben
oder lesen können, gleich vor dem Anfange der Verhandlung diese Vorschrift be
kannt machen, und auf Befolgung derselben dringen.
UaturaUsirre Juden dürfen sich bei ihrer Namensunterschrift nur teutscher
oder lateimfcher Schriftzüge bedienen. Sind sie deren nicht kundig, so bedürfen sie
eines Schreibzeug«!.
Der zur Verhandlung zugezogene glaubhafte Mann muß in der Regel der
ganzen Verhandlung beiwohnen. Kann dieses aber nicht bewirkt werden, so ist
die Gegenwart desselben bei der Vorlesung und Genehmigung des Protokolls hin
reichend. — Falls die Partei unterläßt, einen glaubhasten Mann zum Zweck der
zu verrichtenden Unterschrift mitzubringen, oder ihn auszuwählen weigert, so muß
ihr der Richter eine« solchen von Amtswegcn zuordnen. 2) — Justizksmmisssrien
Nur die Kreisjustizräthe müssen zu allen ihren Verhandlungen, also auch zu
denen im ordentlichen Prozeß aufzunehmenden, einen Auskultator oder Refe-
xe«dari«s, in Ermangelung dessen einen Subalternbeamten, «elcher das Aktu-
ariotsexamen gemacht hat, als Protokollführer, oder zwei glaubwürdige, in
kemem Dienftverhältniß zu ihnen stehende Männer zuziehen. — Z. 6 der
Berordn. vom S0. Nov. 1833. GS. S. 30«. — Doch hat die unterlassene
Zuziehung eines Protokollführers nur in dm Mllen die Ungiltigkeit der Ber-
Handlrmg zur Folge, in welchen diese Zuziehung durch allgemeine gesetzliche Be-
«l«n?"Miul bei Strafe der Richtigkeit angeordnet ist. Sonst trit nur Rüge
«der Ordnungsstrafe ein. - Res. vom 22. Sept. 1836. Jahrb. 48, S. 215.,
GM tv, S. 92.
») Den vom Gericht von Amtswegcn zugeordneten Schreibzeugen sollen keine Ge-,
böhren für diese geringe Mühwaltung festgesetzt werden. — Res. v. 18. Juli 1840,
177
Referendarien, Auskultatoren, vereidete Protokollführer ober Aktuarken z auch der
Ehemann, wenn er mit seiner Frau vor Gericht erscheint, und sein Interesse dem
ihrigen nicht widerspricht, können das Geschäft vollziehen.
Wenn unter mehren gemeinschaftliche Sache machenden Personen auch nur eine
schreiben und Geschriebenes lesen kann; so ist es hinreichend, wenn solche mittels
ihrer Namensuntcrschrift in Ansehung der Litiskonsortcn, welchen diese Fähigkeit
mangelt, die Richtigkeit der von ihnen durch Handzeichen bewirkten Unterzeichnung
bezeugt. — Haben die Parteien ein entgegengesetztes Interesse, so sind auch ver
schiedene Beistände erforderlich. Im umgekehrten Falle bedarf es nur der Zuziehung
eines Beistandes.
Ist bei der Verhandlung ein vereideter Protokollführer oder Aktuar, oder ein
vereideter Dolmetscher zugegen, oder sind zwei vereidete Schoppen zugezogen, so
können von diesen die Handzeichen oder Namcnsuntcrzeichnungen selbst der mehren
Personen, die ein entgegengesetztes Interesse haben, bescheinigt werden, und es be-
darf dann nicht der Zuziehung besonderer Schreibzeugen. — Anh. Z. 66—72 zu K.
19, l. 1«; §. 5l fg.; 63, I. 25 A. G. O. — Res. vom 1. Juli 1799. Rabe 5,
S. 49». — Res. vom 26. März und 27. Mai 1799. Rabe 5, S. 388, 465. —
Res. vom 18. Juli 184«. I. M. B. S. 251. — Cab.-Ordre vom 8. Okt. 1837.
GS. S. 154.
III. Dem Blinden muß während der ganzen Verhandlung ein Beistand zu
geordnet werden, welcher demnächst das Protokoll ihm vorliest, und es für ihn voll
zieht. — II. 3, §. 8 A. G. O.
IV. Wird mit einem Tauben') verhandelt, so müssen ihm alle Erklärun
gen des Gegners, der Zeugen u. s. w.z alle Fragen, welche der Jnstruent an ihir
zu thun hat, sowie die etwaigen Bedeutungen von Wort zu Wort niedergeschrieben,
und ihm zum Lesen vorgelegt werden. Ebenso sind seine Gegenerklärungen und
Antworten wörtlich niederzuschreiben. Das Protokoll selbst muß allemal statt des
gewöhnlichen Borlesens dem Tauben zum eigenen Durchlesen gegeben, und daß sol
ches geschehen, von ihm bei seiner Unterschrift ausdrücklich attestirt werden. —
Z. 4. a. a. O.
V. Ist ein zu Vernehmender stumm, so muß derselbe seine Vorschläge und
Erklärungen, seine Äußerungen auf die Anträge des andern Theils und seine Ant
worten auf die Fragen und Bedeutungen des Richters eigenhändig in das Pro
tokoll niederschreiben. — Z. 5 a. a. O.
VI. Bei Personen, welche taub und stumm zugleich sind, müssen gleichzeitig
die Vorschriften Nr. IV. und V. beobachtet werden. Können Taubstumme nicht
schreiben und Geschriebenes lesen; so stehen sie in der Regel unter Vormundschaft, 2)
und dann wird in Prozessen, in denen sie Partei sind, mit ihrem Vormunde ver
handelt. Ist aber die Vernehmung eines solchen Taubstummen, welcher nicht schrei
ben und Geschriebenes lesen kann, dennoch nöthig, so muß der Richter zwei glaub
würdige und bei der Sache nicht intercssirende Personen, welche der mit dem Taub
stummen zu redenden Zeichensprache mächtig, und seiner Zeichen kundig sind, als?
Dolmetscher zuziehn. Unter diesen Dolmetschern kann auch der Vormund oder Ku->
Ist ein Tauber zugleich blind, so wird er als Partei gar nicht auftreten kön
nen, da eine Mittheilung der Erklärungen des Gegners an ihn mit Sicherheit
nicht erfolgen kann. Für ihn wird ein Vormund auftreten müssen. Seine
Vernehmung als Zeuge wird aber nur ein sehr unzuverlässiges Resultat ge
währen. Der Jnstruent würde dann mit Rücksicht auf die Angaben der Um
gebung des Taubblinden versuchen müssen, wie er sich ihm mitzutheilen vermag.
Eine Vcreidung wird aber gar nicht zu bewirken sein. — tt. Res. vom N.
April 1841. I. M. B. S. 151.
2) «. oben S. 2S unter 6.
12
17S
rator des Taubstummen sein, wenn nicht Umstände, welche seine Glaubwürdigkeit
schwächen, obwalten. Mittels dieser Dolmetscher legt der Richter dem Taubstum
men die Fragen vor und zieht die Erklärungen ein. Dabei muß der Richter mög
lichst bald des einen, bald des andern sich bedienen. Am Schlüsse des Protokolls
muß der Inhalt desselben, so weit er die vorzunehmen gewesene Handlung selbst
betrifft, dem Taubstummen durch den Weg der Zeichensprache nochmals vorgehalten,
und seine Genehmigung darüber auf eben die Art eingeholt werden. Dies Protokoll
muß von den Dolmetschern und, wenn darunter nicht der Vormund oder Kurator
des Taubstummen war, auch von dem bei der ganzen Verhandlung zuzuziehenden
Vormund oder Kurator unterschrieben werden.
Ist übrigens dem Richter vor einer solchen Vernehmung nicht bekannt, daß der
Taubstumme durch Zeichensprache sich vollkommen verständigen kann, so müssen vor
der wirklichen Vernehmung wenigstens zwei Personen, welche mit dem Taubstum
men täglich oder doch oft zusammen kommen und Umgang pflegen, und welche kein
ihre Glaubwürdigkeit zweifelhaft machendes Interesse zur Sache haben, an Eides
statt und unter der Bedeutung, daß sie auf Erfordern ihre Aussage beschwören
müssen, darüber vernommen werden : ob und woher sie wissen, daß der Taubstumme
durch Zeichen hinlänglich verständigt werden, und seinen Willen auf eben die Art
mit Deutlichkeit und Gewißheit äußern könne. Dann sind einige Proben zur Er
forschung der Richtigkeit dessen, und des Gemüthszustandes des Taubstummen zu
machen, und alles dies umständlich zu Protokoll zu nehmen. Erst nach diesem
zvird dann zur wirklichen Vernehmung des Taubstummen geschritten. In einem
solchen Falle haben auch die über die Fähigkeit des Taubstummen vernommenen
Zeugen das Vernchmungsprotokoll zu unterschreiben. §. S, 7 a. a. O. Anh. g.
73 zur A. G. O.
VII. Wenn eine Partei das aufgenommene Protokoll nicht unterschreiben will,
so muß der Richter eine zweite Gerichtsperson, oder einen Justizkommissarius, «der
in deren Ermangelung einen fönst glaubhasten Mann als Zeugen zuziehen, und
in dessen Gegenwart die weigernde Partei befragen:
ob sie noch die Niederschreibung von Susätzen oder sonstigen Erklärungen
verlange, und, wenn solche erfolgt sei, die Unterschrist leisten wolle?
Nach dem Verlangen der Partei ist das Nöthige im Protokolle nachzutragen,
und sodann mit der Unterschrift zu verfahren. Erklärt aber die Partei, daß sie
keine Zusätze verlange, das Protokoll aber gleichwohl nicht unterschreiben wolle, so
muß unter demselben vermerkt werden:
daß die Partei, nachdem sie vorher deshalb befragt worden, keine Gründe
der Weigerung, das Protokoll zu unterschreiben, habe angeben können; —
daß ihr zwar die Bedeutung geschehen, die Verhandlung werde, der ver
weigerten Unterschrift ungeachtet, wider sie beweisen, daß aber diese Be
deutung fruchtlos geblieben sei.
Wenn diese Vorschrift beobachtet worden, und die Verhandlung von dem nach
dem Obigen zugezogenen Zeugen mit unterzeichnet ist, so behält sie die volle Glaub
würdigkeit eines gerichtlichen Protokolls. — S. 74 deö Anh. zur A. G. O.
«) wegen Zuziehung eines Dolmetschers.
Z. 405. l. Bei Aufnahme von Prozeßverhandlungen ist die Zuziehung eines
Dolmetschers dann erforderlich, wenn der verhandelnde Richter der Sprache eines
oder mehrcr zu Vernehmenden nicht vollkommen mächtig ist. Ein Dolmetscher reicht
immer aus. Derselbe muß in der Regel vereidet sein.') Einigen sich jedoch beide
') Die Dolmetscher sind dahin zu vereiden :
haß sie die in der fremden Sprache vorgetragenen Angaben, Erklärungen
5 ^
179
Parteien üb« eine» unvereidcten Dolmetscher, so ist dessen Zuziehung giltig. Die
erfolgte Einigung über die Person desselben muß jedoch im Protokoll niedergeschrie
ben werden. Bei Aufnahme einseitiger Erklärungen ift die Zufriedcnftcllung der
vernommenen Partei mit dem unvcreideten Dolmetscher ausreichend.
II. In Fällen, wo eine Partei der teutschen Sprache nicht mächtig ift, muß
die mit ihr gepflogene Verhandlung in der Regel in teutscher und in der Sprache
der Partei niedergeschrieben, oder vor Bollziehung in diese Sprache übersetzt werden.
Wenn jedoch die Partei auf Nicderschreibung der Verhandlung in ihrer Sprache
ausdrücklich verzichtet, und dieser Verzicht in der teutschen und in der Sprache der
Partei zum Protokoll niedergeschrieben, demnächst aber dieses von der Partei voll
zogen wird, so genügt dies, und eS bedarf nicht der Niederschrcibung des Protokolls
in fremder Spracht. Die« letztere gilt auch in Betreff der polnischen Sprache im
Großherzogthum Posen, wenn es sich um die Giltigkeit einer Verhandlung fragt. —
Von den Fällen, wo darauf zu halten, daß in polnischer Sprache zu verhandeln,
wird im sechsten Abschnitt die Rede sein. - g. 75 Anh. zur A. G. O. — Eab.-
Ordre vom 5. Mai 18Z9. I. M. B. S. 178. — Res. vom 16. April 1840. I.
M. B. S. 153.
III. Bei prozessualischen Verhandlungen mit Wenden, welche der teutschen
Sprache nicht mächtig sind, genügt, wenn weder der Richter noch der etwa zugezo
gene Protokollführer der wendischen Sprache kundig ift, die Zuziehung eines andern
der teutschen und wendischen Sprache kundigen Mannes, welcher als Dolmetscher
ein für allemal oder für diesen Fall besonders vereidigt ist. Bringt bei einseitigen
Erklärungen der Wende einen beider Sprachen kundigen Mann zur Stelle, oder
wählen bei andern prozessualischen Verhandlungen, mit Einschluß der Zeugenverneh
mung, d» Parteien gemeinschaftlich einen solche» Mann zu ihrem Dolmetscher, so
bedarf es der Vereidigung desselben nicht. Sind die zugezogenen Justizkommissarien
der wendischen Sprache kundig, so vertreten dieselben für ihre Parteien die Stelle
des Dolmetschers. — Die Verhandlung wird in der teutschen Sprache niederge
schrieben; dagegen erfolgt die Vorlesung oder Vorhaltung in wendischer Sprache.—
Ges. vom II. Mai 1843. GS. S. 183.
Vom Sach- und Streitstan5 (ststug csus«« et controveruse )
Zweck und Form desselben.
Z. 1«6. I. Der Zweck des Sach- und Strntstandcs ift, damit
1) der ganze Zusammenhang der Sache, wie er sich aus den bisherigen Verhand
lungen entwickelt hat, von den Parteien vollständig übersehen, und sie in den
Stand gesetzt werden, wenn irgend noch Jrrthümer oder Mißverständnisse dabei
vorgefallen, oder zur Sache gehörige Umstände übersehen oder vergessen wären,
das NLthige zu berichtigen und zu ergänzen; damit
2) die Parteien über die wahre Lage der Sache und den wahrscheinlichen Ausgang
und Antworten der Parteien, ingleichcn den Inhalt der in dieser Sprache
abgefaßten Schriften und Urkunden in die teutsche Sprache, ebenso ab«
. auch t>ie den Parteien vorzulegenden Fragen, Bekanntmachungen und An
deutungen oder den solchen Parteien zu eröffnenden Inhalt teutscher
Schriften und Dokumente aus der einen in die andere Sprache treu,
richtig, vollständig, ohne etwas dazu oder davon zu thun, übersetzen, und
mit gewissenhafter Sorgfalt dahin sehen wollen, daß in jedem Falle der
wahre Sinn und die eigentliche Meinung der Parteien, oder der wahre
Inhalt der zu übersetzenden Schriften dem Richter, sowie die Äußerungen
und Erklärungen des Richters den Parteien bekannt werden.
Ist der Richter mit der Sprochkenntniß eines in einem besonder« Falle als
Dolmetscher zu Vereidigenden nicht bekannt, so muß er ihn unter Zuziehung
«ines Sachverständigen vorhex prüfen. — §. 40 n. 41, Tit. 2, II. A. G. O,
180
derselben ein eigenes richtiges Urtheil fällen, und über die zu machenden Ver
gleichsvorschläge einen angemessenen und vernünftigen Entschluß fassen: damit
3) der Jnstruent sich gleichsam selbst kontroliren, und, wenn cr das Resultat aller
bisherigen Verhandlungen vor sich hat, die darin etwa noch vorkommenden
Lücken, Mängel im Zusammenhange, oder sonstigen Fehler in Zeiten wahrneh
men und verbessern kann;
4) damit er in den Stand gesetzt werde, billige und der wahren Lage der Sache
angemessene Verglcichsvorschläge zu machen; und
5) damit endlich die Fortsetzung der Instruktion eine feste und sichere Richtung er
halte, und die sonst unvermeidlichen Verwirrungen und Abwege in dem Gange
derselben «ermieden werden. — Z. 38 3, Tit. 10, I. A. G. O.
II. Ein Such- und Streitftand ist im ordentlichen Prozeß in der Regel noth-
wendig. Nur, wenn es in einem Prozeß auf eine einfache Thatsache ankommt,
und die spocies tseti sich aus den Bernehmungsprotokollcn ohne mühsames Auf
suchen und Zusammenstellen jedem sachverständigen Leser gleichsam schon von selbst
darbietet, bedarf es keines förmlichen Sach- und Streitstandes. Es genügt, wenn
der Jnstruent blos die faktischen und rechtlichen Streitpunkte aufnimmt und nieder
schreibt. — z. 33 s und 33 b a. a. O. Anh. §. 76 zur A. G. O. — Cirk. vom
II. Okt. 1797 in N. C. E. 'low. X. Nr. 84. Rabe, Bd. 4, S. 317.
III. Die Regulirung des Sach- und Streitstandes erfolgt in Fällen,
«o er nöthig, nach vollständiger Vernehmung der Parteien über alle von ihnen
vorgebrachte Thatsachen, und wenn die Instruktion i» contumaciam fortgesetzt
worden, sobald die erschienene Partei vollständig vernommen ist.
1) In der Regel wird derselbe im Jnstruktionstermin entworfen. Kommen im
Prozeß nur wenige und einfache Thatsachen vor, so muß die Aufnahme desselben
gleich im ersten Jnstruktionstermine unmittelbar nach geschlossener Vernehmung
der Parteien mit Zuziehung derselben erfolgen. Reicht in diesen und in andern
Fällen bei verwickelteren Sachen nach vollständiger Vernehmung der Parteien
die Zeit des ersten oder folgenden Termins nicht aus, so muß der Dcputirte mit
den Parteien einen nicht über 8 Tage hinauszurückenden Termin zur Reguli
rung desselben anberaumen, und er muß sich dann dazu vorbereiten.
2) In sehr wichtigen und weitläufigen Sachen ist dem Jnstruenten erlaubt, den
Sach- und Streitstand außerhalb des Termins zu entwerfen. — Z. 29, 39 I.
1V A. G. O. — Cirk. vom 11. Okt. 1797.

Vom Inhalt des Sach- und Streitstandes.


Z. 107. Eine bestimmte, vom Jnstruenten bei Entwurf des Sach- und Strcit-
standes zu beobachtende Methode ist durch das Gefetz nicht vorgeschrieben. Der
Jnstruent muß mit Rücksicht auf die Natur und Beschaffenheit eines jeden vorlie
genden Falles vernünftig beurtheilm und reiflich überlegen, in welcher Art derselbe
«m zweckmäßigsten zu reguliren sei, damit der Z. 106 I. vorgczeichnete Zweck am
sichersten erreicht werde.') Das Gesetz giebt dem Jnstruenten nur einige Momente
') Belehrend und erläuternd ist in dieser Hinsicht das Eirk. vom 11. Okt. 1797;
weshalb der wesentlichste Theil desselben hier wörtlich folgt :
2. Auch bei andern an sich in processu orcZinsri« zu instruircndcn
Rechtsangelegenheiten ist jedesmal auf die Natur und individuelle Beschaffenheit
der dabei zum Grunde liegenden oder vorkommenden Thatsachen Rücksicht zu
nehmen. Oft ist auch in solchen Fällen ein sehr einfaches, gar nicht verwik-
keites factum in meiZi«. Schon aus den Vernehmungsprotokollen, die doch
der Dezernent und künftige Urtelsfasser ohnehin selbst lesen muß, ergiebt sich
der Hergang und Zusammenhang der Sache so klar, daß es zu dessen Übersicht
xiner besondern nochmaligen Aufnehmung und Zusammenstellung der gcgcnseiti
181
an die Hand, welche er z» berücksichtigen hat. Darnach gehört zum Sach- und
Streitstand zunächst
t) eine vollständige und zusammenhängende Geschichtserzählung
(speeies sseli, statu« csusse). Diese darf kein bloßer Aktcnauszug sein.
In dieselbe sind vielmehr die unter den Parteien nicht mehr streitigen That-
fachcn und Umstände, so weit sie aus den Angaben und Zugeständnissen der
Parteien, und aus den beigebrachte» und für richtig angenommenen Beweismit
teln hervorgehen, in natürlicher Ordnung, wie sie vom Anfange des Geschäfts
bis zum Beginn des Prozesses wirklich aufeinander gefolgt sind, und in klarer
und vollständiger, aber auch möglichst konzcntrirtcr und kurzer Darstellung auf
zunehmen. Unter de» Parteien noch streitige Thatsachen und Umstände gehören
nicht in dieselbe. Können sie, des Zusammenhanges wegen, nicht umgangen
werden, so müssen sie im Vorbeigehen nur kurz und als noch streitig bemerkt
werden. — Gelehrte Erörterungen und rechtliche Ausführungen gehören gar
nicht in die speeivs facti. — Unbedeutende Ncbcnumftände, welche auf die
gen Anführungen und Geständnisse gar nicht bedarf, und diese daher in eine
bloße leere Formalität ausarten würde. In dergleichen Fällen bedarf es alfo
auch nicht erst der Nicdcrschreibung einer umständlichen spccies facti, sondern
es ist genug, wenn nur der Jnstrucnt nach geschlossener Vernehmung, die ei
gentlichen Streitpunkte, sie betreffen nun Thatsachen oder Rechtsfragen, welche
sich in dem vorausgesetzten Falle aus den vorhergehenden Verhandlungen ohne
Mühe von selbst ergebe» werden, aufnimmt, und in das Protokoll niederschrei
ben läßt.
Wir versehen Uns jedoch zu den Jnstrucntcn, daß sie diese zu ihrer Erleich
terung und zur Verhütung unnützer Schreiberei blos abzielende Modifikation
nicht zum Deckmantel ihrer Bequemlichkeit mißbrauchen, und vielmehr die
schriftliche Aufstellung der specivs facti blos dann unterlassen werden, wenn
sich dieselbe aus den Vcrnehmungsprotokollen ohne mühsames Aufsuchen und
Zusammenstellen, jedem sachverständigen Leser gleichsam schon von selbst darbietet.
3. In allen andern Fällen bleibt es zwar lediglich und schlechterdings
bei den Vorschriften der A. G. O.z aber diese Vorschriften müssen zweckmä
ßiger und mit mehr Bcurtheilung, als bisher in vielen Fallen geschehen ist,
angewendet werden.
Die Aufnehmung der speeics facti muß nicht in einem bloßen Ausschreiben
der vorhergehenden Protokolle bestehen; wogegen die Gerichtsordn. K. 30 aus
drücklich warnt. Es ist dabei um eine zwar klare und vollständige, aber auch
möglichst konzentrirte und kurze Darstellung des unstreitigen Fakti zu thun,
sowie selbige, nach dem Ausdrucke der Gerichtsordn. §. 29 ein vollständiger und
getreuer Referent dem Kollegio oder Gericht zur Abfassung eines Erkenntnisses
vorlegen würde. Unbedeutende Ncbenumstände, welche auf die richterliche Be-
urtheilung und Entscheidung Mncn Einfluß haben können, sind also auch hier
schon zu übergehen. Gegen" diese Regel haben sehr viele Jnstruenten bisher
gefehlt, theils aus allzugroßcr Ängstlichkeit, theils weil sie sich nicht die Zeit
und Mühe nehmen wollten, durch fleißiges und überlegtes Nachlesen der frü
heren Verhandlungen sich erst selbst eine solche klare und konzentrirte Darstel
lung in ihrem Geiste zu bilden, sondern die Feder in die Hand genommen,
oder zu diktiren angefangen haben, ehe sie sich deutlich bewußt waren, worin
die Speeles facti eigentlich bestehe, und wie dieselbe dargestellt werden solle.
Noch häufiger ist aus gleichen Ursachen bei Auswerfung der Streitpunkte
gefehlt worden. Manche Jnstruenten haben mit einer übertriebenen Weit
schweifigkeit alle und jede, auch die unbedeutendsten und unerheblichsten Neben-
umstände, wobei die Parteien von einander abgewichen, ohne Auswahl und
Ordnung unter die Streitpunkte aufgenommen. Bei der Vernehmung der
Parteien muß allerdings der Jnstruent dieselben mit der größten Geduld und
der möglichsten Umständlichkeit hören; er darf sich nicht weigern, alle und jede
Angaben derselben, wenn sie ihm auch noch so unerheblich zu sein scheinen, auf
ihr Verlangen im Protokoll vermerken zu lassen. Aber, wenn er zur Reguli-
rung des stslus controversiae schreitet, muß er schon Mehr als seldstständigeS
182
richterliche Beurtheilung und Entscheidung keinen Einfluß haben können, sind
ebenfalls zu übergehen, i)
Kommen neben dem der Klage zum Grunde liegenden Hauptfakt« oder Ge
schäft noch Ncbenfakta vor, welche mit jenem in keiner nothwcndigen Verbin
dung oder Beziehung stehen, sondern entweder Nebengründe zur Unterstützung
der Klage, oder Einwendungen, die vom Hauptfakto ganz unabhängig sind, oder
künstliche Beweise des Klagegrundes oder der Einwendung, oder endlich Grunde
zur Beurtheilung des Gewichts und der Glaubwürdigkeit dieses oder jenes Be
neismittels enthalten sollen, so werden zur Vermeidung von Verwirrung und
Dunkelheit vom Hauptfakto und den Nebcnfaktis besondere GcfchichtSerzählungen
aufgenommen, und mit der des Hauptgeschäfts wird der Anfang gemacht. 2)
Eine gleiche Sonderung muß stattfinden, wenn in ein ein Prozesse mehre aus
verschiedenen Geschäften herrührende Ansprüche geltend gemacht werden.
Wesen nach eigener Einsicht und Überzeugung zu Werke gehen. Er muß sich
auch hier in den Gesichtspunkt eines Referenten stellen, welcher definitive über
die Sache sprechen soll, und aus diesem Gesichtspunkte muß er prüfen, was
für Umstände noch erst näher aufgeklärt und ins Licht gefetzt werden müssen,
che ein solches definitives Erkenntniß nach den Gesetzen möglich ist. Er muß
also in den st.ilum canlroversise nur solche streitige Umstände aufnehmen,
die er selbst für erheblich hält, oder auf deren Erheblichkeit und daher auf
ihrer nähern Ausmittelung von einer der Parteien, in den frühern Verhand
lungen ausdrücklich bestanden worden. Nur in den, doch immer nur seltenen
Fällen, wo entweder nach der besonders verwickelten Natur des Geschäftes oder
wegen Mangels eines deutlichen und bestimmten Gesetzes, die Möglichkeit ein-
trit, daß auch ein verständiger, in der Rechtstheorie hinlänglich gewiegter Ur-
tclsfasser, die Sache aus einem andern Gesichtspunkte, als demjenigen, welchen
der Jnstruent gefaßt hat, ansehen könnte, würden solche streitige Punkte mit
aufgenommen werden, welche nur dann, wenn dieser verschiedene Gesichtspunkt
angenommen werden sollte, erheblich sein würden.
Durch eine vernünftige, mit gehöriger reifer Bcurthcilungskraft begleitete
Anwendung dieser Regeln, werden in den allermeisten Fällen die streitigen
Punkte, die mancher Jnstruent bisher oft ins Unendliche vervielfältigt hat,
sich auf sehr wenige reduzircn lassen. Es ist auch nicht zu besorgen, daß bei
einem solchen Verfahren die Gerechtsame der Parteien leiden, oder die Erörte
rung in der That erheblicher Umstände unterbleiben, und durch nachgeholte Jn-
struktiones die Entscheidungen verzögert werden möchten j da der entworfene
ststus csusue et eontroversise doch allemal erst der Prüfung der Parteien
und Justizkommissarien, welche in weitläuftigen und wichtigen Sachen ohnehin
zetzt zugezogen zu werden pflegen, sowie der Kontrole des Dezernenten unter
worfen werden muß, und einer oder der andere derfelben es schon rügen kann
und wird, wenn etwa auch einmal der Jnstruent die Sache zu einseitig be
trachtet, und wirklich relevante Umstände unter den Streitpunkten mit aufzu
stellen verabsäumt hätte. Auch ist es, obgleich beides nach wie vor sorgfältig
vermieden werden muß, doch noch eher zu dulde», wenn in einem oder dem
andern außerordentlichen und seltenen Falle ein von dem ersten Deputats etwa
übersehener Umstand durch eine nachträgliche Instruktion, es sei in erster In
stanz oder in sppeilstorio, noch supplirt werden muß, als wenn in hundert
andern gewöhnlichen Fällen die Akten und Protokolle durch Anhäufung un
nützer und irrelevanter Streitpunkte überladen, die Zeit dadurch versplittert,
die Instruktion aufgehalten, und durch unnütze Beweisaufnehmungen , als die
gewöhnliche Folge eines solche» unzweckmäßigen Verfahrens, den Parteien ein
drückender Kostenaufwand verursacht wird.
1) Auch die Prozeßgeschichte und die wörtlichen Anträge der Parteien gehören
nicht in den stsrus «süsse et eovtraversise.
2) Diese besonderen Geschichtserzählungm nebst den bezüglichen sck 2 erwähnten
Streitfragen sind nur hinsichtlich ihres innern Zusammenhanges getrennt. Da
gegen können sie sämmtlich, so viele ihrer auch sind, in einem Protokoll auf
genommen werden.
183
2) Hinter der GefchichtscrzShlung werden in einer natürlichen Ordnung und
nach Nummern die unter den Parteien streitigen Thatsachen und Um
stände aufgeführt, und bei jedem einzelnen Streitpunkte die von den Parteien
angegebenen Beweismittel verzeichnet. ') — Ist eine Thatsachc nicht in ihrem
ganzen Zusammenhange vollständig eingestanden, so müssen die streitig bleiben
den Umstände, sie bestehen in Zusätzen oder in Einschränkungen, im Streitstande
sorgfältig ausgeworfen werden. — Sind in Punktensachen, oder sonst in Folge
mehrer vorkommenden, von einander unabhängigen, Thatsachen mehre besondere
GefchichtserzShlungcn aufgenommen (es. sck 1), so müssen jeder derselben, zur
Vermeidung von Verwirrung, die sie besonder« betreffenden Streitpunkte auch
besonders beigefügt werden. — A. G. O. I. 10, K. 27 e, 28—33, 36, 38 b. —
Eick, vom It. Okt. I7S7.
Vorlegung des Sach- und Streitstandes und Einigung über de»
aufzunehmenden Beweis.
§. 103. Entwirft der Dcputirte den Sach- und Strcitstand im Jnstruktions-
tcrmine, so muß er die einzelnen Thcile desselben den Parteien resp. Bevoll
mächtigten vorlegen, damit er, wenn Erinnerungen vorkommen, diese im Fortgänge
desselben berücksichtigen kann.
Hat der Jnstruent den Sach - und Streitstand zu Hause entworfen ( g. 1l)6,
III. 2), so muß er die Parteien resp. deren Bevollmächtigte unter abschriftlichcr
Mitthcitung zu einem Termine Behufs Erklärung darüber vorladen, und den Ter
min so hinausrückcn, damit sich die Vorgeladenen vorbereiten können. 2) Im Ter
min werden die Erschienenen mit ihren Erklärungen und Erinnerungen gehört, und
falls mit Rücksicht darauf sich etwa übersehene streitige Umstände ergeben, diese als
Streitfragen nachgetragen. Der demnächst genehmigte Sach- und Streitstand
muß sodan» von den Parteien und deren Assistenten oder Bevollmächtigten unter
schrieben werden.
Ergicbt sich aus dem genehmigten oder vervollständigten Sachstand, daß keine
Thatsachen, die einer nähern Aufklärung durch Beweis bedürfen, mehr vorhanden
find, so wird die Sühne versucht, und, wenn diese nicht gelingt, die Instruktion
geschlossen. — Sind aber noch streitige, durch Beweis näher aufzuklärende, That
sachen vorhanden, so wird ebenfalls die Sühne versucht, und wenn der Versuch
fehlschlägt, so muß der Jnstruent
3) die Regulirung des Sach- und StreitstandcS damit beschließen, daß er mit den
Parteien resp. deren Vertretern unter den streitigen Umständen die erhebliche»
von,den unerheblichen ausmittelt, und also feststellt, über welche Streitfragen
der Beweis aufzunehme» sei. Indem der Jnstruent sich mit den Parteien
darüber zu vereinigen sucht, muß er ihre Meinung und Gründe über die Er
heblichkeit oder Unerheblichkeit der einzelnen Thatsachen hören, und ihnen zu
gleich seine Meinung eröffnen. Er muß mit reifer Beurtheilungskraft, gründ
licher Äußerung feiner theoretischen Rcchtskenntnisse und vernünftiger Anwen
dung derselben auf die vorliegenden Thatsachen zu Werke gehen, damit weder
Umstände, die zur vollständigen Aufklärung der Sache gehöre», übergangen oder
unerörtert gelassen, noch auch durch Aufnehmung unnützer und unerheblicher
Beweise Zeit und Kosten verschwendet werden.
1) Bloße tatsächliche Streitfragen gehören in den Streitstand. Neine Rechts
fragen sind zu «ermeiden. Ausgenommen sind solche Rcchtspunkte, welche die
Natur der tatsächlichen angenommen haben, wie z. B. Fragen aus fremden
Rechten, in Betreff Observanzen «. — tt. §. 109, III. Nr. 5, 6, 7.
2) Jn'jder Borladung wird die Warnung gestellt, daß gegen den Ausbleibenden
angenommen werde, er genehmige den Sach- und Streitstand/
1»4
Findet eine Bereinigung über den aufzunehmenden Beweis statt, so wird
das Nähere darüber im Protokolle vermerkt, und dieses abgeschlossen. — Kann
sich dagegen der Jnstruent mit den Parteien nicht vereinigen, es sei nun ent
weder, daß er die Ausmittelung eines Umstandcs für nöthig hält, den ein oder
der andere Theil für unnütz oder unerheblich ansieht, oder daß eine Partei auf der
Untersuchung eines Umstandes, der ihm unnöthig oder nicht zur Sache gehörig
scheint, besteht; so muß er die von den Parteien zur Unterstützung ihrer Meinung
angeführten Gründe kurz, doch bündig und vollständig, zu Protokoll nehmen, und
die Akten unter Anführung seiner Gegengründe dem Kollegio zur Beurtheilung
vorlegen. — A. G. O. I. 1«, z. 33—35, 37, 39—45.
Verfügung auf den Sach- und Streitstand. Beschluß über den
aufzunehmenden Beweis.
Z. I. Ist gar keine durch Beweis noch aufzuklärende Thatsache vor
handen, so verfügt der Dezernent auf das gemäß Z. 103 aufgenommene Jnstruk-
tions- und Schlußprotokoll die Vorlegung der Akten zum Spruch.
II. Wenn zwar Beweisaufnahme nöthig, jedoch kein Streit oder Zweifel dar
über: welcher Beweis aufzunehmen fei, obwaltet; so verfügt der Jnstruent sofort
auf die Verhandlung das Nöthigc Behufs Beweisaufnahme. Liegt einer der K. 103
II. Nr. 1 u. 2. erwähnten Fälle vor, so beantragt er gleichzeitig das Erforderliche
beim Kollegio. — Z. 44, 17, 18 a. a. O.
III. Wird aber vom Jnstrucnten oder einer Partei beim Kollegio Bcschluß-
nahme hinsichtlich der Beweisaufnahme beantragt; fo wird auf mündlichen Vor
trag des Dezernenten von jenem darüber beschlossen: über welche Streitfragen der
Beweis aufzunehmen sei.
In sehr wichtigen und bedenklichen Fällen kann ein schriftlicher, jedoch nie
mals über 14 Tage hinauszusetzender, Vortrag zugelassen werden. — Bei der Be-
schlußnahme ist folgendes zu berücksichtigen:
1) Es kommt dabei weder auf ängstliche Bestimmung eines genau und künstlich ab
gemessenen Beweises, noch auf entscheidende Festsetzung der Wirkung, welche die
streitige Thatsache, je nachdem sie wahr oder falsch ist, auf die künftige Ent
scheidung des Prozesses haben wird, sondern überhaupt nur darauf an: ob die
vorliegende Thatsache zur Aufklärung der Hauptsache wahrscheinlich etwas bei
tragen könne, und ob aus derselben irgend etwas, das auf den Grund der Klage
oder der Einwendung rechtlichen Bezug hat, hergeleitet werden kann.
Grünbliche Rechtstheorie und reife Bcurthcilungskraft müssen also dabei vorzüg
lich angewendet, zugleich aber auf alle Umstände des vorliegenden Falles und die
Beschaffenheit der über eine solche Thatsache vorhandene Beweismittel vernünf
tige Rücksicht genommen werden. Sind z. B. die Beweismittel in Betreff einer
Thatsache, deren Erheblichkeit an sich noch zweifelhaft sein könnte, zur Hand,
und ohne großen Kosten- und Zeitaufwand aufzunehmen; so kann auf Andrin
gen einer Partei die weitere Untersuchung derselben eher, als wenn dieselbe sehr
weitläufig, langwierig und kostspielig wäre, bewilligt werden.
3) Notorische') oder solchcThatsachcn, welche dergestalt allgemein bekannt sind,
daß kein vernünftiger Grund, dieselben in Zweifel zu ziehen, vorhanden ist, be-

") Das Gesetz unterscheidet hier zwischen notorischen und allgemein bekannten That-
sachen, ohne näher anzugeben, was es unter notorisch verstanden wissen will.
Unter notorisch versteht man gewöhnlich und mit Grund alle die Thatsache», welche
dem Prozeßgericht mit Gewißheit bekannt sind. Die allgemein bekannten Thatsa-
chen sind nur ein Theil davon. Auf geschichtliche Ereignisse kann man das Noto
rische nicht einschränken. — Übrigens steht den Parteien auch in Betreff der noto
j«5
dürfen keines Beweises. Ist die Sache nur in dein Distrikte, oder an dem
Orte, wo die Instruktion geschieht, notorisch, so muß der Jnstruent diese Noto-
rietät umständlich in den Akten verzeichnen und attestiren.
4) In Betreff aller übrigen Thatsachen muß, wenn deren Erheblichkeit bezweifelt
wird, darüber beschlossen werden. Dies muß auch geschehen, wenn die Erheb
lichkeit einer Thatsache von Auslegung eines nicht deutlichen Gesetzes abhängt, so
daß das Kollegium in diesem Falle zugleich die zweifelhaste Rechtsfrage vorläu
fig zu entscheiden hat. >)
5) Muß ein Geschäft über welches gestritten wird, nach fremden Landesge
setzen, die der Richter zu kennen nicht schuldig ist, beurtheilt werden: so muß
in Betreff der Frage:
was die fremden Gesetze für den vorliegenden Fall verordnen,
wenn sie streitig ist, wie über andere Thatsachen Beweis aufgenommen
werden. 2)
6) Gleiches gilt, wenn an Orten, wo die Provinzialgesetzbücher noch nicht publizirt
sind, eine Partei sich auf ein Statutar-Recht gründet, dessen Dasein dem
Gerichte nicht bekannt ist.
rischcn Thatsachen frei, den Gegenbeweis zu führen. Wenn daher der Jnstruktions-
richter den Fall einer Notorietät zu den Akten verzeichnet und bescheinigt, muß er
den Parteien davon Kenntniß geben, damit sie zur Führung des Gegenbeweises
Gelegenheit haben.
>) Vorläufig nur um deshalb, weil der erkennende Richter an diesen Beschluß nicht
gebunden ist.
^) In Betreff des geschriebenen fremden Rechts wird der Beweis durch Ein
reichung eines vollständigen gedruckten Exemplars des Gesetzes oder Gesetzbuches
geführt werden können. Doch darf über dessen Autentizität und die erfolgte Pu
blikation des Gesetzes kein Zweifel obwalten, da sonst auch hierüber Beweis ge
führt werden müßte. Bei ungeschriebenen fremden Rechten wird der Beweis
durch Schriften der Rechtsgelehrten, Atteste der Gerichtshöfe oder Gutachten an
gesehener Rcchtsgelchrten zu führen sein. — Ins Besondere wird der Nachweis
der Existenz eines englischen Gesetzes, am zweckmäßigsten durch Beibringung
des Gutachtens zweier englischer Rechtsgelehrten geführt. Doch ist Gegenbeweis
durch Gegengutachten unbenommen. — Res. vom 8. Decbr. 1819. Jahrb. 14. S.
171. — In Bezug auf altpolnisches Recht ist in der Regel, und ohne das
Ermessen des Richters in einzelnen Fällen besonderer Art auszuschließen, die Pro
duktion polnischer Rechtsgclehrten in Prozessen nur dann, wenn der behauptete
Rechtssatz auf einem Fakts beruht, das aus geschriebenen Gesetzen nicht erkannt
werden kann, und daher nur vorzüglich in den Fällen:
1) wenn ein geschriebenes Gesetz allegirt wird, welches sich i» der Sammlung
des Trembicki nicht befindet, und der Gegentheil bestreitet, daß es von den
Gerichten angewandt worden, in welchem Falle dem Produzenten der Beweis
obliegt; desgl. wenn von einem in der Sammlung des Trembicki aufgenom
menen Gesetze excipienci« behauptet wird, daß solches ivierreeipirt gewesen;
2) wenn der behauptete Rechtssatz auf eine Observanz begründet wird, die in
den polnischen Gerichtshöfen stattgefunden haben soll, wohin auch größten,
theils die Behauptungen von den Formen des polnischen Rechts gehören;
und auch dann nur unter folgenden Einschränkungen gestattet:
i>) daß nur solche Personen produzirt werden können, welche wirkliche Richter
stellen bei Grod- oder Landgerichten oder dem Tribunal zu Petrikau beklei
det haben; und
d) daß jede Partei, und insonderheit deren Assistent bei der Produktion aus sei
nen Manualakten, nachweisen müsse, wie er zur Behauptung einer Observanz
dieser Art gekommen, und welche Thatsachen ihm bekannt geworden, um zu
einer solchen Behauptung veranlaßt zu werden, und endlich, daß und welche
Mittel er angewendet, und welche Mühe er sich gegeben, diese Thatsachen,
welche vorzüglich nur in Erkenntnissen oder sonstigen in contrscliotorio er
gangenen Verfügungen bestehen können, beizubringen, oder sonst vorläufig
aufzuklären. — Res. vom 14. Decbr. 1798. Rabe Bd. ö, S. 255.
186
7) Gewohnheitsrechte und Observanzen verdienen nur bann Berücksichtigung,
») «enn sie den Provinzialgesetzen einverleibt sind, d) wenn durch dieselben et
was bestimmt wird, was die Gesetze unentschieden gelassen haben. Liegt ein
Fall der letzteren Art vor, so muß die behauptete Observanz resp. das Gewohn
heitsrecht, wenn Parteien darüber nicht einig sind, gleich andern bestrittenen
Thatfachen durch Beweisaufnahme ins Licht gesetzt werden. — A. G. O. I. 10,
K. 45—5S. — A. L. R. Ems. §. 3, 4. — Eab.-Ordre vom 8. März 1798.
N. C. E. low. X. S. 1609. Rabe Bd. 5, S. 86,
Fortsetzung.
Prüfung und Beschluß hinsichtlich vorkommender Prajudizialein-
reden und Präjudizialpunkte.
§. 11«. 8. Hat der Beklagte der Hauptforderung des Klägers einen solchen
Einwand entgegengesetzt, durch welchen diese Forderung, wenn sie auch jemals ge
gründet gewesen wäre, wieder aufgehoben würde (exeptio litis linitso), als Zah
lung, Erlaß, Vergleich, Verjährung, bereits erfolgte rechtskräftige Entscheidung zc.z
so räumt
^. Beklagter entweder zugleich den Klagegrund völlig ein, und lehnt nur den
Antrag des Klägers durch den Einwand ab. Dann wird dieser allein Gegenstand
der Instruktion und Beweisaufnahme;
L. oder er stellt auch den Klagegrund in Abrede. In diesem Falle muß die
Natur und Beschaffenheit der Thatsachcn, worauf Klage und Einwand sich grün
den, und die Qualität der darüber angegebenen Beweismittel genau und sorgfältig
erwogen, und demnächst das Weitere beschlossen werden. Findet sich nemlich,
s) daß die Hauptsache leicht und ohne großen Zeit- und Kostenaufwand auszumit-
teln, die Instruktion des Einwandes aber weitaufsehcnd und kostspielig sei; (z.
B. wenn die Klage auf Urkunden beruht, und blos über deren Verstand und
Beweiskraft unter dm Parteien gestritten wird; der entgegengefetzte Einwand
der Verjährung hingegen durch weitläufige, aus entfernten Gegenden herbeizu
schaffende Zeugenverhöre ausgemittelt werden soll); so wird die Instruktion des
Einwandes ausgesetzt, dagegen die Instruktion und Beweisaufnahme der Haupt
sache veranlaßt, die Sache abgeschlossen, und die Spruchvorlegung verfügt. Er
achtet hiernächst »») der erkennende Richter die Klage ebenfalls für unbegrün
det; so bleibt die Beweisaufnahme über den Einwand auch in den ferneren In
stanzen ausgesetzt. Nur, wenn Beklagter selbst auf Beweisaufnahme über den
Einwand anträgt, muß diese während der folgenden Instanzen erfolgen, bd)
Erachtet der erkennende erste Richter die Klage nicht offenbar unbegründet; so
setzt er die Entscheidung in der Hauptsache aus , und ordnet durch Resolution
die Fortsetzung der Instruktion über den Einwand an.
K) Stehen die Hauptsache und der Einwand in Rücksicht der Zeit und Kosten der
bei beiden erforderlichen Instruktion ungefähr in gleichem Verhältnißz so wer
den Hauptsache und Einwand gleichzeitig instruirt und abgeurtelt.
e) Ist dagegen die Instruktion der Hauptsache weitläufig, verwickelt und kostspie
lig, die Erörterung des Einwandes aber kurz und ohne sonderlichen Aufenthalt
und Kosten zu bewirken; so wird mit Beiseitesetzung der Hauptsache die Einrede
völlig instruirt, die Akten werden dann zum Spruch vorgelegt, und es wird darüber
in jedem Falle erkannt. Wird im ersten Urtel ss>) der Einwand für erheblich
und hinlänglich ausgemittelt erachtet, und Kläger daher abgewiesen; so bleibt die
Instruktion und Beweisaufnahme hinsichtlich der Hauptsache in allen ferneren In
stanzen ausgefetzt. Nur «) wenn beide Theile darüber einig sind, und /?) wenn
Kläger solche Umstände anführen und bescheinigen kann, welche die Aufnahme eines
l»7
Beweises zum ewigen Gedächtnisse begründen würden, muß mit Instruktion und
Beweisaufnahme der Hauptsache während der folgenden Instanzen vorgegangen
werden. — KK) Wird der Einwand verworfen, so muß der Appellation unge
achtet die Instruktion der Hauptsache sofort vorgenommen, und selbst bei Abän
derung des Iten Urtels in 2ter Instanz bis dahin fortgesetzt werden, wo die
Erheblichkeit des Einwandcs rechtskräftig feststeht.
In den Fällen, in welche» nach Vorstehendem die Instruktion und Beweis«
aufnähme hinsichts der Hauptsache, nach der richterlichen noch nicht rechtskräftige»
Entscheidung über den Einwand, angeordnet werden muß, erfolgt diese Instruktion
in besonder», unter Direktion des Jnstrucnten aus den Hauptakten zu ergänzenden
Akten. Das Erkenntniß über die Hauptsache bleibt aber in jedem Falle bis, zur
rechtskräftigen Entscheidung über den Einwand ausgesetzt. Die Erkenntnisse der
ferneren Instanzen müssen daher möglichst beschleunigt werden. Die Registratur
muß bei Spruchvorlegung auf dem Distributionszettel vermerken, daß über einen
Präjudizialcinwand zu erkennen sei; und wenn die Akten zum Spruch versendet
werden, muß im Übersendungsschreiben oder Berichte darüber ausdrücklich Erwäh
nung geschehen.
Wird ein solcher Einwand rechtskräftig verworfen; so kann bei der demnächst
erfolgenden Instruktion und Entscheidung der Hauptsache darauf keine Rücksicht
mehr genommen werden. Doch steht dem über den Einwand erkennenden Richter
frei, wenn er findet, daß die Thatsachen, auf welchen der Einwand beruht, zwar
noch nicht völlig ins Licht gesetzt sind, daß aber eine nähere Sntwickelung derselben
bei Erörterung der Hauptthatsache vielleicht noch statt finden könnte, einen solchen
Einwand nur in soweit, als dadurch die Einlassung auf die Klage ganz abgelehnt
werden soll, zu verwerfen, und dem Beklagten dessen ferneren Gebrauch bei der In
struktion der Hauptsache vorzubehalten. — A. G. O. I. §. 60—781).
9. Alles, was vorstehend unter Nro. 8 gesagt ist, gilt auch von solchen Ein
wendungen des Beklagten, welche dahin abzielen, daß er nicht schuldig sei,
sich mit dem Klüger einzulassen (exeeptiovez litis ingressum impeclien»
tes), >) in sofern ncmlich diese Einwendungen nicht durch vorläufige Verfügung in«
Licht gesetzt werden konnten, sondern zur Erörterung im Jnftruktionstermin ver
wiesen werden mußten. (<2f. §. 95, II. Nro. 1.) — Betrifft namentlich der dem
Kläger entgegengesetzte Einwand die mangelnde Legitimation desselben; so ist im
Jnftruktionstermin mit Erörterung desselben in der Regel der Anfang zu machen;
und in sofern mit Rückficht auf Nro. 8, ö. K. Einwand und Hauptsache zugleich
instruirt werden, muß die Erörterung des Legitimationspunktes jedesmal in eine«
besonderen Protokoll erfolgen. — Z. 79—81 s. a. a. O.
10. Kommt bei einem aus mehren Punkten oder Forderungen bestehend«
Prozesse ein Präjudizialpunkt anderer Art vor, von dessen Entscheidung das
Stehen oder Fallen der einzelnen Punkte, oder doch eine wesentliche Verschiedenheit
in der ihrer Instruktion zu gebenden Richtung abhängt; so steht es dem instruiren-
den Gericht frei, dergleichen Präjudizialfragen gemäß der Vorschrift Nro. Sc. vor
weg instruiren zu lassen, und bis zu deren Entscheidung die fernere Einleitung der
speziellen Punkte auszusetzen ; z. B. wenn über die Präjudizialfrage gestritten wird :
ob Jemand Rechnung zu legen schuldig sei? so muß erst darüber Instruktion und
') Einwendungen der Art sind z. B. daß nicht in dem gehörige» Gerichtsstande
geklagt, daß die Sache schon anderswo rechtsgängig sei; daß es dem Kläger an
der erforderlichen Legitimation ermangele u. s. w. — l)f. §. 20, Tit. 9, Proz. O.
2) Kann Kläger in einem bereits eingeleiteten Prozesse seine vom Gegner bestrit
tene Legitimation nicht führen; so kann ohne seinen Antrag nicht die Aktenre-
xosirion erfolgen. Es muß vielmehr in contumnlism verfahren werden. —
N. Res. vom 10. Decbr. 1S14, Jahrb. 4, S. 207.
188
Entscheidung erfolgen, ehe die Rechnungslegung selbst und der Streit über deren
Richtigkeit Gegenstand der Instruktion werden kann; — wenn Jemand als Erbe
die Ausantwortung des Nachlasses fordert, und ihm sein Erbrecht bestritten wird;
so muß erst dieses rechtskräftig feststehen, ehe zur Ausmittelung und Festsetzung des
herauszugebenden Nachlasses geschritten wird; — wenn einer eingeklagten Forderung
vom Erben des eigentlichen Schuldners die Beneficial-Qualität entgegengesetzt wird;
so ist zunächst die Richtigkeit der Forderung und der Umstand, ob Beklagter sich der
Rechtswohlthat des Inventars bedienen könne? Gegenstand der Instruktion und
Entscheidung; und die Erörterung der Frage: ob der Rachlaß zur Bezahlung der
eingeklagten Forderung zureiche oder nicht? bleibt ausgesetzt; u. s. w. — S. 81b.
a. a. O. §. 43, Tit. 13 a. a. O.
Wirkung des über den aufzunehmenden Beweis gefaßten
Beschlusses.
Z. III. Gegen den Beschluß des Kolegii, ') vermöge dessen die durch Beweis
auszumittelnden Thatsachen festgestellt werde», findet kein Rechtsmittel statt. Doch
ist der erkennende Richter daran nicht gebunden. Dieser kann vielmehr, wenn bei
der erfolgten näheren Entwicklung der Sache sich findet, daß ein bisher als un
erheblich angesehener, und daher unerörtcrt gelassener Umstand gleichwohl auf die
richtige Entscheidung des Prozesses wirklichen Einfluß habe, die nähere Ausmittelung
desselben verfugen. Auch steht den Parteien zu, in den ferneren Instanzen die Er
heblichkeit der im vorigen Urtel als unerheblich verworfenen oder übergangenen
Umstände auszuführen. — Z. 57, Tit. 10 a. a. O.
" II. Von Aufnahme der Beweise.
.4. Vom Beweise durch Geständniß. 2)
§. 112. I. Die von einer Partei oder ihrem Bevollmächtigten im
Prozeß zugestandenen Thatsachen sind als vollkommen erwiesen anzusehn, und es
bedarf darüber keiner Beweisaufnahme. — Geständnisse, welche von einer Partei
ausscrgerichtlich, oder zwar vor Gericht, äVer in einer andern Sache, als
dem vorliegenden Prozeß, abgegeben sind, machen allemal einen Beweis wider den
Gestehenden aus. — Ist eine Thatsache nicht in ihrem ganzen Zusammenhange voll
ständig eingestanden;») so muß in Betreff der nicht zugestandenen Umstände, sie be
stehen in Zusätzen oder Einschränkungen, der Beweis aufgenommen werden. —
§. 27«. 82, 87, 83 b. a. a. O.
II. Behauptet eine Partei, daß ihr Gegner einen im Prozeß abgcläugneten
Umstand entweder in einer andern Sache vor Gericht, oder aussergerichtlich einge
standen habe; so ist dies eine Thatsache, und sie muß, wenn der Gegner dieser Be-
>) Dieser Beschluß hat nur die Natur einer Verfügung. Das den Prozeß instrui-
rende Gericht kann auf anderweitigen Vortrag den Beschluß ebenfalls ändern.
2) Man unterscheidet gewöhnlich Geständniß und Anerkenntnis, indem man
anführt, daß Thatsachen zugestanden, Verbindlichkeiten und die densel
ben entsprechenden Rechte aber anerkannt werden. Doch ist kein praktischer
Werth in dieser Unterscheidung ersichtlich.
«) Ein solches Geständniß wird ein qualifizirtes genannt. Es ist wohl zu un
terscheiden von demjenigen Geständniß, welchem blos, die Forderung aufhebende,
Einreden entgegengesetzt werden. Lk. §. 110 ^. Hier ist ein vollkommenes Ge
ständniß vorhanden, welches gegen den Beklagten beweist. Dieser muß den bei
gefügten Einwand zur Beseitigung des Anspruchs daher nachweisen. Ein unter
Einschränkungen oder Modifikationen abgegebenes Geständniß (ein qualifizirtes)
hängt aber mit der beigefügten Einschränkung eng zusammen; es beweist gegen
Beklagten nur in soweit, als die Einschränkung nicht reicht; und diese muß,
wenn es vollkommen beweisen soll, durch Beweisaufnahme beseitigt werden.
189
hauptung widerspricht, gleich andren Thatsache» durch Beweis ins Licht gesetzt wer«
den. Der Jnstruent und das Gericht müssen dann vernünftig beurtheilen: ob es
nach dem Zwecke der Abkürzung der Prozesse und der möglichsten Kostensparung
rathsamer sei, die Beweisaufnahme zuförderft auf das streitige Hauptfaktum, «der
auf die Thatsache des erfolgten Geständnisses, oder auf beides zugleich zu richten. —
8. 83 u. 84 a. a. O.
III. Soll aber ein Geständniß, es sei im Prozesse oder vorher erfolgt, auf
die Entscheidung des vorliegende» Prozesses rechtlichen Einfluß haben; so muß der
Gestehende zur Verhandlung der Sache nach seinem alleinigen Ermessen befugt
sein. >) Ermangelt es hieran, so müssen die zugezogen sein, ohne deren Genehmi-
gung «der Einwilligung die Partei sich auf rechtsbeständige Art nicht verpflichten,
noch über die streitige Sache giltig verfügen kann. — Dagegen ist zur rechtlichen
Wirksamkeit eines Geständnisses die Annahme des Gegentheils in keinem Falle
nothwcndig. — Z. 85, 88 s. a. a. O.
IV. Gestehen von mehren Mitberechtigten oder Verpfichteten einige
die vom Gegner behauptete Thatsache ein, andre bestreiten sie, so muß
1) bei untbeilbaren Sachen Hausse iocliviliuse) mit Beweisaufnahme verfah»
ren werden; wobei jedoch von dem Geständnisse einiger Konsorten zur Ausfor
schung der Wahrheit Gebrauch zu machen ist. Es kann daher, nach Beschaffen»
heit der Umstände und Unterschied der Fälle, der geständige Litiskonsort als
Zeuge abgehört, oder wenn auf einen nothwcndigen Eid zu erkennen ist, und es
sich fragt, wer von beiden Tbeilen dazu zu lassen sei? auf das Zugeständniß
eines oder mehrer Litiskonsorten Rücksicht genommen werden.
2) Bei theilbarcn Rechten und Sachen steht jedem Mitgenossen sein Geständniß
in Ansehung seines eignen Interesses bei der Sache allemal entgegen. —
§. 86 a. a. O.
V. Wird das von einer Partei oder deren Bevollmächtigten im Prozeß ab»
gegebene, oder das von der Partei aussergcrichtlich, oder zwar gerichtlich aber in
anderer Sache gethane Geständniß, als irrthümlich erfolgt, widerrufen; so muß der
Widerrufende gemäß §. 102. II. den Jrrthum und die wahre Bcwandniß der Sache
nachweisen. 2) Findet sich zwischen einem aussergerichtlichen Geständniß und den
übrigen von der Bcwandniß der Sache vorhandenen Nachrichten ein Widerspruch,
so muß es der Beurtheilung des erkennenden Richters überlassen werden: welcher
Grad von Beweiskraft dem Geständniß beizulegen sei, und in wiefern der Geste
hende den Umstand, daß das Geständniß aus Jrrthum geschehen, mehr oder weni
ger überzeugend nachgewiesen habe. — §. 88b. a. a. O.
VI. Hat ein Bevollmächtigter der erhaltenen Instruktion zuwider ein Ge
ständniß abgegeben; so kann blos um deshalb die das Geständniß enthaltende Ver
handlung nicht angefochten werden. Dem Machtgeber steht nur eine Regreßklage
gegen den Bevollmächtigten zu. — Z. 87. a. a. O.
L. Vom Beweise durch Urkunden.
Wie lange Urkund enbewcis im ordentlichen Prozeß zulässig, und
w« edirte Urkunden aufzubewahren,
z. 113. I. Beweismittel mit Einschluß der Urkunden sind in den nach diesem
1) Von den Personen, denen eine solche Besugniß fehlt, ist oben §. 9, fg. S. 21
fg. die Rede gewesen.
2) Das Geh. Ob. Trib. hat in einem Erkenntn. v. 18Z3 (Jur. Woch. 184«, S.
11 fg.) ausgeführt, daß Zugeständnisse, welche bei Vergleichsunterhandlungen,
die nicht zum Abschlüsse des Vergleichs führen, gemacht sind, jedcrzeit widerru
fen werden können, ohne daß es einer nähern Begründung des Widerrufs be
dürfe. Denn dadurch, daß der Endzweck gütlicher Einigung uneereicht bleibe,
falle die Grundlage weg, auf welcher die Zugeständnisse beruhen.
19«
Äbschnit zu verhandelnde» Prozessen zwar in der Regel in der Klage und Klage-
beantwortung anzugeben. Die Urkunden sollen auch möglichst vor dem Jnftruktions-
termine beigebracht, und dem Gegner abschriftlich mitgcthcitt, oder wenn sie hinter
einem Dritten sich befinden, das Röthige wegen Edirung derselben vom Richter
verfügt sein. Doch sind neue Beweismittel im ganzen Laufe der Instruktion, und
selbst noch im Schlußtermine zulassig und zu berücksichtigen. Nur müssen Urkun
den, wenn erst im Schlußtermin darauf Bezug genommen wird, sofort beigelegt
werden. — Z. 53, 9«, Tit. 10, g. 6, Tit. 12 a. a. O.
ll. Die im Prozeß übergcbcnen Urkunden müssen in der Regel zu den betref
fenden Prozeßakten geheftet, und darin aufbewahrt, bei der Aktenreposition muß
aber dafür gesorgt werden, daß die Zurückgabe erfolge. Die von den betreffenden
Akten getrennte Aufbewahrung ist bciDokumcntcn nur auf ausdrücklichen Antrag
der Parteien gestattet; bei einigen Urkunden, wie Büchern, ganzen Aktenstücken,
Kerbhölzern u. f. w. aber dadurch nöthig, daH die Einhcftung nicht füglich angeht.
Die Aufbewahrung erfolgt dann, sofern sie nicht im Bortrag oder in den Termi
nen nöthig sind, in der Registratur von dem betreffenden Beamten. — Ref. v. 2t.
Decbr. 1329. Jahrb. 34, S. 468. Grass 6, S. 267. — GeschSsts-Reglem. v.
3. Aug. 1341, §. 9. — Res. v. 6, Marz 1838 Nr. 7. Jahrb. 48, S. 473.
Grass 12, S. 93.
Wer ist zur Herausgabe von Beweisurkundcn verpflichtet?
K. 114. Zur Herausgabe der zur Aufklärung der Sache dienenden Urkunden
und schriftlichen Nachrichten sind verpflichtet
1) die Parteien selbst, gleich viel, ob dieselben vom Gerichte dazu fpczicl aufgefor
dert sind oder nicht. Diese müssen sich zugleich erklären, in wiefern sie den In
halt der produzirten Urkunden ganz oder zum Theil als richtig einräumen.
Wenn dies bei Vorlegung der Urkunde oder sonst bei Instruktion der Sache ge
schehen ist, so soll eine solche Urkunde wider den Produzenten blos um deswil
len, weil sie von ihm beigebracht worden, nichts beweisen, sondern es soll le
diglich darauf ankommen: was dieselbe nn und für sich, ohne Rücksicht, wer sie
produzirt, für einen Beweis bewirken könne.
2) dritte in den Prozeß nicht verwickelte Personen. Ihnen liegt jedoch nur auf
richterliche Aufforderung diefe Pflicht ob.
S) Auch Behörden müssen auf Requisition des Prozeßrichtcrs die von ihnen aufbe
wahrten Briefschaften, Urkunden und Akten cdiren. — A. G. O. I. 10, Z. 89—
91, 97.
Doch können, wenn gegen fiskalische Behörden EditionsantrSgc rcsp. Verfü
gungen auf Herausgabe ganzer Aktenstücke vorkommen, diese die Herausgabe der
Aktenstücke verweigern, und fordern, daß die Urkunden, welche verlangt werden,
bestimmt bezeichnet werden. — Wer. d. Geh. O,-Trib. v. 13. Jan. 1841 , mit-
geth. b. Res. v. 23. April 1843. I. M. B. 1843, S. 113 fg.
Was edirt werden muß und was nicht.
§.115. Alle Urkunden, welche über eine streitige Thatsache Aufklarung
zu gewähren im Stande sind, können Gegenstand der Edition sein. Dahin gehört
auch iie Privatkorrespvndenz, welche die Parteien selbst über das streitige Ge
schäft unter einander geführt Habenz ferner die zwischen einer Partei und einem,
von Haiden Parteien gemeinschaftlich als Mäkler oder sonst als Bermit-
Kr zur Verhandlung oder Abschliessung des streitigen Geschäfts gewählten, Drit
ten geführte Korrespondenz; desgl. amtliche Korrespondenzen der Behörden') und
') Das Geh. Ob,-Txib. hat jedoch im Bericht v. tS. Januar 1841 (I. M> B.
191
solche Rechnungen, welche eine untergeordnete Staatsbehörde oder t!n unterge
ordneter Beamte dir vorgesetzten Behörde gelegt hat. Dagegen kann
1) die Edition einer solchen Privcttkorrespondcnz, welche über da« Geschäft zwischen
einer Partei und einem Dritten geführt worden, (in sofern dieser nicht
gememschaftlicher Mäkler oder Vermittler war,) weder von der Partei noch vom
Dritten gefordert werden. Weiß oder vermuthet eine Partei, daß der Dritte
aus der mit dem Gegner geführten Korrespondenz von erheblichen, zur Sache
gehörigen Thatsachen Kenntniß habe, so kann sie ihn zum Zeugen vorschlagen.
Seine Pflicht, zur Ablesung eines Zeugnisses, wird demnächst nach den wciter
unten beim Beweise durch Zeugen vorzutragenden Grundsätzen beurtheilt.
2) Ferner kann nicht verlangt werden die Edition Königlicher Kab. Orders, welche
als Anweisungen an die Verwaltungs-Ehefs erlassen, aber nicht puvlizirt sind. —
A. G. O. I. I«, 8. 90—92«. — Res. v. 4. März 1831. Jahrb. »7, S. 83.
Gräff 6, S. 267.— Res. v. 18. Febr. 1831; v. 17. Januar 1834 u. 1»<
Novbr. 1837. — Gräff, Koch ,c. Erg. III. S. 207 fg.
Won Begründung der Editionsgcsuche und der Art und Weise, in
welcher der Editionspunkt zu erledigen.
Z. 116. I. Der Prozeßrichtcr kann von Amtswegcn die Herbeischaffung der
Urkunden veranlassen, wen» sich aus den Akten deren Existenz und Verbleib, so wie
ferner ergibt, daß ohne deren Herbeischaffung die Sache nicht vollständig aufgeklärt
werden kann. Ausserdem hat aber auch jede Partei das Recht, die Edition der
zum Nachweise ihrer Behauptungen dienenden Urkunden sowol Seitens des Gegners,
als Seitens eines Dritten zu beantragen. — §. 58, 91, I. 1«, A. G. O.
II. Zur Begründung des Editionögrsiichs ist nothwendig:
1) daß die Thatsache, oder der Umstand, welcher durch die Urkunde erwiesen
werden soll,') deutlich und bestimmt angegeben sei;
2) daß wenigstens wahrscheinliche Gründe zu der Bcrmuthung vorhanden sind,
daß ein solches Dokument hinter dem, von welchem es gefordert wird, sich wirk
lich befinde; (cl. z. 118, II.)
3) daß das zu edircnde Dokument dcrgcstattt bestimmt bezeichnet werde, daß
der, welcher es herausgeben soll, dadurch in den Stand gesetzt sei, dasselbe von
seinen übrigen Schriften zu unterscheiden, und sich darüber: ob er ein solches
Dokument besitze, zu erklären.
Auf allgemeine und unbestimmte Editionsgesuche soll also keine Rück
sicht genommen; zur Erforschung bloßer Meinungen und Gesinnungen
soll ein Editionsgesuch nicht zugelassen; und ohne vorhandene, wenigstens
wahrscheinliche Bcrmuthungeu des wirklichen Besitzes sollen beson
ders Personen, welche in de» Prozeß nicht verwickelt sind, damit nicht beun
ruhigt werden. — Z. 92 b a. a. O.
III. Jedes Editionsgesuch setzt aber voraus, daß das Dokument Behufs
Ausmittclung einer im Prozeß streitigen Thatsache nothwendig sei. Fordert Je
mand um deswillen, weil ihm auf ein Dokument als Eigcnthümer, Mitgenosse «der
aus irgend einem andern rechtlichen Grunde ein Anspruch zusteht, dessen HerauS-
1843, S, 113 fg.) angenommen, daß in Prozessen des Königl. Fiskus die die
sen vertretende Behörde nicht verpflichtet ist, die in Betreff des streitigen Ge
genstandes gepflogene Korrespondenz, in soweit diese lediglich zu ihrer Einsicht
und Benutzung gewidmet gewesen, zu ediren.
') Dieser Umstand muß also unter den Parteien wirklich streitig sein. Werden in
Betreff nicht streitiger Umstände, oder um deshalb, damit provocsvt aus der
zu edirenden Urkunde Materialien für andere Klagen sammele, Edirionsgesuche
angebracht, so darf ihnen nicht statt gegeben werden. — Cf. Res. v. 10. April
IM. Gräff, Koch zc. III. 209.
192
gäbe; so gehört der Antrag zur Instruktion und zum Erkenntniß im besondern
Prozeß, dessen Objekt das Dokument ist. Mit dergleichen in einem Prozeß for-
mirten Editionsgesuchen muß daher der Editionssucher ohne Weiteres zum beson
dern Prozeß gewiesen werden. — Z. 93 a. a. O.
IV. Ein besonderes Verfahren und Erkenntniß findet in Betreff des Edi
tionspunktes nicht statt. Derselbe wird, ohne den Gang des Prozesses selbst da
durch aufzuhalten, durch bloße Verfügungen erledigt. Diese Verfügungen auf Her
ausgabe der Urkunden müssen bald nach dem Bekanntwerden der Urkunde
oder resp. nach Begründung des Editionsantrags, ohne Rücksicht darauf, ob der
Sach- und Streitstand bereits entworfen ist oder nicht, erlassen werden. Doch
wird vorausgefetzt, daß der Prozeß bereits schwebt, oder die Klage doch gleichzeitig
wirklich angebracht wird, da bei der bloßen Anmeldung der Klage Editionsgesuche
nicht zulässig sind. Der Erlaß der Verfügungen geht
1) vom Deputirten aus, wenn im Laufe der Instruktion eine Partei die Urkunde
ediren soll.
2) In allen andern Fällen erläßt der Dezernent die Editionsverfügungen. — Z. 53,
108 a. a. O. — Res. v. 13. Aug. 1836. — Gräff, Koch zc. Erg. III. S. 207.
Von der Edition Seitens der Parteien; vom Editionseide, und
von den Folge» der verweigerten Edition.
§. 117. I. Jede Partei, welcher der Richter ein zur Aufklärung streitiger
Thatfachen beitragendes Dokument, sei es auf Antrag des Gegners, oder von
Amtswegcn abfordert, ist schuldig, dasselbe entweder herauszugeben, oder zu schwören:')
daß sie ein solches Dokument nicht in ihrer Gewahrsam
habe, noch wisse, wo es sich befinde; auch daß sie es nicht
gefährlicher Weise abHände» gebracht habe. — A. G. O. I.
1«, z. 94.
II. Wird von einer Partei die Herausgabe solcher Briefschaften gefordert,
die erst aus den Händen eines Erblassers oder eines andern Dritten an sie gedie
hen sind; und schützt sie vor, daß sie nicht wisse: ob das zu edirende Dokument
darunter sei? nimmt auch Anstand, den Editionseid ad. I. zu leisten; so muß sie
sich erbieten, sämmtliche von einem Dritten auf sie gelangte Skripturen einer von
ihr zu wählenden Gerichtsperson zur Revision vorzulegen. Sie darf dann nur
schwören :
wie sie nicht wisse, noch glaube, daß das von ihr geforderte
Dokument sich unter diesen Skripturen befinde; daß sie
diese Briefschaften dem Kommissario getreulich vorlegen
wolle; daß sie Nichts davon gefährlicher Weise abHänden
gebracht habe, noch bringen wolle, und daß sie auch nicht
wisse, wo das geforderte Dokument befindlich sei. — Z. 95
a. a. O.
III. Steht die Partei, welche ediren soll, unter Vormundschaft; so muß in
der Regel der Vormund den nach Rro. I. und II. zu normirendcn Eid leisten.
Die Abforderung von dem Pflegebefohlenen selbst kann dem Editionssucher nur
dann gestattet werden, wenn er besondere Umstände anführen und bescheini
gen kann, wodurch es wahrscheinlich gemacht wird, daß der Pflegebefohlene selbst
von der herauszugebenden Urkunde Kcnntniß habe. — Z. 96 a. a. O.
') Dies ist ein nothwcndiger Eid. Die Gegenpartei kann ihn dadurch nicht ab
wenden, daß sie Beweismittel über den wirklichen Besitz der Urkunde Seitens
des Schwörenden angiebt. Sie kann nur, in sofern sie den Editionsantrag ge
stellt hat, diefen Antrag zurücknehmen. — tt. Ref. v. 17. Juni 1836. Gräff,
Koch zx. Erg. III. S, 21V.
193
IV. Soll ein Kollegium oder eine Korporation ein Dokument heraus
geben; so ist es genug, wenn nur diejenigen, welchen die Verwahrung der
Briefschaften, der Registratur, oder des Archivs einer solchen Partei vermöge ihres
Amts zukommt, den Editionscid ableisten.') Von den Vorgesetzten oder den
Mitgliedern de« Kolegii selbst kann der Editionseid nur dann gefordert wer
den, wenn besondere Vermuthungcn dafür vorhanden, daß die geforderten Urkunden
oder Akten in ihrer Gewahrsam sich befinden.
Wird auf Produktion einer Urkunde, welche sich in dem Provinzialarchiv
befinden soll, angetragen; so ist deshalb jederzeit an den Justizminister, Behufs der
weiteren Kommunikation mit den dem Archivwesen vorgesetzten Königl. Ministerien,
Bericht zu erstatten. 2) — z. 97 a. o.O.— Res. vom 14. Febr. 1832 in Gr äff,
Koch zc. Erg. III. S. 211.
V. Gesteht eine Partei den Besitz des geforderten Dokuments zu, sie verwei
gert aber die Herausgabe,
1) weil darin gar Nichts zur Sache Gehöriges enthalten sei, die Edition vielmehr
nur aus Jrrthum, oder Chikane, oder strafbarer Neugier gefordert werde; so
muß sie dennoch das Original dem Jnstrucnten, und wenn der Gegner es ver
langt, auch dem ordentlichen Dezernenten vorzeigen. Diese nehmen, wenn sie
die Angabe richtig finden, eine Registratur darüber auf, geben das Original so
fort dem Inhaber zurück, und find verpflichtet, über dessen Inhalt amtscidliches
Stillschweigen zu beobachten. — g. 98, I. 1« A. G. O.
2) Sie verweigert die Edition, weil neben dem zur gegenwärtigen Streitsache Ge
hörigen noch andre Stellen enthalten find, die sie nicht zur allgemeinen Kennt
nis, gebracht wissen will. In diesem Falle muß sie einen Extrakt in Ansehung
der zur Sache gehörenden Stelle, jedoch mit Beifügung des Eingangs, des
Schlusses, des Datums und der Unterschrift zu den Akten geben, das Original
aber dem Jnstrucnten, und auf Verlangen des Gegners auch dem Dezernenten,
vorzeigen. Diese bescheinigen, wenn darin, außer der cxtrahirten Stelle, Nichts
zur Sache Gehöriges enthalten ist, dieses auf dem Extrakt; geben das Original,
nachdem es in Ansehung der Unterschrift, und der zur Sache gehörigen Stelle
der oder den Parteien vorgezeigt worden, dem Inhaber sofort zurück, und müssen
über den übrigen Inhalt gewissenhaftes, amteidlichcS Stillschweigen beobachten. —
§. 99 a. a. O.
VI. Weigert eine Partei sich sowol der Edition, als der Ableistung des nach
Vorstehendem ihr obliegenden Eides; so muß das Dokument in contumscism für
cdirt und rekognoszirt geachtet, und demgemäß
die etwa vorliegende Abschrift für richtig, oder die nach
§. 116, II. Nro. 1. bestimmt angegebene Thatsache, welche da
durch erwiesen werden sollte, für dargethan angenommen
werden.
1) Diesen wird in den meisten Fällen die Vorschrift Z. 117, II. zu statten kommen
und diese Bestimmung wird dann auch, wenn sie den Eid »ck 1. nicht leisten
wollen, angewendet werden müssen. — Res. vom 2. Septbr. 1828. Gräff,
Koch zc. Erg. III. S. 21«.
2) In einem im Res. vom 14. Febr. 1832 bezogenen Antwortschr. der Min. des
Königl. Hauses u. d. A. A. vom 30. Januar 1832 ist zugleich ausgesprochen,
daß der Z. 97 a. a. O. sich nicht auf Staatsarchive beziehe, daß vielmehr in
Bezug auf diese es genüge, wenn der vereidete Archivarius die amtseidliche Ver
sicherung abgebe. — In der Praxis scheint dies auch allgemein sowol in Bezug
auf Archive, als hinsichtlich der Registraturen, denen vereidete Beamte vorste
hen, für ausreichend erachtet zu werden, und dies mit Grund, da das Aussu
chen und Herbeischaffen der Dokumente und Akten zum Amte des Archivarius
xesp. Registrators gehört, und ihr Amtseid für gewissenhaftliche Amtserfüllung bürgt.
13
194
In der die Herausgabe fordernden Verfügung wirb daher darnach die Warnung
gestellt werden müssen.
Ist bei der angegebenen Thatsachc selbst, die Quantität oder Summe, oder
irgend ein andrer Nebenumstand, auf den es mit ankommt, nicht sogleich mit an
gezeigt worden; so soll der Editionsfordcrer auch alsdann noch zu dieser Angabe
gelassen, und darauf bei Realisirung der rechtlichen Folgen verweigerter Edition
Rücksicht genommen werden. — Z. IVO a. a. O.
Von der Edition Seitens dritter Personen.
Z. 118., I. Fordert der Prozeßrichter von einem in den Prozeß nicht Ver
wickelten von Amtswegen die Edition eines Dokuments; so stehen ihm keine Zwangs-
maßrcgeln zu; er muß vielmehr, wenn der Dritte die Edition weigert, der betei
ligten Partei die ferneren Editionsanträge überlassen. — Z. 101 a. a. O.
II. Das von einer Partei gegen einen Dritten angebrachte Editionsgesuch
muß die Z. IIS, II. vorgeschriebenen Erfordernisse habe». Es muß darin aber
1) der Grund der Wissenschast: daß die Urkunde sich hinter dem Dritten befinde,
noch bestimmter angegeben, und bis zu einem weit höheren Grade von Glaub
würdigkeit nachgewiesen werden, als wenn die Edition vom Gegner gefordert wird.
2) Ferner muß der Aufenthalt des Dritten bestimmt angezeigt sein, da sonst auf
das Editionsgesuch keine Rücksicht zu nehme» ist. — S. 102, 106 a. a. O.
III. Der in Folge Editionsgesuchs zur Herausgabe eines Dokuments Aufge
forderte kann vom Editionssucher die Ableistung des Eides sür Gefährde;') (jurs-
menUim «»lumnise) verlangen. Verweigert dieser die Leistung des Kalumnienei-
des; so kann der Dritte die Edition ablehnen. Leistet er aber diesen Eid, oder will
der Dritte den Kalumnieneid nicht fordern; so Muß dieser das Dokument heraus
geben, oder seine Hinderungs- oder Weigcrungsgrü'nde anzeigen. Behauptet er,
1) daß das in seinen Händen wirklich befindliche Dokument Nichts zur gegenwär
tigen Sache Gehöriges enthalte, so muß er ») entweder dasselbe dem Jnstruen-
ten, und auf Verlangen des Editionssuchcrs auch dem Dezernenten vorlegen,
und es findet dann das Z. 117, V. Nro. 1 Vorgeschriebene statt; oder b) er
muß seine Angabe eidlich erhärten, und der Editionssuchcr muß sich dabei beruhigen.
2) Enthält das Dokument ausser dem auf die vorliegende Sache Bezüglichen noch
andre Punkte, welche der Inhaber nicht allgemein bekannt werden lassen will,
so kommt die Vorschrift Z. 117, V. Nro. 2 zur Anwendung.
3) Zweifelt der zur Edition Aufgeforderte, ob das Dokument sich in seiner Ge
wahrsam befindet, und s) erinnert er sich, daß ihm dasselbe unter seinen Schrif
ten früher schon vorgekommen sei ; so muß er seine Schriften und Papiere sorg
fältig und aufmerksam durchsuchen, und wenn er es nicht findet, den §. 117, I.
gedachten Eid leisten. Doch steht ihm allemal frei, darauf anzutragen: daß
seine Schriften durch eine von ihm selbst zu ernennende Gerichtspcrson auf Ko
sten des Editionssuchers durchgcsehn werden, und dann hat er den Editionseid
mir dahin zu leisten:
daß er alle seine Schriften, unter welchen das geforderte
Dokument möglicher Weise sich befinden könnte, dem
Kommtssarius getreulich vorgelegt, und Nichts davon
gefährlicher Weise zurück behalten habe.
Ii) Erinnert sich der Dritte nicht, daß ihm das geforderte Dokument jemals
unter seinen Papieren vorgekommen sei; so ist er nur schuldig, diejenigen unter
seinen Schriften nachzusehn, unter welchen nach einer ihm wahrscheinlichen Ver-
') Dieser Eid ist dahin zu leisten: Ich N. N. schwöre zc., daß mir kein anderes
Mittel, als vom N. N. die Edition oder eidliche Difession des (zu bezeichnenden)
Dokuments zu verlangen, zur Ausmittclung der Wahrheit übrig bleibt, und daß
ich dasselbe nicht aus CbMne ergreift zc. !. 22, H, 37 fg.
195
muthung da« Dokument sich vielleicht befinden könnte; und alsdann darf cr
nur schwören:
wie er sich nicht erinnere, daß ihm das geforderte Doku
ment unter seinen Schriften jemals vorgekommen wäre;
daß er selbiges auch bei der gegenwärtig angestellten
Nachfuchung nicht gefunden habe; und er nach seiner be
sten Überzeugung nicht glaube, noch dafür halte, daß fich
dasselbe unter seinen Skripturen befinde. — g. 98, 99,
102—104 a. a. O. Z. 42, Tit. 22, l. A. G. O.
IV. Verweigert der Dritte auf die in Folge Editionsgesuchs ergangene Auf
forderung die Edition, ohne einen gerechtfertigten Hindcrungsgrund anzugeben; so
kann er durch Geld oder Gcfängniß, oder durch andre Strafen >) dazu angehalten
werden. Dagegen hat er auch das Recht, die durch die Edition oder Eidesleistung
erwachsenen Schäden und Kosten vom Editionsfordercr erstattet zu verlangen, —
§. 104, 105, I. 1« A. G. O.
V. Wohnt der Dritte, welcher ediren soll, ausserhalb des preußischen Staats;
so wird das auswärtige Gericht, unter welchem jener wohnt, um Veranlassung der
Edition ersucht, und gleichzeitig dem Editionssucher eine nach Entfernung des Orts
abzumessende 4- 6- «wöchentliche, auch in ausserordentlichen Fällen noch längere Frist
bestimmt, innerhalb welcher das Dokument herbeigeschafft werden muß. Während
der Frist muß deshalb Provocant beim fremden Gericht die Sache gehörig betrei
ben. Inzwischen wird die Instruktion der Sache fortgesetzt, und wenn die Frist
vergeblich abläuft, ohne Rücksicht auf das Dokument abgefchlossen. Wenn jedoch
1) sich Anzeigen finden, daß Kläger, gegen welchen die Edition gesucht wurde, die
Leistung derselben durch heimliche Kollusionen mit dem Inhaber der Urkunde,
oder durch andre dergleichen unzulässige Mittel vereitelt habe; so soll demselben
das fernere rechtliche Gehör nicht eher, als bis das Hindernis, beseitigt worden,
verstattet werden. Hat dagegen
2) der Beklagte sich solcher unerlaubter Handlungen verdächtig gemacht, so muß cr
diesen Verdacht eidlich ablehnen. Ist Beklagter der unerlaubten Begünstigung
überführt; so wird das, was Kläger durch das Dokument hat darthun wollen,
zu dessen Vortheil für erwiesen angenommen. — 107 a. a. O.
Wo, und auf wessen Kosten die Edition geschehen muß, und in
welcher Form die Dokumente zu produziren sind.
Z. 119. I. Die Edition geschieht in der Regel an ordentlicher Gcrichtsstelle. —
Kann jedoch die zu edirende Urkunde aus erheblichem Grund nicht dahin geschafft
werden; 2) so muß das Gericht dieses Geschäft durch einen Kommissarius in der
Behausung des Inhabers, oder allenfalls durch Auftrag oder Requisition an das
Gericht des Orts, wo die Urkunde sich befindet, vornehmen lassen. — Z. 109 a. a. O.
II. Die Kosten der Edition müssen, wenn sie auf Anregung einer Partei ver
langt worden, von dieser; wenn sie aber der Richter von Amtswegcn vervrdnet hat,
v«l beiden gemeinschaftlich vorgeschossen werden. — a. a. O.
2) Je nachdem nemlich derselbe Vermögen hat oder nicht, oder auch weder Ver
mögen noch die Freiheit besitzt. Im letzteren Falle werden diese andern Stra
fen in Entziehung besserer Kost, oder des Lichts, oder ihm im Gefängniß gestat
teter Bequemlichkeiten, bestehen.
2) Z. B. bei Inschriften auf Mauern, Grabsteinen u. dgl. Der Deputirte wird
in solchen Fällen den wesentlichen Inhalt mit Anfang und Ende niederschreiben,
und wenn die Parteien in dem desfalsigcn Termin an Ort und Stelle erschienen,
den Extrakt ihnen vorlegen, und sie über die Richtigkeit und Vollständigkeit des
Extrakts vernehmen müssen; falls sie nicht erschienen, wird er die Richtigkeit und
Vollständigkeit der Abschrift oder des Extrakts zu bescheinigen haben,
13
196
III. Alle brieflichen Urkunden, sie mögen freiwillig oder auf richterliche An
ordnung herbeigeschafft sein, müssen in ihren Originalen, und zwar vollstän
dig produzirt werden. Der Vorlegung des Originals bedarf es nicht
1) wenn der Gegentheil eine beigebrachte Abschrift, als mit dem Original überein
stimmend, anerkennt;
2) wenn er eine solche Abschrift in dieser oder einer andern Sache schon vorher ge
richtlich anerkannt hat;
3) wenn mit Zuziehung sämmtlicher Interessenten beglaubte, dem Original gleich zu
achtende Abschriften angefertigt;
4) wenn alte Dokumente, aus Besorgnis,, daß sie unleserlich werden mochten, mit
gleichmässiger Zuziehung der Interessenten erneuert worden sind, und diese vorliegen ;
5) wenn von gerichtlich aufgenommenen oder konsirmirten Urkunden beglaubte Ab
schriften, welche von einem inländischen Gerichte oder einem inländischen Notar
gefertigt sind, produzirt werden;
ö) wenn das Dokument mehre zur Sache gehörige Stellen enthält, und daher auf
Verlangen des Produzenten in Gemäßheit der KZ. 117. V. Nr. 2 und 118, III.
Nr. 2 Extrakte gefertigt und bescheinigt worden;
7) wenn Umstände obwalten, warum das Original nicht füglich an den Ort des
Gerichts geschafft werden kann, und daher die Vorschrift g<1 I. Anwendung fin
det. — Z. 100—112 a. a. O. — Cab.-Ord. vom 6. Nvvbr. 1834. G. S. S. 18«.
IV. Bezieht sich das produzirte Dokument auf ein andres, so muß in der
Regel auch das bezogene Dokument (6o«umsriNim relstum), herbeigeschafft wer
den. Doch findet dies nur bei einer eigentliche» Beziehung, nicht aber dann statt,
wenn im produzirten Dokument eines Andern blos Erwähnung geschieht. Ist die
Hcrbeischasfung der bezogenen Urkunde unmöglich, oder mit großen Weitläuftigkei-
ten oder Kosten verknüpft; so kann sie ohne Nachrhcil für die Glaubwürdigkeit und
Beweiskraft des beziehenden Dokuments unterbleiben:
1) wenn das bezogene durch das beziehende Dokument ganz aufgehoben;
2) wenn der Inhalt des bezogenen aus dem beziehenden vollständig zu ersehen ist;
3) wenn dieser Inhalt auf andre Art nachgewiesen werden kann;
4) wenn die vorgelegte beziehende Urkunde über die streitige Thatfache vollständig
Auskunft gibt. ") — z. 113, I. 10 A. G. O.
Bon Urkunden in fremder Sprache.
Z. 120. Ist das Dokument in fremder d. h. in nicht teutfcher Sprache abge
faßt; so muß durch einen entweder ein für alle Mal vereideten, oder für diesen
speziellen Fall zu vereidenden Dvllmetfcher davon eine richtige Übersetzung dann ge
fertigt werden:
1) wenn die Sprache der Urkunde beim Gericht unbekannt; ,
,2) wenn eine der Parteien dieser Sprache nicht kundig ist, und eine Übersetzung
verlangt, und
5) wenn die Akten an ein Kollegium zum Spruch gesendet werden, von welchem
man nicht voraussetzen kann, daß es die Sprache der Urkunde hinlänglich kenne.
In diesen Fällen muß das Gericht von Amtswegen für die Übersetzung sorgen. —
S. 114 a. a. O. — Res. vom 1«. Mai 1814. Jahrb. 4, S.3. Gräff2, S. 9S.
') Ein Schuldschein, in welchem der Schuldner erklärt hat, daß er den Schuldbe
trag nach einer zwischen ihm und dem Gläubiger angelegten Berechnung ver
schulde, ohne daß sonst eine andre Bestimmung, worin die Valuta bestanden
habe, im Schuldscheine enthalten ist, und ohne Beibringung der in Bezug ge
nommenen Berechnung, begründet nicht die rechtliche Vcrmuthung, daß der
Schuldner die Valuta empfangen hat. — Erk. d> Gh> Ob.-Knb. vom 7. April
MS. Simon Rechtsspr, S, S. 7S, -
Wo» der Giltigkeit dcr Urkunden in Bezug auf die Form, sowie,
wenn sie Mängel, Widerspruche, Korrekturen, Rasuren u. dgl. ent
halten, oder unverständlich, oder zerrissen, oder verfälscht sind.
Z. 121. I. Im Zweifel, und wenn die Gesetze des Orts, wo eine Urkunde
verbindliche Kraft erhalten hat, von den Gesetzen des Orts, wo dcr Prozeß schwebt,
abweichen, entscheiden die crstercn. >) — §. 115, 1. 10 A. G> O.
II. Sind bei einer Art von Urkunden gewisse Erfordernisse bei Strafe der
Nichtigkeit gesetzlich vorgeschrieben; so wirkt jeder dabei entdeckte Mangel, daß einer
vorgelegten Urkunde die Eigenschaft nicht beigelegt werden kann; zu deren Begrün
dung gedachte Erfordernisse gehören. — §.116 c>. a. O.
III. Wenn in einem Dokumente in Ansehung der dadurch ins Licht zu setzen
den Thatsache, oder im Eingänge, oder am Schlüsse ein Widerspruch obwaltet; so
kann dasselbe Nichts beweisen. Doch kann, wenn dcr Widerspruch nm Eingänge
und Schlüsse aus einem einleuchtenden oder nachzuweisenden Jrrthume herrührt, der
Urkunde, blos dadurch die Beweiskraft nicht genommen werden. — S. 117. a. a. O.
IV. Diese Beweiskraft fällt aber ganz weg, wenn ein Dokument in Stellen,
die auf den Streitpunkt unmittelbare Beziehung habe», so undeutlich gefaßt ist, daf
sich dessen Sinn nicht entnehmen läßt, «dcr wenn solche Ausdrücke gebraucht wor
den sind, denen offenbar und ohne Zwang ei» doppelter Sinn beigelegt
werden kann. — a. a. O.
V. Wird bei Vorlegung einer Urkunde bemerkt, daß darin etwas von einer
verschiedenen Hand, oder mit andrer Dinte, oder zwischen den Zeilen,
oder am Rande geschrieben, oder daß darin etwas durchgestrichen, oder kor-
rigirt, oder ausgckrazt, ^) oder einzelne Blätter ganz oder zum Thcil abge
rissen, oder durch Schmutz oder auf andre Art unleserlich gemacht worden; so
ist zuförderst nachzuforschen, woher diese Veränderungen entstanden sind. Wird dies
1) ermittelt, so ist nach den ausgcmittcltcn Umständen zu bestimmen; ob und in
wiefern die Beweiskraft des Dokuments dadurch vermindert werde.
2) Bleibt die Veranlassung dcr bemerkten Veränderung ungewiß, und diese findet
sich bei dcr eigentlichen Beweisstelle, oder am Eingänge, oder am Schlüsse des
Dokuments ; so wird dessen Glaubwürdigkeit dadurch geschwächt. Wird die Vers
änderung nur bei einer andern minder wichtigen Stelle bemerkt; so bleibt es der
Beurtheilung des Richters überlassen: ob und in wiefern das Dokument den
noch für eine untadelhafte Urkunde gelten könne. — §. 11» a. a. O.
VI. Zerrissene oder zerschnittene Dokumente verdienen keinen Glauben;^) es
Demnach hängt z. B. die Anwendbarkeit der gesetzlichen Vorschriften über die
Certioration bei Bürgschaften dcr Frauenspersonen, oder bei deren Eingchuncx
gemeinsamer Verpflichtungen mit Männern in Einem Instrument vom Orte
des geschlossenen Kontrakts, nicht vom Wohnorte dcr Frauensperson ab; —
Erk. vom 3«. Jan. 1818 und 2. April 1819. Simon R. S. Bd. 2, S. 425^
Ferner wird die Form eines Protestes nach den Gesetzen des Orts bcurtheilt,
wo der Protest eingelegt wird. — Erk. vom 1. Mai und vom 3. Juli 183«.
Simon R. S. Bd. 3, S. 20 u. s. w. — Übrigens sind die Meinungen dar
über verschieden: ob der Z. 115, I. 10 A. G. O. auch auf lctztwillige Verord
nungen sich beziehe oder nicht? Die Bejahung der Frage ist wohl das Richti
gere, da jene Bestimmung ganz allgemein auf alle Urkunden sich bezieht und der
fürs Gcgenthcil angeführte Z. 1 des G. vom 3. April 1823 keine gcgentheili-
gen Folgerungen zuläßt, auch die Worte „verbindliche Kraft erlangen" eben so gut
von Testamenten, als von Verträgen gebraucht werden können. — Lk. Jahrb.
3«, S. 94. Jur. Z. 1832, S. 737. 1833, S. 301. 1834, S. 157.
2) In einem Urtel des O. A. G. zu Posen vom 27. Mai 1822 ist ausgeführt,
daß eine Rasur beim Datum eines Wechsels dessen Wechsclkraft nicht unbe
dingt aufhebe. — Simon R. S. Bd. 1, S. 405.
») Schriftliche noch nicht erfüllte Verträge können mit Einwilligung beider Kon
198
wäre beim, baß nachgewiesen werden könnte, daß sie durch einen blossen Zufall, oder
von dem Gegner oder einem Dritten zur Verdunkelung der Wahrheit in diesen Au
stand versetzt worden. In diesen Fällen beweist ihr Inhalt, so weit er daraus noch
entnommen werden kann. — Ist von einer Urkunde nur ein anhängendes oder auf
gedrücktes Siegel abgerissen, oder abgesprungen; so kann, wenn sonst kein Verdacht
einer Fälschung obwaltet, dieser Umstand allein der Glaubwürdigkeit des Dokuments
Nichts benehmen. — ß. IIS a. a. O.
VII. Die Verfälschung einer Urkunde wird nicht vermuthet. Diese gilt
so lange für richtig, bis die Verfälschung nachgewiesen ist. Wird aber ein Doku
ment in Ansehung eines Umstandes als verfälscht befunden; so wird dadurch dessen
Glaubwürdigkeit überhaupt geschwächt. >) — Z. 121 a. a. O.
Ergänzung des Beweises hinsichtlich verlorener oder vernichteter
Dokumente.
Z. 122. I. Wenn eine Partei die zur Aufklärung der Wahrheit erforderli
chen Urkunden vorsätzlich wegbringt, zerreißt, oder auf andre Art unleserlich
macht; so soll, wenn die Urkunde ein Kontrakt war, die Angabe des Andern vom
Inhalte so lange für richtig angenommen werden, bis das Gegentheil klar erwiesen
ist. Bei andern Urkunden dagegen wird der Gegner jederzeit zur eidlichen Bestär
kung des Inhalts der auf diese Weise dem Auge des Richters entzogenen Urkunde
gelassen. 2) — §. 120. a. a. O. — §. 17«, I. 5 A. L. R.
II. Behauptet eine Partei, daß die zur Unterstützung und zum Beweise ihrer
Gerechtsame dienenden Urkunden durch Feuer, Wasser, Plünderung oder durch Zu
fall verloren gegangen, oder unleserlich geworden sind; so ist auf dies Vorgeben
dann Rücksicht zu nehmen, wenn die Partei nachweisen kann, daß ein solches Do
kument wirklich cxistirt hat, und wenn sie zugleich den Inhalt anderweit darthun
Zann. — §. 122 a. a. O. Z. 1S9, Tit. S. I. A. L. R.
Von den verschiedenen Arten der Urkunden, und zwar:
1) von den öffentlichen und deren Beweiskraft,
lz. 123. öffentliche Urkunden nennt man die, welchen eine vorzügliche
Glaubwürdigkeit um deswillen beigelegt ist, weil die Aussteller derfelben im Staate
dazu bestellt worden sind, dergleichen Urkunden aufzunehmen oder zu bekräftigen.») —
Die öffentlichen Urkunden können gerichtliche und aussergerichtliche sein.
trahcntcn durch Kassation des Instruments aufgehoben werden. — tt. 335—
387, Tit. 5, I. A. L. R.
Wer wissentlich sich der von Andern verfälschten Urkunden zum Nachthcilc eines
Dritten bedient, den trifft ebenfalls die Strafe der Urkundenfälschung. — g.
1379 Str.-R.
«) Einzelne finden in den Bestimmungen §. 12«, I. 10 A. G. O. u. ß. 170, I. 5
A. L. R. einen Widerspruch, und suchen ihn auf verschiedene Weise zu lösen.
Ein solcher ist aber nicht vorhanden, da letztere Gesctzftclle nur in Bezug auf
Verträge eine Ausnahme von der in der A. G. O. aufgestellten Regel enthält. —
«f. Lcue Theorie des Beweises B. 1, S. 228. Ges. Rcv. Pens. IV. Th. III.
S. 27«.
») Hier ist zwar nur von den, von innländischcn Ausstellern herrührenden Urkun
den die Rede, wozu namentlich auch die, ven diesseitigen im Auslände sungiren-
den Gesandten und Konsuln in ihrem Ressort ausgestellten, Urkunden gehören.
Wenn jedoch Urkunden ausländischer Behörden vorliegen, so wird diesen die Be
weiskraft öffentlicher Urkunden ebenfalls beigelegt werden müssen, wenn diese
Behörden zur Ausstellung von dergleichen Urkunden autorisirt find, und dies,
sowie der Umstand, daß dieselben von ihnen ausgestellt worden, ausser Zweifel
ist. In dieser Hinsicht haben
s) Zeugnisse und Urkunden französischer Behörden nur dann öffentliche
199
I. Gerichtliche öffentliche Urkunde» sind sie dann, wenn de» sie ausstellen
den Personen der gerichtliche Glaube beigelegt, und sie vor diesen mir den gesetzlich
vorgeschriebenen Erfordernissen vollzogen worden. Ist eine solche Urkunde
1) unter Beobachtung der gesetzlichen Erfordernisse gerichtlich aufgenommen,
so beweisen s) nicht allein die gerichtlichen Ausfertigungen derselben, gleichviel,
ob das Dokument in Form eines Protokolls abgefaßt, oder auf Grund des ab
gehaltenen Protokolls in eine förmliche Urkunde gebracht worden ist; auch >>>
die Konzepte solcher Ausfertigungen, welche sich in de» Archiven oder Regi
straturen der Gerichte befinden, von denen die Ausfertigung verfugt worden,
wirken in Ermangelung des Originals einen vollen Beweis, e) Blosse (nicht
beglaubigte) Abschriften gerichtlicher ^Urkunden, wenn sie unverdächtige Spure«
des Alters an sich tragen, oder gar in öffentlichen Archiven und Registraturen
gefunden worden, begründen eine rechtliche Bermuthung.
Glaubwürdigkeit in preussischcn Landen, wenn die Ächthcit der Unterschrift
und Siegel derselben und die Bcfugniß der Aussteller zur Ausstellung ent
weder vom ftanzös. Justizministcr, oder vom französischen Minister der A. A,,
je nachdem der Geschäftsgang in Frankreich das Erste oder das Letzte be
stimmt, bezeugt, und wenn zugleich ferner die Unterschrift und das Siegel
der gedachten französischen Minister von dem beim französischen Hofe akkre-
dirten preussischcn Gesandten in gehöriger Form bescheinigt worden ist, —>
Circ.-Nes. vom 2S. Nevbr. 1811 und Res. vom 2. Febr. 1813. Jahrb. 2,
S. 44. Gr äff 2, S. 96.
d) Alle von Kolonisten vor dem Komptoir der auswärtigen Ansiedler ausge
stellte und einregistrirte Akte jedweder Art in Rußland haben mit den öf
fentlichen aussergerichtlichcn Urkunden gleiche Kraft und Glaubwürdigkeit. —
Res. vom 21. Juli 1825. Jahrb. 26, S. 197. GrSff 2, S. 97.
c) Die Lcgalisirung andrer in Rußland aufgenommenen für das Ausland be
stimmten Urkunden erfolgt vom Direktor der inncrn Abthcilung des Mini
steriums der A. A., dessen Unterschrift sodann wieder von der betreffenden
kaiserlichen Gesandschaft beglaubigt wird. — Res. vom 9. Jan. 1839. I.
M. B. S. 34.
In Betreff des Verfahrens bei Legalisation der ins Ausland gehenden oder
daher kommenden Urkunden enthält die Instruktion der Minist, der Justiz und
der A. A. vom 22. März 1833 folgende Bestimmungen:
Die Frage: ob eine Urkunde in Beziehung auf ihren Inhalt und
ihre Form nach den Gesetzen des Orts, wo sie aufgenommen wor
den, rechtsgiltig sei? ist eine blosse Rechtsfrage, bei deren Beantwortung
die Bestimmungen der auswärt. Gesetzgebung, falls solche der diesseitigen Be
hörde, auf deren Entscheidung es ankommt, nicht völlig unzweifelhaft bekannt
sind, einen Gegenstand des von den Parteien beizubringenden Beweises bilde»,
und zwar eines Beweises, der, wie bei jeder andern Behauptung in ^'ure, nicht
füglich durch ein diplomatisches Attest geführt werden kann.
Das Legalisationsverfahrcn hat es dagegen nur
mit der Ächthcit einer Urkunde oder mit dem Nachweis
der Richtigkeit ihrer Signatur und Vollziehung
zu thun. — Dieser Beweis, wie der einer jeden andern Thatsache, kann ebm
deshalb zum Gegenstand des Attestes einer öffentlichen Behörde, welche zur
Ausstellung solchen Zeugnisses verfassungsmässig berechtigt ist, gemacht werden. —
Der Zweck des Legalisationsverfahrens ist, gleich dem Zwecke eines jeden Ur
kundenbeweises, dem Richter, auf dessen Prüfung und Entscheidung es ankommt,
die Überzeugung von der Ächtheit der Urkunden zu verschaffen. — Wo also in
Folge der Bermuthung, welche im Allgemeinen für die Ächthcit jedes öffentli
chen Siegels und jeder amtlichen Unterschrist streitet, jenc Überzeugung von der
Ächtheit einer Urkunde schon ohne ein besonderes Beglaubigungsvcrfahren dem
Richter auf Grund der obwaltenden Umstände beiwohnt, und keine besondre
Veranlassung zu Verdacht in dieser Beziehung vorhanden ist; da erscheint auch
ein jedes anderweitige Legalisationsverfahren überflüssig, und als eine nutzlose
Erschwerung des Verkehrs. Es können daher allgemein durchgreifende Vor-
20«
2) Die Eigenschaft der gerichtlichen haben auch die, zwar ausscrgerichtlich vollzo
genen, jedoch gerichtlich anerkannten Urkunden. Eine solche Urkunde muß
aber s) den Ort und das Datum der Aufnahme, die Benennung aller dabei
gegenwärtig gewesenen Interessenten, nebst einer vollständigen und deutlichen
Erzählung der vorgefallenen Verhandlung enthalten, ferner d) muß dieselbe
den sämmtlichen vor Gericht oder einem Gerichtsdcputirtcn erschienenen Interes
senten durch eine Gcrichtsperson vorgelesen, von ihnen deren Inhalt genehmigt,
und die darunter befindlichen Unterschriften anerkannt; und endlich e) muß,
wie dies Alles geschehen, unter der Urkunde selbst vom verhandelnden Gerichte
bescheinigt worden sein.
schriftcn über die Fälle, wo und wie ein Lcgalisationsverfahren zu veranlassen,
nicht fuglich gegeben werden, und muß vielmehr die Individualität jeden spe
ziellen Falles mit Rücksicht auf das Verhältnis; der Behörde des auswärtigen
Staats, von welcher die Ausfertigung der Urkunde ausgegangen ist, zu der
diesseitigen, welche die Prüfung vorzunehmen hat, den Richter bei seiner Ent
scheidung darüber leiten, ob ein Legalisationsverfahren zu veranlassen, und wel
ches, ob ein mehr oder minder weitläufiges. Der Richter hat dabei nur die
Ansicht festzuhalten, daß, während das Legalisationsverfahren auf der einen
Seite dazu dienen soll, Schutz zu gewähren gegen die Vertretung möglicher
Versehen bei der Prüfung der Ächtheit einer Urkunde, dasselbe doch auf der
andern Seite nicht die Richtung nehmen darf, den Verkehr der diesseit. Untcr-
thanen und Behörden mit dem Auslande ohne Roth zu hemmen und zu erschweren.
Sofern nun aber eine Gerichtsbehörde bei Prüfung der Ächtheit ihr vorge
legter Urkunden, gleichviel, bei welchem ausländischen Staate dieselben aufge
nommen worden, nicht schon durch deren gewöhnliche Anfertigung und Signa
tur ihre ctwanigen Zweifel befeitigt, vielmehr aus besondern Rücksichten dafür
hält, eine nähere Beglaubigung verlangen zu müssen, hat dieselbe den Grund
satz festzuhalten,
daß nach der Natur der Sache die Legalisation als solche
eine diplomatische sein muß, jedes Verfahren hierbei auch
überhaupt für beendigt zu erachten ist, sobald das mitun
terzeichnete Ministerium der A. A., als die letzte diplomati
sche Legalifations-Jnstanz, die Frage über die Ächtheit
einer ausländischen Urkunde durch sein desfalsiges Attest
entschieden hat.
Die Individualität des Falles entscheidet wieder darüber, thcils, ob die mi
nisterielle Schutzbeglaubigung noch erforderlich, theils ob es zweckmässiger und
leichter ausführbar fei, entweder durch den bei dem betreffenden Staate des
Auslandes akkrcditirten preussischen Gesandten oder aber durch den am preuss.
Hofe akkreditirtcn Gesandten des betreffenden auswärt. Staates die Richtigkeit
der Signatur auf der fr. Urkunde beglaubigen zu lassen.
Wenn auch der, eine Rechtsfrage betreffende Beweis
über die Kompetenz des Ausstellers einer Urkunde zu deren Anfertigung
zum Gegenstände des diplomatischen Lcgalisationsattestes, wie erwähnt, nicht
gemacht werden kann, so wird doch mit Rücksicht darauf, daß öfters Behufs
der endlichen diplomat. Legalisation die Konkurrenz beglaubigter Zwischenbehör
den eintrir, solche Zwischenbehörde füglich ihr dicsfalsigcs Legitimationsattcst zu
gleich auf jene Frage der Legitimation des Ausstellers giltig mit ausdehnen, so
fern dieser Behörde die Entscheidung hierüber an sich amtlich zusteht. Hierdurch
würde nicht nur ein doppelter Vorthcil durch Ein Verfahren erreicht, indem
anderweitigen Rückfragen wegen der Rechtsgiltigkeit der Urkunden in gedachter
Beziehung vorgebeugt wird, sondern es kann auch nach Umständen die cigentl.
diplomat. Legalisation selbst eben dadurch entbehrlich werden, daß sich das Attest
einer Oberbehörde, Behufs der zu bescheinigenden Kompetenz auf „derselben be
findet, indem diejenige Vermuthung, welche im Zweifel für die Ächtheit einer
mit öffentlichem Siegel und «mtl. Unterschrift versehenen Urkunde streitet, durch
die Anzahl der solchergestalt beglaubigenden öffentlichen Behörden verstärkt wird.
Insonderheit scheint es daher angemessen, wenn die obere provinzielle Gerichts
behörde jede von einer Unterbehörde ausgestellte Urkunde zuförderst mit ihrer
201
Alle nach Nro. 1 und 2 gerichttick) aufgenommenen oder anerkannten Doku
mente bedürft« keiner ferneren Rekognition. Dennoch müssen sie dem Gegner zur
Anbringung etwaiger Einwendungen vorgelegt werden. Diese Einwendungen kön-
ncn nur bestehen, s«) in der Behauptung, daß es dem Dokumente an den Erforder
nissen und Eigenschaften einer gerichtlichen Urkunde crmangele,») bli) in der Anga
be, daß bei Aufnahme desselben ein Jrrthum vorgefallen. In beiden Fällen muß
mit Untersuchung der einer solche» Behauptung zum Grunde liegenden Thatsachcn
und mit Aufnahme der darüber angegebenen Beweismittel verfahren werden. —
Gleiches gilt cc) wenn eingewendet wird, daß die Gcrichtsperson, welche die Ur
kunde aufgenommen hat, verübter Fälschungen in ihrem Amte, wenn auch nur bei
andern von ihr gefertigten Urkunden, gerichtlich überführt sei. Wird dies nachge
wiesen, so wird die Glaubwürdigkeit der Urkunde geschwächt. — Andre Einwendun,
gen können Behuf« Anfechtung der Richtigkeit des Inhalts einer gerichtlichen Ur
kunde nicht zugelassen werden. — Z. 123—126, l. 1« u. Anh. Z. 78 A. G. O.
II. Die öffentlichen aussergcrichtlichcn Urkunden bedürfen zwar ebenfalls keiner
Rekognition; doch müssen sie den Parteien gleichfalls vorgelegt werden, und diese
können nicht nur darüber, daß es denselben an den gesetzlichen Erfordernissen fehle,
sondern auch darüber, daß der Inhalt unrichtig fei, Beweismittel beibringen.
§. 131 a. a. O. — Als solche Urkunden sind zu betrachten: 2)
1) Die Atteste, welche Landeskollegien, Magisträte») und Gerichte über
die zu ihrem Ressort gehörigen, vor ihnen erfolgten Verhandlungen, mit Bezug
Unterschrift und ihrem Siegel beglaubigt, und falls es sich von einer Notariats-
urkunde handelt, noch das Attest hinzufügt:
daß der Aussteller als öffentlicher Notar zur Ausstellung der von ihm
ausgefertigten Urkunde berechtigt sei.
Die diesseit. Behörden werden sich mit Recht oft bei solchem Verfahren um
so mehr begnügen können, als die Bescheinigung der Kompetenz des Ausstellers
einer ausländ. Urkunde nur verlangt werden kann, wenn die Gesetze selbst eine
solche Bescheinigung, wie dies bei Kirchenattesten geschehen, verlangen.
Da, wo anderweitige Legalisationsformcn durch spezielle Verordnungen fest
gesetzt sind, wie dies in Betreff der in Frankreich aufgenommenen Urkunden der
Fall ist, — welche aber nicht ausdehnend zur Anwendung kommen dürfen, —
bleibt es zwar bis zur Aufhebung der bestehenden Bestimmungen bei dem vor
geschriebenen Verfahren; doch gilt auch für diese Fälle der allgemeine Grundsatz,
daß eine diplomatisch beglaubigte Urkunde für gehörig legalisirt zu er
achten ist.
Was endlich die innländischen zur Produktion bei ausländischen Behör
den bestimmten Urkunden betrifft, so wird auch für diese, sofern eine Beglaubi
gung derselben überhaupt verlangt werden sollte, die Beglaubigung Seitens der
Landes-Justizkollcgicn in der oben angegebenen Art in der Regel genügen. Wenn
aber noch eine fernere Beglaubigung der Urkunden der Unterbehörden, «der der
von Proinzialbehörden selbst aufgenommenen Urkunden verlangt würde, so ist
dieselbe, wie erwähnt, auf diplomatischem Wege zu bewirken. — Jahrb. 41,
S. 22«. Gräff 6, S. 268 fg. «. auch Res. vom 6. September 1839.^, I.
M. B. S. 311.
>) Hierunter sind auch begriffen die Einreden des Zwanges, des Betrugs und der
Simulation, da dieselben jede Willenserklärung von Hause aus entkräften.
^) Die hier fpeziel folgenden sind nur einzelne Beispiele öffentlicher aussergerichtli-
cher Urkunden. Ausser denselben lassen sich noch viele andre Urkunden der Art
denken, z. B. die Atteste der Bricfboten über geschehene BehSndigung u. s. w.
Gehört jedoch die Ausstellung einer gewissen Art von Urkunden nicht zum Amte
des Ausstellers, so ist die, wenn auch unter öffentlichem Siegel ausgestellte Ur
kunde der Art nur eine Privaturkundc. — (!s. Res. vom 7. November 1834.
Jahrb. 44, S. 403.
2) Z. B. über den 44 und resp. 10jährigen ruhigen Besitzstand bei Grundstücken,
deren Verwaltung dem Magistrate zusteht. — l^f. Res. vom 22. Dttbr. 1839.
I. M. B. S. 29.
2«S
auf die deshalb aufgenommenen Protokolle oder geführten Register und Bücher,
ausstellen. Doch verlieren dergleichen Atteste dadurch, daß darin der dabei zum
Grunde liegenden Verhandlungen nicht ausdrücklich gedacht ist, ihre Glaubwür
digkeit nicht. — Ist ein solches Attest nur auf den allgemeinen Ruf, oder auf
die den Mitgliedern des Kollcgii beiwohnende Privatwissenschaft gegründet; so
wird dasselbe nur als Privatdokument betrachtet. — Wird in einem solchen At
teste auf Zeugenaussagen Bezug genommen; so hängt die Beweiskraft desselben
von der daraus zu ersehenden Glaubwürdigkeit der Zeugen ab. — K. 127. Anh.
§. 79 a. a. O. ,
2> die aus gehörig geführten Kirchenbüchern über Taufen, Konfirmationen, Trau
ungen und Begräbnisse von dem betreffenden Zivil-Geistlichen oder Militärpre
diger unter dem Kirchensiegcl ausgestellten Atteste, so wie Tobten scheine,
welche von den in Eid und Pflicht stehenden Lazarethbcamten auf Grund vor-
schriftsmässig geführter Register ausgestellt werden. Wenn die Eigenschaft des
Ausstellers dem Gerichte, bei welchem das Zeugniß vorgelegt wird, nicht ohnehin
schon bekannt ist; so muß darunter von dem Gerichte des Ausstellungsorts be
scheinigt sein: daß derselbe zur Ertheilung solcher Atteste legitimirc sei. — Z.
128 a. a. O. — Mil. Kirchen-Ord. vom 12. Febr. 1832. S. 76—82 G. S.
S. 90. Cab.-Ord. vom II. Juli 1833. G. S. S. 289.
I) Die Protokolle, welche zwar nicht von Gerichtspersonen, aber von andern in
Eid und Pflicht stehenden Beamten vermöge eines von einem Landeskollegio er
haltenen Auftrags in Angelegenheiten, welche ihr Amt unmittelbar betreffen,
aufgenommen worden sind.') Es muß jedoch
s) Das Datum und der Ort der Aufnahme, die Benennung sämmtlicher an
wesender Interessenten nebst einer deutlichen und vollständigen Erzählung der
Verhandlung selbst, daraus zu ersehen sein;
b) es muß erhellen, daß das Protokoll den Interessenten vorgelesen, und von
ihnen genehmigt worden ist;
e) dasselbe muß von den Parteien eigenhändig unterzeichnet, oder mit den in
ähnlichen Fällen statt der Unterschrift zugelassenen Zeichen bemerkt sein;
cr. z. 104, S. 17«.
6) der, welcher es aufgenommen hat, muß bei seiner Unterschrift die Eigenschaft,
in welcher er zur Aufnehmung dieses Protokolls autorisirt gewesen ist,
beifügen.
Ermangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist das Protokoll nur als
ein Privatvermerk zu betrachten. — 8. 129, I. 10 A. G. O.
4) Die von Notarien nach gesetzlicher Borschrift ausgefertigten Urkunden. Die von
ihnen vorläufig aufgenommenen Protokolle können, vor Vollziehung der Urkunde,
nur als Privatdokumente, vermöge der Unterschrift der Parteien, etwas bewei
sen. — z. 130 a. a. O.
') Dahin gehören namentlich auch die von den Geistlichen Behufs Legitimation der
ausserehelichen Kinder, wenn deren natürliche Altern sich später heirathen, auf-
geuommenen Protokolle; ef. Ref. vom März 1839, und 5. Oktober 1838.
I. M. B. 1839, S. 119 fg.; — ferner die von den in Eid und Pflicht ste
henden Armenvorstehcrn aufgenommenen Verhandlungen, in welchen den Almo
senempfängern das Erbrecht der Armcndirektion auf ihren Rachlaß bekannt ge
macht wird.— Res. vom 8. April 1836. Gräff, Koch ,c. Erg. III. S. 219;
die von Auskultatoren auftragsweise aufgenommenen Verhandlungen, in sofern
nur solche Erklärungen darin vorkommen, die schon bei Beobachtung der blossen
schriftlichen Form giltig sind. — Res. vom 2«. Febr. 1826 u. vom 3«.
Septbr. 1833. Jahrb. 27, S. 84, Bd. 42, S. 141. — Res. vom 23. Juni
1840. I. M. B. S. 23S.
203
Dadurch, daß eine Partei gcgctl die Glaubwürdigkeit einer LffenUichcn Ur
kunde Zweifel erregt hat, welche bei näherer Erörterung gehoben worden sind,
hat sie das Recht, sich dieser Urkunde in der Folge für sich zu bediene«, noch
nicht verloren. — §. 132 a. o. O.
2. Von den Privaturkunden, und deren Rekognition ^"Z
oder Diffesfion.
§. 124. I. Alle Privaturkundcn müssen dem, gegen welchen sie beweisen sollen,
zur Anerkennung evovtuel Erklärung darüber vorgelegt werden, gleich viel, ob sie
von ihm oder einem Dritten ausgestellt, und ob bei Ausstellung Zeugen zugezogen
sind oder nicht. Nur, wcnn diese Partei oder eine Person, von welcher dieselbe
in der Streitsache ihr Recht herleitet, das Dokument bereits gerichtlich, oder vor
zwei Notarien, oder vor einem Notar und zwei Zeugen anerkannt hat, bedarf eS
keiner Rekognition. Doch sind auch gegen ein solches für rekognoszirt anzunehmen
des Dokument alle Einwendungen zulässig, welche jeder andern Privaturkundc ent
gegengesetzt werden können. — K. 133, 137 a. a. O.
II. Der Produkt, > ) kann
1) wenn die Urkunde weder von ihm, noch von einer solchen Person, welche ihn
durch ihre Handlungen verpflichtet, ausgestellt ist, zur Rekognition oder Diffes
sion nicht gezwungm werden. ES genügt> wcnn er sich nur erklärt, wofür er
dergleichen Dokument halte. — Dagegen muß er
2) wcnn behauptet wird, daß die Urkunde von ihm, oder von cincr Person ausge
stellt sei, deren Handlung ihn hat verbinden können (z. B. von einem Bevoll
mächtigten odcr einem Erblasser u. f. w.), die Urkunde entweder anerkennen,
oder in sofern der Produzent nicht vom Eide abstrahirt und andcrweiten Be
weis antrit, den Diffcssionseid leisten. Nur ein von einem vereideten Mäkler
attestirtcr Wechsel darf nicht eidlich diffitirt werden. Einige andre Ausnahmen
find §. 123, S. 208 angeführt. — Der Diffcssionseid geht dahin:
s) wenn der angebliche Aussteller der Urkunde zu schwören hat:
daß er die Namensunterschrift unter dem ihm vorgelegten
Instrument nicht selbst geschrieben habe, und daß dieselbe
auch nicht an seiner Statt von einem Andern mit seinem
Wissen und Willen geschrieben worden sei.!)
Eine Vertretung des Gcwisscns durch Beweis ist dem Aussteller niemals
gestattet. Weigert er sich sowol die Urkunde anzuerkennen, als auch zu
schwören, so wird dieselbe in contumaciam für rekognoszirt erachtet;
d) wenn der, welcher durch die Handlung des Ausstellers verpflichtet ist, schwö«
ren soll:
wie er nicht wisse und glaube, daß das Dokument von dem
vorgeblichenAusstellerlN.N.) selbst oder mit seinem Wissen
1) Produkt heißt derjenige, gegen welchen die Urkunde beweisen soll, Produzent
der, welcher sich zum Beweise cincr streitigen Thatsache auf die Urkunde beruft.
2) Aus dieser Eidesform folqt übrigcns nicht, daß solche Dokumente, welche zu
ihrer Giltigkcit der schriftliche» Abfassung resp. Unterschrift bedürfen, schon dann
giltig werden, wcnn sie im Auftrage des Kontrahenten von einem Andern un
terschrieben sind; A. B. der über ein 50 Thlr. übersteigendes Objekt geschlosse
ne Vertrag würde dadurch noch nicht für den Auftraggeber verbindlich werden,
in sofern dieser nicht wirkliche Bollmacht zum Vertragsabschluß selbst gegeben
hat. Die Eidesiiorm bezieht sich hauptsächlich nur auf solche Fälle, wo die Schrift
nicht wesentlich zur Giltigkcit des Geschäfts gehört, sondern nur zum Beweift
dienen soll, z. B. wcnn es auf Beweis der Zahlung eines Darlehnt ll. an
kommt. — cr. Motive z. Entw. des A. L. R. Äh. I. S. 71.
204
und Willen in seinem Namen unterschrieben worden sei.
Diffessionseid 6« crecZulitste.)
' Will jedoch Produzent den Produkten zu dieser eidlichen Diffcssion nicht ge
statten, und ist Aussteller noch am Leben, auch sein Aufenthalt bekannt; so
steht dem Produzenten frei, den Aussteller vorladen, und über die Rekogni-
tion oder Diffejsion vernehmen zu lassen. Erkennt dieser das Dokument an,
so hat es dabei sein Bewenden, und die Diffcssion des Produkten findet nicht
statt. Rekognoszier der angebliche Aussteller das Dokument nicht, so kann
Produzent entweder von diesem die eidliche Diffcssion cl« verilsle (Eid ,ick g.);
oder vom Produkten den Diffessionseid ä« oroäuiitste (Eid sä d.) verlange».
Auch Produkt kann, wenn er sich über das vorgelegte fremde Dokument
nicht erklären will, sn) entweder die Vorladung des Ausstellers Behufs Ver
nehmung über Rckognition oder Diffcssion verlangen, oder >>b) vom Pro
duzenten fordern, daß er die Richtigkeit der Hand- und Unterschrift, allen
falls cl« ereilulitsle, eidlich erhärte.
«) Vormünder und Kuratoren leisten in Bctrcff der vom Erblasser ihrer
Pflegebefohlenen ausgestellten Dokumente den Diffessionseid dahin:
daß sie nicht wissen, auch aller angewandten Mühe ungeach
tet weder aus Briefschaftcn , noch sonst sich überzcugcn
können, daß das produzirte Instrument von dem Erblasser
ihrer Pflegebefohlenen ausgestellt worden sei.
Nimmt der Kurator Anstand, diesen Eid zu leiste», so kann er verlan
gen, daß der Produzent zur eidlichen Bestärkung der Richtigkeit des In
struments anschalten werde.
In wiefern der Pflegebcfohlcne selbst den Diffessionseid leisten könne oder
müsse; wird unten beim Beweise durch den Eid angeführt werden. — §.
134—143 a. a. O. Z. 261. das. Z. 1378, Tit. 8, I. A. L. R.
III. Wenn ein Dokument eidlich diffitirt worden; so kann dagegen in eben
demselben Prozesse kein Beweis über die Richtigkeit der Unterschrift weiter statt
finden. Der Produzent muß allenfalls den Produkte» zur Untersuchung wegen
Meineids denunziren. — I. 10, §. 144 A. G. O.
Beweis gegen die angebotene Diffcssion
s) durch Zeugen;
§. 125. Will Produzent den Produkten zum Diffessionseide nicht verstatten;
so muß er die Mittel zum Rachweise der Richtigkeit des Dokuments sofort anzei-
g«i. Bestehen die Beweismittel in Zeugen; so erfolgt deren eidliche Vernehmung
darüber: ob die fr. Urkunde vom angeblichen Aussteller selbst, oder mit seinem
Wissen und Willen, von einem andern in seinem Namen unterschrieben worden;
was für Umstände dabei vorgefallen, und welches der Grund ihrer Wissenschaft sei.
Dem Haupterkenntnisse bleibt demnächst die Bestimmung darüber vorbehalten, in
wie weit durch die Jeugen die Richtigkeit der Handschrift nachgewiesen, ob also das
Instrument für rekognoszirt zu achten, oder auf einen nothwendigen Eid zu erken
nen sei. Der Jnstrucnt muß aber auf alle Fälle mit der ferneren Instruktion
der Sache verfahren, und falls »och andere Beweismittel zur Feststellung des durch
das Dokument nachzuweisenden Umstandcs angegeben sind, dieselben aufnehmen.
Hat sich Produkt zur eidlichen Diffession erboten, und demnächst ist durch
Zeugen die Richtigkeit des Instruments vollständig erwiesen; so muß wegen ver
suchten Meineids gegen ihn mit Untersuchung und Strafe verfahren werden. —
z. 145-148 a. a. O. — Ref. vom 24. Sextbr. 1827. Grciff, Koch zc. Erg.
III. S. 22«. ,
S05
b) durch Begleichung der Handschriften scampsrstio litersrum).
§. 126. I. Will ein Produzent, welcher den Produkten zur eidlichen Diffesjion
nicht »erstattet, die Richtigkeit der Urkunde durch Verglcichung der Handschriften
nachweifen, so ist nöthig,
1) daß die Urkunde entweder nach ihrem ganzen Inhalte vom angegebenen
Aussteller ge: und unterschrieben sei; oder daß der Aussteller doch mehre Worte
oder Zeilen zur Bekräftigung des Inhalts oder der Unterschrift eigenhändig
beigefügt habe. Über die blosse Unterschrift ist die Begleichung der Hand
schriften nicht gestattet. Hat der Aussteller ausser seinem Bor- und Gcschlechts-
nomen auch seinen Karaktcr oder Wohnort beigefügt; so findet dieselbe nur
gegen die Erben des Ausstellers, und auch hier blos zur Unterstützung
andrer Beweismittel statt;
2) daß Produzent zuförderst den Kalumnicneid mit dem Zusätze schwöre:
daß er von der Richtigkeit der Urkunde überzeugt sei, und
kein andres Mittel, selbige darzuthun, zur Hand habe;
Z) daß andre Schriften, die unstreitig von des Ausstellers Hand sind, nemlich, die
entweder schon ein Mal von ihm gerichtlich anerkannt worden, oder gegenwär
tig dafür rckognoszirt werden, oder die der Aussteller selbst in Gegenwart des
Jnstrucnten und der Beistände zu schreiben angehalten wird, herbeigeschafft wer
den. Demnächst wählen
4) die Parteien einen oder zwei erfahrene Schrcibmcistcr,') welche die Verglcichung
anstellen feilen. Einigen sich die Parteien nicht über deren Person, oder wol"
len sie solche nicht vorschlagen; so wählt der Jnstruent dazu zwei Kanzlcivrr-
wandte aus. Diese Sachverständigen, in sofern sie nicht ein für alle Mal ver
eidet, sind dahin zu vereidigen:
daß sie die Verglcichung der ihnen vorzulegenden Hand
schriften nach ihrem besten Wissen und Gewissen, mit al
lem Fleisse und mit aller Genauigkeit anstellen, und ihren
Befund darüber der Wahrheit und ihrer Überzeugung
gemäß angeben wollen. — A. G. O. I. 10, Z. 149s—152. —
Verord. vom 28. Juni 1844. G. S. S. 249.
II. Nach Vereidung müssen die Schreibverständigen, und zwar wenn mehre
sind, jeder besonders, ohne des andern Beisein, und ohne mit demselben zu konferi-
rcn, das streitige Dokument mit den übrigen Handschriften genau und sorgfältig
vergleichen ; demnächst aber von dem Jnstrucnten in Gegenwart der Rechtsbeistände,
doch ohne Beifein der Parteien darüber: ob sie das streitige Dokument für
die Hand des angegebenen Ausstellers wirklich halten, zum Protokoll
umständlich vernommen, und dabei die Gründe dieser Aussage deutlich und be
stimmt von ihnen angegeben werden. — Sind sie in ihrem Gutachten unter ein
ander nicht einig, so steht dem Jnstruenten frei, falls ihm glaubwürdige Perfonen
bekannt sind, welche mit dem Aussteller in genauer Verbindung oder Korrespondenz
gestanden haben, diese mit ihrem Gutachten: ob fie das Produktum für die
Hand des angegebenen Ausstellers halten oder nicht? und den Grün
den desselben eidlich zu vernehmen. — Kann auch auf diesem Wege zu mchrcr Ge
wißheit nicht gelangt werden; so muß der Richter einem Dritten von Amtswegcn
') D. h. solche, welche in Bezug auf Schriftenkunde als Sachverständige zu erach
ten, nicht aber solche, welche im Schreiben Unterricht geben, da diese nicht grade
immer Gelegenheit haben, sich die zur Vcrgleichung der Handschriften erforder
lichen Kenntnisse zu verschaffen. — Res. vom 12. Januar 1801. N. A. Bd.
Z, S. SS. Rabe Bd. 6, S. 4CS.
206
zu 'ernennenden Sachverständigen ein Gutachten abfordern. — Z. 153, 164, I. 1«
A. G. O.
III. Die Beurtheilung dessen: ob und in wie fern durch dicst eidlichen Gut
achten überhaupt die Richtigkeit der Handschrift ganz oder zum Theil ausgewiesen
fei? bleibt, wie im Falle des Z. 125, dem künftigen Erkenntniß vorbehalten. Auch
muß mit der weiteren Instruktion der Sache auf beide Fälle, wenn ncmlich das
Instrument für richtig und rekognoszirt angenommen, oder der Produkt zur Dif-
fession desselben verstattet werden sollte, verfahren werden. — Z. 155 a. a. O.
IV. Die Instruktion solcher Jnzidentpunkte (g. 125. 126.) geschieht, um
Verwirrung bei den Akten zu vermeiden, in besonder« Protokollen. — §. 156 a. o. O.
Beweiskraft der Privaturkunde überhaupt.
§. 127. Privaturkunden gewähren
I. gegen den, welcher sie ausgestellt hat, oder der in des Ausstellers Rechte
getreten ist, oder den der Aussteller durch seine Handlungen hat verpflichten können,
in Betreff einer darin übernommenen Verbindlichkeit, vollen Beweis, vorausgefetzt,
daß sie anerkannt sind, oder daß ihr Aussteller nachgewiesen ist.
II. Steht der Aussteller zu dem Produkten in keinem solchen Verhält
nis so gelten seine in der Urkunde enthaltenen Angaben, gleich viel, ob dieselben
eine übernommene Verbindlichkeit oder eine andre erhebliche Thatsache darthun sol
len, nur so viel, als ein un beeidetes Zeug» iß. Ist jedoch der Aussteller als
ein Mann von unbescholtenem Rufe gestorben; hat er von der bezeugten Thatfache
hinlängliche Wissenschaft besitzen können; und ist seine Hand anerkannt, oder sonst
nachgewiesen; so kann dergl. Urkunde eine Vermuthung wirken, und nach Beschaf
fenheit der Umstände den Richter zur Erkennung eines nothwendigen Eides veran
lassen. — Diese Vermuthung wird noch erhöht, wenn von einer eignen Handlung
des Ausstellers die Rede ist, und kein vernünftiger Grund sich angeben läßt, warum
derselbe in der Urkunde die Unwahrheit hätte niederschreiben sollen.
Eine besondre Ausnahme bilden die Mäklerjournale.') Die darin über die
vom Mäkler abgeschlossenen Geschäfte Dritter eingetragenen Vermerke machen, wenn
deren Richtigkeit von dem Mäkler eidlich bestärkt worden, einen vollen Be
weis. Kann die Beeidigung aber nicht erfolgen, weil der Mäkler verstorben, oder
fein Aufenthalt unbekannt ist; so haben die Vermerke in seinem Journal so viel
Gewicht, als die Aussage eines vereideten glaubwürdigen Zeugen. — A. G. O. I.
1«, Z. 158» und 158 b. A. L. R. II. 8, §. 1366 fg.
III. Für den Aussteller und für die mit diesem in dem »6 I. gedachten Ver-
HZltniß stehenden Personen beweisen Privaturkunden Nichts. Ausgenommen sind
1) Hausbücher verstorbener Altern. Aus denselben kann, wenn auf andre Art
die Wahrheit nicht auszumitteln ist, die Geburt, die Verheirathung, und das
Absterben der Kinder bewiefen werden.
2) Führen Krämer, Brauer, Bäcker, oder andre Personen, welche ein öffentliches
Gewerbe treiben, mit einem Abnehmer ein Gegcnbuch, und sind in selbigem
die ausgenommenen Wsaren oder geleisteten Zahlungen eingeschrieben worden;
so bewirkt dies in den Händen des Abnehmers befindliche Gcgenbuch wider ihn
vollen Beweis, wenn er acht Tage nach Einziehung der Lieferung verstreichen
läßt, ohne gegen die Richtigkeit des im Gegenbuche enthaltenen Vermerks ge-
*) ZMsche Mäkler müssen die Vermerke ebenfalls in teutfcher Sprache aufnehmen.
§. 1363, Tit. 8, II. A. L. R. — Ferner müssen die Vermerke in Gegenwart
beider Kontrahenten, vom Mäkler aufgezeichnet fein, wenn auch nicht grade
beide zugleich, sondern nur sukzessive gegenwärtig waren. — Z. 1359 a. «. O.
Plen. Beschl. des Geh. Ob.-Txib. vom S. Febr. 1844. I. M. B. S. 1«5.
richtlich zu protcstiren. Geht ein solches Gegenbuch ohne Verschulden des Lieferan
ten verloren; so kann derselbe zur eidlichen Bestärkung des in seinen Händen le-
sindlichcn Exemplars »erstattet werden.
3) Gleiche Bewandniß hat es mit den auf dem Lande gewöhnlichen Kerbhöl
zern, wenn beide Stücke übereinstimmen. Kann eine Partei das ihrige nicht
herbeischaffen; so muß der Gegner zur eidlichen Bestärkung des seinigen ge
lassen werden, in sofern er nicht überführt werden kann, daß das fchle,ide Kerb
holz durch seine Schuld abhanden gekommen oder vernichtet worden sei.
4) Die nach kaufmännischer Art geführten Handlungsbüchcr wirklicher Kauf
leute haben, jedoch nur in Bezug auf den zur Handlung gehörenden Waaren-
und Wechselvcrkehr >)
») gegen Kaufleute ohne Zeitbcschränkung volle Beweiskraft. Gegen Er
ben eines Kaufmanns dauert deren Beweiskraft nur fünf Jahre vom To
destage des Erblassers.
I,) Gegen Andre als Kausteute gewähren sie, wenn durch Gcständniß oder
sonst bereits ausgcniittclt ist, daß die Waarcn geliefert worden, nur einen
halben Beweis in Betreff der Zeit der geschehenen Lieferung, des Be
trags und der Beschaffenheit der gelieferten Waarcn, de« Preises,
wofür sie verabredet oder verabfolgt worden, der Seit, binnen welcher die
Zahlung erfolgen sollte, des Umstandes, ob die Lieferung unmittelbar an
den Beklagten, oder an dessen Hausgenossen, Dienstboten, Handwerker u. dgl.
geschehen sei. Wird dieser halbe Beweis nicht durch Gcgenbeweismittel ge
schwächt, oder aufgehoben; so muß der Kaufmann zur eidlichen Bestär
kung '>>) seiner Bücher zugelassen werden. Dieser Eid ist bei Sozietäts-
handlungen sämmtlichen Thcilnchmern , welche zur Zeit der Lieferung der
Handlung an dem Orte vorstanden, falls aber nur ein Theilnehmcr oder
ein Fremder der ganzen Handlung oder doch der Art von Geschäften, wor
aus die Schuld entstanden, vorstand, diesem; falls ein Buchhalter die Bü
cher führte, auf Verlangen des Gegners, ausser dem Handlungseigenthümer
oder Disponenten, auch dem Buchhalter; falls aber dieser tod oder abwesend,
blos dem Eigcnthümer oder Disponenten auszulegen. Die Erben des Kauf
manns müssen in der Regel sämmtlich jedoch 6e igvorsnti» schwören. Hat
aber einer von den Erben die Direktion der Handlung übernommen, und
solche bereits länger als ein Jahr geführt; so ist dessen alleinige eidliche Be
stärkung hinreichend. Diese Beweiskraft der Handlungsbücher gegen Richt
kaufleute geht mit Ablauf eines Jahres, vom Tage jeder Lieferung gerech
net, verloren, wenn sie nicht durch Einlcgung eines Protestes vor Gericht
oder vor einem Notar erhalten wird. Sie währt dann noch 5 Jahre von
Zeit des eingelegten Protestes, und kann durch wiederholte Proteste noch
ferner erhalten werden.
Soll eine Thatsache durch Produktion der Handlungsbücher nachgewiesen
werden, so steht dem Produkten frei, einen Sachverständigen mitzubrin
gen, und durch diesen die auf einander sich beziehenden kaufmännischen Bü-

1 ) Bei Anlehnen und Bürgschaften , wegen eingebrachten Vermögens der Ehefrauen


und anderer Geschäfte sind sie nur als Privatvcrzeichnisse anzusehen, selbst wenn
dergleichen Summen ins Handelsgeschäft geflossen sind. — 8. SS4 fg. kl. 8.
A. L. R.
2) Der eidlichen Bestärkung bedarf es nicht bei den von vereideten Buckha'tern ee-
führten Büchern der Königl. Bank, der Seehandlungsgesellschaft, deZ Lagir-
Hauses, der Gold- und Silbermanufaktur und andrer öffentlichen Anstauen, tir
mit diesem Pnvilcgio versehen sind. — §. 584, U. 8 A. L. R.
S08
cher prüfen zu lassen: ob sie in gehöriger Form und Ordnung und mit den
gesetzmässigen Eigenschaften versehen sind. Findet
.4. der Sachverstandige dabei eine erhebliche, von ihm bestimmt anzugebende
Ausstellung, und der Produzent will die Richtigkeit derselben nicht ein
räumen; so muß das Gericht auf Antrag des Jnstruenten die Bücher den
Ältesten oder sonst dazu gewählten Mitgliedern der Kaufmannschaft
zur pflichtmässigen und eidlichen Begutachtung der gemachten Ausstellungen
vorlegen lassen. Bei der künftigen Entscheidung aber ist dies Gutachten zu
berücksichtigen.
L. Findet sich gegen die Richtigkeit und Glaubwürdigkeit der Handlungsbücher
bei der Instruktion kein Anstand; so kann in den Fällen s<I b. die eid
liche Bestärkung vom Produzenten sofort abgenommen werden. Sind dage
gen einige Bedcnklichkeiten vorhanden, und gibt der Gegner Thatsachen an,
wodurch der daraus geführte Beweis widerlegt werden soll; so muß über
diese Thatsachen instruirt, der darüber vorhandene Beweis aufgenommen, die
eidliche Bestärkung ausgesetzt, und dem Haupterkenntniß die Bestimmung
vorbehalten werden, in wiefern Produzent zur Beeidung zu lassen oder nicht,
und was die Folgen des Einen oder Andern sein würden. — Wenn die
Handlungsbücher die erforderlichen Eigenschaften haben; so ist die etwa nö-
thige eidliche Bestärkung nur auf diejenigen Stellen der Bücher zu richten,
aus welchen im vorliegenden Falle der Beweis geführt werden soll. — Ist
die Beweiskraft der Handlungsbücher verjährt, so versteht es sich von selbst,
daß in Betreff der desfalsigcn Thatsachen andre Beweismittel nöthig, und
zulässig sind. — A. G. O. I. 1«, Z. 161—168. — A. G. O. II. 8, §. 562
fg. 576 fg. 512—583. Z. 591—603.
Beweiskraft einiger Privaturkunden ins Besondre,
z. 128. I. Werden Privaturkunden in Archiven oder Registraturen dcr
höheren oder niederen Landeskollegien, der Magisträte oder Ämter gefunden; so
wirkt diese Art der Aufbewahrung die rechtliche Vermuthung, daß sie wirklich vom
angegebenen Aussteller sind. Will eine Partei das Gegcntheil behaupten, so muß
sie dies auf andre Art, als durch den blossen Diffessionseid, nachweisen. Auch un
terstützt ein solcher Ort der Aufbewahrung die Glaubwürdigkeit der aus den Archi
ven produzirten Privaturkunden dergestalt, daß daraus unter den Z. 127 II. be
merkten Umständen selbst ein voller Beweis der darin angeführten Thatsachcn ent
nommen werden kann. — §. 158 e I. 1« A. G. O.
II. Gleiche Bewandniß hat es mit den Urbarien,') Zins- und Steuer
registern, Kirchenmatrikeln, oder andern ähnlichen Verzeichnissen, so
fern sie nicht mit Zuziehung sämmtlicher Interessenten aufgenommen sind. Ist dies
dcr Fall, so geben sie um deshalb vollen Beweis. — Z. 159 das.
III. Sind bei einer Rechnung Quittungen oder Beläge produzirt wor
den, gegen deren Richtigkeit keine besondre Ausstellung hat gemacht werden kön
nen; so sind selbige so lange für richtig und unverfälscht zu erachten, bis das Ge-
gentheil ausgemittelt ist. — Z. 16« a. a. O.
') In Betreff schlesischer Urbarien wurde durch Plcnarbeschluß des Geh. Ob.-Trib.
vom 26. Februar 1844 (Just. M. B. S. 52) dessen Ansicht dahin aufgestellt:
daß, um die Existenz eines der Gutsherrschaft zustehenden Rechts, von
Rustikalgrundstücken bei Besitzverändcrungen Laudemium zu fordern, an
zunehmen, der in einem konfirmirten fchlesischen Urbarium enthaltene
Vermerk über das gedachte Recht durch sich selbst, und ohne daß aus
dem Urbarium dcr Rechtsgrund (Titel) dieses Rechts erhelle, genüge.
Die Motive zu diesem Beschluß sind I. M. B. 1844, S. 84 näher angegeben.
209
Vom Beweise durch Zeugen u»b Sachverständige.
Von Vernehmung der Sachverständigen.
§. 129. I. Der gemäß §. 9S dem Jnstrucntcn bei der Instruktion zugeord
nete Sachverständige muß mit seinem Grachten jederzeit gehört werden, sobald sich
ein Umstand herausstellt, der sein Gutachten erforderlich macht, gleich viel, ob dies
im Jnstruktionstermin, oder bei Ncgulirung des Sach- und Strcitstandcs, oder bei
Vernehmung der Zeugen der Fall ist. Der Jnstruent muß dann dies Gutachten
vollständig »nd bestimmt in einem darüber besonders aufzunehmenden Protokoll ver
zeichnen, und auch die Grunde, womit er selbiges unterstützt, anführen. — Verlangt
der Sachverständige, daß ihm, wegen Wcitläustigkeit und Wichtigkeit der Sache,
oder wegen der dabei nöthigcn genauen Überlegung, die Abgabe eines schriftlichen
Gutachtens gestattet werde; so muß der Jnstruent ihm möglichst bestimmt angeben:
worauf es bei der Sache eigentlich ankommt, und auf welche Punkte
und Umstände das Gutachten zu richten sei? Auch muß er ihm eine Frist
zur Einreichung bestimme». Nach Eingang wird das Gutachten in einem anzube
raumenden Termine den Parteien vorgelegt, diefc mit ihrer Erklärung gehört, und
darnach, so weit es nöthig, mit der Instruktion weiter verfahren. — A. G. O. I.
9, §. 33. Tit. 1«, Z. 59.
II. Die Vernehmung andrer Sachverständigen über einzelne Streitpunkte er
folgt in der Regel nach Entwurf des Sach- und Streitstandcs. Ihre Wahl ge
schieht zunächst durch die Parteien; in Ermangelung einer solchen Wahl durch das
Gericht, jedoch unter Berücksichtigung der Vorschriften des Z. 96.
Handelt es sich in einem Prozesse um Beantwortung der Fragen: ob ein Na ch-
druk, oder ein unerlaubter Abdruk, oder eine unbefugte Nachbildung vorliege,
und wie viel eventuel die zu leistende Entfchädigung betrage? so muß das Gericht
einen stslus csusse er eoiUroversiao nebst dem corpus elelicli und dem Ge
genstande, mit welchem letzteres verglichen werden soll, an das Königl. Ministerium
der geistlichen, Unterr. und Mcdiz. A. Behufs der Vorlegung an den betreffenden
Sachverständigen-Verein') übersenden. Bon dort gelangt der Antrag an den Vor
sitzenden dieses Vereins. Derselbe ernennt 2 Vercinsmitgliedcr, welche unabhängig
von einander ihre Meinung schriftlich abgeben, und solche demnächst dem Verein
vortragen. Nach stattgehabter Berathung erfolgt durch Stimmenmehrheit der Be
schluß. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden. Zur Fas
sung eines giltigen Beschlusses ist die Anwesenheit von wenigstens fünf Mitgliedern
mit Einschluß des Vorsitzenden und der etwa zugezogenen Stellvertreter erforderlich. —
Nach Maasgabe des gefaßten Beschlusses wird das Gutachten ausgefertigt, und'von
den bei der Beschlußfassung anwesend gewesenen Mitgliedern des Vereins unter
schrieben. Einer Untersiegelung bedarf es nicht. Der Vorsitzende des Vereins reicht
hiernächst das Gutachten dem Ministerium der gcistl,, Unterr. und Mcdiz. A. ein,
und dieses sendet es, nachdem es die Unterschrift der Vcreinsmitglieder lcgalisirt
hat, dem betreffenden Gericht zu. 2) — Alle Vereinsmitglicdcr sind als Sachver
ständige ein für alle Mal vereidet. — Anh. §. 64—65 z. A. G. O. K. 17«, l.
1« a. a. O. — Instruktion vom 15. Mai 183«. GS. S. 277.

') In Berlin bestehen für den ganzen Umfang der Monarchie 3 solcher Vereine,
von denen der eine in Betreff der Druckschriften, der geographischen, topogra
phischen, naturwissenschaftlichen, architektonischen und ähnlichen Zeichnungen; der
zweite in Betreff der musikalischen Kompositionen, und der dritte in Betreff der
Kupferstiche, Stahlstiche, Holzschnitte, Lithographien, Farbcndrucksachcn u. dgs.
Kunstwerke sein Gutachten abzugeben hat.
2) Für dies Gutachten kann der Verein 2 bis 10 Thlr. liquidiren, welche das
Gericht als Haan Auslagen zu berichtigen hat.
14
210
M. Sachverständige, welche nicht ein für alle Mal vereidet sind, und auch
öffentliche Beamte, > ) welche ausscramtlich in Prozessen als Sachverständige vernom
men werden, müssen das von ihnen abgegebene Gutachten dahin beschwören:
daß sie das von ihnen erforderte Gutachten ihrer Kennt-
niß und Erfahrung gemäß, nach sorgfältiger Prüfung, un
parteiisch und gewissenhaft abgegeben haben.
Bei Taxatoren ist in dem Eide hinter dem Worte „Gutachten"
über den Werth des abzuschätzenden Gegenstandes
hinzuzusetzen. — Sind Sachverständige zur Abgabe von dergleichen Gutachten be
reits ein für alle Mal vereidet, so müssen sie dem Jnstruenten, falls es ihm nicht
bekannt ist, dies nachweifen, und die Wiederholung des Eides unterbleibt in den
einzelnen Fällen. Der Jnstruent muß aber die ein für alle Mal erfolgte Verei
dung zum Protokoll ausdrücklich vermerken. — A. G. O. I. 1«, §. 203, Nr. 4.
Anh. Z. 84. — Berord. vom 28. Juni 1844 GS. S. 249.
IV. Im Übrigen kommen bei Borladung und Vernehmung der Sachverstän
digen die in Betreff der Zeugenvernehmungen folgenden Vorschriften zur Anwendung.
Wann im ordentlichen Prozeß Zeugenvernehmungen erfolgen,
z. 130. In den nach diesem Abschnit zu verhandelnden Prozessen erfolgt die
Vorladung und Vernehmung der Zeugen in der Regel erst dann, wenn durch den
rcgulirten Sach- und Streitstand die Umstände, welche durch sie ins Licht zu setzen,
näher bestimmt sind. 2) Doch kann ausnahmsweise
1) Die Vorladung derselben bereits zum Jnstruktionstcrmine geschehen, wenn das
Gericht dies für zweckmässig hält, und wenn ins Besondre die Ausmittclung
der Hauptsache lediglich, oder doch vorzüglich von Abhörung der Zeugen ab
hängt. — Tit. 9, Z.37. Tit. 1«, Z. 170, I. A. G.O.
2) Gleiches ist der Fall, wenn die besondre Art des Prozesses Behufs schleuniger
Beendigung desselben die frühere Vernehmung nöthig macht, wie dies z. B. beim
Possessorienprozcß vorgeschrieben ist. — Z. 9, 1«, Tit. 31 a. a. O.
3) Trägt eine Partei noch vor Entwurf des Sach- und Streitstandcs auf Verneh
mung von Zeugen an, indem sie solche Umstände, welche bei längerem Aufent
halte den Verlust dieser Beweismittel besorgen lassen, anführt und beschei
nigt, so muß, wenn dies Gesuch für begründet erachtet wird, sofort die Zeu
genvernehmung verfügt, zugleich aber ein möglichst naher Termin Behufs Ver
nehmung des Gegners über das Gesuch und zur Fortsetzung der Instruktion
angesetzt werden. — z. 9, z. 23—2S, Tit. 33 a. a. O.
Vorladung der Zeugen.
Z. 131. l> Sott eine Zeugenvernehmung erfolgen, so muß der Aufenthalt des
Zeugen bekannt sein. Die Partei, welche ihn vorschlägt, hat den Aufenthalt anzu-
1) Z. B. Ökonomiekommissarien der .Generalkommissionen, Assessoren und Refcrcnda-
rien, welche als Spezial- und Ökonomiekommissaric» oder als deren Gehilfen
fungircn, müssen die von ihnen geforderten Gutachten, welche nicht zu ihrer
eigentlichen Amtsbestimmung gehören, befonders beschwören, falls sie nicht als
Sachverständige ein für alle Mal auch in Betreff anderer Geschäfte vereidigt
find. — cr. Res. vom ö. Septbr. 1823. Gräff 2, S. 94. Jahrb. 22, S.
«0. — Schreiben des Justizmin. vom 4. April 1837. Gräff, Koch ,c. Erg.
III. S. 224.
2) Von Einzahlung eines Kostenvorfchusscs durch den Extrahentcn kann die Vor
ladung der Zeugen niemals abhängig gemacht werden. Das Gericht muß dem
Zeugen allenfalls vorschußweife die gehabten Auslagen vorschiessen. — Res. vom
«. Dccbr. 1337. Gräff, Koch Erg. III. S. 221.
211
geben. Ist dieser unbekannt; so kann ans de» Zeugen nicht Rücksicht genommen
werden. Schlägt eine Partei auswärtige, in entlegenen Orten befindliche Zeugen
vor, und ist dabei einiger Verdacht, daß dies ohne Roth zum Vcrschleif der Sache
geschehe; so kann dieser Partei darüber zufvrdcrst der Kalumnieneid abgefordert
werden.') — §. 173, 174, Tit. 1« a. a. O.
II. Die Verfügung wegen Zcugciwcriichmung entwirft der Dezernent und
zwar »ach Maasgabe dessen: je nachdem die Vernehmung vom Prozcßrichtcr selbst,
oder durch ein auswärtiges Gericht erfolgen soll. In der Regel geschieht dieselbe
durch das prozeßführcnde Gericht, und dies selbst dann, wenn der Zeuge einer
fremden Jurisdiktion unterworfen, sein Wohnort jedoch so gelegen ist, daß der
Prozcßrichtcr ihn füglich ohne sonderlich mehre Kosten vernehmen kann; oder wenn
wegen besonderer Erheblichkeit der Sache das prozeßführcndc Gericht es für zweck
mässig hält, durch Abscndnng eines Kommissarius an den Ort, wo die Zeugenver
nehmung erfolgen soll, dieselbe vornehmen zu lassen. — Nur ausnahmsweise ist dem
persönlichen Richter des Zeugen, oder einem andern in dessen Nähe wohnenden
Richter die Vernehmung aufzutragen, 2) resp. derselbe darum zu ersuchen, wenn
durch den Prozcßrichtcr dieselbe gar nicht, oder doch nicht ohne erhebliche Vermeh
rung der Kosten geschehen kann. — z. 175—178, 21«, 217, 221, Tit. 1« a. a. O.
III. Die Vorladung erfolgt durch Kurrende, wenn mehre Zeuge» an demsel
ben Ort vorzuladen, sonst durch besondre Verfügung. In der Vorladung muß
den Zeugen
1) der Name der Parteien, der Ort der Vernehmung, der Tag und die Stunde
des Termins und der Name des Dcputirten, so wie
2) die Thatsache, worüber sie vernommen werden sollen, im Allgemeinen bekannt
gemacht, und ihnen aufgegeben werden, daß sie alle ihre etwam'ge schriftliche
Nachrichten und Anzeigen, welche auf dies Geschäft überhaupt Beziehung haben,
mit zur Stelle bringen. Nur in bcfondcrn Fällen, namentlich, wenn die Sache
in entfernte Zeiten zurückgeht, können den Zeugen auch die bestimmteren Umstände,
worüber sie aussagen sollen, jedoch mit vorzüglicher Vorsicht und Behutsamkeit
eröffnet werden.
3) ES muß die Warnung beigefügt werden, daß beim Nichterscheinen auf Kosten
des Zeugen ein neuer Termin angesetzt wird. Bei ferneren deshalb nöthig wer
denden Terminen wird diejenige Strafe angedroht, welche in Gcmaßhcit des
Z. 133, IV. beim wirklichen Nichterscheinen zur Anwendung kommen soll. —
§. 171, 172, 175 fg. 184 fg. a. a. O.
IV. Die Behändigung der Vorladungen geschieht an die Zeugen in der Z. 57
bis 59 vorgeschriebenen Art. Sind die vorzuladenden Zeugen einfältige und gemeine
Leute; so kann die Vorladung allenfalls der Polizei- oder Gcrichtsobrigkcit des
Orts, wo sie sich aufholten, mit der Anweisung, resp. mit dem Ersuchen zugeschickt
werden: die Zeugen nach dem Inhalte derselben näher zu bedeuten, und ihnen die
unfehlbare Gestellung in dem anberaumten Termine einzuschärfen. — Z. 176—178
a. a. O.
V. Ausnahmen in Betreff Borladung der Zeugen finden statt:
1) hinsichtlich der zu einer am hiesigen Hofe akkreditirten Gefandschaft gehörigen,
oder in denn Diensten stehenden Personen. Der Prozcßrichtcr kann sie als
Zeugen nicht unmittelbar vorladen; er muß vielmehr beim Ministcrio der A. A^
deshalb Anträge formtreu. — Z. 62—64 Tit. 2 a. a. O.
2) Werden RcgicrungSbeamtc oder andre der Regierung oder Steuerbehörde unter-
tlf. den bei Z. 118, III. in der Note angegebenen Eid.
2) Den Auftrag erläßt die dem beauftragten Gericht vorgesetzte Behörde, während
heim Mangel eines solchen Verhältnisses Erfuchsschrciben, Requisitionen, ergehen.
14
SIS
geordnete Ofsizianten ausserhalb ihres Wohnorts vor Gericht geladen; so muß
davon bei der Vorladung die betreffende Regierung oder unmittelbar vorgesetzte
Behörde benachrichtigt werden. — §. 52, Anh. zu §. I, Tit. 7, I. A. G. O.—
Res. vom 3«. Januar 1797. N. C. C. ?om. X. S. 925. Rabe Bd. 4,
S. 17.
3) Bei Vorladung der aktiven Unteroffiziere und gemeinen Soldaten gilt das Z. 59,
Nro. III. Gesagte. — Anh. 8. 54 z. A. G. O.
4) Aktive Offiziere werden, in sofern ihre Vernehmung beim Militärgericht leichter,
als beim kompetenten Iivilgericht bewirkt werden kann, durch Requisition des
ersteren vernommen. Soll die Vernehmung beim Zivilgericht erfolgen; so ist
der Kommandeur oder sonstige unmittelbare Vorgesetzte desselben vom Termin
zu benachrichtigen, und zu ersuchen, den Zeugen zur Abwartung des Termins
von ctwanigcn Dienstgeschäften, in sofern solche es gestatten, zu entbinden. —
z. 55. Anh. zu z. 19, Tit. 7, I. A. G. O.
L) Die Vorladung der als Zeugen zu vernehmenden Gcnd'armen geht an deren
vorgesetzte Dienstbehörde. — V. vom 30. Decbr. 182«. z. 18, GS. 1821,
S. 1.
VI. Die Zeugen werden in der Regel zur Vernehmung an ordentlicher Ge-
richtsstclle vorgeladen. Doch kann,
1) wenn die Instruktion und Zeugenvernehmung an einem andern Orte und na
mentlich am Streitorte ein glinstiges Resultat erwarten läßt, dieselbe hier erfol
gen. Auch bleibt es
5) dem vernünftigen Ermessen des Gerichts überlassen, in wiefern bei manchen als
Zeugen vorgeschlagenen Personen, wegen ihres hohen Ranges, oder Alters, oder
kränklicher Umstände, die Vernehmung in ihrer Behausung anzuordnen sei.
3) Staabsosfiziere sollen, wenn am Orte ein militärisches Verhörzimmer vorhanden,
in diesem vernommen werden. Im entgegengesetzten Falle hat die Militairbc-
hörde das Lokal zu bezeichnen, in welchem der gerichtliche Akt vorgenommen
werden soll. — Z. 172, 17S, 182, Tit. 1«, I. A. G. O. — Res. vom 21. Au
gust 1816. Jahrb. 8, S. 16. Gräff 2, S. 99.
Requisition oder Auftrag zur Vernehmung von Zeugen,
g. 132. I. Ist wegen weiter Entfernung, oder persönlicher Ehehaften nöthig,
baß die Vernehmung des Zeugen durch einen in seiner Nähe wohnenden Richter
erfolge; so muß zuförderft der Deputirte mit Zuziehung der Parteien oder deren
Rechtsbeistände oder Bevollmächtigte über diejenige Thatfache, wovon der Zeuge
bekunden soll, einen zusammenhängenden Status csusue aus den Akten entwerfen,
und darin besonders die Umstände, welche durch die Zeugenaussage ins Licht gesetzt
werden sollen, deutlich, genau und bestimmt auseinandersetzen. Auch sind, wenn
besonders die Thatsachen etwas verwickelt wären, und es dabei auf Nebenumstände
der Zeit, des Orts, der gebrauchten Ausdrücke u. f. w. ankäme, hinter dem Sach-
-stand noch einige Fragstücke, welche den auswärtigen Kommissarius auf die beson
ders aufzuklärenden Punkte noch bestimmter führen können, beizufügen. — Dem
nächst erläßt der Dezernent den Auftrag, refp. die Requisition an den betreffenden
Sttchter, und theilt ihm diesen Spezialsach - und Strcitstand mit. Die Parteien
erhalten hiervon Nachricht. Es steht ihnen frei, beim auswärtigen Gericht persön
lich oder durch einen Bevollmächtigten zu erscheinen, und der Vercidung des Zeu
gen beizuwohnen. — Dieser auswärtige Richter vernimmt den Zeugen nach Maas
gabe des Sachs und Streitstandes und unter Berücksichtigung der nachfolgenden
Bestimmungen. Er muß aber auch, wenn aus der Erzählung des Zeugen sich Data
zur möglichst vollständigen Aufklärung des wahren Zusammenhangs der Sache er
213
geben, darauf seine Vernehmung selbst dann ausdehnen, wenn diese Data im Spc-
zialstreitstond nicht enthalten wären. — Melden sich die Parteien oder Bevoll
mächtigte derselben nicht, so werden ihnen bei Vereidung des Zeugen Bevollmächtigte
von Amtswcgcn zugeordnet. ') — §. 216—222, Tit. 1«, I. A. G. O. — Res. vom
26. Oktober 1813. Jahrb. 2, S. 4S. Gräff 2, S. 102. — Res. vom 1«. Mai
1837. Gräff, Koch :c. Erg. III. S. 226.
II. Wird ein ausländisches Gericht, 2) welchem die hiesigen Verfassungen nicht
bekannt sind, um Vernehmung eines Zeugen ersucht; so muß diesem Gericht ausser
dem Spezialsach: und Streitstand ein Ertrakt der gesetzlichen Vorschriften Tit. 10,
§. 171, 174, 19«, 197, 20«, 201, 202, 204, 205, 2«7, 213—215, und 219, I.
A. G. O. (also hier §. 131, I. III. 134, l. IV. V. 135, 136 und 132 Schlußsatz) mit.
getheilt, und dasselbe ersucht werden, bei Vernehmung des Zeugen nach dieser Vor
schrift zu verfahren. Doch verliert ein dergleichen auswärtiges Zeugenverhör bloS
um deshalb, weil bei demselben nicht nach diesen Vorschriften, sondern nur nach
dem Gebrauche des abhörenden fremden Gerichts verfahren worden ist, Nichts von
seiner Willigkeit. ') — §. 223, I. 1« ». G. O.
III. Die Gerichte sind verpflichtet, Aufträgen der vorgesetzten Behörden und
Requisitionen andrer Gerichte wegen Zeugenvcrnehmungcn schleunig zu genügen.
Säumen sie, so haben sie Erinnerungen, demnächst aber Strafbefehle, die von der
vorgefetzten Behörde evevtuel in Folge Anzeige des requirirenden Gerichts ergchen,
zu gewärtigen.
Sollen Zeugen auf Requisition ausländischer Gerichte von einem hiesigen Ge
richt vernommen werden; so muß dies mit aller Bereitwilligkeit geschehe». Doch
kommen den Jeugen die Vorschriften g. 133, III. zu statten. Auch muß, wenn der
Gegenstand der Vernehmung so beschaffen ist, daß daraus Kollisionen zwischen dem
hiesigen und einem fremden Staate entstehen könnten, noch vor Abhörung über die
Umstände der Sache dem Justizministerio zur weiteren Bestimmung Anzeige ge
macht werden. — 8. 225 s, 225 b, 177, I. 1« A. G. O.
IV. Will auf wiederholte Requisition das fremde ausländische Gericht der
Zeugenvernehmung sich nicht unterziehen; so wird der Partei, welche diese beantragt,
unter Bestimmung einer Frist aufgegeben, die Zeugenvernehmung zu beschaffen. —
Nach fruchtlosem Ablauf dcr Frist kommt die Bestimmung des z. 113, Nro. V.
zur Anwendung. — Z. 225s, 107 a. a. O.— Res. vom 3. Juli 1826. Gräff,
Koch :c. Erg. III. S. 227.
1) Die Unterlassung dessen hat jedoch auf die Giltigkeit dcr Verhandlung keinen
Einfluß. Die Befolgung ist aber mehrfach angeordnet, um dadurch Einwcn-
dungen vorzubeugen. — Anh. Z. «5 z. A. G. O. Ref. vom 26. Oktober 1813.
2) Handelt es sich um Vernehmung ^ines in den Niederlanden wohnenden Zeugen,
so muß von Seiten der Partei em dortiger bci Gericht angestellter Procurator
ersucht werde», daß er das dcsfallsige Ansuchen an die Rechtsbank (Tribunal)
desjenigen Arrondisscmcnts, in welchem der Zeuge wohnt, richtet. Das Gc-
suchsschreiben muß enthalten:
1) die Gründe, welche ein Zeugenverhör nöthig machen;
2) die Thatsache, die man beweisen will, den Namen und Wohnort des Zeugen.
Unmittelbare Requisitionen diesseitiger Behörden um Vernehmung von Zeugen in
Zivilsachen, führen in den Niederlanden nicht zu dem beabsichtigten Ziele. —
Ref. vom 29. Dccbr. 1843. I. M. B. 1844, S. 19. — Res. vom 16. Febr.
1844. I. M. B. S. 54.
«) Die Verordnungen über das Verfahren bei Requisitionen nach dem Auslande
und bei Erlassen an Ausländer oder im Auslande sich aufhaltende preuss. Un-
terthanen sind in der Allg. Verf. vom 16. September 1844 (I. M. B. S. 207
fg.) zusammengestellt.
2l4
Allgemeine Pflicht zur Ablegung des Zeugnisses; Fälle, in denen es
verweigert werden kann, und Verfahren gegen die das Zeugniß
ohne Grund Weigernden, so wie in Betreff kranker oder
abwesender Zeuge».
Z. 133. I. Jeder ohne Unterschied des Standes ist verpflichtet, auf Erfordern
des Richters über die im Prozeß streitigen Thatsachen seine Wissenschaft getreu an
zugeben. Durch das Borgeben, daß er von der Sache nichts wisse, oder daß die
vorgelegte Frage zur Entscheidung des Prozesses Nichts beitrage, kann sich Niemand
von seiner eidliche» Vernehmung befrein. — Dagegen kann auch jeder Zeuge ver
langen, daß ihm sofort nach erfolgter Vernehmung seine Auslagen mit Einschluß
der gesetzlichen Reise- und Zchrungskosten >) allenfalls aus der Salarienkasse vor
schußweise gezahlt werden.-) — §. 18, Einl. 179, 187, Tit. 10, I. A. G. O. —
Res. vom Ii. November 1831. Mannkopf A. G. O. Bd. 1, S. 479. Grciff
Erg. III. S. 222.
II. Das Zeugniß kann nur verweigert werden:
1) wenn ein Priester oder Prediger über Umstände, die ihm unter dem Siegel
der Beichte oder der geistlichen Amtsverschwiegenheit anvertraut worden sind,
befragt wird, und nicht etwa
») der, welcher ihm dieselben anvertraut hat, selbst die Offenbarung will, oder
sofern nicht
K) diese nothwendig ist, um eine dem Staate drohende Gefahr abzuwenden;
oder ein Verbrechen zu verhüten, oder den schädlichen Folgen eines schon be
gangenen Verbrechens abzuhelfen, oder vorzubeugen. In diesen Fällen muß
der Geistliche Zeugniß ablegen;
2) wenn ein landesherrlicher Beamter abgehört wird, und die ihm vorge
legten Fragen solche Umstände betreffen, deren Bekanntwerdung dem Staate
nachthcilig sein könnte; s)

1) Zeugen erhalten: 1) wenn sie an ihrem Wohnort oder an einem von demselben
nicht über eine Viertelmcile entfernten Orte bei gerichtlichen Geschäften zuge
zogen oder vernommen werden, in der Regel keine Vergütung. Doch können, «)
wenn die Zeugen wegen Krankheit, Gebrechen oder andrer Umstände sich eines
Fuhrwerks zu bedienen gcnöthigt sind, oder auf dem Wege zu dem Orte ihrer
Vernehmung Brücken- und Fährgelder zu zahlen oder andre Auslagen zu ma
chen haben, sie die Erstattung dieser Kosten verlangen; sie müssen jedoch die
Verwendung und die Nothwendigkeit derselben nachweisen. — b) Den Zeugen
niederen Standes, welche sich durch Tagcarbcit, Handwerk, oder Gewerbe er
nähren, soll auf ihren Antrag für jede Stunde Vcrsäumniß eine mit Rück
sicht auf den muthmaßlichen Erwerb des Zeugen und die örtlichen Verhältnisse
zu bestimmende Entschädigung von einem bis drei Sgr. auch ohne besondern
Nachweis bewilligt, und dabei die angefangene Stunde für voll angerechnet wer
den. — 2) Erfolgt die Zuziehung oder Vernehmung der Zeugen an einem mehr
als eine Viertel-Meile von ihrem Wohnorte entfernten Orte, so sind ihnen an
Reisekosten mit Einschluß der Versäumniß- und Zeh rungskosten drei
Sgr. bis Ein Thal er für jede Meile zu vergüten, und die Höhe in jedem
einzelnen Falle mit Rücksicht auf die Erwerbs- und die übrigen Verhältnisse
des Zeugen und die örtlichen Preise der Lebensbedürfnisse und der Transport
mittel zu ermessen. Hierin sind alle Auslagen des Zeugen begriffen. Kann er
jedoch nachweisen, daß ihm durch die Reise grössere Kosten verursacht worden,
und daß solche wirklich nothwendig gewesen, so müssen ihm dieselben vollständig
vergütet werden. — K. 2, 3, 7—9 der V. vom 29. März 1844 GS. S. 73.
2) Auch die Eidcsabnahmegcbühren der Rabbiner und Judenbcglaubigten müssen
von den Salar.-Kassen vorschußweise gezahlt werden. — Li'. Ref. vom 6. Mai
1833. Jahrb. 4,, S. 426. Gräff 6, S. 271.
«) Der Beamte muß jedoch im Termin erscheinen, da er nicht voraus wissen kann,
ob seine Vernehmung auf einen solchen Umstand, hinsichtlich dessen er das Zeug-
215
3) wenn dem Zeuge» angcmuthct wird, feine eigne, oder feiner nahen An«
verwandten,') oder seines Ehegatten Schande zu bekennen, so wie
4) wenn leibliche Altern, oder leibliche Kinder oder Ehegatten gegen die,
mit denen sie in einer solchen nahen Verbindung stehen, oder
5) wenn andre Verwandte in auf- und absteigender Liniez Stief-odcr
Schwiegerölternz Sticf- oder Schwiegerkinder, Brüder oder Schwe
stern von voller und halber Geburt; Schwäger oder Schwägerinnen; und
öffentlich Verlobte gegen ihre Verwandte und Angehörige der bezeichneten
Art überhaupt Zeugniß ablegen sollen, und in Bezug auf die sck 5 die Sache
nicht von der Art ist, daß nach der Natur des Geschäfts, über welches ihre
Aussage verlangt wird, die Wahrheit auf andre Art nicht auszumittcln stände;
6) wenn, der guten Ordnung entgegen, dem Zeugen eine solche Frage vorgelegt wird,
deren Beantwortung, besonders bei Frauenspersonen, die Ehrbarkeit bclcidi-
gen würde;
7) wenn die Entdeckung eines Geheimnisses gefordert wird, durch dessen Bc-
kanntwerdung der Zeuge in seiner Kunst oder in seinem Gewerbe einen Schaden
leiden dürfte;
8) wenn der Bevollmächtigte einer Partei vom Gegner über solche Thatsachcn
zum Zeugen vorgeschlagen wird, welche erst während des Prozesses vorgefallen,
«der zu seiner Kenntniß gelangt sind; 2)
9) wenn bei einer, mit der streitigen Thatsache offenbar nicht in Verbindung stc-
henden Frage der Zeuge nicht ohne scheinbaren Grund befürchtet, daß deren Bcs
antwortung für seine Person nachtheilige Folgen haben möchte.
10) Überhaupt ist ein Zeuge nur Thatsachcn, nicht aber seine eigenen Meinun
gen, Gesinnungen, oder Muthmaßungen zu offenbaren verbunden.
11) Auch über die Meinungen, Gesinnungen oder Urtheilc einer Partei,
oder eines Dritten, welche dem Zeugen nur durch eine solche Privatkor-
respondcnz, zu deren Edirung er nach §. 115, Nro. 1 nicht verbunden sein
würde, oder durch eine vertrauliche Privateröffnung bekannt worden find, kann
der Aenge zur eidlichen Angabe wider seinen Willen nicht gezwungen werden.
12) Soll ein Jude in einem Jnjurienprozcß als Zeuge vernommen werden, so kann
er, falls die zu erwartende Strafe SO Thlr. Geld oder 6 Wochen Gcfängniß
übersteigt, das Zeugniß verweigern. — A. G. O. I. 10. z. 180, 228, 229,
230, Nro. 11. — A. L. R. II, 11 Z. 80—82. — Cr. O. Z. 33S.
III. Glaubt ein Zeuge, aus einem dieser Gründe zum Zeugniß überhaupt,
oder in Betreff einzelner Umstände nicht verpflichtet zu sein, so muß er den Grund
niß verweigern muß, beschränkt sein wird. — 65. Res. vom 10. Juni 1836.
Gräss, Koch ic. Erg. III. S. 221. — Übrigens können Beamte von dem,
was ihnen unter dem Siegel der Amtsverschwiegenheit bekannt geworden, nur
mit Vorwissen ihres Vorgesetzten Auskunft geben. Sie werden aber s) in Be
treff dessen, was ihr Amt unmittelbar betrifft, in der Regel schriftlich sich zrc
erklären haben, während sie K) hinsichtlich dessen, was ihr Amt nicht unmittel
bar betrifft, andern Zeugen gleich stehen. — l^f. Ref. vom 9. Mai 1821. Jahrb.
17, S. 302. — An Gebühren und Reisekosten stehe» den Staatsbeamten, wenn
sie als Zeugen oder Sachverständige vernommen werden, die ihnen in Dienstan
gelegenheiten rcglementsmässig gebührenden zu. — V. vom 29. März 1844.
1) Nahe Verwandte werden die genannt, welche von Jemanden nicht weiter, als
im sechsten Grade, voller oder halber Geburt entfernt sind. — §. 622, Tit. 1,
II. A. L. R.
2) Sachwalter müssen überhaupt in dem ihnen vermöge ihres Amts Anvertrauten
unverbrüchliches Stillschweigen beobachten. — g. 23—26, III. A. G. O. Glei
ches liegt den Ärzten ob. — 8. 502, Tit. 2«, II. A. L. R. Dieselben werden
sich daher, wenn sie über solch amtlich Anvertrautet! Zeugniß ablegen sollen, in
den meisten Fällen aus die Bestimmungen Nro. 7 und 8 auch 9 berufen können.
216
dcr Weigerung anzeigen, und allenfalls bescheinigen. Der Jnstruent prüft ihn,
und unterläßt die betreffende Vernehmung, wenn er die Weigerung für begründet
erachtet. Hält er sie nicht für begründet, so muß er,
1) wenn der Prozeß beim Obergericht schwebt, beim Kollegio Anzeige machen, wel
ches sodann bestimmt: ob die Vernehmung dennoch erfolgen solle, und was etwa
zur Abwendung des besorgten Nachtheils für Vorkehrung zu gebrauchen sei.
Schwebt der Prozeß beim Untergericht, so muß der Jnstruent den Jeugen be
deuten, daß, wenn in dcr Sache das Rechtsmittel der Appellation angebracht
werde; und dcr Axpellationsrichter seine Weigerung für unbegründet erachte,
und die Vernehmung über den fraglichen Umstand anordne, dcr Zeuge die durch
diefc Weiterung verursachten Kosten tragen müsse. Bcharrt Zeuge dennoch bei
dcr Weigerung, so unterbleibt seine Vernehmung. > ) In dcr Appellationsinstanz
sind jedoch, wenn seine Vernehmung dennoch für nöthig erachtet und angcord-
nct wird, dic durch seine Weigerung entstandenen Mehrkosten von ihm cinzu-
, zieh». — A. G. O. I. 10. z. 18«, 131.
IV. Verweigert 1) ein Zeuge, ohne gesetzmäßigen Grund im Termine, in wel
chem cr vernommen werden soll, zu erscheinen; so wird in dcr zweiten Vorladung
Personen, gegen welche Geldstrafen realisirt werden können, für den Fall dcs Nicht-
krscheincns eine Geldstrafe, andern Personen aber und namentlich Personen ge
ringen Standes die Abholung durch den Exekuto r 2) angedroht. Ist diese Vor
ladung erfolglos, so wird dic Warnung vollstreckt. Geldstrafen können bis 50 Thlr.
gesteigert werden.
2) Verweigert ein im Termin erschienener Zeuge aus blossem Eigensinn oder sonst
ohne gcsetzmässigcn Grund beharrlich, seine Wissenschaft anzuzeigen, und die ihm
«orgclcgten Fragcn zu beantworten; so ist er nach Beschaffenheit der Person und
der Umstände durch Gefcingniß oder Gcldstrafe zur Erfüllung dieser Bürgerpflicht
qnzuhaltcn.
Solche widerspenstige Zeugen (Nro. 1 und 2) müssen aber ausserdem alle durch
ihre Weigerung entstandenen Mehrkosten, so wie die den Parteien dadurch erwach
senen Nachthcile l!) erstatten resp. vergüten und dazu durch Exekution angehalten
werden. Sollte aber ein Zeuge Mittel sinden, sich der Ablegung dcs Zeugnisses
und den dahin abziclendcn richterlichen Verfügungen zu entziehen; so soll der da
durch in dcr Sachc selbst Schaden lcidendcn Partei der Regreß wider ihn und seine
Erben gestattet, und es zu dessen Begründung wider ihn und seine Erben dafür
angenommen werden:
daß er dasjenige wirklich ausgesagt habe, worüber sein Zeugniß von dcr
Partei verlangt wurde.
A. G. O. I. 1«, Z. 18Z—186. — Res. vom S. März 1827. Gr äff, Koch zc.
Erg. III. S. 222. — A. L. R. II. 2« Z. 35.
V. Kann ein Zeuge wegen Krankheit am Terminsort nicht erscheinen, so
ist seine Vernehmung in seiner Wohnung vorzunehmen. Läßt die Beschaffenheit der
Krankheit eine solche Vernehmung nicht zu; so muß der, welcher ihn vorgeschlagen
hat, durch ärztliches Attest nachweisen: daß und binncn welcher Frist die Wieder-
Es wird aber immer vorausgesetzt, daß einer der Gründe Nro. II., wenn auch
nur scheinbar, vorliegt. Ist ein solcher Grund offenbar nur vorgespiegelt, und
gar nicht vorliegend, so treten die Bestimmungen unter Nro. IV. ein.
2) Auch Personen höheren Standes müssen, wenn wegen Armuth Geldstrafen gegen
sie nicht anwendbar, durch den Exekutor abgeholt werden. — ök. Res. vom 5.
März 1827.
») D. h. Nachtheile, welche unumstößlich fcststchcn. Nachtheilc, hinsichtlich derer
irgend ein faktisches oder rechtliches Bedenken obwaltet, können nur im Wege
der Klage geltend gemacht werden,
217
Herstellung so weit, daß er, wenn auch in seiner Behausung, vernommen werden
könne, wahrscheinlich zu hoffen sei. Darnach bestimmt der Richter den Termin zur
Abhörung. Kann nach Ablauf der Frist die Vernehmung des Zeugen noch nicht
erfolgen; so soll, wen» auch dann noch eine ganz nahe Hoffnung zu einer solchen
Wiederherstellung des Zeugen nicht nachgewiesen werden kann, der Abschluß der In,
struktion für diese Instanz dadurch nicht länger aufgehalten werden.
Befindet sich der vorgeschlagene Zeuge auf Reisen, es kann jedoch der Zeit
punkt der Rükkunft mit Wahrscheinlichkeit angegeben werden; so ist der Ter
min seiner Vernehmung bis zu diesem Zeitpunkt hinauszusetzen. Ist aber die Zeit
der Rükkunft ungewiß; so muß nicht allein die Partei, welche auf seiner Abhö
rung besteht, den Eid für Gefährde gemäß §. 131, I. ableisten, sondern der Rich
ter muß auch nach Beschaffenheit der Umstände eine Frist von mehren Wochen oder
Monaten (jedoch niemals über 6 Monate) bestimmen, während welcher mit Abschluß
der Instruktion auf die Wicdcrkchr des Zeugen gewartet werden soll, käust die
Frist fruchtlos ab, so wird dann mit Abschluß derselben ohne weiteren Aufenthalt
verfahren. — §. 17«, 182, 226«, 226 d, I. 1«. A. G. O.
Verfahren bei Vernehmung und Vercidung der Zeugen.
§. 134. I. Der Vernehmung der Zeugen geht deren Vcrmahnung voraus.
Sie sind zu bedeuten, daß sie ihre Aussage werden eidlich bestätigen müssen; es ist
ihnen ferner die gesetzliche Vorhaltung bei Zeugeneiden > ) entweder zum Durchlese»
i) Die Vorhaltung, welche in Gcmäßhcit des Eirkulors vom 26. Oktober 1799
den Zeugen vor ihrer Vernehmung gemacht werden soll, lautet:
„Zum Zeugnis! vor Gericht aufgcfordcrt zu werden ist ehrenvoll, weil man
es nur denjenigen gestattet, welche sich bis dahin einen unbescholtenen Ruf er
halten haben. Eingedenk dieses Vorzuges muß ein Jeder bei Ablegung seines
Zeugnisses sich des in ihn gesetzten Vertrauens würdig betragen. Wer bei der
Sache, worüber er befragt werden soll, ein eigenes, dem Gericht unbekannt ge
bliebenes Interesse hat, wer von deren Entscheidung Nutzen hoffen oder Scha
den befürchten kann, wer mit einer der Parteien in solchem Verwandtschafts
oder anderem Verhältnisse steht, daß ihn der Gegner, wenn er davon unter
richtet gewesen wäre, nicht zum Zeugniß verstattet haben würde, darf diese«
Alles dem Richter nicht verschweigen."
„Der Wahrheit muß jeder Zeuge auch in den. Ihm unbedeutend scheinenden
Umständen überall treu bleiben und sich davon durch Menschenfurcht, Freund
schaft, Feindschaft oder irgend einen zeitlichen Vortheil nicht abhalten lassen."
„Fälschlich Unwissenheit zu behaupten und dasjenige zu verschweigen, was
man von der Bewandniß der Sache mit Ucbcrzcugung anführen könnte, ist
eben so strafbar, als wenn man wissentlich etwas Unrichtiges aussagt."
„Kann man sich der Thatsachen, worüber man befragt wird, nicht mit Zu
verlässigkeit erinnern, so ist es Pflicht, dem Richter genau anzuzeigen, was man
als gewiß oder was man nur als wahrscheinlich behaupten kann. Das, was
man von Andern erfahren, darf man nie mit demjenigen verwechseln, was man
selbst gesehen, gehört, gelesen hat. Man ist daher schuldig, dem Gericht darü
ber vollständig Auskunft zu geben, auf welche Art man von jedem bekundeten
Umstände Wissenschaft erhalten hat. Der Richter handelt auf Befehl und im
Namen des Landesherrn, und so wie jeder getreue Unterthan es nicht wagen
würde, den Landesherrn mit Unwahrheit zu hintergehen, so kann auch der Rich
ter freimüthige und getreue Aussage fordern. Diese muß mit einem Eide be
kräftigt werden, wodurch sich der Zeuge der Strafe Gottes unterwirft, wenn
er bei Ablegung seines Zeugnisses pflichtwidrig handelt. Gott ist allwissend,
allgegenwärtig und gerecht; ihm ist nicht verborgen, ob der Zeuge der Wahr
heit treu bleibt, und der Allerhöchste wird in dieser oder jener Welt denjeni
gen strafen, der ein falsches Zeugniß ablegt."
„Das Bewußtsein, ein solches Verbrechen begangen zu haben, stört alles
zeitliche Glück: die Vorwürfe des Gewissens sind schrecklich und verfolgen den
Frevler lebenslang, wenn er auch der Ahndung der Obrigkeit entgeht. Wird
218
einzuhändigen, ober, wenn sie nicht lesen können, durch eine Gerichtsperson vorzu-
lesen, der Jnstruent kann aber ausserdem mit Rüksicht auf den Grad der Bil
dung des zu Vernehmenden , und auf sein moralisches oder religiöses Gefühl dieje
nigen Ermahnungen an den Zeugen richten, welche ihm zur Erreichung des End
zwecks, die Worttreue zu erhalten und zu befördern, geschickt zu sein scheinen. —
S. 188, u. Anh. Z. 81, und 82 a. a. O.
II. Hierauf wird zur Vernehmung selbst geschritten. Dabei dürfen die Par
teien nicht selbst, es können und sollen aber ihre Rcchtsbciftände und Bevollmäch
tigte gegenwärtig sein. — Z. 189 a. a> O.
III. Die Vernehmung wird
^. zunächst auf die persönlichen Umstände des Zeugen gerichtet, in sofern die
selben auf die Beurtheilung der Glaubwürdigkeit ihres Zeugnisses Einfluß haben
können. Es find dabei die etwanigen Einwendungen zu berücksichtige», welche von
den Parteien gegen die Glaubwürdigkeit dcr Zeugen erhoben sind. Nachdem sie also
«) um ihren Vor- und Zunamen; K) ob sie das zur Ablegung eines vollgiltigen
Zeugnisses erforderliche Alter haben; ') e) um ihren Stand, Amt oder Gewerbe;
<1) um ihre Religion gefragt worden, wird ferner von ihnen erforscht:
1) ob und wie nahe sie mit einem oder dem andern Theile verwandt oder ver
schwägert sind;
2) ob sie bei der im Prozeß befangenen Sache einiges Interesse und Nutzen davon
zu hoffen, oder Schaden zu befürchten haben;
3) ob sich Jemand angemaßt habe, sie unterrichten zu wollen, was und wie sie
aussagen sollenz
4) ob sie sich wegen des abzulegenden Zeugnisses mit ihren Ncbenzcugen, (in sofern
dergleichen vorhanden) besprochen haben;
5) ob sie dem einen oder dem andern Theile entweder im Geschäfte oder Handel,
worüber jczt ihr Zeugniß verlangt wird, oder auch in dem jezt darüber schwe
benden Prozesse selbst, Rath gegeben, auch
6) ob Jemand durch Geschenke oder Versprechungen sie zur Ablegung eines günsti
gen Zeugnisses für einen oder den andern Theil habe vermögen wollen.
L. Alsdann muß dcr Jnstruent dem Zeugen eine umständliche und zusam
menhängende Erzählung der Thatsache, des Geschäfts oder Handels, worüber er
aussagen soll, abfordern, und diese Erzählung getreu und vollständig, so viel als
möglich, mit des Zeugen eigen Worten in der ersten Person niederschreiben. Dabei
muß er ihn über die Umstände, worauf es nach Maasgabe des feststehenden 5t»lus
c«lllr«v«rsi!,s hauptsächlich ankommt, durch Vorlegung spezieller Fragen noch ge
nauer ausforschen; er muß ferner sorgfältig darauf Acht haben, daß der Zeuge
seine Wissenschaft deutlich, bestimmt und ausführlich angibt, und überall den Grund
derfelben beifügt; und überhaupt muß er dahin sehen, daß in den Aussage» des
Zeugen Nichts Dunkles, Unbestimmtes und Zweideutiges übrig bleibt, welches den
Parteien zu Verdrehungen, dem Richter aber zu Zweifeln, und zur Ungewißheit
über den eigentlichen Sinn und Verstand des Bekundeten Anlaß geben könnte.

aber der Meineid entdeckt, so ist nicht allein allgemeine Verachtung, Verlust der
Ehre, Aemter und Würden, sondern auch vcrhältnißmäßige strenge Bestrafung
der wohlverdiente Lohn eines falschen Zeugen."
') Um ihr Alter ist nur dann genauer zu forschen, wenn sie über Wahrnehmungen
aus längst verflossener Zeit vernommen werden, da dann bei Beurtheilung dcr
Glaubwürdigkeit des Bekundeten in dcr Regel darauf Rücksicht genommen wer
den muß: ob bei dcr bekundeten Wahrnehmung Zeuge schon in dem Alter war,
die Wahrnehmung zu behalten und richtig zu beurtheilen. Dahin gehören z. B.
die sub Vro. 8, L. gedachten Fälle.
2l9
Der Jnstrucnt hat bei dieser Vernehmung vorzüglich folgende Grundsätze zu
bcobachtcn :
1) Die blosse Vorlegung von Fragstücken ist nicht zulässig; die Abforderung einer
möglichst ausführlichen und zusammenhängenden Geschichtserzählung vielmehr
nöthig, da hieraus der Richter gleich entnehmen kann:
ob dem Zeugen wirklich eine deutliche und richtige «enntniß von dem
Hergange der Sache inwohnez
da ferner bei Gelegenheit einer solchen Erzählung leicht Umstände zum Vorschein
kommen können, welche näher zur Entwicklung der Wahrheit führen, deren in
den bisherigen Verhandlungen nicht gedacht worden, und zu deren Angabe der
Zeuge bei Vorlegung blosser Fragstücke nicht Gelegenheit haben würde.
2) Die dem Zeugen nach Aufzeichnung dieser Geschichtserzählung vorzulegenden spe-
ziellen Fragen dienen dazu, damit die in derselben nicht deutlich, bestimmt und
zusammenhängend genug vorgetragenen Umstände noch mehr entwickelt; damit
der Zeuge noch näher und genauer auf das, worauf eS nach dem regulirten
Strcitstand hauptsächlich ankommt, geführt, und daß die in der Geschichtscrzäh-
lung sich findenden unzusammenhängenden, unwahrscheinlichen, oder widersprc-
chcndcn Angaben mit möglichster Zuverlässigkeit ins Licht gesetzt werden.
3) Fällt daher die Aussage eines Zeugen unverständlich, verworren und schwankend
aus, oder ist sie auf die Frage nicht passend; so muß der Jnstruent vor Nie«
dcrschrcibung der Antwort den Zeugen näher bedeuten, worauf es bei der
Sache eigentlich ankommt, und ihn anhalten, sich genauer und bestimmter dar«
über auszulassen.
4) Antwortet Zeuge bei einem Umstanie, worüber er gefragt wird, daß er ihn nicht
wisse oder vergessen habe; so muß er, wenn nur irgend Verdacht vorhanden,
daß die vorgeschützte Unwissenheit verstellt und asMirt sei, wiederholt ermahnt,
ihm die etwa aus den Umständen sich ergebende Unwahrscheinlichkcit dieses
Nichtwissens vorgehalten, und ihm zu Gemüthe geführt werden, daß er sich nicht
nur durch Verfälschung, sondern auch durch Verschweigung der Wahrheit de«
Meineides schuldig machen wur.de. — Übrigens muß, wenn Zeuge über die be-
fragten Umstände Nichts zu wissen behauptet, obwohl er beim fraglichen Vor
falle gegenwärtig gewesen, hauptsächlich darnach geforscht werden, ob sich dieser
Vorfall unter den angegebenen Umständen wohl ereignen konnte, ohne daß der
Zeuge Kenntniß davon erhielt.
5) Der Jnstruent muß besonders dahin sehen, daß Zeuge nur über eigentliche That«
suchen, die er mit seinen Sinnen erkannt oder erfahren hat, bekundet, und daß
er nicht etwa die daraus sich gebildeten Schlüsse und Folgerungen mit der
Thatsache selbst verwechselt.
6) Ferner muß der Jnstrucnt, besonders wenn Zeuge seiner persönlichen Qualität
nach verdächtig ist, genau Acht geben, bei welchen Umständen «der Fragen der
selbe stockt, und anstößt, oder unbeständig, furchtsam und verwirrt antwortet;
und er muß ihn wiederholt, so wie jederzeit, wenn Verdacht des Leichtsinns,
der Zurückhaltung der Wahrheit, oder der Parteilichkeit entsteht, zur Wahr
heitsaussage crmahnen.
7) Zeigt sich zwischen den auf die speziellen Fragen gcthancn Antworten und der
vorhergegangene» Erzählung des Zeugen ein Widerspruch, so muß der Jnstrucnt
ihm dies vorhalten, und seine Erläuterung darüber ins Protokoll niederschreiben.
8) Der Jnstrucnt muß die möglichste Deutlichkeit, Zuverlässigkeit und Vollständig
keit in den Zeugenaussagen zu erlange» suchen. — Besonders ist, wenn Zeugen
über die Verjährung abgehört werden, darauf zu sehen, daß sie den Zeitpunkt,
von welchem ihre Wissenschaft anfängt, so bestimmt als möglich angeben. B<«
220
ziehen sie sich dabei auf eine gewisse Begebenheit, z. B. auf einen Krieg, eine
Schlacht, Belagerung u. f. w.z so muß der Jnstruent sogleich das Jahr be
rechnen, bis zu welchem hinauf, nach dieser Angabc die Wissenschaft des Zeugen
sich erstrecken würde. Er muß dem Zeugen davon Eröffnung thun, und wenn
dabei z. B. im Vergleich zu dem angegebenen Alter des Jeugen oder zu andern
GeschichtsumstSnden Bedenklichkeiten sich finden, ihm darüber die nöthige» Er
läuterungen abfordern.
9) Die Bevollmächtigten und Rcchtsbeistände dürfen dem Jnstruentcn bei Verneh
mung der Zeugen nicht in die Rede fallen, noch den Zeugen durch verfängliche
Fragen oder Suggestionen irre machen oder zu unrichtigen Angaben verleiten.
Sie haben nur auf das Verfahren des Jnstruentcn, auf die Aussagen der Zeu
gen selbst, so wie auf die Richtigkeit und Vollständigkeit des Niederfchreibens
derselben genau Acht zu geben. Finden sie, daß der Jnstruent etwas dabei
übersehen, oder auf irgend einen Umstand, durch dessen genauere Erforschung der
Wahrheit näher zu kommen gewesen sein möchte, nicht Aufmerksamkeit genug
gewendet; Fragen, welche auf diesen Endzweck führen könncn, unterlassen, oder
die Aussagen undeutlich, unvollständig oder ganz unrichtig niedergeschrieben; so
müssen sie ihm dies nach Abtrit des Zeugen, oder doch diesem unbemerklich,
allemal aber vor dessen Vereidung, bescheiden eröffnen, und auf die nöthige Er
gänzung oder Verbesserung dringen. Achtet der Jnstruent nicht hinlänglich dar
auf; so müssen sie das Nöthige darüber, zur künftigen Information und Be-
urtheilung Seitens des Gerichts selbst, ins Protokoll einrücken lassen. Verwei
gert der Jnstruent die Aufnahme solcher Bemerkungen; so muß der Rechtsbei
stand oder Bevollmächtigte dem Gericht davon sofort Anzeige machen. Dieses
erläßt hiernach nach Vortrag der Sache durch den ordentlichen Dezernenten
die nöthige Verfügung.
1«) Den Rechtsbeiständen oder Bevollmächtigten steht frei, vor Abhörung der Zeu
gen dem Deputirten eine Eingabe zuzustellen, in welchem die Umstände bemerkt
sind, auf welche nach ihrer Meinung bei Vernehmung der Zeugen vorzüglich
Acht zu geben, und die durch nähere schickliche Fragen besonders ins Licht zu
setzen sein würden. — A. G. O. I. 1«, z. 190—199, 234, 242. Anh. Z. 81.
IV. Nach beendigtem Verhör müssen dem Zeugen seine Aussagen langsam und
deutlich vorgelesen, und er muß bei jedem Punkte befragt werden: ob das Nieder
geschriebene wirklich seine Aussage und Meinung, sei. Dabei ist es Pflicht der
Rechtsbeistände, besonders Acht zu geben, und dahin zu sehen, daß der Inhalt des
Protokolls mit dem vom Zeugen wirklich Bekundeten übereinstimmt. Ändert Zeuge
beim Vorlesen seine Aussage in irgend einem Stücke; so muß Jnstruent dergleichen
Widerruf, Ergänzung oder Berichtigung, jedoch nicht durch Korrektur des schon
Geschriebenen, sonder» am Schlüsse des Protokolls beifügen, auch dem Zeugen die
Ursache der Angaben und, warum er nicht gleich Anfangs solchergestalt angegeben
habe, abfragen. Ist das Zeugenverhör weitläufig; so muß Jnstruent durch eine
kurze Bemerkung am Rande der Stelle, wo die in der Folge abgeänderte Aussage
niedergeschrieben ist, auf die am Schlüsse des Protokolls befindliche Abänderung
aufmerksam machen. — S. 200, 201 a. a. O.
V. Nach Borlesung und Genehmigung der Verhandlung wird Zeuge nochmals
an die Pflicht, sein Gewissen zu bewahren, erinnert, auch werden ihm, besonders,
wenn er zu den einfältigen und gemeinen Leuten gehört, die Natur und Absicht
des Eides und die Strafen des Meineides wiederholt erklärt und zu Gemüthc ge
führt. Die Parteien werden hierauf herbeigerufen, und falls sie nicht anwesend
oder durch Nechtsbcistände oder Bevollmächtigt? vertreten sind, wird jeder von ihnen
221
e'n Schwurzeuge von Amtswegen zugeordnet.') Der Zeuge muß hierauf dahin
vereidet werden:
daß er von Allem, worüber er vernommen worden, nach sei
nem beste» Wissen die reine Wahrheit gesagt, und wissent
lich weder etwas verschwiegen, noch hinzugesetzt habe.
In Fällen, in denen der Zeuge mit Rücksicht auf §. II. einige Umstände zu
verschweigen die Befugniß hat, ist in dem Eide vor den Worten „wissentlich Nichts
verschwiegen" die Einschränkung:
ausser den im Protokoll bemerkten Umständen, zu deren Of
fenbarung Zeuge sich nicht für schuldig halte?
einzuschalten.-) — A. G. O. I. 1«, Z. 2«2 u. 204. Anh. §. «5.— V. v.28.Juni
1844. 8. 1 GS. S. 249.
VI. Das Protokoll muß sodann gemäß S. 104 vom Zeugen, und falls nicht
noch cmderweite Verhandlung erfolgt, von den Parteien oder deren Stellvertretern
und dem Jnstrucntcn vollzogen werden. — K. 2«ö und Anh. z. 8t>, I. 1« A. G. O.
VII. Währt die Abhörung eines Zeugen mehre Tage hindurch, so erfolgt
die Vereidung nach gänzlich beendigtem Verhör. Dagegen muß an jedem Tage
beim Schluß des an demselben aufgenommenen Protokolls dasselbe nach Nro. IV.
vorgelesen, Zeuge jedesmal vor Unterschrift gemäß V. an den zu leistende» Eid er
innert und hierauf von ihm dies Protokoll vollzogen werden. — Ist dies geschehen,
und Zeuge stirbt vor Beendigung des ganzen Verhörs, folglich vor Ableistung des
Eides; so verlieren seine Aussagen dadurch Nichts von ihrer Beweiskraft. — Z. 209
a. a. O.
VIII. Sind mehre Zeugen über verschiedene Thatsachcn, die mit einander in
keiner Verbindung stehen, abzuhören; so müssen die Aussagen derselben in besondere,
einem jeden dieser Gegenstände gewidmeten Protokolle niedergeschrieben werden. —
z. 20S a. a. O.
Konfrontation des Zeugen und Wiederholung des Zeugenverhörs.
§. 135. I. Die Gegeneinanderstellung eines Zeugen kann erfolgen mit einem
andern Zeugen und mit einer Partei.
1) Zur Gegeneinanderstellung zweier Zeugen ist der Jnstruent dann verpflichtet,
wenn sie über eine und dieselbe Thatsache, besonders in wesentlichen Umständen
sich widersprechen. Sie geschieht dann zum Behuf einer näheren und bestimm
teren Erörterung dieser Umstände, um durch dies Mittel, wo möglich auf den
wahren und eigentlichen Grund der Sache zu gelangen, sofort bei Äusserung
des Widerspruchs, in sofern beide Zeugen zugleich gegenwärtig, gleich viel, wenn
der eine Zeuge auch noch nicht vereidet wäre. Ist aber der eine Zeuge bereits
entlassen, wenn der Widerspruch sich äußert, so muß auch der spätere vereidet,
und zur Gegeneinanderstellung ein besonderer Termin angesetzt werden. — Hat
daher der Jnstruent mehre Zeugen über dieselben Umstände zu vernehmen, so
muß er, besonders auswärtige, vor Beendigung des ganzen Zcugcnvcrhörs nicht
entlassen.
2) Der Richter hat die Befugniß, in bcsondern Fällen, in denen die Ausmitte
lung der Wahrheit es nothwendig erfordert, Zeugen mit der Partei selbst ge«
i) Doch hat die Unterlassung dessen nicht Nichtigkeit des Zeugenvcrhörs zur Folge.
Anh. Z. «5 z. A. G. O.
«) Die Eidesabnahme muß mit Feierlichkeit, und wo möglich in einem besonders
dazu eingerichteten Zimmer erfolgen. — Weiter unten wird von den ferneren
dabei zu nehmenden Rücksichten die Rede fein.
S2S
geneinander zu stellen, um, wo möglich, auf diese Art den wahren Zusammen
hang der Sache ins Licht zu setzen. — §. 207, 208 a. a. O.
II. Die wiederholte Vernehmung eines Zeugen über einen Umstand, über den
bereits seine Vernehmung erfolgt ist, soll in der Regel nicht statt finden. Wenn jedoch
1) nach geschlossener Instruktion >) der Dezernent oder Referent beim Bortrag der
Sache wahrnimmt, daß die Zeugenaussagen über einen oder den andern erheb-
lichen Umstand so dunkel und zweifelhaft ausgefallen, daß ihr eigentlicher Sinn
und Meinung nicht mit Zuverlässigkeit zu entnehmen ist; so find die Zeugen
nochmals über dergleichen Umstand, jedoch nur mit Verweisung auf den bereits
geleisteten Eid durch eine andre Gerichtsperfon auf Kosten des vorigen Jn-
struenten zu vernehmen.
2) Gleiches muß, wenn durch Jemandes Unfleiß oder Unachtfamkeit das Vernch-
mungsprotokoll verloren gegangen, oder sonst weggekommen, auf Kosten dessen,
welcher daran Schuld ist, geschehen.
A) Meldet sich ein bereits vernommener und vereideter Zeuge freiwillig mit der
Anzeige, daß er seiner Aussage noch etwas beizufügen, oder daran zu berichti
gen habe, zur nochmaligen Abhörung; so muß damit zwar unverzüglich verfah
ren werden. Doch ist dabei nicht nur ganz vorzügliche Genauigkeit und Auf
merksamkeit anzuwenden, und der wahre Grund, warum Zeuge früher seine
Wissenschaft anders, als jczt, angegeben, durch zweckmässige Fragen und Vor
haltungen so zuverlässig, als möglich, zu erforschen, fondern es darf auch ein
solcher Zeuge, wenn er seine vorigen Aussagen ändert, oder mit erheblichen That-
sachen ergänzt, nicht sogleich wieder vereidet, es muß vielmehr dem künftige»
Erkenntnisse die Bestimmung: ob es der nochmaligen Vereidung bedürfe, oder
dieselbe zulässig sei, vorbehalten werden. — Übrigens muß der Jnstruent auch
in diesem Falle am Rande des früheren Vernehmungsprotokolls gemäß §. lZ4,
IV. vermerken, wo die geschehene Berichtigung oder Änderung zu finden sei.
z. 210—212 a. 0. O.
Verfahren, wenn bei Zeugenvernehmungen die Zuziehung
eines Dolmetfchers nöthig.
Z. 136. l. Der Zuziehung eines Dolmetschers bedarf es bei Zeugenverneh
mungen nur dann, wenn sowohl der vernehmende Richter, als der etwa zuge
zogene vereidete Protokollführer der Sprache des Zeugen nicht vollkommen mäch
tig ist. Der dann zuzuziehende Dolmetscher muß entweder als solcher bereits ver
pflichtet sein, oder wenn dies nicht der Fall, vor Abhörung des Zeugen schwören:
daß er die an den Zeugen zu richtenden Fragen dem fc Iben in
seiner Sprache genau so, wie sie von dem Richter in der
teutschen Sprache abgefaßt worden sind, vorlegen, die
Antworten desfelbcn genau und richtig in die teutsche
Sprache übersetzen, sie wörtlich so, wie sie von dem Zeugen
ertheilt worden, in dessen Sprache zum Nebenprotokolle
«) Die A. G. O. setzt hier voraus, daß der Dezernent nicht früher die Akten er
hält, da der Deputirte bis dahin in der Regel das Nöthige anzuordnen hat.
Kommen dem Dezernenten vor Abschluß der Instruktion die Akten in Vortrag,
und er sieht, daß eine Zeugenvernehmung mangelhaft ist, so versteht es sich »on
selbst, daß er sofort dem Kollegio darüber Vortrag halten, und dadurch eine
Wiederholung des Zeugenverhörs herbeiführen kann.
2) Dieser Eid ist nur für den besondcrn Fall abzunehmen, wenn der Dolmetscher
blos zur Zeugenvernehmung allein verpflichtet wird. Soll er auch bei andern
Vernehmungen dolmetschen, so muß der Seite 17« in der Note aufgeführte Eid
abgenommen werden,
223
niederschreiben, überall Nichts davon oder dazu thun, und
bei diesem ganzen Geschäft treu und rechtschaffen, der
Wahrheit gemäß, verfahren, auch sich davon weder durch
Geschenke noch andre Vorkheilc, noch durch Feindschaft,
Freundschaft, oder irgend einige andere Nebenrücksichtcn
abhalten lassen wolle.
Behufs Vernehmung des Zeugen selbst muß der Dolmetscher denselben in seiner
Muttersprache vermahnen, ihm in dieser den Zcugcneid vorlesen, und überhaupt in
derselben an ihn die Fragen richten, und die Antworten entgegennehmen. — Z. 213,
215 a. a. O.
II. Der Dolmetscher muß in der Regel sowohl die summarische Erzählung
des Zeuge», als die an ihn erlassenen Frage» und darauf crtheilten Antworten zum
Ncbcnprotokoll in der Ursprache des Zeugen niederschreiben, und dieses als Beilage
des tcusch abgefaßten Hauptprotokolls zu den Akten geben. — Dieses Nebenpro«
tokolls bedarf es aber nicht,
1) wenn die Gcrichtspcrson , welche das Jeugenvcrhör aufnimmt, oder der etwa zu
gezogene Protokollführer, oder die beim Verhör gegenwärtigen, beide Parteien
vertretenden, Justizkommissarien, die Sprache des Zeugen verstehen, wenn sie die«
selbe auch nicht so fertig sprechen, daß die Zuziehung eines Dolmetschers unent
behrlich würde;
2) wenn die Parteien, oder deren zum Prozeß gehörig legitimirte Bevollmächtigte
dem zu führenden Nebenprotokoll entsagen. — z. 2l4 u. Anh. Z. 87 a. o. O.
III. Bei Vernehmung der Wenden kommen die Vorschriften Z. 10Z, III. zur
Anwendung.
Personen, welche von der körperlichen Leistung des Zcugencides
frei sind.
z. 137. l. Die Ableistung des Acugeneidcs (z. 134, V.) muß von jedem Zeu
gen, und zwar mündlich, mit »achgcsprochenen Worten geschehen. Davon finden
folgende Ausnahmen statt:
1) wenn Personen fürstlichen Standes den Eid leisten sollen, so wird die im
Vcrnehmungsprotokoll zu verzeichnende Eidesformel denselben vom Kommissario
vorgelesen, und zur eigenhändigen Unterschrift vorgelegt.
2) Wenn Personen, die in Eid und Pflicht stehen, in Sachen, welche ihr Amt un
mittelbar betreffen, Zcugniß ablegen sollen; so ist die Verweisung auf ihren
Diensteid hinreichend. — Werden hingegen Personen dieser Art über Vorfälle
verhört, welche ihre Amtsgeschäftc nicht unmittelbar betreffen, wenn sie
gleich bei Ausrichtung derselben Kcnntniß davon erlangt haben, so findet diese
Ausnahme nicht Statt.
3) Wenn beide Parteien einstimmig durch mündlich zum Protokoll abgegebene, oder
eigenhändig unterzeichnete schriftliche Erklärungen dem Zeugen den Eid erlas
sen; so hat es dabei sein Bewenden. Bevollmächtigte bedürfen zum Erlaß der
Aeugeneide einer Spezialvollmacht.
4) Stumme, in sofern sie überhaupt als Zeugen abgehört werden können, müs
sen die ihnen vorzulegende Eidesformel in Gegenwart des Jnstrucnten abschrei«
be» und unterzeichnen.
5) Mennoniten, Filipponen und Andre, nach deren Rcligionsgrundsätzen Ei
desleistungen unzulässig sind, müssen bei Ablcgung eines Zeugnisses, wenn es
nicht bei dem Gerichte schon notorisch ist, nachweisen, daß ihre Rcligionspartei,
oder sie für ihre Person unter der ausdrücklichen landesherrlichen Vergünstigung,
keinen Eid ableisten zu dürfen, im Lande aufgenommen worden. — Sie müssen
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ferner, wenn sie sich auf ein solches ihrer Religionspartei bewilligtes Vorrecht
gründen, durch beizubringende Zeugnisse der Ältesten, Lehrer oder Vorsteher ihrer
Sekte bescheinig««, daß sie in derselben geboren worden, oder sich wenigstens seit
einem Jahre vor dem Anfange des Prozesses zu derselben bekannt, und bisher
einen untadelhaftcn Wandel geführt haben. In diesem Atteste muß zugleich die
bei einer solchen Sekte eingeführte, mit dem Eide gleiche Kraft habende Formel
bemerkt sein, damit dieselbe bei der Abhörung statt der gewöhnlichen Eidesfor
mel gebraucht werden könne. — Bei den Mcnnoniten namentlich wird die Ver
sicherung der Wahrheit nach dieser Bckrciftigungsformel mittelst Handschlags
abgegeben. — Bei den Filipponen besteht die Bctheurungsnorm in einem vor
dem Kruzifix aufrecht stehend, feierlich ausgesprochenen „Je«, Jen."
Die Anwendung einer solchen Bekräftigungsformel in den zulässigen Fällen
hat gleiche Kraft, wie die wirkliche Eidesleistung. — Z. 203, Anh. S. 83, l. 1«
A. G. O. — Cab.-Ord. vom 11. März 1827 GS. S. 28. — Eab.-Ord.
vom 19. Novbr. 1836 und Res. vom 28. Jan. 1837. Jahrb. 49, S. 175.
6) In Sachen der Juden gegen Juden bedarf es bei jüdischen Zeugen keines Ei
des, sondern es werden dem Zeugen nur die zehn Gebote, und die im mosaischen
Gesetze ausdrücklich befohlene Pflicht, als Zeuge die Wahrheit zu sagen, von
dem Rabbiner oder Gelehrten ernstlich zu Gemüthe geführt. Haben Christen
ein Interesse zur Sache, so können jüdische Zeugen die Eidesleistung nicht ver
weigern. — Z. 343, 344, I. 1« A. G. O.
II. Verweigert Jemand in einem nicht ausgenommenen Falle die Eideslei
stung, und zwar
1) indem er Gewissenszweifel vorschützt; so wird er gehörig belehrt, und zu
gleich bedeutet, daß er für die durch die Weigerung erwachsenden Kosten und
Nachtheile aufkommen müsse, und daß die benachtheiligte Partei gegen ihn we
gen des aus der unterlassenen Eidesleistung ihr entstehenden Schadens Regreß
nehmen könne. Beharrt er dennoch bei der Weigerung, so kann er zwar zur
Eidesleistung nicht gezwungen werde». Er hat jedoch jene Folgen zu gewärtigen.
2) Werden andre oder gar keine Gründe der Weigerung vorgeschützt, so wird
gegen den Weigernden in Gemäßheit des Z. 133, Nro. IV. verfahren. — §. 203,
I. 1« A. G. O. — Res. vom S. Mai 1833. Gräff, Koch :c. Erg. III.
S. 225.
Willigkeit und Zulässigkeit der Zeugen, und zwar
1. Personen, welche zum Zeugnisse gar nicht zugelassen werden;
§. 138. Zur Ablegung eines Zeugnisses sind unfähig:
1) Rasende, Wahn- und Blödsinnige. Personen, die nur schwach am Ver
stände sind, können über Gegenstände, die das Maaß ihrer Vcrstandcskräfte nicht
übersteigen, zugelassen werden. Ist Jemand nur zuweilen des Verstandes be
raubt, so kann er zwar in lichten Zwischenräumen über Umstände, welche sich
in einem gleichen Zeitpunkte zugetragen haben, abgehört werden; jedoch ist bei
dessen Vernehmung mit der größten Vorsicht zu verfahren, und seine Aussagen
haben niemals völlige Beweiskraft.
2) Blinde, in Ansehung solcher Gegenstände, zu deren Kenntniß der Sinn des
Gesichts erfordert wird, wenn sie nicht diese Kenntniß schon erlangt haben, be«
vor sie blind geworden sind.
3) Taube, in sofern sie nicht lesen können. Können sie lesen; so müssen ihnen
die an sie gerichteten Fragen schriftlich vorgelegt, ihre darauf in das Protokoll
verzeichneten Antworten aber ihnen zum Durchlesen gegeben, und von ihnen
bei jedem Punkte mittels Unterzeichnung genehmigt werden. Den Eid leiste» sie
S25
in der gewöhnlichen Art; doch wird ihnen die Eidesformel in die Hand gege
ben, damit sie dieselbe bei der Eidesleistung ablesen können.
4) Taube und Stumme zugleich, in sofern sie nicht lesen und schreiben können.
Können sie Beides, so werden ihnen die Fragen schriftlich vorgelegt, und ihre
Antworten müssen sie selbst niederschreiben und unterzeichnen. >)
5) Die, welche geständlich oder erweislich von einer Partei Geld oder andre Vor
theile angenommen haben, um ein denselben vortheilhaftes Zeugniß abzulegen.
Hierunter sind jedoch Reise- und Zehrungskosten nicht zu verstehen, welche der
Extrahent einem Zeugen, der ohne solchen Vorschuß nicht zur Gerichtsstelle kom
men kann, gereicht hat. Es bleibt aber richterlichem Ermessen vorbehalten, in
wiefern die gereichte Summe nach den Umständen für übermässig zu achten, und
also hinter diesem Borwande eine versuchte Bestechung des Zeugen verborgen sei.
6) Die in dieser oder einer andern Sache eines falschen Zeugnisses oder eines an
dern Meineids Überführten;
7) Die wegen begangener Verbrechen für ehrlos Erklärten. 2) Die erfolgte Be
gnadigung macht dabei keinen Unterschied, wenn nicht erhellt, daß dieselbe wegen
nachgewiesener Unschuld ertheilt worden. Andre Verbrechen, wenn auch Fe-
stungs- oder Zuchthausstrafe darauf, jedoch mit Vorbehalt des ehrlichen Na
mens, verhängt wäre, machen den Verbrecher zur Ablegung des Zeugnisses nicht
unfähig, fondern schwächen nur die seinen Aussagen beizulegende Beweiskraft.
Doch ist dabei hauptsächlich auf die Beschaffenheit des Verbrechens, und darauf
Rücksicht zu nehmen, in wiefern dabei solche moralische Grundsätze und Gesin
nungen, welche auf Wahrheitsliebe und Zuverlässigkeit Einfluß haben, mehr
oder weniger aus den Augen gefetzt worden sind. — §. 227, I. 10 A. G. O.
2. Personen, welche zwar nicht als Beweiszeugen, wohl aber der
Erkundigung wegen vernommen werden können; (Jnformationszeugen).
§. 139. I. Andre Personen können zwar in Rücksicht der Verbindung, in wel
cher sie mit einer der Parteien stehen, oder aus andern Ursachen als Beweiszeugen
nicht aufgestellt, wohl aber, um von der Bewandniß der Sache nähere Erkundigung
einzuzichn, von dem Richter vernommen werden. Dahin gehören:
1) leibliche Altern«) und andre Verwandte in aufsteigender Linie. Wenn jedoch
entweder der Streit unter den Kindern obwaltet, oder es darauf ankommt, das
Alter der Kinder, deren Verlobung, Vcrheirathung oder Absterben zu erweisen,
und die Wahrheit auf andre Art nicht ausgemittelt werden kann; so sind Ver
wandte in aufsteigender Linie auch als Bewciszeugen zulässig.
2) Leibliche Kinder einer Partei, oder andre Verwandte derselben in absteigender
Linie.
3) Stief- oder Schwiegerältern, ingleichen Sticf- oder Schwicgcrkinder. ^ )
4) Brüder und Schwestern, sie mögen von voller oder halber Geburt sein.
5) Schwäger oder Schwägerinnen.
>) Den Eid leisten diese in Gcmäßheit des §. 137, I. Nro. 4.
») Diese Ehrlosigkeit muß wohl unterschieden werden von dem Verluste gewisser
bürgerlicher Ehrenrechte, z. B. des Adels, der Orden, Ämter u. dergl. Dieser
Verlust hat nicht immer gänzlichen Verlust der Glaubwürdigkeit zu Folge. — Lf.
Res. vom 3«. Septbr. 1799. Stengel Bd. 15, S. 21«. Rabe Bd. 5, S.
S6». Cab.-Ord. vom 1. April 1»l9. Jahrb. 13, S. 21».
») Nach einem Res. vom I. Juni 1801 (Rabe Bd. 13, S. 476) können diese
auch nicht gezwungen werden, den Aufenthalt ihres als Schuldner entwichenen
Sohnes anzugeben.
«) Hierunter sind nur As- oder Deszendenten ersten Grades verstanden. — Res.
vom 6. Juni 1834. GrSff, Koch zc. Erg. III, S. 229.
IS
226
6) Ehegatten ober öffentlich Verlobte. -
Der mit den unter 1 bis 6 Genannten in dieser Verbindung Stehende kann,
wenn der Gegner sie zu Zeugen vorschlägt, sie davon nicht ausschliessen; und sie
sind in diesem Falle giltige Bewciszcugcn, in sofern sie nicht etwa das Jeugniß
ablehnen, und gemäß Z. 133, II. Nro. 3—5 ihre Weigerung begründet ist.
7) Mitberechtigte oder Verpflichtete.
, 8) Litisdcnunzianten, Denunzianten') oder Jntervenientcn.
9) überhaupt alle, die von dem Ausfalle der Sache Vorthcil oder Schaden zu er
warten Habenz mithin auch
10) Mitglieder eines Kollegii, einer Korporation oder Gemeinde, die in den Prozeß
verwickelt ist. Betrifft der Prozeß einen Gegenstand, bei welchem die einzelnen
Mitglieder kein Interesse haben; so können dergleichen Mitglieder auch als Be-
weiszcugen aufgestellt werden, und der Grund ihrer Glaubwürdigkeit bleibt, nach
Bewandniß der übrigen Umstände, richterlicher Beurthcilung vorbehalten. Be
trifft der Prozeß nur einzelne Mitglieder, so können andre Mitglieder, die
für sich selbst kein Interesse dabei haben, giltige Bewciszcugcn sein^ Altsitzcr,
Jnlieger und Hausleute sind nicht als Mitglieder der Gemeinde anzusehn. Je
doch ist ihren Aussagen für die Gemeinde, in welcher sie sich aufhalten, vollstän
dige Beweiskraft nicht beizulegen. — Die unter Nro. 1—5 aufgeführten Ver
wandten eines oder mehrer Mitglieder einer Korporation oder Kommune kön
nen zwar ebenfalls als Bcwciszeugen aufgestellt werden; die Glaubwürdigkeit
ihres Zeugnisses aber wird durch diese Verwandtschaft geschwächt. Von den
Ehegatten der Mitglieder einer Gemeinde gilt das, was vorstehend von diesen
Mitgliedern selbst gesagt ist.
Auch die unter Nro. 7 bis 1l) Genannten sind giltige Bewciszcugcn, wenn sie
5er Gcgcnthcil dessen, mit welchem sie in der daselbst bemerkten Verbindung stehen,
dazu vorgeschlagen hat. Sie können in diesem Falle des Zeugnisses sich niemals
rntbrcchen.
41) Ein Bevollmächtigter in der Sache seines Machtgebers. Wird er vom
Gegner vorgeschlagen, so kann er sich der Abgcbung eines eidlichen Zeugnisses
über Thatsachen, welche vor dem Entstehen des gegenwärtigen Rechtsstreits vor
gefallen sind, nicht entziehen. 2) lM. Z. 133, Nro. 8).
42) Juden, welche nicht Staatsbürger, oder im Großherzogthum Pofcn nicht na-
turalisirt sind, wenn sie in einem Prozesse zwischen Juden und Christen von
jenem vorgeschlagen werden.
.13) Personen, die das 14tc Jahr ihres Alters noch nicht zurückgelegt haben,
ohne Unterschied des Geschlechts, weil dieselben noch mit keinem Eide belegt wer
den können. Minderjährige 2) sind als Beweiszeugcn zulässig. In wie fern
aber solche, die das 18tc Jahr noch nicht zurückgelegt haben, vollcn Glauben
verdienen oder nicht, bleibt nach Beschaffenheit der Umstände, ihrer mehr oder
weniger entwickelten Gcistcöfähigkeiten, und des Gegenstandes, wovon sie zeugen
sollen, richterlicher Bcurtheilung vorbehalten. 2)
') Manche nehmen an, daß dies ein Druckfehler sei, und eS statt Denunzianten
„Litisdcnunziaten" hcissen müsse. Zu dieser Annahme ist jedoch kein Grund.
Der Litisdcnunziat ist unter Nro. 9 begriffen. — Lk. Themis 1837, S. 689
fg. 1838, S. 28«.
2) Ein Vormund, welcher in einem Prozesse seinen Kuranden vertrit, hat die Rechte
und Pflichten einer Partei, und kann als Zeuge niemals vernommen werden. —
Ref. vom 17. Januar 1834. Grciff, Koch zc. Erg. III. S. 229.
») D. h. solche, welche über 14, aber noch nicht 24 Jahre alt sind.
4) Bei Christen ist die erfolgte Konfirmation zwar ein Belag dafür, daß dieselben
eine richtige Ansicht von der Wichtigkeit und Heiligkeit des Eides haben, Doch
227
14) D!ejenigcn, welche emcr begangenen Untreue, oder eines vorsätzlichen ober
muthwilligen BankcrutS gerichtlich überführt sind.
15) Die, welche für unfähig erklärt worden, in ihren eignen Sachen einen uoth-
wendigen Eid zu schwören. — H. 228 — §.230 >) u. Anh. Z. 88, I. 1« A. G.
O. — Res. vom 3«. Mai und 13. Oktober 1812. Jahrb. I, S. 6V, 269.
G raff 2, S. 1«3 fg. — §. 2«, Ges. vom 1. Juni 1833. GS. S. 69.
II. Die Vorladung solcher Jnformationszeugcn erfolgt durch das Kollegium
auf Vortrag des Dezernenten, wenn dies die Vernehmung für nöthig erachtet. Zei
gen sich dabei Spuren andrer noch nicht aufgenommener Beweismittel, so muß da
von, zur Erforschung der Wahrheit, unverzüglich Gebrauch gemacht werden.
Ihre Vereidung unterbleibt in der Regel. Liegt jedoch ein solcher Fall vor, in
welchem dennoch der Aussage einer solchen Person einiger Glaube beizumessen, so be
stimmt das Gericht: ob mit Vereidung vorzuschrciten. Hat aber eine Partei auf
Vernehmung einer mit ihr in den, I. Nro. 1—12 bemerkten, Verbindungen stehen
den Person selbst angetragen, und dieselbe sagt demnächst zu ihrem Nachtheike aus;
so soll darauf, auch ohne Eid, bei Entscheidung der Sache vorzüglich Rücksicht ge
nommen werden. — Z. 231, 232, Tit. 10, I. A. G. O.
3. Personen, deren Zcugniß keinen vollen Glauben hat.
§. 140. Zu den Personen, die jederzeit als Bcwciszcugen zuzulassen sind, de
ren Aussagen aber volle Glaubwürdigkeit nicht beigelegt werde» kann, gehören
1) die, welche gerichtlich für Verschwender erklärt worden sind;
2) die, über deren Vermögen der Konkurs eröffnet worden ist; in sofern sie nicht
zur Rechtswohlthat der Zession zugelassen, oder doch bekanntlich durch Unglücks
fälle in Vermögensverfall gerathen sind;
3) die mit einer Partei in notorischer Feindschaft Lebenden; 2)
4) die, welche mit einer Partei einen verdächtigen vertrauten Umgang unterhalten;
ö) Hausoffizianten, » ) Livreebediente, Gesinde und alle in beständigem Lohne und
Brode stehenden Personen in Prozessen ihrer Herrschaft oder ihres Brodherrn.
Hiervon finden jedoch folgende Ausnahmen statt:
s) wenn der Abzuhörende den Dienst der Partei verlassen hat, und nicht nach
können auch Nichtkonsirmirte, wenn sie über 14 Jahr alt sind, vereidet werden.
Nach einem Res. vom 3. Octbr. 1825 (Grass, Koch zc. Erg. III. S. 23«)
soll jedoch bei Vercidung solcher ein Geistlicher zugezogen werden, welcher vor
Abnahme des Eides in Gegenwart des Richters und der Parteien den Zeugen
über die Wichtigkeit und Heiligkeit der Zeugnißablcgung und des Eides, über
die Pflicht der Wahrhaftigkeit überhaupt und über die Strafen und Folgen des
Meineides ernstlich und nachdrücklich belehrt.
1) Der z. 230 führt unter Nro. 14 noch diejenigen auf, welche ein mit dem Ver
luste der bürgerlichen Ehre verbundenes Geschäft treiben. Diese Bestimmung ist
aber gegenwärtig ausser Anwendung gekommen, da auch Abdecker Soldaten sein
können, also nicht als ehrlos zu achten sind, und die preuss. Gesetze solche, mit
dem Verlust der bürgerlichen Ehre verbundene Geschäfte, nicht kennen. — Dage
gen kann man zu den Jnsormations-Aeugen noch diejenigen zählen, welche zu
einer Religion gehören, in Betreff deren die preuss. Gesetze keine Eidesnormcn
vorschreiben, da solche Personen nicht vereidet werden können. — Res. vom 30.
Mai 1805 in Gräff, Koch zc. III. S. 231.
2) Beispiele, wo Feindschaft anzunehmen, sind oben S. 65 Anm. 2 aufgeführt.
2) Die Privatsekretaire und Schreiber der Justizkommissarien und Notare zählt
man in der Regel nicht hierher. — Res. vom 3. August 1821 und vom 21.
Oktober 1822. Gräff 18, S. 23. Bd. 2«, S. 275. — Res. vom 25. Februar
1843 I. M. B. S. 63. — In einem in Rcvisorio bestätigten Urtel des Stadtg.
zu Berlin vom 8. März 1805 wurde angenommen, daß die Zeugenaussage der
Handlungsdiener eines Kaufmanns in soweit einen Beweis bewirke, daß der
ErfMungseid zulässig werde. — Mathis Bd. 3, S. 523.
SS8
gewiesen werden kann, daß es blos zum Schein, um den Aussagen mehr
Glaubwürdigkeit zu verschaffen, geschehen sei;
b) wenn der Abzuhörende bei beiden Parteien zugleich in Diensten steht;
c) wenn der Prozeß zwischen der Herrschaft und andern Dienstboten geführt
wird, welche noch in deren Dienst sind, oder mit dem Abzuhörenden zugleich
in deren Dienst gestanden Habenz
6) Unterthanen in Sachen, in denen ihre Gutsherrschaft interessirt ist. — Dieselben sind
übrigens vor Bernehmung zu bedeuten, daß sie sich durch ihr Berhältniß zu je
ner nicht von Aussage der reinen Wahrheit abhalten lassen sollen. Doch hat die
Unterlassung der Bedeutung nicht Nichtigkeit des Verhörs zur Folge. — §. 233
a. a. O.
Von der Glaubwürdigkeit der Zeugen überhaupt und den gegen
diese Glaubwürdigkeit entgegen zu fetzenden Einwendungen.
Z. 141. I. Den Zeugen können hauptsächlich Einwendungen mit Bezug auf die
Z. 138—140 angeführten Bestimmungen entgegengesetzt werden. Doch müssen die«
selben spätestens -vor dem zur Abhörung dieser Zeugen angesetzten Termin angegeben,
und falls sie auf Thatsachen beruhn, müssen auch die Beweismittel darüber ange
zeigt werden. Auf später angebrachte Einwendungen der Art wird für diese In
stanz keine Rücksicht genommen.')
Die Instruktion und Beweisaufnahme in Betreff solcher Einwendungen erfolgt
gleichzeitig mit der Hauptsache, so daß mit Vernehmung der Zeugen, gegen welche
die Einwendungen erhoben sind, zu gleicher Zeit und mit Vorbehalt des Rechts der
Parteien, verfahren wird. — Ob übrigens ein solcher Zeuge sofort zu vereiden, oder
dies der Bestimmung des erkennenden Richters anHeim zu geben sei, bleibt, wenn
Parteien sich darüber nicht vereinigen, nach Maasgabe der Hinsichts des Einwan-
des erfolgten grösseren oder geringeren Ermittelungen, dem Ermessen des Gerichts
überlassen.
Die Verhandlung solcher Nebenpunkte erfolgt, zur Vermeidung von Verwir
rung, in besondern Protokollen. Doch wird darüber nicht besonders erkannt, son
dern in den Gründen des Haupterkenntnisses festgesetzt: was die Aussagen eines je
den vernommenen Zeugen zur Entscheidung der Sache beitragen, und welcher Grad
Von Glaubwürdigkeit einem Jeden derselben nach Maasgabe ihrer durch die Ver
lhandlungen ausgemittelten persönlichen Umstände und Verhältnisse beizulegen sei. —
Bringt eine Partei Personen, welche nach den Gesetzen ganz verwerflich sind, als
Zeugen wissentlich in Vorschlag; oder verschweigt sie vorsätzlich Umstände,
welche die Jeugen zwar nicht ganz unzulässig, aber doch verdächtig machen; oder
läugnct sie solche vom Gegner gerügte Umstände wider besseres Wissen ab; oder setzt
sie den Zeugen Einwendungen entgegen, deren Ungrund ihr bekannt gewesen, oder
bei ganz gewöhnlicher Erkundigung nicht verborgen bleiben konnte; so soll diese Par
tei dem Gegner zum Ersatz der Kosten und der aus dem Verzuge erwachsenen Nach
theile verpflichtet sein, und in 1« bis 50 Thlr. Geldbusse verurtheilt werden. —
z. 234—237 a. a. O.
II. In Betreff der Glaubwürdigkeit der Zeugen gelten folgende Grundsätze:
Z) Bei Bestimmung dieser Glaubwürdigkeit ist in der Regel und soweit.nicht nach
Vorstehendem besondre Ausnahmen gemacht sind, darauf, welche der Parteien
die Vernehmung veranlaßt, keine Rücksicht zu nehmen. Eben so kommen die
") Gibt der Zeuge bei seiner Vernehmung selbst die seiner Glaubwürdigkeit entge
gen stehenden Umstände an, oder gehen diese sonst aus den Akten mit Zuverläs
sigkeit hervor, so versteht es sich von selbst, daß der erkennende Richter daraus
Rücksicht nehme, wenn auch die betheiligte Partei sie nicht eingewendet hätte.
229
Aussagen auch dem zu Statten, welcher gegen die Glaubwürdigkeit Zweifel er
regt hatte, die aber als unerheblich verworfen, oder bei näherer Nachforschung
ungcgründet befunden worden sind.
2) Ein vollkommen glaubwürdiger Zeuge ist der, dem keine der Z. 138—
140 bemerkten Einwendungen entgegensteht, der nicht blos vom Hörensagen zeugt,
und in dessen Angabe keine Widersprüche sich finden.
3) Widersprüche in den Aussagen eines Zeugen schwächen desselben Glaubwür
digkeit ohne Unterschied: ob sie die Hauptsache oder Nebenumstände betreffen, in
sofern nicht hinlänglich ausgemittelt werden kann, daß der Widerspruch durch
blossen Misvcrstand «eranlaßt worden sei.
4) Bekundet ein Zeuge einen erheblichen Umstand nicht aus eigner Kenntniß, son
dern vom Hörensagen »I« suclilu); so dient dies zur Anleitung, denjenigen,
auf dessen Wissenschaft er sich bezieht, ebenfalls zu vernehmen. Kann diefe Ab
hörung nicht geschehen, so muß möglichst durch genauere Befragung des vom,
Hörensagen sprechenden Zeugen ausgemittelt werden, in wiefern demjenigen, von
welchem er seine Kenntniß herleitet, Glauben beizumessen gewesen, und unter
welchen Umständen die Erzählung erfolgt sei, damit darnach die im künftigen
Urtel darauf mehr oder weniger zu nehmende Rücksicht bestimmt werden könne. —
Haben mehre Zeugen vom Hörensagen bekundet, so muß genau nachgeforscht wer
den, aus welcher Quelle jeder seine Wissenschaft herleite, um zu verhüten, daß
nicht die an Mehre geschehene Erzählung derselben Person als mehrfaches Be
weismittel angefehn werde.
5) Hat ein Zeuge bekundet, daß ihm vom Vorfalle oder Geschäft, worüber er ver
nommen worden, gar Nichts bekannt seiz fo hat seine Aussage auf die Entschei
dung der Sache nur in sofern Einfluß, als der Vorfall unter den angegebenen
Umständen sich gar nicht hätte ereignen könne», ohne daß der Zeuge Kenntnis!
davon erhalten müssen, («f. §. 134, III. Nro. 4.) - z. 238 -242 o. a. O.
III. Beantwortet ein Zeuge die ihm vorgelegten Fragen nach seiner Wissen,
schaft und Überzeugung; so darf Niemand gegen ihn wegen des etwanigcn seiner
Ehre nachtheiligen Inhalts eine Jnjurienklage anstellen. Doch muß, wenn eine Par
tei vermeint, daß in einer Zeugenaussage etwas dergleichen ihrer Ehre Nachtheilige!;
enthalten sei, das desfalsige Protokoll, in sofern es nach dem Befinden des Richters
zur Entscheidung der Sache Nichts beiträgt, versiegelt zu den Akten genommen
werden, damit dessen Inhalt zur Kränkung der Partei nicht allgemein bekannt
werde. — Z. 243, 244 a. a. O.

v. Von Aufnahme des Beweises durch den Eid.


Vom Eide überhaupt, und vom Eide im Prozesse ins Besondere.
§. 142. I. Der Eid ist eine feierliche Anrufung des Allwissenden zum Zeu
gen der Wahrheit dessen, was vom Schwörenden angegeben wird. — Der Eid kann sein
1) ein Versprechungseid,') wenn er zur mehren Versicherung eines gethanen Ver
sprechens dienen soll. Dahin gehören besonders die Diensteide; oder
2) ein Bestärkungscid, welcher zur Bestärkung der Richtigkeit der über eine vorge
gangene Thatsache geschehenen Angaben geleistet wird. — Z. 245—248 a. a. O.

> ) Alle aussergerichtlichen Versprechungscide sind bei 5 bis 10 Thlr. Geldstraft ver
boten. §. 1425, 1426 Str. R. Zu diesen verbotenen Eiden gehören selbst die,
welche der Richter abnimmt, ohne ein Recht zu dieser Vereidung zu haben, z.
B. wenn der Richter Haus- oder Wirthschaftsbcamte der Privatpersonen (ohne
einen besondern gesetzlichen Grund, wie dieser bei Forstbeamten vorhanden) ver
eidet.— «. Res. vom 14. Mai 1821. Jahrb. 17, S.249. Grass 1, S. 378.
23«
II. Die im Prozesse vorkommenden Eide sind meist Bcstärkungseidc. >) Da
hin gehören namentlich
1) Die Zeugen- und Sachverständigeneidc, deren Z. 129 und 135 gedacht ist;
2) einige Eide, durch welche gewisse Nebenpunkte beseitigt werden, wie der Dif-
fessions-, der Editions- der Eid für Gefährde u. s. w. 2)
3) die nothwendigen Eide, d. h. diejenigen Bcstärkungscide, welche der Rich
ter einer Partei dann abfordert, wenn eine streitige Thatsache auf andre Art
nicht in ein zur Entscheidung hinreichendes Licht hat gefetzt werden können. —
Bon denselben wird weiter unten bei den Borschriften über Abfassung des Er
kenntnisses die Rede sein;
4) die de- und rcfcrirten Eide, d. h. solche, welche die Parteien von einander
zur Bestätigung oder Widerlegung der streitigen Thatsachcn verlangen. — Von
diesen wird hier gesprochen werden. — K. 249—251 a. a. O.
Von der Eideszuschiebung. In welchen Fällen und durch wen
kann dieselbe erfolgen?
S. 143. I. Der Eideszuschiebung kann sich eine Partei zum Erweist aller
streitigen Thatsachcn, und dies selbst mit Übcrgchung andrer vorhandenen Be
weismittel, bedienen. Der Richter hat jedoch die Pflicht, die den Eid wählende
und dagegen andre Beweismittel übergehende Partei an die mit dem Eide verbun
denen Bcdenklichkeiten und rechtlichen Folgen, und an die anderweitig vorhandenen
Beweismittel zu erinnern. ») Bcharrt aber die Partei dennoch bei der gewählten
Eideszuschiebung; so muß es dabei bewenden. — Ist eine Thatsache aus mehren
Umständen zusammengesetzt, z. B. wenn mehre Besitzhandlungen, wodurch Jemand
ein Recht durch Verjährung erworben haben will, darzuthun sind: so kann über
einige derselben der Beweis durch Urkunden oder Zeugen geführt, über andre aber
der Eid zugeschoben werden.
Die Eideszuschiebung ist ausnahmsweise nicht zulässig,
1) Behufs Nachweis der nicht erfolgten Zahlung einer Schuld gegen die Erben
des Schuldners, welchem der Gläubiger Quittung ertheilt, ohne Zahlung erhal
ten zu haben, wenn er demnächst drei Monate hat verstreichen lassen, ohne den
Schuldner wegen nicht geleisteter Zahlung zu belangen, und die Quittung, als
blos in Erwartung der erfolgenden Zahlung ausgestellt, zurückzufordern;
2) über Urtheile^) und Muthmassungen, da nur Thatfachen Gegenstand der Eides
zuschiebung sein können;
3) über Thatfachen, in Betreff deren durch die bereits aufgenommenen Beweismit
tel schon das Gcgcntheil ausgcmittelt ist;
4) über Thatsachcn, welche bereits völlig erwiesen sind;^)
5) in Jnjurienprozesscn. ») Ausserdem ist
1) Zu den Ausnahmen gehören die Kautionscide, welche Versprcchungs - und Bc
stärkungscide zugleich sind. — «f. §. 11, Tit. 21, I. A. G. O.
2) cr. §. 117, 1. Ii; z. 118, 11. m. ß. 124, 11.
») 0k. 8. 51, Nro. 13 d S. 98.
«) Z. B. darüber: wie viel eine Sache Werth ist. Etwas andcrs ist cs, wenn der
Eid darüber zugeschoben wird : daß Jemand eine Sache zu der angegebenen Zeit
auf so hoch geschätzt hat, oder daß sie für so viel gekauft sei, ic. dies sind keine
Urtheile, sondern Thatsachcn.
5) Gleiches gilt bei Thatsachcn, welche das Gesetz für feststehend annimmt, z. B.
in Betreff der Legitimität der in der Ehe gcbornen Kinder.
«) Dagegen muß man, da keine besondre Ausnahme im Gesetz gemacht ist, anneh
men, daß in Prozessen, in welchen der Anspruch dcs Klägers auf ein, dem Be
klagten Schuld gegebenes Verbrechen gegründet wird, Kläger sich zum Erweise
dieses Verbrechens der Eideszuschiebung bedienen darf.
6) die Eideszuschiebung in den nach der Verord. vom 28. Juni 1844 zu verhan
delnden Eheschcidungsprozessen nur in sehr beschränkter Art zulässig. — K. 252—
254, 288, 289b. 29« „. a. O. Anh. Z. 232 z. A. G. O. — A. ö. R. 1. 16,
S. 1V6, 107. — Res. vom 19. Nvvbr. 1827. Gräff, Koch zc. Erg. III. S.
232. — Erk. des Geh. Ob. Trib. vom 18. April 1831 in Simon R. Bd.
3, S. 245. — Res. vom 23. Febr. 1841 I. M. B. S. 108. — K. 42, 4S
der Bcrord. vom 28. Juni 1844 GS. S. 19«.
II. Jeder zum Prozesse gehörig Legitimirte ist zur Eideszuschiebung berechtigt.
Das Verhältniß der Parteien zu einander macht dabei keine» Unterschied. Es kön
nen daher auch Kinder ihren Älter», Dienstboten ihrer Herrschaft u. s. w. den Eid
zuschieben. Den Bevollmächtigten legitimirt dazu der zur Prozeßführung er
haltene Auftrag. >) Vormünder und Vorsteher von Kirchen und milden Stif
tungen sind, in soweit sie zur Führung des Prozesses überhaupt befugt oder auto-
risirt sind, 2) auch zur Eideszuschiebung berechtigt. Handeln dieselben eigenmächtig,
so macht dies an sich die Eideszuschiebung nicht ungiltig, sondern den Bevollmäch
tigten, Vormund oder Vorsteher nur regreßpflichtig.
EineAusnahme findet statt hinsichtlich der fiskalischen Bedienten. Diese
müssen, wenn sie zur Eideszuschiebung greifen, die ausdrückliche Genehmigung des
jenigen Kollegii beibringen, von welchem sie den Auftrag erhalten haben. — §.256—
259, I. 1« A. G. O.
Wem kann die Eideszuschiebung geschehen, und wie lange findet
dieselbe Statt?
tz. 144. I. Der Eid kann jeder Partei ohne Rücksicht auf ihre sonstige Glaubwürdig
keit zugeschoben werden, mithin auch solche» Parteien, welche wegen begangenen Mein
eids oder andrer Verbrechen für ehrlos oder für unfähig erklärt worden, einen noth-
wendigen Eid zu leisten, da es bei Eides Zu - und Zurückschiebung lediglich auf den
Willen des Gegners ankommt. — Doch wird vorausgesetzt, daß der, welchem der
Antrag geschieht, von der Natur des Eides Kenntniß hat, oder doch ungehindert
erlangen kann. Deshalb darf,
1) wenn eine Partei als wahn - oder blödsinnig, oder als taubstumm unter Vor
mundschaft steht, der Eidesantrag nur an deren Vormund gerichtet werden.
2) Bei Minderjährigen muß
s) der Eidesantrag i» der Regel ebenfalls an den Vormund geschehen, ') na
mentlich sn) dann, wenn die Thatsache, worüber der Eid geleistet werden
soll, so beschaffen ist, daß dem Vormunde der Grund oder Ungrund derselben
aus eigner Wissenschaft bekannt sein kann; t)b) dann, wenn der Minderjäh
rige das achtzehnte Jahr noch nicht zurückgelegt hat. Dagegen kann
b) der Gegner nach seiner Wahl dem Vormunde oder dem Pflegebefohlenen den
Eid dann antragen, wenn s«) dieser bereits das achtzehnte Jahr überschrit
ten hat, oder wenn Iil>) dies zwar nicht der Fall, dennoch aber entweder
dieser Zeitpunkt schon so nahe ist, daß aus dessen Abwartung kein merklicher
Aufenthalt in der Sache erwachst, oder wenn nach Bewandniß der Umstände,
die streitige Thatsache dem Pflegebefohlenen besser, als dem Vormunde bc-
Offiziolanwältc erlangen de» Auftrag durch die sie zu ordnenden Verfügung,
und bedürfen daher zu Eidcszuschicbungcn ebenfalls keiner bcsondcrn Autorisation.
2) cr. oben z. 1«, S. 23 fg. z. 15, S. 28 fg.
5) Ist dem Bevormundete» zur Prozeßführung ein Litiskurator bestellt; so ist die
ser derjenige, welchem die EidcSzuschiebungcn geschehen. Icur, wenn der Litis-
Eurator nur cl« ißnoraiiti» schwören würde, der Bormund aber ci« v«rit!>t«
schwören kann, muß auf Verlangen des Gegners diesem der zugeschobene und
akzeptirte, oder zurückgeschobene Eid abgenommen werden. — ^f. Res. vom 8.
April 1839 I. M. B. S. 143.
, 23s
kannt sein kann. In diesen Fällen wird, wenn der Gegner den Eid vom
Pflegebefohlenen verlangt, derselbe bis nach zurückgelegtem achtzehnten Jahre
des Pflegebefohlenen ausgesetzt.- — Hat jedoch der Vormund ein Mal ge
schworen, so kann die nochmalige Leistung dem Pflegebefohlenen niemals ab
gefordert werden.
Das sck s und d Gesagte gilt auch von Diffcssionseiden. — K. 260—265,
143, 284 a. a. O.
3) In Prozessen mit einem Verschwender muß, wenn von einer eignen Hand
lung des Vormundes die Rede ist, allemal diesem die Eideszuschiebung gesche
hen. In andern Fällen steht dem Gegner frei: ob er den Eidesantrag an den
Vormund, oder an den Pflegebefohlenen selbst richten wolle. Doch kann der
Vormund,
») wenn dem Verschwender selbst der Eid zugeschoben wird, und der Vormund
Bedenken trägt, es auf den Eid desselben ankommen zu lassen, die Aufneh
mung der etwa zur Aufklärung der streitigen Thatsache anderweit vorhan
denen Beweismittel verlangen, ohne daß beim Nichtgelingen dieser Beweis
aufnahme das Recht, zum Eide zurückzugehen, verloren geht.
I>) Betrifft der Prozeß Schulden des Verschwenders, die derselbe, es sei vor
oder nach der Prodigalitätserklärung, aus Dahrlehncn oder gegebenem
Kredit gemacht hat, so kann der Pflegebefohlene wider den Willen des
Vormundes zur Leistung eines zugeschobenen Eides nicht gelassen werde».
Doch kann der Gegner verlangen, daß, bevor der Vormund schwört, der
Pflegebefohlene über den Gegenstand des Eides vernommen, und die Aussage
desselben dem Vormunde zu seiner Beherzigung vorgehalten werde. — z. 216
a. a. Q.
4) Sind Kirchen, Schulen, Hospitäler oder andre milde Stiftungen in
den Prozeß verwickelt; so muß der Eidesantrag den Vorstehern geschehen. Kann
von mehren Vorstehern nur einer den Eid aus eigner Wissenschaft leisten; so ist
es genug, wenn nur dieser schwört. Können hingegen mehre oder alle aus eig
ner Wissenschaft (d« voritste) schwören; oder können alle nur ihr Nichtwissen
von der streitigen Thatsache (6e ignorsvtis) eidlich erhärten; so muß der Geg
ner den auswählen, der seiner Meinung nach von der Sache am besten unter
richtet ist; und dieser kann die Eidesleistung unter dem Verwände, daß ein ande
rer bessere Kenntniß davon habe, nicht ablehnen. — K. 267 a. a. O.
5) Wenn Namens des Fiskus in Prozessen ein Eid zu leisten ist, so erfolgt die
Ableistung durch einen Beamten, welcher bei der den Fiskus vertretenden Be
hörde, oder bei einer derselben untergeordneten Behörde angestellt ist.') Die den
Fiskus vertretende Behörde hat die zur Ableistung des Eides nach Lage der
Sache geeigneten Beamten zu bezeichnen, und unter ihnen den zu benennen,
welchen sie zur Ableistung bestimmt; falls aber nur ein zur Eidesleistung ge
eigneter Beamter vorhanden, muß sie solches ausdrücklich bescheinigen. — Wird
Fiskus im Prozesse durch eine Untcrbehörde vertreten; so erfolgt vorstehende Be
zeichnung und Bescheinigung durch die Provinzialbehörde. Ist er durch eine
Zentralbehörde vertreten; so gehen sie von dieser aus.
Die demgemäß eingegangene Erklärung, eventuel auch die Bescheinigung,
wird dem Gegner mitgetheilt. In Betreff jener wird diesem eine präklusi-
vische Frist von vierzehn Tagen gesetzt, damit er allenfalls unter den als ge-

') Das Amt des fiskalischen Bedienten, von welchem die A. G. O. stets spricht,
hat aufgehört. Misbräuchlich wird jedoch in neuerer Seit häufig der Mandatar
des Fiskus fiskalischer Bediente genannt.
2Z3
eignet bezeichneten Beamten einen andern, als den von der Behörde Benann
ten wählt.
Steht durch den fruchtlosen Ablauf der xräklusivischen Frist, oder durch die
Wahl eines andern unter den bezeichneten Beamten, oder durch die Bescheini
gung, daß nur ein geeigneter Beamter vorhanden sei, die Person des Schwö
renden fest, so wird ein Termin zur Eidesleistung angesetzt. Der den Eid Lei
stende schwört übrigens, wenn es nicht etwa seine eigne Handlung betrifft, im
mer nur ijzvvrantis. — Z. 268 a. a. O. — Verordn. vom 28. Juni 1844.
GS. S. 250.
6) Sind Mehre als Mitbcrcchtigte oder Mitvcrpflichtete in den Prozeß
verwickelt; so muß der Eidcsantrag a» fämmtliche Thcilnehmer gerichtet wer
den. Doch hängt es vom Deferentcn ab, den Eid auch nur von einem oder
etlichen Thcilnchmcrn im Namen der übrigen zu verlangen. — 269, I.
1« A. G. O.
7) Soll eine Stadt-, oder Dorfgemeinde, ein Kollegium oder eine andre
Korporation einen Eid leisten; so steht
s) dem Gegner frei, drei bis vier Mitglieder, und unter diesen auch den Syn
dikus des Kollcgii, oder den Stadtschreibcr, wenn es einen Magistrat betrifft,
zur Leistung des Eides aufzufordern. Ist jedoch einer Gemeinde der Eid
über eine thcilbare') Sache zugeschoben, so müssen, wenn der Gegner eS
ausdrücklich verlangt, alle Mitglieder derselben den Eid leisten.
K) Dagegen ist, wenn der Gegner keine Mitglieder zum Eide wählt, resp. sich
nicht erklärt, die Gemeinde, das Kollegium ie. zur Auswahl befugt.?)
Sie muß jedoch die ältesten den Jahren nach, oder die, welche nach den
Umständen die beste Wissenschaft von der Sache haben können, dazu abordnen.
«) Wählt der Gegner solche Mitglieder, denen die wenigste Wissenschaft von der
Sache beiwohnt, und die also den Eid abzuleisten Anstand nehmen, so muß
der Richter die, welche schwören sollen, nach vernünftigem Ermessen von
Amtswcgcn aussuchen. — 270—274 a. a. O.
8) Sollen Hüfner, Kossäten, Handfröhner, Dreschgärtner, Jnlicgcr,
oder andere dergleichen Personen, die keine Gemeinde ausmachen, einen Eid
schwören, und es ist ») von einer untheilbarcn Sache die Rede; so muß die
Ableistung durch drei oder vier aus ihrer Mitte, nach Maasgabe der Bestim
mung unter 7, geschehen. I>) Betrifft aber der Streit eine thcilbare Sache, so
sind sie als Litiskonsorten zu betrachten, und der Eid muß Allen angetragen,
und wenn er angenommen wird, von Allen geleistet werden. — Z. 273 a. a. O.
9) Betrifft der zugeschobene Eid eine zedirte Forderung, und der Zedent assi-
stirt dem Zessionar im Prozesse in Folge Litisdenunziation ; so kann der Gegner
vom Zedenten den Eid dann verlangen, wenn dieser aus eigner Wissen
schaft die fr. Thatsache eidlich erhärten oder ablehnen kann. Schwört der Ze
dent, so kann der Gegner auch noch vom Zessionar die Ableistung des Eide«
«erlangen, und zwar cl« jßnorsnlis, in sofern die zu beschwörende Thatsache
nicht seine eigne Handlung ist, oder er nicht aus eigner Wissenschaft davon un-
') Merkel (im Kommentar zu 8.274, 1.1« A. G. O.) und v. S trombek (Erg.
zu Z. 274 Note) finden im Worte „theilbar" des Z. 274 einen Redaktionsfehler,
und wollen „untheilbar" gelesen wissen. Dazu ist aber gar kein Grund, da im
H. 273, in welchem sie eine Wiederholung dessen finden wollen, nicht von Ge
meinden die Rede ist, und von dein Falle, wenn unthcilbare Sachen Gegenstand
des Streits sind, in den §§. 270 fg. gesprochen wird,
2) In dem Falle, wenn Mitglieder des Magistrats den Eid leisten sollen, hat dann
nicht die Stadtgemeinde, sondern der Magistrat die Auswahl. — Ls. Ref. vom
2. Septbr. 1836. Gr äff, Koch ,c. Erg. III. S. 236.
L34
terrichtet sein kann. Haben beide, Zedent oder Zessionar, nicht aus eigner
Wissenschaft Kenntniß; so kann der Gegner nur dem Litisdenunzianten (Zessio
nar) den Eid abfordern. — Will Litisdcnunziat nicht assistiren, so kann ihm
kein Eid zugeschoben, er kann allenfalls nur als Zeuge vorgeschlagen werden. —
K. 279 a. a. O. — Z. 22, 24—2« Tit. 17, I. A. G. O. — Res. vom 22.
Mai 1806 R. C. E. r«m Xll. S. 349. Rabe Bd. «, S. 595.
10) In Konkursen finden die Eideszuschiebungcn nur zwischen dem Konkurskura
tor einerseits, und den Schuldnern der Masse oder den Gläubigern derselben
andrerseits statt. Dagegen kann weder ein Schuldner, oder ein Gläubiger dem
Gemeinschuldncr, »och ein Gläubiger dem ander» den Eid antragen. >) Gemein-
schuldncr, Massenschuldncr oder Gläubiger können in Spezial-Prozesscn, in de
nen sie nicht selbst Partei sind, nur als Zeugen namhaft gemacht werden. —
z. 28«—282, I. 10 A. G. O.
II. In der Regel muß der, welcher zum Beweise einer Thatsachc sich der Ei-
deszuschicbung bedienen will, als Kläger es gleich bei Aufnahme der Klage, als
Beklagter es bei deren Beantwortung anzeigen. 2) Doch kann noch jederzeit im
Laufe der Instruktion und selbst im Schlußtermine sowol über neu angebrachte strei
tige Thatsachcn, als über solche Umstände, i» Betreff deren andre Beweismittel be
reits angegeben, oder wohl gar schon aufgenommen worden, der Eid zugeschoben
werden. Im lczten Falle wird aber vorausgesetzt, daß der fr. Umstand nicht durch -
die aufgenommenen Beweismittel bereits «ollständig erwiesen, oder daß dadurch nicht
das Gegentheil desselben völlig ausgcmittelt sei (S. 142, I. Nro. 3 und 4). Eides-
zuschicbungen, welche nach dem Schlußtermin erfolgen, bleiben für diese Instanz un
berücksichtigt. Ausgenommen ist nur der Z. IUI, I. (S. 172) berührte Fall, in
welchem noch die in der Deduktion vorgebrachten neuen Thatsachcn, mithin auch
die in Betreff derselben zugeschobenen Eide Gegenstand der Verhandlung für diese
Instanz werden. — Z. 3s, 286—289» a. a. L.
Erklärung über den zugeschobenen Eid; dessen Annahme, oder Zu
rückschiebung, oder Angabe anderen Beweises.
§. 145. I. Derjenige, welchem ein Eid zugeschoben wird, muß sich und zwar
in der Regel im Termine, in welchem »ach rcgulirtcm Sach- und Streitftand die
vorhandenen Beweismittel mit den Parteien durchgegangen werden (S. 108, S. 183),
darüber erklären:
ob er ihn annehme, oder zurückschiebe, oder ob cr statt des Eides auf
andre Beweismittel sich beruft?
1) Nimmt cr den Eid an, so kann er nach erfolgter Annahme denselben nicht mehr
zurückschieben. Wenn jedoch in dem zur Ableistung anstehenden Termine der
Gegner dem Annehmcr des EidcS Beweismittel, woraus das Gegentheil dessen,
was geschworen werden soll, hervorzugehen scheint, z. B. Urkunden, «der von
Zeugen an Eidcsstatt ausgestellte Atteste«) vorlegt, die den Akzeptanten zwcifcl-
>) Ausnahmen werden jedoch eintreten, wenn zwei Gläubiger in der Appcllations-
instanz mit einander streiten, (K. 173, I. 50 A. G. O.), oder wenn ein Gläu
biger im Prozesse cincs andern Gläubigers als Jntcrvcnicnt auftrit (Z. 127 das,).
2) Es ist zulässig, daß bei Angabe andrer Beweismittel sogleich für dc» Fall, daß
durch diese Beweismittel die streitige Thatsachc nicht festgestellt werden sollte, der
Eid zugeschoben wird. Unzulässig aber ist das Verlangen, daß gleichzeitig der
Beweis durch den Eid und durch andre Beweismittel aufgcnommcn werde.
5) Bringt der Gegner die Zeugen zum Termin, so wird der Jnstruent sie verneh
men, und die Richtigkeit ihrer Aussage an Eidcsstatt versichern lassen müssen.
Bei nicht kollegialischen Gerichten oder da, wo der Kommissarius sclbststandig
erkennt, wird dagegen in diesem Falle der instruirende Richter sogleich prüfen.
23S
Haft machen, ob cr auch den angenommenen Eid mit gutem Gewissen leisten
könne j so hat cr die Befugniß, ihn entweder dem Gegner zurückzuschieben, oder
die Aufnahme der von diesem selbst angezeigten Beweismittel zu verlangen.
2) Schiebt cr den Eid zurück, so muß der, welchem die Aurückschicbung geschieht,
sich über die Akzcptation sofort erklären, und findet deshalb keine Bedenkzeit
statt. Bevollmächtigte müssen daher schon bei der Eideszuschicbung über de»
Fall der Zurückschicbung instruirt werden. Nur findet
») die Zurückschicbung niemals statt, wenn Fiskus seinem Gegner einen Eid
zuschiebt; und
K) wenn einem fiskalischen Beamten (§. 144, I. Nro. ö), desgl. einem Vor
munde, oder dem Vorsteher einer Kirche, Schule, oder andern milden Stif
tung ein Eid cko ignurnntia angetragen worden ist, so muß derselbe, wenn
er ihn zurückschiebt, die ausdrückliche Genehmigung der vorgesetzten Behörde
nachweisen. — Der Konkurskurator bedarf aber zur Zurückschiebung keiner
Autorisation der Konknrsbehörde.
3) Beruft er sich auf andre Beweismittel zur Aufklärung der streitigen Thatsachc,
in Betreff deren der Gegner ihm de» Eid zugeschoben; so müssen dieselben auf»
genommen werden, gleich viel, ob cr diese Beweismittel selbst in Borschlag ge
bracht, oder ob sie der Gegner angegeben hat, aber wieder davon abgegangen
ist. Wenn jedoch der Eid über Umstände zugeschoben worden, von welchen der
jenige, der ihn leisten soll, aus eigner Wissenschast unterrichtet sein kann, und
dieser verlangt, statt den Eid anzunehmen oder zurückzuschieben, die Aufnahme
andrer Beweismittel; so muß eine solche Partei allemal, ohne Rücksicht auf
den Ausfall der Hauptsache, die Kosten dieser Beweisaufnahme allein tragen,
uud sie kann ausserdem später, wenn durch den anderweit aufgenommenen Be
weis die Sache nicht hinlänglich ins Licht gefetzt worden, weder zur Annahme
des dcfenrten und einmal abgelehnten, noch zur Ableistung eines Erfüllungs-
eidcs gelassen werden. — Diese Nachthcile treffen jedoch niemals
s) den Vormund eines Verschwenders, wenn jener Bedenken trägt, es auf den
dem Verschwender selbst zugeschobenen Eid ankommen zu lassen , und die Auf
nahme der zur Aufklärung der streitigen Thatsache anderweit vorhandenen
Beweismittel verlangt;
K) denjenigen, welcher über einen Umstand schwören soll, der ihm nicht au«
eigner Wissenschaft bekannt sein kann; und
e) den, welcher im Falle unter Nro. 1 die Aufnahme der produzirtcn Beweis«
mittel beantragt. — a. a. O. Z. 255, 266, 291, 292, 294—296. — Res.
vom 5. Mai 1S23. Jahrb. 31, S. 274. Grass 2, S. 104.
II. Wenn unter mehren Litiskonsortcn, oder unter mehren Mitgliedern eines
Kollegii, einer Korporation oder Gemeinde einige den zugeschobenen Eid annehmen,
andre aber ihn zurückschieben wollen ; so muß
1) zuförderst darauf gesehen werden, ob nur der zugeschobene, oder nur der zu
rückgeschobene Eid 6e veritst« geschworen werden kann. In diesem Fall wird
derjenige Theil zum Eide gelassen, welcher denselben aus eigner Kenntniß und
Wissenschaft ableisten kann.
2) Können aber beide <Z« v«rit»te, oder beide nur ei« ignoranti» schwören; so
wird die Eidesabnahmc ausgesetzt, und dem künftigen Erkenntnisse die Bestim
mung: welche Partei schwören soll? vorbehalten. Damit der Richter hierüber
einen zweckmässigen Schluß fassen könne, müssen diejenigen Mitglieder, welche den

und entscheiden müssen, ob die Aufnahme des Zeugcnbeweiscs und somit die so
fortige Vereidung der Zeugen zulässig.
236
Eid zurückschieben wollen, über die Ursache der Zurückschiebung vernommen wer
den. Demnächst aber wird nach den unten im 155, III. enthaltenen Bor
schriften weiter verfahren. — Z. 293, I. 1» A. G. O.
Vom Widerruf zugeschobener oder zurückgeschobener Eide,
und vom Erlaß derselben.
K. 146. I. Ein zugeschobener Eid kann nach erfolgter Annahme ') nicht mehr
widerrufen werden. Ausnahmen sind folgende:
t. Wenn der Defcrent, statt des bereits angenommenen Eides vor oder im
Schwörungstermin selbst Beweismittel, woraus das Gegentheil dessen, was
beschworen werden soll, hervorzugehen scheint, es seien Urkunden, oder von Zeugen
an Eidesstatt ausgestellte Atteste, beibringt, so müssen dieselben dem Gegner vor
gelegt werden. Sollte nun
^. die Abnahme des Eides im Laufe der Instruktion erfolgen, und der, welcher zu
schwören hat, besteht dennoch auf Abnahme, so wird diese ausgesetzt, die Lage
der Sache dem Kollegio vom Dezernenten vorgetragen und bestimmt: ob mit
Aufnahme der Beweismittel oder mit Ableistung des Eides zu verfahren sei.
Wird das Erste verfügt, und es ergibt sich in der Folge, s) daß das Gegentheil
von dem, was beschworen werden sollte, durch die Beweismittel gar nicht
ausgemittelt worden; so kann der Deferent auf die einmal zurückgenommene
Eideszuschiebung nicht wieder antragen. Vielmehr muß er im künftigen Uttel,
ausser dem Ersatz der Kosten, mit nachdrüklicher Geld - oder im Unvermögens
falle, mit verhältnißmässiger Gefcmgnißstrafe belegt werden. — b) Ist hingegen
durch den nachgebrachten Beweis das Gegentheil dessen, was der den Eid An
nehmende beschwören wollte, vollständig ausgemittelt; so muß nach Beschaf
fenheit der Umstände, und je nachdem dieser von dem, was er beschwören wollte,
aus eigner Wissenschaft unterrichtet sein konnte, oder nicht, geprüft werden: ob
gegen denfelben die Einleitung der Krim. Untersuchung wegen versuchten Mein
eides zu beantragen sei. e) Ist durch die nachgebrachten Beweismittel die Tat
sache, welche beschworen werde» sollte, nur zum Theil ausgemittelt; so hängt
es von richterlicher Beurthcilung ab : welcher von beiden Parteien noch ein noth-
wendiger Eid aufzulegen fei.
S. Handelt es sich aber um Ableistung eines zwar zugeschobenen, jedoch in Folge
der Bestimmung Z. 148, I. durch rechtskräftiges Urtel ausgesprochenen Eides;
so muß, wenn nach Vorlegung dieser Beweismittel der Akzeptant den Eid dennoch
leisten will, derselbe, nach wiederholter Vermahnung und Vorhaltung des Akzep
tanten, abgenommen werden. Doch bleibt dem Gegner die nähere Begründung
des Antrags auf Untersuchung wegen Meineids vorbehalten. — Will aber der
Akzeptant den Eid nicht leisten, weil die produzirtcn Beweismittel i» ihm Zwei
fel und Bedenklichkeiten aufgeregt haben; so steht ihm frei, den Eid noch zu
rückzuschieben.
Ausserdem kann sowol ein zu - als ein zurückgeschobener Eid nach erfolgt«
Annahme widerrufen werden:
2. wenn die den Eid zuschiebende Partei nachher in Erfahrung bringt, daß
ihr Gegner für ehrlos, oder einen nothwendigcn Eid zu schwören, für unfähig er
klärt worden ist;
') Vor der Annahme ist der Widerruf jederzeit zulässig, und die statt desselben an
gegebenen Beweismittel werden aufgenommen. Nach erfolgter Annahme wird
(in sofern kein Ausnahmefall vorliegt) der Widerruf dann berücksichtigt, w«m
er die Natur des Erlasses hat. Die Sache liegt dann so, als wenn der Civ
wirklich geleistet wäre.
237
3. wenn ihr Gegner zu den Personen gehört, welche nach §. 137, l. Nro 5,
(S. 223) ihres Glaubensbekenntnisses wegen davon dispcnsirt sind, den Eid nach
gewöhnlichem Gerichtsgebrauche zu leisten, und der Zuschiebende zur Zeit der Eides«
zuschicbung davon keine Wissenschaft hatte;
4. wenn der Gegner vor der Annahme verstorben, und die Erben den Eid
annehmen. ')
In diesen Fällen st—4) muß der Widerrufende, sobald dergleichen Umstände
zu seiner Kenntniß gelangen, den Widerruf und die Gründe anzeigen, und die
etwa statt des Eides gewählten Beweismittel gehörig bezeichnen.
Derjenige, welcher einen zurückgeschobenen Eid aus den unter Nro. 2—4 an
geführten Gründen widerruft, kann sich nicht mehr zur eignen Ableistung desselben
erbieten. Er kann nur die Aufnahme der statt desselben bezeichneten Beweismittel
»erlangen, ohne jedoch die K. 14S, I. Nro. 3 erwähnten Nachtheile besorgen zu dür
fen. — §. 298, 301, 3«3 a. a. O.
II. Ist ein Eid einmal widerrufen, und sind andre Beweismittel zur Aufklä
rung der streitigen Thatsache angegeben worden; so findet nach deren Aufnahme
die Eideszuschiebung nicht weiter statt. Dem Richter bleibt überlassen, ob er im
Urtel zur mehren Aufklärung und Überzeugung noch dem einen oder andern Theil
einen Eid auflegen wolle. — §. 302 a. a. O.
III. Einen angenommenen Eid zu erlassen, oder für geschworen anzunehmen,
sind nur solche Parteien berechtigt, denen über den streitigen Gegenstand die sreie
Verfügung zukommt. Bevollmächtigte bedürfen dazu einer Spezialvollmacht; Vor
münder, Vorsteher, Vertreter des Fiskus zc. müssen mit der ausdrüklichen Geneh
migung ihrer vorgesetzten Behörde versehen sein. — K. 285 a. a. O. — A. L. R.
I. 13, §. 99 u. Anh. §. 44.
Normirung des zu- oder zurückgeschobenen Eides überhaupt,
und des Jgnoranzeides insbesondre.
g. 147. I. Die Formel des abzuleistenden Eides muß vom Jnstruenten mit
Zuziehung der Rechtsbeistände entworfen werden. Er muß sich dabei zwar im We
sentlichen nach der geschehenen Zuschicbung richten, auf unerhebliche, zur Sache nicht
gehörige Nebenumständc aber, welche vom Zuschiebenden etwa mit eingemengt wor
den sind, keine Rücksicht nehmen. Dabei muß jeder unanständige, die Ehrbarkeit
beleidigende, oder zum Gcspötte Anlaß gebende Ausdruck, sorgfältig vermieden wer
den. In Fällen, wo es auf dcrgl. Äusserungen ankommt, sind daher die Eidesfor
meln beziehungsweise auf die vor der Ableistung dem Schwörenden bekannt gemach
ten Gegenstände zu richten. — §. 304 u. Anh. Z. 89 das.
II. Wird Jemandem der Eid über eine Thatfache zugeschoben, wovon er aus
eigner Wissenschaft nicht unterrichtet sein kann, wie dies z. B. beim Konkurskura
tor, dem Vormunde, dem fiskalischen Beamten, dem Zessionar u. s. w. in der Re
gel der Fall ist; so darf er den Eid nur über das Nichtwissen der vom Gegner
behaupteten Thatfache (äe ignoranti«) leisten. 2) Doch kann er, wenn er will,
1) Hier ist jedoch nur der Fall zu verstehen, wenn die Zuschiebung dem Erblasser ge
schah, und die Erben den Eid akzeptirten, bevor der Gegner die Eideszuschie
bung zurücknahm. Hat dieser nach dem Tode des Erblassers die Eideszuschie
bung an die Erben bereits ausdrüklich ausgesprochen, so kann er nach Akzepta-
tion Seitens der Erben den Eid nicht zurücknehmen.
2) Ist der Jgnoranzeid abgeleistet, so kann in demselben Prozesse dennoch ander
weitiger Beweis in Betreff derselben Thatfache geführt werden, da nur das
Nichtwissen beschworen, und das Gegcntheil der gegnerischen Behauptung nicht
wirklich bewiesen ist, sondern nur mittelst Fiction angenommen wird.
S38
auch die Richtigkeit der vo» ihm selbst behaupteten Thatsache (<1c vcrltsle) be
schwören. — Der Jgnoranzeid ist
g) wenn die Unrichtigkeit einer Thatsache ausgemittct werden soll, dahin zu normirc» :
daß der Schwörende, der von ihm angewendete» Bemühun
gen ungeachtet, nicht erfahren habe, und also nicht wisse,
daß u. s. w.
K) wenn die Richtigkeit einer Thatsache ausgcmittelt werden soll, dahin :
daß der Schwörende, der von ihm angewendeten Bemühun
gen ungeachtet, ausser den zu den Akten angezeigten, oder
in denselben ausgemittcltcn Umständen nichts wisse, wo
durch seine Behauptung widerlegt würde, welche dahin geht,
daß u. s. w.
Der den Jgnoranzeid Leistende muß daher im Lauft des Prozesses Alles, was
ihm von dieser Thatsache bewußt ist, angegeben haben. Der Jnstruent muß ihm
ferner vor der Eidesleistung Alles, was über die streitige Thatsache in den Akten
bisher schon vorgekommen ist, vorhalten, ihn befragen: ob er sich auch Behufs Ein
ziehung der nöthigen Nachrichten gehörig bemüht habe; z. B. ob er die zum Gute
gehörigen Urkunden und Rechnungen, die Briefschaften feines Erblassers :c. darüber
nachgesehn, bei Personen, die seines Dafürhaltens Wissenschaft haben können, des
halb Erkundigung eingezogen habe :c. — Z. 312, 313, 263, 283 a. a. O. — S. 5
des Ges. vom 28. Juni 1344, GS. S. 2s«. — Res. vom 22. Mai 1806. N. E.
S. lom. XII. S. 349. — Rabe Bd. 8, S. 595. — Res. vom 25. Mai 1820.
Jahrb. 15, S. 269. G raff 2, S. 105.

Wann die Abnahme der zu- und zurückgeschobenen Eide erfolge;


und Verfahren, wenn über die Erheblichkeit der Thatsache, oder die
Person des Schwörenden, oder die Norm des Eides Streit ist.
ß. 143. Die wirkliche Abnahme der zu- und zurückgeschobenen Eide erfolgt in
der Regel noch vor dem Schlüsse der Instruktion. Ist aber über die Erheblichkeit
der zu beschwörenden Thatsache, oder über die Person des Schwörenden, oder über
die Norm des Eides Streit oder Bedenken; so fragt es sich:
I. ob die Abnahme des Eides füglich ausgesetzt bleiben kann, ohne dadurch in
der Instruktion überhaupt einen Auftnthalt zu verursachen? — Ist dies der Fall,
so muß der Jnstruent sich damit begnügen, die Erklärungen über den Eid und des
sen Formel bestimmt und umständlich aufzunehmen. Der, welcher schwören will
und soll, muß also, wenn über die Formel des Eides gestritten wird, bestimmt an
geben, wie er den Eid ableisten will, und welche vom Defcrcntcn in den Antrag
mit aufgenommenen Umstände er in die Eidesformel mit hineinnehmen könne und
wolle, oder nicht. Eben so müssen die übrigen Gründe, welche die Parteien zur
Unterstützung ihrer Behauptungen über den beim Eide streitigen Punkt anführen,
im Protokolle verzeichnet werden.') — Die wirkliche Abnahme des Eides bleibt bis
nach dem Erkenntnisse ausgesetzt.
II. Ist dagegen der Umstand, welcher durch den Eid ausgemittelt werden soll.

') Z. B. Beklagter räumt die eingeklagte Forderung ein , setzt derselben aber den
Einwand eines stillschweigend geschehenen Erlasses entgegen, und schiebt über die
Thatsache, woraus der Erlaß gefolgert werden soll, den Eid zu; Klaget läugnct
. diese Thatsache, behauptet aber zugleich, daß, wenn sie auch richtig wäre,
daraus rechtlich kein Erlaß gefolgert werden könne. Der Jnstruent wird hier
die bestimmte Erklärung des Klägers : daß und wie er de» Eid allenfalls leisten
wolle, zu Protokoll nehmen, die Instruktion abschliessen, und die Eidesleistung
aussetzen müssen. - §. S07, I. 1« A. G. O.
S3S
so beschaffen, daß die weitere Einleitung und Fortsetzung der Instruktion von der
Erörterung desselben abhängt, z. B. der Beklagte bestreitet die zum Grunde der
Klage angeführte» Thatsachcn, und setzt nur auf den Fall, daß diese dargethan
werden sollten, den Einwand des stillschweigenden Erlasses entgegen; es hängt also
davon: ob durch den deferirten Eid die Richtigkeit des Einwandcs dargethan werde
oder nicht? die Bestimmung ab: in wiefern die Thatsachcn, auf welchen die Klage
beruht, zu instruiren sein werden, oder uncrörtcrt gelassen werden können; — so muß,
1) wenn der Prozeß bei einem nicht kollcgialischcn Unterricht schwebt, beim Mangel
einer Vereinigung der Parteien über den streitigen Punkt, die Entscheidung in
Betreff des streitigen Eides bis zum Erkenntniß ausgesetzt, inzwischen aber mit
Aufnahme der übrigen Instruktion verfahren werden.
2) Schwebt der Prozeß bei einem kollegialischen Gericht, so muß der Jnftrucnt nach
Aufnahme der bestimmten Erklärungen der Parteien: ob und wie der Eid al
lenfalls geschworen werden könne, oder solle, die Akten zum Vortrag einreichen.
Findet auf Vortrag des Dezernenten das Kollegium bei reiflicher Erwägung al
ler Umstände,
») daß die Instruktion, welche auf den Fall nöthig sei» würde, wenn der durch
den Eid auszumittelnde Umstand vor der Hand unerörtcrt bliebe, ohne be
sonderen Zeit- und Kostenaufwand bewerkstelligt werden könnte, z. B. wenn
im angegebenen Beispiele die zum Grunde der Klage liegende Thatsache durch
Abhörung der an Ort und Stelle gegenwärtigen Zeugen sofort ins Licht ge
setzt werden kann; — so muß die Fortsetzung der Instruktion verfügt, und
der Punkt wegen des Eides dem künftigen Erkenntnisse vorbehalten werden.
b) Findet sich aber, daß die Aussetzung des Eides eine sehr weitläufige und
kostbare Instruktion nöthig machen würde, welche ganz vermieden werden
kann, wenn die Thatsachc, worüber der Eid zugeschoben ist, richtig wäre;
so muß der unter den Parteien über den Eid entstandene Streit durch einen
Beschluß des Kollegii entschieden werden, und bei diesem Beschlüsse muß es
für die gegenwärtige Instanz schlechterdings bewenden. Doch bleibt dem
erkennenden Richter dieser und der folgenden Instanzen sein pflichtmässigcr
Befund darüber: in wiefern die Thatfache und der darüber geleistete Eid
erheblich sei oder nicht, und was daraus rechtlich folge? unverschränkt. —
8. 30S-303, I. 1« A. G. O.

In wie weit die feststehende Eidesnorm verändert werden könne.


K. 149. I. Dem Schwörenden ist keine eigenmächtige Abänderung') der
einmal feststehenden Eidesformel, noch auch eine willkührliche Auslegung derselben
erlaubt. Eben so wenig kann ihm gestattet werden, durch heimliche Zusätze oder
Auslassungen (resorvslioues mo»tsles) den Sinn der Worte zu verdrehen. Eine
eigenmächtige Erklärung des Eides, wodurch demselben ein Sinn beigelegt wird,
welcher den vorhergegangenen Verhandlungen nicht gemäß ist, kann den Schwören
den von der Straft des Meineides nicht befrcin. — Z. 309 a. a. O.
II. Doch steht 1. dem, welcher eidlich erhärten soll, daß er ein gewisses Quan
tum zu fordern habe, frei, im Schwörungstermine selbst den Eid auf eine mindere
Summe zu richten. Auf ein höheres Quantum kann er ihn aber nicht erwei
tern. Soll
2. Jemand, ein gewisses Quantum schuldig zu sein, eidlich ablehnen; so muß
cr entweder schwören, daß er gar nichts schuldig sei; oder wenn er ein geringeres
') Unter Einwilligung beider Thcilc ist dagegen die Änderung der Norm jederzeit
> zulässig.
240
Quantum eingesteht, so muß der Eid dahin: daß er dem Gegner nicht mehr, als
er angegeben hat, schuldig geworden sei, gerichtet werden. — Z. 310, 311 s a. a. O.
III. Wenn durch den Eid zwei oder mehre Thatsachen abgelehnt werden sol
len, die nur dann, wen» sie insgesammt richtig wären, die rechtliche Folge, auf die
es ankommt, begründen würden; so muß der Schwörende, wenn er auch eine oder
die andre dieser Thatsachen einräumt, dennoch zur eidlichen Ablehnung der übrigen
zugelassen werden. — §. 311 d a. a. O.

Verfahren bei Ableistung der Eide.


1.- Allgemeine Bestimmungen.
§. 150. I. Bei Borladung der Parteien zur Ableistung eines zu- «der zu
rückgeschobenen Eides wird als Warnung beigefügt, und zwar für den, welcher
schwören soll:
daß beim Nichterscheinen angenommen werde, er könne oder wolle den
Eid nicht leisten;
für den Gegner
daß ihm beim Nichterscheinen zum Schwörensehen ein Mandatar von
Amtswegen zugeordnet werden solle. — Anh. §. 85, §. 374 und §. 375,
I. 10 «. G. O.
II. Die Ableistung des Eides muß von der Partei in Person geschehen. Nur
1) wenn der Gegner ausdrücklich einwilligt, kann dieselbe durch einen Bevoll
mächtigten erfolgen, und
2) den souverainen teutschen Bundesfürsten ist gestattet, auch ohne diese
Einwilligung Eidesleistungen durch einen Bevollmächtigten vorzunehmen.
In beiden Fällen muß der Bevollmächtigte sich durch Spezialvollmacht ge
hörig legitimiren. — 314 a. a. O. — Cab.-Ord. vom 15. Septbr. 1836.
Jahrb. 43, S. 218. — A. L. R. I. 13, §. 1««.
III. Die Eidesleistung muß der Regel nach in dem, im Gerichtslokal des
Prozeßrichters zu Eidesleistungen besonders eingerichteten Schwurzimmer, oder
in dessen Ermangelung im Sessionszimmer oder einem andern angemessen dekorir-
ten Lokal, in dem der Geschäftsverkehr während der Eidesabnahme eingestellt wer
den kann, vorgenommen werden.') Nur wenn der, welcher den Eid leisten soll,
") Das Ref. vom 8. Januar 1840 ordnet in dieser Hinsicht an: Die Wichtigkeit
des Gegenstandes erheischt es, eine grössere Feierlichkeit bei der Eidesabnahme
eintreten zu lassen, um die Aufmerksamkeit des Schwörenden zu erhöhen, und
bei dieser religiösen Handlung überall mit Ernst und Würde jeder leichtsinnigen
Vorstellung entgegen zu wirken. Sr. Majestät der König haben in diesem Be
tracht die bei einigen Gerichten bereits bestehende Einrichtung,
wonach die Eide in einem besonderen, angemessen dekorirten Zimmer vor
einem schwarz behangenen Tische, auf welchem ein Kruzifix steht, abge
nommen werden,
zweckmässig befunden, und deren allgemeine Befolgung anzubefehlen geruht. —
Es werden daher fämmtliche Gerichtsbehörden angewiesen, in sofern bei ihnen
diefe Einrichtung noch nicht besteht, eine solche zu treffen, und dabei sowohl in
der Wahl des Zimmers, als in dessen Einrichtung die Rücksichten zu beachten,
welche der Anstand gebietet. — Wo die Beschränktheit der Gerichtslokalien eS
nicht gestatten sollte, zu den Eidesabnahmen ein besonderes, wenn auch kleines
Zimmer ausschließlich einzurichten, muß der Tisch mit dem Kruzifix, vor welchem
die Eide abzunehmen sind, in dem Sessions- oder doch in einem Zimmer auf
gestellt werden, in welchem der gerichtliche Geschäftsverkehr eingestellt werden
kann, sobald der Fall einer Eidesleistung eintrit. — Es muß aber dem lcztcrn
Zimmer die Einrichtung gegeben werden, daß von dem Geschäftsverkehr mög
lichst wenig in die Augen fällt, und keine Zerstreuung dadurch herbeigeführt wer
den kann. Revositonen, Tische und Stühle müssen in diesem Zimmer schwarz
S4l
1) wcgcn Krankheit, hohen Alters oder andrer persönlichen Ehehaften daselbst nicht
füglich erscheinen kann, bleibt es richterlicher Beurthcilung überlassen, den Eid
durch einen Kommissarius in seiner Behausung abnehmen zu lassen.
2) Wenn derselbe entfernt vom Prozeßrichter wohnt; so kann auf seinen Antrag
die Abnahme des Eides einem benachbarten Kommissario aufgetragen, oder das
ordentliche Gericht, unter welchem er wohnt, darum xequirirt werden. Der
Gegner erhält hiervon Nachricht, damit er bei Abnahme des Eides in Person
oder durch einen Bevollmächtigten erscheinen kann. Meldet er sich nicht, so wird
ihm von Amtswegcn zum Schwörenschen ein Bevollmächtigter bestellt. — Wird
eine ausländische Behörde um Abnahme eines solchen, oder eines nothwendigen
Eides requirirt, so muß die Giltigkeit des demgemäß abgeleisteten Eides nach
der dort bestehenden Form beurthcilt werden; und es ist daher, wenn darnach
im Auslande fürstliche Personen den Eid giltig schriftlich ableisten können, in
Betreff der fürstlichen Personen auch diese Form dann rechtsgiltig. — §. 370,
373, 374 a. a. O. — Res. vom 4. Juni 1831. Gräff, Koch ,c. Erg. III.
S. 239. — Res. vom 8. Januar 184«. I. M. B. S. 28. — Res. vom 26.
Novbr. 183«. Jahrb. 36, S. 312.
IV. Die Eide müssen von einem Mitgliede des Gerichts, oder doch in,
dessen Beisein abgenommen werden. Referendarien können nur dann, wenn sie
ein Gcrichtsmitglied vertreten, Eide selbstständig abnehmen. Sonst dürfen den Re-
fcrcndaricn die Eidesabnahmcn nur ausnahmsweise in besonders dringenden Fällen
und bei Geschäften ausserhalb der Gerichtsstellc anvertraut, und auch da sollen nur
solche Referendarien damit beauftragt werden, welche bereits hinlänglich im Dienste
geübt sind, und die nicht blos durch bewährte Rcchtschaffcnhcit, sondern auch durch
Ernst und Würde im Äussern auf befondere Achtung von Seilen des Schwörenden
gegründeten Anspruch machen können. Den Aktuarien, welche nach ihrer Quali
fikation und Anstellung bei einem Untcrgcricht mit Führung der Instruktionen in
Bagatellsachen beschäftigt werden, und bereits über 24 Jahr alt sind, kann in den
von ihnen instruirtcn Bagatellsachen die Abnahme der Partcieneide ebenfalls gestat- «
tet werden, wenn nicht ihre Persönlichkeit eine Ausnahme hiervon nothwendig macht. —
Z. 371. Anh. Z. 92, I. 1« A. G. O. — Res. vom 26. Novbr. 183«, vom 25.
März 1831 und vom 29. März 1833. Jahrb. 36, S. 312. 37, S. 82. 41, S.
224. Gräff 6, S. 273, 274.
V. Jeder Eidesleistung muß die Bekanntmachung der Eidesformel und die
gehörige Vermahnung dessen, welcher schworen soll, vorausgehen. Diesem wird
die gesetzliche Vorhaltung ') entweder zum eignen Durchlesen eingehändigt, oder, wenn
angestrichen, und erste« mit Thören oder schwarzen Vorhängen versehen sein;
auch müssen bei der Abnahme der Eide alle bei der Sache nicht beteiligte Per
sonen entfernt und alle Störungen der feierlichen Handlung vermieden werden zc.
') Diese Vorhaltung, bei Abnahme gerichtlicher Eide lautet: „Jeder Eid, durch
welchen eine rechtshängige Sache entschieden wird, erfordert von Seiten dcS
Schwörenden die reiflichste Prüfung, ob er ohne Verletzung seines Gewissens
sich zur Ableistung entschließen könne. Nur die innere Überzeugung von der
Wahrheit desjenigen, was beschworen werden soll, kann ein rechtschaffenes Gc-
müth zu dem Entschlüsse bewegen, einen gerichtlichen Eid zu leisten. Vorsätzliche
Lügen sind schändlich und Lügen vor Gericht sind unverzeihlich. Wer wissentlich
etwas Unrichtiges eidlich erhärtet, ist ein ruchloser Bösewicht, der wegen eines
solchen Frevels schon in dieser Welt durch die Marter seines, ihn strafenden
Gewiffens unaufhörlich gezüchtigt wird. Ihn erwartet auf den Fall der Ent
deckung die allgemeine Verachtung, den Verlust seiner Ehre, Amter und Wür
den und harte Strafen der Obrigkeit. Aber auch, wenn in dieser Welt keine
Entdeckung erfolgt, wird er den göttlichen Zorn empfinden und früh oder spät
16
S4S
er nicht lesen kann , von einer Gerichtsperson vorgelesen. Dem Richter steht frei,
mit Rücksicht auf den Grad der Bildung des Schwörenden, und auf sein morali
sches oder religiöses Gefühl, statt oder neben dieser Vorhaltung diejenigen Ermah
nungen und Belehrungen über die Wichtigkeit und den Zweck des Eides, und die
Strafen des Meineides an den zu Vereidigenden zu richten, welche ihm zur Errei
chung des Endzwecks, die Worttreue zu erhalten und zu befördern, am geeignetsten
scheinen. Nach der Vorhaltung muß dem Gegner oder dessen Bevollmächtigten frei
gestellt werden, der zum Eide sich erbietenden Partei das in Erinnerung zu brin
gen, was etwa nach den erfolgten Verhandlungen die Eidesleistung bedenklich ma
chen könnte. Hierbei Muß der Richter selbst mit wirken, jede Übereilung verhüten,
zur Angabe der Erklärung, ob der Eid geleistet, oder, wenn es zulässig, dem Geg
ner zurückgeschoben werden soll, die erforderliche Bedenkzeit gestatten, und nicht eher
zur wirklichen Eidesabnahme schreiten, als bis eine bestimmte Erklärung erfolgt ist,
vcch die Partei, welche schwören will, nach reiflicher Erwägung der Wichtigkeit des
Eides und der obwaltenden Bedenken überzeugt sei, daß der Eid mit gutem Gewis
sen abgeleistet werden könne. — 8. 368, 588, 204, Anh. §. 82, 96, I. t« A. G. O.
VI. Bei der Eidesleistung selbst dürfen ausser dem Schwörenden nur die Ge
richtspersonen , der Gegner und die Assistenten oder Bevollmächtigten der Parteien
gegenwärtig sein. Alle Zuschauer müssen entfernt werden, damit der Schwörende
nicht etwa durch Furcht übler Nachrede abgehalten werde, der Stimme seines Ge
wissens zu folgen, und eine Eidesleistung abzulehnen, wozu er sich vielleicht anfäng
lich auf eine leichtsinnige Art bereit erklärt hatte. Dabei muß jedes Geräusch und
jedes Lärmen vermieden, vielmehr diejenige Stille und Ehrfurcht beobachtet werden,
welche sich bei einer für die ganze menschliche Gesellschaft und besonders für den
Schwörenden so wichtigen Religionshandlung geziemt. — F. 375, 372. Anh. Z. 93 das.
VII. Bei der Eidesleistung müssen die nach Verschiedenheit des Glaubensbe
kenntnisses des Schwörenden gesetzlich eingeführten Betheurnngsformcln und Zcrc-
monieen genau beobachtet, dieselben dürfen nicht abgekürzt oder verändert werden. —
Anh. Z. 94 a. a. O.
VIII. Der Schwörende muß den Eid mit nachgesprochenen Worten und in
Her nach dem Gerichtsgebrauche üblichen Stellung ableisten. Nur bei fürstlichen Per»
sonen findet die Vorschrift §. 137, I. Rro. 1 (S. 223), bei Stummen die Vor
schrift Nro. 4 das.; bei Mennoniten, Filipponen und andern Rcligionsvcrwandtcn,
«elche unter der ausdrMichen Erlaubniß, keinen körperlichen Eid leisten zu dürfen,
den verdienten Lohn empfangen, daß er es gewagt hat, Gott zum Zeugen einer
Unrichtigkeit anzurufen."
„Wer das von ihm zu Beschwörende für unrichtig hält, handelt rühmlich,
wenn er die Eidesleistung ablehnt und zeitliche Vortheile fahren läßt, um ein
unbeflecktes Gewissen zu bewahren."
„Dahingegen ist es ein unrichtiges Vorurtheil, wenn Manche auch dann einen
Eid zu leisten Bedenken tragen, wenn sie von der Wahrheit desjenigen über
zeugt sind, was durch den IZid bekräftigt werden soll. Kommt es auf Thatsa-
chen an, von deren Bewandtniß der Schwörende nicht aus eigener Kenntniß
Vollständig unterrichtet ist, so muß er sich bemühen, die Wahrheit so viel als mög
lich zu erforschen, und ohne sich durch Gewinnsucht oder andere Rücksichten leiten
zu lassen, bloß der Überzeugung folgen, welche durch dasjenige begründet wird,
was er glaubhaft in Erfahrung gebracht hat. Die lebhafte Erinnerung an den
ungewissen und vielleicht sehr nahen Augenblick des Todes und der Gedanke an
die Allwissenheit, Allmacht und Gerechtigkeit Gottes muß bei dem Entschlüsse,
«b man einen Eid leisten könne, jede Unterdrückung der Stimme des Gewissens
verhüten. Wer nach einer solchen Prüfung seiner Überzeugung treu bleibt, hat
auf die allgemeine Achtung gegründeten Anspruch, kann sich an die Stunde der
Eidesleistung jederzeit mit ruhigem Gemüthc erinnern und Gott wird ihn in.
dieser und jener Welt segnen,"
L43
im Staate aufgenommen sind, die Borschrift Nro, 5 das., und bei Tauben die
Vorschrift z. 138, Nro. Z (S. 224) Anwendung, — §. 20», 227, Sl5, a. a. O. —
Cab.-Ord. vom l«. Mar, 1827 GS. S. 28. — Cab.-Ord. vom 19. November
1836. Jahrb. 49, S. 175.
2. Besondre Bestimmungen ») bei Eidesleistungen der katholischen
und evangelischen Christen und der unirten Griechen.
Z. 151. I. Die Z. 15«, V. «^geschriebene Bcrmahnung erfolgt bei Eideslei
stungen der katholischen und evangelischen lZyrisw, und der unirten Griechen in der
Regel durch den Gcrichtsdcpiitirten, welcher den Eid abnehmen svll. Der Richter
kann jedoch, nach Bcwandniß der Umstände oder der persönlichen Beschaffenheit des
Schwörenden, einen zu dessen Religionspartci gehörenden Geistlichen zuziehen. —
j. 356, 369, I. 10 A. G. O.
II. Der Eid beginnt bei den drei bezeichneten Glaubensgenossen mit
den Worten:
Ich N. N. schwöre bei Gott, dem Allmächtigen und Allwissenden, daß zc.
Am Schlüsse des Eides ist die Bekräftigungsformcl zu fassen bei evangelischen
Lhristen:
so wahr mir Gott helfe durch Jesum Christum zur Seligkeit, Amcn.
bei Katholiken und unirten Griechen:
so wahr mir Gott helfe und sein heiliges Evangelium, Amen. — g. 316.
I. 1V A. G. O. Z. 334 Crim.-Ord. — Cab.-Ord. vom 8. August 1835
GS. S. 182.
li) Bei der Eidesleistung der nicht unirten Griechen. '
§. 152. Die Eide der nicht unirten Griechen sind
1) der Regel nach in deren Kirchen oder andern gottcsdienstlichen Versammlungs-
plätzcn an Orten, wo dergleichen vorhanden sind, abzunehmen; auch ist dabei
ein Geistlicher ihrer Religion, wo einer zu habe» ist, zuzuziehn. — Befindet sich
aber am Orte, wo der Eid geleistet werden soll, kein solcher gottesdienstlicher
Versammlungsplatz, oder auch kein griechischer Geistlicher; so kann der Eid auch
an ordentlicher Gerichtsstelle, und vor Gerichtsxersonen allein, giltig abgelei
stet werden.
2) Die Eidesleistung muß am Vormittage vor 12 Uhr geschehen.
3) Vor der Eidesleistung muß der Geistliche, oder in dessen Ermangelung, eine Ge
richtsperson, dem Schwörenden nachdrücklich zureden:
daß er zu dieser Handlung in der Furcht Gottes, und mit Erwägung
seines gerechten Gerichts hinzutreten, und so das Kreuz in aller Wahr
heit, und ohne Schaden an seiner Seele küssen, nicht aber nach iygend
einem zeitlichen Gewinnste streben möge; damit er durch eine solche Be
zeugung der Unwahrheit nicht seine Seele in das ewige Verderbniß stürze,
und sich auch nicht die auf dm Meineid verordnete zeitliche Leibes- und
Lebensstrafe zuziehe.
4) Die Ableistung des Eides geschieht vor dem Altare, oder vor einem Tische, auf
welchem ein gemaltes Kruzifix steht, und die Bibel mit dem aufgeschlagenen
Evangelio Johannes liegt.
5) Nach angehörter Admonition nähert sich der Schwörende dem Tische mit ehrer
bietiger Beugung, legt die rechte Hand auf das Evangelium, und leistet den Eid,
indem er, wenn er Geschriebenes lesen kann, ihn selbst abliest, sonst aber den
selben Wort für Wort , wie der Priester oder die Gerichtsperson ihn vorsagt,
nachspricht. ^
- '»V'
244
6) Die Eidesleistung wird mit den Worten:
Ich R. N. schwöre vor dem Allmächtigen Gott, und vor seinem heiligen
Evangelio, daß :c.
eröffnet, und mit der Bekräftigungsformcl:
zu dessen Bctheuerung küsse ich das Wort und das Kreuz meines Erlösers. Amen,
geschlossen.
7) Nach ausgesprochenem Eide küßt der Schwörende tms lym vorgehaltene Kreuz,
und endigt damit die ganze Handlung - §. 357—366, I. 1« A. G. O.
c) Bei der Eidesleistung der Juden. >)
Z. 153. I. Die zu- und zurückgeschobenen, so wie die im Urtcl auferlegten
Eide der Juden müssen
1) in der Synagoge oder Schule^) abgeleistet werden. An Orten, wo keine eigent
liche Schule sich befindet, muß die Eidesleistung in demjenigen Zimmer oder an
deren Privatgelasse geschehen, wo die daselbst wohnenden Juden ihre gottesdienst
lichen Zusammenkünfte zu halten pflegen.
2) Die Abnahme von Judeneiden darf nicht erfolgen:
s) an Sabbathstagen; an Festtagen, namentlich an zwei Ncujahrstagcn und
dem Tage vor dem Neujahrstag, dem SZersöhnungstag, dem 1., 2., 7., 8.,
und 9. Laubcrhüttentag, dem 1., 2., 7., und 8. Ostertag, an zwei Psingft-
tagcn, und dem Tag des Andenkens an die Stadt Jerusalem; so wie an
Bußtagen, welche mit dem ersten jüdischen Neujahrstage ihren Anfang neh
men, und mir dem Versöhnungsfeste endigen. Nur im Fall dringender Neth-
wendigkeit kann eine Ausnahme stattfinden.
d) Jüdische Frauenspersonen dürfen nicht schwören, während sie die monatliche
Reinigung haben, und sie müssen in solchen Fällen Tcrminsverlegung nachsu
chen; so wie in der Zeit von ihrer Niederkunft bis zur erfolgten Reinigung.
Während der Schwangerschaft können sie sich der Eidesleistung nicht ent
ziehen. Wollen jedoch der Gegner, oder bei Zeugenvernehmung, beide Theile,
: die Aussetzung des Eides bis nach erfolgter Niederkunft sich gefallen lassen; so
soll ihnen der Richter darin nachsehen. — Ausscrehelich geschwängerte jüdi
sche Frauenspersonen können unter dem Borwande, daß sie um deswillen
von den gottesdienstlichen Versammlungen der Gemeinde ausgeschlossen wor
den, von der Ableistung des Eides in der Synagoge, wenn der Gegner dar
aus besteht, nicht dispensirt werden.
Z) Zu jeder Eidesleistung muß der Schwörende zwei Zeugen mitrbingen; auch muß
der Rabbiner des Orts, oder ein jüdischer Assessor, oder Gelehrter, gegenwärtig
sein. Dieser Rabbiner, Assessor oder Gelehrter kann, im Nothfallc, zugleich die
Stelle des zweiten Zeugen vertreten.«)
4) Ist die Gegenpartei des Schwörenden ein im Orte sich aufhaltender Jude, so
1) In Betreff der jüdischen Homagialeide enthält das Res. vom 6. Febr. 1812
(Jahrb. 2, S. 194. Gr äff 2, S. 106), und in Betreff der von jüdischen
Ärzten abzuleistenden Eide das Schreiben des Min. des Cult. vom 1l>. Novbr.
1825. (Gr «ff, Koch :c. Erg. III. S. 244. Mann köpf A. G. O. I. S.
523) Borschriften.
2) Die Judenschaft eines Orts ist schuldig, bei Eidesleistungen ihrer Glaubensge
nossen den Gebrauch ihrer Synagoge, und die Zuziehung ihrer Rabbiner und
Gelehrten zu gestatten. Eab.-Ord. vom 3«. April 1837. Jahrb. 49, S. 451. —
Die jüdischen Gelehrten können im Falle ihrer Weigerung zur Assistenz bei Ju
deneiden selbst durch Zwangsmaßrcgeln angehalten werden. — Res. vom 9. Juni
1812. Jahrb. 1, S. «2. Gr äff 2, S. 106.
s) Der bei Eidesleistungen zugezogene Rabbiner, oder dessen Stelle vertretende As
sessor odex Gelehrte, kann für jede einzelne Eidesabnahme 20 Sgr, bis 1 Thlr.
24S
muß auch dieser bei der Eidebleistung in Person erscheinen. Diesem wird durch
den Rabbiner, Assessor oder Gelehrten die Strafe des Bannes angedroht, wen»
er etwa ohne Grund auf der Eidesleistung bestände. — Diese Ankündigung muß
derselbe mit „Amen" beantworten.
5) Der Schwörende selbst muß sich zur Eidesleistung durch Abwaschung der Hände,
und durch Anlegung des Gcbetmantclö und der Gcbetschnur vorbereiten. Nur
bei Eidesleistung der Jüdinnen bedarf es der Anlegung des Gebetmantels und
der Gebctschnur nicht.
6) Vor der wirklichen Eidesleistung muß der Rabbiner oder Gelehrte dem Schwö
renden nachstehende Warnung vorhalten:
„Ein jeder gläubiger Israelit ist schuldig, der Obrigkeit, sie sei jüdisch oder
christlich, bei Rcchtsstrcitigkciten die Wahrheit zu gestehen, und solche auf ihr
Begehren mit einem Eide zu bekräftigen. Ein von der christlichen Obrigkeit ge
forderter Eid ist also, nach der Lehre der Rabbiner, für keinen unrechtmässig
erzwungenen Eid zu achten. Wer daher die christliche Obrigkeit durch einen
falschen Eid hintergeht, oder dabei etwas anderes denkt, als er sagt, der ent
heiligt den Namen Gottes und begeht einen Meineid. Der Meineid ist das
schrecklichste Verbrechen, dessen sich der Mensch schuldig machen kann. Die ganze
sittliche Welt beruht (wie die Rabbiner sagen) auf dreierlei: auf Recht, Wahr
heit und Frieden. Ungerechtigkeit und Lügen sind also schon an sich selbst höchst
strafbare Verbrechen, indem sie die Zerrüttung der sittlichen Welt zur Folge ha
ben. Bei einem Meineide kommt der Frevel dazu, daß der Meineidige den
Gott der Wahrheit zum Zeugen der Unwahrheit und den Gott der Gerechtig
keit selbst zur Bestrafung der Ungerechtigkeit auffordert, und also den Namen
des Allerhöchsten bei einer sehr schändlichen That misbraucht.
Daher auch die ganze Welt erschüttert worden, als der Gott unsrer Väter
auf dem Vcrge Sinai die Worte hat hören lassen:
Du sollst den Namen dcs Ewigen, deines Gottes, nicht bei einer Un
wahrheit misbrauchcn.
Wenn jeder andere Verbrecher durch Busse und Sinnesänderung von der Strafe
Gottes sich befreie» kann, so kau» der Meineidige durch die stärkste Busse, ohne
hinlänglichen Ersatz, keine Vergebung hoffen; denn es heißt ausdrücklich:
Der Ewige, dein Gott, wird denjenigen nicht ungestraft lassen, der fei
nen Namen bei einer Unwahrheit misbraucht.
Bei einem jeden andern Verbrechen trifft die Strafe blos den Sünder und die
Mitschuldigen, oder die dem Übel hätten steuern können; bei einem Meineidige»
aber leidet die ganze Familie dcs Verbrechers; ja das ganze Land, in welchem,
er wohnt, empfindet die darauf folgende göttliche Strafe.
Bei einem jeden andern Verbrechen wird dem Verbrecher öfter durch die
Langmuth des barmherzigen Gottes eine Zeitlang nachgesehn; auf einen Meineid
aber folgt die Strafe unverzüglich, und alsofort; denn so heißt es in dein Pro
pheten Zach. Cap. 5, V. 4.:
Ich will den Fluch hervorbringen, spricht der Herr Zcbaoth, daß er soll
kommen über das Haus dcs Diebes, und übcr das Haus derer, die bei

liquidiren. Vcrtrit derselbe zugleich die Stelle eines Zeugen, so erhält er da


für ausserdem Nichts. Jeder Zeuge kann ö Sgr. bis 15 Sgr. Gebühren for
dern. Der Klopfer erhält Nichts, da ein Gelehrter oder Zeuge den Gesetz
schrank öffnen kann. Ist der Klopfer Zeuge, so erhält er dafür die Gebühren.
Übrigens sollen die Gerichte soviel als möglich immer dieselben Personen zu Ju-
denciden zuziehen, und, wenn es angeht, mit ihnen dahin sich einigen, daß sie
in unvermögenden Sachen auf die Gebühren verzichten. — Allg. Verf. vom 3V.
Scptbr. 1841. I. M. B. S. 304.
S46
meinem Namen fälschlich schwören, und er so« bleiben i« ihrem Hause,
und soll es verzehren fammt feinem Holz und Steinen.^
Dem Rabbiner «der Gelehrten steht frei, dieser vorgeschriebenen Warnung
noch andre schickliche, den Umständen angemessene Vermahnungen und Gründe
beizufügen.
7) Nach dieser Admonition muß die dabei gegenwärtige Gerichtöperson, mit Bei
hilfe des jüdischen Gelehrten nochmals die Sühne versuchen. — Läuft dieser
Versuch fruchtlos ab, und besteht der Gegner auf der Eidesleistung, so rufen die
anwesenden Juden einander zu:
„Weichet von dem Aufenthalte dieser frevelhaften Leute!"
worauf sich alle übrigen Juden, bis auf den Rabbiner oder Assessor und die
Zeugen, entfernem
8) Der Rabbiner oder Assessor redet hierauf den Schwörenden an :
„Wisse, daß du nicht nach deinem Sinne und deiner Auslegung der
Worte, sondern nach dem Verstände, den wir und die Richter mit den
Worten verbinden, den Eid ablegst."
S) Nach dieser zweiten Ermahnung trit der Schwörende vor den Gesetzschrank; der
Klopfer öffnet die Khür des Schrates, nimmt eine bekleidete Thora heraus,
und gibt sie dem Schwörenden in den Arm. — Alsdann wird diesem, wenn er
Geschriebenes lesen kann, die Formel des abzuleistenden Eides in die Hand ge
geben, und er eröffnet den Schwur mit den Worten:
„Ich schwöre bei Adonai, dem Gott Israels zc.
Am Schlüsse des Eides wird die Bekräftigungsformel beigefügt:
wenn ich falsch schwöre, so müssen mich alle die Strafen treffen, welche
mir in der geschehenen Vermahnung angedeutet worden sind. Amen.
In der Eidesformel muß das Wort „Adonai" mit den hebräischen Mitlautern
des Wortes „Jehovah" verzeichnet sein.
10) Kann der Schwörende gar nicht Geschriebenes lesen, so muß ihm der Eid vom
Rabbiner oder Assessor vorgesagt, und von ihm Wort für Wort nachgesprochen
werden. Doch darf derjenige, welcher den Eid abnimmt, das Wort „Adonai"
nicht mit vorsagen, sondern dies Wort nur auf der in der Schule befindlichen
Tafel dem Schwörenden vorzeigen, damit er solches selbst ausspreche, weil die
Wiederholung des Wortes „Adonai" bei einerlei Handlung nach jüdischen Reli
gionsgrundsätzen für sündhaft angesehen wird. — Um die Eideshandlung nicht
zu unterbrechen, muß der den Eid Abnehmende dm Schwörenden wegen dieses
Umstandes vorläufig unterrichten.
4t) Ist der Schwörende der teutschen Sprache nicht kundig, so muß die Eidesfor
mel mit Inbegriff der Nro. 8 verzeichneten Anfangs- und Endworte in seine
Sprache durch den vereideten Dolmetscher übersetzt werden, und dieser muß der
Eidesabnahme beiwohnen.
12) Die bei der Eidesleistung gegenwärtige Gerichtspcrson muß den ganzen Bor
gang umständlich zum Protokoll verzeichnen, und darauf Acht geben, daß der
Eid diesen Vorschriften gemäß abgenommen werde. — Z. 317—342. Anh. §. 9«,
91 a. a. O.
II. Bei Abnahme der Zeugeneide von Juden ist ebenfalls die Zuziehung
des Rabbiners oder jüdischen Assessors und der Zeugen nothwendig. Ferner kom
men auch bei diesen Eiden die Vorschriften unter I. Nro. 2 und die vorstehend un
ter Nro. 5 bis 1« angegebenen Feierlichkeiten zur Anwendung. Es sind dabei nur
folgende Unterschiede zu bemerken:
1) der Zeugeneid darf nicht nothwendig in der Synagoge, sondern er kann auch an
gewöhnlicher GerichtsMe abgeleistet werden; es werden
2^7
2) deshalb dem des Lesens Unkundige» die Mitlaut« des Wortes Jehovah, statt
der in der Schule befindlichen Tafel, so wie sie in der Eidesformel selbst ver
zeichnet sind, zum Aussprechen vorgewiesen.
3) Es bedarf nicht des I. Rro. 6 und 7 erwähnten Sühneversuchs, des Zurufs
und der darnach wiederholten Admonition.
4) Die I. Nro. 4 vorgeschriebene Bermahnung findet nur in dem seltene» Falle
statt, wenn der Produzent ein Jude, und persönlich gegenwärtig ist.
5) Dem schwörenden Zeugen muß der Rabbiner oder Assessor, statt der Thora, die
Tefülim i» den Arm geben.
6) In dem Z. 137, l. Nro 6 bezeichneten Falle gilt das dort Borgeschriebene. —
z. 343—34« a. a. O.
cl) Bei der Eidesleistung der Mahomctoncr.
Z. 154. Die Eide der Türken und andrer Mahometaner werden von
ihnen durch den Alkoran mit der Formel:
Ich N. N. schwöre bei dem ewige» Golt, und dem, was in der Reli
gion das Allerheiligstc ist, daß :c.
abgeleistet. — S. 367 g. a. O.
Folgen der unterlassenen Erklärung über den zu- oder zurückge
schobenen Eid, so wie der verweigerten oder versäumten
Eidesleistung.
§. 155. I. Wenn der, welchem ein Eid zu- oder zurückgeschoben ist, erklärt,
daß er selbigen nicht schwören könne; oder wen» er seine Erklärung darüber ab
zugeben verweigert; so wird er für einen solchen, der nicht schwören kann oder
will, (uro ^»rsr« iivlenl«) geachtet; was zur Folge hat:
daß die Behauptung des Gegners in Betreff der That-
sache, die Gegenstand des Eides sein sollte, für erwiesen
angenommen wird.
Demnächst wird mit Fortsetzung und Beendigung der Instruktion verfahren.
Auch, wenn der zu- oder zurückgeschobene Eid nicht im Laufe der Instruktion
abgenommen, sonder», weil die Erheblichkeit bestritten ist, zum Erkenntniß gestellt
werden soll, muß sich derjenige, welchem er zu- oder zurückgeschoben ist, darüber
erklären. Unterläßt er dies, und der erkennende Richter hält ihn für erheblich, so
wird jener für nicht schwören Wollend erachtet, und der Richter spricht im Urtel
die daraus Messenden Folge» aus. — H. 297 a. a. O.
II. Eben so wird eine Partei, welche den ihr zu- oder zurückgeschobenen Eid
annimmt, demnächst aber in dem zur Ableistung anberaumten Termin sich nicht
einfindet, ohne vor demselben aus erheblichen und bescheinigten Gründen Tcrmins-
vcrlegung nachgesucht zu haben, in conlurnacisiu dafür geachtet, daß sie den Eid
nicht leiste» wolle oder könne. — §. 375 a. a. O. K. 10, Nro. 8. Tit. 13 das.
III. Soll eine Gemeinde oder Kollegium durch Dcputirte schwören (Z. 144,
I. Nro. 7), und einige derselben leisten den Eid ab, andre aber oder auch nur Einer
von ihnen verweigern die Ableistung ; so ist zu unterscheiden, ob die Sache oder das
Recht, um welches gestritten wird, theilbar oder untheilbar ist.
1) Im ersten Falle müssen sämmtliche Mitglieder darüber: ob sie schwören wollen
oder nicht? vernommen, und der Eid muß von allen, welche dazu crbötig sind,
abgeleistet werden. Die, welche nicht schwören wollen, müssen sich die rechtlichen
Folgen für ihren Theil gefallen lassen.
2) Ist der Gegenstand des Prozesses untheilbar; so muß der Jnstruent diejenigen
Deputaten, welche nicht schwören wollen, über die Ursache ihrer Weigerung.
248
vernehmen. ») Besteht dieselbe in einem Rcligionsskrupel oder darin, weil ihnen
von der Thatsache, worüber geschworen werden soll, gar nichts bekannt ist; so
müssen sie an Eidesstatt bekräftigen, daß dies die einzige Ursache sei, welche sie
von Ableistung des Eides zurückhalte. Dann müssen an ihrer Stelle eben s«
viel andre Mitglieder der Gemeinde oder des Kollegii ernannt oder ausgesucht
werden.') — b) Besteht der Weigerungsgrund darin, daß ihnen Umstände be
kannt sind, wodurch die zu beschwörende Thatsache entweder zweifelhaft gemacht
wird, oder woraus gar das Gegenthcil derselben zu entnehmen wäre; so muß
der Jnstruent sie darüber umständlich ausforschen, und die andern Mitglieder,
welche schwören wollen, darüber ebenfalls vernehmen. Bestchn letztere dennoch
auf Leistung des Eides; so muß die Sache zum Beschlüsse des Kollegii gebracht
werden. Dieses bestimmt auf Vortrag des Dezernenten: ob die Instruktion
nach Lage der Sache und den etwa angegebenen neuen Datis ferner fortgesetzt,
oder die Entscheidung über die ctwanige Sachfälligkeit der Gemeinde, oder über
die Zulässigkcit andrer Mitglieder zum Eide, dem Erkenntnisse vorbehalten blei
ben solle. Findet der erkennende Richter dann gar keine überwiegenden Gründe
für das eine oder das andre ; so steht ihm frei, anzuordnen, daß die Vernehmung
sämmtlicher Mitglieder der Gemeinde, Mann für Mann, darüber erfolge:
«b sie den Eid leisten wollen; daß sodann aber nach der Mehrheit der Stimmen
entweder der Eid von denen, welche die Mehrzahl bilden und erbötig sind, im
Namen der Gemeinde abgeleistet, oder weil die Mehrzahl nicht schwören will,
die ganze Gemeinde dafür, daß sie den Eid nicht leisten könne, geachtet werde. —
S. 275—278, I. 1« A. G. O.
IV. Hat eine Partei zu Protokoll oder schriftlich ausdrücklich erklärt, daß sie
einen angetragenen oder zurückgeschobenen Eid nicht leisten könne, oder wolle; so
kann sie mit einem Widerrufe dieser Erklärung weder in dieser, noch in den folgen
den Instanzen, gehört werden. — Ist dagegen eine Partei um deshalb, weil sie im
Termine zur Eidesleistung ausgeblieben, oder weil sie über die Annahme oder Zu
rückschiebung eine bestimmte Erklärung verweigert hat, dafür, daß sie ihn nicht lei
sten wolle oder könne, geachtet worden; so kann sie das Versäumte noch bis zum
Schlußtermin, und allenfalls in der Appellationsinstanz nachholen. Sie muß nur
die Gründe zur Entschuldigung der Versäumniß angeben, und allenfalls bescheini
gen, auch die dadurch erwachsenen Mehrkosten tragen. — §. 376 a. a. O.
Wirkung des Eides, und Folgen, wenn der, welcher ihn leisten soll,
vor der Ableistung stirbt.
Z. ISS. I. Durch Ableistung eines Parteieneides wird entweder eine Thatsache
erwiesen, oder diese wird widerlegt, je nachdem der Eid für das eine oder andre
lautet. Die daraus sich ergebende Wirkung wird, wenn der Eid im Laufe der
Instruktion abgeleistet worden, im Urtel; wenn aber der Eid durch Erkenntniß
auferlegt war, durch besondere Resolution (Purifikationsbescheid) ausgesprochen.
I!. Stirbt eine Partei, welche einen Eid leisten soll, vor Ableistung; so wird
derselbe
4) für geschworen angenommen, s) hinsichtlich eines angetragenen oder zurückge
schobenen Eides, wenn die Partei vor ihrem Absterben ihn unbedingt und ohne
Vorbehalt angenommen hat; b) hinsichtlich eines im Erkenntniß rechtskräftig
ausgesprochenen Eides, wenn die Partei sich ausdrücklich erklärt hat, daß sie
ihn leisten wolle. Doch ist der Umstand, daß der, welcher schwören soll, das
') Durch Plenarbeschluß des Geh. Ob. Trio, vom 27. Juni 1842 ist angenommen
. worden, daß diese Bestimmung (§. 276, I. 1« A. G. O.)?einc Prozeßvorschrift,
und keinen materiellen Rechtsgrundsatz enthalte. (I. M. B. 1842, S. 363).
2^9
auf den Eid sprechende Erkenntniß hat rechtskräftig werden lassen, für sich al
lein nicht ausreichend.
2) Dagegen müssen die Erben dm Eid und zwar in der Rcgcl 6« ignorsntis lei
sten, s) wenn im Falle unter 1 « die Annahme nur unter Vorbehalt, z. B.
eines eingewandten Rechtsmittels erfolgt ist; in welchem Falle ihnen aber jedes
mal die Zurückschicbung frei steht; und d) wenn über einen im Erkenntnisse zu
gesprochenen Eid Erblasser sich noch nicht erklärt hatte. — §. 377—379 o. a. O.
L. Von Aufnahme des Beweises durch Augenschein.
S. 1ö7. I. Die Einnehmung des Augenscheins kann erforderlich sein
1) um dem Richter von der streitigen Sache und den Behauptungen der Parteien,
oder den Angaben der Zeugen und Urkunden darüber, die ihm ohne dergleichen
Lokalkenntnisse nicht deutlich genug sind, richtige Begriffe zu verschaffen. Hier
hängt es in jedem einzelnen Falle von richterlicher Bcurtheilung ab: in welchem
Stadio des Prozesses dieselbe vorzunehmen sei. Sie kann
2) erforderlich sein, um dadurch die eigentliche Bewandniß gewisser in den Sinn
fallender, unter den Parteien noch streitiger Umstände auszumitteln. In diesem
Falle wird sie gewöhnlich nach festgesetzten Sach- und Strcitstand vorgenom
men. — §. 38«, 381 a. a. O.
II. Die Aufnahme des Augenscheins erfolgt t) durch den Jnstruentcn, wenn
die zu besichtigende Sache am Orte, wo der Prozeßrichter seinen Sitz hat, oder in
der Nähe des Gcrichtssitzes belegen, oder dahin gebracht werden kann; 2) wenn
dies nicht der Fall, durch einen besonders zu ernennenden, am Orte, wo die Sache
gelegen ist oder in dessen Nähe wohnenden Kommissanus, oder durch Requisition
eines dortigen Richters, welche in gleicher Art, wie Z. 132, I. Behufs Zeugenver
nehmung vorgeschrieben ist, instruirt werden müssen. — §. 382 a. a. O.
III. Zu dem, Zwecks Aufnahme des Augenscheins, anzuberaumenden Termine
sind vorzuladen
1) die streitenden Parteien, diese unter der Warnung:
daß beim Ausbleiben dennoch mit Besichtigung und (falls auch Zeugen
oder Sachverständige vorgeladen werden) mit Vernehmung der Zeugen
oder Sachverständigen verfahren werden soll;
2) die Zeugen, wenn dieselben an Ort und Stelle zu führen und abzuhören sind;
3) Sachverständige, wenn das, zu dessen Aufklärung die Okularinspektion geschehen
soll, so beschaffen ist, daß es nur allein von sachverständigen Personen beurtheilt
werden kann; z. B. wenn die Tauglichkeit eines geführten Baues, ein dem
Nachbar dadurch verursachter Schade, die genaue Entfernung eines Orts von
dem andern, eine vorgegebene Holzdevastation, eine unwirthschaftliche Ackcrbestel-
lung u. s. w. zu untersuchen ist. Hinsichtlich der Wahl und Vorladung der
Sachverständigcn kommen die Vorschriften ß. 96, II. u. III. (S. 168) zur
Anwendung.
4) Auch dritten Personen, welche bei der streitigen Sache interessircn , z. B. wenn
auf die streitige Grenze die Feldmark eines benachbarten Dorfes mit zustößt, ist
der anstehende Termin bekannt zu machen, damit sie allenfalls ihre Gerechtsame
dabei wahrnehmen können. — §. 383—386. Anh. §. 97, 64, 65 a. a. O.
IV. Der Jnstruent oder Kommissarius muß den Parteien an Ort und Stelle
(in r« prsesevti) ihre zeitherigen Angaben nochmals vorhalten; sie vernehmen:
ob sie zur Erläuterung derselben noch etwas anzuführen haben, und sodann die
streitige Sache genau in Augenschein nehmen, den Befund richtig, getreu und um
ständlich zum Protokolle bringen; auch, wo es nöthig ist, eine ungefähre Zeichnung
der Sache oder Gegend beifügen.
25«
Zugezogene Kunstverständige müssen, wenn sie nicht schon vereidet sind, gemäß
Z. 129, III. vereidet werden^ demnächst ist ihnen das, worüber sie ihr Gutachten
oder Urtheil abgeben sollen, gehörig anzuweisen. Nach vollendeter Besichtigung ha
ben sie, wenn deren mehre sind, jeder besonders, und ohne Beisein des Andern, den
Befund umständlich und unter Anführung der Gründe zum Protokoll anzuzeigen;
auch wenn die Sache eine nähere Ausführung nach den Grundsätzen ihrer Kunst
«der Wissenschaft forderte, noch ausserdem ein schriftliches Gutachten, oder wenn es
nöthig ist, eine genaue Zeichnung der Sache oder Gegend zu den Akten zu geben.
Kann die Abhörung der Zeugen oder Sachverständigen nach Beschaffenheit der
Umstände nicht sogleich am Streitort selbst erfolgen; so müssen sie vom Jnstruenten
oder Kommissarius erinnert werden, auf alle die Gegenstände, Verhältnisse und Um
stände, worauf es bei der Sache irgend ankommen könnte, aufmerksam zu sein, und
sich dieselben genau zu merken. Nach beendigter Besichtigung muß sodann unver
züglich mit Vernehmung verfahren werden.') — §. 387—389 a> a. O.
r. Vom Verfahren des Jnstruenten b ei v o rk o m m c n d cn, ein
ander widersprechenden Beweismittel«.
§. 158. Widersprechen sich die über eine und dieselbe Thatsache beigebrachten
verschiedenen Beweismittel, so muß der Jnstrucnt vor Abschluß der Instruktion den
Grund dieses Widerspruchs zu entdecken, und so weit er auf Thatsachen beruht, ins
Licht zu setzen suchen; damit der erkennende Richter die nöthigen Data vorfinde,
zu beurtheilen: welches dieser verschiedenen Beweismittel vorzüglich Glauben ver
diene (cf. ß. 166). Ist demnach
1) zwischen mehren produzirtcn Dokumenten ein Widerspruch, so muß dessen Ur
sprung durch Vernehmung der Parteien, und Abhörung derjenigen, welche da
von Wissenschaft haben können, so viel als möglich erforscht, und ausgemittelt
werden: welches Dokument der wahren Willensmeinung der Interessenten, und
der wahren Lage der Sache am gemessesten abgefaßt worden ist.
2) Widersprechen sich zwei vernommene Zeugen; so muß gemäß Z. 135, I. Nro. 1
durch Gegeneinanderstellung die Ermittelung der wahren Sachlage versucht werden.
3) Wird durch die Aussagen der Zeugen die Glaubwürdigkeit eines Dokuments an
gefochten; so müssen die bei Vollziehung des lezteren gegenwärtig gewesenen
Personen auf das Genaueste vernommen , und allenfalls gegeneinandergestellt
werden, um die Wahrheit oder Falschheit der zur Entkräftung des Dokuments
angeführten Thatsache so vollständig als möglich ins Licht zu setzen. — Folgt
aus den Zeugenaussagen das Gegcntheil dessen, was die Dokumente ergeben; so
muß den Zeugen der Inhalt der Dokumente vorgehalten, und von ihnen über
die Ursache der Verschiedenheit Erläuterung gefordert; wenn aber diese angege
benen Ursachen ebenfalls auf Thatsachen beruhen, auch diese, so viel als möglich,
ins Licht gesetzt werden.
4) Wenn bei einer Besichtigung durch Augenschein ein Unterschied zwischen dem über
den Befund aufgenommenen Protokolle und den Aussagen der Zeugen sich äus
sert; so müssen die Zeugen, wenn es noch nicht geschehen, so weit es möglich
an Ort und Stelle Behufs Hebung des Widerspruchs oder Ermittelung der
Ursache desselben geführt werden. — Z. 3S1—396, I. 1« A. G. O.
III. Vom Versuch der Sühne und Abschluß der Sache.
Vom Versuch der Sühne, und wie dabei zu verfahren.
159. l. Prozesse bleiben selbst bei der zwcckmässigsten Behandlung wegen des
') Vom Verfahren in Grenzstrcitsachcn ist später besonders die Rede.
2«!
nachteiligen Einflusses, de» sie »ichc nur auf die GlückSumftände, sondern auch aus
den sittlichen Charakter der Parteien habcn können, stets ein in der bürgerlichen
Gesellschaft möglichst zu vermeidendes Übel. Der Richter muß sich daher bemühen,
die entstehenden Prozesse durch gütliches Übereinkommen beizulegen. Diese Pflicht
liegt während der Prozcßinstruition besonders dem Jnstruentcn ob. Dieser kann im
Laufe der Instruktion zu jeder Zeit, wo es ihm zweckmässig scheint, zwischen dm
Parteien die Sühne versuchen. Am geeignetsten aber wird dies nach regulirtem
Each- und Strcitstand, oder nach aufgenommenem Beweise im Schlußtermine ge
schehen können. Der Jnstruent kann selbst von Amtswegen den Parteien Vors
schlüge zum Vergleich machen; doch muß er dies erst dann thun, wenn er durch
hinlängliche Vernehmung der Parteien bereits in de» Stand gesetzt ist, über das
Gewicht der gegenseitigen Gründe, und über den vermuthlichcn Erfolg des Prozes
se« mit Wahrscheinlichkeit urtheilen zu können. — z. 22, 2S. Einl. Z. I, 2, Tit.
It. z. 1 u. 5. Tit. 12, I. A. G. O.
II. Beim Versuch der Sühne muß der Jnstruent den Parteien die Sache
treu, sorgfältig und geschickt auseinandersetzen, damit sie die wahre Lage derselben
richtig übersehen können; er muß ferner sie mit den gesetzlichen Vorschriften, welche
bei Entscheidung der Sache zur Anwendung kommen würden, bekannt machen. Die
von ihm zu machenden Vergleichsvorschläge muß er so einrichten, daß dadurch kei
nem TKeile die Aufopferung klarer und ihm unstreitig zukommender Rechte
ongcmuthet werde. Er muß ferner den Parteien die aus der Sache hergenomme
nen Beweggründe zum Vergleich nachdrücklich vorstellen und sie vor den schädlichen
Folgen des ferneren Prozcssirens ernstlich warnen. — Nimmt er z. B. wahr, daß
die Forderung des Klägers richtig sei, daß Beklagter aber aus Besorgnis», der Geg
ner werde ihn mit Exekution drängen, vom Ancrkcnntniß derselben abgehalten
werde; so muß er den Kläger zur Verstattung billiger Nachsicht, zur Annahme von
Abschlagszahlungen oder zur Jugcstchung andrer ihm unnachtheiligen, aber zur Er
haltung des Schuldners gereichenden Massnahmen zu vermögen suchen. Räumt
der Schuldner die eingeklagte Forderung ein, verlangt aber Zahlungsnachsicht, und
offerirt Sicherheit; so muß Jnstruent den Kläger zur vergleichsweise« Bewilligung
der Nachsicht und Annahme der Sicherheit zu bewegen suchen, wenn aber der Ver
such fehlschlägt, die Sache, in sofern sie dazu angcthan, dahin inftruiren, daß dar
über: ob dem Beklagten ein Spezialmoratorium zu bewilligen sei? erkannt wer
den könne. — z. 24. Einl, Z. 2, 4, S, 6. Tit. 11 a. a. O.
III. Dagegen muß sich der Jnstruent beim Sühncversuch allen ungestümen
Andringcns und aller ungebührlichen Überredung enthalten. Am allerwenigsten aber
darf er durch falsche Vorspiegelungen von der Lage der Sache, oder durch unrich
tige Erklärung der Gesetze, oder durch andre Misbräuche seines richterlichen AnsehnS
die Parteien zum Vergleich zu verleiten suchen. — Die bei den Vcrgleichsuntcrhand-
lungen mit gegenwärtigen Rechtsbeistände müssen besonders darauf sehen, daß die
Parteien weder in Furcht gesetzt, noch zu unbilligen und ihnen offenbar nachtheili
gen Vergleichen übereilt und verleitet werden; sonst aber den Jnstruentcn möglichst
in seinen Bemühungen unterstützen. — Z. 3 u. 7 a. a. O.
IV. Auch mit Bevollmächtigten der Parteien muß in Abwesenheit der Letztern,
selbst wenn jene keine Spezialvollmacht zum Vergleiche haben, dieser versucht wer
den. Im letzten Falle müssen sie demnächst, wenn der Vergleich zu Stande kommt,
binnen einer zu bestimmenden Frist Genehmigung oder Spezialvollmacht von den
Parteien nachbringen.') — §. 12 a. a. O.
') Läuft demnächst die zu deren Beibringung bewilligte Frist ab, so muß mit Fort
setzung der Instruktion oder Abschluß der Sache verfahren werden, da dann an
zunehmen, ihr Mandant verweigere die Genehmigung des Vergleichs.
252
V. Durch Vergleichsunterhandlungen soll in bcr Siegel die Instruktion nicht
unterbrochen, noch aufgehalten; es sollen auch nicht durch Ansehung besonderer Ter
mine dazu die Kosten vermehrt werden. Nur wenn beide Parteien mündlich zum
Protokoll oder schriftlich unter ihrer eigenhändigen Unterschrift wegen obschwebcnder
Vergleichsunterhandlungen Terminsverlegung oder bei spruchreifen Akten Aussetzung
des Erkenntnisses auf einige Seit beantragen, kann dies bewilligt werden. Im letz
ten Falle muß nach Ablauf der gestellten Frist, wenn Anträge nicht eingegangen
sind, Termin anberaumt werden zur Erklärung: ob der Vergleich zu Stande ge
kommen sei, und ob auf dessen Genehmigung, oder auf Reposition der Akten, oder
auf Abfassung des Erkenntnisses angetragen werde. — Z. 6 a. a. O. — Res. vom
1«. Mai 1833. Gräff, Koch :c. Erg. III. S. 248.
VI. Kommt ein Vergleich zu Stande, fo muß derselbe sowol »ach seinem Ge
genstande, als in Bezug auf die Bedingungen so umständlich, deutlich und bestimmt
zu Protokoll niedergeschrieben werden, daß über den Verstand und die Auslegung
desselben kein neuer Streit entstehen möge. Demnächst muß das Protokoll den Par
teien vorgelesen, und von ihnen gemäß H. 104 (S. 176) vollzogen werden. — Z. 8.
u. 9, I. II A. G. O.
VII. ' So viel als möglich muß der Jnstruent die ganze Sache dergestalt durch
Vergleich abzuthun bemüht sein, daß die Parteien völlig auseinandergesetzt werden,
und zu neuen Streitigkeiten keine Gelegenheit übrig bleibe. Auch über den Kosten
punkt muß der Vergleich, wo möglich, die nöthige Bestimmung enthalten. Ist
Nichts Ausdrückliches darüber im Vergleiche gesagt, so wird angenommen, daß Kom
pensation der Kosten stattfinden solle. — Kann Jnstruent einen vollständigen Ver
gleich in Betreff aller im Prozeß begriffenen Punkte nicht erreichen; so muß er sich
bemühen, einzelne Punkte, namentlich solche, welche eine weitläufige und kostbare
Erörterung voraussetzen, gütlich abzumachen. Sodann wird nur in Betreff der
nicht verglichenen Punkte mit weiterer Instruktion verfahren. Dies ist besonders
auf Präjudizialpunkte anzuwenden. Kommt es z. B. auf eine streitige Rechtsfrage,
auf Auslegung eines Testaments, einer Urkunde u. f. w. an; so muß der Jnstruent,
wenn über den Präjudizialpunkt selbst kein Vergleich zu Stande kommt, die Par
teien wenigstens über die Folgen, wenn jener Punkt auf diese oder jene Art ent
schieden würde, zu vereinigen, und dadurch die Weitläufigkeiten und Kosten Behufs
Erörterung diefer Folgen zu vermeiden suchen. Z. 10, II a. a. O. — §. 21 Tit.
23, I. A. G. O.
VIII. Jeder vor dem Prozeßrichter, oder vor einem andern inländischen Rich
ter über die im Prozeß begriffenen Sachen oder Rechte geschlossene Vergleich ge
währt, gleich dem rechtskräftigen Erkenntniß, das Recht zur exekutiven Vollstre-
kung.') — §. 13 Tit. 11 daf. — z. 1 des Erekut. Ges. vom 4. März 1834 GS. S. 31.
IX. Auch, wenn ein Vergleich nicht zu Stande gekommen, sind die gemach
te» Vergleichsvorschläge und die darüber von den Parteien abgegebenen Erklärungen
zu Protokoll zu nehmen. Dies ist um deshalb nöthig, weil derjenige, welcher die
Genehmigung des Vergleichs verweigert, dann, wenn ihm später nur so viel, oder
noch weniger, als ihm im Wege des Vergleichs vom Gegner angeboten wurde, zu
erkannt wird, in der Regel die für die nach dem Sühnversuche gepflogenen Ver
handlungen envachfcnen Kosten tragen muß. Dies trifft ihn, aus dem Grunde der
Vergleichsverwcigerung allein, jedoch nicht:
1) wenn der Prozeß blos, oder doch hauptsächlich eine zweifelhafte Rechtsfrage, oder
2) die Auslegung einer dunkel oder zweifelhaften Urkunde betraf; oder
') Jedoch kann in Wechselprozcffen der Beklagte sich durch Vergleich nicht zu wech-
selmässigcr Personalhaft verpflichten. — Ref. vom 21. Februar 1317. i Jahrb.
21, S.,267. Gräff 2, S. 295.
253
3) der Vergleichsvorschlag zu einer Zeit geschah, da die Sache noch in einer gänzlichen
Dunkelheit beruhte, oder doch noch nicht so weit auseinandergesetzt war, daß
die Partei über das BcrlMniß des Borschlags gegen das Objekt des Prozesses
und dessen wahrscheinlichen Erfolg, nach vernünftigen Gründen, ei» Urtheil fäl
len konnte. — §. 14, I. 11 A. G. O.
Bon der Schlußvernchmung und dem Schlußtermin.
z. 16«. I. Der Abschluß der Instruktion erfolgt dann, wenn gemäß §. 100
(S. 171 fg.) die Parteien über alle im Prozesse vorkommenden erheblichen Thatsa-
chcn vollständig gehört, und die in Betreff der erheblichen streitigen Thatfachcn an
gegebenen Beweismittel aufgenommen worden, auch die Sühne fruchtlos versucht
ist. — Die Parteien oder deren Vertreter haben sich dann zu Protokoll zu erklä
ren, was sie noch etwa zur Sache anführen wollen; sie haben ferner, wenn sie
hinsichtlich der in die Akten oder zu denselben gehörenden Schriftstücke einen Man
gel bemerken, auf dessen Beseitigung zu dringen, und endlich müssen sie, wenn sie
Rechtsausfühnmgcn anbringen wollen, diese entweder zu Protokoll geben, oder eine
Frist zur Einreichung derselben beantragen. — §. 5, 13, 14 Tit. 12 a. a. O.
II. Diese Schlußvernchmung geschieht,
1) wenn keine durch Beweis näher ins Licht zu setzenden streitigen Thatsachen vor
handen, ferner wenn der Beweis der streitig gebliebenen Thatfachcn blos durch
Urkunden, die vor oder in dem Jnstruktionstermine zu den Akten gebracht wor
den, und über deren Rckognition oder Disscssion keine besonderen Verhandlungen
nöthig gewesen sind; und endlich, wenn derselbe blos durch den Eid geführt
wird, und in diesem Falle entwcdcr die Ableistung des Eides, oder doch die be
stimmte Erklärung darüber gemäß Z. 146, III. g. 148, I. Z. 155, I. erfolgt ist,
im Jnstruktionstermine selbst, nach gcendigter Instruktion und fruchtlos ver
suchter Sühne. Ein besonderer Schlußtermin wird in allen diesen Fällen in der
Regel nicht nöthig. lZ. 1««, I. S. 171. g. 10«, S. 183). Dagegen muß dazu
2) ein besonderer Schlußtermin in den Fällen, in welchen der Beweis durch Requi
sition oder Auftrag aufgenommen worden, stets, und dann, wenn vom Pro-
zcßrichter selbst eine förmliche Beweisaufnahme durch Zeugenaussagen, oder durch
Einnehmung des Augenscheins, oder durch Urkunden, welche erst edirt oder sonst
herbeigeschafft werden mußten, veranlaßt ist, gewöhnlich anberaumt werden,
in sofern im lcztcrn Falle die Parteien nicht schon im legten Beweisaufnahmc-
termin die Sache für geschlossen angenommen haben. — §. 1—3, Tit. 12 a. a. O.
III. Die Vorladung der Parteien oder deren Bevollmächtigten zum Schluß
termin erfolgt unter abschriftlicher Mittheilung der Zcugenvcrnehmungs- oder der
andern Beweisverhandlungcn, in so weit dies noch nicht geschehen ist, und unter
der Warnung:
daß beim Ausbleiben werde angenommen werden, sie hät
ten Nichts weiter anzuführen und licssen es auf die rich«
terliche Entscheidung ankommen.
Die Parteien können in diesem Termin auch durch ihre Rcchtsbcistände vertreten
werden. — §. 224», 224 K, Tit. 1«. Z. 4, Tit. 12 a. a. O.
IV. Ausser der Schlußvernchmung sg I müssen die Parteien oder deren Ver
treter in diesem Termine auch mit ihren Erklärungen über den aufgenommenen Be
weis gehört, und es muß mit ihnen nochmals die Sühne versucht werden. ') Machen
') Die A. G. O. schreibt im §. 9, Tit. 12 auch die Jnrotulatian der Akten vor.
Dies ist aber für die 1. u. 2. Instanz ganz ausser Gebrauch gekommen, und
in, z, 15, Nxo, ö des Gesch. Rcgl. vom 3. August 1841 für unnöthig erklärt.
254
1) die Erschienenen Erinnerungen gegen den aufgenommenen Beweis z. B. ge>
gen Zeugenvernehmungen zc.z so muß demnächst der gerügte Mangel vom De
zernenten im Kollegio vorgetragen und wenn er erheblich erscheint, muß ihm
vorerst abgeholfen, und demnächst die Sache abgeschlossen werden. > ) (Lk. 1S5, II).
2) Bringen die Parteien oder ihre Vertreter vor oder im Schlußtermin noch neue
Beweismittel über die streitigen Thatsachen, oder neue Umstände, welche
zur Unterstützung und vollständigen Aufklärung des bei der Sache zum Grunde
liegenden Hauptfakti beitragen können, an; so müssen dieselben berücksichtigt, und
die Instruktion darauf ausgedehnt werden. 2) In Betreff der neu angeführten
Umstände müssen jedoch die zur Unterstützung derselben dienenden Beweismittel
zugleich bestimmt angegeben, und wenn sie in Urkunden bestehen, diese sofort
beigelegt werden. Die Zulassung neuer Beweismittel oder neuer Thatsachen im
oder vor dem Schlußtermin findet jedoch nur ein Mal statt. Ist demnach die
Sache zum Schlußtermin wieder gediehen; so können dergleichen für diese In
stanz nicht mehr berücksichtigt werden. — Auch muß derjenige, welcher den
Prozeß durch solche erst vor oder im Schlußtermin angebrachte neue Beweis
mittel oder Thatsachen ungebührlich verzögert, in die erwachsenden Mehrkosten
und eine nach Berhältniß derselben abzumessende Geldstrafe, bei feinem Unver
mögen aber statt derfelben in eine Gefängnißstrafe vcrurtheilt und diese mit
Rücksicht darauf abgemessen werden, je nachdem die neuen Anführungen an sich
begründet gewesen oder nicht, und ein stärkerer oder schwächerer Verdacht der
vorsätzlichen Zurückhaltung gegen ihn obwaltet. Diese Strafe und Kosten tref
fen ihn aus dem Grunde der Berfpötung nur dann nicht, wenn klar erhellet,
daß dem Gegner die neu angeführten Umstände bekannt gewefen, und er diesel
ben geflissentlich verschwiegen oder wider besseres Wissen abgeläugnct hat. —
§. 224b, Tit. 1«. Z. 6, 7, 8, Tit. 12, I. A. G. O.
Von den Rechtsausführungen (Deduktionen).
K. 161. I. Besondre rechtliche Ausführungen der Parteien in Betreff ihrer aus
den, im Prozeß entwickelten Thatsachen, folgenden Rechte werden Deduktionen ge
nannt. Diefe Rechtsausführungen können im Schlußtermin von den Rechtsbeistän
den oder Bevollmächtigten der Parteien zu Protokoll gegeben, oder sie können
von den Parteien oder deren Bevollmächtigten schriftlich eingereicht werden. Doch
ist die Deduktion kein wesentliches Stück des Prozesses, und es kann daher gegen
das ergehende Erkennrniß blos um deshalb, daß die Akten ohne Deduktionen zum
Spruch vorgelegt worden, keine Ausstellung gemacht werden. — Z. 11, 13/ l4,
Tit. 12 a. a. O.
II. Die schriftlichen Deduktionen können von den Parteien oder deren Bevoll
mächtigten nach beendigter Instruktion und vor Spruchvorlegung unaufgefor
dert eingereicht; es kann diesen aber auch auf ihren Antrag nach Abschluß der
' Rur bei Versendung der Akten an das Geh. Obertribunal muß die Jnrotula-
tion der Akten erfolgt sein.
») Mängel, welche in Betreff der auswärts erfolgten oder vom Deputirten gesche
henen Beweisaufnahme vom Dezernenten oder Jnstruenten bemerkt, oder von
ien Parteien bereits früher gerügt werden, müssen sofort geprüft, und falls sie
erheblich, muß ihnen unverzüglich, und ohne erst den Schlußtermin abzuwarten,
abgeholfen werden.
?> Der Jnstruent muß jedoch, wenn nur irgend ein Bedenken hinsichts der Erheb-
^ lichriÄ dieser neuen Beweismittel oder Thatsachen obwaltet, mit den Parteien
die Sache für den eventuellen Fall, daß nemlich das Kollegium sie für uner
heblich halten sollte, abschliesftn, damit sür diesen Fall ein nochmaliger Termin
vermieden wird.
255
Sache cinc Frist von acht Tagen bis höchstens sechs Wochen zu deren Einreichung
bewilligt werden. In diesem Falle wird auf dem Schlußprotokoll die Frist bestimmt
und die Einreichung innerhalb dieser Frist bei Vermeidung der Präklusion aufgegr:
ben. Eine verhältnrßmässigc Verlängerung dieser Frist kann nur
1) mit ausdrücklicher Bewilligung des Gegners und
2) wenn in wichtigen und verwickelten Sachen dcr Richter sich überzeugt, daß dk
Beibringung dcr Schrift zur Aufklärung der Sache nöthig sei, gestattet wer
ben. Sonst trit mit Ablauf der Frist in Bezug auf die nicht eingegangenen
Deduktionen Präklusion ein, ohne daß dies grade durch Verfügung ausgespro
chen zu werden braucht.
Geht nach einmal stattgcfundcner Präklusion eine Deduktion ein; so kann die
selbe ohne Einwilligung des Gegners nicht mehr zu den Akten genommen, sie muß
vielmehr der säumigen Partei zurückgegeben werden.
Übrigens sinket hinsichtlich dcr Deduktionen kein Schriftwechsel statt, sondern
beide Theile müssen ihre Deduktionen in ein und derselben Frist, und ohne daß einer
auf den andern warten kann oder darf, einreichen. Geht jedoch rine Deduktion
rechtszeitig ein, so wird sie abschriftlich dem Gegcntheil durch Dekrctsabschrift zu
gefertigt. — §. 11—IS. Anh. S. 9«, 99 a. «. O. — Z. 2. der Vcrord. vom 30.
Decbr. 1793. Absch. X. R. E. E. 1'om. X. S. 1851. Rabe Bd. 5, S. 274. —
Res. vom 16. Scptbr. 1817. Jahrb. 1«, S. 242. Gräff 2, S. 107.
Hl. Jede Partei kann sich ihre Rechtsaussührungcn von dem Bevollmäch
tigten oder Rechtsbeistande, oder jedem beliebigen Justizkommissar,
auch wenn derselbe nicht beim Prozeß-, sondern bei einem andern Gericht zur Pra
xis verstattet ist, anfertigen lassen. Die Sorge für rechtszeitige Einreichung und
für gehörige Information des Konzipienten bleibt ihr jedoch allein überlassen, und
sie kann nur beantragen, daß dem Konzipienten die gerichtlichen Prozeßakten in der
Registratur zur Jnformationseinziehung vorgelegt werden. — Die Deduktionen sol
len aber jedesmal von einem Justizkommissar unterschrieben oder legalisirt ') sein,
und dieser ist für die in einer solchen Schrift etwa vorkommenden unerlaubten Aus
fälle gegen den Richter, den Gegner oder einen Dritten, ingleichen für die darin
etwa enthaltenen offenbaren Verdrehungen der bei der Instruktion ausgemittelten
Thatsachen, verantwortlich. — §. 12, Tit. 12, I. A> G. O. — Cab.-Ord. vom
21. Juli 1843 GS. S. 295.
IV. In den Deduktionen muß ein kurzer, bündiger doch vollständiger Sach
stand, so wie durch die geschlossene Instruktion die Sache ausgemittelt ist, voraus
geschickt, und daraus die rechtlichen Folgerungen, nach den Gesetzen und deren Ana
logie, mittelst gründlicher Anwendung derselben auf die entwickelten Thatfachen her
geleitet werden. — Die Verfasser der Deduktionen müssen sich also dabei lediglich
an das Faktum, so wie dasselbe durch die Instruktion entwickelt worden, halten.
Sie dürfen sich nicht unterfangen, durch Verdrehung desselben den Richter irre ma
chen, oder durch unrichtige Anführung und erzwungene sofistische Auslegung der Ge
setze etwas zum Vortheile der Partei erschleichen zu wollen.
Auch kann zwar der Verfasser dcr Deduktion die Fehler und Mängel, die er
noch bei der Instruktion zu bemerken glaubt, besonders aber die Gründe, aus de
nen er dafür hält, daß eine von seiner Partei angegebene, vom Richter aber als
unerheblich verworfene und eben deshalb unerörtert gebliebene Thatsache dennoch
erheblich sei, und also durch Beweis näher ins Licht zu setzen war, offenherzig und
') Für die blosse Legalisation kann dem Justizkommissar in der Regel die Hälfte
des Honorars, welches er für Anfertigung der Deduktion erhalten hätte, zuge-
billgt werden. — N Res. vom 24. Februar 18SS in Grass, Koch zc. Erg.
Hl. S. 2SY.
256
freimüthig, jedoch mit geziemender Bescheidenheit anzeigen und ausführen. Doch
soll durch solche erst in der Deduktion vorkommende Ausführungen die Vorlegung
der Akten zum Spruch nicht aufgehalten werden.
In wiefern die Instruktion neuer in den Deduktionen vorkommenden That-
sachen durch Refolut anzuordnen, ist Z. 101, I. (S. 172) vorgefchrieben. — Z. 16—
19, I. 12 A. G. O.
V. In Prozessen, in welchen der durch eine Königl. Regierung vertretene Fis
kus Partei ist, hat die betreffende Regierung die Bcfugnisi, vor Abfassung des Er
kenntnisses ein schriftliches Gutachten zu den Akten zu geben, worauf, in sofern es
nicht auf blosse Rechtsfragen, sondern auf besondre landespolizeiliche oder finanzielle
Verhältnisse oder Verfassungen ankommt, vom erkennenden Richter Rücksicht zu
nehmen ist. — Anh. §. 239 Nro. 2 zu Z. 11, Tit. 35 a. a. O.
VI. Wenn ein Regiment, oder ein sonstiges Militairinstitut in den Fall kommt,
als Kläger oder Beklagter einen Prozeß führen zu müssen, in welchem es auf mi-
litairische Verfassung ankommt; so steht es demselben frei, über lezteres ein schrift
liches Gutachten zu den Akten zu geben, bevor solche zum Spruch vorgelegt wer
den. — §. 101 des Anh. zu Z. 20, Tit. 12 a. a. O.

Von Abfassung des Erkenntnisses.


Die Vorlegung der Akten zum Spruch.
§. 162. Die Vorlegung der Akten zur Abfassung des Erkenntnisses erfolgt
nach völligem Abschluß der Sache, und, in sofern Parteien um Deduktionsfrist ge
beten haben, nach Eingang der Deduktionen oder Ablauf der gefetzten Frist. Die
Spruchvorlegung wird vom Dezernenten verfügt. Sie geschieht entweder,
1) und zwar in der Regel, bei demselben Gericht, bei welchem die Instruktion er
folgt ist; und dann wird die Sache vom Registraturbeamten in das Distribu
tionsbuch eingetragen, und dieses nebst den vollständigen Prozeßakten, den Bci-
akten und den Manualakten der Rechtsbeistände oder Mandatare dem Vorstand
des Gerichts zur Ernennung des Referenten vorgelegt;
2) oder sämmtliche unter Nro. 1 bezeichnete Akten werden dem Spruchgericht über
sendet, wenn der instruirende Richter nicht zugleich der erkennende ist. Dies
ist der Fall,
s) wenn in Folge eines der Z. 34, Nro. 4 (S. 64 fg.) angeführten Perhor-
reszenzgründe das substituirte Gericht zu erkennen hat;
d) wenn in den zulässigen Fällen in Folge Vereinigung der Parteien sofort der
Appellationsrichter oder der Revisionsrichter erkennen soll. — Eine solche
Vereinigung der Parteien, daß mit Übergchung des ersten Richters sogleich
dem Appellationsrichter, «der mit Übergchung der ersten beiden Richter sofort
dem Revisionsrichter die Akten zur Abfassung des Erkenntnisses vorgelegt
werden, ist dann zulässig, wenn es in einer Prozeßsache auf Auslegung des
undeutlichen oder zweideutigen Inhalts einer Urkunde, oder auf blosse Rechts
fragen ankommt, und wo mithin die Verhandlungen der 2ten und 3ten In
stanz dasselbe enthalten würden, was fchon in erster Instanz vorgekommen,
so wie in Fällen, wo die Bewandniß der Sache in erster Instanz vollstän
dig aufgeklärt worden, und beiden Theilen an der baldigen rechtskräftigen
Entscheidung gelegen ist. Doch wird stets vorausgesetzt, daß ss) wenn die
Sache dem Appellationsrichter vorgelegt werden soll, das Streitobjekt appel-
latel fei, und daß bb) wenn sogleich der Revisionsrichter erkennen soll, das
Streitobjekt von der Art ist, daß ohne Rücksicht auf den etwanigen Ausfall
der ersten beiden Erkenntnisse die Revision zulässig sein würde. — §. 20, 21,
S57
Sit. 12. Anh. §. IM, §. 28. «it. 9. §.S. Tit. 10, l. A. G. Q. — Res. vom
2t. Aug. 1834. Jahrb. 44, S. «3. Grass «, S. 16!. — §. 14 desGesch.
Regl. vom Z. August 1841.
Ernennung des Referenten und dessen Pflichten.
Z. 163. I. Der Borstand des Gerichts ernennt aus der Zahl der Gerichtsmit-
glieder einen Referenten. In sehr wichtigen und weitläufigen Sachen gibt er dem
selben einen Korreferenten bei. > ) Der Jnftruent kann bei kollegialifchen Gerichten
niemals Re- oder Korreftrent sein; bei stärker besetzten Kollegien darf auch der
Dezernent nicht dazu bestellt werden. — Z. 1, 2. Tit. 13, I. A. G. O.
II. Die Pflicht des Referenten ist, die Sache in ihrem Zusammenhange vollständig
und deutlich und unter Beifügung seiner durch die einschlagenden gesetzlichen Vorschrif
ten unterstützten Meinung dem Kollegio vorzutragen, und demnächst den Beschluß und
zwar dann, wenn darnach vorerst noch Mängel zu erledigen sind, als Resolut, sonst
aber als Erkenntniß auszuarbeiten. Er muß daher, sobald ihm die Akten zugestellt
worden, sie aufmerksam durchlesen, und sich zu diesem Vortrag vorbereiten. Findet er
1) noch einen Mangel in der Instruktion; so muß er seinen Vortrag zunächst da
hin richten, daß er dem Kollegio den Mangel anzeigt und die Berathung dar
über: ob derselbe gegründet, und wie ihm abzuhelfen sei? herbeiführt. Beispiele
der Art sind: ')
s) wenn ersichtlich ist, daß einem Anspruch ein bisher noch nicht zur Sprache
gebrachter Rechtseinwand, z. B. der Einwand der Verjährung, entgegensteht;
so muß vorerst die nähere Vernehmung der Parteien darüber veranlaßt werden.
Ii) Kommen in Prozessen zwischen Privatpersonen Gegenstände und Rechtsfra
gen zur Sprache, welche auf Prinzipien der Landesverfassung, Staatsverwal
tung, Staatswirthschaft, Polizei und Gewcrbkunde Einfluß haben, und durch
klare Gesetze nicht bestimmt sind; so muß, in sofern es nicht früher gesche
hen, vor Abfassung des Erkenntnisses über dergleichen Gegenstände oder Rechts
fragen ein Gutachten von der Regierung eingeholt werden, und dasselbe ist
dann als konsultatives Votum zu beachten.«)
c) Wenn bei Entscheidung von Prozessen gegen Militairinstitute und Militair-
personen eS einer Auskunft über Militairökonomie oder sonstige militairische
Dienstverhältnisse bedarf; so muß deshalb an den Chef der Justiz zum Zweck
der Rücksprache mit dem Kriegsminister Bericht erstattet werden. ^)
<i) Kommt es bei Entscheidung eines Prozesses auf die völkerrechtliche Giltigkeit,
die Anwendbarkeit oder Auslegung von Staatsvcrträgen an, so kann, falls
es auf Antrag einer Partei oder von Amtswegen nicht etwa im Laufe der
Instruktion geschehen, vor Abfassung des Erkenntnisses nach Befinden vorerst
i) Wird ein Auskultator oder Referendar Behufs seiner Ausbildung im Referire»
zum Referenten ernannt, so muß ihm jedesmal ein Korreferent beigeordnet werden.
l) Andre Beispiele sind g. Illl, I. Z. 164, 1. erwähnt. Ausserdem können noch vielfache
Mängel sich vorfinden, z. B. hinsichtlich des Gerichtsstandes, der Legitimation, der
Jeugenvereidung, der bescheinigten Vorladungen, falls Kontumazialverfahren statt
gehabt, der Vollständigkeit der Akten u. f. w.
«) In Prozessen, in welchen Fiskus durch eine Königl. Regierung vertreten wird,
kann diese einen Dcputirtcn absenden, welcher dem Vortrage der Sache beim
Spruche beiwohnt, und welcher demgemäß die nöthigc Auskunft gibt. Anh, §.239
zu §. 11 Tit. 35, I. A. G. O. — Auch in Bergwerksprozessen steht den Par
teien frei, auf die Zuziehung eines Bergbaukundigcn aus der Mitte der Bcrq-
werksbehörden bei Abfassung des Urtels anzutragen. — §. 10 des Ed. vom 21.
Februar 1816 GS. S. 104. Anh. §. 104 z. A. G. O.
«) Ist schon bei Einleitung der Klage diese Auskunst nöthigj so muß dieser Bericht
schon vor Einleitung erstattet werden,
S5S
vom. Minifterio der A. Angel, die zum Zweck der rechtlichen Beurtheilung
erforderliche. Auskunft eingeholt, werden.
Die in diesen und allen andern Fallen abzufassenden Resolute sind gebüh
renfrei.
2) Finden sich dagegen keine Mangel vor, oder erachtet das Kollegium die gerügten
für unerheblich; so muß der Referent zum Bortrag der Sache selbst übergehen,
und demselben in der Regel, mit Ausnahme der klaren Schuld-, und andern
einfachen Sachen, eine schriftliche Relation zum Grunde legen. — Ii 1, 3—6.
Anh. z. 102, 1«3 Tit. 13. Z. 11. Tit. 9, I. A. G. O. Verord. vom 24.
November. 1843 GS. S. 369.
Bon der Methode zu referircn.
z. 164. I. Die Absicht der schriftlichen Relation ist, dem Kvllegio die in. dt»,
Akten enthaltenen Behauptungen der Parteien, nebst den zur Unterstützung oder
Widerlegung derselben angeführten Gründen getreu, deutlich, vollständig, und in einer
Natürlichen Ordnung vorzutragen; zu zeigen, was davon an Thatsachen wahr oder
falsch sei; und was aus diesen Thatsachen nach den Gesetzen folge, richtig herzulei-
tM,; dadurch aber das Kollegium in den Stand zu setzen, daß es die ganze Sache
gehörig übersehe, und jedes Mitglied sein Votum darin mit Gründlichkeit und
Überzeugung abgeben könne.
Der Referent muß also, ehe er die Relation aussetzt, sich mit dem ganzen In
halt der Akten durch flüssiges Lesen derselben genau und vollständig bekannt ma
chen; das Verfahren des Jnstruenten sorgfältig prüfen; ferner untersuchen, ob der
«ach geschlossener Vernehmung der Parteien entworfene Sachstand (ststus o»usse)
«chtig> vollständig und dem wahren, aus den Akten sich ergebenden Zusammenhange
der Sache, gemäß sei; in gleicher Art den Streitstand in Erwägung ziehn; und be
sonders nachsehen: ob eine von der Partei gerügte, vom Ksllegio durch vorläusiges
Lynklusum als unerheblich verworfene Thatsache im Fortgange der Instruktion durch
den näher entwickelten Zusammenhang der ganzen Sache in eine solche Lage gekom
men sei, daß sie nun auf die Entscheidung des Prozesses wirklich erheblichen Ein
fluß, habe <M S. 11» und III S. 186 fg.). Ist dies der Fall; so muß er gemäß
K> 163> Nro. 1 diesen Umstand dem Kollcgio zur Ergänzung des Jnstruktions-
nmngels anzeigen.
Erst nach dieser Prüfung, und wenn Nichts Wesentliches zu erinnern, wendet
sich Referent zur Ausarbeitung der Relation. In dieser muß die Spezies Fakti,
«ie sie. in den Akten wirklich liegt, und von den Parteien nicht widersprochen ist,
vorausgeschickt; es, müssen aber in dieselbe keine, von einer oder der andern Partei
noch bestrittene Thatsachen aufgenommen, oder, wenn dieses des Zusammenhanges
wegen nicht ganz zu vermeiden ist, allemal dabei, daß sie noch streitig sind, sorg
fältig bemerkt werden. — Sodann muß Referent dem Kollegio die streitig geblie
benen Thatsachen Punkt für Punkt vortragen; das Anführen der Partei dabei, den
Inhalt der Beweismittel, das, was gegen die Zulässigkeit und Beweiskraft dersel
ben etwa erinnert worden ist, getreu angeben; in sofern es bei der Sache auf
Rechtsfragen ankommt, das Wesentliche, was die Parteien darüber aus den Ge
setzen, oder deren Analogie, zur Unterstützung ihrer Meinungen angeführt haben,
bemerken; sodann sein Votum über die Entscheidung der Sache abgeben, und das
selbe mit Gründen gehörig unterstützen.
In den Gründen, welche auch dem künftigen Erkenntnisse beizufügen sind, muß
alkmal eiin vollständige und zusammenhängende Erzählung des ganzen Fakti nach
«W feinen Haupt- und zur Suche gehörigen Ncbenumstanden, so wie selbiges nach
hem Urtheil und der Überzeugung des Restanten durch dje, geführte Instruktion
und den aufgenommenen Beweis feststeht, vorausgeschickt werden. In gewöhnlichen
Fällen wird sich aus dieser zusammenhängenden Erzählung des Fakti die Entschei
dung des Prozesses von selbst ergeben, und es darf alsdann nur die Gesetzstelle, de
ren Anwendung auf das Faktum die Entscheidung begründet , angeführt werden.
Wenn aber zur Herleitung der Entscheidung aus dem vorausgeschickten Fakt« eine
weitere rechtliche Ausführung aus den Gesetzen und deren Analogie erforderlich ist;
so muH selbige dem Fakts kurz und bündig beigefügt werden. Die Einwendungen
der Parteien gegen die Richtigkeit der vom Urtelsfasser als enviesen angenommenen
Thatsachen; die Ausstellung derselben gegen die Zulässigkeit und Beweiskraft der
Beweismittel, auf welche der Urtelsfasser seine Geschichtserzählung gegründet hat;
und was etwa sonst noch die unterliegende Partei zur Unterstützung ihrer Anträge
aus den Rechten angeführt hat, machen die Aweifelsgründe aus, mit deren Auf
nahme und Widerlegung die Relation geschlossen wird.
II. Bestimmtere Vorschriften gibt die A. G. O. über die Abfassung der Re
lationen und die dabei zu beobachtende Methode und Ordnung >) nicht; indem sie
havon ausgeht, daß die vernünftige Erwägung der eigenthümlichen Beschaffenheit
jeder vorliegenden Sache einem aufmerksamen Referenten diejenige Methode, durch
welche bei dieser Sache der vorbestimmte Zweck jeder Relation am nächsten und
sichersten erreicht werden kann, an die Hand geben wird. — §. 7, Tit. 13 a. a. O.
Rücksichten bei Beurtheilung streit! ger Thatsachen und zwar .4 hin
sichtlich des Beweises s, falls eine Thatsache vollständig erwiesen,
oder K, gar nicht ausgemittelt ist.
Z. 165. Die Entscheidung des Prozesses hängt entweder davon ab, ^, wie
sich die Thatsachen, aus welchen die Forderungen oder Einwendungen entsprin
gen, der Wahrheit nach verhalten, oder L> welches Gesetz darauf anzuwenden,
und wie dasselbe zu verstehen oder zu erklären sei.
^. Kommt es darauf an, die Wahrheit einer Thatsache zu beurtheilen ; so kann
s) dieselbe nach ihrem wahren Zusammenhange bis zur völligen Überzeugung aus
gemittelt sein. Dies liegt vor, wenn hinlängliche, glaubwürdige, und unter sich
in keinem Widerspruche stehende Beweismittel vorhanden sind. Als Fälle der
Art, in welchen eine Thatsache für völlig erwiesen anzunehmen ist, zeichnet das
Gesetz, jedoch ohne dadurch das richterliche Ermessen in zu enge Schranken ein-
zuschliessen, folgende aus:
1) wenn der deutliche Inhalt eines öffentlichen, oder eines rekognoszirten Privat
dokuments hinlängliche Auskunft gibt; ->) und wider die Glaubwürdigkeit eines
solchen Dokuments nichts eingewendet, oder die gemachten Einwendungen uner
heblich oder ungegründet befunden worden;
2) wenn durch die von beiden Thcilen gehaltenen Kerbhölzer der Streit geschlichtet
> ) Am Sicherftm wird der, welcher eine Relation abzufassen hat, in der Regel
gehen, wenn er vor deren Niederschreiben, und nachdem er die Akten genau
durchgelesen hat, sich oder Andern die Sache mündlich «orträgt, und demnächst
beim Niederschreiben derjenigen Ordnung folgt, welche beim Vortrage vorr selbst-
sich gefunden hat. — Anweisung zum Referiren gibt der Aufsatz der Jmmed.
Just. Eram. Kommission vom 12. Mai 1836 über die bei den Zivil-Relationen
für die dritte juristische Prüfung häufig wahrgenommenen Mangel. Jahrb. 47,
S. 4SI fg^
2) D. h. nicht moralische, sondern juristische Überzeugung. Richtiger würde das
Wort „Gewißheit" dies bezeichnen.
») Vollen Beweis gibt z. B. der von öffentlichen Pfandverleihern ertheiltc Empfang-
fchrin gegerr den Pfandnehmer, selbst', wenn dieser der Sprache, in welcher der
Vermerk' in vaS° Psändbuch eingeschrieben worden, nicht kundig wäre. — Ks,
75 dw SVglm. «m IS. Marz 17S7. R. C. S- v. 17«7 S. 785. ,
werden kann, und diese bei der Zusammenhaltung übereinstimmend gefunden
werden ;
3) wenn zwei oder mehre glaubwürdige Zeugen eine Thatsache aus eigner Wis
senschaft mit völliger Zuverlässigkeit bekunden;
4) wenn der streitig gewesene Umstand ein Objekt beträgt, welches 50 Rthlr. oder
weniger am Werths betrögt, oder so viel gemäß §. 69, II. S. 127 zu schätzen ist,
und die Thatsache auch nur von Einem untadelhaften Zeugen vollständig be
kundet wird;
5) wenn beide Theile sich ausdrücklich erklärt haben, daß die Aussage eines gewissen
Zeugen den Ausschlag geben solle, und der Zusammenhang der Sache durch des
sen Aussage vollständig aufgeklärt ist;
6) wenn ein in Eid und Pflicht stehender Beamte in Sachen, welche sein Amt un
mittelbar betreffen, Auskunft gibt, und wider dessen Glaubwürdigkeit keine Ein
wendungen erregt, oder erweislich gemacht worden sind;
7) wenn ein vereideter Künstler oder Sachverständiger in Sachen, welche seine Kunst
oder Gewerbe betreffen, sein Gutachten abgibt, und die zu dessen Unterstützung
angeführten Gründe nicht angefochten, oder die dagegen gemachten Erinnerungen
ungegründet befunden worden sind;
8) wenn die Parteien den Weg der Eidesdelation gewählt haben, und ein defmr-
ter oder zurückgeschobener Eid geschworen, oder erlassen, oder dessen Ableistung
verweigert worden ist, da sodann nach Verschiedenheit der Fälle die streitig ge
wesene Thatsache für wahr oder falsch anzunehmen ist;
9) wenn durch eingenommenen Augenschein die wahre Beschaffenheit der Sache auS-
gemittelt worden.
In» allen vorstehenden Fällen (1 bis 9) wird die streitige Thatsache in der
Lage beurtheilt, in welcher es die vorhandenen Beweismittel darstellen, und demge
mäß werden die daraus fliessenden Rechte und Verbindlichkeiten im Urtel festgesetzt. —
Z. 8—10, Tit. 13 a. a. O.
d) Ergibt sich, daß die Instruktion der Beweismittel ganz fruchtlos gewesen, und
die Sache in der Lage geblieben sei, worin sie vor Aufnahme des Beweises war;
so erhält
4) in der Regel diejenige Partei, welcher rechtliche Vermuthungen zu Stat
ten kommen, ein obsiegliches Urtel. Sind aber
2) keine anderen rechtlichen Vermuthungen vorhanden, so gibt der Satz den Ausschlag:
daß keine Thatsache und keine Veränderung vermuthet wird.
Es müssen daher Klagepunkce oder Einwendungen, welche blos auf einer be
strittenen, durch Beweismittel und besondere rechtliche Vermuthungen nicht un
terstützte Thatsache beruhen, verworfen werden. So spricht z. B. die SZermu-
thung nicht dafür, daß Jemand verheirathet gewesen sei, und Kinder erzeugt
Habe; und der Richter ist, wofern keine befonderen Umstände eintreten, die eine
solche Vermuthung rechtfertigen, weder befugt, noch schuldig, weitere Rach
forschungen darüber von Amtswcgen anzustellen.
3) Trit der seltene Fall ein, daß eine Sache nach rechtlichen Gründen in ihrem
bisherigen Sustande nicht verbleiben kann, daß damit vielmehr eine Veränderung
vorgenommen werden muß, der Richter aber keine überwiegenden Gründe hat,
sie unter mehreren Personen, welche deshalb keine rechtlichen Vermuthungen für
sich haben, der einen, mit Ausschluß der übrigen, zuzuerkennen, oder auf einen noth-
wendigen Eid zu sprechen; so soll, wenn auch Sühne nicht erreicht werden konnte,
der erkennende Richter befugt sein, den Streitgegenstand nach billigem Verhält
nis, zu theilcn. Dies trit namentlich bei Grenzstreitigkeiten dann ein, wenn die
vormaligen richtigen Grenzen gar nicht ««szumitteln sind. Das streitige Stü<
26 l
muß bann unter die Grenznachbarn nach VerlMniß ihres bisherigen Besitzstand
des getheilt werden. — Ist aber kein dergleichen ruhiger Besitzstand vorhanden 5
so muß durch eine grade Linie von dem letzten bis zum nächstfolgenden unstreitige«
Grenzzeichen die Grenze berichtigt werden. Ist jedoch ausgemittelt, daß bei dem
letzten unstreitigen Grenzzeichen die Grenze von der graben Linie abgegangen sei,
und nur der eigentliche Punkt, bis wohin diese Abweichung sich erstreckt hat,
kann nicht mit rechtlicher Gewißheit bestimmt werden; so wird das streitige
Stück zwischen den beiden Grenznachbarn gleich getheilt. — K. 27—30 u. Anh.
z. 106. «it. 13, I. A. G. O. — I. 17, §. 379—382 «. L. R.
c. Wenn die vorliegenden Beweise sich widersprechen, oder nichb
ausreichend sind, und auf einen nothwcndigen Eid zu erkennen ist.
K. 166. Bis zu einem stärkeren oder schwächeren Grade der Wahrschein
lichkeit ist eine Thatsache ausgemittelt, wenn es entweder
I. den vorhandenen Beweismitteln an vollkommener Glaubwürdigkeit erman
gelt, in welchem Falle stets auf einen nothwendigcn Eid zu erkennen; oder
II. wenn die streitige Thatsache nicht vollständig «der in ihrem ganzen Um
fange hat ausgemittelt werden können. Auch hier wird in der Regel ein nothwen-
diger Eid Anwendung finden, und wird besonders dann, wenn vielleicht nur in An
sehung einer zu bestimmenden Quantität oder Summe, oder eines andern Neben-
umstandes ein Zweifel obwaltet, von demjenigen noch ein nothwendiger Eid zu for
dern sein, dessen Angaben in Ansehung der übrigen Haupt- oder Nebcnumstände
als wahr erwiesen worden sind.')
III. Wenn mehre hinsichtlich der streitigen Thatsache aufgenommene Beweis
mittel sich widersprechen. Solche Widersprüche können sich ereignen:
1) wenn mehre beigebrachte Dokumente widersprechenden Inhalts sind. Hier
muß zuförderst genau geprüft werden, ob ein wahrer Widerspruch vorhanden
sei; oder ob nicht nach dem Sinne der Interessenten das eine Dokument durch
das andre hat abgeändert werden sollen. In diesem Falle muß das erste« dem
letzteren weichen. Eben so muß, wenn mehre Dokumente Einer Art nebeneinan
der nicht bestehen können, und es auf eine einseitige widerrufliche Erklärung an
kommt, das jüngere vor dem älteren den Vorzug behaupten.
Ist hingegen ein wirklicher Widerspruch vorhanden, dessen Ursprung nach
z. 158, Nro. 1 (S. 250) nicht hat ausgemittelt werden können; so muß
g) wenn eine öffentliche einer blossen Privatkunde widerspricht, diese jener
weichen; und K) wenn ein öffentliches gerichtliches mit einem öffent
lichen aussergerichtlichen im Widerspruch steht, dieses jenem nachstehen;
wenn aber e) Dokumente gleicher Art sich widersprechen; so müssen die Ur-
telsfasser vernünftig crmessen : ob eins derselben mit vorzüglicher Deutlichkeit und
Genauigkeit abgefaßt worden, und der Widerspruch wahrscheinlich daher entstan
den fein könne, daß man bei Anfertigung des andern Dokuments flüchtig zu
Werke gegangen sei, etwas ausgelassen, oder zweideutige Ausdrücke eingemischt
habe. In diesem Falle ist dem erstcrcn eine vorzügliche Glaubwürdigkeit beizulegen.
2) Widersprechen sich mehre abgehörte Zeugen, und der Widerspruch hat durch das
") Hier wird aber vorausgesetzt, daß der mangelhafte Beweis die streitige Quanti
tät oder Summe selbst betrifft. Klagt z. B. ein Kaufmann die Kaufgelder
für verschiedene Waaren ein, und der vernommene Zeuge bekundet nur den Ver
kauf eines Theils der bestrittenen Waaren, in Betreff des übrigen Theils der
Waaren fehlt aber jeder Beweis, so kann, wenn in Betreff des vom Zeugen be
kundeten Waarenempfangs auf einen Eid erkannt wird, dieser nicht auf die
übrigen Waaren ausgedehnt werden. In Betreff dieser wird vielmehr Abwei
sung erfolgen müssen.
z. ISS, Rro. 2 u. H. ISS, I. Rro. ^ vorgeschriebene Werfichrm nicht gehoben
werden können; so müssen s) wenn die einander widersprechenden Zeuge» nach
ihrer persönlichen Qualität und den Verhältnissen zu den Parteien von ver
schiedener Glaubwürdigkeit sind, die Aussagen der minderglaubwürdigen, ohne
Rücksicht auf deren Zahl, den Aussagen der unvcrwersiichen Zeugen nachstehen,
id) Ist eine Verschiedenheit der Glaubwürdigkeit nicht vorhanden; so ist, ohne
auf die Zahl der Zeugen zu sehen, genau zu untersuchen: welche unter ihnen die
beste Gelegenheit gehabt haben, von der streitigen Thatsache Kenntniß zu erlan
gen ; und welche derselben sich bei ihrer Vernehmung durch Genauigkeit und Zu
sammenhang in ihren Erzählungen vorzüglich auszeichnen, c) Kann auch auf
solche Art kein Übergewicht ausgeMittelt werden ; so ist erst alsdann auf die
Anzahl der Zeugen Rücksicht zu nehmen; welche bestimmen muß: ob und von
welcher Partei noch ein Eid gefordert werden folle.
3) Waltet ein Widerspruch zwischen den beigebrachten Urkunden und den abgehör
ten Zeugen ob; so fragt es sich ») ob die Jeugen die Glaubwürdigkeit des Do
kuments anfechten. In diesem Falle ist eigentlich kein Widerspruch vorhanden.
Es ist dann nur darauf zu sehen: in wie weit die zur Entkröftung des Doku
ments angeführten Thatsachen nach Vorschrift des Z. 158, Nro. 3 ausgemittelt
sind. Wenn dies geschehen ist; so kann, besonders, wenn es auf ein öffentliches
gerichtliches Dokument ankommt, dessen Entkräftung nur alsdann bewirkt wer
den, wenn mehre ganz unverwerfliche, in ihren Aussagen völlig übereinstim
mende, und durch überzeugende Kennzeichen der Genauigkeit sich auszeichnende
Zeugen solche Thatsachen bekunden, welche dem Dokumente die Beweiskraft ent
ziehen. Ermangelt es daran, so können die Zeugenaussagen nur so viel wirken,
daß noch von dem einen oder dem andern Theile ein nothwendiger Eid geleistet
werden muß. — d) Weichen dagegen die Aussagen der Zeugen vom Inhalt der
Urkunde in der Art ab, daß aus jenen das Gegentheil von dem in diesen Aus
gesprochenen gefolgert werden kann ; und hat dieser Widerspruch auf die §. 158,
Nro. 3 vorgeschriebene Art nicht gehoben werden können; so behält, ss) wenn
die Urkunde ein öffentliches gerichtliches Dokument ist, dieselbe jederzeit
den Borzug vor den Aussagen der Zeugen. Ist dagegen bd) von ausferge-
richtlichen öffentlichen Urkunden, oder von Privatdokumenten die
Rede, so muß «) in Sachen, welche sich vor sehr langer Zeit ereignet haben,
oder wo es auf Namen, Zahlen, Maaß oder Gewicht, und überhaupt auf Um
stände ankommt, welche leicht dem Gedächtnis) entfallen können, den Dokumenten
der Vorzug gegeben werden. A In andern Fällen müssen, wenn von den Zeu
gen ein wahrscheinlicher Grund des obwaltenden Widerspruchs angegeben wor
den, und die Zeugenaussagen von solcher Beschaffenheit sind, daß sie an und für
sich eine «olle Überzeugung wirken, diefe, sonst aber jederzeit die vorhandenen
Dokumente, besonders, wenn sie zur Klaffe der öffentlichen, obwohl ausserge-
richtlichen, Urkunden gehören, den Ausschlag geben.
4) Entsteht ein Widerspruch daher, daß einige Litiskonsortcn sich zur Ableistung dc-
oder referirter Eide erbieten z andre hingegen die Eidesleistung verweigern oder
den Eid zurückschieben wollen; so finden die Borschriften Z. 145,11. und Z. 15S,
III. (S. 247) Anwendung.
5) Wenn bei einer Okularinspektion ein Unterschied zwischen dem über den Befund
aufgenommenen Protokolle, und dem Inhalte der beigebrachten Urkunden, oder
den Aussagen der Zeugen obwaltet, und der Widerspruch durch Führung der Zeu
gen an Ort und Stelle nach Vorschrift Z. 158, Nro. 4 nicht hat erledigt wer
den können; so hat s) wenn es bei Entscheidung der Sache auf gegenwärtige»
Zustand ankommt, das Besichtigungsprotokoll, b) wenn es sich aber fragt! nm
263
der Austand zu einer bestimmten, bereits verflossene» Zeit beschaffen war, ditsje«
«ige Beweismittel den Vorzug, welches sich dcm bestimmten Zeitpunkte am mci-
ften nähert, >) besonders, wcnn es ausgeiniktelt werde» kann, wodurch die nach-
herigc Veränderung entstanden sei.
Bei allen diesen unter 1 —5 berührten Kollisionen bleibt es dem Ermessen
der Ilrtelsfasscr überlassen, in wiefern sie, mit Rücksicht auf die erthnlten Vor
schriften, eine Thatsache für erwiesen annehmen; oder von einer der Parteien
einen notwendigen Eid fordern; oder die Sache in der Lage betrachten zu müs
sen glauben, als ob keine Beweismittel wären beigebracht worden. — §. 14—24
«. 26, Tit. 13, I. «. G. O.
Vom »othwendigen Eide, und wem er zuzusprechen.
§. 167. f. In folgenden Fällen kann, weil stets vollständiger Beweill
geführt werden muß, niemals auf einen nothwcndigen Eid erkannt werden:
1) wenn Jemand eine sonst rcchtsbeftändige Willenserklärung wegm erlittenen Zwan
ges anficht, und nicht innerhalb acht Tagen nach dcm Zeitpunkte, sobald er einen
Richter hat antreten können, die wegen Zwangs beabsichtigte Anfechtung ge
richtlich angezeigt hat; 2) — z. 45, 5«, Tit. 4, !. A. L. R.
2) wenn der Inhalt eines verloren gegangenen Testaments oder Kodizills nachge
wiesen werden soll; — §. 603, Tit. 12 a. a. O.
3) wcnn ein Verwahrer fremden Guts, in dessen Gewahrsam dasselbe beschädigt
worden, oder verloren gegangen, nicht innerhalb drei Tagen nach bemerktem
Schaden oder Verlust dcm Nicderlcgcr oder, wenn dessen Aufenthalt unbekannt,
oder ausserhalb dcr prcussischcn Staaten gelegen ist, dem Ortsgericht davon An
zeige gemacht hat, und derselbe erst zur Zeit dcr Rückforderung nachweifen will,
daß die Beschädigung oder der Verlust durch unabwendbaren Zufall, ohne ein
auch nur geringes Verschen von seiner Seite, entstanden fei; — K. 34—37,
Tit. 14 a. a. L.
4) wenn dcr Schiffer ein zur Fortsetzung der Reise nöthigeS Darlehn hat oufneh-
mcn müssen, jedoch dabei die Aufnahme des F. 1502, Tit. 8. Th. U. des A.
L. R. vorgeschriebenen Instruments unterlassen hat, und er demnächst, beim Be
streiten Seitens des Rheders oder Befrachters, die Notwendigkeit des Darlehn«
nachweisen muß; — Z. 1503, Tit. 8. Th. II. A. L. R.
5) wcnn während der Seereise das Tagebuch nicht gehalten, oder nicht gehörig 'fort
geführt worden, und dcr Schiffer seine in Betreff der Seereise aufgestellten Be
hauptungen, worauf er für sich einen Anspruch oder Wertheidigung gründen
will, nachzuweisen hat; Z. 1513 a. a. O.
6) wenn Jemand, welcher zehntfrcie Äcker neben zehntpflichtigen erwirbt, oder zehnt
freie Wiesen, Weiden und Holzungen in Saatland verwandelt, und mit zehnt
pflichtigen Ländereicn vereinigt, es unterlassen hat, vor dcr Vereinigung dem
Zehntherrn davon Anzeige zu machen, und in Gegenwart desselben oder dessen
Bevollmächtigten das zehntfreie Land vom zehntpflichtigen durch Grenzmale ab
zusondern; bei entstehendem Streit aber die Grenzen des zchntfreien Landes
nachzuweisen verpflichtet ist; — z. 867, 868, Tit. 11 a. a. O.
6) Behufs Nachweises des Werths oder Betrags von Juwelen, Kostbarkeiten, Geld,
Banknoten oder dergl., wcnn dieser Werth oder Betrag auf den zur Post ge
gebenen Briefen oder Paketen nicht vermerkt, oder im zulässigen Falle dem Post
meister zur Eintragung ins Postbuch nicht angezeigt ist, und demnächst bei er«
') In Folge des Grundsatzes, daß Veränderungen nicht vermuthet werden.
2) In diesem Falle findet auch keine Eidcszuschiebung statt.
264
folgte« Verluste auf der Post Fiskus in Anspruch genommen wird; — Z. M,
Tit. 15 a. a. O.
7) wenn es sich in einem Prozesse, welcher die Jllegitimitäts-Erklärung eines in
stehender Ehe gebornen Kindes betrifft, um den Nachweis der ehelichen Beiwoh
nung fragt. — Z. 1 fg. Tit. 2, II. A. L. R. — Erkenntniß vom 9. Decbr.
182« u. 21. Septbr. 1821 in Simons Rechtsspr. Bd. 2, S. 382. — §. 25,
Tit. 13, I. A. G. O.
II. Muß aber in andern Fällen gemäß Z. 166 in Betreff einer nicht «ollstän
dig erwiesenen Thatsache auf einen nothwendigen Eid erkannt werden; so fragt es
sich besonders: wem von beiden Theilen, ob dem, welcher den Beweis führte (Er
füllungseid, suppletorium), oder dem, welcher die Thatsache bestreitet (Reinigungs
eid, purgstorium), der Eid zuzusprechen sei? Der erkennende Richter muß dabei
vorzüglich auf die dem einen oder andern Theile zu Statten kommenden Wermu
thungen, ingleichen darauf Rücksicht nehmen, welche Partei bei der Instruktion durch
vollständige und genaue Anzeige des Zusammenhangs der Sache sich eines vorzüg
lichen Zutrauens würdig gemacht, oder welche durch Zurückhaltung der Wahrheit,
«der durch Widersprüche, oder dadurch der Glaubwürdigkeit ihrer Angaben geschadet
hat, daß einige ihrer Behauptungen falsch befunden, oder sie eines frevelhaften Läug-
nens überführt worden ist.
Ausserdem sind aber nachstehende spezielle Vorschriften zu beachten:
4) Rasenden, Wahn- und Blödsinnigen, Blinden, Tauben und Taub
stummen kann in so weit, als sie gemäß Z. 133 nicht als Zeugen vereidet
werden können, auch kein nothwendiger Eid aufgelegt, es muß vielmehr da, wo
in solchen Fällen zu ihren Gunsten auf einen Eid zu erkennen ist, derselbe ihren
Vormündern oder Kuratoren zugesprochen werden.
2) Denjenigen, welche wegen frevelhaften Läugnens, oder vorsätzlicher Unwahrheiten
vor Gericht zur Leistung nothwendiger Eide für unfähig erklärt, ferner denen,
welche in der vorliegenden oder einer andern Sache eines falschen Zeugnisses oder
eines andern Meineides überführt, endlich denen, welche wegen begangener
Verbrechen für ehrlos erklärt sind, kann niemals ein nothwendiger Eid aufer
legt, dieser muß vielmehr in Fällen, in denen die Sache dazu angcthan, dem
Gegner zugesprochen werden. Doch soll einem Deserteur, wenn er Pardon er-
, halten hat, die ehemalige Verletzung seiner Pflicht zur Ableistung eines noth
wendigen Eides in seinen Privatrechtsangelegenheiten nicht unfähig machen.
3) In gewissen Fällen gewährt das Gesetz für einen oder den andern Theil beson«
dere Vermuthungen, so daß der nothwendige Eid vorzüglich dem, für welchen
diese Vermuthungen sprechen, zuerkannt werden muß. Dahin gehört
s) der Fall, wenn ein Gläubiger seinem Schuldner Quittung über die Schuld
post gibt, ohne Zahlung zu empfangen, und demnächst einen längere» als
dreimonatlichen Zeitraum verstreichen läßt, ohne den Schuldner wegen
nicht geleisteter Zahlung zu belangen, und die Quittung, als blos in Erwar
tung der Zahlung ausgestellt, zurückzufordern. Es soll dann, in Ermange
lung einer vollständigen Aufklärung der Thatsache, der Inhaber der Quit
tung eher zum Reinigungs- als der Aussteller' zum Erfüllungseide gelassen
werden.
d) In Schwängerungsprozessen ist as) eher auf einen Erfüllungseid für
Klägerin,') als auf einen Reinigungseid für Beklagten zu erkennen, wenn
em vorhergegangener vertrauter Umgang zwischen beiden Theilen nachgewie-
') In einem Erkenntniß des Geh. Ob.-Trib. (in Simons R. Spr. Bd. 1, S-
99) ist ausgeführt, daß der Umstand, daß Klägerin als Diebin, jedoch mit einer
nicht infgmirenden Strafe, bestrast worden, die Anwendung dieftr Vorschriften,
265
scn, die Klägerin sonst von unbescholtener Aufführung, der Lebenswandel des
Beklagten aber so beschaffen gewesen ist, daß man sich der That zu ihm wohl
versehen kann; ferner, wenn Beklagter den Beischlaf aussergerichtlich zuge
standen hat, obwohl die Zeit desselben nicht genau angegeben worden z sodann,
wenn Beklagter Privatunterhandlungen mit der Klägerin über deren Absin
dung gepflogen hat und der bisherige Lebenswandel beider Theile diese Ver-
muthung unterstützt, ferner wenn Beklagter sich unzüchtiger Vertraulichkeiten
mit der Klägerin berühmt Hätz endlich, wenn wegen der gegen beide Theile
vorhandenen gesetzlichen Vermuthungen, das Erkenntniß zwischen dem Erfül-
lungs- und Rcinigungscidc zweifelhaft ist. — db) Dagegen muß Beklagter vor-
nemlich zum Reinigungseide gelassen werden, wenn er bis dahin einen unbe
scholtenen Wandel geführt, die Klägerin aber sich einer schlechten Aufführung
verdächtig gemacht hat, namentlich, wen» sie des früher mit Anderen ge
pflogenen Beischlafs überführt ist, oder unzüchtige oder der Hurerei wegen
verdächtige Häuser besucht, oder mit verdächtigen Personen an einsamen Or
ten betroffen worden, oder wenn ihr unanständige und freche Reden, Ge
bärden oder Handlungen zur Gewohnheit geworden sind,
c) Streitet ein Jude, welcher nicht Staatsbürger, oder im Großherzogthum
Pose» nicht naturalisirt ist, mit einem Christen; so muß vorzüglich dem Letz
ten ein nothwendiger Eid abgefordert werden, in sofern nicht überwiegende
Gründe vorhanden sind, dem Juden mehr Glaubwürdigkeit, als dem Chri
sten beizulegen.
4) Fehlt es an befonderen Gründen, wodurch die Urtelsfasser bestimmt werden
könnte», welche Partei zum Eide zu verstatten seij so muß darauf gesehen wer
den, ob eine derselben nur <1e verilste, die andre dagegen nur 6e ignorsntis
würde schwören können. In diesem Falle ist vorzüglich die erste zum Eide zu
zulassen. — §. 24, 25 u. Anh. §. 1«5, Tit. 13. K. 227, Tit. 1». Z. 52 Nro.
5, Tit. 23, I. A. G. O. — §. 106, Tit. 16, I. §. 1095—1106, Tit. 2, II. A.
L. R. — Ed. vom 11. März 1812 §. 2«.
III. Die Formel des nothwendigen Eides muß im Erkenntniß ausdrücklich
bestimmt, und zugleich die Wirkung für beide Fälle, daß er geschworen oder nicht
geschworen würde, festgesetzt werden. Das Urtel ist in Betreff der Eidesform da
hin zu fassen:
daß die Partei schuldig sei, ernstlich zu prüfen, ob sie ohne Verletzung
ihres Gewissens, und ohne sich der Gefahr auszusetzen, als meineidig be
straft zu werden, einen Eid dahin:
daß :c.
leisten könne. — §. 4, Tit. 23. Anh. §. 95. §. 39, Tit. 13 a. a. O.
IV. Das vorstehend unter III. Gcfagte gilt auch von zu- und zurückge
schobenen Eiden, wenn sie gemäß §. 14», I. zum Erkenntniß gestellt, und erheb
lich sind. — §. 307 fg. 377, Tit. 1« a. a. O.
L. Rücksichten bei Anwendung und Erklärung der Gesetze
hinsichtlich streitiger Thatsachen.
§. 16S. Bei Entscheidung streitiger Rechtsfälle darf der Richter den Gesetzen
keinen andern Sinn beilegen, als welcher aus den Worten und dem Zusammenhange
derselben in Beziehung auf den streitigen Gegenstand, oder aus dem nächsten unzweifel
haften Grunde des Gesetzes, deutlich erhellet. ') — Dabei beachte man noch folgendes :
nach welchen sie vorzüglich zum Erfüllungseide verstattet werden solle, nicht
ausschliesse.
') Anfragen bei der Gesetzkommission finden nicht statt. Der Richter muß auch da.
S6«
1) Bei einem anzuwendenden Gesetze muß, wenn sein WortveHand und seine Ab
sicht nicht schon an sich klar sind, nach diesen beiden mittelst der Interpretation
geforscht und geprüft werden, in wiefern sich beide vereinigen lassen. Dabei
wird, wenn der Zweifel in der doppelsinnigen Bedeutung eines Wortes liegt, in
der Regel derjenige Sinn dieses Worts zur Anwendung kommen müssen, wel
chen dasselbe im gemeinen Sprachgebrauch und in seiner eigentlichen und weite
sten Bedeutung hat. Geht jedoch aus der in der betreffenden Gesetzstelle ander
weit ausgesprochenen, oder in andern damit in Verbindung stehenden Gesetzstel-
len angedeuteten Absicht des Gesetzgebers hervor, daß dieser jenes Wort in an
derer Bedeutung, z. B. als technischen Ausdruck, oder im engeren, als gewöhn
lichen Sinne gebraucht wissen wolle; so muß das Wort der Absicht des Gesetz
gebers gemäß verstanden, und darnach die Gcsetzstelle angewandt werden.
Gleiches gilt von doppelsinnigen Redesätzcn.
2) Scheinen zwei Gesetzstellen mit einander im Widerspruche zu stehen; so
muß man sich den Wortsinn und die Absicht der beiden Gesetzstellen klar zu
machen suchen, jedoch in der Art, daß beide neben einander bestehen können, da
nicht vermuthet werden kann, daß der Gesetzgeber sich widersprochen habe, «der
sich habe widersprechen wollen.
3) Ist für einen vorliegenden Fall keine passende gesetzliche Bestimmung vorhanden;
so muß derselbe nach den im Allg. L. R. enthaltenen Grundsätzen und den für
ähnliche Fälle vorgeschriebenen Gesetzen bciirtheilt und entschieden werden.
4) Privilegien müssen, wenn sie durch lästigen Vertrag erworben sind, nach dm
für Auslegung der Verträge gegebenen Vorschriften, sonst aber so erklärt wer
ben, wie sie am wenigsten zum Nachtheil des Dritten gereichen, ohne daß je
doch dadurch die wohlthätige Absicht des Gebers vereitelt oder verfehlt wird,
Ausserdem aber müssen alle dergleichen spezielle Gesetze und Verordnungen so ge
deutet werden, wie sie mit den Vorschriften des preuffischen Rechts und dem
Hauptentzwecke des prcussischen Staats am nächsten übereinstimmen. — Z. 46 fg,
54 fg. Einl. Anh. Z. 2 A. L. R. — Res. vom 18. April 184S I. M. B. S, tt'

Von Erlangung des Beschlusses.


8. 169. Die einzelnen Zweifel und Verschiedenheiten in den Meinungen, welche
sich beim Vortrage und bei Berathung der Sache im Kollegio, sei es hinsichtlich
streitiger Thatsachen, oder in Betreff der Anwendbarkeit oder Auslegung eines Ge
setzes, entstehen, werden durch absolute') Stimmenmehrheit der anwesenden stimm
fähigen Mitglieder entschieden. Das in seiner Relation ausgesprochene Votum eines
wo über den wahren Sinn eines Gesetzes Zweifel entstehen, über diesen Sinn
des Gesetzes Beschluß fassen und die Sache entscheiden. Dies gilt selbst in Rechts-
fs'llen, wo es auf Bestimmungen der witschen Bundesakte vom 8. Juni MS
«der der Wiener Schlußakte vom 15. Mai 182« ankommt. Nur bei StaatsvertrS-
gen findet in Gemäßheit des z. 163, II. Nro. 1. 6 die dort erwähnte Anfrage statt. —
Cab.-Ord. vom 8. März 1798 und Res. vom 21. März 1798 N, C. C-
X. S. 1609. Rabe 5, S. 86. — Res. vom 6. December 1833 in Mann
kopf A. G. O. 1, S. 559. Gräff, Koch zc. Erg. III. S. 256. — Übri
gens ist es Pflicht der Präsidenten und Dirigenten, die bei Anwendung der
Gesetz« sich sindenden Dunkelheiten und Lücken in ihren Jahresberichten zu er
wähnen, und auf diese Weise nothwcndige Abhilfe möglich zu machen,
') D. h> die Mehrheit im Verhältnis; zu allen Stimmenden. Der Gegensatz ist
relative Stimmenmehrheit, welche vorhanden, wenn bei mehr als zwei Meinun
gen für die eine derselben ohne Rücksicht auf die Zahl der Votirenden mehr
Stimmen sprechen, als für jede der andern Meinungen.
L«?
abwesenden Mitgliedes wird dabei niemals mitgezählt. ') Bei Stimmengleichheit
gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.
Hängt die Entscheidung von mehren faktischen, oder rechtlichen, oder Präju
dizialfragen ab; so muß zunächst die Vereinigung des Kolegii über diese Borfra
gen, allenfalls durch Abstimmung über jede einzelne derselben, herbeigeführt, und
demnächst aus den Beschlüssen über die Vorfragen die Entscheidung der Hauptsache,
nöthigenfalls durch Stimmenmehrheit, gezogen werden. — Hiermit darf jedoch nicht
der, g. 110, Nro. 1« (S. 1U7) erwähnte Fall verwechselt werden. Liegt eine Prä
judizialfrage der letzte» Art vor, welche mit Aussetzung der Instruktion der Haupt
sache allein Gegenstand der Verhandlung war oder sein sollte; so muß auch die
Entscheidung auf die Präjudizialfrage allein gerichtet werden. Sollte in solchen
Fällen der Jnstrucnt die Verhandlungen zur Ungebühr auf solche Punkte, die dem
gemäß nicht mit zur Instruktion gezogen werden sollten, mit gerichtet haben; so
steht dem erkennenden Richter dennoch frei, solche Punkte zu übergehen, dergestalt,
daß darüber nach rechtskräftig entschiedener Präjudizialfrage nöthigenfalls noch be
sonders erkannt werde. — Wenn jedoch sowol der Grund als der Betrag der For
derung bestritten, und über letzteren die Sache mit inftruirt worden; so muß, selbst
wenn der Grund der Forderung verworfen, und also auf gänzliche Abweisung ge
sprochen wird, dennoch auch über den Betrag, welcher dem Kläger zukommen würde,
wenn der Grund des Anspruchs in den folgenden Instanzen für richtig angenom
men werden sollte, mit erkannt werden.
Bilden sich bei Entscheidung von Alimenten- und sonstigen Entschädi-
gungsprozesscn in Betreff der zuzusprechenden Summe mehr als zwei Meinun
gen, und zwar in der Art, daß für keine derselben absolute Stimmenmehrheit spricht; 2)
dann müssen die, welche die geringste Summe bewilligen wollen, die der ihrigen zu
nächst höher votirtc, und die für die höchste Summe Sprechenden die der ihrigen
zunächst niedrigere Summe adoptiren. Dies wird so lange fortgesetzt, bis absolute
Stimmenmehrheit für eine der Meinungen vorhanden ist.
Ist bei kollegialischen, nur aus drei Mitgliedern bestehenden Gerichten, ein Mit
glied der Berathnng beizuwohnen verhindert, und auch kein Vertreter vorhanden;
so erkennt das Gericht in der Art, wie die nicht kollegialischen. Der Vorsitzende

') Das Res. vom 1. Oktober 1819 (Jahrb. 14, S. 205), welches diese Stimme
des Anwesenden mit gezählt wissen wollte, ist durch die Eab.-Orv. vom 19. Juki
IM beseitigt.
») S. B. bei einem Kollegio von 1ö Mitgliedern, mit Einschluß des Vorsitzende«
stimmen
3 für 40 Thlr.v
4« für
für 5«
6« Thlr.N
Thlr. I ^"lmienre
. ,c.,
3 für 7« Thlr./
so trit Stimmenmehrheit für 60 Thlr. ein. Stimme» aber
3 für 4« Thlr.v
46 für
für «1
5« Thlr.
Thlr. K> ^.^mente „
:c.,.
3 für 7« Thlr./
so bilden die für 50 Thlr. Stimmenden mit Hinzutrit der für 4« Thlr. Voti,
renden die Stimmenmehrheit. Votircn
2 für 4« Thlr.v
64 für
für 50
6« Thlr.
Thlr. »g "umenk. ,c.,.
4 für 7« Thlr./
so gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag, sobald die für 40 Thlr.
Stimmenden den für 5V Thlr. Botircndcn, und die für 70 Thlr. Stimmenden
den für HO Thlr. Vetivcnden hinzugetreten sind.
268
hat demzufolge eine überwiegende Stimme. Im Urtel Muß jedoch der Grund, warum
das Gericht als nicht kollegialisches gesprochen hat, erwähnt werden. — Z. St, 36,
40, 43, Tit. 13, I. A. G. O. — Cab.-Ord. vom 19. Juli 1832, z. 5 GS. S.
192. — Res. vom 12. December 184« I. M. B. 1841 S. 18. — Res. vom 29.
März 1819. Mannkopf A. G. O. 1 S. 569. — Cab.-Ord. vom 1«. Novmbr.
183S GS. S. 232. - Res. vom 22. Juli 1815. Jahrb. 6, S. 14. Gräff3, S.2«.
Ausdehnung des Beschlusses auf Zinsen, Nutzungen, Schäden,
Kosten und Strafen.
Z. 17«. I. Sind Zinsen von einem gewissen Zeitpunkte ab, und bis zu einem
bestimmten Termin ausdrücklich gefordert; so muß der Beschluß des erkennenden
Gerichts auf die verlangten Zinsen beschränkt werden. Dagegen muß in Fällen, in
denen Zinsen nicht ausdrücklich eingeklagt worden, von Amtswegen auf Zinsen
vom eingeklagten Kapital erkannt werden, ') wenn ein gesetzlicher Grund zur Zin
senforderung obwaltet, vorausgesetzt, daß auf die Zinsen von der berechtigten Par
tei nicht ausdrücklich verzichtet wird. Ein Grund zur Zinscnforderung aber liegt vor,
1) wenn solche schriftlich stipulirt sind; — 729, Tit. 11, Th. I. A. L. R.
2) wegen verzögerter Zahlung einer Summe. Hier laufen Zögerungszinsen von dem
durch Gesetz oder Willenserklärung bestimmten Zahlungstage. — Z. 67, Tit. 16
a. a. O.
3) Die aus unerlaubten Handlungen zu zahlenden Entschädigungssummen müssen
vom Tage des ergangenen Urtels verzinst werden. — Z. 66 a. a. O. und
4) Wenn weder ein Zahlungstag bestimmt, noch aussergerichtliche Aufforderung nach
gewiesen ist, laufen die Zögerungszinsen bei andern als unter 3 erwähnten Sum-
, men vom Tage der dem Schuldner geschehenen Behändigung der Klage des
Gläubigers. — z. 71 a. a. O. — K. 58, Tit. 23, I. A. G. O.
II. Wird eine Sache oder ein Inbegriff von Sachen oder Rechten
eingeklagt, und es ist wegen der Nutzungen oder Früchte derselben kein Antrag
gemacht; so kann das Erkenntniß nur auf die von den eingeklagten Sachen oder
Rechten noch nicht abgesonderten Früchte und Nutzungen ausgedehnt werden. Klagt
aber Jemand mit der Hauptsache zugleich eine Quantität oder Summe schon ge
zogener Nutzungen oder Früchte ein; oder verlangt Kläger zugleich die Verurthei-
lung des Beklagten zur Herausgabe der für die vergangene Zeit gezogenen Nutzun
gen; so wird der Umstand: ob dergleichen Punkte mit zur Instruktion zu ziehen,
nach Z. 52, II. (S. 1«t) beurtheilt; und in sofern darnach die Instruktion darauf
ausgedehnt worden, muß demnächst auch darüber erkannt werden. — Wird auf
Rechnungslegung über gezogene Früchte oder Nutzungen erkannt; so gehört die
Rechnungslegung selbst zum besonder» Verfahren, wovon später die Rede sein wird. —
z. 63, 64, Tit. 23 a. a. O.
III. Soll Jemanden eine Entschädigung zugesprochen werden; so muß er
deshalb immer Anträge formirt haben. In der Regel sind dazu Klageanträge nö-
thig. Wenn jedoch einer Partei aus Gelegenheit des Prozesses, und einer darin
vorfallenden Handlung oder Unterlassung des Gegners, z. B. wegen verursachten,
unnützen Aufenthalts und Verzugs der Sache, wegen Versäumniß im Gewerbe, Ver
schlechterung des Klageobjekts zc. Schäden (eigentliche Prozeßschäden) entstanden
sind, so muß er
") Als Regel gilt, daß niemals über das Petitum hinaus erkannt werden könne.
In Betreff der Zinsen gilt die vorstehend bemerkte Ausnahme. — In dem Falle,
wenn Jemand zum nothwendigen Eid »erstattet werden will, und der Richter
schon ohne Eid die Behauptung desselben für erwiesen hält, und demnach er
kennt, ist von einem Erkenntnisse über das Petitum hinaus nicht die Rede. —
Erk. des Geh. Ob.-Trib. vom 6. April 1818. Simon R. Spr. 3, S. «7.
sss
s) entweder vor Abschluß der Sache d!e Schadenssumme liquidiren, und sowol die
Existenz als den Betrag des Schaden« bescheinigen. Der Gegner wird sodann
darüber summarisch gehört, und über die Schadensliquidation wird Im Haupt
erkenntnisse demnächst mit entschieden; oder, wenn er die Liquidation vor Ab
fassung desselben unterlassen ist, muß er es
d) noch innerhalb 4 Wochen nach, Publikation des Erkenntnisses thun z wonächst die
Festsetzung durch eine Resolution erfolgt. — §. 59—61 a. a. O. §. 4, Tit. 10
a. a. O.
IV. Auch darüber, welche Partei, und in wie weit sie die Kosten des Pro
zesses zu tragen, >) und dem Gegner zu erstatten habe, muß Beschluß gefaßt und
im Urtel bestimmt werden. Als Grundsatz gilt dabei:
daß der, welcher in der Hauptsache unterliegt, jedesmal auch
die Gerichtskosten tragen, und dem Gegner die Kosten er
statten müsse.?)
Diesem Grundsatz gemäß müssen daher auch, wenn
s) Kläger mehr fordert, als ihm gebührt und zuerkannt wird, oder wenn er die
Sache oder Summe früher, «der an einem andern Orte, als wo sie ihm wirk
lich zukommt (plus polili«), verlangt, und er daher zumTheil unterliegt; oder
d) wenn ein Prozeß aus mehren Punkten, oder aus Forderungen und Gegenforde
rungen besteht, und bei einigen derselben für den Kläger, bei andern für den
Beklagten erkannt wird;
die Kosten nach Bcrhältniß der abgewiesenen und rcsp. zugesprochenen Gegenstände,
und der bei dem Einen oder Andern mehr oder minder weitläufigen oder kostspieli
gen Instruktion unter beide Thcile vertheilt werden. ^) Ist jenes Bcrhältniß in
Bezug auf beide Theile gleich ; so erfolgt Kostenkompcnsation, d. h., jeder Theil trägt
seine eignen Kosten, ohne vom Gegner irgend Erstattung verlangen zu können; so wie
die durch ihn verursachten Gerichtskosten; und die Jnstruktions-, Urtels- und ähnliche
auf Veranlassung beider Theile zugleich erwachsene Kosten und Auslagen werden
unter sie gleich getheilt. — Von obiger Regel finden folgende Ausnahmen statt:
i) Das erste Erkenntniß gilt in Betreff der gerichtlichen Kosten als Irtterimistieum,
so daß das Gericht auf Grund desselben so lange mit Einziehung seiner Kosten
«erfahren kann, bis eine anderweite Entscheidung ergeht. Dagegen kann eine
Partei auf Grund eines noch nicht rechtskräftigen Erkenntnisses nicht Erstattung
seiner Kosten und Auslagen fordern. — 55 Z. 134, Anh. A. G. O. — Res.
vom 31. Oktober 1825, vom 22. April 1831 und 28. Juli 1836. Jahrb. 26,
S. 259. 37, S. 346. 48, S. 2ö«. Grafs 2, S. 259. 5, S. 32.
«) Die Verpflichtung zur Erstattung der Mandatariengebühren wird im Urtel nicht
besonders ausgesprochen. Sic stützt sich auf die im Urtel in Betreff der Kosten
tragung im Allgemeinen ausgesprochene Bestimmung. In wie weit jedoch, trotz
der Verpflichtung zur Kostentragung, eine Partei dennoch die Mandatarienge
bühren dem Gegner nicht erstatten darf, ist bereits g. 40, S. 79 angedeutet.
») Mit Rücksicht darauf können Drittheile, Viertheile, Fünftheile u. f. w. der Ko
sten aufgelegt werden. Findet aber demnächst derjenige, welchem der kleinere
Theil der Kosten aufgelegt worden, daß er z. B. um deshalb, weil der Gegner
sehr viele aussergcrichtliche Kosten gehabt hat, keinen Vortheil, sondern nur Nach-
thcil haben würde, so kann er verlangen, daß nur die eigentlichen Gerichtsko
sten mit Ausnahme der aussergerichtlichen, oder auch nur die Jnstruktions- und
Urtelsgebühren , mit Weglassung aller übrigen Kosten, zusammengerechnet, und
erkanntermassen vertheilt werden. — Lf. §. 4, Tit. 23, 1. A. G. O. — Res.
vom 1V. März 1834. Rabe Bd. 2, S. 604.
«) Dahin gehören z. B. Kommissionsgebühren, die Kosten der Beweisaufnahme,
Gebühren der Zeugen und Sachverständigen u. s. w. — Res. vom 4. Mai 1318
und vom 5. Oktober 183«. Jahrb. 11, S. 21«. 36, S. 208. Gräff Z, S.
14S. 6, S. 294. " '
S70
1) Kompensation der Kosten trit ein, obwol der eine Theil ganz unterliegt, s) wenn
die Thatsache, aus welcher Jemand belangt wird, nicht sein eignes, sondern das
Faktum eines Dritten z. B. des Erblassers ist, und sich bei der Untersuchung
findet, daß Beklagter nicht eher, als bei eben dieser Untersuchung, sich von der
Richtigkeit der Angaben des Klägers zu überzeugen, Gelegenheit gehabt habe; —
d) wenn der Klager aus einer an sich richtigen Thatsache geklagt hat, und nur
auf Grund einer Einwendung abgewiesen wird, die aus Handlungen eines Drit
ten beruht; in sofern nemlich bei der Untersuchung sich ergeben hat, daß der
Kläger von der Richtigkeit dieser vom Beklagten angeführten fremden Thatsache
sich^ nicht füglich anders, als durch eben diese Untersuchung, hat überzeugen kön
nen; — e) wenn bei der Instruktion der Sache der Grund oder Ungrund einer
Thatsache nicht vollständig hat ausgemittelt werden können, und daher auf einen
Erfüllungs- oder Rcinigungseid erkannt wird. Hier muß für den Schwörungs-
fall die Kostenkompensation ausgesprochen werden; wogegen für den Nichtschwö-
rungsfall dem die Eidesleistung Weigernden die Kosten aufzulegen sind. Doch
trit auch im Falle unter c Kostenkompcnsation nicht ein , vielmehr muß im
Schwörungsfalle der andre Theil die Kosten tragen, resp. dem Schwörenden
erstatten, ss) wenn dieser ein Kaufmann ist, und die Richtigkeit seiner Hsnd-
lungsbücher eidlich bestärkt; bd) wenn die Thatsache, über welche geschworen
wird, so beschaffen ist, daß der Gegner vom Grunde oder Ungrunde derselben, aus
eigner Wissenschaft hat unterrichtet sein können. — Z. 41, Tit. 13. §. 1—4,
Tit. 23, I. A. G. O. — Res. vom 4. Mai 1818. Jahrb. 11, S. 21«.
2) Obwol eine Partei ganz oder theilweise ein obsiegliches Urtel erlangt, muH sie
gewisse Kosten allein tragen, resp. erstatten. Demgemäß muß s) Kläger, wenn
Beklagter gleich zu Anfange des Prozesses und in der Antwort auf die Klage
von der Forderung des Klägers so viel eingeräumt hat, als diesem nachher zu
erkannt wird, dieser sich aber damit nicht begnügen, sondern den Prozeß wegen
des Mehrgeforderten fortsetzen wollte, die durch die Fortsetzung der Instruktion
erwachsenen Kosten tragen und erstatten. — K) Wenn dem Kläger oder Beklag
ten beim Versuch der Sühne vom Gegner, oder mit dessen Zustimmung vom
Deputirten gewisse Vergleichsbedingungc» offerirt worden sind, er aber dieselben
nicht hat annehmen wollen, und bei Entscheidung nur eben so oder »och nach
theiliger für ihn erkannt wird; so muß er in der Regel die nach dem Vergleichs
vorschlage erwachsenen Kosten, tragen und erstatten. (65, jedoch Z. 159, IX.) —
c) In allen Fällen, in welchen ein ins Hypothekenbuch des Fideikommisses
nicht eingetragenes Familienmitglied seinen Anspruch auf das Fideikommiß durch
eine besondere Legitimation nachweisen muß, ist dasselbe schuldig, auch wenn es
in der Hauptsache ein obsiegliches Urtel erhält, alle durch diese Legitimationsfüh
rung verursachten Kosten allein zu tragen. — <Z) Wenn eine Partei aus Leicht
sinn od« aus vorsätzlicher Zurückhaltung die zu ihren Gunsten sprechenden Tat
sachen oder Beweismittel so spät anbringt, daß deshalb besondre Verhandlungen
nöthig werden, die, wenn sie früher angebracht worden, vermieden werden konn
ten, so muß sie die dadurch entstandenen Mehrkosten jedenfalls tragen und erstatte». —
e) Gleiches gilt in Betreff der Kosten, welche durch Aufnahme des Beweises ge
gen die angebotene Diffession (Z. 125, S. 204); oder Behufs Feststellung der
gegen die Glaubwürdigkeit der Zeugen gemachten Einwendungen (Z. 141, I.) ent
standen, sind, wenn sich findet, daß eine Partei ohne Grund auf dieser Bewcis-
ausnal)ckö und Verhandlung bestanden hat. — f) Wenn Jemand ein früher ab
gegebenes Geftändniß widerruft;, so muß er alle durch Instruktion dieses Wider
rufs, entstandenen Kosten tragen und erstatten. — Endlich muß der, welcher
sich frevelhaftsn Läugnens schuldig macht, die Kosten der, hinsichtlich dn ftevent-.
S71
uch abgeläugnetcn Thatsache nöthig gewordene» Instruktion, und des darüber
aufgenommene» Beweises jedenfalls tragen. — K. 5 u. 52, Tit. 23, §. 4, 10,
14, 2? d, 156, 2Z6, «it. 1« a. a. O. — §. 70, Tit. 4, II. A. L. R.
V. Auf Strafen muß der im Zivilprozcß erkennende Richter zugleich dann
sprechen, wenn sie a) reine Prozcßstrafen sind, oder K) wenn bei Gelegenheit des
Geschäfts, aus welchem der Rechtsstreit entstanden ist, eine Partei sich eines ge
meinen Betrugs schuldig gemacht hat, und dieser bei Instruktion der Hauptsache
hinlänglich ausgcmittelt ist. Andre Strafen setzen eine besondre Untersuchung und
besonderes Erkenntniß voraus. Der Prozcßrichtcr muß daher, wenn er bei Gele
genheit des Prozesses das Vorhandensein eines Verbrechens, z. B. eines unter er
schwerenden Umständen verübten Betruges wahrnimmt, von Amtswcgen die
Einleitung der Untersuchung herbeiführen.
Die Prozcßstrafen können fein Sukkumbenzstrafen und Strafen des fre
velhaften Läugnens (poenso temer.irii lilißii «l, inlieislionis). Jene wer
den in erster Instanz niemals ausgesprochen. — Die letzteren Strafen treffen
1) den, welcher eine Forderung oder Einwendung auf Thatsachcn bauet, deren Un-
grund und Unrichtigkeit ihm bekannt ist;
2) den, welcher eine vom Gegner angegebene Thatsache wider seine eigne Wissen
schaft und Überzeugung in Abrede stellt;
3) den, welcher gegen den instruirendcn Richter mit seiner Wissenschaft vom Her
gange oder von der Bewandniß einer Thatsache, oder von den zur Ausklärung
derselben vorhandenen Beweismitteln, aus die darüber an ihn erlassenen Fragen
unter dem Vonvande, daß ihm Nichts bekannt sei, vorsätzlich zurückhält;
4) dm, welcher sonst, mit Vorbedacht und Überlegung, die Wahrheit zu verdunkeln,
oder deren Ausmittelung auf irgend eine Art zu verhindern, oder zu erschweren,
sich bcigehen läßt.
Diese Strafen des frevelhaften Läugnens bestehen ausser dem Kostenersatze aus
folgendem :
^. wenn Jemand eine vom Gegner angeführte Thatsache, worauf selbiger
einen Anspruch oder Einwand gegründet hat, vorsätzlich läugnct, und diese That
sache wird hiernächst bei der Untersuchung dargethan; so soll derselbe mit seinen
Einwendungen oder Erinneningen dagegen, die er etwa nachher in den weiteren
Instanzen anbringen wollte, nicht gehört werden. Wer also z. B. ein wider ihn
eingeklagtes Dahrlehn erhalten zu haben läugnet, dessen aber bei der Instruktion
I. Instanz überführt wird, foll, wenn er demnächst vom Urtel appellirt und den
Einwand der Zahlung vorschützen will, damit weiter kein rechtliches Gehör finden.
Hat Jemand eine solche Thatsache gcläugnet; zugleich aber derselbe event.
einen Einwand oder eine Erwiderung entgegengesetzt; und es findet sich bei der Un
tersuchung, daß sowol die gelaugncte Thatsache wahr, als der Einwand oder die
Erwiderung gegründet sei; so muß zwar in der Hauptfache nach der wahren Lage
derselben erkannt, der oder die des frevelhaften Läugnens schuldigen Parteien müs
sen aber gemäß der Vorschrift 0 bestraft werden. Z. B. Beklagter läugnct das ge
gen ihn eingeklagte Dahrlehn, und setzt everit. den Einwand der Kompensation ent
gegen; bei der Untersuchung findet sich aber, daß Beides, das Darlehn und die Ge
genforderungen richtig sind. Dann muß in der Hauptsache Kläger abgewiesen, und
wegeir vorsätzlichen Abläugnens des Darlehnsempfanges gemäß v gestraft werden.
Dasselbe müßte stattfinden in Ansehung des Klägers, wenn er sich bei der Kompen
sationsforderung auch dergl. frevelhaften Läugnens schuldig gemacht hätte,
K. Wenn Jemand einen Anspruch oder Einwand auf eine unwahre oder un
gegründete Thatsache wissentlich gebaut hat; so wird er nach ausgemitteltem Un-
gnmd? dieser Thatsache des Rechts oder Einwandes selbst verlustig z gesetzt auch.
S7S
baß er sie nachher aus einem andern Fundamente herzuleiten oder zu unterstützen
bereit wäre.
L. Wenn Jemand seine Wissenschaft von einer Thatsoche oder einem Beweis
mittel vorsätzlich zurückhält; so soll im ganzen Verfolg der Sache auf diese That-
fache oder Beweismittel, zu seinem Vortheile, keine Rücksicht genommen werden.
V. Wenn in einem der vorstehenden Fälle die darauf geordneten Strafen nach
Lage der Sache keine Anwendung finden können; oder auch, wenn eine Partei sich
hat beigehen lassen, auf irgend eine andre Art die Ausmittelung der Wahrheit zu
verhindern oder zu erschweren; so soll dieselbe, ausser dem Kosten- und Schadens
ersatz an den Gegner, nach Beschaffenheit der Umstände und des Grades der Mora-
litöt mit 10 bis IVO Thlr. Geld- oder mit verhältnißmässigcr Freiheitsstrafe be
straft werden.
L. Wer sich des frevelhaften Läugnens oder vorsätzlicher Unwahrheiten im
Gericht einmal schuldig gemacht hat; sott sowol in diesem als in allen nachherigen
Prozessen unfähig sein, zur Ableistung eines nothwendigen Eides, so weit als der
selbe zu seinem Bortheile gereichen würde, verstattet zu werden. Diese Unfähig
keit muß im Erkenntnisse ausgesprochen, und dies den beim Gericht fungirenden
Justizkommissarim, so wie, falls die Partei auch bei einem andern Gericht ihren
ordentlichen Gerichtsstand haben sollte, diesem andern Gericht bekannt gemacht wer
den. — Überdies soll über die zur Ableistung nothwendiger Eide für unfähig Er
klärten bei jedem Gericht ein alphabetisches Berzeichniß, unter dem Namen „schwar
zes Register" geführt, und in dasselbe, nachdem eine solche Unfähigkeit rechtskräftig
ausgesprochen, dies eingetragen werden. Auch ist davon demjenigen Gerichte Kenntniß
zu geben, welches in den Rechtsangelcgenheitcn einer solchen Partei nach dem ge
wöhnlichen Zuge in den höheren Instanzen zu erkennen hat.
Damit aber Niemand gegen Anwendung vorstehender Strafen sich mit Unwis
senheit schützen kann; sollen die Jnstruentcn bei jeder Gelegenheit, wo die Parteien
den Verdacht des frevelhaften Läugnens, oder vorsätzlicher Unwahrheiten, oder ge
flissentlicher Verstellung oder Verdunkelung der Wahrheit auf sich ziehen, diese Stra
fen bekannt und eingedenk machen, und wie es geschehen, im Protokolle vermerken. —
§. 48—56, Tit. 23 der Proz. O.
Von der Abfassung des Erkenntnisses selbst.
Z. 171. I. Nach vollständigem Beschlüsse des Kollegii entwirft der Referent
das Urtel selbst, legt dann den Entwurf sammtlichcn beim Entschlüsse anwesend ge
wesenen Gerichtsmitgliedern zur Unterschrift vor, und verfügt die Publikation resp.
Ausfertigung Behufs Zufertigung an die Parteien oder deren Vertreter. — 8. 44,
Tit. 13, I. A. G. O.
II. Beim Entwurf des Urtels ist folgendes zu berücksichtigen: 2)
>) Wenn also ein solcher als Vormund für seinen Mündel Prozesse führt, so kann
er zu dessen Gunsten zum nothwendigen Eide verstattet werden.
2) In der Praxis hat sich ausser der wirklichen Abweisung des Klägers noch eine
Abweisung angebrachtermassen, und eine Abweisung zur Zeit ausgebildet.
Diese findet statt, wenn Kläger zu früh geklagt hat, und die Verpflichtung des
Beklagten vom Eintrit einer gewissen Zeit oder Bedingung abhängt, die noch
fern ist. — Die Abweisung angebrachtermassen findet dann Anwendung, wenn
der Anspruch des Klägers zwar nicht ganz ungegründet scheint, derselbe jedoch
aus einem andern Grunde, als auf welchen die Klage gestützt ist, geltend ge
macht werden muß. — Hat Jemand aus dem richtigen Fundamente geklagt, je
doch seine Klage nicht gehörig substantiirt, so kann er nicht angebrachter
massen abgewiesen werden. — Ol. Res. vom 18. November 1323. Jahrb. 22,
V. 173. Gräff 2, S. 107. Erkennt», des Geh. Sb. Trib. vom IS. Septhx.
^ 1SS4. Simon R. Bd. 4, S. S53.
»73
1) Au« dem Urtel müssen die Ramen der bei dessen Beschluß mitstimmenden Richter
und der Tag der Abfassung sich ergeben, und ist demgemäß die Fassung in der
Art zu wählen:
In Sachen zc. hat das (Bezeichnung des Gerichts oder der betreffenden
Abtheilung) in seiner Sitzung vom . . ten , und an welcher
Theil genommen haben
N. N. Präsident, (Dirigent)
N. N. Räthc und Assessoren,
den Akten gemäß erkannt zc. — Nro. 45 Jnstr. vom 7. April 1339.
z. 24 d. Ges. vom 14. December 1833 GS. S. 307. — Res. vom 13.
Juli 1833. Jahrb. 52, S. 177. Grafs 12, S. 124.
2) Die wirkliche Entscheidung (Tenor) und deren Gründe müssen deutlich von ein
ander unterschieden, und es darf nicht etwas, das zu der ersten geHort, in die
letzten, noch auch umgekehrt, mit eingemischt werden, da blosse Entscheidungs
gründe niemals die Kraft eines Uttels haben. — Z. 3«, Tit. 13, l. A. G. O.
3) In Ermangelung eines besonderen rechtlichen Grundes ist es unzulässig, im Ur«
tcl eine Zahlungsfrist auszusprechen. ') — Auch soll, wenn dem Prozesse die
Abfassung eines administrativen Interimistikums vorangegangen, dies in der
Erkenntnißformel nicht erwähnt werden. 2) — Res. vom 13. Juni 1834. Jahrb.
43, S. 485. Gräff 8, S. 1S4. — Res. vom 3«. Oktober 1839. I. M. B. S. 355.
4) Der Urtelsfasser muß sich beim Entwurf des Erkenntnisses der möglichsten Deut
lichkeit und Bestimmtheit, und einer allgemein verständlichen Schreibart, unter
Vermeidung aller fremden Worte und der Kunstausdrücke befleissigen, damit über
den Sinn des Uttels kein Streit entstehe; der Gegenstand eines jeden Punktes,
und was dabei erkannt wird, muß vollständig, und nicht bloS beziehungsweise
auf die Akten, darin ausgedrückt, und den Parteien möglich sein, daraus zu
entnehmen, was eigentlich und warum es einem von ihnen ab- und dem an
dern zuerkannt worden. ») — Z. 42, Tit. 13, l. A. G. O. — Res. vom 6.
März 1841 I. M. B. S. 118.
ö) In Prozessen, bei welchen über mehre besondere Punkte zu entscheiden ist, müs
sen der Entscheidung jedes besondern Punktes sogleich die Gründe beigefügt wer
den. Gleiches gilt, wenn zunächst über Präjudizialfragen und dann über die
Hauptsache zu entscheiden ist. — Z. 36, Tit. 13, I. A. G. O.
6) In Pacht- und RechnungSprozessen, und in andern ähnlichen Fällen, besonders,
wenn mehre Forderungen und Gegenforderungen unter Erben, Gesellschaften zc.
streitig gewesen sind, muß nach erfolgter Aburtelung aller einzelnen Posten der
Saldo, wie viel nemlich ein Theil dem andern herauszuzahlen oder gut zu
schreiben hat, allenfalls unter Zuziehung eines Kalkulators berechnet, und im
Urtel festgesetzt werden. — Z. 37 a. a. O.
7) Von dem Falle, in welchem ein Eid durch Urtel aufgelegt wird, ist S. 167 die
Rede gewesen.
III. Jeder Urtelsbeschluß muß bei kollegialischcn Gerichten in das über die
Spruchsitzungen zu führende Protokollbuch eingetragen werden. — Nro. 46 der
Jnstr. vom 7. April 1839.
1) Die früher in der Praxis übliche Bestimmung: binnen 8 Tagen, 14 Tagen zc.
fällt daher weg.
2) Z. B. wenn bei Pfarrbauten, Brückenbauten zc. vorher durch die Administrativ-
Behörde festgesetzt ist, wer bis zur rechtskräftigen Entscheidung, und in wie weit
die Baugelder vorschiessen soll.
») So ist es z. B. nicht zulässig, wenn im Erkenntnis) gesagt wird, daß Beklagt«
schuldig, (eine zu bezeichnende Summe) zu zahlen nach Abzug eines noch nach
zuweisenden Betrages. — dl. Res. vom ö. März 1LSS I. W. B. S. 114.
Verfahren bei nicht kollegialische» Gerichten,
z. 172. Die Vorschriften Z. 89^-17t kommen sowol bei Ober- als Untergc-
richten, so wie ferner sowol bei kollegialischen, als bei nicht kollcgialischen Gerichten,
bei diesen jedoch mit nachstehenden Modifikationen zur Anwendung:
1) Meldet sich ein Kläger bei einem nicht kollcgialischen Gericht zur Aufnahme der
Klage; fo muß diese sofort vollständig aufgenommen werden. Kann dies aus
besonder« Gründen nicht sofort geschehen, so muß Kläger zu einem nahen Ter
mine Behufs deren Aufnahme bestellt, und darüber und über die Anmeldung
eine Registratur niedergeschrieben werden.
2) Bei nicht kollegialischen Gerichten ist in der Regel ein und derselbe Richter De
zernent, Deputirter und Referent.
3) Die Termine müssen bei solchen Gerichten, da die Parteien in der Regel nahe
wohnen, kürzer anberaumt werden.
4) Das 8. 171, III- erwähnte Protokollbuch wird bei nicht kollegialischen Gerichten
nicht geführt.
5) Ausserdem ist ein Unterschied bereits §. 148, II. erwähnt. — Tit. 2S, §. 45 fg.
I. A. G, O. Nro. 46 Jnstr. vom 7. April 1839.

Sechster Abschnitt.
«öffentliche« und mündliches »erfahren «ach der Verordnung
vom ». Februar isi?.
In welchen Prozessen und in welchem Umfange dies Verfahren
stattfindet.
K. 173. Das durch die Verordnung vom 9. Februar 1817 angeordnete öffent
liche mündliche Prozeßverfahren kommt nur im Großhcrzogthum Posen, und
zwar in den Prozessen, welche auf einfachen Thatsachen beruhen/) zur Anwendung.
Au Kiefen Prozessen gehören besonders
1) Wechselprozesse, und die früher zum Exekutivverfahren gewiesenen,
also die K. 77, II. Nro. 1 (S. 137 fg.) bezeichneten Sachen;
2) die klaren Schuldsachen;
S) Possessoriensachen;
4) Arrestsachen;
5) Mieths- oder Pachträumungssachen;
«) Arrestsachen;
7) die Alimentenprozesse;
L) Klagen aus einem Judikate;
S) Diffamation«- und Provokationsprozesse;
1«) Prioritätsstreitigkeiten ausser dem Konkurse und Liquidationsprozesse und
L1)Streitigkeiten, welche bei Vollstreckung der Exekution entstehen.
,') Es bleibt hauptsächlich richterlicher Bcurtheilung überlassen, welche Prozesse als
solche zur Verhandlung in diesem Verfahren zu verweisen sind. Die nachfolgen
den Sachen gehören besonders dahin, doch sind andere nicht ausgeschlossen. Bei
einzelnen Gerichten verweist man auch Klagen, die aus mehren Passus bestehen,
«der welche auf nicht ganz einfachen Thatsachen beruhen, zu diefem Verfahren,
und die Erfahrung lehrt, daß dies zweckmässig sei, da durch das Verfahren
nach der Verordnung vom 9. Februar 1317 auch bei vcrwickeltercn Sachen die
selbe Gründlichkeit, wie beim Verfahren nach der A. G. O., aber bei weitem
grössere Beschleunigung herbeigeführt wird.
273
Doch wird vorausgesetzt, daß die vorliegende, uiiter die Kategorie der Nro, 1
bis II bezeichneten Streitigkeiten gehörende, Sache nicht zum Mandats- oder zum
Bagatellprozeß sich eignet, da diese beiden Prozeßformen auch das Prozeßver
fahren des Ges. vom 9. Februar 1«l7 jedesmal ausschliessen. (LI. §. 64, S. 11«.
5. 69, S. 126 fg.)
In den übrigen Prozessen kommen, soweit sie nicht den, Abschn. 2 und 3 ab
gehandelten Prozcßfvrmc» unterworfen sind, die im Abschnitt 5, §. 89—172 und in
den folgenden Titeln enthaltenen Borschriften zur Anwendung. — Aber auch die
Anfangs zum Verfahren des Gesetzes vom 9. Februar 1817 gewiesenen Prozesse
können, wenn sich im Laufe des mündlichen Verfahrens findet, daß sie zu weitläufig
oder zu verwickelt sind, um auf dem vorgeschriebenen Wege fortgesetzt zu werden,
zur Instruktion im schriftlichen, nach Abschnitt vorgeschriebenen, Versahren gewie
sen werde». — j 1-4 d. Ges. vom 9. Februar 1317 GS. S. 37.

Von der Klage, der Verfügung darauf und der Vorladung der
Parteien zum Audienztermin,
f. 174. I. Die Klage muß nach Vorschrift des fünften Biels angefertigt, auch
muß, wenn sie schriftlich eingereicht wird, eine Abschrift derselben und der Beilagen
zur Mittheilung an den Gegner beigefügt sein. Trit ein Bevollmächtigter aus, so
kann ohne Beifügung einer förmlichen Vollmacht in der Regel die Klage nicht
eingeleitet werden. — Z. 17 a. a. O.
II. Der Gcrichtsvorstand ernennt einen Dezernenten, welcher sie prüft, und
im Kollegio Vortrag darüber hält. — Unzulässige Ansprüche werden ohne Wei
teres durch ein Dekret zurückgewiesen. Bei unvollständigen Klagen aber be
lehrt das Kollegium zuförderst die Partei, was sie zur Substantiirung noch beizu
bringen habe. Wird die Klage dagegen vollständig substantiirt, und zum
mündlichen Verfahren geeignet befunden, so wird zum mündlichen Vortrage ein
Termin anberaumt. — Z. 4, 17, 18, 19 a. o. O.
III. Zur mündlichen Verhandlung solcher Sachen sind gewisse Tage in der
Woche (Gerichtstage) bestimmt. Der Dirigent oder Präsident setzt nun bei jeder
einzelnen Sache den Termin auf einen dieser Tage an, trägt den Termin in den
zu diesem Zweck angelegten Terminskalender ein, und zeichnet die zu beschleunigen
den Sachen besonders aus. — Bei Ansetzung der Termine wird darauf geachtet, daß
nicht mehr Termine auf einen Tag anberaumt werden, als in dem bestimmten Zeit
raum mit Wahrscheinlichkeit abgehalten werden können. — §. 10, 2«, 21 a. a. O>
IV. Zu dem Termine werden beide Theile, Beklagter unter abschriftlicher Mit«
thcilung der Klage und der Beilagen, vorgeladen. Die Vorladungen werden förm
lich ausgefertigt, wenn sie an die Parteien unmittelbar gerichtet sind; an die Be
vollmächtigten, wenn sie Juftizkommissarien oder Advokaten sind, ergehen sie dage
gen durch Abschrist des Dekrets. Der näheren Angabe einer bestimmten Termins
stunde bedarf es nicht.') — In der Vorladung des Beklagten wird diesem zugleich
eine Frist bestiimnt, innerhalb welcher er die Klagcbcantwortung oder eine etwanige
Rekonventiosschrift einzureichen hat. — Die den Parteien zu stellenden Warnungen
sind gemäß K. 90, I. Nro. 3 und II. Nro. 3 (S. 1S7 fg.) zu fassen. — Z. 1»,
22, 23 a. a> O.
V. Die Behändigung erfolgt nach Vorschrift des ersten Abschn. d. T. Z. 24 a, a. O.
') In der Praxis wird aus Rücksicht auf die neuere Gesetzgebung (Ges. vom 1.
Juni 1833) in der Regel die Stunde, wo das mündliche Verfahren beginnt,
in der Vorladung angegeben.
276
Bon der Klagebeantwortung und von Prorogationsgesuchen.
§. 175. I. Nach erfolgter Behändigung der Klage muß der Verklagte in al
len Fällen, Wechselsachen allein ausgenommen, besonders aber, wenn er eine Ge
genforderung anzubringen, oder bei der Klagebeantwortung Thatsachcn anzuführen
oder Beweismittel anzugeben hat, worüber die Erklärung des Gegners nöthig ist,
die Rekonvcntionsschrift oder die Beantwortung der Klage mit der Abschrift, bin
nen der nach §. 174, IV. bestimmten Frist, vor dem Termine dem Gericht derge-
stallt einreichen, daß letzteres selbige frühzeitig genug dem Kläger oder dessen Be
vollmächtigten mitthcilen, und dieser gehörig vorbereitet erscheinen kann. — Die
Mitthcilung erfolgt von Seiten des Gerichts augenblicklich durch eine Verfügung des
Dirigenten.
Läßt aber der Beklagte die obgedachte Frist verstreichen, und wirkt auch nicht
Terminsverlegung aus, so kann im Termin über die Gegenforderung, oder über
Thatsachen und Beweismittel, welche zu spät zur Kenntniß des Gegentheils gelangt
find, bei dem Widerspruch des Letztem, weder verhandelt, noch überhaupt für diese
Instanz Rücksicht genommen werden. — Z. 25 a. a. O.
II. Gesuche um Verlegung der Termine werden mit Rücksicht auf den Pro-
zcßgegenstand, und je nachdem in Bezug darauf eine besondere Beschleunigung er
fordert wird oder nicht, nach den unter Titel 10 und 11 oder nach den §. 92
<S. 159) darüber gegebenen Vorschriften beurtheilt. — Z. 24 a. a. O.
Besetzung des Gerichts beim mündlichen Verfahren, Öffentlichkeit
desselben, und Dauer der desfallfigen Sitzungen.
z. 176. I. Das Gericht ist Behufs Abhaltung des mündlichen Verfahrens in
Iter Instanz vollständig besetzt, wenn mit Einschluß des Dirigenten, drei Mit
glieder anwesend sind.') Der Dezernent hat während der Sitzung in Bezug auf
Aufnahme der Verhandlung und Vortrag der Sache zugleich die Pflichten des Dc-
xutirten und des Referenten. — 8. 6, 13, 28, 35 a. a. O.
II. Die Sitzung beginnt um 8 Uhr Morgens, 2) und währt so lange, bis die
für den Tag bestimmten Sachen aufgerufen und verhandelt sind. — Ist letzteres
aus besonderen Ursachen nicht möglich; so werden die ausfallenden Sachen, je nach
dem sie besondere Beschleunigung erfordern oder nicht, zum nächstfolgenden Tage
«der zum nächsten gewöhnlichen Gerichtstage verwiesen, und den Parteien oder Man
datarien solches zum Protokoll bekannt gemacht, ohne daß es besonderer Vorladun
gen bedarf. — z. 11, 12 a. a. O.
HI. Der mündliche Vortrag geschieht vor versammeltem Gerichte und öffent
lich, so daß Jedermann als Zuhörer zugelassen werden muß. Ist indessen der
Inhalt der Sache von der Art, daß Anstoß und öffentliches Ärgernis, befürchtet wer
den kann, fo bestimmt das Gericht, daß die Verhandlung bei verschlossenen Thören
erfolgt, und Niemanden weiter, als den Parteien und ihren Bevollmächtigten, der
Jutrit verstattet werde. — §. 5 a. a. O.
Aufruf der Sache, und Verfahren, wen» eine Partei nicht erscheint.
Z. 177. I. Zu jedem Gerichtstage, und zwar 24 Stunden vor dem Eintrit
2) Besteht ein Gericht aus drei Mitgliedern, und es trit eine Verhinderung ei»,
so, daß in der Audienz nicht 3 Mitglieder anwesend sein können; so kann kein
öffentliches mündliches Verfahren, sondern es muß für diesen besondcrn Termin
schriftliches Verfahren eintreten.
«) Einzelne Gerichte weichen namentlich im Winter davon ab, und beginnen die
Sitzung um 9 Uhr oder auch später. In solchen Fällen ist es höchst notöwen-
dig, daß die Stunde, zu welcher die Audienz beginnt, in den Vorladungen an,
gegeben wird.
277
desselben, wird ein Auszug aus dem Terminskalcnder (§. 174, III.) gefertigt, und
an die Thür des Vcrsaminlungszimmcrs geheftet. Ein Ercmplar desselben erhält
der Gerichtsbotc, um die Parteien aufzurufen. — §. 26 a. a. O.
II. Der Aufruf geschieht in folgender Ordnung: Vor allen gehen die Wech
sel- und Arrcstprozcssc. Alsdann folgen die Sachen, welche schon in ander» Ter
minen prorcgirt worden, die Prozesse wegen der Z. 77, II. Nro. 1 (S. 137) be
zeichneten Gegenstände «die früheren Erekutivprozcssc ), die Mieths- und Pachträu
mungssachen), die Possessorien- und Alimcntenprozesse; die übrigen folgen sich nach
der Präsentation der Klage. Von dieser Ordnung kann zwar der Präsident oder
Dirigent in einzelnen Fälle,,, die wegen cigmthümlichcr Verhältnisse eine besondere
Beschleunigung fordern, abgehe»; es muH jedoch jedesmal der Grund der Abwei
chung in dem Aushang des Tcrminskalenders bemerkt werden. — §. 27 a. a. O.
III. Melden beim Aufruf eines Prozesses die Parteien oder ihre Bevollmäch
tigten sich nicht; fo wird gegen den Ausbleibenden sofort in ccmtumacism verfah
ren. Der Deputirtc der Sache nimmt eine Verhandlung auf, und es erfolgt, je
nachdem Kläger oder Beklagter ausgcbliebcn ist, cntwcdcr die Aktcnweglegung oder
das Kontumazialcrkciintniß, ') zu welchem Ende der Deputirtc, nachdem die Par
teien sich entfernt, die Sache dem Kollcgio vorträgt, und das Erkcnntniß sofort ab
setzt. Hat der ausbleibende Beklagte die Klage schriftlich beantwortet (Z. I7S, I,);
so muß sich dcr Kläger darauf auslassen, und das mündliche Verfahren wird in
conlumscism fortgesetzt und geschlossen. — Z. 23 a. a. O.
IV. Erscheint die verklagte Partei durch einen Bevollmächtigten; so muß die
ser vor Eröffnung dcr Verhandlung Vollmacht überreichen, odcr sich vorläufig über
die Bevollmächtigung durch schriftlichen Auftrag ausweisen, weil er sonst nicht zu
gelassen werden kann. Ist die Partei selbst gegenwärtig, so gnügt es, wenn sie zu
Protokoll erklärt, daß der ebenfalls anwesende Anwalt ihr Mandatar sein solle. —
Z. 29 a. a. O.
Vortrag der Sache; wer ihn zu halten hat, und wem die Leitung
zusteht; Versuch der Sühne.
Z. 178. I. Erscheinen beide Theile, so wird zum wechselseitigen mündlichen
Bortrag geschritten. Dieser Vortrag, nemlich die Klage, Beantwortung, Replik,
muß vorher ausgearbeitet sein, und sich in den Manualakten befinden. Der Kläger
beginnt ihn, und der Beklagte antwortet, beide unter Vorlegung der zur Sache
gehörigen Originaldokumente.
Es ist nicht nöthig, Klageschrift und ihre Beilagen vorzulesen, weil Richter
und Partei von ihrem Inhalt schon unterrichtet sind; es gnügt vielmehr eine kurze
Darstellung des Gegenstandes der Sache und der Beweismittel.
Wenn hiernächst, in sofern es nöthig ist, worüber dem Dirigenten des Gericht«
die Entscheidung zusteht, der Kläger wiederum geantwortet, und der Beklagte dar
auf erwidert hat; so wird der Vortrag geschlossen, ohne schriftliche Rechtsausfüh
rung zu gestatten.
Ungeachtet die Leitung des mündlichen Vortrags in dcr Regel zum Amt des
Dirigenten gehört, und diefer dabei allenthalben auf bestimmte Einlassung und Er
klärung der Parteien über die erheblichen Thatsachen zu sehen, und ihnen die nö-
thigen Vorhaltungen zu machen hat; so kann doch auch der Dirigent, wenn es die
Umstände erfordern, die spezielle Leitung des mündlichen Vortrags in der einzelnen
") Ergibt sich beim Vortrag der Sache, und nach der in Folge Bcrathung sich
findenden Stimmenmehrheit, daß die Klage von vornherein ungegründet ist; so
kann auch, obwol Beklagter nicht erschienen ist, auf Abweisung des Klägers
erkannt werden.
27«
Sache dem Deputaten übertragen. ' ) Auf jeden Fall ist es die Pflicht des Letzten,
über den mündlichen Bortrag eine Verhandlung aufzunehmen, welche das Erschei
nen der Parteien, die Übergabe der Vollmachten, und den Hergang beim Bortrage
im Allgemeinen zum Gegenstände hat. Kommen jedoch beim Bortrage Zugeständ
nisse, Entsagungen, oder andre wesentliche Erklärungen der Parteien vor, welche
vom Inhalte ihrer schriftlichen Auslassungen abweichen; so müssen auch diese zum
Protokoll genommen werden.
Nach beendigtem Vortrage versucht der Dirigent des Kollcgii, oder der Depu
tate, wenn diesem die Leitung des Vortrages übertragen gewesen, die Sühne.
Kommt eine gütliche Einigung zu Stande; so wird der Vergleich vom Deputirten
sofort aufgenommen, und hiernächst in Ausfertigung den Interessenten zugestellt. —
Z. 3« a. a. O.
II. Der mündliche Vortrag geschieht entweder von der Partei selbst, wenn sie
sich fähig hält, ihr Recht selbst wahrzunehmen, auszuführen und zu vertheidigen;
oder von einem Stellvertreter derselben, welchen die Partei sich aus der Zahl der
beim Prozeßrichter fungirenden Justizkommissarien oder Advokaten wählen muß.
Im letzten Falle darf sie sich nicht durch mehr als einen Bevollmächtigten beim
mündlichen Vortrage vertreten lassen. Sie kann aber dem mündlichen Vortrage
ihres Bevollmächtigten selbst beiwohnen. — Bei nachgewiesener Armuth ordnet den
Parteien, wenn sie sich nicht selbst vertreten wollen oder können, das Gericht einen
Rechtsbcistand aus der Zahl der Justizkommissaricn , Advokaten oder Siefcrendarien
zu. <M Z. 39, I. S. 77. K. 41, II. S. 82). — §. 7—9 a. a. O.
III. Mehre Litiskonsorten, gleichviel, ob Kläger oder Beklagte, «der akzessori
sche Jntcrvenienten, müssen sich vor dem Aufrufe der Sache vereinigen, wer von
ihnen, oder wer von ihren Bevollmächtigten den Vortrag halten soll; widrigenfalls
der Dirigent des Gerichts denjenigen bestimmt, welcher zum Vortrag gelassen wer
den soll. Hat jedoch einer von ihnen besondre Gründe «der Thatsachen anzuführen,
welche seine Person allein betreffen; so muß auch er zum Vortrage verstattet wer
den. — z. 31 a. a. O.
IV. Bei Litisdenunziationen,Adzitatione»undNominationen erfolgt
die mündliche Verhandlung ebenfalls nach vorstehende» Anordnungen. — z. 32 a. a. O.
V. Der Klagegrund kann beim mündlichen Vortrage eben so wenig geän
dert werden, als der Klageantrag auf eine andere Leistung gerichtet werden
kann, als die ist, welche im Klagebericht gefordert worden. — Z. 33 g. a. O.
Betragen der Parteien, Mandatarien und Zuhörer beim münd
lichen Vortrage.
§. 179. I. Wer beim öffentlichen Vortrage die Ruhe und Ordnung, sei e«
durch unzeitiges Lautsein, oder durch Äusserungen von Beifall oder Mißbilligung,
stört, und der Ermahnung, sich ruhig zu verhalten, kein Gehör gibt: wer die Ehr
erbietung, welche er dem Orte und dem Richter schuldig ist, verletzt, und wer sich

') Z. B. wenn eine Sache polnisch vorgetragen wird, und der Dirigent der pol
nischen Sprache nicht vollkommen mächtig ist.
«) In solchen Fällen, wo Zugeständnisse, Entsagungen oder sonst wesentliche Er
klärungen protokolirt werden, läßt der Deputirte nach der Praxis die Verhand
lung von der erklärenden Partei resp. deren Mandatar unterschreiben. Dies ist
auch sehr rarhsam, obwohl nach dem auf Grund des Gutachtens des Geh. Ob.
Trib. vom 12. Juni 1843 ergangenen Just. Min. Ref. vom 27. Juni 1843
(I. M. B. S. 172 fg.) die Unterzeichnung der gedachte», materielle, die Sache
selbst betreffende Erklärungen enthaltenden Audienzprotokolle durch die Parteien
oder deren Mandatarien, als nicht nothw endig und deren Unterlassung als
Verletzung einer wesentlichen Förmlichkeit nicht erachtet ist.
S7»
Beleidigung und Bedrohung der Gerichtspersonen erlaubt, der soll auf Anordnung
des Dirigenten augenblicklich entfernt, und von dem versammelten Gericht mit einer
sogleich zu vollziehenden Geld- oder Gefängnißstrafe, welche jedoch eine Geldbussc
von 20 Thlr. oder achttägigen Arrest nicht übersteigen darf, belegt, oder zum
Zweck der förmlich einzuleitenden Untersuchung verhaftet werde». — §. 13 a. a. O.
II. Die Parteien und ihre Bevollmächtigten sollen sich, bei Vermeidung einer
nach dem Maasstabe ucl I sofort zu vollziehenden Ordnungsstrafe, gegen einander
anständig und gesittet betragen, sich aller persönlichen und leidenschaftlichen Äusse
rungen enthalten, und den gegenseitigen Vortrag unter keinem Borwande unterbre-
chen. — K. 14 a. a, O.
III. Juftizkommissaricn und Advokaten, welche es sich zur Gewohnheit werden
lassen, dieser Vorschrift (II.) entgegen zu handeln, sollen ferner zum mundlichen,
Bortrage nicht zugelassen werden. — §. !5 a. a. S.
IV. Eine Partei, welche dem Vortrage ihres Bevollmächtigten beiwohnt, hat
die Befugniß, am Schlüsse desselben ihren Anwalt darauf aufmerksam zu machen,
was etwa in der Sache übergangen, oder derselben noch hinzuzufügen ist. Unter
bricht sie ihn im Vortrage, und gibt der erfolgenden Zurechtweisung des Dirigenten
nicht augenblicklich Gehör, so soll sie aus dem Sitzungssaale entfernt werde». —
K. 16 a. a. O.
Schluß des mündlichen Vortrags und Beschlußnahmc, ,i) wenn die
Sache zum Erkenntniß reif ist;
K. 180. I. Sobald der mündliche Vortrag geschlossen, und die Sache durch
Vergleich nicht beigelegt ist; so überreichen die Parteien oder ihre Bevollmächtigten
dem Gericht ihre Privataktcn, ') welche nothwendig mit einem Inhaltsverzeichnisse ver
sehen sein müssen, und werden sodann mit den im Gerichtssaale befindlichen Zu
schauern entlassen, wenn das Gericht es nicht vorzieht, sich in ein besonderes Be-
rathungszimmer zu begeben. — Alsdann prüft das Gericht auf den Vortrag des
Deputirten der Sache
ob die Sache zur Desinitiventscheidung vorbereitet ist, oder ob sie
d) zur nochmaligen mündlichen Verhandlung cder zur schriftlichen Instruktion zu
verweisen, oder
«) ob der Beweis durch Ableistung zugeschobener Eide, oder Vernehmung von seu«
gen zc. aufzunehmen ist. — Z. 34, Sö a. a. O.
II. Ist die Sache zur Entscheidung reif, so wird
1) vom Kollegio in der Regel das Erkenntniß sogleich beschlossen, vom Deputirten
die Erkenntnißformel unter dem Protokoll entworfen, auch von ihm diese den
herbeigerufene» Parteien oder deren Bevollmächtigten eröffnet, und dies durch
den Deputirten im Protokoll nachträglich verzeichnet. Derselbe arbeitet in dm
nächsten vom Dirigenten zu bestimmenden Tagen das Erkenntniß mit den Grün
den aus, befördert es zur Unterschrift der Gerichtsmitglicder, und verfügt die
Ausfertigung für die Parteien, unter Rückgabe der Manualakten.
2) Ist nach der Anficht des Kollegii eine Sache wegen verwickelter Thatsachcn oder
wegen ihrer Wichtigkeit zur sofortigen Entscheidung nicht angethan; so wird
der darüber zu fassende Beschluß den Parteien sofort bekannt gemacht, die Akten
werden zum Spruch vorgelegt, und es wird ein andres Mitglied des Gerichte,
als der Deputirte ist, zum Referenten ernannt. — Verlangt es eine der Par
teien, oder wird es wegen der Wichtigkeit der Sache vom Dirigenten für no-
thig befunden; so muß der Referent einen vollständigen Vortrag über den In»
') Die Praxis geht davon i» der Regel ab, so daß in Iter Instanz fast nie die
Manualaktm erfordert werden.
280
halt der Akte», und was jede Partei für sich angeführt hat, im Kollegio öf
fentlich halten, worauf es den anwesenden Mandatarien der Parteien frei
steht, sofort mittelst kurzer Noten dem Kollegio anzuzeigen, wovon sie glauben,
daß es beim Vortrage übersehen, oder anders in den Akten enthalten sei. Als
dann wird nach Entfernung der Parteien und Zuhörer, wenn auch das Votum
des Referenten vorausgegangen, vom Kollegio gewöhnlichermassen berathen, und
beschlossen. — Sobald hiernächft das Urtel abgefaßt ist, erfolgt dessen Zuferti-
gung an die Parteien gemäß Z. 183. — §. 38, 39 a. a. O. — Z. 1 u. 2 Ges.
vom 5. Mai 1838 GS. S. 273.
b) wenn die Erörterung der Sache mangelhaft befunden wird; oder
o) wenn es auf Beweisaufnahme ankommt.
Z. 181. I. Wird die Sache wegen mangelhafter Erörterung noch nicht spruch
reif gefunden (§. 18«, I. b) so wird sie
1) entweder zum ferneren mündlichen Vortrage verwiesen, und es wird dazu, inso
fern nicht etwa das Fehlende sofort durch die noch anwesenden und nochmals
vorzurufenden Parteien ergänzt werden kann, unter genauer Bezeichnung der
noch mangelhaften Gegenstände ein neuer Termin angesetzt;
2) oder die Sache wird wegen Wcitläuftigkeit und Verwickeltheit zum schriftlichen
Verfahren verwiesen (g. 173 Schlußsatz). In diesem Falle wird ein anderweiti
ger Deputirter oder Kommissarius zur Führung der Instruktion ernannt, und
es kommen bei dieser und bei Abfassung des Erkenntnisses die Vorschriften H. 89—
171 zur Anwendung. Doch ist bei Letzterem auch die Vorschrift Z. 180, ll.
Nro. 2 zu beachten. — Z. 40 und 43 Ges. vom 9. Februar 1817.
II. Kommt es auf Beweisaufnahme an (z. 180, I. e); so erhält dazu eine
Gerichtsperson den Auftrag. Diese entwirst zur Leitung des Geschäfts einen Strcit-
ftand, ladet die Parteien oder ihre Bevollmächtigte zu einem Termine vor, und
verhandelt überhaupt unter ihrer Zuziehung bis zum Schlüsse der Sache. In den
jenigen schleunigen Prozessen, in welchen die Beweismittel sofort zur Stelle gebracht
werden müssen, erfolgt deren Aufnahme sofort und in demselben Termin. — Auch
müssen zugeschobene und angenommene Eide, deren Erheblichkeit ausser Zweifel liegt,
von der gegenwärtigen Partei sogleich im Termin des mündlichen Vortrags abge
nommen werden.
Sobald die Akten nach der Beweisaufnahme eingehen, und die Instruktion ab
geschlossen ist, wird auf den Vortrag des Dezernenten das Erkenntniß abgefaßt, und
mit Anfertigung gemäß Z. 183 verfahren. — Ist die Sache noch nicht abgeschlossen,
namentlich wenn die Beweisaufnahme bei andern Gerichten erfolgt ist; so wird nach
vollständig aufgenommenem Beweise Schlußtermin im öffentlichen mündlichen Ver
fahre» angesetzt, und hier erfolgt gemäß Z. 178 und 180 der Vortrag der Sache
und demnächstige Beschlußnahme. — Z. 41, 42 a. o. O.
Von der gerichtlichen Geschäftssprache im Großherzogthum Posen
im Allgemeinen, und bei Prozessen ins Besondre.
I. 182. I. Im Großherzogthum Posen sind beide Sprachen, die teutsche und
die polnische, nach dem Bedürfniß der Parteien, die Geschäftssprache der Gerichte.
Bei der Korrespondenz mit öffentlichen Behörden, das Königreich Polen ausgenom
men, und in ihren Berichten an die vorgesetzten Kollegien, bedienen sie sich der Kut
schen Sprache ausschließlich. — Z. 143, 144 a. a. O.
II. In Prozessen gilt der Grundsatz:
daß in derjenigen von beiden Sprachen verhandelt und das
Erkenntniß abgefaßt werden muß, in welcher die Klage an
L8I.
gestellt ist, gleich viel, ob Kläger nur der Sprache, in welcher
die Klage entworfen ist, allein, oder ob er der beiden Spra
chen, nemlich der tcutschen und der polnischen, gleich mäch
tig ist.
In der Sprache, in welcher die Klage abgefaßt ist, muß daher auch der Bor
trag gehalten werden. Doch kann der Vortrag bei einer polnischen Sache durch die
Sachwalter auch i» der teutschen Sprache geschehen, wenn die der polnischen Sprache
nur kundigen Parteien nicht zugegen, oder wenn dieselben der teutschen Sprache
mächtig sind. — Ist Kläger weder der teutschen, noch der polnischen Sprache ge-
wachsen; so wird in tcutscher Sprache verfahren.
Beim Schriftwechsel gilt jener Grundsatz ebenfalls. Doch steht jeder Partei
frei, ihre zur Mitthcilung an den andern Theil geeigneten Eingaben und Schriften
in beiden Sprachen einzureichen. Geschieht dies, so werden sie dem Gegner in sei
ner, und wenn er keine von beiden Sprachen versteht, in der teutschen mitgetheilt.
Der Aufnahme eines teutschen oder polnischen Nebcnprotokolls bedarf es nicht.')
Bei Zeugen, Sachverständigen oder andern dergleichen Personen werden die
Protokolle in ihrer Sprache, wenn sie der teutschen oder polnischen kundig sind,
sonst aber in tcutscher Sprache ohne alle Einschränkung aufgenommen. — §. 145—
149 a. a. O. — Eab.-Ord. vom 15. Januar mitgeth. durch Res. vom 21. Januar
1841 I. M. B. S. 47. , ^
III. Es ist streng darauf zu halten, daß in der polnischen Sprache in allen
Fallen verhandelt werde, in welchen es nach Vorstehendem vorgeschrieben ist. Doch
dienen die allgemeinen Vorschriften (§. 105, I. II. S. 178 fg. Z. 13S) zur Nicht-
schuur, wenn es sich darum handelt, ob der unterlassene Gebrauch einer für den
gegebenen Fall vorgeschriebenen Sprache eine Nichtigkeit der Verhandlung herbei
führe. Der Einwand der Nichtigkeit oder Ungiltigkeit einer Verhandlung, bei wel
cher vorstehenden Bestimmungen entgegen nur Eine der beiden Sprachen oder statt
der teutschen die polnische oder umgekehrt, gebraucht worden, ist daher nicht be
gründet, wenn die für den Fall, wo der Richter der Sprache der Betheiligten nicht
mächtig ist, gegebenen allgemeinen gesetzlichen Vorschriften (K. 105, 136) befolgt
worden sind. Da, wo ein polnisches Nebenprotokoll oder eine polnische Übersetzung
nöthig ist, kann die betreffende Partei darauf verzichten. Es gnügt zu diesem Zweck
die in der Verhandlung enthaltene, in tcutscher und polnischer Sprache aufgenom
mene ausdrückliche Erklärung der Partei, daß sie auf das Recht, die Übersetzung zu
verlangen, Verzicht leiste, oder sich des von dem Dollmetscher zu führenden Nebcn
protokolls begebe. — Eab.-Ord. vom 5. Mai 1839 Just. M. B. S. 178.

Siebenter Abschnitt.
«on Eröffnung und Anfertigung der richterlichen Grkenntnisse
und Resolutionen.
§. 183. I. Zur Publikation der gemäß Abschnitt 3—6 ergangenen Erkennt
nisse und Kontumazial- und Agnitionsbescheide, so wie ferner der Purifikations-Re-
solutionen und der Präklusionsbescheide wird in der Regel ein besonderer Termin
nicht angesetzt. Die Publikation erfolgt bei den im summarischen, im Bagatell-

") Vorausgesetzt, daß nach Vorstehendem verfahren wird. Muß in nothwendigen


Fällen davon abgewichen werden, so müssen die Vorschriften des Z. 105 (S.
178 fg.) beobachtet werden, damit keine Nichtigkeit der Verhandlung erwächst.
282
Prozeß und im Verfahren nach dem Gesetz vom 9. Februar 1817 im Audienztermin
beschlossenen Erkenntnissen zc. sofort nach dem Beschlüsse; und in andern Fällen durch
Anfertigung des Uttels. Nur
1) wenn im Bagatell- oder im summarifchen Prozeß, einschließlich des Jnjurienpro-
zesfes, >) nach Vortrag der Sache die Beschlußnahme vorbehalten wird, soll die
Abfassung des Beschlusses resp. Erkenntnisses nicht über 8 Tage hinausgescho
ben, und den Parteien die demgemäß zu bestimmende Sitzung, bei Bagatellsachen
aber der desfalsige Termin 2) sogleich bekannt gemacht werde», in welchen sie
zur Anhörung der Publikation des ergangenen Uttels erscheinen können. — (Lk.
z. 76, I. 85, II.)
2) In Konkurs- und crbschaftlichen Liquidationsprozessen muß Publikationstermin
angesetzt werden. Die ausgefertigten Erkenntnisse und Extrakte werden hier im
Termine den Erschienenen behändigt, den Nichterschicnencn aber bald nach dem
Termin in Kraft der Publikation zugefertigt. Dies wird auch bei Borladimg
als Warnung beigefügt.
3) Endlich erfolgt die Eröffnung der bei nothwendigen Subhastationen ergehenden
Adjudikationsbescheide im besondren Publikationstermin. Die Folgen des Nicht
erscheinens sind auch hier dieselben, wie unter Nro. 2. — Z. 1 des Ges. vom 5.
Mai 1838 GS. S. 273. — Res. vom 13. Juli 1838. Jahrb. 52, S. 177.
GrSff 12, S. 124. — Res. vom 7. Februar 1843 I. M. B. S. 4«.
kl. In allen Fällen, das Uttel oder der Bescheid mag gemäß der Bestimmun
gen unter I publizirt worden sein oder nicht, muß binnen 8 Tagen nach Abfassung
«der Publikation die Behändigung des Erkenntnisses :c. an die Parteien und deren
Stellvertreter erfolgen. Ausnahmen find: der Fall im Bagatellprozeß, wenn beim
Ausbleiben des Beklagten die Borladung in Kraft des Urtels übergeht, da hier ein
Kontumazialurtel nicht weiter abgefaßt wird, und die unter III. b c und e ge
dachten Fälle.
Die Anfertigung der Erkenntnisse zc. geschieht ohne Begleitschreiben. Jede Be
lehrung durch de» Richter über die den Parteien dagegen zustehenden Rechtsmittel
fällt sowol bei der Publikation als bei der Anfertigung weg. 2) — Zum Rachweise
der erfolgten Behändigung ist jedesmal (mit Ausnahme des Aushanges, und wo
die Aushändigung im Termin erfolgt I. 2, 3) ein Behändigungsfchein beizufüge,,,
und vollzogen zu den Akten zu bringen.
Die Parteien erhalten Ausfertigungen, die Stellvertreter Abschriften
der Erkenntnisse :c. Doch gnügt die Behändigung der Ausfertigung an den
Stellvertreter :
1) wenn dieser die Gerechtsame einer Partei vermöge einer gesetzlichen Vorschrift

z) Wird da, wo der Publikationstermin nicht nöthig, ein solcher misbrauchsweise


angesetzt, so können dafür keine Gebühren pafsiren. In Jnjuriensachen dagegen
müssen, wenn ein Publikationstermm angesetzt wird, dafür Gebühren zum An
satz kommen. Doch bezieht sich dies nicht auf aussergerichtliche Kosten der Par
tei. Solche könne» für Publikation nicht zum Ansatz gebracht werden. — Li.
Res. vom 7. Februar und vom 21. März 1843 I. M. B. S. 4« und 91.
2) Die Vorladung geschieht hier nur mündlich.
») Den als Mandataricn beauftragten Justizkommissarien ist es aber darum nicht
benommen, die Mandanten über die etwa zuständigen Rechtsmittel zu belehren.
Dies ist in manchen Fallen um so nothwendiger geworden, da die gerichtliche
Belehrung wegfällt. Den Justizkommissarien werden daher da, wo sie eine solche
Belehrung vorgenommen haben, für das desfalsige Schreiben Taxgebühren xas-
siren. — «. Res. vom II. Mai 1839 I. M. B. S. 188. — Doch fallen die
über erfolgte Übersendung des Urtels an die Partei zu den Akten früher von
den Justizkommissarien gemachten Anzeigen als unnöthig weg. ^
S8Z
wahrzunehmen IM, als fiskalische Behörde, Magistrat, Vormund, Kurator, Vor
steher u. s. w.; oder
2) wenn derselbe zur Empfangnahme des Erkenntnisses ausdrücklich beauftragt wor
den ist, es sei in der Prozeß«, oder in einer besonderen Bollmacht, deren Be
glaubigung es jedoch nicht bedarf;
3) wenn die Partei sich im Auslande an einem Orte befindet, wohin rekommandirte
Zusendungen ' ) durch die Post nicht stattfinden. Hat die Partei in diesem Falle
keinen Stellvertreter bestellt; so wird ihr ein Mandatar von Amtswegen zuge
ordnet, der ihre Gerechtsame gleich einem Kurator nach rechtmässigem Ermessen
wahrzunehmen hat, 2 ) ohne daß jedoch die Einleitung einer förmlichen Kuratel er
folgt. — §. 1, 2,4. Gef. vom 5. Mai IM. — K. 5«, Tit. 13, I. A.G.O.—
8. 29 des Gef. vom 1. Juni 1«3S.
III. Die Behändigung der Erkenntnisse geschieht auf die oben Z. 57—59 (S.
107 fg.) vorgeschriebene Art. Doch treten nachstehende nähere Bestimmungen ein:
s) Sind Litiskonsorten vorhanden; so ist die Ausfertigung des Erkenntnisses ,c.
nur Einem derselben zuzustellen. Die übrigen Theilnehmer sind hiervon unter
Beifügung einer Abschrift des Tenors der Entscheidung zu benachrichtigen. Die
Benachrichtigung kann auch durch eine Kurrende geschehen.^ Dann gnügt
die Beifügung Einer Abschrift des Tenors. Der Kurrende muß ebenfalls ein
Behändigungsschein beigeschlossen sein. — Bei Litiskonsorten, welche zur Ver
handlung des Prozesses Dexutirte aus ihrer Mitte bestellt haben, erfolgt die
Zustellung nur an diefe.
ti) Ist der Aufenthaltsort einer Partei unbekannt, hat im Laufe des Prozesses
»ach der Anzeige des mit der Insinuation beauftragten Beamten eine Partei
ihre bisherige Wohnung aufgegeben, und über ihre» neuen Aufenthalt keine Nach
richt zurückgelassen; so erfolgt die Publikation der Entscheidung durch einen
öffentlichen Aushang an der Gerichtsstelle. Hat das Erkenntniß sc. 14 Tage
lang ausgehangen, so ist die Insinuation für bewirkt anzunehmen.«)
v) Eine gleiche Art der Behändigung (III. d) findet statt bei Präklusionsbe-
fcheiden und Kontumazialerkenntnissen, welche auf eine Ediktalladung
ergangen sind.
<I) An Parteien, welche nicht am Orte des Gerichts, oder in dessen nächster Umge-

') Als rekommandirte Zusendungen werden solche verstanden, denen ein Empfangs
schein zur O,uittirung über den Empfang und zur Rücksendung als Bescheinigung
über Behändigung beigefügt ist. Zur Zeit gehen solche rekommandirte Sendun
gen nach Baden, Baiern, Braunschweig, Hannover, beide Mcklenburg, Polen,
Rußland, Sachsen und dem fürstlichen Turn und Tarischen Postgebiete. In
Bezug auf andere Länder wird daher Behufs Insinuation von Erkenntnissen
die Bestimmung unter 3 Anwendung finden. — Res. vom 19. Januar 184«
I. M. B. S. 57.
^) Ein für unbekannte oder entfernte Interessenten bestellter Kurator muß haupt
sächlich dafür sorgen, daß jene ausgeforscht, diesen aber die erforderlichen Nach
richten zugebracht werde». — §. 1003, Tit. 1«, II. A. L. R.
5) Die zur Anbringung der Rechtsmittel zuständige Frist beginnt in Bezug auf je
den Litiskonsorten erst mit der an ihn felbst erfolgten Behändigung der Aus
fertigung oder Benachrichtigung zu laufen.
Zur Feststellung der Aushangszeit muß daher der Tag des Aushangs und der
Tag der Abnahme auf die ausgehängte Ausfertigung gesetzt werden. Die zur
Anbringung der Rechtsmittel zuständige Frist läuft von dem Tage an, welcher
auf die 14tägige Aushangsfrist unmittelbar folgt, so daß, wenn aus Versehen
der Aushang länger währt, die fernere» Aushänget««« in das Fatale fallen. Ist
der Aushang vor Ablauf der 14 Tage abgenommen, so müssen die noch fehlenden
Tage nachgeholt werden, da sonst die Behändigung nicht erfolgt ist, und da«
Fatale nicht zu laufen anfangen kann.
284
bung sich aufhalten, erfolgt die Zusendung durch die Post gemäß z, SS (S. 11V
fg.) unter Benutzung des dort unter III. gedachten Poftinsinuationsdokuments.
Zusendungen in das Ausland werden, wo dies zulässig ist, auf gewöhnliche
Weise rekommandirt. ((15. Anm. 1 S. 283). Wenn das Erkenntnis, zc. von
der Post als unbestellbar zurückgeliefert wird ; so trit der Aushang desselben nach
der Bestimmung unter Iii. b ein.
e) Wenn die Partei im Publikationstermine oder nach dessen Abhaltung erklärt,
daß sie die Zustellung einer Ausfertigung des Erkenntnisses nicht verlange, ebenso,
wenn sie dasselbe anzunehmen, oder einen Empfangschein zu ertheilen Verweigert;
so vertrit die darüber aufgenommene Registratur, oder die Anzeige des mit der
Zustellung beauftragten Beamten die Steile der Insinuation. — ß. 3 Ges. vom
5. Mai 183«. — Res. vom 20. April 1839 I. M. B. S. 154. — Res. vom
25. Januar 1841 I. M. B. S. 66.
IV. Ausser den Parteien und deren Stellvertretern muß in Prozessen
1) gegen einen der Regierung untergeordneten Beamten wegen Regressen
oder Injurien aus Veranlassung seines Amts, oder gegen Kassenbediente des
Regierungsressorts wegen Geldforderungen,
2) gegen Kirchen und andre denselben gleichstehende Stiftungen und Institute, und
3) in denen, in welchen der durch eine fiskalische Ilnterbcho'rde vertretene Königl.
Fiskus Partei ist,
jedesmal der betreffenden Königl. Regierung vollständige Abschrift des Er
kenntnisses mitgetheilt werden.
4) In den wider einen Offizier wegen Schulden anhängigen Prozessen aber muß
nach rechtskräftiger Entscheidung dem Kommandeur des Regiments, bei wel
chem der in Anspruch genommene Offizier angestellt ist, von dem Ausfall des
Erkenntnisses, ohne Mittheilung einer Abschrift desselben, jedesmal Nachricht ge
geben werden. — Anh. §. 107 zu z, 58, Tit. 13, I. A. G. O. — Verordn. »°m
26. Decbr. 1808 Z, 47. Mathis Bd. 10, S. 49«. Rabe Bd. 1«, S. SS2. -
Res. vom 17. Sept. 1835. Jahrb. 46, S.110. Gräff 8, S. 157. — Res.
vom 12. März 1839 I. M. B. S. 123. — Res. vom 1. März 1839 I, M.B. S.M.

Siebenter Titel.
Bon den gegen das elfte Erkenntniß zulässigen
Rechtsmitteln.
Einleitende Bemerkung. Nachtragserkenntniß und Deklaratoria.
ß. 184. Die Anbringung eines Rechtsmittels setzt die Unzufriedenheit mit
dem Erkenntnisse und die Zuständigkeit des Rechtsmittels voraus. Es gibt je
doch Fälle, in welchen die von einer Partei gegen ein Erkenntniß aufgestellte Rüge
ohne Rechtsmittel beseitigt werden kann. Wenn nemlich
1) aus Versehen über einen Theil des Klage- oder Widerklageantrags nicht erkannt
ist, so muß vom ersten Richter auf Antrag einer Partei, oder, wenn der Rich
ter das Versehen selbst wahrnimmt, von Amtswege» ein Nachtragserkennt
niß in Betreff des Übergangenen abgefaßt werden. Die Provokation auf Ent
scheidung des ferneren Richters hinsichtlich dieses Punktes findet nicht Statt,
da der zweite Richter über Ansprüche, welche nicht Gegenstand des ersten Er
kenntnisses waren, nicht erkennt. — Nur, wenn ausdrücklich verlangte
vorbcdungene Zinsen, oder vor Abschluß der Sache zur Zufprechung li-
285
quidirte Prozeßschäden und Kosten (Z. 170, III.) im Erkenntnis, über«
gangen sind, kann eine Entscheidung darüber nicht durch ein Nachtragserkennt-
niß gegeben, sondern sie muß durch Einwendung des zulässigen Rechtsmittels
gesucht werden, da dergleichen übergangene Zinsen, Schäden und Kosten für ab
erkannt zu achten sind. — ö,. 62, Tit. 23, l. A. G. O. — §. «4», Tit. II, l.
A. L. R. — Res. vom 2«. Dccember 1837. Jahrb. 5«, S. 502.
2) Ist der Kostenpunkt im Uttel gänzlich übergangen; so muß, wenn ein Rechts
mittel in der Hauptsache eingelegt wird, dieser Mangel bei Entscheidung über
die mittelst des Rechtsmittel« erhobenen Beschwerden zugleich erledigt werden.
Wird ein solches in der Hauptsache nicht angebracht; so muß eine Deklara
tion nachgesucht, und wenn die Rüge gegründet ist, jene gemäß Nro. 3 ertheilt
werden. — 8- 22, Tit. 23, I. A. G. O.
3) Ist im Urtcl ei» Jrrthum in Worten, Namen oder Zahlen vorgefallen, «der
ist darin etwas dunkel und zweideutig ausgedrückt; so bedarf es nicht der
Anbringung eines Rechtsmittels. Die Partei oder der Mandatar, welche der
gleichen Anstand bemerken, müssen ihn vielmehr dem Gericht anzeigen, und
dieses prüft auf Vortrag des Dezernenten und im Beisein des Referenten
denselben. Findet es die Anzeige richtig, so läßt es ») entweder den Jrrthum
auf dem Originalurtcl, und den, den Parteien ertheilten Ausfertigungen durch
eine darauf zu setzende Registratur ändern, oder d) ertheilt die erforderliche De
klaration schriftlich, und giebt den Parteien davon Nachricht. — Erachtet cS
die Anzeige für unbegründet, so bcschcidet es dcn Bittsteller durch eine Kr. m.
ihm vorzuzeigende Verfügung. — §. 1, Tit. 14, I. A. G. O.
In allen andern Fällen, in welchen eine Partei die theilweife oder gänzliche
Abänderung des ersten Erkenntnisses herbeigeführt wissen will, muß sie das zustän
dige Rechtsmittel rechtszeitig bei dem gehörigen Gericht anbringen.
Mit Rücksicht auf die Art der Entscheidung und dcn Gegenstand des Prozes
ses und der Beschwerde, kann dies Rechtsmittel ein verschiedenes sein. Bon diesen
gegen das erste Erkenntniß zulässigen Rechtsmitteln, also
s) von dem der Restitution;
d) von dem des Rekurses;
c) von dem der Appellation;
6) von den im Jnjurienprozeß vorkommenden Rechtsmitteln der weitern Ver-
theidigung, der Aggravation und dem Milderungs - und Niederschlagungsgesuch,
von denen das erste und das letzte auch gegen den, Prozeßstrafen festsetzenden,
Thcil der Erkenntnisse zulässig sind,
wird in diesem Titel die Rede sein. Das Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde
kann zwar in einzelnen, jedoch nur wenigen Fällen auch gegen das erste Erkennt
niß eingewendet werden. Dasselbe wird jedoch erst im folgenden Titel abgehandelt,
da es meist nur gegen Erkenntnisse Ilter Instanz stattfindet.')
') Die von den Rcchtslehrern gewöhnlich gewählte Eintheilung in ordentliche und
ausserordentliche Rechtsmittel ist durch das Gesetz selbst nicht begründet. Will
man diese Eintheilung einer sistematischen Unterordnung wegen gelten lassen; so
wird als unterscheidendes Merkmal aufzustellen sein, daß jene gegen noch nicht
rechtskräftige, diese gegen rechtskräftige Erkenntnisse zustehen. Zu jenen gehören
dann Restitution, Appellation, Revision, und die im Jnjurienprozeß zulässigen
Rechtsmittel. Dagegen werden Rekurs und Nichtigkeitsbeschwerde zu dcn ausser
ordentliche» zu zählen sein. Die Erekutionsfähigkeit der Erkenntnisse ist durch
aus kein sicheres unterscheidendes Merkmal, da sehr häufig nicht rechtskräftige
Erkenntnisse cxckutionsfähig sind.
S86

Erster Abschnitt.
Allgemeine Bestimmungen.
Von der zur Einlegung der Rechtsmittel gestatteten Frist.
Z. 185. Zur Einlegung der Rechtsmittel ist in der Regel eine Frist gesetzt,
deren Versüumniß den Verlust des Rechtsmittels zur Folge hat, und welche durch
richterliche Verfügung niemals verlängert werden kann.') Demgemäß müssen
I. das Rechtsmittel der Restitution, und alle drei im Jnjuricnprozeß vorkom
menden Rechtsmittel binnen 10,Tagen angebracht werde». Ausnahmen sind
1) hinsichtlich der Restitution s) im eigentlichen Merkantilprozeß, wo nur 24-
stündige Frist gestattet ist; K) bei Amortisation verlorner Pfandbriefe, Staats-
schuldscheine, Bank- oder Seehandluugsobligarioncn oder andrer öffentlichen auf
jeden Inhaber lautenden Papiere. Hier können die gleichzeitig präkludieren un
bekannten Inhaber oder andre Berechtigte binnen 4 Wochen nach geschehe
nem Aushange das Rechtsmittel der Restitution einwenden.
2) Hinsichtlich der Agravation. Wenn im Jnjuricnprozcß dem Kläger das Ur-
tel in einem Termine publizirt wird, so muß er dies Rechtsmittel, sofern es
zulässig, bei Verlust desselben sofort anbringen. — z. 224, Anh. zur A. G.
L>. — 15, Tit. 34. §. 21, Tit. 3«. ß. 12« fg. 13» fg. Anh. §. 388,
Tit. 51, I. A. G. O. — 8. 7, 8 Gef. vom 5. Mai 183«. Verordn. vom 16.
Juni 1819 GS. S. 157. — V. vom 7. Juni 1821 GS. S. 96. Z. 21 des
Ges. vom 14. Decbr. 1833. ,
II. Zur Einwendung der Rechtsmittel des Rekurses und der Appella
tion ist in der Regel eine Frist von 6 Wochen (42 Tagen), und für den lan
desherrlichen Fiskus, für Land- und Stadtgemeindcn, privilegirte Korporationen,
unter Vormundschaft stehende Personen, und für alle die, welchen die Rechte der
Minderjährigen beigelegt sind, eine Frist von zwölf Wochen (84 Tagen) gestat
tet. Ausnahmsweise ist jedoch diese Frist
1) im Wechselprozcß auf zehn Tage;
2) in den von der Hauptsache getrennt verhandelten Arrestprozcssen auf drei Tage;
3) im eigentlichen Merkantilprozeß auf 24 Stunden; und
4) in Bau fachen, wenn von einem schon wirklich angefangene» Bau die Rede ist,
dessen Fortsetzung oder Kassirung vom Ausfall des Prozesses abhängt, auf drei
Tage beschränkt. Dagegen wöhrt
5) im Konkurse und er bscha fr lichen Liquidationsprozeß die Appellations«
frist bis zu dem Behufs Regulirung der Appellationen anzusetzenden Termine,
und es kann noch in diesem Termine, wenn er auch nach Ablauf der 6 und
12wöchentlichen Frist anstände, die Appellation eingewendet werden. Steht
jedoch dieser Termin vor Ablauf der Axpellationsfrist an; so bleibt dem betref
fenden Interessenten die Befugniß, noch bis Ablauf der 6 resp. 12wöchentlichen
Frist die Appellation einzuwenden.
') Es fragt sich: ob, wenn Jemand während des Laufs des Fatale stirbt, dieses
gegen die Erben zu Ende laufe oder ob diesen die Deliberationsfrist zu statten
komme. Dies leztere muß als richtig erachtet werden, da die Bestimmung des Z.
38S, Tit. 9, 1. A. L. R.: wornach der Erbe während der Deliberationsfrist auf For
derungen der Erbschaftsgläubiger sich einzulassen, und Prozesse, die von Erblasser
«der gegen ihn angestellt worden, fortzusetzen nicht schuldig ist, nicht ausdrücklich
aufgehoben worden. Demgemäß wird die dem Erblasser gestattete Frist, wenn sie
beim Tode noch nicht abgelaufen ist, durch die Deliberationsfrist unterbrochen, und
läuft erst nach Ablauf der letzteren zu Ende. Sind unter den Erben Minorenne,
so wird für diese darnach bei den Rechtsmitteln g. 185, II. eine 12wöchentliche
und die Deliberationsfrist gerechnet wkrden müssen,
287
DK nach §. 34, Tit. 14. §. 16, I. 16 A. G. O. und 5. l. 14 A. L.
R. dem Fiskus und einigen anderen Personen gestattet gewesene Rechtswohlthat der
Wiedereinsetzung in dcn vorigen Stand gegen die zur Einwendung von Rechtsmit
teln versäumte Frist findet nicht mehr statt. — §. 21, 22 Ges. vom 14. Decbr.
1833 GS. S. 302. — §. 7, Ges. vom 5. Mai 183». — Art. 13. Verlar, vom
6. April 1839 GS. S. 126. — §. 34, Tit. 27. K. 63 fg. Tit. 29, Z. 9 fg.
Tit. 3«j K. 34 fg. Tit. 42; Z. 1»2, 183 Tit. 5«, I. A. G. O. Rro. 43 Jnstr.
vom 7. April 1839 GS. S. 149.
Beginn der Frist.
Z. 186. Der Lauf der gesetzliche» Frist zur Einlegung der Rechtsmittel beginnt
mit der Behändigung des Erkenntnisses, Bescheides zc. an die Partei oder deren
gemäß K. 183, II. Rro. 1 bis 3 legitimieren Bevollmächtigten, bei Litiskonsorten
aber in Bezug auf jcden einzelnen mit Behändigung der ihm zugefertigten Aus
fertigung, oder Abschrift des Tenors nebst Benachrichtigung, und wenn dieselben De
putate ernannt haben, mit Zustellung der Entscheidung an diese. >) Der Tag
der Behändigung wird niemals mitgerechnet. — Wenn jedoch
1) gemäß §. 183, III. b. e. 6. ein Aushang an der Gcrichtsstelle die Insinuation ver-
trit; so läuft die Frist in Bezug auf die, der Person oder dem Aufenthalte
nach unbekannte, Partei erst von Ablauf des für den öffentlichen Aushang be
stimmten vierzehntägigen Zeitraums.
2) Wenn die Partei im Publikationstermin oder nach dessen Abhaltung erklärt,
daß sie die Zustellung einer Ausfertigung des Erkenntnisses nicht verlange, so
läuft die Frist vom protokollarischen Vermerke oder dem Eingange der desfal-
sigen Eingabe; und
3) wenn die Partei die Annahme des Urtels, oder die Ertheilung eines Empfang
scheins verweigert, so beginnt sie von dieser durch den Boten angezeigten
Weigerung.
4) In Bagatellsachen endlich beginnt die Restitutionsfrist mit dem angcstandcncn
Termin, in welchem das mit der Borladung verbundene Mandat wegen Nicht
erscheinens des Beklagten in die Kraft eines Kontumaziqlerkenntnisses überge
gangen ist. — Z. 3-6 u. 9 des Ges. vom 5. Mai 1838. — Res. vom 2«.
April 1S39 I. W. B. S. 15S.

Bei welcher Behörde di« Rechtsmittel angebracht werden müssen,


undBestimmung, wenn die Partei über die Art des zulässigen Rechts«
mittels zweifelhaft ist.
§. 187. !. Die Frist zur Einlegung jedes zulässigen Rechtsmittels ist lmr
dann gewahrt, wenn dasselbe innerhalb der gesetzlich dazu bestimmten Seit bei dem
jenigen Gerichte angebracht wird, welches das Erkenntniß erster Instanz abgefaßt Hot.?)
i) Das Geh. Ob. Trib. hat durch Plcnarbeschl. vom 13. Dennbr. 1841 (J. M.
Bl. 1842 S. 83) angenommen, daß in Generalkommissionssachen die von meh
ren Litiskonsorrcn aus ihrer Mitte gewählten Dcputirten zur Empfangnahme
des Urtels legitimirt sind, wenn sie auch nicht ausdrücklich dazu sutorifirt »er
den. Dieser Grundsatz muß auch auf andre Prozesse Anwendung finden, da in
diesem Betracht die für jene und diese Prozeßsachen gegebenen Gesetze diesel
ben sind.
i) Geht mithin ein die Anbringung eines Rechtsmittels betreffendes Gesuch bei der
nicht kompetenten Behörde ein, so muß diese es sofort dem Bittsteller zurück
geben, oder an das kompetente Gericht senden. Die Zwischenzeit von Einrei
chung bei dcr inkompetenten Behörde bis zur Präsentation bei dem gehörigen
Richter wird dem Provokanten nicht zu Gute gerechnet.
288
In Auseinandersetzungssachen ist das Rechtsmittel stets bei den die Auseinan
dersetzung leitenden Gcneralkommissionen, oder den ihre Stelle vertretenden Regie-
rungsabtheilungcn anzumelden.
Nur diejenige Behörde, bei welcher hiernach das Rechtsmittel angebracht wer
den muß, ist die Rechtskrast eines Erkenntnisses zu attestiren befugt. — §. I des
Ges. vom 2t. Juli 1«« GS. S. 294.
II. In Betreff ein und desselben Gegenstandes können von ein und derselben
Partei niemals zwei, verschiedene Rechtsmittel zugleich eingewendet werden. Ist je
doch eine Partei zweifelhaft, welches von mehren Rechtsmitteln in einem vorliegen
den Falle stattfinde, fo ist sie befugt, zur Wahrung ihrer Rechte die mehren Rechts
mittel gleichzeitig unter Beobachtung der für jedes derselben vorgeschriebenen Förm
lichkeit einzulegen. — Der Richter, welchem die Verfügung auf die angebrachten
Rechtsmittel zusteht, hat darüber einen vorläufigen Beschluß abzufassen. Er ver
fügt nur die Instruktion des von ihm für zulässig erachteten Rechtsmittels, und
setzt die Einleitung des Andern aus, dessen Einlegung dann auf die Vollstreckbarkeit
des Erkenntnisses ohne Einfluß ist. — Dem erkennenden Richter steht jedoch die
definitive Bestimmung darüber zu, welches Rechtsmittel das zulässige ist. Wenn er
einer andern Anficht ist, als der prozeßleitende Richter; so verordnet er durch ein
Resolut die Einleitung des von dem letztern ausgesetzten Rechtsmittels, welches dann
aufzunehmen, und zu instruiren ist. — Art. 16. Declar. vom 6. April 1839 GS. S. 132^

Zweiter Abschnitt.
Vom Rechtsmittel der Restitution (reslitutio in integrum, Wiederein
setzung in den vorigen Stand).
Fälle in denen es stattfindet,
z. 138. Das Rechtsmittel der Restitution kommt zur Anwendung,
1) wenn gegen einen, der gehörig erfolgten und bescheinigten Vorladung ungeachtet
im Klagebeantwortungstermin nicht erschienenen Beklagten Kontumazialer-
kenn^niß abgefaßt, oder in Bagatellsachen, wenn die Borladung in Kraft eines
Kontumazialerkenntnisses übergegangen ist;
2) gegen Purisikationsresolutionen, welche wegen Ausbleibens im Termin zur Ablei
stung eines rechtskräftig erkannten Eides in contnmsciam abgefaßt worden sind;
Z) gegen Präklusionserkenntnisse, wenn nemlich bekannte oder unbekannte Gläubiger
oder Berechtigte wegen Ausbleibens in dem zur Anmeldung ihrer Ansprüche an
gesetzten Termine ihrer Ansprüche ganz oder in Bezug auf gewisse Gegenstände
für verlustig erklärt (vrsscluöirt) sind. — A. G. O. I. 14 §. 69 fg. 5« §. 167
fg. 51 §. 3«, 37, 89 Nro. 3, Z. 106, 114, 117 fg. — Gef. vom 1. Juni 1833
Z. 69 GS. S. 37. — Cab.-Ord. vom 17. October 1833 Nro. 5 GS. S. 119. —
W. vom 4. März 1834 Z. 15 GS. S. 39. — V. vom 23. März 184« z. 1
GS. S. 1«2.
Begründung des Restitutionsgcsuchs, und Verfahren ^. wenn es
gegen Kontumazialurtel angebracht wird.
Z. 139. I. Gegen die wegen Ausbleibens des Beklagten im Klagebeantwor
tungstermin abgefaßten Kontumazialbescheide oder in Kraft des Kontumazial
urtel« übergegangenen Vorladungen im Bagatellprozesse steht dem Beklagten in
allen Prozessen wcgen Aivilansprü'chen, ohne Rücksicht auf das Prozeßobjckt, das
28S
Rechtsmittel >» «eftituri« zu. — Die im Wechselprozeß ergangenen Kontu
mazialbescheide bilden die einzige Ausnahme. Gegen diese ist Restitution nicht zu-
lassig. — X. G. O. I. 14 z. 73. Sit. 27, z. 19.
II. In Betreff der Frist, und der Behörde, bei welcher eS anzubringen, gilt
da« j. 185—187 hinsichtlich desselben Gesagte.
Uk. Da« Restitutionsgesuch kann schriftlich eingereicht, oder zu Protokoll ge
geben werden. Eine blosse Anmeldung reicht nicht aus. Es gehört vielmehr, ausser
der rechtszcitigen Einreichung, zur Begründung desselben, daß zugleich
1) erhebliche Ursachen, wodurch Beklagter der ergangenen Vorladung Folge zu lei
sten, verhindert wordcn, angegeben, und entweder sofort bescheinigt, oder doch
Bescheinigungsmittel darüber angezeigt; daß ferner
2) die zur vollständigen Einlassung auf die Klage und zu deren Beantwortung er
forderlichen Data angegeben, und
Z) dem Kläger alle bisher verursachten, und im Kontumazialbescheid festgesetzten
Kosten wirklich baar erstattet werden. Sind diese Kosten «der eine Quittung
des Klägers darüber, dem Rcstitutionsgcsuche nicht beigelegt, so muß, indem
darauf wegen der Sache selbst verordnet wird, zugleich die Exekution wegen der
Kosten selbst verfügt werden. Den zum Armenrechte sich qualifizirenden Beklag
ten ist jedoch gestattet, daß sie diese Kosten dem Gegner später ersetzen. — §. 71
u. 72, Tit. 14, I. A. G. O.
IV. Der prozeßlcitende Richter prüft das eingereichte Restitutionsgcsuch. Bei
kollegialischcn Gerichten steht diese Prüfung und der Bortrag darüber im Kolleg!«
dem Dezernenten zu. Ergibt sich
1) daß es erst nach Ablauf der Restitutionsfrift (§.185,186) eingegangen, so muß
es ohne Weiteres zurückgewiesen werden. Eben so ist
2) das Restitutionsgesuch nicht zuzulassen, wenn der Beklagte nicht darüber, daß im
Kontumazialbescheide die zum Grunde der Klage liegenden Thatsachen für ein
geräumt angenommen worden, sondern darüber, daß der Richter die in dem Be
scheide festgesetzten Folgen daraus hergeleitet hat, sich beschwert. Der Kontu
mazialbescheid erlangt in diesem Falle die Kraft eines eigentlichen Urtels.
3) In Possessoriensachen ist dem Erforderniß unter III. Nro. 1 nur dann ge
nügt, wenn Naturbegebenhciten «der andre unabwendbare Zufälle es dem Be
klagten unmöglich gemacht haben, den Termin in Person oder durch einen Be
vollmächtigten abzuwarten, und wenn derselbe zugleich nachweist, daß es ihm
ohne das geringste Verschulden von seiner Seite unmöglich gewesen sei, das ein
getretene unabwendbare Hinderniß vor dem Termine anzuzeigen. Fehlt also ein
solcher Nachweis, so muß die Zurückweisung des Gesuchs erfolgen.
4) Hat in andern Sachen der Beklagte im Restitutionsgesuch zwar die Klage, we
nigstens in der Hauptsache, gehörig beantwortet, jedoch keine erheblichen Ursa
chen, wodurch er verhindert worden, der Vorladung Folge zu leisten, angegeben;
so hängt es von der Erklärung des Gegners ab, ob er die Anberaumung eines
Jnftruktionstermins und die weitere Verhandlung noch in der ersten Instanz zu
lassen wolle oder nicht. ') Im letzten Falle ist das Reftitutionsversahren nicht
einzuleiten.
') In einem solchen Falle ist daher der Gegner vorerst zu fragen, ob er die Resti
tution zulasse. Ist die Sache appellabel und dazu angelhan, daß im Falle der
Appellation Termin zur Erwiderung auf die Appellationsbeschwerden oder deren
Instruktion anberaumt werden müßte; so muß Termin zu jener Erklärung und
Instruktion, «vevtuel aber zu letzterem Zweck angesetzt werden. — Nach dem
Verfahren dl« Ges. vom 9. Februar 1817 im Großherzogthum Posen muß das
Restitutisnsgesuch mit Beilagen doppelt eingereicht werden. Liegt nun der Fall
L90
ö) Hat der Beklagte die zur Beantwortung der Klage erforderlichen Data und
Nachrichten, wenigstens in der Hauptsache, nicht sogleich beigefügt; so kann das
Restitutionsgesuch ebenfalls nicht zugelassen werden. Neue Frist- und Proroga»
tionsgcsuche zur Einreichung der Antwort auf die Klage finden nicht Statt.
Nur wenn in Bagatellsachen das von einer rechtsunkundigen Partei
schriftlich «»gereichte Restitutionsgesuch hinsichtlich der Klagebeantwortung, oder
in sonst etwas unvollständig ist, kann die Vervollständigung durch protokollari
sche Vernehmung erfolgen. — 74, 78. Anh. 125, Tit. 14. Anh. §. 2l4, Tit.
S1, 1. A. G. O. — Res. vom 4. Juni 1814. Jahrb. 4, S. 4. Gräff 2, S. 119.
V. In allen den Fällen, in denen nach Vorstehendem die Restitution zurück
gewiesen wird, muß, da durch das Restitutionsgcsuch Unzufriedenheit mit dem
Urtel ausgesprochen ist, die Sache im Appellationsverfahren eingeleitet wer
den, in sofern das Rechtsmittel der Appellation mit Rücksicht auf die im 4tcn Ab
schnitt d. T. enthaltenen Vorschriften zulässig ist. Die Verhandlung geschieht dann
gemäß dieser Vorschriften, und bei dem darnach kompetenten Richter. Ist demgemäß die
Sache in zweiter Instanz verhandelt worden; so steht dem Kläger dennoch später frei,
darauf anzutragen, daß in erster Instanz erkannt werde. Wenn in diesem Falle die
Verhandlung einer in erster Instanz vor das Untergcricht gehörenden Sache beim
Obergcricht erfolgt ist; so muß die Abfassung des Erkenntnisses erster Instanz beim
Obergericht geschehen. > ) — Hat der Beklagte bei der Verhandlung in der Appella
tionsinstanz Gegenforderungen angemeldet; so muß er, in sofern nicht nach dem
Antrage des Klägers in erster Instanz erkannt wird, damit zur besondcrn Verhand
lung verwiesen werden. Doch erfolgt diese Verhandlung bei dem Gerichte, bei wel
chem die Hauptsache schwebt, in sofern nicht ein Fall vorliegt, in welchem überhaupt
die Rekonvention an einen andern Richter gewiesen ist. ^)
Ist eine Sache, in welcher das eingereichte Restitutionsgesuch zurückgewiesen
wird, nicht appellabelz so behält das Kontumazialurtel unumstößliche Kraft. Nur
in dem unter IV, Nro. 2 bezeichneten Falle muß der Beklagte zum Rekurse verstat
tet werden, wenn er solchen erhebt, da in diesem Falle der Kontumazialbescheid die
Natur eines wirklichen Erkenntnisses hat. — Z. 26, 28, 74, 78, Anh. Z. 124—128,
Tit. 14, I. A. G. O.
VI. Wenn dagegen das Restitutionsgesuch für begründet erachtet, oder vom
Kläger gemäß IV, Nro. 4 in die Zulassung gewilligt wird; so erfolgt die Verhand
lung der Sache in erster Instanz und in der Prozeßform, zu welcher die Sache sich
eignet. Bei der Verhandlung müssen auch, in soweit es ohne besonderen Aufenthalt

unter IV. Nro. 4 vor; so wird dennoch Termin im mündlichen Verfahren zur
Verhandlung über das Restitutionsgesuch und evevt. zum Verfahren in Appel»
latorio angesetzt. Bewilligt Kläger die Restitution nicht, so wird durch blosse
Resolution des Gerichts der Verklagte mit dem Rcstit.- Gesuch abgewiesen, und
das Appellationsverfahren sofort eingeleitet. — ß. 64 fg. des gedachten Ges.
Der Grund dieser Abweichung liegt darin, weil sonst dem Untergcricht die Prü
fung und Beurtheilung der vom Obergericht veranlaßten Instruktion zustehen
würde, und leicht Kollisionen erwachsen könnten.
Fälle der Art, in denen der Richter der Hauxtsache nicht kompetent ist, sind:
1) wenn der Rekonvcntionsanspruch vor das f,,r„m rei sit,ie gehört, der Klä
ger kein Ausländer, und die Hauptklage nicht beim Realrichtcr angestellt ist;
2) wenn die Gegenforderung gesetzlich vor ein Spczial-Forum gehört, und der
Prozeß vor dem gewöhnlichen Richter verhandelt wird, oder umgekehrt;
Z) wenn der Richter der Hauptsache findet, daß die an sich vor einen andern
inländischen Richter gehörige Gegenforderung eine weitläufige Instruktion er
fordern dürfte, die bei diesem schleuniger und billiger, als bei ihm, würde er
folgen können, und er um deshalb die Widerklag« an dm ordentlichen Rich
ter verweist.
291
geschehen kain, z«r »ler)«Mg des angeschuliigten Ungehorsams «„gegebenen
Umstände zugleich untersucht werden. Nach Abschluß der Sache erkennt der Rich
ter, welchem in erster Instanz die Abfassung de« Urtels zukommt, nach Lage der
Akten, wie sich die Sache durch Berbandliinz auf das Rcstitutionsgcsuch herausge
stellt hat. Die« Erkenntniß ist als das erste in der Sache anzusehen, und den ge
gen ein solche« erste« Urtel zulässigen Rechtsmitteln unterworfen.') — Ergibt sich
bei Abfassung dc« Erkenntnisses, daß die Restituticnsgründc nicht gerechtfertigt wa
ren; so kann Beklagter, selbst, wenn er in der Hauptsache ein obsicgliches Urtel er
langt, wegen seiner Geringschätzung der richterlichen Verfügungen mit 5 bis 20 Thlr.
Gcldbusse oder verkäitiiißmässiger Gefängnißstrafe belegt «erben. — §, 75 —77, Anh.
z. 125 c>. a. O.
VN. Bringt in einem Prozesse, in welchen, ein Rcstitittionsgcsuch vom Be
klagten angebracht und zugelassen ist, Kläger das Rechtsmittel der Appel
lation cm, indem er behauptet, daß aus den in c-ynlumacism für richtig ange
nommenen Thatsachen noch mehr zu feinem Vorthcile folge, als der Richter im Kon
tumazialbescheide festgesetzt hat; fo muß die Appellation des Klägers ausgesetzt blei
ben, bis, nach der auf das Restitutionsgcsuch crftlgtcn, Verhandlung erkannt ist. —
Dagegen behält ein Kontumazialbescheid, wenn er auf das Restituticnsgcsuch des
Beklagten in Bezug auf diesen aufgehoben worden, gegen den Kläger, wenn er
gegen diesen nachtheilige Festsetzungen enthält, und von demselben durch ei» Rechts
mittel nicht angefochten ist, unumstößliche Kraft. 2) — z. 79 a. o. O. — Res. vom
». Dccember t3Z4. Mannkopf Era. A. G. O. 2, S. ?«. Gräff, Kock, zc.
Erg. I». S. 283.
S. wenn e« gegen Purifikationsrcsolutionen erhoben ist;
Z, ISO. I. Gegen Purifikationsresolutionen, welche wegen Ausblei
bens in dem zur Ableistung eines rechtskräftig erkannten Eides in contumsoism
abgefaßt sind, ist da« Rechtsmittel der Restitution zulässig, der Eid mag durch daS
erste, oder das zweite, oder daS dritte Urtel zuerkannt sein. — Das Restitution?-
gesuch muß innerhalb zehn Tagen, vom Tage der Zustellunq der Puriffkationsreso-
lution ab gerechnet, angebracht werden.
Zur Begründung des Gesuchs gehört wesentlich
1) das Erbiete» zur Ableistung de« Eides, und
2) die Angabe der Ursachen, durch welche das Erscheinen in dem anberaumt
gewesenen Termine verhindert worden ist, so wie der Bescheinigungsmit
tel hierüber nach Vorschrift der Bestimmung Z. 189, III. Nro. 1, oder eine
Bescheinigung der Einwilligung des Gegners in die Zulassung zur
Restitution. — Z. I, 2 des Ges. vom 28. März 184« GS. S. 102.
II. Wird das Gesuch begründet befunden, so setzt das Gericht, unter Mitthei-
lung des Gesuchs an den Gegner, einen Termin zur Ableistung des Eides an. Eine
Verlegung dieses Termins ist nur zulässig, wen» klar erhellet, daß Naturbcgebenhei-.
ten oder andere unabwendbare Zufälle dem zur Eidesleistung Vorgeladenen das Er
scheinen unmöglich machen. — Wird
I) im Termin der Eid geleistet, so spricht daS Gericht mit Aufhebung der Kontu-
mazialresolution die für den Fall der Eidesleistung erkannte Folge durch einen
1) An« einem Kontumazialurtel findet während der Nestltutionsfrift, und wenn
ein Reftitutionsgesuch angebracht und zugelassen ist, während des ganzen Ver
fahrens und bis zur rechtskräftigen anderweitcn Entscheidung keine Erckution statt.
Die Bestimmungen des Z. 198 gelten jedoch auch hier.
Ist also der vom Kläger eingeklagte Anspruch im Kontumazialurtel herabgesetzt,
so kann, wenn Kläger dag gen kein Rechtsmittel ergreift, derselbe im Reftitu-
tien«,erfabren nicht mehr geltend machen, als im Kontum.-Urrel festgesetzt ist.
1V«
LS2
Bescheid aus, die Kosten des früher zur Eidesleistung anberaumt gewesenen
Termin« und der Kontumazialresolution fallen aber dem Jmploranten zur Last.
2) Bleibt die Partei, welche schwören soll, auch in diesem Termine aus, oder
leistet sie den Eid nicht, so ist durch einen Bescheid die Zurückweisung deS
Restitutionsgesuchs und die Aufrechthaltung der in oontumsvism ergangenen
Purifikations-Resolution auszusprechen. Ein ferneres Restitutionsgesuch findet
nicht statt. — Z. 3—5 a. a. O.
III. Den Bescheid über die Restitution faßt eben so, wie die Purifikationsre-
solution selbst, in allen Fällen dasjenige Gericht ab, welches in der ersten In
stanz erkannt hat. — §. 6 a. o. O. ^
L. wenn es gegen Präklusionserkenntnisse gerichtet ist.
19t. I. Durch das gegen Präklusionserkenntnisse angebrachte Rechtsmittel
der Restitution wird die Erhaltung der durch die ?rselusoris gefährdeten Rechte
bezweckt. Dasselbe findet gegen Präklusionserkenntnisse aller Art > ) Anwendung. Aus
geschlossen ist es nur
1) im Diffamations - und Provokationsprozesse, wenn bis Ablauf der
letzten präklusivischen Frist und selbst im anberaumten Termin Provokat sich
weder gemeldet, noch die wirklich erfolgte Anstellung der Klage bescheinigt hat,
und demnächst das dem Provokaten ein ewiges Stillschweigen auferlegende Prci-
klusionsurtel abgefaßt ist;
2) in dem Falle, wenn ein an Werth nicht die Summe von hundert Thalern oder
mehr erreichender gefundener Gegenstand dem Finder allein, oder diesem und
der Ortsarmenkasse zugeschlagen wird, weil der Verlierer sich weder gemeldet,
noch den Verlust mit einer deutlichen Beschreibung der Sache in den Zeitungen
der Provinz, in welcher der Zuschlag erfolgt, vor dem Zuschlage öffentlich be
kannt gemacht hat. 2) — z. 49—56, Tit. 9, I. A. L. R. — Z. 28, Tit. 32,
I. A. G. O.
II. Zur Begründung des Restitutionsgesuchs ist nur nöthig, daß es in-
') Dahin gehören z. B. I. die im Konkurs- und erbschaftlichen Liquidations-
prozeß gegen ausgebliebene Kreditoren ergangenen Präklusionserkenntnisse; —
z. 167, Tit. 50. K. 89, Tit. 51, I. A. G. O.
2. die Präklusion unbekannter Lehnsstamms - oder Fideikommißinteressenten ;
8. 52, 30, 37 a. a. O.
3. die Präklusion unbekannter und aufgebotener Realinteressenten z — §. 106
a. a. O. — §. 15 Ges. vom 4. März 1834 GS. S. 39.
4. die Präklusion der zu einer gefundenen Sache Berechtigten in einzelnen
Fällenz — §. 5«, 52, 55, Tit. 9, I. A. L. R.
5. die Präklusion unbekannter Interessenten beim Aufgebot von Spezialmas
sen nach erfolgter Subhastationz — V. vom 21. Oktober 1838. §. 1« GS.
S. 489.
6. die Präklusion unbekannter Gläubiger eines Verschwenders; — S. 278,
Tit. 51, l. A. G. O.
7. die Präklusion unbekannter und aufgebotener Inhaber eingetragener Po
sten, oder verlorner auf einen gewissen, oder auf jeden Inhaber oder auf Ordre
lautender Urkunden. — Z. 114, 115 fg. Anh. K. 385 fg. Tit. 51 a. a. O. ,c.
2) Schulz (die Lehre von den Rechtsmitteln :c. S. 171) führt noch mehre Fälle
nemlich die auf, wenn unbekannte Erben, Agnaten, Handlungs - oder Sozictätsgläu-
biger, öffentliche Bau- oder Kassengläubiger und unbekannte Depositalinteref-
ftntcn nach erfolgtem Aufgebot ihrer Rechte für ganz oder doch in einem gewis
sen Grade für verlustig erklärt sind. Doch kann in diesen Fällen, weil das Ge
setz nicht speziel von der Zulässigkeit des Restitutionsgesuchs spricht, dasselbe nicht
für ausgeschlossen erachtet werden. Es kommen vielmehr die allgemeinen Grund
sätze von Präklusionsttkenntnissen zur Anwendung, und darnach muß es zuge
lassen werden.
S98
nerhalb der im §. 186, I. hinsichtlich diese« Rechtsmittels vorgeschriebenen Frist an
gebracht wird. Demnächst werden die schon bekannten Interessenten damit bekannt
gemacht, und falls sie die im Rcstitutionsgesuche angemeldeten Rechte nicht anerken
nen, erfolgt deren Erörterung im Wege des Prozesses und unter Berücksichtigung
der für jeden speziellen Fall gegebenen besonderen Borschriften. — §. 167 fg. Tit.
SO, §. 178, «it. 51, I. A. G. O. — V. vom 16. Juni 1SI9 §. 1«, 12 GS. S. 1S7.

Dritter Abschnitt.
«om Rechtsmittel ve« Rekurse«, l)
FSlle in denen der Rekurs stattfindet.?)
§. 192. Das Rechtsmittel des Rekurse« steht zu gegen richterliche Ent
scheidungen etiler Instanz mit Einschluß der Agnitions- und Purifikationt-
resolutionen
1) in allen Prozessen der Unter- und Obergerichte einschließlich der Possessorien-
prozesse, wenn da« Objekt der Beschwerde 50 Thlr. nicht übersteigt, gleich viel,
ob der Gegenstand des Prozesses selbst ein Bagatell- oder ein größeres Objekt
ist. Bei Berechnung der Beschwerdesumme kommen die Borschriften des z. 69
(S. 126 fg.) zur Anwendung. Wenn mehre Personen als Kläger oder Be
klagte in einem Prozesse zugelassen worden sind, so wird die Frage: ob der
Rekurs oder die Appellation zulässig? unter Berücksichtigung des Gesammtbe-
trages der Forderungen oder Leistungen der mehren Streitgcnossen «) beantwor
tet. — Nicht zulässig ist der Rekurs nur
g) gegen Adjudikationserkenntnisfe im nothwendigen Subhastationspro-
zeß und
b) gegen Kontumazialbescheide; jedoch auch hier mit Ausnahme des Fal
les, wenn blos darüber, daß der Richter die in dem Bescheide festgesetzten
Folgen aus den für eingeräumt zu erachtenden Thatsachen hergeleitet hat,
nicht aber darüber, daß diese Thatsachen für eingeräumt angenommen sind,
Beschwerde geführt wird. In diesem Falle hat der Kontumazialbescheid die
Natur eines Erkenntnisses, und läßt daher den Rekurs zu;
2) wegen unrichtiger Entscheidung des Kostenpunktes,^) wenn in der Hauptsache selbst
kein Rechtsmittel zulässig ist, oder eingelegt wird.
3) Dieses Rechtsmittel ist ferner auch in dem Falle zulässig, wenn bei Exekutionen
>) Derjenige, welcher den Rekurs einlegt, wird Rekurrent, der Gegner aber Jm-
plorat genannt.
2) Hier ist nur vom Rekurs gegen Entscheidungen der Gerichtsbehörden die Rede.
In Betreff der gegen Verfügungen andrer Behörden zulässigen Rekurse gelten
andre Bestimmungen.
») Of. S. 298, Anm. S.
«) In Betreff der Kosten gelten jetzt folgende Grundsätze:
1) Gegen Entscheidungen erster Instanz über den Kostenpunkt, gleichviel, ob sie
die gerichtlichen oder aussergerichtlichen Kosten betreffen, ist, wenn in der
Hauptsache ein Rechtsmittel angebracht wird, die Beschwerde zugleich mit
diesem Rechtsmittel anzubringen. Wird nicht in der Hauptsache, sondern
nur über den Kostenpunkt Beschwerde geführt; so geschieht dies im Wegc
des Rekurses.
2) Die Beschwerde über die in Ilter Instanz erfolgte Entscheidung über den
Kostenpunkt kann nur mittelst des in der Hauptsache eingewendeten Rechts
mittels der Revision oder der Nichtigkeitsbeschwerde erhoben werden. Wird
«94
auf Unterlassung in Folge Übertretung de« Verpflichteten n«h d«- zur Feststel
lung der Übertretung nöthig gewordenen Beweisaufnahme die darauf gesetzte
Strafe durch Erkenntniß festgesetzt worden. Auf die Höhe der Straft resp. des
Beschwerdeobjekts kommt es hier nicht an. — Art. 1. Nro. 2 u. 3 der Deel,
vom 6. April 1839. — Nro. 22 Inst, vom 7. April 1839 GS. S. 126 fg.
142. — Res. vom 26. Oktober 1839 I. M. B. S. 354. — iz. 1« des
Gesetz, vom 21. Juli 1843 GS. S. 299. — Cabinets- Ordre vom 23. No
vember 1839 GS. .S. 336. — Res. vom 1. December1839 I. M.B. S.401.—
Res. vom 2. Januar 1841 I. M. B. S. 42. — V. vom 4. März 1834 g. 1«
GS. S. 33.
Rekursgründc; und in welcher Form das Rckursgesuch einzureichen.
Z. 193. I. Der Rekurs ist begründet:
2) wenn wesentliche Mängel bei der Instruktion vorgefallen, oder offenbar erhebliche
Thatsachen übergangen sind;
2) wenn gegen die klare Lage der Sache, oder gegen klare Rechte gesprochen ist;
3) überhaupt dann, wenn das Urtel einen Nechtsgrundsatz verletzt, dieser möge nun
auf einer ausdrücklichen Vorschrift des Gesetzes bcruhn, oder aus dem Sinne
und Zusammenhange der Gesetze Hervorgehn; und
4) wenn das Urtel einen solchen Nechtsgrundsatz i» Fällen, für welche er nicht be
stimmt ist, i» Anwendung bringt.
Das Rckursgesuch muH also eins dieser Momente enthalten, wenn es nicht durch
den Rekursrichter sofort als unbegründet zurückgewiesen werden soll. — §. 18, Tit.
26, I. A. G. D. — Art. 1 Nro. 2 der Declar. vom 6. April 1839.
II. Eine bestimmte Form ist für das Rckursgesuch nicht vorgeschrieben.
Es muß innerhalb der §. 185, II. bestimmten Frist bei dem Gericht, bei welchem
das erste Erkenntniß ergangen ist, entweder schriftlich eingereicht, oder zum Proto
koll gegeben werden.') Wenn Rekurrent sich auf dem Gericht dazu meldet, kann
die protokollarische Riederschreibung nicht verweigert werden.. Eine blosse Anmel
dung des Rekurses ohne Angabe des Rckursgrundes hat keinen Essckt. — Ges.
vom 21. Juli 1843 GS. S. 294. — Res. vom 14. Juni 1841 I. M. B. S. 206.
Verfügung auf das Rckursgesuch; Verfahren und Entscheidung.
§. 194. I. Die Prüfung, Einleitung, und definitive Entscheidung
der Rekursgcsuche, dieselben mögen gegen Erkenntnisse, Agnitions- und Purifikations-
resolute der Untergerichte, der Kreisjustizräthe, der Kommissarien für Bagatellsachen,
oder der Deputationen und Abtheilungen der Obergerichte eingelegt worden sein,
steht derjenigen Abtheilung des betreffenden Obcrgerichts zu, in wel
cher die Mcmorialien in gewöhnlichen Zivilprozcssen zum Vortrag kommen. 2) Nur
1) beim Obcrlandcsgcricht zu Posen sind sie der zweiten Abtheilung überwiesen, und
ein solches Rechtsmittel in der Hauptsache nicht eingelegt, so ist gegen den i»
der Ilten Entscheidung ausgesprochcnen Kostenpunkt gar keine Beschwerde zu
lässig (Art. 1 Deel vom 7. April 1839).
3) Betrifft die Beschwerde nur die Festsetzung der gerichtlichen oder aussergc-
richtlichc» Kosten, resp. die Höhe derselben: so findet kein Rechtsmittel, son
dern der Weg der Beschwerde an die dem festsetzenden Gerichte vorgesetzte
Aufsichtsbehörde statt. — §. 28, Tit. 23. K. 2, Tit. 14, I. A. G. O.
Die im Circ. Res. vom 26. Februar 1836 (Jahrb. 47, S. 317) zusammen
gestellten Grundsätze sind zum Theil nicht mehr anwendbar.
Der Umstand, daß das Rekursgesuch falsch bezeichnet wird, z. B. als Nich
tigkeitsbeschwerde, Appellationsbericht :c. ist gleichgiltig. — Ref. vom 10. Juni
1841 I. M. B. S. 218.
2) Also beim Kammergcricht dem Znsnuktionssenat, bei den Oberlandcsgerichten zu
2) in dem Kalle, wenn gegen ein, «sn der sonst zur Entscheidung der Rekurft kom
petenten Obergcrichtsabthcilung abgefaßtes Erkenntniß, der Rekurs ergriffen ist,
gebührt die Prüfung, Einleitung und Entscheidung demjenigen
Senat oder Kollegio, welches erkannt haben würde, wenn das Rechtsmittel
der Appellation gegen das betreffende Erkenntniß eingelegt wäre. ')
Geht demnach ein Rekursgesuch beim Prozcßrichter ein, so muß er eS in allen
Fällen, in denen es rcchtszcitig eingereicht ist, dem Rekursrichtcr nebst den Akten
zustellen. 2) — Untcrgerichtc und Kreisjustizräthe fügen zugleich einen motivirten
Bericht bei. — Res. «cm 16. Oktober 1«39 I. M. B. S. 34«. — Res. vom 14.
September 1842 I. M. B. S. 307.
II. Der beim Rckursrichter ernannte Dezernent trägt die Sache, wie andre
Memorialien, im Kollegio vor. Wird nun
1) der Rekurs für unzulässig, oder unbegründet gefunden, so wird er durch blosse
Verfügung zurückgewiesen, ->) in dieser Verfügung des eingegangenen Berichts, in
sofern solcher erstattet ist, und der erfolgten Einsicht der Akten Erwähnung ge-
than, und die Zurückweisung dem Richter erster Instanz unter Rücksendung der
Akten bekannt gemacht.
2) Wird er für zulässig erachtet; so wird dem Gegentheil das Rekursgesuch in Ab
schrift zugcfertigt mit der Aufforderung, seine Gegenerklärung binnen 14 Tagen
xräklusivischer Frist bei der verfügenden Behörde einzureichen. — Liegt eine der
g. 185, II. Rro. 1 —4 genannten schleunigen Prozeßakten vor; so wird zur Ein?
reichung der Gegenerklärung nur die daselbst zur Einrcichung der Rekursschrift
vorgeschriebene kürzere Frist bewilligt. — (5ab,-Ord. vom 8. August 1832 Nro.
3 c. cl. GS. S. 199. — Deel, vom 6. April 1839 Art, 14.
III. Neue Thatsachen oder Beweismittel werden im Rckursverfahrcn nicht be
rücksichtigt. Es ist ein blosses Dcdukkionsvcrfahrcn. Wenn jedoch au« den Akten
sich ergibt, daß bei der Instruktion Mängel vorgefallen, oder erhebliche Thatsachen
übergangen sind; so wird vorerst die Ergänzung der Instruktion verfügt. Ist dazu
ein Termin nöthig, zu welchem die Parteien zu erscheinen haben, so werden diesel
ben unter der nach Maasgabe des AxpellationsverfahriNs vorgeschriebenen Warnung
vorgeladen. Im Termin selbst wird, wenn ein oder der andre Thcil nicht erscheint,
in conlumgcism verfahren. Handelt es sich daher »m Ableistung eines für er
heblich erachteten Eides, so erfolgt in coiitumscinm dessen Rcrmirung und die
weitere Veranlassung Behufs dessen Ableistung. Sind Parteien nur über Thatsa
chen zu befragen, und dieselben zu instruiren, und beide erscheinen nicht, so erfolgt
demnächst das Erkenntniß nach Lage der Akren. — K. l«, Tit. 26, I. A. G. O. —
Res. vom 17. März 1843 I. M. B. S. 9«. ß. 49, B. vom I. Juni IM.
Königsberg, Jnsterburg, Maricnwcrdcr, Cöslin, Hamm und Arnsberg dem Zi
vil-Senate, bei den Oberlandesgerichren zu Stettin, Ratibcr, Breslau, Glogau,
Frankfurt, Magdeburg, Halbcrstadt, Naumburg, Paderborn und Münster dem
ersten Senate, und beim Oberlandesgericht zu Bremberg dein Plenum. — Res.
vom 16. Oktober 1839.
>) Wenn also gegen ein vom Obcrlandcsgcrichtskollcgio zu Bremberg abgefaßtes
Erkenntniß der Rekurs erhoben wird; so gebührt die Prüfung und Entscheidung
dem Oberappellationsgericht zu Posen.
2) Dem Richter Iter Instanz steht durchaus keine Prüfung des Rekursgesuchs in
materieller Hinsicht zu.
Der Fall der Cab.-Ord. vom 8. August 1832 Nro. 3., in welchem der Rckursrichter
ohne Erfordcrung der Akten das bei ihm eingegangene Rekursgesuch als unzulässig
zurückweisen konnte, kann nicht mehr vorkommen. Denn reicht eine Partei bei ihm
das Rekursgesuch unmittelbar ein, so muß er es sofort dem Richter erster Instanz
zustellen, damit die Einreichungsfrist gewahrt werde; und diese« reicht es nebst Akten
zurück. Ist der erste Richter das Obergericht selbst, so. kommt das Gesuch zu den
Akten, und mit diesen in Bortrag.
296
IV. Nach erfolgter Ergänzung der Instruktion, oder nach Eingang der Ge
genausführung evont. nach Ablauf der dazu gestellten Frist wird ein besonderer Re
ferent ernannt, welcher auf Bortrag der Sache die Entscheidung in Form eines Be
scheides abfaßt, und die Zufertigung an die Parteien oder die Sendung an das Ge
richt Iter Instanz zur Zufertigung veranlaßt. — Ist der Rekurs gegen ein vom
Kommissarius oder einer Deputation des Obergerichts abgefaßtes Erkenntniß einge
legt worden, und sind die damit beauftragten Beamten zugleich Mitglieder der mit
der Erledigung des Rekursgesuchs beauftragten Behörde; so haben sie sich jeder
Mitwirkung bei der Entscheidung über den Rekurs zu enthalten. — Res. vom 16.
Oktober 1839 unter Nro. II. IN. I. M. B. S. 340.
V. Über die zur Abfassung des Bescheides vor einen Referenten gelangenden
Rekurssachen muß eine besondre Spruchkontrolle geführt, und deren Ergebniß bei
Einreichung der vierteljährigen Referententabellen in der Art, wie dies hinsichtlich
der summarischen und Bagatellsachen erster Instanz geschieht, angezeigt werden.') —
Nro. II. und III. Res. vom 16. Oktober 1839.
VI. Durch Einlegung des Rekurses wird die Vollstreckung des Erkenntnisse«
nicht aufgehalten. Doch kann der Rekursrichter nach Befinden der Umstände die
Sistirung des Vollzugs des Urtels anordnen. — Cab.-Ord. vom 8. Aug. 1832 Nro. 3, 6.
Verfahren beim Zusammentreffen des Rekurses und der
Appellation.
K. 195. Wenn in einem und demselben Prozesse das Rechtsmittel des Rekur
ses mit dem der Appellation zusammentrifft; so sind zwei Fälle zu unterscheiden.^)
I. Wird in einem Prozesse, in welchem mehre aus verschiedenen Geschäften
herrührende Forderungen den Gegenstand desselben ausmachen, von einer oder auch
von beiden Parteien bei dem einen Streitpunkt die Appellation, bei dem andern
der Rekurs eingewendet; so erfolgt zunächst die Erörterung und Entscheidung über
das Rechtsmittel der Appellation.») Das Rekursverfahrcn aber bleibt bis nach Er
ledigung jenes Rechtsmittels ausgesetzt.
II. Treffen dagegen die beiden Rechtsmittel in einem Prozesse über mehre,
«us einem und demselben Geschäfte hervorgegangene Streitpunkte, oder auch bei ei
nem und demselben Streitpunkte zusammen; so zieht die Appellation den Rekurs
dergestalt nach sich, daß dieser wie eine eigentliche Appellation behandelt, darüber
') In das nach Nro. 46 der Jnstr. vom 7. April 1839 (oben Z. 171, II.) zu füh
rende Protokollbuch kommen dergleichen Bescheide nicht, da bei ihnen der Grund
der dort enthaltenen Kontrolle wegfällt.
') Von einem Zusammentreffe» des Rekurses mit dem Rechtsmittel der Nichtig
keitsbeschwerde, wovon Art. 4 der Deel, vom 6. April 1839 sprach, kann nun
in Folge der Cab.-Ord. vom 23. November 1839 nicht mehr die Rede sein, da
jetzt Rekurs auch in Nichtbagatellsachen zulässig.
») Hier mögen zwei Beispiele erlaubt sein: Zu I. Kläger beansprucht in einem
Prozesse s<1 psss. auf Grund eines Kaufvertrags ISO Thlr. und zu psss. 1 2
aus einem Miethsvertrag 60 Thlr. Im ersten Urtel wird scl 1 nur 90 Thlr.,
sck 2 nur 4V Thlr. zugesprochen. Run ergreift Kläger hinsichtlich deö ersten
Passus wegen der abgesprochenen 60 Thlr. die Appellation, in Betreff der s<Z '2
abgesprochenen 2V Thlr. den Rekurs; hier wählt auch Beklagter wegen der
Verurtheilung zu 40 Thlr. den Rekurs. Die Verhandlung in Betreff der Re
kurse bleibt ausgesetzt, und es erfolgt vorerst die Erörterung und Entscheidung
der Appellation.
Zu II. Es klagt Jemand blos aus einem Kaufgeschäft 160 Thlr. ein, und
es werden 110 Thlr. zugesprochen. Hiernächst wendet Kläger wegen der abge
sprochenen 40 Thlr. den Rekurs, Beklagter aber wegen Verurtheilung zu 110
Thlr. die Appellation ein. In diesem Falle werden beide Rechtsmittel nach den
Vorschriften über das Appellationsverfahren «erhandelt, und vom AppellationS-
richter wird über beide zugleich in Einem Urtel erkannt.
297
gleichzeitig, jedoch in getrennten Akten, «erhandelt, und durch dasselbe »«m Xppellari«»s-
richter abzufassende Erkenntnisse entscheiden wird.
Wird die angebrachte Appellation vor Entscheidung zurückgenommen; so trit da«
gewöhnliche Rekursverfahren , und die Entscheidung durch den Rekursrichter ein. —
§. 9, V. vom 14. Decbr. 1833 GS. S. 302. — Deel, vom 6. April 1839. Art.
4 GS. S. 126. — Eob.-O. «om 23. Novbr. 1839. GS. S. 336. — Res. vom 10.
Rovbr. 184« I. M. B. S. 385.
Gerichtskosten und Mandatariengebühren.
§. 196. I. Was die Kosten der Rekursinstanz betrifft, so werden
1) dieselben dem Rekurrenten zur Last gelegt, wenn das Rechtsmittel als unzulässig
oder unbegründet verworfen wird.
2) Erfolgt dagegen eine Abänderung des ersten Erkenntnisses; so werden die Kosten
dieses Erkenntnisses niedergeschlagen, es wird hinsichtlich der übrigen Kosten «-
ster Instanz »ach Maasgabe der Entscheidung über die Hauptsache erkannt,
und die Kosten des Rekursverfahrens werden kompensirt.
II. An Gcrichtskosten werden, ausser den von der Salarien-Kasse verauslagte»
Porto» und andern Auslagen, wozu jedoch Copialien nicht zu rechnen sind, liquidirt,
1) wenn das Rekursgesuch ohne Mittheilung an den Gegner zurückgewiesen wird,
ein Pauschquantum von 3 bis 6 Sgr.
2) Wird die Sache nach Mittheilung des Rekursgesuchs an den Gegner durch
Entsagung, Vergleich, oder Ancrkenntniß beendigt; so kommen von jedem ange
fangenen Thaler der in die Rekursinstanz gediehenen Summen 1^ Sgr. in An
satz. Doch ist der mindeste Satz dieses Pauschquanti 6 Sgr.
3) Wird die Sache nach vorheriger Mittheilung des Rekursgesuchs durch einen Be
scheid des erkennenden Richters erledigt; so kommen von jedem angefangenen
Thaler der in die Rekursinstanz gediehenen Summe 3 Sgr., und wenn hiernach
das Pauschquantum weniger als 9 Sgr. betragen würde, 9 Sgr. an Kosten in
Ansatz, ohne Rücksicht darauf, ob eine Gegenerklärung eingegangen ist oder nicht. —
Res. vom 29. Juni 1836. Jahrb. 47, S. 556. — Geb.-Tare vom 9. Octobr.
1833. III. Nro. 1. s. b. c. Nro. 5. — Res. vom 6. Juli 1839 Nr«. 1—Z
I. M. B. S. 2S2.
III. Die Gebühren der Justizkommissaricn für Anfertigung des Rekurige-
suchs und dessen Beantwortung sind mit Rücksicht auf die bei Nichtigkeitsbeschwer
den stattfindenden Grundsätze auf 1j Sgr. von jedem angefangenen Thaler einschließlich
der Copialien festzusetzen. Jedoch können sie nach Umständen auf einen geringem
Betrag bestimmt, und sie müssen sogar ganz abgesprochen werden, wenn ein Justiz-
kommissar einen offenbar grundlosen Rekurs angebracht, und verfolgt hat, ohne zu
den Akten den Nachweis zu bringen, daß er das Gesuch auf ausdrückliche« Verlan
gen der Partei und gegen seine eigne Ansicht eingelegt hat. — Res. vom 6. Juli
1839 Schlußsatz. — Art. 12 der Deel, vom 6. April 18Z6.

Vierter Abschnitt.
Zvom. Rechtsmittel der VppeNation.
Dessen Aulässigkeit und Unzulässigkeit,
z. 197. I. Das Rechtsmittel der Appellation findet in allen Fällen statt, in
welchen der Gegenstand der Beschwerde unschätzbar ist, oder nach Gelbe te»
' ) Derjenige, welcher das Rechtsmittel der Appellation ergreift, heißt Appellant,
der Gegner Appell«.
298
Uchnet die Summe von 50 Thlr. übersteigt. > ) Was bei Einlegung des Rechts
mittels unter den. Parteien nicht mehr streitig ist, kommt daher nicht in Anrech
nung. Bei Berechnung des Beschwerdeobjekts kommen die Vorschriften des ß. 69
(S. 126 fg.) zur Anwendung. Grundgercchtigkeitcn gehören auch in Betreff des
Rechtsmittels der Appellation zu den Gegenständen, welche nach Gclde nicht abzu
schätzen sind. Damit bei Grundgercchtigkeiten für den Fall einer theilwciscn Aber
kennung oder Zuerkennung hie Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht zweifelhaft werde;
ist die Vernehmung der Parteien über deren Werth schon in erster Instanz, so weit
es geschehen kann, auf die einzelnen in Anspruch genommenen Rechte zu richten. ^)
Sind mehre Forderungen in einem Prozesse streitig; so werden
1) die aus einem und demselben Hauptgeschäft entspringenden Ansprüche, die Ge
genstand der Beschwerde sind, zusammengerechnet, und darnach die Appellabilität
beurtheiltz dagegen ist, wenn
2) die verschiedenen Forderungen auf verschiedene Geschäfte sich gründen, die Zuläs
sigkeit des Rechtsmittels nach jeder einzelnen Forderung zu beurtheiien. Nur
bei Einklagung eines Saldo findet die 69, I. beregte Ausnahme statt.
In allen Fällen, in welchen mehre Personen als Kläger oder Beklagte in einem
Prozesse zugelassen worden sind, ist die Zulässigkeit des Rechtsmittels nach dem Gc-
sammtbetrage der von den mehren Streitgenossen oder deren Gegner als Gegenstand
der Appellation geeigneten Forderungen oder Leistungen zu beurtheilen.») — §. 2, 8,
» der Berord. vom 21. Juli I84Z GS. S. 297. — Anh. Z. 109 A. G. O. —
Art. 1 Ges. vom 6. April 1839 GS. S. 126. — Res. vom 11. Januar. 1844
I. M. B. «. 2«.
II. Ausgeschlossen ist das Rechtsmittel der Appellation
1) in allen Fällen, in denen das Objekt der Beschwerde 50 Thlr. nicht übersteigt;
oder in sofern die Beschwerde blos den Kostenpunkt betrifft;
Der Z. 2Z, Tit. 22 der Proz.-Ord. bildet keine Ausnahme. Das Rechtsmittel
der Appellation ist daher auch dann bei cincm Objekte über 50 Thlr. zulässig,
wenn bei nicht geschehener Leistung einer zuerkannten Handlung oder Sache der
Berechtigte sein Interesse liquidirr, und es sich um dessen Festsetzung fragt.
«Z In dem Res. vom 15. Mai 1»44 (I. M. B. S. 12«) wird der Fall erwähnt,
wenn Jemand auf Wegräumung mchrer in der Mauer des Hauses angebrachte
Wandschränke klagt. Es ist zugleich die Frage aufgestellt: ob hier der Gegen
stand des Prozesses eine GrundgcrechtigZeit oder ein zu leistendes Factum sei?
Ohne Rücksicht auf einen speziellen Fall läßt sich diese Frage nicht genau be
antworten. Ist die Mauer, in welcher die Wandschränke sind, gemeinschaftliches
Eigenthum beider Theile, dann kann von einer Grundgerechtigkeit nicht die Rede
sein; eben so wenig, als wenn dieselbe dem Beklagte» allein gehört. Dagegen
wird dies anders sein, wenn die Mauer alleiniges Eigcnthum des Klägers ist,
und Beklagter behauptet, daß er ein Recht auf Erhaltung der Wandschränke in
der fremden Mauer erlangt habe.
«) Mit Rücksicht auf §. 1« des Gef. vom 21. Juli 1843 (GS. S. 299) und
Z. 14 g, Tit. 14, I. A. G. O. gilt demnach folgendes beim Vorhandensein meh
rer Streitgenossen:
s) Ergreifen die mehren Kläger oder Beklagte auch nur zum Theil die Appel
lation, so ist die Zulässigkeit darnach zu beurtheilen, ob sowohl der Streit
gegenstand, derentwegen sie appelliren, als der der übrigen nicht appelliren-
den Streitgenossen, in soweit diese noch später der Appellation beitreten kön
nen, wenn jene ein günstigeres Urtel erlangen, zusammengerechnet eine ap-
pellable Summe bildet.
b) Appellirt der Gegner mehrer Streitgenossen; so ist die Appellabilität nach
den den Appellationsbeschwerden unterworfenen Streitobjekten aller Appella-
ten zu beurtheilen.
In welchem VcrhSltniß die Streitgenossen sonst zu einander stehen, ob der
Streitgegenstand, welcher dieselben berührt, theilbar sei, oder nicht u, s. w., dar
auf kommt es nicht an. — tt. auch §. 199, I.
2) in Jnjurienprozessen; de«gl. gegen Purifitati«»sr«s,lutto«e«z
3) in Betreff der im ersten Urtcl einer Partei zuerkannten Prozeßftrafe», si«
seien Geld- oder Gefängnißstrafen oder dcr Verlust des Rechts, einen nothwen-
digen Eid leisten zu können (H. 17«, V.);
4) in Possessorienprozeßsachen;
5) gcgen die in »othwcndigcr Sub Hastation ergangenen Adjuditatiooöurtel ,
6) gegen die im Diffamations - und Provokationsprozeß dchnitiv abge
faßten Praklusionscrkenntnissc.
7) In Prozessen auf Wahn- und BlödsinnigkcitSerklärung steht d« Ber-
wandten des Prcvokaten gegen das zu ihrem Nachtheil ergangene Urtel Kin
Rechtsmittel zu. Dem Kurator des Provokaten dagegen stehen die gewöhnli
chen Rechtsmittel zu Gebote. '
8) Wegen blosser Jnzidentpu nktc, welche die Instruktion der Sache betreffen,
und in dem Urtel mit entschieden sind, kann nur alsdann appellirt werden, wenn
zugleich das aus solcher Entscheidung mithersiiessende Erkenntniß in der Haupt
sache angefochten wird. — Art. 1 Verlar, vom 6. April 1639. — Z. S, N».
Tit. 14. z. 1«. Tit. Zt. §. 14, Tit. 34. K. «, Tit. 38. j. 60, Tit.
62. j. 2S, Tit. 32, l. A. G. O. — K. Ä des Ges. vom S. M« 18SS GS.
S. 275.
III. Dem Richter steht die Befugniß zu, in Fallen, in welchen di« Apfttl-
larion, dem Gegenstande »ach, sonst zulässig sein würde, solche dennoch zu ver
werfen, wenn die Entscheidung ganz unzweifelhaft und die Appellation offenbar nur
zum Vcrschleif der Sache eingewendet worden ist.') — Z. III, Anh. z. A. B. O.
IV. Verwirft der Richter erster Instanz eine bei ihm angemeldete Appellation
als unzulässig; so steht dem Appellanten dagegen binnen 4 Wochen die Beschwerde
(Rekurs) an die diesem Richter unmittelbar vorgesetzte Behörde offen. Die Letzte»
prüft den Vcrwerfuiigsgnmd, allenfalls nach Erforderung der Akten, und verfügt
das Röthige. Gegen diese Verfügung sindct kein weiteres Rechtsmittel statt. Läßt
Appellant vier Wochen verstreichen, ohne gcgen die ZurückweisungSverfügung Rekurs
einzureichen; so wird das Urtel erster Instanz rechtskräftig und eS ist später kein
Rekurs, auch kein andres Rechtsmittel mehr zulässig. — H. 4 K., Tit. 14, l. A. ».
O. — Res. vom 5. März 1642 I. M. B. S. 177.
V. Ist in erster Instanz vo» einer AuseinandersetzungSbchörde erkannt; dem
nächst aber in Ilter Instanz auf dem tz. 5, (S. Iii) vorgeschriebenen Weg« ausge-
mittelt, daß der Prozeß vor die ordentlichen Gerichte gehöre; so ist derselbe in den
höheren Instanzen von den Gerichten fortzusetzen und zu entscheiden, okne daß es
einer nochmaligen Entscheidung in crftcr Instanz durch das kompetente Gericht be
darf. — Cab.-Ord. vom 12. April 1844 GS. S. 119.
Wirkung dcr Appellation in Bezug auf die Volistreckbarteit dss
ersten Urtels.
§, 198. I. Wen» das Rechtsmittel dcr Appellation eingewendet und zuMas
se» uird; so muß die Vollstreckung des ersten Urtels iu der Regel ausge
setzt bleiben. Die Appellation hat mithin in der Siegel Suspensiveffekt.?)
Doch betrifft diese Wirkung immer nur die Ansprüche, in Betreff deren das Rechts-
mitttl ergriffen ist. Dagegen ist der rechtskräftig gewordene Thcil des ersten Er-
>) Dies wird namentlich bci Agttitioiiörcsolutioncn in der Regel dcr Fall sei» «irjs-
sen. Doch ist in Betreff derselben das Rechtsmittel dcr Appellation nicht un
bedingt ausgeschlossen.
2) Der Gegensatz ist Dcvolutweffctt, wenn nemlich lrctz des Rcchrsmittels das erste
Urtel vollstreckt wird.
300
kenntnissei, der Einwendung des Rechtsmittels hinsichtlich anderer Punkte ungeach
tet, «ollstreckbar. Es versteht sich aber von selbst, daß, wenn in einem aus mehren
Punkten, oder Forderungen und Gegenforderungen bestehenden Prozesse auch nur
gegen Entscheidungen über gewisse Präjudizialfragen appellirt worden ist,
von denen die Bestimmung einzelner Punkte dergestallt abhängt, daß, wenn bei
den Präjudizialfragen das erste Urtel zum Besten des Appellanten geändert würde,
auch bei den einzelnen Punkten anderweite Bestimmungen zu seinem Vortheile von
selbst eintreten müßten, alsdann bei der Berechnung der erekutionsfähigen Summe
dergleichen einzelne Posten, wenn auch darüber nicht ausdrücklich uud besonders ap
pellirt wäre, dennoch nicht mit in Anschlag kommen dürfen. — Z. 5, 1«, l. 14 A. G. O.
II. Der Apellation ungeachtet ist die Bollstreckung des ersten Urtels zulässig:
^. wenn Jemand verurtheilt ist, dem andern Alimente zu geben. Doch darf er
bis zur rechtskräftigen Entscheidung, und gleichviel, wenn auch das Ute Urtel ihn
davon entbände, nur die im ersten Urtel zuerkannten, vom Tage der angemeldeten
Klage laufenden, Alimente zahlen. >) — Ist die Verpflichtung zur Alimentenzah
lung von einem erkannten Eide abhängig; so bleibt die Alimentenzahlung bis zur
Eidesleistung ausgesetzt.
L. Wenn Gefahr beim Verzuge ist, dergestalt, daß aus genauer und sorgfäl
tiger Erwägung der obwaltenden Umstände sich findet, daß durch längeren Ausschub
der Exekution dem Appellaten ein wichtiger und unersetzlicher Schaden zugefügt wer
den würde. Wenn in diesem Fall Appellat, der Appellation ungeachtet, auf Exe
kution dringt; so muß Appellant entweder
s) dem Erkenntnisse Gnüge leisten, oder
d) die etwa streitige Summe «der Sache gerichtlich niederlegen, oder
o) wegen künftiger Befolgung des Urtels, wenn dasselbe in den weitern In
stanzen bestätigt würde, hinlängliche Sicherheit, wofür jedoch blos eidliche
Kaution nicht zu achten, bestellen. — Behauptet Appellant aus nicht unerheblichen
Gründen, daß ihm aus der Vollziehung des Erkenntnisses ein beträchtlicher Scha
den bevorstehe, dessen Ersatz er vom Appellaten, wenn das Erkenntniß in den fol
genden Instanzen geändert würde, nicht erhalten zu können Gefahr laufe; so muß
der Richter in einem besondern, ausserhalb des Appellationsverfahrens, und mög
lichst nahe zu bestimmenden Termine die Parteien gegen einander hören, und dann
durch eine Resolution festsetzen,») in wiefern dennoch mit der Exekution entweder
nach dem ganzen Umfange des Erkenntnisses, oder unter gewissen schicklichen, die
Den Alimenten sind Altentheilsprästationen gleichgestellt. Anders ist es dagegen
bei Pensionen und bei Emolumentenforderungen aus Bedienungen. Hier hat
das Erkenntniß Suspensiveffekt. — Sind auf Grund des ersten Urtels Alimente
gezahlt, im zweiten Urtel dagegen die Alimente des ersten Urtels herabgefetzt
oder ganz aberkannt, so können die gezahlten Alimente weder durch Kompensa
tion mit späteren Leistungen, noch durch Exekution ohne Weiteres zurückverlangt
werden. Es ist deshalb vielmehr Klage und besonderes Erkenntniß nöthig. —
§. 19, Tit. 49, I. A. G. O. — Res. vom 2«. Oktober 1S24 und vom 1. März
1834. Jahrb. 24, S. 307. 43, S. 104. — Res. vom 14. December 1827.
Mannkopf Erg. z. A. G. O. II. S. 1«. Res. vom 12. Januar 1827.
GrSfs, Koch ic. Erg. III. S. 272. Zweifelhaft ist, ob der Devolutiveffekt des
ersten Erkenntnisses auch den Erben oder Zessionarien des ursprünglich berech
tigten Alimentenforderers zu Statten komme. Dies muß aber bejat werden, da
die Bevorzugung der Alimente an dem Anspruch selbst klebt, und ohne Rücksicht
bewilligt ist.
») Gegen diese Resolution ist zwar eine Beschwerde (Rekurs) an die vorgesetzte Be
hörde des verfügenden Richters zulässig. Doch können auf diese Beschwerde nur
in formeller Beziehung Mängel gerügt werden, d. h. das Resolut darf nicht in
materieller Beziehung abgeändert werden, sondern die Aufsichtsbehörde darf nur
prüfen, ob der Exekutionsxichter die vorstehend sub II. ertheilten Vorschriften
301
Gefahr des Schaden« oder Verluftes auSschliessenben MaaSgabe» zu «»fahren,
oder der Appellat zuförderst zur Kautionsleistung anzuhalten, oder der Appellation
die völlige Wirkung (Suspensiveffekt) beizulegen sei.
Eine solche Resolution gilt jedoch nur als Interimistikum bis zum Urtel Nter
Instanz. Sur näheren Bestimmung des in solchen Fällen stattfindenden richterli
chen Ermessens ist noch angeordnet:
1) daß eine gänzliche Entsetzung aus dem wirklichen Besitze während der Appel
lation in der Regel nicht stattfinde z e« märe denn von dem Besitze eines Rech
te« die Rede, au« dessen fernerer Ausübung dem Appellanten ein unwieder
bringlicher Schade bevorstände,
2) daß, wenn der Nachtheil, welchen Appellant au« einer während der Appellation
erfolgenden Vollstreckung de« ersten Uttels bei einer in der Folge zu seinem Be
sten erkannten Abänderung des'elben zu besorgen hat, nicht mit hinlänglicher
Gewißheit nach Velde geschätzt werden kann, keine Exekution stattfinde;
3) daß hingegen, sobald eine solche Schätzung nach Gelbe geschehen kann, der Appellat
in der Regel zu hören sei, wenn er gegen baare Niederlegung dieser Geldsum,
me auf die Exekution dringen will. — §. 6—8, Anh. Z. 112, «it. 14, I. A.
G. O. — Res. vom 24. Jan. 1805. Mathi«, Bd. 1, S. 334.
III. Ausserdem sind durch das Gesetz noch folgende spezielle Fälle be
zeichnet, in welchen theils wegen Dringlichkeit der Sache, theils zur Abwendung sonst
unvermeidlicher Nachtheile dem ersten Urtel während der ferneren Instanzen Boll-
ftreckbarkeit inwvhnt. — Diese Fälle find:
1) wenn in Prozessen zwischen Herrschaft und Gesinde jene zur Abschaffung
des letztern durch Urtel für befugt erachtet ist. In einem solchen Falle muß die
Instruktion in der Appellationsinstanz zugleich auf die AuSmittelung des In
teresse gerichtet werden, welches das Gesinde dann fordern kann, wenn die Herr
schaft mit der behaupteten Entlassungsbefugniß rechtskräftig abgewiesen werden
sollte. — Dagegen hat die Appellation volle Wirkung, wenn das Gesinde zur
Fortsetzung des Dienstes verurtheilt ist. — Anh. §. 1l3, z. A. G. O.
2) Erkenntnisse, welche in Folge der im Mandatsprozeß gegen das erlassene
Mandat erhobenen Einwendungen ergangen, sind trotz der Appellation vollstreck
bar, dieselben mögen nun auf Zurücknahme des Mandat« oder aus Vollftrek-
kung der Exekution lauten. — Z. 14, Jnstr. vom 24. Juli 1833.
3) In Prozessen wegen der §. 77, II. Rro. 1 (S. 137) bezeichneten Gegenstände
(den früheren Exekutivprozeßsachen) hat die Appellation ebenfall« Devo
lutiveffekt. — 8. 4«, B. vom 1. Juni 1833 GS. S. 37. — «es. vom I.
Septbr. 1835. Jahrb. 44, S. 89.
4) Gleiches gilt in Betreff der im Wechselprozeß ergangenen, §. 33, 34 Anh.
§. 186, Tit. 27, I. A. G. O. — Res. vom 5. Aug. 1836. Jahrb. 48, S. 22«.
5) so wie hinsichtlich der, auf die in der Exekutionsinstanz erhobenen Ein
wendungen abgefaßten Erkenntnisse. — Z. 40, Tit. 24, I. A. G. O. — Exek.«
Ges. vom 4. März 1834 §. 6 GS. S. 31.
6) In Prozessen auf Wahn- und Blödsinnigkeit«« und Prodigalitats-
Erklärung haben die vom Provokaten resp. dessen Kurator eingewendeten
Rechtsmittel nur die Wirkung, daß die Anordnung der zur Sicherung des Ver
mögens des Provokaten nöthigen Sicherheitsmaßregeln erfolgt, und daß e« da
bei bis zur rechtskräftigen Entscheidung, selbst wenn in Ilter Instanz da« erste
Uttel zu seinen Gunsten geändert wird, verbleibt. — Nur dann, wenn Provokat,
'gehörig befolgt hat, und kann evevt. denselben zur Ergänzung de« Verfahren«
anweisen, ohne sich jedoch mit der Festsetzung selbst befassen zu dürfen. — «es.
vom 24. Januar 1SS4. Jahrb. 43, S. 1ZS. «räff S, «. 166.
Ms Xnmxkdung d« Rechtsmittel« neue, erheblich scheinende Umstönbe zur Ableh
nung der ihm, den bisher verhandelte» Akten zufolge, zur Last fallenden Tat
sachen anführt und sofort bescheinigt, oder doch durch bestimmte Beweismittel
unterstützt, findet eine Ausnahme statt. — ß. 8, 25, 28 fg. Tit. 38, I. A. G. O.
7)JnUnterthanenprozessen hat das erste Urtel Devolutiveffekt
«) bei Klagen auf gänzlichen Erlaß der Dienste; das erste Erkenntnis) ist hier
Interimistikum?
d) bei Exmissionöprozcssen, wenn der Beklagte nicht Eigentümer, und
aus Gründen, welche in einem angerichteten und ferner zu besorgenden Ruin
der Wirthschaft und des Jnventanums beruh», aus Exmission erkannt ist.
Diefe muß auf Antrag dann sofort erfolgen. — z. 8V g, 91, Tit. 41 a. a. O.
V> Bei Grenzstreitigreiten niuß das erste Urtel als Interimistikum, des ein
gelegten Rechtsmittels ungeachtet, vollstreckt werden, und bis zur rechtskräftigen
Entscheidung zur Norm dienen. — §. 25, Tit. 42 a. a. O.
S) In Pachtprozessen erlangt,
,) bei Klagen auf Zahlung von Pachtgeldern das erste Erkenntniß die Kraft
eines Jnterimistizi. Wird in wter Inst anz das erste Urtel abgeändert, so
bleibt die Sache in der Lage, in welcher sie sich zur Zeit der Publikation
des zweiten Urtels befand, bis zur rechtskräftigen Entscheidung. Die Exe
kution aus dem ersten Urtel wird daher, in soweit sie noch nicht vollstreckt
ist, und die in zweiter Instanz abgeänderte Summe betrifft, suspcndirt.
d) Bei Klagen auf Exmission des Pächters hat, wenn wegen schlechter Wirth
schaft auf Exmission erkannt ist, das ergriffene Rechtsmittel Suspensiveffekt.
Ist dagegen auf Sicherheitsmaßregeln für den Verpächter erkannt, so wird
das Urtel in dieser Beziehung, trotz der Appellation, in Vollzug gebracht. —
Ist wegen andrer Ursachen, als schlechter Wirthschaft, auf Exmission erkannt,
so müssen die zur Sicherstellung des Verpächters dienenden Maasregeln ver
anlaßt werden. Sind dergleichen Sicherungsmaßregeln nach der besonde
ren Lage der Umstände nicht möglich, und ist voraus zu sehen, daß die In
struktion und Aburtelung der Appellatorii einen solchen Seitraum erfordern
werde, daß innerhalb desselben dem Verpächter ein unwiderbringlicher Räch-
theil erwachsen könnte; so muß, der Appellation ungeachtet, mit Exmission
des Pächters verfahren; zugleich aber eine gerichtliche Administration des
Gutes oder Grundstücks vom Amtswegen angeordnet werden.
«) In Prozessen auf Rückgewähr des Pachtgrundstücks wegen abgelaufe
ner Pachtzeit*) hat das erste auf Räumung lautende Erkenntniß in allen
Fällen, wo die Rückgewahr aus andern Ursachen, als wegen eines auszu
übenden Rückbehaltungsrechts, verweigert wird, Devolutiveffekt, und der zur
Räumung verurtheilte Pächter muß, der Appellation ungeachtet, exmittirt
werden. — Wird jedoch die Räumung wegen eines Zurückbehaltungsrechts
verweigert; so muß der über dieses Recht schwebende Streit als Arrestsache
behandelt und entschieden werden. Die Exmission bleibt jedoch bis zur rechts
kräftigen Entscheidung dieses Punktes ausgesetzt. — Z. 11, 12, 41, 55, Anh.
Z. 299-301 Tit. 44, I. A. G. O.
Miethsprozessen hat das Rechtsmittel der Appellation stets Devolutiv
effekt; so daß während derselben mit der erkannten Im- oder Exmission ver
fahren werden muß. — §. 63 a> s. O.
^ Darauf kommt cS übrigens nicht an, ob die Pachtzcit wegen Ablauf der Zeit,
oder, weil eine kontraktische Bedingung, z. B, in Folge nicht gezahlten Pacht
zinses ze. eintrit, von deren Eintreten das Ende der Pacht abhängt, beendigt
«ird. — «. Res. vom 25. Febr. 1837. Jahrb. 49, S. 197. — Res. vom , ,
I«« IS«. Thenn« Z», T. S70>
303
11) Jn Moratoriensachen bot die Appellation de« Provokanten stttk Ke«
voluriv-Effekt. Ist derselbe zum Moratorio vcrstattet, sind dabci jedoch zugleich
Sicherhcitsmnßrcgeln angeordnet, so niüssen auch diese der Appellation ungeach
tet in Ausführung gebracht werden. Im Übrigen aber hat die Appellation der
Provokaten volle Wirkung (Suspensiveffekt). — §. 27—Zt, 87, 89, »it. 47 a. a. O.
12) Bei der Provokation auf die Rechtswchlthat der Guterabtretung (ces-
si« bonorum) hat die Appellation immer Devolutiveffekt. Ist t>aher durch
das erste Urtel Provokant zur Rcchtswohlthat »erstattet, und die Provokaten
oppellirenj so kann wölkend der Instruktion, und bis nicht in Iltcr Instanz
etwas andres erkannt ist, gegen den Gemeinschuldner nicht mit Personalhast
und Observation verfahren werden. Dagegen können die Gläubiger dies troj
der Appellation des Provokanten beantragen, wenn dieser in erster Instanz ab
gewiesen ist. — 2tt -2«, Kit. 48 a, a. O.
Zulässigkeit und Wirkung des Rechtsmittel« der Appellation kn Be
zug auf Litiskonsorten, Adzitanten, Litisdenunzianten
»nd Interventen.
Z. 199. I. Ergreifen in einem Prozesse, in welchem mehre Personen als Klä
ger oder Beklagte zugelassen worden, nicht alle, sondern nur einer oder einige der
selben gegen ein ihnen nachtheiliges Erkenntniß das Rechtsmittel der Appellation;
so können noch später nach Ablauf der Appellationsfrist, und selbst noch nach Pu
blikation des Appellationsurtcls die übrigen Mitkläger oder Mitbeklagte der Appel
lation beitreten,') Die in zweiter Instanz ergangene günstigere Entscheidung kommt
ihnen in Bezug auf den Gegner ebenfalls zu Gute. Nur zum Nachtheil ihrer Li
tiskonsorten, welche das Rechtsmittel ergriffen Naben, können sie sich der günstigern
Entscheidung nicht bedienen. Wenn also z, B. in Konkurs oder Liquidationsprozes
sen die vorhandene Masse zu ihrer aller Befriedigung nicht hinreicht, so muß der
Appellant seinen Anthcil rorznglich vor den übrigen Konsorten erhalten. — In An
sehung der Kosten müssen dergleichen später beitretende Litiskonsorten so angesehen
werden, als wenn sie gleich Anfangs Mitappellanten gcwefen wären. — §. 14»,
14 K, Tit. 14, I. A. G. O. Z. 1« des Ges. vom 21. Juli 1843 GS. S. 299.
II. Eben so kommt das vom Adzitaten, Litisdenunziaten oder akzessorischen
Jntervenienten auf eingewendete Appellation crstrittenc günstigere Erkenntniß dem
Adzitanten, Litisdenunzianten oder Interventen zu Statten, wenn diese sich auch
beim ersten Erkenntnisse beruhigt hatten. — z. 15, Tit. 14. Z. 1, Tit. 15. Z. 31,
Tit. 17, Z. 9, Tit. 13, I. A. G. O.
In wiefern Appellat von dem durch de» Gegner eingewendeten
Rechtsmittel zu seinem grösserem Vortheil Gebrauch machen könne.
Z. 200. Als Grundsatz gilt: daß die Partei, welche sich beim ersten Urtel
beruhigt, in Folge der vom Gegner eingewendeten Appellation niemals eine für sie
günstige Abänderung des ersten Erkenntnisses erwarten darf, dies selbst dann nicht,
wenn durch die in zweiter Instanz vcrcmlaßte neue Untersuchung die Beschaffenheit
und der Zusammenhang der Thatsachcn anders, oder vollständiger, zum Theil selbst
zu Gunsten des Appellaten, entwickelt worden, oder wenn der Appcllationsrichter
die Sache aus einem andern Gesichtspunkte betrachten und dafür halten sollte, daß
') Darauf kommt es nicht weiter an, ob diese mehren Kläger oder Beklagte in
Bezug auf ein und denselben Anspruch Litiskonsorten sind oder Nicht. Auch auf
die in Geinäßhcit der tz. 36, 37, Tit. 1. Prcz. O. (oben z. 17, S. 33) zu
Einem Prozesse verstatteten mehren Kläger oder Beklagte findet die Bestim
mung §. 199, l> Anwendung. — N. oben Z. 192, «ro. 1 «nd j. 197, I.
S«4
d« «st« «ichter die Gesetze nicht richtig «klärt ober angewendet habe. Findet der
AppellationSrichter, daß nach der jetzt entwickelten wahren Lage der Thatsachen oder
nach richtiger Erklärung und Anwendung der Gesetze, der Appellant in der Haupt
sache weniger erhalten, oder mehr zu zahlen oder zu leisten haben würde, als in
der ersten Instanz erkannt ist; so muß er blos das erste Urtel bestätigen.
Damit jedoch in diesem Falle eine Partei, welche vielleicht selbst mit der wah
ren Lage der Thatsachen nicht vollständig bekannt gewesen, und daher, «der sonst
«m« Abneigung vor Prozessen, sich bei dem zum Theil ungünstigen Urtel in Hoff«
nung der schnelleren Beendigung der Sache beruhigt hat, an ihren wesentlichen
Rechten durch die vielleicht aus moralisch-löblichen Beweggründen unterbliebene Ein,
Wendungen der Apellation nichts verlieren möge; so ist ausnahmsweise einer
Partei die spätere Nachholung der Appellation noch dann gestattet, wenn durch
eine in zweiter Instanz vom Appellanten veranlaßte neue Instruktion die Beschaf
fenheit und der Ausammenhang der bei dem Prozesse zum Grunde liegenden That-
sache auf eine andre vollständigere Art und zwar zum Besten des Appellaren sich
entwickelt hat. Dieser kann in diesem Falle noch vor dem Abschluß der Sache in
Ilter Instanz darauf antragen, daß auf den Grund der neuen Instruktion das Ur
tel erster Instanz, der nunmehrigen wahren Lage der Sache gemäß, zu seinem Vor
theile geändert werde. Doch kann Apxellat niemals auf neue und weitere Instruk
tion antragen, sondern er muß die nachgeholte Appellation blos aus den bisherigen
Verhandlungen rechtfertigen. — §. 11, 12, Tit. 14, I. A. G. O.
Appellationsanmeldung und Appellationsbericht.
z. 201. I. Eine bestimmte Form ist für Anbringung des Rechtsmittels der
Appellation nicht vorgeschrieben. Auch die blosse Anmeldung bei dem Richter
erster Instanz innerhalb der §. 135, II. vorgeschriebenen Frist wahrt das Rechts
mittel. Eine Anmeldung desselben ist aber schon als vorhanden anzunehmen, wenn
Appellant seine Unzufriedenheit mit einem Erkenntnisse, gegen welches die Appella
tion zuständig, dem gedachten Richter schriftlich < ) oder durch protokollarische Erklä
rung zu erkennen gibt. Der Richter muß in einem solchen Falle jedesmal, gleich
viel, ob die Anmeldung vollständig ist, oder nicht, gemäß der folgenden Vorschriften
das Weitere zur Einleitung des Appellationsverfahrens verfügen. 2)
Wollständig aber ist die Appellationsanmeldung dann, wenn Appel
lant im schriftlichen «der protokallarischen Gesuch seinen Willen, das Rechtsmittel
der Appellation zu ergreifen, erklärt, zugleich die Beschwerdepunkte bestimmt und
deutlich angibt, und den Antrag, wie er in Ilter Instanz erkannt wissen wolle,
anführt. ') — g. 16, 2S, 28, 33, Tit. 14, I. A. G. O. — Verord. vom 21. Juli
1843 GS. S. 294.
«) Ob Appellant das Gesuch selbst geschrieben oder nicht, ob er es unterkreuzt oder
unterschrieben, oder durch einen andern hat anfertigen und einreichen lassen, ist
gleichgiltig. Wenn nur sein Wille, sich beim Erkenntnisse nicht beruhigen zu
wollen, zu entnehmen ist.
2) Wenn die Partei einen Bevollmächtigten oder Rechtsbeistand hat, so muß der
selbe, wenn die Partei appelliren will, sich bemühen, von ihr Behufs Einrei
chung einer »ollständigen Appellationsanmeldung und des Berichts die nöthlgen
Data zu erlangen. Er muß ihr deshalb mit den nöthigen Belehrungen und
Gutachten an die Hand gehen, und die erforderliche Anleitung geben, welche
Rachrichten noch nöthig, und in welchem Umfange sie zu ertheilen. — Ls. Z. 16,
fg. Tit. 14, l. A. G. O.
») Die Angabe: ob neue Thatsachen oder Beweismittel vorkommen, ist nicht mehr
nothwendiges Erforderniß, da jetzt beim Nichterscheinen des Appellanten im Recht-
sertigungötermln und wenn Appellationsbericht auch nicht schriftlich eingereicht
ist, jedesmal Vpruchvorlegung erfolgt. Früher war jene Angab? um deshalb
303
II. Zu einem vollständigen Xppellationsbericht gehört die genaue Ans
gäbe der Appellationsbeschwerden und die Beifügung der zur Unterstützung derselben
dienenden Gründe. Kommen mehre Beschwerden vor, so müssen dieselben gehörig
abgesondert, und jedem die denselben unterstützenden Gründe unmittelbar beigefügt
werden. Kommen neue Thatsachcn vor, so müssen dieselben vollständig und deut
lich auseinandergesetzt und durch Beweismittel unterstützt werden. Diese sind be:
stimmt angegeben, und wenn sie in Urkunden bestehen, dieselben im Original oder
in Abschrift beizulegen; falls sie aber nicht sogleich herbeigeschafft werden können, ist
der Ort, wo sie sich befinden, genau anzugeben. — §. 19, 21, Tit. 14, 1. A. G. O. —
§. 1! der V. vom 5. Mai 1838 GS. S. 273. . .
Bemerkung über den Gang der nachfolgenden Vorschriften.
§. 2«2. Das Verfahren in der Appellationsinstanz ist verschieden, je nachdem
der Prozeß in erster Instanz
I. nach den Vorschriften der A. G. O. (§. »9—172 S. 156 fg.) oder
II. nach dem Gesetz vom 1. Juni IM (§. 77—88, S. 137 fg.) oder
III. im Großherzogthum Pofen nach der Verord. vom 9. Februar 1817 (Z. 173—182)
«erhandelt und entschieden ist. - .
Einige bei besondern Prozeßartcn vorgeschriebenen Abweichungen werden bei Ab
handlung dieser Prozeßakten (Tit. 10 und 11> vorkommen.
Welches Verfahren zur Anwendung kommt, wenn das Rechtsmittel der Appel
lation mit dem des Rekurses in ein und demselben Prozesse zusammentrifft, davon
ist bereits z. 195 die Rede gewesen.

Appellationsverfahren nach der AUg. Ger. Ordnung


(im ordentlichen Prozeß). . . j
Von der Appellationsanmeldung, der Verfügung darauf, und dem
Termin zu deren Vervollständigung, so wie zur Aufnahme der
Recht fertig un gsschrift.
§. 203. Ist im ordentlichen Prozesse mit der Anmeldung des Rechtsmittels
der Appellation nicht zugleich die Rechtfertigung desselben erfolgt; so wird
I. bei Obergerichten und bei kollcgialischcn Untergerichten der Ap
pellant, und zwar, wenn er einen Bevollmächtigten hat, zu Händen des Letzter»,')
ohne Unterschied der Fälle, ob er neue Thatsachcn oder Beweismittel anzuführen
hat, oder nicht, zu einem Termin vor dem zu ernennenden Dcputirten vorgeladen,
um die Rechtfertigung der Appellation zu Protokoll zu erklären, oder die Rechtfer
tigungsschrift (Appellationsbericht) zu überreichen. Die Vorladung zu diesem Ter
mine erfolgt unter der Warnung:
daß, wenn der Appellant in Person oder durch einen Ver
treter nicht erscheinen sollte, angenommen werden würde,
er wolle sich lediglich auf die Verhandlungen der ersten In
stanz berufen.
nothwendig, weil nach den Vorschriften der A. G. O. der Mandatar oder Rechts
beiftand des Appellanten bei angemeldeten neuen Thatsachcn oder Beweismitteln
mit dem Appellationsbcricht nicht präkludirt, sondern in Strafe genommen wurde. —
Lf. Z. 43, Tit. 14, Anh. z. 116, I. A. G. O.
') Har eine Partei jedoch erklärt, daß sie in Iltcr Instanz von ihrem Rechtsbei
stande oder Anwalte keinen Gebrauch machen wolle; so müssen die Vorladungen
und Verfügungen an sie unmittelbar ergehen. — Anh. §. 115, z. A. G. O.
so
306
Enthalt die Anmeldung nicht die genaue Angabe der Beschwerbepunkte, so wirb vor«
stehender Warnung hinter „angenommen werden würde," noch eingeschaltet:
als apxellire er gegen den ganzen ihm nachtheiligen Inhalt
des ersten Urtels, und wolle zc.
DerAppellat oder sein Bevollmächtigter ist von dieser Verfügung zu benachrichtigen.
Der Termin muß nach Beschaffenheit der Sache so abgemessen werden, daß
dem Appellanten eine Frist von vier bis acht Wochen frei bleibt. Den Termin
rückt der Deputirte ein. — Die Verlegung des Termins findet, in sofern der Geg
ner nicht einwilligt, nur ein Mal und nur dann statt, wenn dieselbe unter An
gabe und Bescheinigung der Hinderungsurfachen spätestens im Termine selbst noch
gesucht wird.
Im Termin wird, wenn Appellant oder sein Anwalt erscheint, der Appellations
bericht unter Berücksichtigung der Bestimmung K. 201, II. zu Protokoll genommen,
wenn er nicht schriftlich überreicht wird. > ) — Erscheint im Termin Seitens des Ap
pellanten Niemand, so nimmt der Deputirte darüber eine Registratur auf. — K. 11
des Ges. vom 5. Mai 1838 GS. S. 276. — Cab.-Ord. vom IS. Juni 1844 und
Res. vom IS. Juni 1844 I. M. B. S. 147. — §. 26, 49, Tit. 14, I. A. G. O.
2. Bei einem nicht kollegialischen Untergericht muß der Richter, falls
die Appellationsanmeldung vollständig ist, dieselbe ncbft den Akten dem Obergericht
«insenden, und dem Appellaten davon Nachricht geben. Gleiches gilt, wenn bei An
bringung des Rechtsmittels zugleich der Appellationsbericht eingereicht wird. — Ist
dagegen die Anmeldung unvollständig; so geht der Einreichung der Akten beim
Obergericht die Vernehmung des Appellanten darüber voraus: gegen welche Punkte
«der Festsetzungen des Urtels er sich beschwert, worin seine Beschwerden bestehen,
«nd ob er vom Obergericht die Zuordnung eines Anwalts verlange, oder ob und
welchen von den beim Obergericht fungircnden Justizkommissarien er als solchen sich
wähle?') DaS Obergericht veranlaßt hierauf gemäß der Bestimmung unter Nro. 1
die Aufnahme des Appellationsberichts. — g. 72 fg. Tit. 2S, I. A. G. O.
Verfahren, wenn keine Rechtfertigung der Beschwerden erfolgt.
§. 204. In folgenden Fällen
s) wenn Appellant «der sein Anwalt im Termine zur Rechtfertigung der Beschwer
den nicht erscheint, ohne die Verlegung des Termins nachzusuchen und zu er
halten, und ohne die Rechtfertigung schriftlich einzureichen;
Zz) wenn Appellant bei der Appellationsanmeldung ausdrücklich erklärt, daß er es
bei der blossen Anzeige der Beschwerden bewenden lasse und blos auf die Akten
submittirez
<) wenn Appellant später dem förmlichen Appellationsbericht entsagt und sich blos
auf die Akten beruft;
bedarf es keiner Auslassung des Appellaten (keines Schlußberichts). Es erfolgt
vielmehr ohne Weiteres die Vorlegung oder Einreichung der Akten zur Abfassung
des zweiten Erkenntnisses, und dem Appellaten wird davon Kenntniß gegeben. —
Doch steht dem Appellaten frei, wenn er noch etwas zur Unterstützung des vorigen
Erkenntnisses, oder zur Widerlegung der dagegen erhobenen Beschwerden anzufüh
ren für nöthig findet, davon schriftliche Anzeige zu machen. Eine Frist wird dazu
2) Es versteht sich von selbst, daß, wenn der Rechtftrtigungshexicht vollständig vor
dem Termin eingereicht wird, dieser aufzuheben, und der fernere Fortgang des
Appellat.-Verfahrens zu veranlasse» ist.
s) Di« Vorladung zu dem desfalfigcn Termin geschieht unter der Warnung, daß
sonst anzunehmen, Appellant ergreife das Rechtsmittel gegen de« ganze», ihm
nachtheiligen Inhalt des Erkenntnisses.
dem Appellatc» aber nicht bewilligt. Dergleichen Anzeige muß allemal noch zu be«
Akten genommen, und dem Gegentheil zur Siachricht abschriftlich mitgetheilt wer
de». > ) Kommt ße aber erst ein , nachdem das Appellationserkenntniß schon abge
faßt ist; so begründet es weder eine Ausstellung gegen die Instruktion, noch cinen
Borwurf gegen den Richter, wenn auf den Inhalt einer solchen Anzeige nicht hat
Rucksicht genommen werden können..
Hat in obigen Fällen die Partei nicht vermocht werden können, die Thette
oder Punkte des Urtels, bei denen sie sich nicht beruhigen will, bestimmt anzuge
ben; so ist, wenn das Urtel nur Einen Houptzegenftand hat, anzunehmen, daß sie
gegen den ganzen Inhalt desselben, so weit er ihr nachtheilig ist, appellire. Besteht
hingegen das Erkenntniß aus mehren verschiedenen Punkten, so wird angenommen,
daß sie das Rechtsmittel wider alle Punkte einwende, bei welchen die Entschei
dung nicht nach ihrem Gesuche und Antrage aosgefalkn ist. — §. 26, 45 Art. 14
a. a. S. — Res. vom 10. Novbr. 182«. Jahrb. IS, S. 231. GrSff 2, S. 117.
Verfügung auf den Appellationsbcricht, und weiteres Verfahren,
wenn keine neuen Thatfachen oder Beweismittel darin vorkommen.
z. 205. I. Auf den Appellationsbericht, er mag zu Protokoll gegeben, oder
schriftlich eingereicht «erden, verfügt der ordentliche Dezernent das Röthigc, allen
falls nach Vortrag im Kollegio. Kommen darin keine neuen Thatsachen oder Be
weismittel vor, leitet vielmehr der Appellant seine Beschwerden blos aus den in
erster Instanz vorgekommenen und entwickelten Thatsachen her; so wird, gleich viel,
ob die Sache beim kollegialischen Untergcricht oder beim Obergericht schwebt, oder
diesem von einem nicht kollegialischen Untergericht eingereicht ist,
1) falls Appcllat mit einem Rechtsbeistandc oder Bevollmächtigte» «ersehen, diesem
Abschrift des Appellationsocrichts mitgetheilt, und ihm die Einreichung des Schluß-
bcrichts, innerhalb einer nach Beschaffenheit der Umstände zu bestimmenden Frist,
bei Vermeidung von zwei Rthlr. Strafe aufgegeben.
2) Hat Appellat keinen Rechtsbeistand «der Anwalt, und wohnt er
») am Sitze des Gerichts; so wird ihm bei Aufcrtigung einer Abschrift deS
Appellationsberichts ein Termin vor einem Dcputirten bestimmt, in welchem
er das, was er etwa noch gegen den Appellationsbericht zu bemerken hat,
zu Protokoll erklären kann. Es steht ihm aber frei, noch vor oder spätestens
im Termin einen schriftlichen von einem selbstgewähltcn Rechtsverständigen
abgefaßten Schlußbericht i) einzureichen. Der Vorladung wird unter Be
merkung, daß ihm diese Befugniß zustehe, die Warnung gestellt:
daß, wenn er den Schlußbericht weder vor noch im Termine einreiche,
noch im Termine erscheine, die Akten ohne Weiteres zum zweiten Spruch
vorgelegt resp. eingereicht werden sollen.
1>) Wohnt aber Appellat nicht am Sitze deö Gerichts; so wird ihm ein Anwalt
von Amtswegcn zugeordnet, und diesem gemäß der Vorschrift Nro. 1 die
Einreichung des Schlußberichts bei Strafe aufgegeben.
») Geht sie erst beim Untergericht nach Einreichung der Akten ein, so wird sie dem
Gegner abschriftlich mitgetheilt, und gleichzeitig den Akten nachgesendet. Geht
sie beim Obergericht, während die Sache zum Spruche vorliegt, ein, so wird sie,
nach Mittheilung an den Appellanten, in sofern das Letztere nicht beim Unter
gericht geschehen, dem Referenten zugestellt.
2) Geht also auch vor dem Termin ein Schriftstück vom Appellaten ein, welches
zwar als Schlußschrift bezeichnet, aber als von einem Rechtsverstänoigxn abge
faßt, nicht zu erachten; so muß dennoch der Termin abgewartet werden, wäh
rend sonst beim Eingang einer gehörig abgefaßten Schlußschrift der Termm weg-
3«S
Der von der Partei gewählte oder ihr zugeordnete Anwalt muß zwar von
feiner Partei Behufs Anfertigung des Schlußberichts Information erfordern; er
muß jedoch, gleich viel, ob er von ihr Nachricht erhält, oder nicht, auf Grund der
Hand- oder der gerichtliche» Akten, so wie der evevt. erhaltenen Nachrichten den
Schlußbericht anfertigen, und innerhalb der gestellten Frist einreichen. Thut er es
nicht, so wird die angedrohte Straft eingezogen, und dieselbe so lange verdoppelt,
bis entweder der Schlußbericht einkommt, oder demselben mit Genehmigung der
Partei ausdrücklich entsagt wird. — Ein Erlaß der Strafen findet nur dann statt,
wenn dcr Anwalt durch ein von einem rezipirten Arzte auf seine Pflicht ertheilteS
Attest bescheinigen kann, daß er während des Laufes der Frist an Ausarbeitung
der Schrift durch Krankheit verhindert worden sei. — §. 3«, 39, 43, 44, 47, 48,
Tit. 14, I. A. G. O.
II. Nach Eingang des Schlußberichts, und im Falle I. Nro. 2 s nach Ablauf
des Termins, der Appellat mag erschienen sein, oder nicht, werden die Akten zum
zweiten Spruch befördert, ohne daß es einer Jnrotulation der Akten bedarf.
Wenn auch Appellat im Schlußbcrichtc zur Unterstützung und Verstärkung feiner
Gerechtsame neue Umstände und Beweismittel angeführt hat; so wird die Spruch
vorlegung dadurch nicht aufgehalten. Es bleibt vielmehr' der Bcurtheilung des
Appellationsrichters überlassen: in wiefern es wegen dieser Angaben einer nochma
ligen Untersuchung bedürft. — §. 4l, 45 fg. a. a. O.
III. Gründet Appellant seine Beschwerden, nur darauf, daß ein von ihm
««geführter thatsächlicher Umstand bei Instruktion erster Instanz nicht mit unter
sucht, auch im Urtel als unerheblich verworfen worden, und trägt er deshalb auf
dessen nähere Ausmittelung an; so ist er blos mit den Gründen dieses Antrags
und der Appellat mit seinen Einwendungen dagegen zu hören, mit der Untersuchung
selbst aber noch nicht zu verfahren, sondern abzuwarten: ob der Appellationsrichter
den Umstand erheblich finden, und die Ausmittelung desselben verordnen werde. —
S. 42 a. a. O.
Verfahren, wenn im Appellationsbericht neue Thatsachen oder
Beweismittel (ssovs) vorkommen, und 1) dcr Prozeß bei einem
kollegialischen Untcrgericht schwebt.
§. 203. Kommen im Appellationsbericht neue Thatsachen oder Beweismittel
vor, die zu instruircn und aufzunehmen sind ; so ist zu unterscheiden, ob I) der Pro
zeß bei einem kollegialischen Untergericht, mit Ausnahme der Gerichte im Großher
zogthum Posen, oder 2) bei einem Obergcricht, oder einem Untergericht im Groß-
hcrzogthum Posen, schwebt. In dieser Provinz verbleibt die Instruktion und Beweis
aufnahme bis zum Abschluß der Sache und nach Beseitigung des Dcduktionsverfah-
rens beim Untergcricht. — In den übrigen Provinzen dagegen gebührt die Instruk
tion zweiter Instanz allemal dem vorgesetzten Obcrgericht. Nur wenn Appellant aus
drücklich verlangt, daß auch die Instruktion zweiter Instanz beim Untergericht erfolge,
muß sich dieses derselben unterziehen.
Erfolgt demgemäß die Instruktion zweiter Instanz beim Untergericht, so
hat dieses dabei die Borschriften Z. 207 und Tit. 6, Abschn. ö, (S. 156 fg.) zu
beobachten. Es führt die Instruktion bis zu Ende, und reicht hierauf unter Bei
fügung der Manualakten der Anwälte die Akten dem Obergericht zum Spruch in
zweiter Instanz ein. Findet dieses beim Vortrage der Sache, daß die Instruktion
des Untcrrichters, es sei in Ansehung erster oder zweiter Instanz, unvollständig und
mangelhaft ist, so, daß vor Abfassung des Erkenntnisses noch etwas nachgeholt oder
ergänzt, oder einem vom Unterrichter begangenen Fehler und Verstösse vorerst ab
geholfen werden muß; so wird das Nöthige durch eine Resolution angeordnet. Pem
309
Appellationsrichter bleibt überlassen, die auf diese Weise angeordnete Verhandlung
entweder an den Unterrichtcr erster Instanz zurückzuweisen, oder auch vor sich selbst
zu ziehn. In diesem Falle bleibt demnächst die Sache bis zur Entscheidung beim
Obergericht.
Im Großhcrzogthun Posen gilt die Bestimmung unter .4, zwar ebenfalls. Doch
»eist der Appellationsrichter die durch Resolution angeordnete Ergänzung der In
struktion jedesmal an den Richter erster Instanz.
S. In andern Fällen muß das Untergericht, nach protokollarischer Aufnahme
oder nach Eingang des die neuen Thatsachen oder Beweismittel enthaltenden Ap
pellationsberichts, den Appellanten vernehmen: ob er die Zuordnung eines Rechts-
beistandcs beim Obergericht beantrage, oder aus der Zahl der dortigen Justizkom-
missarien einen Anwalt wählen wolle. Kann oder will er eine solche Wahl nicht
treffen, so wird angenommen, er verlange die Zuordnung, wenn er auch darauf nicht
anträgt. Hat das Untcrgcricht am Orte des Obergerichts seinen Sitz; so kann die
Partei sich des in erster Instanz gewählten Rechtsfreundes bedienen.
Nach dieser Vernehmung müssen die Akten unverzüglich dem Obergericht zum
weiteren Verfahren eingereicht werden. Dieses beim Obergericht zu veranlassende
Verfahren zweiter Instanz ist das Z. 207 Vorgeschriebene, nur mit nachstehenden
Modifikationen :
1) der auf den Einsendungsbericht des Untergerichts ernannte Dezernent prüft zu
nächst die Aulässigkeit des Rechtsmittels; und wenn dagegen Nichts zu erinnern
ist, beurtheilt er ferner: ob die Angaben des Appellanten in Betreff der neuen
Thatsachen vollständig und bestimmt genug sind, oder ob die nähere Verneh
mung des Appellanten darüber vorerst noch nöthig sei. Ist dies der Fall, so
muß Appellant zu diesem Zweck s unter Bekanntmachung des ihm etwa nach
Rro. 2 zugeordneten Rechtsbeistandes) zu einem möglichst nahen Termin schrift
lich vorgeladen, und ihm das, was bei seinen Angaben noch zu erinnern, zu er
gänzen, oder näher zu bestimmen sei, eröffnet werden. Der Borladung wird die
Warnung beigefügt:
daß, wenn er diesem Befehle nicht gehörige Folge leiste, die Sache dafür,
daß er sich der neuen Thatsachen oder Beweismittel gänzlich begebe, an
genommen, und hiernach wegen Abschluß der Instruktion das Weitere ver
fügt werden würde.
2) Dem Appellanten ist, wenn er nicht selbst einen Anwalt gewählt hat, ein Rechts
beistand zuzuordnen. Dieser muß von der Partei die nörhige Information cinziehn.
3) Nach Vernehmung des Appellanten in Gemößheit der Bestimmung unter Nro. l,
und in dem Falle, wenn eine Ergänzung des Rechtfertigungsberichts nicht nö
thig, bald nach Eingang der Untergerichtsakten, wird Termin zur Instruktion
des Appellatorii nach Maasgabe des K. 207 angesetzt. Appcllat wird dazu durch
erpedirte Vorladung, Appellant im vorstehenden zweiten Fall in gleicher Art, im
ersten Fall aber durch Dekretsabschrift vorgeladen.
4) Wird die Übertragung der Instruktion an einen auswärtigen Kommissarius er
forderlich; so ist, wo nicht besondre Umstände eine Ausnahme nöthig machen,
der Austrag nicht auf das Untergericht, welches in erster Instanz gesprochen
hat, zu richten.
5) Begibt sich Appellant der neuen Thatfachen oder Beweismittel, «der wird er der
selben in Folge der Bestimmung Nro. 1 verlustig; so bleibt die weitere Verhand
lung der Sache dennoch beim Obergericht.
6) Wenn auch AppellaM nicht neue Thatsachen, sondern nur neue Beweismittel
über die in erster Instanz vorgekommenen Thatsachen angegeben hat; so muß
dennoch der Deputirte des Obergerichts den vom Unterrichter in erster Instanz
81«
entworfenen Sach- und Streitstand besonder« prüfen, und mit Zuziehung der
Parteien und ihrer Rechtsbeiftände erörtern: ob er richtig u«d den Akten ge
mäß, «der was dabei in Ansehung der Vollständigkeit oder der AnpassMg ans
die eigentliche Lage der Sache, und auf die mit wahrscheinlichem Einflüsse in
die künftige Entscheidung verknüpften Umstänbe zu erinnern sei. Finden sich Er?
innerungenz so muß vor Aufnahme des Beweises die Berichtigung des Sach-
und Streitstandes erfolgen.
7) Wenn Appellant theils neue Thatsachen oder Beweismittel angegeben, theils aber
auch seine Beschwerden darauf gründet, daß ein von ihm angegebener Umstand
in «erster Instanz als unerheblich verworfen, und daher nicht näher untersucht ist;
so muß sowol der Dezernent bei der gemäß Nro. 1 anzustellenden Prüfung, als
der Jnstruent bei Einleitung der Instruktion, seine Aufmerksamkeit vorzüglich
auf einen solchen Umstand richten, damit, wenn dessen Erheblichkeit klar oder
doch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erhellt, die Untersuchung desselben so
fort verfügt, und dem durch ein künftiges Resolut unvermeidlichen Aufenthalt
der Sache dadurch vorgebeugt werde. — H. 26—29, Anh. Z. 18t. Z. S2—4t,
Tit. 2S, l. A. G. O. Z. S1 des Ges. vom 9. Februar 1817 GS. S. S7.
2) Verfahren, wenn der Prozeß beim Obergericht schwebt. Instruk
tion und Deduktionsvcrfahren in Appellatorio.
§. 207. Das Verfahren in der Appellationsinstanz bei Obergerichten ist folgendes :
I Kommen im Appellationsbericht neue Thatsachen oder Beweismittel vor; so
wird durch den Dezernenten, mit Zuftrtigung des Axpellationsberichts an dm Geg
ner, Termin zur Instruktion derselben verfügt. Diese Instruktion leitet allemal ein
«ndrer Jnstruent. Dazu soll daher niemals der Jnstruent der vorigen Instanz, auch
nicht der Verfasser des ersten Erkenntnisses bestellt werden. Bei schwächer besetzten
Kollegien ist vielmehr, wenn keine andre Auswahl stattfindet, die neue Instruktion
dem bisherigen Dezernenten, und die Funktion des Dezernenten dem ersten Urtels«
fasser zu übertragen. — z. 49, Tit. 14, I. A. G. O.
II. Beide Parteien oder deren Bevollmächtigte werden zu diesem Termine vor
geladen. Dabei wird
Z) in der an den Appellaten ergehenden Vorladung diesem zugleich aufge
geben, wenn er zur Widerlegung der im Appellationsberichte enthaltenen neuen
Angaben, ebenfalls neue Thatsachen anzuführen, oder gegen die vorgeschlagenen
Beweismittel auf Thatsachen beruhende Einwendungen anzubringen habe, davon
zeitig vor dem Termine Anzeige zu machen, damit dem Appellaten davon Nach
richt ertheilt werden, dieser zum Termin vorbereitet erscheinen, und mit der In
struktion ununterbrochen verfahren werden könne. — Ferner wird dem Appella
ten die Warnung gestellt,
») wenn neue Thatsachen vorkommen:
daß beim Ausbleiben die neuen Thatsachen in contumscism sikr einge
räumt geachtet werden;
d) wenn nicht neue Thatsachen, wohl aber über die in erster Instanz aufgestell
ten Umstände neue Beweismittel angebracht sind:
daß beim Ausbleiben in «ontumseism mit Aufnahme dieses Beweises
(mit Abhörung der Zeugen, Einnahme des Augenscheins :c.) verfahren,
die vorgelegten Urkunden in «ontuMscism für anerkannt erachtet, und
wenn der Eid zugeschoben ist, die Sache daför, daß Appellat denselben
nicht ableisten könne, oder wolle, angenommenl^iVd.
2) In der an den Appellanten ergehenden Vorladung wird die War
nung gestellt:
Sil
daß bei seinem Ausbleiben angenommen wird, er begebe sich der neuen
Thatsachcn gänzlich, und beziehe sich lediglich auf die in erster Instanz
geführte Instruktion (<X unter IV.) z. 50, 54—5ö a. o. ö.
III Den Termin rückt der Deputirte ein. Er hat bei dessen Festsetzung die
Borschriften des §. 91 (S. 15» fg.) zu beobachten, und zugleich auf die Beschaffen?
heit der angeführten neuen Umstände: in wiefern sie die Hauptsache, oder nur einen
und den andern Nebenpunkt betreffen, und eine mehr oder minder weitläufige Bor?
bcreitung und Auseinandersetzung erfordern möchten, gehörige Rückficht zu nehmen. —
Z. S! das.
IV. Dadurch, daß beim Vortrage der Sache in Ansehung der Bestimmtheit
oder Vollständigkeit der neu angeführten Thatsachen sich etwa« zu erinnern findet,
wird die Anberaumung des Jnstruktionstermins nicht ausgehalten <M, §. 206, ?. 1).
Doch ist in solchem Falle der bemerkte Mangel dem Appellanten in der unter II. 2
gedachten Borladung näher zu eröffnen und ihm anzudeuten:
daß er die zu dessen Abhelfung erforderlichen Nachrichten und Auskünfte
unverzüglich zu den Akten anzeigen, «der spätestens im Termine darauf
wohl vorbereitet erscheinen, und sich gefaßt halten müsse, über den ganze»
Zusammenhang der neuen Thatsachen und alle dazu gehörenden erheblichen
Umstände dem Gegner und dem Gerichtsdeputirten die erforderliche nö-
thige Auskunft zu ertheilen,
zugleich wird die Warnung beigefügt:
daß jeder solcher Umstand, über welchen er die nöthigen Rachrichten nicht
vollständig genug an die Hand geben würde, in conlumscism, je nach
dem es ihm am Nachteiligsten ist, für nicht angeführt, oder für zuge
standen würde geachtet werden. — Z. 52 a. a. O.
V. Der angesetzte Jnstruktionstermin kann
1) auf Antrag des Appellanten in der Regel nicht verlegt werden. Eine
Ausnahme ist nur zulässig, wenn ein Appellant, welcher keinen Anw«» hat, durch
unvermutbete persönliche Ehehaften am Erscheinen verhindert wird, dies anzeigt
und bescheinigt, «der wenn Appellant Umstände anführt und bescheinigt, nach
welchen es ihm ohne fein Verschulden unmöglich wird, gewisse, zur Wache gehö
rige Nachrichten oder Beweismittel bis zum Termine herbeizuschaffen.
2) In Bezug auf Prorogationsgesuche des Appell« ten kommen die Borschriften
z. 91 (S. 158 fg.) und Z. 97 (S. 17«) zur Anwendung.
Beim Nichterscheinen des einen oder andern treten die in der Vorladung ge
mäß II. und IV. angedrohten Folgen ein, sofern Prorogation gar nicht nachgesucht,
oder das Gesuch nicht begründet ist. Der Deputirte nimmt darüber im Termin ein
Kontumazialprotokoll aus; hierauf wird jene Folge in einer auf dieses zu setzenden
Verfügung ausgesprochen. Die Kontumazialfolge trit auch ein, wenn eine Partei
sich über eine neue Tbatsache erklären soll, und dies verweigert. — Die rechtlichen,
in Bezug auf die Hauptsache selbst auszusprechenden Folgen werden aber dem Ap
pellationserkenntnisse vorbehalten. — §. 54, 55 a. a. O. ,
VI. Kommt es auf Grund der Beantwortung des Appellationsberichts wirk
lich zur neuen Instruktion z so sind dabei die für die schriftliche Instruktion, Beweis
aufnahme, den Sühneversuch, und den Abschluß der Sache in erster Instanz §. 99—16«
gegebenen Vorschriften zu beobachten, und es ist dabei um so mehr auf Beschleuni
gung zu sehen, da es bei solchen neuen Instruktionen in der Regel nicht mehr auf
die Entwickelung des ganzen Hauptgeschäfts, sondern nur einzelner Umstände und
Bestimmungen desselben ankommt, und die Parteien schon in erster Instanz zur
Einziehung und Vorlegung der nöthigen Nachrichten Zeit genug hatten.
312
Ausserdem ist hinsichtlich der Instruktion zweiter Instanz noch folgendes zu
berücksichtigen:
1) die Parteien sind zu befragen und zwar nach Beantwortung des Appellativnsbe-
richts: ob sie in Betreff des ferneren Appellationsverfahrens und der Abfassung
des Erkenntnisses; und nach der Schlußvernehmung: ob sie hinsichtlich der Ab
fassung des Erkenntnisses die für den summarischen Prozeß gegebenen Vorschrif-
> im zur Anwendung gebracht wissen wollen. Falls beide Theile einstimmig dies
beantragen, ist ihm nachzukommen, sofern nicht besondere Umstände dagegen sind.
Die Sache geht dann an die für summarische Prozesse der zweiten Instanz ver
ordnete Deputation.
2) Die Entwerfung eines Sach- und Streitstandes in zweiter Instanz ist dann
nöthig, wenn in Folge der neuen Instruktion entweder neue Thatsache» ins Licht
gesetzt, oder die alten durch Hinzufügung neuer Umstände näher erläutert, oder
aus einem andern Gesichtspunkte dargestellt werden sollen. Dabei muß eine der
gleichen neue Thatsache nicht blos für sich allein, fondern in gehöriger Verbin
dung mit dem in erster Instanz schon vorgekommenen, und nach dem Verhält
nisse, in welchem sie zur Entscheidung der Hauptsache steht, veurtheilt werden.
Kommen in zweiter Instanz aber nur neue Beweismittel über Umstände vor,
welche im Sachstand erster Instanz bereits enthalten sind; so bedarf es in Pro
zessen, welche in erster Instanz beim Obergericht schwebten,') keines neuen Sach-
und Streitstandes. Es gnügt, wenn der Gegentheil über diese Beweismittel, und
was er gegen deren Zulässigkeit oder Glaubwürdigkeit zu erinnern habe, gehört
wird, und daß demnächst sogleich mit deren Aufnahme verfahren werde.
3) Hat der erste Richter im Urtel angenommen, daß durch den in erster Instanz
aufgenommenen Beweis eine Thatsache völlig erwiesen, oder daß das Gegentheil
derselben vollständig festgestellt sei; so kann in zweiter Instanz über eine solche
Thatsache keine Eideszuschiebung mehr erfolgen. Es bleibt vielmehr dem Appel
lationsrichter die Beurtheilung überlassen, in wiefern noch auf einen nothwendi-
gen Eid zu erkennen sei.
,4) In Prozessen, in denen in erster Instanz Sachverständige vernommen sind, kann
Appellant in zweiter Instanz neue Sachverständige vorschlagen. Bei deren Ab
hörung müssen, wenn sie vom Gutachten der früher vernommenen abweichen,
denselben die zur Unterstützung ihrer Meinung dienenden Gründe abgefordert,
auch muß denselben die bestimmte Angabe: was sie an der Richtigkeit und Er
heblichkeit der von den früheren Sachverständigen angeführten Gründe auszusetzen
haben, abgefordert werden. In wichtigen und bedenklichen Fällen kann der In-
struent die Sachverständigen erster und zweiter Instanz gegeneinander stellen,
um dadurch entweder ihre Urtheile und Meinungen in Übereinstimmung zubrin
gen, oder den eigentlichen Grund der Verschiedenheit recht genau und bestimmt
ins Licht zu setzen suchen. — Der in zweiter Instanz erkennende Richter hat dem
nächst zu bestimmen, welche der verschiedenen Angaben der Sachverständigen mit den
besten Gründen unterstützt sei, und daher den Vorzug «erdiene. Fehlt es ihm
hierzu an Anlaß; so kann er einen dritten Sachverständigen von Amtswegen
ernennen, dessen Gutachten dann den Ausschlag gebe.
S) Der Deputirte muß zugleich so genau, als ohne Aufenthalt der Hauptsache ge
schehen kann, auszumitteln suchen: woher es komme, daß die neuen Umstände
oder Beweismittel erst in dieser Instanz zum Vorschein gebracht werden; u»d
in wiefern einem oder dem andern Theile die Schuld einer geflissentlichen Zu
rückhaltung oder Fahrlässigkeit in Einziehung der nöthigen Nachrichten zur Last

') N. §. 206 L Nro. 6.


313
falle. Dieser Umstand ist auf den Kostenpunkt von Einfluß. — Z. 20, 57—61,
Tit. 14. K. 289 s und b, Tit. 1», I. A.G.O. — Res. vom 10. Januar 1836.
VII. Den Parteien oder deren Bevollmächtigten ist nach geschlossener Instruk
tion die Einreichung rechtlicher Ausführungen (Deduktionen) gestattet. Das desfal-
sige Verfahren wird in der Art eingeleitet, daß zunächst dem Appellanten gemäß
Z. 161 cine praklusivische Frist zu deren Einrcichung bewilligt, und nach deren Ein
gang dem Appellaten, unter abschriftlicher Mittheilung derselben ebenfalls eine prä-
klusivische Frist 'zur Einreichung der Schlußschrist gestellt wird. Gehen diefe Schrif
ten innerhalb der bewilligten Frist nicht ein, so muß mit Spruchvorlegung verfah
ren werden. -
Nur, wenn s) der Gegner ausdrücklich einwilligt, oder wenn >>) in wichtigen
und verwickelten Sachen der Richter sich überzeugt hat, daß die Beibringung der
Schrift zur Aufklärung der Sache nöthig sei, soll eine verhaltnißmässige Verlänge
rung der anfänglich bestimmte» Frist nachgegeben werden.
Wird nach bereits verfügter Spruchvorlegung eine Schrift nachgebracht; so muß
sie angenommen, und wenn es cine Schlußschrift ist, unverzüglich dem Referenten
zugestellt, oder wenn die Akten versendet sind, nachgeschickt, und davon im Fall der
noch nicht erfolgten Entscheidung Gebrauch gemacht werden. — Ist es keine Schluß
schrist, so muß solche zuförderst dem Gegner zur Gegendeduktion unter Bewilligung
einer xräklusivischen Frist zugefertigt werden.
In beiden Fällen darf die Aburtelung nicht aufgehalten werden. Auf den In
halt der nachgesandten Schriften wird nur dann Rücksicht genommen, wenn die
Entscheidung noch nicht ergangen ist. — Die Partei, welche die Deduktion zu spät
eingereicht hat, muß dem Gegner alle durch das nachgeholte Verfahren entstandene
Kosten erstatten, wenn sie auch sonst nicht in Tragung aller Kosten verurtheilt
würde.') — Z. 62, Anh. g. 118—121, Tit. 14, I. A. G. O.

Verfahren, wenn beide Parteien appellirt haben,


z. 208. Ist gegen ein Erkenntnis; von beiden Theilen appellirt; so muß in der
Regel über jede Appellation ein besonderes Verfahren eingeleitet, und diese« gemöß
vorstehender Vorschriften instruirt werden. Sind daher
1) von beiden Seiten keine neuen Thatsachen, oder Beweismittel angeführt worden,
und soll blos aus den Verhandlungen erster Instanz deduzirt werden; so haben
beide Theile mit ihren Deduktionen zugleich anzufangen, und ein jeder muß dem
nächst die Deduktion des Gegners besonders beantworten.
2) Sind von beiden Theilen neue Thatsachen oder Beweismittel angebracht; so müs
sen dieselben, der Regel nach, in besonder« Terminen, oder doch in besondern
Protokollen, instruirt, und auch bei der Beweisführung von einander getrennt
werden; es wäre denn, daß die beiderseitigen Apellationen einerlei Gegenstand
hätte», und in so genauer Verbindung mit einander ständen, daß, der Natur der
Sache nach, eine Absonderung derselben nicht stattfinden könnte. Es müssen je
doch auch in diesem Falle die Deduktionen von jedem der beiden Appellanten be
sonders überreicht werden.
3) Wenn der eine Appellant zur Unterstützung seiner Beschwerden neue Thatsachen
oder Beweismittel anbringt, der andere aber blos aus den bisherigen Verhand
lungen deduziren will; so ist zuförderst die neue Instruktion zu verfügen, und

') Läßt ein Justizkommissar das verspätete Nachbringen der Schriften sich zur Ge
wohnheit werden; so soll er dahin verwarnt werden, daß sein Benehmen dem
Ehef der Justiz angezeigt werden solle. Dies ist dann zu thun, wenn die War
nung fruchtlos bleibt. — Anh. z. 121, Tit. 14, I. A. G. O.
314
bis zu deren Beendigung das Deduktion sverfahren zu siftiren, demnächst aber
wie zu Nro. 2 zu verfahren. — Anh. §. 122 a. a. O.
Von Abfassung de« Appellationserkenntnisses.
Z. 209. I. D« Abfassung des zweiten Erkenntnisses erfolgt durch den daz«
verordneten Appellationsrichter. Bei diesem werden zwei Referenten ernannt.
Jeder derselben faßt selbstständig eine Relation ab. Die Mittheilung der Relativ«
des einen an den andern findet nicht statt. Nur die Folgeordnung des Vortrag«
in seiner Relation bei weitläufigen Sachen, oder den Umstand, daß er da, wo eK
zulässig, nur in Betreff der Formalien, oder über einen Präjudizialpunkt referirt
Habe, kann der erste Referent dem zweiten offen mittheilen. — Wird ein Auskulta-
tor oder Referendar zum Referenten ernannt; so muß ihm ein Korreferent zugeord
net, ausserdem aber noch ein Mitglied des Kvllegii als zweiter Referent bestellt wer
den. Der Korreferent erhält dann die Relation des Auskultators oder Referendars
zur Einsicht und Prüfung; der zweite Referent muß selbstständig referiren. — g. 66,
Tit. 14, !. A. G. O. §. 14, 24, S7, Tit. 4, Hl. das. g. 23 V. vom 14. Decbr.
1833 GS. S. 3«2. — Jnftr. vom 7. April 1839 Nro. 44 GS. S. 1S0.
N. Bei Beschlußnahmc hinsichtlich des abzufassenden Appellationserkenntnisses
müssen bei Vermeidung der Nichtigkeit mindestens fünfstimmfähige Mit
glieder des Kvllegii gegenwärtig sein. Nur bei den standesherrlichen Obergerich
ten gnügt die Anwesenheit von drei Richtern zur Giltigkeit eines Erkenntnisses
zweiter Instanz. — ß. 5, Nr. 4 V. vom 14. Decembr. 1833. — z. 41 Jnftr. vom
3«. Mai 182« GS. S. 81. — Cab.-Ord. vom 8. Mai 1841 GS. S. 86.
III. Hinsichtlich der Form und de« Inhalts der Relationen, des Vortrags der
Sache im Kollegio, deren Berathung, Erlangung de« Beschlusses, der Abfassung des
Erkennntnisses selbst, und der Nachtragung des Beschlusses ins Protokollbuch kom
men die für die erste Instanz gegebenen Vorschriften Z. 164—169 und Z. 171 auch
hier zur Anwendung. Dabei sind noch folgende besondere Bestimmungen zu
berücksichtigen !
1) Findet der Appellationsrichter beim Vortrage der Sache a) wegen eines oder des
andern auf Thatsachen beruhenden Umstandcs noch etwas zu erinnern, zu er
gänzen, oder näher suszumitteln ; oder b) bemerkt er, sei es von Amtswegen
oder auf Anzeige einer Partei, einen bei der Instruktion gegen die Prozeßvor
schriften begangenen Fehler und Verstoß; oder e) liegt der Fall vor, wo Appel
lant keine neuen Thatsachen oder Beweismittel, wohl aber Appellat zur Unter
stützung des ersten Erkenntnisses neue Umstände oder Beweismittel angeführt
hat, auf welche es wesentlich ankommt, weil sonst nach der Instruktion erster
Instanz da« erste Urtel zu Gunsten des Appellanten geändert werden müßte;
oder c>) erachtet der zweite Richter einen vom ersten Richter verworfenen und
daher nicht näher ins Licht gesetzten Umstand für erheblich; — so muß vor Ab
fassung des Erkenntnisses durch ein Resolut das Erforderliche deshalb angeord
net werden. Nach Maasgabe dieses Resoluts besorgt das Kollegium, welchem
die Instruktion obliegt, vorerst das Nöthige, und befördert hierauf die Akten
von Neuem zum Appellationsrichter Behufs Abfassung des Erkenntnisses. —
z. 41, 42, 63, 64, Tit. 14, I. A. G. O.
2) Ist in Betreff der Appellabilität oder hinsichtlich andrer von dem Wertbe des
Streitgegenstandes abhängigen Wirkungen die Höhe des Streitobjekts bestritten,
dasselbe aber schon gemäß §. 69, II. Nro. 6 (S. 167) u. Z. 197, I. gewürdigt;
so kann eine wiederholte Abschätzung oder die Einziehung eines neuen Gutachtens
n«r auf Antrag, und nur vom erkennenden Richter höherer In
stanz veranlaßt werden, dessen Ermessen alsdann überlassen bleibt, welches Ge
315
wicht auf die etwa «cranlaßten neuen Ermittelungen zu legen ist. — §. 9 des
Ges. vom 21. Juli 1843 GS. S. 299.
3) Über einen in erster Instanz wirkKch vorgekommenen und vom ersten Richter
übergegangenen, folglich stillschweigend verworfenen Einwand darf der AppellationS-
richter unter dem Borwande, daß alsdann die Parteien eine Instanz verlieren
würden, zu erkcniien sich nicht weigern, noch die Abfassung des Urtels deshalb
aufholten. — Anh. §. 123, Tit. 14, I. «. G. O.
4) Über einen im ersten Erkenntniß zum besondern Verfahren ssck 5epsrstnm) ver
wiesenen Klage- oder Widcrklageanspruch kann im Appellationsrrkenntniß in der
Regel nicht erkannt werden. Findet der Appellationsrichtcr, daß der erste Rich
ter über einen Widcrklageanspruch, welchen er »6 sepsrstum verwiesen hat,
harte erkennen müssen, weil wirklich eine u neig entliche, mit der Konvention
zugleich zu erörternde und zu entscheidende Widerklage vorlag; unb daß dies
unrichtige Verfahren auf die Entscheidung der Konvention oder auf die rechtliche
Wirkung des Urtels über die letztere Einfluß habe; so ist der Appellationsrichter
berechtigt und verpflichtet, auf den Antrag des Verklagten den Richter er
ster Instanz zur Abfassung eines Nachtrags oder ergänzenden Urtels anzuweisen,
und bis Abfassung die Entscheidung in der Konvention auszusetzen, «der doch bei
Abfassung des Appellationserkenntmsscs auszusprechen, daß die Vollstreckung nach
Höhe des scl »ep»rswm »erwiesenen Betrages der Gegenforderung bis zur Er
ledigung des Separat! auszusetzen. Unzulässig ist jedoch in solchem Fall, daß
der Appellationsrichtcr das erste Erkenntniß in der Konvention aufhebt, und
eine nochmalige anderweite Instruktion und Entscheidung in erster Instanz an
ordnet. — Res. vom 20. Decmbr. 18Z7. Jahrb. 50, S. 502. GrSff 12,
S. 129.
5) Behauptet eine Partei im Wcge der Appellation die Nullität des ersten Urtels,
und gründet sich
s) die Nullität darauf, daß die Entscheidung angcblich auf ein falsches Doku
ment, oder auf die Aussage bestochener Zeugen gestützt sei; so erkennt der
Appellationsrichter auf Grund der nach Beschaffenheit der Umstände veran-
laßten neuen Instruktion in der Hauptsache, und e« bedarf keiner Annulli-
rung des Uttels.
I)) Wird die Nullität auf einen Fehler in Ansehung der persönlichen Qualifika
tion der Parteien, oder auf einen bei der Instruktion vorgefallenen Verstoß
gegründet; so ist zu unterscheiden s,) ob dem in erster Instanz vorgefallenen
Verstösse ohne erheblichen Nachthcil dessen, welcher darunter gelitten hat, in
der zweiten Instanz noch abgeholfen werden kann, und der Appellant nicht
ausdrücklich darauf anträgt, daß in dieser Sache nochmals in erster Instanz
erkannt werde. In diesem Falle verfügt der Appellationsrichtcr das Nöthige
wegen Beseitigung des Verstosses und etwaniger Instruktion des Appellatorii,
und erkennt hierauf in zweiter Instanz. — bd) Kann aber dem vorgefalle
nen Verstösse in zweiter Instanz nicht abgeholfen werden,') «der besteht der
Appellant darauf, daß in erster Instanz erkannt werde; so muß der Appel
lationsrichtcr auf die Nichtigkeit des ersten Urtels erkennen, und die Haupt
sache zur Instruktion und Entscheidung in die erste Instanz verweisen. —
K. 9 u. 11, Tit. 1«, I. A. G. O.
6) Dem Appellationserkenntnisse müssen jederzeit vollständige Gründe beigefügt wer
de«. Die blosse Bezugnahme auf die Gründe des ersten Urtels ist unzulässig.

') I. B. wenn in erster Instanz ein zum Richteramt nicht Qualifizirter sich als
Richter aufgeworfen, und erkannt hat.
316
Mängel in dieser Hinsicht können durch die Nichtigkeitsbeschwerde gerügt wer
den. — §. 5, Nro. 9. V. vom 14. Decmbr. 183S GS. S. 302. — Nro. 17
Jnstr. vom 7. April 1839 GS. S. 14«. ,
Rücksichten bei Bestimmung des Kostenpunktes und von Sukkum-
benz- und andern Strafen.
S. 210. I. Das Appellationsurtel muß auch in Betreff der Prozeßkosten
die nöthige Bestimmung enthalten. Wird nun
1) das erste Urtel in zweiter Instanz lediglich bestätigt; so müssen auch die Kosten
der Appellationsinstanz dem Appellanten zur Last gelegt werden. Hat jedoch,
obwol Appellant keine neuen Thatsachcn oder Beweismittel angebracht hat, auf
Antrag des Appellaten die Instruktion neuer Thaisachen oder die Aufnahme
von Beweismitteln in zweiter Instanz erfolgen müssen, weil fönst, wenn dies
nicht geschehen wäre, eine Abänderung des ersten Urtcls zu Gunsten des Appel
lanten erwartet werden konnte (Z. 209, III. Nro. 1K); so sind, trotz der Be
stätigung des ersten Urtels, die Kosten der Appellationsinstanz zu kompensiren,
oder auch vom Appellaten allein zu tragen, wenn er die Schuld der unterbliebe
nen Beibringung dieser neuen Umstände bei der ersten Untersuchung nicht von
sich hat ablehnen können. In Betreff der Kosten erster Instanz bleibt es dann
bei der im ersten Urtel ausgesprochenen Entscheidung. — Z. 1, §. 6, 9, Tit. 23,
I. A. G. O.
2) Wird das erste Urtel gänzlich abgeändert; so werden die Kosten beider Instanzen
kompensirt, wenn in zweiter Instanz keine neue Untersuchung stattgefunden hat.
Wird es aber nur theilweise abgeändert; so müssen die Kosten beider Instanzen
verhältnißmässig verthcilt werden. Dies gilt auch, wenn beide Theile appellirt
haben, und in Betreff des einen Appellanten bestätigt, in Betreff des andern
abgeändert wird. — §. 3, Nro. 2. z. 6, 11 a. a. O.
3) Wird hingegen das erste Urtel auf Grund einer vom Appellanten in Antrag ge
brachten neuen Untersuchung abgeändert; so muß a) wenn Appellant bei dieser
Untersuchung die Schuld, daß die neuen Thatsachen oder Beweismittel nicht in
erster Instanz angegeben und untersucht worden, von sich nicht abgelehnt hat,
derselbe der günstigeren Entscheidung ungeachtet die Kosten der zweiten Instanz
tragen. Hat aber b) Appellant jene Schuld abgelehnt; so werden diese Kosten
kompensirt. Ergibt sich jedoch c) bei der Untersuchung in der Appellationsin-
stanz, daß nicht nur die neuen Thatsachen oder Beweismittel in erster Instanz
ohne Schuld des Appellanten zurückgeblieben sind, sondern auch, daß Appellat
deren Beibringung auf irgend eine Art geflissentlich verhindert habe; so muß
Letzterer die Kosten der Appellation tragen. — In Betreff der Kosten erster In
stanz ist es in diesen Fällen (s—e) so zu halten, wie geschehen fein würde, wenn
diese neuen Thatsachen oder Beweismittel schon in erster Instanz wären beige
bracht und aufgenommen worden. — S. 7, 8 a. a. O.
4) Wird ein Untergerichtserkenntniß in Folge einer Nullität vom Appellationsrich
ter aufgehoben (S. 209, III. Nro. 5), damit nochmals in erster Instanz erkannt
werde; so muß der Unterrichter die Kosten erster Instanz tragen, und in Betreff
der Appellationekosten kommen die für die erste Instanz gegebenen Borschriften
zur Anwendung. — §. 6 a. a. O.
II. Derjenigen Partei, welche gegen ein Urtel ohne Grund appellirt hat, muß
bei dessen Bestätigung eine Sukkumbenzstrafe im zweiten Erkenntniß ausgelegt werden.
Diefe ist bei Prozeß-Objekten von 50 bis 100 Thlr. auf 1 Thlr., bei Gegenstän
den von 100 bis 20« Thlr. auf 2 Thlr., bei Gegenständen von 200 bis 500 Thlr.
auf 4 Thlr., bei grösseren Gegenständen auf ö Thlr., und wenn das Objekt des
317
Prozesses 2000 Thlr. übersteigt, auf l« Thlr. festzusetzen. — Im Unvermögtnsfall
ist eine verhältsnißmäßige Freiheitsstrafe zu substituiren. >) — Z. 49 a. a. O. —
Geb.-Taxe vom 3. August 1815 für Oberg. Absch. 1 Nro. 22.
III. Findet der Appellationsrichter, daß Appellant das Rechtsmittel aus blos-
ser Schikane, und nur zum Berschleif der Sache eingewendet hat; so muß er dies
an ihm ausser der Sukkumbenzstrafe, noch mit einer nach Verhältniß de« Streitge-
genstandes abzumessenden, öl) Thlr. Geld oder 4 Wochen Gefängniß nicht überstei-
genden Strafe ahnden. — K. 5V, Sit. 23, I. A. G. O. — jj. 35 des Str.-R.

rr
Appellationsverfahren im summarischen Prozeß.
Verfügung auf die Appell« tio nsanmeldung und Rechtser»
tigungstcrmin.
z. 2ll. l. Im summarischen Prozeß, einschließlich der in Folge Einwendungen
zum summarischen Prozeß umgewandelten Mandatsprozesse, reicht zur Einwendung
des Rechtsmittels ebenfalls die blosse Anmeldung aus. Von Justizkommissarien muß
diese schriftlich und vollständig eingehen. Das Anmeldungsgesuch ist dann, wie die
übrigen Schriftsätze, von denselben doppelt einzureichen. Formmängel in dieser Hin
sicht werden an den Justizkommissarien mit Ordnungsstrafen geahndet. — §. 41,
7« des Ges. vom 1. Juni 1833. — Res. vom 3. August 1839 I. M. B. S. 2«S.
II. Enthält die Anmeldung der Appellation nicht die bestimmte Angabe der
Beschwerdepunkte, die Angabe der zu deren Unterstützung dienenden Beweismittel,
die Vorlegung der Abschriften der in Bezug genommenen Urkunden, und einen be
stimmten Antrag; so ist Appellant in Person, oder falls er einen Anwalt hat, zu
dessen Händen, zur Rechtfertigung der Appellation vor einen Deputirten des Ge
richts vorzuladen, 2) und dem Appellaten unter abschriftlicher Mittheilung der An
meldung davon Nachricht zu geben.»)
Die an den Appellanten ergehende Vorladung muß enthalten:
t) in einer Seitenrubrik:
die Aufschrift „Vorladung des Appellanten zur Rechtfertigung der Appel
lation," sonst alles, wie bei der Vorladung zur Klagebeantwoxtung;
2) im Kontexte:
s) die Bestimmung des Termins, Nennung des Deputirten und Bezeich
nung des Gerichtslokals;
b) die Aufforderung, in Perfon oder durch einen Bevollmächtigten zu er
scheinen, alles, was er zur Rechtfertigung der Appellation anzuführen habe,
vorzutragen, und über die ihm vorzuhaltenden Gegenstände sich bestimmt zu
Z) Die Sukkumbenzstrafen werden erst nach Rechtskraft de« Urtels vollstreckt. Dem
Juftizminister steht die Befugniß zu, die Sukkumbenzstrafen in geeigneten und
auch in solchen Fällen zu ermassigen oder niederzuschlagen, wenn für den Un
vermögensfall eine Gcfängnißstrafe substikuirt worden ist. — Lk. Z. 49, Tit. 23
Proz.-O. — Eab.-Ord. vom 3t. Januar 1835. Jahrb. 45, S. 225.
') Die Ansehung des Termins ist notbig, um dem Verfahren dadurch einen festen
Gang zu geben, und Verzögerungen zu vermeiden, welche durch bewilligte Fri
sten nach dem Verfahren der A. G. O. herbeigeführt werden. — Lk. Res. vom 3.
August 1839.
») Das Res. vom 3. August 1839 will keine Prorogation dieses Termins zugelassen
haben. Dies läßt sich auch rechtfertigen, da Appellant nicht nur die Appella
tionsfrist, sondern auch die Frist von Anmeldung bis zum Rechtfertigungstermin
frei, und somit ausreichende Zeit zur Begründung der Beschwerden hat.
St8
nM«n, weil er später mit Seine« muck, Beschwert« und keiner neum That-
sache zur Unterstützung feiner Appellation werter werde gehört werden;
e) die Androhung, und zwar ss) wenn die Appellationsbeschwerden in der
Anmeldung bestimmt angegeben worden sind:
daß, wenn er im Termine nicht erscheinen sollte, angenommen werden
Wörde, daß er sich lediglich auf die Verhandlungen der ersten Instanz:
beziehe;
lik) wenn daselbst die Beschwerden nicht bestimmt angegeben find:
daß, wenn er im Termine nicht erscheinen sollte, angenommen werden
würde, daß er auf die Appellation verzichte. Z. 41, 42, des Ges. vom
1. Juni 1833. — Z. 46 der Jnstr. vom 24. Juli 1833. — Cab-Ord.
vom 1«. Juni u. Ref. »em 15. Juni 1844 I. M. B. S. 147.
III. Das in der Vorladung angedrohte Kontumazialverfahren trit ein, wenn
Appellant im Termine, falls er Vormittags ansteht, bis 12 Uhr, und falls er
Nachmittags ansteht, bis 5 Uhr nicht erscheint, > ) und die Appellationsrechtfertigung
auch nicht schriftlich bis dahin eingegangen ist. Trit darnach Kontumazialverfahren
ein, so wird auf dem vom Dcputirtcn im Termin über das Nichterscheinen aufge
nommenen Vermerk, je nachdem die Warnung unter II. 2. e. g« oder die unter
bd gestellt war, sofortige Absenkung der Akten an den Appellationsrichter zum
Spruch, oder Aktcnweglegung angeordnet. Vom ersteren erhalten die Parteien
Nachricht. ^)
Geht eine schriftliche, alle unter Nro. II. bezeichnete Eigenschaften enthaltende
Rechtfertigungsschrift vor dem Termine ein; so ist sogleich das weitere Verfahren
einzuleiten, ohne daß es noch erst der Abhaltung des Termins bedarf. — Z. 42 d.
Gef. vom 1. Juni 1333. — Res. vom 3. August 1839 I. M. B- S. 285.
IV. Erscheint Appellant im Termin, so muß die Rechtfertigung vollständig
zu Protokoll genommen werden. Appellant muß daher
1) bestimmt angeben, worüber er sich beschwert. Die einzelnen Beschwerdcpunkte
müssen speziel angezeigt werden. Die blosse Anführung, daß er sich durch
den ganzen Inhalt des Erkenntnisses verletzt fühle, gnügt nicht. Reue Beschwer
depunkte dürfen nach dem Rechtfertigungstermine nicht mehr aufgestellt werden.
2) Er muß die zur Begründung der Appellation dienenden Thatsachen und Ein
wendungen, vollständig anführen. Nach dem Rechtfertigungstermin iß er z>»
Angabe neuer Thatsachen nicht mehr befugt. Nur dann, wenn in der Beant
wortung des Appellaten neue faktische Behauptungen vorkomme», steht dem
Appellanten ausnahmsweise zu, im Termin zum mündlichen Verfahren auch
seinerseits neue Umstände oder Beweismittel zu deren Widerlegung anzuführen,
und deren Aufnahme zu verlangen.
3) Er muß ferner etwanige Beweismittel angeben, und die in Bezug genommenen
Urkunden abschriftlich beifügen. Doch kann er Beweismittel noch bis zur Be
weisaufnahme anführen, und der Eideszuschiebung kann er sich »och bis» zum
Abschluß der Sache bedienen.

i>Nur in Terminen, in welchen mit beide» Parteien zu verhandeln ist> kommt eS


aus das pünktliche Erscheinen zur festgesetzten Stunde an. Da , wo nur Eine
Partei sich zu erklären hat, gilt dies nicht, es gelten da vielmehr die Vorschrif
ten der Proz.-O.
s) Die Vergünstigung der Proz^O., wornach bei nichterfolgter Rechtfertigung der
Appellation Appellat dennoch eine Deduktion einreichen kam,, muß auch, hier ge
stattet werden. Eine Frist wird dem Appellanten jedoch auch hier niemals
hewNigt.
SI9
4) Er muß e!ncn bestimmten Antrag stellen, und namentlich angeben, wie er er«
kannt haben wolle. Eine Bezugnahme auf frühere Antrage in erster Instanz
soll nicht geduldet werden, damit weder der Gegner noch der Appellationsrichter
darüber im Zweifel bleiben, was der Gegenstand des Rechtsmittels und des Er
kenntnisses sein soll. Justizkommissarien sollen, wenn sie unvollständige Anträge
stellen, in Ordnungsstrafen genommen werden.
5) Agitationen und Litisdcnunziationen kann der Appellant noch in zweiter Instanz
anbringen. Sie müssen aber sogleich mit der Anmeldung oder spätestens mit
der Rechtfertigung der Appellation verbunden werden. — Dagegen sind neue
Forderungen und Gegenforderungen in zweiter Instanz nicht weiter zulässig.
Eines Protokollführers bedarf es zur Aufnahme der Rechtfertigung nicht. —
§. 42, 57 d. G. vom I. Juni IM. — Z. 29, 44, 45, Jnstr. vom 24. Juli
1833. Res. vom 23. Juni 1836. Gräfs, «och ?c. III. S. 644. — Res.
vom 24. Janrar 184« I. M. B. S. 42. — Ref. vom 6. März 183» Nro.
«, Jahrb. St, S. 149.

Verfügung auf die Appellationsrechtfertigung und Termin zu de


ren Beantwortung.
§> 2l2. I. Ist die Rechtfertigung der Appellation in der Anmeldung «der in dem
besondern zur Aufnahme derselben anberaumten Termine erfolgt; so wird der Appel
ls t, unter abschriftlicher Mittheilung derselben, zu deren Beantwortung vor einen
Deputaten des Gerichts vorgeladen.') In der Vorladung wird er aufge
fordert:
in Person oder durch einen gehörig legitimirten Bevollmächtigten im Ter
min zu erscheinen, die Appellation vollständig zu beantworten, alle zu de
ren Widerlegung dienende neue Thatsachen anzugeben, und sofern sie i»
Urkunden bestehen, dieselben im Original oder in Abschrift einzureichen,
indem im Laufe der Appellationsinftanz keine neuen Thatsachen mehr von
ihm vorgebracht werden dürfen;
zugleich wird ihm die Warnung gestellt:
daß, wenn er oder fein Bevollmächtigter sich nicht pünktlich zur bestimm
ten Stunde einfinde, oder sich nicht vollständig und vorschriftsmässig
auf die Appellation erkläre, die vom Gegner angeführten neuen Thatsa
chen in «outuinseiäm für zugestanden, die zur Unterstützung der in er
ster Instanz bereits angeführten Thatsachen vorgelegten Urkunden für
anerkannt gehalten werden, und die Einwendungen gegen die vom Appel
lanten angegebenen Beweismittel verloren gehen. — §. 43—45 d. G.
vom 1. Juni 1833. — Res. vom 17. Novbr. 1834. Gräff Koch zc.
Erg. III. S. 646. — Cab-O. vom 18. Oktobr. 1837 GS. S. 147.
II. Der Appellant wird zu dem zur Beantwortung der Appellation an
beraumten Termine unter der Warnung mit vorgeladen:
daß im Fall seines Ausbleibens die Absenkung der Akten zur mündlichen
Verhandlung an den Appellationsrichter erfolgen würde. §. 46, Ges. vom
1. Juni 1833.
III. Erscheint Appellat im Terinin zur bestimmten Stunde; so wird die Bc«
cmtwortuvg der Appellationsrechtfertigung vollständig und in der Art, wie eine Kla
gebeantwortung, zu Protokoll genommen. Juftizkommissarien müssen vor oder im

") Dieser Termin ist in jedem Falle zu verfügen, gleich viel, ob der Appellat durch
einen Justizkommiffarius vertreten wird, oder nicht.
Termin dieselbe schriftlich nebst Duplikat überreichen. Des Eingangs vor dem Ter
min ungeachtet muß dieser abgehalten werden. ' )
Erscheint für Appellanten Niemand zur Terminsstunde, so trit das nach I.
angedrohte Kontumazialverfahren ein.
IV. Erscheint auch Appellant; so muß unter den Parteien die Sühne ver
sucht, und falls beim Mislingen des Versuchs Parteien erklären, daß sie auf münd
liche Verhandlung verzichten, diese Erklärung zu Protokoll genommen werden. Z. 47,
48 Jnstr. vom 24. Juli 1833. — §. 45, 7« B. vom 1. Juni 1833. — Cab.-Ord.
vom 18. Oktobr. 1837.
Weitere Veranlassung auf das Beantwortungsprotokoll, und Ab
fassung des Erkenntnisses.
K. 213. I. Haben sich Parteien im Termin zur Beantwortung der Appellation
nicht verglichen; so werden die Akten sofort nach Abhaltung des Termins an das
Gericht zweiter Instanz befördert; es sei denn, daß die Aussetzung der Verhandlung
bis zur Erledigung eines Editionspunktes verfügt wäre. Den Parteien wird die
Absendung, der Akten unter Mittheilung einer Abschrift der Beantwortung an de»
Appellanten, bekannt gemacht. — Z. 47, V. vom 1. Juni 1833. z. 48, Jnstr. vom
24. Juli 1833.
II. Die Akten werden 1. beim Appellationsrichter, wenn beide Parteien im
Beantwortungstermin auf mündliche Verhandlung verzichtet, und darauf angetragen
haben, daß sogleich Sxruchvorlegung erfolge, ohne Weiteres zur Ernennung der
Referenten vorgelegt. Ein Verzicht auf mündliche Verhandlung, welcher nach dem
Beantwortungstermin eingeht, »erdient keine Berücksichtigung.
2. Dagegen gehen die Akten, im Falle ein giltiger Verzicht 2) auf mündliche
Verhandlung nicht vorliegt, an die zur mündlichen Verhandlung der Avpellations-
fachen verordnete Deputation. Hier ernennt der Dirigent derselben einen Referen
ten, und bestimmt den Termin zur mündlichen Verhandlung. Zu diesem werden
die Parteien oder ihre Vertreter unter der Warnung vorgeladen:
daß, im Fall beide Parteien nicht erscheinen, auf die Akten, wie sie lie
gen, erkannt; im Fall aber nur eine der Parteien nicht erscheint, das
Kontumazialverfahren dahin stattfinden würde, daß alle von dem Nicht-
erschienenen in zweiter Instanz vorgebrachte, streitige, mit schriftlichen
Beweisen nicht unterstützte Thatsachen für nicht angeführt erachtet, und
alle von dem Gegentheil angeführte Thatfachen, denen noch nicht aus
drücklich widersprochen worden, für zugestanden, so wie die vom Gegen-
theile beigebrachten Urkunden für anerkannt angesehen werden sollen. —
z. 48, 49. V. vom 1. Juni 1833. — Res. vom 6, Mai und vom 29.
' ' Juni 1835. Jahrb. 45, S. 457, 463.
III. Die Deputation, vor welcher die mündliche Verhandlung in der Appella
tionsinstanz erfolgt, muß einschließlich des Dirigenten aus mindestens fünf stimm
fähigen Mitgliedern bestehen. — In der Sitzung schickt der Referent dem
Bortrage der Parteien eine schriftliche Darstellung der bisherigen Verhandlungen
voraus. «) Diese Darstellung kommt sodann zu den Akten. — Die fernere Verhand-
1) Er ist nöthig, weil die Sühne versucht werden soll, und die Parteien sich zu er
klären haben, ob sie auf mündliche Verhandlung verzichten. Doch ist es nicht
grade Pflicht des Deputirten, auf Erklärung wegen des Verzichts zu dringen.
2) Der von Einer Partei erklärte Verzicht gnügt niemals.
») Dieser schriftliche Vortrag wird verlesen. Er ist wie ein guter mündlicher Bor
trag einzurichten, und auch beim Vorlesen muß der Vorlesende dahin trachten,
daß der Zuhörer die Präzision und Deutlichkeit des mündlichen Vortrags nicht
vermisse. Die schriftliche Darstellung muß sich deshalb auf eine kurze und ge?
321
Handlung geschieht nach Maasgabe der Bestimmungen §, 83, (S. 147). Auch in
Betreff des Aushangs, der Leitung des Verfahrens, dcr Sorge für Erhaltung der
Ruhe und Ordnung, dcr Aufnahme des Protokolls, der Fassung des Beschlusses, der
Terminsvcrlcgung, und überhaupt, in soweit für das Verfahren in zweiter Instanz
nicht besondre Vorschriften ertheilt worden, sind die für die erste Instanz gegebenen
Bestimmungen (Abschn. 4, Tit. 6) zur Richtschnur zu nehmen. — §. 49, 53 d. V.
vom 1. Juni !833. — Jnstr. vom 24. Juli 1833 §. 4«.
IV. Befindet sich das Gericht erster und zweiter Instanz am nämlichen Orte;
so dürfen die Bevollmächtigten erster Instanz auch beim Appellationsiichter für ihre
Machtgeber auftreten. Gleiches gilt, wenn zwar beide Gerichte nicht an demselben
Orte ihren Sitz haben, die Justizkommissarien aber, deren sich die Parteien in erster
Instanz bedient haben, am Orte des Obergerichtssitzes wohnen, und die Parteien
deren Beibehaltung für die zweite Instanz wünschen. ') — §. 52 d. B. vom 1. Juni
1833. — Res. vom 22. April 1836. Jahrb. 47, S. 558.
V. Wird von beiden Thcilen appellirt, so ist über beide Appellationen gleich
zeitig zu verhandeln,?) und darüber in Einem Urtel zu erkennen. — §. 5« V.
vom 1. Juni 1833.
VI. Erachtet im Falle unter II. Nro. 1 dcr Appellationsspruchrichtcr die Sache
zum Erkenntniß nicht angcthan, vielmehr noch eine Beweisaufnahme (z. B, die Ab
nahme eines zugeschobenen erhebliche» Eides) für nöthig; so ordnet er die Aufnahme
dieses Beweises durch ein Resolut an. Nach erfolgter Bewcisaufiiahme gehen so
dann die Akten an die Deputation zur mündlichen Schlußverhandlung zweiter Instanz. «)
Wird in Folge des im Audienztermin von der Deputation gefaßten Beschlusses
Beweisaufnahme nöthig; so erlaßt die Deputation die zur Erledigung des beschlos
senen Beweisresoluts erforderlichen Verfügungen. Sie kann Eide, welche im Be-
weisrcsolut zu normiren sind, von den am Orte oder in dcr Nahe wohnenden Par
teien in ihrer Sitzung abnehmen. Sonst und in Betreff andrer Beweismittel kann
sie den Auftrag dem Gericht erster Instanz oder einem andern richterlichen Beam
ten, selbst einem Kommissarius aus ihrer Mitte crthcilen. ^) — Res. vom 20. Fe
bruar 1836. Jahrb. 47, S. 313. — Res. vom 3. Aug. 1833. Jahrb. 41, S.463.
Res. vom 13. Juli 1838. Jahrb. 52, S. 182.
VII. Das Appellationserkcnntniß wird
1) in den Fällen, wenn gemäß K. 211, III. wegen Ausbleibens des Appellanten im
Rechtfertigungstermin Spruchvorlegung erfolgt, und wenn im Termin zur Be
antwortung der Appellation beide Thcile auf mündliche Verhandlung verzichtet
haben, (hier mit Ausnahme des Falles Nro. VI.), vom ordentlichen Appcllations-
richter nach Vorschrift des Z. 209 abgefaßt.

drängte Übersicht des Gegenstandes dcr bisherigen Verhandlungen beschränken,


und so eingerichtet werden, daß sie als Spezies Fakti des Erkenntnisses dienen
kann. — cr. Res. vom 21. April 1834 und 4. März 1837 in Gr« ff, Koch zc.
Erg. Iis. S. 648.
1) Umgekehrt können die in zweiter Instanz von dcr Partei gewähltc» Obcrgc-
richtsjustizkommissarien auch bei den in zweiter Instanz bei dem an demselben
Orte mit dem Obergericht sitzenden Untergericht vorzunehmenden Verhandlungen,
z. B. bei Aufnahme der Appellationsrcchtfcrtigung, im Bcantwortungstcrmin zc.
auftreten. — Res. vom 1. August 1838. Jahrb. 52. S. 18V.
2) Im ordentlichen Prozeß ist dies nicht ganz dcr Fall. — Ls. z. 208.
«) Dabei kann es wol vorkommen, daß die Beweisaufnahme vom demnächst erken
nenden Richter für unerheblich erachtet wird, da er an den im Resolut ausge
sprochenen Beschluß nicht gebunden ist.
4) Nach Eingang dcr Verhandlungen erfolgt Schlußtermin im mündlichen Verfah
ren gemäß dcr für die erste Instanz gegebenen Vorschriften.
S1
322
2) In dcn übrigen Fällen dagegen erkennt die Deputation für summarische Sachen
im Audienztcrmin, oder in der gemäß §. 85, II. (S. 152) verlegten Sitzung. —
§. 48, 53 der V. vom 1. Juni 1833.

Appellationsverfahren nach der Verordnung vom 9. Februar 1817.


K. 214. I. In den im Großhcrzogthum Posen nach dem Verfahren der V.
vom 9. Februar 1817 verhandelten Prozessen gilt bei Anmeldung der Appellation,
und bei Borladung zum Rechtfertigungstermin, sowie bei Aufnahme der Rechtferti
gung das für den ordentlichen Prozeß vorgeschriebene Verfahren (g. 203). Eben so
kommen die für diesen Prozeß z. 205 gegebenen Vorschriften zur Anwendung, wenn
der Appellationsbericht keine neuen erheblichen Thatsachen enthält. Nach Ein
gang der Gegcndeduktion, oder nach Präklusion, sowie wenn keine Rechtfertigung
erfolgt ist, nach Ablauf des desfallsigen Termins, werden die Akten nebst den Ma-
nualaktcn der Mandatarien sofort dem Appcllationsrichter (Obcrappellationsgericht
zu Posen) zum Spruch eingesendet. Die eingehenden Satzschriften müssen übri
gens auch in zweiter Instanz doppelt eingereicht werden. — §. 47—50, 52 des
Ges. vom 9. Febr. 1817 GS. S. 37.
II. Sind dagegen im Appellationsbericht neue Thatsachen oder Beweismittel
vorgetragen; so gehen die Akten gleich nach eingegangenem Appellationsberichte an
den AppellativnSrichter zur neuen mündlichen Verhandlung. Jedoch werden
in diesem Falle die Manualakten nicht mit gesandt. — §. 51 a. a. O.
Hl. Nach Eingang der Akten im Falle unter II. verfügt der Appellations
richter das Behufs Abhaltung des mündlichen Verfahrens Röthige. Die Parteien
müssen ihre Mandataricn aus dcn beim Appellationsrichter angestellten Justizkom
missarien oder Advokaten wählen.') — Schriftliche Deduktionen finden beim münd
lichen Verfahre» nicht Statt.
In Betreff Abfassung des Erkenntnisses kommen die für die erste In
stanz (Z. 18V, 181) gegebenen Vorschriften zur Anwendung. Hierbei hat das Kol
legium die Vorschrift ß. 180, II. Nro. 2 besonders zu beachten, und wenn ihm eine
Sache wegen verwickelter Thatsachen, Zweiselhoftigkeit des Rechtspunktes, Wichtig
keit des Objekts oder sonst irgend bedenklich scheint, sollen die Akten durch einen zu
fassenden Beschluß, der dcn Parteien sofort bekannt zu machen, zum Spruch vorge
legt werden. — Z. 52, 53 a. a. O.
Von der Publikation der Appellationöerkenntnisse.
Z. 215. Derjenige Referent, welcher das Appellationöerkenntniß nach erfolgtem
Beschluß desselben entworfen hat, verfügt, nach Unterschrift desselben durch die bei
der Beschlußnahme gegenwärtigen Richter, die Ausfertigung. Diese erfolgt in 3 Erem-
Plaren, wovon das eine zu dcn gerichtlichen Akten erster Instanz, und die andern
für die Parteien bestimmt sind. Für die mehren Litiskonsorten wird Abschrift des
Tenors und für die Mandatarien, in sofern sie nicht zur Empfangnahme des Ur
sels selbst bevollmächtigt sind, Abschrift des Erkenntnisses beigefügt. Den Manda
taricn, welche beim Appellationsrichtcr selbst, die Parteien vertreten haben, fertigt
der Appellationsrichter Abschriften zu. 2)
1) Doch ist auch hier die Ausnahme des §. 213, IV. gestattet.
2) Das Res. vom 6. Januar 1843 (I. M. B. S. 15) gestattete zwar auch, da?
der Appellationsrichter den dazu beauftragten Mandatarien die Urtelsausfertigung
zufertige. Durch die Verord. vom 21. Juli 1843 muß jedoch diese Bestimmung
als ausgehoben erachtet werden.
32?
Dic Ausfertigungen werden versiegelt nebst den Akten erster Instanz und den etwa-
nigen Abschriften dem ersten Richter zugcftrtigt, und dieser sorgt gemäß I. 133 für
die schleunige Behändigung. — §.'67, Tit. 14, I. A. G. O. — z. 25 Ges. vom
1. Juni 1833. — Nro. 47 Jnstr. vom 7. April 1839. — z. 1, V. vom 5. Mai
1838 GS. S. 273. — Res. vom 7. Oktbr. 1833 und vom 19. November 1834.
Jahrb. 43, S. 419, 44, S. 367. — Res. vom 9. September 184« I. M. SS. S.
314. — B. vom 21. Juli 1843 GS. S. 294.

Fünfter Abschnitt.
Von den in Jnjurienprozessen u«d gegen ZSerurtheilung«« z«
Prozeßfirafen zulässigen Rechtsmitteln.
Die besondern Arten dieser Rechtsmittel und deren Zulässigreit.
§. 216. I. In Jnjuricnprozessen sind gegen die in erster Instanz ergehenden Er
kenntnisse nicht die Rechtsmittel der Restitution, des Rekurses und der Appellation,
sondern das Milderungs- undNiederschlagungsgesuch, das Rechtsmittel der
weiteren Vertheidigung, und das Aggravationsrechtsmittel zulässig.
1. Das MilderungS- und Niederschlagungsgesuch ist nur dem Be
klagten (rcsp. Widerbeklagten) und zwar dann gestattet, wenn er vorläufig frei
gesprochen, oder zu einer Strafe vcrurthcilt ist, welche fünfzig Thlr. oder vier Wo
che» Gefängniß nicht übersteigt. Nur, wenn s) die erkannte Strafe 5 Thlr. Geld
busse nicht übersteigt, oder K) wenn Beklagter dem Bauer-, oder dem gemeinen
Bürgcrstande angehört, und die gegen ihn principslilsr oder eventuel') erkannte
Straft höchstens vier und zwanzigstündigcS Gefängniß beträgt, kann Beklagter we
der dieses noch überhaupt ein Rechtsmittel einwenden.
2. Das Rechtsmittel der weitern Vertheidigung steht ebenfalls nur
dem Beklagten, und zwar dann zu, wenn die gegen ihn erkannte Straft fünfzig
Thaler in Velde oder vierwöchentliches Gefängniß übersteigt.
Durch Einlegung dieser beiden Rechtsmittel wird die Freisprechung von Straft,
oder deren Ermässigung bezweckt.
3. Das Rechtsmittel der Aggravation dagegen gebührt dem Klüger und
zwar dann, wenn der Beklagte von Strafe freigesprochen, resp. Kläger abgewiesen,
oder wenn nach dessen Meinung die erkannte Straft zu milde ausgefallen ist, der
Kläger aber die Bestrafung des Beklagten, oder eine härtere, als die erkannte
Straft ausgesprochen haben will. — Nur dann, wenn Kläger zum gemeinen Bür
ger- oder zum Bauerstande gehört, und wegen leichter wörtlicher Beleidigung ge
klagt hat, kann Kläger weder dieses noch überhaupt ein Rechtsmittel gegen das er
gangene Erkcnntniß einwenden.
Alle diese Rechtsmittel (1—3) müssen innerhalb der z. 185, 186 gestattete»
Frist' angebracht werden. Füt die am Sitze des Gerichts nicht wohnhafte Parteien
läuft jedoch die IDtägige Frist erst mit dem Tage, an welchem die Erklärung der
Parteien nach dem gewöhnlichen Lauft der Posten beim Gericht eingehen kann. Die
Seit, welche zur Übcrfendung des Gesuchs an das Gericht nothwcndig ist, wird da
her nicht mitgerechnet. Dic Einwendung derselben bewirkt Aussetzung der Straf
vollstreckung. — Z. 4, 15. 16 Anh. K. 217—223, Tit. 34, I. A. G. O. — §. 8,
Ges. vom 5. Mai 1838 GS. S. 275. — Art. 1 Nro. 4 Deel, vom 6. April 1839
GS. S. 126. — Res. vom 6. Mai 1837 Koch, Grass ,c. Erg. z. A. G. O. I.
') A. B. wenn der Beklagte nach dem Urtcl zwischen 4 Mr. Geld» oder 5 Taaen
Gesangnißftraft die Wahl haben soll; so steht ihm das Milderungsgesuch zu,
324
S. 723. — Res. vom 7. Marz 183«. Hinschius Wochenschr. S. 469. — Res.
vom 26. August 1843 I. M. B. S. 27«.
II. Wegen erkannter Prozeßstrafen steht dem Bestraften
1) gar kein Rechtsmittel zu, wenn die erkannte Strafe nur fünf Thlr. oder
weniger beträgt. Der Bestrafte hat nur die Bcfugniß, gcsuchswcise beim Rich
ter erster Instanz um Milderung oder Niederschlagung der Strafe unter Anfüh
rung der dafür sprechenden Gründe zu bitten. Findet der Richter das Gesuch
begründet; so verfügt er die Niederschlagung oder Milderung der Strafe sofort.
Sonst bescheidct er den Bittsteller abschläglich, und es bewendet dabei.
2) Beträgt die Strafe mehr als fünf Thlr., oder besteht sie in Gefängnißstrafe; so
steht dem Bestraften ein Milderungs- und Niederschlagungsgesuch zu,
welches er innerhalb vier Wochen nach der Urtelspublikation beim ersten Rich
ten anzubringen hat. Findet dieser das Gesuch begründet; so kann er ohne Wei
teres selbst die Milderung oder Niederschlagung der erkannten Strafe verfügen.
Erachtet er aber das Gesuch für unbegründet; so muß er dasselbe nebst den
Akten dem in Strafsachen in zweiter Instanz erkennenden Richter zur Entschei
dung zustellen.
3) Ist Jemand wegen frevelhaften Lciugncns oder vorsätzlicher Unwahrheit für un
fähig zur Leistung von nothwendige» Eiden erklärt; so muß er ») wenn er in
der Hauptsache das zulässige Rechtsmittel ergreift, zugleich durch das
selbe die Aufhebung dieser Strafe herbeizuführen suchen. Ergreift er aber K)
nicht das in der Hauptfache sonst zuständige Rechtsmittel; so steht ihm im Be
treff jener Unfähigkeitserklürung das Rechtsmittel der weitcrn Verthei-
digung innerhalb 10 Tagen zu.
Dem Gegner steht um deshalb, weil nach seiner Meinung die erkannte
Prozcßstrafc zu milde, oder weil gar nicht auf Prozcßstrafe erkannt ist, und er
solche in Betreff des andern Thcils beantragt, kein Rechtsmittel zu. — §. 3 Nro.
3, Tit. 14. Z. 54, Tit. 23, I. A. G. O.
Verfahren und Entscheidung 1) auf das Milderungs- und
Niederschlagungsgesuch;
K. 217. I. Das Milderungs- und Niedcrschlagungsgcsuch muß innerhalb der
gesetzlichen Frist beim Richter erster Instanz schriftlich eingereicht, oder zu Protokoll
gegeben, und es müssen die Gründe zur Unterstützung desselben angeführt werden.
Auf neue tatsächliche Umstände wird dabei nicht Rücksicht genommen, in sofern sie
zncht sogleich bei Anbringung des Gesuchs bescheinigt worden sind. Nur, wenn gc-
Len ein im Jnjurienprozeß ergangenes Kontumazialcrkenntniß das Mildcrungsgesuch
Angebracht wird, und Beklagter darin behauptet, daß das Sachvcrhältniß in der
Klage unrichtig vorgetragen worden, und er keine Beleidigung sich habe zu Schul
den kommen lassen; oder wenn in diesem Falle Beklagter andre neue Thatfachcn
«der Beweismittel zu seiner Entschuldigung anführt; muß die Instruktion und Be
weisaufnahme auf da« Milderungsgefuch erfolgen. — §. 15 u. Anh. K. 23«, Tit.
34. 8> 3, Nro. 3, Tit. 14, 1. A. G. O. — Res. vom 27. Januar 184« I. M. B. S. 44.
II. Das rechtszeitig eingegangene Gesuch wird im Jnjurienprozeß dem
Kläger unter Bewilligung einer kurzen präklusivischen Frist zur Gegenausfü'hrung mit-
zetheilt. Falls aber bei einem gegen ein Kontumazialurtel angebrachten Milderungs-
gesuch Instruktion und Beweisaufnahme nöthig, erfolgt diese beim Richter erster Jn-
jtanz, und Kläger wird dabei und beim Abschluß der Sache gewöhnlichermassen zugezogen.
Bei den wegen erkannter Prozeßstrafen eingereichten Milderungs- und
Niederschlagungsgesuchen bedarf es keiner Mittbeilung und Gegenausführung. —
Zsnh. §. 22t, 23« Tit. 34, I. A. G. O.
325
III. Nach Beseitigung des nach Nro. II. Röthigen oder nach erfolgter Prä
klusion werden die Akten dlin in Strafsachen in zweiter Instanz erkennenden Rich
ter eingereicht. Hier wird die Sache im gewöhnlichen Memorialien-Vortrage mir
erörtert, und das Erforderliche durch eine Resolution festgesetzt. Diese wird sodann in
Ausfertigung ncbst den Akten dem ersten Richter zur Publikation gesendet. — g. 7
„. a. O. — Res. vom 4. Juli 1«34. Jahrb. 44, S. »4. — §. 1^4 und » des
Ges. vom 5. Mai 183« GS. S. 273. — Res. vom 16. Juni IM I. M, B. S. 223.
IV. In der Resolution wird zugleich das Nöthige in Betreff des Kostenpunk
tes bestimmt. Bei Zurückweisung des Gesuchs, oder falls nur Milderung der Strafe
oder vorläufige Freisprechung erfolgt, müssen die Kosten zweiter Instanz immer dem
Beklagten zur Last gelegt werden. Auch wenn er gänzlich freigesprochen wird, muß-
er die Kosten der letzten Instanz tragen. Doch hat in diesem Falle der Richter
hinsichtlich der Kosten der ersten Instanz zu bcurthcilen, ob Gründe zu deren Nie
derschlagung vorhanden sind, was sodann in der Resolution ausgesprochen wird. —
Dcclar. vom 6. Oktober 1«1 GS. S. 224.
2) beim Rechtsmittel der weiter» Vertheidigung;
K. 218. I. Das Rechtsmittel der weiter» Vertheidigung, welches ebenfalls
beim Richter erster Instanz schriftlich oder zu Protokoll angebracht werden muß,
kann durch Angabe neuer Lhatsachen oder Beweismittel, ohne Einschränkung, be
gründet werden. Über dieselben ist sodann unter den Parteien zu instruiren und
der Beweis aufzunehmen. Nach Abschluß der Sache kann hierauf Beklagter eine
förmliche Vcrtheidigungsschrift einreichen oder einreichen lassen. Werden
bei Einwendung des Rechtsmittels keine neuen Thatsachen oder Beweismittel ange
bracht; so wird das desfallsige Gesuch, und im andern Falle die etwa eingegan
gene Vcrtheidigungsschrift dem Kläger abschriftlich mitgctheilt, und ihm eine kurze
präkiusivische Frist zur Gcgcnausführung gestattet. Nach Eingang der Gegenaus-
führung oder nach Ablauf der bewilligten Frist erfolgt die Absenkung der Akten an
den in Strafsachen des Richters erster Instanz in zweiter Instanz erkennenden Richter.
Hat ei» zur Leistung der nothwcndigen Eide für unfähig Erklärter um des
halb das Rechtsmittel der weitern Vertheidigung angebracht; so bedarf eö bei de»
mir demselben vorzunehmenden Verhandlungen nicht der Zuziehung des Gegentheils,
auch nicht der Mitthcilung der Schriftsätze zur Gcgenausführung. — Anh. H. 220,
Anh. z. 223 und §. 15, Tit. 34. — §. 90—95, Tit. 35, I. A. G. O.
II. Beim zweiten Richter erfolgt die Ernennung eines Referenten, und der
Vortrag der Sache, wie andrer Strafspruchsachcn. — Auch in Betreff des Kosten
punktes wird Beschluß gefaßt, und es gilt auch hier das §. 217, IV. Bestimmte. —
Das beschlossene Erkenntniß wird sodann in Ausfertigung ncbst den Akten dem
Richter erster Instanz zur Publikation zugefertigt. Ein ferneres Rechtsmittel findet
dagegen nicht statt. — §. 96, Tit. 35 a. a. O. — Res. vom 16. Juni 1839 I.
M. B. S. 223.
3) beim Rechtsmittel der Aggravation.
8. 219. I. Dieses Rechtsmittel muß innerhalb der K. l«5, 186 u. 216 bestimmten
Frist angebracht, oder doch angemeldet werden. Erfolgt die blosse, jedoch rechtszei
tige Anmeldung, so wird dem Kläger eine kurze präklusivische Frist zur Einreichung
einer Deduktion bestimmt. Beim Nichteingang binnen der gestellten Frist werden
die Akten zum Spruch befördert.
Geht die Deduktion ein, so erhält Beklagter Abschrift und cine gleichmassige
präklusivische Frist zur Gcgcndcduktion. Nach deren Eingang oder »ach Ablauf der
Frist werden die Akten ebenfalls zum Spruch befördert.
32«
Neue Thatsachen oder Bcwcismittcl wcrden nicht berücksichtizt, da ein blosses
Deduktionsverfahren stattfindet.
Das Erkcnntniß wird von demjenigen Obcrgericht abgefaßt, welches auf ein
vom Beklagten eingelegtes Rechtsmittel erkannt haben würde. Beim Königl. Kam
mergericht erkennt auf das gegen ein Urtcl der Sivildeputation eingewendete Aggra- >
«ationsrechtsmittel der Jnfiruktionsfenat.
Das Erkcnntniß nebst den Akten wird dem ersten Richter zur Publikation zu
gefertigt. — Anh. Z. 224 A. G. O. — Deel, vom 9. Oktober 1831 Nro. 3 GS.
S. 224. — Res. vom 13. März und 7. April 1834. Jahrb. 43, S. 539, 541. —
Eirc.-Res. vom 3«. Dccember 1798 Z. 1« N. C. E. lom X. S. 1851. Rabe 5,
S. 261. — Cab.-Ord. vom 31, Aug. 1840 I. M. B. S. 306.
II. Ergreift gleichzeitig der Kläger das AggravationsrcchtSmittel, und der Be
klagte das Milderungsgcsuch oder das Rechtsmittel der wettern Vcrthcidigung gegen
ein und dasselbe Erkcnntniß; so wird über beide zugleich verhandelt und demnächst
in Einem Urtel darüber erkannt. — Eab.-Ord. vom 25. März 1834. Jahrb.
41, S. 567.
III. Die Kosten des Aggravationsrcchtsmittels fallen,
1) wenn das erste Erkcnntniß bestätigt wird, dem Kläger zur Last;
2) wenn es abgeändert wird, und <->) Beklagter in erster Instanz völlig frcigehno-
chcn war, wcrden sie kompcnsirt z wenn aber b) Beklagter in erster Instanz schon
bestrast oder nur vorläufig freigesprochen war, müssen sie dem Beklagten allein
aufgelegt werden. — Cab.-Ord. vom 6. Oktober 1831 GS. S. 224.

Achter Titel.
Bon den gegen das zweite Erkenntnis zulässige« Rechtsmitteln.
Allgemeine Bemerkungen.
§. 220. Wen» das zweite Erkcnntniß einen offenbaren Jrrthum in Worten,
Zahlen oder Namen, oder eine Undeutlichkeit, oder eine Zweideutigkeit enthält; so ist
deshalb kein Rechtsmittel zulässig; es bedarf dessen zur Berichtigung des Jrrthums,
der Undeutlichkeit oder Zweideutigkeit nicht. Vielmehr kann diese Berichtigung durch
eine nachzusuchende Deklaration des Erkenntnisses erfolgen. Die Deklaration er-
theilt stets der Richter, welcher das zu dcklarirende Erkcnntniß abgefaßt hat, und
zwar in Gemäßheit der Bestimmung des §. 184, Nro. 3.
Liegt ein andrer Grund der Unzufriedenheit mit einem zweiten Erkenntnisse
vor; so muß dessen Abänderung im Wege des etwa zulässigen Rechtsmittels gesucht
werde». Solche gegen das zweite Urtel zuständige Rechtsmittel find:
1) das Rechtsmittel der Revision;
2) das der Richtigkeitsbeschwerde; und
3) das im Jnjurienprozesse im Falle der auf die Aggravation erfolgten Straf
schärfung dem Beklagten zustehende Rechtsmittel der weitern Ber-
theidigung.
Bon diesen Rechtsmitteln wird in diesem Titel die Rede sein.
Bei welchem Gericht, und binnen welcher Frist diese Rechtsmittel
angebracht werden müssen.
Z. 221. I. Die gegen ein zweites Erkenntniß einzuwendenden Rechtsmittel
müssen ebenfalls bei dem Richter angebracht werden, welcher das Erkenntniß
erster Instanz abgefaßt hat. Ist in erster Instanz vermöge genereller oder
spezieller Substitution statt vom instruircndcn, von einem andern Gericht erkannt;
327
so muß bei diesem dos Rechtsmittel angebracht werben. Geschieht dies irrthü'm-
lich bei jenem oder einem andern inkompetenten Gericht; so muß sofort das Ge
such an den ersten erkennenden Richter gesendet werden, da erst durch die bei diesem
erfolgende Präsentation der Lauf der Frist unterbrochen wird. — K. 2 de« Ges. vom
21. Juli 1843 GS. S. 294. — Res. vom 23. November 1844 I. M. B. S. 254.
I!. Durch die versäumte Anbringung des Rechtsmittels bei dem gehörigen
Richter innerhalb der gesetzlichen Frist geht das Rechtsmittel verloren. Diese Frist
beträgt
1) bei dem in Jnjuriensachen auf das in Folge Aggravation ergangene Erkenntniß
zulässigen Rechtsmittel der weitern Vertheidigung — zehn Tage;
2) bei dem Rechtsmittel der Revision und dem der Nichtigkeitsbeschwerde sechs
Wochen, und für den landesherrlichen Fiskus, Land- und Stadtgcmcinden, pri-
«ilegirte Korporationen, und unter Vormundschaft stehende Personen, so wie die
jenigen, welchen die Rechte der Minderjährigen beigelegt sind, zwölfWoche». —
Ausnahmsweife ist für die letzte» beiden Rechtsmittel eine kürzere Frist gestattet,
»nd zwar beträgt dicfe s) im Wcchfelprozeß nur zehn Tage; b) in Ar
rests« che», welche nicht mit der Hauptfache zugleich verhandelt werden, drei
Tage; c) im eigentlichen Merkantilprozeß vier und zwanzig Stun
den; und in Baufachen, wenn von einem schon wirklich begonnenen Bau die
Rede ist, dessen Fortsetzung oder Kassirung vom Ausfalle des Prozesses abhängt,
für die allein zulässige Nichtigkeitsbeschwerde— zehn Tage.
Eine Restitution gegen die versäumte Frist findet in allen Fällen nicht statt. —
B. vom 14. December 1833. Z. 21, 22 GS. S. 302. — Deel, vom 6. April
1839 Art. 13, 14 GS. S. 126. — A. G> O. I. Tit. 27, §. 24. Tit. 29.
§. 63 fg. Tit. 30, §. 43. Tit. 42, §. 149.
M. Was dm Laus dieser Fristen betrifft; so kommen hier die Bestimmungen
K. 186, I. ebenfalls zur Anwendung. Im Zweifel, ob Revision oder Nichtigkeits
beschwerde stattfinde; ist die Vorschrift z. 86, II. zu beobachten. — K. ö, 6, 9 des
Ges, vom S. Mai 1838 GS. S. 27S fg.

Erster Abschnitt.
Bom Rechtsmittel der Revisiou. >)
Fälle in denen die Revision zulässig ist.
Z. 222. Das Rechtsmittel der Revision findet nur gegen Appellationser
kenntnisse statt, und zwar I. ohne Rücksicht darauf, ob die ersten beiden Erkennt
nisse gleichlautend sind, oder nicht, in allen Fällen, in welchen die Rcvisionsbe-
schwerdc Familien- oder Standcsverhültnisse, Ehrenrechte,?) Ehege
löbnisse oder Ehesachen, allein oder in Verbindung mit anderen daraus herge
leiteten Ansprüchen, zum Gegenstande hat. Dabei ist jedoch folgendes zu bemerken:
1) Unter Standesverhältnisfen sind hier ausser den „Familienverhält
nissen" nur solche persönliche Zustände zu verstehen, welche an und für sich

1) Derjenige, welcher das Rechtsmittel der Revision einwendet, wird Revident, der
Gegner Revise genannt.
2) Das Recht der Theilnahme an einer Privatgesellschaft ist als ein Ehrenrecht in
diesem Sinne nicht anzufehn. Plen.-Beschl. des Geh. Ob.-Trib. vom 4. De
cember 1843 I. M. B. 1844 S- 60.
328
betrachtet, Gegenstand einer privatrcchtlichen Entscheidung sein können. Es ge
hören hiehcr Streitigkeiten
») über Wahn- und Blödsinnigkcits - und Prodigalitätserklärun
gen, in soweit das Rechtsmittel der Revision hierbei nicht durch Gesetz be
sonders ausgeschlossen ist; (cÄ Z. 223, Nro. 7.)
b) über Todeserklärungen, in sofern solche kontradiktorisch verhandelt wer
den, und dann zur Ergreifung des Rechtsmittels der Appellation und der
Revision Anlaß geben können;
«) über die Annahme an Kindesstatt;
ei) über die Rechtmässigkeit der Kinder in den Fallen des Absch. 1 Tit. 2, II.
A. L. R.z
e) über die Beilegung der Rechte der ehelichen Geburt in den Fällen der
§. 592—600 das.
f) über die Rechte einer geschiedenen, für den unschuldigen Theil er
klärten Ehefrau in den Fällen der Zz. 1035—1037z Z. 1042—1049, K.1055
—1057, Tit. 1, II. A. L. R.
2) Dem unter I. gebrauchten Ausdruck: „Familien - oder Standesverhält
nisse" ist jedoch keineswegs die Ausdehnung zu geben, welche aus der im K. 6,
Tit. 1, I. des A. L. R. ') enthaltenen allgemeinen Definition von „Stand"
abzuleiten fein möchte. Insbesondre können diejenigen Standcsverhältnisse, welche
hauptsächlich eine staatsrechtliche Bedeutung haben, z. B. ob Jemand von Adel,
Mitglied einer Stadtgemcinde u. s. w. sei? an und für sich kein Gegenstand
eines Rechtsstreits sein, vielmehr nur im Verwaltungswege oder durch unmit
telbare Königliche Entscheidung festgestellt werden.
3) Familien- oder Standesverhältnisfe, Ehrenrechte, Ehegelöbnisse
oder Ehesachen können nur alsdann Gegenstand einer Revisionsbcschwerde
sein, wenn hierüber in der Urtelsformel selbst eine dispositive Be
stimmung ausgesprochen ist. — Ist z. B. durch zwei gleichlautende Er
kenntnisse Jemand mit dem Intestaterbrecht, welches er auf einen bestimmten
Verwandschaftsgrad stützt, abgewiesen, oder als Kirchenpatron zur Lieferung der
Baumaterialien für die Pfarrgebäude verurtheilt worden, ohne daß über das
Werwandschaftsverhältniß oder das Patronatrecht selbst erkannt ist; so findet das
Rechtsmittel der Revision nicht Statt. In solchen Fällen ist blos über Vermö
gensrechte entschieden; eine dagegen erhobene Revisionsbeschwerde kann daher auch
nur das Vermögen betreffen. Darauf, ob die Ausmittelung des Verwandfchafts-,
oder Patronatsvcrhältnisses während des Rechtsstreits erfolgt ist, und das Re
sultat derselben einen Grund für die Entscheidung des Richters dargeboten hat,
kommt es nicht an.
4) Wenn in Ehescheidungssachen der auf Trennung der Ehe lautende Theil
des Erkenntnisses rechtskräftig geworden ist, und der Gegenstand der Beschwerde
darin besteht: wer von den Eheleuten und in welchem Maasse für
den schuldigen Theil zu erachten sei; so findet die Revision statt. Denn
diese Frage: hat nicht allein auf die Vcrmögmsvcrhältnisse Einfluß; sondern es
sind davon auch der Stand und Name der Ehefrau, und das Recht auf Er
ziehung der Kinder, und andre rechtliche Folgen abhängig. — Beschränkt sich
aber der Antrag des Revidenten auf die erfolgte oder unterbliebene Anerkennung
einer Eheschcidungsstrafe oder den Betrag derselben; so ist die Revisionsfähig-
keit nach Nro. II. zu beurtheilen.
') Z. 6, Tit. 1, I. A. L. R.: Personen, welchen vermöge ihrer Geburt, Bestimmung
oder Hauptbeschäftigung gleiche Rechte in der bürgerlichen Gesellschaft beigelegt
sind, mache» zusammen Einen Stand des Staats aus.
32»
Dieselbe» Grundsahe entscheiden über die Revisionöfahigkeit, wenn Eheschei-
dungs - und Sponsalienprozcsse von den Erben des einen oder andern TheilS
fortgescbt werde». — §. 1, der B. vom 14. December IM GS. S. 302. —
Jnstr. vom 7. April 1«39 Nro. 1—3 GS. S. 136 fg. — ß. 73« fg. 766 sg.
«it. 1, §. 92 fg. Tit. 2, II. «. L. R.
II. Betrifft dagegen die Rcvisionsbcschwerde lediglich das Vermögen, so
ist die Revision nur dann zulässig, wenn die beiden ersten Erkenntnisse
ganz oder zum Theil verschiedenen Inhalts sind, und wenn zugleich
der dieser Verschiedenheit unterliegende Gegenstand der Beschwerde
über fünfhundert Thalcr betrögt, oder in Gclde nicht abzuschätzen
ist. — Der Theil der Erkenntnisse, in Betreff dessen beide Uttel übereinstimmen,
kann daher nicht Gegenstand der Rcvisionsbeschwcrde sein. Wenn z. B. Kläger in
erster Instanz völlig, in zweiter Instanz theilweisc abgewiesen, oder wenn er in
erster Instanz unbedingt abgewiesen worden, in der zweiten aber ihm oder dem
Verklagten ein Eid auferlegt wird, von dessen Ableistung oder Nichtableistung die
Bestätigung des ersten Erkenntnisses, im entgegengesetzten Falle aber eine Abände
rung zu seinen Gunsten abhängig ist; so kann Kläger nicht zur Revision »er
stattet werden, weil in beiden Fällen die Beschwerde gegen das zweite Erkenntniß
nicht darauf gerichtet werden kann, daß dasselbe günstiger für ihn ausgefallen sei,
sondern nur denjenigen Theil der Entscheidung zum Gegenstände haben könnte, den
ihm weder das erste, noch das zweite Erkenntniß zugesprochen haben , worin also
beide übereinstimmen. — Ebenso ist die Revision unzulässig,') wenn der Beklagte
in der ersten Instanz vcrurtheilt worden, und das Erkenntniß in zweiter Instanz
theilweisc zu seinen Gunsten ausgefallen ist.
In allen diesen Fällen würde die Beschwerde nicht auf die Verschiedenheit der
Ansichten der beide» Richter, welche zu seinem Vorthcil eine theilweisc Abänderung
herbeigeführt hat, sich gründen, sondern auf die GleichmWgkeit ihrer Entscheidung
für den Theil des Erkenntnisses, den er geändert wisse» will. Die Entscheidungs-
gründc können zwar in beiden Erkenntnissen durchaus verschiede» sein; darauf kommt
es aber nicht an, weil das Rechtsmittel der Revision nur gegen den entscheidenden
Theil des Erkenntnisses, d. h. die Worte der Erkcnntnißformcl, nicht gegen die Aus»
führung desselben gerichtet werden kann. — K. 2, V. vom 14. December 183Z. —
Nro. 4 d. Jnstr. vom 7. April 1839.
Bei Berechnung des Bcschwcrdcobjekts komme» auch hier die Vorschriften des
Z. 69 (S. 126 fg.) zur Anwendung. Das, was unrcr den Parteien nicht mehr
streitig ist, kommt ebenfalls nicht in Betracht. — Insbesondre ist hier noch zu
berücksichtigen :
1) Grundgcrcchtigkci tc» (mit Ausnahme der §. 223, Nro. 3 bezeichneten) sind
als ei» das Rechtsmittel der Revision zulassender Streitgegenstand zu betrachten,
wenn dies nach ihrem Wcrthc für einen der streitenden Thcile der Fall sein
würde. 2) Hiernach ist auf den Werth für denjenigen der streitenden Theilc, der
den Werth höher angibt, Rücksicht zu nehmen. Eine Ermässigung seiner An
gabc kann auf eingeholtes Gutachten von Sachverständigen (S. 69, II. Nro. 6)
durch eine Festsetzung des Richters erfolgen. Im zweifelhaften Falle ist jedoch
das Rechtsmittel zu gestatten.
2) Auch der Rwisionsrichter hat die Bcfugniß, auf Antrag einer Partei eine
wiederholte Abschätzung oder die Einholung eines neuen Gutachtens zu veran
lassen. Seinem Ermessen bleibt dann überlasse», welches Gewicht auf die etwa
veranlaßt«« neuen Ermittelungen zu legen ist.
1) Versteht sich hier von selbst, für den Beklagten.
2) D. h. für den, gegen welchen in zweiter Instanz nachtheiliger erkannt ist.
330
3) In allen Fällen, i» welchen mehre Personen als Kläger «der Verklagte in einem
Prozesse zugelassen worden sind, ist die Auläfsigkeit des Rechtsmittels der Revi
sion (gleich dem der Appellation Z. 197, I.) nach dem Gesammtbetrage der For
derungen oder Leistungen der mehren Strcitgenossen zu beurtheilen. Es kommen
daher bei Berechnung des Beschwerdeobjekts nicht blos die Beschwerdcsummen
der Revidenten, sondern auch die aller Streitgenossen, in soweit diese noch spä
ter und selbst nach ergangener dritter Entscheidung der vortheilhafter für ihre
Streitgenossen ausgefallenen Revision beitreten können, in Betracht. — Ges. vom
21. Juli 1843 GS. S. 297 fg. — K. 14«, Tit. 14, I. A. G. O.
Fälle, in denen das Rechtsmittel der Revision unbedingt ausge
schlossen ist.')
§. 223. Die Revision ist gar nicht zulässig:
t) in Schwängerungssachen und den darauf gegründeten Alimentenforderun
gen, gleichviel, ob damit zugleich der Antrag auf Borbehalt oder Zuerkennung
des Erbrechts für das uneheliche Kind verbunden ist oder nicht. Nur, wenn es
sich darum handelt, ob der Geschwächten oder dein Kinde die Rechte ehelicher
Personen beizulegen, also damit ein Standes- oder Familienverhältnis, verbun
den ist, trit der Fall des §. 222, I. ein.
2) bei Provokationen auf die Rechtswohlthat der Güterabtrctung;
3) in Prozessen über nachstehende Grundgercchtigkeite» s) das Recht, auf
die Mauer eines andern zu bauen «der Balken zu lege»; I>) das Traufrecht,
sowie die Befugniß, Flüssigkeiten auf des Nachbars Grund auszugiessen, oder
durch eine» Kanal über des Nachbars Grund zu führen; c) das Recht der
freien Aussicht auf des Nachbars Grund; cl) das Recht, über eines an
dern Grundstück zu gehen, oder zu reiten, oder zu fahren, oder daö
Vieh zu treiben; e) das Recht der Durchfahrt durch eines Andern
Thorwcg;
4) in Arrestprozesse», wenn der Streit darum geht: ob der verhängte Arrest
w eder aufzuheben, oder es dabei zu belassen sei, gleichviel, ob zugleich in der
Hauptsache erkannt, oder über die Zulässigkeit des Arrestes besonders gesprochen ist;
5) in Assekuranzstreitigkeitenz
6) im Diffamation sprozesse, das Erkenntmß mag die Verpflichtung des Be
klagten zur Anstellung der Klage, oder die Bestimmung des Zeitraums dazu,
oder die Präklusion aussprechen;
7) in Prodigalitätserklärungssachen, wenn der Antrag des Provokanten,
oder ein Gesuch des für einen Verschwender Erklärten um Wiederaufhebung der
Kuratel, in beiden ersten Instanzen verworfen ist;
8) in Pachtermissionsprozessen, mit Ausnahme des Falles, wenn entweder
Kläger ganz abgewiesen, oder auf völlige Exmission erkannt ist;
9) in Moratoriensachen und
1V) in den Prozessen, wo es sich um die Frage handelt: ob Konkurs zu er
öffnen sei. — Z. 3, B. vom 14. December 1833. — Nro. 6 Jnstr. vom 7.
April 1839. — Tit. 29, Z. öl, 63. Tit. 3«, Z. SS. Tit. 32, g. 22, 27. Tit.
38, Z. 33, 44. Tit. 44, Z. 43. Tit. 47, §. 26, 42, 94. Tit. S«, §. 19, I.
A. G. O. — Tit. 22, §. SS—79, I. A. L. R.
') Wenn die Entscheidung ganz unzweifelhaft, und die Ergreifung des Rechtsmit
tels offenbar nur zum Verschleif der Sache geschieht; so kann der Richter das
eingewendete, sonst mit Rücksicht auf das Objekt zulässige Rechtsmittel der Re
vision zwar durch Dekret verwerfen. Doch muß, wenn die Partei sich hierbei
nicht beruhigen will, das Rechtsmittel zugelassen werden. — Res. vom 30. De
cember 1822. Jahrb. 2«, S. 280.
Z31
Anmeldung dcs Rechtsmittels der Revision und Verfahren.
§. 224. I. Das Rechtsmittel der Revifion ift durch die blosse rechtszeitige
Anmeldung beim gehörigen Richter gewahrt. Das Anmcldungsgesuch muß die
erklarte Unzufriedenheit aussprechen, und-zuglcich die Beschwerden deutlich und be
st i in mt anzeigen. Eine blos in allgemeinen Ausdrücken abgefaßte Angabe und na
mentlich die blosse Bezugnahme auf frühere Anträge ist nicht zulässig. ' ) — §. ö,
Tit. 15, t. A. G. O. — Res. vom 2«. Mai 1U23. Jahrb. 21, S. 27S.
U. Auf die eingekommene Rcvisionsanmcldung, welche dem Gegner unverzüg
lich bekannt zu machen, wird dem Revidenten eine präklusivischc Frist von 14 Ta
gen bis 4 Wochen,^) nach der Weitläufigkeit und Wichtigkeit der Sache, zur Ein-
rcichung einer schriftlichen Ausführung seiner Beschwerden (Revisionsbericht,
Rcvisionsdcduktio») bewilligt. — Geht binnen der gestellten Frist der Rcvi-
sionsbericht nicht ein, oder hat Revident von vornherein oder später auf dessen
Einrcichung verzichtet, und auf die Akten, wie sie liegen, summittirtz so wird, ohne
Erforderung der Gcgcndcduktion von Seite» des Rcviscn, von Amtswcgcn mit Ak-
tcninrotulation und Sprucheinsendung verfahren. — Geht aber der Revisionsbericht
ein ; so wird derselbe dem Reviscn abschristlich mitgctheilt, und ihm eine gleiche prä
klusivischc Frist zur Einrcichung dcr Gcgcndeduktion gcstattct. Nach Eingang oder
Ablauf dcr Frist ist das Verfahren geschlossen. — Z. 6 a. a. O.
Hl. Auch nach Präklusion können die Parteien noch ihre Deduktionen nach
träglich einreichen. Dies muß jedoch stets bei dem Gericht geschehen, bei welchem
die Verhandlung in der Revisionsiiistanz erfolgt ift. — Geht auf diese Weise ein
Revisionsbericht ein; so muß cr schleunigst dem Reviscn, zur Gcgenausführnng bin-
ncn einer zu bewilligenden Frist, mitgcthcilt werden. Nach Eingang dcr Gegende
duktion oder nach Ablauf dcr Frist crfolgt die Nachsendung an das Geh. Ober.
Tribunal, in sofern die Akten benies dahin abgegangen sind.
Kommt auf diese Weise eine Schlußschrist ein, so wird sie ebenfalls den Ak
ten nachgeschickt.
Die Abfassung dcs Erkenntnisses darf aber durch dies nachträgliche DeduktionS-
verfahre» nicht aufgehalten werden. Gehen daher die Schriftsätze nicht zeitig genug
ein, so wird auf ihren Inhalt nicht Rücksicht genommen.
Nach tröge zum Revisionsbcricht, und zum Schlußbcricht werden nicht ange
nommen. — z. 2—s, Ii. V. vom II. Januar 1805 N. C. E. ?'om XI. Rro. I.
v. 1805. — Res. vom 6. Mai 1817 und 8. Mai ISIS. Jahrb. 9, S. 201, Bd.
11, S. 209. — Res. vom 4. Oktober 1834. GrSff, Koch :c. Erg. III. S. 29S.
Von Jnrotulatio» der Akten, und Einsendung an das Geheime
Obertribunal zum Spruch,
tz. 225. I. Die Aktcninrotulation ist in dritter Instanz jederzeit erforderlich.
Es ist daher bald nach Eingang der Deduktionen, odcr nach Präklusion in einem
anzusetzenden Termin mit Zuziehung der Bevollmächtigten
') Ein Res. vom 4. Jan. 1831 (Gr äff, Koch :c. Erg. III. S. 293) spricht sich
jedoch dahin aus, daß, obwol die Angaben der Beschwcrdepunkte bestimmt und
deutlich erfolgen müssen, in dcm Falle, wo eine einfache, klar zu übersehende
Verurtheilung ausgesprochen ist, die Revision zugelassen werden muß, wenn auch
dcr Verurtheilte nur allgemein erklärt, sich dabei nicht beruhigen zu können,
oder, sich dadurch beschwert zu fühlen, und das Rechtsmittel der Revision er
greifen zu wollen. Denn es würde hlcr auf eine blosse leere Form hinauslaufen,
wenn die Bestimmung dcs Erkenntnisses, welche allein dcr Gegenstand dcr Be
schwerde sein kann, in der Revisionsanmeldung wörtlich ausgedrückt werden müßte.
2) Von der zu gestattenden kürzeren Frist im Wechfelprozcß, und im Merkantilpro
zeß wird unten bei diesen Prozeßakten die Rede sein.
332
1) diese Jnrotulation vorzunehmen,
2) zu spezifiziren , welche Akten zu versenden, wobei auch die Manualakten überge
ben werden müssen, und
3) zu prüfen, welche Dokumente beizufügen und zu übersetzen, auch ob die Manda
tarien ihre Vollmachten eingereicht haben. Das Mangelnde ist demgemäß vor
Absenkung der Akten zu erledigen.
Wird hierbei etwas verabsäumt, so werden in Sachen, wo Justizkommissarien
zugezogen worden sind, diese deshalb in eine Strafe von fünf Thaler» genommen.
Auch haben sie die durch den Verstoß erwachsene» mehren Kosten zu tragen.
Sind die Parteien selbst erschienen, so trifft die Strafe und der Kostencrsatz
wegen des etwanigen Verstosses des Dezernenten. — S. 6 u. Anh. K. 132, Tit. 15,
I. A. G. O.— Ref. vom 9. März 1815. Gräff, Koch zc. Erg. III. S. 295.—
Ref. vom 1«. März 1841 I. M. B. S. 123.
II. Nach Abhaltung des Jnrotulationstermins erfolgt die Absenkung der Akten,
Manualakten und sonstigen Beiaktcn unmittelbar an das Geheime Obcrtribunal.')
Dieses erkennt in allen Revisionssachen ohne Ausnahme. 2) Neue im Rcvisionsbe-
richt oder im Schlußbcricht vorkommende Thatsachen oder Beweismittel hindern die
Absenkung nicht, da nur der Revisionsrichter über deren Erheblichkeit und Zulässig-
keit zu entscheiden hat.
Schwebt das Revisorium in einer Sache, in welcher in der Appellationsinstanz
beim Obergericht verhandelt worden, beim Untergcricht; so muß dieses vor Absen
kung der Akten die Appellationsakten erbitten und beifügen.
In Wechsel- und eigentlichen Merkantilprozcssen muß bei Einreichung der Ak
ten an das Geh. Obertribunal, zur Beschleunigung der Entscheidung, die Prozeßart
auf dem Bericht und auf dem Kouvert «ermerkt werden. — tz. 6, 10 fg. Tit. 15.
K. 41, 44 Tit. 27. z. 4«, 43 Tit. 30, I. A. G. O. — 8. 2« V. vom 14. De-
cember 1833. — Nro. 48 Jnstr. vom 7. April 1839.
Wahl der Referenten beim Geh. Ober-Tribunal und Bcfchlußnahme
1) wenn eine Abänderung der früheren Erkenntnifse erfolgt;
z. 226. I. Beim Geheimen Obcrtribunal werden die Akten bei dem betref
fenden Senat zum Spruch vorgelegt, und hier zwei Referenten ernannt, von denen
jeder, und zwar einer nach dem andern, eine Relation abfaßt. Auch hier wird die
Relation des einen, dem andern Referenten nicht mitgetheilt. — z. 4, 7 Eab.-Ord.
vom 19. Juli 1832 GS. S. 192.
II. Der Vortrag der Relationen, und die Berathung über die Sache erfolgt
in der Sitzung des betreffenden Senats, und im Beisein von mindestens sieben
Mitgliedern, den Präsidenten eingeschlossen. Die Beschlußnahme geschieht nach
absoluter Stimmenmehrheit.^) Die Relation eines abwesenden Referenten wird
zwar verlesen, sein Votum bei Zählung der Stimmen aber nicht mitgerechnet. —
2 ) Die Einsendung erfolgt von allen Gerichten, mit Ausnahme des Kammergerichts
und des O.L.Gericht zu Frankfurt, mittelst Berichts. — Cab.-Ord. vom 3«.
September 1838 mitgetheilt im Ref. vom 5. Oktbr. 1338. Jahrb. 52, S. 517.
Im Bericht muß unter andern auch das Folium der Akten, wo sich die Verhandlung
über die Akteninrotulation befindet, angegeben werden. — Res. vom 10. März 1841.
2) Es erkennt in Revisions- und Nichtigkeitsbcschwcrdesachcn ausschließlich. Jedoch
in den zur dritten Instanz gelangenden Jnjuriensachen erkennt das Geh. Ob.
Trib. nicht. — Eab.-Ord. vom 29. August 1835 GS. S. 197.
») In Sachen, wo beim Appellationsrichter nur rcferirt worden, bedarf es nicht
der Mitfendung der Relationen. — Ref. vom 9. November 1830. Jahrb. 36, S. 315.
4) Bei Stimmengleichheit gibt sowol in diesem, als im Falle unter Nro. III. und
IV. die Stimme des Präsidenten den Ausschlag. — Res. vom 30. December
1820. Jahrb. 16, S. 232.
333
Enthält ein Senat zu einer Sitzung wegen Krankheit, Tob ober Abwesenheit von
Mitgliedern nicht die vorgeschriebene Zahl; so ergänzt der Präsident dieselbe aus den
andern Senaten. — K. ö, 6 a. a. O.
III. Ergibt sich vor dem Vortrage der Relationen, daß die beiden Referenten
auf die Abänderung zweier gleichförmigen Erkenntnisse antragen, oder wird beim
Vortrage die Abänderung zweier gleichförmigen Erkenntnisse beschlossen; >) so wer
den ausser den beiden bereits gewählten Referenten, noch zwei andre Referenten, und
zwar aus jedem der ander» beide» Senate einer, gewählt, welchen die Akten zum
Refcrircn zugestellt werden.
Bei dem Vortrage der Sache müssen demnächst aber noch so viel Mitglieder
aus jedem der andern Senate, der Reihenfolge nach, vom Präsidenten zugezogen
werden, daß der Beschluß wenigstens von 13 Mitgliedern, den Vorsitzenden ein
geschlossen, berathcn, und von diesen »ach der Stimmenmehrheit gefaßt wird. —
Z. 7 der Eab.-Ord. vom 19. Juli 1832.
IV. Wird in einer Spruchsachc durch Stimmenmehrheit des betreffenden Se
nats beschlossen, von einem bisher behaupteten Rechtsgrundsatze, oder von der durch
ihn selbst, oder durch einen, andern Senat bis dahin befolgten Auslegung und An
wendung einer gesetzlichen Vorschrift abzugehen; so ist die dadurch zweifelhaft ge
wordene Rechtsfrage an das Plenum des Geh. Obertribunals zu bringen. — Das
Plenum entscheidet darüber auf den Vortrag zweier neuen, aus den andern Sena
ten gewählten Referenten, und seine Entscheidung dient in der vorliegenden Rechts
sache dem betreffenden Senate zur Norm. — Eab.-Ord. vom I. August 183ü Nro.
3, 4 GS. S. 219.
2) im Falle Ergänzung der Instruktion oder Beweisaufnahme
beschlossen wird;
§. 227. I. Findet der Revistonsrichtcr beim Vortrage der Sache, daß irgend
ein in den Akten erster oder zweiter Instanz bereits vorgekommener erheblicher Um
stand, entweder, weil ihn die vorige» beiden Richter für unerheblich angeschn haben,
gar nicht untersucht, oder doch nicht deutlich und vollständig genug auseinanderge
setzt worden ist; oder wird sonst ein bei der Instruktion der Sache vorgefallener
Fehler und Verstoß gegen die gesetzlichen Vorschriften, welcher die Abfassung des
Dcsinitiverkenntnisses hindert, von Amtswcgcn oder in Folge Anzeige der Parteien
wahrgenommen; so muß der Revistonsrichtcr durch Resolution festsetzen: daß und
wie ein solcher Umstand »och näher ausgemittelt, oder einem solchen Mangel abge
holfen werden müsse. ^) ^ Mit diefer Resolution müssen die Akten an das instrui-
rcnde Gericht zurückgeschickt, und nach Maasgabe derselben das Nöthigc von diesem
veranlaßt werden. Nach geschlossener Instruktion erkennt nochmals der Richter
derjenigen Instanz, in welcher die anderweit instruirte Thatsache zuerst vorge
kommen ist, folglich, wenn sie erst in der zweiten Instanz gerügt worden, der Ap
pellationsrichter; und er entscheidet in diesem Erkenntniß ausdrücklich: in wiefern
>) Die Abänderung muß entweder das ganze Urtel oder doch einen die revisible
Summe enthaltenden Theile desselben betreffen. — L5. Eab,-O. vom 10. Mai
1826 GS. S. 43.
2) In dem Falle, wenn über die legitime Geburt eines während der Ehe gebornen
oder erzeugten Kindes gestritten wird, und über die Vollziehung des Beischlafs
unter den Eheleuten während der Konzcptionszcit des Kindes die Delation eines
Eides erfolgt, die Abnahme aber unterblieben ist, weil die Erheblichkeit «der Zu«
lässt'gkeit des Eides-Antrags bestritten worden , der Revistonsrichtcr aber die Ab
leistung des Eides nöthig findet, ist dies im Erkenntnisse selbst auszusprechen. —
Plen. Beschl. des Geh. Ob. Trib. vom 17. Juni 1844 I. M. B. S. 22«. —
Nach einem früheren Beschlüsse, welcher durch diesen abgeändert worden, sollte
die Abnahme des Eides vor der Desinitiv-Entscheidung angeordiist werden.
334
die Thatsache ausgemittelt st!, und was daraus bcn Rechten nach folge. Bon einem
solchen Urtel find alsdann wieder die ordentlichen Rechtsmittel zulässig. — z. 9,
Tit. 15, I. A. G. O.
II. Betrifft jedoch der Umstand, dessen nähere Untersuchung der Rcvisionsrich-
ter nöthig findet, nicht die Hauptsache, sondern nur einen Ncbcnpunkt,
z. B. den Zinsensatz oder den Tag, von welchem ab Zinsen laufen, oder nur die Ko
sten, oder den Zahlungstermin zc.z so muß in der Hauptsache das Rechtliche erkannt,
zugleich aber im Urtel festgesetzt werden: ob und worüber eines solchen Ncbenpunk-
tes wegen noch eine nähere Instruktion zu veranlassen, und darauf nochmals in einer
der früheren Instanzen zu sprechen sei.
Gleiche Bewandniß hat es, wenn mehre abgesonderte Punkte in die Rcvisions:
Instanz gediehen sind, und nur bei einem oder etlichen derselben eine nähere Unter
suchung nöthig gefunden wird. Hier wird nur in Betreff der letztern die nähere
Untersuchung im Revisionsurtel mit angeordnet, und hinsichtlich der übrigen sogleich
definitiv erkannt. — §. 9 das.
3) im Falle neue Thatsachen und Beweismittel in dritter Instanz
vorkommen.
Z. 223. Auf neue Thatsachen oder neue Beweismittel, welche in den beiden
ersten Instanzen gar nicht vorgekommen sind, darf der Revisionsrichter keine Ent
scheidung gründen. Wenn daher solche auch in der Revisionsinstanz noch angebracht
rosrden, so muß er die Entscheidung lediglich nach der in erster und zweiter Instanz
ausgemittelten Lage der Sache abfassen. — Nur ausnahmsweise finden neue That
sachen und Beweismittel in dritter Instanz in sofern Berücksichtigung, als der Re
visionsrichter dann die Sache in eine frühere Instanz zur Instruktion und Entschei
dung zurückverweist. In dieser Hinsicht sind folgende Fälle zu unterscheiden:
1. Wenn der Revisionsrichter eine in den vorigen Instanzen unerörtert geblie
bene Thatsache für erheblich erachtet, und gemäß z. 227 die Instruktion derselben
anordnet; so müssen bei dieser Instruktion auch die erst in dritter Instanz hin
sichtlich jener, für erheblich erachteten, Thatsache angeführten neuen Umstände und
Beweismittel berücksichtigt und aufgenommen werden.
2, Wenn der Revident zur Unterstützung oder Widerlegung einer in den vori
gen Instanzen wirklich zur Instruktion gezogenen Thatsache neue Beweismittel an
führt; so muß
^. der Revisionsrichter die Rückweisung der angegebenen neuen Beweismittel zur
Aufnahme derselben in der Instanz, wo die Thatsache selbst zuerst vorgekm-
men ist, allemal verordnen, wenn die Thatsache an sich erheblich ist, und in
den vorigen Instanzen gar kein Beweis darüber, blos aus Mangel an Beweis
mitteln, hat aufgenommen werden können.
War aber in den vorigen Instanzen eine Beweisaufnahme erfolgt, und es wer
den in der Rcvisionsinstanz «) Zeugen vorgeschlagen; so ist »») darauf keine
Rücksicht zu nehmen, sobald die streitige Thatsache eine eigene Handlung
der Partei ist, und dieselbe nicht etwa schon in den vorigen Instanzen sich, we
nigstens im Allgemeinen, darauf, daß Zeugen darüber vorhanden wären, bezo
gen hat. db) Ist dagegen eine solche wenigstens allgemeine Beziehung in
den Akten der vorigen Instanz vorhanden, oder betrifft die streitige Thatsache
nicht die eigne Handlung der Partei; so bleibt es dem Ermessen des Re-
visionsrichtcrs anheimgcstellt: in wiefern nach Beschaffenheit des bereits aufge
nommenen Beweises noch Gründe vorhanden sind, von der Abhörung der neuen
Zeugen eine vollständigere Aufklärung der Wahrheit zu hoffen, und also die
Rückweifung der Sache zur Aufnahme des neuen Beweismittels zu veranlassen. —
j>) Eben so ist es zu halten, wenn das neue Bewsismittel in Urkunden bp
SS5
steht, welche der Revisionsbeduktion sogleich beigelegt sind. Dann muH der
Revisionsrichter nach dem Inhalt, und der äusseren, auf die Glaubwürdigkeit Ein:
fluß habenden. Form dieser Urkunde» in Vcrglcichung mit dem in voriger In
stanz bereits aufgenommenen Beweise glcichmössig beurtheilen: in wiefern eine
Rückweifung stattfinde oder nicht. Blosse Beziehungen auf Urkunden, die nicht
sofort beigelegt werden, verdienen gar keine Rücksicht.
Wird demgemäß (.^ und IZ) eine Beweisaufnahme angeordnet; so muß der
die Instruktion leitende Richter diese zugleich darauf richten:
woher es komme, daß diese Beweismittel erst in der dritten Instanz an«
gegeben worden?
Der hierüber von der Partei beizubringende, mehr oder weniger gcnugthuende
Nachweis Hot nicht nur auf die künftige Beurtheilung der Glaubwürdigkeit des
neuen Beweismittels, besonders wenn es Zeugen sind, erheblichen Einfluß; son
dern es muß auch im künftigen Urtel wegen des Kostenersatzes an den Gegen-
theil, wegen Vergütung des demselben aus diesem Verzuge entstandenen Scha
dens, ingleichcn wegen der Strafen muthwilliger Schikanen und Verschleppun
gen das Erforderliche festgesetzt werden. (N. §. 17«, IV. V. K. 210.)
3. Wenn eine ganz neue Thatsache angegeben wird, worauf ein, vom bisherigen
ganz verschiedener, Klagegrund gebaut wcrdm soll; so wird blos nach Lage der bis
her verhandelten Akten erkannt, und der neue Klagegrund zur bcsondcrn Ausfüh
rung verwiesen. Ein deshalb ausgesprochener Vorbehalt wirkt niemals Kompensa
tion der Kosten. Wird aber auch dieser Borbehalt nicht ausgesprochen, so ist es
den Rechten der Partei unschädlich.
4. Sind neue Thatsachcn blos zur Unterstützung eines unverändert bleibenden
Klagegrundcs angeführt, z, B, neue Besitzhandlungen zur Begründung der behaup
teten Verjährung; so ist darauf gar keine Rücksicht zu nehmen.
5. Gleiches gilt, wenn der Beklagte neue, auf Thatsachcn sich gründende Ein
wendungen erst in dritter Instanz aufstellt. Nur, wenn diese Einwendungen zu den
noch in der Erekutionsinftanz zulässigen Einreden der Zahlung, der Kompensation,
des Erlasses und des Vergleichs gehören; so ist in der Hauptsache zu erkennen, und
der Einwand zur Verhandlung in erster Instanz zurückzuweisen.
Findet der Revisionsrichter die nach Rro. 1—5 angebrachten neuen Umstände
oder Beweismittel, auch an sich betrachtet, unerheblich; so muß er sie im Urtel
ausdrücklich verwerfen. Einer Untersuchung der neuen Thatsachen bedarf es auch
dann nicht, wenn der Richter, ohne Rücksicht darauf, schon in den bisherigen
Verhandlungen hinlängliche Gründe findet, das vorige Erkcnntniß zum Vortheil des
Revidenten abzuändern. — §, l«—1« und §. 2«, Tit. 15, I. A. G. O. §. 36,
Tit. 24 das.
Entscheidung über den Kostenpunkt, und von den Sukkumbenzftrafen.
§. 229. I. Das Revisionsurtel muß sich ebenfalls über den Kostenpunkt aus
sprechen. Die Kosten aller Instanzen sind
1) zu kompensiren, wenn in der Hauptsache die ersten Urtel abgeändert werden;
ferner, wenn beide Theile revidirt haben, und entweder in Betreff Beider bestä
tigt oder abgeändert wird. Die Kosten der Revisionsinstanz sind
2) dem Appellanten aufzulegen, wenn eine Bestätigung der frühern Urtel erfolgt.
Dagegen muß
3) eine verhaltnißmässigc Verthcilung sämmtlichcr Kosten in Gemäßheit des §. 170,
IV. s und b stattfinden, wenn mehre Punkte in die Revisionsinstanz gediehen,
und in. Betreff derselben thcils Bestätigung, thcils Abänderung erfolgt; sowie,
wenn von beiden Theilen revidirt worden, und nur in Ansehung des einen
Theils abgeändert, in Betreff des andern Theils aber bestätigt wird.
336
4) Wird ein erst in der Rcvisionsinstanz angebrachter neuer Umstand zur andcrwci-
ten Untersuchung verwiesen; so muß diese Untersuchung in erster Instanz alle
mal auf Kosten desjenigen, der sich mit diesem Anbringen verspätet hat, erfol
gen. — 8. 10—12, Tit. 23, I. A. G. O.
II. Werde» in dritter Instanz die früheren Erkenntnisse in irgend einem
Theilc abgeändert; so fallen auch die in zweiter Instanz erkannten Sukkumbenzgel-
der weg. Sind dagegen beide erste Erkenntnisse gleichlautend, und werden diese Er
kenntnisse auch in dritter Instanz bestätigt, so muß dem Revidenten auch im dritten
Urtel eine Sukkumbcnzstrafe von zwanzig Thlr. aufgelegt werden. — H. 49, Tit.
23, I. A. G. O. Geb.-Taxe für Ob. G. vom 23. August 1815 Abs. I. Nro. 22. —
Res. vom 13. Mai 1833. Jahrb. 41, S. 475.
III. In Betreff andrer Strafen gilt in dritter Instanz dasselbe, was für die
Appcll.-Jnstonz nach §. 21«, III. vorgeschrieben ist. — z. 5«, Tit. 23, I. A. G. O.
Entscheidungsgründe; Protokollbuch und Spruchrepertorium.
§. 230. I. Alle Rcvisionserkcnntniffe müssen mit Entscheidungsgründen ver
sehen, und mit diesen ausgefertigt werden. — K. 8, Cab.-Ord. vom 19. Juli 1832
GS. S. 129.
II. Jede Entscheidung ist in das Protokollbuch des Senats, bei welchem
erkannt ist, einzutragen. Kommen in einer Sache Rechtsfragen zur Sprache, welche
unter den Parteien streitig, oder sonst bei Bearbeitung der Sache Gegenstand einer
näheren Erörterung gewesen sind, so wird die hinsichtlich dieser Rechtsfragen be
schlossene Entscheidung auf den schriftlichen Antrag eines Referenten,
oder auf den Beschluß des Senats in dessen Spruchrepertorium
s) nach der Reihenfolge der Titel und Paragraphen der Gesetzbücher, sowie einzel
ner Gesetze oder Verordnungen, und
b) nach alphabetisch:,,- Ordnung der Rechtsgegenstände
eingetragen. — Die Rcpertorien der einzelnen Senate sind durch gegenseitige Über
tragung stets vollständig, jeder Senat also in fortlaufender Kenntniß von den Be
schlüssen der beiden andern, in Beziehung auf die Entscheidung streitig gewesener
und zur nähern Erörterung gediehener Rechtsfragen, zu erhalten.
Ist die Entscheidung gemäß z. 22S, IV. durch das Plenum des Geheimen Ober
tribunals erfolgt; so wird sie jedesmal in das Protokollbuch des ersten Senats und
in sammtliche Spruchrepertorien eingetragen. — Nro. 1, 2, 4 d. Cab.-Ord. vom 1.
August 1836 GS. S. 218.
Publikation der Revisionserkenntnisse; Deklarationsgcsuche und
nachträglicher Beitrit zur Revision.
Z. 231. I. Der Revisionsrichter sendet die für die Parteien und zu den ge
richtlichen Akten bestimmten Ausfertigungen des Urtels nebst den Abschriften für die
Mandatarien demjenigen Richter, bei welchem die Verhandlung der Revisionslnstanz
erfolgt ist. Hier wird das Urtel in der g. 183 vorgeschriebenen Art den Parteien
zugefertigt. — Ist dieser Richter ein Unterricht«, so muß er eine einfache Abschrift
des Erkenntnisses dem Appcllationsrichter senden, und falls er von diesem die Ap-
xellationsakten erbeten hatte, diese beifügen.
Hat der Revisionsrichter im Urtel die Sache in eine frühere Instanz zurückge
wiesen, und eine neue Instruktion angeordnet, (Z. 228); so muß der Richter, wel
chem die Sache überwiesen ist, bald nach Publikation des Urtels einen Termin an
beraumen, in welchem zuförderst der Allegant über die angebrachte neue Thatsache
oder das Beweismittel, genau und vollständig vernommen, sodann aber mit der wei
teren Instruktion verfahren werden muß. Auch der Gegner kann in diesem Falle
337
neue Gründe und Beweismittel zur Widerlegung der neuen Tatsachen oder Be
weise anführen. — Z. 24, Z. 19, «it. 15, I. A. G. O. - Nro. 47, 43 der Jnstr.
«om 7. April 1839 GS. S. 151.
II. Deklarationsgesuche gegen Rcvisionscrkenntnisse müssen innerhalb vier
Wochen nach deren Publikation und zwar immer beim instruirenden Gericht an
gebracht werden. Dieses vergleicht da« Deklarationsgesuch sorgfältig mit dem Er
kenntnisse. Findet es
1) dasselbe offenbar unbegründet, und nur auf Vereitelung oder Verdrehung
de« Erkenntnisse« abzielend; fs bescheidct eö den Bittsteller über den Ungrund
des Gesuchs.
2) Findet es aber die Sache irgend zweifelhaft, so vernimmt eS beide Parteien
oder deren Mandatare in einem kurz anzuberaumenden Termine über das Gesuch
näher, und sendet dieses, das Protokoll und die Akten dem Geheimen Obertri
bunal zur Entscheidung über das Deklarationsgesuch. — g. 26—28, Tit. 15, I.
«. G. O.
III. Hat in Fällen, in denen mehre Personen als Kläger oder Beklagte in
Einem Prozesse zugelassen worden sind, nur einer oder einige dieser Streitgenossen
das Rechtsmittel der Revision ergriffen, und ein günstigeres Urtel erstritten; so kön
nen die übrigen Streitgenossen noch nach Publikation des Rcvisionsurtcls der für
ihre Mitgenossen günstiger ausgefallenen Revision beitreten. Doch darf dieser Bei-
trit, wie dies auch in Betreff des Rechtsmittels der Appellation Z. 199 vorgeschrie
ben, nicht zum Nachthcile der ursprünglichen Revidenten gereichen. — g. 14 s, Tit.
14, z. 1, Tit. 15, l. A. G. O. — §. 10 des Ges. vom 21. Juli 1843 GS. S. 299.
Vom Zusammentreffen der Revision und der Nichtigkeitsbeschwerde.
Z. 232. Hier sind zwei Fälle zu unterscheiden:
1) Trifft das Rechtsmittel der Revision und das der Nichtigkeitsbeschwerde in einem
Prozesse über mehre aus verschiedenen Geschäften herrührende Streitgegenstände
zusammen, dergestalt, daß bei einem oder einigen derselben die Revision, bei an,
dern aber die Nichtigkeitsbeschwerde eingewendet worden; so wird über beide
Rechtsmittel gleichzeitig, jedoch in getrennten Akten, verhandelt, und es wird
darüber durch ein und dasselbe Erkenntniß entschieden.
2) Treffen dagegen beide Rechtsmittel in einem Prozesse über mehre aus
einem und demselben Geschäfte hervorgegangene Streitpunkte,
oder auch bei einem und demselben Streitgegenstand zusammen,
gleichviel, ob eine Partei oder beide Parteien die Rechtsmittel ergreifen; so zieht
in allen diesen Fällen das Rechtsmittel der Revision das der Nichtigkeitsbeschwerde
nach sich. Dieses Rechtsmittel wird daher als eigentliche Revision betrachtet;
die Nichtigkeitsbeschwcrdeschrift vertrit die Stelle des Revisionsberichts, und es
sinken überall und selbst hinsichtlich der Entscheidung auch in Betreff der Nich
tigkeitsbeschwerde die Vorschriften über das Rechtsmittel der Revision Anwendung.
Wird nach Einleitung des Rechtsmittels die Revision zurückgenommen, so daß
die Kumulation wegfällt; so muß die Nichtigkeitsbeschwerde nur als solche und
nach den im folgenden Abschnitt enthaltenen Vorschriften behandelt werden. —
§, 9 b. Ges. vom 14. December 1833. — Art. 4 d. Declar. vom 6. April 1839.

2S
3S8

Zweiter Abschnitt.
«om Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde.')
Zulässigkeit dieses Rechtsmittels.
Z. 233. I. Das Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde setzt jedesmal voraus,
daß gegen das Urtcl, gegen welches eine Partei dasselbe einwenden will, kein an
dres Rechtsmittel zulässig ist. 2) Namentlich findet es statt
1) gegen Entscheidungen erster Instanz
a) in nothwcndigcn Subhastationen') bei Objekten im Wcrthe von mehr als
50 Thlr.; 4)
d) in Possessoricnprozesscn, hier jedoch nur dann, wenn das Prozcßobjekt 5« Thlr.
im Wcrthe übersteigt, und nicht die Restitution eingewendet werden kann;
(«f. §. 189)
e) gegen Purisikationsrcsolutioncn, in sofern der Bcschwerdcpunkt 5V Thlr. nicht
übersteigt, und nicht gemäß §. 19« die Restitution zusteht; 5)
g) gegen Kontumazialbescheide im Falle des Z. 23S Nro. 1 ;
2) gegen Entscheidungen zweiter Znstanz, in allen Fällen, in welche» nicht Revision
gestattet ist. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die Entscheidung eine blosse
Agnitionsresolution, oder ein wirkliches Erkcnntniß, oder eine Purifikationsreso-
lution ist, wenn im letzten Falle nur nicht die Restitution eingewendet werden
kann. Auch ist es gleichgiltig, ob der Gegenstand der Nichtigkeitsbeschwerde 5« Thlr.
nicht erreicht, oder übersteigt. Auch in dem Falle ist dieses Rechtsmittel zuläs
sig, wenn die Nichtigkeitsbeschwerde nach Z. 236, Nro. 5 darauf gegründet wird,
daß der Richter zweiter Instanz die Appellation zugelassen habe, ungeachtet die
selbe wegen Mangels der appellablen Summe hätte zurückgewiesen werden müs
sen. — Cab.-Ord. vom 22. December 1841 GS. 1842 S. 16. — §. 4—«,
V. vom 14. December 1833. — Art. 1, 2 Dcclar. vom 6. April 1839. —
Nro. 21, 22 Jnstr. vom 7. April 1839. — Cab.-Ord. vom 23. Novembcr
1839 GS. S. 126.
II. Ausgeschlossen ist das Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde
5) in Jnjuriensachen, in denen dem Beklagten gar kein Rechtsmittel zu steht, oder
in denen nur ein Milderungs- und Nicdcrschlagungsgcsuch zulässig ist.«)
2) hinsichtlich aller Entscheidungen erster Instanz, mit Ausnahme der unter I. Nro. 1
bezeichneten;
S) hinsichtlich der Entscheidungen zweiter Instanz, wenn dagegen in Betreff des Bc-
schwerdeobjekts die Revision zulässig;
z) Der das Rechtsmittel Einwendende heißt Jmplorant, der Gegner Jmplorat.
s) War gegen das Erkcnntniß ein andres Rechtsmittel, z. B. die Restitution zwar
zulässig, die zur Anbringung desselben gestattete Frist ist jedoch vergeblich abgelau
fen; so kann die Nichtigkeitsbeschwerde in keinem Falle Platz greifen.
s) Freiwillige Subhastationen werden als Handlungen der freiwilligen Gerichtsbar
keit betrachtet. Von Rechtsmitteln kann daher bei denfelben nicht die Rede sein,
da ein Erkenntniß nicht abgefaßt wird.
4) Die Cab.-Ord. vom 22. December 1841 will die Nichtigkeitsbeschwerde gegen
Entscheidungen erster Instanz, in sofern das Objekt 5« Thlr. nicht übersteigt,
überhaupt nicht zugelassen wissen. Diese Bestimmung muß daher auch auf
Subhastationen Anwendung finden.
5) Gegen Agnitionsresolutioncn erster Instanz und gegen Kontumazialbescheide ist
mit Ausnahme des Falles §. 236, Nro. 1 die Nichtigkeitsbeschwerde niemals zu
lässig. Denn gegen erstcre ist, falls sie mehr als 50 Thlr. betreffen, die Ap
pellation, sonst der Rekurs, gegen Kontumatial-Befcheide aber die Restitution
zuständig. Schulz (Rechtsmittel z. 198, S. 12«) ist andrer Ansicht.
k) Im Allgemeinen ist also in Jnjuriensachen die Nichtigkeitsbeschwerde zulässig.
Die hier bezeichneten Ausnahme-Fälle ergeben sich naher aus S. 216 bis 219,
339
4) in Bezug auf die Rcvisionserkenntnisft;
5) in allen Fällen, in welchen die Beschwerde nur de» Kostenpunkt allein betrifft;
in Ansehung dessen kann die Nichtigkeitsbeschwerde nur zugleich mit der Haupt
sache eingewendet werden;
6) wegen erkannter Prozcßstrafen; und
7) in Fällen, in denen nach Borschrift der Gesetze kein förmliches Erkcnntniß, son
dern nur eine Resolution abgefaßt ist. >) Doch finden hier die unter I, hinsicht
lich der Agnitions- und Purifikationsrcsolutionen angegebenen Ausnahmen statt.
Ist eine Entscheidung irrthümlich, statt in Form eines Erkenntnisses, in Form
einer Resolution, oder umgekehrt, ergangen; so entscheidet nicht die irrthümliche
Bezeichnung, sondern das wahre Rechtsverhältnis, über die Aulässigkeit der Nich
tigkeitsbeschwerde. — Rro. 15 und 23 Jnstr. vom 7. Aprjl 1839.
Von wem, innerhalb welcher Frist, und bei welchem Gericht das
Rechtsmittel einzuwenden sei.
§. 234. l. Zur Einlegung des Rechtsmittels der Nichtigkeitsbeschwerde ist die
jenige Partei befugt, welche sich durch die ergangene Entscheidung für beein
trächtigt hält. Auch der Adzitat und Litisdenunziat haben gleiche Befugniß.
Gegen Adjudikationsbeschcide in nothwcndigcn Subhastationen kann sie
eingewendet werden
1) vom Bieter, welcher den Zuschlag für sich verlangt hat, und behauptet, daß
ihm und nicht dem Adjudikatar das Grundstück hätte zugeschlagen werden müssen;?)
2) vom Adjudikatar, wenn er behauptet, daß ihm der Zuschlag nicht, oder un
ter andern, als den im Adjudikationscrkenntnisse ausgenommenen, Bedingungen
hätte ertheilt werden sollen;
3) von jedem dritten Subhastationsinteressenten, namentlich vom Extra-
hentcn, vom Schuldner resp. Eigenthümcr des Grundstücks, und von allen aus
dem Hypothekenhuch ersichtlichen Real- und Vorkaufsberechtigten, oder falls ein
solches nicht eristirt, von den mittelst Aufgebots zugezogenen Realinteressenten.
II. Haben von mehren Streitgenossen nur einer oder einige das Rechtsmittel der
Nichtigkeitsbeschwerde eingewendet; so können die übrigen Streitgenossen ebenso,
wie nach K. 231, III. hinsichtlich der Revision vorgeschrieben, noch später bei
treten. — Z. 4, 19 Ges. vom 14. Dccember 1333. — Art. 2 Dcclar. vom 6.
April 1839. — Nro. 36 Jnstr. vom 7. April 1839. — K. 7, 9 Ges. vom 4.
März 1834 GS. S. 39. — §. 1« Ges. vom 21. Juli 1843 GS. S. 299. —
Res. vom 6. August 1836. Mannkopf A. G. O. II. S. 87.
ZU. In Betreff der Fragen : bei welchem Gericht, und innerhalb welcher Frist
das Rechtsmittel anzubringen sei? kommen die Vorschriften des z. 221 zur
Anwendung.
Hat die Verletzung einer ProzeHvorschrift (Z. 236) stattgefunden, die da
durch benachthciligte Parte! «her, obwol davon unterrichtet, dennoch die Verletzung
i» der zunächst stattgefundcnen Prozeßverhandlung, (es sei dies eine Prozeßschrift, Z)
^ >) Dahin gehört namentlich auch der Fall, wenn gegen eine im Mandatsprozeß
erlassene Verfügung nicht rechtszeitig Einwendungen erhoben werden.
2) Hieraus folgt, daß den Lizitanten, welche bei der Lizitation nicht freiwillig ab
getreten find, sondern den Zuschlag für sich verlangt haben, der Adjudikations-
bescheid pubiizirt werden muß, wenn auch der Zuschlag an sie nicht erfolgt ist.
s) »Eine jchriftliche Eingabe, womit der Mandatar des Jmplorantcn nach Publika
tion des beschwerenden Urtels die zur Jnformationseinzichung ihm mitgcthcilten
gerichtlichen Akten zurückreicht, ist als eine Prozcßschrist in diesem Sinne nicht
anzusehn. — Plen. Beschl. des Gel,. Ob, Trib. vom 4. Septbr. 1843 I. M,
Sl. M4 S. lS0.

340
oder ein Termin) nicht gerügt; so soll dies als eine stillschweigende Entsagung an-
gesehn, und die Nichtigkeitsbeschwerde nicht weiter zugelassen werden.
Verletzungen dieser Art, die vom erkennenden Richter begangen werden, und
nur erst durch Einsicht des ergangenen Urtels entdeckt werden können, brauchen nicht
in der Publikationsverhandlung gerügt zu werden, weil sonst die Nichtigkeitsbe
schwerde gleich bei der Publikation angebracht werden müßte. — Nach der Publi
kation des Erkenntnisses können aber innerhalb der Einlegungsfrist andre Prozeß
handlungen vorkommen; es kann z. B. eine Nichtigkeitsbeschwerde angebracht sein,
und der Jmplorant innerhalb der gesetzlichen Frist eine zweite wegen einer in der
ersten nicht gerügten Verletzung einer Prozeßvorschrist anbringen wollen; es können
Verhandlungen nothwcndig werden über die Exekution, über die Leistung eines auf
erlegten Eides; über die Frage: von wem der Eid anzunehmen sei, wenn derjenige,
welchen das Erkenntniß dazu verstattete, unterdessen verstorben ist; über die Zuläs-
sigkeit eines andern angemeldeten Rechtsmittels u. dgl. Hat der Verletzte in sol
chen Verhandlungen die von dem erkennenden Richter durch Verletzung einer we
sentlichen Prozeßvorschrift begangene Nichtigkeit nicht gerügt; so ist dies für eine still
schweigende Entsagung anzusehn, eben so, als wenn die während des Laufes des
Prozesses und vor dem Erkenntniß vorgekommene Verletzung in der unmittelbar
darauf stattgefundenen Prozeßverhandlung ungerügt geblieben ist.
Hieraus folgt zugleich, daß die Anbringung neuer Nichtigkeitsgründe, welche
auf Verletzung einer Prozeßvorschrift beruhen, nach Einreichung der Nichtigkeitsbe
schwerdeschrift nicht weiter zulässig ist. — Z. 6. Ges. vom 14. December 1833. —
Nro. 2«, 3« der Jnstr. vom 7. April 1839.

Nichtigkeitsgründe und zwar 1) Verletzung eines Rechtsgrundsatzes;


K. 235. Ein Urtel kann in folgenden Fällen als nichtig angefochten werden:
I. Wenn dasselbe einen Rechtsgrundsatz verletzt, er mag auf
einer ausdrücklichen Vorschrift des Gesetzes beruhn, oder aus dem
Sinne und Zusammenhange der Gesetze Hervorgehn; oder wenn das
selbe einen solchen Grundsatz in Fällen, wofür er nicht bestimmt ist,
in Anwendung bringt. — Eine Verletzung von Rcchtsgrundsätzen liegt auch
darin, wenn in dem Erkenntniß das zur Beurtheilung vorliegende Rechtsgeschäft mit
einem andern verwechselt, oder die Natur und der wesentliche Karaktcr desselben
verkannt worden ist.
Das angefochtene Urtel hat z. B. die Grundsätze vom Erbzins angewendet,
vbwol nicht dieses, sondern eine Erbpacht oder sonst ein Minderes Verhältniß vor«
lag. Die Beantwortung der Frage: ob ein Erbzinsverhältniß, oder eine Erbpacht,
ein Testament oder ein Vertrag vorliege? enthält ein Urtheil über Rechtsbegrisfe.
Ein Jrrthum hierbei betrifft einen Rcchtssatz: das aus dem Rechtssystem gebildete
Prinzip darüber, was Erbzins oder was Testament sei. Hat der Richter diesen
Rechtssatz unrichtig verstanden, oder irrig angewandt, so liegt darin eine Rechts
verletzung.
Hat derselbe dagegen in dem zu seiner Beurtheilung vorliegenden Falle die
einzelnen dem Prinzips nach erforderlichen thatsächlichen Momente als wirklich vor
handen angenommen, z. B. einen Vertrag, wobei es zweifelhaft war, ob der Kauf
preis gehörig bestimmt sei, für einen Kaufkontrakt erklärt, und in dem Erkenntnisse
ausgeführt, daß die Bestimmung des Kaufpreises genügend erfolgt sei; so kann er
in dieser Feststellung des Thatbestandes geirrt, oder auch gegen §. 5, Nro. 10 der
Werord. vom 14. Decembr. 1833 (Z. 23S, Nro. 13) Verstössen haben; es liegt aber
keine Verletzung eines Rechtsgrundsatzes vor.
Bei der Berathung über diese Verordnung wurde die Frage aufgeworfen, „oh
341
nur wegen Gesetzesverletzung die Nichtigkeitsbeschwerde zulässig sein solle, nicht aber
auch dann, wenn der Richter die Natur und den wesentlichen Karakter eines Rechts
geschäfts verkannt, z. B. wcnn er einen blossen Theilungsrezeß für einen Vergleich,
einen Miethskontrakt für einen Kaufkontrakt, einen Erbpachtskontrakt für einen
Zeitpachtskontrakt angesehen habe?" und beschlossen, hierüber in der Verordnung
Nichts zu sagen, „weil alle diese Fälle in die Kategorie der Gesetzvcrletzungen (Ver
letzungen eines Rechtsgrundsatzcs) gehören."
Auf die in der Allgemeinen Gerichtsordnung, z. B. in der Lehre vom Konkurse
oder über den Kostenpunkt enthaltenen materiellcn Vorschriften oder Rcchtsgrund-
fätze findet die vorstchende Bestimmung suk I. volle Anwendung. Denn es kann
nichts darauf ankommen, ob die materiellen Gesetze, deren Verletzung nach Vorste
hendem die Nichtigkeitsbeschwerde begründet, sich im Allg. Landrecht, oder in andern,
das materielle Recht vornehmlich bestimmenden Gesetzen oder in der Allg. Gerichts
ordnung und den das Prozeßverfahren regelnden Gesetzbücher» vcrfindcn.
Wenn das angefochtene Urtel zwar einen Rechtsgrundsatz verletzt, aber nicht
dieser von dem Jmploranten ausdrücklich angefochten und hervorgehoben, sondern
irgend ein anderer als verletzt angegeben und diese angegebene Bcrlctzung nicht be
gründet gefunden wird; so darf das Erkenntniß nicht vernichtet werden.
Die Nichtigkeitsbeschwerde soll die Beschwerdepunkte enthalten, und das Ge
setz, welches verletzt ist, angeben. Die Entscheidung erfolgt nur über die angegebe
nen Beschwerdepunkte. Wollte man darüber hinausgehen, so würde in allen Fällen
eine vollständige Beurthcilung der ganzen Sache eintreten müssen, und das Rechts
mittel der Nichtigkeitsbeschwerde in das einer Revision umgewandelt werden. —
K. 4. Rro. I, §. 11, §. 16 der Vcrord. vom 14. Decbr. 1833. Art. 8 der Dcklar.
vom 6. April 1839. Nro, 8, 9 und 1« der Jnftr. vom 7. April 1839.

2) Verletzung einer wesentlichen Prozeßvorschrift.


g. 236. Die Nichtigkeitsbeschwerde ist ferner zulässig, wenn
II. Das Urtel eine wesentliche Prozeßvorschrift, d. h. eine der
Vorschriften, welche die Verfolgung des materiellen Rechts vor Ge
richt normiren, verletzt.
Darauf: ob diese Prozeßvorschrift in der Allg. Gerichtsordnung und den da?
Prozeßverfahren regelnden Gesetzbüchern, «der im Allgcm. Landrcchte, z. B. in
der Lehre von gefundenen Sachen, I. Tit. 9 Z. 31 fg., oder, in andern das mate
rielle Recht vornehmlich bestimmenden Gesetzen enthalten? kommt es nicht an.
Zu den Prozcßvorschristen werden auch gerechnet die Vorschriften von den Rechts
mitteln und deren Zulassung, so wie die Regeln des Beweises einer bestrittenen
Thatsocche. Einen Grundsatz des materiellen Rechts berührt dagegen die Frage: ob
das einer Klage zum Grunde liegende Dokument wegen Mangels in der Form un-
giltig, oder ob die Vorschrift über eine rechtliche Vermuthung (sirsesumlic, ^uris>
verletzt, oder auf Fälle, wofür sie nicht bestimmt ist, angewendet worden sei? —
K. 4, Nro. 2 hes Ges. vom 14. Deccmbcr 1833. . Nro, 10 und 11 der Jnstr. vom
7. April 1839.
Als Verletzungen wesentlicher Prozeßvorschriftm, welche die Nichtigkeitsbeschwerde
begründen, werden jedoch nur folgende Fälle betrachtet:
1. Wenn der Jmplorant nicht gehört, d. h. wenn ilim derjenige Bor
trag des Gegners, worauf sich der beschwerende Inhalt des Erkenntnisses gründet'
vor Abfassung des letzteren, gar nicht, oder nicht so zeitig bekannt gemacht worden,
daß er sich darüber hat erklären können. Dahin gehört insbesondere auch der Fall,
wenn gegen den Jniploranien, ovwol ihm die erlassene Vorladung nicht bchändigt.
342
worden, in oontumscism erkannt ist. — §. 11 der Jnstr. vom 7. April 1839. —
z. S, Rro. 1 des Ges. vom 14. December 1833. — z. 2, Rro. 6, Tit. 1, 6 der Pr. O.
2. Wenn der Jmplorant über eine der Entscheidung zum Grunde
gelegte Thatsache oder über einen zum Grunde gelegten Rechtsein-
zvand, worüber er hätte gehört werden sollen, nicht gehört worden
ist. Hierher ist insbesondere zu rechnen, wenn die Entscheidung auf Erklärungen
«der Thätsachen sich gründet, die in den Akten nicht zur Sprache gekommen sind,
und worüber der Jmplorant erst hätte gehört werden müssen. > ) — Es darf daher
Zieme Entscheidung auf Thätsachen oder Erklärungen gegründet werde», welche der
Richter aus nicht vorgelegten Verhandlungen oder aus seiner Privatkenntniß ent
nommen hat. Anders verhält es sich in Betreff geschichtlicher Ereignisse und noto
rischer oder überhaupt solcher Thätsachen, welche dergestalt allgemein bekannt sind,
daß kein vernünftiger Grund, dieselben in Zweifel zu ziehen, vorhanden ist. Diese
bedürfen keines Beweises und die Parteien brauchen darüber nicht erst gehört zu
«erden. 2) — Art. 3 Nro. 1 der Deel, vom 6. April 1839. — Rro. 12 der Jnstr.
«om 7. April 1839. — z. 56, Tit. 10 der Pr. Ord.
3. Wenn in den Fällen, in welchen die Gesetze ein besonderes Präjudiz ausdrück
lich androhen, gegen den Jmploranten ein anderes Präjudiz zur Anwendung ge
bracht, und darauf der beschwerende Inhalt des Erkenntnisses gegründet worden
ist. 2) — Z. 5 Nro. 2 des Ges. vom 14. December 1833.
4. Wenn die Frist zur Anmeldung eines Rechtsmittels oder sonst ein gesetzlicher
Prü'klusiv-Termin überschritten, und diese Überschreitung von dem Richter zugelassen
worden ist. — §. 5, Nro. 3 das.
5. Wenn ein rechtszeitig angebrachtes, gesetzlich zulässiges Rechtsmittel zurückge
wiesen, oder ein gesetzlich unstatthaftes Rechtsmittel zugelassen worden ist. — Art. 3
Nro. 2 der Deel, vom 6. April 1839.
6. Wenn bei einem Gericht, welches als Kollegium zu erkennen hat, in erster
Instanz nicht wenigstens drei, und in zweiter Instanz nicht wenigstens fünf Rich
ter «) an der Abfassung des Erkenntnisses Theil genommen haben.
Ein aus drei Mitgliedern bestehendes Gericht muß, wenn cS nicht als Kolle
gium erkennt, den Grund, warum dies geschieht, zur Vermeidung der Nichtigkeits
beschwerde im Urtcl ausdrücklich anführen»
Daraus darf jedoch nicht gefolgert werden, daß schon die Unterlassung der na
mentlichen Bezeichnung der Richter, welche an der Abfassung des Erkenntnisses Theil
genommen haben, einen Nichtigkeitsgrund abgebe, s)

1 ) Der Unterschied zwischen den sub 1 und 2 angeführten Nichtigkeitsgründen liegt


hauptsächlich darin, daß unter Nro. 1 die vom anderen Theile abgegebenen Er
klärungen und Behauptungen, unter Nro. 2 dagegen Thätsachen und Rechtsein
wendungen, welche der Richter anders woher entnommen hat, zu verstehen sind.
2) Ist eine Thatsache nur in dem Distrikte oder an dem Orte, wo die Instruktion
geschieht, notorisch, so muß diese Notorietät umständlich in den Akten verzeichnet
und attestirt werden. — Z. 56, Tit. 1« der Pr. Ord.
») Hiernach ist es kein Nichtigkeitsgrund, wenn zwar ein falsches Präjudiz ange
droht aber das richtige angewandt worden; oder wenn in Fällen, wo ein Prä
judiz vorgeschrieben, in der Verfügung aber gar kein Präjudiz gestellt worden,
das richtige Präjudiz zur Anwendung gekommen ist; ferner wenn nicht der aus
das unrichtig angewandte Präjudiz gegründete Entscheidungspunkt, sondern ein
ganz andrer, damit in keiner engen Verbindung stehender, Gegenstand der Nich
tigkeitsbeschwerde ist.
«) Eine Ausnahme ist im Falle des K. 209, II. enthalten.
») Das Geheime Obertribunal nahm bereits in einer Entscheidung vom 20. Januar
1836 <Ulrich über das Prinzip der neue» preußischen Gesetzgebung :c. Bd. 3,
S. 166) an, daß die Unterlassung der namentlichen Anführung der Richter kein
Darauf: ob eine größere, als die vorgcschricbcne Anzahl der Richter an der
Entscheidung Theil genommen hat? kommt es nicht an. Hat jedoch ein unzulässiger
Richter an der Entscheidung Theil genommen, so unterliegt dieselbe, auch wenn ohne
jenen die gesetzlich erforderliche Anzahl von Richtern vorhanden war, dennoch der
Nichtigkeitserklärung, weil die Stimme des unzulässigen Richters bei der Entschei
dung der Sache den Ausschlag gegeben haben kann.')
Wenn es gleich eine Nichtigkeit begründet, wenn der Kommissanus eines kol-
legialischen Untergerichts in einer Sache erkennt, in welcher das Kollegium hätte er-
kennen solle», so ist dies noch nicht umgekehrt der Fall, wenn statt des Kommissa-
rius das Kollegium erkannt hat. — §, 5, Nro. 4 deö Gcs. vom 14. Decembcr 1833.
Kab.-Lrd. vom 10. November IM GS. S. 232. Nro. 13 und 14 der Jnstr.
vom 7. April 1839.
7. Wenn ein Richter, welcher an der Entscheidung Theil genom
men hat, bei dem Rechtsstreite selbst persönlich bethciligt, oder mit
einer Partei bis zum vierten Grade einschließlich verwandt oder ver-
schwägcrt ist. — g. S, Nro. 5 des Gesetzes vom 14. Dcccmbcr 1833.
8. Wenn derselbe einer der streitenden Parteien in der Sache
Rath crthcilt hat 2), oder darin als Zeuge vernommen worden ist.
Hat der Eurator einer Masse nach dem Beschlüsse der Gläubiger oder aus eige
ner Befugniß eine Klage angestellt, so folgt aus dem Umstände, daß dicß unter der
Direktion oder mit Worwissen und formeller Genehmigung des Gerichts geschieht,
noch nicht, daß das Letztere bei der Sache betheiligt, oder ein Perhorrcszcnzgcsuch
gegen dasselbe begründet ist. — §. S, Nro. 6 I. c. Nro. 15, III. der Jnstr. vom
7. April 1839.
9. Wenn einer der erkennenden Richter in einer früheren In
stanz bereits als Richter mit erkannt hat. — Z. 5, Nro. 7 I. c.
1V. Wenn der Richter ein gesetzlich begründetes Perhorreszenz-
gesuch nicht beachtet hat.
Für einen Perhorreszenzgrund gilt auch der Umstand, wenn der Richter an der
Einleitung oder dem Betriebe eines Prozesses als Mitglied einer Vormundschafts -
oder Lehnsbehörde oder als Eurator einer Kasse Theil genommen hat. — Art. 3i
Nro. 3 der Deel, vom 6. April 1839.
Im Übrigen wird hier auf die Bestimmungen des §. 34, Nro. 4 (S. ö4 fg,>
Bezug genommen.
Die Nichtigkeit ist ferner begründet: >)
Nichtigkeitsgrund sei. Daß diese Ansicht richtig ist, folgt auch daraus, daß die
Vorschrift, wornach die Namen der Richter bei kollegialischen Gerichten aus den
Ausfertigungen der Erkenntnisse ersichtlich sein sollen, im 24 des Ges. vom
14. December 1833 unter den allgemeinen Bestimmungen sich vorfindet, während
sie sonst im z. 5 ihren Platz hätte erhalten müssen.
' ) Die Nichtigkeit kann jedoch in diesem Falle nicht auf Nro. 6 (S. 5, Nro. 4 deS
Ges. vom 14. Decembcr 1833) sondern muß auf den dem uiizulässigen Richter
entgegenstehenden Perhorreszenzgrund gestützt werden.
2) "Hierher gehört besonders der Vormundschaftsrichter in Sachen, wo die Vormund
schaft, dcr Lehnsrichter in Sachen, in welchen der Lrhnshof und der Richter^
welcher die Salarienkasse «crtrit, in Sachen, wo die Salarienkasse bethciligt ist. —
«f. Res. vom 16. Decembcr 1834 I. B. Bd. 44 S. 367. Gräff 8, S. 17S.
s) Der Unterschied zwischen den beiden 8ul> 10 und 11 angeführten Nichtigkeits
gründen springt in die Augen. Die Bestimmung sub 10 spricht von Perhorrcs-
zenzgcsuchen, welche sich auf das Interesse des Richters zur Sache, auf das Ver-
wandschastsverhältniß desselben zur Partei und dergl. gründen, die Bestimmung
sub Nro. 11 von Pcrhorreszcnzgcsuchen , welche die Inkompetenz des Richter?
rügen.
344
11. Wenn ein Richter, der aus irgend einem Grunde in der Sache
nicht kompetent ist, sich der Instruktion und Entscheidung derselben
unterzogen und auf den vomJmploranten zeitig gemachten Einwand
der Inkompetenz keine Rücksicht genommen hat.')
Will also eine Partei sich die Nichtigkeitsbeschwerde auf Grund dieses Einwan-
des sichern, so muß sie ihn zeitig, d. h. sogleich bei der Einlassung auf die Klage,
im Klagebeantwortungstermin, anbringen.
Auf einen Beklagten, der in eonwmseiiim verurtheilt ist, sich also nicht ein
gelassen hat, findet diese Bestimmung keine Anwendung. Die Nichtigkeitsbeschwerde
gegen Kontumazial-Erkenntnisse wegen Inkompetenz des Richters ist nur in dem
oben Nro. 1 gedachten Falle zulässig, weil in allen übrigen Fällen das gewöhnliche
Rechtsmittel der Restitution die Nichtigkeitsbeschwerde ausschließt.
In Bezug auf die zum gerichtlichen Verfahren gar nicht geeigneten Gegenstände
muß das ein Mal eingeleitete Prozeßverfahren fortgefetzt und in der Sache erkannt
werden. Wird jedoch von einer Verwaltungs- oder fiskalischen Behörde der Kom
petenzkonflikt erhoben, so muß das Verfahren sofort eingestellt, das Nöthige wegen
Entscheidung über den Konflikt veranlaßt, und diese Entscheidung abgewartet wer
den. 2) (Lf. Z. ö, S. 16.) — Z. 5, Nro. « des Ges. vom 14. December 1833. —

5) Inkompetenz des Richters kann unter Umständen einen Nichtigkeit«-, unter Um


ständen einen Nullitätsgrund abgeben; in gewissen Fällen hat der Verletzte zwi
schen der Richtigkeitsbeschwerde und der Nullitätsklage die Wahl.
Diese Fälle lassen sich in folgender Art zusammenstellen:
1) Die Nichtigkeitsbeschwerde ist allein zulässig, wenn das erkennende Gericht in,
kompetent, Prorogation des Gerichtsstandes gesetzlich nicht verboten, aber die
Inkompetenz rechtszeitig gerügt und vom Richter diese Rüge nicht berück
sichtigt worden ist;
2) Die Nullitätsklage steht allein zu,
g) wenn durch Landesgesetze die Prorogation des Gerichtsstandes ausdrück
lich verboten, wie dies insbesondere auch bei Ehescheidungsprozessen der
Fall ist, und ein inkompetenter Richter erkannt hat; — Z. 2, Nro. 3
Tit. IS Z. 161 und 164, Tit. 2 Proz.-Ord. Kab.-Ord. vom 25. Febr.
1833 GS. für 1833 S. 24.
b) wenn dem Gerichte, das in einer Sache erkannt hat, die Befugniß nicht
zusteht, über Gegenstände und Geschäfte, als die im betreffenden Prozesse
befangenen, zu erkennen; — Z. 161, Tit. 2 Pr. Orb. — und in diesen Fäl
len s<1 s und b der Verletzte die Inkompetenz nicht zeitig gerügt hat.
3) Hat in den unter Nro. 2 genannten beiden Fällen der Verletzte die Inkom
petenz vor oder bei Einlassung auf die Klage gerügt, so kann er entweder
die Richtigkeitsbeschwerde oder die Nullitätsklage anbringen; diese auch dann,
wenn das Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde versäumt, oder durch Ver
fügung zurückgewiesen worden ist. Hat jedoch der Verletzte die Nichtigkeits
beschwerde angebracht, und ist dieselbe durch Erkenntniß verworfen; so kann
er nicht mehr die Nullitätsklage anstellen. — Res. vom 23. October 1835.
Jahrb. 46, S. 508. Gräff 8, S. 198.
Der Fall, wenn ein mit keiner Jurisdiktion Versehener, oder ein zum Rich
teramte nicht Qualifizirter die Instruktion und Entscheidung einer Sache sich
angemaßt, gehört nicht Hieher, da in diesem Falle überhaupt von einem richter
lichen Erkenntnisse nicht die Rede sein kann.
2) Es fehlt eine spezielle Bestimmung darüber: ob die Richtigkeitsbeschwerde zuläs
sig ist, wenn in Fällen, in denen das prozessualische Verfahren gesetzlich ausge
schlossen, dennoch ein Prozeß eingeleitet und darin erkannt worden. Es wird dann
hauptsächlich darauf ankommen:
s) ob ein solcher Fall vorliegt, in welchem das Gesetz das gerichtliche Verfahren
ausdrücklich untersagt? oder
b) ob der vorliegende Fall von der Art ist, daß das gerichtliche Verfahren zwar
nicht untersagt ist, die Partei aber auf kürzerem und schleunigerem Wege
als durch den Prozeß zu ihrem Rechte kommen konnte, wie z. B. bei un
345
Nro, 16 der Inst, rem 7. April 1839. — §. 16«, Tit. 2, Th. t A. G. O. —
Kab.-Ord. vom Z«. Juni 18?« GS. für 182« S. 86. — Instruktion des Staats-
ministerii vom !. Juli 1835. Jahrbücher Bd. 46, S. 1«6. Gräff Bd. 8 S. 411.
. 12. Wenn der Richter gar keine Entscheidungsgründe angegeben,
oder der Appcllationsrichter sich lediglich auf die Gründe des ersten
Urtcls bezogen hat.
Demzufolge hat der Richter, sowol der ersten als der zweiten Instanz bei Ab
fassung seines Erkenntnisses der Erkenntnißformcl eine gedrängte geschichtliche Dar
stellung der Thatfachen und eine vollständige Ausführung der Gründe beizufügen,
damit in allen Fällen klar erhellet: welche Thatsachen der Richter seiner Entschei
dung zum Grunde gelegt, welche faktischen Verhältnisse er für erwiesen oder uner
wiesen, für erheblich oder unerheblich angenommen, und welche Rechtsgrundsätze er
darauf angewendet hat. — §. 5, Nro. 9 des Ges. vom 14. Decembcr 1833. — Nro. 17
der Jnstr. vom 7. April 1839. — §. 7, Tit. 13 und Z. 67, «it. 14 der Pr. Orb.
Denn auch dann liegt ein Richtigkcitsgrund vor, wenn
13. nach den von dem Richter angegebenen Gründen wider den
klaren Inhalt der Akten erkannt worden ist.') Dieser Fall tritt ein : " )
streitigen Zinsen der Gutsherrschaften durch sofortige Einziehung durch die
Ortsgerichte. — A. L. R. II. Tit. 7. z. 4«4 fg., oder Streitigkeiten zwi
schen Handwerkern und Reisenden durch ein schleuniges Verfahren der Poli
zei. — Res. vom 14. November 1816. Jahrb. 3, S. 251. Gräff Bd. 2,
S. 2. — Res. des Min. des Inn. und der Fin. vom 4. Februar 1817.
Jahrb. 9, S. I«. Gräff Bd. 2, S. 3.
Im erster» Fall (sub s) ist ein Rechtsgrundsatz verletzt, und die Nichtig
keitsbeschwerde auf Grund des 4, Nro. 1 des Grs. vom 14. December 1833
zulässig. Im zweiten Falle (suli b) ist ein Grund der Verletzung darin, daß
Kläger statt des schleunigem Verfahrens den Weg dcs Prozesses gewählt hat,
nicht zu finden.
>) Eine Nichtigkeitsbeschwerde kann nicht begründet werden:
s) durch die Auslegung einer an sich zweifelhaften Willenserklärung. — Erkennt
nis des Geh. Obertrib. vom 6. Juli 1835. Jurist. Seit, für 1835 S. 1«23.
b) Durch die Behauptung, daß die vorhandenen Beweismittel unrichtig abge
wogen worden.
Der z. 24, Tit. 13 der Pr. Orb. enthält nur eine Anweisung für den
Richter, wie hierbei zu verfahren sei. Das Urtheil des Richters besteht da
her hier in einer Würdigung der faktischen Verhältnisse; und die desfalsigcn
richterlichen Festsetzungen und Urtheile bieten nur dann Grund zu einer Nich
tigkeitsbeschwerde, wenn sie unbedingt zu den im Ges. (»ud Nro. 13 s bis s>
aufgeführten Fällen gehören. — Erk. des Geh. Ober-Trib. vom 25. April
1835. Themis für 1837 S. 832.
c) Durch die Anführung, daß der Richter aus dem wörtlich richtig aufgefaßten
Inhalte einer Erklärung oder eines Beweismittels unrichtige Schlüsse selbst
über faktische Verhältnisse hergeleitet hat. — Erkl. des Geh. Obertr. vom
13. März 1837. Entscheid. Bd. 2 S. 344.
>) Wird die Nichtigkeitsbeschwerde aus einem der H. 5, Nro. 10 s bis <i des Ge
setzes vom 14. December 1833 (Nro. 13 s « ck und f) vorgeschriebenen Gründe
erhoben, so genügt zu deren Vollständigkeit nicht die allgemeine Angabe, daß ge
gen den Z. 5, Nro. 10 I. c. gefehlt sei. Es muß vielmehr entweder auch die
jenige der »uk Nro. 10 s bis ü I. e. enthaltenen Bestimmungen, auf welche
die Nichtigkeit im vorliegenden Falle gegründet wird, speziell bezeichnet, oder doch
wenigstens der Nichtigkeitsgrund ausdrücklich, wenn auch nicht mit den Worten
des Gesetzes angegeben werden. Gründet sich die Beschwerde auf die Bestimmung
sud Nro. 13« (§. 5, Nro. 10» des a. Ges.); so muß der vom frühcrn Rich
ter angeblich übergangene Umstand speziell angezeigt werden. — Erkennt, dcs
Geh. Obertr. vom' 16. Mai 1836. Entscheid. Bd. 1, S. 83. — Plen.-Beschl.
des Geh. Ob.-Tr. vom 10. Juli 1837. Jahrb. Bd. 5«, S. 105. — Erk. deö
Geh. Ob.-Tr. vom 3«. Januar 1838. Cent,-Bl. für 183« S. 59«.
346
s) wenn eine in den Prozeßschriften enthaltene ober zum Pro
tokoll erklärte und mit Angabe der Beweismittel unterstützte
Thatsache, welche eine entgegengesetzte Entscheidung begründen
würde, in den Urtelsgründen gar nicht erwähnt ist.')
Diese Thatsache muß also eine erhebliche sein. Die Erheblichkeit hat der er
kennende Richter in jedem einzelnen Falle nach Lage der Sache zu beurtheilen,
ohne dabei an die im angefochtenen Uttel aufgestellte rechtliche Ansicht gebunden
zu fein. — Z. ö, Nro. 1« und 10 a des Gcf. vom 14. December 1833. Nro. IS
der Jnstr. vom 7. April 1839.
b) wenn der in Bezug auf eine erhebliche Thatsache aufgenommene
oder vorgeschlagene Beweis, welcher eine entgegengesetzte Ent
scheidung begründet haben würde, oder würde begründen können,
in den Urtelsgründen gar nicht erwähnt ist. — Art. 3, Nro. 4 der
Deel. «5m 6. April 1339.
v) wenn der aus einer bestimmten Erklärung einer Partei entnom
mene Entscheidungsgrund dem wörtlichen Inhalte dieser Erklä
rung entgegen ist; oder wenn eine Thatsache, im Falle eine Be
weisaufnahme stattfand, gegen den wörtlichen Inhalt der beige
brachten oder aufgenommenen Beweismittel festgestellt worden
ist. — §. 5, Nro. 1« b des Ges. vom 14. December 1833.
<Z) wenn zur Begründung der Nichtigkeit einer solchen Thatsache den
beigebrachten oder aufgenommenen Beweismitteln, welchen nach
den Gesetzen die Beweiskraft völlig mangelt, dennoch Beweis
kraft beigelegt worden ist.^)
Unter diesen Beweismitteln sind solche zu verstehen, welche für den vorliegen
den Fall gar nichts beweisen, der Mangel der Beweiskraft mag ein absoluter Man
gel sein, oder ein relativer in Beziehung auf diejenige Partei, zu deren Gunsten das
Gefetz den Beweismitteln keine Beweiskraft beilegt. Der entgegengesetzte Fall, näm
lich wenn behauptet wird, daß der Richter giltigen Beweismitteln die Beweiskraft
') Wird eine dergleichen Thatsache auch nur in der Geschichtserzählung des ange
griffenen Urtels erwähnt, oder dieselbe im Allgemeinen für unerheblich erklärt;
> so ist kein Richtigkeitsgrund vorhanden, wenn auch diese Thatsache sonst nicht
weiter beurtheilt worden ist. Denn das Gesetz will nur, daß erhebliche Thatsa-
chen vom Richter nicht ganz übersehen werden. Da aber die Erheblichkeit selbst
der Beurtheilung des erkennenden Richters unterliegt, so muß, wenn sie im Er-
kenntniß auch nur kurz erwähnt, die von der Partei behauptete Folgerung aber
daraus nicht gezogen ist, angenommen' werden, daß der erkennende Richter sie
für unerheblich erachtet hat. — Plen.-Beschluß des Geh. Ober-Trib. vom 5. Juni
1838. Jahrb. 52, S. 383. Erk. des Geh. Ob.-Trib. vom 16. Septbr.
1834 in Simons Rechtspr. Bd. 4, S. 256. Erkennt, des Geh. Ob.-Tr. vom
9. Juni 1838. Hinschius Wvchensch. für 1838 S. 733.
Übrigens findet diese Bestimmung (5ud 13 s) auf Subhastationen keine An
wendung, bezieht sich vielmehr blos auf das Verfahren im Civilprozeß, wo al
lein die Beibringung oder Anführung von Thatsachcn im Sinne obiger gesetzli
chen Bestimmung stattfinden kann. — Erkennt, des Geh. Ob.-Trib. vom 16.
September 1837. Themis für 18Z8. Beibl. S. 329.
2) Als solche der Beweiskraft gänzlich ermangelnde Beweismittel sind die im §. 227,
Tit. 10 der Pr. Orb. (oben §. 138) bezeichneten Personen aufzuzählen. Denn
sie sind im Gesetz ausdrücklich als solche Personen genannt, welche zum Zeugnisse
gar nicht zugelassen werden können. In Betreff anderer Zeugen, wie der im
ß. 228 bis 23« a. a. O. (oben §. 139) aufgeführten, und hinsichtlich anderer
Beweismittel, kann jedoch nur in jedem einzelnen vorliegenden Falle geprüft und
beurtheilt werden: ob Beweiskraft beizulegen, oder ob diese gänzlich mangelt? denn
ausser den §> 227 I. o. genannte» Zeugen gibt es wol kein Beweismittel, wel
ches unter allen Umstände» und in jeder Beziehung als völlig beweisios erschiene.
^47
abgesprochen Hab«, beruht in der Regel auf einer Beurrheiiung faktischer Verhältnisse,
deren Würdigung ausser dem Bereiche der Nichtigkeitsbeschwerde ist. — §. 5, Nro.
1« c des Ges. vom 14. Duember 1833. — Nro. 19 der Jnstr. vom 7. April l»39.
Eine Ausnahme von dieser Regel ist jedoch vorhanden:
e) wenn die in der Prozeßordnung Tit. 13. §. 1« Nro. 1 bis 9 (S. 16»^»
Nro. 1—9) bezeichneten Beweismittel zur Begründung eines voll
ständige» Beweise« nicht für genügend angenommen und die
Gründe hiervon in dem Urtel nicht angeführt worden sind; z. B.
wenn nicht näher ausgeführt ist, warum ein öffentliches Dokument «der die
eidliche Aussage zweier an sich glaubwürdiger Zeugen nicht für beweissahig zu
erachten sei. — Art. 3, Nro. 5 der Deel, vom 6. April 1839. Nro. 19 der Jnstr.
Endlich ist der Richtigkeitsgrund sub Nro. 13 vorhanden
f) wenn über den Antrag des Gegners hinaus erkannt worden ist, mit
Ausnahme der Fälle, in denen die Gesetze dies ausdrücklich ge
statten. >) Ist dagegen nicht über alle Anträge der Parteien erkannt; so ist
der Fall einer Nichtigkeitsbeschwerde nicht vorhanden. Der Richter ist aus Ver
langen einer derselben nur eine Ergänzung seines Erkenntnisses zu liefern ver
bunden; 2) jedoch behält es in Hinsicht der geforderten, vom Richter aber über
gangenen Zinsen bei der Borschrift des «llg. L. R. «h. I. Tit. 11, 8.84« und
848 sein Bewenden. ') — g. S, Nro. 1«ck des Ges. vom 14. Deccmber 1833.
Nichtigkcitsgründe im Subhastationsprozcß.
z. 237. Den im K. 234, l. genannten Subhastations-Jntcressenten steht das
Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde sowol aus vorstehenden H. 235 u. 236
angeführten Gründen,«) als wegen solcher Mängel, welche gesetzlich für
eine Verabsäumung wesentlicher Förmlichkeiten zu achten sind, '») zu.
Als solche Verabsciumungen wesentlicher Förmlichkeiten find zu erachten:
1) wenn die Subhastation ohne vorhergegangene Tare verfügt worden;
2) wenn eine von den im Gesetze vorgeschriebenen Arten der Bekanntmachung ganz
unterblieben ist. Diese Arte» der Bekanntmachung sind
') Der Richter muß in Fällen, wo nach den Gesetzen ein Grund zur Zinsenforde
rung (als: Verzug oder Vertrag) vorliegt, von Amtswegcn darauf erkennen, in
soweit dies nicht etwa in Folge eines Antrags geschieht. Dem Antrag entgegen
kann aber nicht auf einen, höhcrn Ainsensatz oder einen günstigeren Zinsentermin
von Amtswegen erkannt werden. — §. 5«, Tit. 23 Th. 1 A. G. O.
2) Ist in Fällen, in denen nach Z. 40, Tit. 13 der Pr. Orb. (S. 169, S. 267) selbst
bei erfolgender Venverfung des Grundes einer Forderung, über deren eventuel-
I«n Betrag erkannt werden muß, dies im Urtel nicht geschehen; so muß auf An
trag der Parteien über diese ,'ventuclle Höhe der Forderung ein Supplement-
Erkcnntniß abgefaßt werden. — Res. vom 30. Juli 1836. Wegen Anträgen,
welche erst in zweiter Instanz angebracht und um deshalb nicht zu berücksichti
gen sind, kann eine Ergänzung des Erkenntnisses nicht verlangt werden. — Ref.
vom 1. Oktober 1836.
>) Hiernach sind als aberkannt anzusehen, und für ein Supplcment-Erkcnntniß nicht
geeignet, sowol vorbedimgene als Verzugszinsen, welche verlangt und im Urtel
übergangen worden. Im Prozesse nicht ausdrücklich verlangte und im Urtel von
Amtswegen auch nicht zugesprochene Zinsen jeder Art könne», so lange über das
Kapital selbst nicht ohne Vorbehalt quittirt ist, nachgefordert werden. — Z. 846
bis 848, Tit. 11, Th. I des A. L. R.
«) Ol. jedoch Anm. 1 S. 346 am Schlüsse.
z) Dem Adjudikatar und anderen Bietern steht mithin auf Grund dieser Mängel
die Nichtigkeitsbeschwerde nicht zu. Diese konnten früher auf Widerruf des Zu
schlags aus diese» Gründen ebenfalls nicht klagen. — §. 3s«, Tit. 11, Th. 1
des A. S. R.
348
s) bei Grundstücken bis zum Taxwerthe von 5« Thlr. einschließlich der Aushang
des Subhastationspatents an der Gerichtsstelle und an der sonst zu öffent
lichen Bekanntmachungen bestimmten Stelle in der Ortsgemeinde, in welcher
das Grundstück liegt;
b) bei Grundstücken im Taxwerthe über 5« Thlr. bis SO« Thlr. einschließlich
der doppelte. Aushang »6 s und die Einmalige) Einrückung des Subhasta-
, tionspatents in den Anzeiger des Regierungs-Amtsblatts. ' ) — Bei Fort
setzung der Subhastation genügt jedoch zur Bekanntmachung des neuen Bie
tungstermins der Aushang;
o) bei Grundstücken im Tarwerthe über 50« Thlr. bis 50«« Thlr. einschließlich
der Aushang des Patents an der Gerichtsstclle, und die dreimalige Einrückung
desselben in den Anzeiger des Regierungs- Amtsblatts und des Jntelligenz-
blatts, wenn in dem Regierungsbezirke, in welchem das subhastirende Gericht
seinen Sitz hat, ein Jntelligenzblatt erscheint. — Bei Fortsetzung der Sub
hastation genügt jedoch zur Bekanntmachung des neuen Bietungstcrmins eben
falls der Aushang;
<j) bei Grundstücken im Taxwerthe über 5090 Thlr. außer den Bekanntmachun
gen durch Aushang des Patents an der Gerichtsstelle, durch Einrückung in
den Anzeiger des Regicrungs-Amtsblatts und des Jntelligenzblatts, noch die
Einrückung des Patents in eine inländische Zeitung. In Betreff des Aus
hangs kommt es lediglich auf den Bericht des Gerichtsboten über die erfolgte
Anheftung an. 2)
Ferner ist für Verabsäumung einer wesentlichen Förmlichkeit anzusehe» :
3) Wenn der Verkaufstermin bei Grundstücken im Taxwerthe bis 500« Thlr. einschließlich
kürzer als 3 Monate, bei Grundstücken im Werths von mehr als 5000 Thlr.
kürzer als 6 Monate bestimmt ist; im Falle aber auf den Widerspruch eines
Interessenten ein neuer Bietungstermin angesetzt wird, wenn dieser, voraus
gesetzt, daß sich die im früheren Termine erschienenen Interessenten über die
Frist nicht geeinigt haben, bei Gegenständen über 5««0 Thlr. an Werth nicht
zwei Monate, und bei Gegenständen von geringerem Werth nicht einen Mo-
, nat weit hinausgerückt ist.
4) Wenn ohne Einwilligung sämmtlicher Interessenten mit dem Zuschlage ohne Ab-
wartung des Lizitations-Termins verfahren worden. 5)
5) Wenn bei Anheftung der Patente und bei Einrückung in die öffentlichen Blätter
um mehr als 14 Tage an der Seit gefehlt worden.«)
>) Bei Grundstücken im Taxwerthe über 50 Thlr. bis 50« Thlr. einschließlich soll
auch die Einrückung ins Jntelligenzblatt erfolgen, wenn ein solches in demjeni
gen Regierungsbezirke, in welchem das subhastirende Gericht seinen Sitz hat, er.
scheint. Doch hat die Unterlassung dessen nicht die Nichtigkeitsbeschwerde, son
dern nur eine Disziplinar-Rüge zur Folge. — Z. 2u. 4 des Ges. vom 2. Dec. 1837.
2) Bei Patrimonialgerichten muß der Aushang, bei Vermeidung der Nichtigkeit des
Auschlagserkenntnisses im Gerichtsbezirk an dem zur Haltung der Gerichtstage be
stimmten Lokale erfolgen. Soll aber der Aushang am Wohnort des Patrimo-
nialrichters giltig geschehen können., so muß diese Verlegung des GerichtssitzeS
nach vorheriger Vereinigung des Gerichtsherrn mit dem Gerichtshalter und den
Gerichtseingesessenen vom Oberlandesgericht genehmigt sein. — Res. vom 1. März
1842 I. M. B. S. 83.
») Von einem letzten Bietungstermine, von welchem der g. 348, Tit. 11, Th. 1
A. L. R. sud Nro. 4 spricht, kann jetzt nicht mehr die Rede sein, da nach S. 3
des Ges. vom 4. März 1834 in allen Fällen nur ein Bietungstermin anzube
raumen ist.
«) Der Umstand, daß das einmal angeschlagene Patent früher als 14 Tage vor
dem Lizitationstermine abgenommen, oder abgerissen, oder verloren gegangen ist,
hat auf Grund des Anhangs z. IS zum A. L. R. die Nichtigkeitsbeschwerde
349
6) Wen» diejenige Gerichtsperson, wclchc d!e Lizitation di'rigirt, «der diejenige, welche
dabei das Protokoll gefi'thrt hat, Meistbietender geblieben, und der Zuschlag an
ihn ohne ausdrückliche Genehmigung des Gemcinschuldners und sämmtlicher Gläu
biger erfolgt ist. >) 2) — Axt. 2 sud c der Deel, vom 6. April 1839. z. 347
u. 348, §. 22, I. Tit. 11 u. Anh. §. 15 A. L. R. Ges. vom 2. December 1837.
z. 4 GS. für 1837 S. 219. Ges. vom 4. Mörz 1834. §. 8 und 14 GS-
für 1834 S.40, 41. Eab.-Ord. vom 12. August 1834 GS. für 1834 S. 158.
Eab.-Ord. vom 7. Oktober 1838 GS. für 1838 S. 497.
Von dem Inhalte und der Form der Beschwcrdeschrift, und der
Rech tfcrtigungsschr ist.
§. 238. I. Die Nichtigkeitsbeschwerde muß stets schriftlich und vollstän
dig eingereicht werden. Durch die blosse Anmeldung wird die Einlegungsfrist nicht
nicht zur Folge. Durch Art. 2 acl o der Deel, vom 6. April 1839 ist in der
Bestimmung des Anh. §. 15 Nichts geändert woroen, wenn auf denselben auch
nicht ausdrücklich Bezug genommen ist. Der Anh. §. 15 ist dem g. 348, Tit.
II, Th. 1 des A. L. R. als einverleibt anzusehen, und durch die Bezugnahme
auf die letztere Gesetzstclle zugleich auf den Anhang K. 15 Bezug genommen.
Eine Nichtigkeitsbeschwerde ist durch die Bestimmung Nro. 5 also begründet:
s) wenn die Frist vom Tage der Anheftung des Patents oder der Herausgabe
des öffentlichen die Einrückung enthaltenden Blattes bis zum Lizitationster-
mine bei Gegenständen im Werthe bis 5lXX) Thlr. einschließlich weniger als
2 Monate Iii Tage und bei Subhastationsfortsetzungen weniger als 16 Tage;
bei Gegenständen über 5<KA> Thlr. im Werthe weniger als 5 Monate 16
Tage und bei Subhastationsfortsetzungen weniger als 1 Monat 16 Tage
beträgt;
d) wenn in Fällen, in denen die Insertion in ein öffentliches Blatt mehrmals
erfolgt, die Frist von Herausgabc eines Blattes, in welchem die Insertion
geschehen, bis zur Herausgabc des folgenden die Insertion enthaltenden Blat
tes oder die Frist von Herausgabe des letzten das Patent enthaltenden Blat
tes bis zum Lizitationstermine kürzer, als 16 Tage ist.
'Z Die Bestimmung Nro. 6, z. 343, Tit. 11 Th. 1 des A. L. R. spricht nur von
nothwendigen Behufs -Befriedigung der Gläubiger eingeleiteten Subhastationen,
also von den im Wege der Exekution, oder im erbschaftlichen Liquidations-Pro
zeß, oder auf Antrag des Bencfizial-Erbcn verfügten; sowie ferner nur von einer
Genehmigung des Zuschlags Seitens des Gemeinschuldners und der sämmtlichm
Gläubiger. Es ist hieraus zu folgern:
1) daß in der auf Antrag eines Miteigenthümers zum Zweck der Auseinander
setzung eingeleiteten nothwendigen Subhastation durch obige Bestimmung die
Nichtigkeitsbeschwerde nicht begründet werden kann;
2) daß, wenn der Eigenthümer des subhastirtcn Grundstücks und sämmtliche
Gläubiger (nämlich die Realgläubiger und diejenigen persönlichen Gläubiger,
welche sich bei der Subhastation mit exekutionsfähigen Forderungen gemeldet
haben? in den Zuschlag an den Richter, welcher die Lizitation geleitet, oder
an denjenigen, welcher das Lizitations-Protokoll geführt hat, gewilligt ha
ben, andere Interessenten, z. B. Vorkaufsberechtigte, trotz ihres erklärten
Widerspruchs die Nichtigkeitsbeschwerde auf die gedachte Bestimmung nicht
stützen können. — Fehlt aber die Genehmigung der unter Nro. 6 genannten
Personen; so müssen auch die andern oben im §. 234, I. aufgeführten Sub-
Hastations-Jnteressenten, auf deren Genehmigung es an und für sich nicht
ankommt, auf Grund des §. 348, Nro. 6, Tit. 11, Th. 1 des A. «. R.
zur Nichtigkeitsbeschwerde verstattet werden, da der Bestimmung unter o
Art. 2 der Deklaration vom 6. April 1839 keine Beschränkung in dieser Hin
sicht beigefügt ist.
2) Die auf Grund obiger Bestimmungen sub 4 bis 6 nach K. 35« fg. Tit. II,
Th. 1 des A. L. R. bisher zulässig gewesene Klage auf Widerruf des Zuschlags
ist durch den Art. 2 sä «der Deel, vom 6. April 1839 ausdrücklich für weg
fallend erklärt, da jetzt an deren Stelle die Nichtigkeitsbeschwerde getreten ist,
350
gewahrt. — D!e Bestimmung des §. 26, Tit. 14, I. A. G. O. wornach die Er
klärung der Unzufriedenheit mit dem ergangenen Erkenntnisse, ohne Angabe bestimm
ter Beschwerden für eine Appellation gegen den ganzen Inhalt oder wider alle
Punkte desselben angesehen werden soll, findet auf das Rechtsmittel der Nichtigkeits
beschwerde keine analoge Anwendung, weil der Richter nur Uber die angegebenen
Beschwcrdepunkte erkennen soll, also nicht befugt ist, auf andre aus den Akten her
vorgehende Nichtigkeitsgründe zu nicksichtigen. — Art. 7, 8 der Deel, vom 6. April
1839. — Nro. 27, 2« Jnftr. vom 7. April 1839.
II. Zur Vollständigkeit der Beschwerdeschrift gnügt, wenn
s) die Beschwcrdepunkte,
d) der verletzte Nechtsgrundsatz oder die verletzte gesetzliche Vorschrift angeführt; > )
c) falls die Beschwerde aus die §. 236, Nro. 13 s I, und e (§. 5 Nro. 1«s u. b
d. Ges. vom 14. Deccmber 1833 u. Art. 3 Nro. 4 der Deel.) genannten Gründe
gestützt ist, die betreffenden Verhandlungen oder Schriftstücke genau bezeichnet
sind; und
<Z) der ganz allgemein gestellte Antrag: auf Vernichtung des angefochtenen Erkennt
nisses und auf Entscheidung in der Hauptsache nach Maasgabc der früheren
Anträge und der Beschwerden, beigefügt ist. .,.
Die Allegation der angeblich nicht beachteten oder unrichtig angewandten Ge-
sttzstclle ist nicht wesentlich nothwendig. Eben so wenig bedarf es eines bestimmten
Antrages: was und wie erkannt werden soll, da die Absicht der Partei schon aus
der Aufstellung der Beschwerdepunkte und aus den Anträgen der vorigen Instanz
erhellet. — Art. ». Deel, vom 6. April 18S9. — Nro. 27 der Jnstr. vom 7.
April 1839.
III. Ausserdem muß die Bcschwerdcschrift von einem Justizkommissar, oder
an dessen Stelle von einem der Partei beigeordneten rechtsvcrständigen
d. h. zum Richteramte befähigten Assistenten unterzeichnet sein. —
Die schriftliche Einreichung ohne Zuziehung eines Justizkommissars oder Rechtsbei
standes ist nur den öffentlichen Behörden, 5) und solchen Privatpersonen gestattet,
welche selbst zu den Rechtsverständigen gehören. Auch ist die Zuziehung eines J„-
stizkommissars dann nicht erforderlich, wenn die Einreichung der Nichtigkeitsbeschwerde
von einer zum Richteramt qualifizirten Privatperson, welche als Stellvertreter der
Partei in deren Prozessen aufzutreten gesetzlich befugt ist (ek. Z. 41, S. 80 fg.),
erfolgt. — Art. 7, Deel, vom 6. April 1339. — Nro. 28 Jnstr. vom 7. April
1839. — Cab.-Ord. vom 4. April 184« GS. S. 117.
IV. Die Mitwirkung des Justizkommissars oder des anderen zulässigen Rechts-
verständigen besteht entweder
s) dann, daß er die Nichtigkeitsbeschwerde selbst anfertigt, unterschreibt, und beim
Gericht einreicht; oder
i) Die blosse Aufzählung der Beschwerdcpunkte ist nicht hinreichend, dazu vielmehr
die Aufstellung eines gesetzlichen Vcrnichtungsgrundes wesentlich nothwendig. —
Eck. des Geh. O.-Trib. vom 1. Juli 1839. Ccnt.-Bl. 184« S. 63.
Hiernach können auch Rcfercndarien, und mit der richterlichen Qualifikation ver
sehene Subalternen als Assistenten oder für sich die Nichtigkeitsbeschwerde ein
reichen, «h«e daß es der Zuziehung eines Justizkommissars bedarf. Kassirte oder
wegen Unfähigkeit zu Subalternen degradirte Richter können dies nicht, weil
ihnen die Qualifikation eines Nichters fehlt.
«) Städtische Deputationen und Komissioncn, wie sie der Z. 179 der Städtc-Ord.
vom 14. November 18V8 und der z. 102 der reo. St.-O. vom 17. März 1331
bezeichnet, sind als solche öffentliche Behörden anzusehn, bei deren Nichtigk,-B.
es der Zuziehung eines Just.-Kommissars nicht bedarf. — Plen.-Beschl, des G.
Vb,-Trib. vom 27. Mai 1839 I. M. B. S. 240.
S51
b) barin, daß cr e!ne von der Partei unterschriebene und ihm vorgelegte Beschwer«
dcschrist legalisirt und unterschreibt.
Im ersten Falle muß der Juftizkommissar oder Rechtsvcrständige, wenn er die
Partei nicht schon in erster oder zweiter Instanz vertreten hat, sich durch Vollmacht
oder ein Schreiben als ihr Stellvertreter legitimiren. Die Führung dieser Legiti
mation muß spätestens bis zum Ablauf der im Urtcl zu diesem Behuf festzusetzenden
Frist geschehen,') widrigenfalls cr in Stelle der Partei für alle Schäden und Ko
sten verhaftet ist.
Im zweiten Falle (sub d) bedarf es keiner Vollmacht. Der Justizkommissar
oder Rechtsvcrständige hat nur den Inhalt der Richtigkeitsbcschwcrdeschrift sorg
fältig zu prüfen, da er ebenso, als wenn er sie selbst abgefaßt hatte, verant
wortlich ist, und sie durch seine Unterschrift zu legalisiren. Auf die Worte,
die er seiner Unterschrift hinzufügt, kommt es nicht an, da er Nichts unterschreiben
darf, was er nicht gelesen und geprüft hat.
Übrigens ist die Partei befugt, sich Behufs Anfertigung oder Lcgalisirung von
Beschwcrdeschriftcn an jeden fungirenden Justizkommissar, ohne Einschränkung auf
einen Gerichtsbczirk, zu wenden. 2) — Parteien, welche nicht schreiben können, müs
sen dem Justizkommissar, an den sie sich deshalb wenden, jedesmal Vollmacht ge
be». — Art. 7, Declar. vom 6. April 1839. — Nro. 2«, 29 Jnstr. vom 7. April
1839. — Berord. vom 21. Juli 1843 GS. S. 295.
V. Dem Jmploranten steht frei, die in der Nichtigkeitsbeschwerdeschrift ange
gebenen Bcschwerdcpunkte oder Nichtigkcitsgründe in einer nachträglichen Schrift
(Rechtfertigungsschrift) näher auszuführen und zu rechtfertigen. Diese Schrift
muß aber, ohne daß es dazu einer Aufforderung bedarf, innerhalb 14 Tagen nach
Einreichung der Nichtigkcitsbeschwerdeschrift beim Gericht eingereicht werden, widri
genfalls darauf keine Rücksicht genommen wird. Die Aufstellung neuer nicht inner
halb der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels angebrachter Beschwerdepunkte über
verletzte Rechtsgrundsätze, und die Rüge andrer Prozeßvorschriftcn, als die Beschwer-
dcschrift selbst enthält, ist dabei unzulässig. «) — Art. 9 Deel, vom 6. April 1SZ9. —
Nro. 30 Jnstr. vom 7. April 183S.
') Durch Plcn^Beschl. vom 2. Januar 1837 (Jahrb. 49, S. 482) war vom Geh.
Ob.-Trib. angenommen worden, daß der Just.-Kommissar, wenn cr eine von
der Partei nicht unterschriebene N. B. einreiche, und in der frühern Instanz
nicht schon bevollmächtigt gewesen, Vollmacht innerhalb der Einlegungsfrist dem
Gericht erster Instanz produziren müsse, widrigenfalls die Beschwerde für ver
spätet anzusehn. Der Art. 7 der Deel, rcprobirte diesen Beschluß. Die Nicht-
beibringung der Vollmacht hat jetzt nur zur Folge, daß im Urtel die Beibrin
gung aufgegeben wird. — Hinsichtlich der Form der Vollmachten reichen die ge
wöhnlichen Prozcßvollmachten aus, ohne daß darin grade des Rechtsmittels der
N. B. Erwähnung geschehen sein darf. Denn der Art. 7 der Deel, ordnet ganz
allgemein an, daß der Just.-Kommissar, welcher die Partei in einer der frühe
ren Instanzen vertreten, auch zur Anbringung der N. B. legitimirt ist.
») Nach der Jnstr. vom 7. April 1839 (Nro. 28) war die Partei auf die Just.-
Kommissarien des Obergerichtsbezirks beschränkt. Doch war es nach dem Plen.-
Bcschl. des Geh. Ob.-Trib. vom 3. August 1841 (I. M. B. S. 264) kein, zur
Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde dienender Formmangcl, wenn ein aus
serhalb des Obergerichtsbezirks fungircnder Just.-Kommissar dieselbe angefertigt
oder legalisirt hatte. Das Ges. vom 21. Juli 1843 gestattet dagegen der Par
tei, sich an jeden Just.-Kommissar, ohne Einschränkung, zu wenden.
») Wenn also eine Rechtfcrciguiigsschrift neue Bcschwerdcpunkte, die in der Nich
tigkeitsbeschwerdeschrist nicht vorkommen, enthält; so fragt es sich: ob die Recht-
ftrtigungsschrift innerhalb der zur Einwendung des Rechtsmittels gesetzlich ge
statteten Frist präsentirt worden oder nicht? — Im letzten Falle sind neue Be-
schwerdcpunkte gar nicht zu berücksichtigen. Im ersten Falle verdienen nur Beschwer
den über angeblich verlebte Prozeßvorschristen mit Hinsicht auf Z. Z34, II. keins
352
Verfügung auf die Nichtigkeitsbeschwerde, und Mittheilung
U derselben zur Beantwortung,
z. 239. I. Das Gericht prüft die Nichtigkeitsbeschwerde, und weist sie durch
Verfügung zurück, wenn sie an sich unzulässig ist, ins Besondre, wenn
s) die nach §. 22t, II. und III. und Z. 234, II. vorgeschriebene Frist verabsäumt
worden ;
d) wenn ein andres Rechtsmittel, als das der Nichtigkeitsbeschwerde stattfindet;
0) wenn die Beschwerde nicht in der vorgeschriebenen Form (§. 238, I—IV.) ange
bracht wird.
Die Beurtheilung der Erheblichkeit oder Unerheblichkeit derselben in Betreff der
angeführten Beschwerdegründe gebührt dagegen ausschließlich dem Geheimen Obertri-
bunal. >') — Art. 8 Deel, vom 6. April 1839. — Nro.31 Jnstr. vom 7. April 1839.
II. Erscheint die Nichtigkeitsbeschwerde nicht schon an sich unzulässig (I);
so wird sie dem Jmploraten zur Beantwortung ^) binnen der für die Einrei
chung und mit Rücksicht auf die Persönlichkeit des Jmploraten vorgeschriebene Frist »)
Berücksichtigung; dagegen werden Beschwerden über Verletzungen von Rechts
grundsätzen noch Gegenstand der richterlichen Prüfung. — Sollte eine Rcchtfer-
tigungsschrift auch Nichts weiter, als neue jedoch unzulässige Beschwerden enthal»
ten; so muß sie dennoch, wenn sie nur innerhalb der gesetzlichen 14tägigen Frist
eingegangen ist, bei den Akten behalten, und dem Gegner abschriftlich mitgetheilt
werden, da dies von den innerhalb 14 Tagen eingehenden allgemein vorgeschrie
ben ist, auch die Prüfung dessen, in wie weit sie zu berücksichtigen, nur dem
Geh. Ob.-Trib. zusteht. — Nach Ablauf der 14 Tage eingehende Rechtfertigungs-
fchriften brauchen nicht mitgetheilt zu werden, da sie gar nicht berücksichtigt
werden sollen.
1) Schon die Res. vom 18. Februar 1834 und 11. März 1836 bestimmten, baß
die Zurückweisung der N. B. mittelst Dekrets nur dann stattfinde, wenn die ge
setzliche Frist verabsäumt, oder der Fall eines Rekurses, oder Appellation oder
Revision vorhanden; daß dagegen, wenn sie unvollständig sei, und Jmplorant in
dem dazu angesetzten Termine sie nicht vervollständigen könne; demselben eröff
net werden solle, daß die Einlegung der Beschwerde die Vollstreckung des Er
kenntnisses nicht aufhalte, und daß er die Abweisung nebst einer Sukkumbenz-
strafe zu gewärtigen habe. Durch Dekret könne er aber nicht abgewiesen wer
den. — In Folge der Deel, vom 6. April 1339 findet zwar die Ansehung eines
Termins zur Vervollständigung nicht mehr statt; es ist jedoch aus den Art. 8
und IN d. G. deutlich zu entnehmen, daß eine unvollständige Nichtigkeitsbe
schwerde durch Dekret nicht zurückgewiesen werden könne, sondern eingeleitet wer
den müsse, da sonst in diesen Gesetzstellen nicht so allgemein von einer unaufge
forderten Vervollständigung, und gleichen Mitthcilung der Rechtfertigungsschrift
gesprochen worden wäre.
2) Termine dürfen zur Beantwortung ebenfalls nicht angesetzt werden. — Nro. 2
Allg. Verf. vom 1«. März 1841 I. M. B. S. 123.
») Unter dieser Frist wird offenbar diejenige verstanden, welche dem Jmploraten
gesetzlich zur Einreichung der N. B. zustehen würde, nicht die, welche im vorlie
genden Fall dem Jmploranten zur Einreichung der N. B. zustand. Denn im
Art. 10 der Deel, ist nicht von der für die Einreichung im speziellen Fall vor
geschriebenen Frist, sondern der Frist im Allgemeinen und mit Bezug auf den
Jmploraten die Rede. Ist z. B. Fiskus Jmplorant, und hat derselbe zur Ein
reichung der N. B. 12 Wochen Frist gehabt; so hat der Gegner, wenn er nicht
zu den Minderjährigen oder überhaupt den Personen gehört, denen ^wöchent
liche Frist gestattet ist, nur eine sechswöchcntliche Beantwortungsfrist. — Der
Grund, warum gewissen moralifchen und fysischen Personen 12wöchentliche Frist
gewährt ist, liegt in dem zeitraubenden Geschäftsgänge der Behörden, von wel
chen diese Personen vertreten werden. Bei andern fällt dieser Grund weg, und
es liesse sich nicht rechtfertigen, warum in einzelnen Fällen ihnen dennoch die
längere Frist bewilligt werden sollte. — Im entgegengesetzten Falle, — wenn
nemlich solche privilegirte Personen Jmploraten sind, — gebührt ihnen zur Be
antwortung der N. B, dann ebenfalls die 12wöchenttiche Frist, wenn der nicht
35S
unter der Warnung abschriftlich mitgetheilt, daß, wenn die Beantwortung nicht
binnen dieser Frist eingehen sollte, angenommen werden würde, er begebe sich der
Erwiderung, und räume die angeführten Thatsachen ein. >) — Die GegenauS-
führung auf eine nachträgliche Rechtfertigungsschrift (Z. 238, V.) muß ebenfalls
innerhalb der vorstehenden Frist erfolgen. War dem Jmploraten bei Beantwortung
der Nichtigkeitsbeschwerde die nachträgliche Rechtfertigungeschrift noch nicht zuge
stellt; s« muß auf den Eingang der Gegenausführung bis zum Ablaufe jener Frist
gewartet werden. 2)
Bei den Z. 22l, II. 2 »—<l bezeichneten schleunigen Prozeßarten finden zur
Beantwortung der Nichtigkeitsbeschwerde dieselben kurzen Fristen, wie zu denn Ein
reichung, statt.') — Art. l» und 14 d. Deel, vom 6. April 1839.
III. In nothmendigen Subhastationssachen sind als Jmploraten
Behufs der Beantwortung der Nichtigkeitsbeschwerde zuzuziehn und dabei alS LitiS-
konsorten zu betrachten alle diejenigen, welche nach Lage der Sache ein Interesse ha
ben, daß der angefochtene Zuschlag, oder die angefochtenen Bedingungen desselben
aufrecht erhalten werden.
Hiernach läßt es sich aber nur in jedem speziellen Falle mit Rücksicht auf die
Person desjenigen, welcher die Nichtigkeitsbeschwerde eingelegt hat, und nach Maas
gabe seiner Anträge bestimmen, wessen Interesse durch diese Beschwerde betroffen
wird, und wer als« als Jmplorat zu betrachten. — Ist die Einlegung dieses Rechts«
mittels z. B. von dem Schuldner erfolgt, indem derselbe behauptet, daß die Sub-
hastation unstatthaft gewesen; so sind bei der Aufrechthaltung des Zuschlagserkennt
nisses sowol die Realgläubiger, deren Forderungen das Meistgebot deckt, als der
Adjudikatar interessirt; beide müssen also auch zur Beantwortung der Nichtigkeits
beschwerde aufgefordert werden. Wird die Nichtigkeitsbeschwerde von einem Bieter,
welcher weder zu den Gläubigern gehört, noch Besitzer des Guts, noch Adjudikatar
ist, eingelegt, weil der Zuschlag angeblich an ihn, nicht an den Adjudikatar hätte
erfolgen sollen ; so kommt in der Regel nur das Interesse des AdjudikatarS in Frage,
da er hier allein bei dem Bestehen des Zuschlagserkenntnisses betheiligt ist. Es wird
als« nur von Seiten de« AdjudikatarS einer Beantwortung der Nichtigkeitsbeschwerde
bedürfen.
privilegirte Jmplorant die N. B. innerhalb 6 Wochen, einreichen mußte; weil
der Grund, warum sie bevorzugt find, auch in diesem Falle vorliegt.
1) In dieser Verwarnung liegt nicht, daß im künftigen Erkenntniß in eontumscism
angenommen werden solle, als sei die behauptete Verletzung richtig. Diese muff
der erkennende Richter prüfen und beurtheilen. Nur die zur Begründung der
behaupteten Verletzung aufgestellten Thatsachen sollen in eontumscism für wahr
angenommen werden, in sofern sich aus den von dem Richter zu berücksichtigen
den Schriftstücken nicht ein Anderes ergibt.
2) Die Mittheilung der N. B. erfolgt, ohne daß der etwanige Eingang einer Recht-
fcrtigungsschrift abgewartet wird, weil diese nicht in Folge einer richterlichen
Aufforderung einzureichen, und es ungewiß ist, ob eine solche eingeht. Für den
Fall, daß eine Rechtfertigungsschrift rechtszeitig einkommt, erfolgt die Mitthei
lung derselben unbedenklich nur mit Bezug auf die bereits bei Mittheilung der
N. B. gestattete Frist, so daß, wenn die Behändigung der Rcchtfertigungsschrift
erst nach Beantwortung der N. B. geschehen ist, auf den Eingang der Gegen
ausführung bis zum Ablauf der bei Mittheilung der Beschwerde gestatteten Frist
gewartet werden muß. Denn die im Art. 10 der Deel, gebrauchten Worte:
„innerhalb der vorstehenden Frist" und „jene Frist" können nur füglich auf die
unmittelbar vorhergehenden Worte: „für die Einreichung vorgeschriebene Frist"
bezogen Wehden, da im ganzen Artikel von keiner andern Frist die Rede ist.
») Diese kürzeren Fristen werden hier wie dort für den Fiskus, die Minorennen
und die diesen gleichgestellten Personen nicht verdoppelt, sondern gelten auch für
diese nur einfach.
354
Behauptet jener Bieter aber, daß ihm das Gut für eine geringere Summe
hätte zugeschlagen werden sollen ; so erscheint bei den Folgen der von ihm eingeleg
ten Nichtigkeitsbeschwerde nicht allein der Adjudikatar betheiligt, sondern auch alle
diejenigen Realgläubiger, welche nicht zur Pcrzeption kommen würden, wenn die
Zuschlagssumme sich um so viel vermindert, als jener Bieter weniger, als der Ad
judikatar, geboten hat. In diesem Falle sind ausser dem Adjudikatar auch die be-
theiligtcn Rcalgläubigcr zur Beantwortung aufzufordern.
Einer Aufforderung der ihrem Aufenthalte nach unbekannten eingetragenen
Gläubiger zur Beantwortung der Nichtigkeitsbeschwerde bedarf es in keinem
Falle. — Art. 2 Deel, vom 6. April 1839. — Nro. 32 der Jnstr. vom 7. April
1839. — Res. vom 30. Januar 1835. Jahrb. 45, S. 213. Grüff 8, S. 343.
IV. Mehre Litiskonsorten müssen einen gemeinschaftlichen Bevollmächtigten zur
Wahrnehmung ihrer Gerechtsame in der Nichtigkeitsbeschwerdeinstanz bestellen, und
wenn sie'sich darüber nicht vereinigen können; so soll derjenige Justizkommissar, wel
cher den meisten von ihnen bedient ist, dazu durch das Gericht von AMtswegen
ernannt werden. Doch steht auch hier jedem Einzelnen frei, sich auf seine Kosten,
und ohne diese vom Gegner erstattet verlangen zu können, seines bcsondern Konsu
menten oder Bevollmächtigten zu bedienen. — Nro. 33 Jnstr. vom 7. April 1839. —
Z. 187, Tit. 50, I. A. G. O.
V. Trifft in einem und demselben Prozesse daö Rechtsmittel der Nich
tigkeitsbeschwerde mit dem der Revision zusammen; so kommen die im
Z. 232 vorgetragenen Bestimmungen zur Anwendung. — Lk. Alleg. das.
Ist jedoch eine Partei zweifelhaft, ob ihr das eine oder das andre dieser bei
den Rechtsmittel zustehe; so muß sie die Borschrift des §. 136, II. beobachten. —
Art. IS Dccl. vom 6. April 1839.
Beantwortung der Nichtigkeitsbeschwerde und Spruchvorlegung.
Z. 240. I. Die Beantwortung der Nichtigkeitsbeschwerde ist an keine
besondre Form gebunden. Nach deren Eingang oder nach Ablauf der gestatte
ten Frist (g. 239, II.) erfolgt die Absenkung der Akten zum Spruch an das Ge
heime Obertribunal. Diesem Gerichtshofe steht, die Entscheidung in allen Nichtig-
keitsbeschwcrdesachcn ausschließlich zu. — Bon den Untcrgcrichtcn geschieht die
Absenkung der Akten ebenfalls unmittelbar an diesen Gerichtshof. — Art. 10 Deel.
. «om 6. April 13S9. — Z. 2U, Gef. vom 14. December 1833. — Nro. 49 Jnstr.
vom 7. April 1839. — Res. vom 5. November 1837. Jahrb. 5«, S. 507.
II. Bei der Spruch Vorlegung ist ins Besondre zu berücksichtigen, daß
Z) die Akten gehörig foliirt, und mit einem vorgehefteten Inhaltsverzeich
nisse versehen sind;
2) daß, falls in zweiter Instanz vor dem Appcllationsrichter verhandelt worden,
die Appellationsakten von diesem eingeholt und mitgcscndet werden, und
S) daß im Berichte jedes Mal
s) der Streitgegenstand,
b) die Folien der Akten, wo sich das angefochtene Erkenntniß und die Boll
macht des Mandatars jeder Partei befindet, angegeben werden, oder daß doch
hinsichtlich dieser Folien, falls es nach Lage der Sache keiner nähern Angabe-
bedarf, auf die betreffenden, gehörig ausgefüllten Rubriken de« Aktendeckels
Bezug genommen; und «) erwähnt wird, was etwa wegen Vollstreckung
des angefochtenen Erkenntnisses bereit« geschehen ist.')
Sind wegen der Exekution noch keine Anträge sormirt; so muß dennoch darüber
berichtet werden, wenn der Bericht vollständig sein soll. Ist das angefochtene
Mel von der Art, daß daraus gar keine Exekution nachgesucht werden kannz
365
Die Parteien, der Jmplorant unter abschriftlicher Mitthn'lung der etwa ein
gegangenen Beantwortung der Beschwerden, erhalten Nachricht von der Absenkung
der Akten. — g. 15, Ges. vom 14. Deccmber 1833. — Nro. 34, 4« Jnstr. vom
7. April 1839. — Res. vom 10. März 1841 I. M. B. S. 123. — Res. vom
IS. Dccember 1843 I. M. B. 1844 S. S.
Effekt des Rechtsmittel« in Bezug auf die Vollstreckung
der früheren Urtel.
z. 241. I. Damit die Erekutionsvollstrcckung, während die Prozeßakten dem
Geh. Obcrtribunal zur Entscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde vorliegen, mög
lich bleibe, sind mit ben Verhandlungen über die Vollziehung des angefochtenem
Erkenntnisses besondre Aktcnhcste anzulegen, und Abschriften der ergangenen Er
kenntnisse zu denselben zurückzubehalten.
Die Einlegung der Nichtigkeitsbeschwerde hält nenilich die Vollstreckung der
Exekution nicht auf, es sei denn, daß durch die Vollstreckung ein unersetzlicher Scha
den entstände. >)
Der Vcrurtheilte ist jedoch befugt, die streitige Sache oder Summe in gericht
lichen Gewahrsam zu geben, und wenn der Prozeß andre Verpflichtungen zum Ge
genstande hat, eine vom Richter festzusetzende Kaution zu bestellen, und sich dadurch
vor der wirklichen Vollstreckung des Erkenntnisses zu schützen.
Ist eine bereits im gerichtlichen Dcpositorio befindliche Summe, z. B. eine Spe-
zialmasse aus der Kaufgcldcrbclcgung, Gegenstand des Prioritätsstreits ; so muß die
Auszahlung derselben beim Widerspruch des Gegners bis nach der in der Nichtig-
keitsbeschwerdeinstanz ergangenen Entscheidung ausgesetzt werden.
II. Doch findet die gerichtliche Dcposition «der Kautionsbestellung nicht, und
vielmehr die Vollstreckung des Urtels statt,:)
1) wenn auf Entrichtung laufender Alimente erkannt worden;
2) in Betreff der Aufhebung eines Arrestes, auf welche im angefochtenen Ur
tel erkannt ist;
3) in den H. 198, II. Nr«. 3—14 verzeichneten Fällen, in welchen der einge
legten Appellation ungeachtet das erste Erkcnntniß vollstreckbar ist.
4) Im nothwendigen Subhastationsprozesse kann von Dcposition oder
Kautionsbestellung nicht die Rede sein, weil mit dem Tage der Publikation des
Adjudikationserkenntnisses Gefahr und Nutzungen auf den Adjudikatar von selbst
z. B. wenn Kläger abgewiesen, und auch keine zuerkennende Bestimmung sonst
im Urtel enthalten z so versteht es sich von selbst, daß die Bestimmung unter 3 c:
nicht Anwendung findet.
>) Die N. B. hat hiernach nur in dem einen Falle: wenn neuuich durch die Voll-
, streckung der Exekution ein unersetzlicher Schade entstehen winde, Suspensiveffekt.
Sonst kann die Exekution> mit Ausnahme der Z, 198, Nro. 3—14 verzeichneten
Fälle, nur durch Dcposition oder Kautionsbcstellung abgewendet werden. Res.
vom 5. Juli 1837. Jahrb. 50, S. 103. — Ist die streitige Summe gericht
lich deponirt; so kann der Gläubiger nicht auffcrdcm iicch die Eintragung auf
die Grundstücke des Verurteilten verlangen, da Deposilio,, die Stelle der Zah
lung vertrit. — Z. 213, «it. 16, I. A. L. R. — Res. vom 14. Juni 1838.
Jahrb. 51, S. 384.
2) Das Res. vom 24. Januar 1837 (Gr äff, Koch :c. Erg. III. S, 377) ordnete
in einem speziellen Falle, in welchem auf Aedirung einer Obligation erkannt, und
die Nichtig!. Beschwerde ergriffen war, auf ergangene Beschwerde an, daß chn-
geachtet dieses Rechtsmittels die blosse Dcposition nicht ausreiche, sondern daß
Jmplorant zur Zcdirung im Wege der Exekution anzuhalten fei, weil Ereignisse
eintreten könnten, welche für den Jmploranten, falls die Deposit!»« der Obliga
tion ohne vorgängigc rechtskräftig festgcstclltc Abtretung zugelassen würdc, neue
Weitläufigkeiten und Verwickelungen herbeizuführen geeignet seien.
83 n
Z56
übergehen (Z. 342, Tit. 1t, I. A. L. R. §. 6t, Tit. S2, l. A. G. O.), da«
Erkenntniß also schon durch die Publikation vollstreckt wird. — Die Übergabe
subhastirter Grundstücke an den Adjudikatar wird daher durch die Einlegung der
Nichtigkeitsbeschwerde und durch die Übergabe der Grundstücke zur gerichtlichen
Verwaltung nicht aufgehalten. — 1« Ges. vom 14. December 1833. — §. 8
Tit. 14, I. A. G. O. — Art. 5, Deel, vom 6. April 1839. — Nro. 24. Jnftr.
vom 7. April 1839. — Res. vom 6. Januar 1841 I. M. B. S. 4S.
III. Ist die Vollstreckung des angefochtenen Erkenntnisses von der Ablei
stung eines Eides abhängig, so darf diese, wenn der Eid ein angetragener
oder zurückgeschobener ist, durch Einlegung der Richtigkeitsbeschwerde nicht aufge
halten werden.
Ist auf einen nothwendigen Eid erkannt worden; so bleibt die Abnahme dessel
ben bis zur Entscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde ausgesetzt. Es muß aber
derjenige, welcher im Falle der Ausschwörung eines dem Gegcntheile auferlegten
Eides etwas zu zahlen oder sonst zu leisten hat, auf dessen Antrag, in sofern dieser
sich zur Ableistung des Eides ausdrücklich bereit erklärt, den streitigen Gegenstand
gerichtlich deponiren, oder dafür Kaution bestellen, und wenn eö auf Entrichtung
laufender Alimente ankommt, diese zahlen. Dasselbe trit jederzeit ein, wenn der
Jmplorant für den Fall der Nichtableistung eines nothwendigen Eides verurtheilt
worden ist.') — Art. 5 Deel, vom 6. April 1839.
IV. Ist in einem Erkenntnisse nur über die Verpflichtung des Beklag
ten im Allgemeinen erkannt, die Feststellung der schuldigen Summe aber zu
einem Separatverfahren verwiesen worden; so ist der Kläger befugt, die Separat
klage sofort anzustellen, und die Instruktion derselben muß erfolgen, wenn gleich der
Beklagte gegen das Erkenntniß die Nichtigkeitsbeschwerde eingelegt hat. — Nro. 25
Jnstr. vom 7. April 1S39.
") Hiernach sind folgende Fälle zu unterfcheiden :
I. Es ist auf einen angetragenen oder zurückgeschobenen Eid erkannt. Dann
wird ohne Rücksicht auf die Nichtigkeitsbeschwerde mit Abnahme des Eides und
Abfassung der Purifikatoria verfahren. Nach Abfassung der letztern liegt die
Sache hinsichtlich der Exekution so, als wenn das Urtel keinen Eid enthielte
und rechtskräftig wäre.
II. Es ist auf einen nothwendigen Eid erkannt. In diesem Falle kann die
Abnahme des Eides bis zum Ablaufe des Behufs Anbringung der Nichtigkeits
beschwerde zuständigen Frist, und falls dies Rechtsmittel eingelegt wird, und
zulässig ist, muß sie sogar bis zur Entscheidung darüber ausgesetzt werden. —
In Bezug auf die Vollstreckung des Urtels sind jedoch hier 3 Fälle zu bemerken:
1) Jmplorant ist derjenige, welchem etwas für den Fall zuerkannt ist, daß Jm-
plorat den Eid nicht leistet. Dann ist dieser zur Zahlung evevt. Kautions
bestellung nicht verpflichtet, und die Urtelsvollstreckung bleibt in Betreff des
von Nichtleistung des Eides abhängigen Anspruchs bis nach Abfassung der
Purifikatoria ausgefetzt.
2) Jmplorant hat den Eid zu leisten, und im Nichtschwörungsfalle dem Im»
ploraten etwas zu zahlen oder zu leisten. Dann kann jener zur Zahlung,
everit. Kautions-Bestellung oder Deposition angehalten werden.
3) Jmplorat hat den Eid zu leisten, und erhält vom Jmploranten etwas für
den Schwörungsfall. In diesem Falle kann jener, sobald er sich zur Ablei
stung des Eides ausdrücklich bereit erklärt, Zahlung, event. Deposition oder
Kautionsbcstellung verlangen.
Es versteht sich übrigens von selbst, daß, wenn nur ein Theil der Entschei
dung vom Eide abhängig ist, und die Nichtigkeitsbeschwerde nicht den ganzen
Inhalt des Erkenntnisses betrifft, wegen des der Beschwerde nicht unterworfenen,
und sonst rechtskräftigen Theils Vollstreckung zulässig ist, und falls die Be,
schwerde den Eid?nicht betrifft, die Abnahme desselben, ohngeachtet der eingeleg
ten Nichtigkeitsbeschwerde erfolgt. " ,
Entscheidung dcs Geh. Obcrtribunals.
§. 242. I. Dic Entscheidung auf die Nichtigkeitsbeschwerde erfolgt
auf den schriftlichen Bortrag zweier Referenten > ) in der Sitzung des betreffenden
Senats. In den 226, IV. bcregten Fällen entscheidet jedoch auch hier das Ple
num über die zweifelhaft gewordene Rechtsfrage auf den Vortrag zweier neuen, aus
den beiden andern Senaten gewählten, Referenten, und seine Entscheidung dient in
der vorliegenden Rechtssache dem betreffenden Senate zur Norm. — Die Entschei:
dung selbst erstreckt sich nur über die angegebenen Beschwcrdepunkte. Dabei legt der
Richter das in dem angefochtenen Erkenntnisse als feststehend angenommene Sach-
verhältniH lediglich zum Grunde, 2) in sofern letzteres nicht den Gegenstand der Nich
tigkeitsbeschwerde selbst ausmacht. ') (Z. 236, Nro. 13). Reue Thatsachen, die erst
im NichtigKitsvcrfahren angeführt sind, können bei der Entscheidung der Hauptsache
selbst nicht weiter berücksichtigt werden. — §. 16 Ges. vom 14. December 1833. —
Nro. 36 Jnstr. vom 7. April 1839. — Eab.-Ord. vcm I. August 1836 GS. S. 218.
II. Den Referenten ist gestattet, ihren Vortrag zunächst auf dic Prüfung
der Frage zu beschränken: ob das angefochtene Urtel für nichtig zu erachten? —
und erst, wenn die Nichtigkeit vom Gerichte angenommen worden ist, über die Sache
selbst den Vortrag zu halten. — Z. 17 Ges. vom 14. December 1833.
IN. Wird s) in den Fällen des Z. 236, Nro. 1, 7 u. 8 (K. 5, Nro. 1, 5,
K Ges. vom 14. December 1833) noch vor der Eltscheidung über die Nichtigkeit
eine nähere Instruktion «der Beweisaufnahme nöthig befunden; so
verordnet das Gericht das Erforderliche durch ein Resolut, und ernennt dic Behörde,
welche dem Resolute zu gnügcn hat; oder b) kommt es ausser den Fällen Z. 236,
Nro. 1, 7, 8 noch auf eine an sich zulässige Vervollständigung der Nich
tigkeitsbeschwerde nnd nähere Vernehmung der Parteien, z. B. über Beweismittel,
Widersprüche, zc. an ; so wird diese ebenso wie zu s durch ein Resolut vor der Ent
scheidung auf die Nichtigkeitsbeschwerde angeordnet.
In beiden Fällen hat das beauftragte Gericht nach Beseitigung des Resoluts die Akte»
dem Geh. Obertribunal zum Spruch zurückzureichen. ") — Z. 17, V. vom 14. Decmbr.
1833.— Art. 11 Declar. vom 6. April 1839.— Nro. 3« Jnstr. vom 7. April 1839.
IV. Ist die Sache zur Entscheidung auf die Nichtigkeitsbeschwerde angcthan,
und wird diese
1) ungegründet und unerwiesen gefunden; so ist dieselbe durch Erkcnntniß
zurückzuweisen, und der Jmplorant in die Kosten dieses Verfahrens, sowie in
>) Es geht daraus hervor, daß auch bei Vernichtung eines, das erste Urtel bestä
tigenden, zweiten Erkenntnisses zwei Referenten gnügen.
') Wird eine Nichtigkeitsbeschwerde darauf gegründet,
daß ein rechtszeitig angebrachtes, gesetzlich zulässiges Rechtsmittel zurück
gewiesen, oder ein gesetzlich unstatthaftes Rechtsmittel zugelassen worden.
(Art. 3 Nro. 2 Deel, oben §. 236, Nro. 5);
so trit bei Prüfung der Frage über die Aulässigkeit des Rechtsmittels eine »öl»
lig freie Beurtheilung des Nichtigkcits-Richters, sowol in Ansehung des Sach-
«erhaltnisses, als der gesetzlichen Vorschriften ein, und es bleibt obige Bestim
mung (g. 16 V. vom 14. Dcccmbcr 1833) in solchen Fällen ausser Anwendung.
Plen.-Beschl. des Geh. Obcrtrib. vom 9. Oktober 1843 I. M. B. 1844 S. 8.
») Der Nichtigkeits-Richter braucht deshalb von Amtswcgen die legitimst!« s>1
processuill nicht zu prüfen, wenn solche vom vorigen Richter für richtig an
genommen worden. — Plen.-Beschl. des Geh^ Ober-Trib. vom 12. März 1838.
Jahrb. 51, S, 153.
«) Dem Geh. Obertribunal steht die Befugniß zu, die Gerichte, mit Ausnahme des
Kammcrgcrichts und des O. L. G. zu Frankfurt, deshalb zu kontrolliren, und
monitorische, ja selbst zurechtweisende Verfügungen in Form von Reskripten an
sie zu erlassen. — Eirc.-Res. vom 5. Oktober 1838. Zur. Woch. 18Z8 S. 830.
Jahrb. 52, S. 517.
358
eine Sukkumbenzstrafe Kon S bis 5« Thlr. zu vcrurtheilen. Auch in Rechtsan
gelegenheiten, welche zum Ressort der Generalkommissionen gehören, treten diese
Sukkumbenzstrafcn ein. — Nur bei solchen Parteien , welchen die Sportclfreiheit
oder das Armenrecht zusteht, bleibt die Sukkumbenzstrafe ausser Ansatz.
2) Wird sie für begründet erachtet, so sind zwei Fälle möglich:
s) obwol sie begründet ist, wird das angefochtene Erkenntniß selbst dennoch aus
andern Gründen gerechtfertigt befunden, und aufrecht erhalten. In diesem
Falle ist das Erkenntniß zwar an sich nicht gerechtfertigt, da die Prämissen
(Gründe) unrichtig sind, ein Erkenntniß aber nur in Verbindung mit den
Gründen ein Ganzes (Urtheil) bildet. Da es jedoch unangemessen erscheint,
ein Erkenntniß zu vernichten, und in der Sache selbst wieder in der nämli
chen Art zu erkennen, so ist in cineiuMchen Falle das Erkenntniß dahin zu fassen:
daß, wenn auch die Nichtigkeitsbeschwerde für begründet zu erachten, den
noch in der Sache selbst das angefochtene Erkenntniß seinem ganzen In
halte nach, oder dahin aufrecht zu erhalten, daß :c.
Die Dosten des Nichtigkeitsverfahrcns werden kompcnsirt, hiervon aber die
auf den Antheil des Jmploraten fallenden gerichtlichen Kosten niedergeschla
gen. Aus der Aufrcchthaltung des angefochtenen Erkenntnisses folgt zugleich,
daß es rücksichtlich der Bestimmungen desselben über den Kostenpunkt bewen
den muß, diefe Kosten also nicht niederzuschlagen sind.
Beruht das angefochtene Erkenntniß auf mehre» thcils richtigen, theils
unrichtigen Gründen, und sind die erstercn solche, daß sie für sich allein schon
die Entscheidung rechtfertigen; so läßt es sich auch nicht behaupten, daß eine
nichtige Entscheidung ergangen sei, vielmehr muß dann die Nichtigkeitsbe
schwerde als ungegründet zurückgewiesen werden.
K) Die Nichtigkeitsbeschwerde ist begründet, und das Erkenntniß kann aus an
dern Gründen nicht aufrecht erhalten werden. In diesem Falle wird das
angefochtene Erkenntniß vernichtet, die Kosten desselben niedergeschlagen, und
die der Nichtigkeitsbeschwerde kompcnsirt
Kann nun nach Lage der Akten
^. in der Hauptsache selbst erkannt werden; so entscheidet das Geh. Ober
tribunal auch in dieser,') sowie wegen der Kosten des früheren Verfahrens an
derweit definitiv, und verordnet zugleich die Erstattung des Geleisteten. Dies
ist nothwendig, weil eincstheils die Einlegung der Nichtigkeitsbeschwerde die
Vollstreckung des angefochtenen Erkenntnisses nicht aufhält, und weil anderntheils
mit der Vernichtung eines Erkenntnisses auch alle Folgen desselben aufzuheben
sind, und der vorige Zustand wieder hergestellt werden muß. Ist es zweifelhaft,
was geleistet, und was zu erstatten ist; so gnügt es, daß das Geh. Lbertribu-
nal die Verbindlichkeit nur im Allgemeinen ausspricht, und die nähere Ermitte
lung dem Richter erster Instanz überläßt.
Bei dieser anderweiten Entscheidung unterliegt zwar das ganze Sach- und
Streitverhältniß, sowie es dem früheren Richter vorlag, der Prüfung und Be-
urtheilung des Geh. Obertribunals. Es darf indeß der Grundsatz, daß die Nich
tigkeitsbeschwerde nur der beeinträchtigten Partei zu Statten kommen soll, die-
') Dies trit ohne Unterschied ein, ob das aufgehobene Erkenntniß ein Appellations-
erkenntniß war, oder ein erstes Miel. Es Wt sich in jenem Falle nicht be
haupten, daß Jmplorcmt dadurch eine Instanz verliere. Denn grade dieses Er
kenntniß ist das des Appellationsrichters, Man könnte nur sagen, daß er dag
ihm sonst nochmals zustehende Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde verliere.
Dies ist aber nur ein ausserordentliches Rechtsmittel, gibt keine Instanz, und
findet gegen die Entscheidung des Geh. Obertribunals nicht statt. Rro. 37
Jnstr. vom 7. April 18S9.
359
stlbc also kein Iienelicium commune ist, dabei nicht unbeachtet bleiben, und
daher weder über den Antrag des Jmplorantcn hinaus (ultra netitum), noch
nachtheiligcr für ihn, als es der Gegner verlangt (in n^'us), erkannt werden.
In Betreff neuer Thatsachen gilt das unter Nro. I Gesagte.
L. Ist die Hauptsache selbst zur Entscheidung noch nicht angethan,
und eine neue Ausmittelung nothwendig; so wird die Sache zu dieser Ermitte
lung und zur nochmaligen Entscheidung in diejenige Instanz zurückverwiesen, in
welcher die noch zu ermittelnden Umstände zuerst vorgebracht worden sind. Die
Gerichte haben bei diesem Verfahren, und bei der andcrweitcn Entscheidung sich
nach den durch das Erkenntniß des Geh. Obcrtribunals festgestellten Rechtsgrund-
sätzcn und Normen zu achten. — Z. 4, 17, 18 Ges. vom 14. Dccember 1833. —
Art. II Deel, vom 6. April 1839. — Nro. 35, 36, 39, 4« Jnstr. vom 7. April
1839. — Res. vom 15. Januar 1841 I. M. B. S. 4«.
V. Bei Vernichtung eines AdjudikationserkenntnisscS trit daS
Geh. Obcrtribunal an die Stelle des Richters, welcher die Adjudikatoria abzufassen
hatte, und erkennt in der Sache selbst anderweit definitiv, oder verweist, wenn in
Folge der ausgesprochenen Vernichtung eine neue Ausmittclung (z. B. ob die Sub-
Hastation fortzusetzen, ein neiicr Bietungstermin anzuberaumen, noch ein Interessent
zuzuziehn, ein befchcinigtcr Jntcrvcntionsanspruch oder anderer Präjudizialpunkt vorab
zu erörtern und zu entscheiden sei :c,), nothwendig wird, die Sache zu dieser Er
mittelung und weiteren Entscheidung an das Gericht, bei welchem die Subhastatio»
schwebt, zurück. — Nro. 38 Jnstr. vom 7. April 1839.
VI. Das K. Geh. Obcrtribunal ist befugt und rcsp. verpflichtet, in Fallen, in
denen es aus den vorliegenden Zlkten ersieht, daß ein Erkenntniß früherer Instanz
mangelhaft abgefaßt ist, ins Besondre, daß die Gründe aktcnwidrig, oder daß in
denselben Thatsachcn übergangen sind, welche auf die Entscheidung Einfluß haben,
oder daß eine Ausführung der Gründe fehlt, dcrgl. Verstösse durch Verweise
und Ordnungsstrafen zu rügen. Letztere fallen bei formirten Kollegien dem
Urtclsfasscr, und subsidiarisch demjenigen zur Last, welchem die Oberaufsicht und
Leitung des Gerichts zusteht. — Nro. 17 Jnstr.
VII. Hinsichtlich der Eintragung der Entscheidungen in die Proto-
kollbüchcr und die Spruchrepertorien gilt auch hier die Bestimmung Nro. II.
des §. 23«. — Eab.-Ord. vom 1. August 183« GS. S. 213.
Publikation des Urtcls. Gerichts- und Mandataricn-Gcböhren.
§. 243. I. Das auf die Nichtigkeitsbeschwerde ergangene, und mit Entschei-
dungsgründcn abgefaßte Erkcnntniß, wird für jede der Parteien und für das Ge
richt, bei welchem die Nichtigkeitsbeschwerde angebracht worden, ausgefertigt. Diese
Ausfertigungen und ausserdem Abschriften für die Mandataricn sind sämmtlich ver
siegelt dem Dirigenten jenes Gerichts zu übersende», welcher die Bchändigung an
die Parteien oder derm Stellvertreter sofort zu veranlassen hat. Dem Appcllations-
richter ist, unter Rücksendung der Akren desselben, Abschrift des Nichtigkeitsbeschwcr-
deurtels mitzutheilm. — H. 25 Ges. vom 14, Dccember 1833. — Nro. 47 Jnstr.
vom 7. April 1839. — Res. vom 27. April 1834. Gräff, Koch zc. Erg. Hl. S. 3S5.
II. Für das ganze Verfahren in den Nichtigkeitsbeschwerdesachen mit Einschluß
des Erkenntnisses, dessen Ausfertigung und Insinuation wird ein Pauschquantum
von 5 bis 5« Tblr. an Kosten angesetzt. Die Festsetzung erfolgt durch das Geb.
Obertribunal; die Einziehung aber durch das Gericht, an welches dk Aktn, «ebst
Urtel zur Bewirkung der Insinuation gesendet werden. Das Gericht vereinnahmt
das Kostenquantum zu seiner Salarienkasse. Nur die Patrimonial- und standes-
herrlichcn Gerichte, die graflich Stolbergsche Regierung zu Wernigerode, gyne«
360
ralkommissionen und diejenigen König!. Untergerichte, bei welchen sich die Beamten
noch im Genüsse der Sporteln befinden, sind verpflichtet, die vom Geh. Obertribu
nal festgesetzten Gebühren an die betreffenden Obergerichte abzuführen. — S. 20
Ges. vom 14. December 1833. — Circ.-Res.. vom 15. März 1L34. — Circ.-Res.
vom 9. Juli 1838. G raff, Koch :c. Erg. III. S. 355. Eent.-Bl. 1833. S. 773.
Ausser dem Pauschquantum kommen noch zum Ansatz:
s) der Wcrthstempel, welchen das Gericht, bei dem die Nichtigkeitsbeschwerde
angebracht ist, in gleichem Betrage, wie den Werthstempel in Revisionssachen
berechnet, und zu den Akten bringt;
K) der Ausfertigungsstempel, welchen das Geh. Obertribunal verwendet, und
durch Postvorschuß, von den in Berlin befindlichen Gerichten aber sofort bei In
sinuation der Akte», einzieht;
e) diejenigen Auslagen, welche, wie Porto, Reise- und Zehrungskosten der Beam
ten u. f. w. auch i» Bagatellsachen ausser dem Pauschquantum liquidirt wer
den können. — <X Vorstehende Allcg. — III. Nro. 4 und 5 Geb.-Tare vom
9. Oktober 1833. ' ,
III. Zu den Kosten des Nichtigkeitsverfahrens, die Jmplorant im Zurü'ckwei-
sungsfalle tragen muß, gehören auch die Gebühren des vom Gegentheil bei
der Beantwortung der Nichtigkeitsbeschwerde zugezogenen Justizkommissars,
nur mit der Beschränkung, daß, wenn mehre Jmploraten als Litiskonsorten vor
handen, er nur die Gebühren des Kommunmandatars zu tragen hat.') — Nro. 33
u. 41 Jnstr. vom 7. April 1839.
IV. Der eine Partei vertretende Justizkommissar erhält für das ganze Ver
fahren an Gebühren, einschließlich der Kopialien, so viel, als die Hälfte des ange
setzten gerichtlichen Pauschquantums beträgt. — Doch können diese Gebühren nach
Umständen auch auf einen geringeren Betrag, als diese Hälfte bestimmt werden.
Die Mandatarien sind ihrer Gebühren ganz verlustig zu erklären, wenn sie
eine offenbar grundlose Nichtigkeitsbeschwerde angebracht und verfolgt haben, ohne
zu den Akten den Nachweis zu bringen, daß sie das Rechtsmittel auf ausdrückliches
Verlangen der Partei gegen ihre eigne Ansicht eingelegt haben. Es ist hierüber im
Erkenntniß das Erforderliche festzusetzen. — Z. 2« Ges. vom 14. December 1833. —
Art. 12 Deel, vom 6. April 1839.
Wird die Nichtigkeitsbeschwerde nach vollständig instruirtem Verfahren durch
Entsagung oder Vergleich befeitigt; so ist als Maasstab für die Gebühren des Man»
Katars dasjenige Kostenpauschquantum zum Grunde zu legen, welches anzusetzen sein
würde, wenn auf die Nichtigkeitsbeschwerde erkannt worden wäre.
Vertrit ein Justizkommissar mehre Interessenten bei einem und demselben Nich-
' tigkeitsverfahren ; so kann er den Gebührensatz nur Ein Mal liquidiren. — Res.
vom 9. August 1835 u. vom 21. Juni 1836. Jahrb. 46, S. 144. Bd. 47, S. 586.
') Nach dem Res. vom 21. Juni 1836 (Jahrb. 47, S. 587. Gräff 11, S, 84)
war die sukkumbirende Partei zur Erstattung der Gebühren des gegnerischen
Juftizkommissars in Nichtigkeitsbeschwerdesachen über Objekte von mehr als
200 Thlr. nicht verpflichtet, weil der Partei die Vertretung durch einen Justiz
kommissar nicht zur Pflicht gemacht, ihr vielmehr gestattet war, ihre Beschwer
den und resp. deren Beantwortung zum gerichtlichen Protokoll zu geben. Mit
Rücksicht auf die allgemeine Bestimmung Nro. 41 der Jnstr. und mit Rücksicht
darauf, daß nach der Deel, vom 6. April 1839 in Nichtigkeitsbeschwcrdesachen
Termine zur Aufnahme der Beschwerde und zu deren Beantwortung nicht mehr
angesetzt werden sollen, findet aber das Res. vom 21. Juni 1836 nicht mehr
Anwendung. In Betreff der Gebühren des Mandatars des Jmploranten kann
kein Bedenken erwachsen, weil in dem für den Jmploranten günstigsten Fall —
der Aufhebung des Urtels — die Kosten kompensirt werden, Jmplorant also die
Gebühren seines, Mandatars niemals erstattet verlangen kann,
361
Wirkung de« Richtigkeitöbeschwerdeerkenntnissei in Bezug auf
die Urtelsvollstreckung.
§, 244. s. Ist durch das auf die Nichtigkeitsbeschwerde ergangene Erkennt-
niß das angefochtene Urtcl, in Folge dessen Jemand bereits eine Sache in Empfang
genommen hat, vernichtet, und die Rückgewähr angeordnet; so muß sich ein Drit
ter, welcher diese Sache inzwischen durch Kauf, Tausch, Zession, Schenkung, oder
auf andre Art an sich gebracht hat, der Entscheidung ebenfalls unterwerfen, wenn
er auch beim Nichtigkeitsvcrfahren nicht zugezogen worden. Demgemäß kann auch
yach Vernichtung eines AdjudikationscrkenntnisseS das subhastirte Grundstück nicht
nur von dem Adjudikatar, fondern auch von jedem Dritten Rechtsnachfolger dessel
ben, der es inzwischen vom Adjudikatar erworben und in Besitz genommen hat,
ohne vorgangigen Prozeß, zurückgefordert werden. Denn die Nichtigkeitsbeschwerde
suspendirt die Rechtskrast de« angefochtenen Erkenntnisses, und das inzwischen ver
äusserte Grundstück ist als ein während der Rechtshängigkeit veräussertes anzusehn. —
Art. 1t Declar. vom 6. April 1839. — §. 9, «it. 24 Proz.-Ord. — Nro. ZS
Jnstr. vom 7. April 1839.
ll. Wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen, so ist der Tag der Behändi-
gung des angefochtenen Erkenntnisses als der Tag der Rechtskrast desselben anzu
sehn. — §. 1« Ges. vom 14. December 1833.

Dritter Abschnitt.
«on den im JnjurienprozeH in dritter Instanz zulässigen
Rechtsmitteln.
K. 24S. I. Wenn auf das vom Kläger in Jnjuriensachen eingewendete Rechts
mittel der Aggravation (ß. 219) das zweite Urtel zum Nachtheile des Beklagten
härter ausfällt, als das erste; so steht dem Beklagten gegen dies zweite Erk»ntniß
das Milderungs- und Niederschlagungsgesuch oder das Rechtsmittel der weiteren
Vcrtheidigung zu, je nachdem mit Rücksicht auf die Strafhöhe das eine oder andre
zulässig ist (g. 21S, l. Nro. 1. 2). Das Rechtsmittel muß binnen 1« Tagen bei
Verlust desselben beim Richter erster Instanz angebracht werden. Auch hier wird
die zehntägige Frist von Behändigung ab, den Tag der Behändigung nicht mit ge
zählt, gerechnet. Bei auswärtigen Beklagten kommt aber ausserdem die Frist nicht
in Anrechnung, binnen welcher, von Behändigung ab, Beklagter nach dem gewöhn
lichen Lause der Posten das Anmcldungsgesuch dem erste» Richter zusenden konnte. —
Anh. K. 218—22« und §. 15, Tit. 34, 1. A. G. O. — Res. vom 26. August 1843
I. M. B. S. 27«.
II. Der erste Richter verhandelt auf das eingewendete Rechtsmittel in der
8Z. 217 und 218 vorgeschriebenen Art, und sendet dann die Akten dem verordneten
'Spruchrichter') zur Entscheidung.
') Beim Kammergericht erkennt in dieser dritten Instanz, in den in erster Instanz
vom Kammergericht entschiedenen Sachen, der Appellationssenat (Cab.-Ord. vom
31. August 184« I. M. B. S. 3«6); — im Bezirke sämmtlicher weftphälischen
Oberlandes-Gerichtc, wenn in erster und zweiter Instanz das Obergericht er
kannt hat, — das O. L. Gericht zu Halberstadt (Cab.-Ord. vom 29. August
1835 GS. S, 197); — im Bezirk der Regierung zu Wernigerode und des O.
L. G. zu Magdeburg, wenn die Regierung zu Wernigerode oder der Krim.-Senat
zu Magdeburg in der Aggrsvat.-Jnstanz erkannt hat, — der zweite Senat de?
23 ^
362
Nl. Die Kosten der dritten Instanz tragt jedes Mal der Beklagte. Was die
übrigen Kosten betrifft, so muß
«)'»«>n das «rste Erkenntniß wieder völlig hergestellt wird, es bei der in diesem
«rtel hinsichtlich der Kosten erster Instanz ausgesprochenen Bestimmung bewen
den; und die Kosten zweiter Instanz fallen dem Aggravanten zur Last.
d) Wird dagegen das erste Urtcl nicht völlig wiederhergestellt, so muß Beklagter
auch die Kosten der ersten und zweiten Instanz tragen. — Res. vom 7. Mai
tsSS I. M. B. S. ISS.

Neuser Titel.
einzelnen nur in besonderen Fällen vorkommenden
Prozetzhandltmgen.
^. Won Agitationen, Litisdenunziationen und Nominationen.
1. Von Amtswegen zu veranlassende Adzitationen.
z. 246. Im ordentlichen Prozeß hat der Richter die Pflicht, die Wahr
heit der streitigen Thatsachen von Amtswegen zu erforschen, und alle dazu beitra
genden Mittel anzuwenden.') Er kann daher, wenn er es zur Erreichung dieses
Endzwecks nöthig findet, denjenigen, welcher vor dem Kläger oder dem Beklagten
die streitige Forderung inne hatte, oder die streitige Sache oder das Recht befaß,
(den Vormann) zur Instruktion von Thatsachen, worüber derselbe vermutblich nä
here und zuverlässigere Auskunft, als die Parteien, geben oder die etwa zur Er
forschung der Wahrheit erforderlichen Mittel anzeigen kann, mit vorladen. Da
bei ist der Richter weder an einen bestimmten Zeitpunkt in der Instruktion gebun
den, noch kommt es darauf an: ob der Vormann der nächste oder der entferntere
sei? noch: ob der Hauptpartei an ihn der Regreß zustehe oder nicht? 2)
Bei Vorladung und Veranlassung zur Abgabe der erforderlichen Erklärungen
stehen dem Richter gegen den Adzitaten die hinsichtlich der Jeugen K. 131, III, §.133
und Z. 139 vorgeschriebenen Zwangsmaßregeln zu, und Adzitat ist in so weit zur
Abgabe der Erklärungen verpflichtet, als nach diesen Borschriften Zeugen zum Znig-
m'ß angehalten werden können.
Ein solcher Adzitat wird dadurch jedoch nicht in den Prozeß verwickelt; seine
Zuziehung hört vielmehr auf, sobald er dem Richter die erforderte Auskunft nach
seiner Wissenschaft gegeben hat. «) — Erklärt jedoch die Partei, welcher künftig ein
Regreß gegen einen solchen Adzitaten zustehen würde, auch nur noch im Verneh-
müngötermine selbst, daß sie von diesem Regresse Gebrauch zu machen gedenke, und
also verlange, daß Adzitat sie im Prozesse vertrete; so muß diese Erklärung dem
Adzitaten bekannt gemacht werden. Dann geht die Anfangs nur von Amtswegcn
O. L. G. zu Magdeburg (Cab.-O. vom 8. August 1836 GS. S. 22«); —
und in der ganzen Provinz Preussen das Tribunal zu Königsberg. (Eab.-Ord.
vom 22. December 1838 GS. f. 1839 S. 26).
?) JmBagatell-, im summarischen und im Prozesse de<Ges. vom 9. Februar 1817,
in denen dem Richter eine solche Pflicht nicht obliegt, finden daher Adzitationen
von Amtswegen nicht statt.
2) Eine solche offizielle Adzitation kann unter andern auch Anwendung finden in
Bezug auf den Vormund, wenn zur Führung der Prozesse der Kuranden ein
besondrer Litiskurator bestellt ist, und vom Vormunde bessere Auskunft, als von
jenem, zu erwarten steht. — Lk. Res. vom 8. April 1839 I. M. B. S. 143.
"5>'n solcher Adzitat ist also Jnformationszeuge. 65 §. 139, S. 225.
der wesentlichsten Mteund in dem nach dem
Gesetz von Gerichten).

«.«ich.. P'°,.S^,^ Ab«

Im «cagemeinen.
Die Funktionen des Dczcrncntc,Mischen Prozeß,
und Referenten sind getrennt.
Satzschriften brauchen nur in eins' summarischen Prozeß,
gereicht zu werden.
Juftizkommissarien werden unteferfahren werden Justizkommissarien für
sprechen der Nachbringung der Vollnia"» ohne Vollmacht oder schriftlichen
der Parteien zugelassen. 'gelassen. Für andere Termine gelten
n der A. G. O.
Der Deputirte verhandelt ohne Pr? d« Verhandlungen in den vor dem
zenden Terminen bedarf es keines Pro«
Die Termine wahren, wenn sieMiine beginnen, wenn in der Vorladung
stehen, bis 12 Uhr, und, wenn sie NMmmt ist, des Morgens « Uhr. So
sehr sind, bis 5 Uhr. Erst mit Ablauf trit gegen den Nichterschienenen Kon
tnt gegen den Ausgebliebenen Kontum<> Hinsichtlich andrer Termine gilt
ntlichcn Prozeß Gesagte.
In« Besondre s) in erster
l Auf die vollständige Klage erfolg'Ndige Klage wird sofort Termin zur
Klagebeantwortung und in nicht dem Kollegio anberaumt,
ten Sachen zugleich zur Instruktion vor ^ ,
Den Klagebeantwortungsterk'rmm setzt der Genchtsdirigent an.
vutirre ein. ^ . ^ „
Die Klagebeantwortung muß nneryalb der m der Borladung dazu be
nommen werden, selbst wenn ein dicsclgcreicht werden. Geht sie ein, und Be
haltendes Schriftstück eingeht. Ansna« Termin nicht, so erfolgt nicht Kontum.-
Magcr muß sich darauf auslassen, und da«
)ren wird i"
Zur Verletzung des ersten Telsgesuchen kommt es auf das Prozeßob-
Angabe des Verlegungsgrundes, in sodet dieses nach der A. G. O. eine schleumqe
erheblich erscheint. Bei ferneren Verleimen dabei die für diese gegebenen Grund-
der Grund ausserdem bescheinigt werdexrschriften des ordevtlichen Prozesses zur
Aufdas VcrlegungsgesnchverfAlichen Prozeß.
Die Instruktion geschieht vor de« dem Gerichtskollegio in Anwesenheit von
»itgliedern mündlich und öffentlich.
ES findet kein Aushang der Tern dieses Verzeichnisses erfolgt 24 Stunden
Termine.
Das Nichterscheinen im Infrrum des Klägers im ersten Audienztermin
bereits mit dem Klagkbrcmtwortungstung ; des Beklagten, wenn die Klage
tton begonnen, hat Instruktion in » ist/ Kontumazialcrkenntniß, sonst aber
^?lge. ren Audienzterminen überhaupt Kontu-
Kur Folge.
Der Beweisaufnahme geht dfnahme geschieht auf Grund des im Au-
" " ' ^ Kollegio gefaßten Beschlusses.
Verfahren des Ges. vom 9. Februar 1817
r Prozeß. (im Großherzogthum Posen).

Eide erfolgt vor der De Die Abnahme solcher Eide kann vor dem Kollegio so«
lls mindestens 8 Tage nach fort nach Akzeption und Normirung erfolgen.
>rtsetzung der Instruktion Wie im summarischen Prozeß mit dem Unterschiede,
rfolgt in der Sitzung durch daß hier das Kollegium beschließt.
dieser wird sogleich pu-
Thatsachen und Beweismittel kann der Beklagte mit
c Unterstützung der Klage Bewilligung des Gegners im ganzen Laufe der Instruk
Anleitung der Klage, neue tion, ohne dessen Bewilligung aber für diese Instanz nur
beruhn, nach dem Klage- in der Klagebeantwortung und so zeitig anbringen, daß
eweismittcl, mit Ausnahme der Gegner sich im Audienztermin darüber erklären kann.
Regel nach Publikation des
für diese Instanz an-
Desgl. nicht gestattet.
,s Urtel erfolgt in der Re- Wie im summarischen Prozeß.
!N Verfahren nach Vortrag
oder ihre Vertreter.
erfolgt in der Sitzung, in Wie im summarischen Prozeß.
irch demnächstige Zustellung

)estimmte Angabe der Bc- Wie im ordentlichen Prozeß,


so wird dem Appellanten
fertigungstermin die War
leiben anzunehmen, er ver-

gungstermins ist nicht gc- Wie im ordentlichen Prozeß. ,

crfolgt, gleich viel, ob er Enthält der Appell.-Bericht keine N«vs, so geschieht,


-ladung des Appellaten zur wie im ordentlichen Prozeß, Veranlassung des Schluß-
nten zur Sühne und Er- berichtsj enthält er «ovs, so wird er nebst den Akten
rhandlung verzichtet werde. dem Oberappellat.-Gericht zu Posen zugesendet.

Die mündliche und öffentliche Verhandlung erfolgt,


> Theilen darauf verzichtet, wenn Kovs vorkommen , vor dem Appellationstrichter
m; so geschieht sie vor einer nach Maasgabe der Verhandlung in erster Instanz.
zts von mindestens S Mit-
irft einen schriftlichen Vor-
eien vortragen, hält. In
Beweismittel gilt das für
ses Gesagte. Der Appell.-
e der Klagebeantwortung, Da, wo Verhandlung vor demZAppellationSrichtec er-
zer Verhandlung beschließt folgr, beschließt dieser nach Vortrag der Sache durch die
der Sache durch die Par- Parteien das Erkentniß sofort, und publizirt es. In
nst aber der Appellations andern Fällen gilt das für den ordentlichen Prozeß Gesagte.
ordentlichen Prozesses das
lizirt die Deputation bald
« anwesenden Parteien.
ä«3
veranlaßt« Adzitation in eine wirkliche Litisdcnunziatio» über, beiwelcher die ß. 247—
249 enthaltenen Vorschriften und die dort angedeuteten Wirkungen statt finden. —
§. 2, S—7, «it. 17, I. A. G. O.
2. AdzitationSgesuche und Litisdcnunziationcn; >) deren Begriff,
wo und wann sie anzubringen, und Wirkung derselben.
Z. 247. l. AdzitationSgesuche und Litisdcnunziationcn') nennt man diejeni«
gen von einer Partei im Prozesse durch besondre Eingaben «der Protokolle ange
brachten Anträge, mittelst deren die Partei die Vorladung eines Dritten zur In
struktion der Sache nachsucht, in der Absicht, damit derselbe ihr in Ausführung
und Vertheidigung ihrer Gerechtsame beistehe, und sie also wieder den Gegentheil
vertrete, und zugleich zu dem Zwecke, damit sie sich auf den Fall, wenn sie
im vorliegenden Prozesse unterliegen, oder durch denselben ihre Abficht nicht errei
chen sollte, an den Mitvorzuladenden rcgressiren könne. — §. 2, 3, 7, 8 a. a. O.
II. AdzitationSgesuche resp. Litisdenunziationen ') können sowol im ordent
lichen, als im Bagatellprozesse, ferner auch im summarischen und in dem
nach der Verordnun g vom 9. Februar 1817zu verhandelnden Prozesse
angebracht werden. Sie stehen zu:
1) einem Klüger, welchem die eingeklagte, von einem Dritten an ihn gediehene For
derung streitig gemacht wird, in Bezug auf seinen Vormann 5 ,
2) einem Beklagten, welcher wegen einer von einem Dritten an ihn gediehenen Sache
oder Befugniß verklagt wird, in Bezug auf diesen Dritten;
3) jeder Partei, sie sei Kläger «der Beklagter, welche auf den Fall, wenir sie durch
den Prozeß ibrc Absicht nicht erreichen sollte, wegen des Gegenstandes desselben
sich an einen Dritten halten will, in Bezug auf diesen. — Z. 2—4> 8. a. a. O. ^)
1) Der dieselben Einreichende wird Adzitant und Litisdcnunziant, der Vorzuladende
dagegen Adzitat, auch LitiSdenunziat genannt.
2) Zwischen beiden besteht kein Unterschied. Die doppelte Benennung rührt von der
verschiedenen Beziehung des Gesuchsinnhalts zum Vorzuladenden; Adzitations-
gesuch in Bezug darauf, daß seine Vorladung beantragt wird, Littsdcnunziation
in Bezug darauf, daß er zur Theilnahme am Prozesse aufgefordert wird. Daß
kein Unterschied stattfinde, ergibt eine genaue Vergleichung der W.,3, 7, 8, 12,
13, Tit. 17, l. A. G. O. Die beantragte Borladung eines Dritten, welcher von
der Sache als Vormann des Ertrahenten Auskunft geben kann, ohne Haß dieser
die Berechtigung zum Regresse hat, oder den ihm etwa zustehenden Regreß vor
schützt, ist eine Provokation zur Vernehmung des Dritten als wirklichen oder
als Jnsormationszeugen.
») In diesem und den g§. 248 , 249 ist der Abkürzung wegen ferner bl«S der Üi-
tisdenunziation Erwähnung geschehen. Doch gilt das von ihr Gesagte durchweg
von dem AdzitationSgesuche.
4) Solche Fälle der ZulWgkeit der Litisdenunziation sind z. B. vorhanden, da,
wo Jemand wegen der an seine Sache von Dritten geltend gemachten Ansprü
che oder Rechte Gewähr vom Borbesitzer zu verlangen gedenkt, H. 317 fg.
Tit. 5,1. A. L. N.; §. 135 fg. Tit. II das.; ferner dann, wenn dem Zessionar einer
Forderung, bei deren Einklagung Einreden wider deren Richtigkeit und Rechts-
giltigkeit gemacht werden; K. 42« fg. Tit. 11 a. a. O. 279, Tit.
A. G. O.; dann, wenn der Gläubiger sich ausser dem verklagten Schuldner «ven-
luel an einen Bürgen, oder der bereits verklagte Bürge an den Hauptschuldner
oder einen Rückbürgen halten will. z. 311, 342 fg. S»0 fg. Tit. 14, I^A.
L. R. — Bei einer Alimentenklage gegen den Schwängerer kann zwar der Va
ter des Schwängerers, welcher gesetzlich für die Alimentation des Kindes subsi
diarisch aufkommen muß, ebenfalls durch Litisdenunziation vorgeladen werden.
Es steht dem Vertreter des unehelichen Kindes jedoch frei, die Alimentenklage
gleichzeitig gegen den Schwangerer und den Vater desselben anzustrengen, und
es kann demnächst Ein Erkenntniß gegen beide, ergehen. Es versteht , sich aber
von selbst, daß. gegen diesen Vater im Urtel nur die subsidiarische Alimentations
pflicht ausgesprochen wird. — Res. vom 22. Februar 1841 I. M. B. S. ÜS.
364
III. Zu einem vollständigen und zulässigen Sitisbenunziationsgc-
suche gehört
1) daß es zum besonderen Protokoll niedergeschrieben, oder daß ein beson-.
derer Schriftsatz dafür angefertigt sei. Im Bagatell-, summarischen und
in dem nach dem Gesetz vom 9. Februar 1817 verhandelten Prozeß muß dieser
Schriftsatz doppelt eingereicht werden;
2) daß darin mit Beziehung auf das Hauptfaktum, aus welchem der Pro
zeß entstanden ist, diejenigen That fachen, durch welche die Verbindlichkeit
des Vorzuladenden zur Vertretung begründet werden soll, nebst den darüber an
zugebenden Beweismitteln gehörig auseinandergesetzt sind, und der Antrag auf
Mitvorladung des Litisdenunziaten aufgenommen wird;
3) daß die Anbringung desselben rechtszeitig erfolgt. Dasselbe muß nenttich
angebracht werden
g) im ordentlichen Prozeß ss) zugleich mit der Klage oder deren Beant
wortung oder doch im Jnstruktionstermine. Sollte jedoch eine Partei erst
durch die während der Instruktion erfolgte nähere Entwicklung der Sache
auf die Nothwendigkeit der Litisdenunziation geführt werden; so soll sie da
mit noch bis zum Schlüsse der Sache gehört werden; bb) in zweiter In
stanz spätestens sogleich bei Anmeldung der Appellation;
d) im Bagatell- und im summarischen Prozeß vom Kläger gleichzeitig
mit der Klage, vom Beklagten aber gleichzeitig mit der Klagebeantwortung.
In der Folge ist es nur in so weit zulässig, als die Veranlassung dazu sich
erst später ergibt. Im summarischen Prozeß kann die Litisdenunziation auch
in zweiter Instanz, jedoch nur gleichzeitig mit der Appellationsrechtferti
gung oder Beantwortung derselben angebracht werden;
e) im Prozesse des Ges. vom 9. Februar 1817 ss) in erster Instanz vor
dem ersten in der Hauptsache anstehenden Termine, jedoch dergestalt zeitig,
daß nicht nur überhaupt eine Verfügung darauf erfolgen, sondern noch eine
Mittheilung und Vorladung des Litisdenunziaten zu dem anstehenden Ter
mine geschehen kann; dd) in zweiter Instanz spätestens sogleich bei Anmel
dung der Appellation. In dritter Instanz ist es niemals zulässig. — ß. 13—
, 15 a. a. O. — Z. S5, 57 und Z. 7« Ges. vom 1. Juni 1833 GS. S. 46.
Z. 44 Ges. vom 9. Februar 1817 GS. S. 37.
IV. Ein ausdrücklich, gerichtlich und rechtszeitig angebrachtes Litisdenunzia-
tionsgesuch hat zur Folge, daß Litisdenuziat in dem etwa künftig gegen ihn an
zustrengenden Regreßprozesse mit den in die Hauptsache gehörenden Gründen und
Beweismitteln nicht mehr gehört wird. Ist dagegen in einem Falle, in welchem
eine Partei gegen ihren Vormann den Regreß nehmen könnte,, eine derartige Litis
denunziation nicht angebracht; so verliert der zum Regreß Berechtigte zwar nicht
diesen Regreß; er muß aber alle Gründe und Beweismittel, welche der Vormann bei
angebrachter Litisdenunziation ihm gegen den Dritten hätte an die Hand geben
können, gegen sich dergestalt gelten lassen, daß, wenn der Richter findet: es wür
de, wenn in der Hauptfache von diesen Gründen und Beweismitteln hätte Gebrauch
gemacht werden können, das Erkenntniß darin anders ausgefallen sein, die Sache
zum Nachtheil dessen, welcher die Litisdenunziation unterlassen hat, so genommen
werden muß, als wenn in der Hauptsache wirklich ein solches Urtcl ergangen wäre. —
Diese Folgen treten selbst dann ein, wenn dem Regreßpflichtigen vom Berechtigten
oussergerichtlich vom obschwebenden Prozesse Kenntniß gegeben, oder derselbe davon
anderweitig Nachricht erhalten, und selbst, wenn er gemäß Z. 246 von Amtswegen
zu seiner Vernehmung vorgeladen worden wäre. Nur, wenn der Vormann durch
3«5
Vertrug dcc Nothwcndigkcit der gmchtlichcn Litisdcnunziation ausdrücklich ent
sagt hat, fallen jene Folgen weg.
Die Gerichtsdeputirtcn haben bei Aufnahme von Klagen und Klagebeantwor-
tungen dic Pflicht, die mit rcchtsverständigen Assistenten nicht versehenen Parteien
über etwanige Litisdenunziationen zu befragen, und sie auf die Folgen der unter
lassenen Litisdenunziation aufmerksam zu machen. — ül. g. St, Nro. 9, I. (S. 97)
u. §. 94, I. Nro. 7 (S. 164) K. 7, 9-12, 19, Tit. 17. I. A. G. O.
Verfügung auf angebrachte Adzitationsgcsuchc, rcsp. Litis
denunziationen.
§. 248. I. Die eingegangene Litisdenunziatio« wird in Bezug auf die rechts
zeitige Anbringung und auf ihre Vollständigkeit geprüft. Der Umstand,
ob dem Litisdenunziantc» der behauptete Regreß wirklich zustehe, ist nicht in diesem,
sondern im künftigen Regreßprozeß Gegenstand der Prüfung. — Res. vom 9. Juni
I8Z4 Gräff, Koch ,c. Erg. III. S. 368.
II. Auf die rechtszeitig angebrachte Litisdenunziatio« wird die Vorladung des
Litisdenunziatcn zu einem Termin verfügt. In der Regel muß dazu der in der
Hauptsache bereits angesetzte oder anzusetzende, also im summarischen oder dem Pro
zesse des Ges. vom 9. Februar 1817 der zum mündlichen Verfahren bestimmte Ter
min gewählt werden, in sosern die Sache hier sich in diesem Stadio befindet. Bei
Einrückung des Termins wird auf die obwaltenden Umstände Rücksicht genom
men , damit dem Litisdenunziaten von Behändigung bis zum Termin die nö-
thige Zeit zur Vorbereitung übrig bleibt. In summarischen Prozessen namentlich
ist darauf zu sehen, daß, in sofern nicht eine schleunige Sache vorliegt, dem Litis
denunziaten bis zum Termine 14 Tage frei bleiben.
Mit der Vorladung wird dem Litisdenunziaten Abschrift der Litisdenunzia-
tion nebst dem, was etwa in der Hauptsache bisher mit den Parteien verhandelt,
worden, auch den Beilagen, mitgcthcilt. Zugleich wird ihm
1) eröffnet, daß er sich im Termin zu erklären habe:
s) ob er das Fundament des vom Litisdcnunzianten gegen ihn vorbehaltenen
Regresses für bekannt annehme, und wenn jener den Prozeß verlieren sollte,
ihm das Objekt desselben zu vertreten sich für schuldig erkenne;
Ii) ob er demselben bei der Verhandlung der Hauptsache assistiren wolle;
c) was er solchenfalls zur Unterstützung oder zur Vertheidigung desselben anzu
führen habe; und
2) dic Warnung beigefügt:
daß bei seinem Nichterscheinen die in der Hauptsache ergehenden Erkennt
nisse gegen ihn dergestalt giltig sein würden, daß er bei dem hiernächst an
ihn zu nehmenden Regreß mit keinen Gründen, Anführungen oder Ein
wendungen, welche auf die streitig gewesene Hauptsache Beziehung haben,
weiter gehört werden könne. — z. 16, 19 u. 21 Tit. 17, I. A. G. O. —
z. 56 u. 9 des Ges. vom 1. Juni 1833. — K. 44 Ges. vom 9. Febr. 1817.
III. Die für den Litisdenunziatcn bestimmte Vorladung wird dem Litisdenun
zianten zugestellt, welchcr für die Behändigung sorgen, und diese zu den Akten nach
weisen muß. Auf Antrag des Litisdcnunzianten kann jedoch die Zustellung der Bor
ladung an den Litisdenunziaten auch vom Prozeßrichter unmittelbar auf die H. 57—
59 Vorgeschriebene Art erfolgen. ') — Z. 16, Tit. 17, I. A. G, O. — Res. vom
12. Mörz 1839 I. M. B. S. 116.
') Geht in einem vor auswärtigen Gerichten schwebenden Prozesse, eine wider den
diesseitigen Königl. Fiskus gerichtete Litisdenunziation zur Behändigung ein; so
muß das Rcqmsitions-Schreibkn vorerst dem Justizministcr Behufs Kvmmmn
S4
36«
Weiteres Verfahren; Erkcnntniß; Rechtsmittel und Kosten.
§. 249. I. Durch Litisdenunziationen darf die Instruktion der Haupt
sache nicht aufgehalten, sie muß vielmehr unter den Parteien gehörig fortge
setzt werden. Nur im ordentlichen Prozeß bleibt dann, wenn die Litisdenunziation
so spät angebracht wäre, daß Litisdenunziat sich vor Abschluß der Instruktion uiiter
den Hauptparteien nicht darüber erklären kann, dem vernünftigen Ermessen des Jn-
struenten anHeim gestellt, den Abschluß der Sache so lange auszusetzen, daß Litisde-
nunziat zu seiner Erklärung die erforderliche Zeit gewinnt. Erscheint er aber auch
in dieser ihm nach den Umständen zu bewilligenden Frist nicht; so muß mit Abschluß
der Sache verfahren werden. — §. 17, Tit. 17, I. A, G. O.
II. Erscheint nun Litisdenunziat
1) der gehörig geschehenen Borladung ungeachtet weder im anberaumten Termine
noch sonst rcchtszeitig; oder
2) erscheint er zwar, aber er will gemäß der nach Z. 248, II. Nro. 1 abzugebenden
Erklärung weder die Befugniß des Litisdenunzianten, sich an ihn zu halten, an
erkennen, noch demselben im Hauptprozesse assistircn; so trit (in beiden Fallen
Nro. 1 u. 2) die im §. 248, II. unter Nro, 2 angeordnete Folge ein, und die
selbe wird in dem hierauf ergehenden Urtcl ausgesprochen. > ) Dem Litisdenun-
zianten aber steht frei, entweder sofort im Gerichtsstande des Litisdenunziaten
oder bei dem sonst in der Sache kompetenten Richter die Rcgrcßklage gegen den
Litisdenunziaten anzustrengen, oder auch damit den Ausgang des Hauptprozesses
abzuwarten.
3) Erklärt Litisdenunziat s) daß er zwar die Befugniß des Litisdenunzianten, sich
an ihn zu regressiren, noch nicht anerkenne, gleichwol aber demselben in der
Hauptsache assistircn wolle; so trit in Betreff der Rcgreßkloge dasselbe ein, wie
in den Fällen zu 1 und 2. Räumt er aber
d) ausserdem auch die Regrcßverbmdlichkeit völlig ein; so bleibt die Regreßklage bis
zur rechtskräftigen Entscheidung des Hauptprozcsscs ausgesetzt, und in diesem
trit ebenfalls die §. 248, II. Nro. 2 ausgesprochene Folge ein. ') In beiden
Fällen unter « und b muß Litisdenunziat über die bisherigen Verhandlungen
vernommen und mit seinen etwa zur Unterstützung oder Vcrthcidigung des Li
tisdenunzianten anzuführenden Umständen und Beweismitteln gehört werden.
Uebcrhaupt bildet er mit dem Litisdenunzianten in diesem Prozesse Eine Per
son; er hat mit diesem gleiche Rechte und Verbindlichkeiten, und seine Erklärun
gen werden Gegenstand der Instruktion. Es versteht sich von selbst, daß Litis
denunziat gleich jeder andern Partei sich einen Vertreter wählen, oder die Zu
ordnung beantragen kann. — Was die Eideszuschiebung betrifft, so müssen
kation mit dem Minist, d. A. A. zugestellt werden. — Res. vom 26. Oktober
1827. Jahrb. 3«, S. 373.
1) Litisdenunziat erlangt durch die Vorladung die Rechte und Pflichten einer Par
tei; es muß daher gegen ihn im Urtel die ihn treffende gesetzliche Folge und
zwar in beiden Fällen aus dem Grunde, weil er die Erklärung etwanigcr Aus
führungen und Einwendungen weigert, in eoutumsciam ausgesprochen werden.
2) Auch gegen den Bürgen kann der Gläubiger, welcher in dun gegen den Haupt
schuldner angestrengten Prozesse jenen hat adzitiren lassen, in diesen beiden Fäl
len die Regrcßklage sofort anstellen. — Ref. vom 22. Juli 1825. Jahrb. 2S,
S. 211. Gräff 2, S. 142.
s) Denn entweder hat Litisdenunziat sü'mmtliche ihm zu Gebete stehenden Einwen
dungen wirklich zur Sprache gebracht; und dann ist auf dieselben im Erkennt-
niß Rücksicht genommen, Litisdenunziat kann sie daher im künftigen Regreßpro
zesse nicht wiederholen; oder er hat einige anzuführen unterlasse«. Dann trit
die in der Vorladung ihm angedrohte Folge hinsichtlich dieser Einwendungen ein,
«eil er sie nicht zu gehöriger Zeit vorgebracht hat. — Res. vom 13. A«g> 1S30.
S65
wenn einer von beiden über streitige Thatsachen andre Beweismittel angibt,
und der vom andern gewählten Eideszuschiebung widerspricht, jene Beweis
mittel aufgenommen werden. Wird durch diese nicht vollkommener Beweis
erlangt; so kann nach Maasgabe §. 166 (S. 261) auf einen notwendigen
Eid erkannt werden.
Kti) Bedient sich der Gegner der Eideszu- oder Aurückschicbung ; so muß derje
nige von ihnen, dessen eigne Handlung der Eid betrifft, oder der vom
Gegenstände desselben aus eigner Kenntniß unterrichtet sein kann, er sei Li-
tisdenunziant oder Litisdcnunziat, den Eid leisten.') Schwört demnach der
Litisdcnunziat, so kann der Gegner noch ausserdem die Leistung des Jgno-
ranzcidcs vom Litisdenunzianten fordern. Kann keiner von beiden die be
treffende Thatsache ans eigner Wissenschaft eidlich erhärten oder ablehnen;
so muß die Zu- oder Zurückschicbung des Eides dem Litisdenunzianten, al<
der eigentlichen Gegenpartei, geschehen,
cc) Hat Litisdenunziant einen über seine eigne Handlung ihm zu- oder zu
rückgeschobenen, oder im Urtcl zugesprochenen nothwendigen Eid nicht leisten
können, und verliert er dadurch den Prozeß, so kann er sich an den Litisde
nunziaten, welcher diese seine Handlungen nicht vertreten darf, keineswegs
regressircn. — Will aber Litisdenunziant einen ihm über die Handlung eines
Dritten zu- oder zurückgeschobenen, oder im Urtel aufgelegten Eid nicht
schwören; so muß er über die Ursache der Weigerung vernommen werden.
Alsdann behält der Prozeß zwischen den Hauptparteien seinen Fortgang und
es wirb gegen den Litisdenunzianten mit Rücksicht auf die Erklärung, daß
er nicht schwören wolle oder könne, das Rechtliche erkannt. Im etwa künf
tig anzustrengenden Regreßprozesse muß aber, wenn Litisdcnunziat aus dem
Grunde der ohne hinreichenden Grund «erweigerten Eidesleistung den Re
greß nicht anerkennt, darüber besonders instruirt und erkannt werden.
In den Fällen unter s und b muß also Litisdenunziant in der Regel die
fernere Instruktion der Sache bis zur rechtskräftigen Entscheidung abwarten.
Wenn jedoch »
e) Litisdmunziat sich erklärt, dm ganzen Prozeß übernehmen zu wollen, und De
nunziant als Beklagter ihm denselben zu überlassen einwilligt; so ist Kläger
schuldig, die Sache mit dem Litisdenunziaten allein fortzusetzen. Doch bleiben
ihm sein« Rechte gegen den Hauptbeklogten hinsichtlich der Exekution und sonst
überall vorbehalten, und es muß daher das, auf die zwischen dem Kläger und
dem Litisdenunziaten erfolgte Instruktion ergehende Erkenntnis) , auch gegen den
Litisdenunzianten mit gerichtet werden.
lZ) Wenn Kläger sich äussert, seine Forderung oder sein Recht gegen den assistiren-
dm Litisdenunziaten allein ausführen zu wollen; so muß er zugleich ausdrück
lich erklären, daß er den Beklagten und Litisdenunzianten ganz ausser Anspruch
lasse. Dann ergeht das Erkenntniß blos zwischen dem Kläger und dem Litis
denunziaten. Jener kann aber, wenn er gegen diesen den Prozeß verliert, oder
von ihm sonst nicht Befriedigung erreicht, sich nicht weiter an den Litisdenun
zianten hatten. — Tit 17, g. 16, 20-30, I. A. G. O. — Res. vom 13. Au
gust 1830. Gräff, Koch ,c. Erg. III. S. 36«.
III. Ist die Litisdenunziation nebst Vorladung dem Litisdenunziaten ein Mal
gehörig behändigt; so bedarf es keiner Wiederholung derselben. Doch steht dem Li-
') Dies findet namentlich auf einen Bormund Anwendung, wenn ein besonderer
kitisSirator für die Kuranden den Prozeß führt, und der Bormund adzitirt
worden ist. Dieser muß dann die Eide leisten, weiche seine eignen Handlungen
besessen. - Rfs. vom S. April 18S9 Z. M. B. S..1N.
368
tisbenunziaten frei, in den ferneren Terminen, und selbst noch in der zweiten In«
stanz zu erscheinen, und seine Erklärungen vorzubringen. In Anbringung neuer
Beweismittel und Thatsachen hat er demnächst nach Maasgabe der Prozeßform, in
welcher das desfalsige Verfahren schwebt, mit dem Litisdenunzianten gleiche Rechte.
Im ordentlichen Prozesse kann dem Litisdenunziaten, wenn er sich noch vor
Abschluß der Instruktion zu der «on ihm geforderten Vertretung meldet, und wahr
scheinliche Gründe darüber, daß er in der ihm nach Nro. I. gestellten Frist sich nicht
erklären konnte, anführt, auf seine Bitte, um Verlängerung der Frist, diese nach
Beschaffenheit der Umstände gestattet werden.')
In der Revisionsinstanz kann auf das alsdann erst erfolgende Anmelden des
Litisdenunziaten nicht weiter geachtet werden. — 8. IS, 19, 25, St, I. Tit. 17 A. G. O.
IV. Litisdcnunziat kann gegen das in der Hauptsache ergehende Erkenntniß
selbst dann, wenn Litisdenunziant kein Rechtsmittel einwenden will, ein solches er
greifen. Bewirkt er dadurch ein besseres Erkenntniß, so kommt dasselbe auch dem
Litisdenunzianten zu Statten. — H. 31 a. a. O.
Ist die Litisdenunziation erst in zweiter Instanz erfolgt, und der Litisdcnun
ziat hat neue Thatsachen oder Beweismittel angeführt; so steht dem Appellaten frei,
darauf anzutragen, daß darüber zuvor nochmals in erster Instanz gesprochen, und
die vom Litisdenunzianten eingewendete Litisdenunziation inzwischen ausgesetzt blei
ben solle. — §. 15, Tit. 17, I. A. G. O.
V". Nur in dem Falle, wenn Litisdenunziat den Regreß für bekannt angenom«
mcn, seine Pflicht zur Vertretung des Litisdenunzianten anerkannt, und sich dem
gegen diesen ergehenden Urtel im Voraus völlig unterworfen hat, kann Kläger nach
erstrittenem Judikat die Exekution, wenn er will, unmittelbar gegen den Litisde
nunziaten suchen; und nur in eben dem Falle kann Litisdenunziant, wenn der Klä
ger sich an ihn hält, sofort die Exekution gegen den Litisdenunziaten seinerseits ver
langen. In andern Fällen muß gegen den Litisdenunziaten vorerst besonders ge
klagt werden. — §. 33 a. a. O.
VI. Wenn bei einer Litisdenunziation der Litisdcnunziat seine Verbindlichkeit,
den Denunzianten zu vertreten, anerkennt; so. muß er demselben allemal die Kosten,
fowol der Litisdenunziation, als des Hauptprozcsscs, erstatten; in sofern ^ucht der
") Ucber die Litisdenunziation kann nur in demselben Erkenntnisse, in dem über die
Hauptsache entschieden wird, erkannt werden, und es ist unzulässig, die Folgen
einer nachträglich angebrachten Litisdenunziation durch ein besondres Resolut
oder Erkenntniß gegen den Litisdenunziaten festzusetzen. Denn
. ») aus dem §. 15, Tit. 17, I. A. G. O. ergiebt sich, daß die in zweiter In
stanz angebrachte Litisdenunziation mit dem Appellationsverfahren in so en
gem Zusammenhange steht, daß sie mit demselben steht und fällt;
s>) die Litisdenunziation bezieht sich, ihrer ganzen Natur nach, nicht auf cm
bereits ergangenes, sondern auf ein künftiges Judikat, und wen»
in der Appellat.-Jnstanz denunzirt worden, auf das erste Urtel nur so weit,
als es durch das spätere bestätigt wird;
e) wenn der Appellant der Appellation entsagt; so könnte der Litisdenunziat im
künftigen Prozesse immer noch einwenden, daß der Rachtheil für ihn vor
züglich aus der Zurücknahme der Appellation entstanden, und er nur
aus der Ueberzeugung, daß nach Lage der Sache reformirt werden müsse, es
für unnöthig erachtet habe, sich zu melden, und zu assistiren;
<Z) die rechtlichen Folgen einer gehörig geschehenen und behändigten Litisdenun
ziation hängen nicht von der Festsetzung im Urtel ab; wenn daher die Litis
denunziation, der Entsagung der Appellation ungeachtet, ihre rechtliche Wir
kung behalten könnte, so würden die gesetzlichen Folgen auch ohne judikat-
mässige Feststellung eintreten. Eine richterliche Festsetzung dieser Fol
gen kann jedoch nicht in einem besonderen Urtel, sondern n»r im Haupter
kenntnisse und mithin nur, in sofern ein solches abgefaßt wird, stattfinden. —
Res. vom 20. März 1SS5. Jahrb. 4S, S. 194. Gr äff ö, S. 19,9.
369
Gegentheil in letztere verurtheilt ist. — Wenn jedoch der Litisdenunziant den Pro
zeß «der die Rechtsmittel gegen den Wille» des Denunziaten fortgesetzt hat, so kann
er für die dadurch verursachten Kosten vom Denunziaten keinen Ersatz fordern.
Wenn der Litisdenunziat seine Vertrctungsverbindlichkeit nicht anerkennt; so
muß ihm zwar der Litisdenunziant die Kosten der Denunziation vor der Hand er
setzen. Es steht aber demselben frei, seine demnächst anzustellende Regreßklagc auf
die Vergütigung sowol dieser, als der Kosten des Hauptprozesses, mit zu richten.
Hat der Litisdenunziant im Hauptprozesse ein obsicgliches Urtel erhalten, so kann er
unter den Kosten, die ihm der Gegentheil ersetzen muß, auch die fordern, welche
durch die LitiSdcnunziation verursacht worden sind. — Z. 17, Tit. 23, l. A. G.
3. Bon Nominationcn.
§. 250. I. Eine Nomination ist dann vorhanden, wenn Jemand, welcher als
Besitzer einer beweglichen oder unbeweglichen Sache in Anspruch genommen wird,
der aber diese Sache nicht für sich, sondern im Namen eines Andern besitzt, diesen
Andern dem Prozeßrichter nennt.
Wird derjenige, welcher nicht für sich, sondern im Namen eines Andern besitzt,
der Sache halber aus seiner eignen Handlung, z. B. wegen einer daran begangenem
Gewaltthätigkeit, belangt, so liegt der Fall einer Nomination nicht vor. Beklagter
muß vielmehr dem Kläger von dieser seiner Handlung und deren rechtlichen Folgen
selbst Rede und Antwort geben. — §. 34, 4«, Tit. 17 a. a. O.
II. Beklagter ist da, wo der Fall einer Nomination vorliegt, zu den» An
bringung verpflichtet. Er muß sie aber
1) rechtzeitig anbringen, und zwar ») im ordentlichen, im Bagatell- und summa
rische» Prozeß gleich nach dehändigter Klage, und spätestens im Termine zur
Beantwortung derselben ; d) im Prozeß des Ges. vom 9. Februar 1817 vor dem
ersten Audienztermin dergestalt zeitig, daß nicht nur überhaupt eine Verfügung
darauf erfolgen, sondern noch eine Mittheilung und Vorladung des Nominalen
zum anstehenden Termin geschehen kann.
2) Er muß sie ferner vollständig anbringen, d. h. er muß den Namen und Aufent
halt des Nominalen und sein Verhältniß zu demselben anzeigen, auch dieses,
sofern es nöthig, sofort bescheinigen.
Unterläßt ein Beklagter die Anbringung der Nomination, wo sie nothwendig,
und läßt in eovtiiniüei.im verfahren, oder läßt er sich gar mit dem Kläger ein,
und verliert den Prozeß; so kann dies zwar gegen den Eigenthümer und wahren
Besitzer von keiner Wirkung sein. Beklagter macht sich aber dem Kläger wegen
aller Kosten und des aus dem Verzuge entstehenden Interesse verantwortlich.
z. 34, 35 a. a. O. §. 44 Ges. vom 9. Februar 1817.
III. Die vom Beklagten gehörig angebrachte Nomination wird dem Kläger,
sofort abschriftlich mitgetheilt, und derselbe angewiesen, die Sache gegen den No
minalen fortzusetzen.') Nimmt Kläger Anstand, sich diese Verweisung an de» No
minalen so schlechterding« gefallen zu lassen; so muß Letzterem, gleich viel, ob er
der Gerichtsbarkeit des Prozeßrichters unterworfen ist, oder nicht, aufgegeben wer
den, daß er sich innerhalb einer bestimmten Frist erkläre: ob er sich zum Eigeitthum
der streitigen Sache bekenne, und sich in dieser Qualität mit dem Kläger einlassen
wolle. Dabei wird ihm die Warnung gestellt:
daß, wenn er sich gar nicht, oder dahin, daß ihn die Sache Nicht» a,i-

') Erkennt Kläger an, daß er sich nur an den Nominalen halten könne, formirt
aber wegen Einleitung der Sache gegen diesen keine Anträge, so wird die ange
brachte Klage weggelegt.
37V
gehe, erklärt, er hernach weder den Nominanten deshalb in irgend eini
gen Anspruch nehmen, noch dem zwischen diesem und dem Kläger ergan
genen Urtel und dessen Vollstreckung etwas entgegensetzen könne.
1) Bekennt Nominat sich hierauf zum Eigenthum der streirigen Sache, und will in
dieser Qualität sich mit Kläger einlassen; so wird g) wenn Kläger damit ein
verstanden ist, s») die Sache, in sofern Nominat derselben Gerichtsbarkeit un
terworfen ist, beim bisherigen Prozeßrichter, bd) falls aber Nominat einer an
dern Gerichtsbarkeit unterworfen ist, beim kompetenten Richter fortgefetzt, und
Nominat darf sich nicht weiter in der Sache einlassen. — b) Räumt aber Klä
ger nicht ein, daß er an den Nominalen sich zu verweisen, und den Nominanten
aus der Sache zu lassen schuldig sei; so muß darüber, sowie in Betreff der
Hauptsache zwischen dem Kläger und dem Nominanten verhandelt, und die
Nomination als ein Präjudizialeinwand (exceptio litis lm!t«e) gemäß Z, 11«,
Nro. 8 zunächst zur Verhandlung gezogen werden.
2) Erklärt sich Nominat gar nicht, oder dahin, daß ihn die Sache Nichts angehe,
so muß in der Sache zwischen dem Kläger und dem Nominanten verhandelt
werden. Wird nun demnächst, falls der Klageanspruch begründet ist, oder be
gründet wird, Beklagter resp. Nominant darnach verurtheilt; so trit gegen den
Nominalen die obige in der an ihn erlassenen Verfügung angedrohte Folge ein. —
§. 36—39. §. 41, Tit. 17, l. A. G. O.
IV. Bei der Nomination muß der Kläger dem Nominanten die Kosten er
statten. In wiefern er sich aber deshalb an den Nominalen halten könne, ist von
dem Richter, je nachdem sein Jrrthum in der Person des eigentlich Beklagten ver
schuldet «der unverschuldet war, zu bestimmen. Hat der Nominant selbst den Klä
ger zu einem solchen Jrrthum verleitet; so muß er demselben die Kosten des No-
minationsprozesses ersetzen. — z. 19, Tit. 23 a. a. O.

S. Von Interventionen.
§. 251. Wenn Jemand an eine Sache oder Befugniß, worüber zwei Parteien
niit einander im Prozesse befangen sind, ein Recht oder ein Interesse zu haben be
hauptet, und damit vor Gericht ouftrit; so ist eine Intervention vorhanden.') Diese
Zann sein
I. eine Prinzipal-Intervention (interventio prineipslis), wenn Jemand be
hauptet, daß die streitige Sache, Befugniß oder Forderung weder dem Kläger noch
dem Beklagten, sondern ihm selbst gebühre; oder
II. eine akzessorische Intervention (interventio aceessori»), wenn Jntervc-
«ient für sich selbst keinen dergleichen Anspruch macht, sondern seine Absicht blos
dahin geht, dem einen oder dem andern Theile wegen des ihm mit selbigem bei der
Esche zustehenden gemeinschaftlichen Interesses zu afWren.
Zu I. Die Prinzipalintervention ist
4) in der Regel ein ganz besonderer Prozeß, in welchem Jntervenient als Kläger,
die beiden im Hauptprozesse verwickelten Parteien aber als Beklagte, anzusehen
sind. Der Richter des Hauptprozesses ist auch der Richter des Jnterventions-
xrozesses. Die Jnterventionsklage wird, wie jede andre Klage geprüft; und
wenn sie vollständig und begründet ist, wird darauf die Einleitung des Prozes
ses in derjenigen Prozeßform verfügt, zu welcher sich die Sache mit Rücksicht
auf das Klageobjekt eignet. Beträgt daher dieses nur S0 Thlr. oder weniger;

') Auch bei Immobilien ist die Intervention zulässig. — Res. vom 6. Juli 1837.
Jahrb. 5«, S. 110.
37!
so wird der JntervtNtionsprozeß im BagateUverfahren verhandelt. >> (tt. §. 77,
II. N». 6.)
Der demgemäß vom Hauptprozesse ganz abgesondert zu verhandelnde
JnterventionSprozefi kann die Instruktion de« Hauptprozesse« nicht aufhalten.
Wird in diesem Beklagter noch vor Beendigung de« JnterventionsprozesseS
rechtskräftig verurtheilt: so muß das Erkenntniß, allenfalls durch Exekution
vollstreckt werde», und Jntcrvenient kann nur in soweit dagegen Einspruch thun,
„nd auf Deposit!«» oder Sequestration der streitigen Sache oder Summe an
trage», oder KautionSbestellung fordern, als ihm gesetzlich die Befugniß, Arrest
anzulegen, zusteht. 2 ) — §. 1—5, «it. 18, 1. A. G. O. — Rcs. vom 5. März
1823; vom 1. November 1833 und vom 21. April 1834. Jahrb. 21, S. 276.
Bd. 42, S. 313. Bd. 43, S. 532.
2) Ausnahmsweise kann der Richter in dem Falle, wenn ein Prinzipalintervenient
sich noch vor dem im Hauptprozesse anstehenden Klagebeantwortungstermin bei
den Akten meldet, und den Grund seiner Intervention vorträgt, nach Maasgabe
dieses Wortrag«, zur Bermeidung mchrcr Prozesse über denselben Gegenstand,
den Jntervcnicnten zur Verhandlung des Hauptprozesses zulassen. «) Er muß
dann den Jntervcnicnten anweisen, ^) daß cr mit derjenigen Partei, mit wel
cher seine Rechte und Behauptungen in Rücksicht des andern «Heils am meiftm
übereinkommen, gemeinschaftliche Sache mache, und nur diejenigen Thatsache»,
worauf cr sein spezielles, von beide» Parteien widersprochcnes Recht gründe»
will, besonders mit ihnen ausführe, ^) Wenn z, B. ein Testamentserbe vom
einem angeblichen Intestaterben belangt wird, und ein andrer angeblicher Inte
staterbe sich dabei als Jntcrvenient meldct; auch beide, Kläger und Jntervenient
die Ungiltigkeit des Testaments behaupten, unter sich aber, wegen ihrer Ver-
wandschafr mit dem Erblasser oder wegcn des Grades derselben streitig sind; so
muß der Richter den Jntervenuntc» anweiscn, daß cr in Ansehung des Punktes
der Ungiltigkeit des Testaments, mit dem Kläger gegen den Beklagten gemein
schaftliche Sache mache; seine Legitimation aber, sowol gegen den Kläger als ge
gen den Beklagten, in sofern Beide ihn für den nächsten Intestaterben nicht an
erkennen wollen, besonders ausführen.
Eben so kann, wenn Mehre zu gleicher Seit ein Retraktrccht auf ein Grund
stück ausüben wollen, und sowol mit dem Besitzer darüber: ob der Retrakt über
haupt stattfinde? als unter sich darüber: wer von ihnen zu dessen Ausübung vor
züglich berechtigt sei? streiten, der Richter diese mehren Interessenten, besonders, in
1) Das Streitobjekt wird, wenn bei den im Wege der Exekution erwachsenden
Jnterventionsstreitigkciten der Werth der in Anspruch genommenen Sachen hö
her als die Forderung ist, nach dieser; wenn aber die Forderung grösser ist,
„ach dem Werth der Sachen bestimmt. — Res. vom 6. Juli 1832. Jahrb. 39,
S. 385.
2) Verlangen mehre Gläubiger des Eigenthümers gepfändeter Sachen die Befrie
digung aus denselben, so kann der unter diesen Gläubigern entstehende Priori
tätsstreit den Verkauf der gepfändeten Sachen nicht aufhalten. Es kann viel
mehr dadurch nur die Deposition des Erlöses begründct werden. t!>. Res. vom
19. Juli 1839 I. M. B. S 264. Anders ist es, wenn Jemand das Eigen
thum der beim Schuldner gepfändeten Gegenstände in Anspruch nimmt. Davon
wird beim Exekutionsverfahren die Rede scin.
s) Dies gilt auch vom summarische» und vom Bagatellprozeß, da das Gesetz vom
1. Juni 1833 keine spezielle Ausnahme enthält, cr. Res. vom 22. Mai 1837
Gräff, Koch ,c. Erg. III. S. 373.
«) Der Jntervenient wird dadurch nicht verpflichtet, den Hauptprozeß mitzuführen,
und der einen Partei beizustehen. Er erlangt dadurch nur die Befugniß dazu.
Will er die Assistenz ablehnen, so kann er es jederzeit.
5) Diese Ausführung geschieht dann im besonder» Prozesse.
372
sofern ihr Anspruch auf einerlei Rechtsgrund beruht, anweisen, gegen den Besitzer
gemeinschaftliche Sache zu machen, und den Anspruch wider ihn in Einem Prozesse
auszuführen. Dagegen kann das streitige Vorzugsrecht unter ihnen selbst , in einem
zweiten Prozesse nach Art eines Prioritätsstrcits erörtert und durch Ein Erkennt-
mß entschieden werden. > )
Zu II. Die akzessorischen Interventionen sind sowol im ordentlichen,
als im Bagatell-, im summarischen und im Prozesse des Gesetzes vom 9. Februar
4817 zulässig; und zwar können sie
im ordentlichen Prozesse in jedem Stadio der ersten Instanz bis zum Ab
schluß der Sache, und selbst noch in zweiter Instanz angebracht werden;
2) im Bagatell- und summarischen Prozeß sind sie in so weit zuzulassen,
als der Gang der Hauptsache dadurch nicht aufgehalten wird; und
3) im Prozesse des Gesetzes vom 9. Februar 1817 muß die Anbringung
so zeitig geschehen, daß den beiden Hauptparteien vor dem in der Sache anste
henden Termine, es mag der erste oder ein folgender sein, von der Intervention
Nachricht gegeben werden kann. Ist dies nicht möglich, oder die Hauptsache
schon geschlossen, so wird die Intervention zurückgewiesen.
Zur Anbringung einer akzessorischen Intervention gehört, daß das den
Jntervenienten bei der Sache berührende Interesse angegeben, und cinigerinassen be
scheinigt wird, auch daß der Jntervenient bereit ist, einer der beiden Parteien im
Prozesse zu assiftircn. Mit dieser Partei also muß derselbe bei Verhandlung ge
meinschaftliche Sache machen. Er wird demnächst dabei so zugezogen, wie es hin
sichtlich des Litisdenunziaten nach Z. 249 der Fall ist. Er muß jedoch den Prozeß
in derjenigen Lage annehmen, in welcher er sich zur Zeit, wo die Intervention an
gebracht wird, befindet. Bei der Instruktion und Verhandlung kann er die. zur
Unterstützung und Vertheidigung der Rechte der Partei, welcher er assiftirt, die
nenden Thatsachen und Beweismittel in gleicher Art und mit derselben Wirkung,
wie diese Partei, anbringen.
Dem Jntervenienten steht auch die Anbringung des Rechtsmittels der Appel
lation zu, selbst wenn er im ersten Urtel nicht erwähnt wäre.
Nach rechtskräftig entschiedener Sache kann auf die akzessorische Intervention
nicht mehr Rücksicht genommen, und noch weniger die Vollstreckung des Urtels da
durch aufgehalten werden. — 7—11, Sit. 17, I. A. G. O. — Res. vom 20.
November 1820. Jahrb. 1«, S. 233. Gr äff 2, S. 145.
O. Von der Widerklage (Rekonvention).
Begriff und Arten der Widerklage.
K. 252. Eine Widerklage liegt vor,
I. wenn in Folge eines Prozesses und bei Beantwortung der desfalsigen Klage
Beklagter zugleich Gegenansprüche zur Verhandlung in demselben Prozesse
anbringt (uneigentliche Widerklage);
1) Es versteht sich wol von selbst, daß diese beiden Prozesse zu gleicher Zeit schwe
ben und entschieden werden können.
») Die uneigentliche Widerklage hat viel Ähnlichkeit mit dem Einwände der Kom
pensation. Doch walten zwischen beiden vielfache Unterschiede ob. Durch die
Kompensation ist der Anspruch des Klägers, in so weit derselbe die Forderung
des Beklagten erreicht, erloschen. Durch die Widerklage soll er erst durch Fest
stellung der Gegenforderung, in so weit sie gleichartig sind, beseitigt werden;
zur Kompensation sind nur eigne, fällige, und gleichartige Forderungen geeignet;
es können also auch Ansprüche, die aus verschiedenen Geschäften herröhren, und
welche daher sonst nur zur eigentlichen Widerklage geeignet wären, zur Kom
pensation gestellt; dagegen können durch die uneigentliche Widerklage Ansprüche
373
ll. wen» Beklagter in Folge der gegen ih» angebrachre» Klage und unter
Bezugnahme auf den schon schwebenden Prozeß die zur Verhandlung in diesem nicht
geeigneten Gegenansprüche gegen Klager durch besondre Klageanträge geltend
zu machen sucht (eigentliche Widerklage).
Der wesentliche Unterschied zwischen beide» ist also, daß in jenem Falle die
Widerklage mit der Hauptklage in einem und demselben Prozesse verhandelt wird;
daß aber im zweiten Falle beide Klagen besondere Prozesse bilden. F. 1 fg. Tit.
t«, I. A. «. O.
I. Bon der uneigcntlichen Widerklage.
§. 253. I. Gegenstand der uneigcntlichen Widerklage können sein
1) alle aus einem und demselben Geschäfte oder derselben Handlung
mit der Hauptklage entsprungenen Ansprüche des Beklagten, gleich viel, ob diese
Ansprüche grösser oder geringer, als die vom Kläger eingeklagten, und ob s»
mit diese» gleichartig find, oder nicht?') Auch die Verbindlichkeit zu einer Un
terlassung kann Gegenstand der Widerklage sein;
2) in Prozessen unter Kausleuten, welche in laufender Rechnung oder sonst
in fortgesetztem Verkchre mit einander gestanden haben, auch die aus verschiede«
nen Geschäften entspringenden Gegenansprüche, sofern nicht einzelne Posten, son
dern ein Rechnungssaldo, eingeklagt worden. — In allen andern Hallen müssen
Gegenansprüche, welche nicht aus derselben Handlung, oder aus demselben Ge
schäfte mit dem Gegenstände der Klage entsprungen sind, im Wege der eigent
lichen Widerklage geltend gemacht werden.
Aber auch in den unter Nro. 1 und 2 gedachten Fällen wird vorausgesetzt, daß
entweder beide, Klage und Widerklage, zu keiner schleunigen Prozeßart, oder daß
Heide zu ein und derselben schleunigen Prozeßart gehören. Die Widerklage kann da
her zur Verhandlung in ein und demselben Prozesse mit der Hauptklage nicht zu
gelassen werden, wenn entweder nur die Klage, oder nur die Widerklage zu einer
der Tit. 10, Nro. 3 bis 6 zu erwähnenden Prozeßakten oder zum Mandatspro
zesse gehört.
, "Wird in einem Bagatellprozesse eine uneigentliche Widerklage über einen Ge
genstand von mehr als 50 Thlr. angebracht, so hört der Prozeß auf, Bagatellsache
zu sein, und die Verhandlung erfolgt in derjenigen der Tit, 6, Absch. 4 bis 6 ge
dachten Prozeßformcn, zu welcher sich demnächst die Sache eignet.
Gehört eine im summarischen Prozeß angebrachte Widerklage mit Rücksicht auf
ihren Gegenstand zum ordentlichen Prozeß; so erfolgt die Verhandlung hiernächst
in dieser Prozeßform. Gleiches gilt hinsichtlich des Prozesses des Ges. vom 9.
Febr. 1817. Wird im ordentlichen Prozeß eine Widerklage angebracht, deren Gegenstand
sonst den summarischen oder den Prozeß des Ges. vom 9. Februar 1817 fordert; so
wird die Verhandlung im ordentlichen Prozesse fortgesetzt. — §. 1—S, 9, Tit. 18,
jeder Art, auch nicht gleichartige, geltend gemacht werden; der Einwand der
Kompensation kann höchstens die Höhe der eingeklagten Forderung erreichen;
durch die uneigentliche Widerklage können auch grössere Ansprüche erlangt wer
den; der Kompensationseinwand kann noch in zweiter Instanz angebracht wer
den, während die uneigentliche Widerklage in zweiter Instanz nicht mehr zu
lässig ist u. s. .w.
") Auch in Jnjurienprozessen kann eine solche Widerklage angebracht werden. Ist
Kläger Student, und Beklagter, der Nichtstudent ist, bringt wegen Beleidigunge«
die Widerklage an; so muß nach vollständig verhandelter Sache das Gericht die
Akten dem Universitäts-Senat zustellen. Dies faßt das Resolut gegen den Stu
denten ab. Beruhigt sich dieser dabei nicht, so ^erkennt demnächst das Gericht
über die Klage und Widerklage zugleich. — Res. vom 12. Mai 1312. Jahrb. 1,
S. 56. Gräfs 2, S. 14S.
374
l. A. G. O.— Res. vom 15. April 1636. Gr äff, Koch :c. Erg. III. S.371. —
§. 59 Gef. vom 1. Juni IM. — z. 3, 4, Ges. vom 9. Februar 1S17.
U. Die uneigentliche Widerklage muß
1) im ordentlichen Prozeß bei der Vernehmung des Beklagten über die Haupt
klage, und
2) im summarischen, Bagatell- und im Prozesse des Ges. vom 9. Fe
bruar 1817 spätestens mit der Klagebeantwortung angebracht werden.
Zur Begründung derselbe» ist erforderlich, daß die der Gegenforderung zum
Grunde liegenden Thatsachcn vorgetragen und auseinandergesetzt und die Beweis
mittel darüber angegeben werden. — Ist sie zur Verhandlung in demselben Pro
zesse mit Rücksicht auf die Bestimmungen unter Rro. 1. geeignet, so erfolgt diese
Verhandlung mit der Hauptsache zugleich in denselben Terminen und in denselben
Protokollen. Im summarischen Prozesse wird jedoch vorerst diese Widerklage dem
Kläger zur Beantwortung innerhalb einer ihm zustellenden Frist von 14 Tagen,
welche nach Umständen verlängert, und namentlich in schleunigen Prozessen auch
verkürzt werden kann, mitgetheilt unter- der Warnung, daß sonst der Inhalt der
Widerklage für eingeräumt erachtet werden solle. Erst nach Eingang dieser Beant
wortung oder fruchtlosem Ablauf der Frist wird demnächst Termin zur mündlichen
Verhandlung angesetzt.
Steht aber der Verhandlung der Widerklage in demselben Prozesse ein Hin-
derniß entgegen, weil entweder eine eigentliche Widerklage vorliegt, oder eins von
beiden, Klage oder Widerklage, zu einer schleunigen Prozeßart gehört; so muß die
Widerklage zum besondern Prozesse verwiesen werden. — S. 1^5, Tit. 18, I. A.
G. O. — ß. 59 Ges. vom 1. Juni 1833. — Z. 3 u. 4 Ges. vom 9. Febr. 1817.
Die Anordnung dessen: ob eine mit der Klagebeantwortung angebrachte Wider
klage mit der Hauptsache in ein und demselben Prozesse zu verhandeln sei? geschieht
durch blosse Verfügung, und i» sofern diese Frage im Bagatell-, summarischen oder
dem Prozesse des Ges. vom 9. Februar 1817 bei der mündlichen Verhandlung zur
Sprache kommt, durch Beschluß der Deputation, rcsp. des Kollegii. Sollten jedoch
in einem oder dem andern Falle die tatsächlichen Umstände, von welchen die Be-
urtheilung dieser Frage abhängt, durch vorläufige richterliche, von Amtswegen zu
erlassende, Verfügungen nicht sofort hinlänglich auseinander gesetzt werden können,
sondern zur Erörterung derselben eine nähere Untersuchung und förmliche Instruk
tion nöthig sein ; so muß dieselbe eben so, wie Z. 95, II. Nro. 1, b (S. 167) hin
sichtlich der dilatorischen Einwendungen vorgeschrieben, zur Instruktion der Haupt
sache mit verwiesen werden, i) — 8- 2«, I. 18 A. G. O.
III. Ueber beide, die uncigentliche Widerklage und die Hauptklage, wird in
Einem Urtel erkannt. Wenn daher auch die Forderung eher, als die Gegenfor
derung, oder umgekehrt, durch die Instruktion ausgemittelt wäre, so kann dennoch
erst, nach erfolgter Beweisaufnahme hinsichtlich der andern, erkannt werden. Das
Erkenntniß muß sich aber über die ganze Gegenforderung des Beklagten mit er
strecken, und also, sofern sie mehr betrüge, als die Forderung des Klägers, diesen
auch zur Zahlung der übersteigenden Summe verurtheilen , gleich viel übrigens, ob
die Gegenforderung durch förmliche Widerklage, oder als blosser Einwand geltend
gemacht worden. 2) — z. 5 und 6 a. a. O.
1) Ist demnächst im Urtel die Widerklage sc! »«si.irstum verwiesen, der zweite
Richter findet aber, daß dieselbe eine uneigentliche, und daher zur Verhandlung
und zum Erkenntniß in demselben Prozesse mit der Hauptklage geeignet sei; so
findet wegen Anordnung eines Rachtragserkenntnisses oder Anordnung der Dc-
position das z. 209, III. 4 deshalb Vorgeschriebene statt. — Res. vom 2«. Der.
1837. Jahrb. 5«, S. 502. Gräff 12, S. 129.
2) Erklärt Beklagtex ausdrücklich, daß er nur Behufs Kompensation den Gegenan-
375
IV. Die uneigenlliche Widerklage kann zwar in der Regel dem Kläger nur
in der Qualität, in welcher er klagt, und in Bezug auf gegenseitige For
derungen entgegengesetzt werden. Doch ist auch gegen einen Zessionar« die unei-
gcntliche Widerklage dann zulässig, wenn der Zedent ohne Zuziehung des Schuld:
ncrs die eingeklagte Forderung zedier hat, und dem Schuldner aus demselben Ge
schäft oder Handel, woraus die zcdirte Forderung entstanden, Gegenforderungen an
den Zedenten zustehen. Der Schuldner kann in diesem Falle dergleichen Gcgenfor«
derungcn auf Höhe der eingeklagten Forderung, jedoch nicht auf eine höhere Summe,
durch Widerklage geltend machen. > ) — Zur Vermeidung einer Vervielfältigung der
Prozesse steht jedoch in einem solchen Falle dem Beklagten, wenn er eine größere Ge-
genforderung aus demselben Geschäfte oder Handel an den Zedenten hat, frei, we
gen diefer übcrfchicssenden Summe den Zedenten zur Instruktion de« Prozesses mit-
rorladcn zu lassen. Er muß jedoch diese Vorladung noch vor Eintrit des Jnstruk-
tionstermins nachsuchen, da sonst der Zedent zur Einlassung nicht verpflichtet ist.
Geht der Antrag auf Vorladung des Zedenten rechtszeitig ein, so muß Zedent, auch
wenn er nicht derselben Gerichtsbarkeit unterworfen wäre, sich auf die Widerklage einlas
sen. Auch Kläger kann nicht widersprechen. Demnächst wird gegen den Beklagten,
den Zessionar und den Zedenten in Einem Urtcl erkannt. — §. 7, 8, a. a. O.
ll. Von der eigentlichen Widerklage.
§. 254. I. Die eigentliche Widerklage begründet einen ganz neuen Prozeß.
Sie ist zulässig,
1) wenn Jemand, welcher verklagt ist, a» den Kläger Gegenforderungen macht, die
aus einem andern und verschiedenen Geschäfte, als die im Hauptxrozcssc einge
klagten Forderungen, entstanden sindji) (Ausnahme Z. 253, l. Nro. 2)
2) wenn Forderung und Gegenforderung zwar aus einerlei Handlung oder Ge
schäft herrühren, in erster Instanz jedoch wegen der Forderung Kontuma-
zialurtel ergangen ist, Beklagter seine Gegenforderung erst bei Instruktion des
gegen das Kontumazialurtel eingewendeten Rechtsmittels der Appellation an
bringt, und Kläger darauf beharrt, daß in zweiter Instanz erkannt werde.
(§. 1«9, V.) — z. 9, 1«, 12, Tit. 19 ; Anh. ß. 128 zu §. 77, Tit. 14, I. A. G. O.
II. Die eigentliche Widerklage muß in derselben Art, wie jede andre Klage,
aufgenommen, resp. angefertigt und begründet werden. Nur daß darin bei dem
Punkte wegen des Gerichtsstandes der Umstand, daß derselbe durch die Konven
tion (Haupkklage) begründet werde, bemerkt wird. — Wenn daher bei Gelegenheit
der protokollarischen Aufnahme der Klagebeantwortung sich herausstellt, daß die vom
Beklagten durch Widerklage dem Klagcanspruche entgegenzustellende Gegenforderung
aus einem verschiedenen Geschäfte sich hcrschreibt; so muß der Deputirte die Wi
derklage gehörig und vollständig zum besonder« Protokoll niederschreiben. — §. 11,
Tit. 19 a. a. O.
III. Demnächst wird auf die Widerklage wegen Einleitung derselben in
spruch geltend mache, so versteht es sich von selbst, daß in der Rekonvention
nur so viel, als die Klage betrifft, zuerkannt werden darf, da sonst ultra pe-
titum erkannt würde.
i) Nur in Betreff der im Hypothckenbuch eingetragenen Forderungen kann der
Schuldner die gegen den Zedenten ihm zustehende» Gegenforderungen im Pro,
zesse mit dem Zessionar nicht geltend machen, wenn die Session gegen Entgelt
geschehen ist, Schuldner dem Zessionar vor der Zession von den Einwendungen
keine Kcnntniß gegeben hat, und dieselben auch nicht ins Hypothekenbuch bei der
betreffenden Post eingetragen sind. — <X H. 422 fg. Tit. 2«, I. A. L. R.
!) Darauf: ob die Ansprüche der Konvention und Rekonvention gleichartig sind
oder nicht, kommt es auch hier nicht an.
376
gleicher Art, wie auf andre Klagen, »ach Maasgabe ihrer Qualität verfügt. Die
fernere Verhandlung erfolgt ganz abgesondert von dem Hauptprozesse, ohne daß sic
durch diesen irgend aufgehalten, und ohne daß durch die etwanige Zurücknahme der
Klage des Hauptprozesses') eine Änderung in der Behandlung und Fortsetzung der
Rekonvention veranlaßt wird. Auch die Entscheidung geschieht durch ein besonderes
Erkenntniß. — Der Widerbeklagte kann nach Maasgabe des K. 253 im Wider
klageprozesse eine uneigentliche Rekonvention anbringen, und diese wird dann in dem
selben Prozesse verhandelt. (lieeonvevtio re«oiivsnti«n!s).
Auch die Vollstreckung desjenigen Urtels, welches in einem der beiden Prozesse,
der Konvention oder der Rekonvention, zuerst ergeht, kann in soweit es rechtskraf
tig ist, durch den Vorwand, daß der andre Prozeß noch nicht entschieden sei, nicht
abgewendet werden. Der zuerst rechtskräftig Verurtheilte kann vielmehr von der
Exekution durch Deposition oder Sicherstellung sich nur dann befrein, wenn er im
noch schwebenden Prozesse einen Arrestschlag begründet. — K. 12—15 a. a. O.
IV. Die Wirkung der eigentlichen Widerklage ist lediglich die:
daß der Kläger in der Regel bei dem Gerichte, wo er geklagt hat, als
Widerbeklagter Recht zu nehmen verbunden ist, wenn er auch sonst einen
andern Gerichtsstand hätte. 2)
Wenn jedoch die Widerklage diese Wirkung hervorbringen soll, muH nothwcndig
die Gegenforderung
s) im Falle unter Nro. I. 1 noch vor, oder spätestens in dem zur Instruktion der
Konvention bestimmten Termine, und
K) im Falle Nro. l. 2 spätestens bei Instruktion der Appellationsinstanz angemel
det sein.
Hat Beklagter sich damit verspätet, so muß er die Gegenforderung im Gerichts
stande des Klägers geltend machen.?)
Aber auch unter dieser Voraussetzung (s und I,) findet die Prorogation des
Gerichtsstandes dann nicht statt:
1) Wenn die Widerklage blos auf Vidikation des Eigenthums eines unbe
weglichen Grundstücks oder auf Auswitterung gewisser dem Beklagten an
einem Grundstück zustehender Pfand - oder Servitutsrechte gerichtet ist.
Dann gehört die Widerklage vot den Richter der Sache <Z. 30, S. 52 fg.).
s) Hat jedoch der Beklagte, neben dem Realanspruche an das Grundstück, zu
gleich ein persönliches Recht an den Kläger; so kann er dies Letztere im
Gerichtsstande der Konvention geltend machen. Ist ferner b) der Kläger ein
Ausländer, und der Beklagte hätte an denselben wegen eines ausserhalb Lan
des belegenen beweglichen oder unbeweglichen Gutes einen Realanspruch, so muß
er sich auf diese Gegenforderung beim Richter der Konvention schlechterdings ein
lassen. Ist endlich «) die Konvention auf den Grund eines Rcalanspruchs im
Gerichtsstande der Sache angestellt; so kann der Beklagte eine gegen den
> ) Doch wird vorausgesetzt, daß zur Zeit der Zurücknahme der Hauptklage die Wi
derklage bereits eingeleitet war. Erst durch die ergangene Vorladung des Wi
derbeklagten wird das Forum begründet. Ist aber die Hauptklage vor Einlei
tung der Widerklage zurückgenommen, so fällt auch der Grund zur ferneren
Konstituirung des Widerklage-Forums weg.
2) Wenn ein Gerichtsherr bei seinem Gerichtsamte gegen Eingesessene klagt, so muß
er sich bei diesem auf die von den Beklagten angebrachten Widerklagen ebenfalls
einlassen. — Res. vom 19. Mai 1837. GrSff, Koch :c. Erg. III. S. 374.
>) Wenn Widerkläger den anfänglich erhobenen Rekonventionsanspruch nicht ver
folgt hat, und nach abgeurtelter Konvention wieder aufnimmt; so ist der Ge
richtsstand der Rekonvention ebenfalls nicht begründet. — Res. vom 26. No
vember 1S33. Jahrb. 42, S. 314. -
377
Kläger ihm zustehende persönliche Forderung i» eben demselben Gerichtsstande
durch Rekonvention ausführen.
2) Wenn die Gegenforderung gesetzlich vor ein besonders privilegirtes Ge
richt (forum Privilegium csusse, cs. §. 33, S. 57 fg.) gehört; so muß
Beklagter mit deren Ausführung an dieses verwiesen werden. Eben so muß,
wenn Jemand in einem privilegirten Gerichtsstande eine Gegenforderung, die
ihrer Qualität nach vor die ordentlichen Gerichte gehört, anbringen will, der
Richter der Konvention denselben an diesen ordentlichen Gerichtsstand verweisen.
3) Wenn der Richter der Konvention findet, daß die an sich vor einen andern in
ländischen Gerichtsstand gehörende Gegenforderung eine weitläufige Instruk
tion erfordern dürfte, die im ordentlichen Gerichtsstände mit weniger Aufent
halt und Kosten, als bei ihm, würde erfolgen können; so steht ihm frei, den
Beklagten resp. Widerkläger damit an den ordentlichen Gerichtsstand des Klä
gers zu verweisen. — Z. 17, l8, Tit. 19, Anh. 8. 128 zu §. 77, Tit. 14, 1. A. G. O.
V. In allen Fällen, in denen die Widerklage zulässig sein soll, muß Kläger
in derselben Qualität, in welcher er geklagt hat, wieder belangt werden. Dem
nach kann z. B. ein Beklagter, welcher von einem Vormunde in Vertretung seiner
Pflegebefohlenen belangt wird, gegen den Kläger wegen einer Forderung, die ihm
dieser fü» seine Person schuldig ist, keine Widerklage anstellen; gegen eine kla
gende Gemeinde kann aus den Schulben einzelner Mitglieder ebenfalls keine Rckon-
vcntion stattfinden; und einem Handlungsgenossen, der Namens der Sozietät klagt,
können nur solche Forderungen, die dem Beklagten gegen die ganze Sozietät zuste
hen, entgegengestellt werden.
Gegen einen Kläger, welcher als Zessionar eines Dritten klagt, kann der Be
klagte wegen der ihm gegen den Dritten als Zedenten aus andern Geschäften zuste
henden Forderungen keine Rekonvention anstellen; er muß vielmehr den Zedenten
deshalb besonders belangen. Ist jedoch die Gegenforderung so beschaffen, daß sie ge
setzlich cine Kompensation gegen den Zedenten bewirken kann; und ist die Zession
ohne des Schuldners Zuziehung erfolgt: so ist dieser befugt, dergleichen Gegenfor
derung auch gegen den klagenden Zessionar, zwar in einem Separatprozcsse, aber
vor eben dem Richter, vor welchem die Konvention schwebt, auszuführen, und der
Zessionar muß sich daselbst aus die Gegenklage einlassen. Doch findet die Gegen
klage wider den klagenden Zessionar nur auf Höhe der in der Konvention einge
klagten Summe statt. Ist die Gegenforderung des Beklagten an den Zedenten hö
her, so muß er den überschiessendcn Betrag gegen diesen besonders einklagen; oder,
wenn Zedent unter dem Gcrichtszwange des Konventionsrichters steht, ihn nach
Maasgabe des §. 2S3, IV. zu der wider den Zessionar angestellten Rekonvention
mit vorladen lassen. Ist Zedent ein Ausländer, welcher im Inland« keinen ordent
lichen Gerichtsstand hat; so muß der klagende Zessionar sich auf Gegenforderungen
des Beklagten an den Zedenten, wenn dieselben auch von verschiedener Art und zur
Kompensation nicht geeignet wären, jedoch nur auf Höhe der zedirtcn und einge
klagten Summe, vor dem Richter der Konvention einlassen. — §. 17, 18, Tit. 19 a. a. O.
VI. Auch bei Entscheidung der Frage: ob die Widerklage vor de» Richter
der Konvention gehöre oder nicht? gilt das Z. 253, II. hinsichtlich der Bestimmung
dessen: ob die Gegenforderung in demselben Prozesse mit der Hauptklage zu ver
handeln sei oder nicht? Gesagte. — Z. 2V a. a. O.
0. Von den Ursachen, durch welche der Gang des Prozesses gehemmt,
oder die Aktenweglegung herbeigeführt werden kann.
§. 255. Jeder Prozeß soll, sobald die Klage ein Mal eingeleitet ist, ohne Un
terbrechung bis zu Ende geführt werden. Ausnahmsweise kann jedoch ein Prozeß
I, unterbrochen werden 1) durch den Tob einer Partei; 2) durch Justi
tien; 3) durch Krieg; 4) durch Abwesenheit einer Partei; 5) durchKom-
pctenzkonflikt und 6) durch unterlassene Bestellung der Kaution.
Er kann auch
II. während seines Laufes seine Endschaft erreichen 7) durch Ausbleiben
des Klägers im Termine und 8) durch Zurücknahme der Klage (Litis-
renunziation).
Zu I. Wenn eine Partei während des Prozesses stirbt; so muß
dennoch das Gericht dafür sorgen, daß dadurch der Prozeß so wenig, als möglich,
aufgehalten werde. Hat der Verstorbene einen Bevollmächtigten gehabt, so muß die
ser in der Regel de» Prozeß auch Namens der Erben fortsetzen, da die Prozeß-
«ollmacht durch den Tod des Machtgebers nicht erlischt. In wie weit aber den
noch Unterbrechungen eintreten können, ergibt folgendes:
s) wenn die verstorbene Partei keinen Bevollmächtigte» gehabt hat, so muß der
Prozeßrichter, sobald er vom Ableben Kcnntnift erlangt,
ss) die etwa bekannten Erben vom Prozesse benachrichtigen,- und ihnen den
ferneren Betrieb, nach der alsdann vorwaltenden Lage der Sache, in einem,
mit Einrechnung der Ueberlegungsfrist, > ) zu bestimmenden verhältnißmässigcn
' Zeiträume, ausdrücklich aufgeben. Während der Ueberlegungsfrist' sind die
Erben nicht schuldig, die von ihrem Erblasser oder gegen ihn angestellten
Prozesse fortzusetzen. Während dieser Frist können daher gegen sie keine
Kontumazialfolgen eintreten, und der Prozeß muß unterdessen, falls die Er
ben während der Zeit die Fortsetzung nicht selbst betreiben, sistirt werden.
Ist Erblasser kurz vor oder bald nach Publikation des ersten oder zweiten
Erkenntnisses gestorben; so wird den Erben, ausser der zur Einlegung des
Rechtsmittels der Appellation oder Revision zuständigen Frist, auch noch
die Ueberlegungsfrist zu Gute gerechnet.
KK) Sind die Erben unbekannt, so muß die Deliberationsfrist abgewartet, und
alsdann vom Berlassenfchaftsrichtcr ein Nachlaß-Kurator bestellt werden, der
dm Prozeß fortsetzt, und die nöthige Information aus den Nachlaßpapierrn,
und von den Personen, deren sich Erblasser zur Besorgung seiner Angelegen
heiten gewöhnlich bedient hat, cinzuziehn bemüht sein muß.
cc) Ist das Erbrecht streitig, und es findet sich noch keiner der Prätendenten km
Besitze der Erbschaft; so muß in gleicher Art ein Verlassenschaftskurator be
stellt, und durch diesen die Sache fortgesetzt, jedoch von ihm über den Be
trieb derselben mit den vorhandenen Erbschaftsprätendcnten Rücksprache ge
nommen werden. Ist hingegen der Besitz der Erbschaft durch den gehörigen
Richter einem der Prätendenten aus gesetzlichem Grunde 2) eingeräumt wor
den ; so ist dieser Besitzer zur Fortsetzung des Prozesses für legitimirt zu ach
ten, und den übrigen Prätendenten steht nur frei, sich als Jiktervenienten
bei der Instruktion zur Wahrnehmung ihres Interesse zu melden (Z. 2S1).
Der Richter der Erbschaft muß sie deshalb , in sofern ihre Ansprüche und
der schwebende Prozeß ihm bekannt sind, von letzterem benachrichtigen,
d) Hat der Verstorbene zwar zur Führung des Prozesses Jemand bevollmächtigt
?) Jedem Erben steht frei, die Erbschaft anzutreten, oder ihr zu entsagen. Zur
Erklärung darüber kommt ihm eine sechswöchentliche Frist, nach erlangter Wis-
ftnschsft, ynd wenn sein Aufenthalt über 4v Meilen vom letzten Wohnort de«
Erblassers entfernt ist, eine Frist von S Monaten zu Gute. Dies ist die Ueber
legungsfrist. — cf. z. 383 fg. Tit. 9, I. A. L. R.
2> S. M weil er beim Mangel eines Testaments sich als nächster Intestaterbe le
gitimirt hat, «der weil er in einem nicht offenbar ungiltigen Testament als Erbe
'eingesetzt ist.
379
gehabt, diesem fehlt es jedoch zur Fortsetzung des Prozesses an der nötbigen
Information; so muH der Bevollmächtigte dieselbe von den bekannten Erben
«der dem Vcrlasscnschaftskurator einholen, und dabei muß auf die Uebcrlegungs-
frift gemäß ,1 Rücksicht genommen werden. Den Erbe», welchen der Bevoll
mächtigte sofort nach der über den Tod des Machtgebers erlangten Kenntniß
vom Prozesse Nachricht geben muß, steht frei, die Vollmacht zu widerrufen, und
wenn sie die« thun, muß ebenfalls die Ucbcrlegungsfrist abgewartet werden, ehe
gegen die Erben mit Kontumazialfolgen verfahren werden kann,
c) Wird über eine gewisse individuelle Sache, oder ein Grundstück gestritten, die
nach dem Tode des bisherigen Besitzers einem Dritten, welcher nicht zugleich
dessen Erbe wird, (suecessori singulsri) anheimfallen, z. B. wenn der Prozeß
über Pertinenzstücke oder Gerechtigkeiten eines Lehn - «der Fidcikommißgutcs,
welches sich an den Lehnsherrn, Agnaten, ober Fideikommißbesitzer erledigt, ge
führt worden ist; so muß derselbe in einer vcrhältnißmässigcn Frist sich erklären:
ob und wie er den Prozeß fortsetzen wolle; auch den OfsizialassistcnteH oder Be
vollmächtigten des vorigen Besitzers mit anderweitiger Information und etwa-
Niger Vollmacht versehen. — §. 1-^7, Tit. 2«, I. A. G. O. — §. 38«, Tit. 9,
I. A. L. R. — <^f. auch oben z. 4», Nro. 2, S. 9«.
Au 2. Wenn bei dem Gerichte, wo ein Prozeß schwebt, wegen gegenwär
tiger Kriegsgefahr, oder wegen andrer Ursachen ein gänzlicher Stillstand
in den Geschäften (justitium) entsteht; oder wenn durch dergleichen Kriegsläufte
oder andre Landplagen die Kommunikation zwischen dem Wohnorte der Partei und
dem Sitze des Gerichts auf eine Zeitlang gänzlich unterbrochen wird; so muß der
Prozeß sistirt «erden. Nach gehobenem Hinderniß muß der Richter die Parteien
zur unverzüglichen Fortsetzung von Amtswegen auffordern.
Zu dergleichen Hemmnissen gehören insbesondre ansteckende Krankheiten
dann, wenn derentwegen Häuser, Straßen und Gegenden abgesperrt werden. Zum
Nachtheil der in solchen, mit den Gerichtsbehörden ausser Kommunikation gesetzte«
Häusern, Straßen und Gegenden befindlichen Personen kann keine Kontumazialbe-
stimmung, und keinerlei Präklusion wegen versäumter Fristen erlassen werde». Ge
gen unbekannte Interessenten ist zwar eine solche Präklusion ferner zulässig. Es
steht jedoch Jedem, welcher sich innerhalb der durch die Ediktalzitation bestimmten
Frist auch nur theilweise an einem gesperrten Orte befunden hat, bis zur Ausschüt
tung der Masse, oder sonstigen Beendigung des Verfahrens, worin die Präklusion
ergangen ist, die Restitution zu, und es bleiben auch nachher seine Rechte gegen alle
vorbehalten, welche in Folge der Präklusion zu seinem Nachtheile eine Zahlung er
halten, oder ein Recht erlangt haben. Jedoch muß ein solcher Anspruch bei Ver
lust desselben, binnen 6 Monaten nach Aufhebung der Sperre, geltend gemacht wer
den. — Z. «, Tit. 20, I. A. G. O. — Eab.-O. vom 12. Juli 1831 Nro. Z GS.
S. 156. — Cab.-Ord. vom 25. Juli 1831 GS. S. 157.
Zu 3. Während des Krieges ^ können
s) gegen Personen, die in wirklichen Militairdicnsten stehen, oder sonst in Folge
ihres Amts oder Berufs der Armee folgen müssen, wegen Forderungen, die vor
dem Kriege entstanden sind, keine Klagen angenommen, sondern der»

Von 1792 ab bis 1313 ergingen eine Anzahl Verordnungen, welche die Mili-
tairprozesse von Zeit zu Zeit suspendirten. Die Cab,-Ord. vom 2V. März 1816
(GS. S. 110 fg.) hob dagegen die Suspensionen der Militairprozesse auf. —
Das Verfahren in den suspcndirt gewesenen und wieder hergestellten Militair-
Prozessen ist durch das Res. vom 29. Juli 1795 geregelt, und dies hat durch
Res. vom 3«. März 1809 allgemeine Anwendbarkeit erlangt, — N, C. C. lym.
fX. S. 2543. Rabe Bd. 3, S. 101. -
380
gleichen Prozesse müssen bis zur Wiederherstellung des Friedens ausgesetzt wer
den. Auch könne» wahrend dieser Zeit keine Ediktalladungen mit der
Wirkung einer Präklusion ergehen. Vielmehr muß, wenn dergleichen Ediktalla-
dung auf Andringen der dazu berechtigten Interessenten auch wirklich ergangen
ist, dennoch den Militairpersonen in dem darauf abzufassenden Pröklusionsurtel
ihr Recht bis nach wiederhergestelltem Frieden ausdrücklich vorbehalten werden,
d) Die bei entstehendem Kriege schon schwebenden Prozesse der Militair
personen werden mit ihren Assistenten oder Bevollmächtigten fortgesetzt. Muß
jedoch die prozeßführende Partei ihr Standquartier verlassen, und weiset der Ver
treter durch seine Manualaktcn nach, daß ihm bei irgend einem Umstände Informa
tion nöthig sei; so kann deshalb wider eine solche Partei nicht in contumscisiu
verfahren, sondern der Prozeß muß bis zu ihrer Rückkunft suspendirt werden,
c) Wenn dagegen der Krieg noch nicht wirklich ausgebrochen ist, sondern
nur noch Rüstungen und Anstalten obwalten; auch die Truppen zwar die ge
wöhnlichen Standquartiere verlassen haben, aber noch in Kantonnirungen oder
Grenzkagern stehen; so findet noch keine Sistirung der Prozesse, auch kein Vor
behalt bei den auf Ediktalladungen ergehenden Praklusionserkenntnissen statt.
Wenn aber unter solchen Umständen bei einem ordinairen Zivil- oder bei einem
Konkurs- oder Liquidationsprozcß eine Militairperson, es sei als Kläger, Be
klagter, Litisdenunziat, oder Liquidant, oder sonst, ein bekanntes Interesse hat;
so müssen die Jnstruktions-, so wie alle übrigen Termine in solchen Prozessen,
bei welchen eine Militairperson zugezogen werden soll, dergestalt geräumig,
daß ihr die gehörige Zeit zur Bestellung eines Bevollmächtigten, und zur Ver
schling desselben mit der nöthigen Information übrig bleibt, bestimmt, auch,
wenn diefe Information wegen Abwesenheit und Entfernung der Partei von ihr
nicht zu erhalten ist, von Zeit zu Zeit, und nötigenfalls bis zu ihrer Rückkehr
in das Standquartier, verlegt werden,
ch Vertrit in diesen Fällen (s K c) die abwesende Militairperson die Stelle des
Beklagten; so ist Kläger in den Fällen, wo Sistirung des Prozesses, oder
Aussetzung der Klage, oder Terminsverlcgung erfolgt, befugt, die zur Abwen
dung des ihm aus dem Verzuge etwa bevorstehenden unwiederbringlichen Nach
theils erforderlichen intermistischen Verfügungen, z. B. die Eintragung einer Pro
testation auf die Güter des Abwesenden, die Einziehung eines zur Deckung sei
ner Zinsen erforderlichen Thcils der Revenuen in das gerichtliche Depositum, die
Verkümmerung der ausstehenden Schulden u. f. w. (in sofern die streitige For
derung zum Arrestfchlage sich eignet) auszubringen. — Z. 9—12, Tit. 20, 1. A. G. O.
Zu 4. Eine Suspension des Prozesses findet auch statt, wenn 'eine in
Konigl. Militair- oder Zivildienst stehende Partei in öffentlichen
Angelegenheiten ausserhalb Landes geschickt wird, und vor ihrer Abreist
ihren Assistenten oder Bevollmächtigten zur Instruktion der Sache nicht mit hin
reichender Information versehen hat.
Doch gilt die Vorschrift in diefem Falle nur von Prozessen, welche sich auf
Geschäfte bezichen, die weitläufig und zusammengesetzt sind, und zu deren zweckmäs
siger EntWickelung umständlichere und genauere Nachrichten erfordert werden. Wird
ein solcher Abwesender blos wegen eines von ihm selbst kontrahirten Darlehns, oder
einer dergleichen Waarenschuld belangt; so kann seine Abwesenheit ihn gegen Ein
lassung darauf nicht schützen, sondern den Richter allenfalls nur zur billigen Ver
längerung der Termine und Fristen bewegen. — Auch versteht sich die Wohlthat der
Suspension nur von solchen Parteien, die nur eines einzelnen Geschäfts wegen, oder
nur auf eine gewisse bestimmte Zeit verschickt werde») und deren Rückkehr also,
38 l
nach beendigtem Geschäfte oder verlaufener Zeit, mit Sicherheit zu erwarten ist.
Dagegen findet die Suspension nicht statt
») in Bezug aus Personen, welche an einem ausserhalb Landes gelegenen Orte sich
längere Zeit hindurch aufhalten, und sich in gewisser Art daselbst sirircn müsse»,
z. B. Gesandte, die an fremden Höfen residircn;
K) wenn der Abwesende sich derselben nicht bedienen will;
e) wenn er von der in Ansehung seines Dienstes ihm vorgesetzten Instanz zurücke
gerufen wird, und seine Rückkunft aus eigner Bewegung verzögert;
6) wenn Kläger solche Umstände nachweisen kann, woraus sich ergibt, daß
der Abwesende, seiner Entfernung ungeachtet, Zeit und Gelegenheit habe, seine
eignen Angelegenheiten zu besorgen, z. B. wenn er andre Prozesse führt, Güter
kauft, oder andre Geschäfte vornimmt, welche sonst ohne seine unmittelbare Thcil-
nahme nicht Fortgang haben könnten. — Z. 13—16 a. a. O.
Zu 5. Bon Sistirung des Prozesses bei Kompetenzkonflikten ist Z. S
(S. 16) die Rede gewesen.
Zu 6. In wie weit die unterlassene Bestellung einer Prozeßkau-
tion die Sistirung des Prozesses herbeiführen kann; wird aus Z. 256 sich erge
ben. — §. 17 a. a. O.
Au 7. In welchen Fällen die Prozeßakten aus dem Grunde, weil Kläger
im Termin ausgeblieben, weggelegt werden, davon ist oben im sechsten Titel
abgehandelt worden. Ein solcher Kläger kann hiernächst jedoch die Sache wieder
fortsetzen. Meldet er sich dazu
s) innerhalb vier W o ch e n nach abgelaufenem Termine, unter Anführung wahr
scheinlicher Ursachen, warum er den Termin weder abwarten, noch in Zeiten des
sen Verlegung suchen können: so wird die Sache sofort rcassumirt, ein neuer
Jnstruktions- (resp. Audienz-) Termin dazu anberaumt,») und der Kläger bloS
zum Ersätze der Kosten des vorigen, durch sein Ausbleiben fruchtslos gewordenen
Termins angehalten. ?)
d) Meldet Kläger sich erst später als 4 Wochen nach dem Termin; so ist
sein Reassumtionsgesuch als ein neuer Prozeß anzusehn und zu behandeln. —
Ein solcher Kläger muß daher nicht nur, ehe ihm das anderweite rechtliche Ge
hör verstattet wird, dem Gegentheile alle bisherigen Kosten bezahlen, sondern cS
1 ) Dies ist auch im summarischen Prozesse der Fall. — Res. vom 10. April 183S.
Grafs, Koch :c. Erg. III. S. 379.
2) Der Umstand, ob Jemand binnen 4 Wochen oder nach vier Wochen die Reas-
sumtion beantragt, ist ins Besondre hinsichtlich des WerthftempelS und der Ko
sten von Einfluß. Im ersten Falle kommt der bereits bei der Akten-Reposition
verwendete Werthstempel bei Reassumtion zu Gute, und die Mandatarien der
Parteien können im ferneren Verfahren nicht zum zweiten Male Jnformations-
und Prokuragebühren (diese für die betreffende Instanz) liquidiren. Im letzten
Falle kommt im neuen Verfahren der Werthftempel ohne Rücksicht auf den be
reits früher verwendeten in Ansatz, und die Mandatarien liquidiren von Neuem
alle Gebühren. — Im Bagatellprozeß wird das halbe Pauschquantum vom Klä
ger eingezogen, gleichviel ob er innerhalb oder nach vier Wochen Reassumtion
nachsucht. Geschieht dies jedoch innerhalb vier Wochen, so wird demnächst bei
Beendigung des Prozesses das bereits eingezogene halbe Pauschquantum in An
rechnung gebracht, und Kläger kann, wenn Beklagter in alle Kosten verurthcilt
ist, dasselbe erstattet verlangen. — Meldet sich Kläger nach vier Wochen; so
kommt nach Beendigung des Verfahrens das früher erhobene halbe Pauschquan
tum nicht in Anrechnung. — Res. vom 5. Juni 1841 I. M. B. S. 201. —
Auch auf die Kompetenz kann der Umstand: ob die Reassumtion innerhalb vier
Wochen oder nach vier Wochen nachgesucht wird, dann von Einfluß sein, wenn
der Beklagte inzwischen einen andern Gerichtsstand erlangt hat.
382
bleibt auch richterlichem Ermessen anHeim gestellt: in wiefern ihm Zuvörderst
noch eine Kaution wegen Fortsetzung der Sache abzufordern sei. — Z. 13—20 a. a. O.
Zu 8. Gleiche Bewandniß hat es, wenn Kläger im Laufe des Prozesses dem
selben entsagt, ohne zugleich sich seiner Forderung zu begeben. Ist in beiden Fäl
len (7 und 8) dem Beklagten daran gelegen, die Sache mit dem Kläger bald aus
zumachen, und gegen die Wiederholung seiner Ansprüche künftig sicher zu sein; so
kann er im Wege des Provokations- und Diffamationsprozesses (Tit. 10, Absch. 7)
denselben anhalten, den Prozeß fortzusetzen, «der dem eingeklagten Ansprüche aus
drücklich zu entsagen, i) — z. 21 a. a. O.
Wenn Jemand im Fortgange der Sache dem Prozesse entsagt, so muß er dem
Gegner die bis dahin aufgelaufenen Kosten erstatten; ausser, wenn die §. 170, IV.
Nro. 1 s und b bestimmten Umstände obwalten.
Gleiche Bewandniß hat es, wenn Jemand dem ergriffenen Rechtsmittel ent
sagt. 2) Dann muß er dem Gegner die in dieser Instanz erwachsenen Kosten er
statten. Wegen der Kosten voriger Instanz bleibt es beim Urtel. — Z. 20, Tit.
28 o. a. O.
L. Von ProzeMutionen.
z. 256. l. Bon den Fällen, wo eine Kaution Gegenstand des Prozesses
ist, z. B. wenn gegen einen Nießbraucher, oder den fideikommissarischen Besitzer, oder
gegen Jemand wegen zu besorgenden Schadens, auf Kautionsbestellung geklagt wird,
soll hier nicht die Rede sein. In diesen Fällen hat das Kautionsgesuch die Natur
einer Klage, und es wird auf dieselbe, wenn sie begründet, die Einleitung ver
fügt. — Hier wird vielmehr von den beiläufig bei Gelegenheit eines Prozesses
geforderten Kautionen gesprochen. Solche Kautionen können gefordert werden:
1) bei Reassumtion eines bereits weggelegten Prozesses (csutiones äs Iiis pro^
seqiievS») ck. Z. 255 zu Nr«. 7 und 8.
2) im Arrestprozesse z (egutiolies 6e ^ugiest« 5olvengo) von denselben wird im
lOten Titel 5ten Abschn. die Rede sein; und
3) zur Deckung des Beklagten in Betreff der durch den Prozeß zu besorgenden
Kosten. Bon den Kautionen der dritten Art wird in Folgendem gesprochen. —
z. 14, 15 Tit. 21, I. A. O.
II. In der Regel kann jeder Beklagte vom Kläger wegen der auf den Pro
zeß zu verwendenden und ihm demnächst zu erstattenden Kosten Sicherheitsbestellung
(Kaution) verlangen, und dies selbst dann, wenn Kläger sich sonst zum Armenrccht
qualifizirt. Ausgenommen sind
2) gewisse Sachen und zwar
s) Klagen auf laufende«) Alimente, auf Besoldungen, Lcchn oder Deputat;

1) Der Beklagte kann diesen Provokationsantrag reconvenicndö in demselben Ge


richtsstande, in welchem der Hauptprozeß schwebt, und bei denselben Akten for
mten, und der Provokationsprozeß ist dann eine Fortsetzung jenes Prozesses. —
Res. vom 21. November 181« und vom 25. Juni 1832. Gräff, Koch :c.
Erg. III. S. 378, 379.
s) Ist bereits ein Urtel ergangen, welches gegen Kläger nachtheilige Entscheidun
gen enthält, fo kann Kläger einseitig die Klage nicht zurücknehmen. Der für
ihn nachtheilige Ausspruch behält seine Wirkung. Dagegen kann Kläger dem
Prozeß entsagen, wenn das erste Erkenntniß für ihn nur günstige Entscheidun
gen enthält, selbst, wenn Beklagter dagegen das Rechtsmittel ergriffen hätte.
Der Kläger kann jedoch dann von der ihm günstigen Entscheidung keinen Ge
brauch machen.
s) Das Res. vom 22. November 183Z (Gräff, Koch zc. Erg. III. S. 38«) spricht
sich dahin aus, daß der Ausdruck „laufende" sich nur aus Alimente, nicht auch
auf Besoldungen, Lohn und Deputat beziehe.
383
K) Bagatellsachen;
c) Wechselsachenz
g) dtt Prozesse wegen der Z. 77, II. Rro. t (S. 137) bezeichneten Gegenstande
(frühere Exekutiv-Prözesft) z
e) Mandat« und Prozesse aus rechtskräftigen Urteln;
I) Possessorienprozesse;
>z) Spoliensachen ; ,
K) Ehcscheidungssachen;
i) Merkantilsachen, die auf Messen oder Markten «erhandelt werben, in sofern
sie während der Messe oder deS Markts ohne Weitläufigkeit entschieden
werden können;
K) Konkurssachen, in welch«, die liquidirendcn Gläubiger nur dann zu einem
Kostcnvorftande verbunden find, wenn die Richtigkeit ihrer Forderungen einer
weitläufigen und kostspieligen Erörterung bedarf;
2) gewisse Parteien, nemlich s) der FiSkuS;
b) die, welche mit unbewegliche innerhalb sandes belegenen Gütern, die ihnen
selbst, oder zun, Angebrachtes ihre? Ehefrauen gehören, angesessen sind;
e) Magiströte und Stadtgemcinden;
cl) Kirchen, Schulen, Hospitäler und andre milde Stiftungen.
e) In wiefeün die, welche in angesehenen Militair-, Zivil- «der geistlichen Be
dienungen stehe«; die, welche Präbcnden besitzen, oder sonst beträchtliche jähr
liche Hebungen und Einkünfte zu gemessen haben; 5ie, welche einen erhebli
chen Handel treiben, mit Kautionsbestellung zu verschonen sind, bleibt dem
billige« Ermessen des Gerichts, nach Beschaffenheit der jedesmaligen Um
stände vorbehalten. .
Die Dispensation deS einen Mitklägers kömint übrigens dem andern nio^t z«
statten. Ist ein von K^autlonsbestellung gesetzlich Befreiter in den Kostenersatz vcr-
urtheilt; so haben die zu erftattenoen Kosten in dessen Konkursmasse das Vorzugs
recht der" Vten, Klasse.
Zu Gunsten des Klägers soll auch' bei künftiger Beitreibung der Kosten
von solchen, von Kautionsbestellung dispensirten Personen, jedesmal dafür ange
nommen werden, daff sie sich in Ansehung dieses Kostenpunktes ihres
sonstigen ordentlichen oder privilegirten Gerichtsstandes begeben
hiibkA.') — Z. 1—3, Tit^ 21. S. 44b Tit. 5«, I. A. G. O. — Res. vom 13.
AM ISN. Jahrb. 39, ,S. 39V.
III. Die Anträge des Beklagten auf Bestellung der Kaution Seitens de«
Klägers müssen
1) itt der" Regel, durch seinen rcchtsverstZnbigen Beistand oder Bevollmächtigten
vor oder spätestens im Termine j,ur Klagebeantwortung, und wenn
Besagter M einem Beistand oder Bevollmächtigten nicht versehen ist, vor»
Beklagten selbst im Klagebeantwortungetermin gemacht, und es muß
dabei ein verhaltnißmässiges Quantum, worauf die Kaution zu bestimmen sein
möchte, in Vorschlag gebracht werden. Der DeputirK hat vej Aufnahme der
Klagebeantwortung in den JSllen, wo Kaution zulässig, den Beklagten deshalb
zu" beftÜÄn^ und die desfalsigen Anträge ins Protokoll aufzunehmen s§. 94, I.
1 K). Verlangt Beklagter in Fällen, in denen Kaution nicht zu leisten ist, solche
dennoch, und läßt. sich vom Deputirten nicht bebeuten; so muß dieser dcnnoch
delf^kM Merfchreiben. In beiden Fallen verfügt hiernächst der Dezernent
') Untergerlchte können daher von erimirten, in ihrem Bezirk wohnenden Klägern,
dergleichen dem Beklagten zu erstattende Kvstcn unmittelbar einziehen, auch des
halb Exekution vollstrecken.
S5'
384
auf die besfalsigen Anträge nach Vortrag im Kollegio. Scheint der Antrag auf
Kaution gegründet zu sein; so wird dem Kläger deren Bestellung in eben der Ver
ordnung, womit ihm die Beantwortung der Klage mitgetheilt, und der Jnstruk-
tions- oder Audienztermin bekannt gemacht wird, aufgegeben; und das Quantum
nach vernünftigem Ermessen, der Wichtigkeit und anscheinenden Weitläufigkeit der
Sache gemäß, bestimmt. Im entgegengesetzten Falle wird Beklagter über die
Unstatthaftigkeit des Antrags bedeutet.
2) Wenn die Gründe, aus welchen der Kläger bei dem Anfange des Prozesses von
der Kautionsbestellung befreit war, sich in der Folge verändern, z. B. wenn er
sein Gut verkauft, sein Amt niederlegt, seinen Wohnsitz innerhalb Landes verläßt :c.z
oder wenn in dieser Zwischenzeit seine Vermögensumstände sich augenscheinlich ver
schlimmert hätten, z. B. wenn der Besitzer unbeweglicher Grundstücke dieselben wäh
rend des Prozesses mit neuen Schulden übermässig belastet, oder gar solcher
Schulden halber daraus exmittirt, der Kaufmann in Wechselarrest gebracht wird
u. f. w.z so kann auch alsdann noch der Beklagte auf Kautionsbestellung an
tragen. — z. 4, 5, 9, Tit. 21, I. A. G. O.
IV. Kläger muß der an ihn wegen Kautionsleistung erlassenen
Verfügung nachkommen. Sein Rechtsbeistand, falls er einen solchen hat, mußte
schon bei Anfertigung der Klage diefen Punkt vorbereiten (Z. 51, I. Nro. 12); der
selbe muß jetzt nach ergangener Anordnung den Kläger näher anweisen, und ihm
das, was er allenfalls zur Berichtigung der geforderten Kaution zu thun habe, um
ständlich bekannt machen.
Ist die Kaution bis zum nächsten Jnstruktionstermine nicht berichtigt worden;
so muß der Jnstruent in diesem die Parteien über den Kautionspunkt näher gegen
einander vernehmen; wenn sich findet, daß entweder Kläger sich zur Kautionslei
stung nicht schuldig erkennt, oder daß der Beklagte mit der osferirten Sicherheit
nicht zufrieden fei, oder daß die Parteien über das Quantum der Kaution nicht
einig sind, die deshalb angegebenen Gründe und Umstände gehörig auseinandersetzen ;
Lber die wechselseitigen Anführungen ein besonderes Protokoll aufnehmen, und selbi
ges dem Kollegio zur Verfügung einreichen; unterdessen aber mit Instruktion der
Hauptsache fortfahren.
Das Protokoll wird vom ordentlichen Dezernenten dem Kollegio umständlich
vorgetragen. Dieses beschließt, nach reiflicher Erwägung der Umstände und der an
zuwendenden Gesetze, sowol über die Verbindlichkeit zur Kautionsleistung an sich, als
Mer die Höhe und die Annehmlichkeit der vom Kläger etwa schon vorgeschlagenen
Weftellungsart, das Erforderliche, und spricht dies durch Verfügung, gegen welche
keine Appellation stattfindet, aus. — g. 6—8 a. a. O.
V. Wenn Kläger dem richterlichen Befehle wegen Bestellung der Kaution nicht
Folge leistet, so muß er dazu, auf Anmelden des Beklagten, sofort mittelst Exe
kution angehalten werden. Ist die Exekution wegen Mangel eines zur Kaution
tauglichen Objekts früchtlos, und kann Kläger auch keinen Bürgen stellen, so muß
«r, wenn es der Beklagte aus drücklich verlangt, den Kaution seid dahin ableisten:
daß er, allen angewendeten Fleißes ungeachtet, die ihm auferlegte Kau
tion durch Bürgen oder Pfänder nicht bestellen könne; und daß er dem
Gegentheile, falls er, demselben die Kosten zu erstatten, verurtheilt wer
den sollte, dieselben nach seinem besten Vermögen redlich bezahlen wolle. —
8. 10, 11 a. a. O.
VI. Durch Berichtigung des Kautionspunktes darf in der Regel die In
struktion und Fortsetzung des Prozesses nicht aufgehalten werden.
Dies findet selbst auf ausländische Kläger dann Anwendung, wenn der Grund
der Klage, auf schriftlichen Urkunden oder, andern jn dsr Nähe befindlichen, und ohne
386
großen Kostenaufwand herbeizuschaffenden Beweismitteln beruht. ') Der Beklagte
kann in diesen Fällen, unter dem Vorwande der noch nicht berichtigten Kaution,
sich der Einlassung auf die Klage des Ausländer« nicht entziehn. 2) Dagegen kann
1) Kläger, er sei In - oder Ausländer, ferner kein rechtliches Gehör in der vor
liegenden Prozeßsache verlangen, wennerden nach Nro. IV. vonihm, wegen-
Unvermögens zur Kautionsleistung, geforderten Eid nicht ableisten will.
Die Akten müssen dann sofort reponirt werden. Eben so muß
2) auf Antrag des Beklagten mit Aktenreposition verfahren werden, und Be«
klagter braucht sich daher nicht weiter auf die Sache einzulassen, wenn die Klage
eines Ausländers auf weit aussehende, durch glaubwürdige Urkunden nicht
bescheinigte Ansprüche, die eine kostspielige Untersuchung und Beweis«
aufnähme erwarten lassen, gerichtet, und Kläger die vom Richter be
stimmte Kaution durch gerichtliche Niederlegung baarer Gelder oder im Jnlande
zahlbarer Schuldinstrumentc, oder durch annehmliche Pfänder oder Bürgen nicht
bestellen kann oder will. Der Kautionseid ist in diesen Fällen nicht zulässig.
3) Endlich muß ein Ausländer, welcher bereits ein Erkenntniß wider sich hat, und
dagegen appclliren will, auf Antrag des Appellaten zur Bestellung einer gleichen
Kaution, wie unter Nro. 2, angehalten, und so lange, bis diese berichtigt ist,
die Fortsetzung der Appellation suspendirt werben, — S. 10,12, 13 a. a. O.»^>
Res. vom 13. Oktober 1M> I. M. B. S. 332.

Von Kosteilvorschüssen. ')


z. 257. Den Obergerichten und den formirten Untergerichten ist gestattet, vonr
Kläger, vom Appellanten und vom Revidenten, in sofern dieselben nicht Sporte!-
freiheit oder das Armenrecht geniessen, bei Einleitung der Klage, des Appellations
oder Revisionsverfahrens einen Kostenvvrschuß zur Deckung der erwachsenden Aus»
lagen zu erfordern. Bei Bestimmung der Höhe desselben wird eine «hngefähre Be
rechnung der etwa auf Conto der betreffenden Partei entstehenden Kosten zum
Grunde gelegt.
Auch der Beklagte und Appellat kann zum Kostenvorschuß angehalten werben,
sobald wegen nachgesuchter Prorogation eines Termins, Litisdenunziation, extrahir-
ter Beweisaufnahme, oder sonst auf ihn, als Extrahmten, Kosten notirt werden müssen.
Doch ist der Fortgang des Prozesses von Eingang des Borschusses in der Re
gel nicht abhängig.
Dagegen sind, wenn ein Ausländer bei hiesigen Gerichten klagt, die Gerichte
überhaupt, ohne Beschränkung auf die formirten und die Obergerichte, befugt, vom
Ausländer zur Deckung der Kosten einen verhältnißmässigen Vorschuß zu fordern,
und, wenn die Beschleunigung der Sache nicht dringend nothwendig ist, die Borla
dung des inländischen Beklagten so lange auszusetzen, bis der Borschuß geleistet wor-
1) Das Res. vom II. November 1817 sJahrb. 1«, S. 245) bezeichnet beispiels^
weise als solche Klagen, auf welche der Inländer vor bestellter Kaution sich
einlassen muß, wenn die in der Klage Bezug genommenen Zeugen in der Pro
vinz wohnen, oder wenn zum Beweise der in der Klage vorgetragenen Thatsa-
chen auf Akten Bezug genommen wird.
2) Ueberhaupt hat in diesen Fällen der Ausländer mit den zur Kaution verpflich
teten Inländern gleiche Rechte und Pflichten, und nur in den beiden Fällen un
ter Nro. 2 und 3 sind die Verpflichtungen des Ausländers von andrer Art. —
Of. Res. vom 13. Oktober 184«.
s) Durch diese sichert sich das Gericht wegen der Kosten. Dagegen sind die Z. 256
erwähnten Kautionen lediglich zu Gunsten des Beklagten zu leisten. Bei diesem
Kautionen wird deshalb Nichts von Amtöwegen, sondern nur aus Antrag des
Beklagten veranlaßt. > , . ' ' .
38«
Ken. — In keinem Falle aber ßnb die JuLjzkommissaxit» für «MDtzx PfttMY
wegen der Kosten zu hasten verbunden, in sofern sie sich picht zur Üebernahnie der
selben verpflichtet haben. — K. 11 der Einleitung z. Geb.rTäre vorn 2s. August
1815. — Änh. 8. 147 zu Z. 47, Tit. 23, I. A. G. S. — Res. vom 27. April 1818.
Jahrb. 11, S. 2«3.
<Z. Von einigen im Prozesse vorkommenden Eiden.
2. Von Abnahme der im Erkenntniß auferlegten Eide und Abfas
sung der Purifikatoria. ,
§. 2S8. I. Die Abnahme der nach §. 148 und W. 166 und L67 im Erkennt
nisse ausgesprochenen, zugeschobenen oder nothwendigen Eide bleibt bis zur Rechts
kraft des, den Eid aussprechenden, Theils des Erkenntnisses ausgesetzt. Das Rechts
mittel des Rekurses und der Nichtigkeitsbeschwerde hemmen zwar, wenn sie rechts
zeitig eingelegt werden, die Abnahme der nothwendigen Eide; doch ist nicht voth-
«endig, daß die Vorladung zur Abnahme bis zum Ablauf der Rekurs- resp. Nich
tigkeitsbeschwerdefrist ausgesetzt und somit abgewartet werde : ob das betreffende Rechts
mittel eingelegt wird.
Die Vorladung verfügt der Dezernent. Derjenige, welcher den Eid leisten
soll, wird unter der Warnung:
daß beim Nichterscheinen anzunehmen, er wolle oder könne den Eid nicht leisten ;
der Gegner unter der Warnung:
daß beim Ausbleiben ihm ein Schwurzeuge zugeordnet werden solle;
«or einen Deputirten vorgeladen. — Im Termine erfolgt die Abnahme des Eides
Vach Maasgabe der Vorschriften 8. 149 bis 154. >) — Wird im Termine vom
Gegner der Partei, welche den Eid leisten soll, derselbe erlassen; so unterbleibt
die Abnahme und es treten dieselben Folgen ein, als wenn der Eid geleistet
«orden wäre.
II. Eine Zurück schiebung des im Urtel ausgesprochenen Eides ist nur in
dem einzigen Falle erlaubt, wenn der Eid ein nothwendiger ist, und der, wel
cher ihn nach dem Urtel leisten soll, ihn nur äe ignorautia schwören kann, wäh
lend der Gegner das Gegentheil cke voritgte eidlich zu erhärten vermag. Dieser
muß dann den ihm cke veritste zurückgeschobenen Eid leisten, wenn er sich nicht
den Folgen des Z. 155 aussetzen will.
III. Stirbt Jemand, dem ein nothwendiger Eid, welchen er «js ve-
ritsto leisten könnte, zuerkannt worden, vor dessen Ableistung unter Umstän
den, unter welchen dieser Eid noch nicht für geschworen angenommen werden kann
<ß. 156, II.); und also die Erben denselben nur äs iznorsntis würden leiAcn dür
fen; so steht dem Gegentheil frei, darauf anzutragen, daß die Akten zum Erkennt
niß über die Frage: ob nicht nunmehr er selbst zur Ableistung des entgegengesetzte»
Mdes cke veritate zu lassen sei? 2) anderweit vorgelegt werden. Doch ist unter
2) Ist ein Eid im Erkenntniß über die Richtigkeit einer Thatsache (cke verZtste)
ausgesprochen; diese Thatsache rührt aber nicht von dem, der schwöre» soll, son
dern von seinem Erblasser her; so muß dennoch der Eid nur 6e ißoorsvtis ab
genommen, und wenn die Parteien im Termine darüber sich nicht einigen kön
nen, darüber durch Verfügung entschieden werden. Behaupten dagegen andre,
als Erben, z. B. Gemeindemitglieder, daß sie den 6e veritste ausgesprochenen
Eid nur 6s iznorsntis leisten können; so muß darüber beim Widerspruch des
Gegners durch Erkenntniß entschieden werden. — Lk. g. S, Tit. 22, I. A. G.
O. — Res. vom IS. Juli 1S32. Grs ff, Koch ,c. Erg. Ul. S. 382.
>) Diese Bestimmung gründet sich darauf: daß Her Fall vorliegen könne , in wel
chem beim Mangel besondrer Gründe zum Erkennrniß auf den Eid für die eine
Partei vorzüglich demjenigen der Eid auferlegt werden muß, welcher de» Eid
387
diesem Vorwande keine Beibringung neuer Thatsachen oder Beweismittel zulässig;
sondern die Parteien sollen darüber nur in derjenigen Instanz, in welcher zu
erst auf den vom Verstorbenen zu leisten gewesenen Eid gesprochen worden ist, er
kannt; auch gegen dies Erkenntniß ein Rechtsmittel nur in sofern, als dergleichen
gegen jenes erste auf den Eid ausgefallene Urtel stattgefunden haben würde, zuge
lassen werden.')
IV. Nach Ableistung oder verweigerter Ableistung des im Urtel er
kannten Eides wird die im Urtel für diesen Fall zugleich ausgesprochene Folge durch
ein Resolut (Purifikationsresolut) festgesetzt. Dies Resolut wird den Par
teien gleich den Erkenntnisse» gemäß §. 183 zugefertigt. In wie weit dagegen ein
Rechtsmittel zulässig, ist §. 188 und §. 233 erwähnt. — l> 1—8, Tit. 22, I. A.
G. O. — ^5 auch die bei den bezogenen ZZ angcf. Alleg. — Res. vom 19. Okto,
der 1832. Gräff, Koch zc. Erg. III. S. 3«1.

2. Vom Würdigungseide HuramLNtum iu lilem).


Z. 359. I. Würdigungseid wird derjenige nothwendige, durch Erkenntniß
ausgesprochene, Eid genannt, durch welchen der Werth einer Sache, oder der Be
trag eines Schaden« bestimmt werden soll. — Dieser Eid setzt jedesmal voraus, daß
s) der Werth «der Betrag auf andre Art nicht ausgemittelt werden
kann. Die Gerichte müssen daher jederzeit zuförderst durch Vernehmung der
Parteien und Instruktion der sonst vorhandenen Beweismittel die Wahrheit auch
hierüber ins Licht zu setzen bemüht sein; und nur dann, wenn dies nicht bis
zur hinreichenden Ulbcrzeugung geschehen kann, darf in Sachen von erheblichem
Belange ein Würdigungseid gefordert werden. In Bagatellsachen steht dem
Richter frei, ein den Umständen nach der Wahrscheinlichkeit angemessenes Quan
tum, auch ohne vorherige Eidesleistung, festzusetzen;
d) daß ausserdem der Gegentheil durch gewaltsames oder betrüg,
liches, oder äusserst nachlässiges, «der widerspenstiges Betragen,
dazu eine nähere Veranlassung gegeben hat.
Dieser Eid findet daher alsdann statt:
1) wenn eine Sache ihrem Eigenthümer gewaltsamer oder betrüglicher Weise ent
zogen worden ist, und ihm entweder gm nicht, oder nicht in demselben Zustande
zurückgegeben werden kann;
2) wenn Jemand durch seine Nachlässigkeit verursacht, daß er eine bei ihm »er-
wahrlich «der pfandweise niedergelegte Sache gar nicht, oder doch nicht so, wie
er sie empfangen hat, zurückliefern kann;
3) wenn Jemand einem Andern vorsätzlich oder schuldbarer Weise Schaden zuge
fügt hat; 2)
4) wenn Jemand ein von ihm gefordertes Zcugniß abzulegen, Dokumente herauszu-

6« veritst« schwört, Z. 167, II. Nro. 4 (S. 265). Liegen daher solche beson
dre Grunde des Verstorbenen nicht vor; so muß der Eid stets den Erbe» zu
gesprochen werden. — Uebrigens muß, wenn das den Eid aussprechende Urtel
im Audienztermin abgefaßt worden, hiernächst zur Entscheidung über den Streit:
ob die Erben des Verstorbenen <Z« iznorsvtig schwören sollen? wieder Au
dienztermin vor deniselben Kollegio nsp. der Deputation angesetzt werden.
1) Das etwa zustehende -Rechtsmittel kann nur von der Partei eingewendet wer
den, welcher der Eid nicht zuerkannt ist.
2) Z. B. durch Beschädigung oder Vernichtung von Sachen (Z. 92—97, Tit. 6, I.
A. L. R.); durch widerrechtliche Beraubung der persönlichen Freiheit (§. 134
das.); durch unrechtmässige Arrestlegung (ß. 137 fg. das.); durch EindrSngung
in die Verwaltung einer fremden Erbschaft (Z. 457 fg. Tit. 9 a. a. O.) u. s. w.
388
gebe», ober sonst richterlichen Befehlen und Erkenntnissen Folge zu leisten; be
harrlich und widerrechtlich sich weigert, und daraus einem Andern ein Nach-
theil erwachsen ist;
S) wenn ein von der Rechnungslegung befreit gewesener Bormund gleichwol aus
irgend einem rechtlichen Grunde') dazu für schuldig erklärt wird, und eine or
dentliche Rechnung nicht ablegen kann «der will, auch die Substanz des Ver
mögens des Pflegebefohlenen nicht ausgemittelt werden kann. — 8. 9—12, Tit.
22, I. A. G. O. — §. 878, 879, Tit. 18, II. A. L. R.
II. Sind die unter Nro. I. bezeichneten Erfordernisse vorhanden; so ist der
Würdigungseid, ohne Rücksicht auf das Verhältniß der Parteien zu
einander, zulässig, so daß ihn das Kind gegen seine Aeltern, der Unterthan ge
gen seine Obrigkeit, der Geringere gegen den Höheren schwören kann. — Auch ge
gen die Erben dessen, welcher einem Andern widerrechtlich Schaden zugefügt hat,
in sofern dieselben überhaupt zum Schadensersatze verbunden sind (cf. S. 32 Anm.),
kann dieser Eid stattfinden. — Selbst der Bürge haftet für den durch einen solchen
Eid gegen den Hauptschuldncr ausgemittelten Betrag. Doch darf er den Werth
der bcsondern Vorliebe nicht «ertreten, wenn nicht die Bürgschaft auch darauf aus
drücklich 2) mit gerichtet war. — §. 13 bis 16, Kit. 22, I. A. G. O.
III. Zur Ableistung des Würdigungseides werden alle die verstattet, von de
nen andre nothwendige Eide geleistet werden können (ß. 167, II.). Ein solcher Eid
kann daher auch von Vormündern, ingleichen einem Erben des Beschädigten gelei
stet werden. Wer zu einem nothwendigen Eide für unfähig erklärt worden; wird
nur dann zum Würdigungseide gelassen, wenn sein Gegner sich eines Betruges oder
einer vorsätzlichen Beschädigung schuldig gemacht hat.
Eine Zurückschiebung des Würdigungseides findet nicht statt; adch kann, wenn
ein Mal darauf erkannt worden, das Gewissen nicht mehr mit Beweis vertreten
«erden. — I. IS, 17 a. a. O.
IV. Was das Verfahren bei Verhandlung über einen solchen Ei-
5 es punkt betrifft, so muß,
1) wenn Jemand schon bei Beginn des Prozesses sich zum Würdigungseide
für berechtigt hält, derselbe die, seine desfalsige Behauptung begründenden, That-
fachen, so wie die Umstände, wodurch das nach seinem Antrage von ihm eidlich
zu erhärtende Quantum, als der Sache gemäß, dargestellt werden soll, gleich
bei Aufnahme der Klage gehörig anzeigen. Alsdann muß die Frage sowol we
gen Sulässigkeit des Eides überhaupt, als wegen Bestimmung des dadurch zu
erhärtenden Quanti bei der ferneren Verhandlung untersucht und erörtert, auch
da, wo Deduktionen zulässig, darin das Rechtliche darüber ausgeführt, und so
dann über beide Fragen erkannt werden. Wird der Würdigungseid für zuläs
sig erachtet, so muß im Urtel die Eidesformel nebst der Entscheidung für den

1 ) Ein von aller Rechnungslegung durch letztwillige Verordnung befreiter Vormund


muß dem gewesenen Pflegebefohlenen dennoch, s) wenn dieser bestimmte Anzei
gen einer bei einem einzelnen Geschäfte von dem Vormunde ihm vorsätzlich zu
gefügten Verkürzung anführen und bescheinigen kann, über dies Geschäft nähere
Auskunft und Rechenschaft geben, und b) wenn er den Vormund auch nur bei
einem einzelnen Geschäfte eines unredlichen Verhaltens überführt, über seine ganze
geführte Verwaltung vollständige Rechnung ablegen. — Z. 874—877, Tit. 18,
II. A. L. R.
2) Daraus folgt, daß im Bürgschaftsinstrument der Werth der Vorliebe ausdrück
lich erwähnt, und vom Bürgen übernommen sein muß. Die Verpflichtung des
Bürgen, für Alles, was der Hauptverpflichtete aus dem Geschäfte schuldig wer
den möchte, als Selbstschuldner verpflichtet zu sein, reicht nicht aus. Bielitz
(Nachtr. z. Komment, z. A. L. R. Hfl. 1 S, 78) ist andrer Meinung.
389
Fall der Leistung und der Nichtleistung gemäß §. 167, III. ausgesprochen und
wegen Ableistung und Abfassung des Bescheides nach ß. 253 verfahren werden.
Um eine jede unnütze Vervielfältigung der Prozesse möglichst zu vermeiden,
ist es der nähern Beurtheilung der Gerichte überlassen, und empfohlen, wenn
schon bei Instruktion der Hauptsache mit Wahrscheinlichkeit erhellt, daß dem Klä
ger die eingeklagte Sache oder Handlung selbst nicht werde geleistet werden kön
nen, sondern eS nur auf das ihm dafür zu vergütende Interesse ankommen
dürfte, alsdann sogleich die Hauptinstruktion, so weit es ohne grossen Aufenthalt
geschehen kann, mit darauf zu richten: worin dieses Interesse bestehe, und wie
viel solches betrage? damit, wenn Beklagter zum Geben «der Leisten der einge
klagten Sache oder Handlung verurthcilt wird, unter Einem, auch wegen des
allenfalls zu vergütenden Interesses das Erforderliche festgesetzt werden könne.')
2) Findet sich in einem Falle, wo das Interesse gcmäß Vorstehendem nicht festge
stellt ist, erst bei der Erekution, daß die Sache «der Handlung vom Be
klagten nicht mehr geleistet werden, oder die rechtlichen Zwangsmittel ihn zu
einer solchen Handlung nicht vermögen können; und will alsdann der Kläger
zur eidlichen Erhärtung seines darunter obwaltenden Interesses zugelassen sein;
so muß er dies sein Gesuch und Erbieten dem Richter besonders vortragen; ein
Quantum, das er eidlich erhärten will, angeben; die Umstände, welche diese Be
stimmung als der Billigkeit und Wahrheit gemäß darstellen, gehön'g auseinan
dersetzen, und sie so weit, als nach der Natur der Sache möglich ist, zugleich
bescheinigen. — Auf dies Gesuch muß s) wenn das geforderte Interesse die
Summe von hundert Thalern übersteigt, und Klüger zur Begründung desselben
auf Thatsachen, welche einer weitläufigeren Untersuchung und Erörterung bedür
fen, sich bezogen, die Instruktion und das Erkenntniß nach Tit. 6, Abschn. 6
veranlaßt werden.
d) In andern Fällen aber muß Beklagter in einem anzuberaumenden Präjudizial-
termine über die Forderung des Klägers vernommen, die dabei vorkommenden
Umstände, welche auf die Bestimmung des eidlich zu erhärtenden Quanti Be
ziehung haben, so weit es nach Beschaffenheit dieser Umstände in eben dem Ter
mine geschehen kann, nach Maasgabe der Prozcßform, in welcher die Sache ein
geleitet ist, erörtert, und sodann rechtlich darüber erkannt werden. — Eine Ver
legung dieses Termines findet nicht statt; vielmehr muß in demselben, allenfalls
in eontuinscism, mit Instruktion verfahren werden. — Gegen die nach s und
b ergehenden Entscheidungen finden, wie in andern Prozeßsachen, die gewöhnli
chen Rechtsmittel statt. — §. 18—23 a. a. O.
V. In allen Fällen (Nro. IV.) muß die Instruktion auch auf diejenigen
Umstände mit gerichtet werden, welche die richterliche Beurtheilung : in wiefern nur
auf den gemeinen, odet auch auf den ausserordentlichen Werth, oder gar auf den
Werth der besonderen Vorliebe gesetzlich zu erkennen sei? bestimmen können. 2) —
z. 24 a. a. O.
1) Es versteht sich aber von selbst, daß der Kläger im Prozesse auf diese Entschei
dung für den eventuellen Fall angetragen haben muß, da ohne Antrag (ultra
Petitum) nicht erkannt werden könnte. Die hier dem Richter zur Pflicht ge
machte Bemühung wird daher zunächst dahin gehen müssen, den Kläger zur
Formirung des eventuellen Antrags zu veranlassen.
2) Der Nutzen, welchen eine Sache jedem Besitzer gewähren kann, ist ihr gemei
ner Werth. Annehmlichkeiten oder Bequemlichkeiten, die jedem Besitzer schätz
bar sind, kommen dabei in Anschlag. Der ausserordentliche Werth einer
Sache erwächst aus der Berechnung des Nutzens, welchen dieselbe nur unter
gewissen Bestimmungen oder Verhältnissen leisten kann. Der Werth der be
sondern Vorliebe entsteht aus blos zufälligen Eigenschaften «der Verhältnis-
VI. Ein höheres, als das im Erkenntniß festgesetzte Quantum, darf nie be
schworen werden. Dagegen steht dem Schwörenden frei, den Eid auf eine gerin
gere Summe zu richten, und er ist nur in den Eid zu nehmen schuldig:
daß er den Werth der streitigen Sache, oder den Betrag
des zugefügten Schadens, nach seiner besten Ueberzeugung
auf so hoch, als derselbe bestimmt worden sei, wirklich
schätze. ') — §. 25 a. a. O.
VII. Wider einen abgeleisteten Würdigungseid ist kein Beweis einer Ver
letzung oder eines begangenen Meineides zulässig. — Ereignet sich nach geleistetem
Eide der Fall, daß die Sache selbst zurückgegeben werden kann; so hat der Eigen-
thümer die Wahl: ob er dieselbe zurücknehmen wolle? In diesem Falle muß er den
erhaltenen Werth, jedoch ohne Sinsen, wieder herausgeben. — 8. 26, 27 a. a. O.
3. Vom Manifestationseide.
Z. 260. I. Der Manifestationseid kann gefordert werden, wenn Jemand einen
Inbegriff von Sachen oder Rechten ganz, oder zu einem bestimmten Aheile (psrs
quol») anzeigen oder herausgeben soll, oder auch über den Betrag eines gewissen
Gegenstandes Auskunft zu,ertheilen verbunden ist. Namentlich sind zu dessen Ab
leistung verbunden:
1) die, welche fremde Güter verwaltet haben, z. B. Vormünder, Kuratoren, Ad
ministratoren :c., wenn die Richtigkeit der von ihnen übergebrnen Verzeichnisse
- oder Rechnungen nicht ohne scheinbaren Grund in Zweifel gezogen wird;
2) Gesellschafter, welche einer gemeinschaftlichen Handlung oder andern Unterneh
mungen vorgestanden haben;
3) Erben, die beim Ableben des Erblassers im Stcrbehause sich befunden, oder auch
nachher in den Besitz der Erbschaft gesetzt worden; wenn Miterben oder erb-
schastlichc Gläubiger darauf dringen, und entweder kein gerichtliches Jnventa-
rium vorgelegt werden kann, oder die Siegelung nicht zu rechter Zeit erfolgt
^ ist;2)
4) Schuldner, bei" denen kein Vermögen, in welches die Exekution vollstreckt wer
den könnte, vorgefunden wird; oder die vom Gläubiger, welcher Personalarrest
. gegen sie ausgebracht hat, Alimente fordern;
5) ein Verbrecher, von welchem der Beschädigte die Angabe, wo die entwendete Sache
hingekommen sei, verlangt;
6) die, über deren Vermögen Konkurs eröffnet worden ist;

sen einer Sache, die derselben in der Meinung ihres Besitzers einen Vorzug vor
allen andern Sachen gleicher Art beilegen. — g. 112—115, Tit. 2, I. A. L. R.
Beim Werth der besonderen Vorliebe findet kcinc Rücksicht auf den sonstigen
Werth gleicher Sachen statt. Soll dagegen nicht der VKrth der besondern Bor
liebe beschworen werden, so kann der richterlich festzufetzende Werth den doppel
ten Betrag des von Sachverständigen angegebenen mittleren Werths von Sachen
gleicher Art nicht übersteigen. — Z. 94 fg. Tit. «, I. A. L. R.
>) In dieser Art muß also im Erkenntniß die Norm des Eides ausgesprochen, und
darin der zu beschwörende Betrag aufgenommen werden.
2) Die Manifestirung gerichtlicher Jnventarien ist dann nöthig, wenn der Erbe nicht
innerhalb 24 Stunden nach dem Tode des Erblassers, oder nachdem ihm das
Ableben bekannt geworden, die Siegelung und Inventur nachgesucht hat. §. 441,
Tit. S, I. A. G. O. — Kinder des Erblassers können, wenn sie als Legatare
von ihm bedacht worden, als solche den Manifestationseid nur dann fordern,
wenn der Erbe Benesizialerbe geworden, und ihnen vom Legat Abzüge machen
will. Behaupten sie jedoch, daß sie im Pflichtteil verlegt sind, so können sie
als Pflichtheilsberechtigte vom Erben de» Manifestationskid fordern. ^- Res.
vom 4. Mai M« I. M. B. S. 155.
391
7) die Ehegatten, die erwachsenen im Hause lebenden Kinder, und die Dienstboten
eines solchen Gcmcinschuldners;
8) die, bei welchen auf eine Forderung Arrest angelegt worden, wenn deren Betrag
ungewiß ist;')
9) die, welche Abschoß oder Abzug zu entrichten schuldig ist;
10) die, welche bei einer Erbtheilung etwas einwerfen müssen;
11) die, welche einen Schatz gefunden haben; §. 28, 29 a o. O. — ferner
12) die gerichtlich zur Inventur Beauftragten , wenn sie bei Anfertigung des In
ventars den gesetzlichen Vorschriften nicht völlig nachgekommen sind; — Z. SS,
Tit. 5, III. A. G. O.
13) der, welcher ein Spezialmoratorium nachsucht; — Z. 14, Tit. 47, I. A. G. O.
14) der, welcher zur Vcrmögcnsabtrctung vcrstattet werden will; — §. 43, I. 43
a. a. O.
15) der Verlierer eines Instruments bei dessen Aufgebot; — §. 113, Tit. 51 a. a. O.
16) der Versicherte hinsichtlich dessen, ob er in dem Falle, wenn zur Zeit der ge
zeichneten Police das versicherte Schiff oder Gut bereits verunglückt oder be
schädigt war, davon bereits Nachricht hatte; — §. 2200, 2201, Tit. 8, II. A. L. R.
17) derselbe hinsichtlich dessen, daß ihm ein ausländisches Verbot, in Folge dessen
die versicherten, auf Transport befindlich gewesenen Waaren eonfiszirt worden,
unbekannt gewesen; — ß. 2214 a. a. O.
18) der für Feuerschaden Versicherte über seine Kenntniß von etwa geretteten oder
aufgefundenen, versichert gewesenen Sachen, wenn ihm der Versicherer die volle
Versicherungssumme gezahlt hat. — Z. 2331 fg. a. a. O.
II. Wenn von Jemanden die Ableistung des Manifestationseides gefordert wird, und
er sich dessen weigert; so muß der, welcher darauf anträgt, in der Regel eine ordentliche
Klage anstellen. Diefe muß gehörig instruirt, über die Verbindlichkeit zur Ableistung
des Eides ordentlich erkannt, die Norm desselben 2) im Urtel bestimmt, nvd nach
dessen Rechtskraft Termin zur Eidesleistung angesetzt werden.
Ausnahmsweise bedarf es jedoch keines Prozesses und resp. Erkenntnisses
1) in den Fällen I. Nro. 4, 5, 6 und 7 und
2) wenn die Verbindlichkeit, Rechnung abzulegen, oder in Ermangelung eines ge
richtlichen Jnventarii eidliche Spezifikation zu übergeben, feststeht, und es sich
blos darum fragt: ob der Manifestationseid darüber gefordert werden könnte? —
z. 30, 31, I. 22 A. G. O.
III. Sur Ableistung eines Manifestationscides über Verzeichnisse und Rechnun
gen kann eher nicht geschritten werden, als bis dieselben dem Gcgentheile vorgelegt,
er mit seinen Ausstellungen darüber gehört, und der Grund oder Ungrund dieser
Erinnerungen ausgcmittelt worden. Erst wenn dieses geschehen ist, und der andre
Theil es noch verlangt, muß der Maniftstationseid geschworen werden. — Dieser
Eid muß allemal das Versprechen enthalten:
wenn sich in der Folge ergeben sollte, daß etwas ausser Acht gelassen sei,
davon noch getreulich Anzeige zu leisten.
Der Beweis des Meineides findet hier also nur in sofern statt, als etwas wissent
lich verschwiegen worden ist. — Z. 32, 33 a. a. O.
1) Hier ist aber nur der Gläubiger dieser Forderung, d. h. der ErequenduS gemeint,
nicht aber der, welcher die zu arrestirende Forderung schuldet. Dies geht aus
dem Ausdruck „Forderung" hervor. In Bezug auf Kiefen hätte sonst der Aus
druck „Schuld" gebracht werden müssen. — Res. vom 3l. Januar 1840 I.
M. B. S. 65.
2) Ist blos diese Norm Gegenstand des Streits, so muß dennoch, wenn der Streit
nicht gütlich beseitigt werden kann, durch Erkcnntniß die streitige Norm festge
stellt werden. — Ref. vom 14. Septbr. 18S0. Gräff, Koch:c.Erg.III.S.384.
392
IV. Weigert sich Jemand, welcher, st! es in Folge eines Erkenntnisses ober in
den Fällen II. Nro. 1 und 2 ohne ein solches, zur Ableistung eines Manifestations
eides schuldig ist; so finden die wegen Bollstreckung eines auf Leistung von Hand
lungen lautenden Urtcls gegebenen Vorschriften Anwendung. — Z. 34 a. a. O.
V. Aus der eidlichen Bestärkung eines Verzeichnisses oder einer Rechnung,
worin ein Dritter als Schuldner aufgeführt worden ist, kann gegen diesen niemals
ein Beweismittel der Schuld entnommen werden.
Eben so können die, welche in einer solchen, Spezifikation oder Rechnung als
Gläubiger aufgeführt sind, dadurch allein ihren Anspruch nicht begründen. 2) — Ist
jedoch der Anspruch gegen den selbst, welcher den Manifestationseid geschworen hat,
gerichtet; so muß er, wenn er demselben noch Einwendungen entgegen setzen will,
zugleich einen bei der Aufnehmung des Verzeichnisses zc. vorgefallenen Jrrthum
nachweifen. — §. SS, 36 a. a. O.
Vom Eide für Gefährde Hursmenwm cslunmise).
Z. 261. I. Der Eid für Gefährde so« der Schikane einer Partei bei Edi
tionsgesuchen, oder bei deren Streben, die Bemühungen des Richters in Ausmitte
lung der Wahrheit zu vereiteln, oder doch zu erschweren, und den Prozeß in die
Länge zu ziehen, Einhalt thun. ») Dieser Eid findet also statt:
1) wenn eine Partei von einem Dritten die Edition einer Urkunde fordert. Hier
hängt es vom Dritten ab, den Eid vom Editionssucher zu verlangen;
2) wenn ein auf wahrscheinlichen Gründen beruhender Verdacht sich äussert, daß
eine Partei entweder mit ihrer Wissenschaft von einer gewissen Thatsache, oder
mit Angabe der Mittel zur Entdeckung der Wahrheit geflissentlich zurückhalte;
oder daß sie auf entfernten, nicht anders, als mit grossem Zeitverluste und Ko-
.sten herbeizuschaffenden Beweismitteln ohne Roth bestehe; oder daß sie blos zum
Verschleife der Sache Verlängerungen der Fristen und Prolongation der Ter
mine nachsuche. — §. 37, Tit. 22. Z. 102, Tit. 10, I. A. G. O.
Vom ersten Falle war oben Z. 118 (S. 194) die Rede. Vom zweiten Falle
wird hier gesprochen werden.
II. Sobald ein dergleichen Verdacht (I. Nro. 2), es sei vor, oder im Jnstruk-
tionstermine, in erster oder zweiter Instanz, sich äussert, ist der Richter befugt,
der Partei zu dessen Ablehnung diesen Eid abzufordern. Der Gegner ist, ausser dem
Falle eines Editionsgesuchs darauf anzutragen nicht berechtigt. — Zunächst hat der
Deputirte die Pflicht, wenn nach seiner Meinung ein dergleichen Verdacht der Schi
kane vorliegt, der Partei. die Ursachen dieses Verdachts vorzuhalten, und sie zu be
deuten, daß sie denselben durch den Eid für Gefährde werde ablehnen müssen. Be
harrt sie dennoch auf ihrer Erklärung oder ihrem Antrage, so muß er ihr, wenn
die Partei freiwillig den Eid leisten will, denselben abnehmen, im Weigerungsfalle

') Der in Folge dessen zulässige Personalarrest kommt auch gegen Beamte und
auch gegen Schuldner von Gerichtsko.sten, ohne Rücksicht auf ihren Nahrungs
stand, zur Anwendung, wenn dieselben den Manifestation seid zu leisten weigern. —
Res. vom 15. December 1823 und vom 2«. August 1835. Jahrb. 22, S. 177.
Bd. 46. S. 119.
2) Deshalb, weil dies Verzeichnis! für den Schuldner Nichts beweist, muß derselbe
> ' auch, wenn er durch Anweisung von Aktivforderungen sich gegen den Personal-
arreft schützen will, den Nachweis der Exigibilität und der Liquidität führen. —
Res. vom 5. Januar 1830. Gräff, Koch :c. Erg. III. S. 383.
») Dieser Eid ist fast unpraktisch geworden. Er war auch nur von Bedeutung da,
wo es sich um die von Amtswegen zu betreibenden Ausmittelungen handelte. Die
neuere Gesetzgebung, welche davon nach Möglichkeit abgeht, ignorirt demnach auch
den Kalumnieneid ganz.
393
aber die Sache in Bortrag geben. Der Dezernent trägt sie dem Kollegio vor.
Erkennt dieses die Partei der Schikane für verdächtig; so wird ihr der Eid durch
eine Resolution, bei welcher es dann schlechterding« bewendet, auserlegt, und in der
selben sowol die Eidesformel, > ) als die Folgen der Nichtleistung bestimmt. — Lei
stet eine Partei
s) den Kalumniencid nicht, so ist die Wirkung davon, nach Verschiedenheit der Ver
anlassungen, weshalb er gefordert wird, zu bestimmen. Es wird also z. B. der
tatsächliche Umstand, über welchen die Partei mit ihrer Wissenschaft und Be
weismitteln zurückhält, wenn sie ihn selbst angegeben hat, für nicht angebracht,
wenn er aber vom Gegentheil angeführt worden, für richtig und zugestanden
angenommen; aus die vorgeschlagenen entfernten Beweismittel wird nicht wei
ter geachtet; die gesuchte Prorogation verweigert, und in conwmsciam ver
fahren u. f. w.
K) Leistet sie ihn, und findet sich im Verfolge des Prozesses dennoch, daß die Par
tei wirklich schikanirt habe; so soll sie bei einer vorsätzlich gemachten Schikane
gleich andern Meineidigen, sonst nach Befinden anderweit ernstlich bestrast wer
den. — §. 39—42. z. 44, Tit. 22, I. A. G. O.
III. Dieser Zwischenpunkt darf die Instruktion der Hauptsache niemals auf
halten, vielmehr dieselbe sowol während des Vortrags im Kollegio, als während der
Abnahme von der etwa abwesenden Partei, so viel als möglich, fortgesetzt werden. —
§. 43 a. a. O.
IV. Bei Abnahme dieses Eides find, gleich wie bei Abnahme der 8. 258—260
gedachten Eide die Vorschriften g. 149—154 zu berücksichtigen. — Z. 45 a. a. O.
II. Von Aufnahme deö Beweises zum ewigen Gedächtniß.
§. 262. I. Die Aufnahme des Beweises muß in der Regel in dem Stadio
des Prozesses erfolgen, in welchem dies nach Z. 75; Z. 86; §. 130 Nro. 1 und 2
und Z. 181 vorgeschrieben ist. Ausnahmsweise kann jedoch dann,
wenn eine wahrscheinliche Gefahr vorhanden ist, daß bis
zu der Zeit, wo die Klage angestellt, oder bis zu dem Zeit
punkte des Prozesses, in wekhem bei dessen ordentlichem
Laufe die Beweisaufnahme erfolgen würde, das aufzuneh
mende Beweismittel verloren gehen möchte,
derjenige, welcher sich dieses Beweises später bedienen will, die Aufnahme desselben,
es sei durch Zeugen oder Okularinspektion, 2) schon vor Anstellung der Hauptklage,
oder falls diese bereits angebracht ist, doch früher, als gewöhnlich, beantragen. (Be
weisaufnahme zum ewigen Gedächtniß). — 1, Tit. 33, I. A. G. O.
II. Wird die Aufnahme des Beweises zum ewigen Gedächtniß vor Anstel
lung des Prozesses nachgesucht, so muß
1) der desfalsige Antrag
s) falls der künftige Beklagte denselben zur Erhaltung seiner Beweis- und
Vertheidigungsmittel formirt, in dem von diesem gegen den vermuthlichen
Kläger angestrengten Diffamationsprozeß angebracht, und auch
?) Eine umfassende Eioesnorm- läßt sich dafür nicht geben, da die Fälle sehr ver
schieden sein können. Gewöhnlich wird dieser Eid in der Art zu normiren sein:
Ich N. N. schwöre :c. daß mir kein andres Mittel, als (hier ist der An
trag der Partei genau anzugeben) zur Ausmittelung der Wahrheit übrig
bleibt, und daß ich dasselbe nicht aus Schikane ergreife zc.
2) Nach gemeinem Rechte ist nach Annahme der Rechtslehrer auch in Betreff von,
Urkunden Beweis zum ewigen Gedächtniß zulässig. Das preussische Gesetz er
wähnt dessen nicht. In derPraxis wird die Rothwendigkeiteines solchen Urkundenbe-
weises sich wohl auch schwerlich herausstellen, dg Urkunden aufbewahrt werden können.
394
hier erledigt werben. Provokant ist hier der künftige Beklagte, Provokat
der künftige Kläger
d> Will aber der künftige Kläger Beweisaufnahme zum ewigen GedZcht-
niß beantragen; so muß er in der Regel im persönlichen Gerichts
stande des Provokaten, oder auch bei dem Gerichte, unter welchem
das Streitobjekt gelegen, sein desfalsiges Gesuch schriftlich oder zu Protokoll
anbringen. Provokat ist aber hier derjenige, welcher, wenn die Hauptklage
sogleich angestellt werden könnte, die Stelle des Beklagten darin übernehmen
würde, selbst wenn es, wie z. B. bei Lehnen und Fideikommißen, noch un
gewiß ist: ob bei der erst künftig anzustellenden Hauptklage, dieselbe Person
als Beklagter anzusehn sein wird.
2) Zur Begründung eines solchen Gesuchs ist erforderlich, daß
s) die Thatsache selbst, worüber der Beweis aufgenommen werden soll, bestimmt
angezeigt; daß
b) erhebliche Ursachen, warum der Hauptprozeß noch nicht angestellt werden
könne; so wie
e) wahrscheinliche Gründe der Besorgniß, daß bis dahin und bei längerem Auf
enthalte das Beweismittel verloren gehen möchte, angeführt, auch diese Gründe,
in sofern sie auf Thatsachen beruhn, und nicht notorisch sind, durch glaub
würdige Atteste oder andre Mittel näher bescheinigt werden.
S) Der Richter prüft das Gesuch sorgfältig: ob es an und für sich zulässig
und mit dm gesetzmäßigen Erfordernissen versehen sei.
^.Findet sich, daß entweder die angegebene Ursache, warum der Prozeß noch
nicht anhängig gemacht werden kann, ganz unstatthaft 2) und unerheblich,
oder daß die Besorgniß von dem bevorstehenden Verlufte des Beweismittels
ohne Grund und unbescheinigt ist; so muß Provokant mit dem Gesuch durch
Verfügung unter Anführung der desfalsigen Gründe ab- und dahin ange
wiesen werden, die Anstellung der Hauptklage selbst zu bewirken, oder abzuwarten.
S. Ist dagegen beim Gesuche an und für sich Nichts zu erinnern, so wird die
Beweisaufnahme angeordnet,
s) Kann diese vom verfügenden Oiichter selbst geschehen; so wird sofort Termin,
je nach den Umständen, zur Einnahme des Augenscheins unter Ernennung und
Borladung der etwa nöthigen Sachverständigen, oder zur Vernehmung der
Zeugen unter Borladung derselben, angesetzt; zugleich aber das Provokations-
gesuch dem Provokaten mitgetheilt, ihm vom Verfügten Nachricht gegeben,
und derselbe zu einem (noch vor dem zur Beweisaufnahme anstehenden,) an
zuberaumenden Termin vor einen Deputirten vorgeladen, damit er etwanige
in der Sache selbst, namentlich gegen das vorgetragene SachverhSltnkß oder
gegen die Qualität der Beweismittel ihm zustehende Erinnerungen oder son
stige Erklärungen zu Protokoll geben könne. Wenn sich nun
ss) Provokat in diesem Termine nicht meldet, so wird darüber vom Depu
tirten ein Vermerk aufgenommen. Die Beweisaufnahme erfolgt aber dem
nächst nach Maasgabe des in der Provokation vorgetragenen Sachverhält
nisses. Meldet sich aber
.7' >
1) Das Ref. vom 1.8. Secember 1823 (G raff, Koch zc. Erg. IN. S. 715) spricht
sich allgemein dahin aus, daß dem Beklagten auch in andern Fällen der Antrag
auf Beweisaufnahme zum ewigen Gedächtnis; zustehe. Doch ist zu dieser An
nahme in den Gesetzen kein Anhalt zu finden.
2) Ist die Thatsache von der Art, daß sie keine Klage begründet, z. B. der An
spruch aus einer Spielschuld herrührend; so muß das Gesuch zurückgewiesen
werden. — N. Res. vom 29. Juli 1635. Gr äff, Koch ,e. Erg. UI. S. 716.
SS5
1,1,) Provokat, st muß ihn dcr Dcputirte vernehmen. r<) Räumt Provokat
die Thatstche, st wie sie vom Provokanten vorgetragen worden, klar und
deutlich ein, st hat es dabei sein Bewenden, und dcr Beweisaufnahme be
darf es nicht weiter. /?) Ist er aber dcr Thatstche nicht geständig, erklärt
er vielmehr ««) die Thatstche selbst für unerheblich, oder die vom Provo
kanten angeführten Gründe der vorläufigen Beweisaufnahme für unstatt
haft; st wird er zwar mit den desstlsigen Einwendungen zu Protokoll
vernommen, jedoch darüber kein Prozeß, noch Erkcnntniß zugelassen, viel
mehr mit Aufnahme des Beweises selbst weiter verfahren, da die Provo
kation bereits nach dem Obigen sorgfältig geprüft worden, und dem Pro-
vokatcn, dem seine Einwendungen für den Hauptprozeß vorbehalten blei
ben, kein wesentlicher Nachtheil daraus erwachsen kann. — /?,?) Bestehn die
Erklärungen des Provokatcn darin, daß er gegen das vom Provokatcn vor
getragene Sachverhöltniß etwas zu erinnern, demselben etwas beizufügen,
oder daran etwas zu berichtigen habe; st muß dcr Deputirte dies zu Pro
tokoll nehmen, die tatsächlichen Umstände dabei auseinandersetzen, und in
Zusammenhaltung derselben mit der vom Provokatcn vorgetragenen Er
zählung den Streitstand über die streitige Thatstche reguliren (§. 107), da
mit demnächst bei Aufnahme des Beweises selbst auf beiderlei Angaben ge
hörig Rücksicht genommen werden könne. — //) Hat endlich Provokat Ein
wendungen gegen die Qualität der Beweismittel, insbesondre gegen die
Person des Zeugen; so müssen die Thatstchen, auf denen dieselben beruh«,
gehörig auseinandergesetzt, Provokant darüber vernommm, und wenn Par
teien darüber nicht einig sind, die nähere Untersuchung, in sofern Pro-
vokat es verlangt, gemäß 5. 14l, I. mit Aufnahme des Beweismittels
zugleich, verfügt werden. Ueber dergleichen Berwerfungsurstchcn findet jedoch
kein besondres Erkenntniß statt; sondern so, wie Provokant bei
künftiger Verhandlung der Sache von den durch vorläufige Beweisauf
nahme ausgemittelten Thatstchen Gebrauch macht, kann ebendaselbst ein
Gleiches auch Provokat mit den vorläufig untersuchten Einwendungen ge
gen die Qualität des Beweismittels thun.
!>) Kann die Beweisaufnahme nicht durch den «erfügenden Richter selbst, sondern
muß sie durch einen auswärtigen Kommissarius oder durch ein zu requirirendes
andres Gericht erfolgen^ st muß zuvörderst der nach Vorschrift sud s für den
Provokatcn anzusetzende Termin abgewartet, in diesem, nach der gemäß ss
und KK geschehenen Verhandlung, ein Sach- und Streitstand nach Maasgabe
des Z. 107 entworfen, und hierauf der Auftrag oder die Requisition zur Auf
nahme des Beweises unter Mitthcilung des Strcitstandcs gewöhnlichermaßen
erlassen werden.
4) Wenn in der Provokation eine st nahe und dringende Gcsthr des Verlustes des
Beweismittels bescheinigt wird, daß mit dessen Aufnahme unverzüglich, und ohne
erst die Erklärung des Provokatcn abzuwarten, verfahren werden muß; so muß
die Beweisaufnahme erfolgen, dennoch aber Termin zur Vernehmung des Pro
vokatcn angesetzt, und darin nach den Vorschriften unter Nro. 3 verfahren wer
den. Diese Vernehmung kann den Nutzen haben, daß bei Berichtigung oder Er
gänzung des SachverlMnisseS durch den Provokatcn demnächst der noch lebende
oder noch anwesende Zeuge über die desstlsigen umstände vernommen werden,
oder daß Provokat etwanige Erinnerungen gegen die Qualität des Beweismit
tels angeben, und daß deren vorläufige Untersuchung erfolgen kann.')
') In solchen dringenden Angelegenheiten sind auch in Provinzen, wo Kreisjustiz-
räthe fungiren, auf Anmelden einer Partei, diese zur Aufnahxne d« Beweises
3S6
6) Ist d!e nachgewiesene, im Verzuge obwaltende Gefahr des Verlustes des Beweis
mittels so dringend, daß Provokant sein Gesuch nicht beim kompetenten Richter
(II. Nro. 1) rechtszeitig anbringen könnte; so kann jeder Richter, in dessen Ge
richtsbezirke der zum ewigen Gedächtniß abzuhörende Zeuge betroffen wird, diese
Abhörung sofort verfügen. Er hat jedoch bei Bereidung desselben dem Provo-
katen einen Assistenten, und zwar, wo möglich, einen Rechtsverständigen zuzu
ordnen; und muß auch dem Provokaten von der ganzen vorgefallenen Verhand
lung umständliche Nachricht schleunigst ertheilen. — K. 2—22 a. a. O.
III. Schwebt bereits derProzeß, und es wird, bevor sonst Beweis auf
zunehmen sein würde, die Beweisaufnahme zum ewigen Gedächtniß beantragt; so ist
zur Begründung des Gesuchs die Angabe und Bescheinigung von Umständen, welche
den Verlust des Beweismittels besorgen lassen, hinreichend. Wird das Gesuch be
gründet gefunden; so wird wegen Aufnahme des Beweises sofort das Nöthige ver
fügt, und zugleich Termin zur Vernehmung des Provokaten darüber angesetzt. Im
Termine wird nach Maasgabe der Bestimmungen II. Nro. 3 und 4 verfahren. —
Z. 23—25.
IV. Die Aufnahme der Beweismittel selbst erfolgt nach den Vorschriften g. 129
—141 und Z. 157, und unter Berücksichtigung der Bestimmung Z. 132, I.
Vom aufgenommenen Protokolle erhalten beide Theile Abschriften. Das Ori
ginal wird in der Registratur des Gerichts aufbewahrt, und dem Provokanten dar
über Rekognition ertheilt.
Bei der demnächst zur rechtlichen Erörterung gelangenden Hauptsache muß der
Richter Behufs Ausmittelung der darin vorkommenden Thatsachen von jenen Be
weisprotokollen Gebrauch machen. Es wird demnächst auch deren Beweiskraft, so
wie serner geprüft und beurtheilt, ob der etwa noch vorhandene Zeuge noch näher
und umständlicher, unter Verweisung auf den bereits geleisteten Eid, zu vernehmen
sei? — §. 26, 27, 29 a. a. O.
V. Die Aufnahme des Beweises zum ewigen Gedächtniß geschieht allemal auf
Kosten des Provokanten, welcher jedoch, wenn er künftig in der Hauptsache ein ob-
siegliches Urtel erhält, auf de» Ersatz derselben anzutragen berechtigt ist. — §. 2S a. a. O.

Zehnter Titel,
»on einigt« besonderen Prozeßarten.

Erster Abschnitt.
Bon der RuMtats ° und der ReMutionsklage.
Einleitende Bemerkungen.
§. 263. Die Nullitäts- und die Restitutionsklage sind die einzigen Mittel,
durch welche in gewissen Fällen Erkenntnisse, gegen welche Rechtsmittel nicht mehr
eingewendet werden dürfen, umgestossen werden können. Diese Klagen fetzen also
immer einen bereits rechtskräftig entschiedenen Prozeß voraus. Sie sind keine
Rechtsmittel, sondern haben die Natur anderer Klagen, und begründen einen neuen
zun, ewigen Gedächtnisse ermächtigt. — §. 4, Nro. ö Ges. vom SV. Rovembr.
18SS. GS. S. 29S.
3S7
Prozeß. Ist ein Erkenntniß, dessen Nullität behauptet wirb, noch nicht rechtskräf
tig, so muß diese Nullität im Wcge des zustehenden ordentlichen Rechtsmittels aus
geführt werden. Von dem Falle, in welchem die Nullität durch Einwendung des
Rechtsmittels der Appellation geltend gemacht wird, ist oben g. 209, III. Nro. 5
(S. 315) die Rede gewesen. Wird bei Einwendung des Rechtsmittels der Revision
Nullität des Urtelö behauptet; so steht die Prüfung dessen: ob der angeführte Nuls
litätsgrund erheblich, und daher die Beweisaufnahme darüber erfolgen solle, oder ob
er nicht erheblich sei? dem Rcvisionsrichter zu. Dieser erkennt im letzteren Falle im
der Hauptsache. Im ersten Falle aber erkennt er auf die Nullität des früheren
Urtels, und verweist die Sache selbst in diejenige Instanz zurück, in welcher der,
die Nullität begründende, Verstoß vorgefallen ist. — z. 1, 9, 11, Tit. IS A. G. O.
I. Von der Nullitätsklage.
Zweck derselben, und Fälle und Gründe der Zulässigkeit.
Z. 264. I. Die Nullitätsklage hat zum Zweck, ein ergangenes Erkenntniß in
der Art anzufechten, daß sowol dies Erkenntniß, als das Verfahren, worauf sich
dasselbe gründet, für nicht eristircnd angesehen wird. — K. 8 a. o. O.
II. Diese Klage kann gegen Entscheidungen der Gerichtsbehörden
im Allgemeinen und ins Besondere auch gegen Erkenntnisse der General
kommissionen und Revisionskollegien, der geistlichen Gerichte, gegen
die des Geheimen Obertribunals und gegen schiedsrichterliche Urthcile
gerichtet werden. Sie ist auch gegen Erkenntnisse in fiskalischen Unter
suchungssachen zulässig.
Es wird dabei vorausgesetzt, daß gegen das angefochtene Erkenntniß entweder
von vornherein, oder wegen Ablaufs der Einlegungsfrist kein ordentliches Rechts
mittel zuständig. — Gegen Adjudikationsbescheide ist diese Klage niemals zulässig. —
§. 1 u. 2 a. a. O. — Res. vom 17. Juli 182«. Jahrb. 16, S. 5«. Gräff
Bd. 2 S. 141. — Res. vom 27. April 1822. Jahrb. 19. S. 214. Gräff Bd.
2, S. 138. Entscheid, de« Geheim. Obertrib. vom 7. November 1834. Gräff,
Koch :c. Erg. III. S. 303 sck 3.
III. Die Nullitätsklage findet nur in folgenden 4 Fällen statt:
1) Wenn das Urtel ex tslss csuss gegeben, d. h. wenn eine Partei lediglich, ober
doch hauptsächlich
s) auf Grund einer falschen Urkunde; oder
d) nach den Aussagen bestochener Zeugen abgewiesen «der verurtheilt worden ist.
Au s. Zu den Urkunden gehören auch Karten und Vermessungsrcgister. —
Will Provokant die Nullität auf die Behauptung einer falschen Urkunde gründen,
so muß er nachweisen können, entweder
a) daß diejenige Urkunde, auf welche die Entscheidung ganz «der doch hauptsächlich
gestützt ist, falsch und unrichtig, d. h. daß sie falsch gefertigt, «der daß ihr In
halt verfälscht sei, oder daß
b) eine Verwechselung der Urkunden stattgehabt, und die der Entscheidung zum
Grunde liegende einen ganz andern, als den Gegenstand dieses Prozesses betrifft.
Wird nur behauptet, daß die fragliche Urkunde zwar an und für sich richtig
sei, aber sich auf ein ganz anderes und verschiedenes Geschäft, als woraus der Pro
zeß entstanden ist, beziehe; so kann aus diesem Grunde das Urtel nicht angefochten
werden. Es steht dem vermeintlich Verletzten nur frei, seine Gerechtsame aus die
sem andern Geschäfte wider den Gegner geltend zu machen, und dieser kann dann
von jener Urkunde nicht zum zweiten Male Gebrauch machen.') Sind ferner Kar-
') Der Hauptgrund dessen, warum in diesem Falle die Nullitätsklage nicht zulässig
ist, liegt wohl darin, daß die auf ein anderes Geschäft angewandte Urkunde in
SS
398
ten oder Zeichnungen in Grenz« oder andern Prozessen den Parteien an Ort und
Stelle vorgelegt, und von ihnen ausdrücklich siir richtig anerkannt worden; so kann
auf die Behauptung, daß dieselben dennoch falsch seien, eine Nullitätsklage nicht ge
gründet werden.
Zu b. Unter bestochenen Zeugen werden hier alle diejenigen verstanden, welche
durch Geschenke an Geld oder Geldeswerth, durch die Hoffnung irgend eines zu er
langenden Gewinnes oder Vorthcils oder durch Besorgniß eines ihnen bevorstehenden
Schadens und Verlustes zur wissentlichen ') Ablegung eines falschen Zeugnisses er
weislich 2) vermocht worden sind.
Vermag Provokant nur Zeugen über das Gegenthcil dessen zu nennen, was
auf Grund von Zeugenaussagen im Prozesse als wahr angenommen worden; oder
produzirt er nur Urkunden, aus denen das Gegenthcil des Inhalts der, der Ent
scheidung zum Grunde gelegten, Zeugenaussagen hervorgeht; so ist dadurch die Nul
litätsklage nicht begründet, weil durch solche Beweise die Entscheidungsgründe, wenn
Vielleicht auch in Zweifel gezogen, doch nicht als falsch herausgestellt werden können. —
Z. 2, Nro. 1 a. a. O. §. 27 des Ges. vom 14. Dec. 1833. — Z. 138« des Strafrechts.
Sie findet ferner statt:
wegen Inkompetenz des Richters, und zwar
s) wenn Jemand, welcher mit gar keiner Jurisdiktion versehen, oder wenn er
auch damit versehen wäre, doch zur Justizverwaltung nicht vorschriftsmäßig
bestellt und vereidet ist, s) sich in einer Prozeß-Sache als Richter angegeben,
und in dieser Eigenschaft erkannt hat;
1,) wenn ein inkompetenter Richter in Fällen, in denen durch Landesgesctze die
Prorogation des Gerichtsstandes ausdrücklich verboten ist, erkannt hat. Dies
ist ins Bcfondere der Fall bei Ehescheidungsprozessen , in denen nur das Ober
gericht sresp. das betreffende geistliche Gericht) kompetent ist;
«) wenn dem Gerichte, das in einer Sache erkannt hat, die Befugniß nicht zu
steht, über Gegenstände und Geschäfte, als die im betreffenden Prozesse be
fangenen sind, zu erkennen.
<Z) Liegen zwar nicht vorstehende (sä s bis e) Fälle vor, der Richter, welcher
der Regel einen gleichen Gegenstand betrifft, als der Prozeß, in welchem sie zur
Stütze der Entscheidung dient; dem Provokanten also, der die Urkunde selbst
anerkennen muß, ein wesentlicher Nachtheil nicht entsteht; z. B. Beklagter pro
duzirt in einem Prozesse zur Beseitigung des gemachten Gcldanspruchs eine Quit
tung über Zahlung einer Summe. Bei Entscheidung wird angenommen, daß
die quittirte Summe auf die eingeklagte Forderung gezahlt sei, und Kläger in
soweit mit der Klage abgewiesen. Später nach der Rechtskraft des Urtels be
hauptet er, daß diese Quittung über eine aus einem ganz andern Geschäfte ihm
zustehende Summe laute; so kann er zwar nicht die Nullitätsklage anbringen,
er kann jedoch diese aus dem andern Geschäfte ihm zustehende SUmmc einkla
gen, und hier kann der Gegner sich nicht wieder auf jene Quittung berufen.
^) Ein aus Fahrläßigkeit begangener Meineid begründet nicht die Nullitätsklage.
Der Verletzte wird jedoch in der Regel eine EntscheidungMage begründen können.
2) Es ist nicht gerade nothig, daß der oder rcsp. die Zeugen in einer Krim.-Unter-
suchung des Meineides überführt sind, da auch auf andere Weife, z. B. durch
ein von dem Zeugen giltig und rechtsverbindlich auf dem Sterbebette abgegebe
nes Bekenntniß: daß er wissentlich und in Folge Bestechung einen Meineid be
gangen, der geforderte Nachweis geführt werden kann. Auch muß für den Fall
einer Untersuchung nicht immer die ordentliche Strafe des Meineides erkannt
sein. Auch bei ausserordentlichen Strafen kann möglicherweife der geführte Be
weis von der Art sein, daß er im Nullitätsverfahren ausreicht, um die Nulli
tätsklage für begründet zu erachten.
s) Im ersten dieser beiden alternativ verbundenen Fälle ist es gleichgiltig, ob der
inkompetente Richter die richterliche Qualifikation hat oder nicht? Im zweiten
Falle darf er sik nicht haben, da sonst die Nullitätsklage nicht zulassig.
399
in einer Cache erkannt hat, ist in derselben aber bennech weder an und für
sich, noch durch freiwillige Prorogation (Z. ISO, Tit. 2 der Proz.-Ord.) kom
petent; so muß die Beschwerde führende Partei durch das etwa zuständige
ordentliche Rechtsmittel die Inkompetenz rügen. Dem Richter fernerer In
stanz steht alsdann frei, nach Befinden der Umstände in der Sache selbst zu
erkennen, oder sie unter Aushebung des vom inkompetenten Richter abgefaß
ten Erkenntnisses an den kompetenten Richter erster Instanz zur Instruktion
^ und Entscheidung zu verweisen.')
Ist die Inkompetenz eines solchen UrtelS (suli 6) durch das zuständige ordent
liche Rechtsmittel, oder falls ein solches nicht zulässig, durch die Nichtigkeitsbeschwerde
oder im Wege des Rekurses nicht gerügt worden ; so kann die verletzte Partei we
gen angeblicher Inkompetenz des Richters dasselbe nicht anfechten. 2) — z. 2, Nro. 3.
K. 7 «. o. O. — §. 161, 164, Tit. 2 der Proz.-Ordn. — Kab.-Ord. v«m 25. Febr.
1833 GS. S. 24. — Z. 1 der Verordn. vom 28. Juni 1S44 GS. S. 184. —
X«. 3. ««. S der Deelar. vom 6. April 1839. — Res. vom 23. Aug. 18l9.
Jahrb. 14, S. 26. GrSff Bd. 2, S. 141.
Die Nullitätsklage ist ferner zulässig:
3) wenn s) Jemand, der gesetzlich ohne Bormund oder Curator vor Gericht zu han
deln unfähig ist, ohne den Beistand eines solchen gehörig bestellten Vormundes
oder Curators bei dem Prozesse als Partei zugelassen worden; ferner
K) wenn mit Jemanden, der zu gerichtlichen Verhandlungen eines Beistände«
nothwendig bedarf, ohne Zuziehung eines solchen Beistandes die Verhandlung
aufgenommen worden; so wie ferner
c) in Fällen, in welchen die obervormundschaftliche Genehmigung zur GIltigkeit
der Verhandlungen gesetzlich erforderlich ist, (§. S«1 fg. Tit. 18. Th. I. A.
L. R.) und nicht bei- oder nachgebracht werden kann.
Wenn der gewesene Pflegebefohlene, oder der des Beistandes bcnöthigt Ge
wesene, die damaligen Verhandlungen zu einer Zeit, wo er über sein Vermö
gen frei und ohne Beistand verfügen kann, ausdrücklich, oder stillschweigend
(Tit. 4, Th. I. §. S3 fz. A. L. R.) genehmigt, so fällt der Grund der
Nullitätsklage weg. — Z. 2 Nro. 4 a. a. O.
4) Diese steht endlich einer Partei zu, welche im Prozesse durch einen gar nicht Be
vollmächtigten oder durch einen mit falscher oder ungiltiger und unkräftiger
Vollmacht Versehenen vertreten worden. Genehmigt diese Partei die mit dem
ohne allen Auftrag oder mit falscher oder unkräftiger Vollmacht aufgetretenen Be
vollmächtigten gepflogenen Verhandlungen ; oder zeigt sie für den Fall, daß ihr das
Urtcl selbst publizirt, und gehörig behändigt worden, dem Gericht den Umstand,
daß sie von einem gar nicht oder nicht gehörig Beauftragten vertreten worden,
nicht binnen 4 Wochen nach erfolgter Kenntnißnahme mit dem Antrage auf
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand an; oder ergreift sie gegen dies Urtel
das etwa zuständige ordentliche Rechtsmittel; Z) so findet die Nullitätsklage nicht
mehr Anwendung. — K. 2, Nro. 5 a. a. O.
1) In diesem Falle findet der Z. 263 Anwendung.
2) Nach K. 7 und 14 Tit. 16 der Proz,-Ord. konnte Fiskus in dem Falle, >vcnn
er das von einem inkompetenten Richter abgefaßte Erkenntniß durch Versäum-
niß des zuständigen Rechtsmittels hatte rechtskräftig werden lassen, binnen 4
Jahren vom Tage der Publikation angerechnet, Restitution nachsuchen. Durch
dies Rechtsmittel, welches bald Restitution, bald Nullitätsklage genannt wird,
wurde er noch zu den versäumten Rechtsmitteln «erstattet. Die neuere Gesetzge
bung (Art. 13 der Deklaration vom 6. April 1839) hat diesen Ausnahmefall des
I. 7, Tit. 16 der Prozeß-Ordnung aufgehoben, und Fiskus ist in Bezug auf
die Nullitätsklage den übrigen Parteien ganz gleich gestellt,
-) Lk, oben S. S44 Anm. l. ' 5
4«o
Wann, wo, und wie ist die Nullitätsklage anzubringen.
Z. 26S. I. Die Anbringung dieser Klage ist an keinen Betrag des Streit
objekts, und an keine andre Zeit, als an die Verjährungsfrist der ordentlichen per
sönlichen Klagen, gebunden. >) — Z. 1l> a. a. O.
II. Die Nullitätsklage muß, mit Ausnahme der Z. 264, IN. Nro. 2 s, d
und « genannten Fälle, bei demjenigen Gerichte, vor welches die Instruktion des
Worprozesses gehörte, und in den Fällen Z. 264, III. Nro. 2 a, K und e bei dem
Obergerichte der Provinz, in welcher der Vorprozeß geschwebt hat, angebracht wer
den. — §. 3 a. a. O.
III. Die Anbringung geschieht so, wie die jeder andern Klage, entweder schrift
lich oder zum Protokoll. Zu ihrer Vollständigkeit werden die bei jeder andern
Klage vorgeschriebenen Erfordernisse (oben §. 51 fg.) vorausgesetzt; ins Besondere
müssen die Thatsachen, woraus die vermeintliche Nullität hergeleitet werden soll,
und die Beweismittel zur Feststellung dieser Thatsachen genau angegeben sein.
Ist die Klage mangelhaft, so muß in einem dazu anzusetzenden Termine die
Vervollständigung erfolgen. Ist sie auf einen andern, als die Z. 264, III. ange
führten gesetzlichen Gründe gestützt, oder ergibt sich aus den Borakten klar, daß die
zur Begründung derselben angeführten Thatsachen falsch sind; so ist sie ohne Wei
teres durch Verfügung zurückzuweisen. Dem Zurückgewiesenen steht gegen diese
Verfügung nur der Weg der Beschwerde bei der, dem verfügenden Gericht unmit
telbar vorgesetzten Behörde offen. — §. 4 a. a. O.
Verfügung auf die vollständige Nullitätsklage; Verfahren, Er-
kenntniß, Rechtsmittel und Kostenpunkt.
§. 266. I. Wird die Klage für vollständig erachtet, so erfolgt deren Instruk
tion. Diefe hat jedcch nur die Ausmittelung der vorgegebenen Nullität zum Ge
genstände. Die Hauptsache darf damit nicht vermischt werden.
Die Instruktion und Entscheidung geschieht auf die Art, wie dies bei andern
Prozessen im Tit. 6 vorgeschrieben ist. 2) — z. 4 «nd ö a. a. O.
II. Findet der erkennende Richter die vorgeschützte Ursache der Nullität ungc-
gründet; so weist er den Jmploranten mit der Klage im Erkenntniß ab. Erachtet
er aber das angefochtene Verfahren und Urtel wirklich für null, so muß dieß im
Erkenntniß ausdrücklich ausgesprochen und darin zugleich die anderweitige Instruk
tion in der Hauptsache angeordnet werden. «) Doch erfolgt dieselbe erst bei erlang
ter Rechtskraft des UrtelS. — Z. 6 a. a. O.
III. Diese im Urtel auszusprechende Nullität erstreckt sich jedoch nur auf den
Zeitpunkt, wo sie vorgefallen ist, zurück. Auf vorhergehende Verhandlungen kann
sie nicht ausgedehnt werden. Ist also z. B. die Nullität erst in zweiter Instanz
Vorgefallen, so bleibt das Verfahren und Erkenntniß erster Instanz giltig, und im
5) Dies ist die Frist der Verjährung durch Nichtgebrauch; und zwar in der Regel
die 30jährige; für den Fiskus, Kirchen, und diesen gleich Berechtigten die 44jäh-
rige, und in Bezug auf Ansprüche, welche in Folge des Gesetzes vom 13. März
1838 in kürzerer Frist verjähren, diese kürzere Verjährungsfrist (Z. 546 und
«29, Tit. 11 Th. 1 A. L. R. und §. 10 des Ges. vom 31. März 1838 GS.
S. 251). Diese kürzere Frist läuft jedoch nur gegen denjenigen, welcher gegen
ein abweisendes Erkenntniß die Nullitätsklage anbringt. Der zu einem nach
dem Ges. vom 31. März 1838 in kürzerer Frist verjährenden Anspruch Verur-
theilte kann die Nullitätsklage während der ganzen Verjährungsfrist der gewöhn
lichen Klagen anbringen.
s) Der Prozeß wird, wenn nur Bagatellobjekt vorliegt, im Bagatell-, sonst in der
Regel im Verfahren nach der A. G. O. verhandelt werden müssen.
s) Daß die Bestimmung über die anderweite Instruktion der Hauptsache im Urtel
selbst, und nicht in einer bloßen Nebenverfügung auszusprechen sei, ist wohl un
zweifelhaft, und ergibt sich ins Besondere daraus, daß „ach Z. S, Tit. 1t) dex
401
Urtel wirb nur das zweite Erkcnntniß für null erachtet, und die Instruktion deS
Appellatorii angeordnet. — §. 9 a. a. O.
IV. Gegen das, gleich viel, ob für «der wider den Kläger ergangene Erkennt-
niß sind die in Prozessen gewöhnlichen ordentlichen und außerordentlichen Rechtsmit
tel, also auch die Nichtigkeitsbeschwerde, zulässig. — Ausserordentliche Rechtsmittel
hindern jedoch nicht den Beginn der im Urtel angeordneten Instruktion der Haupt
sache, da dergleichen Rechtsmittel nur gegen rechtskräftige Erkenntnisse zuständig
sind. — z. 6 a. a. O. — Erkenntn. d. Geh. Obertrib. vom 7. November 1834.
Entsch. Bd. 2, S. 2l9.
V. Die Kosten des Nullitätsvcrfahrens in erster Instanz muß allemal Pro
vokant tragen. Ergibt es sich jedoch, daß Jmplorat an der vorgefallenen Nullität,
z. B. durch Verfälschung des Dokuments, Bestechung der Zeugen u. s. w. selbst
Schuld hat; so muß derselbe dem Jmploranten die Kosten erstatten. Findet sich
hingegen bei der Untersuchung, daß ein Dritter daran Ursache sei, z. B. welcher
sich, ohne überhaupt mit Gerichtsbarkeit versehen zu sein, des Richteramts ange
maßt; der sich fälschlich für den Bevollmächtigten des Jmploranten ausgegeben; der
Richter, der ohne hinlänglich bescheinigte Behändigung in ecmtumscism erkannt;
der Gerichtsbote, welcher von der Behändigung falsch berichtet hat, zc.z so hat eS
zwar dabei, daß Jmplorant die Kosten der Untersuchung, ohne Theilnehmung des
Jmploraten, tragen müsse, sein Bewenden; der Richter aber muß in dergleichen Fäl
len von Amtswegen dafür sorgen, daß der Schuldige deshalb zur Verantwortung
gezogen, und den Parteien allen Schaden, folglich auch dem Jmploranten die Ko
sten der neuen Untersuchung, zu erstatten angehalten werde.
In den ferneren Instanzen kommen in Betreff des Kostenpunktes die allgemei
nen gesetzlichen Vorschriften zur Anwendung.
VI. Wird auf die eingereichte Nullitätsklage ein früheres Urtel für null crach^-
tet; so muß im Urtel zugleich auch darüber: wer die Kosten des vorigen Prozesses zu.
tragen habe? nach Maasgabe der Vorschriften Z. 170, IV. befonders mit erkannt,
und vorzüglich darauf Rücksicht genommen werden: in wiefern der eine oder andre
Theil daran, daß die vorigen Urtel null gewesen, mehr oder weniger Schuld gehabt
habe. — z. 12, 13, 1« Tit. 23, I. A. G. O.
VII. Der, welcher ohne hinlänglichen Grund ein Urtel als null anficht, soll,
ausser dem Kostenersatze, in eine Geldbusse von 50 bis 300 Thlr. verurtheilt, oder
wenn er unvermögend ist, mit verhältnißmässigem Gefängniß oder Strafarbeit be
legt; auch diefe Verordnung jedem, gleich beim ersten Anmelden, zur Warnung be
kannt gemacht werden. — z. 29, Tit. 16, I. A. G. O.
Wirkung der Nullitätsklage in Bezug auf die Vollstreckbarkeit des
angefochtenen Erkenntnisses.
Z. 267. Ein ergangenes rechtskräftiges Urtel wird, auch wenn dagegen eine
Nullitätsklage angebracht worden, fo lange, allenfalls durch Exekution, in Vollzug
gesetzt, bis es rechtskräftig für null erachtet ist. Deposition oder Kautions-Bc-
stellung befreit nur unter denjenigen Umständen von der Exekution aus einem sol
chen mittelst Nullitätsklage angefochtenen Urtel, unter welchen die Anlegung eines
Arrestes gestattet wird.
Proz.-Ordn. der erkennende Richter dies anordnen, daß aber dennoch die In
struktion der Hauptsache erst bei erlangter Rechtskraft des die Nullität aus
sprechenden Urtels vor sich gehen solle. Die dem Urtel sonst beigegebene Reben
verfügung ist eine sofort zu realisirende Anordnung. Würde nun einem Urtel
in einer Nullitätssache die Anordnung der Instruktion in der Hauptsache als
bloße Nebenverfügung beigegeben, so würde sich diese nicht sofort realisiren las
sen, da der Beginn dieser Instruktion von der Rechtskraft des Urtels abhängt.
402
Nur in dem einen Falle, wenn nemlich die Nullitätsklage darauf gegründet wird,
baß der angebliche Bevollmächtigte, mit welchem verhandelt worden, keine Vollmacht
gehabt, und sich in den Akten weder eine Vollmacht, noch irgend ein Vermerk dar
über, daß und wie er seinen Auftrag wenigstens vorläufig bescheinigt hat, vorfindet,
bleibt die Erckution aus dem Urtel ausgefetzt, bis über die vorgeschützte Nullität
rechtlich entschieden ist. — z. 1« a. a. O.

II. Von der Restitutionsklage.


Begriff derselben, und Fälle, in denen sie gestattet.
z. 268. I. Ausser dem, §. 188 bis Z. 191 abgehandelten, gegen noch nicht rechts
kräftige Erkenntnisse zulässigen Rechtsmittel der Restitution ist in gewissen Fällen
auch gegen bereits rechtskräftige Erkenntnisse') die Wiedereinsetzung in
den vorigen Stand (restili ti« in integrum) gestattet. Das desfalsige Gesuch wird
Restilutionskloge genannt. — Durch diese wird überhaupt bezweckt, daß ein dem
Provokanten nachthciliges, durch die gewöhnlichen Rechtsmittel nicht mehr anfecht
bares Urtel oder Dekret ganz oder theilwcise als beseitigt erachtet, und in der
Sache anderweitig entschieden wird. — Z. 16, 21, Tit. 16, I. A. G. O.
II. Sie findet statt:
1) wegen Minderjährigkeit oder Zuständigkeit der Rechte eines Minorennen
(ex Lüpile Minorennität!»);
2) wegen neu aufgefundenerUrkunden (ex instrumeutis noviter repertis),
3) wegen der sich erst später findenden Möglichkeit der Vernehmung schon
früher genannter Zeugen. — Z. 12, 26 a. a. O.
1) Von der Restitution wegen Minderjährigkeit (ex csnile
minoreuvitstis).
Z. 269. I. Aus diesem Grunde können Restitution nachsuchen
1) derjenige, welcher wegen Minderjährigkeit oder aus irgend einem an«
Kern gesctzmässigen Grunde unter Vormundschaft steht oder gestanden
hat, 2) und welcher in einem während der Vormundschaft durch seinen Vormund
oder Kurator, oder unter seinem Beistande geführten Prozesse verkürzt zu sein
behauptet; s)
2) der Königl. Fiskus, (und zwar selbst in Prozessen mit Minderjährigen);
3) Kirchen und milde Stiftungen;
4) alle diejenigen, welchen gesetzlich die Rechte der Minorennen beigelegt sind,
(c5 Z. 1«, S. 23 fg.).
Uebrigens kann, wenn sonst die gesetzlichen Erfordernisse vorhanden, und die
vierjährige Frist nicht verstrichen, die Restitution fowol von dem Pflegebe-

u) Schulz (Rechtsm. S. 230 Anm.) nimmt an, daß 'diese Restitution auch gegen
noch nicht rechtskräftige Erkenntnisse zulässig sei. Doch ist aus den A 12, 17,
19, Tit. 16 Proz.-Ord. das Gegentheil deutlich zu entnehmen.
2) Daraus folgt, daß Minorenne, welche noch unter väterlicher Gewalt stehen, diese
Restitution nicht nachsuchen können. Ist aber beim Leben des Vaters die Ein
leitung einer Vormundschaft nöthig, (es. S. 21 Anm. 1), so steht auch solchen
Minorennen die Restitution zu. Eine andre Ansicht ist ausgesprochen in einem
Urtel vom 6. Juli 183« in Simons R. S. Bd. 3, S. 396.
«) Streitig ist: ob den Minorennen auch dann, wenn sie in einem Konkurse als
unbekannte Gläubiger präkludirt sind, gegen die Präklusoria diese Restitution zu
stehe oder nicht? — Dies Letztere muß jetzt um so mehr als das Richtigere an
genommen werden, als nach Art. 13 der Deel, vom 6> April 1839 wegen ver
säumter Frist die Restitution nicht mehr zulässig , wenn auch in dem bezogenen
Gesetze diese Restitutionsklage nicht ausdrücklich erwähnt ist.
403
sohlenen selbst, fall« tt inzwischen der Vormundschaft entlassen worden, alt
vom Vormunde oder Kurator, «gleichen von seinen Erben nachgesucht
werden. — K. 12—14 a, a. O. — Res. «om 6. Marz 1836. Gr äff, Koch zc.
Erg. III. S. 307.
II. Sur Begründung dieses Reftitutionsgesuchs gehört der Nachweis,
daß dem Provokanten durch einUrtel, «der eine Verfügung,
gegen welche er restituirt werden will, ein erheblicherRach«
theil widerfahren, und daß dieser Rachtheil im Prozesse
und in der angefochtenen richterlichen Bestimmung selbst
seinen Grund habe.
Der Umstand, daß der Provokant den Prozeß verloren hat, enthält für sich
allein keine Verletzung. — Die Reftitutionsklage ist nicht zulässig!
1) wenn die angebliche Verletzung darin besteht, daß Provokant, resp. seine Bertre-
ter, die Frist zur Einlcgung des gegen ein ergangenes ErKnntniß zuständigen
Rechtsmittels versäumt haben, und nun die Verstattung zu diesem Rechtsmittel
verlangt wird ; > ) (cs. Z. 185 Schluß; S. 221, II.)
2) wenn die dem Provokanten widerfahrene Verletzung in dem Geschäfte selbst, wel
ches der Anlaß oder Gegenstand des Prozesses ist, ihren Grund hat, und das
Geschäft an sich mit den gesetzniässigcii Erfordernissen der Willigkeit versehen ist; und
S1 wenn in Rücksicht der Zuziehung des Vormundes «der hinsichtlich der obervor-
mundschaftlichcn Mitwirkung eine Nullität vorgefallen ist, da in diesem Falle die
Nullitätsklage zusteht. — §. 13, Tit. 16, I. A. G. Ö. — g. 21 des Gef. vom
14. December 1833. — Art. 13 Declar. vom 6. April 1839 GS. S. 131. —
Res. vom 1«. August 1829. G raff, Koch zc. Erg. III. S. 306.
III. Die Restitutionsklage dieser Art muß innerhalb vier Jahren von
dem Tage an gerechnet, da das Urtel oder die Verfügung, gegen welche Resti
tution nachgesucht wird, behändigt worden, bei Verlust des Rechts zu deren An«
bringung, eingereicht werden. — §. 13, 14 Tit. 16, I. A. G. O.
IV. Die Anbringung muß bei dem Richter derjenigen Instanz erfol
gen, in welcher die Verletzung vorgefallen ist.
Erscheint die Reftitutionsklage gemäß Rro. II. gehörig begründet; so muß, da
der Ausweis der erlittenen Verletzung von der Erörterung der Hauptsache unzer:
trennbar ist, die Untersuchung des Grundes der Restitution zugleich und unter
Einem mit der anderweitigen Instruktion der Hauptsache vor sich gehen, und über
beide zugleich erkannt werde». >) — Z. IS a. a. O. — Res. vom 22. April 1836.
Gräff, Koch :c. Erg. III. S. 303.
V. Durch diese Restitution wird das Urtel nicht immer durchgängig, sondern
nur in Ansehung desjenigen Theils, Punktes oder Umstandes, wodurch Jmplorant
»erletzt ist, aufgehoben; alle übrigen damit nicht verbundenen Punkte bleiben unvers
ändert stehen. — §. 16 a. a. O. — Art. 13 Declar. vom 6. April 1839.
2. Von der Restitutionsklage wegen neu aufgefundener Urkunden
(liest, «x instrum. voviter roperlis).
K. 27«. I. Diese Restitutionsklage ist dann zulässig, wenn eine Parter
nach ergangenem Erkenntniß neue Dokumente gefunden hat, deren sie, im vorigen
>) Gleiches gilt auch von dem Falle, wenn der Vertreter des Provokanten zwar
ein Rechtsmittel, jedoch nicht das zuständige gewählt hat. — «25. Erk. des Geh.
Ob.-Trib. vom 7. Juni 1839. Ullrich Bd. 6, S. 41S.
2) Gegen diese Urtel, in sofern sie in in den ersten beiden Instanzen ergehen, sin«
den offenbar die sonst gestatteten Rechtsmittel zu. Ist die Restitution nur gegen
eine Verfügung nachgesucht, so versteht es sich von selbst, daß das Gesuch durch
blosse Verfügung, gegen welche nur der Weg der Beschwerde gestattet ist, erledigt wird.
404
Prozeß sich zu bedienen ohne ihre Schuld verhindert worden; und zwar findet sie
in diesem Falle sowol dann statt, wenn aus den Urkunden neue Thatsachen hervor
gehen, als auch dann, wenn dieselben eine Thatsache betreffen, die zwar schon im
ersten Prozesse vorgekommen ist, damals aber in Ermangelung andrer Beweismittel,
oder wegen deren Unzulänglichkeit nicht hat ins Licht gesetzt werden können. Ist
jedoch über eine solche Thatsache ein Eid vom Gegentheile äs veritste geschwo
ren, und auf dessen Grund die Thatsache für wahr angenommen, oder als unwahr
verworfen worden; so findet dagegen keine Restitution statt; sondern dem Jmplo-
ranten steht blos frei, den Gegenthcil allenfalls des Meineides zu überführen. Wird
dies bewerkstelligt, so folgt von selbst, daß dem Beschädigten zum Ersätze alles des
sen, was er durch das Verbrechen des Gegners verloren hat, durch den Richter
verholfen werden muß. — Z. 12, 23, 24 a. a. O.
II. Diese Restitutionsklage muß
1) innerhalb zehn Jahren, vom Tage des publizirten rechtskräftigen Urtels
gerechnet, bei Verlust derselben, und
2) binnen acht Wochen nach Auffindung der Urkunden bei Vermeidung
der Nro. V, 2 d. zu erwähnenden Folgen
angebracht werden. Die zehnjährige Frist s<Z 1 ist nach den Grundsätzen der Ver
jährung durch Nichtgebrauch zu beurtheilen. ') Nach diesen Grundsätzen wird da
her auch bestimmt, in wie weit, nach Ablauf der zehnjährigen Frist eine Restitu
tionsklage dennoch begründet werden könne? Dies ist namentlich auch dann anzu
nehmen, wenn Provokant den Beweis dafür antrit, daß er blos durch Hinterlist
und Gefährde des Gegners, oder auch eines Dritten, an der früheren Auffindung
dieser Urkunden verhindert worden sei. — Z. 18, 19 a. a. O.
III. Zur Begründung derselben gehört:
Z) daß die aufgefundenen Urkunden selbst produzirt werden;
2) daß bestimmt angezeigt wird, auf was für Art und Weife Provokant erst neu
erlich zu deren Besitz gekommen sei;
3) daß dieser sich zur eidlichen Erhärtung: daß er vor der rechtskräftigen Entschei
dung von diesen Urkunden Nichts gewußt habe; oder (wenn ihm deren Existenz
an und für sich bekannt gewesen), daß er dieselben, alles angewandten Fleisses
ungeachtet, im vorigen Prozesse nicht habe herbeischassen können, erbietet; 2) und
4) daß der Inhalt der Urkunden so beschaffen sei, daß dadurch die Lage der Haupt
sache verändert, und eine von den vorigen abweichende Entscheidung begründet
werben könne. — Z. 17 a. a. O.
IV. Die hiernach zu begründende Restitutionsklage ist bei dem Richter, wo
der vorige Prozeß in erster Instanz instruirt worden, schriftlich oder zu Protokoll
«nzubringen. Hiernächst wird darauf, wie auf jede andre Klage verfügt. Wird
ihre Zulässigkeit zweifelhaft gefunden; so wird darüber nach Verhandlung mit den
Parteien durch Erkenntniß entschieden. Wird dieselbe für zulässig erachtet; fo muß
die Instruktion sowol auf diejenigen Thatsachen, wodurch JMplorant nachweisen
will, daß er die Urkunden erst neuerlich aufgefunden hat, als auf die Hauptsache
gerichtet werden. Doch muß die Untersuchung in Ansehung dieser letztern blos bei
dem Punkte, auf welchen die neuen Urkunden Beziehung haben, stehen bleiben. —
Dabei versteht es sich von selbst, daß auch der Gegner zur Unterstützung des vori
gen UrtelS neue Instruktion verlangen, und deshalb auch seinerseits neue Beweis-
>) Darnach wird z. B. diese Frist durch Anmeldung der Klage beim ungehörigen
Richter schon unterbrochen, wenn sie nur innerhalb Jahresfrist beim gehörigen
Richter angebracht wird.
2) Dies Erbieten zu dem bezeichneten Eide ist zur Begründung der Restitutions
klage wesentlich nöthig. — dl. Hinschius in der Jux. W. 1SS5 S. 401.
403
mittel, ohne Einschränkung, beibringen kann. — §. 18 u. 25 a. a. O. — Res. vom
3t. Juli 183S. Gräff, Koch zc. Erg. III. S. 308.
V. Wird nach beendigter Instruktion vom erkennenden Richter
1) gefunden, daß es, der neuen Urkunden ungeachtet, bei den vorigen Erkenntnissen
zu belassen sei; so erfolgt die Abweisung des Provokanten. Des unter III.
Nro. 3 erwähnten Eides bedarf es dann nicht.
2) Wird dagegen die Lage der Sache durch die beigebrachten Dokumente derge
stalt verändert gefunden, daß eine andre, dem Jmploranten vortheilhaftere,
Entscheidung daraus folgt; so muß auf Ableistung des nach Nro. III. 3 be
schriebenen Eideö >) (jui-smeotum noviter repertorum) und zugleich, was
nach dessen Erfolge in der Hauptsache Rechtens ist, erkannt werden. Ist je
doch bei der Instruktion zugleich ausgemittelt
s) daß Provokant die neuen Urkunden schon im Vorprozesse besessen und damit
geflissentlich und vorsätzlich zurückgehalten, oder
d) daß er die Dokumente schon länger als acht Wochen vor der geschehenen An
meldung in Händen gehabt habe;
so ist zwar, falls der zehnjährige Zeitraum (II) noch nicht verstrichen ist, in der
Hauptfache das Rechtliche zu erkennen; Jmplorant muß aber zugleich, nach
Beschaffenheit der Umstände und richterlichem Ermessen, mit nachdrücklicher, dem
Gegenstande der Sache und dem Grade seiner Verschuldung angemessenen, Geld-
busse unnachsichtlich belegt werden. Im Falle zu s muß Provokant ausserdem
dem Gegner alle Kosten des vorigen Prozesses erstatten, und ihm für alle aus der
Zurückhaltung entstehenden Schäden vollständig gerecht werden. — §. 21, 22
Tit. 16, I. A. G. O.
VI. In jedem Falle hat der, zu dessen Nachtheil ein vorhin ergangenes
rechtskräftiges Urtel blos auf Grund neu aufgefundener Urkunden abgeändert wird,
bis zum Jnstruktionstermine in der Restitutionssache,») der Rechte und Vor
theile eines redlichen Besitzers sich zu erfreuen. Ausgenommen sind nur
die Fälle, wenn Jmplorat zugleich überführt wird, daß er entweder den Jmploran
ten an der früheren Auffindung der Urkunden geflissentlich verhindert, «der daß er
den Inhalt der Urkunden gewußt, und dennoch die daraus erhellenden Thatsachen
im Vorprozesse wider dies sein besseres Wissen gegen den Richter abgcläugnet habe. —
Z. 22 a. a. O.
3. Von der Restitutionsklage wegen neu zu verhörender Zeugen.
§. 271. I. Wegen vorgeblich neu aufgefundener Zeugen ist die Resti
tution in der Regel nicht, und ausnahmsweise nur dann zulässig, wenn
Jmplorant diese Zeugen bei einer im beendigten Prozesse bereits vorgekommenen
Thatsache schon damals bestimmt angezeigt hat, ihre Vernehmung aber blos um
deshalb unterblieben ist,«) weil entweder
') Die Folgen der Nichtleistung dieses Eides sind die unter s und b angeführten,
nicht aber Abweisung mit der Rcstitutionsklage; denn es ist durch die Nichtlei
stung des Eides als ausgemittelt anzunehmen, daß Provokant die Dokumente
im Vorprozesse besessen. Jene Folgen können daher im Urtel für den Nicht-
schwörungsfall angedroht werden.
2) Gegen dies Urtel finden die gewöhnlichen Rechtsmittel statt.
») Sonst begründet schon die Klagsbehändigung bösen Glauben. Hier ist um des
halb eine spätere Frist bestimmt, weil dem Beklagten vorerst die Urkunden vor
gelegt werden müssen, ehe er sich von der Möglichkeit der Abänderung eines
rechtskräftigen Urtels überzeugen kann.
«) Ist demnach die Vernehmung aus dem Grunde unterblieben, weil Jmplorant
die Zeugen zu spät genannt hat; so findet Restitution nicht statt.
40«
g) dem Jmploranten der Aufenthalt derselben unbekannt gewesen j oder
b) weil der auswärtige Richter, unter welchem sie damals gestanden, die wegen
Abhörung an ihn ergangene Reauisition nicht hat befolgen wollen (ck. K. 132,
IV. S. 213);
0) weil wegen Abwesenheit, oder anhaltender Krankheit (z. B. .Wahnsinn) die Ab
hörung damals nicht erfolgen konnte. — K. 26 a. a. O.
II. Das Restitutionsgesuch muß auch in den Fällen zu I. a — c innerhalb der
Z. 270, Nro. II. erwähnten 10jährigen Frist, und binnen 8 Wochen von
der Zeit gn gerechnet, da Jmplorant vom Aufenthalt der Jeugen Wissenschaft er
langt hat, oder wo ihm bekannt geworden, daß deren Abhörung nunmehr erfolgen
kann, angebracht werden, widrigenfalls die Z. 270, Nro. II. und V. 2 gedachten
Folgen eintreten. — Z. 26 u. 27 a. a. O.
III. Jmplorant muß sich mit diesem Gesuch bei dem Gericht melden, wo
die Instanz, in welcher er die Zeugen zuerst namhaft gemacht hat, instruirt worden
ist. Das Gericht muß den Gegentheil sowol über die Gründe des Gesuchs, als was
er gegen die Zeugen etwa zu erinnern habe, vernehmen, die Abhörung nach Maas
gabe des in den Akten regulirtcn Sach- und Slreitstandes verfügen, und nach Ver
nehmung die Instruktion der Hauptfache gewöhnlichermassen fortsetzen und abschlies-
fen. (of. Tit. 6) §. 26 a. a. O.
IV. Das Erkenntniß über die Frage: ob durch die Jeugenaussagen die Abän
derung des vorigen Uttels bewirkt werde oder nicht? und im ersten Falle über die
Hauptsache selbst, gebührt demjenigen Gericht, welches in der Instanz, wo die Jeu
gen zuerst benannt worden, zu sprechen hat. Gegen das ergehende Erkenntniß fin
den je nach der Instanz, in welcher es gesprochen, die gewöhnlichen Rechtsmittel
statt. — §. 27 a. a. O.

Wirkung der Restit.-Kla.ge'N in Bezug auf Vollstreckung des ange


fochtenen Urtels; Kosten der Restitutionsinstanz und Strafen we
gen grundloser Restitutionsklagen.
Z. 272. I. Die Vorschrift des ß. 267, wornach durch Anbringung von Nulli
tätsklagen die Vollstreckung der vorigen Urtel nicht aufgehalten werden
solle, findet auch bei Reftitutionsklagen nach ihrem ganzen Umfange Anwendung. —
§. 28 a. a. O.
ll. Was den Kostenpunkt anlangt, so soll
1) bei der Restitutio» wegen Minderjährigkeit die Entscheidung der Frage: wer die
Kosten zu tragen habe? von Entscheidung der Hauptsache abhängen.
2) Bei Restitution wegen neu aufgefundener Dokumente oder wegen zu vernehmen
der Jeugen muß Provokant die in der Restitutionsinstanz erwachsenen Kosten
tragen, selbst wenn er ein vortheilhafteres Urtel erlangt. Hat jedoch die Unter
suchung ergeben, daß der Gegentheil auf die eine oder andre Art vorsätzlich und
thätig') verhindert habe, daß die Urkunden nicht früher zur Wissenschaft des
Provokanten gelangt sind; so muß Provokat demselben diese Kosten erstatten. —
Bei Einlegung von Rechtsmitteln gegen das auf Restitutionsklagen ergangene
Urtel finden in Betreff der Kosten die allgemeinen Bestimmungen Anwendung.
Z) Wird ein bereits rechtskräftiges Urtel in Folge Rcstitutionsklage abgeändert; so
muß im neuen Haupturtel zugleich darüber: wer die Kosten des Vorprozesses zu
tragen habe? mit erkannt, und dabei auf die Entscheidung in der Hauptsache,
so wie darauf Rücksicht genommen werden: in wiefern der eine oder andere Theil

') Das blosse Stillschweigen über den Verbleib der Urkunde» hat mithin nicht diese
Folgen.
40?
daran, daß dem Jmploranten im vorigen Urtel cinc Verletzung zugefügt wor
den, mehr oder weniger Schuld gehabt habe. — §. 14—16, Tit. 23, I. A. G. L.
III. Derjenige, welcher ohne hinlänglichen Grund gegen ein rechtskräftiges
Urtel Restitution nachsucht, soll im künftigen Urtel ausser dem Kostcnersatze in eine
Geldbusse von 50 bis 300 Thlr., oder, falls er unvermögend, in verhältnißmassige
Gefängnißstrafe verurtheilt werden. Diese Verordnung ist dem Provokanten beim
ersten Anmelden zur Warnung bekannt zu machen, — §. 29, Tit. 16. A. G. O.

Zweiter Abschnitt.
Von der Kündigungsklage.
§. 273. Eine Kündigungsklage kann angestellt werden
I. in der blossen Absicht, sich eine Bescheinigung über geschehene Aufkündigung
eines Kapitals zu verschaffe»;
II. in der Absicht, einen Exekutionstitel (Vergleich, Agmtions- oder anderes Er-
kenntniß) zu erlangen, um bei fruchtlosem Ablauf der Kündigungsfrist unverzüglich
Exekution suchen zu können. Der Richter muß daher bei eingegangenen undeutli
chen Kündigungsklagen, oder bei Aufnahme derselben zunächst nach der Absicht des
Klägers forschen, damit demgemäß die fernere Einleitung der Sache erfolge.
Zu l. Im ersten Falle, wo blosse gerichtliche Kündigung beabsichtigt wird,
entsteht darüber kein Prozeß. Zur Begründung des Gesuchs sind daher die wesent
lichen Erfordernisse einer Klage nicht durchaus nothwendig. Es gnügt, wenn dar
aus die Hohe und der Grund der Schuldforderung und die Absicht der gerichtlichen
Aufkündigung hervorgeht. Bei den ins Hypothekenbuch eingetragenen Forderungen
ist ins Besondre, wenn das Kündigungsgcsuch bei demselben Richter, bei welchem
sich das Hypothekenbuch befindet, eingeht, die Beibringung des Hypotyckendokuments
nicht erforderlich, vielmehr ausreichend, daß der Richter sich durch Einsicht des Hy-
xothekenbuchs und der Grundakten überzeuge, daß die betreffende Forderung auf den
Namen des Jmploranten im Hypothckenbuche eingetragen stehe, und daß keine An
zeige einer bereits erfolgten Zession oder Verpfändung der Forderung und Zinsen
zu den Grundakten eingegangen ist.
Auf ein blosses Kündigungsgesuch hat der Richter Nichts weiter zu thun, als
daß er das Gesuch dem Schuldner zu seiner Nachricht und Achtung zufertigt, und
für die Herbeischaffung eines richtigen Bchändigungsscheins sorgt, diesen aber hier-
nächst dem Gläubiger zum Gebrauche zustellt.')
Die Kosten der gerichtlichen Kündigung trägt Jmplorant. In wie weit er vom
Schuldner Erstattung verlangen kann, hängt von dem Inhalt des zwischen beiden
obwaltenden Vertrages ab.
Zu ll. Die eigentliche Küiidigung^klage, mittelst deren Jemand einen Exeku
tionstitel sich erwerben will, ist in Betreff aller Kapitalsfsrderungen zulässig, welche
erst nach Ablauf der später sich endenden Kündigungsfrist fällig sind, ohne Rücksicht
darauf, ob dieselben auf schriftliche Urkunden sich gründen oder nicht.
Die Klage ist, wie jede andre Klage zu begründen, nur mit dem Unterschiede,
daß im Antrage die Verurtheilung zur Zahlung des Kapitals mit Ablauf der Kün
digungsfrist verlangt wird, — Ist die Klage vollständig und begründet; so wird

') Etwanigc vom Provokaten auf das Kündigungsgcsuch eingehende Einwendungen


werden daher nicht zur Verhandlung gezogen, sondern es wird dem Provokaten
überlassen, die Einreden im künftigen wegen der gekündigten Forderung entste
henden Prozeß zu erheben.
408
sie in derjenigen der Titel 6, Abschn. 2 bis 6 gedachten Prozeßformen eingeleitet
und verhandelt, zu welcher sich dieselbe mit Rücksicht auf das Klageobjekt oder die
dasselbe nachweisende Dokument eignet. In der gewählten Prozeßform ergeht dem
nächst auch die Entscheidung. In dieser wird jedoch auf die Zeit der Fälligkeit
Rücksicht genommen, («f. z. 64, Hl. Nro. 2).
Die Kosten des Prozesses muß, wenn der Schuldner seine Verbindlichkeit ein
räumt, und zur Verfallzeit zahlt, Kläger tragen. Zahlt aber Schuldner am Ver
falltage die Schuldsumme nicht; fo muß er die Kosten erstatten refp, übernehmen. —
8. 16, Tit. 28, I. A. G. O. — Cab.-Ord. vom 16. Februar 132Z. Jahrb. 21,
S. 31. — Res. vom 23. Oktober 1822 und vom 7. März 1839 I. M. B. 1839
S. 105 fg. — Res. vom 26. Juni 1318. Rabe Bd. 7, S. 194.

Dritter Abschnitt.
Bom Wechselprozeß.
Fälle, in denen er zulässig,
ß. 274. Der Wechselprozeß findet nur statt
1) aus eigentlichen, sowol trockenen als gezogenen Wechseln,') welche mit den ge-
setzmässigen Erfordernissen versehen, 2) und von solchen Personen ausgestellt sind.

1) Die nach einer bestimmten gesetzlichen Form abgefaßte Verschreibung, wodurch


Jemand verpflichtet wird, eine Summe Geldes bei Vermeidung des sogleich er
folgenden persönlichen Arrestes zu bezahlen, heißt Wechsel. Hat der Aussteller
die Zahlung selbst zu leisten versprochen, so ist ein trockener oder eigner Wech
selz wenn aber die Zahlung einem Dritten aufgetragen worden, ein gezogener
Wechsel vorhanden. — 713, 714, II. 8 A. L. R.
2) Zur Gültigkeit und Vollständigkeit eines Wechsels gehört, daß er
- s> im Kontexte ausdrücklich als Wechsel oder Wechselbrief benannt;
b) daß er auf bestimmte Geldzahlungen gerichtet;
c) daß die Münzsorte der zu leistenden Zahlung nach Bankopfunden, und an
dern bekannten Rechnungsmünzen, oder im klingenden Gelde bestimmt;
g) daß darin der, an welchen oder auf dessen Ordre Zahlung geschehen soll, be
nannt, oder bei kaufmännischen Wechseln, daß er doch mindestens auf jeden
Inhaber gestellt fei;
daß er das Bekenntniß über den Empfang der Valuta oder des Werths;
so wie
fj den Ort und die Zeit der Ausstellung nach Tag, Monat und Jahr, auch
g) die Aahlungszeit durch Benennung eines gewissen Tages, Monats und Jah
res; oder eines gewissen Marktes oder einer Masse; oder durch Angabe eines
nach Tagen, Wochen, Monaten oder Jahren ausgemessenen Zeitraums; oder
durch Beziehung auf eine bestimmte Handlung oder Begebenheit; oder durch
die Bezeichnung auf Sicht oder auf Ufo enthalte;
K) daß er vom Aussteller entweder mit Vor- und Gefchlechtsname, oder mit
Geschlechtsname und Karakter, oder statt des letzteren unter Beifügung eines
andern deutlichen Kennzeichen zur Unterscheidung desselben von andern Per
sonen gleichen Namens unterzeichnet, oder bei Kaufleuten unter ihrer bekannt
gemachten Firma ausgestellt sei. — Bei gezogenen Wechseln muß aber aus
serdem
j) noch der Name des Bezogenen, welcher Zahlung leisten soll, im Kontexte des
Wechsels oder unter demselben, und
II) falls die Zahlung an einem andern Orte, als wo der Bezogene wohnt, ge
schehen soll, der Ort der Zahlung beigefügt sein. — §. 748—778, z. 94«-
943, II. S A. L. R.
409
denen dic Gesetze die Fähigkeit, > ) sich wcchselmässig zu verpflichten, beilegen, und
zwar in der Regel;
2) aus Handelsbillets, 2) kaufmännischen Assignationcn, «) und andern dergleichen
unter Kauflcuten zirkulircnden Papieren ^> ausnahmsweise dann, wenn das
wechsclmässige Verfahren auf einem gewissen Handlungsplatze, wie dies in
Naumburg a. d. S. der Fall, vermöge ausdrücklicher Gesetze >) eingeführt ist.
Doch ist der Wechselprozeß aus solchen Urkunden (sck 1 u. 2), in soweit diese
ihn überhaupt begründen, nur binnen Jahresfrist, vom Aahlungstage an ge
rechnet, zulässig. ») — §. 1 u. 2, Tit. 27, I. A. G. O. — §. 1079, 1252, Tit. 8,
II. A. L. R. 8- 32 Verord. vom 4. Juni 1819 GS. S. 141.
Bon Anbringung der Wechselklage, deren Form und Inhalt,
z. 275. I. Die WechMage kann sowol schriftlich, als mündlich zu Pro
tokoll angebracht werden. Meldet sich ein Kläger zur protokollarischen Aufnahme
') Zur Ausstellung von Wechseln mit wechselmässiger Verpflichtung sind befugt:
s) Kaufleute d. h. die, welche den Handel mit Waaren oder Wechseln als ihr
Hauptgeschäft treiben; und die den Kaufleuten in dieser Hinsicht gleichge
stellten Personen, als rezipirte Buchhändler, Apotheker, Inhaber von Fabri
ken, die auf Grund erhaltener Befugniß zur See oder auf Strömen für
eigne Rechnung Schiffahrt Treibenden, der Kapitain eines Seeschiffs, so wie
überhaupt der, welchem die Führung eines solchen Schiffs anvertraut wor
den, und Juden, die nicht Staatsbürger sind (mit Ausnahme der Juden im
Großherz. Posen); — g. 475. K. 718—723 und Anh. §. 110, II. 8 A. L. R.
Ii) wirkliche Besitzer adlicher Güter, so wie solcher Erbzins - und Erbpachtgüter,
welche mit eigner Gerichtsbarkeit versehen, und als für sich bestehende Be
sitzungen unter einem bcsondcrn Namen ins Hypothckenbuch eingetragen sind;
so wie die Haupt- und Gcneralpächter landesherrlicher oder prinzlicher Acm-
ter. Doch muß in deren Wechsel stets das Bekenntniß der baar empfange
nen Valuta enthalten sein. — tz. 726 fg. §. 7ö9 Anh. K. III a. a. O.
c) Aktiengesellschaften, welche auf Gewerbe- oder Handclsuntcrnehmungen gerich
tet sind; — §. 9 des Ges. vom 9. November 1843 GS. S. 343.
<I) diejenigen, welchen in einem von ihrem ordentlichen persönlichen Richter er-
theiltcn Zertifikat die Befugniß zur Eingehung von wechselmässigcn Verbin
dungen ertheilt ist. — §. 738 fg. a. a. L.
Wechsel der hiernach nicht wechselfähigen Personen begründen keine Wcchselklagc.
Ausnahmen sind: «Z wenn Jemand, welcher überhaupt Darlehne aufzunehmen
fähig ist, an eine öffentliche Kasse oder Anstalt einen Wechsel ausstellt; so kann
er selbst wechselmässig belangt werden; b> wenn ein von nicht Wechselfähigen
ausgestellter Wechsel indossirt wirb, so haftet jeder wechsclfähige Indossant sei
nen Hintermännern wechselmässig. — §. 7Z0I). 833 Anh. Z. 113 a. a. O.
2) Schuldscheine, welche ein Kaufmann über den Betrag der auf Zeit gekauften
Waaren ausgestellt, heißen Handelsbillcts. — §. 125« das.
s) D. i. Anweisungen, welche ein Kaufmann in Handlungsgeschäften ausgestellt hat. —
§. 1251 daf.
4) Dahin gehören die Mamrcs und Starchos und andre dergl. an einigen Orten
übliche jüdische Geldscheine.
5) Die A. G. O. spricht zwar im Z. 2 vom wcchselmcissigen Verfahren aus Han-
delsbillets :c. in Folge Observanz. Das A. L. R. legt jedoch jenen Urkunden
nirgends auf Grund von Observanzen Wechselkraft bei. Es folgt daraus von
selbst, daß aus Handelsbillets zc. nirgends auf Grund einer Observanz der Wech-
selprozeß stattfinden kann.
e) Wird der Wechsel prolongirt, so läuft ein neues Jahr von dem prolongirttn
Verfalltage. Die Vorladung des Beklagten braucht übrigens nicht grade inner
halb des Jahres behändigt zu sein; wenn nur die Klage rechtszeitig angebracht
war. Ist der Wechselschuldner vor der Verfallzcit gestorben; so könne» auch
dessen Erben wechselmässig in Anspruch genommen werden. Berufen sich diesel
ben aber auf die gesetzliche Bedenkzeit (es. S. 286 Anm.Z, oder tragen gar auf
Eröffnung des Liquidationsprozesses an; so kann wider sie nicht wcchselmässig
verfahren werden. - Z. «96 fg. §. 9«3 fg. Anh. §. 116, ll. «. A. L. R.
410
auf dem Gericht; so muß der Vorgesetzte des Gerichts sofort, und ohne eine Sitzung
abzuwarten, einen Deputirten ernennen, welcher eben so unverzüglich die Klage so
vollständig, als möglich, aufnehmen muß. — §. 3 u. 7 Mt. 27, I. A. G. O.
II. In Betreff des Gerichtsstandes findet in Wcchselsachen keine Aus
nahme statt. Die Klagen sind daher im persönlichen Gerichtsstände des Beklagten ;
oder, wenn dieser im Jnlande kein Domizil hat, im Gerichtsstande des Aufenthalts
orts; oder im Gerichtsstände des Kontrakts, wenn Beklagter im Gerichtsbezirke, in
welchem die Wechselverbindlichkeit eingegangen ist, oder erfüllt werden soll, gegen
wärtig ist, was namentlich bei Meß- und Marktwechseln, so wie bei den an einem
gewissen bezeichneten Orte, oder aller Orten zahlbaren Wechseln zur Anwendung
kommen kann, anzubringen. — Z. 3, 41 fg. 153, I. 2 A. G. O.
III. Zur Begründung der Wechselklage gehört ins Besondre:')
1) die Beifügung des Originalwechstls, nebst den dazu gehörigen Protesten, Kon
traprotesten, und etwa sonst nach Beschaffenheit des Falles erforderlichen Doku
menten. Bor deren Beibringung kann keine wechselmässige Verfügung ergehen?
2) in sofern Beklagter nicht zu den Kaufleuten oder denjenigen Personen gehört,
welche diesen gleich zu achten, der sofortige Nachweis der Fähigkeit des Beklag
ten, sich wcchselmässig zu verpflichten. Ins Besondre muß Kläger, wenn die
Wechselfähigkeit des Beklagten auf einem dazu erhaltenen gerichtlichen Zertifikate
beruht, dies in bcglanbtcr Abschrift, oder doch ein gerichtliches Attest darüber,
der Klage sogleich beifügen. Nur
») bei Wechseln, die an öffentliche Kassen «der Anstalten ausgestellt werden, und
d) bei einem von dem Aktionair der Seeassekuranz-Gesellschaft zu Stettin der
selben ausgestellten Wechsel bedarf es diefes Nachweises nicht.
S) Endlich muß der Antrag „aus wechselmässige Zahlung," oder „auf Zahlung bei
Vermeidung der Wechselexckution" lauten. Ausnahmsweise kann der Antrag
gestellt werden
») auf Deposition bei Vermeidung der Wcchstlexekution,
a) wenn der Akzeptant einen ihm zugekommenen Avis von der vorgeblichen
Falschheit des Wechsels vorzeigt, und deshald Zahlung weigert;
b) wenn am Wechsel nach dessen Akzeptation Spuren der Verfälschung vor
kommen, und Akzeptant deshalb nicht zahlen will;
<-) wenn ein schon akzeptirter, nachher verloren gegangener Wechsel zur Zah
lungszeit nicht zum Vorschein gebracht wird, und der Bezogene der Ak
zeptation geständig ist, oder derselben sofort überführt werden kann, oder
wenn dieselbe im ordentlichen Prozeß nachgewiesen worden ist;
<y wenn der Wechselinhaber gestorben, und dessen Erben noch nicht legiti-
mirt sind, oder der Schuldner sich auf die Untersuchung einer nicht so
fort klaren Legitimation der Erben nicht einlassen will;
e) wenn über das Vermögen des Wechselinhabers Konkurs eröffnet ist.
b) Er kann ferner gestellt werden auf Sicherstellung bei Vermeidung der Wech
selexekution, 2)
a) wenn die Akzeptation eines gezogenen Wechsels wegen Mangel an Advis

2) Selbst aus einem in fremdet Sprache ausgestellten Wechsel ist, wenn derselbe
nur sonst die gehörigen Erfordernisse hat, Wechselklage zulässig. — Res. vom 27.
März 1817. Jahrb. 11, S. 221. — Der Nachweis dessen, daß die Firma, un
ter welcher der Beklagte sich verpflichtet hat, nicht gehörig bekannt gemacht sei,
gehört nicht zur Begründung der Klage. — Res. vom 31. Januar 1835.
2) Dabei kann mit der Klage auf Sicherstellung ein Arrestgesuch verbunden werden,
wenn Kläger es zu begründen vermag. — Res. vom 22. April 1840 I. M.
B. S, 15ö.
411
oder wegen fehlender Rcmesse verweigert wird, der Zahlungstag aber »och
nicht eingetreten ist;
i) wenn in der Zwischenzeit zwischen der Akzeptation des Wechsels bis zum
Verfalltage sich in der Person des Akzeptanten solche Umstände ereignen,
welche gesetzlich einen Arrcstschlag begründen;
wenn ein Wechsel nach aufgenommenem Proteste verloren geht, und Kla
ger sich durch bcglaubte Abschrift des beim Proteste aufgenommenen Pro»
tokolls zu legitimiren vermag. — §. 4, 5 I. Tit. 27 A. G. O. — Cab.-
Ord. vom 3. Januar 1816 GS. S. 93. — Bestat.-Urk, vom 12. März
1825 §. 5. GS. S. 42. — K. 73«d, 114«, 1158, 1171 fg. 8S1 fg.
1175, 1074 fg. 1085, 1179 fg. l. 8 A. L. N.
Verfügung auf die Wechsclklagc, und Vorladung der Parteien.
Z. 276. I. Jede Wechsclklagc wird vom Dezernenten im Kollegio gewöhnlichere
»lassen vorgetragen. Nur wenn Gefahr im Verzuge vorwaltet, und die Zulässig:
Kit des Wechselprozesses sowol in Ansehung der Beschaffenheit der zur Begründung
der Wechselklage beigebrachten Dokumente, als in Ansehung der persönlichen Fähig
keit des Beklagten, sich wechselmässig zu verpflichten, ganz klar und keinem Beden,
kcn unterworfen ist, muß der Vorgesetzte des Gerichts die Wechselladung sofort, und
ohne erst eine Sitzung abzuwarten, verfügen. — §. 8, I. 27 A. G. O.
II. Findet das Gericht auf jenen Vortrag die Wechselklage, sei es wegen Man«
gel der Wechselfähigkcit Seitens des Beklagten, oder wegen Mangelhaftigkeit der
Urkunden nicht zulässig; so muß es den Kläger durch Verfügung mit der Wech
selklage ab-, und zur Ausführung seines Anspruchs im sonst zulässigen Verfahren
verweisen. ' ) Dem Beklagten steht gegen diese Verfügung der Weg der Beschwerde
offen. Er kann aber auch in dem sonst zuständigen Prozeßverfahren nachweise»,
daß ihm ein wirkliches Wcchselrecht gegen Beklagten zustehe, und daß die Zweifel
des Richters ungegründet oder unerheblich waren. Hat er diesen Nachweis hinrei
chend geführt, so muß, wenn auch die Sache nicht im Wechselprozesse instruirt wor
den, dennoch wechselmässig erkannt werden. — §. 9, 10, I. 27 A. G. O.
III. Wird die Wechselklaze für zulässig erachtet, so erfolgt die Einleitung
des Wechselprozesses und Anberaumung eines Termins und zwar:
1) wenn der Gegenstand der Klage 5« Thlr. nicht übersteigt, vor dem Bagatell-
kommissarius ;
2) sonst aber im Großherzogthum Posen vor dem Kollegio in Gemößheit des Ges.
vom 9. Februar 1817; und in andern Provinzen vor einem zu ernennende»
Deputirten.
Zum Termin werden beide Theile vorgeladen, Kläger unter der Androhung der Ak-
tenweglegung, Beklagter unter der Warnung:
daß bei seinem Ausbleiben in contumsoisV wider ihn ver
fahren, und er zur Bezahlung der eingeklagten Summe
wechselmässig verurtheilt werden würde.
1) Wird aus einem bereits ergangenen rechtskräftigen Wcchsclerienntnisse von Neuem
im Wechselprozesse geklagt, so darf die Klage blcs aus dem Grunde, weil nur
im Mandatsprozcsse geklagt werden kann, durch Verfügung nichr zurückgewiesen
werden. — Res. vom 13. März 1835 Gr« ff, Koch :c. III. S. 571.
2) Die Frage: ob im entgegengesetzten Fall ein Wechselprozeß auf Antrag des Klä
gers in einen andern Prozeß umgewandelt werden könne? ist von den Rechts«
lehrern verschieden beantwortet. Die Bejahung der Frage dürfte wol das
Richtigere sein, da eine Umwandlung der schleuniger« Prozeßakten in die weni
ger schleunigen fast durchweg gesetzlich gestattct ist, und in der Wirklichkit sich
selten Schwierigkeiten dabei finden werden.
412
Der Vorladung an Beklagten wird Abschrift der Klage und deren Beilagen beige«
fügt. Sie ergeht,
s) wenn Beklagter am Orte, wo das Gericht seinen Sitz hat, sich aufhält, durch
blosse Dekretsabschrift,
d) wenn aber Beklagter ausserhalb dieses Orts wohnt, schriftlich unter des Gerichts
gewöhnlicher Unterschrift.') — 8. 11—14 a. a. O. — g. 1, 25, 27, Ges. vom
9. Februar 1817 GS. S. 37. — Res. vom 8. Dccember 1834. Jahrb. 44,
S. 365 l«f. Z. 71, V. S. 130).
IV. Der Termin muß übrigens
1) wenn Beklagter zu den Kaufleuten oder zu denen gehört, welche vermöge eines
Zertifikats zum Wechselausstellen qualifizirt sind, nicht leicht über 24 Stunden,
oder doch höchstens nicht über drei Tage hinaus angesetzt, und
2) wenn sich seine Wechselfähigkeit blos auf seine Eigenschaft als Besitzer üblicher
Güter, oder als Generalpächter Königlicher oder Prinzlicher Aemter gründet,
ebenfalls fo nahe als möglich, anberaumt, jedoch dabei auf die Beschaffenheit der
Umstände, und besonders auf die Entfernung des Wohnorts des Beklagten von
dem Sitze des Gerichts gehörige Rücksicht genommen werden. — z. 12, 1.27 A.G.O.
V. Die Behändigung der Vorladung geschieht auf die Z. 57—59 vor
geschriebene Art. Namentlich gnügt es, wenn die Insinuation der an den Beklag
ten gerichteten Vorladung in dessen Laden, Komtoir, Schreibstube oder gewöhnlichen
Behausung geschieht, wenn er auch daselbst in Person nicht zugegen wäre; da jeder
mit Wechselgeschäften sich Abgebende bei Entfernung aus seinem gewöhnlichen Auf
enthaltsort einen, mit Information und Vollmacht zur Besorgung solcher Angelegen
heiten Versehenen, zurücklassen muß.
Der Bote muß unverzüglich entweder schriftlich, oder dem Deputirten zum Pro
tokoll die Art und Weise der geschehenen Behändigung auf seinen Amtscid anzei
gen. — z. 13 u. 15 a. a. O.
VI. Die Termine in Wechselsachcn können auf Antrag des Beklagten 2) nicht
verlegt werden, den einzigen Fall ausgenommen, wenn klar erhellet, daß Naturbe
gebenheiten, oder andere unabwendbare Zufälle es dem Beklagten unmöglich machen,
den Termin persönlich, oder auch nur durch einen Bevollmächtigten
abzuwarten, s) — Z. 16 a. a. O.
Verhandlung im Termin.
Z. 277. Im Termine wird,
l. wenn Beklagter nicht erscheint, dies und der Antrag des Klägers zu
Protokoll vermerkt, und, falls die Vorladung gehörig bchändigt ist und der Antrag
des Klägers darauf lautet, vom Bagatellkommissarius und im Großherzogthum Po
sen vom Gerichtskollegio sofort, sonst aber in der nächsten ordentlichen, oder deshalb
besonders anzusetzenden ausserordentlichen Sitzung Kontumazialurtel abgefaßt, darin
das der Klage zum Grunde liegende Dokument für anerkannt erklärt, und Be
klagter zur Bezahlung wechselmässig verurtheilt.
Die für das Wechselverfahren in Naumburg gegebenen speziellen Vorschriften
siehe Anm. bei Z. 281, V.
2) Daß auf Antrag des Klägers Termine verlegt werden können, versteht sich wol
von selbst, da die auf Beschleunigung des Wechselprozesses gegebenen Vorschrif
ten lediglich zu Gunsten des Klägers ertheilt sind.
») Die Anbringung einer Litisdenunziation ist auch im Wechselprozeß in so weit
gestattet, als dadurch kein Aufenthalt in der Instruktion entsteht. Dies erge
ben, da hinsichtlich der Litisdenunziation für den Wechselprozeß besondre Bestimmun
gen fehlen, die allgemeinen Vorschriften Z. 247 fg. In einem Res. vom 22. Mai
1806 (Rabe 8, S. S95) wurde in Bezug auf dm Beklagten das Gegentheik an
genommen.
413
U. Erscheint Beklagter, in Person oder durch einen Bevollmächtigten; so
muß vor Allem der Wechsel nebst den etwa dazu gehörigen Protesten u. s. w. in
Gemäßheit der Vorschrift K. 124 (S. 203) zur Anerkennung oder Dissession vor
gelegt werden.
^. Erkennt Beklagter den Wechsel nicht an, erbietet er sich vielmehr
zur Dissession; so wird, wenn
1) Beklagter in Person anwesend ist, und Kläger s) ihn zum Diffessions«
eide läßt, dieser Eid ihm sofort abgenommen,') und damit das Verfahren ge
schlossen, d) Wenn aber Kläger ihn zu diesem Eide nicht verstatten; vielmehr
die Richtigkeit der Hand durch Zeugen oder Verglcichung der Handschrist dar-
thun will; so muß mit Aufnahme des Beweises nach §. 125 und K. 126 verfah
ren, 2) und zwar den Parteien dazu die nöthige Seit verstattet, in der Sache
selbst aber demnächst gleichwol wechselmässig erkannt werden.
2) Ist dagegen Beklagter nicht in Person, sondern durch einen Be
vollmächtigten erschienen, und dieser entschuldigt
s) das Ausbleiben des Beklagten durch eine vor Behöndigung der Klage unter,
nommene Reise; so kann Kläger ss) darauf bestehen, daß der Bevollmäch
tigte des Beklagten dahin schwöre:
daß nach den vom Beklagten ihm anvertrauten, oder sonst in seinen Hän
den befindlichen Büchern, Korrespondenz und andern Skripturen, und
nach den ihm bekannten Dispositionen seines Prinzipals, ihm hon der
Ausstellung, Akzeptation oder Jndossirung des eingeklagten Wechsels Nichts
vorgekommen sei, er ihn daher für unrichtig halte, und gewiß glaube, daß
sein Prinzipal denselben diffitiren werde.
Leistet der Bevollmächtigte diesen Eid; so steht es alsdann in der Wahl des
Klägers, ob er den Termin bis zur Surückkunft des Beklagten, deren «hn-
geführen Zeitpunkt der Bevollmächtigte angeben muß, verlegen lassen wolle;
«der verlange, daß der Wechsel dem Beklagten nachgeschickt werde. Im letz
ten Falle muß der Bevollmächtigte einen Ort namhaft machen, wohin die
Nachsendung geschehen könne; und das Gericht dieses Orts muß requirirr
werden, den Wechsel dem Beklagten zur Rekognition oder Dissession vorzu
legen. — Will aber der Bevollmächtigte vorstehenden Eid nicht schwören,
oder verweigert er die Anzeige eines Orts, wo die Vorlegung an den Prin
zipal geschehen könne; so kann auf die von ihm etwa offerirtc Dissession keine
Rücksicht genommen, sondern der Wechsel muß in cootumscism für rekognos-
zirt geachtet werden. — dli) Will Kläger den Bevollmächtigten zu diefcm Eide
nicht lassen; so steht ihm frei, die Richtigkeit der Hand- und Unterschrift
durch Zeugen oder Verglcichung der Handschrift nach Maasgabe der Be
stimmung Nro. 1 nachzuweisen. Ist dieser Nachweis hinlänglich beigebracht
worden; so muß vorläufig auf gerichtliche Niederlegung oder annehmliche
>) Der Diffessionseid wird in Gemäßheit des 8- 124, II. (S. 203 fg.) normirt.
Nur bei Dissession des Akzepts wird er, da der Bezogene oder dessen Prokurist
ihn eigenhändig geschrieben haben muß, dahin zu normiren sein:
daß weder Verklagter, noch sein Prokurist den Akzept selbst geschrieben habe.
2) Ein von einem vereideten Mäkler atteftirter Wechsel kann nicht eidlich diffitirt
werden. (S. 1378, II. 8 A. L. R.). In wie weit in Bezug auf den Beweis
durch Vergleichung der Handschrift Beschränkungen statt finden, ist oben §. 126, 1.
Vorgeschrieben. Demnach findet in Bezug auf die blosse Unterschrift des Wech
sels die Vergleichung gar nicht; wenn der Unterschrift auch der Karakter oder
Wohnort beigesetzt ist, nicht gegen die Erben des Wechselbeklagten; wenn aber
mehre Worte oder Zeilen beigefügt sind, mit voller Wirkung statt. — Z. 919—
SU, II. s A. L. R., . , - . - . :
87
Sicherftellung der eingeklagten Summe erkannt, und dies Trkenntniß in das
Vermögen des Beklagten vollstreckt werden.
d) Ist Beklagter wegen bescheinigter Krankheit ausgeblieben; so muß mit
Abnahme des Diffessionseides, in sofern es nach Maasgabe des «nter Rro. 1
Gesagten darauf ankommt, in seiner Behausung verfahren werden. Wird
jedoch der Beklagte vom Deputirten fo krank befunden, daß dergleichen Hand
lung von ihm mit Bewußtsein und Ueberlegung nicht vorgenommen werde»
kann; so muß die Eidesabnahme bis zu seiner Besserung ausgesetzt, oder,
wmn die Krankheit in anhaltende» Wahn- oder Blödsinn ausartet, ihm ein
Kurator bestellt, und gegen diesen die Sache fortgesetzt werden.
«) Ist Beklagter, in dessen Ramen ein Bevollmächtigter die Diffession anbietet,
ohne alle scheinbare Ursache a»sgeblieben; so muß auf die angegebene
Diffession gar nicht geachtet, sondern der Wechsel in contumseism für re-
kognoszirt angenommen werden.
L. Erkennt Beklagter den Wechsel an; so muß er vernommen werden:
ob und was er entweder gegen die Form und Wechselkraft des Instruments, oder
gegen die Forderung selbst einzuwenden habe. — §. 17—25, I. 27 A. G. O.

Von den im Wechselprozeß zulässigen Einwendungen, und Wer«


' v' Handlung darüber.
Z. 278. I. Im Wechselprozeß sind ausser dem Einwand der Zahlung
nur solche Einwendungen zulässig, welche aus dem Wechselrechte selbst ent
nommen'), und sofort durch Urkunden, ?) Eideszuschiebung oder Aussagen solcher
Zeugen, die sogleich zur Stelle gebracht sind, dargethan werden. — Auswärtige Zeu-
genverhöre, wenn sie gleich im Termine beigebracht worden, gelten nur so weit, als
sie mit Zuziehung des Gegcntheils oder eines von ihm selbst bestellten Bevollmäch
tigten aufgenommen worden. ->) — Z. 26 a. a.O. — Z. 916^918, Tit. 8 II.A.L. R.
II. Einwendungen dieser Art muß der verhandelnde Richter im Pro
tokoll gehörig auseinandersetzen, den Kläger darüber vernehmen; in sofern sie auf
Thatsachen beruhn, und vom Klager geläugnet werden, die vom Beklagten darüber
zur Stelle gebrachten und nach den Gesetzen zulässigen Beweismittel sofort aufneh
men, den Rechtspunkt in Ansehung beider Theile nöthigenfalls von AmtSwegen be
obachten, und solchergestalt die Suche zum Definitiverkenntnisse instruiren. — §. 27,
Z. 27 «. G. Q.
III. Bedient sich Beklagter zur Begründung eines solchen Ein-
wandes der Eideszuschiebung; so muß Kläger sich über Annahme oder Zu-
riickschiebung sofort erklären, und der Eid muß noch in demselben Termin abgenom-
,) Dahin gehören z. B. der Einwand der nicht erhaltenen Valuta von Seiten des
Ausstellers selbst erhoben, wenn entweder der Empfänger klagt, oder zwar ein
Dritter Kläger ist, aber s) der Wechsel nicht auf Order lautet, und Aussteller
das Indossament nicht schriftlich ohne Vorbehalt genehmigt hat, oder b) bei
Wechseln auf Order Aussteller nicht zu den Kaufleute» oder den diese» gleichge
stellten Personen gehört; §. 923, 1242 fg. II. 8 A. L. R. ferner der Einwand
der Kompensation, in sofern die Gegenforderungen aus Wechselgeschäften entsprin
gen, und sich zur Kompensation eignen; Z. 923 a. a. O. u. f. w. .
s) Als solche Urkunden werden hauptsächlich die vom Kläger, oder dem diesen Ver
pflichtenden ausgestellten, sowie die, welche keiner Rekognition bedürfen (Z. 123),
anzusehn sein. Urkunden Dritter, wenn sie nicht anerkannt, oder vom Ausstel
ler sofort im Termine bestätigt werden, verdienen keine Berücksichtigung.
5) Ist der Gegentheil zum Termin Behufs Vernehmung der Zeugen vorgeladen, je
doch nicht erschienen; so wird das Zeugenverhör als giltig erachtet werden müs
sen; denn der Gegner ist dann als zugezogen zu erachten. ,> <
415
men, alsdann aber, wenn Parteien sich darüber nicht einigen können, nach Maas«
gäbe de« Z. 14« (S. 238) verfahren werden. ')
1) Ist Kläger nicht in Person gegenwärtig, und hat auch seinen BevollmSchtigtm
über die Annahme oder Rückschiebung eine« solchen Eides mit hinlänglicher In
formation nicht versehen; so muß zur Beibringung der desfalsigen Erklärung
der Termin verlegt werden. Kläger hat in diesem, so wie im Falle, wenn ein
auswärtiges Gericht um Abnahme des Eide« von ihm requirirt werden muß,
die durch den Verzug entstehenden Folgen sich beizumessen.
2) Ist Beklagter, welchem ein Eid zu - oder zurückgeschoben wird, nicht in Person
gegenwärtig; so muß er innerhalb vier und zwanzig Stunden zur Ableistung
des Eide« sich in Person stellen, oder der Bevollmächtigte muß, wenn der Termin
dazu weiter hinausgesetzt werden soll, binnen eben dieser Frist die streitige Summe
ins Depositorium einzahlen. Geschieht weder das eine noch das Andre, so ist
Beklagter dafür, daß er nicht schwören wolle oder könne, zu achten, und dem
gemäß zu erkennen. — 28 a. a. O.
IV. Setzt der Wechselbeklagte Einwendungen entgegen, die nicht sofort
liquid zu machen sind, sondern einer nähern Erörterung bedürfen; so muß der
verhandelnde Richter sie im Protokoll ganz kurz bemerken, sich aber weder bei ihrer
nähern Erörterung, noch bei Aufnahme der dafür angegebenen Beweise aufhalten.
(§. 282). §. 29 a. a. O.
Bon Abfassung und Publikation des Erkenntnisses,
g. 279. I. Deduktionen sind im Wechselprozeß niemals zulässig. — §. 30
a. a. O.
II. Die Abfassung des Erkenntnisses erfolgt,
1) wenn die Sache vor dem BagatellkommissariuS schwebt, durch diesen sofort nach
der im Klagebeantwortungstermin geschehenen Abschlicssung der Instruktion, und
falls nach §. 278, III. ein besonderer Termin zur Eidesabnohme nöthig war, irr
diesem Termin, oder nach Eingang der auswärtigen Verhandlung. Ein Erkennt-
niß muß der Bagatellkommissarius auch dann abfassen, wenn Beklagter sich kon-
tumaziren läßt;
2) in den im Großherzogthum Posen nach der Vererb, vom 9. Februar 1817 zu
verhandelnden Wechselprozessen ebenfalls im anstehenden Audienztermin , nach
Bortrag der Sache durch die Parteien, und wenn ein Eid abzunehmen oder
Zeugen zu vernehmen sind, nachdem dies geschehen.
In diesen beiden Fällen (1 u. 2) wird dann das Erkenntniß den etwa noch
anwesenden Parteien oder Bevollmächtigten sofort publizirt.
3) In den vor einem Deputirten verhandelten Wechfelprozeffm nnUcn die Akten
sofort nach Abhaltung des ZnftruktionStermins und Abschluß der Sache zum
Spruch vorgelegt, und wenn das Gericht bei den Verhandlungen Nicht« zu er
innern findet, in sofern der Termin an einem Gerichtstag anstand, noch an die
sem, sonst am nächsten Gerichtstage, oder wenn Ferien sind, bei einer sofort zu
veranlassenden ausserordentlichen Sitzung, oder auch durch schriftliches ungesäum
tes Votiren das Erkenntniß abgefaßt werden. — z. 17, 3« a. a. O. — 8. 33
39, Berordn. vom S. Februar 1817. — z. SS, S3 Ges. vom 1. Juni 1833.
') Verlangt Kläger die Eidesleistung noch vor Abfassung des Erkenntnisses, so muß
beim Streit über die Erheblichkeit oder die Norm durch Verfügung des Gerichts
der Streit entschieden werden. Dem Kläger könnte sonst zu erheblicher Nach
theil entstehen, weil er, wenn auf den zugeschobenen Eid erst erkannt würde, vor
Rechtskraft des Urtels nicht Erekution suchen könnte. — Res. vom ö. Au»
gust 1SSS. Jahrb. 48, S, 220.
456
M. Bei Entwurf des Erkenntnisses muß zugleich die Ausfertigung desselben
und die Aufertigung an die Parteien und resp. deren Bevollmächtigte verfügt, und
dies, sowie die Behändigung, aufs Schleunigste und nach Maasgabe des §. 183 ver
anlaßt werden. — Alleg. bei 8> 183.
Von den im Wechfelprozeß zulässigen Rechtsmitteln.
Z. 280. I. Gegen die im Wechselprozeß ergehenden Kontumazialbescheide findet
das Rechtsmittel der Restitution niemals statt. Dies Rechtsmittel ist
jedoch gegen die im Wechselprozeß ergehenden Purifikationsresolutionen nach Maas
gabe der Borschrift des §. 190 (S. 291) zulässig. — §. 19, I. 27 A. G. O. —
Ges. vom 28. März 184« GS. S. 102.
II. Ausserdem können gegen die im Wechselprozeß ergehenden Erkenntnisse ein
gewendet werden, und zwar
1) gegen Erkenntnisse erster Instanz , -,
») wenn das Objekt der Beschwerde 5« Thlr. nicht übersteigt, das Rechts
mittel des Rekurses;
d) wenn der Gegenstand der Beschwerde 50 Thlr. übersteigt, die Appellation;
2) gegen die in der Appellationsinstanz ergangenen Erkenntnisse
s) das Rechtsmittel der Revision dann, wenn die beiden ersten Urtel
ganz «der zum Theil verschiedenen Inhalts sind, und der dieser Verschieden
heit unterliegende Theil der Beschwerde mehr als 500 Thlr. beträgt;
d) in allen andern Fällen das Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwer
de. ') — Z. 31 u. 44, I. 27 A. G. O. — K. 2 fg. Verord. vom 14. Dec. 1833.
HI. Bei Einlegung dieser Rechtsmittel und bei Verhandlung und
Entscheidung darüber finden die Vorschriften Titel 7, Absch. 3 u. 4. (S. 293
—S23) und Tit. 8, Absch. 1 u. 2 (S. 326—362), in so weit sie nicht blosse Aus
nahmen für spezielle Prozeßarten enthalten, ebenfalls, jedoch unter folgenden
Maasgaben Anwendung:
2) das Rechtsmittel der Appellation ist nur in sofern zuzulassen, als die er
hobenen Beschwerden mit der Natur des Wechselsprozesses beste
hen können. 2) Kläger kann also nur darüber, daß dem ausgeklagten In
strumente die Wechselkraft abgesprochen, oder daß der Beklagte zur eidlichen Dis-
fession verstattet, oder daß ein von demselben entgegengesetzter Einwand für li
quid, welches er doch nicht sei, angenommen worden; sowie der Beklagte nur
darüber, daß der erste Richter dem Instrumente die Wechselkraft beigelegt, oder
ihn zu der offerirten eidlichen Diffession nicht verstattet, oder einen von ihm ent
gegengesetzten Einwand als illiquid verworfen habe, Beschwerden anbringen.
2) Alle 4 unter II. gedachten Rechtsmittel müssen innerhalb zehn Tagen, von
Zustellung des Urtels an gerechnet, bei Verlust derselben angebracht werden. Re
stitution wegen versäumter Frist findet auch hier nicht statt.
3) Hinsichtlich der Beschleunigung des Verfahrens gelten auch hier die für
die erste Instanz gegebenen Vorschriften. Ins Besondre muß
«) wenn der Appellationsbericht nicht schriftlich und vollständig eingereicht wor-
i) Wegen Berechnung der Beschwerdesummen gelten überall die Vorschriften Z. 69,
S. 126 fg.
s) Dies ist die Regel. Die nun folgenden Fälle sind Beispiele. Daß dadurch die
Regel nicht erschöpft ist, versteht sich von selbst. Erelinger und GrSff
(Wechselrecht S. 472) führen als Fälle, in denen Appellation zulässig, noch an:
wenn wegen Berechnung der eingeklagten Summe, oder wegen einer irrigen
Folgerung aus den durch den Protest konstatirten Verhältnissen Beschwerde er
hoben wirb. ' ' v " '
417>
den, der Appellant mit seinen Appellationsbeschwerben unverzüglich vernom
men und
b) demnächst Appellat zu einem nicht leicht über 48 Stunden hinaus anzusetzen
den Termin Behufs Gegenvernehmung mittelst Dekrctsabschrift, unter Mit«
theilung dcrAppellationsbeschwcrden und unter der Warnung vorgeladen werden,
ss) wenn keine neuen Thatsachen «der Beweismittel im Appellationsbericht
vorkommen:
daß angenommen werde, er submittire auf die Akten erster Instanz
und gewärtige die Spruchvorlcgung z
dd) wenn Kovs im Appellationsbericht vorkommen:
daß mit deren Instruktion in contumaciam verfahren, und die
Spruchvorlcgung erfolgen werde.
c) Ist der Appellationsbericht schriftlich und vollständig eingereicht, und Appel«
lat mit einem Bevollmächtigten versehen ; so wird, wenn in jenem keine neuen
Thatsachen oder Beweismittel enthalten, dem Bevollmächtigten des Appel«
laten der Bericht zur Erwiderung binnen einer nicht leicht über drei Tage
hinauszusetzenden Frist zugefertigt, und mit Ablauf dieser Frist, wird die
Instruktion des Appcllatorii geschlossen, die Gegcnausführung mag eingegan
gen sein, oder nicht.
4) In der Appellationsinstanz sind neue Thatsache» und Beweismittel nur
in eben dem Umfange zulässig, wie dies in erster Instanz nach §. 278 vorge
schrieben ist. Einwendungen und Thatsachen, welche daher im Termine selbst
nicht liquid zu machen sind, gehören zur Separatverhandlung (§. 282). Kom
men im Appellationsbericht neue zulässige Thatsachen und Beweismittel vor, s»
muß Appellat mit seinen zur etwanigc» Widerlegung oder zur Bekräftigung de<
vorigen Erkenntnisses vorzubringenden Erklärungen gehört, und mit der In«
ftruktion des Appellatorii nach Maasgabe der für die erste Instanz §. 277 ge
gebenen Vorschriften verfahren werden.
ö) Nach Verhandlung über die Rechtsmittel müssen die Akten unverzüglich dem
höheren Spruchrichter zugesendet werden. Bei Einsendung sowvl zum
zweiten als zum dritten Spruch ist ausdrücklich zu bemerken, daß sie
eine Wechselsache zum Gegenstande haben.
ö) Der Appellationsspruchrichter ist schuldig, längstens in acht Tagen nach
Eingang der Akten das Erkenntniß abzufassen, und an den vorigen Richter zur
Publikation zu senden.
7) Findet der Appellationsrichter, daß in der Sache keine Wechselklage, und
also auch kein mechselmässiges Verfahren hätte stattfinden sollen; so muß er den
Kläger mit der angestellten Wechselklage abweisen, ohne sich eines Erkenntnisses
über den anderweiten Grund oder Ungrund seiner Forderung anzumassen, oder
die Sache durch ein Resolut zu dem zulässigen Verfahren zu verweisen. — Z. 31
—44, I. 27 A. G. O. — Z. 14 Deel, vom 6. April 1839 GS. S. 131.
Von Vollstreckung der Wechselerkenntnisse.
§. 281. I. Die Einlegung der Rechtsmittel im Wechselprozcß hat Devolu
tiveffekt. Die Wechselexekution kann daher vom Kläger aus dem ersten, den Be
klagten verurtheilenden Erkenntnisse sofort bei dessen Eröffnung und ohne Rücksicht
auf die Zulässigkeit eines Rechtsmittels oder die wirklich erfolgte Einlegung desselben,
nachgesucht werden. Gleiches gilt in Bezug auf das zweite wechselmässig vcrurthei-
lende Erkenntniß, wenn auch das erste Urtel den Kläger von der Wechselklage ent
bunden hätte. Ist Beklagter in erster Instanz verurtheilt, in zweiter aber losgespro
chen, und vom Kläger dagegen revidirt worden; so hat die Vollziehung des ersten
M
Urtels nichts desto wenig« so lange Fortgang, bis das Mite Urtel «chtskröistig ge
worden ist.') — Z. 33, 44 Anh. §. 186, I. 27 A. G. O.
II. Auch aus Vergleichen, welche im Wechselprozeß über Wechselverpflich-
tungen gerichtlich abgeschlossen worden, findet die Wechselexekution statt. — 8. 1
Werordn. vom 4. März 1834 GS. S. 31.
III. Gegen die Wechselexekution kann sich Beklagter nur durch haare Ein
zahlung der erkannten Summe nebst Zinsen und Kosten in das ge
richtliche Depositum, 2) und auch damit nur alsdann schlitzen,
«) wenn er entweder vom Erkenntnisse appellirt, oder
d) bei der Separatverhandlung seiner Einwendungen (8. 282, II.) solche Umstände
beigebracht hat, die nach Abschn. 5 d. Tit. einen Arrestschlag begründen können. —
Z. 51, I. 27 A. G. O.
IV. Das Recht zur Wechselexekution gibt dem Wechselgläubiger die
Wefugniß, sofort, und mit Uebergehung der übrigen Exekutionsgrade
Personalhaft des Schuldners,«) und gleichzeitig auch die Exeku
tion in das Vermögen desselben zu suchen.'') Dies gilt auch in Bezug
«uf wechselfähige B e a m t e und P e n s i o n i st e n. Nur die im aktiven Dienst stehenden
Offiziere s) sind der Personalwechstlexckution nicht unterworfen, und eben so ist
gegen Aktiengesellschaften, welche kaufmännische Rechte haben, die Wechselexe-
Zution nur in das Vermögen der Gesellschaft zulässig. — I. 3 Ges. vom lt. Mai
1839 GS. S. 173. — Anh. 8> 174 zu 8- 142, Tit. 24, I. A. G. O. — Res.
vom 18. September 1826 Gräff, Koch zc. Erg. III. S. 551. — 's, 9 Ges. vom
V. November 1843 GS. S. 343.
V. Die vom Kläger beantragte Wechstlexekution muß, in so weit sie begrün
det, sofort »erfügt werden. Bei Personalexekution muß der Exekutor, wenn
Zahlung innerhalb drei Tagen nicht erfolgt, den Schuldner unverzüglich, und ohne
«eitere Rückfrage zum Gefängnisse Behufs Personalhaft °) abliefern. Eine blosse
i) Ist daher Beklagter auf Grund des ersten Urtels zur Haft gebracht, so kann,
wenn das zweite Urtel ihn von der Wechstlexekution entbindet, er dennoch nicht
eher der Haft entlassen werden, als bis das zweite Urtel rechtskräftig, also ent
weder in Revisor!» bestätigt, oder die Revisionsfrist verstrichen ist. Res. vom
11. Oktober 1814. Jahrb. 4, S. 199. Steht also gegen das zweite Ur
tel keine Revision zu, so muß Beklagter sofort nach Erlaß des freisprechenden
zweiten Urtels entlassen werden.
^) Andre Beispiele der Deposition sind Z. 275, III. 3 3. bezeichnet. Uebrigens kann
in allen Fällen, in welchen gerichtliche Deposition statt findet, dem Kläger die
Auszahlung gegen hinlängliche Kaution nicht geweigert werden. — 8» 325, II.
8 A. L. R.
«) Die Gerichtsbehörden sind zur Beschaffung eines Lokals zu Vollstreckung von
Wechselarresten verpflichtet. Dem Wechselgläubiger liegt daher nicht die Ver
bindlichkeit zur Ermittelung und Bezahlung eines solchen Lokals ob. — Cab.-
Ord. vom 1. November 1831 Gräff, Koch zc. Erg. III. S. 584.
4) Der Anh. 8» 188, nach welchem der Wechselglä'ubiger , wenn er ein Pfand in
Händen hat, ohne dessen Herausgabe Pcrsonalexekution nicht nachsuchen könne,
ist nun dahin modifizirt, daß Jener Personalexekution und gleichzeitig Exekution
in dies Pfand suchen kann.
5) Die auf Jnaktivitätsgehalt gesetzten, und die mit Pension zur Bisposition ge
stellten Offiziere sind in dieser Hinsicht den aktiven Offizieren gleich zu achten.
Res. vom 5. December 1823. Jahrb. 22, S. 176. Cab.-Ord. vom 4. Mai
1837 GS. S. 98. — Pensionirte, ferner auf Wartegeld stehende und beurlaubte
Landwehr-Offiziere sind von Personalmechselerekution nicht frei. — Cab.-Ord.
vom 6. Oktober 1823 GS. S. 167. — Res. vom 3. December 1824 und vom
18. September 1826. Gräff, Koch zc. Erg. III. S. 551 fg.
») Wird ein Apotheker zur Wechselhaft gebracht, fs muß er für den Fortgang fei
nes Geschäfts wahrend des Arrestes selbst sorgen. — Res. vom 14. Oktober 1833.
Wrsff, Koch zc. Erg. III. S. SS3 fg.
4l9
Observation ausserhalb des Gefängnisses findet nicht statt. — Auf Handelsplätzen,
wo nach dem eingeführten Gerichtsgebrauch kürzere «der gar keine Fristen üblich
find, und der Schuldner, wenn er nicht gleich nach publizirtem Urtel Zahlung lei
stet, sofort im Personalarreste behalten wird, hat es bei dieser Verfassung lediglich
sein Bewenden. ' )
2) Für Naumburg a. S. schreibt die Verord. vom 4. Juni 1819 (GS. S. 14>
im Z. 4—18 in Bezug auf das dortige Verfahren und die Exekution in dorti
gen Wechselsachen folgende Abweichungen vor:
§. 4. Wird eine Wechsclklage angebracht, und ist solche nach Vorschrift der.
Gesetze begründet, so soll nach dem Ermessen des Gerichts entwcder der Beklagte
sofort vor das Gericht abgeholt, oder eine Deputation zu ihm in seine Woh
nung abgeordnet werden.
§. ö. Bon diesem Augenblicke an bleibt der Beklagte unter beständiger Ob
servation des Gerichts, bis nach den folgenden Bestimmungen entwcder der Wcch-
selarreft oder feine Entlassung verfügt wird.
K. 6. Sogleich, nachdem der Beklagte vor das Gericht gestellt worden, oben
die zu ihm abgeordnete Deputation ihn angetroffen hat, wird ihm der Wcchsc5
ncbst den sonst zur Begründung des Anspruchs erforderlichen Urkunden im
Original vorgelegt, und derselbe zu seiner Erklärung darüber mit dem Bedeu-
ten, daß bei deren Verweigerung die Urkunden für anerkannt geachtet werden,
aufgefordert.
§. 7. Nach dieser Aufforderung und Verwarnung ist der Beklagte schuldig,
sich sofort über die Rekognition oder Diffession der ihm vorgelegte» Originalur
kunden, und über seine etmanigen Einwendungen dagegen zu erklären.
§. 8. Verweigert er die ihm abgeforderte Erklärung, oder rekognoszirt er
ohne Einwendungen, und leistet nicht sogleich volle Zahlung; so wird auf de»
Antrag des Klägers der Wechfclarrcst auf der Stelle vorläufig verfügt, und
demnächst zu Bestätigung desselben, noch an demselben Tage auf das, über die,
Verhandlung aufgenommene Protokoll, im ersten Falle ein Kontumazialerkennt-
niß, im letzten Falle ein Agnitionsbescheid abgefaßt, und den Parteien publizirt.
K. 9. Erbietet sich Beklagter zur Diffession, und Kläger will ihn dazu »er
statten; so wird der Diffessionseid sofort abgenommen, der Beklagte entlassen,
und demnächst ein Erkcnntniß über die Folge des geleisteten Eides publizirt.
j. 10. Will ihn der Kläger dazu nicht verstatten, sondern die Richtigkeit der
Handschrift durch Zeugen oder Vergleichung der Schriftzüge darthun, so wird
nach Vorschrift §. 21, I. 27 A. G. O. (277, II. ä,. 1 K.) verfahren, der Be
klagte aber einstweilen entlassen, bis ein Erkenntniß gegen ihn vorhanden ist.
§. 11. Rekognoszirt der Beklagte die ihm vorgelegten Urkunden, und schützt
dabei Einwendungen vor; so hat das Gericht zu prüfen: ob diese sowol an sich,
als hinsichtlich der Beweismittel nach gesetzlicher Vorschrift (z. 278) im Wech
selprozeß zulässig sind. Ist dies der Fall, so muß zwar mit Instruktion dcr
Einwendungen verfahren, nichts desto weniger aber zugleich der vorläufige Wech-
selarrest verfügt werden.
ß. 12. Der Arrest findet jedoch im Z. 11 bezeichneten Falle nicht statt, wenn
der Beklagte seine Einwendungen durch Urkunden, welche entweder keiner Re
kognition bedürfen, oder vom Kläger sofort rekognoszirt werden, oder gegen die
sen wegen gänzlich verweigerter Erklärung, nach vorausgegangener Warnung,
zur Strafe des Ungehorsams für anerkannt zu achten sind, auf der Stelle liquid
macht, und aus selbigen die gänzliche Befreiung des Beklagten folgt.
Z. 13. Gleichergestalt ist der Wcchselarrest bei erfolgter Rekognition des Wech
sels und Aufstellung anderer Einwendungen unzulässig, wenn zwar diese Ein
wendungen nicht sofort durch Urkunden liquid gemacht werden können, die aus
selbigen gefolgerte Grundlosigkeit des gemachten Anspruchs noch zweifelhaft ist,
der Beklagte aber die eingeklagte Forderung an Kapital, kursmüsfigcm Agio und
Zinsen nebst einem, nach dem Ermessen des Gerichts zu bestimmenden Kosten-
quanto, unbeschadet seines Rechts, zum gerichtlichen Deposits baar einzahlt, oder
eine, dem Kläger, und im streitigen Falle dem Gericht, annehmliche Sicherheit
deshalb bestellt.
§. 14. Dem Kläger muß in dem zuletzt gedachten Falle der Deposition die
depomrte Summe ausgeliefert werden, wenn er eine dem Beklagten, und im
streitigen Kalle dem Gericht, annehmliche Sicherheit dafür bestellt.
42»
Die beantragte und verfügte Realexekution wirb durch sofortige Siegelung
und Beschlag des Mobiliarvermögens realisirt. Erfolgt binnen 24 Stunden nach
«erhängter Siegelung nicht Zahlung; so kann Kläger auf gerichtliche Versteigerung
der gepfändeten Effekten antragen. Nur der Antrag auf Eröffnung des Konkurses
über des Schuldners Vermögen hemmt die Versteigerung; und der Wechselgläubiger
erlangt durch die ausgebrachte Beschlagnahme
1) kein Vorzugsrecht, wenn der Konkursantrag innerhalb 24 Stunden nach Siege
lung erfolgte;
2) das Vorrecht der fünften Klasse auf Höhe des Werths der auf seinen Antrag
mit Beschlag belegten Effekten, wenn der Konkurs später beantragt, und vor
seiner Befriedigung eröffnet worden. — §. 45—50 und Anh. z. 187, Tit. 27,
I. A. G. O.
VI. Ein Wechselschuldner, welcher auf den Antrag eines oder mehrer Gläubi
ger zur persönlichen Haft gebracht wird, ist derselben nach Ablauf von fünf
Jahren zu entlassen, und darf auf den Grund früher vorhandener Wechselschulden
auch nicht von Neuem verhaftet werden. Eine Verlängerung der Hast über diese
fünfjährige Dauer ist nur dann zulässig, wenn zugleich nachgewiesen wird, entwe
der, daß Wahrscheinlichkeit vorhanden sei, dem Gläubiger durch den fortdauernden
Arrest ein Mittel zur Befriedigung zu gewähren, oder, daß der Schuldner durch
einen unmoralischen Lebenswandel sein Unvermögen sich zugezogen hat. Wegen
Wechselschulden, welche nach Ablauf der fünfjährigen Haft entstanden sind, ist die
persönliche Haft in den vorstehend gedachten Grenzen ebenfalls zulässig. ^ z. 1 u. 2
z. 15. In allen Fällen muß, mit möglichster Beschleunigung, ein Erkenntniß
abgefaßt, und publizirt werden, worauf wegen der dagegen stattfindenden Rechts
mittel und deren Wirkung die Vorschriften der A. G. O. eintreten. (§. 280.)
§. 16. Ist der Beklagte durch das publizirte Erkenntniß zur Zahlung ver-
urtheilt, so wird er, wenn er nicht sogleich nach erfolgter Publikation entweder
an den Kläger, oder in den Fällen Z. 281, III. in das gerichtliche Depositum
Zahlung leistet, auf den Antrag des Klägers sofort zum Arrest gebracht, oder,
sofern dieser in den oben bestimmten Fällen schon vorher verfügt war, in selbi
gem behalten, ohne daß es der K. 45, I. 27 A. G. O. (§. 281, V.) vorgeschrie
benen Erekutionsfrist bedarf.
Z. 17. Vermöge der herkömmlichen Meßfreiheit, welche in beiden Messen vom
Einlauten derselben am Montage der eigentlichen Meßwoche Mittags 12 Uhr
bis zum Auslauten am Montage darauf ebenfalls 12 Uhr währt Eab.-Ord.
vom 17. März 1831 GS. S. 7), kann in der Regel weder der Wechselarreft,
noch sonst ein Real- oder Personalarrest, sondern auf gehörig begründete Arrest
gesuche nur das Gebot, sich vor geleisteter Zahlung noch vor Ablauf des Zah
lungstages, nicht von der Messe hinwegzubegeben, verfügt werden.
§. 18. Ausnahmen von diefer Regel finden nur in folgenden 3 Fällen statt:
») wenn Jemand die Meßfreiheit zum Nachtheile seiner Gläubiger misbrauchen
will, welches dann anzunehmen ist, wenn er, ungeachtet des, nach z. 17 d. B.
enthaltenen Verbots, gleichwol Anstalt macht, die Messe zu verlassen;
1>) wenn der Aussteller des Wechsels in diesem entweder der Meßfreiheit aus
drücklich entsagt, oder die Verfallzeit auf einen gewissen, in der Zeit der
Meßfreiheit fallenden Tag gesetzt hat;
c) wenn der Wechselscbuldner, nach vorausgegangener Ladung, welche jedoch wäh
rend der Meßfreiheit nicht auf die Z. 4 d. V. bemerkte Art, sondern nur in
Gemäßheit des Z. 11, I. 27 A. G. O. (276, M.) erlassen werden kann, vor
Gericht erscheint, und den Wechsel ohne Vorschützung der Meßfreiheit an
erkennt,.
Erscheint der Beklagte nicht, so wird nach Vorschrift Z. 11, I. 27 A.
G. O. zwar weiter in eontumsvism verfahren; es findet jedoch während
der Meßfreiheit, in sofern nicht eine der bestimmten Ausnahmen eintritt,
nach §. 17 d. V. kein Arrest statt.
§. 19. So weit nicht in dieser V. Abweichungen von den Vorschriften der
A. G. O. ausdrücklich bestimmt worden, finden diese überall Anwzndung. , ,
42!
Ges, vom lt. Mai 1839 GS. S. 173.- Eab.-Orb. vom 11. Oktober 183S GS.
«. 329. — Eab.-Ord. vom 5. Juli 1832 GS. S. 17S.
Vom Scparatverfahren in Wechselsachen.
Z. 282. Einen Separatprozeß kann anstellen
I. Wechselkläger, wenn er mit der Wechselklage abgewiesen worden ist. Er
kann gegen den Beklagten wegen seines Anspruchs in derjenigen Prozeßform klagen,
zu welcher sich die Sache nach der Ratur des Anspruchs eignet, und die Klage kann
blos um deshalb, weil Kläger mit der Wechselklage abgewiesen ist, nicht zurückge
wiesen werden. — §. 55, l. 27 A. G. O.
II. Aber auch der Wechselbcklagte kann in eincm Separatprozeß gegen den
Wechselkläger alle diejenigen Einwendungen und Gegenforderungen geltend machen,
welche er im Wechselprozeß nicht geltend gemacht hat, oder, als nicht sofort liquid,
oder als nicht gleichartig, nicht geltend machen konnte. Sind nun
1) Einwendungen «der Gegenforderungen bei Verhandlung im Wechselprozeß an
gebracht, und gemäß §. 278, IV. zu Protokoll kurz vermerkt; so muß der das
wechselmässige Erkenntniß abfassende Richter zugleich in einer besondern
Verfügung dasjenige anordnen, was erforderlich ist, um die Sache zur wei
tern rechtlichen Verhandlung in derjenigen Art des Prozesses, wozu sich selbige
nach der Natur und Beschaffenheit der angebrachten Einwendungen oder Ge
genforderungen qualifizirt, gehörig einzuleiten. Mit der Instruktion dieses Se
paratprozesses muß alsdann sofort, auch während der Appellation oder Exeku
tion, ununterbrochen verfahren werden.') — In einem solchen Falle wird der
Separatprozeß in der Regel bei demjenigen Richter verhandelt, welcher in der
Wechselsache erkannt hat. Widerkläger kann in diesem Prozesse alle, ihm gegen
die im Wechselprozeß wider ihn geltend gemachten Forderungen zustehenden Ein«
Wendungen, gleich viel, ob ihrer im Wechselverfahren gedacht ist, sie aber als
beweislos oder nicht liquid verworfen sind, oder ob ihrer gar nicht gedacht wor
den, sowie alle Gegen- oder Kompensationsforderungen, welche im Wechselpro
zesse gerügt, aber nicht erörtert worden, geltend machen. Andre Gegenforde
rungen aber gehören, falls der Wechselkläger vor dem Wechselrichter seinen or
dentlichen Gerichtsstand nicht hat, und der Verhandlung vor diesem widerspricht,
vor die ordentliche Gerichtsobrigkeit des Wechselklägers. Ausserdem können in
einem vor dem Wechselrichter zu verhandelnden Separatverfahren nicht erörtert
werden
s) alle nicht im Wcchselprozesse selbst zur Entscheidung gezogenen Einwendun
gen und Gegenforderungen, ohne Unterschied, dann, wenn das Gericht
in der Wechselsache nur ein privilegirtes Forum (koruW pri-
vilegistum csmsse) vorstellte;
K) solche Gegenforderungen, welche ihrer Natur nach für ein besonde
res privilegirtes Gericht gehören. (Z. 254, IV. Nro. 2.)
In diesen Fällen (s und b) gehört der Separatprozeß vor den ordentlichen
Richter des Wcchselklägcrs, oder vor das privilegirte Forum.

") Nach der Ansicht des ersten Senats des O. L. G. zu Frankfurt und des Geh.
Ob. Trib. kann das auf die Separatinstruktion ergehende Erkenntniß auf Auf
hebung des rechtskräftigen wechselmässigen Erkenntnisses gerichtet werden, und
zwar ohne gleichzeitige Entscheidung über den Anspruch selbst. — Der zweite
Senat des O. L. G. zu Frankfurt hält dagegen das Verlangen des Klägers,
das Wechselerkenntniß im Wege des ordentlichen Prozesses umzustossen, für un
statthaft, weil' die exepti« rvi jucZicstge zerstörend entgegen stehe. Jur. Woch.
für 1839 S. 333. Central-Bl. 1839 S. 58.
42S
2) Letzt«« findet such ba«n statt, wenn der Wechselbeklagte gar keine der im Se«
paratprozeß geltend zu machenden Einwendungen oder Gegenforderungen im
Wechselprozeß gerügt hat. — §. 52—54, I. 27 A. G. O.

Vierter Abschnitt.
«erfahren in Handlung« », in Merkantil» und in
Mssekuranzsachen.
I. Vom Handlmigsprozesse überhaupt.
§. 283. I. Die zwischen Kaufleuten aus ihren Handlungsgeschäften entstehen
den Streitigkeiten werden in derjenigen der S. 54 (S. 103) erwähnten Prozeßfor
men verhandelt, zu welcher sie sich mit Rücksicht auf die Natur und Beschaffenheit
des Prozeßgegenstandes eignen.') Die hauptsächlichste bei diesen Prozessen gewöhn
lich vorkommende Besonderheit ist die:
daß ausser den richterlichen Personen bei Verhandlung mei
stens, und selbst beiEntscheidung derselben bisweilen, Sach
kundige fungiren. — §. 1 u. 3, I. 30 A. G. O. Res. vom 2. Juni
1835. Jahrb. 45, S. 455. — Res. vom 6. Decembcr 133S. Jahrb. 4«,
S. 454.
II. An gewissen Orten bestehen entweder für immer, oder für gewisse Zeiten
besondre zur Verhandlung und Entscheidung von dergleichen Prozessen angeord
nete Gerichte, bei denen ausser den richterlichen Personen auchKaufleutc oder andre
dergleichen Sachverständige mit Sitz und Stimme angestellt sind. <M S. 33, Rro.
S u. 4 S. 53 fg.) Bei diesen Gerichten hat es bei den für dieselben ertheiltcn
Reglements und Instruktionen sein Bewenden. — Z. 2 a. a. O.
III. Da, wo besondre Handlungsgerichte nicht bestehen, muß ebenfalls, sobald
aus der eingegangenen Klage oder Klagcbeantwortung sich ergibt, daß es bei der
Sache auf genauere Kenntniß des kaufmännischen Verkehrs; der Art, die Geschäfte
zu verhandeln und abzuschliesscn z der bei Führung der Bücher und Rechnungen
üblichen Methode; und auf andre dergl. Handlungsüsancen , Gebräuche und Ge
wohnheiten ankommt, dem Gerichtsdcputirten bei Instruktion der Sache ein in sol
chen Angelegenheiten geübter und erfahrener Kaufmann, welcher auch sonst wegen
seiner Ehrlichkeit und Rechtschaffenheit in gutem Ansehn steht, als Gehilft jedesmal
beigegeben werden. (6f. Z. 9S, S. 16« fg.). Ob nun gewisse Personen als bestän
dige Beisitzer ein für alle Mal zu verpflichten und zuzuziehn, oder ob in jedem ein
zelnen Falle solche aus der Kaufmannschaft des Orts, allenfalls auf den Vorschlag
der Aeltestcn der Kaufmannschaft zuzuziehn und zu verpflichten, hängt von den an
jedem Handlungsplatzc getroffenen Bestimmungen ab. — Bei Verhandlung mit den,
selben ist besonders folgendes zu berücksichtigen:
I) der Sachkundige muß bei der ganzen Instruktion, wo es erforderlich, nament
lich bei Regulirung des Sachstandes; bei Prüfung der vorkommenden Waaren-,
und Geld-, auch andrer Rechnungen; bei Erörterung der unter den Parteien
In vielen Fällen wird, sofern nicht Bagatcllobjekt vorliegt, der summarische Pro
zeß Anwendung finden (mit Ausnahme des Großherz. Posen, wo das Versah
ren der V. vom 9. Februar 1817 eintrit). In gewissen Fällen, z. B. wegen
Schifffracht, Warte- und Liegegeldern u. dgl. wird jedoch besondre Beschleuni
gung eintreten müssen. — Res. vom 10, Januar 1818. Jahrb. 11, S. IS. —
z. s Ver. vom 1. Juni 1833.
428
streitige» Thatsachen, aus der zwischen ihnen geführten Korrespondenz: bei Prü,
fung der Bücher in Ansehung ihrer Richtigkit, Ordnung und Ucbereinftimmung ;
sowie der dagegen etwa gemachten Ausstellungen, zugezogen, und auf seinen
Rath und sein Gutachten dabei Rückficht genommen werden.
2) Am Schlüsse der Instruktion muß der Gerichtödeputirte den sachkundigen Bei
sitzer mit seiner Meinung und seinem Gutachten über die Sache selbst, in sofern
sie auf einem wirklichen Handlungsverkchr beruht, zum Protokoll besonders ver
nehmen, und dabei dahin sehen, daß derselbe dies Gutachte» deutlich, bestimmt,
auf die wirkliche Streitfrage passend, und mit Gründen unterstützt, abgebe.
3) Der erkennende Richter muß auf dies Gutachten, in sofern es mit vernünftigen,
der Sache gemässcn, und aus kaufmännischer Wissenschaft und Erfahrung her
genommenen Gründen versehen ist, bei Entscheidung der Hauptsache achten.
4) Kommt es auch noch in zweiter Instanz auf solche Punkte an, zu deren rich
tigen Erörterung kaufmännische Kenntniß und Erfahrung gehört; so muß dem
anderweit ernannten Deputirten auch ein andrer kaufmännischer Beistand beige
geben, dieser eben so, wie in erster Instanz (Nro. 1 u. 2), zugezogen, und
am Schlüsse der Instruktion zur Abgabe eines Gutachtens veranlaßt werden.
5) Findet der Appellat.-Richter beim Vortrage der Sache, daß die Gutachten der
beiden in erster und zweiter Instanz zugezogenen Sachverständigen über einen zu
ihrem Geschäft gehörigen Punkt, auf den es bei der Entscheidung wirklich an
kommt, von einander abweichen, oder sich gar widerspreche.«; so liegt
s) der Grund davon entweder darin, daß die Lage der Sache selbst durch die
neue Untersuchung und die dabei erst zum Vorschein gekommenen oder näher
entwickelten Thatsachen verändert worden ist. Dann erkennt der Richter,
und nimmt auf das Gutachten des zweiten Sachverständigen die gehörig«
Rücksicht; oder
b) bei unveränderter Sachlage hat die Verschiedenheit der Gutachten ihren
Grund in einer wirklichen Verschiedenheit der Meinungen und Behauptungen
über das, was im angegebenen Falle den Handlungsgebräuchen und Gewohn
heiten gemäß sei. Dann muß durch Resolut die Gegeneinanderstellung der in
beiden Instanzen zugezogenen Sachkundigen veranlaßt, und angeordnet wer
den, daß durch Erklärung über die gegenseitigen Meinungen und angeführten
Gründe und durch gegenseitige Erläuterungen eine Ucbereinftimmung erlangt,
oder doch wenigstens die Sache so genau und umständlich, als möglich, aus-
> einander gesetzt werde; daß aber, wenn keine Ucbereinftimmung erreicht wor
den, die Akten nebst beiden Gutachten und Gegcneinanderstellungsverhand-
lung einem Dritten erfahrenen Kaufmann vorzulegen, und von ihm, als
Obmann, ein anderwcitcs, ebenfalls mit Gründen unterstütztes, Gutachten
einzufordern. Auf dieses ist demnächst bei Abfassung des Erkenntnisses vor
zügliche Rücksicht zu nehmen.
6) Einseitig von den Parteien eingeholte und beigebrachte Atteste, sogen. Parere'S,
können zwar der Erläuterung wegen zu den Akten verstattet werden; verdienen
aber nicht gleiche Rücksicht mit den, unter Direktion des Richters, aus den vorge
legten Akten abgestatteten Gutachten vereideter Sachverständigen. — §. 4—8 a. a. O.

II. Vom eigentlichen Merkantilprozeß.


Begriff desselben; Gerichtsstand, und Verfahre» in erster Instanz.
§. 28-t. I. Unter Merkantilprozessen werden diejenigen Rechtsftreitigkei-
ten verstanden, welche während einer Messe oder eines Marktes über Handlungsge-
fchäfte unter Parteien entstehen, von denen mindestens eine, sei es als Kläger,
424
«der Beklagter, oder Adzitat, oder Litisdenunziat, ein auswärtiger Kaufmann
ist. Unter auswärtigen Kaufleuten werden hier die verstanden, welche anderswo,
als am Orte der Messe oder des Marktes ihren ordentlichen Wohnsitz haben, ohne
Unterschied: ob sie an sich Fremde, oder Inländer sind.
Das unterscheidende Moment dieser Prozeßart äussert sich ins Besondre durch
die vorzügliche Beschleunigung des Verfahrens. — Z. 9, 11, I. 30 A. G. O.
II. An Orten, wo Messen oder stark besuchte Vieh- und andre Märkte sind,
soll während derselben eine aus Mitgliedern des ordentlichen Gerichts und Hand
lungserfahrenen bestehende Deputation niedergesetzt und mit den nöthigen Unterbe
amten versehen werden. Die nähere Verfassung dieser Deputation, aus wie vielen,
und welchen Mitgliedern und Unterbeamten sie bestehen, und wo sie ihre Versamm
lungen halten solle, wird nach den besondern Umständen jedes Handlungsorts be
stimmt. — Diese Deputation versammelt sich, so lange die Messe oder der Markt
dauert, täglich Vor- und Nachmittags an dem bestimmten Ort. Die unter I. be
zeichneten Prozesse werden bei derselben angebracht. — Die Verhandlung dieser Pro
zesse geschieht in der Regel vor der versammelten Deputation. Nur wenn die Ge
schäfte sich häufen, oder wenn eine Sache weitläufiger, als gewöhnlich, zu werden
scheint; steht dem Dirigenten der Deputation zu, dergleichen Instruktion einzelnen
Mitgliedern zu übertragen. — Z. 10—12 a. a. O.
III. Die Verhandlung und Entscheidung der Merkantilprozesse geschieht im
Wesentlichen nach derjenigen von den §. 54 (S. 103) verzeichneten Prozeßformen, zu
welcher sich die Sache dem Gegenstande nach eignet.') Wird auf Grund eines Wech
sels geklagt, so kommen die Abschn. 3 dieses T. enthaltenen Vorschriften zur An
wendung. In jedem Falle aber müssen die Termine und Fristen um so mehr ab
gekürzt werden, als beide Theile in Person, oder doch durch ihre Handlungsbedien
ten, 'Faktore, oder andre dergl. zulässige Generalbevollmächtigte zugegen sind, und
die Sache ein erst vor kurzer Zeit vorgefallenes Geschäft zum Grunde hat. —
Demgemäß muß,
1) wenn Kläger sich Behufs Aufnahme der Klage meldet, dieselbe sofort gehörig
aufgenommen;
2) bei Aulässigkcit der Klage Beklagter unter abschriftlicher Mittheilung derselben
nebst Beilagen zu einem ganz kurzen, nicht über 24 Stunden hinauszurückenden
Termin Behufs Klagebeantwortung und Instruktion unter der Warnung des
Kontumazialerkenntnisses, und Kläger, allenfalls bei Aufnahme der Klage münd
lich, unter der Warnung der Aktenweglegung, vorgeladen; und
3) die Vorladung, welche in einem von den anwesenden Gerichtsmitgliedcrn zu »oll
ziehenden nicht erst zu cxpedirenden Dekret besteht, vom vereideten Gerichtsboten
behändigt, von diesem aber, wie dies geschehen, schriftlich oder zu Protokoll an
gezeigt werden. Es darf ferner
4) der Termin nur höchstens Einmal, und zwar nur dann prorogirt werden, wenn
Beklagter wirklich erhebliche Ehehaften anzeigt, und zugleich ge
hörig bescheinigt.
5) Erscheint Beklagter im Termine nicht; so wird dies zu Protokoll ver
merkt, der Kontumazialbescheid, wie gewöhnlich, abgefaßt, und zugefertigt.
K) Erscheint dagegen Beklagter, so wird er mit der Antwort auf die Klage
und mit seinen Einwendungen gehörtz hiernächst wird, nach Bekanntmachung
') Auch bei den Handelsgerichten findet in Merkantilsachen, in sofern sie sich, dem
Gegenstande nach, dazu eignen, der Mandats- oder summarische oder Bagatell
prozeß Anwendung. Doch muß auch bei diesen Prozeßformen die größte Be
schleunigung eintreten. — Ref. vom 2. Juni 1835. Jahrb. 45, S. 455. —.
Res. vom 6. December 1S3S. Jahrb. 48, S. 454.
425
mit der Klagebcantwortung, Kläger darüber vernommen, durch Zusammenstel
lung beider Thcile jede zur Sache erhebliche Thatsache gehörig auseinanderge
setzt, und, wenn die Sache im ordentlichen Prozeß verhandelt wird, der Sach-
und Streitstand entworfen. Zugleich muß auch die Sühne versucht werden, was
um so mehr dann anzuempfehlen ist, wenn auswärtige und entfernte Beweis
mittel sonst aufzunehmen wären.
7) Bei Aufnahme der Beweismittel kommen die gesetzlichen Vorschriften S. 112
bis §. 158 zur Anwendung. Doch bedarf es,
s) wenn die abzuhörenden Zeugen am Orte, wo das Gericht seinen Sitz hat,
wohnen, keiner förmlichen Vorladung; vielmehr erhält der Bote mittelst Ori
ginalverfügung den Auftrag, dieselben mündlich zu bestellen, und zu seinem
Ausweis die Verfügung,
d) Sind Beweismittel in Vorschlag gebracht, deren Aufnahme mit beträchtlichem
Zeitaufwands verknüpft ist, z. B. wenn die Edition eines Dokuments von
Dritten auswärts Wohnenden verlangt, oder die Vernehmung sehr entfcrn-
^ , ter Zeugen, beantragt wird :c.; so muß, wenn die desfalsige Thatsache erheb
lich ist, die Vorschrift Z. 261 in Betreff des Kalumnieneides genau beobach
tet, die an die auswärtigen Gerichte ergehende Requisition vorzüglich be
schleunigt, und darin jedesmal ausdrücklich vermerkt werden, daß eine Mer-
kantilsache vorliege. — Dergleichen Requisitionen müssen bei Strafe aufs
Schleunigste befolgt werden.
8) Schriftliche Deduktionen sind in der Regel nicht gestattet. Wenn jedoch
in Merkantilprozessen, welche im schriftlichen Verfahren verhandelt sind, die
Parteien es ausdrücklich verlangen, oder der Richter dafür hält, daß es bei de
ren Entscheidung auf eine zweifelhafte Rechtsfrage wirklich ankommt; so soll
den von den Parteien gewählten, oder ihnen zuzuordnenden Rechtsbciständen ge
stattet sein, die Deduktionen ungesäumt entweder zu Protokoll zu geben, oder
schriftlich einzureichen. Doch darf die Spruchvorlegung dadurch nicht länger,
als höchstens drei Tage aufgehalten werden.
?) Das Erkenntnis? muß entweder im Termin zur mündlichen Verhandlung,
oder, wenn besondre Spruchvorlegung nöthig ist, .innerhalb 24 Stunden, und
wenn die Sache sehr weitläufig ist, innerhalb 48 Stunden nach erfolgter Spruch
vorlegung abgefaßt, und die Zufertigung an die Parteien zugleich verfügt wer
den. — K. 13—29 a. a. O.

Von den im Merkantilprozeß zulSsstgen Rechtsmitteln, und vom


Verfahren in den ferneren Instanzen.
§. 285. Im Merkantilprozeß sind in gleichen Fällen, wie in andern Prozeß«
fachen, die Rechtsmittel der Restitution, des Rekurses, der Appells«
tion, der Revision und der Nichtigkeitsbeschwerde zulässig.
Bei Anbringung dieser Rechtsmittel und bei Verhandlung und Entscheidung
darüber kommen die, Titel 7 und 3 enthaltenen , Vorschriften unter folgenden Maas
gaben zur Anwendung:
1) Alle diese Rechtsmittel müssen innerhalb vier und zwanzig Stunde»
nach Zufertigung des Urtels, bei Verlust derselben, angebracht werden. Resti
tution wegen Versäumniß der zur Einlegung zuständigen Frist findet auch hier
nicht statt.
2) Geschieht die Anmeldung der Appellation oder der Revision bei der im mündli
chen Verfahren nach gefaßtem Beschluß zugleich erfolgenden Publikation, oder
sonst zu Protokoll: so muß Appellant, refp. Revident sogleich auch umständlich
öber seine Beschwerden und, was er zu deren Unterstützung anzuführen hat, ver«
42S
nommen werden. Geht die Anmeldung schriftlich ein; so muß der Termin zur
Vernehmung über die Appellationsbeschwcrden nicht über den dritten Tag nach
geschehener Anmeldung hinausgesetzt, und zur Aufnahme des RevifionSberichtS
ein eben so schleuniger Termin anberaumt werden.
3) Die Instruktion der Appellation gehört ohne Unterschied vor den ersten dich
ter. Wenn jedoch in Fallen, in denen dieselbe in andern Sachen gemäß §. 203
und Z. 206 vor das Obergericht gehören würbe, der bei der Sache als Appel
lant oder Appellat interesflrende fremde Kaufmann selbst anträgt, oder es sich
nach dem Antrage des Gegners ausdrücklich gefallen läßt: daß sie vor dem Ober-
gericht erfolge; so muß diesem gewillfahrt werden. Doch findet dann nicht mehr
das abgeklirzte Merkantilverfahren statt. Die Sache wird vielmehr, wie jede
andre Sache, verhandelt.
4) Bleibt das Appellationsverfahren beim ersten Richter z so wird der Appellarivns-
bericht dem Appellaten in Abschrift mitgetheilt, und diefer durch eine auf die
Abschrift zu setzende Verfügung zur Erwiderung und Verhandlung vorgeladen.
Der anzusetzende Termin wird, wenn Appellant Nichts neues ThatsächlicheS an,
geführt hat, auf den folgenden, sonst auf den dritten Tag anberaumt.
5) Im Termine erfolgt die Vernehmung, und wenn neue Thatsachen vorgekommen
sind, die Instruktion gemäß K. 284, III. Nro. 6 u. 7. Auch gilt im letzten Falle
in Betreff des Deduktionsverfahrens das daselbst Nro. 8 Gesagte.
6) Bei der Revision, dem Rekurse und der Nichtigkeitsbeschwerde wird die Be
schwerdeschrift dem Gegner abschriftlich zur Beantwortung binnen einer präklu-
sivischen Frist von 24 Stunden mitgetheilt.
7) Die Einsendung oder Vorlegung der Akten zum ferneren Spruch muß schleunigst
veranlaßt, und dabei fowol in zweiter als dritter Instanz auf dem Couverte
und im Berichte selbst ausdrücklich bemerkt werden, daß eine Merkantilsache vorliege.
8) Der zweite oder dritte Richter muß die Sache unverzüglich vornehmen, den nächst
folgenden Gerichtstag das Erkenntniß abfassen, und eS dem ersten Richter zur
Aufertigung an die Parteien ungesäumt senden. Den Präsidenten liegt vorzüg
lich ob, auf Beschleunigung solcher Erkenntnisse mit allem Ernste zu halten. —
§. 30—43, I. 30 A. G. O. — Art. 1« und 14 Deel, vom 6. April 1839.
IN. Anwendung des Merkantilprozesscs auf andre kaufmännische
Rechtssachen.
z. 286. I. Vorstehende Z. 284 u. 285 enthaltene Vorschriften sinken auch
ausser den Markt- und Meßzeiten in eigentlichen Handlungsprozessen zwifchen
Kaufleuten in solchen Seiten Anwendung, wo wegen des Ab- und Zugangs frem
der Handelsleute, oder Schiffe, ein vorzüglich lebhafter Verkehr getrieben wird. —
§. 44, I. 3« A. G. O.
II. In solchen Zeiten muß ebenfalls ein besonderer Deputirter des Gerichts
ernannt, und ihm ein, oder mehre Sachverständige zugeordnet werden, denen eS
ganz eigentlich und vorzüglich obliegt, sich einer schnellen Erörterung und Abma
chung solcher Streitigkeiten zu unterziehen, die über einen getroffenen Handel, des
sen Erfüllung oder Aufhebung entstehen. Die hiezu bestellten Personen müssen der
Kaufmannschaft durch Anschlag auf der Börfc, oder auf andre schickliche Art allge
mein bekannt gemacht werden. Dieselben sind schuldig, sobald sich Jemand, wenn
auch nur mündlich, wegen eines solchen entstandenen Streits bei einem von ihnen
meldet, die Sache sofort, und mit Beiseitfctzung aller andern Geschäfte, vorzuneh
men. — Z. 45 a. a. O.
III. Die Absicht dieser Anordnung ist, dergleichen Streitigkeiten dadurch, daß
sie auf dkl! Stelle erörtert werden, und durch Vermittklung Hey zugezogenen Vach
427
verständigen, in Güte möglichst abzumachen. Schlägt der Sühneverfuch fehl, so
muß die Sache gehörig «erhandelt und entschieden, und dabei, wegen der vorzügli
che» Beschleunigung auf die Borschriften K. 2S4 und 285 Rücksicht genommen «er
den, — §. 46 a. a. O.
IV. Nähere Anweisungen hierüber sind in den Instruktionen für die Gerichte
an solchen Handelsplätzen enthalten. — §. 47 a. a. O.

IV. Von den Assekuranzstreitigkeiten.


z. 287. I. Entsteht aus einem Assekuranzkontrakte zwischen den Interessenten
Streit; so soll die Sache, der Regel nach, in erster Instanz vor Schiedsrichtern
verhandelt und entschieden werden. >) Dies gilt nicht bloS von Handels-, sondern
von allen Arten Versicherungen. Doch ist den Parteien, oder auch einer derselben
allein, unbenommen, auf die Entscheidung durch den ordentlichen Richter anzutra
gen. — §. 48 a. a. O. — Eab.-Ord. vom l«. April 1832 GS. S. 136.
II. Bei Anwendung des schiedsrichterlichen Verfahrens gelten folgende Vorschriften:
1) Die Schiedsrichter müssen von den Parteien, und zwar von jedem Theile einer
oder mehre, erwählt werden. Darunter muß jedoch allemal ein Rechtsgelehrte«
befindlich sein, welcher das Protokoll führen, und auf Beobachtung der erforder
lichen Legalitäten Acht haben muß.
2) Bei diesen erwählten Schiedsrichtern muß Kläger mit seiner Klage, also über
alle thatsächlichen die Sache betreffenden Umstände und seine Forderung unter»
stützenden Gründe, umständlich zum Protokoll vernommen, und die Assekuranz-
Police, nebst allen übrigen zur Sache gehörigen Schriften, Papieren und Urkun
den, auch nach Bewandniß der Umstände, die vom vereideten Dispacheur gefer
tigte Rechnung den Schiedsrichtern vorgelegt und eingehändigt werden.
3) Die Schiedsrichter müssen dann den Beklagten eben so mit seiner Antwort ver»
nehmen; wenn sich daraus ergibt, worauf es bei der Sache eigentlich ankommt,
sich bemühn, einen Vergleich unter den Parteien zu stiften, und die. Entschädi
gung, allenfalls nach der Rechnung des vereideten Dispacheur, gütlich zu reguliren.
4) Schlägt der Sühneversuch fehl, so müssen die streitigen Thatsachen durch Abhö
rung der darüber benannten Zeugen, oder Aufnahme der sonstigen Beweismittel
ins Licht gesetzt, und sodann muß von den Schiedsrichtern ein Spruch gefällt
werden.
5) Können sich dü Schiedsrichter darüber nicht vereinigen; so müssen sie einen Ob«
mann wählen, dessen Stimme sodann den Ausschlag gibt.
ö) Beruhigen sich die Parteien beim Spruch; so hat derselbe alle Kraft und Wir
kung eines Urtels, und er muß vom ordentlichen Richter, auf Anrufen des ob
siegenden Theils, in Exekution gesetzt werden.
7) Will aber ein oder der andre Theil beim schiedsrichterlichen Urtel sich nicht be
ruhigen; so muß er innerhalb der K. 185, II. erwähnten 6 resp. 12wöchentki«
chen Frist dagegen die Appellation 2) bei dem dieserhalb jeden Orts verordneten
besondern, oder wenn solches nicht vorhanden, beim ordentlichen Appellationsge-
richt anmelden. 5) Das Appcllationsgericht fordert von den Schiedsrichtern die
In Betreff andrer Fälle des schiedsrichterlichen Verfahrens s. oben §. 37.
Vorausgesetzt, daß der Gegenstand 50 Thlr. übersteigt, da sonst Appellation nicht
zulässig, jedoch Rekurs gestattet ist.
s) Das Gesetz vom 21. Juli 1843 (GS. S. 294), wornoch das Rechtsmittel stats
beim Richter erster Instanz anzubringen, spricht nur von gerichtlichen Urtheilen,
kann daher auf schiedsrichterliche Sprüche nicht bezogen werden. Mit dem
Spruch ^md dessen Mittheilung hat die Funktion der Schiedsrichter
kann mithin die Anmeldung des Rechtsmittels
428
Akten ein, und verfügt wegen Instruktion des Appellatorn das Nöthige in der
Prozeßform, zu welcher die Sache sich eignet. — §. 49—55, I. 3V A. G. O. —
S. 22 Verord. vom 14. December 1833.
III. Das Rechtsmittel der Revision findet in Assekuranzstreitigkeiten niemals
statt, gleichviel, ob die Sache in erster Instanz vor Schiedsrichtern, oder vor dem
gewöhnlichen Richter geschwebt hat. ') — K. 5« und Anh. §. 213, I. 3« A. G. O.

Fünfter Abschnitt.
«om Verfahren bei ZivU'Wrrefle».
Begriff und Eintheilung der Zivilarrcste.
g. 288. I. Die Absicht der Arrestlegung ist die Sichcrstellung einer For
derung, welche der angebliche Gläubiger zu verlieren besorgt,?)
wenn dem Schuldner über das Objekt des Arrestes die freie Dispo
sition verbliebe.»)
Auch wegen bereits rechtskräftig feststehender Forderungen kann Arrest in sofern
ausgebracht werden, als der zu arrestirende Gegenstand nicht sofort Exekutionsobjekt
sein kann.«) — Das Rückbehaltungsrecht ist eine Art des Arrestes, und es ist,
wenn über die Statthaftigkeit dieses Rechts Streit entsteht, nach den Vorschriften
dieses Abschnitts zu beurtheilen. 5) — §. 1, I. 29 A. G. O. — Res. vom 29. März
und 12. April 1802 und vom 15. Septbr. 1804. Neues Arch. 2, S.'417 fg. 428.
Bd. 3, S. 286 fg.
II. Der Arrest kann sein
1) ein Personalarrest, wenn das Objekt die Person des angeblichen Schuld
ners ist; und
2) ein Realarrest, wenn es Sachen, Gelder, Effekten oder Aktivfordcrungen des
selben sind. — Z. 1, I. 29 A. G. O.
Gegen wen kann Arrestschlag ausgebracht werden?
z. 289. I. Ein Arrestschlag findet nur gegen den Schuldner selbst, nicht
gegen den statt, welcher dessen Gerechtsame wahrnimmt. Demzufolge kann
1) wider einen Bormund, Kurator, Vorsteher oder Administrator wegen der Ver
bindlichkeiten derjenigen, deren Stelle sie vertreten; ferner gegen Faktoren, Hand
lungsbedienten und Dienstboten aus Geschäften, die sie im Namen ihrer Herr
schaft betreiben, weder Personalarrest verfügt, noch eine Verkümmerung der
ihnen zugehörigen Effekten gestattet werden. Haben jedoch dergleichen Personen

1) Dagegen ist unbedenklich die Nichtigkeitsbeschwerde zulässig.


2) Von Arresten gegen Vagabunden s. Z. 21, S. 38 fg.
») Der Anspruch, dessentwegen Arrest ausgebracht wird, braucht nicht grade ein
Geldanspruch zu sein. Doch muß er wirklich erworben, und nicht blos in Aus
sicht stehen. Es ist aber nicht grade nöthig, daß er bereits fällig war.
«) A. B. die Grundstücke des Schuldners stehen zur Subbastation, und der Gläu
biger müßte daher, bevor er Personalexekution nachsuchen könnte, die Kausgel-
dervertheilung abwarten. Er beantragt aber die Verhaftung des Schuldners
vor dem Zuschlage; so muß er diesen Antrag als Arrcstgesuch motiviren. Ck.
Res. vom 12. April 1802. Werden Anträge in Bezug auf Objekte, die schon
zur Zeit Exekutionsgegenstände sein können, vom Gläubiger formirt; so sind diese
Anträge nach dem Exekutionsrecht zu beurtheilen.
») Das Rückbehaltungsrecht unterscheidet sich von Arresten andrer Art nur durch
die Form und durch die Entstehungsart.
sich selbst verbindlich gemacht, so ist in Fällen, welche sich sonst dazu eignen, ein
Arrestschlag wider sie zulässig. Sind sie in Fällen, in denen besondre Autorisa-
tion oder Bollmacht nöthig war, ohne solche Verbindlichkeiten für andre ein»
gegangen; so können sie vom Dritten, mit welchem sie sich eingelassen, in der
Regel belangt, und in soweit kann auch gegen sie Arrest, in sofern er sonst zu
lässig, ausgebracht werden. — §. 2, I. 29 A. G. O. — §. 15« fg. 22S fg. I.
13. §. 275, 953, 956, II. 18. A. L. R.
2) Wider Gesellschafter und Handlungsgenossen kann wegen solcher Schulden, die
von ihrem Mitgenossen kontrahirt worden, nur dann ein Arrestschlag gestattet
werden, wenn die ganze Sozietät für die Forderung gesetzlich hastet. Andern
falls können auch nicht ein Mal die, sämmtlichen Genossen gemeinschaftlich ge
hörigen Waaren, mit Arrest belegt werden. — §. 3, I. 29.
3) Die Bürger einer Stadt, oder die Mitglieder einer andern Kommune, einer Ge
meinde, oder eines Kollegii können wegen der Schulden, welche die Stadt, Kom^
mune, Gemeinde oder das Kollegium kontrahirt hat, weder mit Personal-, noch
mit Nealarrest verfolgt werden. Ausgenommen sind die Fälle,
s) wenn sie sich als Selbstschuldncr Einer für Alle, und Alle für Einen aus
drücklich verpflichtet haben, und
d) wenn eine von der kompetenten Behörde auf die einzelnen Mitglieder ange
legte Bertheilung vorhanden ist, und von dem Einzelnen nur der hiernach
auf ihn kommende Antheil gefordert wird. — Z. 4 a. a. O.
4) Die ausstehenden Forderungen seines Schuldners kann zwar Jemand mit Arrest
belegen; er muß aber dieselben in der Lage nehmen, wie sie sind, und kann da?
her eine bessere Sicherheit dafür, als womit der Arrestat sich begnügt hat, und
auch in der Folge zu begnügen verbunden gewesen wäre, weder durch einen ge-
gen den Schuldner seines Schuldners anzubringenden Arrest, noch sonst aus eig
nem Rechte fordern. — §.5 das.
5) Ein Erbe mit Borbehalt kann wegen der Schulde» des Erblassers weder,
mit Personalarrest belegt werden, noch kann eine Verkümmerung der ihm eigen»
thümlich zugehörigen Effekten statt finden. Dagegen kann auf die zum Nach
lasse gehörigen Effekten der Rcalarrest extraHirt werden, > ) s) in jedem Falle^
in welchem ein Arrestschlag gegen den Erblasser zulässig gewesen wäre; b) dann,
wenn der Erbe einen fälligen Wechsel des Erblassers nicht bezahlt, sondern sich
auf die gesetzliche Bedenkzeit beruft, oder auf Eröffnung dcs erbschafllichen Li«
quidationsprozesses anträgt; c) auch in andern Fällen, in denen zwar der Ar
rest gegen den Erblasser nicht begründet wäre, nun aber in Folge der durch den
Tod des Schuldners und durch den Uebergang seines Vermögens auf einen ver
schuldeten Erben verschlimmerten Lage des Gläubigers begründet wird, g) We
gen der eignen Schulden des Erben findet ein Arrest auf die zum Nachlaß ge
hörenden Stücke, jedoch mit Vorbehalt dcs den Glänbigcrn dcs Erblassers etwa
noch zukommenden Separationsrechks, 2) ebenfalls statt, e) Gegen Erben
>) Die Siegelung eines Nachlasses kann beantragt wcrden, sowol wegen Schulden,
des Erblassers als wegen Schulden dcs Erben, in sofern ein Arrest in Bezug,
auf den Erblasser, oder hinsichtlich dcs Erben begründet wird. Formirt Jemand
den Antrag auf Siegelung bald nach dem Tode des Schuldners; so muß di«
Siegelung verfügt wcrden, wenn Ertrahent sein Interesse dabei anzeigt, dies
nicht ganz offenbar unbegründet, und nicht klar ist, daß die Siegelung blos aus,
Schikane verlangt wird. — Z. 8—12, Tit. 5, II. A. G. O.
2) In Folge dessen können die Gläubiger dcs Erblassers verlangen, daß der ihnen
verhaftete Nachlaß von dem übrigen Vermögen des Erben abgesondert, und ihre
Forderungen aus erstercm vorzüglich befriedigt werden. — Z. 273, Tit. 5«, I.
A. G. O.
ohne Vorbehalt kann wegen Schulden des Erblassers sowol gegen die Per
son als ins Vermögen des Erben Arrest ausgebracht werden. — §. 6, 7 a. a. O. —
8. «98, II. « A. L. R. — Res. vom 24. März 1827. Grafs, Koch ,c. Erg.
VI. S. 671.
II. Von dem Grundsatz, daß ein Arrestschlag nur gegen den Schuldner selbst
zulässig, finden folgende Ausnahmen statt:
s) Schiffer und Inhaber öffentlicher, zur Fortschaffung von Reifenden oder Sachen
vom Staat bestellter oder besonders privilegirter Landkutschen können gegen
dritte Inhaber der geladen gewesenen Waaren, sofern dieselben nicht vorher dem
ersten Empfänger in gutem Glauben baar bezahlt sind, binnen 6 Tagen nach
Ablieferung an den ersten Empfänger so viel von jenen Waaren in gerichtlichen
Beschlag nehmen lassen, als zur Deckung ihres Frachtanspruchs erforderlich ist; —
Z. 1724—172S, 2452, II. 8. A. L. R.
Z>) die, welchen an eine Sache ein Rückbehaltungsrecht wegen nützlicher Verwendung
in dieselbe zusteht, können dies Recht auch gegen einen Dritten nach VerhSltniß
des noch wirklich vorhandenen Vortheils gegen die verwendete Summe, und wenn
jener Vortheil streitig, auf Höhe dieser Summe, ausüben. — §. 547—551, I.
2« A. L. R.
HI. Daraus, daß eine Forderung sich gegen den Hauptfchuldner zum Arrcst-
fchlage eignet, folgt nicht, daß ein Gleiches gegen den Bürgen statt finde; sondern,
wenn dieses geschehen soll, muß der Bürge selbst in einem solchen Verhältnis) ste
hen, daß mit dem Arrestschlage wider ihn verfahre« werden kann. — z. 8, I. 29
A. G. O.
IV. Ein in Anspruch genommener Bürge kann blos um deswillen wider den
Hauptschuldner nicht Arrest ausbringen, sondern es kommt darauf an: ob die son»
stigen Erfordernisse der Arrestlegung gegen den Hauptschuldner vorhanden sind.
Wird hingegen der Bürge selbst mit Arrest belegt, sto steht ihm jederzeit frei, ein
Gleiches in Ansehung des Hauptschuldners nachzusuchen. — Z. 9 a. a. O.
V. Ein Arrest ist in der Regel nicht zulässig, und zwar
weder ein Personal-, noch ein Realarrest:
L) gegen die im Jnnlande mit Immobilien Angesessenen. Doch kann auch gegen
solche Arrest ausgebracht werden,
s) wenn sie sich in den ausgestellten Verschreibungen einem Personal-, oder
Realarreste ausdrücklich unterworfen haben z?)
Z)) wenn ein Verpächter, oder Vermiether, oder Gastwirth das ihm zustehende
Pfandrecht an den auf oder in das Grundstück gebrachten Sachen ausübt;')
«) wenn ihre Grundstücke dergestalt verschuldet, oder von so geringem Werthe
sind, daß sie in Ansehung einer sonst zum Arreste geeigneten Forderung nicht
hinlängliche Sicherheit gewähren. Ob dieser Fall vorhanden, ist nach den
Abschn. 18 dies. Tit. vorgeschriebenen Grundsätzen zu beurtheilenj
S) wenn sie in Verfall ihres Vermögens gerathen, oder zu dem Verdachte Ge-
?) Und dies selbst auf das Grundstück durch Eintragung einer Protestation.
») Hierin liegt wol deutlich ausgesprochen, daß ein Schuldner sich für dm Fall
der Unsicherheit kontraktlich dem Personalarrest unterwerfen kann. Einige Rechts
lehrer bestreiten dies. Der sofortigen Personalexekution mit Ncbergehung der
Realexekution kann sich, Wechsel ausgenommen, Niemand kontraktlich unterwerfen.
») Dieses pfandrcchtliche Rückbehaltungsrecht steht dem Vermiethcr auch auf die
Handwerksgeräthfchaften des Miethers zu. Doch darf nicht mehr zurückbehalten
werden, als zur Deckung der Miethe ausreicht. Bei einem Streit darüber muß
daher ohne prozessualische Streitigkeit die Taxe erfolgen, Und durch den Richter
' die Sache regulixt werden. — Lk. Res. vom 2S. Aug. isos. Mathis Bd. 10,
E. LS sg.
43l
legenhelt geben, daß sie ihr Vermögen zu veräussern ober ausser Laubes zu
schaffen suchen. — §. 1« a. a. O. — 8> 455, II. 8. §. 395 fg. I. 21 A. L. R.
2) Wenn eine Ehefrau, ohne Vorwisscn ihres Ehemannes, wahrend der Ehe sich ig
Kontrakte') eingelassen, und dadurch Schulden gemacht hat, so kann der Gläu
biger widcr des Ehemannes Willen, so lange die Ehe besteht, weder Personal«,
arreft, noch die Verkümmerung der dem Ehcmanne eingebrachten Effekten nach«
suchen. «) — Z. 11, I. 29 A. G. O.
Z) Hat ein Glaubiger sich zur Sicherstellung seiner Forderung ein Pfand einhändi
gen, oder eine Hypothek bestellen lassen, oder einen Bürgen als tauglich ange
nommen; so kann er in der Folge wegen einer solchergestalt versicherten Forde
rung nur in dem Falle Arrest suchen, wenn er nachweisen kann, daß sich um«
stände ereignet haben, weshalb das Unterpfand, oder die Hypothek, oder de«
Bürge die anfänglich davon zu erwartende Sicherheit nicht mehr gewähren. —
§. 12 a. a. O. — §. 248, I. 14 «. G. O.
ö. Ein Personalarreft ist nicht zulässig
1) widcr regierende teutsche Fürsten, wider obgethellte Fürsten aus den Häusern der
regierenden tcutschcn Fürsten, desgleichen wider fremde am hiesigen Hofe attre-
ditirt« Gesandte und gegen alle andre Geschäftsträger eines ander» Staats am
hiesigen Hofe, die nicht bei ihrer Bestallung der einlündischcn Gerichtsbarkeit un
terworfen geblieben sind; — Anh. z. 201 z. A. G. O.
2) wider die im Dienst stehenden Iivilbeamten, in sofern diese nicht etwa wechsek-
fäyig sind, und der Arrest wegen einer Wechselverbindlichkeit nachgesucht wird z —
Anh. z. 174 z. A. G. O.
3) gegen die im wirklichen Dienst stehenden gemeinen Soldatm, Unteroffiziere und
Offizier.?, so wie gegen die mit Pension zur Disposition gestellten Offiziere. Selbst
wenn ein Offizier der Art, z. B. als Rittergutsbesitzer, wechserfähig ist, kann
wegen Wechselschulden gegen ihn kein Personalarreft vollstreckt werden. ») —
§. 686 u. 699, I. 11 A. L. R. — Eab,-Ord. vom 4. Mai 1837 GS. S. 98.—
Res. vom 5. December 1823. Jahrb. 22, S. 17«. — Res. vom 1«. Srptbr.
182« u. Eab..Ord. vom 5. Febr. 1821. Res. vom 12. December 1828 und
vom 25. Oktober 183«. Gräff, Koch ?c. Erg. IN. S. 551, 553.
4) Ein Schiffsmann auf segelfcrtigen Schiffen kann gegen den Willen des Schif
fers nur dann zum Personalarrest gebracht werden, wenn dem Schiffer sofort
em andrer tüchtiger und annehmlicher Schiffsmann für dasselbe Schiffslohn gc«
stellt wird. — Z. 1415 fg. II. 8 A. L. R.
Auf welche Sachen kann Arrest ausgebracht werden, und aus
welche nicht?
§. 290. Alle beweglichen und unbeweglichen Sachen, die Gegenstand des Ver«
kchrs sind, einschließlich der ausstehenden Forderungen, können mit Arrest belegt
werden. Dabei finden jedoch nachstehende Ausnahmen und Beschränkungen statt:
1. Früchte, welche »och nicht eingeerndtet morden, sind kein Gegen«
») Auf die aus dem Erbrecht, oder aus unerlaubten Handlungen erwachsenen Schul«
den der Ehefrau bezieht sich mithin diese Bestimmung nicht.
2) Die von der Ehefrau in Bezug auf das Eingebrachte cinscitig gemachten Schul
de» sind ungiltig. K. 320, II. 1 A. ». R. Die Bestimmung unter 2 kann sich
daher nur auf die in Bezug auf das Vorbehaltene gemachten Schulden beziehen.
In Betreff dies« Schulden kann demnach gegen die Ehefrau nach aufgelöster Ehe Ar
reft und Exekution ausgebracht werden, so weit dies während der Ehe nicht zulässig.
«) Die aus Pension «der Wartegeld stehenden Zivilbeamten und Offiziere sind vom
Personalarrest nicht frei. — Eab.-Ord. vom 29. Mörz INS und vom S. Ok
tober 1S2Z GS. S. SS, 1S7. ^
4S2
stand de« Arrestschlags.'') Doch kann da, wo die Erfordernisse eines Arrestschlags
vorhanden sind, auf Anordnung der zur Sicherheit erforderlichen Maasregeln bei
Gericht angetragen werden. — §. IS, I. 29 A. G. O.
2. Sollen dem Verderben ausgesetzte, oder kostbare Erhaltung und
Aufbewahrung erfordernde Sachen, mit Arrest belegt werden; so kann dies
»ur in der Art geschehen, daß sie verkaust, und die Kaufgelder in gerichtliche Ver
wahrung genommen werden. — §. 14 das. ,' .
S. Die zum Postwesen bestimmten Pferde, Wagen und Geschirr,
können, wenn gleich sonst wider deren Eigenthümer ein Realarrest statt findet, nicht
verkümmert werden. Eben so ist ein Arrest auf das Postfuhrlohn der Posthal
ter in der Regel nicht zulässig, da dasselbe kein eigentliches Gehalt, sondern Lohn
zur Unterhaltung der Pferde und des Wagenzeuges ist, und durch dessen Beschlag
nahme die Fortschaffung der Posten einen Stillstand erleiden würde. — Nur we
gen der vom Posthalter zur Anschaffung von Postpferden, Wagen, Geräthschasten
und Futter gemachten Schulden kann das Postfuhrlohn mit Beschlag belegt wer
den. — Z. 11, Absch. 2 B. vom 3. Mai 1804. Rabe 8, S. 4Z fg. — §. 228,
II. 15 A. L. R. — §. 15 a. a. O.
4. Die mit der Post eingehenden Gelder und Sachen müssen von der
Post dem Addressaten abgegeben werden. Ein Arrestschlag auf dieselben ist daher
nur in der Art auszuführen, daß das Gericht die Postbehörde ersucht, das Ange
kommene ohne desselben Wissen nicht auszuliefern. Die Verabfolgung geschieht dem^
nächst in Gegenwart des Post- und eines Gerichtsbeamten. Empfänger muß hier
auf nach Einsicht des Briefes durch Vorlegung der betreffenden Stelle nachweisen,
daß das Geld oder die Sachen nicht zu seiner Verfügung eingegangen. Kann oder
will er diesen Nachweis nicht führen, so muß der Gerichtsbeamte sobald, als Em
pfänger die Post verlassen hat, demselben die Gelder, resp. Sachen abnehmen, und zur ge
richtlichen Verwahrung abliefern. 2) — Res. vom 31. Okt. 1791. R a b e 2, S. 195.
5. Auf Schiffe, welche zum Auslaufen fertig, oder im Laden begrif
fen sind, und deren Ladung kann zwar wegen Eigenthumsansprüchen, nicht aber
wegen Schulden Arrest gelegt werden. Beim Vorhandensein der Erfordernisse eines
Arrestschlages wird vielmehr, je nachdem Schiff oder Ladung arrestirt werden soll,
auf den das Eigenthumsrecht begründenden Schiffsurkunden oder auf den über
die geschehene Versendung von Waaren sprechenden Urkunden ein vorläufiges Pfand
recht vermerkt, in Folge dessen das Schiff oder die Ladung bis zum Betrage dessen
verhaftet ist, was der Gläubiger an Kapital, Zinsen und Kosten einschließlich der
etwa von ihm für das noch nicht zum vollen Werths assekurirte Schiff oder Waare
Vorgeschossenen Versicherungsprämie, rechtskräftig erstreiten wird. — Z. 1409—1414,
1419, II. 8. z. 303 fg. 374 fg. I. 20 A. L. R.
6. Die künftige Heuer») darf gar nicht, und die rückständige nur bis zur
Hälfte mit Arrest belegt werden. Eben so dürfen bewegliche Sachen und Ef
fekten eines Schiffsmanns von einem segelfertigen Schiffe nur in sofern ver
kümmert werden, als solche zur Fortsetzung der Reise nicht unentbehrlich sind. —
8. 1417 fg. II. 8 das.
Z) Durch die Bestimmung der Verord. vom 9. November 1843 DS. S. 347),
nach welcher Früchte auf dem Halm verkäuflich sind, ist darin Nichts geändert.
Nach der Verord. vom 24. November 1833 §. 31 (GS. S. 362) können in
der Rheinprovinz Früchte auf dem Halm in den letzten 6 Wochen vor der ge
wöhnlichen Reife wegen Abgaben in Beschlag genommen werden.
s) Abzusendende Gelder und Sachen können mit Arrest belegt werden. Doch muß
dabei mit Rücksicht auf §. 128 fg. Tit. 11, I. A. L. R. geprüft werden, vh
sie auch dem Arrestanten gehöre». .> , 1' : . -
») D. i. bis Löhnung he,§ Schisssvolks, ..i
4S3
7. Wenn die Unternehmer einer Fabrik einem Fabrikanten, Moulinier, Färber
oder andern Arbeitern rohe oder bereits zum Theil verarbeitete Mate«
rialien kreditiren, oder ihnen Stühle, Mühlen, 'oder andre Werkzeuge
unentgeltlich überlassen; so können dieselben so wenig, als die aus den erhaltene»
Materialien verfertigten Waaren wegen der Schulden der Fabrikanten, Moulinieri,
Färber oder andern Arbeiter mit Arrest belegt werden. >) — Z. 16, I. 29 A. G. O.
8. Auch bei andern Künstlern und Handwerkern findet, wegen ihrer eignen
Schulden, ein Arrest auf die von einem Dritten zum Verarbeiten ge
gebenen Waaren, oder auf die daraus verfertigten Arbeiten nicht
statt. Der Besteller aber kann zur gerichtlichen Niederlcgung des dem Werkmeister
an Arbeitslohn und Auslagen noch Zustehenden angehalten werden. — §. 17 a. a. O.
9. Die den Gutsbesitzern bewilligten Retablissementsgelder können weder
wegen Abgaben, noch auf Antrag von Gläubigern mit Arrest belegt werden. —
Cab.-Ord. vom Zl. Januar 1«22 GS. S. 4«.
10. Die aus den Feuersozietätskassen zu zahlenden Entschädig««
gen, sowie die aus öffentlichen Kasfen bewilligten Bauhilfsgelder
dürfen in der Regel nur zum Aufbau der abgebrannten, oder der mit der bewil
ligten Hilfe zu errichtenden Gebäude verwendet werden. Arrest darauf kann daher
nur der suchen, welcher zu diesem BeHufe Materialien geliefert, oder Ar
beitslohn, «der zum Bau wirklich verwendete Geldvorschüsse zu for
dern hat. Einige Reglements und namentlich das für die Ostpreussische Landschaft
(vom SV. Derember 1837 §. 58 fg. GS. für 1838 S. 97 fg.), das für die Städte
des Regierungsbezirks Königsberg (vom 29. April 1838 §. «7 fg. GS. S. 281 fg.),
das für die Städte des Regierungsbez. Gumbinnen (von dems. Tage GS. S. 313 fg.),
das für das platte Land des Herzogth. Sachsen (vom 18. Februar 1833 K. 58 fg.
GS. S. 215), das für Weftphalen (vom 5. Januar 183S §. 51 fg. GS. S. 62),
das für die Provinz Posen (vom 5.' Januar 1836 Z. 59 fg. GS. S. 85), die für
Schlesien (vom 6. Mai 1842 GS. S. 131 und 158), gestatten jedoch den hypothe
karischen und andern Realgläubigern die Anbringung eines ArrcstschlageS auf die
Vergütungssumme dahin, daß deren Zahlung zum gerichtlichen Deposits erfolge.
Die Realgläubiger können jedoch auch hier aus den Brandentschädigungsgeldern nur
in soweit Befriedigung fordern, als dieselben zur Wiederherstellung der versicherten
Gebäude nicht verwendet werden, oder als deren Wiederaufbau nicht erfolgt.
8. 18, I. 29 A. G. O.
11. Lotteriegewinne 2) können nicht! verkümmert werben. — §. 6 des Ed.
vom 2«. Juni 1794. Rabe 2, S. 643.
12. Die bei der Königl. Bank oder kurmärkschen Landschaft zins
bar belegten Gelder, inglcichen die Aktien der Seehandlungskompag
nie, ferner die Aktien der Preussischen Seeassekuranz- und der Em-
denschen Heeringsfischerei-Gesellschaft können zwar nicht mit Arrest be
legt werden. Doch steht den Gerichten sowol bei Konkurseröffnungen als im Wege
der Exekution frei, die darüber ausgestellten Dokumente von den Inhabern zum
Depositum geben zu lassen, und dahin auch die darauf fallenden Zinsen und Di
videnden zu ziehen.
Auch die der Seehandlung selbst gehörigen Effekten und Papiere dürfen nicht
mit Beschlag belegt werden. — z. 19, I. 29 ». G. O. — §. 11 der Urk. vom
1) Die Deposition des Arbeitslohns und sonstiger Anforderungen der Schuldner
wird jedoch auch hier, wie unter Nro. 8 veranlaßt werden können.
2) Dieselben werden gegen Vorzeigung des Looses gezahlt. Ein Arrestschlag wirb
daher auf den Gewinn nur in der Art ausgebracht werden können, daß da«
Loos erfordert, und auf Grund desselben der Gewinn zum Deposit««« erh«ben wird.
434
j?. Mäxz 1825 GS. S> 43. — 8. 24 Pat. vom 4. März 1794 N. C. C. I»m.
IX. S. 2029. Rabe 2, S. 603.
13. Die aus der Allgemeine», ingleichen aus der Militairwittwen-
«erpflcgungsanstalt den Wittwen zu zahlenden Pensionen können nur
in dem einzigen Falle mit Arrest belegt werden, wenn Jemand zur Erhaltung des
Pensionörechts die Beiträge bezahlt hat, und hiernächst aus der Pension seine Be
friedigung verlangt.
Dagegen ist auf die einer Wittwe anderweit aus Verträgen oder Gesetzen zu
kommenden Vcrxflegungögcldcr der Arrest an sich zulässig; und es hängt von den
übrigen Umständen ab: in wiefern eine solche Arrestatin verlangen könne, daß ihr
daraus eine Kompetenz frei gelassen werde. — §. 20 u. 26, I. 29 A. G. O.
14. Kompetenzen, welche von sämmtlichen oder einigen Gläubigern des Ge-
meinschuldmrs diesem zu seiner Unterhaltung bewilligt sind, oder zu deren Zahlung
jene verurtheilt worden, dürfen wegen keiner, auch nach eröffnetem Konkurs ge
inachten Schulden, mit Arrest belegt werden. — Z. 21 a. a. Q
15. Besoldungen und Emolumente der Königlichen Beamten, ^)
gleich viel, ob sie im unmittelbaren «der mittelbaren Dienst des Staats stehen, 2)
also auch der städtischen, geistliche» und landschaftlichen Beamten, desgl. der Pa-
trimonialrjchter und Justizkommissarien, sowie der in Eid und Pflicht genommenen
Oekonomiekommiffarien, Feldmesser und Baukondukteure, während der Dauer ihrer
Anstellung auf sixirte Diäten bei öffentlichen Behörden, desgl. während der Dauer
der von öffentlichen Behörden ihnen übertragenen Beschäftigung, jedoch mit Aus
nahme der Acrzte als solcher,?) können nur auf die Hälfte des, 400 Thlr. über
steigenden, Theils verkümmert werden. ^) Ausnahmen finden statt:
s) hinsichtlich der laufenden Alimente, 5) in Betreff deren die Hälfte der ganzen
Besoldung in Beschlag genommen werden kann;
d) hinsichtlich der aus unerlaubten Handlungen erwachsenen Schulden, e) sowie der
kurrevten öffentlichen Abgaben, für welche auch das, andern Gläubigern nicht
zu Gebote stehende, Einkommen Haftetz
v) hinsichtlich der Wechselschulden bei wechfelfähigen Beamten, in Betreff deren das
Wechfelrecht Anwendung findet.
Arreste auf Beamtenbcsoldungen müssen übrigens bei der vorgesetzten Behörde
des Beamten, nicht aber bei der zahlenden Kasse beantragt werden. — Anh.z. 16V,
161, 164, 163-170, zu Z. 108, I. 24 A. G. O. — Res. vom 29. Januar 1S36.
Jahrb. 47, S. 329. Cab.-Ord. vom 19. Januar 1833 GS. S. 4.
5) Die Akzise-, Zoll- und Postbeamten sind durch neuere Gesetze den übrigen Be
amten gleich gestellt. — Uebrigens wird bei Beamten, die abzugsfähiges Gehalt
haben, der Arrest schwer zu begründen sein, da die Besorgniß der Unsicherheit
meist fehlen wird.
2) Dahin gehöxen auch die Königl. und prinzlichcn Hofstaatsbeamtenz — Ref. vom
14. Juli 1«31. Jahrb. 35, S. 101. fexner auch die blos diätarisch oder auch
nur widerruflich angestellten Beamten während der Dauer der Anstellung; —
Ref. vom 1«. Oktober 1833. Gräff, Koch n. Srg^ III. S. 494. — Rcf.
vom 3«. Juli 1837. Jahrb. S«, S. IIS,; selbst Dorsgerichtsschreiber. — Res.
vom 27. Mai 1836. Gräff, Koch ic. das. S. 49S. — Die Gebühren der
Sachverständigen sind jedoch nicht arrestfrei. — Res. vom 10. Febr. 1836 das.
») Krcisfysizi sind in Bezug auf ihr Fusikatsgehalt als Beamte anzusehn. — Res.
vom 29. Januar 1836.
4) Gnadengchülter gehören nicht zum Nachlasse des verstorbenen Beamten. Sie
können daher von dessen Gläubigern nicht mit Beschlag belegt werden.
«) D. h. die vom Tage der Klagcanbringung an laufenden.
«) Untersuchungskosten gehören ebenfalls dahin. Doch müssen dem Beamten 300 Thlr.
jährlich frei bleiben. — Cab.-Ord. vom '11. Juni 1829. Jahrb. 24, S. IIS.
7) Der den suspendjrteii Beamten bewilligte GelMsgntheil ift als K,mpkte»j zu
435
46. Pensionen, welche dergleichen (Rro.16) Beamte bei oder nach ihrer Eni«
laffung vom Staate «der dcr vorgesetzten Behörde angewiesen erhalten haben, sind
dem Arrestschlage nur auf Höhe der Hälfte des, 200 Thlr. überschiessenden Theils,
jedoch unter den Nro. 15, s, d und v enthaltenen Modifikationen unterworfen.
Auch von andern Staaten übernommene Pensionen sind in so weit privilegirt. Pen
sionen und Kompetenzen, welche sich auf den Reichsdeputationshauptschluß vom 25.
Februar 1803 gründen,') sind jedoch gänzlich arreftfrei. — V. vom 26. Februar
1806 §. 66. — Eab.-Ord. vom 9. December 1331 und vom 17. Juli 1832. Jahrb.
38, S.334. Bd. 4«, S. 171. — Anh. §. 162, 168—170 zu 108, l. 24 A. G. O.
Eine Pension hingegen, die sich der abgegangene Beamte nur durch ein Pri-
«atabksmmen mit seinem Amtsnachfolger vorbehalten hat, kann aufs Ganze arre,
stirt werden. — j. 24, I. 29 A. G. O.
t7. Auf Gehälter und Pensionen der Offiziere und andern Mi,
litairpersonen finden die Bestimmungen unter Nro. 15 und 16 ebenfalls und
unter nachstehenden Beschränkungen Anwendung:
s) die den Generalen und andern höheren Offizieren für ihre Dienstverhältnisse be-
willigten sogen. Tafelgeldcr und sonstigen Zulagen, welche nicht mit zum eigent
lichen Gehalte gehören, sind arreftfrei. Gleiches gilt vom ServiS sämmtlicher
Offiziere 2) und Militairbeamten. ')
K) Wartegelder und Gnadengehalt sind den Pensionen gleich zu achten.
c) Bei der Infanterie kann dem Fähndrich und Sekondelieutenant monatlich 2 Thlr,,
dem Premierlieutenant 3 Thlr.; bei der Kavallerie dem Körnet und Sekondelieutenant
3 Thlr. und dem Premierlieutenant 4 Thlr. monatlich mit Arrest belegt werden.
<I) Bei eintretender Mobilmachung dcr Armee muß das ganze Gehalt der Offiziere
und der mobilen Militairbeamten arrestfrei bleiben.
e) Der Sold der Unteroffiziere und gemeinen Soldaten darf selbst wegen Alimenten
nicht mit Arrest belegt werden. — Anh. K. 16S—17« a. a. O. — Anh. 83
zu §. ISIS, II. 1 A. L. St. — Sab.-Ord. vom 22. December 1817 GS. 1818
«. «. — Res. vom 9. Febr. 1839 I. M. B. S. 83. — Res. vom 13. Jan.
1833. G raff, Koch zc. Erg. III. S. 500.
18. Wegen Schulden, die das Bergwerk nicht angehen, findet beim Bergamt
keine Klage, such kein Arrest statt. Auch der auf das gesammte Vermögen det
Schuldners angelegte Arrest erstreckt sich nicht auf dessen Bergwerkseigenthum
und auf die noch nicht geschlossene Ausbeute. Doch muß das Bergamt auf Ansu
chen des ordentlichen Richters das Bergwerkseigcnthum des verschuldeten Gewerken,
aber ohne Nachtheil der zeitigen und späteren Bergwerksgläubiger, verkümmern.
Ausserdem kann auf Bergwerkseigenthum und die davon noch nicht ge
schlossene Ausbeute, nur wegen Berghypotheken- und wegen andrer aus dem
Bergbau herrührender Schulden, Arrest angelegt werden. Der Arrestlcger muß aber
dann für Bezahlung dcr Zubusse, und dcr Quatember- und Rezeßgelder sorgen, da
er sonst beim Verfallen des Bcrgwcrkseigenthums sein Recht verliert, und den Ei-
genthümer entschädigen muß. — K. 335—34«, II. 16 «. L. R.
19. Eine Beschlagnahme des für den Schuldner, seinen Ehegatten, und die bei
ihnen lebenden Kinder nöthigen Bettwerk ; ferner des am Garnisonorte befindlichen
betrachten, und daher arreftfrei. — Res. vom 16. Juni 1836. Gr äff, Koch
:c. Erg. III. S. 681.
1) S. B. die in Folge der durch den Reichsdeput. Hauptschl. geschehenen Aufhebung
von Klöstern und Stiftern zu gewährenden Pensionen. — Res. vom 9. Decbr.
1831 und 19. Juli 1832. Jahrb. 38, S. 334. Bd. 4«, S. 171.
2) Auch der Landwehroffizicre. — Res. vom 21. August 1S26. Mannkopf A.
G. O. 2, S. 393.
') Wik z. B. der Kompagnie-Chirurgen.
436
Mobiliars bienstthuender Ossiziere, Unteroffiziere und Soldaten j sowie der dem Be
amten zur Verwaltung seines Dienstes erforderlichen Bücher, der ihm unentbehrlichen
Kleider, Wäsche und Hausgeröthe, und der seiner Frau, und seinen unerzogenen
Kindern zur Nothdurft dienenden Wasche, Kleider und Betten, findet nicht statt. —
Anh. §. 155—157 z. z. 70, I. 24 A. G. O. — V. vom 13. Oktober 1843 GS.
S. 336. — Cab.-Srd. vom 8. November 1831 GS. S. 250.
Einige allgemeine, bei Anlegung der Arreste vom Richter zu berück
sichtigende Bestimmungen.
.Z. 291. I. Sind auch Arreste mit Rücksicht auf Z. 289 u. 29« hinsichtlich der
Sache oder Person an sich zulässig; so muß der Richter doch mit genauer Ueberle-
gung und Bedachtsamkeit zu Werke gehen; da die Unterthanen des Staats und die,
welche sich dem Schutze seiner Gesetze anvertraut haben, ohne wirkliche und drin
gende Nothwendigkeit weder in der Disposition über ihr Vermögen, noch viel we
niger in ihrer persönlichen Freiheit gekränkt werden dürfen. — §. 28, 1. 29 A. G. O.
II. Ein Haupterforderniß jeden Arrestschlages ist das Vorhandensein einer Ge
fahr, daß, wenn dem Schuldner die freie Verfügung über den Gegenstand des Ar
restes «erbliebe, dem Gläubiger die Mittel, zu seiner Befriedigung zu gelangen,
entzogen werden möchten. Mit Rücksicht auf die Beschaffenheit dieser Gefahr ist nun
t) der Arrest entweder ein schleuniger, wenn die Gefahr schon gegenwärtig und
, , dringend ist; ins Besondre, wenn der Schuldner bereits wirkliche Anstalten macht,
seine Person oder Sachen zu entfernen, und bei Seite zu schaffen, oder, wenn
er gar damit wirklich auf der Flucht begriffen ist; also, daß zur Beibringung
der sonst nöthigen Bescheinigungen und übrigen gesetzmässigen Erfordernisse eines
gewöhnlichen Arrestschlags die Zeit nicht hinreichend; oder
2) er ist ein gewöhnlicher, wenn die Gefahr noch entfernt und blos wahrschein«
lich ist. —
Ob der eine oder andre vorliegt, muß der Richter nach diesen Umständen und
. Mt Rücksicht auf die befondre Beschaffenheit eines jeden vorkommenden Falles
sorgfältig und psiichtmässig beurtheilen, da in beiden Fällen nach Folgendem ein
verschiedenes Verfahren eintrit. Ausserdem wird noch in einer
Zten Unterabtheilung von dem besonderen Verfahren bei Arresten gegen Fremde ge
handelt. — §. 29 a. a. O.
I.
Von Arresten in schleunigen und dringenden Fällen.
I , Wo sie angebracht, und wie sie begründet werden müssen.
292. I. Ein schleuniger Arrest kann sowol im ordentlichen Gerichtsstande
der Hauptsache, als bei dem Richter, unter dessen Gerichtsstand die zu arrestirende
Person oder Sache betroffen wird, schriftlich oder zu Protokoll angebracht werden.')
Meldet der Gläubiger sich mündlich beim Richter, so muß dieser ihn ohne den ge
ringsten Aufschub mit seinem Gesuch zu Protokoll hören. — Z. 30, 41 a. a. O.
II. Zur Begründung eines solchen Arrestgesuches ist erforderlich: 2)
4) daß Jmplorant die angebliche Forderung, und worin sie besteht, anzeigt,
2) daß er Umstände, woraus eine gegenwärtige Gefahr beim Verzuge sich ent-
Auch die Kreisjustizräthe müssen schleunige Arreftgesuche, die vor das Obergericht
gehören würden, annehmen, und nach Maasgabe §. 293, I—III. und IV. 2 dar
auf verfügen. — §. 4 Nro. 4. d. V. vom 30. November 1833 GS. S. 297.
,2) Die Vorschriften wegen Berhängung der Arreste in schleunigen Fällen gelten
auch zur Norm bei Erlaß von Steckbriefen gegen ausgetretene Schuldner. —
Res. vom 29. Juli 1799. Rabe 5, S. S18.
437
nehmen läßt, nachweist, oder wenigstens bestimmt angibt, und die Beweismittel
darüber anzeigt;
3) daß er sofort eine annehmliche Kaution, sowol zur Deckung des Richters, als
des Arrestandcn wegen des demselben aus der Verkümmerung etwa entstehenden
Nachtheils, bestellt. — Diese Kaution muß Anfangs unbestimmt, und nur in einer
ungefähren Beziehung auf den Gegenstand des Arrestes, oder die Qualität der
Person des Arrestanden bestellt werden, bis nach näher erörterten Umständen
ihre Bestimmung auf ein gewisses Quantum statt finden kann. Uebrigens kann
die Leistung derselben durch Burgen oder Pfänder, ') oder auch dadurch geschehen,
daß Arreftsucher sich selbst zum persönlichen Verhafte erbietet. Eidliche Kaution
kann zur Anbringung eines Arrestes niemals angenommen werden.
Frei von Kautionsbestellung sind nur
s) der Königl. Fiskus, wenn der den Arrest nachsuchende Vertreter des FiskuS
sich dazu durch Autorisation der betreffenden Provinzial- oder Zentralbehörde
legitimirt («f. §. !5, I. S. 28);
d) Kirchen, Schulen, Hospitäler, Armen- und Waisenhäuser, in so
fern dieselben wirklich unvermögend sind, d. h. wenn sie ausser dem,
was zu den laufenden Ausgaben eines jeden Jahres erfordert wird, weder baare
Gelder, noch Grundstücke, oder ausstehende Kapitalien befitzen. In solchem Falle
muß der Vorsteher bei Nachsuchung dcs Arrestes ausser den Erfordernissen unter
1 und 2 auf seine Pflicht und an Eides statt versichern, daß die Anstalt die er
forderliche Kaution aufzubringen nicht vermöge. — Bei der nächstfolgenden Ver
handlung und Entscheidung der Arrest-, sowie der Hauptsache, ist jedoch mit
vorzüglicher Aufmerksamkeit darauf zu sehn: ob etwa wegen offenbaren Ungrunds
der Forderung selbst, oder beim Arrestaten gar nicht vorhanden gewesener Un
sicherheit, oder aus andern Umständen des Falles dem jenes versichernden Vor
steher der Vorwurf einer Schikane, oder einer aus Vorsatz oder grobem Versc
hen unternommenen Kränkung des Kredits und guten Namens des Arrestaten,
zur Last bleibe. Ist dieses, so muß der Arrestsucher dem Letztern wegen Schä
den, Kosten und sonst überall aus eigenem Vermögen gerecht, und ausserdem mit
willkürlicher Geld- oder Gefängnißstrafe belegt werden.
Auf vermögende Anstalten dieser, und überhaupt auf Anstalten und milde
Stiftungen andrer Art findet vorstehende Kautionsbefrciung keine Anwendung. —
Z. 31—34 a. a. O.
Verfügung auf schleunige Arrestgesuche und weiteres Verfahren.
§. 293. I. Ist das Arrcstgesuch nach 8. 292, II. begründet; so muß der Rich
ter demselben ungesäumt stattgeben, und die nöthigen Verfügungen treffen, daß die
verkümmerten Sachen zurückgehalten, oder die Person des Arrestaten in sicheren Ge
wahrsam gebracht, oder, nach Beschaffenheit der Umstände, unter Observation ge
nommen werden. — Z. 35 das.
II. Sobald dies geschehen, muß der Richter beide Theile vorfordern ; vom
Arrestsucher die hinter ihm befindlichen Bescheinigungsmittel über seinen Anspruch
vorzeigen lassen, und diese von Amtswegcn, obwol nur summarisch, prüfen; den
Arrestaten, unter deren Vorlegung, ebenfalls nur kurz und summarisch darüber: was
er dagegen und gegen den verhängten Arrest überhaupt zu erinnern habe, verneh
men; befonders aber auszumitteln suchen: worin das Interesse des Arrestaten, oder
der aus der Verkümmerung für ihn zu besorgende Nachtheil bestehe, und auf wie
hoch also die Anfangs nur unbestimmt geleistete Kaution (§. 292, II. 3) festzusetzen
') Begründet Arrestsucher später einen gewöhnlichen Arrest, so kann er die Kaution,
welche dann nicht mehr nöthig wird, unbedenklich zurückfordern.
438
sein möchte. Auch müssen bei dieser Gelegenheit die Parteien vernommen werden,
was etwa für Veranstaltungen zu treffen sind, um die mit Arrest belegten Sachen
vor aller Gefahr, sowol der Entwendung, als des sonstigen Verderbens sicher zu stellen.
Findet sich bei dieser vorläufigen Untersuchung,
1) daß «) die verkümmerte Person oder Sache unter die gehört, worauf nach wört
licher und ausdrücklicher Vorschrift der Gesetze kein Arrestschlag statt finden soll
<K. 289, 290), oder daß b) die Forderung des Arrestsuchers ganz offenbar un
gegründet sei; so muß der Arrest sofort wieder aufgehoben,') und dem Arresta-
ten aus der vom Arrestsucher bestellten Kaution Entschädigung und Genugthuung
werden. 2) Derselbe kann seine Entschädigungsklage beim ordentlichen Richter
des Arrcstsuchers oder auch beim Richter, bei welchem der Arrest ausgebracht
war, gegen den Arrestsucher anstellen. ») War auf dessen Gefahr oder falsche
Vorspiegelung ein widerrechtlicher Personalarrest verhängt, und dabei vom Rich
ter den gesetzlichen Vorschriften zuwider gehandelt; so sind der Arreftsucher und
der Richter dem Arrestaten als Mitschuldige verhaftet. ^)
2) Liegt ein dergleichen klarer Grund zur Aufhebung des Arrestes nicht vor; so muß
der Richter bei Gelegenheit dieser vorläufigen Vernehmung sich bemühn, die Par
teien, wo nicht in der Haupt-, doch in der Arrestsache zu vereinigen; und be
sonders, wenn Arrestst die Aufhebung des Arrestes gegen Kaution verlangt, diese
Kaution in Güte zu reguliren suchen. — Schlägt aber der Sühneversuch fehl,
so muß der Richter durch Verfügung festsetzen: daß es beim verhängten Arreste
sein Bewenden habe; und auf wie hoch die vom Extrahenten anfänglich unbe
stimmt geleistete Kaution zu bestimmen, 5) auch wie nunmehr die Sache zur
weiteren Erörterung einzuleiten sei. — K. 36—39 a. a. O. — §. 133, 1. S. A. L. R.
III. Dem unter II. vorgeschriebenen Verfahren muß sich der Richter, bei wel
chem das schleunige Arreftgesuch eingegangen ist, in der Regel selbst dann unterzie
hen, wenn er weder der ordentliche Richter des Arrestaten ist, wch derselbe für feine
Person im Gerichtsbezirke dieses Richters sich wirklich aufhalt. Ausnahmsweise muß
jedoch dieser die Regulirung de« Arrestgesuches dem ordentlichen Richter des Arre
staten dann überlassen, wenn entweder 1) der ordentliche Richter an eben dem Orte,
wo der Arrest angelegt worden ist, sich befindet, oder
2) wenn Arrestat dies selbst beantragt. — Z. 40, I. 29 a. a. O.
IV. Bei fernerer Verhandlung der Sache kommt es darauf an:
ob der arrestanlegende Richter zugleich der kompetente Richter in der
Hauptsache sei, oder nicht?
l) Im ersten Falle, und folglich auch dann, wenn der Arrestat ein Fremder, und
also der Gerichtsstand widcr ihn nach g. 22, 2. 6. durch den Arrest selbst bc-

>) Dies geschieht durch blosse Verfügung (cf. V. Rro. i). Ueberhaupt wird, wenn
ein Arrest vor der Hauptklage ausgebracht wird, darauf nur verfügt, und falls
die Anlegung geschieht, Kläger zur Anbringung der Hauptklage unter Stellung
einer Frist angewiesen, und die Warnung beigefügt, daß bei Nichtanbringung
der Hauptklage innerhalb der Frist auf Andringen des Arrestaten der Arrest
aufgehoben werde.
>) Doch werden diese nicht von Amtswegen, sondern nur auf Antrag ermittelt und
erkannt.
») Zur Begründung einer Jnjurienklage wegen grundlosen Arrcstgesuchs wird aber
immer der Nachweis der vorhanden gewesenen Absicht zu beleidigen vorausge
setzt. — ck. Res. vom 8. Februar 1806. Rabe 8, S. 47l.
«) Bei Realarresten wird demnach der Richter nur in subsi<jium verhaftet sein.
s) Ist diese Kaution nach dieser Vernehmung festgesetzt, so kann später keine hö
here Kaution gefordert werden. — Res. vom 26, Juli 1S34, Gräsf, Koch ,c.
III. S. 6S4,
Stündet ist, muß der den Arrest verhängende Richter wegen vorschristswWg«
Verhandlung der Hauptsache das Erforderliche im Wege des Mandats-, Baga-
teil-, summarischen, ordentlichen oder dem Prozesse des Ges. vom 9. Febr. 1817,
je nach der Natur dcr Hauptforderung, sofort verfügen.')
2) Gehört aber die Hauptsache vor einen andern, als den Arrest-Richter; so muß
dieser, nach der gemäß Reo. II. vorgenommenen Regulirung, dem Richter in der
Hauptsache von seiner Verfügung ungesäumt Nachricht geben; ihm die Verhand
lungen und andere Aktenstücke, bcwandten Umständen nach, im Originale oder
abschriftlich mittheilen, und die Parteien zur wcitern Betreibung der Sache und
Beobachtung ihrer Nothdurft an diesen verweisen. — Gleiches gilt selbst in dem
Falle, wenn ein Inländer gegen einen Ausländer die Hauptklage im Auslande
angestellt hat, demnächst aber ein schleuniges Arrestgesuch im Jnlande aus dessen
hier befindliches Vermögen anbringt. Der inländische Arrestrichter muß nach
geschehener Regulirung des Arrestes die Sache dem ausländischen Richter der
Hauptsache abgebe». Im Jnlande wird die Sache nur dann verhandelt und
entschiedcn, wenn der Inländer der im Auslande angebrachten Klage entsagt.
Der den Arrest verhängende Richter darf nach Abgabe weder in der Haupt-
noch in der Arreftsache weiter verfügen. Er muß lediglich die Auftröge oder
Ansuchen des in der Hauptsache kompetenten Richters, gleich viel, ob dieser un
tergeordnet, oder vorgesetzt, oder von gleichem Range ist, abwarten, und densel
ben nachkommen. Jedoch muß er dahin sehen, daß weder mit der verkümmer
ten Sache, noch mit der bestellten Kaution, irgend eine den Parteien nachthei
lige Veränderung und Verfügung von einem oder dem andern Theile eigenmäch
tig getroffen werde. — ß. 41—44 a. a. O. u. Anh. Z. 193 das.
V. Der Richter der Hauptsache muß nach Eingang der Arrestakten den ange
legten Arrest ebenfalls prüfen. Findet er
1) daß der vorige Richter bei dessen Anlegung offenbar widerrechtlich verfahren sei;
so muß er den ohnehin durch blosse Verfügung angelegten Arrest auf das erste
Anmelden des Attestaten, oder auch von Amtswcgen wieder aufhebe». Findet
sich dagegen
2) zu ein« solchen Verfügung kein hinlänglicher Grund; so muß die Verhandlung
dn Hauptsache, nach der Anweisung unter IV. Rro. 1, der Natur der Forde
rung gemäß, unverzüglich eingeleitet werden. — §. 45, 46 a. a. O.
S) Ist das Arrcstgesuch nicht mit der Hauptklage, sondern besonders angebracht; so
muß bei Anlegung des Arrestes dem Arrcstsucher zugleich ein nach den Umstän
den zu bestimmender Zeitraum, innerhalb dessen er die Hauptklage, bei Strafe
der Aufhebung des Arrestes anbringen muß, gesetzt werden. Ist der Arrestrich
ter nicht kompetenter Richter der Hauptsache; so benachrichtigt er bei Absenkung
der Arrestakten gleichzeitig den Richter der Hauptsache davon (IV. 2). Leistet
der Arrestsucher der Anweisung keine Folge; so muß, auf Anhalten des Attesta
ten, die Verkümmerung sofort wieder aufgehoben werden. — Z. 74 a. a. O.

U.
Vom Verfahren bei ordentlichen und gewöhnlichen Arresten.
Begründung des gewöhnlichen Arrestes und Verfügung darauf,
tz. 294. I. Wird ein ordentlicher und gewöhnlicher Attest ausgebracht; so muß
die Anlegung desselben nicht anders, als nach vorhergehender summarischer Prüfung
der Beschaffenheit der Forderung selbst, und der Umstände, woraus die Besoxgniß

') In Betreff der Form des Mandats s. §. öö, I. S. 1Z2.


440
«»er bevorstehende» Gefahr hergeleitet wird, verfügt werben. — In solchen Fälle»
muß ,daher der, welcher einen Arrest ausbringen will , die Arrestklage beim Richter
der Hauptsache schriftlich, oder mündlich zum Protokoll anbringen, und zwar
1) entweder mit der Hauptklage verbunden; und dann ist zur Begründung des Ar-
reftgesuchs nöthig, daß Kläger
s) seine Forderung durch unverdächtige Urkunden, oder auf andere Art , wenig
sten« einigermassen bescheinigt; ^) ., .
K) eine wahrscheinliche Besorgniß nachweist, daß, wenn dem Schuldner die fer
nere freie Disposition bis zum Austrage der Hauptsache verbliebe, ihm, dem
Gläubiger, das Objekt seiner Sicherheit und Befriedigung entzogen werden
möchte^) oder ,
2) nur vorläufig und besonders, wenn zur Aufnahme der vollständigen Klage i»
der Hauptsache noch Nachrichten erforderlich sind, deren Einziehung nicht sogleich,
sondern nur nach einigem Zeitverlaufe erfolgen kann. In diesem Fall ist zur
Begründung des Arrestgesuchs ausreichend,
s) wenn nur die Forderung überhaupt und im Ganzen bescheinigt ist; obgleich
etwa noch zu deren näheren Bestimmung, in Ansehung des Betrags, der
Münzsorten, der Zinsen, Früchte, oder andrer Nebenpunkte zur vollständigen
Berichtigung der Legitimation des Klägers oder sonst noch etwas nachzubrin-
. gen wäre; dabei aber
b) Gründe der wahrscheinlichen Besorgniß einer Entziehung des Objekts der
Forderung oder Befriedigung beigebracht sind. — Z. 47—49 a. a. O.
Auch in diesem Falle kommt die Vorschrift Z. 293, V. Nr«. 3 zur Anwendung.
II. In Fällen, wo die Forderung selbst durch unverdächtige Urkunden beschei
nigt ist, und der Beklagte nicht zu den im §. 289. genannten arrestfreien Personen
gehört, kann der Arrest nachgesucht werden, wenn auch die Umstände, auf welche
Kläger seine Besorgniß der Unsicherheit gründet, vor der Hand noch nicht beschei
nigt wären, sondern nur noch in seinen Angaben, die jedoch deutlich, bestimmt, und
an sich erheblich sein müssen, beruhten. — §. 5« das.
Hl. Der Richter muß das Arrestgesuch mit genauester Sorgfalt prüfen. Findet er
1) dabei nicht die gesetzmässigen Erfordernisse; so muß er den Jmploranten durch
eine schriftliche, mit Gründen unterstützte Verfügung abweifen. Kein Arrest, in
sofern es nicht ein schleuniger, darf blos auf Gefahr des Nachsuchenden zugelas
sen werden. — Dem mit dem Arrestgesuche durch Verfügung Zurückgewiesenen
steht frei, bei Instruktion der Hauptsache sein Gesuch zu wiederholen, und die
Gründe desselben, sowie das, was er zur Widerlegung der ergangenen Abwei-
sungsverfü'gung etwa beizubringen hat, näher auszuführen. Im Haupturtel
wird dann zugleich über das Arrestgesuch erkannt. «) Wird er für zulässig er
klärt, so muß er sofort angelegt werden.
>) Darüber, was zur Bescheinigung gehört, ist man uneinig. Manche verlangen
einen halben Beweis, Andern, gnügt die blosse Nennung von Beweismitteln, na
mentlich auch die Eideszuschiebung. Dies letztere muß man als richtig, und
somit annehmen, daß eine Bescheinigung im Sinne des §. 294, I. s schon dann
vorhanden, wenn die fr. Forderung mit Beweismitteln in soweit unterstützt ist,
daß die Klage zugelassen wird. Dies liegt besonders in dem Ausdruck' „einiger
massen" und in der Bestimmung Nro. II. g. 294. Die Res. vom 29. Oktober
1821 u. vom 1. Juli u. 19. Septbr. 1831 scheinen eine entgegengesetzte Ansicht
auszusprechen. — Jahrb. 1«, S. 292. Bd, 37, S. 35«. Bd. 33, S. 96.
2) Dies liegt z. B. vor, wenn ein Student die Universität verläßt, und sich wei
gert, gesetzlich erlaubte Schulden einregistriren zu lassen. — Anh. Z. 141, z. A.
L. R., ferner in Bezug auf einen Konkursifex, wenn es sich um Personalarrest handelt.
») Beruhigt sich der Arrestsucher bei der zurückweisenden Verfügung, so wird im
künftigen Urtel über den Arrest nicht erkannt.
441
Erachtet der auf die Arrestklage verfügende Richter dagegen
2) den Arrest gesetzlich für zulässig; so muß er ihn, ohne daß es dazu einer beson
dern Kautionsbcstellung von Seiten des Jmploranten bedarf, sofort gehörig an
legen, und die nöthige Verfügung deshalb entweder unmittelbar, oder durch
Requisition oder Auftrag an den Richter, zu dessen Gerichtsbarkit die zu ver-
kümmernde Sache gehört, unverzüglich erlassen.
Ist ein Aktivkapiral verkümmert worden; so muß
») jedesmal, auch ohne besondern Antrag, dem Schuldner dieses Kapitals bekannt
gemacht werden, daß er vor erfolgter Aufhebung des Arrestes an den Arrestaten
keine Zahlung leiste. Es muß ferner,
Ii) wenn über jenes Kapital eine Schuldurkunde vorhanden, der Richter zugleich die
erforderliche Verfügung treffen, daß dies Dokument bis zum Austrage der Sache
ins gerichtliche Depositum abgeliefert werde.') Zögert Arrest«! in Gcnügung
dieser Auflage; so muß ihn der Richter, auf Andringen des Arrestanten, durch
Exekution dazu anhalten. Sind Umstände vorhanden, welche die Bcsorgniß be
gründen, daß der die Herausgabe des Instruments verweigernde Arreftat damit
nachtheilige Verfügungen für den Arrestanten, oder zur Hintergehung des Pu
blikums treffen möchte; so muß der Richter, auf Verlangen des Arrestanten,
durch zweimalige Einrückung in die Jntelligenzblätter der Provinz, und wo diese
nicht erscheinen, in den Amrsblattsanzeiger, bekannt machen, und jedermann öf
fentlich warnen, sich über die verkümmerte Forderung in keine Zessionen, Ver
pfändungen, Zahlungen, oder a. dcrgl. Geschäfte, mit dem Arrestaten einzulassen.
c) Wird eine im Hypothekcnbuch stehende Post mit Arrest belegt; so muß dieser
im Hypothekenbuche bei der Post bemerkt werden. Der Hypothekenrichter muß
dann das darüber lautende Dokument herbeischaffen lassen, um auch darauf den
vermerkten Arrest zu notircn. Demnächst ist das Dokument beim Prozeßrichter
zu deponiren.
<Z) Ein auf Gelder, Pretiosen, und andre Effekten, die sich im Dcpositorio befinden,
ausgebrachter Arrest muß in den Protokollbüchern der Depositarien nachrichtlich,
und im Manual des Rcndanten auf dem für die betreffende Masse bestimmten,
Blatt auf eine in die Augen fallende Art bemerkt werden. Der Arrestsucher er
hält demnächst über den angelegten Arrest eine Bescheinigung.
e) Wie zu verfahren, wenn der angebliche dritte Inhaber, oder Schuldner läugnet,
den Gegenstand des Arrestes hinter sich zu haben, wird im Titel von Erekutio-
ncn verordnet. — Z. 51—54 o. a. O. — §. 233—237 fg. Tit. II. Hypoty. O. —
K. 448-459, II. Dep. O.

Ferneres Verfahren und Erkenntniß im Falle der geschehenen Ar


restlegung, und zwar I) bei Realarresten, wenn s) Arrest und
Hauptsache in Einem Prozesse verhandelt wirdz
§. 295. I. Ist nur von einem Realarreste die Rede; so muß von der'
nach Z. 294, II. Nro. 2. ergangenen Verfügung dem Beklagten und. Arrestaten so
fort Nachricht ertheilt, die fernere Ausführung über die Rechtmässigkeit oder Un-
rechtmässigkeit des angelegten Arrestes jedoch zur Instruktion der Hauptsache ver
wiesen, und diese Instruktion möglichst und ganz vorzüglich beschleunigt werden.
Bleibt nun Kläger im Jnstruktionstermin ouöz so erfolgt nicht allein Akten-

') Steht das Kapital ausser dem Arrestaten noch Andern zu; so kann wider den
Willen der Letztern das Dokument nicht zum Depositorio genommen, auch dar
auf der Arrest nicht nvtjrt werden, — Cl. Res. vom 2S. August 1833. G r ö ff ,c.
III S5 ««« . . "
442
weglcgung in Betreff der Hauptsache gemäß §. 25S zu 7; es muß auch der Arrest
auf des Arreftaten Anmelden sofort aufgehoben werden.
Sucht Kläger Terminsverlegung nach; so darf dem Antrage in der Regel
nicht,') und ausnahmsweise nur dann statt gegeben werden, wenn es dem Kläger
durch äussere unabwendbare Zufälle ganz unmöglich gemacht worden ist, den Ter
min persönlich, oder auch nur durch einen Bevollmächtigten, abzuwarten. — Z. 56
—57, I. 29 A. G. O.
II. Ausser dem unter I. bemerkten Falle kann auf blos einseitigen Antrag des
Arreftaten der ein Mal angelegte Arrest nicht aufgehoben, Arrestat muß vielmehr
mit seinen Anträgen zum Jnstruktionstermin verwiesen, und im künftigen Haupt-
urtel zugleich darüber mit erkannt werden:
ob es bei dem verhängten Arreste bis zum gänzlichen Austrage der Sache
und erfolgender Befriedigung des Klägers zu belassen, oder ob derfelbe
wieder aufzuheben sei?
Eben so muß in der Regel, wenn Arrestat die Aufhebung des Arrestes gegen Kau
tion nachsucht, und der Arreftsucher sich den Antrag nicht freiwillig gefallen läßt,
die nähere Untersuchung und zugleich die Prüfung der Annehmlichkeit der offerirten
Kaution im Jnstruktionstermin vorgenommen, und darüber im Haupturtel zugleich
erkannt werden. — Z. 58, 59 a. a. O.
III. Gegen die im Haupturtel zugleich über den Arrest enthaltene Entscheidung
steht das Rechtsmittel der Appellation zu, gleichviel, ob darin der Arrest für gerecht
fertigt geachtet, oder auf dessen unbedingte, oder nur auf Wiederaufhebung gegen
Kautionsbestellung erkannt ist. Wenn aber der Gegenstand der Beschwerde 50 Thlr.
nicht übersteigt, so kann nicht die Appellation, sondern der Rekurs eingewendet wer
den. Die Frist zur Anbringung dieser Rechtsmittel ist die 1S5, II. bestimmte
von 6 und resp. 12 Wochen.
Ist die Appellation zugelassen; so muß der Arrest bis zum erfolgenden Appcl-
lationsurtel liegen bleiben, wenn auch im ersten Urtel auf desselben Aufhebung er
kannt wäre. Es ist aber in diesem Falle die Instruktion des Appellatovii, wel
ches, wenn auch in der Hauptsache appellirt ist, 2) diese und die Arrestsache zugleich
betrifft, ganz vorzüglich zu beschleunigen. — z. 6« a. a. O. — §. 21, 22 des Ges.
vom 14. December 1S33.
IV. Revision ist über die Frage: ob der verhängte Arrest wieder aufzuheben,
oder eö dabei zu belassen sei? nicht zulässig, vielmehr bewendet es in Ansehung die
ses Punktes bei der Festsetzung des Appellationsurtels, wenn gleich in der Haupt
sache die Revision statt fände, und wirklich eingewandt würde. — Z. 61, I. 29 A. G. O.
V. Sobald der Arrest durch rechtskräftiges Urtel unbedingt aufgehoben ist,
muß der Richter die erforderlichen Verfügungen wegen wirklicher Aufhebung dessel
ben sofort erlassen. »Z
Ist aber die Aufhebung blos gegen Sicherstellung erkannt; so müssen diese Ver-
1) Beklagter, für welchen Verlegungen Nachtheil und Verlegenheiten bringen wür
den, muß gegen dergleichen und gegen etwanige Schikanen des Klägers geschützt
-werden. In Bezug auf Verlegungsgesuche des Beklagten kommen die sonstigen
gesetzlichen Vorschriften zur Anwendung.
») In dieser Weise kann der Schluß des Z. 6«, I. 29 A. G. O. nur verstanden
werden. Wenn Grävell annimmt, es könne die Appellation in Betreff des
Arrestes nur mit der Appellation in Betreff der Hauptsache zugleich eingewen
det werden, so widerspricht dies dem Anfange des Z. 60 gradezu, da darnach
Appellation hinsichtlich des Arrestes allein ausdrücklich zugelassen wird.
Zn den Fällen Z. 294, III. Nro. 2. 0. 6 muß daher die Löschung des Ver-
Merks in dem Hypothekenbuch resp. den DeposMbüchern von Amtswegen betrie
ben werden.
fügungcn erst dann ergehen, wenn Arrestat durch vollständige Berichtigung der Kau
tion dem Erkenntnisse Gnüge geleistet hat. — K. 62 das.
Ii) wenn die Entscheidung des Arrestes vor Entscheidung der
Hauptsache verlangt wird;
§. 296. I. Hält Arrestat in einem besondern Falle es allzu bedenklich und
nachtheilig, die Entscheidurg der Frage: ob es beim Arreste zu belassen, oder selbi
ger wieder aufzuheben sei? bis zum Haupturtel auszusetzen, so steht ihm frei, auf
besondres Gehör und Erkenntnis, über die entweder unbedingt, oder gegen
Kaution zu erlangende Aufhebung des Arrestes anzutragen, — z. 63 das.
II. Der Richter prüft dies Gesuch. Findet er, daß dem Arrestaten ein
erheblicher Nachtheil von der längeren Aussetzung dieses Punktes wirklich bevorsteht;
besonders, wenn aus den Umständen sich im Voraus entnehmen läßt, daß der Ab
schluß der Hauptinstruktion sich, wegen Weitläufigkeit der Sache, und der vielen
aufzunehmenden auswärtigen oder entfernten Beweismittel, in die Länge ziehen
dürfte; so muß er einen nahen Termin zur Untersuchung der Frage: ob der Arrest
während des Hauptprozesses wieder aufgehoben werden könne oder nicht? anberaumen,
und in diefem Termine die vom Arrestaten angeführten Gründe näher auseinander
und zugleich die Beschaffenheit der von ihm allenfalls angebotenen Kaution in ge
höriges Licht setzen. Auf die Hauptsache kann dabei nur so weit, als es zur Be-
urtheilung der Liquidität') oder Illiquidität der Forderung des Klägers unum
gänglich nothwendig ist, Rücksicht genommen, und auf Thalsachen, die der eine oder
andre Theil anführt, ohne beim Widerspruche des Gegners sie sofort in eben dem
Termine darthun zu können, soll dabei gar nicht geachtet werden.
Bei Beurtheilung der vom Arrestaten angebotenen Kaution sind die unten im
18ten Abschn. wegen Beurtheilung der Sicherheit in Moratoricnsachen gegebenen
Vorschriften zu befolgen. — Z. 64 das.
III. Auf die vorläufige Untersuchung muß das Erkenntniß sofort abg»
faßt, und unverzüglich den Parteien zugefertigt werden. — §. 63 das.
IV. Gegen dies Erkenntniß findet in Bezug auf appcllable Gegenständes die
Appellation statt, gleich viel, ob darin der Arrest für gerechtfertigt erachtet, cdcr
unbedingt, oder gegen Kaution aufgehoben wird. Jedoch muß auch in den letzten
beiden Fällen der Arrest bis nach Entscheidung in zweiter Instanz liegen bleiben. —
§. 66 das.
V. Das Verfahren in der Appcllationsinstanz ist besonders abgekürzt. Dem
zufolge müssen
1) vom Appellanten die Appellationsbeschwerden binnen drei Tagen nach Zuferti-
gung des Urtcls schriftlich oder zum Protokoll beim Richter erster Instanz angebracht;
2) vom Appellatcn muß ebenfalls binnen 3 Tagen schriftlich oder zu Protokoll dar
auf geantwortet; dann müssen
3) die Akten sofort zum Appcllationsrichter befördert, und im Bericht muß zugleich,
daß sie eine Arrestsache betreffen, bemerkt werden.
4) Der AppellationSrichter ist schuldig, binnen 8 Tagen das Urtel abzufassen, und
dem Richter erster Instanz zur Publikation zu senden.
VI. Revision ist nicht zulässig. Doch ist Nichtigkeitsbeschwerde gestattet,
und es muß diese binnen 10 Tagen nach Behändigung des zweiten UrtelS ange«

>) Grövell (Kommentar S. 42 Anm.) nimmt an, daß in Folge einer Wortver-
wechsclung statt „Verität" Liquidität gesagt sei. Doch dürfte diese Annahme
nicht zu rechtfertigen sein. ,
») Bei nicht appellablen Gegenständen ist Rekurs zulässig. Die Fristen i» Bezug
auf denselben sind gleich den Appellat.-Lristen.
444
bracht werben. Gleiche Frist wird zur Beantwortung der Nichtigkeitsbeschwerde btt
willigt. — Z. 66—63. Art. 14 der Declar. vom 6. April 1839.
VII. Während der Verhandlung und Entscheidung über den Arrest muß die
Instruktion der Hauptsache ihren ununterbrochenen Fortgang behalten. In dersel
ben können auch nach rechtskräftiger Entscheidung über den Arrest beide Theile in
Betreff des letzteren ihre ferneren Rechte ausführen. — z. 68, 69, I. 29 A. G. O.

2. Bei Perfonalarresten. Alimentation des Arrestaten.


Z. 297. I. Wird ein Personalarrest veranlaßt: so muß auf das erste Anmelden
des Arrestaten alle Mal, wenn nicht der Fall eines Wechsel-, Mandats-, oder eines
über die Z. 77, II. Nro. 1 erwähnten Forderungen schwebenden 'Prozesses vorwaltet,
ein besondrer kurzer Termin zur Untersuchung darüber anberaumt werden:
ob es bei dem Arreste bis zum Austrage der Hauptsache zu belassen, oder
derselbe unbedingt, oder gegen Kautionsleistung wieder aufzuheben sei?
Im Termine müssen beide Theile mit ihren zur Erörterung dieser Frage dienenden
Erklärungen in Gemäßheit Z. 296, II. zum Protokoll vernommen, und die Beschaf
fenheit der wegen Aufhebung des Arrestes etwa angebotenen Kaution näher ins
Licht gesetzt werden. Sodann ist auf dies Protokoll schleunigst zu erkennen.
Gegen ein solches Erkenntniß findet die Appellation statt. Hinsichts der Frist'
zur Anbringung und des Verfahrens gelten die Vorschriften S. 296, V. — Gegen
das zweite Erkenntniß steht dem Arrestaten die Revision, dem Arrestsucher aber nur
die Nichtigkeitsbeschwerde zu. Beide Rechtsmittel müssen innerhalb 10 Tagen nach
Zustellung des zweiten Urtels angebracht werden. — Z. 70—72 a. a. O. Art. 14
der Declar. vom 6. April 1839.
II. Ist der Personalarrest auf Requisition eines andern Gerichts angelegt; so
kann der denselben verhängende Richter auf Untersuchung und Erkenntniß über des
sen Aufhebung sich nicht einlassen; sondern er muß die Parteien deshalb an den
requirirenden Richter verweisen. Ist jedoch die Requisition auf eine gewisse be
stimmte Summe gerichtet, und Arrestat erbietet sich, dafür sofort annehmliche Kau
tion zu bestellen; fo muß der arrcstircnde Richter den Arrcstsucher, wenn er in Per
son gegenwärtig ist, darüber sofort gemäß Nro. I. hören, und über die Aufhebung
des Arrestes erkennen, auch dem requirirenden Richter davon unverzüglich Nachricht
geben. — §. 73, I. 29 A. G. O.
III. Wird ein öffentlicher Beamter in den nach Z. 289, III. L. Nro. 2 zuläs
sigen Fällen zum Personalarrest gebracht, so muß der vorgesetzten Behörde schleu
nigst davon Nachricht gegeben werden, damit sie für die Vertretung desselben im
Amte Sorge tragen könne. — Z. 75 das. — Z. 145, I. 24 das.
IV. Wenn der in Personalarrest gebrachte Schuldner verlangt, daß der Ar-
restsuchcr ihm Alimente reiche, und es nicht etwa notorisch ist, daß er sich in gutm
Bermögei^umständen befinde; so muß der Arrcstsucher ihm diese Alimente nach rich»
terlicher Festsetzung so lange reichen, und voraus zahlen, bis er nachgewiesen hat,
daß Arrestat sich selbst füglich ernähren könne. Er kann zu dem Ende vom Arre
staten ein zu beeidigendes Vermögcnsverzeichniß fordern. Doch muß weder über die
Schuldigkeit, Alimente zu reichen, noch über die Höhe derselben, ein besondres Ver«
Hör und Erkenntniß gestattet, sondern Beides muß vom Richter, mit pflichtmüssiger
Rücksicht auf die obwaltenden individuellen Umstände eines jeden Falles, durch blosse
Verfügung entschieden werden.
Zahlt Arrestsucher die vom Nichter festgesetzten Alimente während des Prozes
ses nicht, so muß, auf Anmelden des Arrestaten, die Haft sofort aufgehoben werden,
i. Währt nach Rechtskraft des Erkenntnisses die Haft im Wege der Exekution
445
fort, so kommen die Vorschriften in Betreff der Personalexekution zur Anwendung. -»
z. 77-79 o. a. O.
III.
Von Arresten gegen Fremde.')
z. 298. l. In Betreff der Arreste gegen Fremde!) hat es zunächst bei den
mit den betreffenden auswärtigen Staaten bestehenden Verträge» und den in deren
Gefolge ergangenen besondern Verordnungen sein Bewenden. Da, wo solche spezielle
Bestimmungen nicht vorhanden, gelten folgende Grundsätze:
1) Auf Antrag eines hiesigen Unterthans kann gegen einen Fremden
s) ein schleuniger Arrest unter den §. 292 gedachten Voraussetzungen dann aus
gebracht werden, wenn die zu arrestirende Sache oder Person sich im In
land« befindet;
K) ein gewöhnlicher Arrest in so weit, als die Hauptklage bei hiesigen Gerich
ten angebracht wird,') ausserdem
c) muß auf Requisition eines ausländischen Richters in der Regel Arrest gegen
einen Fremden hier verfügt werden.
2) Auf Antrag eines Fremden gegen einen Fremden kann in hiesigen Landen
Arrest in der Regel nur dann stattfinden, wenn der auswärtige kompetente Rich
ter darum gebührend nachsucht. Ausnahmsweise können jedoch von Fremden
selbst bei hiesigen Gerichten gegen Fremde Arreste ausgebracht werden,
s) wenn der Vertrag, auf welchen die Forderung sich gründet, im hiesigen
Lande geschlossen, oder dessen Erfüllung hier versprochen ist;
I>) wenn im Instrumente, aus welchem Arrest nachgesucht wird, der Schuldner
die Zahlung aller Orten, wo es verlangt wird, zu leisten versprochen, oder
sich gar dem Arreste aller Orten, wo er angetroffen würde, ausdrücklich un
terworfen hat;
c) wenn zwar dergleichen Klausel sich im Instrumente nicht befindet, das In
strument aber ein Wechsel, derselbe verfallen, und der Aussteller ein Kauf
mann ist, welcher hiesige Messen und Märkte besucht.

1) Personen, welche ihr gewöhnliches Domizil im Auslande haben, jedoch im In


land« mit Grundstücken angesessen sind, werden als solche angcsehn, die ein dop
peltes Domizil haben. Gegen sie können auch im Jnlande Personalklagen an
gestellt, und die Vorladung kann im Jnlande aus ihren Gütern behändigt wer
den. — cf. Res. vom 5. Juli 1796. Rabe 3, S. 440.
2) Gegen den Fiskus eines auswärtigen Staats ist eine Arrestklage unzulässig.
Jedes Staatseigenthum einer fremden souverainen Regierung, welches sich aus
irgend einem Grunde im diesseitigen Gebiet befindet, steht unter dem Völker
recht, und eine Beschlagnahme desselben kann nur unter Umständen, welche das
Völkerrecht als hinreichende Rechtsgründe dafür annimmt, und zwar von der
höchsten Regierung allein als ausserordentliche Maasregel angeordnet werden. —
Res. vom 15. März 1832. Gräff, Koch ,c. III. S. 697.
«) Die Arrestanlegung begründet gegen Fremde den Gerichtsstand im Jnlande, der
Arrest mag ein schleuniger oder gewöhnlicher, von einem Fremden oder einem
Inländer ausgebracht sein. — Z. 119 fg. I. 2 A. G. O. Doch ist die blosse
Eigenschaft des Arreftaten als Ausländer nicht gnügcnd, die Besorgniß des Ar
restsuchers, daß er das Objekt der Befriedigung verlieren werde, zu rechtfertigen.
In den meisten Fällen wird aber diese Besorgniß leicht dadurch begründet wer
den können, daß wahrscheinlich gemacht wird, Arrestat möchte das Objekt der
Befriedigung aus dem Lande schaffen, und dem Arrestsucher dann die Befriedi
gung unmöglich, «der doch sehr erschwert werden. — l^f. Res. vom 9. Mai 1809z
vom 30. Okt. 1835. Gräff :c. III. S. 686. Res. vom 9. December I3l7.
Jahrb. II, S. 22. — In Betreff der Fürstl. Waldeckschen Unterthanen s.
Minist. Er«, vom 9. März M« GS. S. IIS.
89
446
Uebrigens versteht es sich von selbst, baß ein solcher Arrest nur bann ver«
hängt werden kann, wenn entweder der Schuldner für seine Person im In
lands ist, oder wenn Waaren, oder andres Vermögen von ihm selbst vor
handen sind. — §. 88, 89, Anh. Z. 198 das.
II. Wird gegen andre, als die Z. 289, III. L. Nro. 1 genannten aus
wärtige Fürsten,') ferner gegen fremde, durchreisende, nach einem dritten
Hofe oder Staate bestimmte Gesandte, und fremde durchreisende Hof-,
Kriegs- und Staatsbediente, die in Angelegenheiten ihres Hofes oder Staats
an einen dritten Hof oder Staat geschickt werden, Arrest ausgebracht, so muß vor
dessen Verfügung an den Justizminister berichtet werden, welcher über die gemein
schaftlich zu ertheilende Vorbescheidung mit dem Minister der A. Angel. Rücksprache
zu nehmen hat. — Vor Eingang dieses Bescheides wird daher, wenn der, gegen
welchen Arrest gesucht wird, notorisch oder nach Anzeige des Extrahenten zu den be
zeichneten Personen gehört, keine Arreftverfügung an ihn behSndigt. Verlangt je
doch Arrestsucher ausdrücklich die Mittheilung des Arrestgcsuchs; so wird diesem
stattgegeben, der Benachrichtigung an den Arrestaten jedoch beigefügt, daß die An
frage geschehen, und die Bescheidung auf solche abzuwarten sei.
Ist es nicht notorisch oder sonst bekannt, daß Arrestat zu den benannten Per
sonen gehört; s« wird im Zweifel der Arrestsucher deshalb gefragt. Kommt erst
durch die Anzeige des Arrestaten dies zur Sprache»; so muß der Richter darüber
Bescheinigung erfordern, sich aber auch mit einer solchen begnügen, welche ihm die
Richtigkeit der Angabe wahrscheinlich macht. — Anh. Z. 202—204 das.
Gegen Konsuln fremder Nationen kann, so lange sie in wirklicher Funk
tion stehen, und keine kaufmännischen Geschäfte im hiesigen Lande treiben, ohne
Rückfrage beim Minister der A. Ang. kein Personalarreft statt finden. — §. 65, I.
2 A. G. O.
III. Gegen andre Fremden kann der Arrest, den gesetzlichen Vorschriften
gemäß, ohne Anfrage verfügt werden. Doch muß, wenn es Personen von einigem
Range «der Ansehn sind, nach Verhängung des Arrestes davon unverzüglich dem
Justizminister zur Benachrichtigung des Minister« der A. Angel. Anzeige gemacht
werden. — K. 76 Anh. Z. 205 das.
IV. In Betreff des ferneren Verfahrens ist bei Arresten gegen Fremde Nach
stehendes zu beobachten:
L) Bei Personalarreften ist nicht sogleich und ohne Hinsicht auf die Personen mit
Einsetzung des Arrestaten in das Gefängniß zu verfahren, sondern es müssen
vornehmlich gegen Fremde höheren Ranges die gelinderen Wege der Ankündi
gung des Stadt- oder Hausarrestes, Observation, Beschlagnahme der Reisepässe,
Inhibition an den Gastwirth wegen Verabfolgung von Pferden, Wagen, Reise-
geräthschaften und andren Effekten, gewählt werden. ,
2) Sowol beim Personal- als beim Realarrest muß einem Fremden alle
Mal in der deshalb an ihn ergehenden Verfügung bekannt gemacht «erden, daß
ihm freistehe, den Arrest durch eine auf den Betrag der gegen ihn eingeklagten,
vom Kläger jederzeit bestimmt anzuzeigenden Forderung, und der wahrscheinlich
entstehenden Kosten zu bestellende Kaution sofort abzuwenden.
3) Gehört Arrestat zu den höheren Ständen, oder steht er in ansehnlichen Militair-
odcr Zivildiensten eines fremden Staats, «der sind sonst nach dem Ermessen des
Präsidenten oder Dirigenten Gründe vorhanden, ihn mit ausgezeichneter Scho-
") Die Häupter und Mitglieder der vormals reichsunmittelbaren, jetzt mediatisirtei,
Fürstenhäuser können vor der durch das Justizministerium einzuholenden Aller-
- höchsten Bestimmung nicht zum Personalarrest gebracht werden. — Sab.-Ord.
vom 2. August 1826 und vom 16. April 1SS6. Jahrb. 47, S. 554, fg.
^7
behandeln, so muß, indem der Arrestschlag verfügt wirb, ein Sekretair
abgeordnet werden, um ihm die unter 2 ermähnte Befugniß noch besonders
mündlich zu erklären, und ihn zu vernehmen, in wiefern er von derselben Ge
brauch zu machen gedenke.
Erklärt der Fremde sich hierauf (2 ll. S) zur Kautionsbestellung bereit,
und bktet
,) baares Geld oder solche Staatspapiere an, mit welchen gesetzlich Kaution be
stellt werden kann; so muß, so bald der hinlängliche Betrag depouirt ist,
der Arrest sofort, und ohne vorherige Vernehmung des Klägers, aufgehoben
werden, und der Sekretair ist: jedesmal zu autorisiren, auf diesen Kall die
zur Aufhebung des Arrestes erforderliche Verfügung ohne weitere Rückfrage
zu treffen.
t>) Erbietet sich Arreftat auf andre Art, Kaution zu bestellen z so muß der de«
putirte Sekretair unverzüglich den Kläger oder dessen Bevollmächtigten zur
Erklärung auffordern, und wenn solche beifällig ausfällt, aus das deshalb
auszunehmende Protokoll die Verfügung wegen Aufhebung des Arrestes tref
fen. Entsteht hingegen über die Hinlänglichreit der Kaution ein Streit, der
in Güte nicht beigelegt werden kann; so muß der Sekretair die deshalb auf
zunehmende Verhandlung ungesäumt zum Vortrag befördern. Wird hier
die Kaution unbedenklich für hinlänglich erachtet; so muß nach deren
Bestellung der Arrest durch blosse Verfügung, gegen welche kein Rechts
mittel statt findet, aufgehoben werden. Rur, wenn wegen einer Wcch-
seischuld Perfonalanest verhängt ist, kann dieser gegen den Willen dcS
Klägers nicht anders, ÄS durch baare Deposition der streitigen Summe,
abgewandt werden. Ist
!ib) die Kaution so angethan, daß deren Annahme nicht für unbedenklich zu
achten; so muß über deren Zulässigkeit rechtliches Gehör und Erkennt-
niß erfolgen, und dabei überall nach §. 296 »erfahren werden.
4) Bei Arresten gegen Fremde muß überhaupt auf Verlangen des Attestate» jedes
mal, ohne Unterschied der Fälle, die Frage: ob et beim Arreste zu belasse», oder
derselbe wieder aufzuheben sei? von der Hauptsache getrennt, und die Instruk
tion in jedem Falle ganz vorzüglich beschleunigt werden. Rur in Wechsel-,
Mandats- und den Prozessen über die Z. 77, kl. Rr«. t gedachten Forderun
gen ist eine Trennung nicht erforderlich. — Anh. §. 206—212 a. a. O.
Wirkungen des Arrestes.
Z. 299. I. Ein unrechtmässig nachgesuchter, und deshalb wieder aufgehobener
Arrest berechtigt den Attestaten zu Entschädigungsansprüchen. War es
1) ein Realarrest, so haftet Arrestsuchcr für den Schaden, welchen die Sachen durch
die Arrestlegung erlitte» haben, in der Art, als wenn er den Schaden durch seine
unmittelbaren Handlungen veranlaßt hätte.') Ausserdem muß Arreftsucher dem
Arrestatm auch entgangenen Gewinn dann erstatten, wenn dieser solchen sicheren
Gewinn nachweisen kann, welchen er durch den gewöhnlichen Gebrauch der ver
kümmerten Sache erlangt haben würde.
2) War es ein Personslarrest; so kann Attestat vom Attestsucher sein ganzes In
teresse und selbst die Kosten, die zu seiner Befreiung nöthig waren, fordern.

') Diese Entschädigungsklsg« wird allein dadurch, daß ein ausgebrachter Arrest durch
Urtel aufgehoben ist, nicht begründet werden können. Attestat wird «lelmchr
nachzuweisen haben, daß Arrestsucher bei Nachsuchung vorsätzlich oder aus ver
tretbarem Versehen einen nicht zulässigen Arrest rechtfertigte. Dies liegt in der
„«.rw5«.WM...,
448
und er kann dabei, nach vorgängiger richterlichen Ermässigung, zu« eidlichen Be-
ftärkung des erlittenen Schadens und entgangenen Gewinns gelassen werden. —
Z. 80 a. a. O. — §. «2—97. 132—135, I. 6. A. L. R.
II. Ein rechtmässig angelegter Arrest dagegen hat die Wirkung
1) in Bezug auf arrestirte Sachen, daß
s) so wenig der Eigenthümer, als der Inhaber der verkümmerten Sache sich
darüber irgend einer für den Arrestanten nachtheiligen Verfügung anmassen
darf;') vielmehr die Sache als ein bei ihm niedergelegtes Depositum auf
bewahren muß;
d) daß der dritte Inhaber der verkümmerten Sache, wenn er sich mit dieser
Aufbewahrung nicht befassen will, sie zur gerichtlichen Verwahrung überlies
l fern kann; und
c) daß die durch den Eigenthümer oder Inhaber der verkümmerten Sache vor
genommene Veräusserung oder Verpfändung derselben in Ansehung des Ar
restsuchers null und nichtig ist, und die Sache von dem, welcher sie eigen-
thums- oder pfandweise an sich gebracht hat, unentgeltlich zurückgefordert
werden kann. Sollte jedoch nachgewiesen werden können, 2) daß der Erwer
ber von dem Arrestschlage keine Wissenschaft gehabt habe; so kann der Ar
restsucher die Herausgabe nur gegen Vergütung des gezahlten Kaufgeldes
oder Pfandschillings fordern, und er hat sich dies selbst beizumessen, daß er
nicht die gerichtliche Verwahrung der Sache beantragt hat.
2) hinsichtlich arreftirter Forderungen, daß
s) der Schuldner dieser Forderungen, vom Augenblicke der Zustellung«) des Ar
restbefehls ab, weder ohne Vorwissen und Genehmigung des Gerichts Zah
lung darauf leisten, noch mit Forderungen gegen den Arrestaten, die erst
nachher aus seinen, des Schuldners, eignen freien Handlungen^) entstanden
sind, kompensiren darf; und daß daher
b) die dem zuwider geleisteten Zahlungen in Ansehung des Arreftsuchers für
nicht geschehen, und Kompensationsrechte in Betreff desselben für nicht ent
standen anzusehen. Doch hemmt . '.
0) der auf ein zinsbares Kapital gelegte Arrest nicht den Zinsenlauf; sondern
der Schuldner muß, wenn er sich von der ferneren Zinsenzahlung befreien
will, die an sich zahlbare») Schuldpostins gerichtliche Depositum abliefern.—
Z. S1 bis 86, I. 29 A. G. O. ,
IN. DerArrestschlag begründet unter mehren Gläubigen kein Vorzugsrecht; ausser,
1) wenn ein Fremder mit einem inländischen Gläubiger konkurrirt, und in der Hei
math des Fremden der Arrest einen Vorzug ertheilt;»)
,) Wählen Gläubiger des Arrestaten die arrestirte Sache als Erekutionsobjekt; so
kann zwar, in sofern nicht dritte interveniren, der Verkauf veranlaßt, der Er
lös muß jedoch zum Depositum genommen und der Arrest notirt werden. Das
Vorzugsrecht wird dann, falls nicht der Arrestsucher der judikatmässigen Forde
rung den Vorzug freiwillig zugesteht, durch Prioritätsstreit entschieden. — Res.
vom 24. April u. 6. Juni 1S40 I. M. B. S. 153 u. 205.
2) In der Regel wird die Vermuthung dafür sein, daß der Erwerber von dem Ar
reste Nichts gewußt habe, in sofern die Arrestlegung nicht auf eine in die Au
gen fallende Weise geschehen. Daß Erwerber seinen guten Glauben jedesmal
nachzuweisen habe, ordnet diese Gesetzstelle nicht an.
s) Bei Depositalarresten beginnt die Wirkung mit Zustellung des Mandats an den
ersten Kurator. — §. 46«, II. Dep. O.
«) Andre Gegenforderungen z. B. die ihm aus einer später zugefallenen Erbschaft
erwachsen, sind zur Kompensation auch gegen den Arrestanten geeignet.
») Kündbare Kapitalien mithin nach vorausgegangener Kündigung.
») Der Grund des Vorzugsrechts ist die Retorsion. Jenes kommt daher niemals
dem Fremden gegen den Inländer, sondern nur diesem gegen den Fremden zu statten.
449
2) . wenn bei entstanbcncm Konkurs ein Gläubiger die Person des Gemeinschuldners,
oder zur Masse gehörende Effekten durch rechtszeitigen Arreftschlag in Sicherheit
gebracht hat; >) und
3) wenn die auf Kredit bestellte» Maaren zwar noch vor Konkurseröffnung, aber
doch zu einer Zeit ankommen, da der Gemeinschuldner sich schon für zahlungs
unfähig erklärt, und seinen Gläubigern eine Behandlung, es sei gerichtlich oder
aussergerichtlich , angetragen hat.
Auch das Retentionsrecht verliert durch Konkurseröffnung seine Wirkung. ») —
8. «7 a. a. O. — K. 484 u. 307, Tit. s« das. — §. SS«, I. 2« A. L. R.

Sechster Abschnitt.
»SM Possefforienprozesse (possessorium summsrissimum^) einschließlich
der sog. Spoliensachen).
Zulässigkeit desselben; Begründung der Klage und
Verfügung darauf.
§. 300. I. Der Possessorienprozeß hat lediglich die Erhaltung des faktischen
Besitzes einer Sache oder eines Rechts, 5) oder die Wiedererlangung des ver
lorenen Besitzes zum Zweck. Derselbe findet daher nur statt 1) wenn Jemand im
Besitze einer Sache oder eines Rechts beunruhigt, und 2) wenn er dieses Besitzes
neuerlich °) heimlicher oder gewaltsamer Weise entsetzt worden ist. — §. I, 1V, !.
31 A. G. O.
Dem Gläubiger muß dann, wenn seine Forderung nicht anderweit zur Hebung
kommt, eine die Hälfte seines Ausfalls erreichende, jedoch den Betrag des der
Masse verschafften BortheilS nicht übersteigende, Belohnung vorweg gezahlt wer
den. — §. 48ö, l. 5« A. G. O.
2) Der Absender kann nemlich durch Arrestlegung auf die abgesendeten Waaren sich
diese erhalten, und, falls eine Behandlung nicht zu Stande kommt, sie zurück
nehmen. — Z. 307 a. a. O.
«) Nicht aber beim blossen erbschaftl. Liquidationsprozeß. Auch gilt dies nicht vom
Rückbehaltungsrecht des Bermiethers und Verpächters an den Jnvekten und Jl-
laten, da dies Recht die Natur eines Pfandrechts hat.
4) Dieser Ausdruck schreibt sich aus dem gemeinen Recht her, wo neben dem »um-
msrium oder oräinsrium poss. wegen dessen zu langsamen Verfahrens sich
noch ein summ3ris»imuin ausbildete. Das preuss. Recht hob jenes auf.
») Die Rechtslehrer streiten darüber, ob auch wegen persönlicher Rechte das Pos
sessorium zulässig sei. Dies muß man annehmen, da die A. G. O. allgemein
von Rechten, ohne Rücksicht auf dingliche oder persönliche, spricht. Läßt sich bei
einem Rechte eine gewaltsame, heimliche oder bittweise Störung der Ausübung
gar nicht denken ; so wird freilich auch die Possessorienklage nicht möglich sein. —
Nach dem Ref. vom 26. Aug. 1836 (Gräff, Koch lc. III. S. 703) sind Pos-
sessorienklagen auf Grund eines Dienstvertrages zwischen Herrschaft und Gesinde
nicht zulässig.
«) Ein entsetzter Pächter kann nur binnen 6 Monaten auf Besitzeinräumung kla
gen. §. 45, l. 44 A. G. O. Doch kann man diese Frist nicht auf andre Fälle
analog anwenden, wie dies die Ref. vom 28 Septbr. 1821, vom 30. April 1827
und vom 10. November 1837 (Gräff, Koch ,c. III. S. 704 fg.) wollen. Auch
kann man den Begriff „neuerlich" nicht auf die Verjährungsfrist ausdehnen,
wie einige Rechtslehrer wollen. Dies widerspräche der Wortbedeutung dieses
Ausdrucks. Es muß vielmehr in jedem einzelnen Falle mit Rücksicht auf den
Gegenstand des Streits und die obwaltenden Umstände beurtheilt werden: ob
ein neuerlicher Besitz gestört oder entrissen sei?
4M
ZI. Meldet sich ein PsssesftneMöger > ) bei Gericht?) zur Klageaufnahme; so
muß er an einen sofort zu ernennenden Deputirten gewiesen werden, und dieser muß
unverzüglich die Klage aufnehmen. Zu deren Begründung gehört
^l) die nähere Angabe de« Thatsachen: daß Klager sich wirklich Motzt im
ruhigen u>« ungestörten Besitze «) befunden habe, und daß und wodurch er vom
Beklagten darin gestört, oder dessen heimlich oder mit Gewalt entsetzt worden
ist. Thatsachen, welche blos das Recht zum Besitze, oder den Titel desselben be
treffen, gehören nicht zur Begründung;
2) die sofortige Beibringung der über die erheblichen Thatsachen zu t vor
handenen und hinter dem Kläger befindlichen Beweismittel, oder doch nä
here Angabe des Beweises. Bringt Kläger Zeugen über den Besitz oder
die Störung schon bei Klageaufnahme zur Stelle; so muß der Deputirte sie so
fort, jedoch nicht eidlich, vernehme», liie aber bedeuten,, daß sie gewärtigen müß
ten, in der Folge zur eidlichen Bestärkung ihrer Angaben aufgefordert zu wer
den. — ß. 2, 4 a. a. O. , ^ -
III. Die zum Protokoll genommene, oder auch schriftlich eingegangene Klage
muß unverzüglich zum Vortrag befördert werden. Ist sie begründet, so erfolgt
schleunig ein Termin zur Klagebeantwortung, Instruktion und zugleich zur Beweis-
- aufnähme, und zwar
^V. wenn die Sache sich zum Lokaltermin eignet, vor dem dazu zu ernennenden
Kommissario z '
V. wenn dics nicht der Fall, bei Objekten von öV Thlr. oder weniger vor dem
Kommissario für Bagatellsachen, bei grösseren Gegenständen im Großherzogthum
Posen vor dem Gerichtskollegio, in andern Provinzen aber vor dem Deputirten.
Zu diesem Termin werden vorgeladen
^) der Beklagte unter abschriftlicher Mittheilung der Klage. In der Borlas
dung wird ihm aufgegeben
<s) bei bescheinigter Klage: daß er bei einer verhältnißmäfsigen, nam
haft zu machenden Strafe sich aller ferneres Störungen ent
halte, auch die etwa abgcpfändeten Stücke, gegen Bezahlung des Pfand -
und Futtergeldes, sofort, mit Vorbehalt seines Rechts, zurückgebe; — oder,
wenn Kläger seinen Besitz mit Nichts bescheinigt Hat: daß er bei Strafe
sich, bis zur Untersuchung, des streitigen Besitzes und aller
dahin gehörenden Handlungen und Verfügungen enthalte; —
oder, wenn Kläger dem Beklagten den Mitbesitz einräumt, und die Klage be
scheinigt ist: daß er dem Kläger de» behaupteten Mitbesitz serner
gestatte; wenn sie nicht bescheinigt ist: daß er die Sache schlechter
dings in der Lage, worin sie sich gegenwärtig befindet, lasse; «)
> ) Jeder Inhaber, also selbst der unentdeckte Räuber ober Dieb, kann die Posfesso-
rienklage anstellen. Wendet Beklagter gegen einen solchen ein, daß Kläger ihm
die Sache räuberisch oder diebisch entrissen; so ist dies jedoch ein zu berücksich
tigender Einwand.
») Der persönliche Richter des Beklagten, und bei den auf Immobilien sich bezie
henden Störungen der Richter der Sache sind diejenigen, bei welchen die Klage
anzubringen. In Provinzen, wo Kreisjuftizräthe angestellt sind, müssen diese in
den vor das betreffende Obergericht gehörenden Poffessoriensachen sich der Ver
handlung unterzieh«, wenn Kläger sich an sie wendet. — Berord. vom 30. No
vember t63S. §. 4. Nro. 4 e. GS. S. 2S7.
») Beim possess. summ, über den Besitz negativer Rechte bedarf eS nicht des
direkten Beweise« einer wirklichen Besttzausübung in kürzerer Zeit vor der Stö
rung; sondern es gnügt schon die Bermuthung eines älteren Besitzes. — Erk.
des Geh. O. Trib. vom 19. November 1836. Ulrich n. Arch. t«Z7 S. !03.
-«) Wenn die Possessorien«««,« nicht schon angestellt ist, oder angestellt werden kann.
451
b) daß er im Termin persönlich oder durch einen zulässigen, mit Vollmacht
«ersehenen Bertrctcr erscheine, und die Beweismittel, und namentlich auch
die Zeugen, wodurch er entweder die Angaben des Klägers widerlegen, «der
sonst zu seiner Bertheidigung gereichende Thatsachen darthun will, entweder
zum Termin mitbringe, oder sie zeitig vor dem Termin, nach Namen, Ka-
rakter und Aufenthalt, anzeige, damit sie zum Termin mit vorgeladen wer«
den können; auch wird
>:) die Warnung beigefügt, daß bei seinem Ausbleiben in contumscism ge
gen ihn erkannt werden wurde.
2) der Kläger. Demselben wird, wenn er den behaupteten Besitz mit Nicht?
bescheinigt hat, unter Androhung einer verhältnißmässigen Strafe ebenfalls an
befohlen, daß er sich, bis zur Untersuchung, des streitigen Besitzes und aller da
hin gehörigen Handlungen und Verfügungen enthalte; und die Warnung beige
fügt, daß beim Ausbleibe» die Akten auf seine Kosten weggelegt werden;
3) die vom Kläger benannten Zeugen, es wäre denn, daß der Kläger über
nommen hätte, sie zur Stelle zu bringen, oder daß aus ihrer vorläufigen nach
II, Nro. 2 geschehenen Abhörung sich ergeben, daß ihnen Nichts zur Sache Ge
höriges bekannt sei. — §. S—1V a. a. O.
ZV. Ist an beide Theile der Befehl, sich de« Besitzes bis zur Untersuchung
zu enthalten, ergangen; so wird einem benachbarten Gerichtsbedienten der Auftrag
ertheilt, darauf zu wachen, daß beide Parteien dem Befehle nachkommen. — Z. 5 das>

Weiteres Verfahren; Erkenntniß; Rechtsmittel; und Wirkung


des Urtel«.
§, ZOI. I. Erscheint I) Beklagter, vbwol gehörig vorgeladen, im Ter
mine nicht; so wird auf die mit Kläger aufgenommene Verhandlung Kontuma
zialbescheid abgefaßt, und darin der Besitzstand so, wie er aus den vom Kläger an
gegebenen, und für zugestanden zu achtenden Thatsachen rechtlich folgt, rcgulirt.
2) Erscheint aber Beklagter, so wird er über die, den Klagcanspruch un
terstützenden Thatsachen und über seine Einwendungen dagegen gehört, und nach
fernerer Vernehmung beider Theile zur Aufnahme der zur Stelle befindlichen Be
weismittel geschritten. Des Entwurfs eines Sach- und Streitstandes bedarf eS
nur in den vor dem Deputirten verhandelten Sachen dann, wenn ungewöhnlich weit«
läufige oder «erwickelte Thatsachen dabei zum Grunde liegen. Bei Verhandlung und
Beweisaufnahme darf
s) nur auf solche Thatsachen, welche den vor der eingeklagten Störung unmittel
bar vorhergegangenen Besitz oder die Besitzstörung oder Entreissung selbst bc-
trcffen, und
d) nur auf solche Beweismittel, welche entweder vor dem Termin gehörig ange
zeigt und vorbereitet worden sind, oder noch im Termin selbst zur Stelle ge
bracht werben, Rücksicht genommen werden. ES findet demnach ss) weder die
Editionsforderung von einem Dritten, noch KK) gegen die erbotcne Diffession
einer Urkunde Beweis durch Zeugen oder durch Vergleichung der Handschriften
statt; Produzent muß vielmehr im letzten Falle entweder den Produkten zur
Diffession verstatten, oder sich dieser Urkunde in Ansehung des gegenwärtigen
Prozesses begeben. Auch sind cc) wegen der, gegen die Personen der Zeugen
etwa gemachten Einwendungen, keine Nebenuntersuchungen (wie dies nach Z. 141
der Fall) zulässig. Der Deputirte muß vielmehr bei Vernehmung der Zeugen

so ist die Erlassung des Mandats nicht zulässig. — Res. vom 14. April 1S27.
Gräff, Koch ,c. III. S. 7VS.
452
zugleich den Grund oder Ungrund der ihnen gemachten Ausstellungen möglichst
ins Licht zu setzen sich bestreben. , ., i
«!) Steht durch Augeständniß oder durch Beweis der neueste Besitz des Klägers fest ;
Beklagter behauptet hingegen, daß derselbe dazu auf eine offenbar unredliche oder
soust fehlerhafte Weise gelangt sei; so muß mit Aufnahme der Instruktion und
des Beweises über diese Fehler des Besitzes ebenfalls, jedoch nur, soweit es nach
WZaasgabe der Borschrift zu 2. g u. K sofort und ohne Aufenthalt geschehen
kann> verfahren werden.') Z. 11—14, Tit. 31. Anh. z. 76, Tit. 10 a. a. O.
II. Rechtliche Deduktionen finden niemals statt. Die Akten werden
sofort nach beendigter Verhandlung zum Spruch vorgelegt, sofern nicht im Audienz
verfahren, oder vom Bagatellkommissarius, noch im Termin erkannt wird. Das
Erkenntniß muß ganz vorzüglich beschleunigt werden. — Z. 15, Tit. 31 a. a. O.
III. Im Erkenntniß wird nur die Frage wegen des Besitzstandes ent
schieden. Andre Punkte, z. B. das Recht zum Besitz, Ersatz des durch Besitzent
setzung oder Störung entstandenen Schadens 2) u. s. w. werden zur besondern Ver
handlung verwiesen. Demnach wird im Urtel blos, nach der durch die Instruktion
entwickelten Lage der Sache und nach Vorschrift der Gesetze, bestimmt:
in wiefern dem Kläger der entzogene Besitz wieder einzuräumen; oder
er darin zu schützen, und Beklagter zur Bestellung einer Kaution gegen
fernere Beeinträchtigungen anzuhalten; oder ob, bei nicht deutlich genug
erhellendem Besitzstande, oder wegen bescheinigter Fehler des Besitzes, die
streitige Sache in gerichtliche Verwahrung «der Verwaltung zu nehmen;
oder was sonst interimistisch, mit Vorbehalt des Rechts der Parteien in
der Hauptsache, zu verfügen sei? — Z. 16, 17 das.
IV. Gegen dies Erkenntuiß ist niemals das Rechtsmittel der Appel
lation zulässig. Doch kann im Possessorienprozeß
Z) gegen einen Kontumazialbescheid Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
gemäß Z. 189 in dem Falle nachgesucht werden, wenn Naturbegebenheiten
«der andre Zufälle es dem Beklagten unmöglich gemacht haben, den Termin in
Person oder durch einen Bevollmächtigten abzuwarten, wobei aber Beklagter zu
gleich den Nachweis führen muß, daß es ihm ohne das geringste Verschulden van
seiner Seite unmöglich war, das eingetretene unabwendbare Hinderniß vor dem
Termine anzuzeigen.
2) Rekursgesuch nach Maasgabe der 192—196 ist dagegen in dem Falle,
wenn das Beschwerdevbjekt 5l> Thlr. an Werth nicht übersteigt, und
3) Nichtigkeitsbeschwerde nach Maaögabe des Tit 8. Abschn. 2 dann, wenn
dieser Gegenstand mehr als S« Thlr. beträgt, auch gegen Possessorienerkenntnisse
zulässig. Auch
4) mittelst Nullitätsklage können dieselben angefochten werden. — g. 18 und
Anh. Z. 214 a. a. O. — Res. vom 24. Juli 1818. Jahrb. 12, S. 20. Res.
vom 16. August 1817. Gräff, Koch zc. III. S. 709. — Z. 4. V. vom 14.
December 1833. — Jnstr. vom 7. April 1839 Nro. 21, II. — Res. vom 5.
März 1842 I. M. B. S. 177. . .' .
V. Der Spruch in der Possessoriensache dient in Betreff des Besitzstandes als
Ist die Gewahrsam oder der Besitz Jemanden mit Gewalt entrissen worden; so
müssen ihm dieselben, ohne Rücksicht auf ein besseres Recht dessen, der die Ge
walt verübt hat, wiedergegeben werden. Eben dieses findet statt, wenn Jemand
die Sache oder das Recht heimlich, durch Lift, oder vittweise vom vorigen Be
sitzer an sich gebracht hat. — K. 146, 147, I. 7. A. L. R.
2) Bei Geltendmachung des Schadens gnügt da« Possessorienurtel allein nicht zur
Begründung der Klage. Kläger muß vielmehr sein Befitzrecht näher nachweisen.
403
Interimistikum bis dahin, wo das erste Erkcnntniß in dcr Hauptsache selbst
(über das Recht zum Besitz) ergeht. Der erste erkennende Richter der Hauptsache
muß demnächst, wenn er wegen des Besitzstandes eine Acnderung nöthig findet, da«
Erforderliche darüber in dem Haupturtel ausdrücklich festsetzen. Bei dieser Fest
setzung hat es sodann, bis die Hauptsache rechtskräftig entschieden ist, sein Bewen
den. — §. l«, I. Zl «. G. O.
VI. Erstreitet der, welcher den Possessoricnprozeß verlor, in der Hauptsache ein
besseres Recht zum Besitz; so muß ihm der Gegner, trotz des im Possessorienprozcß
erhaltenen obsieglichcn Urtels, wegen der Schäden oder entbehrten Nutzungen nach
gesetzlichen Bestimmungen gerecht werden. Dagegen kann dcr, welcher in dcr Pos-
sessoriensache In die Kosten vcrurthcilt ist, deren Vergütung auch dann nicht fordern,
wenn er im Hauptprozesse obsiegt. — Z. 19 daf.

Siebenter Abschnitt.
»om Diffamation«' und Provokationsprozeffe.')
Einleitung und Begriffsbestimmung.
§, 302. Es steht in der Willkühr jeder Partei: ob und wann sie klagen
Wolle? Zwang findet in dieser Hinsicht in der Regel nicht statt. Ausnahmsweise
kann jedoch der Richter zur Klage in einzelnen durch das Gesetz besonders gebote
nen Fällen auffordern. Die Nichtbeachtung dieser Aufforderung hat demnächst ^. bis
weilen zur Folge, daß der Aufgeforderte zwar nicht sein ganzes Klagerccht, aber
fein Vorzugsrecht, oder sein Recht an eine gewisse Sache oder Person verliert. Da
hin gehören
1) das Aufgebot der Realinteressenten im Subhaftationsprozeß beim Mangel eines
Hupothekenbuchs, oder, wenn der Brsitztitel auf den Schuldner nicht berichtigt ist;
2) das Aufgebot einer bei der Kaufgclderbelegung gebildeten Spezialmasse;
3) die öffentliche Vorladung der Nachlaßgläubiger im erbschaftlichen Liquidationspro
zeß, sowie der unbekannten Gläubiger im Konkurse;
4) die öffentliche Vorladung unbekannter Erben, sowie die fernern im l7ten Abschn.
erwähnten öffentlichen Aufrufe.
Von allen diesen Fällen wird weiter unten die Rede sein.
S. In zwei Fällen hat aber die Nichtbeachtung der gerichtlichen Aufforderung
den Verlust des Klagcrechts selbst ganz oder theilweise zur Folge. Dies ist beim
Diffamation - und beim Provokationsprozeß dcr Fall.
1) Eine Diffamation sklage kann der anbringen, gegen welchen sich Jemand
an desselben Person, Grundstücke oder sonstiges Vermögen gewisser Rechte und
Ansprüche, oder sonst gewisser Prärogativen und Befugnisse rühmt, die ihm je
ner nicht zugesteht,
2) wenn dagegen Jemand gegen die Forderungen des Andern Einwendungen hat,
von welchen er besorgt, daß dieselben, «der die darüber vorhandenen Beweis
mittel, bei längerem Verzuge des Gläubigers mit Anstellung seiner Klage, ganz
verloren gehen, oder doch in dcr Ausführung erschwert werden möchten; so kann
tr im Wege der Provokationsklage den Gläubiger zur Anstellung seiner
Klage anhalten lassen. — Z. t, 2, 34, 35, l. 32 A. G. O.
') Diese aus zwei Stellen des 6«r,i. jur. 5ust. herausgefundenen Klagen des ge«
meinen Rechts sind auch in die A. G. O. übergegangen. Jene Stellen sind I.
5 Loci, cle igonuis msnuiuissis; und I. 28 O. 6e
454
I. Vom Diffamationsprozesse.
Begründung der Klage und Verfügung darauf.
§. 303. I. Berühmt sich Jemand, einen gewissen Anspruch an einen Andern zu
habe», den dieser nicht einräumen will; so kann Letzterer auf doppeltem Wege ncmlich
1) dadurch, daß er gegen denselben in der Hauptsache auflrit, und die Unrichtigkeit
und Ungiltigkeit des behaupteten Anspruchs rechtlich auszuführen sucht (durch
die Negatorienklage); oder auch
2) durch die Diffamationsklage den sich Rühmenden') zum Schweigen zu
bringen suchen. — §. 2, 3 a. a. V>
II. Die Diffamationsklage muß im ordentlichen persönlichen Gerichts
stände des Diffamanten, wenn aber dieser ein Ausländer?) ist, bei demje
nigen inländischen Richter, vor welchen die rechtliche Ausführung der Haupt
sache gehören würde, auf die gewöhnliche Weise schriftlich, oder mündlich zum Pro
tokoll angebracht werden.
Zur Begründung gehört
1) die nähere Angabe der eigentlichen Beschaffenheit der Diffamation, ->) und
2) die Angabe der Beweismittel darüber. Bestehen diese in Urkunden, so müssen
sie der Klage im Original oder abschriftlich beigelegt, oder es müssen die nöthi-
gen vorläufigen Verfügungen wegen deren Herbcischaffung nachgesucht werden. —
§. 4 u. ö das.
III. Ist die Klage vollständig; so wird dem Provokaten
1) unter abschriftlichcr Mittheilung der Klage aufgegeben, binnen
einer zu setzenden verhältnißmäsfigen Frist, oder spätestens in dem am End
punkte dieser Frist anzuberaumenden Termin sich zu erklären: ob er den gerühm
ten Anspruch zu haben vermeine, und denselben innerhalb eines anderweitcn,
durch richterliches Ermessen nach den Umständen zu bestimmenden Zeitraums im
ordentlichen Wege Rechtens ausführen wolle; oder ob er es auf rechtliches Ge
hör und Erkenntniß über die Diffamationsklage ankommen zu lassen gemeint sei?
2) Er ist ferner anzuweisen, daß er, wenn er letzteres wolle, in Person oder
durch einen zulässigen Bevollmächtigten im Termin erscheinen, und sich auf die
Klage einlassen müsse; und
3) wird der Vorladung die Warnung beigefügt, daß er beim ungchor«
samen Ausbleiben in contumaciam der Diffamation für geständig, und, die
gerühmte Klage innerhalb eines gewissen Zeitraums anzustellen, für schuldig gc.

') In der Folge wird der sich Rühmende nach den Bezeichnungen der A. G. O.
Diffamant und resp. Provokat, der Kläger aber Provokant genannt werden.
2) Auch dieEinwohner der teutschen Bundesstaten sind in diesem Betracht, als Aus
länder anzusehn. — Res. vom «. Oktober 1819. Jahrb. 14, S. 212. Art. 7
des Abkommens vom 8. u. 25. Juni 1824 GS. S. 15«. Res. vom 13. Juni
t«36. Grü'ff zc. III. S. 712.
») Daß Diffamat durch die Diffamation selbst an seinem guten Rufe, Kredite u.
s. w. einen Rachtheil erleide, wie dies Grävell (Komm. S. 204 fg.) voraus
setzt, ist zur Begründung der Diffamationsklage nicht wesentlich nöthig. Das
Rühmen muß jedoch in Betreff eines Anspruchs geschehen, welcher gar nicht
vorhanden. Ist Diffamant schon wirklich im Besitz des Rechts (Servitut, Pri
vilegium :c.), welches Provokant nicht anerkennt; so ist nicht vom blossen Rüh
men die Rede, die Diffamationsklage daher nicht zulässig. Eben so findet diese
auch da nicht statt, wo das gegen den Provokanten behauptete Recht oder der
Anspruch wirklich besteht, aber zur Zeit noch nicht fällig ist. Auch gegen den,
welchem Lehn- oder Wiederkaufsrechte unstreitig zustehen, ist eine Diffamations
klage zum BeHufe der Präklusion mit diesen Rechten nicht zulässig. — Res. vom
17. November 1S34. Mannkops A> G. O> ll. S. 710.
455
achtet, in dessen Entstehung aber ihm c!n cwigcs Stillschweigen damit auferlegt
werden würde.
Der Termin selbst wird übrigens, wenn der gerühmte Anspruch ein Bagatell-
objekt ausmacht, vor dem Kommissarius für Bagatellsachen, sonst im Großhcrz.
Poscn vor dem Kollegio, und in den übrigen Provinzen vor dem Deputirten
angesetzt. — §. S—8 a. a. O. — K. 1 de« Ges. vom 9. Kebruar 1817. — Jnstr.
vom 24. Juli 18SS K. SS.
Verfahren im Termin; Erkenntniß und Rechtsmittel,
j. 304. I. Erscheint nun 1. der Provokat im Termin nicht, und ist
auch keine Erklärung gemäß Rro. 2 und 3 von ihm eingegangen; so ergeht auf
die darüber aufgenommene Verhandlung Koittumazialurtel, in welchem die Kosten
dem Provokaten auferlegt werden. Die Zustellung desselben an die Parteien erfolgt
gewöhnlichermassen. (j. ISS.)
2. Erklärt dagegen Provokat »or oder im Termin zum gerichtli
chen Protokoll, «der sonst in einer mit gerichtlichem Glauben vers«he-
nen Schrift, daß er einen Anspruch zu machen nicht begehre; so bedarf es keines
ferneren Prozesses; sondern es wird eine Resolution dahin ausgefertigt:
daß dem Provokaten dieser seiner Erklärung gemäß, der Anspruch, zu des
sen rechtlicher Ausführung er provozirt morden, nicht zustehe, und ihm
deshalb ein ewiges Stillschweigen aufzulegen sei.
Die Kosten werden darin dem Provokanten als Ertcahentcn auferlegt. Hat jedoch
Provokat seine Erklärung erst im Termin abgegeben; so muß er die Terminskosten
allein tragen. — Diese Resolution hat die volle Wirkung eines Urtels, und sie wird
dem Provokanten in Ausfertigung, dcm Provokaten in Abschrift gemäß K. 18S zu-
ge fertigt. — Ist die vom Provokaten eingegangene Erklärung nicht erwähntcrmas-
sen beglaubigt; so muß in der Sache weiter, allenfalls in coulumscism (Rro. l)
verfahren werden.
3. Erklärt Provokat, daß er die gerügte Klage innerhalb des bestimmten
Zeitraums anstellen wolle; so bedarf es ebenfalls keines weiteren Prozesses, sondern
es wird eine Resolution dahin abgefaßt:
daß Provokat, dieser Erklärung gemäß, schuldig sei, die sich angemaßte
Klage innerhalb der bestimmten Frist anzustellen, widrigenfalls ihm da
mit ein cwigcs Stillschweigen auferlegt werden solle.
Diese Resolution, deren Zustellung, wie andre Urtcl erfolgt, hat ebenfalls die voll«
Wirkung eines rechtskräftigen UrtelS. Die Kosten werden auch in diesem Falle vom
Provokanten als Ertrahenten vorgeschossen, der aber den Ersatz derselben in dem
hierneichft entstehenden Hauptprozesse fordern kann. Wcnn Provokat sich jedoch erst
^ im anstehenden Termin erklärt; so muß er die Terminekosten allein tragen.')
4. Läßt sich Provokat auf die Klage wirklich ein, und
s) begnügt er sich lediglich damit, die Diffamation zu läugnen, ohne sich darüber:
ob er dergleichen Anspruch wirklich habe, oder nicht? weiter auszulassen; so muß
mit Aufnahme der über die Diffamation angegebenen Beweismittel und fodann
mit Abfassung des Erkenntnisses verfahren werden. Schriftliche Deduktionen sind
niemals zulässig. Erachtet nun ss) der Richter die Diffamation hinlänglich be
scheinigt, so muß er den Provokaten in den Kostenersatz und dahin verurthei-
len: die gerühmte Klage innerhalb der nach den Umständen zu be
stimmenden Frist beim kompetcten Gericht anzustellen, widrigen»
") Hieraus geht hervor, daß, wcnn in den Fällen Nro. 2 und 3 die gedachte Er
klärung vor dem Termin eingeht, es der Abwartung des Termins nicht bedarf,
sondern die Resolution sofort abgefaßt werde» muß.
456
falls ihm ein ewiges Stillschweigen damit auferlegt werden
würde. Ist dagegen bb) die Diffamation nicht bescheinigt, so wird Provokant,
unter Verurtheilung in die Kosten, abgewiesen,
b) Erklärt Provokat, daß er den gerügten Anspruch allerdings zu haben vermeine;
behauptet aber zugleich, daß er deshalb entweder gar nicht, oder doch nicht in
der gesetzten, sondern erst in einer längern, bestimmten oder unbestimmten Frist
klagen dürfe; i) so kommt es auf die Thatsache der Diffamation, wenn sie auch
geläugnet wäre, nicht weiter an. Vielmehr muß Provokat blos über die Gründe
jener Erklärung, so wie Provokant mit seiner Erwiderung darauf gehört,, und
die dabei vorkommenden Thotsachen müssen so weit ins Licht gesetzt werden, als
erforderlich ist, um dem Richter die nöthigen Data zu verschaffen, woraus er
die Weigerung des Provokaten, die Klage überhaupt anzustellen, rechtlich beur-
theilen, oder einen verhältnißmässigen Zeitraum zur Anstellung dieser Klage fest
setzen könne. HiernSchft wird, ohne ferneres Verfahren, erkannt. Ist dabei sa)
die Verbindlichkeit des Provokaten zur Anstellung der Klage überhaupt streitig;
so muß der Richter nach gesetzlichen Vorschriften darüber, wie gewöhnlich, spre
chen. Soll aber bb) nur der Zeitraum, innerhalb dessen die Klage anzustellen
sei, festgesetzt werden; so muß ihn der Richter nach Bewandniß der Umstände
und pflichtmässigem Ermessen dergestalt bestimmen, daß zwar auf der einen Seite
Provokant nicht ohne Roth in Ungewißheit und Verlegenheit bleiben dürfe; auf
der andern aber auch Provokat mit Anstellung der Klage, wenn dieselbe be
sonders Grundstücke und gewisse daran prätendirte Rechte, oder weitläufige, ihrer
Natur nach verwickelte, Fideikommiß- oder sonstige Familienangelegenheiten be
trifft, nicht übereilt, vielmehr ihm die zur Vorbereitung und zur Beschaffung
der Nachrichten und Beweismittel hinlängliche Zeit gelassen werde.
Gestattet der Richter dem Provokaten eine längere Frist, als Provokant an
trägt, und ergeben die Verhandlungen, daß Provokant auf Beschleunigung der
Klage um deshalb dringt, weil er bei längerem Verzuge den Verlust seiner Be
weis- und Vertheidigungsmittel besorgt; so muß der Richter bei Erlaß des die
längere Frist bestimmenden Urtels zugleich anordnen, daß in der Zwischenzeit der
Beweis des Provokanten gemäß Tit. 9, §. 262 zum ewigen Gedächtniß aufge
nommen werde. — K. 9 bis 21, I. 32 A. G. O. ,
II. Ist gemäß 7. Nro. 1 Kontumazialbescheid ergangen; so findet dagegen
nach Maasgabe des Z. 189 das Rechtsmittel der Restitution statt. In
den Fällen unter I. Nro. 2, 3 u. 4 «. ist ein Rechtsmittel nicht zulässig. 2)
Dagegen ist in den Fällen Nro. 4d., es betreffe nun das Erkenntniß die streitige
Schuldigkeit des Provokaten, die Klage anzustellen, oder die Bestimmung des Zeit
raums dazu, die Appellation gestattet.^) Die Frist zu deren Anbringung ist
die gewöhnliche (Z. 185, II. 18S). Das Verfahren in der Appellationsinstanz muß
aber besonders beschleunigt werden. Revision ist niemals zulässig; jedoch die
Richtigkeitsbeschwerde nicht ausgeschlossen. — Z. 17, Z. 9, 22 a. a. O.
Wirkung des Diffamationsurtels und Verfahren Behufs wirklicher
Präklusion.
z. 3«S. I. Steht durch Resolution «der rechtskräftiges Erkenntniß iH. 304, I.
1) Z. B. wenn der Anspruch erst in der Folge fällig wird, oder von einem unbe
stimmten noch nicht eingetretenen Ereigniß abhängt.
«) Gegen die gemäß §. 304, Nro. 2 u. 3, I. abgefaßten Resolutionen ist selbst auf
Grund der Jnstr. vom 7. April 1839 Nro. 23 die Nichtigkeitsbeschwerde nicht
zulässig.
») Vorausgesetzt, daß der Beschwerdegegenstand 50 THIr. übersteigt, da sonst nur
Rekurs gestattet werden könnte.
457
Nro. 1, Z u. 4) fest, daß Provokat die angemaßte Klage innerhalb eines gewissen
Seitraums anzustellen schuldig sei, und läßt derselbe diesen Zeitraum, ohne der An
weisung Folge zu leisten, verstreichen; so kann Provokant nunmehr auf wirkliche
Präklusion des Provvkaten damit antragen. — Der Antrag muß bei
demselben Richter, welcher die Schuldigkeit zur Anstellung der Klage festsetzte, ge«
schehen, und durch ein Attest des Gerichts, bei welchem geklagt werden sollte, dar
über, daß die Klage wirklich nicht eingekommen sei, begründet werden. — Z. 23,
24 a. a. O.
II. Dem Provokaten wird darauf eine endliche präklusivische Frist, innerhalb
deren er die Klage wirklich anstellen müsse, und zugleich ein Termin bestimmt, in
welchem er die Befolgung dieser Auflage durch ein Attest des Gerichts,- bei welchem
geklagt werden soll, nachzuweisen habe'). Wenn nun
1) Provokat innerhalb der präklusivischen Frist, oder auch im Termin selbst, erheb
liche Ursachen, warum er an Anstellung der Hauxtklage ohne seine Schuld noch
immer verhindert worden, nachweist; so muß der Richter, wenn er namentlich
auf einen, der, Z. 304, l. Nro. 4. b. bd. beschriebenen, weitläufigen, verwickelten,
und in entfernte Zeiten zurückgehenden Realansprüche ankommt, den Provokan
ten über die beantragte Verlängerung der Frist und deren Ursachen kurz und
summarisch zum Protokoll hören, und hierauf erkennen. Erachtet er s) dai
Verlängerungsgesuch für begründet; so setzt er im Urtel fest: wie
lange dergleichen Verlängerung dem Provokaten noch zu statten
kommen solle. Hält er b) die Ursachen der gebetenen Verlänge
rung für unerheblich; so faßt er sofort das Präklusionsurtel dahin ab:
daß dem Provokaten mit dem gerühmten Ansprüche, und der des
halb sich angemaßten Klage nunmehr ein ewige« Stillschweigen
aufgelegt werde.
In beiden Fällen unter s und b ist gegen das Urtel, welches übrigens, wie
jedes Urtel den Parteien zugefertigt wird (Z. 183), Appellation zulässig.
Doch muß das Verfahren zweiter Instanz besonders beschleunigt werden. Gegen
das Appellationsurtel ist Revision nicht gestattet, die Nichtigkeitsbeschwerde
jedoch nicht ausgeschlossen.
2) Meldet sich dagegen Provokat weder vor, noch in dem anberaumten Termin, und
bescheinigt auch die wirklich erfolgte Anstellung der Klage nicht; so muß ohne
ferneren Verzug das, dem Provokaten ein ewiges Stillschweigen auf,
, erlegende, Präklusionsurtel abgefaßt, und den Parteien zugefertigt wer
den. Gegen dasselbe ist kein Rechtsmittel zulässig.
3) Ist die im Falle unter Nro. 1. s zugestandene verlängerte Frist fruchtlos ver
laufen; so muß der Richter des Provokationsprozesses auf eine darüber gesche
hene, nach Nro. I. bescheinigte Anzeige des Provokanten das PräklusionS-
erkenntniß wirklich abfassen, und den Provokaten zu dessen Publikation
vorladen. 2) Wird auch im Publikationstermin selbst die erfolgte Anstellung der
Klage nicht bescheinigt, so verfährt der Richter ohne den geringsten ferneren
>) Weist Provokat dies nach, so wird hiervon dem Provokanten Nachricht gegeben,
und die Sache bleibt auf sich beruhn. Ein den Provokanten abweisendes Er-
kenntniß kann nicht abgefaßt werden. Dagegen kann, wenn Provokat seine Klage
angestellt, später aber wieder zurückgenommen hat, Provokant unzweifelhaft von
Neuem auf Abfassung des Präklusionsurtels antragen. — 65 Res. vom 20. Juni
1837. Mannkopf A. G. O. II. S. 7V7.
s) Diefer Publikationstermin ist nöthig, da auf den bescheinigten Antrag des Pro
vokanten sofort, und ohne Termin das Prüklusionserkenntniß abgefaßt wird, dem
Provokaten durch jenen Termin also noch Gelegenheit gegeben werden muß, die
den Antrag des Provokanten begründenden Anführungen zu widerlegen.
458
Verzug mit der wirklichen Eröffnung des PräklusionSurtelS, gegm welches eben
falls kein Rechtsmittel zulassig ist. ' ) — §. 25—29 das.

Verfahren, wenn die Diffamation aktcnmässig feststeht; so wie,


> menn mit der Diff. Klage eine Jnjurienklage verbunden wirb.
z. 306. 1. Wenn es über die Diffamation selbst keiner Bescheinigung bedarf,
weil dieselbe schon aus den Akten selbst erhellt, z. B. wenn beim gewöhnlichen Auf
gebote einer unbeweglichen Sache Realprätendenten sich gemeldet haben, die, weil-
sie der Besitzer nicht anerkannt hat, in der ergangenen PrMusoria zur besondern
Ausführung ihrer Ansprüche verwiesen worden; so wird, auf den Antrag des Pro
vokanten, dem Provokaten sogleich eine gewisse Frist zur Anstellung der Hauptklage,
und ein Termin bestimmt, in welchem er die geschehene Befolgung dieser Auflage zu
den Akten nachweisen müsse. Alsdann aber wird nach Borschrift 1. 305, II. Nrv. t
bis 3 verfahren. — z. 3« a. a. O.
II. Hütt sich Provokant durch die Diffamation zugleich für belei
digt, und die Sache zur Jnjurienklage für angcthan; so kann er den Antrag auf
Bestrafung des Beleidigers mit dem Provokationsgesuche verbinden. ^) Demnächst muß,
in allen Fällen, wo die Diffamation geläugnet, oder zwar eingeräumt, zugleich
aber der Ungrund des gerühmten Anspruchs anerkannt wird; ferner da, wo beim
Richter des Provokationsprozesses ein Prciklusionserkcnntniß gegen den Provoka
ten wirklich erfolgt, zugleich über die angestellte Jnjurienklage mit erkannt wer
den. Gegen dies Urtel finden aber, so weit es die Jnjöriensache betrifft, die bei
Jnjurienprozessen zulässigen Rechtsmittel statt (§. 216—219. g. 245), selbst
wenn gegen die Präklusion mit der Hauptsache kein Rechtsmittel zulässig wäre.
2) Räumt hingegen Provokat die Diffamation zwar ein, behauptet aber die Rich
tigkeit derselben, und stellt seine Klage auch wirklich an; so kann der Richter
des Provokationsprozesscs auf die Jnjurienklage nichts weiter verfügen; diese
muß vielmehr entweder im Hauptprozesse als Widerklage, oder nach erfolgter
Entscheidung des Hauptprozesses, als besondre Klage verhandelt werden. —
z. 32, 33 a. 0. O.

II. Vom Provokationsprozesse im genaueren Verstände. ')


z. 307. Liegt ein sogenannter eigentlicher, unter Nro. 2, s. z. 302 bezeichne
ter Provokationsprozeß vor; so findet das §. 303 — z. 306 beschriebene Verfahren
ebenfalls, jedoch unter folgenden, aus der Natur der Sache sich ergebenden Abwei
chungen, Anwendung:
i) statt, daß nach Z. 303, II. Nro. 2 Provokant die geschehene Diffamation beschei
nigen soll, muff er im eigentlichen Provokationsprozeß die wahrscheinlichen Gründe
seiner Besorgniß, daß bei längerem Aufschub der Klage ihm seine Einwendungen,
ober die Beweismittel darüber, verloren gehen möchten, nachweisen.
Z) Findet der Richter, daß nach Lage der Sache und nach Borschrift der Gesetze
Provokant nicht nöthig habe, die Klage des Provokaten abzuwarten, sondern den
' Einwand selbst mittelst einer Klage füglich zur rechtlichen Erörterung bringen

i) Berühmt sich Provokat nach ergangenem Präklusionsurtel von Neuem des An


spruchs; so bedarf es keiner ferneren Diffamationsklage ; vielmehr findet Exeku
tion wegen Unterlassung einer Handlung statt. >
») Liegt die Beleidigung nicht in der Diffamation selbst, sondern ist sie nur bei Ge
legenheit des Rühmens erfolgt; so ist die Kumulation nicht gestattet.
i) Gewöhnlich bezeichnet man auch den Diffamationsprvzcß als „Provokationsprozeß.^
45S
könne;') so muß er den Provokanten sofort auf die Provokation dessen umständ
lich bedeuten, und keinen unnützen Provokationsprozeß zulassen. 2)
3) Die in diesem Prozeß erfolgte Präklusion kann sich nicht weiter erstrecken, als
der Einwand, zu dessen Ausführung sich Provokant durch den Provokationspro-
zeß die rechtlichen Wege hat eröffnen wollen. Wenn also dieser Einwand, seiner
Natur nach, nicht die ganze Klage, sondern nur einen Theil derselben aufhebt;
so kann auch nur in so weit dem Provokaten ein ewiges Stillschweigen damit
im Präklusionsurtcl auferlegt werden. — Z. 34 a. a. O.

Achter Abschnitt.
Bon Depositionsklagen.
K. 308. I. Durch eine rechtmässige gerichtliche Deposition der schuldigen Summe
oder Sache wird der Schuldner und dessen Bürge, so wie durch wirkliche Zahlung
oder Uebergabe, von der Verbindlichkeit frei. — Auch bei unbeweglichen Sachen hat
die rechtmässige Uebergabe zur gerichtlichen Aufsicht und Verwahrung die Wirkung,
daß der Verpflichtete dadurch seiner Verbindlichkeit entledigt werde. In beiden
Fällen muß mithin, wenn die bezeichneten Folgen eintreten sollen, die Deposition
rechtlich begründet, d. h. die Zahlungs - oder Leistungszeit muß eingetreten, der Ver
pflichtete aber aus erheblichen Gründen, und ohne sein Hinzuthun, verhindert sein,
pflichtmassig an den Berechtigten oder dessen legitimirten Vertreter zu zahlen oder
zu leisten.
Fälle solcher Verhinderung können hauptsächlich eintreten:
1) wenn die Zahlung oder Uebergabe wegen eines in der Person des Berechtigten
sich findenden Hindernisses, namentlich weil dieser oder sein Bevollmächtigter zur
Ersüllungszeit am Orte der Erfüllung nicht zu finden, oder weil er oder sein
Bevollmächtigter zum Empfange der Zahlung oder Uebergabe nicht gehörig legi,
timirt ist, ») nicht erfolgen kann;
2) wenn der Berechtigte die Annahme der Zahlung oder Uebernahme der Sache aui
einem unerheblichen «der doch zweifelhaften Grunde verweigert, namentlich »)
. wenn der Schuldner die Richtigkeit des Grundes des Anspruchs zum Theil läug-
net, und der Gläubiger den anerkennenden Theil desselben, auch mit Vorbehalt
seines Rechts wegen des streitigen Ueberrestes nicht annehmen will; K) wenn
einer von mehren nur auf ihren Antheil verpflichteten Schuldnern den seinigen
dem Gläubiger anbietet, und dieser die Annahme verweigert. — Z. 213, 2lS,
216, 218—220, 234, I. 16 A. L. R.
II. Ein demgemäß unterstütztes Gesuch um gerichtliche Verwahrung oder Auf-
1) Z. B. wenn der Bürge gegen den Gläubiger wegen eingetretener Zahlungszeit
oder sonst aus Befreiung von der Bürgschaft dringt.
2) Beim Diffamationsprozcß ist ein Zwang zur Anstellung der etwa gleichzeitig zu
ständigen Negatorienklage nicht zulässig. — <2s. Res. vom 25. August 1S34.
Gräff, Koch zc. III. S. 714.
») Dahin gehört auch der Fall, wenn der letzte Inhaber einer Sache den, von
welchem der Gewahrsam auf ihn übergegangen, nicht kennt, und die Legitima
tion des, als letzten Besitzer sich gerirenden ihm zweifelhaft ist. Z. 167, 168, l.
7 A. L. R.; ferner, wenn die Zession einer Forderung unter einer aufschieben
den oder auflösenden Bedingung geschehe», und Schuldner vor ausgemachter
Sache zahlen muß oder will; K. 417, 418, I. II das., ferner, wenn der Wech
selinhaber vor der Zahlung gestorben, und die Erben dem Schuldner Legitima
tion nicht vorlegen können. H. 892 fg. II. ö das. ,e.
4S«
ficht muß beim Gerichte des Zahlungs- resp. Leistungsorts >) angebracht werden.—
z. 214 a. a. O.
III. Das Gericht muß 1. in dem Falle, wenn der Depositionssucher bei sei
ner Vernehmung beharrlich versichert, daß er weder den Gläubiger, noch seinen Be
vollmächtigten, aller angewendeten Bemühungen ungeachtet, habe finden können, die
Deposition, jedoch mit Vorbehalt der Rechte des Gläubigers, veranlassen;
2. es muß dagegen, wenn Deposition um deshalb gesucht wird, weil der Gläu
biger die Annahme verweigert, oder weil der Verpflichtete die Legitimation des zur
Zahlungszeit am Zahlungsorte gegenwärtigen Gläubigers oder seines Bevollmächtig
ten bezweifelt, vorerst schleunigen Termin zur Vernehmung des Gläubigers oder
dessen Bevollmächtigten über die vorgeschützte Ursache der verweigerten Annahme,
resp. über die bemängelte Legitimation ansetzen, und dazu auch den Verpflichteten
vorladen.
Können im Termin die Gründe für oder wider die Rechtmässigkeit 2) der De
position nicht sofort klar gemacht werden; so muß der Richter die Deposition auf
Gefahr des unterliegenden Theils gestatten. — Z. 217, 221—231 a. a. O.
IV. Im Mangel einer Einigung zwischen den Parteien wird in beiden Fäl
len III. Nro. 1 u. 2 da, wo es zur Deposition kommt, die Sache zum prozessua
lischen Verfahren eingeleitet, und über die Depositionsgründe verhandelt und er
kannt. Schwebt jedoch in Betreff der Verbindlichkeit selbst ein Prozeß; so gehört
die Verhandlung über die Depositionsgründe in diesen Hauptprozeß, wenn derselbe
auch vor einem andern, als dem Depositionsrichter, schwebte; und es muß in sol
chem Falle das Erkenntniß über die Rechtmässigkeit oder Unrechtmössigkeit der De
position bis zum Urtel in der Hauptsache ausgesetzt werden. Gegen die Entschei
dung über das Depositionsgesuch finden die gewöhnlichen Rechtsmittel statt. —
K. 224, 225 a. a. O.
V. Wird die Deposition 1. für gerechtfertigt erachtet; so hat dies, vorausge
setzt, daß dieselbe wirklich geschehen ist, zur Folge, daß s) die Gefahr der gerichtlich
niedergelegten Sachen) auf den Gläubiger übergeht; und b) daß der Schuldner
vom Tage der Präsentation seines Gesuchs von Aögcrungszinsen, Konventionalstrafe,
und andern nachtheiligen Folgen des Verzuges frei wird. Erfolgt aber
2. die Verwerfung des Depositionsgesuchs, weil Gläubiger die Annahme aus recht
mässigen Ursachen verweigert hat; oder weil die gegen die Legitimation erhobenen
Zweifel unerheblich sind; oder weil die Versicherung des Deponenten, daß er am
Zahlungsorte weder den Empfänger, noch dessen Bevollmächtigten vorgefunden, wi
der besseres Wissen abgegeben; so vertrit die Deposition nicht die Stelle der Zah
lung oder Uebergabe, dieselbe ist vielmehr auf Gefahr und Kosten des Schuldners
geschehen.
3. Die nur zum Tbeil geschehene Niederlegung der Schuld kann die Stelle
der Zahlung nur dann vertreten, wenn der Gläubiger Abschlagszahlungen anzuneh
men verbunden gewesen wäre. — Z. 22S—232, 217 a. a. O.

i) Sind an diesem Orte mehre Gerichte, so hat der Schuldner unter denselben die
Wahl. Hat die Deposition bei einem inkompetenten Gericht stattgehabt; so ist
keine rechtmässige Deposition vorhanden.
») Daraus folgt, daß, wenn die Unrechtmössigkeit der Deposition klar erhellt, daö
Depositionsgesuch ohne Weiteres durch Verfügung zurückgewiesen werden muß.
Bornemann (System 3, S. 607) ist andrer Ansicht.
») Nur die wirklich erfolgte Deposition, nicht aber schon das Anerbieten der Erfül
lung, befreit den Schuldner vom Zufalle, der die zu übergebende Sache trifft.
Bornemann (Rechtsgeschäfte S. 334 und System Bd. 2, S. 269 fg.) be
hauptet das Gegentheil.
461
VI. Will dcr Schuldner wegen noch streitiger Gegenforderungen seine Schuld
dcponiren, so kann er nur unter den Erfordernissen eines Arrestschlages zugelassen
«erden. Die Deposition geschieht dann beim Richter des Arrestes, und bei Ver
handlung darüber kommen die Vorschriften des 6ten Abschn. d. T. zur Anwen
dung. — §. 22S a. a. O.

Neunter Abschnitt.
»om «onfiskationsprozeß.
Einleitung.
Z. 309. Die Konfiskation des Vermögens trit stäts als Strafe für ein
Vergehen oder Verbrechen ein. > ) Sie wird daher in der Regel durch ein Straf,
erkenntniß ausgesprochen. Sie betrifft entweder nur gewisse Vermögensstücke, wie
dies bei Kontrabande, bei Soll- und Akzisedefraudationen , bei Jagdkontraventio-
nen u. s. w. der Fall ist; oder das ganze zeitige und künftige Vermögen, wie beim
Hochverrath und Landeiverrath erster Klasse.
Nur in zwei Fällen wird im Wege des Zivilprozesses vom Zivilrichter auf völ
lige Vermögenskonfiskation erkannt. Dies geschieht, 1. wenn ein hiesiger Unterthan,
der sich in dem Alter von 17 bis 25 Jahren 2) befindet, die hiesigen Staaten er
weislich oder vermuthlich in der Absicht, um sich der Militairpflicht zu entziehen,
gänzlich verlassen hat.»)
Wirkliche Deserteurs, d. h. solche Flüchtlinge, welche bereits den Eid als Sol
daten geleistet haben, ingleichen solche, welche schon aufgehoben, oder zur Einrangi-
rung beordert, obwol noch nicht vereidet Hnd, gehören jedoch nicht hierher, da über
dieselben von den Kriegsgerichten geurtheilt wird. Nur die Vollstreckung der gegen
die Deserteurs auf Konfiskation lautenden Erkenntnisse gehört demnächst vor den
kompetenten Zivilrichter.
2. Diesem steht ferner das Erkenntniß gegen ausgewanderte Königl. Vasallen ^ )
zu, wenn auf Vermögenskonfiskation gegen sie um deshalb angetragen ist, weil ihre
Auswanderung ohne Erlaubniß des Staats geschehen ist. — Gegen andre als KS«

1) Deshalb trit auch nicht die 44jährige, sondern die Verjährung der Verbrechen
ein, also bei blossen Geldstrafen die 5jährige, bei gänzlicher Vermögenskonfisko-
tion die 20jährige. Das Gegentheil scheint auszusprechen das Res. vom 9. No,
vember 1821 v. K. Ann. 5, S. 993.
2) Wenn ein in dem bezeichneten Alter Befindlicher austrit, so spricht die Vermu»
thung immer dafür, daß er sich in dcr Absicht, sich der Militairpflicht zu entziihen,
entfernt, da Jeder Inländer in diesen Jahren seiner Militairpflicht gnügen, oder
das Unfähigkeitsattest erlangen muß. Nur die Familienglieder der Stande?«
Herrn sind von der Militairpflicht frei.
») Gegen Militairpflichtige, welche vor Publikation des Gesetzes vom 15. Septbr.
1813 und vor erreichtem 25tcn Lebensjahre ausgetreten sind, findet die Vermö-
genskonfiskation nicht statt. Andern, welche in dem Alter von 17 bis 25 Jah
ren ausgetreten, find derselben jedoch unterworfen, wenn sie auch bei Anstellung
der Konfiskatisnsklage bereits das 25te Lebensjahr überschritten hatten. — Res.
vom 19. Januar 1829 v. K. Ann. 13, S. 177. Gutachten des Geh. Ob. vom
13. April 1835. Hinschius 1840 S. 687 fg.
4) Das Ref. vom 4. April 1803 (Rabe 7, S.41S) bezeichnet als „schlcsische Va
sallen" alle adeliche und bürgerliche Rittergutsbesitzer, deren Söhne, Unbegüterte
von Adel wegen ihres persönlichen Nexus, Frauenzimmer adelichen Standes,
und die Besitzer nttermöfsiger ScholtisM.

462
«igl. Vasallen kann weg« verbotenen Auswandern« ' ) nur auf Geldstrafe bis öS Thlr.,
und in sofern sie Nach einem Staate ausgewandert sind, in Bezug auf welchen Ab
fahrtsgeld erhoben wird, ausserdem auf den vierfachen Betrag des entzogenen Ab-
fahrtsgeldes erkannt werden. — K. 1—3, 4«, I. 36 A. G. O. — K. 95, 103,
285, 319 Str. R. — z. 139—141, II. 17 A. L. R. — Berord. vom 15. Septem
ber 181« GS. S. 175.
Vom Verfahren gegen ausgetretene Militairpsiichtige.
Bei welchem Gericht, von wem, und in welch-er Art und Weise die
Konfiskationsklage anzubringen nnv zu begründen sei.
Z. 310. I. Der Konfiskationsprozeß gegen ausgewanderte Militairpflichtige muß
allemal bei demjenigen Landesjustizkollegio, in dessen Bezirk der Mi
litairpflichtige vor seiner Auswanderung den Wohnsitz hatte, angestellt werden. —
§. 4, I. 36 A. G. O.
II. Zur Begründung der Konfiskationsklage gehört
Z) die nähere, mit Beweismitteln unterstützte Angabe, daß Provokat ohne Genehmi
gung des Staats die hiesigen Lande verlassen, oder daß wenigstens die Bermu-
thung dafür vorliege; so wie
2) der Nachweis, daß derselbe zur Zeit der Entfernung im militaZrpflichtigen, als«
in dem Alter von 17 bis 25 Jahren sich befand. Ist der Beklagte zur Zeit
der Klage noch minderjährig; so wird sein Bormund mit belangt.
Die Vermuthung dessen, daß Jemand die hiesigen Lande verlassen habe, ist
dann als vorhanden anzunehmen, wenn Jemand ohne Erlaubniß der Staatsbe
hörden, oder zwar mit Erlaubniß derselben, sei es nun mit Wanderpaß, Sesin-
deschein oder dergl., aber über die darin gestellte Frist hinaus, sich aus seinem
Geburts- oder bisherigen Wohnorte entfernt hat, Äber seinen Aufenthalt weder
der Obrigkeit, noch den Verwandten und Angehörigen, noch andern Zurückgeblie
benen Nachricht ferner zukommen läßt, und sein Aufenthalt von der Obrigkeit durch
Nachfragen bei andern Behörden, den Aeltern, Vormündern, «der Verwandten und
durch weitere Erkundigungen nicht ermittelt werden kann. ') — K. K—17 a. a. O.
III. Im Konfiskationsprozeß trit Fiskus als Kläger auf. Die Konfis
kationsklage muß daher von der betreffenden Königl. Regierung selbst oder durch
ihren Vertreter angebracht werden. Dies soll in der Regel in der Art geschehen,
daß die Königl. Regierung alle in ihrem Bezirk vorkommenden dergl. Klageföur
eines ganzen Jahres in Einer Klage zusammenfaßt. Dahin gehören aber nicht blos
1) Die Gesuche um Erlaubniß zur Auswanderung müssen bei der betreffenden Re
gierung angebracht werden.
2) Das Abfahrtsgcld besteht in der Regel m einer Abgabe von 10 vom Hundert
des auszuführenden Vermögens. Doch wird es in Bezug auf wenige Staaten
ausgeübt; namentlich nicht in Bezug auf die teutschen Bundesstaaten (nur von
. den Provinzen Preuffen und Posen wird es rückfichtkich der freien Städte: Frank
furt, Lübek und Bremen und von Privatberechrigten in diesen Provinzen auch
noch gegen Baden ausgeübt). Ferner findet kein Abfahrtsgeld Anwendung in Be
zug auf Frankreich, die Schweiz; Belgien; die Niederlande; Sardinien; Däne
mark; Neapel und Sizilien; Rußland und Polen ; die öftreichfthen Staatenz Eng
land; Spanien und dessen jetzige und vormalige Kolonren; Schweden und Nor
wegen; Toskana; Krakau; Parma; Piacenza nnd Quastslka; Moden«, Reggio und
Mirand«la;Lukka;demKirchenftaate; Portugal; Türkei; die nordaMerik.Freistcmten.
s) Der fiskalische Anwalt muß deshalb, auf Erfordern des Gerichts, eine iandräth-
liche Bescheinigung darüber beibringen, daß die feiires Aufenthalts wegen ange
stellten Nachforschungen fruchtlos gewesen. — Res. vom 22. August 1812. Jahrb.
1, S. 249. Res. vom 27. Jan. 1823. Grass zc. UI. S. 909. Res. vom
IS. Juni lSSS v. K. Ann. M, S. 452, ^ . «
463
Fälle, in denen der entwichene Militairpflichtige Vermögen zurückgelassen, sondern
auch unvermögende, weil auch das künftige Vermögen, z. B. ctwanige zu erwar
tende Erbanfälle konsiszirt werden. — Zieht es jedoch die König!. Regierung aus
dem Grunde, um die Sicherstellung des zurückgelassenen Vermögens zu veranlassen,
vor, gegen vermögende Provokaten die Klagen einzeln einzureichen; so müssen die
Gerichte gemäß §. 311, I. Nro. 2 die erforderlichen Sicherheitsmaßregeln von Amts
wegen treffen, und die Vorladung der Beklagten selbst bis zum Eingang der, nach
Obigem periodisch zu gewärtigendcn, allgemeinen Klage aussetzen. Doch haben die
Regierungen die Befugniß, wenn sie es dem fiskalischen Interesse angemessen finden,
auf sofortige Separatinstruktion einer einzelnen Sache anzutragen. — Res. vom 8.
Januar und 3. Juni 1836. Jahrb. 47, 5S0. — Res. vom 7. März u. 13. Sept.
1827 v. K. Ann. 11, S. 275, 782.
IV. Wenn die Gerichte bei Anträgen auf Todeserklärung und den deshalb
angestellten Ermittelungen oder bei Erbtheilungen, bei Publikation von Testamenten,
oder bei andern gerichtlichen Verhandlungen wahrnehmen, daß ein Fall vorliegt, in
welchem ein Antrag auf Vermögenskonfiskation begründet werden könnte; so müssen
sie wegen Slcherstellung des zurückgelassenen Vermögens des Ausgetretenen sofort
das Nöthige von Amtswegen verfügen, und den Fall, wenn es ein Untergericht ist,
dem Kreislandrath, in Städten mit Polizeipräsidenten, aber diesem mit dem Ersu
chen, der Regierung Bericht abzustatten, wenn es ein Obergericht ist, der Regierung
unmittelbar mittheilen. — §. 25 u. Anh. §. 271, Tit. 36, I. A. G. O. — Res.
vom 14. November 1831 und 25. Juni 1834. Jahrb. 38, S.383. Bd. 43, S. 546.
V. Da die Strafe der Konfiskation dafür eintrit, weil ein Militairpflichtiger.
sich durch Entfernung ins Ausland seiner vaterländischen Militairpflicht entzogen
hat, so ist die Konsiskationsklage dann nicht zulässig,
1) wenn Beklagter vor Entfernung bereits seiner Militairpflicht genügt hat;?)
2) wenn er wegen Gebrechlichkeit oder sonst davon durch die betreffende Kantonkom-
Mission ausdrücklich für befreit erklärt;
3) wenn nachgewiesen ist, daß er wegen kleiner Statur zum Kriegsdienst nicht taug
lich war, 2) und
4) weim er erweislich, bevor der Konfiskationsprozeß anhängig wurde, gestorben.
Die gerichtliche Todeserklärung hindert die Anstellung der Konfiskationsklage
nicht. Fiskus trit dann vielmehr, trotz der Todeserklärung so lange an die Stelle
des für todt Erklärten, Behufs Erhebung seiner Erbschaften, bis die Interessenten
nachweisen, daß derselbe natürlichen Todes gestorben, oder daß er mehr als 70 Jahre
wäre, wenn er noch lebte. Weist Fiskus aber nach, daß der mehr als 70jährige
Entwichene beim Erbanfall noch lebte, so gebührt der Erbanfall dem Fiskus. —
§. 18-24, Anh. Z. 270, I. 36 A. G. O.
VI. Beim Antrag auf Vcrmögevskonfiskation und bei Vorladung des Ausge
tretenen ist übrigens in Fällen, wo der Aufenthalt des Beklagten in einem auswär
tigen Lande bekannt ist, auf die mit der Regierung dieses Landes etwa bestehende»
Verträge und Kartelkonvcntionen die nöthige Rücksicht zu nehmen. D« betreffen
den Verwaltungsbehörde steht frei, da, wo Reklamation des Ausgetretenen zulässig,
diese, oder den Konfiskationsprozeß zu wählen. Hat sie den Rcklamationsweg gc-
1) Dies gilt namentlich auch von Lsndwehrmäunern.
2) Das Res. vom 13. März 1815 will diesen Grund mit Rücksicht auf die jetzige
Militairverfaffung nicht mehr gelten lassen. Doch ist die Bestimmung des §. 2t,
Tit. LS, I. A. «. O. bis jetzt nicht aufgehoben, und mmz «och als bindendes
Gesetz anerkannt werden.
s) Die von der teutschen Bundesversammlung allgemein angenommene Kartelkon«
vention ist durch Puhl. Pat, v°m 12. März 1831 veröffentlicht; (GS. S, 41)
30*
464
wählt; so trit dennoch nach fruchtlosem Versuch desselben der Konfiskationsprozcß
ein. — §. 34, I. 36 A. G. O. — Res. vom 11. Juni 1793 und 14. August ISO«.
Rabe Bd. 6, S. 225 fg.

Verfügung auf die Klage; Vorladung des Beklagten und Ein


rückung des Termins. .
§. 311. I. Die gemäß §. 310, III. eingegangene allgemeine oder besondre Klage
wird vom Dezernenten geprüft, und im Kollegio vorgetragen. Erscheint der An
trag auf Konfiskation begründet; so wird
1) Termin vor einem Deputirten angesetzt, zu welchem
s) der Beklagte mit der Auflage: ungesäumt in die Königl. Lande zu
rückzukehren, und sich im Termin wegen seines Austritts zu «erantworten,
und unter der Androhung
der Konfiskation und des Verlustes seines gesammten zeitigen Vermögens, ' )
und etwaniger künftiger Vermögensanfälle 2)
vorgeladen, und von welchem
b) den etwa im Lande befindlichen, dem Gerichte bekannten Eltern, Vormün
dern, EhegattenoderGeschwisterndes Verklagten Nachricht ertheilt wird.
2) Zugleich muß das Erforderliche von Amtswegen erlassen werden, um das Ver
mögen des Beklagten in Beschlag zu nehmen, und gegen alle Ver
bringung, Fortschaffung oder Belastung mit Schulden sicher zu stellen.«)
Z. 28—3«, 32, 35, I. 36 A. G. O.
II. Was die Einrückung des Termins betrifft; so muß dieser
2) wenn der Aufenthalt des Beklagten bekannt, und
s) innerhalb Teutschland ist, auf 12 Wochen;
d) wenn ausserhalb Teutschland, jedoch in Europa, auf 6 Monate; und
«) wenn ausserhalb Europa, auf ein Jahr
hinausgerückt, und diese Fristen in der Art abgemessen werden, daß dieselben erst
dann zu laufen beginnen, wenn die Vorladung nach dem gewöhnlichen Gange
der Posten an den Borgeladenen kommen kann. Im zweifelhaften Falle, und
namentlich, wenn nach und von dem Orte, wo der Beklagte sich aufhält, kein
regelmässiger Postenlauf ist, werden 2 Stunden auf die Meile gerechnet, und
da, wo die Vorladung ganz oder zum Theil über See geht, wird in soweit die
jenige Zeit gerechnet, binnen welcher ein Paketboot die Reise zu machen pflegt.
Doch soll ein dabei vorgefallener Rechnungsfehler, wenn nicht daraus eine gänz
liche Unmöglichkeit, daß der Vorgeladene die Vorladung zu rechter Zeit hat er
halten können, entsteht, keine Nullität im Verfahren begründen.
2) Ist der Aufenthalt des Beklagten unbekannt; so wird der Termin stäts auf 12
Wochen hinausgerückt, jedoch so, daß von der ersten Einsetzung der Ediktalla-

und unterm 15. Juni 1832 (GS. S. 177) und 29. Mai 1834 (GS. S. 177)
deklarirt.
1) IDarunter wird sowol das inländische als das ausländische verstanden. Anh.
8. 272 A. G. O.
s) Nach dem Res. vom 24. Mai 1833 bezieht sich dies jedoch nicht auf Vermögen,
welches der Verurtheilte später, wenn er zurückkehrt, sich erwirbt, v. K. Ann.
17, S. 544.
s) Ergehen von einem Militairgericht an Zivilgerichte Requisitionen wegen Sicher
stellung des Vermögens eines Deserteurs; so muß denselben unweigerlich Folge
geleistet werden, sofern nichts Ungesetzliches verlangt wird. — Res. vom 26. Mai 1841
I. M. B. S. 192.
465
bung !n die Jntelligenzblötter oder den Anzeiger des Amtsblatts') volle zwölf
Wochen frei bleiben. — §. 31—33, 35 a. a. O. — §. 2204, 2205, II. 8. Zl. L. R.
III. Die Anfertigung der Vorladung an den Beklagten erfolgt, wenn
sein Aufenthalt bekannt ist, auf die Z. 58, I. und 59, IV. (S. 11« fg. u. 114 sg.)
vorgeschriebene Art. Dort ist auch gesagt, was zum Nachweis der geschehenen Zu,
fertigung als ausreichend zu erachten.
Hält sich der vorzuladende Beklagte in Nordamerika an einem bekannten Orte
auf, so haben sich die Gerichte wegen der Uebermachung und Bescheinigung der Vor
ladung an den Gesandten in Hamburg zu wenden.
Ist der Ausgetretene in England, so muß die Vorladung durch Requisition des
Postamts zu Hamburg weiter befördert werden.
Befindet sich der Beklagte in Rußland, und ist sein Aufenthalt bekannt; so ge-
schieht die Behändigung der Vorladung an seine Verwandten. — §. 32 Anh. K. 273,
274, I. 36. «. G. O.
IV. Bei den dem Aufenthalt nach unbekannten Ausgetretenen geschieht die
Vorladung durch Ediktalladung. Sind Mehre vorzuladen, so ist die La
dung dieser Mehren zur Kostensparung in Eine Bekanntmachung zusammen zu fas
sen. Die Ediktalladung gcschicht in der §. 56, II. Nro. 4. s bis c vorgeschriebenen
Art und unter Berücksichtigung der 12wöchentlichen Frist bis zum Termin. In die
dort bezeichneten öffentlichen Blätter wird sie unter gleichen Modifikationen drei
Mal, und zwar 12 Wochen vor dem Termin, drei Wochen und 6 Wochen darauf
eingerückt. — §. 35, Anh. Z. 275 a. a. O.
V. Die Bekanntmachung des Termins an die etwa vorhandenen, dem Gericht
bekannten Aeltern, Vormünder, Ehegatten oder Geschwister des Beklagten, wird ge
gen Behändigungsschein auf die gewöhnliche Weise zugestellt. — Z. 32, 35 a. a. O.

Verhandlung im Termin; Erkenntniß und Folgen desselben.


K. 312. I. Im anstehenden Termin wird 1., wenn Beklagter weder er
scheint, noch um Nachfrist bittet, noch auch seine Verwandten, Aeltern, Vor
münder gegen die Konfiskation gegründeten Widerspruch erheben, über das Ausblei
ben eine Verhandlung aufgenommen, und nach Herbeischaffung der Behändigungs-
nachweise, oder des Aushangs und der Belagsblätter, werden die Akten zum Spruch
vorgelegt. Findet sich beim Vortrag der Sache gegen die Gesetzlichkeit des Ver
fahrens Nichts zu erinnern; so wird das Urtel gemäß der nach K. 311, I. Nro. 1 s
gestellten Warnung abgefaßt, und dem Vertreter des Fiskus, den Aeltern, Ehegat
ten, Vormündern oder Verwandten des Beklagten, so wie diesem, wenn sein Aufent
halt bekannt ist, nach Maasgabe des 183 publizirt. Ist der Aufenthalt dessel
ben unbekannt ; fo wird die für diesen bestimmte Ausfertigung auf 14 Tage an der
Gerichtsftelle ausgchangen. — §. 36, 37, a. a. O. — Ges. vom 5. Mai 183S
GS. S. 273.
2. Meldet der Beklagte sich zwar nicht selbst, es erscheinen aber seine
Aeltern, Verwandte oder Vormünder, und widersprechen der KonfiökationS-
klage entweder in der Absicht, den Ausgetretenen gegen die Ansprüche des FiskuS
aus den §. 310. V. bemerkten Gründen zu vertheidigen ; oder auch ihres eignen
Interesse wegen auszuführen, daß der Beklagte nicht für einen strafbaren Ausgetre
tenen, sondern überhaupt nur für einen Abwesenden «der Verschollenen zu achten
sei; so muß die Sache zwischen ihnen und dem Fiskus, gewöhnlichermassen «erhan
delt, darüber erkannt, und das Erkenntniß sowol gegen den Ausgetretenen, als ge-
') Jnsertionsgebühren werden für Einrückung in diese Blätter nicht bezahlt. —
Res. vom 28. April 183S v. K. Ann. 2«, S. 246.
466
gen die an seiner Wtatt erscheinende» Aeltern, Verwandte tt. gerichtet werden, Ge-
gen dieses Erkenntniß finden die gewöhnlichen Rechtsmittel statt.
3. Erscheint Beklagter selbst im Termin; so muß er über die Entschul
digungsgrunde seines Austritts vernommen ; der Vertreter des Fiskus dagegen sum
marisch gehört, und dann durch Erkenntniß festgesetzt werden: ob
») die Konfiskation dennoch stattfinde? oder , -
d) ob Fiskus gänzlich abzuweise», und Beklagter von Strafe zu befreien?
e) oder ob Beklagter wegen der ohne Erlaubniß des Staats ins Ausland unter«
nommenen Reise, oder, bei einer Reise im Inlands, wegen unterlassener Anzeige
seines »eränderten Aufenthalts, mit einer höchstens die Summe von 50 Thlr.
erreichenden Geldbusse zu belegen fei?
Gegen ein solches Urtel sind nur die in fiskalischen Untersuchungen gestatteten Rechts
mittel zulässig.
4. Meldet sich Beklagter vor oder im Termin schriftlich, oder durch
einen zulässigen Bevollmächtigten, und trägt mit Anführung scheinbarer
Ursachen auf eine Rachfrist zu seiner Rückkehr in die Königl. Staaten an; so kann
ihm selbige, nach Bewandniß der Umstände, nicht leicht versagt, es muß aber auch
zugleich ein andrer Präjudizialtermin auf die Zeit des Ablaufs der bestimmten Frist
angefetzt werden, in welchem er die wirklich erfolgte Zurückkunft auszuweisen, und
zugleich dem Fisko von seiner Entfernung Rede und Antwort zu geben hat. —
Z. 40—43, I. 36 A. G. O. — Z. 35. Str. R.
II. Nach erfolgter Vermögenskonfiskation liegt der fiskalischen Be
hörde selbst ob, die Bollstreckung des Urtels zu betreiben. Die auS dem Vermögen
des Berurtheilten entnommenen oder gelösten Gelder flieffen zur Regierungs-Haupt-
Zafse. ') — z. 38, 39 Anh. 273, I. 36 A. G. O.
III. Meldet sich Beklagter, gegen den in eonlumseism erkannt ist,
D entweder innerhalb 1« Tagen nach xublizirtem Urtel, oder doch noch eher,
, als Fiskus von seinem Vermögen etwas wirklich eingezogen hat; so wird er
zum Rechtsmittel der Restitution (g. 189) verstattet, dabei mit seinen Entschuldi
gungsgründen, sowol wegen seiner Entfernung aus dem Lande überhaupt, als ins
Besondre wegen seines Ausbleibens im Termin, vernommen, der Vertreter des Fis
kus dagegen gehört, und sodann nach Vorschrift I. Nro 3. erkannt.
?) Ist aber das Vermögen des Ausgetretenen bei seinem Anmelden schon
wirklich eingezogen: so muß er entweder seine Begnadigung unmittelbar
nachsuchen, oder wenn er rechtliche Gründe zur Ablehnung aller Schuld wegen
seines Austritts und ungehorsamen Ausbleibens für sich zu haben vermeint, des
halb im Weg« des ordentlichen Iivilprozesses auf Wiedereinsetzung in den vori
gen Stand antragen. 2) — Wird Jmxlorant in einem dieser Fälle von der
Konsiskationsstrafe entbunden; so kann er zwar die vom Fisko zu Gunsten Dritter
über das eingezogene Vermögen getroffenen Beraufserungen, in soft«« sie nicht
auf blossen Schenkungen beruhen, nicht anfechten, er muß auch he» Fiskus we
gen Nutzungen, Verbesserungen, Verschlimmerungen und sonst als redlichen Be
sitzer betrachten; doch muß ihm Fiskus im Uebrigen das eingezogene Vermögen
2) Kosten dürfen, baare Auslagen ausgenommen, von dem Zeitpunkte an nicht mehr
angesetzt werden, wo die Gerichte von den Verhältnissen Kenntniß erhalten ha
ben, durch welche der Anspruch des Fiskus auf das Vermögen des Abwesenden
gegründet wird. — Res. vom 16. December 1825. Jahrb. 2«, S. 293.
5) Dieser Antrag wird dadurch begründet, daß die Schuld wegen des Austritts und
das ungehorsame Ausbleiben aus rechtlichen Gründen Seitens des Ausgetretenen
, abgelehnt wird. Eines Rcstitutionsgrusdes nach MaaSgabe der 6K. 268—271 bedarf
es dabei nicht. - Res. vom 24. Juni IM. Gräff, Koch ,c. !H. S> M.
467
herausgeben werben. — Meldet « sich erst nach dreißig Jahren nach rechtskräftige«
Präklusoria; so kann er nach Aufhebung der Konfiskationsftrafe vom Fisko aus
dem eingezogenen Vermögen, so weit dasselbe dazu hinreicht, nur einen nach sei
nem Stande „othdürftigen UnterhaU fordern. — §. 44, 4S a. a. O.— K. 842
bis «52, U. 1« A. L. R.

U. Bom Berfahreil gegeil ausgetretene Vasallen und Unterthancn.


Z. 313. I. Der Antrag auf Vermögenskonfiskation oder Strafe nach Maas
gabe des Z. 303 Nro. 2 hinsichtlich der ausgetretenen Vasallen und Unterthanen,
geht ebenfalls von der betreffenden Königl. Regierung aus. Zur Begründung die
ses Antrags ist erforderlich
1) die Anführung des Gesetzes, gegen welches Beklagter gehandelt hat,
2) die Angabe der Thatsachen, woraus erhellt, daß er das Land in der Absicht «er
lassen, sich seinen Unterthans- und Vasallenpflichten zu entziehen; und
3) der Beweismittel über diese Thatsachen. — z. 47, 48, l. 36 A. G. O.
II. Ist bei der Klage Nichts zu erinnern; so wird Beklagter zur Rückkehr in
die hiesigen Laude, und zur Verantwortung über seinen ordnungswidrigen Austrit.
vor einen Deputirtcn des Gerichts vorgeladen, und ihm bei seinem Ausbleiben, die
in den Gesetzen nach Verschiedenheit der Fälle bestimmte Strafe ausdrücklich ange
kündigt. Was die Einrückung des Termins und die Ladung selbst betrifft; so finden
1) wenn Beklagter im Inlands mit Landgütern angesessen, zwei Termine, jeder von
drei Monaten, und zwei Vorladungen, von denen erst die letzte die vorbemcrkte
Drohung enthält, statt. Die BehZndigung derselben erfolgt auf dem inländi«
schcn Gute.
2) Ist er mit Landgütern nicht angesessen; so muß Ediktalladung ergehen, und der
Termin darin auf neun Monate hinausgesetzt werden. Die öffentliche Bekannt-
niachung erfolgt auf die Z. 56, II. Nro. 4 (S. 106) vorgeschriebene Art, nur
mit dem Unterschiede, daß die letzte Einrückung mindestens drei Monate vor dem
Terinin geschehen muß. Ist der Aufenthalt ' des Ausgewanderten bekannt; so
wird, ausser der Ediktalladung, an ihn eine besondre Vorladung erlassen, und
gemäß K. 53, I. und 59, IV. zugefcrtigt. Ist die Behändigung an ihn gehö
rig bescheinigt; so kann der Umstand, daß keine Ediktalladung erfolgt ist, das
weitere Verfahren nicht aufhalten. — §. 49—52 u. Anh. Z. 281 a. a. O.
III. Hinsichtlich der weiteren Instruktion, der Abfassung und Publikation des
Erkenntnisses u. s. w. kommen die Vorschriften Z. 312 zur Anwendung, — §. 5Z
a. a. O. Ges. vom ö. Mai 1S3S.

Zehnter Abschnitt.
»o« Beefah«» gegen »erscho«ent. (Todeserklärungen.)
Wann, von wem und bei welchem Gericht die Hlage anzustellen.
Z. 314. I. Die Todeserklärung eines Mensche», dessen Leben und Aufenthalt
unbekannt ist, dessen Tod aber nicht festgestellt werden kann, ist in der Regel nö-
thig, wenn es sich
^, entweder um eine Rachfolge in sein Vermögen, oder
L. darum handelt, daß der Verschollene in Bezug auf die von Andern herrüh
renden Erb- und sonstigen Vermögensanfälle') Gleich - «der Rachberechtigten nicht
H S. B. in Bezug auf Zideikommisse, Lehne u. dgl.
463
ün Wege stehe. Ausnahmsweise wird eine förmliche Todeserklärung in folgenden
Fällen entbehrlich:
4) Kommt es darauf an: ob Jemand einen gewissen Erb« oder andern Anfall noch
erlebt habe; so wird vermuthet, daß ein Mensch, von dessen Leben oder Tode
keine Nachricht zu erhalten ist, nur siebzig Jahre alt geworden sei.
2) Zum Beweise des Todes ist hinreichend, wenn Jemand im Kriege eine schwere
Wunde erhalten hat, und innerhalb eines Jahres, nach geschlossenem Frieden,
von seinem Leben und Auftnthalte keine Nachricht eingegangen ist.
3) Gleiches findet statt, wenn das Schiff, auf welchem ein Mensch sich befand, gänz
lich untergegangen ist,') und drei Jahre nachher verflossen sind, ohne daß etwas
von feinem Leben und Aufenthalte bekannt geworden. 2)
4) In Berreff der in den Meyerfchen Listen, über die aus dem Feldzuge vom
Jahre 1812 im Russischen Reich zurückgebliebenen oder sonst in Rufsische Ge
fangenschaft gerathenen Militairpersonen, als todt Aufgeführten, gnügt zum
Nachweise des Todes ein, von einem Obergericht, oder von einem derjenigen
Untergerichte, bei welchen getreue Abschrift der Meyerfchen Liften verwahrt ist,
auf Grund derselben 'ertheilter Todtenschein. Ist in den Meyerfchen Listen
nicht der Tag des Todes, sondern nur das Jahr allein angegeben, so ist der
31. December des angegebenen Jahres als Todestag anzunehmen. Ist ausser
dem Jahr auch der Monat angegeben z so gilt der letzte Tag dieses Monats für
den Todestag. Geht aber daraus gar keine Zeit des Todes hervor; so soll der
31. December 1814 als der Todestag angenommen werden.
Es ist jedoch hierbei überall die in Rußland übliche Zeitrechnung zu verste
hen, und darnach der Todestag zu berechnen, da solche in den Meyerschen
Nachrichten zum Grunde gelegt worden.
5) Ist der wirklich erfolgte Tod einer aus den Kriegen von 1806 bis 1815
nicht zurückgekehrten Militairperson durch einen über alle Einwendung
erhabenen Zeugen, auf den Grund eigner Wahrnehmung, bekundet; so soll
der Beweis dieses Todes für vollständig geführt erachtet werden, wenn derje
nige, welcher bei der Beweisführung das nächste Interesse hat, diefe Bescheini
gung noch durch einen Eid dahin bestätigt:
daß er von dem Abwesenden und dessen Leben und Aufenthalt seit dessen
Verschwinden, oder wenigstens seit dem 20. November 1315 keine Nach
richten erhalten habe. — Z. 34—33, I. A. L. R. — Ges. vom 22. Mai
, 1822. GS. S. 143. Res. vom 17. September 1832. Jahrb. 4«, S. 155.
II. Zum Antrage auf Todeserklärung eines Menschen sind zunächst seine be
kannten nächsten Verwandten berechtigt. Wollen diese nicht darauf antra
gen, oder sind keine Verwandten des Verschollenen bekannt; so muß die Vormund
schaftsbehörde den Abwesenheitsvormund zum Antrage auf Todeserklärung
anweisen.«) — §. 3 Anh. §. 282, Tit. 37, I. A. G. O.
>) Der Nachweis des Schiffsuntergangs muß überzeugend sein. Ist nicht das
Schiff, sondern nur ein einzelner Mensch darauf untergegangen; so liegt dieser
Fall nicht vor. — <«s. Res. vom 17. Septbr. 1832.
s) Die Vermuthung ist hier dafür, daß der Vermißte mit dem Schiff, und unter
Nro. 3 dafür, daß er im Kriege umgekommen. Der Todestag wird daher auf
den Tag des Schiffsuntergangs und rcfp. des beendigten Kriegs festgefetzt wer
den müssen.
») Die Wahl und Verpflichtung eines Abwesenheitsvormundes ist in der Regel schon
früher, und namentlich dann nöthig, wenn die Besorgung und Erhaltung des
zurückgelassenen Vermögens es fordert. Ist dies nicht so dringend, so wird ein
Jahr, binnen welchem vom Abwesenden keine Nachricht eingeht, abgewartet. Hat
jedoch der Abwesende einen Bevollmächtigten zurückgelassen, so besorgt dieser die
469
III. Die Verhandlung und das Erkenntniß im Todeserklärungsprozeß gehört
vor dasjenige Gericht, unter welchem der Verschollene zuletzt innerhalb der
Königl. Lande wohnhaft gewesen, und wenn er noch nirgends einen Wohnsitz hatte,
vor den Richter der Abstammung. > ) Ist der Abwesende noch im minderjährigen
Alter aus dem Gerichtsstande der Herkunft in einen andern Gerichtsstand gebracht,
und daselbst über ihn, oder über sein zurückgelassenes Vermögen eine Vormundschaft
angeordnet worden; so kann die Todeserklärung im Gerichtsstande der geführten
Vormundschaft verfügt werden.
Im Großherzogthum Posen jedoch gehören alle Todeserklärungsprozesse vor das
Obergericht. — §. Z, I. 37 A. G. O. — II. Nro. Z Ges. vom 16. Juni 1834.
Von der Todeserklärung der aus den Kriegen von 1806 bis 1S15
nicht zurückgekehrten Personen.
§. 315. Kann bei Personen, welche an einem der in den Jahren 1806 bis
1815 geführten Kriege Theil genommen haben, seitdem aber »ermißt werden, ihr
Tod nicht auf eine der §. 313, I. Nro. 2, 4, 5 erwähnten Arten nachgewiesen «er
den z so muß ihre Todeserklärung durch Erkenntniß erfolgen. Doch kommt bei der
gleichen Personen, sie mögen nun als wirkliche Militairpersonen (Kombattanten) am
Kriege Theil genommen, oder als Kricgsbeamte, Knechte, Schanz- und andre Ar
beiter, oder als Ehefrauen, Kinder und Gefinde der Militairs, oder in irgend einem
andern Verhältnisse der Armee gefolgt sein, folgendes vereinfachte Verfahren zur
Anwendung:
1) Zum BeHufe des Nachweises: daß Provokat in irgend einem Verhältnisse der
Armee gefolgt sei, muß der die Todeserklärung ertrahirende Interessent zuför
derst ein Attest der Ortsobrigkeit darüber beibringen. ? ) Doch kann dieser
Nachweis dann, wenn das Attest der Ortsobrigkeit nicht zu erlangen sein möchte,
auch durch jede andre Beweisführung geliefert werden.
2) Sodann muß der Ertrahent eidlich bekräftigen, daß er von dem Leben und
Aufenthalt des Abwesenden seit dessen Gefangennehmung oder Verschwinden im
Kriege keine Nachrichten erhalten habe.
3) Auf den Grund dieses gelieferten Beweises spricht das Gericht die Todeserklä,
rung des Verschollenen durch ein kostenfreies ^) Erkenntniß aus, ohne daß es
einer öffentlichen Vorladung desselben und sonstiger Förmlich
keit des Verfahrens gegen Verschollene bedarf.
4) Der Tag der Rechtskraft des gedachten Erkenntnisses <) wird als der Todestag
des Verschollenen, und in denjenigen Rheinprovinzen, worin das französische Recht
noch gilt, als Tag der definitiven Einweisung der Erben in den Besitz angese-
hen. Die Ehefrauen der Verschollenen in den lctzrgedachten Provinzen erhalten

Angelegenheiten, und, nur wenn die Vollmacht gekündigt oder sonst aufgehoben
wird, oder Fälle vorkommen, auf die sie nicht lautet, muß ein Vormund bestellt
werden. — z. 19 fg. II. 18 A. L. R.
1) ck. z. 2«, S. 37.
2) Nach dem Res. vom 17. Dccember 1829 (GrSff, Koch :c. III. S. 926) sol
len Provokanten, wenn sie nicht diese, sondern eine schwierigere Beweisführung
wählen, nicht gehalten sein, den Nachweis zu führen, daß ihnen jene Beweis
führung nicht möglich sei. — Doch sind die Worte des Gesetzes dem entgegen.
») Die Kostenfreiheit erstreckt sich nicht nur auf das Erkenntniß, sondern auf alle
vor und nach demselben wegen der Todeserklärung erforderlich gewesenen gericht
lichen Verhandlungen und Verfügungen. — Res. vom 7. Oktober 1834. Jahrb.
44, S. 339.
«) Das Res. vom 16. April 1839 (I. M. B. S. 143) hält das Urtel dann für
rechtskräftig, wenn es vierzehn Tage lang öffentlich ausgehangen hat.
4M
durch die Todeserklärung zugleich das Recht, die Trennung der Ehe durch de»
Beamten des Iivilstandes aussprechen zu lassen. — Ges. vom 3. Aug. 182»
GS. S. 93.
Vom Verfahren bei Todeserklärung andrer Personen,
z. 316. I. Andre als die in vorstehenden §Z. bezeichneten Personen könne»
H m der Regel erst dann für todt erklärt werden, wenn von ihrem Leben oder
Tode binnen zehn Jahren keine Nachricht eingegangen ist. Der zehnjährige
Zeitraum läuft s) bei den während der Großjährigkeit Verschollenen von dem
Tage, da die letzte Nachricht eingegangen z oder wenn gar keine Nachricht ein
gegangen, von der Zeit an, da der Abwesende sich entfernt hat, oder vermißt
worden ist; b) bei den vor erreichter Großjährigkeit Verschollenen vom Tage, wo
sie großjährig geworden; e) wenn aber die Abwesenheit eines Verschollenen erst
bei Gelegenheit einer ihm zugefallenen Erbschaft bekannt wird, und kein frühe-
' rer Zeitpunkt, wo er vermißt worden, ausgemittelt werden kann, vom Todes
tage des Erblassers.
2) Ist das Alter, in welchem der Abwesende vermißt worden, nicht bekannt, wol
aber eine gegründete Vermuthung, daß er damals noch minderjäh
rig gewesen fei; so muß, ehe mit Todeserklärung verfahren wird, ein fünf
zehnjähriger, Zeitraum abgewartet werden.
3) Ist der Abwesende erst nach dem fünf und sechzigsten Jahre seines Alters ver
schollen; so kann er nach Verlauf von fünf Jahren für todt erklärt wer
den. — §. «23, 823—833, II. 18 A. L.
Ik. Der Gxttahent der Todeserklärung (Z. 314, II.) kann die Klage schriftlich
oder zu Protokoll anbringen. Klagt der Abwesenheitsvormund; so muß er Autori-
sstion des Vormundschaftsgerichts beifügen. — 8-5, I. 37 A. G. O. — K. 826,
II. 18 A. L. R.
^ »I. Ist die Klage gehörig begründet; so erfolgt Ediktalladung des Verschol
lenen selbst, sowie zugleich der von ihm etwa zurückgelassenen unbekannten Erben
und Erbnehmer. — Nur, wenn seit Entfernung des Abwesenden, oder seit der letz
ten von ihm eingegangenen Nachricht, und falls er bei Entfernung minderjährig,
ftit seinem zurückgelegten vier und zwanzigsten Lebensjahre vierzig Jahre ver
flossen, kann auf Antrag des alsdann vorhandenen nächsten Verwandten die To
deserklärung erfolgen, ohne daß es dazu einer öffentlichen Vorladung des Verschol
lenen oder der etwanigen unbekannten Erben bedarf.
Was 1. den Inhalt der Ediktalladung betrifft; so kommt in Ansehung
ihrer vollständigen aber gedrängten Fassung die Bestimmung K. 56, II. Nro. 2 (S. 106)
zur Anwendung. In ihr ist aufzunehmen,
«) der Grund des Erlasses und Bezeichnung des Verschollenen;
K) ein auf neun Monate in der Art hinauszurückender Termin, baß der neun-
- monatliche Seitraum erst vom Zeitpunkte der ersten Einrückung in die Jntclli-
genzblätter, resp. in den Anzeiger des Amtsblatts, zu laufen beginnt;
c) die Anweisung, daß die Vorgeladenen sich vor oder im Termin schriftlich oder
persönlich melden;
g) die Warnung, daß sonst der Provokat für todt erklärt, die mitvorgeladenen
unbekannten Erben aber mit ihren Ansprüchen an dessen Nachlaß präkludirt
werden würden.
Ist das zurückgelassene Vermögen des Verschollenen, gering, und namentlich we
ttiger als IM Thlr.; so sollen zur Kostensparung, in sofern die Interessenten nicht
e.in Andres ausdrücklich bitten, mehre Verschollene in Einer Ediktalladung zusam
men vorgeladen werden. Die Interessenten können deshalb i» Bezug auf kleinere
471
Untergerichte bei diesen oder beim Obergerichte beantragen, daß düseS die gemein
schaftliche Vorladung der zu verschiedenen Untcrgerichten gehörende« Verschollenen
unter Einem versiigc.
2. Behufs Veröffentlichung der Ediktalladung ist wesentlich nothwendig:
») der neunmonatliche Aushang an der Gerichtsstelle gemäß z. 56, II. 4».
b) die sechsmalige Einrückung von Monat zu 1 > Monat in die Jn-
telligcnzblätter der Provinz, und da, wo solche nicht erscheinen, in den Anzeiger
des Amtsblatts der Provinz, so daß von der letzten Bekanntmachung bis zum
Termin noch l ,> Monat frei bleiben. Im Uebrigen gilt auch hier das g. 56,
U. 4 K Gesagte.
e) Dagegen ist zwar die Einrückung in die Seitungen nicht dergestalt
wesentlich, daß beim Mangel die Abfassung des Uttels unterbleiben müßte.
Doch kann das Gericht s») eine sechsmalige Einrückung in gleichen Zwischen
räumen, wie unter b, in eine Zeitung der Provinz, in welcher das Gericht sei
nen Sitz hat, unter den K. 56, Ii. 4«. erwähnten Umständen veranlassen; und
e«i soll sogar dl>) eine dreimalige Einrückung von Bierteljahr zu Vierteljahr,
so daß von der letzten Einrückung bis zum Termin 3 Monate frei bleiben, in
eine Zeitung derjenigen Königl. Provinz, in welche oder nach deren Gegend der
Verschollene vcrmuthlich oder nachrichtlich sich hingewendet hat, so wie in eine
ausländische Zeitung, unter Berücksichtigung des tz. 56, II. Nro. 4 e Gesagten,
anordnen. >) — Z. 6, 11 1. 37 «. G. O. — Anh. §. 59, 6« I. 7 a. a. O. —
Res. vom 1«. März 1S29. Jahrb. 33, S. 137. — Res. vom 24. Januar 1834.
Jahrb. 43, S. 120.
IV. Ausserdem wird zum Termin auch de« Ertrahent Behufs Verneh
mung und Eidesleistung, 2) und der vermuthliche nächste bekannte Erbe
des Verschollenen, falls er nicht Extrahcnt ist, zur etwanigen Berichtigung des Le-
gitimationspunktcs vorgeladen.
Endlich muH von Einleitung des Verfahrens, vom Untcrgericht dem Land
rath und in Städten mit Polizeipräsidenten diesem, vom Obergericht aber
der Königl. Regierung Behufs Wahrnehmung des fiskalischen Interesses für
den Fall, daß kein Erbe sich legitimiren sollte, Kenntniß gegeben, und, wenn die
Umstände einen strafbaren Austrit vermuthen lassen, müssen zugleich diese Umstände,
mitgetheilt werden. — K. 7, 8, 10, I. 37 A. G. O.
V. Im Termin verhandelt der Dcputirte,
1) falls der Verschollene nicht erscheint, auch keine Nachricht von sich gegeben hat,
dagegen aber Ertrahent auf Todeserklärung beharrt, :>) mit dem nächsten
Erben über seine Legitimation, sofern diefe noch nicht aus den Akten
hervorgeht, oder in der Zwischenzeit seit Erlaß der Vorladung sich eine Vera»,
derung in der Person des bekannten nächsten Erben ereignet hat; vernimmt
K) den Extrahenten nochmals:
ob er wirklich innerhalb der gesttzmcissigen bestimmten Zeit (l.), und ins
besondre seit der veranlaßten öffentlichen Vorladung, von dem Abwesen
den, dessen Leben und Aufenthalte keine Nachricht erhalten habe?
und läßt ihn c) diese seine Angabe eidlich bestärken.
2) Meldet sich aber der Abwesende persönlich oder schriftlich, so muß das
ganze Verfahren aufhören; und wegen seiner Legitimation, wegen Hexausgabe

1) S. in dieser Hinsicht Aiim. 3, S. 1«6.


2) Ihm wird die Warnung zu stellen sein, daß beim Ausbleiben die Akten wegge
legt werden; da ohne Leistung des Diligenzcidcs das Erkcnntniß auf Todeser
klärung nicht ergehen kann.
472
des Vermögens an ihn, und wegen Untersuchung seines etwanigen strafbare»
Austrits wird nach Beschaffenheit der Umstände das Gesetzliche verfilzt.
3) Meldet sich vor oder im Termin ein angeblicher nächster Erbe, oder
Fiskus, welcher den Nachlaß wegen strafbaren Austrits oder als erbloses Gut
in Anspruch nimmt; so wird über ihre Anträge, allenfalls mittelst Jnterven-
tionsprozesses, befonders verhandelt, und die Todeserklärung dadurch nicht auf
gehalten. — K. 9—13, I. 37 A. G. O. — Res. vom 6. Februar 1832. Jahrb.
39, S. 15«.
V. Im Falle zu IV. Nro. 1 werden nach Herbeischassung des Aushangs, und
der Belagsblätter die Akten zum Spruch vorgelegt, und wenn nichts Wesentliches
zu erinnern ist, auf die Todeserklärung, und was dem anhängig, l ) nach Vorschrift
der Gesetze erkannt. — Die Publikation des Urtels erfolgt in Bezug auf die Ab
wesenden durch 14tägigen Aushang, an die bekannten Interessenten aber durch Iu-
fertigung nach §. 183.2) — Z. 11 a. a. O. — Verord. vom S. Mai 1838.
VI. Nach erfolgter Todeserklärung hört die Vormundschaft über den Abwesen
den auf. In Bezug auf Erbfolge wird der Tag der Rechtskraft des Todeserklä-
rungsurtels als der Todestag angesthn, und der Nachlaß dem Testaments- oder
Bertragserben, im Mangel eines Testaments oder Erbvertrags aber dem nächsten
gesetzlichen Erben ausgeantwortet. — Z. 834 fg. II. 18 A. L. R.

Elfter Abschnitt.
«pm Verfahren bei Erklärung eines Menschen als Blödfinnigen
oder Berfchwender.
Einleitung. ' .
Z. 317. Die Erklärung eines Menschen als Blödsinnigen oder als Verschwen
der kann hauptsächlich um deshalb nöthig werden, weil derselbe, obwol großjährig,
seinem Vermögen selbst nicht gehörig vorzustehen vermag, er einen natürlichen Ver
treter und Vormund s) nicht hat, oder dessen Interesse mit dem seinigen kollidirt,
und er auch nicht fähig ist, einen Bevollmächtigten sich selbst zu wählen, mithin
eine Bevormundung nöthig wird; und bei Wahn? und Blödsinnigen ins Besondre
auch um deshalb, weil ihre Unterbringung in eine für Gemüthskranke bestimmte
öffentliche Anstalt geschehen so«.«)
>) D. h. in Bezug auf die unbekannten Erben und die Kosten des Verfahrens.
2) Bei Kombination mehrer Todeserklärungsprozesse wird hinsichtlich der Mehren
Provokaten auch in Einer Verhandlung «erhandelt und Ein Erkenntniß abge
faßt. Sollte jedoch die eine oder andre Sache bedeutend aufgehalten werden; so
muß dieselbe abgesondert, und in den andern zum Spruch reifen Sachen er
kannt werden. — Res. vom 4. Juni und 9. Juli 1829 Gräff, Koch tc. III.
S. 929.
«) Die unter väterlicher Gewalt stehenden Personen, so wie verheirathete Frauen
bedürfen in der Regel keines Vormundes. Gegen solche wird daher eine Blöd-
sinnigkeits- oder Prodigalitätserklärung selten nöthig werden.
«) Die Aufnahme eines Gemüthskranke« in eine Irrenanstalt Behufs Heilung kann
nur auf Requisition des Gerichts oder einer Polizeibehörde erfolgen. Dabei
wird nicht grade vorausgesetzt, daß des Kranken Zustand bereits Gegenstand
eines Blödsinnigkeitserklärungsprozesses sei. Doch muß den Gerichten von jeder
Aufnahme eines Gemüthskranken in die öffentliche Irrenanstalt, und über dessen
Zustand oder über die einer Gemüthszustands-Untersuchung entgegenstehenden
Bedenken Mittheilung geschehen. Dn persönliche Richter muß, sofern der Krank
Bevor eine großjährige Person wegen Wahn- oder Blödsinns, oder wegen Ver-
schwendung, unter Vormundschaft gestellt wird; muß nach vorhergegangener Unter
suchung durch Erkenntniß festgestellt sein: daß dieselbe in dem Austande, wo ihm
die Befugniß, über ihre Person, Handlungen und Güter frei zu verfügen, benom
men werden muß, sich wirklich befinde. — Nur auf ausdrückliche, zum Besten des
Pflegebefohlenen geschehene, Anordnung des Vaters, kann die Vormundschaft bis auf
sechs Jahre über den gesetzlichen Volljährigkeitstermin fortgesetzt werden. — Wünscht
nicht der Vater, sondern ein andrer Erblasser solche Verlängerung der Vormund
schaft; so muß das vormundschaftliche Gericht von Amtswegen näher prüfen: ob
gesetzmässige Ursachen dieselbe nothwendig machen. Für gesetzmässige Gründe sind
in diesem Falle nur solche zu achten, welche hinreichen würden, auch einen Volljäh
rigen, als Verschwender, unter Vormundschaft zu setzen. Eine erhebliche Gemüths-
schwäche, wen» gleich selbige noch nicht bis zu einem solchen Grade gestiegen wäre,
der die Anordnung einer neuen Vormundschaft nothwendig machen könnte, kann
dennoch die auch nur von einem Fremden angeordnete Fortsetzung derjenigen, welche
bisher wegen minderjährigen Alters angeordnet war, auf die Dauer von 6 Jahren
über den Volljährigkeitstermin rechtfertigen.
In allen Fällen aber, in denen eine Verlängerung der Vormundschaft, es sei
nach Anordnung des Vaters, oder nach dem Befinden des Richters für nöthig er
achtet wird, kann dem Pflegebefohlenen das rechtliche Gehör dagegen nicht versagt
werden. Doch wird während des Prozesses die Vormundschaft fortgesetzt.
Die über die Großjahrigkeit hinaus verlängerte Vormundschaft muß in vorste
henden Fällen jedesmal öffentlich bekannt gemacht werden. — §.1, I.38A. G. O. —
§. 698-704, II. 18 A. L. R.

!. BlSdsinnigkeitserklärimg.
Antrag, Verfahren und Erkenntniß.
§. 318. l. Der Antrag, Jemanden für mahn- oder blödsinnig zu erklären,
kann sowol von den Verwandten desselben, als von Amtswegen durch einen
fiskalischen Bedienten gemacht werden. — §. 2, I. 38 A. G. O.
II. Die Untersuchung gehört nicht vor das vormundschaftliche Gericht, son
dern vor den ordentlichen persönlichen Richter des Jmploraten. Im
Großherz. Posen gehören jedoch die Prodigalitätserklärungen durchweg vor das
Obergericht. — §. 3 a. a. O. — II. Nro. 3 Ges. vom 16. Juni 1834.
III. Der Antrag selbst muß durch bestimmte Angaben von Thatsa-
chen und Beweismitteln unterstützt, und einigermassen bescheinigt sein. Er
scheint der Antrag begründet; so muß
1) vom Prozeßrichter selbst ') dem Jmploraten vor allen Dingen ei» besondrer
Kurator zur Wahrnehmung seiner Gerechtsame bestellt, und dazu Jemand aus-

nicht in väterlicher Gewalt oder eine verheirathete Frau ist, sofort die Vermö-
genskuratel einleiten. Die Frage aber: ob der Prozeß einzuleiten, «der ob er
zur Vorbeugung von Nachtheilen, die eine Untersuchung des Seelenzustandes bei
der Aussicht einer baldigen Wiederherstellung sowol in Bezug auf die Heilung,
als auf die sonstigen Verhältnisse für den Geisteskranken haben kann, noch aus
zusetzen, muß er in Erwägung nehmen, und das Weitere deshalb anordnen,
selbst in dem Falle, wenn der Geisteskranke unter Aufsicht eines Vaters oder
Ehemannes steht. — Res. vom 16. Februar 1839 I. M. B. S. 1«2. — Res.
vom 3. Februar 184« I. M. B. S. 69. Kab.-Ord. vom S. April 1804
Gräff 2, S. 369.
") Nicht vom Vormundschaftsrichtkr, , .
474
gesucht werden, der, wo möglich, zu den Bekannten des Jmploraten gehört, in
keinem Falle aber irgend ein Interesse bei der Sache hat. l)
2) Alsdann muß das Gericht eine nähere Untersuchung des Gemütszustandes des
Jmploraten, wo möglich, an desselben Wohnorte, durch einen Deputirtcn mit
Zuziehung des Kurators, der Verwandten, und zweier promovirter Aerzte sks
Sachverständige, 2) veranlassen. «) Von diesen Sachverständigen wird der eine
vom Kurator, der andre aber von den Verwandten vorgeschlagen. Ein Arzt,
der weder als Fysikus, noch sonst gegen den Staat oder die Kommune in beson-
deren Pflichten steht, hat keine Verbindlichkeit, sich dergleichen Geschäften zu un
terziehen. Wenn der Kurator und die Verwandten, aller Mühe ungeachtet, kei-
nen Sachverständigen finden können, der sich zur Uebernehmung des Geschäfts
versteht, und hie Instruktion dadurch aufgehalten wird; fo muß das Gericht
Die Medizinalbehörde wegen Ernennung eines Sachverständigen requiriren. -
Können der Kurator und die Verwandten unter einander, und mit den Sach
verständigen, sich nicht vereinigen ; so gibt das einmüthige Gutachten der Letztern
den Ausschlag. Sind aber auch diese mit einander nicht einig; so muß
Z) der Richter entweder von Amtswegen einen dritten Sachverständigen «rnennen,
und mit Zuziehung desselben die Untersuchung wiederholen lassen; oder er muß
von den ersten beiden Sachverständigen schriftliche, mit Gründen unterstützte
Gutachten erfordern, und vom Rcgierungs-Medizinalkollegi« unter MittlMung
derselben und der Akten dessen sachkundiges Gutachten einholen.
4) Im Termin find ausser dem, was zur Feststellung des Wahn- oder Blödsinns
^n demselben vorgenommen wird, auch die zur Erkenntnis, und Beurtheilung je
ner krankhaften Gemüthszustände unerläßlichen Notizen über die früheren Kraick-
heits- und Lebensverhältnisse des Jmploraten zu Protokoll zu nehmen. — Sä—7,
Anh. 8. 234 fg. I. 38 A. G. O. — Res. vom 18. März 1831 und 8. Mai
1835. Jahrb. 37, S. 115. Bd. 45, S.467. — Res. vom 12. September 1834.
Jahrb. 45, S. S2. — Res. vom 9. April 1838. 'Inemis für 1838 S. 359.
IV. A«f die demgemäß vorgenommene Ermittelung erkennt hiernächst
Has Gericht, und erklärt, falls die Sache dazu sngethan, den Provokaten durch
förmliches Erkenntniß für mahn- oder blödsinnig. Gegen dasselbe wird den Ver
wandten kein Rechtsmittel verstattet. Dem Kurator über steht das Rechtsmittel
drr Appellation und gegen das zweite Urttl das Rechtsmittel der Revision offen, «r
mag diese Rechtsmittel aus eigner Bewegung, oder auf Verlangen feines Pftegebe-
5) Ein solcher K»rat«r steht dem Beklagten nur im Blödsinnigkeitserklärungspro-
zesse bei. Au andern Geschäften, namentlich zu Vermögensverwaltung, ist der
selbe nicht legitimirt. — Lk. Res. vom 24. Oktober 1836 und vom 6. Dccmbr.
1796. Gräff, Koch :c. III. S. 933.
2) Wundärzte erster Klasse können als Sachverständige nicht zugezogen werden. —
Res. vom 18. März 1331 und 8. Mai 1835. Jahrb. 37, S. 115. Bd. 45,
S. 467.
«s) An der Gerichtsftelle sollen Gemüchszuftsndsnntersuchungen in der Reg« nicht,
sondern entweder am Wohnort des Kranken, oder doch an solchen Orten vor
sich gehen, wo sich sowol der zu prüfende Kranke, als der untersuchende Arzt, in
der bei diesem Geschäft »öthigen Ruhe befinden. — Res. vom 12. Sept. 1834.
Jahrb. 45, S. 92.
») Für die Kosten kommt zwar das Vermögen des GemüthskranZen auf; wenn
dieser aber arm, und auch keine kostenpflichtigen Verwandten vorhanden sind, so
muß die Salarienkasse, und bei Palrimonialgerichten der Gerichtsherr dafür
auskommen. Krcisfysizi ttqnidiren dabei nicht als solche, fondern als Sachver
ständige. — Res. vom 5. Deeember 1823. Jahrb. 22, S. 198. — Res. vom
25. März 1833. Jahrb. 41, S. 22s. —.««s. vom 22. I»« 18« I. M. p.
V. 2SV.
47S
fohlenen cinwcildcn. Doch gilt während derselben das erste Erkenntm'ß als Inte
rimistikum. >)
Einer öffentlichen Bekanntmachung des Erkenntnisses bedarf es nicht. — Z. s,
Anh. §. 286, I.. 38 A. G. O. — Res. vom 3«. Juni 183S. Jahrb. 45, S. 46«.
V. Während der Instruktion des Prozesses Muß der Richter jederzeit für
Sicherstellung des Vermögens des Provokaten Sorge tragen. — Anh. j. 234,
I. Z« A. B. O.
VI. In allen Fällen, in welchen der Gemüthszustand eines Menschen ärztlich
untersucht wird, müssen die Gerichte noch vor Spruchvorlegung Abschrift der des-
falsigen Verhandlung und der ärztlichen Gutachten dem Regierungsmedizinalkollegio,
und in Berlin dcm Polizeipräsidio, mittheilen. Werden die Akten, bevor dies ge
schehen, zum Spruch vorgelegt, so muß der Referent es noch vor Abfassung des
Erkenntnisses nachholen. — Res. vom 20. Januar ISIS u. 21. April 1826. Jahrb.
II, S. 49. 27, S. 283. — Res. vom 3. Januar 184« I. M. B. S. 23.
VII. Die Aufhebung der Vormundschaft über Wahnsinnige oder Blöd
sinnige erfolgt, ohne daß es dazu eines förmlichen Erkenntnisses bedarf, durch das
Bormundschaftsgericht nach sorgfältiger Untersuchung und Feststellung dessen, daß
dieselben zum völlig freien Gebrauch ihres Verstandes wieder gelangt sind. 2) Bei
dieser Untersuchung muß, ausser dem Bormunde ein von dem Gericht ernannter
Sachverständiger und die anwesenden nächsten Verwandten, oder in deren Erman
gelung, ein dem Pflegebefohlenen besonders zu bestellender Kurator, zugezogen wer
den. — §. 815—817, II. 18 A. L. R. — Res. vom 31. Oktobtt 1831. Jahrb.
S8, S. 303.
II. Prodigalitätserklärung.
Klage und Verfügung darauf.
S. 319. I. Die Verwandten eines Verschwenders, und besonders die,
welchen bei erfolgender Verarmung seine Ernährung obliegen würde, haben zunächst
die Befugniß, desselben Prodigalitätserklärung zu beantragen. Ein Gericht, welches
bei einem seiner Gerichtseingcscssenen einen dergestalt leichtsinnigen und ausschwei
fenden Gebrauch seines Vermögens wahrnimmt, daß es die gesetzlichen Merkmale
eines Verschwenders für vorhanden,«) und die Erklärung dazu für erforderlich er
ächtet, muß daher vor Allem den gedachten Verwandten von diesen Umständen Nach
richt geben, und ihnen ben Betrieb der Sache überlassen.
Sind keine Verwandten vorhanden, oder dem Gericht bekannt, oder überlassen
die vorhandenen dem Gericht das weitere Verfahren; so muß dasselbe einen Justiz-
kommissarius beauftragen : daß er unverzüglich nähere Erkundigung hinsichtlich des
als Verschwender Verdächtigen einziehe, und nach Befund der Umstände das Weitere
nachsuche. Der beauftragte Justizkommissar muß sich sodann alle Mühe geben, thcils
von den Verwandten des Verdächtigen über die ihm bedenklich scheinenden Umstände,
theils von andern Mit dem Verdächtigen in näherer Verbindung und Bekanntschaft
stehenden Personen, oder durch die sonst etwa vorhandenen, an sich erlaubten, jedoch mit
möglichst wenigem Aufsehn verknüpften Mittel über das Betragen und die Wirthschafts-
1) Wird gegen eine aktive Militairperson der Prozeß eingeleitet; so muß der Mi-
litairbehörde sowol darüber, als über den Ausfall des Erkenntnisses Nachricht
gegeben werden. — Res. vom 16. Oktober 1826. Jahrb. 2«, G. 296.
2) Findet das Bormundschaftsgericht das eingeholte ärztliche Gutachten nicht über
zeugend, oder trit diese mit der Meinung eines zweiten Arztes oder der Ver
wandten in Widerspruch; so ist jenem unbenommen, ein Gutachten vom Med!«
zinalkollegio zu erbitten. — Res. vom 17. Oktober 1S4« I. M. B. S. 3S8.
>S) S. 24, Am». 2.
47«
föhrung de« Provokaten sichere Nachricht einzuziehn, und die nöthigen Data zur
Beurtheilung dessen: ob derselbe nach Vorschrift der Rechte zur Prodigalitätserklä
rung wirklich qualifizirt sei? zu sammeln. Hält er nach reifer und pflichtmässiger
Erwägung die Sache dazu angethan; so muß er unverzüglich beim Gericht seine
Anträge formiren. — z. 9—13, I. 3« A. G. O. — Res. vom 19. November 1829.
Jahrb. 34. S. 47«.
II. Die Prodigalitätsklage gehört demnach in der Regel vor den persön
lichen Richter des Provokaten, und nur im Großherzogthum Posen gehören alle
dergl. Prozesse vor das betreffende Obergericht. :,
Sie kann übrigens schriftlich oder mündlich zu Protokoll angebracht werden.
Zur Begründung des Klageantrages gehört, daß
s) die Gründe, warum Provokant auf Prodigalitätserklärung antragen zu müssen
glaubt, umständlich angeführt;
d) spezielle Thatsachen und Umstände einer unbesonnenen und verschwenderischen
Wirthschaft angegeben; und
0) diese Thatsachen, nach der Natur derselben, gehörig bescheinigt werden. — Die
Angabe blos allgemeiner und unzuverlässiger Gerüchte begründet nicht den An
trag. — 8. 9, 14, I. 38 A. G. O. -
III. Die Klage muß im Kollegio vorgetragen, alle Umstände müssen reiflich
und genau erwogen, und bei schriftlichen Provokationen der Justizkommissarien, al
lenfalls auch deren Manualakten und Jnformationsprotokolle, mit vorzüglicher Sorg
falt geprüft werden. Wird die Klage zur näheren Untersuchung für geeignet ge
funden; so wird Provokat, unter abschriftlicher Mittheilung derselben, zu einem
möglichst nahen Termin vor einen Deputirten unter der Warnung vorgeladen, daß
beim Ausbleiben
die angegebenen Thatsachen in «ontumseism für zugestanden erachtet,
und er für einen Verschwender erklärt werden würde.
Zugleich erfolgt auch die Vorladung des Provokanten. — §. 15, IS u, 18 a. o. O.
Weiteres Verfahrenz Sicherheitsmaßregelnz Erkenntnißz Rechts
mittel und Urtelsvollstreckung.
§. 32«. I. Wenn nun im Termin
1) Provokat sich nicht meldet; so nimmt der Deputirte über das Ausbleiben
einen Vermerk auf. Auf Grund desselben ergeht hiernächst gemäß der nach §. 319,
III. gestellten Warnung Kontumazialurteil, welches gewöhnlichermassen publizirt
wird (g. 183). Dagegen steht Restitution und Appellation zu.
2) Meldet sich Provokat; so muß der Deputirte ihn über die Thatsachen und
Umstände der Klage Punkt für Punkt vernehmen; ihn befragen, wie und wo
mit er diese auf Verschwendung und üble Wirthschaft schliessenden Data abzu
lehnen und zu entschuldigen gedenke; und was er etwa, wegen seines künftigen
ordentlichen und regelmässigen Betragens dem Staate und seiner Familie für
Versicherung zu geben im Stande sei. Läßt sich derselbe bei dieser Vernehmung
s) die Prodigalitätserklärung gefallen; so wird dieselbe vom Gericht durch Re
solution gemäß Z. 93, III. 1 festgesetzt, d) Einigt er sich mit den klagenden
Verwandten über gewisse Maasregeln, wodurch den Besorgnissen einer fernern
Verbringung seines Vermögens vorgebeugt werden kann; so ist dieses ein Ver
gleich, welcher dem Gericht zur Bestätigung vorgelegt, von diesem aber nicht
anders bestätigt werden muß, als wenn es findet, daß die verabredeten Maaß-
regeln nicht nur an sich zweckmässig, sondern auch so beschaffen sind, daß dadurch
kein Dritter, oder gar das Publikum überhaupt, gefährdet werde.
c) Widerspricht aber Provokat der Prodigalitätserklärung, und läugnet ex
477
die Richtigkeit oder Erheblichkeit der zu ihrer Begründung angegebenen That-
fachen; so muß mit fernerer Instruktion nach Tit. 6, Abfchn. 5 verfahren wer
den. — §. IS—19, 24 a. a. O.
II. Werden schon in der Klage, oder auch im Fortgange der Instruktion solche
Handlungen des Beklagten bescheinigt, welche die Beschuldigung der unordentlichen
und verschwenderischen Lebensart unterstützen; so muß der Richter, auf den Antrag
des Provokanten vorläufige und interimistische Verfügung treffen, durch
welche dem ferneren Vermögensverfalle während des Prozesses so weit vorgebeugt
werde, als geschehen kann, ohne durch öffentliche Bekanntmachung dem guten Na
men und Kredit des Beklagten, der sich gegen den wider ihn streitenden Schein doch
noch rechtfertigen könnte, einen unwiederbringlichen Nachtheil zuzufügen. Dem
nach kann
1) der Veräusserung und weiteren Verpfändung seiner Grundstücke oder eingetra
genen Forderungen durch Bemerkung einer Proteftation im Hypothekenbuche
vorgebeugt ;
2) wegen andrer ausstehenden Kapitalien können Inhibitionen an die Schuldner
erlassen z
3) Juwelen und Kostbarkeiten, die nicht zu seinem täglichen Gebrauch bestimmt sind,
können ihm abgefordert, und in gerichtliche Verwahrung genommen, und
4) in einzelnen Fällen können die, von denen bekannt wird, daß sie in Verträge mit
ihm sich einlassen wollen, wegen des schwebenden Prodigalitätsprozesses gewarnt
werden. — §. 2«, 21 a. a. O.
Schließt Jemand mit dem Angeklagten Verträge, obwol er weiß, daß dieser be«
reits wegen Verschwendung gerichtlich belangt sei; so kann er, wenn demnächst die
Erklärung als Verschwender erfolgt, au« den Verträgen kein Recht erlangen.
Die, nach angebrachtem Antrage auf Prodigalitätserklärung, vom Provokaten
errichteten Testamente können nur in so weit angefochten werden, als die Verwand
ten des Provokaten vorher diesen, unter Aufnahme eines Notariatsinstruments, des
halb verwarnt haben, als sie im Testamente nicht die Hälfte des nach den Regeln
der gesetzlichen Erbfolge ihnen Zukommende erhalten, und demnächst die rechtskräf
tige Erklärung als Verschwender erfolgt. — §. 16, 1. 5. §. 28, 32, 33, 1. 12 A. L. R.
III. Ist es gemäß I. Nro. 2 e zur Instruktion gekommen; so müssen bald
nach deren Abschluß die Akten, ohne Zulassung von schriftlichen Deduktionen, zum
Spruch vorgelegt, und die Abfassung des Erkenntnisses muß vorzüglich beschleu
nigt werden. — §. 23, I. 38 A. G. O.
IV. Gegen das Erkenntniß findet die Appellation in Ansehung beider
Theile statt. Das Verfahren in Appellatorio ist das Tit. 7, §. 201—21« ange
ordnete. Appellirt Provokat, so muß die Instruktion ganz vorzüglich beschleunigt
werden, und sind besonders dem Provokanten und Appellaten Prorogationen und
Nachfristen nicht ohne sehr erhebliche, hinlänglich bescheinigte Ehehaften zu gestat
ten. — §. 24, 27 a. a. O.
V. Das Rechtsmittel der Revision steht 1. dem Provokaten immer
zu, wenn das zweite Urtel die Prodigalitätserklärung ausspricht, gleich viel, ob eS
darin das erste bestätigt, oder dahin abändert;
2. dem Provokanten aber nur dann, wenn das Appellationsurtel die im ersten
Urtel ausgesprochene Prodigalitätserklärung aufhebt. Gegen zwei gleichlautende Er
kenntnisse kann Provokant nicht revidiren.') — Z. 28, 29, 33 a. a. O.
VI. Das Rechtsmittel der Appellation hat in Bezug auf den Provokanten
die volle Wirkung, in Bezug auf den Provokaten aber Devolutiveffekt, so
') Die Nichtigkeitsbeschwerde wird ihm dagegen zustehen.
478
büß es hier die Vollstreckung des auf Erklärung als Verschwender lautenden ersten
Erkenntnisses nicht aufhält. Demgemäß muß der Richter sogleich nach dessen Eröffnung
1) durch öffentlichen Aushang an ordentlicher Gerichtsstelle und am Wohnorte des
Provokaten, oder statt dessen bei einem andern vom Richter nach Bewandniß der
Umstände, der Art des vom Provokaten bisher betriebenen Berkehre oder der
Gegend, wohin er bisher seinen gewöhnlichen Ab- und Zugang gehabt hat, zu
wählenden Gerichte; ferner durch dreimalige Einrückung in die Zeitungen und
Jntelligenzblätter, resp. den Amtsblattsanzeiger der Provinz, — die Prodigali
tätserklärung bekannt machen. Ist Provokat ein Kaufmann; so wird ausser
dem dieselbe auf der Börse bekannt gemacht, und der Kurator muß angewiesen
werden, die auswärtigen Handlungskorrespondcnten davon zu benachrichtigen.
2) Der Richter muß auch dem vormundschaftlichen Gericht, wenn dies ein von
ihm verschiedenes Kollegium ausmacht, Abschrift des Erkenntnisses zufertigm, da
mit dieses wegen Bestellung eines Jnterimskurators, wegen Verkümmerung der
ausstehenden Kapitalien, Beschlagnahme des übrigen Vermögens, und sonst das
Erforderliche nach Maasgabe der Vormundschaftsordnung verfügen könne.
Eine Ausnahme von vorstehender Vorschrift Nro. 1 u. 2 findet nur dann
statt, wenn Provokat sogleich bei Anmeldung der Appellation neue erheblich schei
nende Umstände zur Ablehnung der ihm nach den Akten der ersten Instanz zur Last
fallenden Khatsachen anführt, und sofort bescheinigt; oder doch Beweismittel dar
über bestimmt angibt. Alsdann kann der Richter nach reiflicher Erwägung der Um
stände der Appellation die volle Wirkung beilegen. Doch hat es nicht nur wäh
rend derselben bei der Vorschrift Z. 32V, II. sein Bewenden; sondern es soll auch
ein Vertrag, den Jemand mit dem im ersten Urtel als Verschwender Erklärten ab
schließt, dann, wenn in der Folge die Prodigalitätserklärung rechtskräftig wird, für
den Provokaten allemal unverbindlich sein.') Der andre Kontrahent kann dann,
wenn er auch der Wissenschaft vom vorhandenen Erkenntnisse nicht überführt wer
den könnte, nicht Erfüllung des Vertrages, fondern nur Schadloshaltung für das
darauf Gegebene oder Geleistete fordern.
Bei den nach Vorstehendem getroffenen Verfügungen bewendet es bis zur
Rechtskraft des Erkenntnisses, wenn auch das zweite Urtel das erste ändern sollte.
Wird die Prodigalitätserklärung rechtskräftig ausgesprochen, und die Anordnungen
«nter 1 und 2 waren in dem bemerkten Ausnahmefall unterblieben; so müssen diese
Anordnungen sofort nach eingetretener Rechtskraft getroffen werden. — Wird dage
gen Provokat rechtskräftig entbunden, während früher die Verfügungen unter 1 und
2 erlassen worden; so hört nicht nur die Jntcrimskuratel sogleich auf; sondern es
muß auch öffentlich bekannt gemacht werden, daß Provokat sich gegen die ihm Schuld
gegebene Verschwendung hinlänglich gerechtfertigt habe, und also sein Kredit wieder
hergestellt werde. — §. 28—34 a. a. O.

Aufhebung der rechtskräftig erkannten Prodigalitätserklärung.


Z. 32t. Wer durch rechtskräftiges Erkenntniß für einen Verschwender erklärt,
und in Folge dessen unter Vormundschaft gestellt ist, kann die Aufhebung der
selben nur bei seiner Vormundschaftsbehörde nachsuchen, und erst dann erlangen,
wenn er überzeugende Proben seiner gründlich erfolgten Besserung beibringt. Jedoch

') Das A. L. R. nimmt im Z. 15, Tit. 5, I. erst mit der öffentlichen Bekannt
machung dem Prodigus die rechtliche Selbstständigkeit, während dies nach der
> A. G. O. bereits mit Publikation des ersten die Prodigalitätserklärung auS«
sprechenden Urtel eintrit. Der A. G. O. gebührt der Vorzug, theil« weil sie jün
ger, theils weil ihre Vorschrift den allgem. Rechtsregeln mehr entspricht.
479
nur eine anhaltende, durch zwei Jahre erprobte Besserung kann zur Begründung
eines solchen Gesuchs nachgelassen werden.
Geht nun ein Gesuch um Aufhebung ein, so muß die Bormundschaftsbchörde
ei sorgfältig prüfen. Hält sie dasselbe
!. für unerheblich; so muß Bittsteller mit Gründen abschlSglich beschicken
werden.
, N. Scheint das Gesuch nicht ganz unerheblich; so müssen sowol der Ku
rator, als die nächsten Verwandten darüber mit ihren Erklärungen vernommen
werden. Sind die Verwandten
1) der Meinung, daß die vom Bittsteller beigebrachten Proben seiner Besserung für
hinreichend zu achten, die Prodigalitätserklärung daher zu widerrufen sci; und findet
s) das Vormundfchaftsgcricht auch für sich selbst kein Bedenken dabei; so kann
die Prodigalitätserklärung sofort wieder aufgehoben, und das Nöthige des
halb öffentlich bekannt gemacht werden. Hält jedoch
b) das vormundschaftliche Gericht dies für bedenklich; so muß es mit Ausfüh
rung der von den Verwandten beigebrachten Gründe, und der denselben ent
gegen stehenden Bedenken an die ihm unmittelbar vorgesetzte Behörde berich
ten, bei deren Vorbescheid««», es dann ebenfalls sein Bewenden hat.
2) Tragen die Verwandten auf Abweisung des Gesuchs an, und findet
s) das vormundschaftliche Gericht durch die von ihnen angeführten Gründe sich
bewogen, diefcm beizutreten; so wird hiernächst die Abweisungsverfügung
ausgefertigt, bei welcher es alsdann sein Bcwcnden hat. Will aber
Ii) das Vormundschaftsgericht gegen den von allen oder doch von einem Ver
wandten erklärten Widerspruch die Prodigalitätserklärung aufheben; so muß
es den bisherigen Pflegebefohlenen durch schriftliches Dekret autorisiren, sich
bei dem kompetenten ordentlichen Gericht zu melden, und dort im Wege der
Klage auf nähere Untersuchung anzutragen. — Dabei muß ihm entweder
sein ordentlicher Kurator, oder, wenn dieser seinem Gesuche selbst widerspräche,
ein besonders dazu bestellter Kurator beistehen. Der widersprechende Ver
wandte ist dabei als sein Gegner zu betrachten, und zwischen diesem unl>
dem Pflegebefohlenen die Sache zu verhandeln. Wird nun
g») im darauf erfolgenden Urtel aus Aufhebung der Prodigalitätserklärung,
gesprochen; so muß es dabei sein Bewenden haben, und findet dagegen,
kein Rechtsmittel statt.
KK) Wird aber Provokant mit seinem Gesuche abgewiesen; so ist dagegc»
die Appellation zulässig. Wird a) auf dicfe das erste Urtel bestätigt, so
muß eS dabei sein Bewenden haben. Wird cs aber b) zum Vorthcil
des Provokanten geändert; so kann Provokat das Rcchtsw'^cl der Re-.
Vision einlegen. — §. 35—44 a. a. O.

Zwölfter Abschnitt.
»on «oenmtthschastliche« Prsztssen.
Werfahrenl,, wenndcrzumVormundeBcstimmteAblchnungsgründe
geltend macht; so wie II., wenn Mehre um das Amt des
Vormundes streiten;
S. 322. gu den Fällen, in denen es bei Führung der Vormundschaften hin
sichtlich des Vormundes zu prezessualischen Verhandlungen und zum Erkenntniß oder
doch zu Resolutionen kommen kann, ist
I. zu zählen, wenn der zum Vormunde Bestimmte vor ober im Verpflichtung^
termin anzeigt, daß er aus Ursachen, durch die er gesetzlich von Uebernahme dieses
Amts befreit zu werden glaube, ') dies ablehnen müsse.
In solchem Falle muß der das Amt-Ablehnende durch einen Deputirten, und
falls er auswärts und entfernt wohnt, von einem requirirten oder beauftragten
Richter «der Kommissario über die Tyatsachen, worauf er sein Entschuldigungsge
such gründet, näher vernommen, und von ihm die sofortige Bescheinigung dieser
Thatsachen verlangt werden. Auf dies Protokoll muß das Kollegium unverzüglich
«ine mit Entscheidungsgründen zu versehende Resolution abfassen, darin festsetzen:
in miefern die Entschuldigung erheblich, und also Provokant von Ueber-
nahme der Bormundschaft zu entbinden, oder in wiesern er dazu, der
Einwendung ungeachtet, anzuhalten sei,
^ und diese Resolution dem Vormunde eröffnen.
Will Provokant bei derselben sich nicht beruhigen; so muß er spätestens in
drei Tagen nach Eröffnung dies zum Protokoll anzeigen, und das, was er zur
Unterstützung seines Gesuchs oder zur Widerlegung der ergangenen Resolution etwa
beizubringen hat, näher ausführen. Dann werden beide Verhandlungen demjenigen
Kollegio zugesendet, an welches vom Gericht, bei welchem der Vormund bestellt wer
den soll, die Appellationen in Prozeßsachen gehen. Besteht dies Kollegium aber zur
Hälfte oder grossentheils aus Mitgliedern, welche bei Abfassung der frühern Reso
lution mitgestimmt haben; so müssen die Akten dem für alle Fälle oder für, den
speziellen Fall substituirten Obergericht zugesendet werden. — Das Kollegium, wel
chem hiernach die Entscheidung auf den Rekurs des Provokanten zukommt, muß
die Sache in der nächsten Sitzung vornehmen, die Entschuldigungsursachen noch
mals genau prüfen, und entscheiden:
ob es bei der früheren Resolution zu belassen, oder dieselbe abzuändern sei?
Bei der darüber ebenfalls in Form einer Resolution abgefaßten Anordnung, die
dem Vormundschaftsgericht binnen 8 Tagen zuzustellen, muß es lediglich bewenden.
Werden die Entschuldigungsgründe verworfen, und ist durch den daraus in der
Bevormundung entstandenen Aufenthalt dem Pflegebefohlenen ein Schade entstanden ;
so muß der Weigernde denselben vergüten. Doch steht dem Vormunde, ohne daß
ihm jene Resolutionen entgegenstehen, zu, in dem hierauf gegen ihn angestrengten
Megreßprozesse näher auszuführen, daß seine angebrachten Entschuldigungsursachen
wirklich gegründet und erheblich gewesen sind. Erhält er in diesem Prozesse ein ob
siegendes Urtcl, so wird er nicht nur von der Vertretung frei, sondern er kann auch
auf Entlassung von der auf Grund .der vorläufigen Resolutionen übernommenen
Bormundschaft antragen. §. 1—10, Tit. 39, 1. A. G. O. — z. 204, II. 18 A. L. R.
II. Sind mehre Personen darüber: welcher von ihnen die Vormundschaft über
einen Pflegebefohlenen gebühre? streitig, und melden sich deshalb beim Vormund
schaftsgericht; so muß dieses sämmtliche zu einem nahen Termin vor einen Depu
tirten vorladen. Hier wird Jeder von ihnen über den Grund seines Verlangens

") Befreiung können verlangen Personen, welche daö 60. Lebensjahr zurückgelegt ha
ben; die Väter von 5 noch in ihrer väterlichen Gewalt oder Pflege besindlichen
Kindern; die, welche schon 2 mit wirklicher Vermögensverwaltung verknüpfte,
oder zwar nur eine, aber mit sehr vielen und wichtigen Geschäften verbundene
Vormundschaft haben; ordentliche Lehrer bei Schulen, Gymnasien, und Univers
sitaten, sowie Geistliche, mit deren Amt eine Seelsorge verknüpft ist, in sofern
die Pupillen nicht ihren Verwandten oder Amtsgenossen angehören; wirkliche
Militairs; Röthe an Kollegien; Dirigenten und Bürgermeister; Königl. Do-
maincnpächter und Beamte; Verwalter Königlicher oder andrer öffentl. nicht un
bedeutender Kassen tt. — §. 208, fg. U. 18 A. L. R.
481
und seines Vorzugsrechts ') vernommen, und bann vom Gericht durch Resolution
festgesetzt: welchem von ihnen die Vormundschaft aufzutragen sei.
Will ein abgewiesener Kompetent sich bei dieser Entscheidung nicht beruhigen;
so steht ihm dagegen der unter Nro. I. beschriebene Rekurs, bei welchem jedoch der
Vorgezogene gehört werden muß, zu. Inzwischen aber muß Letzterer als Interims«
kurator verpflichtet, und zu Besorgung der vormundschaftlichen Angelegenheiten an«
gewiesen, und zugelassen werden. — §. N, 12, I. 39 A. G. O.
M. wenn Vormünder des Amts entsetzt, «der IV. gegen dieselben
Defekte geltend gemacht werden sollen.
§. NS. III. Wenn ein Vormundschaftsgericht entweder selbst wahrnimmt, oder
ihm von glaubwürdigen Personen, besonders von Mit- oder Ehrenvormündern, Ver
wandten ic. angezeigt wird, daß ein unter seiner Aussicht stehender Vormund sich
eines unredlichen, oder doch nachlässigen, unachtsamen, und der Person, oder dem
Vermögen des Pflegebefohlenen zum Nachtheile gereichenden Betragens verdächtig
mache; so muß es zuförderst über de» Grund dieses Verdachts durch den Reben -
oder Ehrenvormund, oder, wenn solcher nicht vorhanden, durch einen Offizialanwalt
nähere Erkundigungen anstellen. Bestätigt sich dadurch der Verdacht; so muß eS
die den Vormund verdächtigenden Thatsachen nebst Beweismitteln in einem Schrift
satz zusammenstellen lassen. — In diesem kann der Name des Denunzianten, wenn
solcher nicht genannt sein will, übergangen werden, da die Richtigkeit seiner Angabe
schon vorläufig geprüft worden.
Der Schriftsatz wird dem verdächtigen Vormunde mitgetheilt, und derselbe zur
Erklärung und Verantwortung zu einem nahen Termin vor einen Deputirten vor
geladen. Im Termine, dessen Verlegung nicht statt findet, müssen ihm die ihn ver
dächtigenden Thatsachen und Umstände Punkt für Punkt vorgehalten, und er um
ständlich darüber befragt werden: wie er sie abzulehnen, und sich zu vertheidigen
gedenke. Hat Provokant seine fernere Zuziehung bei der Sache nicht abgelehnt; so
wird auch dieser über die Verantwortung des Vormundes gehört. Erklärt
1) der beschuldigte Vormund bei dieser Vernehmung, daß er die Vormundschaft nie
derlegen wolle; so bedarf es Seitens des Vormundschaftsgerichts keiner ferner«
Untersuchung. Diefes hat dann nur dafür zu sorgen, daß unverzüglich ein an
drer Vormund bestellt; der abgehende zur ungesäumten Abgabe der Schlußrech
nung und zur Ausantwortung des hinter ihm befindlichen Vermögens angehal
ten; bei dieser Gelegenheit die von ihm zu vertretenden Defekte ausgemittclt,
der Pflegebefohlene deshalb sicher gestellt, und demselben zu seiner Entschädigung
verholfen werde. Finden sich dabei Anzeigen einer vom Bormunde begangenen
Unredlichkeit und Untreue, die eine fiskalische oder Kriminaluntersuchung begrün
den würde; so muß das Vormundschaftsgericht beim kompetenten Richter die
Einleitung derselben beantragen.
2) Widerspricht aber der Vormund seiner Entlassung, und lü'ugnct die ihm gemach
ten Beschuldigungen ; so muß der Deputirte die abgeläugneten Thatsachen mög
lichst ins Licht zu fetzen bemüht sein. Doch findet dabei keine förmliche Beweis
aufnahme statt, sondern es ist nur von den im Termin zur Stelle gebrachten,
oder in der Nähe und ohne Zeitverlust zu erlangenden Mitteln zur Aufklärung
der Sache Gebrauch zu machen. Nach geschlossener Untersuchung müssen die
Akten dem Vormunoschaftsgcricht zur Abfassung einer Resolution vorgelegt, und
diese muß bald eröffnet werden. — Findet das Vormundschaftsgericht, daß durch
') Ein Vorzugsrecht bei Wahl des Vormundes haben die vom Erblasser im Testa
ment Ernannten; die Mutter, so lange sie Wittwe bleibt; Blutsverwandte der
Kinder und sunftgenossen. — z. 1?S, sg. IS «. «, R.
482
die vorläufige Untersuchung die den Bormund verdächtigenden Umstände nicht
hinlänglich zu seiner Rechtfertigung aufgeklärt worden; so müssen,
s) zur Abwendung alles besorglichen Nachtheils vom Pflegebefohleium, die nach
den Umständen möglichen und zweckmässigen Verfügungen, durch Ansehung
eines Nebcnvormundcs, abgeänderte Vertheiluug der Administration unter die
etwa schon bestellten mehren Vormünder, Eintragung oder Erhöhung der
Kaution, Erlaß von Inhibitionen an die Schuldner, Pächter oder Wirth«
schafter, und andre dergl. Vorsichtsmaßregeln getroffen werden, bei welchen
es in allen Fällen , blos mit Borbehalt der Beschwerde an die dem Vor
mundschafsgericht unmittelbar vorgesetzte Behörde, bewendet,
d) Hält aber das Vormundschaftsgericht die Maasregeln nicht für ausreichend,
sondern auch für nöthig oder zweckmässig, daß auf gänzliche Entlassung oder
gar auf Remotion des Vormundes gedrungen werde ; so muß es, ausser An
ordnung der Maasrcgeln zu », dann, wenn ss) die vorhandenen Anzeigen
auf vorsätzliche Untreue und Unredlichkeit folgern lassen, beim kompetenten
Gericht die Einleitung der fiskalischen oder Kriminaluntersuchung gegen den
Wormund veranlassen. Liegen dagegen bb) nur schuldbare Rachlässigkeit und
begangene grobe Versehen vor; so muß dem Pflegebefohlenen ein Kurator
zugeordnet werden, welcher mittelst Zivilklage auf Entfernung des Vormun
des anträgt. Dieser Zivilprozeß ist bei dem im Bezirke, wo die Vormund
schaft schwebt, mit Zivilgerichtsbarkeit versehenen Gerichte zu verhandeln und
zu entscheiden. Dabei kommen die Borschriften des ordentlichen Prozesses
zur Anwendung, und es sind die gewöhnlichen Rechtsmittel zulässig.
Sind die Mitglieder des Vormundschaftsgcrichts zugleich sämmtlich oder
doch zur Hälfte Mitglieder des Prozeßgerichts; so kommen wegen Abgabe
des Prozesses an das substituirte Gericht die Bestimmungen §. 34, Rro. 4
(S. 64 fg.) zur Anwendung. — K. 13—2S g. q. O.
IV. Wenn das vormundschaftliche Gericht bei der Administrationsrechnung')
«Ines Vormundes Ausstellungen und Erinnerungen zu machen hat; so muß es die
selben dem RechnungSlcger vor dem Abnahmctermin mittheilen; im Termine ftlblt
ihn mit seiner Beantwortung und Ausführung darüber vernehmen, und sodann durch
Resolution festfetzen:
welche Erinnerungen für erledigt zu achten sind, oder bei welchen dem
Vormunde eine Vertretung, und auf wie hoch, zur Last falle.
ZSeruhigt sich aber der Vormund dabei nicht, und erkennt er die gezogenen Defekte
nicht an; so muß entweder der Rebenvormund oder ein Verwandter, welcher von
der Sache Kenntniß hat, oder allenfalls ei» dem Pflegebefohlenen zu bestellender
Litiekurator vom Vormundschaftsgericht zur Einklagung der Defekte den erforderli
chen Auftrag und Information erhalten. Die Klage wird im ordentlichen Gerichts-

') Eine Anleitung zur Rechnungsführung für Vormünder ist vom Juftizminister
unterm 18. März 1843 crthcilt. I. M. B. 1843 S. 88 u. Beil. Im K> IS
derselbe» heißt es: Gegen die Rechnung des Vormundes dürfen nur folche Erin
nerungen aufgestellt und verfolgt werden, welche die Richtigkeit derselben, die
Vollständigkeit der Einnahme, wie der beigebrachten Beläge und die Zuläfsigkeit
der berechneten Ausgaben betreffen. Mängel in der Form können nur in sofern
Gegenstand der Erinnerungen werden, als aus der Rechnung die Ausgaben und
Einnahmen nicht deutlich zu übersehen sind; Jrrthümer in Verthcilung der Ein
nahmen und Ausgaben auf die einzelnen Interessenten, in so weit sich der Vor
mund dadurch nicht verantwortlich gemacht hat, und wenn durch die Bermögens-
übcrsicht ihre Ausgleichung erfolge» kann, bilden keine Erinnerungen , sind viel
mehr blos nachrichtlich in die Revifionsverhandlungen aufzunehmen, durch denn
Mittheilung sie zur Kenntniß des Vormundes kommen.
stände des Vormundes angeftcUt, und es kommen die für den Rcchnungsprozeß g«
gebenen Borschristen (Absch. 15) zur Anwendung. — K. 2S, 27 a. «. O.

Dreizehnter Abschnitt.
Verfahren in Grenz» und Bauprozessen.
5. Grenzsachcn. Aufnahme der Klage und Verfügung darauf.
8. 324. l. Jeder Besitzer eines Grundstücks kann,
1) wenn die Grenzen desselben verdunkelt') und ungewiß geworden sind, auf deren
Wiederherstellung und
2) wenn eine Verdunkelung dieser Grenzen zu besorgen ist, auf deren Erneuerung
bei Gericht antragen, und die Grenznachbarn vorladen lassen. Wollen die Nach
barn gütlich sich nicht dazu verstehen, oder ist eine Einigung über die Grenze
selbst nicht zu erlangen; so kann Ertrahent im prozessualischen Wege auf Wie
derherstellung oder Erneuerung der Grenze antragen. Eben so ist
Z) ein Klageantrag auf Wiederherstellung der Grenze dann gestattet, wenn eine
Grenzverrückung statt gehabt hat. -) — §. I, l. 42 A. G. O. — Z. 372, 383,
388, I. 17 A. L. R.
II. Eine auf Bestimmung oder Wiederherstellung einer streitigen oder zweifel
haften Grenze gerichtete Klage kann schriftlich eingereicht, oder zu Protokoll gege
ben werden.») Bei Aufnahme derselben ist t. hauptsächlich dahin zu sehen, daß Klü
ger die Gegend und Stellen, wo die Grenze streitig ist, und den Punkt, von wo,
und den, bis wohin Streit obwaltet, deutlich und bestimmt angebe;
2. daß er gleichergestalt den Grcnzzug, so wie ihn der Gegner verlangt, mit mög
lichster Deutlichkeit und Bestimmtheit beschreibe; und
3. die Mittel, wodurch er die Richtigkeit der von ihm angegebenen Grenze wahe
zu machen gedenkt,' gchön'g anzeige, auch, wenn sie in Urkunden bestehen, dieselben
vor allen Dingen herbeischafft. Besonders muß Kläger
4. angehalten werden, alle ihm bekannten, in den Dokumenten aufgeführten, oder
bisher gewöhnlich dafür angenommenen Grenzzeichcn anzuzeigen: ob erste« noch vor-
') Grenzen sind verdunkelt, wenn keine von beiden Thn'len dafür anerkannte, hin
längliche Merkmale vorhanden sind. §. 37S, I. 17 A. L. R. — Daraus also,
daß ein oder andrer Grenznachbar bei seinem Grundstücke die in altern Regi
stern oder Vermessungen angegebene Quantität nicht mehr zu haben angibt, folgt
noch keine Verdunkelung der Grenzen. — Z. 376 das,
l) Wer aus Eigennutz, und um seines Vortheils willen, Grenzsteine oder andre
zur Bestimmung der Privatgrenzen gesetzte Zeichen wegreißt, verrückt, oder sonst
verändert, der soll um den doppelten Betrag des dadurch gesuchten Vortheils
bestraft werden. §. 1403 Str. R. Ist daher die Grenzverrückung mittelst eines
solchen Vergehens veranlaßt; so erfolgt die Feststellung und Ermittelung der rich
tigen Grenze in der Regel im Wege der fiskalischen Untersuchung.
») Bei gutshcrrlich-bäuerlichen Regulirungen und Gemcinheitsthcilungcn gehören
Grenzstreitigkeiten, und zwar nicht blos unter den Interessenten der Auseinan
dersetzung, sondern auch derselben mit den Nachbarn, zur Kompetenz der Aus-
einandersetzungsbchördc (Gencralkommission und resp. Rcgicrungsabth.), in so
weit dies zur Feststellung des Gegenstandes der Auseinandersetzung erforderlich
ist. Auch auf Darstellung besserer Grenzzügc, sowol zwischen den Hauptparteicn,
als unter ihnen und andern bei dem Gegenstand der Auseinandersetzung selbst
nicht betheiligten Personen, können jene Behörden ihre Bernnttelung ausdehnen;
doch kann den unmittelbaren Thcilnchmcrn in dergl. Nebcngeschäften die Aus
einandersetzung wider ihren Willen nicht aufgedrungen werden. — §. 7, 8, V.
vom SO. Juni IM GS. S. SS.
484
Händen sind, oder nicht, anzugeben; und sich bestimmt zu erklären: welche von den
jenigen Grenzzeichen, die, so viel er weiß, der Gegner dafür angibt, von ihm für
bekannt angenommen, oder in Abrede gestellt werden. Weicht die Angabe des Klä
gers vom Inhalt der Urkunden ab; so muß
6. Kläger darauf aufmerksam gemacht werden: wie er die Abweichung rechtlich
zu vertheidigen, und die Wahrheit der behaupteten Thatsachen zu beweisen gedenke?
6. Sur Förderung der Deutlichkeit und Vermeidung aller Mißverhältnisse muß
in allen Verhandlungen bei Beschreibung und Bezeichnung der Grenze, ein und
eben derselbe Grenzpunkt unter derselben Benennung beibehalten, und dazu, wenn
der Grenzzug auf Dokumente gegründet wird, derjenige, welcher darin angegeben
wird, gewählt; hingegen blos alle Relativbenennungen und Bezeichnungen, welche ohne
Lokalbesichtigung ganz unverständlich sind, sorgfältig vermieden werden.
7. Ist die Grenze an mehren Stellen streitig; fo müssen diese verschiedenen Punkte
genau und sorgfältig gefondert, und so deutlich und bestimmt auseinander gesetzt
werden, daß in der Folge keine Verwechselungen, Dunkelheiten, Zweideutigkeiten oder
Lrrthümer entstehen. Endlich muß
8. der Klage jedesmal eine ungefähre Zeichnung der Gegend, worauf beiderlei
Grcnzzüge deutlich bemerkt sind, beigefügt werden. — z. 1—6. z. 22, I. 42. z. 9,
I. 41 A. G. O.
III. Kann der die Klage aufnehmende Deputirte sich aus den Angaben des
Klägers keinen klaren und vollständigen Begriff vom streitigen Grenzzuge machen;
so kann, wenn die Sache von Wichtigkeit ist, auf gebührende Anzeige, er selbst oder
ein auswärtiger Richter mit Aufnahme der Klage an Ort und Stelle beauf
tragt werden. — Z. 7, I. 42 a. a. O.
IV. Die Klage wird vom Gericht geprüft, und falls sie vollständig befunden
wird, die fernere Instruktion sofort auf Lokalkommission gerichtet. — Au
dem hiernächst vor einem Gerichtsmitgliede oder einem beauftragten auswärtigen
Richter anzusetzenden Lokaltermin wird nun
Z) der Beklagte unter abschriftlicher Mittheilung der Klage vorgeladen, und ihm
aufgegeben, daß er im Termin gehörig vorbereitet in Person oder durch einen
zulässigen Bevollmächtigten erscheine; und daß er, wenn noch vor dem Termin
eine richterliche Verfügung, es sei wegen Herbeischaffung einer Urkunde, wegen,
Vorladung gewisser nicht am Orte befindlicher Zeugen, oder sonst erforderlich
wäre, dem Gericht zeitig vor dem Termin zur weiteren Verfügung anzuzeigen
habe. Als Warnung wird beigefügt, daß beim Nichterscheinen Kontumazialer-
kenntniß folgt.
2) Kläger wird dazu unter der Warnung der Menweglegung ebenfalls vorgeladen.
3) In Fällen, wo das Objekt des Streits von einigem Umfange und Erheblichkeit
ist, muß dem Kommissario jedesmal ein zu dergleichen Geschäften ein für alle
Mal verpflichteter, oder zur gegenwärtigen Verhandlung besonders zu vereiden
der Feldmesser beigegeben werden. — Z. 8—12 a. a. O.
V. Das Gericht muß nach Möglichkeit, auch von Amtswcgen dafür sorgen,
daß alle etwa vorhandene Mittel zur Findung der Wahrheit noch vor dem Termin
herbeigeschafft werden, damit sie im Termin zur Hand sind, und kein Aufenthalt
lei Instruktion entsteht.
Sind daher die streitigen Grenzen weitläufig und von grossem Umfange, so
daß durch deren Aufnahme, wenn sie im Lokaltermin geschehen sollte, der Kommis
sion ohne Nutzen Zeitverlust und Auftnthalt entstände; so steht dem Gericht frei,
sofort nach Eingang der Klage und vor verfügter Lokalkommission unter deren Aus
setzung, die Vermessung zu veranlassen; und beiden Theilen aufzugeben, daß sie dem
48S
Feldmesser den Grenzzug, den jeder behauptet, nebst den vorgeblichen Grenzmalen,
gehörig anweisen sollen. »
In solchem Falle beginnt demnächst beim Lokaltermin der Kommissarius damit,
daß er den Parteien die aufgenommene Karte zur Erklärung vorlege, und wo noch
Zweifel und Erinnerungen dagegen vorkommen, dieselben mit Zuziehung des Felds
Messer« bei der Lokalbesichtigung prüfe und berichtige. — §. 11, 21 a. a. O.
VI. Betrifft der obwaltende Grenzstreit zugleich mit eine Landesgrenzez
so darf wegen Untersuchung und Regulirung der Sache, ohne Vorwissen und Mit
wirkung des Departements der A. Ang. Nichts vorgenommen werden. — 8. 33 a. a. O.
Verhandlung im Termin; Aufnahme der Karte; Regulirung des
Interimistikums, und Abschluß der Instruktion.
K. 325. I. Im Lokaltermin muß der Kommissarius
1) zuvörderst dem Kläger den in der Klage beschriebenen Grenzzug vorlegen, den
selben mit ihm nochmals durchgehen, und, wo es nöthig ist, berichtigen.
2) Dann muß er den Gegner besonders vornehmen; ihm den klägerischen
Grcnzzug, »ach der bei den Akten befindlichen ohngefähren Zeichnung, ebenfalls
vorlegen; ihm denselben Schrit für Schrit zergliedern; wo die Grenzlinie nach
seiner Behauptung anders gehen solle, ihn deutlich und bestimmt angeben lassen;
die Abweichungen im Protokoll genau bemerken; allenfalls eine zweite ohnge-
fähre Zeichnung des streitigen Grenzzuges, nach den Angaben des Beklagten,
fertigen lassen; solchergestalt den eigentlichen streitigen Ort näher bestimmen;
übrigens aber den Beklagten sowol mit seinen Einwendungen wider die Beweis
mittel des Klägers, als über die Beweismittel, die er selbst zur Unterstützung
des von ihm behaupteten Grenzzuges angeben könne, gehörig vernehmen.
I) Hiernächst muß er sich, mit Zuziehung beider Theile, der von ihnen etwa vor
geschlagenen Zeugen, und des Feldmessers auf die Grenze verfügen; dort gemäß
§. 157 (S. 249) den Augenschein einnehmen; sich die streitigen Stellen
und Grenzzeichen von den Parteien anweisen lassen; den ganzen Grenzzug jeder
Partei von Ort zu Ort, nebst den darauf angegebenen Grenzzeichen, deutlich
und umständlich ins Protokoll eintragen; die streitigen Hügel und Steine auf
graben lasse», und was darunter gefunden worden ist, sorgfältig anmerken; dm
Feldmesser zur Aufnahme der streitigen Gegend instruire»; beiden Theilen auf
geben, demselben bei der Vermessung und Aufnahme der von Jedem behaupteten
Grenzzüge, die von Jedem dafür ausgegebenen Grenzzeichen zur Eintragung in
die Karte, genau und bestimmt anzuweisen; die anwesenden Zeugen auf die
Streitörter und Grenzmahle aufmerksam machen; und demnächst nach dem In
halte des aufgenommenen Protokolls, die dabei gefundenen Abweichungen von
den ohngefähren Zeichnungen der Parteien genau bemerken, und allenfalls durch
einen von ihm selbst gefertigten Abriß noch mehr erläutern, damit er davon bei
Abhörung der Zeugen, oder sonst bei fernerer Instruktion der Sache, bevor die
Karte des Feldmessers cingekommen ist, Gebrauch machen könne.
4) Ist hierdurch der Streitort, und der eigentliche Grund der gegenseitigen Behaup
tungen bestimmt und richtig ausgcmittclt, und alle dabei vorkommenden That-
sachen gehörig auseinandergesetzt; so muß mit Regulirung des Sach- und Streit
standes, welche bei mehren Streitpunkten (Nro. 5) auf jeden der streitigen Oerter
oder Züge besonders zu richten ist, und mit Aufnahme des Beweises nach Vorschrift
Tit. 6, Z. 112—153 verfahren werden. Besonders muß bei Abhörung der
Zeugen mit vorzüglicher Aufmerksamkeit dahin gesehen werden, daß dieselben ihre
Aussagen deutlich, positiv, und so, daß sie keine blos individuellen, dem künftigen
Urtelsfasser unverständlichen Beziehungen enthalten, abgeben; auch nicht etwa
486
verschiedene Oerter von ähnlicher Lage oder Benennung mit einander verwech
seln. Wenn es nach den Umstanden möglich, und um mehre Deutlichkeit und
Zuverlässigkeit in die Aussagen der Zeugen zu bringen, erforderlich wäre, müssen
dieselben an Ort und Stelle sofort abgehört, und nachher nur ihre Vereidung
zu Hause nachgeholt werden.
6) Sind mehre Streitpunkte; so hat der Kommissarius bei Vernehmung der Par«
teien über jeden einzelnen Streitort ein besondres Protokoll aufzunehmen, und
jedem Protokoll die über den betreffenden Punkt sprechenden Beweismittel, als
Urkunden, Vermerk über den Augenschein, Zeugenvernehmungen, beizufügen.
Sind Zeugen über mehre Strcitorte zu vernehmen; so wird der Vermerk hin
sichtlich der Generalfragen und der Vereidung dem SpezialProtokoll über den
ersten Punkt ihrer Vernehmung, ihre Aussagen hinsichtlich der einzelnen Punkte
aber den Protokollen über diese einverleibt, und hier auf das erste Protokoll Be
zug genommen. Urkunden über mehre Punkte werden dem Protokoll über den
Punkt, wo sie zuerst nöthig sind, beigefügt, und in den andern Protokollen wird
darauf Bezug genommen. — Ausser den Spezialprvtokollen muß ein General
protokoll über Eröffnung der Kommission, Berichtigung des Legitimationspunk
tes, Sühne, und über den Fortgang des Geschäfts von einem Sag zum andern,
aufgenommen werden. ,
S> Der zugezogene Feldmesser muß die Grenze aufnehmen. Ist die Karte fertig, so
wird sie den Parteien zur Erklärung vorgelegt: ob die von ihnen gegenseitig an
gegebenen Grenzlinien, Mahle, oder Seichen darauf richtig bemerkt sind; oder
was sie deshalb, oder sonst bei der Karte etwa noch zu erinnern haben. Kom
men Erinnerungen vor; so wird die Karte an Ort und Stelle nochmals «vi-
dirt. Ueberhaupt muß eine Wiederholung der Okularinspektion so oft geschehen,
als es, um die Sache in ein vollkommen deutliches Licht zu setzen, nöthig ist.
Wird die Karte erst nach der Zeugenvernehmung fertig z so muß der Kommis
sarius, wenn die Zeugen bei ihren Aussagen Grenzzeichen, oder andre merkwür
dige auf der Karte noch nicht bemerkte Stellen angegeben haben, für deren
Nachtragung, so wie dafür sorgen, daß die Buchstaben, womit solche Punkte be
zeichnet sind, am Rande des Protokolls vermerkt werden.
7) Ueberhaupt muß der Kommissarius dahin sehen, daß die Bezeichnungen nach Zah
len oder Buchstaben überall unverändert bleiben, damit den Verirrungen, vor
gebeugt werde, welche leicht entstehen könne», wenn die vorläufigen Handzeich
nungen, und die etwa in mehrer Anzahl vorhandenen Karten in diesen Stücken
von einander abweichen. — Z. 13—18, 22, I. 42. §. 42, 43, l. 41 A. G. O.
II. Die Sühne muß unter den Parteien wiederholt, und auch am Schlüsse
der Kommission versucht werden. Schlägt der Versuch fehl; so müssen beide Theile
ernstlich angewiesen werden, bis zum erfolgenden Erkenntnisse Alles in dem, bei der
öokalkommission vorgefundenen Zustande zu lassen; sich im derzeitigen Besitzstände
nicht zu beunruhigen; sich gegenseitig alles Gebrauchs und aller Benutzung der Oer
ter, wo auch der neueste Besitz streitig geblieben ist, vor der Hand gänzlich zu ent
halten, und das Urtel, welches möglichst beschleunigt werden solle, ruhig abzuwarten.
Kann die Benutzung des Streitorts während des Prozesses füglich weder dem
einen Theile, noch beiden gemeinschaftlich überlassen werden; so muß Kommissarius
wegen der einstweilige» Benutzung desselben durch einen Dritten, mit Vorbehalt des
Rechts beider Theile, solche Verfügungen treffen, daß künftig dem obsiegenden Theile
die inzwischen erhobenen Rutzungen vergütet werden können. — §. 19, 2« 1. 42 A. G. O.
III. Deduktionen sind zulässig, Sie müssen entweder im Lokaltermin zu Pro
tokoll gegeben, oder in einer zu bewilligenden Präklusivfrist eingereicht werden. Nach
Eingang «der Präklusion muß unverzüglich Spruchyorlegung erfolgen. — §. 23 g. a. O.
487
Erkenntniß; Rechtsmittel und demnächstige Berichtigung der
erkannten Grenze,
ß. 326. I. Bei Abfassung des Erkenntnisses im Streit wegen Wiederherstellung
verdunkelter Grenzen muß
1) vorzüglich auf die vorhandenen Urkunden gesehen, und nach dem Inhalte dersel
ben beurtheilt werden: ob die von einem oder dem andern Theile angegebenen
Grenzzeichen dafür wirklich zu achten sind. Doch ist zur Erklärung oder Er
gänzung des Inhalts der Urkunden, ingleichen bei gänzlichem Mangel derselben
oder der darin angegebenen Grenzzeichen auch auf die Aussagen glaubwürdiger
Zeugen Rücksicht zu nehmen.
2) Sind die vormaligen richtigen Grenzen gar nicht auszumitteln gewesen; so muß
das streitige Stück unter die Grcnznachbarn gctheilt werden. Bei dieser Thei-
lung ist hauptsächlich auf das Berhältniß des bisherigen Besitzstandes der Par
teien Rücksicht zu nehmen. Ist auch kein dergleichen ruhiger Besitzstand vorhan
den; so muß durch eine grade Linie, von dem letzten bis zum nächstfolgenden
unstreitigen Grenzzeichcn, die Grenze berichtigt werden. — Ist jedoch ausgemit-
tclt, daß bei dem letzten unstreitigen Grenzzeichcn die Grenze von der graben
Linie abgegangen sei, und der eigentliche Punkt, bis wohin diese Abweichung sich
erstreckt hat, kann nicht mit rechtlicher Gewißheit bestimmt werden ; so wird das
streitige Stück zwischen den beiden Grenznachbarn gleich getheilt. — §. 377—
382, I. 17 A. L. R.
II. Gegen das erste Urtel, welches, wie jedes andre Urtel zugefertigt wird
(§. 183), ist bei Bcschwerdegegenständen im Werth von mehr als 50 Thlr. die
Appellation,') sonst derRekurs, zulässig. Dabei kommen die Borschriften Tit. 7,
Absch. 3 u, 4 zur Anwendung.
Wird zur Instruktion des Appellatorii eine neue Lokalkommisston erforderlich;
so muß dazu ein andrer Kommissarius, als der die erste Instanz instruirt hat, er
nannt werden.
Wenn eine Partei in zweiter Instanz behauptet, daß die in erster Instanz auf
genommene Karte unrichtig sei; so muß sie genau und bestimmt angeben: worin
diese Unrichtigkeit bestehen solle; und alsdann muß der neuen Kommission ein an
drer Feldmesser beigegeben, der vorige aber zugleich jedesmal zugezogen werden, da
mit er den neuen Feldmesser bei seiner Operation kcntrollire, die vorige Vermessung,
wo es nöthig, rechtfertige; wenn aber wirklich ein Verstoß vorgefallen wäre, der
selbe mit seiner Beistimmung auf der ersten Karte berichtigt werde. — §. 25—28, 1.
42 A. G. O. — Res. vom 1. Mai 1834. Jahrb. 43, S. S47.
III. Hinsichtlich der Revision und der Nichtigkeitsbeschwerde gelten
die Bestimmungen des achten Titels. — §. 29, I. 42 A. G. O.
IV. Wird Appellation eingewendet; so gilt das erste Urtel als Interi
mistikum, so, daß beide Theile, bis zum rechtskräftigen Austrage der Sache, sich
wegen der Benutzung des streitigen Flecks, und sonst überall nach den Festsetzungen
desselben zu achten schuldig sind. Bei sehr weitläufigen und an mehren Stellen strei
tig gewesenen Grenzen kann das Gericht einem Kommissario die Regulirung des
Jnterimistiz« auf Grund des ersten Uttels, auftragen.
Auch, wenn das Appcllationsurtel am erste» Erkenntnisse etwas ändert, bleibt
') Das Objekt der Grenzstrcitigkeite» läßt sich i» der Regel nach Geld abschätzen.
Es besteht
s) hauptsächlich in dem Werth derjenige« Fläche, welche zwischen dem streitigen
Grenzzuge liegt;
b) nebenbei im Werth der davon vielleicht gezogenen Nutzungen, und
c) in den Kosten der Wiederherstellung der allen Grenzen. . .. ,^
488
es nach Anbringung der Revision bei dem auf Grund des ersten Urtels regulirten
Jnterimistiko so lange, bis auch in dritter Instanz erkannt ist.
Steht aber der streitig gewesene Grenzzug rechtskräftig fest; so müssen Par
teien angewiesen werden, denselben durch gemeinschaftlich zu setzende Grenzsäulen,
Haufen oder Steine, dem ergangenen Urtel gemäß, unverzüglich zu reguliren. Ist
die Sache weitläufig und wichtig, oder können sie sich nicht einigen; so müssen sie
sich dazu eine anderweite gerichtliche Kommission erbitten, welche dann einen förm
lichen Grenzrezeß, mit deutlicher und umständlicher Beschreibung aller gesetzten
Mahle, und Seichen, auch mit genauer Bemerkung der Weite derselben von einander,
ausnehmen und vollziehen muß.
Der Richter muß dafür sorgen, daß die Grcnzberichtigung der Entscheidung ge
mäß wirklich erfolge, und, wie es geschehen, zu den Akten nachgewiesen werde. Sind
die Parteien darin säumig, so muß sie der Richter von Amtswegen dazu auffordern.
Lehnen sie aber diese gerichtliche Grenzberichtigung ausdrücklich ab; so muß der Rich
ter sich dabei beruhigen. — S. 25, 26, 29—31 a. a. O.
V. Die Kosten der nach dem Urtel vorzunehmenden Grenzberichtigung wer
den in der Regel von beiden Theilen zur Hälfte getragen. Nur, wenn die eine
Partei zu diesen sämmtlichen Kosten »crurtheilt ist, muß sie dieselben allein überneh
me. — §. 32 a. a. O.
II. Verfahren in schleunigen Bausachen.
§. 327. I. Hier ist nur von schleunigen, d. h. von solchen Bausachen -
die Rede, in denen es sich um einen schon wirklich angefangenen Bau
handelt, dessen Fortsetzung oder Kassirung von dem Ausfalle des
Prozesses abhängt. >) In andern Fallen, z. B. wenn noch vor angefangenem
Bau über die Befugniß dazu, oder die Art, denselben zu führen; oder wenn nach
Vollendung desselben über einen dem Nachbar daraus erwachsenden Nachtheil, und
die ihm desfalls gebührende Schadloshaltung z oder wenn zwischen dem Bauherrn
und Baumeister über Berechnung oder Bezahlung der Baukosten Streit entsteht; zc.
kommen nicht die hier folgenden, sondern lediglich die im Titel 5 bis 8 gegebenen
Vorschriften zur Anwendung. — z. 35, 42 I. 42 A. G. O.
II. Eine schleunige Bauklage muß, wenn Kläger sich zur Aufnahme bei
Gericht meldet, ^) unverzüglich von dem zu ernennenden Dcputirten aufgenommen
werden. Eben so schleunig muß die Verfügung auf die Klage erfolgen. Wird diese
zugelassen; so muß Beklagter noch auf denselben, spätestens auf den folgenden Tag
durch den Gcrichtsdiencr mündlich vor den Deputirten vorgeladen, von diesem mit
seiner Antwort gehört und sodann der Sach- und Streitstand mit den Parteien
regulirt werden. Hiernächst muß der Deputirte unter Zuziehung vereideter Sach
verständigen, den Augenschein einnehmen; von diesen, wo es zur Erläuterung der
Äache nothwcndig ist, einen ordentlichen Riß, sonst aber nur eine ohngefähre Zeich
nung, sowie ein umständliches Gutachten, zum Protokoll oder schriftlich einfordern;
die über die streitigen, und durch Augenschein nicht auszumittelnden Thatsachen etwa
vorhandenen Zeugen ordentlich abhören, und die Instruktion abschliessen.
Die Vorladung der Sachverständigen und Zeugen veranlaßt der Deputirte unmit-
1) Dies Verfahren findet auch Anwendung in Vorfluthsachen und namentlich auch
wegen des Wasserstaues bei Mühlen und Verschaffung der Vorfluth. §. 5
des Ges. vom 15. November 1811.
2) In Provinzen, wo Kreisjustizräthe fungiren, gehören dergl. Bausachcn vor die
selben; die Entscheidung darin bleibt dem Obergericht, wenn nicht beide Theile
auf die Entscheidung des Kreisjustizraths provoziren. — Z. 4 Nro. 4 V. vom
3«. November 1833 GS. S. 297. — Cab.-Ord. vom 18. Jan. 1834. Jahrb.
43, S. 14«.
489
tclbor, ohne Rückfrage beim Kollegio. Schriftliche Deduktionen sind nicht zulässig.
Die Spruchvorlegung muß sofort nach Abschluß der Instruktion erfolgen, und das
ErKnntniß alle Mal vorzüglich beschleunigt werden. — §. 34—37 a. a. O.
' III. Gegen das Urtel steht die Appellation mit voller Wirkung zu.
Sie muß jedoch innerhalb drei Tagen bei Verlust derselben angemeldet; sie
muß vom ersten Richter, wenn es auch der Unterrichtcr wäre, entweder sofort, oder
in einem, nach Beschaffenheit der Umstände, so nahe als möglich zu bestimmenden
Termine, mit Zuziehung des Appellaten, zum Protokoll instruirt, wenn dazu eine
nochmalige Lokalbesichtigung entweder von einer Partei beantragt, oder auch vom
Richter nöthig befunden würde, dieselbe einem andern Deputirten, und andern Sach
verständigen, als in erster Instanz waren, aufgetragen, und demnächst die ge
schlossenen Akten, ebenfalle ohne weitere Deduktionen, dem Appellationsrichter ein
gesendet werden.
Sind die in beiden Instanzen zugezogenen Sachverständigen über einerlei Ge
genstand verschiedener Meinung; so müssen sie gegen einander gestellt, und entweder
zum Einverständniß gebracht, oder wenigstens dahin, daß jeder von ihnen die Gründe
seiner Meinung, und die, warum er des Andern Meinung verwerfe, deutlich und
bestimmt angeben müsse, angehalten werden. — §. 38, 39 a. a. O.
IV. Der erkennende zweite Richter muß im vorstehenden Falle beiderlei Gut
achten gegen einander halten, und allenfalls, wenn es dabei auf wissenschaftliche
Grundsätze der angewandten Mathematik, und insonderheit der Baukunst ankommt,
noch von einem dritten Sachverständigen ein Gutachten über die eigentliche Streit
frage einfordern. — Z. 39 a. a. O.
V. Revision ist nicht zulässig. Die Nichtigkeitsbeschwerde, welche jedoch den
Bollzug des rechtskräftigen Urtels nicht aufhält, muß innerhalb 10 Tagen ange
bracht und binnen gleicher Frist- beantwortet werden. — Art. 14 Verlar, vom 6.
April 1839. — §. 3 Verord. vom 14. Decembcr 1833.

Vierzehnter Abschnitt.
Bom Verfahren in Pacht > und Miethsachen.
Anordnung dieses Abschnitts.
H. 328. Pacht und Miethe kann verschiedenartige Klagegründe zwischen den
Kontrahenten hervorrufen. In den meisten Fällen wird der desfalsigc Prozeß ledig
lich nach den Vorschriften der ersten 9 Titel verhandelt werden. Einige besondere
Bestimmungen kommen nur zur Anwendung:
1) bei Klagen eines Pächters auf Wiedereinsetzung in die ihm eigenmächtig entris
sene Pacht.') Pächter kann dann nemlich innerhalb sechs Monaten nach erfolg
ter Pachtentsetzung im Possessorienprozcß die Wiedereinsetzung verlangen, und
die Verhandlung und Entscheidung geschieht darin nach den Vorschriften des
sechsten Abschnitts (§. 30«, 301). Nach Verlauf der sechs Monate kann er aber
nur eine Schadensklage anstellen. — Z. 44, 45, l. 44 A. G. O.
2) bei Klagen auf Zahlung von Pachtsummen, wenn Pächter Kompensations- oder
Vemissionsforderungen entgegensetzt ;
A) bei klagen gegen einen der üblen Wirthschaft beschuldigten Pächter auf Räu
mung oder auf Veranlassung vorkehrender Maaßregeln z
") Die Kreisjustizröthe sind zur Verhandlung dieser Prozesse in gleicher Art, wie
hinsichtlich der Bauklagen, kompetent. — B, vom SO. November 1SZ3, §. 4,
490
4) bei Klagen auf Ruckgewöhr eines Guts wegen beendigter Pacht; und
5) bei Klagen auf Einräumung oder Berlassung von Miethsröumen. — Von dm
Prozessen zu 2 bis 4 wird in folgenden KZ. die Rede sein. — Z. 1, 2, 1. 44 A. G. O.
I. Verfahren bei Klagen auf Zahlung von Pachtgeldern, wenn Be
klagter Kompensations- oder Remifsionsforderungen entgegensetzt.
K. 329. Klagen auf Zahlung von Pachtgeldern bis zur Höhe von fünfzig
Thaler begründen den Bagatellprozeß, und die Verhandlung und das Erkenntniß.
erfolgen nach Tit. 6, Absch. 3.
Sind grössere Pachtsummen Gegenstand der Klage; so kann die Sache, wenn
das Sachverhältniß der Klage einfach ist, im summarischen, und im Großherzogthum
Posen im Verfahren der Verordn. vom 9. Febr. 1817, sonst muß sie aber im or
dentlichen Prozeß eingeleitet werden. Wird in jenem Falle die Sache hiernächft
wtitkü'ufig und verwickelt; so ist sie ebenfalls zum ordentlichen Prozeß zu verweisen.
Besonders verwickelt und weitläufig können solche Prozesse durch Kompensa
tions- und Remissionsansprüche des Pächters werden. Für solche Fälle nun gelten,
theils zu Gunsten des Verpächters, damit er nicht durch, vielleicht nur anscheinend
erhebliche, aber an sich grundlose Forderungen des Pächters in Verlegenheit komme,
theils zur grösseren Uebcrsichtlichkeit und zmeckmässigeren Bearbeitung der Wache,
nachstehende besondere Vorschriften:
I. Die Instruktion der Sache selbst muß an Ort und Stelle erfolgen,
wenn durch Zusammenhaltuug der Klage und der Klagebeantwortung sich ergibt,
daß eine Lokalkommission erforderlich ist, namentlich, wenn sich abnehmen läßt, daß
es bei der Sache auf Lokalumstände, auf Besichtigung, und überhaupt auf solche
Beweismittel ankommen werde, welche an Ort und Stelle zur Hand und in der
Nähe befindlich sind. Wegen Ernennung des Kommissarii, Beiordnung etwa no-
thiger Sachverständigen u. f. w., gelten die für den ordentlichen Prozeß in dieser
Hinsicht gegebenen Vorschriften. Wegen Separation der Protokolle bei mehren nicht
durchaus konnexen Punkten gilt das Z. 325, I. 5 Gesagte. — 3—7, I. 44 A.
G. O. — Res. vom 9. Mörz 1839 I. M. B. S. 114.
II. Ist aus Klage und Klagebeantwortung zu entnehmen, daß der Pächter
der an sich liquiden Forderung des Verpächters solche Kompensationsansprü'che ent
gegengesetzt, welche eine weitläufige Erörterung und Beweisaufnahme voraussetzen
lassen; so muß das Gericht zugleich bei Veranlassung der weitern Instruktion')
4) einen nahen Termin zur Anlegung eines vorläufigen Liquidi vor dem Deputirten
der Sache anberaume«. Dieser Termin kann auf einseitiges Gesuch des Päch
ters nicht verlegt werden.
2) Im Termin muß der Deputirte mit den Parteien oder deren Vertretern, und
gegen einen Ausgebliebenen in oonlumscigin sowol die Forderungen des Ver
pächters, als die Gegenforderungen des Pächters, Punkt für Punkt durchgehen,
und bei einem jeden derselben auseinandersetzen : ob und wie viel dabei vorläufig,
und interimistisch als liquid anzunehmen, oder was zur näheren Erörterung zu
verweisen sei?
3) Als liquid soll das angenommen werden, was entweder auf bereits abgege
benen Geständnissen der Parteien beruht; oder durch schriftliche, mit keinem
sichtbaren Mangel behaftete Beweismittel bescheinigt ist. Wenn bei irgend einem
Punkte zwar fo viel klar wäre, daß dem Liquidanten desfalls eine Forderung
zustehe, die Ausmittelung des eigentlichen Betrags aber noch einer näheren Er«
^ In Prozessen zwischen Erbverpöchter und Erbrachter kommen diese Beftimmun-
^ gen nicht zur Anwendung. — Res. vom 4. Juli 1S2S. Gr äff, Koch ,c, lll.
S> 966, > ., ,
491
ortcrling bedürfe j so muß der Jnstruent die Parteien öber ein dabei vorläufig,
mit Vorbehalt ihres Rechts, anzunehmenden Mittelquantum zu vereinbaren su
chen; oder, wenn dies nicht zu erreichen stünde, zu dessen vorläufigen ungefähren
Bestimmung die nöthigcn Data aus den gegenseitigen Angaben der Parteien,
und durch sorgfältige Kombinirung der übrigen obwaltenden Umstände, einzusam
meln bemüht sein.
4) Im Termin muß auch die Sühne versucht werden, damit der Prozeß, wo
möglich, durch Vergleich beseitigt werde.
6) Ist ein Vergleich nicht zu Stande gekommen; so muß auf das gemäß 2—4 auf
genommene Protokoll in nächster Sitzung auf Vortrag des Dezernenten, und
nach Erwägung der einzelnen Punkte das Liquidum durch vorläufige
Resolution festgesetzt werden.
6) Gegen diese Resolution findet kein Rechtsmittel statt; sondern sie hat die
Kraft eines Jntcrimistizi, welches so lange gilt, bis das erste Urtel ergeht. Der
Verpächter > ) kann also das, was ihm hiernach zukommt, vom Pächter auch wäh
rend des Prozesses, und vor erfolgendem Haupturtel fordern, und allenfalls auf
dessen erekutivische Beitreibung dringen. — Doch macht dergl. interimistisches
Liquidum der Hauptsache kein Präjudiz; sondern bei Instruktion dieser Letztern
müssen die bei der vorläufigen Berechnung als liquid angenommenen Punkte,
gleich den übrigen, mit zur Erörterung gezogen, und zum förmlichen Definitiv-
erkenntnisse eingeleitet werden. — Z. 16—23, I. 44 A. G. O.
III. Werden vom Pächter dem erhobenen Ansprüche des Verpächters Remis
sionsforderungen, sei cS wegen angeblicher Gewährsmängel, 2) „der wegen
erlittener Unglücksfälle entgegengesetzt, und Verpächter stellt sowol den Grund der
Befugniß zu einer solchen Rcmissionsforderung, als den liquidirten Betrag in Ab
rede; so fragt es sich:
j) ob der vorgegebene Remissionsfall von der Art sei, daß dessen Untersuchung
schleunig erfolgen muß, weil sonst die Möglichkeit zur Feststellung der eigent
lichen Beschaffenheit desselben verloren ginge, wie z. B. bei Hagelschaden. Liegt
ein solcher Fall vor; so muß die Untersuchung auf das Anmelden des Pächters,
und auf dessen Kosten, sofort und weil das Gctraide noch auf dem Halm steht,
verfügt werden. Dem Verpächter wird von dieser Verfügung und dem anste
henden Termine Nachricht gegeben, um selbigen beizuwohnen, und seine Nothdurft
dabei zu beobachten. Erscheint er nicht, so behält die Untersuchung dennoch ihren
Fortgang. Der Kommissarius muß dabei den Vorfall, worauf Pächter die Rc
missionsforderung gründen will, und dessen Umstände so genau und richtig, als
es nach der Natur und Lage der Sache möglich ist, in« Licht setzen; den Au
genschein vorschriftsmässig einnehmen; wenn es auf Abschätzung eines entstande
nen Schadens, z. B. der verhagelten Aussaat, des versandeten Wiesewachses u. s. w.
ankommt, dabei unparteiische Sachverständige zuziehen, dieselben an Ort und
Stelle führen; sich von Allem genau informircn lassen, und sodann ihre Angaben,
> unter der Bedeutung, daß sie sie erforderlichen Falls eidlich würden bestärken müs
sen, vollständig und getreu in sein Protokoll vermerken.

1) Sollte Pächter darnach eine Mehrforderung haben, so steht ihm aus der Resc-
lution keine Exekution zu. Denn das Liquidum wird nur zu Gunsten des Ver
pächters beschlossen. ^
») Wenn der Pächter die ihm im z. 623, I. 21 A. «. R. zur Pflicht gemachte
Anzeige eines entdeckten Gcwährsmangcls dem Verpächter nicht im Lauft des
Pachtjahrs leistet, so hat die Nichtbefolgung dieses Gebots nicht den Verlust des
Rechts auf Entschädigung für den Pächter zur unmittelbaren Folge. — Pl.-Besch.
. des Geh. Sb.-Tr. vom ZS. Mm ItM L. M. B. S. ISS.
Die Absicht dieser vorläufigen Untersuchung ist jedoch keineswegs eine ordent
liche Instruktion der Sache und der Remissionsforderung selbst zum Erkenntnisse,
sondern blos eine vorläufige und nachrichtliche Ausmittelung von der Lage der
Sache, ob z. B. die ganze Aussaat, oder der wie vielste Thcil derselben durch
den Hagelschlag getroffen worden. Es wird also auch auf diese Untersuchung
weiter Nichts verfügt, sondern sie dient blos dazu, daß, wenn in der Folge die
Remissionsforderung selbst zur Sprache kommt, bei Instruktion der Hauptsache
sowol, mittelst Kombinirung dieser Nachrichten, und der Ausdruschregister, Zeu
genaussagen, oder andrer Beweismittel, als bei der nach II. etwa erforderlichen
Festsetzung eines interimistischen Liquid! von den dadurch ausgemittelten Umstän
den und Nachrichten, so weit als nöthig, Gebrauch gemacht werden könne.
2) Waltet jedoch bei der Untersuchung der geforderten Remission keine Gefahr
ob; so muß s) wenn die Untersuchung der Existenz des Remissionsfalles mit der
Untersuchung des geforderten Remissionsbetrages in einer solchen Verbindung
steht, daß eine von der andern nicht füglich getrennt werden kann, >) die Unter
suchung zugleich darauf mitgcrichtet werden : wie viel die Remissionssumme betrage?
d) Ist dagegen die Untersuchung der Frage: ob Pächter überhaupt einen Nach
laß zu fordern berechtigt sei? von der Ausmittelung des Betrages ganz unab
hängig; so muß unterschieden werden:
«) ob über den Grund der Remissionsforderung selbst, oder wegen anderer zu
gleich mit diesem Punkte im Prozesse vorkommenden Forderungen ohnehin
eine Lokalkommission veranlaßt werden müßte, oder nicht? — Ist jenes der
Fall, so muß der Regel nach bei dieser Kommission zugleich der Betrag des
Remissionsanspruchs mit untersucht werden. Wenn also z.'B. darüber ge
stritten wird: ob Verpächter schuldig sei, einen durch Viehsterben entstande
nen Schaden zu vergüten; so muß, wenn ohnehin eine Lokalkommission ver
ordnet ist, bei dieser zugleich ausgemittelt werden: wie viel Häupter, zu wel-
, cher Zeit, und an was für Krankheiten sie gefallen sind, und wie viel also
der Schade des Pächters wirklich betrage? Doch kann in einem Falle, wenn
die Befugniß de« Pächters, Remission zu fordern, an und für sich sehr zwei
felhaft ist, die Ausmittelung der Remissionssumme aber mit beträchtlichen
Weitläufigkeiten und Kosten verbunden sein würde, der Richter selbst dann,
wenn auch wegen andrer Punkte eine Lokalkommission verordnet wird, den
noch nach wohlerwogenem Ermessen festsetzen, daß dieselbe auf Ausmittelung
des Remissionsbetrages nicht mit gerichtet, diese vielmehr bis zur rechtskräf
tigen Entscheidung über die Präjudizialfrage: ob ein Rcmifsionsfall vorhan
den? ausgesetzt werde. 2)
/?) Kann die ganze Sache, und auch die Frage: ob ein Remissionsfall überhaupt
vorliege? an ordentlicher Gerichtsstelle, ohne Lokalkommission, erörtert und
entschieden werden; so muß die Untersuchung des Remissionsbetrages, welche
an Ort und Stelle erfolgen müßte, jedesmal ausgefetzt werden, bis jene Frage
rechtskräftig entschieden ist. Nur, wenn beide Theile in einem solchen Falle
i) Z. B. wenn zwar klar ist, daß dem Pächter wegen erlittenen Viehsterbens Re
mission gebühre, Verpächter aber läugnet, daß so viel Häupter gefallen wären,
als nach den Festsetzungen des Kontrakts erforderlich sind, um ihn am Nachlasse
an der Pacht zu verpflichten. — Z. 30 a. a. O.
») Z. B. Pächter fordert wegen zu wenig gewährter Aussaat Remission. Verpäch
ter stellt in Abrede, daß er ihm überhaupt wegen Aussaat Gewähr zu leisten
schuldig; und die Ausmittelung des an der Aussaat fehlenden Betrages kann
ohne Vermessung eines ganzen Feldes nicht geschehen. Dann muß vor Allem
die Vertretungsverbindlichkeit erörtert, und darüber, allenfalls durch alle In
stanzen, erkannt werden, ehe mit Vermessung zu verfahren ist. — §. SS a. g. O.
493
darüber mit einander einlg sind, daß die Untersuchung des Grundes und des
Betrages der Forderung zugleich vorgenommen werde; muß diesem ihrem An
trage gemäß verfahren werden. — §. 26—34 a. a. O.
IV. Nach geschlossener Instruktion können schriftliche Rechtsaus füh-
rungen dann gestattet werden, wenn das Gericht nach Beschaffenheit der Umstände,
der Wichtigkeit der Sache, und der dabei etwa vorkommenden Rechtsfragen derglei
chen nöthig findet. — Z. 8 a. a. O.
V. Bei Abfassung de« Erkenntnisses muß
1) wenn bei der Sache mehre Punkte, z. B. mehre Kompensanda des Pächters, vor
kommen, zwar gemäß §. 171, II. 6 bei jedem Punkte die Entscheidung beson-
sonders festgesetzt, zuletzt aber nach geschehener Aburtelung aller einzelnen Posten
der Saldo, wie viel nemlich nach diesen speziellen Entscheidungen ein Theil dem
Andern auszuzahlen, oder gut zu schreiben habe, allenfalls mit Zuziehung eines
Kalkulators, berechnet und ausgedrückt werden.
2) Ist bei Remissionsforderungen zugleich der Betrag des Anspruchs mit untersucht
(III); so muß auch über diesen, wenigstens für den eventuellen Fall, mit er
kannt werden. Weist also auch der Richter erster Instanz den Pächter mit der
geforderten Remission überhaupt ab; so muß er dennoch zugleich erkennen: auf '
wie hoch sie bei Abänderung des Urtels in fernerer Instanz zu bestimmen sei,
da sonst der fernere Richter, falls er den Remissionsgrund anerkennt, über den
Betrag nicht entscheiden könnte.
Findet Verpächter sich über den eventuel erkannten Betrag beschwert; so
muß er die Appellation anmelden, und die Unterstützungsgründe seiner Appella
tion anzeigen. Die Verhandlung über diese Appellation bleibt jedoch ausgesetzt.
Erst, wenn der Appellat.-Richter in Betreff des Remissionsgrundes zu Gunsten
des Pächters erkennen will, ordnet er vorerst durch Resolut diese Verhandlung
an, und erkennt dann über beide Punkte. — §. 9 u. 35 a. a. O.
VI. Gegen die ergehenden Erkenntnisse finden die gewöhnlichen Rechts
mittel statt. Doch gilt das erste Urtel als Interimistikum, trit also im Falle Nro. II.
an die Stelle der bei Beginn der Instruktion abgefaßten Resolution, dergestalt, daß
Pächter sich nicht entbrechen kann, das darin festgesetzte Liquidum während des Prozes
ses, mit Vorbehalt seines Rechts, zu bezahlen. Mehr kann aber auch Verpächter
vor rechtskräftiger Entscheidung nicht verlangen. — Wird im zweiten Urtel das erste
Erkenntnis) geändert; so bleibt bei eingewendeter Revision die Sache in der Lage,
in welcher sie sich zur Zeit des publizirten Appellat.-Urtels befand. Die gegen den
Pächter aus dem ersten Urtel verhängte Exekution bleibt daher entweder ganz, oder
doch in Ansehung des abgeänderten Theils bis zum Revisionscrkenntnisse ausgesetzt. —
Z. 11, 12 a. a. O.

II. Verfahren bei Prozessen auf Exmission des Pächters wegen,


schlechter Wirthschaft oder auf sich erstellende Maasregeln.
§. 33«. Bei Prozessen, in denen Verpächter den Pächter einer üblen Wirth
schaft beschuldigt, und deshalb auf feine Exmission, oder auf gewisse andre zu seiner
Sicherstellung abzielende Verfügungen anträgt, ist ein kürzeres und schleunigeres
Verfahren erforderlich. Demnach muß,
1) wenn Kläger zur Aufnahme der Klage sich auf dem Gericht meldet, diese sofort
durch einen Deputirten aufgenommen werden.
2) Zu deren Begründung gehört die umständliche Angabe der Thatsachen, wodurch
Pächter sich eines unwirthschaftlichen Betragens schuldig gemacht, so wie der
Beweismittel darüber. Sind dieselben zur Hand, so müssen sie der Klage bei
gelegt «erden. . . .. .'
32
S) Wirb beim Vortrage im Kollegio die Klage begründet, und werden namentlich
die angeführten Thatsachen zur Unterstützung des Klageantrags geeignet gefun
den; so muß alsbald eine Lokalkommission verordnet, der Termin dazu so nahe
als möglich, anberaumt, der Pächter unter Mittheilung der Klage dazu vorge
laden , und jedesmal bei der Untersuchung ein erfahrener und zuverlässiger Oeko-
nomieverständiger zugezogen werden.
4) Im Termin selbst, dessen Verlegung auf einseitiges Gesuch des Beklagten nie
mals zulässig, muß die Kommission den Pächter zuförderft Punkt für Punkt
über alle und jede gegen ihn angebrachten Beschuldigungen, und namentlich dar
über, was er davon zugestehe oder läugne, und was er sonst zu seiner Skchtferti-
gung dagegen anzuführen habe, umständlich hören; dann beide Theile zusam
menstellen; den Sach- und Streitftand reguliren; die streitig bleibenden Tat
sachen durch Okularinspektion, und eidliche Vernehmung der Zeugen ins Licht setzen;
am Schlüsse der Instruktion vom Oekonomieverständigen ein pflichtmässiges mit
Gründen unterstütztes Gutachten über den Wirthschaftsbetrieb des Pächters , be
sonders rücksichtlich der Rubriken, wobei ihm Unwirtbschaft und Deterioration
zur Last gelegt worden ist, abgeben lassen, und dann die Akten ohne weitere
Verhandlung sofort zum Spruch befördern.
5) Das gegen die ergehende Entscheidung zustehende Rechtsmittel der Appellation
hat in allen Fällen, es mag auf Exmission erkannt sein, «der nicht, volle Wir
kung, d. h. Suspensiveffekt. Das Verfahren in den ferneren Instanzen muß je
doch vorzüglich beschleunigt werden.
Auf Antrag des Verpächters muß aber zugleich vom Gerichte, wenn das erste
Urtel auf gänzliche Exmission des Pächters lautet. Alles das verfügt werden,
was nur irgend dazu dienen kann, denselben interimistisch sicher zu stellen, ohne
doch zugleich den Beklagten der Pacht und Wirtschaft gänzlich zu entsetze».') —
Sind dergleichen Sicherungsmittel nach der besondern Lage der Umstände nicht
möglich, und ist voraus zu sehen, daß die Instruktion und Aburtelung des Ap-
pellatorii einen solchen Zeitraum erfordern werde, daß innerhalb desselben dem
Verpächter ein unwiderbringlicher Rachtheil erwachsen könnte; so muß der Rich
ter, der Appellation ungeachtet, mit Exmission des Pächters, verfahren, zugleich
aber eine gerichtliche Administration des Gutes oder Grundstücks von Amtswc-
gen anordnen.
6) Revision ist nur zulässig, wenn entweder Kläger gänzlich abgewiesen, oder auf
völlige Exmission des Beklagten erkannt ist, und hinsichtlich des eine revisible
Summe erreichenden Bcschwerdeobjekts zwei verschiedene Erkenntnisse vorliegen. —
z. 37—43 Anh. §. 299, I. 44 A. G. O. — Circ.-Verf. vom 19. Deebr. 179S
u. Res. vom 28. Januar 1802. Rabe 5, S. «77. Bd. 7, S. 23. — §. 2
W. vom 14. Deebr. 1833.
M. Verfahren Lei Prozessen, die bei Gelegenheit der Rückgewähr
eines Guts nach abgelaufener Pachtzeit entstehen.
g. 331. l. Einige besondere Bestimmungen geltm
in den Fällen, wenn bei Pachtungen von Landgütern einer oder
beide Theile darauf antragen, daß die Rückgewähr des Guts ge
richtlich geschehe. Auf einen solchen Antrag muß das Gericht
2) einen Kommissarius zur Bewirkung der gerichtlichen Rückgewähr ernennen, und
ihm einen aus den approbirten Oekonomiekommissarie» oder Kreisverordneten zu
wählenden Oekonomieverständigen beigeben, mit dessen Zuziehung die Uebergs.be

') s. B. Bestellung eines Aufsehers, Verpflichtung der Wirthschasttbeamten ». tgl.


4S5
zu leiten, und nach dessen Rath und Gutachten bei der Aufnahme der Taxe und
Erörterung der dabei ankommenden Streitigkeiten zu verfahren ist.
Nur bei der Uebergabe von Bauergütcrn, auch solcher Rittergüter und Vor
werke, bei welchen nur ein unbedeutendes Jnventarium übergeben wird, kann die
Zuziehung des Ockonomieverständigen unterbleiben, wenn sämmtlichc Interessen
ten ausdrücklich erklären, daß sie die Zuziehung desselben nicht für nöthig halten.
2) Zur Beurthcilung der Oekonomieverständigen gehören bei dem Uebergabegeschäft
die Gegenstände, welche ohne landwirthschaftliche Kenntnisse nicht entschieden
werden können. Bei der Abschätzung der Jnvcntarienstücke hat daher derselbe
die Vorfragen aufzustellen, wovon die gewöhnlichen Taranten sich keine Rechen
schaft geben, und welche auch dem mit dem landwirthschaftlichen Betriebe nicht
vertrauten Richter leicht entgehen, z. B. ob die Taxe nach den momentan gel
tenden Preisen, welche unter besonderen Umständen den gewöhnlichen Preis oft
bedeutend übersteigen, oder nach den gemein gewöhnlichen oder gewissen Durch
schnittspreisen anzulegen, oder ob sonst nach Inhalt der bestehenden Kontrakte
gewisse Modifikationen aufzufassen, oder anzubringen sind; es ist ferner von dem
selben bestimmt anzugeben, nach welchen Voraussetzungen in den oben benannten
Beziehungen bei der Taxe zu verfahre» sei, damit die Interessenten und der
Richter Gelegenheit erhalten, Jrrthümer dabei wahrzunehmen, und zu berichti
gen; auch sind von demselben die Taranten zu kontrolliren , dieselben auf des
merkcnswerthe, von ihnen etwa übersehene Gegenstände aufmerksam zu machen,
und wenn sie in ihren Angaben erheblich von einander abweichen sollten, so ist
von dem Ockonomieverständigen der Grund dieser Verschiedenheit zu erforschen,
und eine Vereinigung darüber zu »ersuchen. Sind neue Ackcrinstrumente oder
neue Biehraccn zu taxire«, von deren Werth die Taranten keine richtige Kennt-
niß haben, so hat der Ockonomicverständige darauf aufmerksam zu machen, daß
deren Werth auf andre Art ermittelt werde.
Z) Die nach Nro. 1 ernannte Kommission muß vor Allem ein vollständiges Rückge-
währsinventarium aufnehmen, und selbigen eine von vereideten Sachverständigen,
Rübri? für Rubrik, unter ihrer Direktion gefertigte Taxe beifügen. Bei Ab
schätzung wird nach den mit dem Oekonomieverständigen darüber festgestellten
Grundsätzen, welche jedesmal in dem aufzunehmenden Protokolle vollständig zu
vermerken sind, verfahren.
4) Bei Wahl der Taxatoren sind zunächst die etwa darüber vorhandenen kontrakt
lichen Bestimmungen zu beachten. Fehlen solche, «der eine Einigung unter den
Parteien; so ist mit Berücksichtigung der Vorschrift Z. SS der Kreislandrath um
Ernennung der zu dem Geschäfte erforderlichen Taxanten zu requiriren. Die
Krcislandräthe haben zu diesem Geschäfte diejenigen Landwirthe zu wählen, welche
durch ihre Kenntnisse und Rechtlichkeit sich vorzüglich dazu eignen, oder welche
als Sachverständige zu solchen Geschäften bereits ein für alle Mal vereidet sind.')
6) Was die Zahl der zuzuziehenden Taratoren betrifft; so muß dieselbe, im Man
gel einer Einigung, nach den Umständen und Erfordernissen der verschiedenen
vorkommenden Fälle bestimmt werden. Bei Inbegriffen mehrer ungleichartiger
Sachen müssen zu jeder Art derselben besondre, mit der nöthigcn SachKnntniß
versehene, Taxatoren gebraucht werden. In Fällen, wo die Bestimmung des
Werths nicht sowol auf festen und sichern, aus Vermessungen, Rechnungen, Zeu
genaussagen zc., Maaß, Gewicht u. s. w. zu entnehmenden Datis, als vielmehr

*) Die Taxatoren dürfen ohne gerichtliche Festsetzung niemals ihre Gebühren und
Auslagen unmittelbar von den Parteien oder deren Bevollmächtigten fordern«
m 16. Juni 1S52.
SS«
496
auf einem nach dem Augenscheine, besonderer Kunsttenntniß, Kunstgefühle it. sich
bestimmenden Arbitrio beruhet, sind wenigstens drei Taxatoren erforderlich, die
entweder über den anzunehmenden Werth sich vereinigen oder gewärtigen müs
sen, daß aus den verschiedenen zusammen zu rechnenden Angaben der Werth,
nach einem Durchschnitte, festgesetzt wird.
Auch auf die Ortsüblichkeit ist deshalb zu rücksichtigen.
In allen Fallen ist die Zuziehung auch nur Eines vereideten Taxators hin
reichend, wenn die Kosten der Zuziehung mehrer mit dem wahrscheinlichen Werthe
des Gegenstandes in keinem Verhältniß stehen möchten.
Zur Abschätzung besonderer Instrumente, neuer Viehracen oder andrer Ge
genstände, von deren Werth die Landwirthe nicht gewöhnliche Kenntnisse haben,
find andre Sachverständige, welche zu dergleichen Geschäften besonders ausgebil
det sind, zuzuziehn, und wenn die Parteien sich über deren Wahl nicht einigen
können, so ist die Generalkommission um deren Ernennung zu requiriren.
ö) Bei Vernehmung der Taxatoren über den Werth der abzuschätzenden Gegenstände
wird nach 8. 134 fg. und bei Bereidung nach Z. 129, III. Z. 150 fg. verfah
ren. — Die Parteien oder deren Beistände haben jedoch die abzuschätzenden Ge
genstände den Taxanten vorzuzeigen; auch ist ihnen zu gestatten, diese auf die
Umstände aufmerksam zu machen, welche auf die Bestimmung des Werths der
Sache Einfluß haben können.
7) Die aufgenommenen Taxen sind sofort den Parteien zur Erklärung vorzulegen.
Erheben sie Einwendungen dagegen, so sind dieselben ausführlich zu Protokoll
zu nehmen, und die Taxanten zur Erklärung darüber aufzufordern. Verbleiben
diese bei ihren Angaben, oder berichtigen sie die Taxe nicht zur Zufriedenheit
sämmtlicher Interessenten, und findet auch unter diesen eine Vereinigung nicht
statt; so>muß die Kommission die streitig gebliebenen Punkte aus dem Ueberga-
beprotokoll ausziehen, jeden derselben besonders erörtern, die Parteien darüber
hören, den Streitstand unter ihnen reguliren, die vorhandenen Beweismittel auf
nehmen, und jeden Punkt, so weit dies zur leichteren Uebersicht und zur Ver
meidung von Verwirrungen erforderlich ist, in einem besondern Protokolle zum
Desinitiverkenntnisse instruiren.
Einigen sich bei diesem Verfahren die Interessenten über die Aufnahme einer
neuen Taxe durch andre Sachverständige; so ist eine solche sofort zu verfügen.
Wird aber der Aufnahme einer solchen neuen Taxe von einem der Interes
senten widersprochen; so ist die Frage über die ZulMgkeit derselben: ob dieselbe
noch vor der Regulirung des Streitstandes zu verfügen, und welche Wirkung der
neuen Taxe beizulegen, wie in andern Prozessen, vom Richter zu entscheiden.
ö) Das nach Vorstehendem aufgenommene Inventar muß alsdann mit dem, bei
Uebergabe an den Pächter errichteten, durch die Kommission verglichen, und bei
jeder Rubrik das Mehr oder Weniger festgesetzt werden. Ist kein solches Ge
währsinventar errichtet worden; so müssen die erforderlichen Data hierzu, sowie
die Umstände zur Zeit der Uebergabe beschaffen gewesen, und wie es die für einen
solchen Fall gegebenen gesetzlichen Vorschriften (Z. 614 fg. I. 21 A. L. R.) mit
sich bringen, durch Vernehmung der Parteien, und Vereinbarung derselben dar
über, durch Abhörung der Zeugen und Sachverständigen, und durch Anwendung
der sonst etwa vorhandenen Beweismittel in möglichstes Licht gesetzt, und als
dann muß obgedachte Vergleichung vorgenommen werden.
S) Die von einem oder dem andern Theile angegebenen Verbesserungen oder Ver
schlechterungen müssen gleichergestalt untersucht und ausgemittelt werden: worin
die Forderung des Provokanten eigentlich bestehe, und was für Einwendungen
Provvkat ihr entgegensetze,? — Entsteht bei Weliorgtions- oder DeteriorationSs
49V
forderungen Streit sowok über die Berechtigung zum Anspruch selbst, als üb«
dessen Höhe; so kommen bei Verhandlung darüber die Vorschriften §> 329, III.
zur Anwendung.
10) Bei allen streitigen Punkten muß die Kommission die Sühne ernstlich «ersuchen,
und sich alle Mühe geben, die Parteien über das ganze Rückgewährsgeschäft,
und alle daraus entspringenden wechselseitigen Forderungen mit Vorhaltung der
darüber vorhandenen gesetzlichen Vorschriften (Z. 601 fg. I. 21 A. L. R.) gütlich
auseinanderzusetzen.
11) Schlägt der Sühneversuch fehl; so muß mit Ausziehung der einzelnen Streits
punkte, Erörterung derselben, Entwurf des Streitstandes, Aufnahme des Beweis
scs und Abschluß, in besondern Protokollen, gemäß der Vorschrift unter Nro. 7,
verfahren werden. Beim Schluß der Sache muß auch vom Oekonomieverstän-
digen über die streitig gebliebenen Punkte das Gutachten erfordert, und nach
Maasgabe der Bestimmung §. 129, I. entweder zu Protokoll erklärt oder schrifts
lich eingereicht werden. — §. 46—54, I. 44 A. G. O. — §. 6, II. 6 das. —
Jnstr. vom 16. Juni 1832. Jahrb. 40, S. 186 v. K. Ann. 16, S. 91.
V. Verweigert Pächter, von welchem der Verpächter wegen Abs
laufs der Pachtzeit >) Rückgewähr verlangt, diese
1) au« dem Grunde, weil ihm seiner Behauptung nach ein Zurückbehält
tungsrecht zusteht; so muß, bei der alsdann eintretenden Behandlung des
Streits als Arrestsache, 2) über die Zulässigkeit des Retentionsrechts jedesmal
ein besondere« Verfahren eröffnet, und darüber nach Vorschrift Z. 296, I. besons
dcrS erkannt werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung dieses Punktes in
den zulässigen beiden Instanzen ^) kann die Exmission des Pächter« nicht erfolgen.
2) Geschieht die Weigerung aus andern Ursachen,^) als wegen behaupteten
Zurückbehaltungsrechts, und wird Pächter hierauf in erster Instanz zur Räus
mung verurtheilt; so kann dies Urtel, der vom Pächter dagegen ergriffenen Ap«
pellation ungeachtet, zur Abwendung der dem Verpächter bevorstehenden Gefahr
im Verzuge, vollstreckt werden. — Z. 55 und Anh. §. 300 u. 301, 1. 44 A. G. O.
O. Will Verpächter dem Pächter seine in das Gut gebrachten Effekten
und Habseligkeiten zurückhalten;^) so bedarf es,
1) wenn der Fall sich vor geschehener Rückgewähr mit Sachen und Stücken,
die zurLandwirth schaft g e h ö r e n, ereignet, darüber keines Prozesses. Denn
der Pächter darf in keinem Falle vor beendigter Rückgewähr Jnventarienstücke
unter dem Vorwande, daß sie zum Superinventario gehören, vom Gute weg«
schaffen; und er kann zur Belassung derselben auf dem Gute oder zur Wieders
herbeischaffung durch Strafbefehle angehalten werden.
2) Will hingegen der Verpächter vor dem Erfolge der Rückgewähr auf Habses
ligkeiten des Pächters, die nicht zur Wirthschaft gehören, dasRücks
behaltungsrecht ausüben; so enthält der Antrag einen Arrestschlag, und es ist
dabei nach Vorschrift des 5ten Abschnitts (Z. 283 fg.) zu verfahren. Kommt
1) Gleich viel, ob die ausdrücklich bestimmte Pachtzeit abgelaufen, oder die Pacht
wegen nicht gezahlten Pachtgeldes der kontraktlich gestellten Bedingung gemäß
zu Ende sei. — Res. vom 29. März 1802. Rabe 7, S. 128. — Res.
vom 25. Febr. 1S37 u. 7. Juli 183«. Jahrb. 49, S. 197. 52, S. 191.
2) Es werden daher, wenn das Rückbehaltungsrecht begründet sein soll, die Erfors
dernisse eines Arrestes vorhanden sein müssen. — Of. K. 541, I. 2V A. L. R.
») Revision ist demnach nicht zulässig in Betreff dieses Retentionsrechts. — Res.
vom 5. März 1821. Jahrb. 17, S. 41. ^
«) S. B. unter dem Einwände der nicht gehörigen Kündigung, oder der stattgefuns
denen Prolongation.
«) D. h. sein Pfandrecht daran geltend machen.
3) das vom Verpächter .behauptete Zurückbehaltungsrecht erA be^i der Rückge^
währ zur Sprache; soniuß dasselbe von der nach ^, Nro. 1 angeordneten Kom
mission unter Einem mit erörtert werden; und wenn die Kommission die ge
schlossenen Akten einsendet, so muß daß Gericht durch eine vorläufige Resolution
bestimmen:
«b und auf was für Stücke dieses Zurückbehaltungsrecht bis zum Er
kenntnisse, durch welches der Grund desselben näher bestimmt wird, statt
finden solle. — §. 5S—53, l. 44 A. G. O. §. 606, I. 21 A. L. R.
II. Im vebrigen kommen in dergleichen Prozessen, so wie überhaupt
bei Streitigkeiten, welche nach bereits geschehener Rückgewähr hinsichtlich
des zu gering, oder zu viel, oder zu werthvoll zurückgewährten Inventars oder über
Meliorationen oder Deteriorationcn u. s. w. entstehen, die in den ersten 9 Titeln
enthaltenen Prozeßvorschriften zur Anwendung. — §. 46, 47, I. 44 A. G. O.
IV. Verfahren bei Klagen auf Einräumung oder Berlassung
von Miethsräumen.
Z. 332. Prozesse, welche zwischen dem Miether und Vermiether rücksichtlich
des Miethsverhöltnisses entstehen, werden in derjenigen Prozeßform verhan
delt, zu welcher sich die Sache mit Rücksicht auf den Prozeßgegenstand eignet; also
bei Gegenständen bis 50 Thlr. im Bagatellprozeß; bei grösseren Gegenständen
im Großherzogthum Posen nach dem Verfahren des Ges. vom 9. Februar
4317, in den andern Provinzen im summarischen Prozeß, und nur bei ver-
wickelteren Sachen im ordentlichen Prozeß.') In nachstehenden Fällen sind
jedoch folgende besondere Bestimmungen zu berücksichtigen:
L) Berührt der Streit zugleich die Frage:
in wiefern der Vermiether sich eines Rückbehaltungsrechts auf die einge
brachten Mobilien des Micthers anmassen könne?
so kommen die Vorschriften von Arresten (Abschn. ö) zur Anwendung. !) — Ueber-
haupt darf keinem Miether von den eingebrachten Effekten ein Mehres zurück
behalten werden, als zur Bezahlung der schuldigen Miethe nöthig ist. Entsteht
s) Streit über den Werth der Mobilien; so ist ohne prozessualisches Verfahren
eine Taxe aufzunehmen, und darnach festzusetzen, welche Effekten dem Ver
miether zur Sicherheit zu belassen.
I?) Künstlern und Handwerkern dürfen, in sofern sie and« Mobilien besitzen,
keine zur Ausübung ihrer Kunst oder ihres Handwerks erforderlichen Werk
zeuge und Sachen vorenthalten werden,
c) Auch wenn andre Mobilien nicht da sind, müssen die Gerichte sich bemühen,
den Vermiether in Güte dahin zu bringen, daß er dem Micther so viel au
Handwerkszeug lasse, als ihm zum Erwerb des nöthigen Lebensunterhalts
unentbehrlich ist.
2) Wird über die Einräumung oder Verlassung einer Wohnung, und über die Be-
fugniß zur Aufkündigung derselben gestritten, und steht der Räumungster
min so nahe bevor, daß Gefahr im Verzuge ist; so müssen
s) die Termine sehr nahe, und namentlich der Klagebeantwortuvgö- und Jn-
struktionstermin, wo möglich, auf den nächsten Gerichtstag angesetzt, und
1) In Provinzen, wo Kreisjustizräthe angestellt sind, gehört zu deren Kompetenz
die Verhandlung und Entscheidung in solchen Miethssachen, in welchen über die
Räumung einer Wohnung und über die Befuqniß zum Aufkündigen gelitten
wird. — §. 4, Nro. 4 o. Verordn. vom 30. November 1833 GS. S 293.
?) Das Prozcßobjekt wird in solch« Retentionssachcn dann, wenn die zurückbehal
tene Sache geringer ist, als die Forderung, nach jener, sonst nach dieser berech
net. — Res. vom 6. Juli 1832. Jahrb. 39, S. S«S.
b) Prorogationen nur wegen solcher EHehasten bewilligt werden, welche Extra-
hent sofort bescheinigt, und von denen erhellt, daß sie ihm ohne alles sein
Verschulden die gehörige Abwartung des Termins unmöglich machen; ferner sind
c) die vorgeschlagenen Zeugen, wenn sie zur Stelle gebracht sind, sogleich zu ve»
nehmen, sonst durch den Gcrichtsboten mündlich vorzuladen;
g) Deduktionsfristen niemals zuzulassen, und
e) die Erkenntnisse schleunigst abzufassen.
t) Die Appellation hat nur Devolutiveffekt. >) Es muß also, während derselbe»
mit der erkannten Im- oder Exmission verfahren; folglich die Instruktion
und das Erkenntniß in zweiter Instanz hauptsachlich auf die Auömittelung
und Feststellung des dem einen oder dem andern Theile daraus erwachsende»
Interesse gerichtet werden.
g) Auch Restitutionsgesuchc können die Bollstreckung des KontumazialerkenntnisseS
in schleunigen Miethssachen nicht aufhalten. Der Restitutionssucher muß
vielmehr sein etwaniges Interesse entweder im Wege der Appellation, oder
wenn er dies nicht will, in einem besondern Prozesse ausführen. 2)
K) Wird die mit Rücksicht auf §. 222 zulässige Revision eingewendet, und da?
erste Erkenntniß ist bereits vollstreckt; so muß es dabei bis zur rechtskräftig
gen Entscheidung verbleiben, und nur, wie im Falle unter s, über das zu
leistende Interesse zugleich mit erkannt werden. — Z. S9—64 u. Anh. §. 302
—304, I. 44 A. G. O. — Z. 5, 16 I. 26 das. — 9. 1 des Ges. vom 9.
Februar 1S17. — §. 6, Nro. S Vererb, vom 1. Juni 1SSS.

Fünfzehnter Abschnitt.
»on St«chnu«gss«chen.
!. Wenn der Streit nur die Pflicht zur Skechnungsle-gung, oder iie
Frist, für welche die Rechnung zu legen, oder ein« Zögerung bei
deren Legung betrifft.
§. 333. Betrifft ein Rechnungsprozeß
1) die Schuldigkeit, Rechnung zu legen, überhaupt; ober
2) den Termin, von oder bis zu welchem die Rechnung gelegt werden solle;
so sind diese Punkte Präjudizialfragen, welche nothwendig erst erörtert und eirk
schieden sein müssen, ehe von Abnahme der Rechnung und den Ausstellungen da«
gegen die Rede sein kann. Die Verhandlung dieser Präjudizialfragen erfolgt
dann, wenn die ganze Rechnung nur einen Gegenstand von 50 Thlr. oder we«
Niger beträgt, tm Bagatell-, sonst im ordentlichen Prozeß (Tit. 6, Absch. 5).
<iegt der Fall unter 2 vor; so kann jedoch in der Zwischenzeit, während der
Verhandlung über jene Präjudizialfrage mit der Rcchnungsabnahme für den
.>) Die Appellation setzt jedesmal appcllable Beschwerdesummc voraus. Bei Berech
nung derselben, inglcichen für die Revision, wird auf den Betrag der Miethe für die
Zeit, auf welche der MicthSvertrag nach der Behauptung des einen oder andern
Theils noch dauern soll, und in Fällen, wo eine solche Behauptung nicht aufge
stellt ist, auf den einjährigen Miethsbetrag Rücksicht genommen. Dagegen dient
bei Bestimmung der Kostenkolonne der einjährige Miethsbetrag, und wenn der
Prozeß einen kürzeren Seitraum der Miethe betrifft, der Micthsbctrag für diese»
zum Maasstab. — Ls. Res. vom 1. Dccbr. 1830 u. vom 5. Aug. IM. Jahrb.
36, S. 314. Bd. 4«, S. 225.
!) Hiernach ist in schleunigen Mitthsprozesse» Restitution nicht gestattet.
soo
Zeitraum, über welchen kein Streit obwaltet, «erfahren, und die Sache über die
dabei vorkommenden Erinnerungen in erster Instanz nach Vorschrift z. 334 bis
zum Spruch instruirt werden. Die Abfassung des Urtels bleibt jedoch dann bis
zur rechtskräftigen Entscheidung der Borfrage ausgesetzt.
I) Wird über Zögerungen eines Rechnungslegers, der seine Verbindlichkeit an
sich nicht ablü'ugnet, geklagt; so findet kein eigentlicher Prozeß statt; sondern der
Richter muß, nach vorhergegangener Vernehmung desselben, eine Frist zur Ab
gabe der Rechnung bestimmen, und wenn diese nicht inne gehalten wird, den
Rechnungsreger zu seiner Schuldigkeit durch Exekution anhalten. — §. 1—4,
I. 45 A. G. O.
Vom eigentlichen Rechnungsprozesse.
Z. 334. Entsteht über eine dem Rechnungsnehmer bereits abgelieferte und von
diesem nicht burchgehends für richtig angenommene Rechnung Streit; so findet
I. in dem Falle, wenn einer oder beide Theile die gerichtliche Ab
nahme der ganzen Rechnung verlangen,') nachstehendes Verfahren statt:
X. Zum Zweck der Rechnungsabnahme muß
1) entweder Rechnungsleger die Rechnung nebst Belögen sogleich dem Gericht über
geben, oder, wenn sie schon in den Händen des Rechnungsnehmers sich befindet,
dieser sie einreichen, und zugleich Rechnungsleger zur Einreichung der Beläge
> angehalten werden.
2) Sobald die Rechnung sammt den Belägen bei den Akten ist, wird sie dem Kal
kulator zur kalkulatorischen Prüfung vorgelegt, und zugleich Termin zur gewöhn
lichen Abnahme anberaumt.
3) Im Termin wird die Rechnung Post für Post mit Zuziehung beider Theile
durchgegangen, mit den Belägen verglichen , und der Rechnungsnehmer bei jeder
Post befragt: ob er diefelbe für bekannt annehme, oder ob und was er dabei
zu erinnern finde?
Eine ganz bestimmte Anbringung von Erinnerungen ist hier noch nicht er
forderlich, sondern es ist hinreichend, wenn Rechnungsnehmer nur so viel be
stimmt anzeigt: gegen welche Posten er sich die Beibringung von Erinnerungen
vorbehalte.
Dagegen muß er sich über die vorgezeigten Beläge wenigstens in so weit be
stimmt erklären: ob er sie für das, wofür sie ausgegeben worden sind, anerkenne;
«der ob und was er gegen ihre äussere Form und Richtigkeit einzuwenden habe.
4) Schon bei dieser Gelegenheit muß der Gerichtsdeputirte sich alle Mühe geben,
über die vom Rechnungsnehmer angefochtenen Posten, wenigstens über die min
der wichtigen, die Parteien zu vereinigen. Dem Gericht steht deshalb frei, wenn
Parteien nicht an der Gerichtsstelle, wol aber an einem dritten Orte persönlich
zusammengebracht werden können, schon die Rechnungsabnahme selbst zur Lokal
kommission zu verweisen. «
L) Ist solchergestalt die Rechnungsabnahme vollendet; so müssen aus dem Protokolle
die von der einen und der andern Seite ganz unwidersprochen gebliebenen Aus
gabe- oder Einnahmeposten, allenfalls durch einen Kalkulator, herausgezogen,
dieselben gegeneinander balanzirt, und so ein vorläufiges Liquidum 2) angelegt werden.
i) Ein Verwalter fremden Guts ist dann, wenn der Prinzipal mit Abnahme der
Rechnung säumig ist, die gerichtliche Abnahme auf Kosten des säumigen Prinzi
pals zu verlangen befugt. — z. 143, 144, I. 14 A. L. R.
>) Daß auf Grund dieses Liquidi Exekution verfügt werden könne, ist gesetzlich nicht
ausgesprochen, und die Unzulässigkeit derselben muß deshalb angenommen werden.
Dies nimmt auch an, das Kammerg. im Ber. vom 20. Aug. 1S12j das Res.
501
5) Zugleich aber muß dem Rechnungsnehmer eine nach den Umständen zu bestim
mende Frist gesetzt werden, binnen welcher er die vorbehaltenen besonderen Erin
nerungen über die einzelnen Posten zu Protokoll erklären oder schriftlich einrei
chen muß. — Au diesem Vchufe können ihm die bei Abnahme vorgekommenen
Beläge nach einem von ihm zu unterschreibenden genauen Verzeichnisse mit der
Weisung, sie mit den Erinnerungen zugleich zurückzugeben, verabfolgt werden.
Sind jedoch darunter solche Beläge befindlich, gegen deren äussere Form und
Richtigkeit er nach Nro. 3 Ausstellungen gemacht hat; so können ihm solche auf
Verlangen, nur abschriftlich mitgetheilt, und die Originale müssen in gerichtli
cher Verwahrung bleiben. — K. ö—14, I. 45 A. G. O.
L. Kommen Erinnerungen gegen die Rechnung ein; so müssen sie
vom Dezernenten sorgfältig geprüft werden: ob sie deutlich und bestimmt genug ab
gefaßt, und ob wegen der zusammenhängenden Angabe der dabei vorkommenden That»
fachen, und der darüber beizubringenden Beweismittel die allgemeinen Prozeßvor-
schriflen gehörig beobachtet sind. — Findet sich dabei Nichts mehr zu erinnern;')
so wird die Sache zur weiteren Verhandlung und Entscheidung einge
leitet. Demgemäß wird
1) unter Mittheilung der Erinnerungen an den Rechnungsleger, als Defektsten, ein
Termin zur deren Beantwortung und zur weitern Instruktion der Sache ent
weder an ordentlicher Gerichtsstelle, oder auswärts vor einem Kommissario, falls
dies (wie in der Regel bei Wirtyschaftsrechnungen) nothwendig erscheint, anbe
raumt; auch, wenn es nach Beschaffenheit der Umstände (z. B. bei Bau-, Wirth-
schafts- oder Kaufmannsrechnungen) erforderlich, ein Sachverständiger zugezogen.
2) Die Instruktion erfolgt nach Absch. 5 Tit. 6. Wird die Sache an Ort und
Stelle verhandelt; so nimmt der Kommissarius den Beweis ohne Rückfrage beim
Kollegio auf.
3) Am Schlüsse der Instruktion, und bei Gelegenheit des Versuchs der Sühne muß
der Deputirte, allenfalls mit Zuziehung eines Kalkulators, aus den verhandelten
SpezialProtokollen ausziehen: über welche Posten die Parteien nunmehr einig
sind, und wie viel dieselben betragen; ingleichen, über welche es eines richterli
chen Erkenntnisses noch bedürfe.
4) Rechtsausführungen finden in der Regel nicht statt. Nur, wenn bei einer oder
der andern besondcrn Erinnerung in der Instruktion wirklich zweifelhafte Rechts
fragen vorgekommen sind, kann Dcduktionsfrist bewilligt, und den Rcchtsbeistän-
den, wenn sie namentlich bei der Lokalverhandlung nicht gegenwärtig waren, die
Einsicht oder Verabfolgung der Akten zu diesem Bchufe bewilligt werden.
6) Bei Abfassung des Erkenntnisses ist wegen des am Ende desselben auszudrücken
den Liquidi die Vorschrift des Z. 329, V. Nro. 1. zu beobachten.
6) In Betreff der Aulössigkeit der Rechtsmittel und des Verfahrens in den ferne
ren Instanzen kommen die Bestimmungen Tit. 7 und 8 zur Anwendung.
7) Posten, in Betreff deren niemals Streit war, «der hinsichtlich deren das erste
Erkenntniß rechtskräftig geworden, sind des, bei andern Posten eingewendeten
Rechtsmittels ohngeachtet, der Exekution unterworfen. Doch muß bei Bestim
mung eines solchen, der Appellation ohngeachtet, zu bezahlenden Liquidi nicht
Klos auf die einzelnen Posten, sondern nur auf den ganzen Saldo Rücksicht ge
nommen werden, welcher sich ergibt, wenn die unstreitig feststehenden Einnahme-
«om 8. August 1825 (Gr äff, Koch zc. III. 97S fg.) und Grävel (Komm.
S. 564). Dagegen spricht das Res. vom 26. Januar 1824 (Gräff, Koch ,c.
III. S. 981) die Aulössigkeit aus.
') Mängel in der Hinsicht müssen daher vor Einleitung des Verfahrens vorerst be
seitigt werden.
5«2
und Ausgabepofte» gegen einander balanzirt werben. Auch ist auf solche, ins
Appellatorimn gediehene Posten, durch welche, wenn ein abänderndes Urtel er
folgte, der Saldo zum Bortheil des Appellanten sich vermindern würde, gehö
rig Bedacht zu nehmen. — K. 15—24 a. a. O. — g. 39, 44, 45, 1. 41 A. G. O.
L. Die eidliche Bestärkung der Rechnung soll in den Fallen, wo Rechnungsleger
gesetzlich dazu verpflichtet ist, nicht gleich im ersten Anfange der Rechnungsabnahme
verlangt; sondern sie soll bis zum Schlüsse derselben, und bis nach erfolgter Er
örterung der einzelnen Punkte und Erinnerungen ausgesetzt werden. Es wird also
erst im Urtel darauf erkannt, die Eidesform darin festgesetzt; wenn ausserdem noch
über einzelne Punkte Eide zu schwören sind, dieselben diesem Haupteide mit beige
fügt; und mit der wirklichen Abnahme vom Rechnungsleger, der Regel nach, erst
alsdann verfahren, wenn über die einzelnen Punkte rechtskräftige Urtel vorhanden
sind, und der Rechnungsnehmer oder Defektant auch dann noch darauf besteht. —
z. SS, I. 45 A. G. O.
II. Wird nicht grade gerichtliche Abnahme der ganzen Rechnung verlangt; sind
Vielmehr Parteien nur wegen einzelner Punkte oder Posten streitig; so muß Rech
nungsnehmer die Rechnung nebst seinen nach Nro. I. L eingerichteten Erinnerungen
dem Gericht übergeben, worauf sodann nach Borschrift L. und L. weiter verfahre»
wird. — K. 26 a. a. O.

Sechszehnter Abschnitt.
Bon Vrvsonberungen und Auseinandersetzungen.
l. Erbschaftliche Prozesse und zwar
1. über das Erbrecht und über die Erbquote;
g. 335. I. Die Nachlaßregulirung an sich ist kein Prozeß. Dieselbe braucht
nicht grade gerichtlich zu geschehen. Zur gerichtlichen Bornahme gehört vielmehr
der Antrag eines oder mehrer Interessenten. Bevor sie jedoch erfolgen kann, muß
ftstftelM:
wer Erbe sei? und zu welchem Antheile Jeder erbe?
Können mehre Interessenten über diese Borfragen sich nicht gütlich einigen; so muß
darüber durch Erkenntniß entschieden werden. Die Prozesse über beide Borfragen
können entweder vor dem erbschaftlichen Richter, oder vor dem ordentlichen persön
lichen Richter des Provokaten angestrengt werden. Bei Verhandlung und Entschei
dung kommen die Vorschriften der ersten 9 Titel zur Anwendung. Dabei ist nur
folgendes Besondre zu bemerken:
1) Wird über eine dieser beiden Vorfragen gestritten; ') so steht wahrend des Streits
den Parteien frei, diejenigen Verfügungen, welche die Gesetze an die Hand ge
ben, zur Abwendung aller Verdunkelung oder Verbringung des streitigen Nach
lasses, oder zur Sicherstellung feiner eventuellen Ansprüche, beim Richter beson
ders nachzusuchen.
2) Ist das Erbrecht selbst nicht bestritten, jedoch nur eine geringere Erbquote, als
verlangt wird, von den übrigen Erbinteressenten zugestanden; so kann Provo
kant antragen, daß, während der Verhandlung dieser Vorfrage, die Erbsonde-
') Der Streit über die Frage: ob der Hinterbliebene Ehegatte nach dem Erbvertrage
abzufinden sei, oder nach dem Gesetz zu erben habe? betrifft die Bestimmung der
Erbquote, also eine Vorfrage. — Res. vom 16. August 1S4« I. M. B. S. LSS.
503
rung angelegt, und das ihm aus der Erbschaft Gebührende auf beide Falle, nein,
lich, wenn er die verlangte höhere Quote erstreiten, oder wenn eS nur bei der
geringeren, vom Gegner nachgegebenen verbleiben sollte, gehörig ausgemittelt werde.
Ueber beide Anträge zu 1 und 2 muß jedoch, von der Hauptsache abgesondert,
in besonderen Akten verhandelt werden.
Z) Wird einem Erbschaftsprätendenten sein Erbrecht überhaupt, und zugleich al
lenfalls die angesprochene Quote bestritten; so müssen in der Regel beide Punkte
zugleich instruirt und entschieden werden. Wenn jedoch der Streit über das Erb
recht selbst auf einer blosse« Rechtsfrage beruht, und dagegen die Ausmittelung
der Erbquote eine weitläufige Ausmittelung von Thatsachen erfordert; so kann
der Richter beide Punkte von einander absondern, und die Instruktion wegen der
Quote so lange aussetzen, bis über das streitige Erbrecht selbst rechtskräftig er«
kannt ist. — Z. 1—6, 8, 9, I. 36 A. G. O. — S. 125, I. 2 a. a. O. —
Res. vom 2Z. Februar 17S5, Gr äff, Koch «. III. S. 983. — Res. vom 1.
Februar 1833. Jahrb. 41, S. 215. — Ll. auch oben Z. 32.
II. Wenn Erben, deren Recht nicht bezweifelt wird, riber den Besitzer der
Erbschaft sich beschweren, daß er ihnen die zur Ausmittelung ihres Antheils erfor
derlichen Rachrichten vorenthaltez so bedarf es darüber keines förmlichen Prozesse« z
sondern dem Besitzer der Erbschaft wird aufgegeben, binnen einer nach den Umstän
den zu bestimmenden Frist das Inventar und seine Administrationsrechnung vorzu
legen. Hält er die Frist nicht ein, so muß er auf ferneres Andringen der unstreiti
gen Erben zu seiner Schuldigkeit durch Exekution > ) angehalten werden. Ist auch
die Exekution fruchtlos, so steht den Erben frei, ihr Interesse zu liqmdiren, und
sich zum Würdigungseide zu erbieten, wonächft gemäß z. 259 verfahren wird. —
§. 7, I. 46 A. G. v.
2. über die Erbthcilung.
z. 336. I. Die Erbthcilung selbst gehört', wenn dabei irgend ein Streitpunkt
zur richterlichen Entscheidung gestellt werden soll, er betreffe nun ^)
1) die Ausmittelung oder Feststellung der Erbschaftsmasse; oder
2) die Art der Theilung, ob sie z. B. durchs Loos geschehen, ob einem oder dem
andern Interessenten die Güter nach einer gewissen Taxe zugeschlagen werden
sollen u. s. w.; oder
3) die Berechnung der Antheile selbst, und deren Anweisung; vor den erb schaft
lichen Richter.«) Doch ist auch der persönliche Richter des Provoka-
tcn zur Verhandlung und Entscheidung eines solche« Prozesses kompetent. — j. 8,
12, I. 46. §. 122, 126, I. 2 A. G. O. — j. öS, II. 17 «. «. ».
II. Liegt ein Antrag auf gerichtliche Erbregulirung vor; so muß der Richter,
vorausgesetzt, daß das Erbrecht und der Antheil der einzelne» Erbintereffente« an,
erkannt, oder rechtskräftig ausgesprochen ist, 1) sogleich einen Tcrmin zur Sieguli»
>) D. i. die Exekution auf Leistung von Handlungen.
2) Wenn einer von de« Erbe» auf Eröffnung des crbschastl. Liqmdationsprozesse«
anträgt, so kann über den Widerspruch der andern Interessenten kein Prozeß
zugelassen werden; vielmehr muß dcr Richter den Antrag, wie jeden andern
Klageantrag, von Amtswegen prüfen, und darüber durch Verfügung entscheiden. —
Res. vom 8. Februar 184« I. M. B. S. 59.
») Wenn ein Ausländer Vermöge» im hiesigen Land« hinterläßt; muß, wmn je
ner im Auslande verstorben, die Reguttrung des inländischen Nachlasses vor dem
inlandischen Richter s) sofern Erblasser zugleich preussischer Untcrthan war,
stätö, und b) sobald dies nicht dcr Fall, jedesmal dann, wenn ein Erbe oder
Gläubiger darauf anträgt, erfolgen. — Res. vom 25. Oktober 1832. Gräff,
Koch zc. III. S. 982.
804
rung der Sache anberaumen, und dazu sowol den Provokanten, als die Miterben
«orladen.
2) Bei Bekanntmachung dieses Termins und Vorladung der Interessenten muß
das Gericht zugleich von Amtswegen alles das verfügen, was erforderlich ist, die
Sache ins Licht zu setzen, und die Instruktion zu erleichtern. Es ist also z. B. dem
Erben, welcher den Nachlaß im Besitz hat, aufzugeben: das gerichtliche oder Pri-
vatinventarium über den Nachlaß, und alle sonst zur Sache gehörigen Urkunden
und Briefschaften, mit zur Stelle zu bringen; dem Verwalter der ganzen oder eines
gewissen Theils und Zubehörs der Erbschaft ist die Beibringung seiner Kuratel -
oder Administrationsrechnung; dem Miterben, der etwas einwerfen soll, die Anfer
tigung eines genauen Verzeichnisses der Konferenda u. s. w. anzubefehlen.
3) Im Termine selbst muß der Deputirte durch gegenseitige Vernehmung der
Parteien zunächst auszumitteln suchen: i)
worauf es bei der Sache eigentlich ankommt; worüber die Interessenten
einig, oder was streitig ist, und wie hiernach die Sache zur baldigsten
gütlichen oder rechtlichen Endschaft am füglichsten eingeleitet werden dürfte?
Kennt hiernach der Deputirte die Lage und den Ausammenhang der Sache, so wie
die eigentlichen Streitpunkte; so muß er streben, durch Einigung die Sache beizu
legen, und die Erbsonderung in Güte zu Stande zu bringen. Wird
s) ein gütliches Abkommen unter den Interessenten in der Hauptsache erreicht, und
es bleiben nur einige Nebenpunkte streitig; so muß der Erbrezeß errichtet und
abgeschlossen, darin die Sache auf beide Fälle, wenn die Nebenpunkte so, oder
anders entschieden würden, regulirt; diese selbst aber sofort zum Definitiver
kenntnisse nach Borschrift Rro. III. eingeleitet werden,
b) Sind aber die Parteien über Hauptumstände und .Grundsätze der Theilung nicht
zu vereinbaren, und kann also ein Erbrezeß nicht entworfen werden; so muß
Jnstruent sein Bestreben darauf richten, wenigstens ein Interimistikum, wie es
bis zum völligen Austrage der Sache gehalten werden solle, zu regulirenz oder
die liquide und illiquide Masse von einander abzusondern, erster« sofort zu ver
theilen, und nur die letztere zur ferneren rechtlichen Erörterung auszusetzen. 2) —
8. 8—15, I. 46 A. G. O.
III. Wird die ganze Sache durch Einigung nicht abgemacht; so muß der Jn
struent die bei der allgemeinen Vernehmung ausgemittelten und bestimmten Gegen
stände des Streits, mit Zuziehung derjenigen Interessenten, welche jeder derselben
angeht, einzeln nach einander vornehmen, und beurtheilen: in wiefern sich dieselben
ihrer Natur nach, und nach Vorschrift der Gesetze
s) zu einer ordentlichen Instruktion zum Erkenntnisse, oder
b) zu irgend einer andern richterlichen Verfügung (V.) eignen.
Die Punkte zu s muß er sofort ordnungsmässig zum Erkenntnisse einleiten. Die
Art der Instruktion richtet sich nach der Natur des Objekts (Tit. 6. Absch. 3—6). »)
Der Jnstruent hat darauf Rücksicht zu nehmen. Er muß aber auch jedem derglei-
1) Bleibt ein Miterbe beharrlich aus, so sind alle Punkte, worauf es ankommt,
und worüber der Ausbleibende sich zu erklären unterlassen hat, nach vorgängiger
Instruktion durch ein Urtel festzustellen. — Ok. Res. vom 3. März 1833. Mann-
kopf A. G. O. III. S. 231.
2) Die zur immerwährenden Fortsetzung einer Fabrikanstalt gegebenen Fonds kön
nen niemals zur Erbtheilung kommen, sondern fallen demjenigen Erben zu, wel
cher die Fortsetzung der Fabrik übernimmt. — Anh. z. 305 zu z. 12, 1. 46 A. G. O.
») Streitpunkte, deren Gegenstand 5V Thlr. nicht übersteigt, können dann, wenn sie
von den übrigen getrennt, und ohne Beforgniß für Verwirrung, entschieden wer
den können, im Bagatellprozeß erledigt werden. — Res. vom 18. November 1833
I. M. B. S. SS6.
6«5
che» besonder» Punkte ein besondres Protokoll widmen, und Alles, was diesen Punkt
angeht, demselben unter gehöriger Beziehung auf das Hauptprotokoll iL. Z25, I. 5)
beifügen. Sind
1) die meisten und wichtigsten dieser Punkte von der Art, baß deren Instruktion
durch eine Lokalkommission am sichersten und geschwindesten bewirkt werden könnte;
so muß auf Antrag des Deputirten das Kollegium, nach Befund der Umstände,
Lokalkommission anordnen.
2) Gleiches geschieht, wenn nur ein oder etliche minder wichtige Punkte sich zur Lo,
kalkommission eignen, in Betreff dieser Punkte. Wahrend der Verhandlung über
diese muß aber beim Gericht selbst mit Instruktion der übrigen Punkte verfah
ren werden. Kommen
3) einige Streitpunkte vor, welche den übrigen ein Präjudiz machen, z. B. wenn
über die Schuldigkeit eines Miterben, etwas zur Masse einzuwerfen, und
zugleich über die Höhe dieses Konferendi gestritten wird; so müssen in der
Regel beide Punkte zugleich zum Desinitiverkenntnisse instruirt werden. Ist je
doch ein solcher eventueller Streitpunkt so beschaffen, daß dessen vollständige Er
örterung die Sache sehr weitläufig und kostspielig machen würde; so muß der
Deputirte deshalb beim Kollegio anfragen. Diesem aber steht frei, nach sorgfäl
tiger Erwägung der Umstände die Erörterung des eventuellen Punktes bis zur
rechtskräftigen Entscheidung des Präjudizialpunktes auszusetzen.') — Z. 16—20
a. a. O.
IV. Wenn sämmtliche Streitpunkte zu III. s spruchreif instruirt, und nochma
liger Sühneversuch fruchtlos erfolgt, auch das etwa erforderliche Deduktionsverfah
ren beseitigt ist; so geschieht die Abfassung des Erkenntnisses. Dabei muß über
sämmtliche streitige Punkte in Einem Urtel entschieden werden. Selbst über die
nur eventuell instruirten wird, allenfalls nach Maasgabe Z. 325, V. Nro. 2 nur
eventuell, erkannt. — §. 21, 22 a. a. O. §. 37, Tit. 13. Z. 35, «it. 44 a. a. O.
V. Wegen Einlegung der Rechtsmittel und Verhandlung darüber kom
men die allgemeinen Vorschriften Tit. 7 und 8 zur Anwendung. — §. 23, 1. 46 A. G. O.
VI. Während der Zeit, daß die unter den Interessenten wirklich streitigen Punkte
instruirt und abgeurtelt werden, muß wegen derjenigen, wo unter ihnen selbst kein
Streit ist, sondern nur gewisse Verfügungen zur Aufklärung der Sache oder Fest
stellung der Masse erforderlich sind, z. B. wegen Vorladung der Erbschaftsgläubiger,
wegen Versteigerung der vorhandenen Mobilien und Effekten, wegen Abschätzung und
Subhastation des zur Masse gehörigen Guts, nach dem Antrage der Interessenten,
und der Anzeige des Jnstruenten das Nöthige vom Richter verfügt werden (oben
HI. b). — 8. 24 a. a. O.
VII. Ist nun nach Vorstehendem die Sache völlig auseinandergesetzt, und über
sämmtliche streitige Punkte rechtskräftig erkannt; so muß der Gerichtsdcputirte mit
Zuzichung eines Kalkulators 2) die Erbsonderung selbst entwerfen, den Plan dersel
ben den Parteien zur Erklärung vorlegen, und wenn er von ihnen anerkannt, «der

1 ) Würde demnach in obigem Beispiele die Ausmittelung der einzuwerfenden Summe


große Weitläufigkeiten, Rechnungsrevisionen, Lokaluntersuchungen, Abschätzungen
von Immobilien u. s. w. hervorrufen ; so kann diese Untersuchung bis zur rechts
kräftigen Entscheidung der Frage: ob zu konferiren sei? ausgesetzt werden. —
Z. 2«, I. 46 A. G. O.
s) Es versteht sich von selbst, daß die Zuziehung des Kalkulators nicht wesentlich
nothwendig, sondern »ur zur Erleichterung des Geschäfts des Deputirten vorge
schrieben ist. Fühlt dieser allein sich der Sache gewachsen, so ist der Kalkulator
entbehrlich. Ebenso kann bei nicht zu weitläufigen Sachen, sofort der Erbrezeö
aufgenommen werden, ohne daß ein Plan vorher anzufertigen. Wollen Jnteres^
senten den Erbrezeß nicht vollziehen, so muß dies durch ErKnntniß ergänzt «»den.
606
«ach ihren gegrünbeten Erinnerungen berichtigt worden ist, den Erbrezeß selbst ab
fassen und> von den Parteien vollziehen lassen. — S. 25 a. 5. S>.
Prozess^gvischen Lehns- oder Fideikommißfolgern und dem
^ Allodialerben.
Ii, 33?. Betreffen dergleichen Prozesse ,
I. die blosse Auseinandersetzung zwischen den Lehns- oder Fidei
kommißfolgern und den Allodialerben, während die Lehns- oder Fideikom-
mißaMität, und die Person des Nachfolgers ins Lehn oder Fideikommiß nicht strei
tig ist; fv kommen die Vorschriften Z. 336 ebenfalls zur Anwendung z und wenn
dabei über Meliorationen des Lehns oder Fideikommißguts Streit entsteht, so gel
ten die Bestimmungen z. 329 und z. 331, !. ^. Nro. 9. — F. 25, I. 46. Z. S4,
I. 44 A. G. O.
II. Wird dieLehns- oder FidcikommiseigenschaftdesGutes selbst
bestritten, und durch die Allodialerben des letzten Besitzers dessen Herausgabe an
den Lehns- oder Fideikommißprätendenten aus diesem Grunde verweigert; so muß
diese streitige Qualität vor allen Dingen im Wege des ordentlichen Prozesses erör
tert und entschieden werden.
Bis zur ausgemachten Sache bleiben die Allodialerben im Besitz. Der Lehns
oder Fideikommißprätendent kann auf gerichtliche Verwaltung nur dann antragen,
wenn er Umstände anführen und bescheinigen kann, woraus eine unordentliche
Wirthschaftsführung und die Besorgniß erheblicher Deteriorationen gegen die im
Besitz befindlichen Allodialerben sich zu Tage legt. Ueber einen solchen Antrag auf
Exmission der Allodialerben während des Hauptprozesses, muß nach Vorschrift §. 330
verfahren und erkannt werden.
Dg auch, wenn die Allodialerben bis zum Austrage der Hauptsache im Besitze
bleiben, hiernächst beim obsieglichen Urtel der Lehns- oder Fideikommißprätendenten
grosse Weiterungen daraus entstehen können, daß durch den Zeitverlust, während des
vielleicht weitläufigen Hauptprozesses , die Lehns - oder Fideikommißmasse verdunkelt,
die Absonderung derselben vom Erbe erschwert, und über die vom Allodialerben in
zwischen gehobenen Nutzungen neuer Stoff zu weitläufigen Prozessen gesammelt wor
den ist; so muß der Richter solchen neuen Verwickelungen durch zweckmässige, so
gleich bei Einleitung des Hauptprozesscs zu treffende Verfügungen, z. B. durch,
Aufnahme oder Einforderung eines vollständigen Inventars, durch Bestellung eines
Aufsehers, durch Vereidung der Wirthschaftsbeamten des im Besitz bleibenden Er
ben auf treue und genaue Rechnungsführung u. f. w. möglichst vorzubeugen bedacht
sein. — §. 27—29, I. 46 a. a. O.
III. Ist die LelM- oder Fideikommißeigenschaft an sich nicht streitig, wird
aber dem sich meldenden Fideikommiß- oder Lehnssolger seine Le
gitimation bezweifelt; so regt entweder
A nut der Allodialerbe den Zweifel an, und trägt deshalb Bebenken, das Gut an
einen nicht hinlänglich legitimirtcn Nachfolger auszuliefern. In solchem Falle
muß der Prätendent seine Legitimation dem Richter vorlegen, und dieser sie ge
mäß g. 482—491, I. 9 A. L. R. prüfen, auch darnach verfahren. Sind die
Bedenklichkeiten des Allodialerben nicht offenbar unbegründet, so muß ein Lchns-
oder Fideikommißkurator bestellt werden, welcher auf der einen Seite den Legiti
mationspunkt mit dem sich meldenden Nachfolger gehörig verhandle; auf,der an
dern Seite aber, unter Zuziehung dieses Nachfolgers, die Absonderung des Lehns
vom Erbe mit dem Allodialerben regulire; oder
H eS bestreiten mehre Prätendenten sich unter einander die Legitimation^ oder das
- p«züglichm Röcht z«x Nachfolge. Dann muff dies« Streit unter ihnell> im
507
Wege des ordentlichen Prozesses erörtert und entschieden werben. Inzwischen
kann aber der Allodialcrbe sich nicht cntbrechcn, auf dcn Antrag auch nur des
einen der streitenden Theile das Gut zu räumen, und sämmtliche Prätendenten
zusammen müssen mit ihm die Absonderung des Lehns vom Erbe gemeinschaft
lich oder durch einen zu bestellenden Kommunmandatar rcguliren.
In beiden Fällen (1 u. 2) muß, wenn zur Seit der Räumung das Recht des
eigentlichen Nachfolgers noch nicht entschieden ist, das Gut bis zum Austrage der
Sache unter gerichtliche Verwaltung genommen werden. — §. 3« a. a. O. §. 482
sg. I. 9 A. L. R.
IV. Der Allodialcrbe darf unter Vorschützung eines Rückbehaltungsrechts die
Räumung des Lehns oder Fideikommisses in der Regel nicht verweigern. Er
kann nur Sicherheit oder gerichtliche Verwaltung hinsichtlich seiner Forderung ver
langen. — Wo aber ausnahmsweise dem Allodialerben provinzialrechtlich ein
Rückbehaltungsrecht beigelegt ist, muß, zur Vermeidung neuer Weitläufigkeiten und
Prozesse, der Deputirte seine Bemühungen bei dem nach §. 336, II. 3 b. zu reguli-
renden Jntcrimistiko besonders dahin richten: daß der Allodialerbe das Gut räume,
und ihm dagegen ein, nach ungefährem Ueberschlage und vorläufiger Prüfung seiner
Forderungen, mit Vorbehalt beider Theile, ausgemitteltes Quantum auf das Gut
versichert, und bis zum Austrage des Separationsgeschäfts vom Lchnsfolger verzinst
werde. Kann er die Parteien hierüber in Güte nicht vereinbaren, so muß er den
Streit wegen dieses Jnterimistizi in einem besonderen Protokolle instruiren, und sel
biges ungesäumt zum Erkenntnisse einreichen. Das Urtel muß sodann schleunigst ab
gefaßt, und in selbigem das Interimistikum rcgulirt werden. Gegen dasselbe ist kein
Rechtsmittel zulässig. — §. 31, 32, I. 4S A. G. O.
III. GemeinheitStheilungsprozesse.
K. 333. Gcmcinheitstheilungen gehören in der Regel vor die Gencralkommis-
sionen resp. da, wo solche nicht bestehen, vor die betreffende Regicrungsabtheilung
(cs. Z. 33 Nro. 5 S. 61).') Nur in dem Falle, wenn die blos vermengte
Lage der Aecker, Wiesen, und sonstigen Ländereien, ohne gemein
schaftliche Nutzung, Gegenstand der Auseinandersetzung, und nicht
zugleich eine Regulirung der bäuerlichen Verhältnisse damit ver
bunden ist, gehört die Sache vor die gewöhnlichen Gerichte.
In diesen, durch die letztere Beschränkung sehr verringerten Fällen, gelten fol
gende, das dabei zur Anwendung kommende ordentliche Prozeßverfahren ändernde
und modisizircnde Bestimmungen:
1) Zur Begründung des Antrags gehört zunächst der Nachweis, daß eine
Aufhebung der vermengten Lage der Aecker, Wiesen oder sonstigen LSndereien
an sich möglich, und dem Ganzen, oder auch den sämmtlichen Interessenten vor-
theilhaft sei. Als Sachverständige können in dieser Hinsicht sachkundige Land:
wirthe angegeben werden.
2) Zur Ermittelung der Aktiv- und Passiv-Legitimation gehört na
mentlich die Feststellung dessen: wer als Theilnehmer bei dem Geschäft interessirc,
und in wie weit dies der Fall? — Diejenigen, welche nicht als Eigenthnmer,
sondern nur als Nießbraucher, Pächter, oder sonst im Namen eines andern be
sitzen, müssen, wenn sie sich in Vertretung des Eigenthümers melden, die erfor
derliche Vollmacht oder Autorisation herbeischaffen. — Nehmen ganze Gemeinden
bei der Sache Theilz so müssen zwar zu den, die Rechte der Gemeinden über
haupt betreffenden, Verhandlungen gewisse Deputirte aus deren Mitte bestellt
*) Der Verfasser behält sich vor, das bei den Auseinandersetzungsbehörden zur An
wendung kommende Verfahren, besonders bearbeitet, später herauszugeben.
508
werden. Sobald aber das Interesse einzelne« Mitglieder untersucht und bestimmt
werden soll; müssen dies« selbst zugezogen und gehört werden.
3) Der Anlegung des Separationsplans geht die Vermessung durch einen ver
eideten Feldmesser, und die unter dessen Aufsicht durch vereidete Sachverständige
zu veranlassende Ausmittelung der Qualität und Güte der einzel
nen Grundstücke (deren Bonitirung) voraus. Der Feldmesser muß darüber
ein Vermessungsprotökoll und Register, so wie eine Karte, aufnehmen. Sollten
sich während der Vermessung über die Grenzen, oder das Eigenthum eines «der
des andern Grundstücks Streitigkeiten unter den Parteien Hervorthun, so muß
der Feldmesser den Streitpunkt im Vermessungsprotokolle deutlich auseinander
setzen und auf der Karte richtig vermerken. — Der Feldmesser muß zugleich
auf Grund der bei Vermessung und Bonitirung erlangten Kenntniß vom Lande
sein Gutachten abgeben: wie die Separation auf die leichteste, schicklichste, und
sämmtlichen Interessenten vortheilhaftefte Art regulirt werden könne?
Diese Vorschläge, das Vermessungsprotokoll und Register, nebst der aufge
nommenen Karte, muß er, nach Beendung seines Auftrags, dem Gericht unver
züglich einreichen.
4) Hiernächst müssen Karte und Register sämmtlichen Interessenten
vorgelegt, ihnen darüber die nöthigen Erläuterungen gegeben; einem jeden
seine Besitzungen, und die verschiedenen Stücke, woraus sie bestehen, sowol auf
der Karte, als, wo es nöthig, an Ort und Stelle nachgewiesen; ihm die her
ausgebrachte Morgenzahl, und der Ausfall der Würdigung in Ansehung der
Qualität bekannt gemacht; und seine Erklärung: ob er Beides für richtig an
nehme, oder was er dabei noch zu erinnern habe, abfordern.
Finden sich dabei noch Widersprüche, so müssen dieselben an Ort und Stelle
untersucht, die etwa vorgefallenen Fehler verbessert, wo aber der Einwand un
gegründet ist, dieser Ungrund in das gehörige Licht gesetzt, und der widerspre
chende Interessent selbst davon möglichst überzeugt werden.
5) Auf Grund der hiernach berichtigten Karte, Vermessungs- und Bonitirungsregi«
ster, und unter Berücksichtigung der Vorschläge des Feldmessers, und der, wäh
rend der bisherigen Verhandlungen von den Interessenten selbst gelegentlich ein
gezogenen Nachrichten und geäusserten Wünsche und Anträge, wird der Se
parationsplan entworfen. Da Wirthschaftskenntnisse dabei, so wie beim
ganzen Verfahren, wesentlich nothwendig sind, wird dem richterlichen Deputirten
in der Regel ein Oekonomieverständiger bei der ganzen Verhandlung beigeordnet
werden müssen.
Im Plan müssen nicht nur die Eintheilungen der jedem Besitzer anzuweisen«
den Grundstücke, sondern auch die nöthigen Bestimmungen wegen aller dabei vor
kommenden Nebenpunkte, z. B. wegen der Wege, Viehtriebe und Tränken; we
gen Unterhaltung der Grenzgraben, Zäune «der Gehege u. s. w. enthalten sein.
6) Der entworfene Separationsplan muß den Interessenten vorge
legt, und ihnen nicht nur überhaupt sowol auf der Karte, und dem Papiere,
als an Ort und Stelle selbst, gehörig erklärt; sondern auch Jedem von ihnen
der Theil dieses Plans, welcher ihn selbst, seine Besitzungen und sein Interesse
betrifft, umständlich erläutert, und ihm nachgewiesen werden, worin sein Antheil
eigentlich bestehe; welche von seinen bisher besessenen Stücken er noch ferner be
halte; welche davon er abgebe, was er dagegen zurück erhalte, oder wie er sonst
entschädigt werde; wie solchergestalt der Werth und das Verhältniß seines bis
herigen Eigenthums im Ganzen genommen ungeschmälert bleibe; und worin die
allgemeinen und besondern Vortheile bestehen, die ihm aus der Separation nach
diesem Plane zuwachsen.
sog
7) Kommt ein gütliches Abkommen zu Stande; so muß nach Maasgabe
desselben der Theilungsrezeß entworfen, den Interessenten nochmals vorge
legt, von denselben unterschrieben, und vom Gericht demnächst bestätigt und aus
gefertigt werden. Dieses hat auch für Vollziehung desselben durch Absteckung,
Jumessung und Anweisung der einem jeden Interessenten zugefallenen Stücke und
Antheile gehörig Sorge zu tragen.
Ist vor Bestätigung noch in Ansehung des Lcgitimationspunktcs der kontra-
hirendcn Interessenten etwas zu berichtigen, z. B. Approbationsdckrcte für Kir
chen, Pfarrer, Pflegebefohlenen u. s. w. beizubringen; so muß dies vorerst von
Amtswegcn veranlaßt werden.
8) Findet ein gütliches Abkommen nicht statt; so muß der instruircnde Kommis-
sarius, welcher sich bei der Instruktion eines Protokollführers bedienen kann, auS
der Provokation jeden einzelnen Punkt, bei welchem ein durch die Vermit-
telung nicht gehobener Widerspruch obwaltet, ausziehen; jeden solchen Punkt,
und worauf es dabei ankomme, bestimmen und festsetzen, die Parteien über das,
was sie dabei zur Erläuterung der Sache, zur Unterstützung und Vcrtheidigung
ihrer dabei vorwaltenden Gerechtsame und Interessen anzuführen haben, um
ständlich hören; alle dabei vorkommenden thatsöchlichcn Umstände gehörig aus
einander, und durch Aufnahme der vorhandenen Beweismittel in ihr möglichstes
Licht; solchergestalt aber den erkennenden Richter in den Stand setzen, daß er bei
jedem Punkte die Lage und den Zusammenhang der Sache vollständig übersehen,
, und auf eine den Rechten, der Billigkeit und dem Endzwecke des ganzen Sepa»
rationsgcschäfts angemessene Art entscheiden könne:
in wiefern es beim Theilungsplane zu belassen, oder wohin selbiger ab
zuändern und zu berichtigen sei.
Nach Abschluß der Instruktion muß der Oekonomiekommissarius über die in sein
Fach einschlagenden Einwendungen sein Gutachten, nebst dessen Gründen, noch,
mals Punkt für Punk? zum Protokoll oder schriftlich abgeben, und sodann er
folgt die Spruchvorlegung.
Einer Vorlegung des ökonomischen Gutachtens an die Parteien, und schrift
licher Rcchtsausführungen bedarf es nicht.
9) Wegen Einlegung und Behandlung der Rechtsmittel finden die allgem. Pro
zeßvorschriften Anwendung (Tit. 7, 8). Bei Verhandlung des Appcllatorii wird
ein andrer Jnstruent bestellt, und diesem auch ein andrer Oekonomieverständiger
beigeordnet. In Betreff der Zuziehung von Sachverständigen gilt das §. 207
VI. Nro. 4 Gesagte. — Der Deputirte muß auch in Appcllatorio die streitigen
Punkte gehörig und gemäß Nro. 8 absondern, und diese Bestimmung stets im
Auge haben.
10) Nach rechtskräftiger Entscheidung aller Streitpunkte muß das Gericht für Voll
ziehung der Separation, dem ergangenen Urtel gemäß, und unter Berück
sichtigung der Vorschrift Nro. 7 sorgen.
Auch ist in diesem und im Falle Nro. 7 dafür Sorge zu tragen, daß die
durch die Separation entstandenen Veränderungen in den Hypothekenbüchern der
betreffenden Grundstöcke «ermerkt werden. — z. 1-49, l. 43 A. G. O. Z. 33
l. 46 das. — §. t—3 der Gem. Th. O. vom 7. Juni 1821. §. 6 Ausführ.
O. vom 7. Juni 1821. — §. 10 fg. 102 fg. V. vom 20. Juni 1817 und
Z. 7, 8 V. vom 3«. Juni 1834. — §. 60« fg. I. 18 A. L. R.
IV. Auseinandersetzung bei kaufmännischen Sozietäten.
" §. 339. l. Entsteht unter Kaufleuten, welche mit einander in Handlungssozie-
tät gestanden, bei ihrer Auseinandersetzung Streit über einen Gegenstand vs»
33
5iö
geringer Erheblichkeit, ober nur über einzelne spezielle Posten, wäh
rend sie in der Hauptsache einig sind; so wird der desfalsige Prozeß in derjeni»
gen Prozeßform verhandelt, zu welcher er sich mit Rücksicht auf den Gegenstand
eignet. Nur hinsichtlich der Zuziehung eines Sachverständigen gilt das im Abschn-
4, d. T. Gesagte. — I. 40, I. 46 A. G. O.
II. Können Kaufleute, die in Handlungssozietcit gestanden, und während der
selben wichtige Geschäfte vorgenommen haben, bei einer aussergerichtlich versuchten
Auseinandersetzung nicht einig werden; so kann jeder von ihnen auf gerichtliche Aus
einandersetzung antragen. Dabei kommen,
^. wenn nur über die Verbindlichkeit zur Rechnungslegung, über
den Vermin, von welchem oder bis zu welchem Rechnung zu legen, oder über
eine dem Rechnungsleger zur Last fallende Zögerung gestritten wird,
die Borschriften Z. 333, und
L. wenn die gelegte Rechnung gerichtlich abgenommen, oder über
die dagegen gemachten Erinnerungen und Ausstellungen verfahren wer
den soll, die Borschriften K. 334, hier jedoch unter Berücksichtigung nachstehender
näherer Bestimmungen zur Anwendung:
1) Dem Jnstruenten muß gleich vom Anfange an ein sachverständiger Mtkommis-
sarius zugeordnet werden.
2) Wenn nach beigebrachten Ausstellungen, und abgegebener Erklärung des Defek
tsten über jede Erinnerung feststeht: bei welchen Punkten die Parteien über
Khatsachen noch streitig sind; so, muß der sachverständige Deputirte die Bücher
und Korrespondenzen nachsehen, und bei jedem Punkte pflichtmäfsig und bestimmt
anzeigen: was sich daraus über den streitigen Punkt ergebe; wie weit die That-
sache dadurch ins Licht gesetzt werde; oder was für Umstände noch Dunkel und
unausgemacht bleiben. , .
S) Dieser Befund des Sachverständige»., muß den Parteien vorgelegt werden , und
sie müssen sich bei jedem Punkte erklären: in wiefern sie damit einverstanden
sind, oder was sie dagegen noch zu erinnern haben.
4) Erst, wenn dies geschehen, erfolgt die eigentliche Regulirung des Sach - und
Streitstandes, bei welcher also schon von dem aus den Büchern u. s. w. gezo
genen Befunde des Sachverständigen, und von den Erklärungen der Parteien
darüber, Gebrauch gemacht wird. Ueber die alsdann noch streitig bleibende» er
heblichen Thatsachen wird der Beweis gewöhnlichermassen aufgenommen.
5) Am. Schlüsse muß das §. 283, III. Nro. 2 beschriebene Gutachten, vom zugezo,
genen Sachverständigen erfordert, sodann das D,ed«ktionsMf«hren, beseitigt »er
den, und die Spruchvorlegung erfolgen.
L) Hinsichtlich der Rechtsmittel gelten die allgemeinen Vorschriften, und in Betreff
Zuziehung eines Sachverständigen bei Instruktion zweiter Instanz die Vorschrift
Z. 283, III. Nro. 4.
7) Während hiernach mit Abnahme der Sozietätsrechnung, und der Erörterung der
dagegen vorkommenden Ausstellungen verfahren wird, muß auch die Auseinan
dersetzung zwischen den Soziis in Ansehung der vorhandenen Bestände an Waa-
ren, Geräthschaftcn, Forderungen und Schulden u. s. w. entweder gütlich, «der
rechtlich regulirt, und dabei die Vorschrift Z. 33S beobachtet werden^
Ob diejenigen Punkte, worüber hierbei Streit entsteht, mit den Ausstellun
gen gegen die Sozietätsrechnungen selbst in Ein Verfahren und ig Einerlei
Akten zusammenzuziehen; oder ob beiderlei Arten von Streitpunkten in besondern
Akten zu verhandeln, bleibt, nach Beschaffenheit der Umstände, Weitläufigkeit der
Sache, und des zwischen beiderlei Arten, d» streitig« Gegenstände mebr od«
weniger obwaltenden Zusammenhangs, nchtttlich« Beuttheilung vvrbchalten. -»
§. S4-4V,I.4S«, G.O.

Siebzehnter Abschnitt.
»on öffentliche» «ufforberungen unbekannter Interessent««, s,
wie der etwanigen Berechtigten zu beweglichen und unbewegli»
eben Sachen, zu Forderungen, und zu verlornen Urkunden.')
I. Oeffentllche Aufforderung unbekannter Erben.
Z. 340. Die Ediktalladung unbekannter Erben kann nöthig werden:
wenn zu einer Erbschaft gar kein bekannter Erbe, und also
auch kein Ehegatte des Verstorbenen vorhanden ist. Das Verfahren in
solchem Falle ist folgendes:
1) Nach Ablauf dreier Monate vom Todestage des Erblassers, «der auch noch frü
her, wenn es die Umstände des Nachlasses erfordern, muß demselben ein Kurator
bestellt werden, der wegen Antritt der Erbschaft und Aufnahme des Inventars)
die Rechte des unbekannten Erben beobachtet, und wegen Verwaltung des Nach«
Hasses die Rechte und Pflichten eines Vormundes ausübt; jedoch den Nachlaß, so
viel als möglich, in der beim Tode des Erblassers befindlichen Lage erhalten muß,
und daher weder Grundstücke veräussern, noch sicher ausstehende Kapitalien auf«
kündigen, noch neue Geschäfte unternehmen, noch das bewegliche Vermögen, so
weit es nicht etwa bei längerer Aufbewahrung verderben, oder unverhältnißmäs,
fige Aufbewahrungskosten verursachen würde, in Geld umsetzen darf.
Der Kurator hat hauptsächlich auch die Pflicht, die Ausmittelung und Ent«
deckung des eigentlichen Erben möglichst herbeizuführen. Sind seine Bcniühun«
gen innerhalb dreier Monate nach Anordnung der Kuratel, oder binnen der vom
Richter, besonders mit Rücksicht darauf, daß die Erbschaft von Belang, und
der Erblasser nach den vorhandenen Nachrichten aus einem entfernten Lande ge»
bürtig ist, ober sonst Umstände vorhanden sind, welche eine längere Zeit zur Vor«
nähme der Erkundigungen Seitens des Kurators nöthig machen, verlängerte»
Frist fruchtlos; so muß
2) d« öffentliche Vorladung des unbekannten Erben und dessen Erben oder nächste»
Verwandten erfolgen. Als Warnung wird dieser Vorladung beigefügt:
daß der Nachlaß dem sich meldenden und lcgitimirenden Erben, beim Aus«
bleiben eines solchen aber dem Fiskö verabfolgt; und der nach erfolgter
Präklusion sich etwa erst Meldende nähere, «der gleich nahe Erbe alle seine
Handlungen und Verfügungen anzuerkennen und zu übernehmen schuldig;
von ihm weder Rechnungslegung, noch Ersatz der gehobenen Nutzungen
: zu fordern berechtigt, sondern sich lediglich mit dem, was alsdann noch
von der Erbschaft vorhanden wäre/ zu begnügen verbunden sein solle.
S) Die Vorladung erfolgt in der H. 316 vorgeschriebenen Art. Auch Fiskus, ver
treten durch die betreffende Königl. Regierung, wird vom Termin in Kenntniß
gesetzt, gleichviel, ob er Extrahent des Verfahrens ist oder nicht.
') Hier ist von öffentlichen Aufgeboten und Ediktalladungen nur in so weit die Re,
de> als nicht schon darüber bei andern Gelegenheiten , wie im §. 56 in Betreff
der dem Aufenthalte nach unbekannten Beklagten, im §. 311 und 313 in Betreff
ausgetretener Militairpflichtigen und Vasallen, und im §. 316 Hinsichts der Ver
schollenen gesprochen worden ; und als nicht später bei besondern Prozeßakten,
«M'e^nr Titel 11 von Vorladung unbekannter Konkurs- oder Liquidationsglau«
biger, und im Titel 12 vom öffentlichen Aufgebot bei Subhastationen deshalb
spezielle Borschristen vorkmmen.
»12
4) Der Kurator muß den Z. 66, II. Nro. 6 gedachten, mit Rücksicht auf die vorge
ladenen Erben zu modifizirenden Diligenzeid schwören. Weigert er sich dessen
beharrlich, so muß ihm die Kuratel abgenommen, und dem an seine Stelle zu
ernennenden Kurator ein Honorar aus stinem Vermögen festgesetzt werden.
5) Nach Beseitigung des Röthigen erfolgt Abfassung der Präklusoria. Hat ein Erbe
sich gemeldet, so wird diesem sein Recht vorbehalten. Hat keiner sich gemeldet,
so erhält Fiskus den Nachlaß.') — Z. 145-146. §. 152, ISS. Anh. z. 390,
/ I. 51 A. G. O. — §. 471-4S1. Z. 494 fg. Anh. z. 11, I. 9 A. L. R. —
Res. vom 18. Septbr. 1835. Jahrb. 46, S. 127. — Res. vom 21. December
1795. Rabe 3, S.216. Res. vom 11. Januar 1839 I. M. B. S. 58.
Ii. Wenn zwar bekannt ist, wer Erbe sei, wenn dessen Leben und
Aufenthalt aber binnen 3 Monaten, vom Todestage des Erblassers gerechnet,
nicht ausgcmittelt worden; so sind der Erbe und dessen nächste Verwandten
ebenfalls durch öffentliche Bekanntmachung zur Anmeldung beim Gericht, und zur
Wahrnehmung ihrer Gerechtsame aufzufordern. Der Zweck dieser Aufforderung ist
blvs, daß die Existenz der Erbschaft und die dem Erben und seiner Familie daran
zustehenden Rechte, so viel als möglich, zu deren Kenntniß gelangen sollen. Es bleibt
also auch die Art der Bekanntmachung, und wie dieselbe nach Bewandniß der Um
stände am zweckmcissigsten geschehen könne, dem vernünftigen Ermessen des Richters
Überlassen.
Ist dem Abwesenden nicht schon ein Vormund bestellt, so muß zugleich dem,
hinsichtlich des abwesenden Erben kompetenten, Bormundschaftsrichter zur Bestellung
eines Abwesenheitsvormundes Kenntniß gegeben werden. Dieser hat wegen Antritt
der Erbschaft und Verwaltung derselben die Pflichten andrer Vormünder, und n?e»
gen Todeserklärung die Vorschriften K. 314 bis 316 zu beachten. — Z. 147, I. S1
A. G. O. — I. 465—47« u. Anh. §. 1«, l. 9. A. L. R.
III. Ist in Fällen, in denen die gesetzliche Erbfolge eintritt, von einem oder
mehren Erben der Nachweis ihres Verwandschaftsgrades zum Erblasser zwar erfolgt;
es walten aber Vermuthungen ob, daß noch nähere oder gleich nahe
Verwandte vorhanden sind; so müssen diese Vermuthungen zwischen dem be
kannten Erben und dem entweder schon bestellten, oder noch zu bestellenden Verlas«
senschaftskurator näher erörtert werden. 2) Ob zu dieser Erörterung ausser dem
allgemeinen Aufgebote des Nachlasses (I.) noch eine besondre öffentliche Vorladung
der «ermuthlich noch vorhandenen näheren oder gleich nahen Verwandten M) erfor
derlich sei, bleibt nach Bewandniß der Umstände dem richterlichen Ermessen vorbehalten.»)
1) Ein allgemeines Aufgebot erfolgt, wenn die obwaltenden Vermuthungen nicht be«

2) Wo nach Statutarrecht der Kämmerei einer Stadt die vakante Erbschaft ge


bührt, wird sie dieser zugesprochen. Doch muß in solchem Falle ebenfalls öffent
liches Aufgebot und Erkenntniß erfolgen, wenn auch das Statut solches Verfah
ren nicht vorschreibt. — Lk. Res. vom 7. September 1838 und CaK,Ord. vom
19. Januar 1839, Jur.-Woch. 184« S. 269.
s) Das Res. vom 23. Septbr. 1832 (Gräff, Koch :e. IN. S. 1168) läßt es zu,
daß bei zweifelhafter oder verwickelter Legitimationssiihrung die Legitimation
durch ein Urtel festgestellt werde. Es erachtet es auch für zulässig, daß in zwei
felhaften Fällen auf einen nothwendigen Eid, oder auf öffentliches Aufgebot er
kannt, oder daß zur Beseitigung von Mängeln resolvirt werde,
s) Hat ein Ausländer, welcher im Auslande gestorben, im Jnlande ein Grundstück
, zurückgelassen; so können Erben beim Richter dieses Grundstucks sich Behufs Le
gitimation in Bezug auf dieses Immobile melden. Der Richter muß die Legi
timation nach diesseitigen Gesetzen prüfen, und evLntuel ein öffentliches Aufge
bot zur Ergänzung der Legitimation veranlassen. — Res. vom 7. Decbr. 1840
I. M. B. 1S41 S. 7t.
513
stimmte, zur Seit des Erbanfalls vorhanden gewesene nähere «de« gleich nahe
Miterben bezeichnet. In solchem Falle muß
,) derjenige Erbe, dessen Legitimation dadurch ergänzt werden soll, die Ediktal-
ladung beim Erbschaftsrichter, unter Erbietung zum Manifestationseide dar«
über: daß er nach Möglichkeit in Betreff etwaniger näherer oder glcicb naher
Erben nachgeforscht, und daß er der Bemühungen ohngeachtet über solche Nichts
erfahren habe, nachsuchen.
d) Die Borladung selbst muß den Namen, Stand und Aufenthalt des Erblas
sers; die Zeit seines Ablebens; den Namen des Erben, den Grund des von
ihm behaupteten Erbrechts, und den angegebenen Grad seiner Vcrwandschaft
anzeigen, alle die, welche ein näheres oder gleich nahes Erbrecht zu haben
»ermeinen, zur Anmeldung desselben öffentlich auffordern, und als War«
nung enthalten:
daß sonst Extrahent für den rechtmässigen Erben angenommen, ihm, alS
solchen, der Nachlaß zur freien Verfügung verabfolgt, und der nach er«
folgt« Präklusion :c. (wie zu I. Rro. 2); ,
o) Die Bekanntmachung des Proklamas erfolgt durch Aushang an der Gerichts«
stelle, so wie, wenn der Nachlaß nach Abzug der Hypothckenschulden ss) üb>r
1000 Thlr, beträgt, durch sechsmalige, dd) wenn nicht über IVO« Thlr.,
durch dreimalige Einrückung ins Jntelligenzblatt, und da, wo solches nicht
erscheint, in den Anzeiger des Regierungsamtsblatts. Der Termin wird im
Falle zu ss auf 3 Monate vom Tage der ersten Einrückung hinausange«
setzt, und in den ersten beiden Monaten ein Mal monatlich, im letzten Mo
nat wöchentlich ein Mal eingerückt; im Falle der Nachlaß über 200 Thlr.»
jedoch nicht über IVO« Thlr. beträgt, wird der Termin auf 9 Wochen , und
bei 2lX) Thlr. «der weniger auf S Wochen hinausgcrückt, und in jenem
Falle alle 3 Wochen, in diesem alle 14 Tage inserirt.
Der Einrückung in eine inländische Zeitung bedarf es nicht nothwendig;
vielmehr bleibt es richterlichem Ermessen anHeim gestellt, ob und in wie weit
diese Art der Bekanntmachung zu wählen sei.
ch Meldet sich im Termin Niemand; so wird dem Ertrahenten der g. 56, II.
Nr«. 6 vorgeschriebene Diligenzeid abgenommen, und dann das Praklusions-
urtel der gestellten Warnurig gemäß abgefaßt.
2) Ist gewiß, daß der den Nachlaß in Anspruch nehmende Erbe zur Zeit der angefalle
nen Erbschaft nähere oder gleich nahe Miterben wirklich gehabt habe, und nur
nicht auszumitteln, ob dieselben gegenwärtig noch vorhanden sind, oder wo sie
sich aufhalten; so ist nach Nro. II. zu verfahren. — 8. 148—154, I. 51 A. G.
O. Anh. §. 59, 60 zu §. 42, I. 7. z. 107 fg. I. 5V a. a. O. — g. 485 bis
43«, I. 9 A. L. R.
IV. Die Borschriften unter III. finden auch aufLegatarien Anwendung,
in fofcrn sie sich als Verwandte einer bestimmten Person zu lcgitimiren haben; und
es kann hiernach die öffentliche Vorladung der unbekannten Verwandten in dem Ge
richtsstande der Erbschaft, aus welcher das Legat gezahlt werden soll, verfügt wer
den. — Declar. vom 29. März 1829 GS. S. 23.
V. Nach gleichem Unterschiede der Fälle, wie zu I—III., ist zu bestimmen: ob
und in welcher Art eine Ediktalladung gewisser Erbinteressenten zum Bchufe der
Legitimation eines Erbschastskäufers, des Lsssionsrs einer erbsckaft«
lichen Aktivforderung, oder dessen, der eine solche Forderung an einen Er
ben bezahlt hat, erforderlich und zulässig sei, indem es dabei auf die Legitima
tion des Verkäufers, des Zedenten oder des Empfängers der Zahlung ankommt. —
8. 155, I. 51 A. G. O.
S14
' II. Oefsentliche Borlodung unbekannter Ag«<rten «der
Gesammthänder.
§. S4t. In Fällen, wo nach den allgemeinen oder nach den besondern Lehn-
rechten einer Provinz eine öffentliche Aufforderung unbekannter Agnaten oder Ge
sammthänder zu gewissen Erklärungen, oder zur Ausübung gewisser Lehnsrechte statt«
findet, sind wegen der Förmlichkeiten der Ladung und der Hinausrückung des Ter
mins die Borschriften §. 340, III. 1 o zu beobachten.
Geschieht das Aufgebot wegen VerSusserung de« Lehns an ein Familienglied;
so kann unter der Warnung des Berlusts des besseren Rechts vorgeladen werden.
Soll aber eine Verwandlung des Lehns in Erbe erfolgen; so kann nicht die Prä
klusion angedroht werden.') >
Agnaten, deren Existenz und Aufenthalt aus den Hupothckenbüchern, oder aus
der vom Richter zu erfordernden gewissenhaften Angabe des Ertrahenten bekannt ist,
müssen allemal durch besondre Verordnungen vorgeladen werden. — Z. 157, 153, I.
S1 A. G. O. — Concl. der Ges. Com. vom 22. Febr. und Res. vom 5. März
1785 Kleins Ann. 1 S. 166. — Res. vom 9. November 1795. Rabe 3, S.203.
Sab.-Ord. vom 28. November 1826 GS. S. 12K
M. Oeffentliche Vorladung unbekannter Handlungs- und
Sozietätsgläubiger.
Z. 342. I. Eine öffentliche Borladung unbekannter Gläubiger, Behufs Pr«i-
Vufion mit gewissen Rechten, kann unter Andern statt finden:
1) wenn ein Kaufmann, welcher die seinem Faktor ertheilte Prokura zurückge
nommen, und dieses öffentlich bekannt gemacht hat, sich auch wegen der vom
Faktor während seiner Verwaltung vorgenommenen Geschäfte
gegen unbekannte Ansprüche sicher stellen will;
2) in Ansehung unbekannter Sozietätsgläubiger, wen» einem austre
tenden Gesellschafter die Führung der ganzen Sozietätshandlung oder eines TheilS
derselben als Disponenten übertragen gewesen;
3) wenn einer der sich trennenden Gesellschafter gegen unbekannte Sozietäts
gläubiger sich decken will. — 159, 162, 164, I. S1 A. G. S.
II. Diese Ediktalladung muß im Falle zu l. Rro. 1 beim persönlichen Richter
des Prinzipals, in den beiden andern Fällen im Gerichtsstande der Sozietät nach
gesucht, und dabei zugleich vom Extrahenten an Eidesstatt angezeigt werden, nach
welchen in- und ausländischen Handlungsplätzen der Verkehr der Handlung resp.
Sozietät vorzüglich gerichtet gewesen. — §. 160, 167 a. a. O.
III. Das Verfahren ist folgendes:
Z) der Termin wird mit Rücksicht auf den nach !l. angegebenen Berkehr auf min
destens 6 und höchstens 18 Monate hinausgerückt.
L) In der Ediktalladung wird die Warnung gestellt:
daß diejenigen, welche sich im Termine nicht melden, wenn sie sich an den
Ertrahenten halten wollen, für schuldig geachtet werden würden, die ge
schehene Verwendung der gegebenen Gelder oder Waaren in die Handlung
resp. Sozietät nachzuweisen, und solche Umstände beizubringen, woraus
erhelle, daß sie das gegenwärtige Aufgebot zu erfahren keine Gelegen
heit gehabt.
?) N.eumärksche Lehnsvettern, welche ihr Lehnrecht ediktmössig verfolgt haben, kön
nen jedoch zum Nachweise dessen, daß sie die einigen Agnaten und als« zur Ver
wandlung des Lehns in Erbe berechtigt sind, das öffentliche Aufgebot der unbe
kannten Lehnsfolger sub poens prseelusionis ausbringen. — Coocl. der Ges.
«omni, vom 4. April 17S9. Kleins Ann. 4, S. 21S.
515
3) Dir Einrilckung »ms in die Jntelligenzbliitter der Provinz, und falls
solche nicht erscheinen, in den Anzeiger de« Amtsblatts erfolgen. Auch auf deu
Börsen der nach II. angegebenen Handlungsxlätze muß die Bekanntmachung
geschehen, und deren Besorgung, so «ie die Beibringung de« Nachweises darüber,
kann dem Ertrahenten zur Pflicht gemacht werden. — Hinsicht« der Einrückung
in die inländischen Zeitungen, und in die öffentlichen Blätter der Orte, wohin
der Berkehr hauptsächlich gerichtet gewesen, kommt die Vorschrift Z. 5S, II. Rro. 4 e,
und in Betreff des Aushangs und der übrigen hier nicht besonders bestimmten
Förmlichkeiten die Borschrift §. 34«, III. Nro. 1 o zur Anwendung. — §. 16«,
16t. 165—16« a. a. O.
IV. Nach Abhaltung de« Termins, und Beschaffung der Beläge über erfolgte
Bekanntmachung des Termins, wird die Präklusoria, der gestellten Warnung
gemäß, gegen die unbekannten Gläubiger, die sich nicht gemeldet haben, abgefaßt,
und gewöhnlichermasscn durch 14tägigen Aushang publizirt (§. 183). Die Folg«
für die Präkludirten ist,
1) daß für die vom Faktor eine« Kaufmanns gemachten Schulden, welche aus den
Büchern und andern vorhandenen Nachrichten nicht bekannt gewesen sind, der
Prinzipal nur in so weit hastet, als aus dem fraglichen Geschäfte etwas, und
in wie weit dasselbe wirklich an die Handlung gekommen ist; und daß
2) die Sozictätsgläubiger den antragenden Sozius nur in Betreff dessen, was aus
dem Geschäfte wirklich in die Handlung gekommen ist, und nur nach BerhältniK
seines an der aufgehobenen Sozietät gehabten Antheil« in Anspruch nehmen kön«
neu. An die Person dessen, mit welchem die Gläubiger kontrahirt haben, be
halten sie ihre Rechte. — g. 164, 16» a. o. O. — 8- S39, 6»3, 675, 676, II.
S A. L. R.
V. Auf bekannte Gläubiger kann die Präklusion niemals bezogen wer«
den. Wollen bei Auflösung einer Handlungssozietät die Mitglieder gegen solidarische
Verhaftung wegen der aus Verträgen erwachsenen Sozietälsschulden') sich sichern?
so müssen sie dem bekannten Sozietätsgläubiger die Aufhebung der Gesellschaft aus
drücklich bekannt machen. Meldet sich nun ein solcher Gläubiger innerhalb Jah
resfrist nach geschehener Bekanntmachung, und falls die Forderung erst nach Auf
hebung der Gesellschaft fällig war, innerhalb eines Jahre« nach dem Verfalltage,
nicht; so haftet ihm jedes Mitglied auch aus einem solchen Vertrage nur nach Vers
HSltniß seines an der Sozietät gehabten Antheil«. — §. 163, I. 51 A. G. O. —
z. 3»s—31«, I. 17 A. L. R.
IV. Oeffentliche Vorladung unbekannter Bau- und Kassengläubiger,
z. 343. I. Ferner können öffentliche Vorladung Behufs Präklusion beantragen:
1) Fiskus, und wer mit ihm gleiche Rechte hat, in Bezug auf diejenigen
unbekannten Gläubiger, welche bei einem auf Königliche oder andre öffentliche
Rechnung geführten Baue Materialien geliefert, oder Arbeiten dazu geleistet ha
ben. Das Verfahren gehört hier, wenn der Bau auf einem Domainenamte ge
führt worden, vor das Domainenjustizamt, resp. das dessen Stelle vertretende
Untergericht, sonst aber vor das Landesjuftizkollegium der Provinz;
2) die Korps-Jntendanturen in Bezug auf die unbekannten Militairkassengläu-
biger. Der Antrag muß von jenen bei demjenigen Obergericht gemacht werden,
in dessen Departement sich die betreffende Militairkasse befindet. Der Militair-
') Für Schulden, die aus der Geschäftsführung eines Sozius ohne Auftrag, oder
au« einer nützlichen Verwendung entsprungen sind, haftet jedes Mitglied ohnehin
nur für seinen Antheil, und für die übrigen Mitglieder in subsilllum. —
behörde ist zur Vertretung beim Verfahren, ei« OfsiManwalt, ünd zw« zur
Ersparung der Kosten aus der Zahl der Referendarien, zuzuordnen;
c>) die einer Königlichen, oder andern öffentlichen, mit fiskalischen Rechten versehenen
Kasse vorgesetzte Behörde in Bezug auf unbekannte Ansprüche an die
Kasse selbsc, oder an die Kaution eines dabei angestellten Beamten, wenn
«) cs sich darum handelt, die Rechnungen eines abgehenden Rendanten, oder
andern mittelbaren oder unmittelbaren Kassen- «der Magazinbeamten abzu-
schliessen, und ihm oder feinen Erben die Kaution zurückzugeben; (was na
mentlich auch in Bezug auf Beamte der gerichtlichen und vormundschaftlichen
Depositalkassen, so wie der landschaftlichen, Kreis- oder Kämmereikassen, der
Kassen der Domkapitel, Kollegiatstifter, Klöster, Schulen, und andrer milden
Stiftungen gilt); oder
d) wenn ein gewisses bestimmtes Geschäft, z. B. die Regulirung des öffentlichen
Schuldenwesens einer Provinz oder Stadt,') für einen gewissen Zeitraum
erfolgt ist, und mit dem Abschlüsse der Bücher und Rechnungen verfahren
werden soll. Hier ist das Aufgebot selbst dann zulässig, wenn die Regulirung
„ des vorliegenden Geschäfts, und die Aufstellung der Rechnung, wegen Ab
gangs der dazu erforderlichen Materialien, nach dem Urtheile der vorgesetz
ten Verwaltungsbehörde nicht anders als mit Hilfe des Aufgebots erfolgen
kann. — §. 169, 171 cl, 171 e. Anh. Z. 393, I. 51 A. G. O. — Res. vom
21. Juli 1823. Jahrb. 22, S. 84. — Res. vom 28. Oktober 18ZV. Jahrb.
36, S. 32«.— Res. vom 1«. Juli 1837. Grafs, Koch ,c. Hl. S. 1174.—
Eab.-O. vom 11. Juli 1833 GS. S. 8«. — Eab.-Ord. vom 11. Februar
1832 GS. S. 61. — Cab.-Ord. vom 12. Mai 1834 GS. S. 68.
II. Das Verfahren in allen diesen Fällen ist folgendes:
1) In der öffentlichen Ladung, resp. Aufforderung, wird die Warnung beigefügt:
daß derjenige, welcher sich innerhalb der zu bestimmenden Frist bei der
Behörde, welche den Bau dirigirt, oder die Kasse verwaltet hat, späte
stens aber in dem anzusetzenden Liquidationstermine beim Richter nicht
meldet, nach fruchtlosem Ablaufe des Termins seines Anspruchs an die
Kasse verlustig sein, und blos an die Person dessen, mit welchem er kon-
trahirt habe, verwiesen werden soll.
2) Der Termin wird in der Regel auf drei Monate, wenn aber der Bau, resp. die
Verwaltung, nach richterlichem Ermessen, von keiner sonderlichen Wichtigkeit ge
wesen, auf sechs Wochen bestimmt. Nach dieser Bestimmung des Termins rich
tet sich auch die Art und Zahl der Bekanntmachungen gemäß §.340,111. Nro.l.d u. o.
Z) Mttdet sich im Termin ein unbekannter Bau- oder Kasscnglä'ubigcr; so werden
ihm im abzufassenden Präklusionsurtel blos feine Rechte vorbehalten. 2) Im
>) Für gewisse Provinziol- und dergl. Schulden sprechen Präklusivtermine aus:
s) für Sachsen die Cab,-Ord. vom 3t. Jan. 1822 GS. S. 46;
d) für Lieferungen aus dem französischen Kriege. — Eab.-O. vom 27. Juni 1822
GS. 1823 S. 17 u. Cab.-Ord. vom 4. September 1823 GS., S. 161.
«) für Staatsgläubigcr aus der französischen Zeit. — Eab.-Ord. vom 7. Decbr.
1822 GS. 1823 S. 1».
6) für Magdeburg. — Eab.-O. vom 7. Februar 1823 GS. S. 2«.
e) für Forderungen aus der westfälischen Zeit. — Eab.-Ord. vom 19. Juli 1823 GS.
S. 156 u. Cab.-Ord. vom 12. November 1823 GS. S. 174.
s> für die Altmark. — Eab.-Ord. vom 13. Juli 1823 GS. S. 157.
für Forderungen aus der warschauschen Zeit. — Cab.-Ord. vom 27. Sextbr.
1823 GS. S. 164.
K) für die Kur- und Neumark. — Eab.-Ord. vom 6. Decbr. 1823 GS. S. 18«.
i) sürErfurtund Blankenhain. — Eab.-Ord. vom 10. Dccember 1825 GS. S. 235.
») Die Kosten des Aufgebots muß die dasselbe auswirkende Kasse tragen, in sofern
517
Uebrigen wird er, wenn sein Anspruch nicht sofort anerkannt wixb, wegen nähe
rer Ausführung desselben an die in der Sache kompetente Behörde verwiesen.
4) Das aus ein dergleichen Aufgebot ergehende Präklusionsurtel steht denjenigen
Bau- rcfp. Kassengläubigern entgegen, von welchen aus den Akten und Rech
nungen nicht zu ersehen gewesen, daß sie eine Forderung haben, «der daß dieselbe
noch unbezahlt sei. Diese müssen sich dann an denjenigen halten, mit welchem
sie kontrahirt haben, oder der die ihnen zu leistende Zahlung in Empfang ge
nommen, und sie doch nicht gehörig befriedigt hat.
Werden Forderungen aus Verwaltungsansprüchen an die Staatskasse aufge
rufen; so bezieht sich die demnächst erfolgende Präklusion auf alle nicht ange
meldete Ansprüche an die Domainenverwaltung, sie mögen aus Pachtkontrakte»
oder aus andern Rechtsverhältnissen entstanden sein. — K. 1S9, 171«, 171b,
171«, I. S1 A. G. O. — Cab.-Ord. vom 27. März 1833 GS. S. 31.
V. Oeffentlichcs Aufgebot von Depositalmassen,
j. 344. I. Sind im Depositorio eines Obergerichts, «der eines landesherrliche»
Untergerichts, oder eines Patrimonialgerichts, Massen, die um deshalb nicht ausge
schüttet werdcn können, weil entweder ihr Eigcnthümer unbekannt ist, oder weil der
selbe die Annahme oder Verfügung darüber ablehnt; so ist deshalb nicht grade Edik-
talladung und Präklusion erforderlich; vielmehr werden
1) die Eigcnthümer «der deren Erben durch eine von Obergerichten in die Zeitun
gen und Jntelligenzblätter, von Untcrgerichten in die Amtsblätter einzurückende
Bekanntmachung von Amtswegcn davon benachrichtigt, und aufgefordert, binnen
4 Wochen sich zur Empfangnahme zu melden, widrigenfalls die Masse aus dem
Depositorio zur allgemeinen Justizoffizianten-Wittwenkasse abgeliefert werden solle.
2) Wenn auf diese keiner Wiederholung bedürfende öffentliche Bekanntmachung Nie
mand die Auszahlung nachsucht; so werden die Gelder nach Ablauf der 4 Wo
chen zur Wittwenkasse gezahlt, und bei derselben so lange aufbewahrt, bis in
der Folge deren Eigenthümer oder die Erben derselben sich bei dem Gericht, wo
die Gelder dcponirt waren, zu deren Empfangnahme gehörig legitimircn. — Un
tergerichte senden dergleichen Gelder ans Obergericht, > ) welches sie bis Absen
kung an die Justizoffizianten-Wittwenkasse in seinem Depositorio verwaltet. Die
Verwaltung der von den Patrimonialgerichten gesendeten geschieht jedoch beson
ders, und in einer besondern Depositalmasse. >>
3) Sobald der Eigenthümer oder dessen Erben sich demnächst zur Masse legitimirt
haben, soll die Zurückzahlung cer zur Wittwenkasse abgelieferten Gelder unwei
gerlich und ohne Verzug erfolgen.
4) Auf die von diesen Geldern inzwischen von der Wittwenkasse erhobenen Zinsen
haben die Eigenthümer oder deren Erben keinen Anspruch; sie bleiben der Witt
wenkasse. — Anh. §. 391 zu §. 171 s, l. 51 A. G. O. — Cab.-Ord. vom 13.
März 1830 u. vom 7. September 1836. Res. vom 21. September 133S. Jahrb.
48. S. 227 fg.
II. Kommt es zu einem wirklichen Aufgebot unbekannter Depositalinteressenten ;
sie nicht Kostenfreiheit genießt. — Cab.-Ord. vom 4. März 183Z. Jahrb. 45,
S. 205.
1) Dieses sendet die Gelder nur in gcwi^en Zwischenräumen an die Wittwenkasse.
Gleichzeitig reicht es dem Justizminister darüber einen Depositalextrakt, und wenn
keine Einnahme von Patrimonialgerichten vorgekommen sind, zugleich ein Vakat-
attcst ein.
2) Die Zinsen, von diesen von Patrimonialdepositen fliessende i Geldern, werden nach
dem Ermessen des Justizministcrs für bedürftige Wittwen und Waffen verdien
ter Justizbeamten, welche Patrimonialgerichts verwaltet haben, verwendet.
S18
so finden b« Vorschriften §. 343, II. Anwmimng. — Anh. §. 392 zu §. 171 ,, l. '
S1 A. G. O.
III. Auf Depositalmassen, welche zu vakanten Erbschaften') gehö
ren, kann jedoch die Bestimmung unter I. niemals angewendet werden, da in
Bezug auf solche nach den Vorschriften des z. 340 verfahren wird. — Res. vom
29. Septbr. 1810. Rabe 10, S. 418.
VI. Oeffentliche Vorladung der Gläubiger eines Verschwenders.
§. 345. Der Kurator eines gerichtlich für einen Verschwender Erklärten kann
I. die spezielle Vorladung derer, von welchen er weiß, daß sie For
derungen an den Kuranden machen, die er aber für bekannt anzunehmen Bedenken
trägt, beantragen. Diese werden dann durch besondre Verordnung vorgeladen, und
es findet dann zwischen ihnen und dem Kurator das S. 303—306 hinsichtlich des
Diffamationsprozcsses vorgeschriebene Verfahren statt, nur mit dem Unterschiede, daß
hier die Sache vor den ordentlichen Richter des Kuranden gehört. — Er kann aber auch
II. auf öffentliche Vorladung der unbekannten Gläubiger des
Verschwenders antragen, zu dem Zwecke, damit er
s) von den vorhandenen Schulden näher unterrichtet werde, und seine ferneren Dis
positionen darnach einrichten könne; und
b) daß der Kurande verhindert werde, neue Schulden zu kontrahiren, und durch
Jurückdatirung der Instrumente die Absicht der Prodigalitätserklärung zu vereiteln.
Bei einer solchen Ediktalladung nun werden
1) die unbekannten Gläubiger des Verschwenders aufgefordert, innerhalb der gesetz
ten Frist, oder spätestens im Termine selbst ihre Forderungen beim Gericht an
zuzeigen. Dabei wird die Warnung gestellt:
daß sie sonst die Vermuthung wider sich haben: daß sie dem Verschwen
der erst nach der Prodigalitätserklärung kreditirt, wenn auch ihre In
strumente von älterem Dato wären ; und daß sie also, wenn sie nach Ab
lauf des Termins ihre Forderung einklagten, und bei der Instruktion das
Gegentheil obiger Vermuthung nicht ausgemittelt würde, mit ihren For
derungen abgewiesen werden sollen.
2) Die Bekanntmachung der Ediktalladung geschieht in der Regel mit der Bekannt
machung der Prodigalitätserklärung zugleich, und in Einer Verordnung.
Es sind auch dazu keine gewisse Fristen bestimmt; sondern diese, so wie der
Aushang und die Anzahl der den Jntelligenzblättern und Zeitungen einzurücken
den Anzeigen müssen vom Richter nach vernünftigem Ermessen, mit Rückficht
auf das Vermögen des Verschwenders, und den grösseren oder geringeren Um
fang seines bisherigen Verkehrs, bestimmt werden.
3) Im Termine werden die sich etwa meldenden Gläubiger mit der Anmeldung
ihrer Forderungen zum Protokoll vernommen, Und die Sache hiernächft zur wei
tern besondern Ausführung zwischen ihnen und dem Kurator verwiesen. Gegen
die Ausbleibenden aber wird ein Präklusionsbescheid nach der unter Nro. 1 ge
dachten Warnung abgefaßt und gewöhnlichermassen (§. 183) publizirt. Gegen
denselben steht nur das Z. 191 abgehandelte Rechtsmittel der Restitution zu. —
8. 172-178, I. 51 A. G. O.
VII. Oeffentliche Aufforderung unbekannter Zollkontravenienten.
tz. 346. Wenn ein Unbekannter, welcher auf einer Uebertretung der Sollgesetze

') Auf solche Massen hat die Just. Qfsiz.-Wittwenkasse niemals Anspruch. Sie ge
hören dem Fiskus. — Res. vom 14. Juli 1SZ7. Jahrb. SO, S. 219.
619
betroffen worden, sich entfernt, und verbotene und abgabenpflichtige Gegenstände ohne
oder mit andern Sachen zurückgelassen hat; so wird hierüber,
1) wenn der Werth der Sachen über 5« Thlr. beträgt, eine öffentliche Bekannt
machung von der Provinzialzollbehörde > ) erlassen, und drei Mal von vier zu
vier Wochen in die amtlichen Blätter eingerückt. Meldet sich hierauf Niemand
binnen 4 Wochen nach der letzten Bekanntmachung; so werden die Sachen H«m
Bortheile der Staatskasse verkauft; dem Inhaber oder Eigenthümer bleibt aber
vorbehalten, seine Ansprüche auf Erstattung des Erlöses noch bis zum Ablauf
eines Jahres, von der ersten Bekanntmachung an gerechnet, geltend zu machen.
2) Beträgt der Werth der Sachen nicht über 50 Thlr. , s« bedarf es der öffentli
chen Bekanntmachung nicht. Der Berkauf kann alsdann, wenn sich binnen 4
Wochen nach der Beschlagnahme Niemand gemeldet hat, verfügt werden, und
. die einjährige Frist für den Eigenthümer oder Inhaber der Sache zur Geltend
machung seiner Ansprüche auf Erstattung des Erlöses wird vom Tage der Be
schlagnahme an gerechnet. — K. ö« des Ges. vom 23. Januar 183« GS. S. 9«.
VlII. Aufgebot eines Fundes und eines Schatzes.^)
§.347. Sowol der Fund, als der Schatz muß vom Finder unter bestimmter
Angabe dessen: wie und wo er zu dessen Besitz gekommen, der Gcrichtsobrigkeit des
Funds- nfp. des Entdeckungsorts angezeigt werden. Bei mehren Gerichtsobrigkei-
ten an diesem Orte hat unter ihnen der Finder die Wahl. Der Richter hat
1. die Pflicht der Aufbewahrung der gefundenen Sache resp. des
Schatze«. Jedoch kann er
») die Berwahrung, nach Bewandniß der Umstände und Beschaffenheit der Sache,
dem Finder selbst übertragen, wenn dieser eine unverdächtige und sichere Per
son ist. Er muß aber in allen Fällen die Beschaffenheit der Sache und ihre
Merkmale in den Akten verzeichnen, und dem Finder die Art der ihm iiber-
lassenen Aufbewahrung vorschreiben. Er muß ferner
d) Sachen, welche dem Verderben oder sonst einer beträchtlichen Verminderung des
Werths unterworfen sind, oder zu deren Aufbewahrung beträchtliche bis zur
Hälfte des Werthes ansteigende Kosten erforderlich wären, in einem kurzen
Termine zum öffentlichen Verkaufe ausbieten. Demnächst wird da«
Kaufgeld bis zum weiteren Auelrage der Sache in gerichtliche Verwahrung ge
nommen. Hat der Finder, vor dem Verkaufe, Futter für das gefundene Vieh,
oder andre nothwendige Ausgaben auf die Sache verwendet; so müssen ihm die
selben, nach Abzug der etwa gehabten Nutzungen, von dem Kaufgelde sofort er
setzt werde».
2. Ist binnm 8 Tagen nach geschehener Anzeige der Verlierer der Sache, resp.
der Eigenthümer des Schatzes, auf andre Art nicht ausgeforscht; so muß derselbe
öffentlich vorgeladen, und ein Termin zu seiner Anmeldung, bei Verlust sei
nes Rechts, bestimmt werden. — Meldet sich zu einem Schatze vor dem Aufgebot
Jemand als Eigenthümer oder als Erbe desselben, kann aber sei« Recht nicht bin
nen sechs Wochen vollständig nachweisen; so muß dennoch mit der öffentlichen Ver
ladung verfahren werden. Inzwischen bleibt dem Ansprechenden die wkitere Aus
führung seines Rechts auch während des Aufgebots vorbehalten.
>) Ein Einschreiten des Gerichts, wie es die A. G. O. I. öl Z. 179 fg. vorschrieb,
fällt daher jetzt weg. Nur wenn fiskal. Untersuchung gegen ein bestimmtes In
dividuum beantragt wird, treten die desfalsigen Bestimmungen em.
^) Unter Schätzen versteht man alle Sachen von einigem Werth, die über oder un
ter der Erde verborgen liegen, in sofern der Eigenthümer derselben unbekannt
ist. Falls der Eigenthümer nicht zweifelhaft, oder leicht zu entdecken ist, s« kann
nicht vom Schatz die Rede sein. — S. 74 ». 104, I. 9 V. L. R.
S20
Beim Schatze bedarf es jedoch keines Aufgebots, wenn aus dessen Beschaffen
heit selbst sich ergibt, daß derselbe schon seit Einem oder mehren Jahrhunderten
verborgen gewesen sei.') Der Richter muß aber die Umstände, woraus dieses er
hellen soll, jedesmal genau prüfen, und wenn es ein Unterrichter ist, vom vorgesetz
ten Landcsjustizkollcgio Vorbcscheidung ! ob mit dem Aufgebot verfahren werden soll,
«der nicht, einholen.
3. Da, wo öffentliche Vorladung nöthig ist, erfolgt
») förmliche Ediktalladung, und also auch Aushang an der Gerichtsstelle bei Gegen
ständen, die nach der Taxe über 200 Thlr. Werth sind. Im Uebrigen muß
d) bei Sachen von 200« Thlr. und drüber an Werth die Hmausrückung des Ter
mins auf sechs Monate, und sechsmalige Einrückung in die Jntelligenznachrich-
ten der Provinz erfolgen, es kann auch dreimalige Einrückung in eine Zeitung
geschehen; . ,
e) bei Gegenständen unter 200« Thlr. bis 2«« Thlr. an Werth muß der Termin
drei Monate hinaus-, und vier Mal in die Jntelligenzblärter eingerückt werden.
Eine 2malige Einrückung in die Zeitungen hängt von richterlichem Ermessen ab.
6) Bei Sachen, deren Werth unter 20« Thlr. und bis 5« Thlr. beträgt, wird
der Termin auf zwei Monate bestimmt, und die Bekanntmachung erfolgt drei
Mal in den Jntelligenznachrichten, nach Umständen auch 2 Mal in den Zeitungen.
«) Bei Sachen unter 5« Thlr. und über 1« Thlr. im Werth wird der Termin
auf 4 Wochen hinausgesetzt, und 2 Mal in den Jntelligenzblättern, nach Um
ständen auch ein Mal in den Zeitungen, bekannt gemacht, und
f) bei Gegenständen von I« Thlr. und weniger im Werth erfolgt die Hmausrückung
des Termins auf 14 Tage, und die Einrückung ein Mal in die Jntelligenzblätber.
Wo solche nicht erscheinen, treten an deren Stelle die Amtsblätter.
8) Bei Sachen von ZV Thlr. oder weniger am Werth kann dem Finder überlassen
werden, die Bekanntmachung selbst zu veranlassen, und den Verlierer «sp. Er-
genthümer anzuweisen, daß er sich beim Finder selbst melde. Doch muß dieser
nach Ablauf des Termins die gehörig geschehene Bekanntmachung dem Richter
nachweisen.
K) Sind Vermuthungen vorhanden, daß ein fremder Reisender oder sonst ein Ab
wesender die Sache verloren haben könnte, so sind die gesttzmässigen Fristen zu
verdoppeln. Die Zahl der Bekanntmachungen bleiben zwar dieselben; doch kann
in Fällen, wo, nach Verhältniß des Werths, die Einrückung in die Zeitungen
geschehen kann, dieselbe auch eben so oft, wie in die inländischen, in einer aus
ländischen Zeitung erfolgen. Dabei wird die Bestimmung z. S6, II. 4e berücksichtigt.
4. Hat weder vor, noch im Termin der Verlierer resp. der Eigenthümer oder
dessen Erbe sich gemeldet, und hat auch der Verlierer seinen Verlust, mit einer deut
lichen Beschreibung der Sache, noch vor dem Zuschlage nicht öffentlich in den Zei
tungen der Provinz, in welcher das aufbietende Gericht seinen Sitz hat, bekannt
gemacht; so muß der Zuschlag der Sache erfolgen, und zwar
^. bei gefundenen Gegenständen, '
s) wenn die Sache nur hundert Thaler oder weniger am Werth beträgt, an den
Finder;
b) bei Sachen von höherem Werths an den Finder und an die Ortsarmens
kasse, so, daß der Finder alsdann den Werth bis zu 100 Thlr. zum Voraus,
und vom Ueberreste des Werths die eine, die Armenkasse aber die andre Hälfte
erhält. Vor Theilung müssen aber die auf die Sache und das Aufgebot «er-

') Z. B. wenn die gefundenen Münzen zu solchen gehören, welche seit mehr als
100 Jahren nicht mehr kursiren.
521
«endeten Kosten vom Ganzen abgezogen werden. Sind am Orte mehre öffent
liche Armenkassen; so entscheidet der Bezirk, wo die Sache gefunden ist; und
wenn dieses nicht entscheidet, die persönliche Eigenschaft dcs Finders,
c) Streiten mehre um das Recht des Finders; so muH der eigentliche Finder ous-
gemittelt werden (g. 9—13, I. 9 A. L. R.Z. Bleibt darnach die Sache unent
schieden; so kommen die Rechte des Finders allen denen zu, welche, die Sache
in Besitz zu nehmen, sich zu gleicher Zeit bestrebt haben. — Die Mehren Fin
der können jedoch zusammen nur dm unter s und Ii bezeichneten Antheil erlangen.
L. Beim Schatze erfolgt dann, wenn der Eigenthümer nicht auszumilteln
ist, und der Schatz aus Sachen besteht, die vom gemeinen Verkehre nicht ausgenom
men sind, der Zuschlag
s) an denjenigen, welcher ihn auf seinem eignen Grunde gefunden hat;
K) zur Hälfte an den Finder, und zur andern Hälfte an den Eigenthümer
des Grundes, wo er gefunden worden, wenn der Finder ihn auf fremdem
Gute jedoch ohne besonderes Nachsuchen gefunden hat. Dies gilt in«
Besondre, wenn Gesinde oder Arbeitsleute bei ihren gewöhnlichen Verrichtungen
einen Schatz entdecken: ferner, wenn Jemand mit Bewilligung des Eigenthü-
mers auf fremdem Grunde nach einem Schatze gesucht und dergl. wirklich ent
deckt hat, wenn nicht durch besondre Abreden unter den Parteien deshalb ein
Andres bestimmt ist.
c) zur Hälfte an den Eigenthümer des Grundes, wo er gefunden worden,
zur andern Hälfte an den Fiskus, wenn der Finder ohne Bewilligung des
Eigenthümers auf fremdem Grunde Schätze gesucht und gefunden; wenn er bei
deren Nachsuchung vermeintlicher Aaubcrmittel, durch Geisterbannen, Zitiren der
Verstorbenen, oder' andrer dergl. Gaukeleien, es sei aus Betrug oder Aberglau
ben, sich bedient hat; endlich, wenn er bei deren Nachsuchung den zur Verhü
tung von Feuersbrünsten oder andern gemeinen Beschädigungen gegebenen Poli-
zeigesctzen entgegen gehandelt hat.
Der Eigenthümer sowol, als Fiskus haben das Recht, vom Finder, nach be»
wandten Umständen, die eidliche Angabe seines Funds zu fordern.
<I)Mehre Miteigenthümer eines Grundstücks, auf welchem ein Schatz
gefunden worden, nehmen an den Eigentbumsrcchtcn des Schatzes gemäß s—o
nach Verhältniß ihres Rechts auf das Grundstück selbst Theil. Ist er auf der
Grenze gefunden, so theilen die Gränznachbarn gleich. Darauf, ob er grade auf
der Mitte der Grenze gelegen, oder dcs Einen Grund mehr oder weniger be
rührt hat, kommt es nicht an. Ist jedoch der eine der Miteigenthümer oder
Grenznachbarn Finder; so gebühren ihm noch ausserdem die Rechte des Finders
auf die Antheile der übrigen Interessenten.
e) Bei getheiltem Eigenthum gebühren die Rechte des Eigenthümers am
Schatze dem nutzbaren Eigenthümer, also beim Lehne dem zeitigen Besitzer, beim
Fideikommiß dem Fideikommißbesitzer, beim Erbzinsgut dem Erbzinsmann. —
Dagegen hat der blosse Nießbraucher und der Erbpächter nicht diese Rechte. Der
Eigenthümer der blossen Oberfläche, oder eines darauf errichteten Gebäudes, dem
nicht zugleich der Grund und Boden zukommt, hat nur in Bezug auf die über
der Erde gefundenen Schätze die Rechte des Eigenthümers. Diese stehen, so
lange ein Grundstück nicht übergeben ist, noch dem Verkäufer zu, es müßte denn
die Gefahr der Sache bereits auf den Käufer übergegangen sein. Hat jedoch
der Käufer von dem auf dem Grundstück verborgenen Schatze Wissenschaft ge
habt, und es dem Verkäufer nicht angezeigt; so kann er in der Folge blos als
Finder angeschen werden.,
S. Meldet sich vor dem Zuschlage eines Fundes der Verlierer; st
522
muH er nachweisen, daß er dieselbe vorher besessen habe. Ist die Sache so beschaffen,
daß sie ihrer Natur nach von Sachen gleicher Art nicht unterschieden werden kann;
so muß der Ansprechende besonders nachweisen, daß die aufgebotene Sache grade die
verlorne sei. Der Finder muß auch dem vorigen blossen Inhaber die Sache verab
folgen. Entstehen erhebliche Zweifel über die Redlichkeit des Besitzers oder Inha
bers, so bleibt die Sache bis nach näherer Ausmittelung in gerichtlicher Verwahrung.
6. Wird die Sache dem Eigenthümer zurückgegeben; so muß er dem Finder die
auf die Sache und das Aufgebot verwendeten Kosten, nach Abzug der gehabten
Nutzungen, und, auf Verlangen, eine Belohnung im Betrage des zehnten Theils deS
Werths nach Abzug jener Kosten, und wenn dieser Werth 500 Khlr. übersteigt, den
zehnten Theil von SM Thlr., und Eins vom Hundert des Ueberrestes geben. Bei
zahmem Vieh beträgt die Belohnung aber nur das gewöhnliche Pfandgeld. Der
Belohnung geht der Finder jedoch verlustig, wenn er beim Funde drei Tage, und
beim Schatze 4 Wochen die nöthige Anzeige unterläßt, oder den Fund ablciugnet. —
§. 19-102, I 9 A. L. R.
IX. Oeffentliches Aufgebot der unbeweglichen Sachen.
Z. 348. I. Das Aufgebot von Grundstücken und solchen Grundgerechtigketten,
von welchen Hypothekenfolien angelegt werden können, muß immer im Gerichts
stände der Sache nachgesucht werden, und kann erfolgen
1) zur Erlangung der Präklusion unbekannter Realprätendenten,
namentlich auch in Bezug auf unbekannte Servituten, d. h. solche, die im Hy
pothekenbuche nicht eingetragen sind, gleichwohl aber den Nutzungsertrag des auf
gebotenen Grundstücks schmälern, und durch keine in die Sinne fallende Kenn
zeichen oder Anstalten angedeutet werden z > )
2) Behufs Beseitigung von Mängeln, welche bei der ersten Anlegung des
Hypothekenbuchs eines Immobile im Wege stehen; und
3) zum Zweck der Berichtigung des Besitztitels von einem Immobile, von welchem
das Hyp«theken«Folium bereits angelegt ist, wenn der Besitzer eines bereits ins
Hypothekenbuch eingetragenen Grundstücks sein Recht von einem Andern, als
dem zuletzt eingetragenen Besitzer herleitet, oder bei der Herleitung seines Rechts
von diesem Besitzer nachweift, daß derselbe gestorben oder rechtskräftig für- tod
erklärt worden ist.
II. Zum Antrage auf Veranlassung des Aufgebots in diesen Fällen ist nur
der Besitzer des Immobile ermächtigt. 2) Liegt jedoch ein Fall vor, in
welchem ein Grundbesitzer zur Berichtigung des Besitztitels nach Maasgabe der
Ordre vom 6. Oktober 1833 angehalten werden muß ; so ist die Hypvthekenbehkrde
befugt, einen Anwalt zu bestellen, welcher auf Kosten des Verpflichteten HaS Auf
gebot in Antrag bringt, und die Berichtigung des Besitztitels betreibt.
III. Zur Begründung des Antrags gehört,
1) daß der Besitzer durch ein Attest der Ortsbehörde nachweist, daß er das Grund
stück eigenthümlich besitze; oder daß er die Erwerbung des Eigenthums durch
eine öffentliche Urkunde bescheinigt;
2) daß der Besitzer einen Hypothekenschein, oder doch ein Verzeichniß der ihm be
kannten Realprätendenten übergibt, und zugleich gewissenhaft anzeigt! daß aus
ser diesen keine andre ihm bekannte Realforderungen vorhanden, und im Falle
1) Zur Ermittelung dessen: ob zu einem Erbbegräbnisse Erbberechtigte vorhanden
find oder nicht, findet dies Aufgebot nicht statt. — Res. vom 7. Deeember 1841
5. M. B. 1841 S/8.
52Z
zu I. Nro. 1, daß auch keine andre als die angezeigten Servituten ihm bekannt
sind; und
3) im Falle zu I. Nro. 3 noch ausserdem, daß entweder die Urkunde, durch welche
der zuletzt eingetragene Besitzer das Grundstuck veräussert hat, oder dessen Ein
willigung beigebracht oder der Nachweis geführt wird, daß der zuletzt eingetra-
gene Besitzer vor länger als einem Jahre verstorben, oder rechtskräftig für tob
erklärt worden ist.
IV. Au dem auf die Provokation anzuberaumenden Termin, wel
cher bei Gegenständen von 5000 Thlr. und weniger an Werth auf 3 Monate, und
bei Gegenständen von mehr als 5<XX> Thlr. im Werth auf 6 Monate hinausge
rückt wird, werden die unbekannten Realinteressenten') ediktoliter unterder War
nung vorgeladen:
daß die Ausbleibenden mit ihren etwanigen Realansprüchen auf das Grund
stück präkludirt werden sollen, und ihnen deshalb ein ewiges Stillschwei
gen auferlegt werden würde.
Sind Realinteressenten nur ihrem Aufenthalte nach unbekannt, so werden sie im
Proklama namentlich vorgeladen. — Die aus dem Hypothekenbuche ersichtlichen,
oder vom Ertrahenten angezeigten Rcalinteressenten erhalten Abschrift der Bekannt
machung zur Nachricht. Sind im Falle zu I. Nro. 3 vom Ertrahenten Eigen
thumsprätendenten angezeigt worden, welche aus dem Hypothekenbuche nicht
ersichtlich sind; so muß denselben der zur Anmeldung der Ansprüche anberaumte
sofern ihr Auftnthalt bekannt ist, durch besondre Erlasse, sonst aber durch
Aufforderung in der Ediktalladung mit der Verwarnung bekannt ge
macht werden:
daß, wenn sie sich nicht spätestens im Termine melden, und ihr Wider
spruchsrecht bescheinigen, die Eintragung des Besitztitels für den Ertra
henten erfolgen werde, und ihnen überlassen bleibe, ihre Ansprüche in
einem besondern Prozesse zu verfolgen.
V. Was die Veröffentlichung der Ediktalladung betrifft, so gnügt
1) bei Gegenständen bis 5V Thlr. der breimonatliche Aushang an der Gerichtsftelle
und in der Ortsgemeinde, wo das Grundstück belegen ist, an der Stelle, wo da
selbst polizeiliche Aushänge zu erfolgen pflegen. Zum Nachweise des letzteren
Aushangs gnügt die Anzeige des vereideten Boten, daß dieselbe erfolgt sei;
2) bei Gegenständen über 50 Thlr. bis einschließlich 50« Thlr. im Werth ausser
den beiden Aushängen zu 1 die einmalige Einrückung ins Jntelligenzblatt und
den Anzeiger des Amtsblatts, oder wo jenes nicht erscheint, in diesen allein;
Z) bei Gegenständen über 500 Thlr. bis 5««« Thlr. einschließlich im Werth der
Aushang an der Gerichtsstelle und die 3malige Einrückung von Monat zu Mo
nat in die Blätter zu 2;
4) bei Gegenständen von mehr als 5000 Thlr. im Werth der Aushang an der
Gerichtsstelle und sechsmalige Einrückung von Monat zu Monat in die Btötter
zu 2 und in eine inländische Zeitung.
VI. Melden sich im Termine Realprätendentenz so muß der Deputirte die
Ansprüche derselben zu Protokoll nehmen, und sie anhalten, daß sie so bestimmt, als
möglich, angeben, worin slkbige bestehen, und worauf sie sich gründen, weiter aber
auf eine Instruktion derselben sich nicht einlassen, vielmehr diese zur befondern Ver
handlung verweisen.
Melden sich keine Realprätendenten; so wird dies im Protokoll vermerkt.
') UebrigevS werden darunter sowol diejenigen, welche Eigenthums-, als die, welche
andre Ansprüche an das Immobile haben, verstanden. -> Lk. auch Res, vom
SV. September lS42 I. M. B. S. S2S. ^ "
524
In beiden Fällen wird bann das Protokoll nebst Akten zur Abfassung bes PrS-
klusionsurtels vorgelegt. Sind die gesetzlichen Vorschriften bei Borladung beobach
tet; so werden im Urtel gegen die ausgebliebenen Realprütendenten die angedrohten
Folgen ausgesprochen. Den aus dem Hypithckenbuche, oder der Anzeige des Er
trahenten bekannten, so wie denen, welche im Termin sich gemeldet haben, werden
ihre bekannten oder angemeldeten Rechte ausdrucklich vorbehalten.
VN. Gegen das Präklusionsurtcl ist nur das im Z. 191 erwähnte Rechtsmit
tel der Restitution zulässig. -
VIII. Im Falle zu I. 3 wird nach rechtskräftig erfolgter Präklusion der nicht
erschienenen, und nach Beseitigung des Widerspruchs der erschienenen Eigenthums
prätendenten die Besitztitelberichtignng für den Ertrahenten auf dessen Antrag be
wirkt, ohne daß es der Eintragung der Borbesitzer bedarf.
Es werden jedoch durch diese Präklusion diejenigen Hindernisse der Eintragung
des Besitztitels nicht beseitigt, welche sich aus der zweiten Rubrik des Hypotheken
buchs ergeben. — Z. 99-109, I. 51 A. G. O. — Cab..Ord. vom 9. Mai 1839
GS. S. 163. — Ges. vom 7. März 1845 GS. S. 16«. — V. vom 4. März
1834 betr. das Subh. Werf. — B. vom 2. December 1837 GS. S. 220.
X. Öffentliche Borladung unbekannter Inhaber von
Hypotheken-Posten.
K. 349. I. Ansprüche, welche in das Hypothekcnbuch eines Grundstücks einge
tragen sind, oder bei noch nicht rcgulirtcm Hypothekcnbuch in Folge der Bescheini
gung der Hypothckenbchörde: daß sie zur Eintragung angemeldet, und für eintra
gungsfähig erachtet worden, Realrecht erworben haben, sind zur Löschung im Hy,
pothekenbuch nur geeignet, wenn löschungsfähige Quittung des aus dem Hypothe
kenbuche ersichtlichen, oder sonst unzweifelhaften Inhabers der Post, und das dar
über lautende Hypothekendokument, (in sofern solches ausgefertigt istj, ') beigebracht
wird. Kann diesem nicht genügt werden; so muß, bevor Löschung erfolgen kann,
1) wenn löschungs fähige Quittung nebst Dokument, oder auch nur Quit-
.,, 'tung fehlt, vom Eigenthümer des verpfändeten Grundstücks aber Bezahlung
behauptet wird, und der Inhaber der Post unbekannt ist, die Ediktalladung die
ses Inhabers und seiner Nachfolger im Besitz erfolgen; und
2) wenn nur das Dokument fehlt; dieses öffentlich aufgeboten und amvrtisirt
werden.
Won dem ersten Falle wird hier, vom zweiten im z. 35« die Rede sein.
II. Die Ediktalladung der unbekannten Inhaber einer Hypothrkenpost kann
1) nur der Besitzer des verpfändeten Grundstücks, und blos dann beantragen,
wenn er Tilgung behauptet, und darüber weder beglaubte Quittung des un
streitigen letzten Inhabers vorzeigen, noch diesen Inhaber oder dessen Erben der
gestalt nachweisen kann, daß dieselben zur Qulttungslcistung aufgefordert wer
den könnten.
2) Zur Begründung des Antrags, welcher übrigens bei dem Richter, unter
welchem das verpfändete Grundstück gelegen ist, angebracht werden muß, gehört
s) die pflichtmässige und gewissenhafte Anzeige des Ertrahenten, daß ihm der
^, im Hypothekenbuche eingetragene Inhaber der F«rdcrung oder dessen Erben
oder Jessionarien, ihrer Existenz oder ihrem Aufenthalte nach, unbekannt sind;
d) die bestimmte Angabe, und die nach der Natur der Sache mögliche Beschei
nigung der zu deren Ausforschung angewandeten Bemühungen, und
') Ist über eine Post kein Hypothekendokument ausgefertigt, so gnügt zur bean
tragten Löschung die Quittung des unzweifelhaften Inhabers. — L5. Res. vo«
28. November 1786 und 26. December 1786. Rabe 1,,S. SS, 54H. . ,>
525
r) das Erbieten zur eiblichen Bestärkung Alles dessen.
Der Produktion des Originalinstrumcnts bedarf es nicht. >)
3) In die demnächst zu erlassende Ediktalladung muß der Name des einge
tragenen Gläubigers, die Beschaffenheit der Forderung und das Datum des In
struments ausgedrückt; die Vorladung aber o» diesen Inhaber, und dessen Er
ben, Zcssionarien oder die sonst in seine Rechte getreten sind, gerichtet werden.
4) Der Termin wird auf drei Monate hinausgerückt.
5) Der Besitzer des verpfändeten Grundstücks wird vom Termin in Kennt-
niß gesetzt, und zu demselben Behufs Leistung des Diligenzcides mit vorgeladen.
6) Wegen Insertion in die öffentlichen Blätter und wegen des Aushangs kom
men die Vorschriften §. 348, V. zur Anwendung. In Betreff der Einrückung
in eine auswärtige Zeitung gilt das §. 56, II. Nro. 4 c Gesagte.
7) Im Termin muß Ertrahcnt den ß. SS, II. Nro. 6 enthaltenen Diligenzeib
leisten.
8) Die Präklusoria wird gewöhnlichermassen abgefaßt und publizirt. — §. Itv—
114 Anh. z. 383, I. St A. G. O. — Res. vom 31. Mai 1817; vom 2. Fe
bruar 1821 ; vom 22. Decembn 1823. Jahrb. 9, S. 263. Bd. 17, S. 98.
Bd. 22, S. 210. — Res. vom 2. April 183« Gräff, Koch ,c. III. S. t145.
IX. Aufgebot und Amortisation verlorner Hypothckendokumcnte.
z. 350. I. Das öffentliche Aufgebot ist nur bei solchen Hypotheken» o-
kumenten nothwcndig, die nach ihrem Inhalte, und nach der Natur der Forde
rung selbst so beschaffen sind, daß darüber zu Gunsten eines Dritten verfügt wer
den konnte. Demnach bedarf es, z. B. des Aufgebots der über Altentheile^) oder
andre zur Zession nicht geeignete Rechte lautenden Hypothekendokumente nicht. Auch
ein blosser Hypothekenschcin braucht nicht aufgeboten zu werden, wenn das über die
Post lautende, mit dem Eintragungsvermerk verfchene, Dokument selbst vorhanden
ist, wenn nur kcin gegründeter Zweifel darüber obwaltet: daß das vorgelegte In
strument eben dasselbe ist, über welches der verlorne Hypothekenschein ausgestellt wor
den. Walten aber über diese Identität des Instruments erhebliche Zweifel ob; so
muß jener aufgeboten werden.
Sind Hypothekendokumente über Domaincnabgaben und Jnventarienkapitalien
bei den Behörden verloren gegangen; so soll es zur Amortisation derselben nicht des
öffentlichen Aufgebots bedürfen; sondern es gnügt, wenn von der betreffenden Regie
rung der §. 126 fg. I. 16 A. L. R. vorgeschriebene Mortifikationsschein und zugleich
ein Attest darüber ausgestellt wird, daß über die Forderung, welche Gegenstand des
Dokuments ist, zu Gunsten eines Dritten nicht verfügt worden sei. s) — Auf Grund
dieses Attestes und Mortifikationsscheins können in Stelle der verlornen Dokumente
1) Doch wird immer vorausgesetzt, daß das Dokument dann nicht zu ermitteln ist;
und daß man auch den Inhaber der Hvpothekenxost nicht erlangen kann. Ist
das Dokument zur Hand; so muß es beigebracht werden. Ist der unzweifel
hafte Inhaber zu erreichen, und das Dokument nicht zu finden; so kommt das
Verfahren des Z. 350 zur Anwendung.
2) Altentheile, welche in gewissen, zu bestimmten Zeiten wiederkehrenden Leistungeil
und Abgaben bestehen, können
s) aus den Grund des Todenfcheins der Ausgedinger gelöscht werden, wenn dies
im Ausgcdingcvcrtrag stipulirt ist;
Ii) sonst ist Quittung der Erben der Ausgedinger nöthig, in sofern nicht
c) wegen 4jährigen Ablaufs die etwanigcn Rückstände verjährt sind, und um
deshalb Löschung erfolgen kann. — Z. 7 Ges. vom 3t. März 1838. —
Res. vom 1«. Januar 184« I. M. B. S. 33. — Res. von, 3«. Oktober
1841 I. M. B. S. 343.
^) Besondre Bestimmungen in Betreff des Aufgebots der durch Brände zu Lyk,

326
mit Einwilligung des Schuldners neue ausgestellt, ingleichen die bereits abgelösten
Domainenabgabcn und bezahlten Jnventarienkapitalien, wenn zugleich die Ablösungs
urkunde oder Quittung in vorschriftsmassiger Form beigebracht wird, im Hypo
thekenbuche gelöscht werden. — 8. 115, 119, I. S1 A. G. O. — Cab.-O. vom 3.
Juli 1843 GS. S. 292. — Res. vom 14. Septbr. 1805. Rabe 8, S. 347. —
Res. vom 18. März 1837. Jahrb. 49, S. 252.
II. Da, wo hiernach das öffentliche Aufgebot nöthig wird, muß der Antrag
ebenfalls beim Richter des verpfändeten Grundstücks angebracht werden.
Zum Antrage selbst ist berechtigt
1) der Eigenthümer dieses Grundstücks, wenn der Inhaber der Post, worüber
das verloren gegangene Dokument lautete, bekannt und zur Quittungsleiftung
erbötig ist, oder bereits wirklich über jene Post quittirt Hätz und
2) der Gläubiger dann, wenn derselbe mit dem Schuldner darüber einig ist,
daß die Schuld noch vorhanden sei. — Z. 115, III. Anh. Z. 385, 1. 51 A. G. O.
III. Zur Begründung des Antrags muß eine bcglaubte Abschrift des
aufzubietenden Dokuments, welche aus den Jngrossationsbüchern oder den Hypothe
kenakten entnommen werden kann, beigebracht werden, und der im HypotheKnbuch
notirte Inhaber der Post muß sich zur Ausstellung des Mortifikationsscheins, und,
falls die Forderung bezahlt ist, zur Quittungsleistung, so wie in jedem Falle zur
Ableistung des Manifestationseides bereit erklären. Doch kann auch Mortifikations
schein und Quittung sofort dem Antrage beigelegt werden, wiewol die Beibringung
dieser beiden Dokumente bis nach dem Pröklusionsurtel ausgesetzt werden darf.
In Bezug auf den Stadtgerichtsbezirk von Loslau, wo im Jahre 1822 Hy
potheken-, Jngrossationsbücher und Hypothekenaktcn verbrannt sind, gnügt dann,
wenn in Folge dieses Brandes beglaubte Abschrift des zu amortisirenden Dokument«
nicht beigebracht werden kann, daß, ausser der Beobachtung der übrigen Förmlich
keiten des Aufgebots, die Forderung nach dem Inhalte des in den wiederhergestellten
Hypothekenbüchern des Stadtgerichts zu Loslau befindlichen Eintragungsvermerks,
durch Benennung des Gläubigers und Schuldners der Kapitalssumme, und des ver
pfändeten Grundstücks bezeichnet wird. — z. 116 Anh. §. 387 a. a. O. — Sab.-
Ord. vom 13. Mai 1844 GS. S. 116.
IV. In der öffentlichen Ladung muß das aufgebotene Instrument durch Be
nennung des darin aufgeführten Gläubigers und Schuldners, der Kapitalssumme,
ies verpfändeten Guts und des Dati der Ausstellung und Eintragung bezeichnet
werden, und die Borladung aller derer erfolgen, welche an die Post als Eigenthü-
mer, Zessionarien, Pfand- oder sonstige Briefsinhaber Anspruch zu machen haben. >)
Im Uebrigen kommen die Bestimmungen ß. 349, II. Nro. 4 u. 6 zur Anwendung. —
§. 116, 117, I. 51 A. G. O.
V. Der Manifestationseid muß vom Gläubiger, 2 ) welcher das Instrument
verloren zu haben angibt, gleich viel, ob dieser oder der Schuldner das Aufgebot
ausgewirkt hat, geleistet werden, und zwar dahin:
daß er dieses Instrument weder selbst besitze, noch wisse, wo es befindlich
sei, auch daß er selbiges nicht gefahrlicher Weise abhanden gebracht habe.
Z. 113, I. 51 A. G. O. — Res. vom 27. Juni 1842 I. M. B. S. 254.
Goldapp und Seidenberg vernichteten Hypothekendokumente sind ergangen durch
die Cab.-Ord. vom 13. Juni 1837 und vom 2«. Juli 1837 GS. S. 109, 13«.
1) Die Benachrichtigung des Hauptbankdirektorii fällt weg. — Cab.-Ord. vom 25.
Oktober 1837 GS. S. 157.
») Erben des Gläubigers können zu diesem Eide ebenfalls zugelassen werden. —»
cr. Res. vom 13. Mai 1836. Jahrb. 47, S, 602.
527
XU. Aufgebot «on Pfandbriefen') und deren KouponS.
§. 351. I. Behauptet der angebliche letzte Inhaber eines Pfandbriefs,
daß selbiger durch Zufall gänzlich verloren, oder vernichtet wor
den, so muß er
1) diesen Verlust, sobald er dessen inne wird, der Hauptdirektion des Kreditinstituts
anzeigen. Kann er dabei die vorgegebene gänzliche Vernichtung dergestalt dar-
thun, daß über die Richtigkeit seiner Angabe kein Zweifel und keine Ungewißheit

') Für da« Aufgebot der vom Schuldner gekündigten Pfandbriefe gilt nicht diese«,
sondern da« durch §. 3»7—39U de« Oflpr. Kreditsist. vom 24. Deeember IM»
(Anh. z. GS. S. 443) und durch die Sab.-Ord. vom 7. September 183U (GS.
S. 12«) angeordnete Versahren.
,) In Betreff der schlesischen Pfandbriefe sind nachstehende spezielle gesetzliche Vor
schriften zu berücksichtigen:
I. Eab.-Ord. vom 4. Jan. 1845 (GS. S. 99). Sie ordnet an: daß bei
dem nach §. 4« Eap. 4, III. de« schles. Landsch. Reg. vom 9. Juli 177« zu
veranlassenden Aufgebots- und Amortisat. - Verfahren über solche Pfandbriefe,
welche während der gesetzl. Verjährungsfrist nicht zum Vorschein kommen, die
Vorschr. Z. 110-119, I. 51 A. G. O. (oben z. 349) in Anwendung zu brin
gen sind. Es soll jedoch hierbei die Ableistung des §. 349, II. Nro. 7 vorge
schriebenen Diligenzeides von Seiten der das Aufgebot extrahirenden General-
landschaftsdircktion nicht bedürfen, sondern nach erfolgtem Aufgebot zur Abfas
sung des gerichtl. Plüklusionsurtels gnügen, wenn dieselbe amtlich bescheinigt:
daß der Pfandbrief innerhalb der gesetzl. Verjährungsfrist nicht zum Vorschein
gekommen, daß während dieser Frist bis zum Prüklusivtermine von Niemandem
ein Anspruch an den Pfandbrief angemeldet worden, und der etwanige Inhaber
des Pfandbriefs unbekannt sei.
II. §. 5« der V. vom «. Juni 1835 (GS. S. 101), welcher die Vorschrif
ten §. 351 auch auf die schlesischen Pfandbrief« K für anwendbar erklärt, jedoch
mit folgenden Abweichungen:
1) die darin den Hauptdirektionen der Landschaften übertragenen Geschäfte über
nimmt bei den Pfandbriefen K das Kreditinstitut.
2) Die öffentliche Bekanntmachung I. Rro. 3 geschieht durch die Jntelligcnzblät-
ter zu Berlin und zu Breslau.
3) Auf Ediktalzition kann erst, nachdem seit der Bekanntmachung der achte Zin«-
termin vorübergegangen ist, angetragen werden.
4) Dieser Antrag muß an das O. L. Gericht zu Breslau gerichtet, und zu dem
Ende von den Extrahenten
») eine Bescheinigung des Kreditinstituts, daß bis dahin sich Niemand mit
dem verlornen Pfandbrief gemeldet habe,
b) ein Exemplar der Jntelligenzblätter, welche die öffentliche Bekanntmachung
enthalten,
eingereicht werden, worauf da« Gericht die EdiZtalladung verfügt, und darknr
den etwanigen Inhaber des verlornen Pfandbriefs Ii auffordert, sich späte
stens bis zum zehnten Zinstermine zu melden, oder die Amortisation des
Pfandbriefs zu gewärtigen.
5) Die Ediktalladung geschieht
s) durch ein beim Oberlandesgericht, und in der Kasse des Kreditinstitut?
zu Breslau auszuhängendes Proklama,
K) durch dreimalige Einrückung in die Jntelligenzblätter zu Berlin, zu Bres
lau, und in derjenigen Provinz, in welcher der Pfandbrief verloren ge
gangen sein soll.
6) Vor Abfassung des Amortisationserkenntnisses muß stäts
g) derjenige Termin eingetreten sein, in welchem der Pfandbrief selbst zur
Empfangnahme neuer Jinskoupons hätte vorgezeigt werden müssen;
b) eine anderweite Bescheinigung des Kreditinstituts beigebracht werden , daß
auch im zehnten Zinstermin der Pfandbrief nicht prüsentirt worden.
7) Wegen verlorner oder vernichteter ZInskoupons der Pfandbriefe ö. ist ein
öffentliches Aufgebot und Amortisationsverfahren nicht zulässig; und eben so,
wenig eine Klage auf Zustellung andrer Kouxvnö an die Stelle jener.
34*
528
mehr übrig bleibt; so muß ihm ein neuer Pfandbrief von gleichem Werth auf
seine Kosten ausgefertigt werden.
2) Diesen Nachweis muß der Inhaber des angeblich vernichteten Pfandbriefs bei
der Jnstitutsdircktion selbst fuhren (es. jedoch V. Nro. IS, 16), welcher die Be-
urthcilung darüber allein zusteht, dergestalt, daß, wenn sie bei der Richtigkeit
und Vollständigkeit des Rachweises irgend Zweifel findet, und die Ausfertigung
eines neuen Pfandbriefs verweigert, Jmplorant sich dabei beruhigen, und die
förmliche Amortisation abwarten muß.
3) Behufs Amortisation muß der letzte angebliche Inhaber zunächst den Zufall, wo
durch der Pfandbrief verloren oder vernichtet worden, und daß er um diese Zeit
wirklich im Besitze desselben gewesen sei, bescheinigen. Alsdann muß das Publi
kum durch die Zeitungen und Jntelligenzblättcr der Provinz (wo diese fehlen,
an deren Stelle durch die Amtsblätter) von dem Vorfalle, unter genauer Be
schreibung des Pfandbriefs, und Benennung des sich angebenden Eigenthümers,
benachrichtigt, und, nachdem dieses geschehen, durch sechs Zinsenzahlungstermine
gewartet werden: ob sich Jemand mit dem fr. Pfandbriefe melden werde.
4) Kommt auch im sechsten Termine der Pfandbrief nicht zum Vorschein; so muß
») der angebliche Inhaber entweder den zur Verjährung eines Schuldinstruments
überhaupt gesetzlich erforderlichen Zeitraum, welcher mit der ersten Bekanntma
chung beginnt, abwarten, nach dessen Verlauf er, wenn inzwischen der Pfand
brief bei den Kassen des Instituts nicht zum Vorschein gekommen ist, die Aus
fertigung eines andern an dessen Stelle, ohne förmliches Aufgebot und Amorti
sation, verlangen kann ; oder b) er kann sofort die förmlicheEdiktalladung beantragen.
5) Der Erlaß dieser Ediktalladung geschieht von der Landschafts- oder Kreditdirektion.
6) In der Ladung wird der etwanige Inhaber des verlornen Pfandbriefs aufgefor
dert, sich spätestens bis zum achten Sinsenzahlungstermine zu melden, oder die
gänzliche Amortisation des Pfandbriefs zu gewartigen.
7) Die Bekanntmachung der Ediktalladung geschieht durch Aushang beim Landes-
justizkollegio, in dessen Bezirk das bepfandbriefte Gut liegt, und in allen Kassen
des Instituts, ferner durch viermalige Einrückung in die Zeitungen und Jntel-
ligenzblStter (resp. Amtsblätter, wo letztere fehlen,) der Provinz, durch 2malige
Einrückung in die Zeitungen einer benachbarten Königl. Provinz, und durch ein
malige Einrückung in eine ausländische Zeitung, doch in der Art, daß vom
Zeitpunkt der letzten Bekanntmachung bis zum achten Zinsentermine ein Zeit
raum von wenigstens drei Monaten verbleibt. Die unterlassene Einrückung in
die Zeitungen hindert jedoch nicht die Abfassung der Präkluforia.
L) Meldet sich auf diese Ladung, oder auch schon auf die erste nach Nro. 3 gesche
hene Bekanntmachung ein Inhaber des aufgebotenen Pfandbriefs; so muß die
Sache zwischen ihm und dem angeblichen Eigenthümer nach den im A. L. R.
vorgeschriebenen Grundsätzen') erörtert und entschieden werden.
V) Kommt aber auch im achten Zinsentermine der Pfandbrief nicht zum Vorschein,
so müssen die bis dahin verhandelten Akten demjenigen Landesjustizkollegio, in
dessen Departement das Gut, worauf der Pfandbrief eingetragen, belegen ist,
vorgelegt werden. Dieses prüft das beobachtete Verfahren, amortisirt, wenn es
dabei Nichts Wesentliches zu erinnern findet, den aufgebotenen Pfandbrief durch
Erkenntniß, und publizirt dies gemäß §. 133 durch 14tägigen Aushang.
1«)Nach Rechtskraft des Erkenntnisses, die anzunehmen, wenn sich binnen 4 Wo
chen nach dessen Aushang Niemand dagegen gemeldet hat, muß der Inhalt des
selben in den Zeitungen und Jntelligenzblättern lrcsp. Amtsblättern der Provinz)

") cr. z. ii fg. i. is «. ?. ?k.


5.2»
besannt gemacht, und dem Eigentümer statt des amortisirten ein neuer Pfand-
brief ausgefertigt werden. — §. 121—13». K. 14«, I. S1 A. G. O. — Res.
vom 27. August 1824 v. K. Ann. «, S. 774. — Res. vom 1. Juni 1816 u.
vom 6. Septbr. 1833. Jahrb. 8, S. 21. Bd. 42, S. 135.
II. Ist ein noch vorhandener Pfandbrief nur schadhast geworden,
so muß,
1) wenn daran die Randforin, die Nummer, die Bezeichnung der Summe, der
Name des Guts, und der Eintragungsvermerk im Hvpothekenbuchc, noch völlig
kcnnbar, und leserlich sind, dem Inhaber auf stine Kosten ein andrer an dessen
Stelle ausgefertigt werden.
2) Sind nur einige, aber nicht alle zu 1 benannte Stücke, nach dem Befinden der
Landschafts: oder Kreditdircktion, kennbar genug; so muß der Inhaber letztere
auf andre ,Art nachweisen, den angeblichen Zufall, wodurch der Pfandbrief sol
chergestalt beschädigt worden, bescheinigen, und auf Erfordern eidlich erhärten;
sodann aber ein Aufgebot darüber bei dem Richter, unter welchem das bepfand-
briefte Gut belegen ist, nachsuchen.
Dieser verhängt das Aufgebot, sobald durch ein Attest der Landschafts- oder
Kreditdirektion bescheinigt wird, daß dieselbe Nichts dagegen zu erinnern habe;
ohne daß es einer bei dieser Behörde schon geführten Bescheinigung, oder einer
Wiederholung des eben daselbst schon geleisteten Eides bedarf. — In der Edik-
talladung wird ein Termin von sechs Monaten bestimmt; übrigens aber nach
der Vorschrift §. 349, II. Nro. 3, 4, 6 u. 8 verfahren.
3) Ist aber der Pfandbrief dergestalt schadhaft, daß nur noch unvollständige und
unkenntliche Bruchstücke vorgezeigt werden können; fo finden die Vorschriften un-.
ter Nro. I. Anwendung. — Z. 132—136, I. 51 A. G. O.
III. Durch die nach Vorstehendem (I. II.) geschehene Amortisation eines Pfand
briefs wird die Landschaft, oder Kreditsozietät, ingleichen der Gutsbesitzer, von alle»
ferneren, daraus an sie zu formirenden Ansprüchen gänzlich frei; so daß
ein etwanigcr Inhaber desselben lediglich an die, durch deren Hände er gegangen,
und an ihn gediehen ist, etwanigc Entschädigungsansprüche machen kann.
Der Hypothckenrichter muß daher einen solchen Pfandbrief aus Antrag der
Landschaftsdirektion gegen Vorlegung des Amortisationsurtels unweigerlich löschen,
und dagegen den an dessen Stelle neu ausgefertigten eintragen. — §. 138, 139 a. a. O.
IV. Sind von verlornen oder vernichteten Pfandbriefen Zinskoupons vor
handen, so kann deren Inhaber während des Amortisationsvcrfahrcns auf Grünt,
derselben die Zinsen erheben. Sind aber die Zinskoupons oder Zinsschcine mit ver
loren gegangen, oder laufen sie vor Beendigung des Amortisationsverfahrens aus;
so müssen die Zinsen, so wie in allen Fällen, in denen zu Pfandbriefen keine Kou-
pons oder Zinsscheine crtheilt sind, zum landschaftlichen Deposits genommen, und
erst mit dem neu ausgefertigten Pfandbrief dem Eigenthümer ausgefolgt werden.
Dieser kann jedoch die Belegung derselben bei der Bank beantragen. — H. 131 a. a. O.
V. Geht ein Pfandbriefszinskoupon oder eine dergleichen Zinsen«
rekognition verloren; so findet folgendes Aufgebotsvcrfahren statt:
1) Der Verlierer kann zwar, um das Publikum schleunigst darauf aufmerksam zu
machen, seinen Verlust in den öffentlichen Blättern oder sonst beliebig anzeigen.
Beabsichtigt er aber die Amortisation, so muß er sich wegen der unter l. Nro. 3
vorgeschriebenen vorläufigen Bekanntmachung an die Landschaft wenden.
2) Diese erläßt nach Ablauf des zweiten Termins, in welchem der Koupon oder
Rekognitionsschein hätte präsentirt werden sollen, aber nicht prösentirt worden
ist, das öffentliche Aufgebot, sobald der sich Meldende seinen ehemaligen Besitz
eiiligermassen bescheinigt hat.
530
3) Hierbei macht sie dem angeblichen Verlierer bekannt, daß die Amortisation selbst
nicht eher erfolgen könne, bis er sich durch Vorzeigung des Pfandbriefs selbst,
oder durch ein öffentlich beglaubigtes Attest des Inhabers des Pfandbriefs hin
länglich legitimirt habe.
4) In dem zuletzt erwähnten Atteste muß beglaubigt werden, daß der Inhaber des
Pfandbriefs Kiefen wirklich vorgezeigt habe.
5) Das Aufgebot erfolgt nach der Verschiedenheit der Verfassung einer jeden Pro
vinz, entweder durch die Generallandschaftsdircktion , oder durch die Land
schaftsdirektion, welche den verlorenen Zinskoupon oder Rckognitionsschein aus
gefertigt hat,
3) mittelst eines Aushanges, welcher in Ost- und Westpreuffen bei derjenigen
Departementsdirektion, welche den Koupon ausgefertigt hat, in den übrigen
Provinzen aber bei der Hauptkasse sowol, als bei den Provinzialkassen ge
macht wird,
b) durch dreimalige Einrückung in die Zeitungen und Jntelligenzblätter <resp.
Amtsblätter) der Provinz, wo sich die Direktion befindet, und wenn der
Verlierer in einer andern Provinz wohnt, auch in der, wo er sich aufhält.
6) Zwischen den Seiten, da das Aufgebot in den öffentlichen Blättern eingerückt
worden, muß wenigstens ein Zinstermin verflossen sein, und die letzte Bekannt
machung in den Zeitungen soll wenigstens 4 Wochen vor dem Amortisativnster-
min erfolgen.
7) In der Kurmark bleibt es bei der bisherigen Verfassung, wonach die Bekannt
machung in den öffentlichen Blättern, von halben zu halben Jahren, jedesmal
unter dem 14. Februar und 14. August, als den äussersten Zahlungsterminen,
geschieht.
L) Das Aufgebot muß den Eigenthümer des Koupons oder Rekognitionsfcheins, das
gehörige Landschaftsdepartement, das Gut, worauf der Pfandbrief haftet, und
endlich auch die Nummer und den Betrag des Pfandbriefs benennen, und die
Verwarnung enthalten:
daß der Zinskoupon oder Rekognitionsfchcin , wenn er bis zum vierten
Zahlungstermin nicht zum Vorschein kommt, werde von selbst für erlo
schen geachtet, und nicht nur der Betrag der Zinsen dem sich meldenden
Eigenthümer aus der Kasse verabfolgt, sondern auch demselben (bei schle-
sischen und pommerschen Pfandbriefen) ein neuer Zinsschein sofort, (bei
andern Pfandbriefen) bald nach Eintritt des Zahlungstermins des letzten
Zinskoupons die folgenden neuen Zinskoupon ausgefertigt werden sollen.
9) Dieser Warnung gemäß wird mit Ablauf des vierten Zinsenzahlungstermins ver
fahren, ohne daß es eines Mortisikationsurtels bedarf.
1«) In Ansehung der noch rückständigen später fälligen Koupons wird das Aufge
bot halbjährig 4 Wochen vor jedem Termin wiederholt; dieser Wiederholung be
darf es aber bei schlesischen und pommerschen Pfandbriefen nicht.
11) Die Generallandschaftskasse erhält bei jedem Zinsentcrmine ein Verzeichniß der
Koupons, welche im bevorstehenden Zinsentermine erlöschen solle»; und liefert
solches mit dem Schlüsse des Termins an die Generallandschaftsdirektion mit der
Bemerkung zurück: ob und welcher Koupon etwa prösentirt worden, und bei
welcher Kasse.
12) Hittauf verfügt die Generaldirektion die Auszahlung der erloschenen Koupons
an die Eigenthümer, und die Löschung derselben in der vorherigen Kontrolle bei
sämmtlichen Departements.
13j Meldet sich nachher noch ein Präsentant, so muß er sein angebliches Recht nö-
thigensallö im Wege Rechtens ausführen.
531
14) die Verlierer haben das Recht, gemäß der Vorschrift IV. die Belegung der des
pvnirten Zinsen bei der Bank zu beantragen. Die Landschaftsbehörden haben
auch die Befugniß, solchen hinlänglich legitimirten Pfandvriefsinhabcrn, welche
die Koupons oder Rekognitionen im Kriege verloren haben, die Zinsen wahrend
des Amortisationsverfahrens gegen eine nach K. 188—193, I. 14 A. L. R. zu
bcurthcilendc Sicherheit auszuzahlen.
15) Auf öffentliche Borladung der unbekannten Pfandbricfsinhaber (gemäß der Vor
schrift Nro. >.) können auch diejenigen antragen, welche, wie der Verlierer eines
Pfandbriesszinskoupons «der einer dergleichen Rekognition, ein rechtliches Inte
resse dabei haben, daß der unbekannte Pfandbricfsbcrechtigtc ausgemittclt werde.
16) Ein solches Aufgebot, wodurch nur das nach Nro. 3 u. 4 zur Borbereitung des
Aufgebots der Pfandbrief- Zinskoupons oder Rekognitionen erforderliche Attest
ersetzt werden soll, geschieht mit jenem Aufgebot zugleich, und mit denselben
Förmlichkeiten, hat aber auch nicht die unter 1. Nro. 2 bestimmte rechtliche
Folge, sondern es wird alsdann das Pfandbricfskapital, wie das Vermögen eines
Abwesenden nach Vorschrift §. 19- 27 u. K. 821—855, II. 18 A. L. R. behan-
«t. — Berord. vom 16. Jan. 1810 GS. 18«« S. 421. Rabe 12, S. 586.

XIII. Aufgebot von Staatsschuldscheincn, von ehemals sächsischen


Staatspapiercn und von anderen Staatsschuldpapieren.')
§. 352. I. Beim Aufgebot dcr Staatsfchuldfcheine, der sächsischen Zen-
tral-Steuerobligationen, und der sächsischen Kammerkreditkassen
scheine und Steuerkreditkassenscheine findet folgendes Verfahren statt:
1) Jeder, welchem durch Zufall ein solches Papier gänzlich vernichtet worden, oder
verloren gegangen, muß diesen Verlust nach dessen Entdeckung vor allen Dingen
der unter dem Schatzministerio stehenden Kontrolle der Staatspapiere anzeigen,
wenn er das verlorne oder ein andres Papier an dessen Stelle wieder zu erhal
ten wünscht.
2) Kann derselbe die gänzliche Vernichtung dergestalt darthun, daß darüber beim
Schatzminifterio kein Zweifel mehr übrig bleibt, so muß ihm ein andres Staats
papier der vernichteten Art von gleichem Werth ausgehändigt werben.
3) Ob der Nachweis in dieser Art geführt worden, hängt lediglich von dcr Beur-
thcilung des Schatzministcriums ab. Hat dasselbe daher noch Zweifel über die
gänzliche Vernichtung des verloren gegangenen Papiers, oder ist von dem letzten
Inhaber desselben überhaupt eine solche Art des Verlustes behauptet worden, welche
es unmöglich macht, daß das angeblich verlorne Papier wieder zum Borschein
kommen kann ; so eignet sich die Sache zum öffentlichen Aufgebot und gerichtlichem
Amortisationsverfahrtn.
4) DaS Aufgebot selbst muß bei Maatsschuldfchcinen allemal beim Kammcrgerichr
in Berlin, bei den ehemals sächsischen Staatspapieren aber beim Oberlandesge
richt zu Nanmburg geschehen. Bei dcr hiernach kompetenten Behörbe muß also
der Antrag vom letzten Inhaber gemacht werden.
5) Dem Aufgebot durch Erlassung der Ediktalzitation n)uß jedoch jedesmal eine Be
kanntmachung des Verlustes vorangehen, und zwar,
g) wenn das Papier im Jnlande verloren gegangen, s«) dnrch die Berliner Jn-
telligenzblätter bei Staatsfchuldscheinen, und durch die Merseburger Amts
blätter bei sächsischen Papierenz bd) durch die Amtsblätter dcr Regierung
') Die Bestimmungen dieses § gelten in der gesammten Monarchie, mithin auch in
den Theilen derselben, in denen das A. L. R, und die A. G. O. nicht Gesetzes
kraft hoben. — 8. 2Z Ges. vom IS. Juni 1819 GS. S. 161.
532
«der durch die Jntelligenzblätter im Bezirk des Oberlandcsgcrichts, in wel
chem der Verlust sich ereignet hat. Ist ein vormals sächsisches Staatspapicr
im Bezirk der Merseburgschen Regierung verloren gegangen, so gnü'gt die
Einrückung in deren Amtsblntter.
Ii) wenn es im Auslände verloren gegangen, bei Staatsschuldscheinen durch die
Berliner Jntelligenzblätter und ein auswärtiges Blatt, und bei sächsischen
Papieren durch die Merseburger Amtsblätter und ein auswärtiges Blatt. Die
Wahl des auswärtigen Blatts verbleibt der Kontrolle der Staatspapiere,
oder demjenigen Beamten, welchem in Betreff gewisser Staatsschulden die
Funktionen der Kontrolle von der Hauptverwaltung der Staatsschulden über
tragen sind.
Diese Bekanntmachung muß jedesmal von der unter Nro. 1 genannten Be
hörde ausgehen, und zwar auf Kosten des Betheiligten. Bei der Bezeichnung
gnügt die Angabe der Summe, der Münzsorte, des Datums, des Buchstabens
und der Nummer des Papiers. Der Benennung des ersten Empfängers dessel
ben bedarf es daher nicht.
6) Nach erfolgter Bekanntmachung wird sechs Jinscnzahlungstermine hindurch ge
wartet, ob sich Jemand mit dem angeblich verlornen oder vernichteten Staats
schuldschein meldet.
7) Ist nach verstrichenem sechsten Zinsentermin der unter Nro. 1 gedachten Behörde
nicht bekannt geworden, daß der Staatsschuldschein bisher zum Borschein gekom
men sei; so muß sie darüber dem Bethciligten , auf sein Ansuchen, ein schriftli
ches Zeugniß ertheilen.
Sobald derselbe solches beibringt; und zugleich durch Ueberrcichung der betref
fenden Blätter (Nro. 5) nachweist, daß die unter Nro. 5 befchriebene Bekannt
machung gehörig geschehen sei, muß die betreffende nach Nro. 4 kompetente Be
hörde die förmliche Edikcalladung erlassen,') und darin den etwanigen Inhaber
des genau zu bezeichnenden Papiers auffordern, sich spätestens im achten Zin
senzahlungstermine zu melden, oder die gänzliche Amortisation des fr. Papiers
zu gewärtigen.
8) Die Ediktalladung geschieht mittelst viermaliger Einrückung, der Staatsschuld
scheine in die Berliner Jntelligenzblätter, der ehemals sächsischen Staatspapiere
in die Merseburger Amtsblätter, und Beider in ein ausländisches Blatt, so wie
durch einmalige Einrückung in ein zweites ausländisches Blatt, jedoch dergestalt,
daß vom Zeitpunkte der letzten Bekanntmachung an bis zum achten Zinsenzah-
lungstcrmine ein Zwischenraum von wenigstens drei Monaten bleibt. Die Wahl
der Blätter des Auslandes hängt vom Ermessen des Gerichts ab; doch muß
beim Aufgebot sächsischer Staatspapiere, sie mögen im Königreich Sachsen, oder
anderswo, verloren sein, jederzeit die Leipziger Zeitung unter diesen beiden Blät
tern sich befinden.
9) Meldet sich auf diese Ladung ein Inhaber des aufgebotenen Papiers, oder gibt
sich auch schon früher auf die nach Nro. ö angeordnete Bekanntmachung ein In
haber an, oder kommt überhaupt dies Papier bei der Nro. 1 genannten Be
hörde, es sei, auf welche Art es wolle, zum Vorschein, ohne schon realisirt zu
sein; so muß die Sache zwischen dem angeblichen Eigenthümer und demjenigen,
') Zur Kostensparung soll die Erlassung des beim Kammergericht nachgesuchten Auf
gebots verlorner Staatsschuldscheine, welche nicht den Betrag von ISO« Thlr.
ausmachen, in sofern nicht die Interessenten ein Andres ausdrücklich in Antrag
bringen, so lange ausgesetzt werden, bis mehre dergleichen Provokationen einge
gangen, und das Aufgebot wegen wenigstens t«M Thlr. in Senatsschuldscheinen
«lassen werden kann. — Res.Kvom 24. Scptcmber^tM. Jahrb. 40, S. 17S.
der sich gedachtermasscn gemeldet hat, oder von dem das Papier sonst zu irgend
einem andern Zweck vorgelegt worden, nach den Gesetzen erörtert und entschieden
werden. Sollte ein solches Staatspapier etwa schon vorher bei einer dazu berech
tigten Kasse in Zahlung angenommen sein, und also als schon realisirt zum Vor
schein kommen; so bleibt dem angeblichen Eigcnthümcr nur die Ausführung sei
ner Rechte gegen denjenigen, der sich desselben zur Zahlung bedient hat, oder
dessen bekannte Vormänner, nach den Gesetzen überlassen.
10) Ist aber das Staatspapier überall nicht zum Vorschein gekommen; so kann so
dann das Amortisationserkenntniß erfolgen, welches statt der Verkündigung an
öffentlicher Gerichtsstelle 14 Tage ausgehangen wird. Es muß jedoch jedesmal
») zwischen der Bekanntmachung zu 6 und der Abfassung dieses Erkenntnisses
derjenige Termin eingetreten sein, in welchem das Staatspapier selbst zur
Empfangnahme neuer Zinskoupons hätte vorgezeigt werden müssen; und
ein Zeugniß der unter Nro. 7 gedachten Art jetzt wiederum vor Abfassung
des Erkenntnisses beigebracht werden.
11) Sobald das Erkenntniß rechtskräftig geworden, was anzunehmen ist, wenn sich
binnen 4 Wochen nach geschehenem Aushang Niemand dagegen gemeldet hat,
wird der Inhalt desselben von Seiten des Gerichts durch die betreffenden Pro-
vinzial- und Berliner Intelligenz- oder beziehungsweise Merseburger Amtsblät
ter bekannt gemacht. Auch muß
12) von jedem Mortisikationserkenntnisse eine simple Abschrift an die Kontrolle der
Staatspapiere übersendet werden, damit solche die Löschung sogleich bewirke, die
Autorisation des K. Schatzministerii zur Ausfertigung eines neuen Dokuments
einhole, und solches für die Ertrahcnten der Amortisation bereit halte, auch die
amtlichen Listen vervollständige.
13) Der Extrahent erhält nach Rechtskraft des Uttels ein andres Staats-Schuld-
papier mit den zum amortisirten Dokumente gehörenden, bis dahin noch nicht
ausgehändigten Zinskoupons.')
14) Die zu Nro. 1 gedachte Behörde muß von Jahr zu Jahr amtliche Listen der
ausgerufenen und mortifizirten Staatsschuldpapierc zur öffentlichen Kenntniß brin
gen, und diese Listen sodann zu Jedermanns Einsicht auf allen Börsen öffent
lich aushängen. — Berord. vom 16. Juni 1«19 GS. S. 157. — Ges. vom
7. Juni 1821 GS. S. 96. — Cab.-Ord. vom 22. Oktober 1825 GS. S. 229. —
Cab.-Ord. vom 3. Mai 1828 GS. S. 61. — Res. vom 1«. Januar 182« u.
24. Septbr. 1832. Jahrb. 14, S. 218. Bd. 4«, S. 174.
II. Was das Aufgebot andrer Staatsschuldpapiere betrifft; sobedarfcs
, ^. im Falle des Verlustes der von der Generalstaatskasse über eingezahlte
Amtskautione» ausgestellten Empfangsscheine in der Regel der ge
richtlichen Amortisation nicht; sondern es gnügt der Mortifikationsschein des
Kautionsstellers oder sonst legitimirten letzten Inhabers des Empfangscheins. Doch
hat die Dienstbehörde in Fällen, wo sie entweder bei auswärtigen Gerichten oder
sonst unangenehmen Weiterungen, oder wohl gar der Gefahr der doppelten Zahlung
ausgefetzt sein würde, wenn sie das Original nicht zurück empfinge, oder wo sie es
sonst nach ihrem Ermessen für nöthig hält, die Befugniß, eine gerichtliche Amorti
sation des fraglichen Dokuments zu fordern.
L. In Betreff der von der Hauptbank und deren Provinzialkomtoirs
von 1765 ab bis zum Ablaufe des Jahres 181« ausgestellten Bank-
') Bei ehemals sächsischen Staatspapieren werden beim Eintritt eines neuen Ter
mins zur Austheilung von Zinskoupons diese dem Vorzeiger der zur Obligation
gehörigen Zinsleiste verabfolgt. In Bezug auf Kiefen Vorzeiger gilt die Bestim
mung unter Nro. 9 ebenfalls. — 8- 17 der V. vom 16. Juni 1819.
534
obligationen, Jntcrimsschcine, Pfandscheine, Banknoten, Bankkos-
senscheine und ähnlicher Papiere ist durch die Cab.-Ord. vom 7. Februar
1845 ein öffentliches Aufgebot angeordnet. Dies erläßt das Kammergericht mit
einer fechsmonatlichen Präklusionsfrist und mit der Warnung, daß, wenn bis zum
Ablaufe des darnach bestimmten Termins die schriftliche Anmeldung entweder beim
Kammergericht, oder beim Hauptbankdirektorio zu Berlin, oder beim Bankdirektorio
zu Breslau, oder bei einem der Bankkomptoire zu Königsberg in Preussen, zu
Danzig, zu Stettin, zu Magdeburg, zu Münster oder zu Cöln nicht erfolgen sollte,
alle nicht angemeldete Ansprüche aus dem Geschäftsverkehr mit der Bank aus den
oben bezeichneten Jahren gänzlich erloschen sein sollen, und zwar ohne Unterschied,
ob die Anmeldung schon früher irgend wo erfolgt war oder nicht. Sobald die so
gleich nach Ablauf des Präklusiv -Termins vom Berliner Hauptbankodirektorio, dem
Breslauer Bankdirektorio, und den vorstehend genannten Bankkomtoirs dem Kam
mergericht darüber zu leistenden amtlichen Anzeigen: ob und welche Anmeldungen
bei denselben eingegangen sind, eingesendet sein werden, faßt dasselbe das Präklusiv-
erkenntniß ab.
L. Beim Aufgebot der Amtskautionsschcine, in so weit es nach der Be
stimmung zu ^, beantragt wird, ferner beim Aufgebot andrer vorstehend nicht
erwähnrer Staatsschuldpapierc, wohin namentlich auch andre als diezuV
bezeichneten Bankobligationen, serner Empfangsrezipisse und Obligationen der See-
handlungssozictät, Obligationen der Hauptnutzholz- und Hauptbrennholzadministra
tion, und überhaupt aller öffentlichen Anstalten, auch die Papiere über Provinzial-
staatsschulden gehören, findet, in sofern ihrer Natur und Beschaffenheit nach und
mit Rücksicht auf die Bestimmung zu I. Nro. 2 u. 3 ein Aufgebots- und Amorti
sationsversahren ihretwegen zulässig ist, folgendes Verfahren statt:')
4) Die unter Nro. 5, I. vorgeschriebene vorläufige Bekanntmachung ist dann nicht nö-
thig, wenn zu dem aufzubietenden Papiere entweder niemals Zinskoupons aus
gegeben waren, oder dasselbe zu einem Theile der Staatsschuld gehört, welcher
bereits abgelegt, oder bei welchem die Ausfertigung neuer Koupons eingestellt ist.
In diefen Fällen kann das Aufgebot daher ohne vorherige Abwartung eines Zeit
raums erfolgen.
In andern Fällen dagegen muß jene öffentliche Bekanntmachung u»d die Ab-
Wartung des daselbst bestimmten Seitraums vorangehen.
2) Das gerichtliche Aufgebot eines Staatspapiers erfolgt bei demjenigen Obergericht,
(in den Rhcinprovinzen bei demjenigen Landgericht), in dessen Gerichtsbezirk die
Schuldenverwaltungsbehörde ihren Sitz hat, auf deren Etat die mit dem auf
zubietenden Papiere «erbriefte Schuld sich befindet. Nur DomainenpfandbrKfe,
und andre in Hypothekenbücher eingetragene Staatsfchuldcnpapiere werden bei
dem Gericht aufgeboten, unter dessen Gerichtsbarkeit das verpfändet« Grundstück
belegen ist. (5.349 — 8.351).
3) Zur Begründung des Antrags gehört
s) eine Benachrichtigung derjenigen öffentlichen Anstalt, welche das aufzubietende
Papier ausgestellt hat, enthaltend den Namen dessen, auf welchen das Staats
papier gestellt ist, die Summe, die Münzsorte, und das Datum der Ausstel
lung und Konfirmation, ingleichen den Buchstaben und die Rummer, womit
dasselbe in den Büchern der betreffenden Anstalt bezeichnet gewesen ist;
b) im Falle, wo die vorläufige Bekanntmachung nicht nöthig war (Nro. l.), ei»
von der betreffenden Schuldenverwaltungsbehörde dahin ausgestelltes Aeugniß:
') Das Aufgebot verlorner Fürstl. Witgrnfteinscher Obligationen kann bei diesseiti
gen Gerichtshöfen nicht beantragt werden. — Res. vom 27. Oktober 182«, Jahrb,
16, S. 242.
535
daß die mit dem verloren gegangene» Papiere verbriefte Schuld in den
Büchern oder Etats noch offen stehe;
e) in dem Falle, wenn eine vorläufige Bekanntmachung vorausgehen mußte, der
unter l. Nro. 7 vorgeschriebene Nachweis dieser Bekanntmachung und das
dort vorgeschriebene Seugniß.
4> Der Termin muß in der Ediktalladung auf 12 Monat hinausgerückt werden.
5) Die Einrückung erfolgt sechs Mal; die ersten beiden Male von 4 zu 4 Mona
ten, die letzten vier Mal von Monat zu Monat in die unter l. Nro. 8 erwähn
ten Blätter des Inlandes und des Auslandes, wo der Verlust sich ereignet hat.
Beim Aufgebot verlorner Berbricfungen über Provinzialschulden treten jedoch die
Amtsblätter des Regierungsbezirks, in welchem die betreffende Schuldenverwaltung
ihren Sitz hat, an die Stelle der unter I. 8 genannten Berliner Jntelligcnzblätter.
6) Vor Abfassung des Präklusions - und Amortisationsurtels muß ein von der be
treffenden Schuldenverwaltungsbehörde nach Abhaltung des Ediktaltcrmins zu 4
ausgestelltes Zeugniß darüber beigebracht werden:
daß auch das aufgebotene Papier bis dahin nicht zum Vorschein gekom
men, und die durch dasselbe «erbriefte Schuld in den Büchern oder Etats
noch offen stehe.
7) Die Vorschriften unter l. Nro. 12 und 14 gelten auch hier, und in so weit hier
nach Vorstehendem nicht spezielle Bestimmungen ergangen, kommt das K. 350
angeordnete Verfahren zur Anwendung.
8) Die Ausfertigung eines Staatsschuldenpapiers, an die Stelle des gerichtlich amor-
tisirten findet nicht mehr statt, wenn die Vcrbricsungcn desjenigen Theils der
Staatsschuld, zu welchem es gehört, bereits geschlossen ist. In diesem Falle hat
die Schuldenvcrwaltungsbehörde, auf deren Etat die Schuld steht, einer von ihr
zu beglaubigenden Abschrift der mit dem Atteste der Rechtskraft versehenen Aus
fertigung des Amortisations-ErkcnntnisseS, wovon die Urschrift bei ihren Akten
zu verwahren ist, ein Anerkcnntniß beizufügen, durch welches sie eben so, wie
durch das amortisirtc Papier, verpflichtet wird. In dieses Anerkenntniß ist, so
viel als möglich, der vollständige Inhalt des omortisirten Papiers, und in den
Fällen, wo das letztere auf jeden Inhaber gelautet hat, auch noch die Erklärung
aufzunehmen, daß die Zahlung des Kapitals und der Sinsen von Seiten der
Schuldenvcrwaltungsbehörde an jeden Inhaber des Anerkenntnisses, ohne weitere
Legitimation desselben, mit voller Wirkung geschehe. — Anh. §. 388 zu I2l>,
I. 51 A. G. O. — Cab.-Ord. vom 15. April 1837 Nro. 3 GS. S. 74. —
K. 6 der V. vom 9. December 1««9. Rabe 1«, S. 217. — Cab,-Ord. vom
7. Februar 1845 GS. S. 97. — Gcs. vom 16. Juni 1819 GS. S. 157. —
Cab.-Ord. vom 3. Mai 1828 GS. S. 61. — Res. vom 22. November 1819.
Jahrb. 14, S. 216.
III. Ist ein Staatspapier nicht verloren oder gänzlich vernichtet, sondern bloS
beschädigt, so ist das öffentliche Aufgebot nur dann nöthig, wenn es bis zur völ
ligen Unkennbarkeit verdorben ist, und der Nachweis des Verderbens nicht gemäß
der Vorschrift zu I. Nro. 2 geführt worden ist. — j. 141, 142, I. 51 A. G. O.
IV. Wegen der verlornen oder vernichteten Sinskoupons von
Staatsschuldscheinen, von ehemals sächsischen StaatSpapiercn und von allen andern
Staatsschuldpapieren, zu welchen von der Hauptverwaltung der Staatsschulden Sins
koupons bereits ausgegeben sind, oder noch künftig ausgefertigt werden, ist ein
öffentliches Aufgebot und gerichtliches Amortisationsverfahren überall nicht zulas
sig, und eben so wenig eine Klage auf Zustellung andrer Koupons au die Stelle
der verlornen oder vernichteten. Wenn jedoch das Schatzministerium aus dem von
dem letzten Inhaber nach I. Nro. 2 geführten Beweise sich überzeugt findet, daß
53«
der Verlust der Zinskoupons auf solche Weift erfolgt fei, daß sie nicht wieder zum
Vorschein kommen können; so werden an deren Stelle von der I. Rro. 1 gedachten
Behörde andre Koupons dem Beteiligten ausgehändigt. Es hängt dieses aber ledig
lich von der Beurtheilung des genannten Ministeriums ab.
Im Falle aber der Beweis nicht vollständig geführt worden, oder wenn der letzte
Inhaber den Verlust eines solchen Zinsleistcns blos behauptet, hat derselbe, ehe er
die Ausfertigung der neuen Koupons verlangen kann, zuvor die Kapitalsschuldver
schreibung im Original bei der Staatsschuldentilgungskasse vorzulegen, und überdem
noch den Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist von der Zeit ab, als der letzte
zum verlornen oder vernichteten Zinsleisten gehörige Koupon hätte gezahlt werden
sollen, abzuwarten. — Ges. vom 16. Juni 1819. Z. 13, 18. — Ges. vom 7. Juni
1821 Z. 3 GS. S. 96. — Cab.-Ord. vom 18. September 1822 GS. S. 213.
XlV. Aufgebot andrer Urkunden und ins Besondre auch der Spar
kassenbücher und Eisenbahnaktien.
Z. 353. I. Ist über andre Ansprüche, als die z. 35« bis 352 erwähnten, ein
Instrument vorhanden, so kann der Schuldner bei Zahlung des Anspruchs Quit
tung und das darüber lautende Instrument, falls aber dies abhanden gekommen ist,
dessen Mortis! zirung verlangen. Diese erfolgt, wenn
1) das Instrument auf einen bestimmten Inhaber lautet, in der Regel durch Aus
stellung eines Mortifikationsscheins, in welchem die verloren gegan
gene Urkunde genau bezeichnet, und das Bekenntniß, daß der darin gegründeten
Verbindlichkeit vollständig genügt worden, enthalten sein muß. Denselben hat
g) der ursprüngliche Gläubiger auszustellen, wenn er noch im Besitze des An
spruchs ist, oder denselben ohne Einwilligung des Schuldners einem Dritten
abgetreten hat.
b) Dagegen muß, wenn die Forderung mit Einwilligung des Schuldners einem
Dritten übereignet ist, jener mit einem von diesem ausgestellten Mortifika
tionsschein sich begnügen.
2) Kann aber der Schuldner bei Instrumenten der zu 1 bezeichneten Art, und na
mentlich in Ansehung der auf Ordre ausgestellten Urkunden wahrscheinlich ma
chen, daß er entweder bei auswärtigen Gerichten oder sonst, unangenehmen Wei
terungen, oder wohl gar der Gefahr doppelter Zahlung ausgesetzt sein würde,
wenn er das Original nicht zurück empfinge; so muß der Gläubiger entweder den
Verlust der Urkunde näher nachweisen, oder auf seine Kosten das öffentliche
Ausgebot derselben bewirken.
3) Ist das Instrument auf jeden Inhaber zahlbar; so kann der Schuldner öf
fentliches gesetzmäsfiges Aufgebot und Mortifizirung auf Kosten
des Zahlungsnehmers verlangen.
Der Schuldner kann daher, so lange ihm in Betreff des verlornen Schuld
instruments ein nach Vorstehendem hinlänglicher Mortifikationsschein nicht ver
schafft ist, nur zur Zahlung gegen annehmliche Kaution angehalten werden, und
bei deren Verweigerung kann er die zu zahlende Summe gerichtlich niederlegen. —
H. 125— 132, I. 16 A. L. R. — Z. 3, 6, 7 der Verordn. vom 9. Decembcr
1809. — Anh. z. 385 zu z. 115, I. 51 A. G. O.
II. Spezielle Vorschriften gelten 1. für das Aufgebot der Sparkasfcn-
bücher. Wird ein solches Buch gänzlich vernichtet, oder geht es verloren; so muß
«) der Verlierer, wenn er an dessen Stelle ein Andres wieder zu erhalten wünscht,
den Verlust sofort nach dessen Entdeckung der Kassenbehörde anzeigen, welche
denselben, ohne sich um die Legitimation des Inhabers zu bekümmern, in ihren
Büchern vermerkt.
537
b) Vermag derselbe die gänzliche Vernichtung des Buchs auf eine, nach dem Er
messen der Kassenbehörde, überzeugende Art darzuthunz so wird ihm von dersel
be» ohne Weiteres ein neues Buch auf Grund der Kassenbücher ausgefertigt.
In allen übrigen Fällen muß das verlorne Buch gerichtlich aufgeboten und amor-
tisirr werden.
c) Vor Einleitung dieses letztern Verfahrens aber ist sowol der Ablauf desjenigen
Kalenderquartals, in welchem die Anzeige des Verlustes bei der Kasse gemacht
worden ist, als auch der des folgenden Kalendcrquartals abzuwarten. Wird in
nerhalb dieses Zeitraums das verlorne Buch durch einen Andern, als den An
zeiger des Verlustes, bei der Kasse präscntirt, so hält sie es an, übersendet es
dem Ortsgericht, und verweiset sowol den Präsentanten, als den angeblichen
Verlierer an dieses Gericht zur rechtlichen Erörterung ihrer Ansprüche a» das
Eigenthum des Buchs.
cl) Ist aber die bei e gedachte Frist verstrichen, ohne daß das Buch zum Vorschein
gekommen, so ertheilt die Kasse dem angeblichen Verlierer hierüber eine Beschei
nigung, und eine aus ihren Kassenbüchern zu fertigende Abschrift des Kontos
des verlornen Buchs, — beide gegen blosse Erlegung der Kopialien.
Unter Einreichung dieser Abschriften, und unter dem Erbieten, sein Eigen-
thum am Buche und dessen Verlust eidlich bestärken zu wollen, kann demnächst
der Verlierer das öffentliche Aufgebot und die Amortisation beim Obergericht
nachsuchen.
e) Dieses hat den Verlust des Buchs unter Angabe ss) der Nummer desselben j
dl)) der Namen, sowol dessen, auf welchen dasselbe ursprünglich ausgestellt ist,
als des angeblichen Verlierers; cc) des Betrags der Summe, über welche das
selbe zur Zeit des geschehenen Verlustes lautete; durch das am meisten gelesene
der am Orte erscheinenden öffentlichen Blätter, — oder falls es deren dort nicht
gibt, durch das Amtsblatt des Regierungsbezirks mit der Aufforderung bekannt
zu machen:
daß ein Jeder, der an dem verlornen Sparkassenbuche irgend ein Anrecht
zu haben vermeine, sich beim Gerichte, und zwar spätestens in dem snä«
her zu bezeichnenden) Termine melden, und sein Recht näher nachweise»
möge, widrigenfalls das Buch für erloschen erklärt, und dem Verlierer
ein neues an dessen Stelle ausgefertigt werden solle.
Beläuft sich der Betrag des Sparkassenbuchs auf weniger als 50Thlr.z so wird
der Ediktaltermin auf 4 Wochen hinaus, vom Tage der Bekanntmachung an
gerechnet, angesetzt, und letztere in jenes öffentliche Blatt eingerückt.
Bei Beträgen zwischen 5« Thlr. und IVO Thlr. ist eine Swöchentlichc Edik
talfrist und eine zweimalige Einrückung, bei Beträgen von 100 Thlr. und dar
über eine Ediktalfrist von 3 Monaten und eine dreimalige Einrückung erforderlich.
f) Meldet sich bis zum Ediktaltcrmine, und in demselben Niemand, der auf das
Buch Anfpruch macht, und leistet der angebliche Verlierer demnächst folgenden
Eid ab:
daß er das Buch besessen, und daß ihm solches verloren gegangen sei;
so faßt alsdann das Gericht das PräklusionS- und Amortisationser«
kenntniß ab, welches dem Verlierer zu publiziren, und 14 Tage lang an der
Gerichtsstelle auszuhängen ist.
8) Sobald das Erkenntniß rechtskräftig geworden, hat die Sparkasse auf Grund
desselben dem Verlierer ein neues Buch unentgeltlich auszufertigen.
d) Die Kosten des gerichtlichen Verfahrens trägt der Verlierer; doch sind bei Ge
genständen von 1lX> Thlr. und mehr nur Jnsertionskosten, Porto, Stempel und
Kopialien, hei kleineren Sunimen nur Porto und Kopialien, Jnsertionsgebühren
538
blos dann, wen» die Bekanntmachung in cln auf Rechnung einer Privatperson
herausgegebenes Blatt erfolgt ist, in Ansatz zu bringen. — §. 15 Reglem. vom
12. December 1833 GS. S. 1339 S. 10.
2. Die Köln-Mindener und die rheinische Eisenbahngesellschaft haben da« Aufge
bot ihrer Eisenbahnaktien, Koupons und Dividendenscheine, falls solche
verloren gehen, ihren Direktionen vorbehalten, und das desfalsige Verfahren speziel
vorgezeichnct. — In Betreff andrer Eisenbahnaktien') kommen, wenn in den be
treffenden Statuten nicht besondre Vorschriften deshalb enthalten sind, die unter III.
folgenden Bestimmungen zur Anwendung. — Z. 20 der Stat. best, den 18. Decbr.
1843 GS. 1344 S. 26 und z. 6 des Privil. vom 8. Scptbr. 1843 GS. S. 328.
III. Das Aufgebot andrer Urkunden, 2) in so weit ein solches nach der Be
stimmung zu I. der Mortifikation vorausgehen muß, erfolgt iu der 350 vorge
schriebenen Art, jedoch unter nachstehenden Modifikationen:
1) Das Aufgebot wird in der Regel vom Richter des Ausstellers der Urkunde erlas
sen. Ist aber der Verkehr zwischen dem Orte, wo der Verlierer sich befindet,
und dem, wo der Aussteller der Urkunde sich aufhält, unterbrochen; so kann der
Verlierer beim Obergericht seines Aufenthaltsorts auf Erlaß des Aufgebots an
tragen; das hierauf ergehende Präklusionsurtel steht aber denen nicht entgegen,
welche zur Zeit des Verlierens sich in den Ländern befanden, deren Verkehr mit
dem Orte des Aufgebots gehindert wurde.
2) Ist keine Abschrift der verlornen Urkunde vorhanden; so muß Extrahent die Exi
stenz und den Inhalt gemäß g. 122, II. nachweisen.
3) Der Aussteller der Urkunde muß in der Regel zugezogen, und das Erkenntnis,
mit gegen ihn gerichtet werden. Dieser ist sodann befugt, darauf anzutragen,
daß entweder die Zahlungszcit des Kapitals, oder der nächste Zinfentermin ab
gewartet werde. Aber auch ohne seinen Antrag muß die bis zu diesem Termin
verlaufene Zeit der Frist des Aufgebots hinzugerechnet werden.
4) Die Einrückung der Ediktalladung muß auch in die Zeitungen und namentlich
auch in die der Provinz, wo der Verlierer sich befindet, erfolgen.
5) Wenn ein an jede» Inhaber zahlbarer Wechsel, «) von dem jedoch Jahr und
Tag der Ausstellung nicht bekannt ist, Behufs seiner Amortisation öffentlich
aufgeboten werden soll; so ist der Wechselschuldner, in sofern er die Schuld ein
räumt, zur Deposition zu verstatten, worauf der Gläubiger nach abgelegtem Ma
nifestationseide das Aufgebot des Deposit! verlangen kann. Hierbei müssen die
etwanigcn unbekannten Inhaber, unter Borbehalt ihrer Rechte an den Gläu
biger, verwarnt werden:
daß die Gelder diesem würden verabfolgt werden, wenn sie sich auf die
Ediktalladung nicht meldeten.
Nach erfolgter Präklusion ist der Gläubiger die Auszahlung des deponirten Gel
des nachzusuchen berechtigt. — Anh. §. 385, 386 zu z. IIS, l. 51 A. G. O.
1) l^f. z. B. in Betreff der Berlin-Hamburger Eisenbahnaktien den z. 20 Stat.
best, den 28. Februar 1845 GS. S. 175.
2) Zu diesen gehören auch Stadtobligationen, in sofern diese nicht zu den nach Z.ZS2,
III. zu behandelnden Provinzialstaatsschulden zu rechnen sind. — Hf. Res. vom
8. Mai 1812 u. vom 31. December 182S. Gräff, Koch zc. III. S. 116« fg.
») Ueber das Verhalten des Wechselgläubigers und Wechselschuldners bei verlornen
Wechseln geben die §z. 1159 fg. I. 8 A. L. R. Auskunst.
539

Achtzehnter Abschnitt.
Bom »erfahren in Moratoriensachen. >)
Zweck; allgemeine Erfordernisse und Eintheilung der Moratorien.
§. 354. I. Die durch das Gesetz gebotene Rechtswohlthat des Moratorii, oder
Indults hat zur Absicht, einen Schuldner, welcher an sich noch des Vermögens ist,
seine Gläubiger zu befriedigen, den aber gewisse vorübergehende Umstände, ihmn so
fort baar und auf Ein Mal Zahlung zu leisten, verhindern, durch Gestaltung ciner
gewissen Nachsicht in den Stand zu setzen, daß er den Forderungen dieser seiner
Gläubiger, ohne seinen Ruin, Gnüge leisten könne. — z. 1, I. 47 A. G. O.
II. Wer ein Moratorium erlangen will, muß nachweisen:
1) daß er an und für sich hinlängliches Vermögen besitze, den Forderun
gen seiner Gläubiger ein Gnüge leisten zu können; dabei kommt in Betreff
von Verpflichtungen, welche er als Besitzer eines Grundstückes zu erfül
len hat, dieses Grundstück selbst dann in Betracht, wenn der Besitztitel davon
auf ihn noch nicht berichtigt ist;
2) daß Umstände vorwalten, die es ihm unmöglich machen, ohne seinen Ruin
sogleich prompte und baare Zahlung zu leisten;
3) daß gegründete Hoffnung und Aussichten vorhanden sind, daß er
durch Verstattung der gcbetenen Nachsicht in den Stand kommen werde, seine
Gläubiger zu befriedigen,?) und sich zugleich in seinem Nahrungsstande zu er
halten. — §. 3 a. a. O. — Res. vom 8. Oktober und 26. November 1811 u.
1«. Juli 1812. Jahrb. 1, S. 233 fg.
III. Unzulässig ist der Antrag auf Bewilligung eines Maratorii überhaupt:
1) in Bezug auf andre Verpflichtungen, als Geldzahlungen, namentlich, wenn der
Schuldner etwas thun, oder eine gewisse Sache herausgeben soll;
2) Wenn die Schulden das Vermögen übersteigen;
3) so lange ein Schuldner auf flüchtigem Fuß sich befindet, und sich nicht zur per
sönlichen Vernehmung gestellt;
4) wegen Wechselschulden wirklicher Kaufleute, und der ihnen in Bezug auf Wech
selverbindlichkeiten Gleichgestellten ; (ck. Anm. 1 s. c. d. S. 409.)
5) wegen der Schulden, hinsichtlich deren die unter 4 Genannten sich vertragswcise
der wohlverstandnen Rechtswohlthat des Indults ausdrücklich begeben haben;
6) wegen Pfandbriefen, die von der Landschaft dem Gutsbesitzer wegen mangelnder
Sicherheit gekündigt sind. — S. 2, 4, 5, 66, 97 Nro. 9 u. 10«, I. 47 A. G.
O. — Res. vom 26. Januar 1813. Jahrb. 2, S. 50.
IV. Beruft sich der Schuldner auf die Rechtswohlthat des Indults
1) gegen Einen Gläubiger, so betrifft dies Gesuch ein Spezialindult;
1) Das Moratorium ist aus dem römischen Recht auf uns übergegangen. Es ist
eine nur scheinbare Wohlthat; in den meisten Fällen aber in Bezug auf den
Gläubiger eine Hörte, und für den Schuldner selbst nachtheilig. Wie wenig es
in Teutschland bcliebt war, besagt das Sprichwort: O-uinquennellen (von der
5jährigen römischen Dauer) kommen aus der Höllen.
2) Die in Folge des Kriegsnothstandes der Jahre 1806 bis 1815 erlassenen speziel
len Jndultgesetze sind ausser Willigkeit gesetzt. Dagegen sind in neuerer Zeit
durch Cab.-Ord. vom 19. Aug. 1835 u. 23. Juni 1836 lGS. 1835 S. 184
1836 S. 203) einigen Landgemeinden in den schlesischen Kreisen Leobschütz, Ra-
tibor, Kosel und Strehlen, welche durch Ankauf von Rittergütern sich mit Schul
den belastet haben, bis zum 1. Januar 1843 gewisse Zahlungsnachsichten zugestanden.
s) Es wird hier jedoch nicht vorausgesetzt, daß diese Befriedigungsmittel noch aus
ser dm zur Sicherheit vfferjrten Gegenständen vorhanden sein müssen.
Sä«
2) geschieht es gegen mehre auf ihn eindringende Gläubiger; so ist von einem Ge-
neralindult die Rede. — §. 6, I. 47 A. G. O.
I. Von Verhandlung des Spezialindults.
Antrag; Verhandlung; Prüfung der Sicherheit; Erkenntniß und
Rechtsmittel.
Z. 355. I. Der Antrag auf Spczialindult muß vom Schuldner
1) in der Regel im Termine bei Einlassung und Antwort auf die Klage des Haupt-
Prozesses, oder doch spätestens bei Abschluß dcr Verhandlung erster Instanz, im
Mandatsprozesse aber innerhalb der im Mandate zur Anbringung der Einwen
dungen gestellten Frist, gemacht werden. — Wird die Hauptsache im ordentlichen
Prozeß verhandelt (Absch. 5, Tit. 6); so muß der Dcputirte den Beklagten, in
so fern er in Person und ohne Rechtsbeistand erschienen, und in so fern bei ihm,
nach seinen Aeusscrungen oder sonst, zeitiges Iahlungsunvermögen vorzuwalten
scheint, über sein Recht zur Nachsuchung des Spezialindults von Amtswegen belehren.
2) Rur in dem Falle, wenn Provokant zugleich nachweisen und bescheinigen kann,
daß die Umstände, welche ihn zur Berufung auf diese Rechtswohlthat nöthigen
und berechtigen, erst während des Laufs des Prozesses oder nach entschiedener
Sache eingetreten sind, kann auch noch später, und selbst nach Rechtskrast des
Urtels oder Mandats der Hauptsache, auf Spczialindult angetragen werden.
Doch wird in solchem Falle die Exekution nicht eher gehemmt, als bis dem Glau«
biger die gebührende Sicherheit bestellt ist. — ß. 7—9, I. 47 A. G. O. — Z. 7
des Ex. G. vom 4. März 1834. — Res. vom 7. Oktober 1833. 3«. Mai 1834
u. 10. November 1837. Gräff, Koch ,c. IN. S. 61«, S92.
II. Ausser den Z.'354, III. erwähnten Fällen ist der Antrag auf Spezialin-
dult nicht zulässig:
:>) wenn der Schuldner wegen desselben Anspruchs bereits Indult gehabt hat;')
b) nach Abschluß dcr Sache in erster Instanz, in sofern er nicht gemäß I. Nro. 2
begründet wird;
0) wenn Schuldner die Forderung des Gläubigers freventlich abgeläugnet hat; oder
wenn ersichtlich, daß das Moratoriengesuch ohne Noth aus blosser Schikane und
zum Verschleif der Sache angebracht wird. — Z. 48. S. 9. Z. 34, I. 47 «. G.
O. Res. vom 13. April 1821 Gräff, Koch :c. III. S. 992.
6) Wegen wechselmässiger Verpflichtungen andrer als der kausmännischen Wechsel-
schuldner; l>lso der Gutsbesitzer und GeneralpSchter). — 8. 66, I. 47 A. G. O.
III. Zur Motivirung des Antrags auf Spczialindult gehört, daß darin
die dafür sprechenden Gründe, ferner die Vorschläge: auf wie lange Schuldner die
gebetene Nachsicht ndthig habe, wie er die Forderung des Gläubigers unterdessen
sicher zu stellen, und wie er nach abgelaufener Befristungszcit demselben wirkliche
Zahlung zu leisten gedenke, umständlich angegeben werden.
Dieses Gesuch ist in einem besonderen Schriftsatz einzureichen, oder zum beson-
deren Protokoll zu geben. Die Verhandlung darüber erfolgt von der Hauptsache
getrennt. Diese behält ihren ununterbrochenen Fortgang. — §. 10, 11 a. a. O.
1) Dies liegt deutlich im H. 48 a. a. O. Koch nimmt an, daß bei hinzukommen
den neuen Umständen Indult zuständig, wenn auch bereits Spezialmoratorium
bewilligt war. — Recht, der Forder. I. S. 394.
») Ist ein Antrag auf Spczialindult offenbar unzulässig, so muß er durch Verfü
gung zurückgewiesen werden. Dies sprechen auch die Res. vom 6. Juli 18Z2
u. 17. Mai 1834 (Gräff zc. III. S. 993) aus. Die Ref. vom 2«. Aug. ISIS
und vom 2«. Januar 1832. <Jahrb. 14, S. 28 Bd. 39, S. 168) sind jedoch
gegen die Abweisung durch Verfügung.
541
IV. Die Provokation wirb zunächst dem Gläubiger, als Provokaten, zur Er«
klärung und Anbringung etmaniger Einwendungen vorgelegt, und nach Möglichkeit
versucht, ihn, wenn die offerirte Sicherheit annehmlich zu sein scheint, zur Zuge
stehung der erbetenen Nachsicht zu vermögen. — Bei den während des Hauptpro
zesses angebrachten Spczialmoratoriengesuchen hängt es vom Gläubiger ab, die Ver
handlungen über den Indult bis nach völlig abgeurteltcr Hauptsache ganz aussetzen
zu lassen. — §. lv, 1l o. a. O.
V. Kommt es zur Instruktion über den Spezialindult, so erfolgt die
selbe im ordentlichen Prozeß (Absch. 5, Tit 6). Dabei hat der Jnstruent sein Au
genmerk besonder« auf diejenigen Punkte zu richten, welche zur Feststellung oder Be
seitigung der im 8,. 354, II. aufgeführten Erfordernisse des Indults dienen. Was nun
^ die Erfordernisse zu Nrv. 2 u. 3, II. 8. 354 betrifft; so bedarf es deshalb
keines förmlichen Beweises, auch nicht weitläufiger Untersuchung. Es gnügt, wenn
der Schuldner solche Umstände, wodurch sein gegenwärtiges Zahlungsunvermögen
dem Richter wahrscheinlich wird, und das Mittel oder die Fonds, aus welchem er
nach Ablauf der Nachsichtszeit werde Zahlung Kisten können, nachzuweisen im
Stande ist.
Behauptet dessen ungeachtet der Gläubiger, daß ihn der Schuldner ohne Noth,
aus blossem Eigensinn oder Schikane hinhält; so steht ihm frei, einen Gegenstand
nachzuweisen, aus welchem er füglich ohne Ruin des Schuldners befriedigt wer
den könne. > )
L. Zum Nachweise der ZulSnglichkeit des Vermögen« (§. 354, II. Nro. t) sol
len alle nicht durchaus nothwcndige Weitläufigkeiten möglichst »ermieden werden.
Es gnügt, wenn Schuldner dem Gläubiger einen Gegenstand anweist, durch welchen
ihm für seine Forderung Sicherheit gewährt wird. Eine eidliche Vermögensspeziff-
kation darf dem Schuldner nur dann abgefordert werden, wenn Gläubiger darauf
dringt, und der Richter nach Beschaffenheit der Umstände sie für erforderlich erachtet.
Ausserhalb des preussischen Staats befindliche Güter, Hebungen, For
derungen und Bürgen, braucht sich jedoch ein inländischer Gläubiger zu seiner Sicher
heit nicht anweisen zu lassen. — Dagegen kann der Schuldner im Jnlande ge
legene Grundstücke, zu zahlende gewisse Hebungen und Forderungen, und hier woh
nende Bürgen, als Gegenstand der Sicherheit vorschlagen.
1) Bei Grundstücken wird «) deren Qualität, Werth und Sicherheit in der
Regel durch den Hypothekenschein, und ins Besondre der Werth durch den dar
aus sich ergebenden Kaufpreis nachgewiesen. Behauptet der Schuldner einen hö
heren, als den im Hypothekenbuch eingetragenen Werth; so muß er die« durch
Vorlegung der Pacht- oder Miethsverträge, oder durch mehrjährige Ertragsrech
nungen sofort dartyun. — Behauptet der Gläubiger einen geringeren, ihm
nicht hinlängliche Sicherheit gewährenden Werth; so muß er scheinbare Gründe
seiner Behauptung anführen; und dann liegt dem Schuldner ob, den bestritte
nen Werth auf vorstehende Art nachzuweisen.
b) Der Gläubiger muß mit der auf Grundstücke angewiesenen Sicherheit
sich dann begnügen, wenn sein Anspruch bei Landgütern-) innerhalb der ersten
>) Weist der Schuldner jedoch nach, daß der zeitige Verkauf der vom Gläubiger
vorgeschlagenen Gegenstände einem ganz ausserordentlichen, den theilweisen Ruin
gleich zu achtenden Verlust ihn aussetzen würde; dann wird nicht von eigensin
niger und unnöthiger Hinhaltung des Schuldners die Rede sein können. — Lk.
Res. vom 3. September 1807. Rabe 9, S. 78.
2) Darunter werden nicht blos Rittergüter, sondern überhaupt die, Ackerwirrhschaft
gewährenden, Grundstücke verstanden im Gegensatz zu städtischen, d. h, solchen
Grundstücken, welche in blossen Räumen bestehen. — Ls. auch Res. vom 6. Juli
1S4« I. M. B. S. 224.
S5
S42
zwei Drittheile, bei städtischen Grundstücken innerhalb der Hälfte de« nach a aus-
gemittelten Werths zu stehen kommt. — Ist aber notorisch, oder vom Schuld
ner nachgewiesen, daß seit Erwerb des Grundstücks Besitzungen der Art im
Preise beträchtlich gestiegen sind; so kann der Richter die Sicherheit für hinrei
chend annehmen, wenn sie auch die 2 Dritthcile, resp. die Hälfte, um etwas über
steigen möchte. Doch darf sich der Gläubiger bei einer über den ganzen Erwer-
bungsprcis hinausgehenden Sicherheit niemals beruhigen. , .,
2) Werden gewisse jährliche Hebungen, oder auch ausstehende Forde
rungen i) zur Sicherheit vorgeschlagen; so muß der Schuldner die darüber lau
tenden Urkunden vorzeigen. Sind dieselben ins Hypothekenbuch eingetragen, so
wird ihre Sicherheit nach den unter Nro. 1 entwickelten Grundsätzen geprüft.
Sind es keine hypothczirten Ansprüche, sondern nur Privatforderungen; so kön
nen sie dem Gläubiger nicht aufgedrungen; sie müssen ihm aber, wenn er sich
damit begnügt, verpfändet, oder zcdirt werden. . .
3) Der Werth angebotener beweglicher Unterpfänder wird im Zweifel durch
Sachverständige festgestellt, und ist s) bei Gold und Silber und andern derglei
chen Dingen, die einen festen Preis haben, auf das Ganze, b) sonst aber, nach
richterlichem Ermessen, auf zwei Drittheile oder die Hälfte, je nachdem der Preis
solcher Gegenstände mehr oder weniger wechselt, für hinreichend anzunehmen.
4) Bürgen müssen die Sicherheit durch Eintragung auf ihre Grundstücke inner
halb des nach Nro. 1 zu beurteilenden Werths bestellen. Unangesessenc Bür
gen ist der Gläubiger nicht anzunehmen schuldig. — §. 12—22 «. <>. ,O, ..^
VI. Die Entscheidung über den Spezialindult erfolgt nach abge
schlossener Instruktion , , ... - , >./, ..
^. zugleich in dem Urtel in der Hauptsache, in sofern diese trotz ihres ununter
brochene» Fortgangs oder sonst in erster Instanz noch nicht abgeurtelt ist;
L. im andern Falle aber durch besondres Urtel. , > , , ,,, :ü
Ist das Gesuch an sich nicht begründet oder der Fall unter II. e. vorhanden;
so muß die Zurückweisung erfolgen. Erachtet der Richter die Sache zur Erthei-
lung des Indults für geeignet; so muß er >, ,. (.«ni«, -
1) die Dauer desselben bestimmen, und dasselbe, wenn nicht besondre Umstände vor
walten, nicht leicht auf längere, als Jahresfrist) 2) bewilligen;, .l
2) die zur Sicherheit des Gläubigers etwa erforderlichen Modalitäten gehörig, also
festsetzen, daß die Schuld auf dem Grundstück eingetragen; die Forderung zedirt,
verpfändet oder mit Beschlag belegt ; die jährliche Hebung, so weit es zur Deckung
und Befriedigung des Gläubigers nöthig ist, diesem angewiesen, oder zum De
positum eingezogen; die beweglichen Pfänder dem Gläubiger, oder ebenfalls zur
gerichtlichen Verwahrung abgeliefert; vom Bürgen Kaution bestellt und ins Hv-
pothekenbuch eingetragen werden solle zc.z , - , >,^-,
3) über den Kostenpunkt entscheiden. Die über Verhandlung des Moratoriengesuchs
erwachsenen Kosten trägt der Schuldner (Provokant) in jedem Falle und nur
mit Ausnahme derer, welche durch blossen Eigensinn oder Schikane des Gläubi
gers entstanden sind. — Z. 24, 25, 34, 36 a. a. O.
VII. Gegen die Entscheidung über das Moratoriengesuch steht in Bezug auf
beide Theile Appellation zu. Appellirt der Gläubiger; so hat das Rechts
mittel volle Wirkung. Appellant kann jedoch darauf dringen, daß die gemäß VI.
^) Obligationen der Provinzialftände, der Kreisstände und der Städte können als
Sicherheitsobjekt nur dann aufgedrungen werden, wenn sie vom Landesherrn
ausdrücklich genehmigt worden. Aktien und dergl. werden ebenfalls nur in sofern
Sicherheit geben, als sie zur Annahme in Pupillendepositorien gesetzlich geeignet sind.
») Dies Jahr beginnt offenbar mit dem Tage der Rechtskraft des Uttels.
543
Rro. 2 erkannten Modalitäten seiner Sicherftellung während der Verhandlung zw«,
ter Instanz, mit Vorbehalt seine« Rechts und des künftigen E,ke„ntnisscö, in Voll
zug gebracht werden.
Appellirt der Schuldner weil er mit dem Antrage abgewiesen ist; so hat
s) wenn die Appellation die Abweisung mit dem Jndultgesuch allein betrifft, das
Rechtsmittel Devolutiveffekt. Die Exekution wird dahcr auf Andringen des
Gläubigers gegen den Schuldner verhängt, und bis zu einer ändernden Entschei
dung zweiter Instanz fortgesetzt. Doch soll das Appellationsversahren besonders
beschleunigt werden.
l>) Appellirt aber der Schuldner ««gleich in der Hauptsache und über die Versagung
des Indults; so richtet sich die Wirkung des Rechtsmittels nach der Beschaffen
heit der Hauptsache. In der Regel wird daher die Exekution unterbleiben.
Findet der Richter zweiter Instanz, daß
1) der Schuldner die Appellation ohne allen rechtlichen Grund, blos aus Schikane
und zum Verschleif der Sache ergriffen, oder
2> daß Schuldner die Forderung des Gläubigers ohne allen Grund in Abrede ge
stellt, und nach §. 17t>, V. die Strafe des frevelhaften Läugncns verwirkt hat; —
so muß er ihn der Rcchtswohlthat des Indults für verlustig erklären, wenn er
auch sonst sich dazu eignen würde. «
Z) Ergibt sich, daß der Schuldner das Moratoriengesuch ohne Roth aus blosser
Schikane und zum Verschleif der Sache angebracht; so erfolgt ausser der Ab
weisung nach Umständen noch die Verurtheilung in eine namhafte Geldstrafe.
Schuldner muß dann auch dem Gläubiger für das erwachsene Interesse aufkommen.
In Betreff des Verfahrens und der Kosten in der Appellationsinstanz kom
men die allgem. Vorschriften Tit. 7, Absch. 4 zur Anwendung. — z. 26—35, I.
47 A. G. O.
VIII. Revision ist niemals zulässig; jedoch Nichtigkeitsbeschwerde gestattet. —
§, 26 a. a. O. §. 3 u. 4 der V. vom 14. December 1833.

Wirkung des Spezialindults und dessen Wicderaufhebung.


§. 35«. I. Wegen einer Post, in Betreff deren rechtskräftig Spezialindult be
willigt ist, findet während der Dauer desselben keine Exekution statt.
Doch muß Schuldner innerhalb dieser Dauer die Zinsen, bei Verlust des Indults,
prompt und richtig bezahlen. Er muß selbst dann, wenn die Schuld ursprünglich
nicht zinsbar war, Zögerungszinsen vo» Beginn der Jndultszeit bis zu Ende des
selben vierteljährig entrichten.') — Nach Ablauf der Jndultszeit wird bei nicht er«
folgter Zahlung der Schuld, auf Anrufen des Gläubigers, sofort mit Exckution ver
fahren. — 8. 37, 38, 45, I. 47 A. G. O.
II. Wenn ein Gläubiger, der durch Urtel zur Nachsicht angehalten wird, von
seinen eignen Gläubigern gedrängt, gegen diese auf Indult provozirt, und
sich übrigens dazu eignet; so kann er seinen Gläubigern die von seinem Schuldner
beftellt« Kaution, jedoch mit Vorbehalt seines Rechts an diesen, zur Sicherheit an
weisen. Hat er nun
1) diese Kaution durch Urtel annehmen müssen; so sind auch seine Gläubiger »er»
pflichtet, sie, in der bestellten Höhe, ohne vsrgängig« Prüfung, anzunehmen.
2) Hat er aber die Sicherheit freiwillig für hinreichend angenommen; so können

' ') Daraus folgt, daß bei Kapitalien, die zu weniger als den gesetzlichen Zinsen aus
stehen, Gläubiger während der Jndultszeit die höheren Verzugszinsen verlangen
kann. « Dahin hat sich auch das Geh. Ob.-Ärib. in einem Urtel vom I. 1SI4
ausgesprochen. ' JaM 3/ S. 32!.
35"
S44
seine Gläubiger auf deren Prüfung und Instruktion nach Z. 355, V. antragen. —
z. 43, 44 a. „. O.
III. Der rechtskräftig zugesprochene Spezialindult wird wiederaufgehoben
t) wegen Säumniß in Zinsenzahlung. Zeigt Gläubiger diese an; so wird
Schuldner zu einem nahen Termin zur Verantwortung und zum Zahlungsnach
weis vorgeladen. Bleibt er ans, oder weist im Termin die Zahlung der bis
zum letzten Zinsentermin aufgelaufenen Zinsen durch Quittungen oder auf andre
vollkommen glaubhafte Weise nicht nach;>) so wird er durch blosse, mittelst
Rechtsmittel nicht anfechtbare Resolution des Indults für verlustig erklärt, und
auf ferneres Andringen des Gläubigers mit Exekution wider ihn verfahren.
2) Wegen verminderter Sicherheit. 2) Behauptet der Gläubiger, daß sich
in dem zu seiner Sicherheit angewiesenen Gegenstand eine solche Veränderung
zugetragen, daß ihm derselbe die vorhin vom Richter für hinlänglich erkannte
Deckung nicht mehr gewähren könne, und bescheinigt dies gehörig; so wird der
Schuldner in einem nahen, niemals zu verlegenden Termin darüber,
und über die etwa anderweit zu bestellende Sicherheit gehört; die Sache nebst
den dabei vorkommenden thatsächlichen Umständen gehörig auseinander gesetzt,
und demnächst darüber:
ob Schuldner des Indults für verlustig zu erklären, oder dabei zu
schützen sei?
erkannt. — Gegen dies Urtel steht rücksichtlich beider Theile die Appellation zu.
Doch hat sie, wenn der Schuldner appcllirt, nur Devolutiveffekt, und die Ver
handlung und das Erkenntmß zweiter Instanz sind vorzüglich zu beschleunigen.
Revision ist nicht gestattet. — Z. 39-42, I. 47 A. G. O.
II. Von Verhandlung des General-Moratorii.
Provokation und Verfügung darauf.
H. 357. I. Das Gesuch um Generalindult muß beim persönlichen Richter
des Provokanten, wie jede andre Klage, schriftlich oder mündlich zu Protokoll an
gebracht werden. — Zur Begründung der Provokation gehört:
1) der Nachweis des wirklichen Zahlungsvermögens des Provokan
ten, durch Beifügung eines genauen Vermögensverzeichnisses, in
welchem
s) sowol das Aktivvermögen unter näherer Hinweisung auf die den angegebenen
Werth der Grundstücke darthuenden Hypothekenschcine, Kaufbriefe und andre
Urkunden; mittelst spezieller Angabe der jährlichen Hebungen und Forderun
gen, der Beschaffenheit, Zahlbarkeit und Sicherheit derselben; und falls Pro
vokant Kaufmann ist, unter Angabe des aus den Büchern und Inventuren «)
nachzuweisenden Bestandes und Werths des Waarenlagers, als
d) die scimmtlichen Schulden genau verzeichnet sind. Schuldpostcn, welche Pro
vokant entweder gar nicht, oder doch nicht vollständig anerkennen will, müs
sen im Verzeichnisse dennoch vermerkt, jedoch muß das nicht Anerkannte vor
der Linie angefetzt, und nur das Uebrigc ausgeworfen werden. Erfolgt die
1) Daraus folgt, daß, wenn er im Termin an den Gläubiger noch Zahlung leistet,
und dieser Zahlung annimmt, der Indult erhalten wird. Denn dann ist Zah
lung nachgewiesen. Andrer Meinung ist Grävcl Komm. S. 31.
2) Daß jedoch diese Verminderung der Sicherheit nicht durch den Gläubiger selbst
verschuldbar herbeigeführt sein dürfe, ergeben die Z. 35, l. 3. §Z. 35 fg. I. 14.
A 12« fg. I. 2« A. L. R.
s) Mit Rücksicht auf Kiefen Ausdruck kommt es also auf den zeitigen Verkaufspreis
der Woaren an.
S45
Aufnahme dcr Provokation zu Protokoll; so muß der Deputirte de» Provo-
kanten zur vollständigen Angabe der Schulden besonders anmahnen, und be
deuten, daß er durch Verschweigen von Gläubigern nicht nur in Bezug auf
diese, sondern rücksichtlich aller Gläubiger des Indults verlustig gehe.')
2) Es gehört ferner dazu die Anführung der Ursachen und Umstände, welche de»
Provokanten verhindern, seinen Gläubigern sofort baare Zahlung zu leisten; und
3) die Beifügung von Vorschlägen: auf wie lange er Indult suche, und wie er in
der Zwischenzeit die Mittel, seine Gläubiger »ollständig befriedigen zu können,
zu erlangen gedenke. — K. 46—SS, l. 47 A. G. O.
kl. Die Provokation wird vom ordentlichen Dezernenten geprüft und vorge
tragen. Ist sie
1) offenbar unzulässig <§. 354, III.), so erfolgt sofortige Zurückweisung mit
telst Verfügung. Ist sie
2) nur unvollständig; fo darf sie vor gehöriger Vervollständigung nicht eingelei
tet, es muß daher diese angeordnet werden. Ist
3) gegen dieselbe Nichts Wesentliches zu erinnern; so wird die Einleitung
des Moratorienprozefscs verfügt. — §. 54, 5S a. a. O.
III. Tritt Letzteres ei»; so wird
1) Termin zur Beantwortung und Instruktion im ordentlichen Prozeß
verfahren (Tit. 6, Absch. 5) anberaumt und derselbe zwar so nahe, als möglich,
eingerückt, dabei jedoch darauf gcrücksichtigt, daß die Vorladung allen, auch den
entfernteren, Gläubigern, behändigt werden könne, und dieselben noch die zur
Vorbereitung nöthige Zeit gewinnen. — Zum Termin werden vorgeladen
s) der Schuldner, resp. Provokant, mit der Weisung, alle zur Unter
stützung seiner Vermögenssprzisikation dienenden Dokumente, Rechnungen,
Bücher, Schuldurkunden und andern Nachrichten mit zur Stelle zu bringen,
und unter der Warnung der Weglegung seiner Provokation;
b) die sämmtlichen im Schuldenverzcichnisse aufgeführten Gläubiger, unter Mit
theilung der Provokation und der nöthige» Beilagen, und mit dem Be
deuten:
daß gegen die im Termin nicht erscheinenden anzunehmen, daß sie in das,
Gesuch des Provokanten willigen.
Haben mehre der Gläubiger gleiches Interesse; so werden sie zugleich zur
Wahl eines gemeinschaftlichen Bevollmächtigten aufgefordert, und ihnen dazu
ein JustizkommissariuS, besonders ein solcher, welcher schon den Meisten oder
Betheiligsten der bekannten Gläubiger bedient war, vorgeschlagen.
c) Eine Ediktalladung der unbekannten Gläubiger erfolgt in der Regel nicht, da
diesen das etwa zu bewilligende Moratorium nicht entgegen steht. Nur,
wenn Provokant und die Gläubiger darin einig sind, kann Ediktalladung er
folgen. Dabei wird dann dreimonatlicher Termin angesetzt und das Verfah
ren des Z. 5ö beobachtet.
2) In Betreff der Zustellung der Vorladungen an die Gläubiger und Be
schaffung der Bescheinigungen gelten die Vorschriften z. 57—59. An
mehre an Einem Orte Wohnende kann die Vorladung mittelst Umlaufs erfol
gen. Erbietet sich ein Gemeinschuldncr, welcher Kaufmann ist, die Bchcindigung
') Bei Prüfung des Zahlungsvermögens werden Schulden, für welche der Schuld
ner nicht persönlich verhastet ist, die vielmehr nur aus dem dafür verpfändeten
Grundstück zu tilgen sind, nur in Bezug auf den Werth dieses Grundstücks be
rücksichtigt. Sind sie also grösser, als dieser Werth, so kommt der Mehrbetrag
nicht in Betracht. Dagegen wird der Werth der Grundstücke, von denen der
Bcsitztitel auf den Schuldner noch nicht berichtigt ist, in Bezug auf die darauf
haftenden Schulden und Lasten berücksichtigt.
54«
an die, an auswärtigen Handelsplätzen befindliche» Gläubiger selbst zu besorgen ;
so kann ihm dies mit dem Bedeuten überlassen werden: daß Gläubiger, denn
gehörige Borladung er im Termin nicht nachweist, für, das Moratorium nicht
bewilligend, erachtet werden sollten.
3) Die gegen den Gemeinschuldner schwebenden Prozesse, so wie neue
Klagen gehen ihren Gang ungehindert fort. Doch werden durch Einleitung des
Jndultgesuchs alle exekutivifche Verfügungen beseitigt. Es werden mithin alle
verfügte Exekutionen und Subhastationen ') sistirt, und es dürfen bis Austrag
der Sache keine Auspfändungen, keine gerichtlichen Sequestrationen oder Im
missionen gegen den Gemeinschuldner verfügt werden. Rur folgende Ansprüche
müssen sowol im Laufe der Instruktion, als nach bewilligtem Indult bei Ver
meidung der sonst zulässigen Exekution gewährt werden:
s) kurrente Imsen der Kapitalien und zweijährige Rückstände;
I>) versessene und fortlaufende öffentliche Abgaben und gemeine Lastenz
«) Ansprüche einer öffentlichen Kasse;
c>) laufende jährliche Renten, Zinsen, Kanons, und andre dergl. Jemanden gegen
den Schuldner, oder aus seinen Gütern zustehende jährliche Hebungen;
«) laufende Alimente;
f) laufende Mieth- und Pachtzinsen von Grundstücken, die Schuldner inne hat;
nebst dem Rückstände des Jahres, in welchem auf Indult angetragen ist,
nicht aber früherer Jahre;
ß) kurrentes Gesindelohn und Deputat; ingl. Erziehungs- und Unterrichtskosten
der Kinder des Gemeinschuldners, mit gleicher Bestimmung wie zu f;
K) Schulden, welche daher stammen, daß Schuldner anveptrautes Gut »erzehrt
hat, und es also in Natur nicht zurückgeben kann;
i) wechselmässige Schulden der Kaufleute, und derer, welche mit, ihnen gleiche
Wechselrechte haben. (Ck. A»m. 1. s, e, 6 S. 409.)
4) Der Gemeinschuldner bleibt in der Verwaltung seines Vermögens.-)
Er darf jeboch
s) bei Verlust des Moratorii Nichts vornehmen, was zur Befriedigung des einen
Gläubigers, oder zur Gewährung einer besseren Sicherheit für denselben, oder
zu irgend einer andern Begünstigung, zum Nachtheile der übrige», führen würde.
l>) Er darf bei gleichem Verlust weder seine Grundstücke veräussern, noch Kauf
gelder dafür einziehn, noch sein Mobiliarvermögen, es sei auf welche Art es
wolle, vermindern, noch ausstehende Forderungen einziehn; noch Schenkungen
machen, oder auf irgend eine Art den Betrag seiner Schulden vermehren.
c) Forderungen kann der Schuldner zwar ausklagen, und die Zinsen davon er
heben. Wenn aber die Kapitalien selbst in der Zwischenzeit zahlbar werden,
muß er sie entweder selbst zum Depositum zahlen, oder vom Schultmer un
mittelbar dahin zahlen lassen.
,1) Ist der Gemeinschuldner Kaufmann; so darf er bei Fortsetzung seines Han
dels sich in keine neuen Geschäfte und Unternehmung««, welche irgend mit
Gefahr verknüpft sein könnten, einlassen. Er muß sich lediglich auf Versil
berung seiner Lager einschränken, über die Lösung richtige Rechnung halten,
und den Bestand treu aufbewahren. Ein im ordentlichen und gewöhnlichen
Lauft des Handlungsverkehrs gegebener und genommener Kredit ist jedoch für
eine unerlaubte Veränderung des Vermögenszustandes nicht zu achten.
1) Vorausgesetzt, daß nicht schon ein Meistbietender ein unabwendbares Recht auf
Zuschlag erworben hat; da dann zugeschlagen werden muß.
2) Die unter 4 und 5 angeordneten Maasregeln deuten schon auf den Konkurs hin, wel
chem der Gemeinschuldnkr nur durch Frist entgehe» will.
S47
o) Erachtet der Gemeinschuldner eine nach b bis ll in der Regel ihm untersagte
Verfügung für nothwendig, oder sich und seinen Gläubigern zuträglich; so
muß auf seine desfalfige Anzeige das Gericht die Gläubiger, resp. deren Kom-
munmandatar zur Erklärung darüber auffordern. Sind g«) sämmtliche Gläu
biger mit dem Antrage einig; so wird ihm deftrirt; bl,) sind sämmtliche
dagegen, so wird er ohne Weiteres verworfen; «c) widersprechen nur einige
Gläubiger, so muß der Gemcinschuldner gegen diese auf rechtliche Erörterung
und Entscheidung nach der Vorschrift Nro, 5 K antragen.
5) Dagegen muß das Gericht ») von Amtswegen auf die Grundstücke des
Kcmeinschuldners, so wie bei den etwanigen hypothezirten For
derungen desselben eine Protestation gegen alle zum Nachthcil seiner
gestimmten Gläubiger gereichenden Verfügungen insHypothckenbuch vermerken lassen.
d) Erachten die Gläubiger es für bedenklich, dem Gcmeinschuldner die freie
Vermögensverwaltung bis zur völligen Entscheidung über das Jndultgesuch zu
überlassen; so können sie beim Gericht die Anordnung derjenigen Maasregeln
beantragen, welche zur Erhaltung des Vermögens des Gemeinschuldners und so
mit zu ihrer Sicherheit, so wie zur Vermeidung nachtheiliger Dispositionen ab
zielen, ohne jenen der Administration völlig zu entsetzen, und seine Ausrechthal-
tung, als die Absicht des Jndultgesuchs, zu vereiteln. — Geht ein solcher An«
trag ein; so muß das Gericht zur Verhandlung darüber und zur Regulirung
des Jnterimistizi die Gläubiger und den Gemcinschuldner zu einem nahen Ter
min vorladen, und eine Einigung deshalb herbeizuführen suchen. Kommt es
nicht zur Vereinigung; so setzt das Gericht das Interimistikum durch eine Re
solution fest, gegen welche Appellation nicht zulässig. Bei deren Bcschlußnahme
muß es besonders die obwaltenden Umstände erwägen: ob dem Gemeinschuldner
bei Bewirthschaftung des Guts ein Aufseher zur Seite zu stellen; ob die Wirth-
schaftsbeamten oder Pächter dahin zu vereiden: daß sie die Revenücn, nach Ab
zug einer billigen Alimentationssumme für den Schuldner und seine Familie, an
den Aufseher oder zur gerichtlichen Verwahrung abliefern; ob die ausstehenden
Forderungen mit Beschlag zu belegen; und zahlbare zum Depositum cinzu-
ziehn; ob das zum täglichen Gebraucb des Schuldners nicht nöthige Mobiliar
zur gerichtlichen Verwahrung zu nehmen; ob bei Handlungen ein Aufseher zu
bestellen, ohne dessen Wissen Schuldner keine wichtigen Verfügungen treffen könne,
dem er die Verkaufsrechnungen vorlegen, und die Losungen nach Abzug eines
verhältnißmässigen Alimentationsquantums für den Schuldner und Familie abge
ben müsse u. s. w. — Z. 56-75. §, »7 Anh. tz. 307, Z«Z, 309, 1. 47A.G.O.
Instruktion des Generalindults, Erkenntniß und Rechtsmittel.
K. 358. I. In dem nach z. 357, Ilk. Nro. 1 angesetzten Termine muß
4) der Gemeinschuldner die von ihm zur Begründung seines Vermögensverzeichnis-
ses beizubringenden Dokumente, Rechnungen, Bücher, Schuldurkun
den und dergl. den erschienenen Gläubigern zur Einsicht und näheren
Prüfung vorlegen, und ihnen von seinem Verhalten seit Anbringung des
Jndultgesuchs, sofern seitdem ihm die freie Verwaltung seines Vermögens über
lassen war, Rede und Antwort geben.
2> Hiernächst haben sich die Gläubiger über das Jndultgesuch zu erklä
ren. Der Jnstruent muß ihnen dabei über die Lage der Sache und die ob
waltenden Umstände die nöthigen Erläuterungen geben.
3) Der Jnstruent muß nach Möglichkeit eine gütliche Einigung herbcizu,
' führen suchen. Kommt s) ein Vergleich zu Stande; so muß derselbe mit
allen Bedingungen, und den während der Dauer des Indults zur Sicherheit
°. i'' , !d -"Ii,',, -', - ,d> . '-,.,'.,,!-
548
der Gläubiger etwa verabredeten Modalitäten zum Protokoll niedergeschrieben,
und dies von sämmtlichen Erschienenen «ollzogen werden; das Gericht hat aber
demnächst das zum Vollzug der gestellten Bedingungen und Modalitäten Erfor
derliche ungesäumt zu verfügen. I)) Widersprechen aber sämmtliche oder auch
nur Ein Gläubigerz so muß die Sache zur rechtlichen Entscheidung verhandelt
werden. Der Beschluß der Mehrzahl der Gläubiger entscheidet Nichts. Der
Umstand, daß der grössere Theil der erschienenen Gläubiger für Bewilligung des
Indults ist, kann vielmehr nur in sofern in Betracht kommen, als dies für die
Erhaltung des Schuldners spricht, und der Richter dadurch bewogen werden kann,
denselben beim Vorhandensein der gesetzlichen Erfordernisse leichter zur Rechts-
wohlthat des Indults zu verstatten.
Haben Gläubiger, welchen gleiches Interesse beim Prozesse zusteht, bisher sich
über einen gemeinschaftlichen Bevollmächtigten noch nicht «ereinigt; so muß Jn-
struent sie dazu zu vermögen suchen.
4) Bei Instruktion der Sache muß der Deputirte besonders die möglichste Auf
klärung der Frage im Auge haben:
ob der Gemeinschuldner durch Verstattung des gebetenen Indults, ohne
wesentlichen Nachtheil der Glaubiger, aufrecht und im Nahrungsstande
erhalten werden könne?
Dabei kommen die Vorschriften Z. 355, V. jedoch unter Beobachtung nachstehen
der näherer Bestimmungen zur Anwendung:
s) Kann beim Streit über den Werth eines den Gläubigern als Gegenstand der
Sicherheit mit vorgeschlagenen Grundstücks derselbe aus den vorge
legten Hypothekenscheinen, Pachtkontrakten, Wirthschaftsrechnungen :c. nicht
mit hinlänglicher Ueberzeugung entnommen werden; so steht den Gläubigern
frei, auf gerichtliche Abschätzung anzutragen. Auf diese muß daher
der Gemeinschuldner sogleich bei Einreichung des Moratoriengesuchs provozi-
ren, wenn er besorgt, daß die Gläubiger den von ihm angegebenen Werth
des Grundstücks nicht für bekannt annehmen, und er denselben auf andre
Art nicht sofort hinlänglich nachzuweisen vermögen werde. Die Abschätzung
ist dann dergestalt zu beschleunigen , daß die Taxe den Gläubigern im Kon-
vokationstermine vorgelegt werden könne.
b) Buch schulden eines Kaufmanns werden in soweit berücksichtigt, als
Sachverständige sie auf Grund der eingesehenen Bücher für richtig und gut
erklären. Privatforderungen andrer Gemeinschuldner können auch beim Ge-
neralmoratorio nur in so weit zur Sicherheit angewiesen werden, als die
Schuldner Sicherheit zu bestellen bereit sind.
c) Beim Kaufmann ist auch das Waarenlager Gegenstand der Sicherheit,
Doch muß die Richtigkeit, Qualität, Verkäuflichkeit und der Werth durch
Sachverständige geprüft und beurtheilt werden.
6) Von Mobilien dienen nur Juwelen, Pretiofen und andre dergl. Sa
chen von Werth und zwar dann zur Sicherheit, wenn sie durch
Verpfändung oder Deposition den Gläubigern wirkliche Deckung verfchaffen.
Die dem Gemeinschuldner zum Gebrauch und zur Verfügung bleibenden Mo
bilien verdienen keine Rücksicht.
e) bei Beurtheilung der Sicherheit müssen auch die nach §. 359, 1. während der
Jndultszeit zu leistenden Zahlungen vom bereitesten Vermögen in Abzug ge
bracht werden.
f) Ausser der Sicherheit für die Kapitalsforderungen muß der Gemeinschuldner
den Gläubigern auch für etwanige Deteriorationen während der
Jndultszeit, und für die laufenden Zinsen, besondre Kaution «der Bürg«
349
schast bestellen. Kann er dies nicht; so muß er sich in der Disposition über
sein Vermögen, während der Moratorienzeit, solche Einschränkungen gefallen
lassen, welche auf Deckung der Gläubiger wegen der laufenden Zinsen, und
auf Sichcistcllllng der Vermögenssubstanz gegen alle nachtheilige Verminde
rung abzielen, ohne ihn deshalb der Administration gänzlich zu entsetzen.
Den Vorschlag solcher Modalitäten, deren K. 357, III. 5 b einige bei
spielsweise bezeichnet sind, muß Jnstruent dem Gemeinschuldner und den Gläu
bigern abfordern; ihnen allenfalls von Amtswcgcn dergl. nach Lage der Sache
vorschlagen; und wenn Parteien sich darüber nicht einigen können, alle auf
nähere Bcurthcilung derselben und richterliche Entscheidung darüber Einfluß
übenden Umstände vollständig aufnehmen, und deutlich auseinandersetzen,
g) Hat Provokant gegen einen oder den andern Gläubiger bereits früher Spe-
zial-Jndult erlangt; so muß er, wenn dieser auf den Generalindult sich nicht
einläßt, entweder nachweisen, wie er denselben nach Ablauf des Spezialindults
ohne Nachtheil der übrigen Gläubiger werde befriedigen können, oder sich gc-
fallen lassen, daß ihm der Generalindult nur auf die Dauer des Spezialin
dults gegeben wird.')
5) Der Streit zwischen dem Schuldner und einem Gläubiger über die Rich
tigkeit oder den Betrag der Forderung des Letzteren darf, wenn sie sich
darüber nicht gütlich einigen, nicht mit der Instruktion des Moratoriengesuchs
vermengt, sondern der Gläubiger muß zur bcscndern Klage verwiesen werden.
Doch wird er, wenn dcr Grund seiner Forderung wenigstens einigcrmassen be
scheinigt ist, zur Verhandlung des Moratorienprozesses zugezogen. — 8, öS, 75—
83, 98, 99 a. a. O.
II. Die Spruchvorlegung erfclgt sofort nach beendigter Instruktion. De
duktionen sind nicht zuzulassen. — Im Urtel muß, wenn Prcvokant zum General»
indult für qualisizirt erachtet wird,
1) die Dauer des Indults ftstgestellt, dieselbe jedoch nicht auf länger als l, 2,
höchstens 3 Jahre, vom Tage des rechtskräftigen Urtcls gerechnet, zugestanden
werden; (<F. jedoch I. Nro. 4 g); ferner sind darin
2) die, zur Sicherstellung der Gläubiger, wegen Erhaltung der Masse und
richtiger Bezahlung der laufenden Zinsen, nach Maasgabc I. 4k etwa erfor
derlichen Modalitäten festzusetzen; und
3) ist über den Kostenpunkt nach Vorschrift g. 355, VI. Nro. 3 zu entscheiden.—
z. 83—85. §. 95 a. a. O.
III. Gegen das ergangene Urtel ist die Appellation sowol rücksichtlich des
Gemeinschuldncrs, als rücksichtlich sammtlicher, so wie auch einzelner Gläubiger ge
stattet. Das Verfahren für die Appellat.-Jnstanz wird nach den Vorschriften Tit. 7,
Abfch. 4 geregelt. Es ist jedoch, besonders, wenn der Gcmeinschuldner appellirt,
besondere Beschleunigung empfohlen.
Was die Wirkung des Rechtsmittels in Bezug auf die Vollstreckbarkeit des
Urtels betrifft; so hat,
1) wenn alle oder einzelne Gläubiger appellircn, das Rechtsmittel volle Wir
kung, so, daß bis zum zweiten Urtel Alles in der bisherigen Lage bleibt. Doch
können Appellanten, der Appellation ungeachtet, auf sofortigen Vollzug der im
ersten Urtels zu ihrer mehren Sicherheit etwa erkannten Modalitäten antragen.
2) Dagegen hat die Appellation des Gemcinschuldners stäts Devolutiveffekt.
') Gläubiger, gegen welche der Schuldner zwar Spczialindult »achgesucht, mit de«
nen er sich jedoch auf Terminalzahlung verglichen hatte, müssen sich auf die
Provokation des Gen.-Indults einlassen, und gilt in Bezug auf dieselben die
Bestimmung zu g nicht. — Res. vom IS. Oktober 1822. Jahrb. 2«, S. 279.
55»
Appellirt er demnach g) deshalb, weil zur Sicherheit der Gläubiger gewisse Mo
dalitäten festgesetzt worden; so muß er sich diesen während der zweiten Instanz,
mit Vorbehalt seines Rechts dagegen, unterwerfen. Appellirt er b) deshalb,
weil er mit dem Moratoriengesuch gänzlich abgewiesen ist; so werden die bisher
gehemmt gewesenen Erekutionen fortgesetzt. Nur die förmliche Konkurseröffnung,
der Erlaß der Ediktalien, der Verkauf des etwa ausgepfändeten Mobiliars und
der Zuschlag der subhaftirtcn Grundstücke, bleiben bis zum Eingang des Appella-
tionsurtcls ausgesetzt.
Gläubigern, deren Forderungen noch nicht zur Exekution stehen, und welche
daher Gefahr laufen, daß ihnen während der Appellation die Objekte der Be
friedigung durch die fortgesetzten Exekutionen entzogen würden, können bei der
Exekution sich als Jntervenienten melden und antragen, daß das beigetriebene
Geld bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das Jndultgesuch oder Eröffnung
des Konkurses in gerichtlicher Verwahrung bleibe. ' ) — K. 86—93 a. a. O.
I V. Revision ist nicht, aber Nichtigkeitsbeschwerde gestattet. — z. 94 a. a. O.
h. 4 Verord. vom 14. Dccember 1833.
V. Ist der Gemeinschuldner mit dem Jndultgesuch rechtskräftig abgewiesen;
so können die Gläubiger auf Eröffnung des Konkurses antragen. 2) — Lf. Tit. ll—
Z. 96, I. 47 A. G. O.
Wirkung des Generalindults, und Wiederaufhebung desselben.
359. I Der rechtskräftig bewilligte Generalindult schützt den Gemein-
fchuldner gegen Exekutionen aus Geldfordcrungen, in Bezug auf alle die Gläu
biger, welche zur Verhandlung über das Moratorium gehörig mit vorgeladen wor
den sind. Doch können solche Gläubiger während der Jndultjahre dem Schuldner
Kapitale in soweit kündigen, daß sie mit oder nach Ablauf der Jndultzeit fällig
werden; auch die noch nicht liquiden Forderungen gegen ihn einklagen, und die Sache,
jedoch nur bis zur Exekution, fortsetzen. Haben Personen, welche nicht mit kauf
männischen Rechten versehen sind, auch kein bürgerliches Gewerbe im Grossen betrei
ben, auf den Indult verzichtet; so steht ihnen dies nicht entgegen.
Der Generalindult schützt jedoch nicht
1) gegen die im Z. 357, III. 3s bis i verzeichneten,«) auch während der Indults-
jähre zu leistenden Ansprüche.^) Der unter s das. erwähnte zweijährige Zin
senrückstand ist vom Tage des bewilligten oder zuerkannten Indults zurückzurechnen;
2> gegen die im ß. 354, III. gedachten Ansprüche, bezüglich welcher kein Indult
zulässig ist;
3) gegen Gläubiger, welche bei Verhandlung des Indults nicht gehörig mit vorge
laden sind;
>) Die Erekutionssuchcr erlangen durch die Exekution die fünfte Klasse in Bezug
auf die ercquirten Gegenstände. Die Intervention wird, wenn in der Folge
dennoch Konkurs ausbricht, daher nur in sofern dem Jntervenienten nützen,
als er ein besseres Recht hat, oder als durch die Zinsen der deponirten Gelder,
oder durch diese selbst seine Forderung ganz oder theilweise ebenfalls gedeckt wirb.
2) Doch versteht es sich von selbst, daß Insuffizienz da sein muß, wenn die Einlei
tung des Konkurses erfolgen soll.
») Gegen Gerichtskosten schützt der Gen.-Jndult nicht. Schuldner muß, wenn er
deshalb frei werden will, das Unvermögen zu deren Zahlung nachweisen. — Res.
«dm 14. April 184« I. M. B. S. 136. Das Res. vom 26. November ISN
sprach das Gegentheil aus. Jahrb. 36, S. 349.
Gegen Fiskus kann, da die diesem zu leistenden Zahlungen zur öffentlichen Kasse
' fliessen, zwar kein General-, wohl aber ein Spezial-Jndult geltend gemacht
«erden. — cr. Res. vom 4. November 1SS6. Gr äff, Koch zc. III. S.
551
4) gegen Gläubiger, gegen welche der Gemeinfchuldncr ein Spczialmoratorium er-
stritten hatte, sobald dies zu Ende geht;
5) in Bezug auf Pachtkautionen, die ein Pächter vom Gemeinfchuldncr, wegen Ab
laufs der Pachtzcit wahrend der Jndultjahrc, zurückzufordern hat;
6) gegen Schulden, welche der Gemeinschuldncr erst nach Instruktion des Morato-
rienprozcsses gemacht hat. — z. 97. 99— 1«4 a.a.O. — Ref. vom 2S.
Februar 180«. R a b e 9, S. 149. — Ref. vom 14. April 184« I. M. B. S. 1 36.
II. Der Generalindult hört 1. mit Ablauf der Jndultsjahre von selbst
auf. Zahlt dann Schuldner nicht; so können Gläubiger, deren Forderung rechts
kräftig oder durch Anerkenntniß feststeht, sofort, und ohne nochmalige Klage, Exe
kution suchen.
2. Durch den Tod des Schuldners ist der Indult beseitigt. Die Erben
müssen zahlen oder auf Eröffnung des erbschaftlichcn Liquidationsprozcsses antragen.
3. Bei Säumniß in Zinsenzahlung trit das Verfahren des S. 356, III.
Nro. 1 ein, und Schuldner wird, wcnn er Zahlung der Zinsen nicht nachweist, des
Indults durch Resolution für verlustig erklärt.
4. Eben so wird, wenn während der Jndultsjahre sich in der Vcrmögenssub-
stanz des Gcmeinschuldners solche Veränderungen zutragen, daß dieselbe die
ehehin für hinlänglich erkannte Sicherheit nicht mehr gewähren kann, gemäß ß. 356,
III. Nro. 2 verfahren, und nach dem Ergebniß der Verhandlung die fernere Fort
dauer oder Aufhebung des Indults durch Urtel ausgesprochen.
5. Erstreiten Gläubiger, welche vom Gemeinschuldner nicht angezeigt, und da
her bei Verhandlung des Jndultprozcsscs nicht zugezogen sind, gegen ihn Forde-
rungenz so begründet dies die Vermuthung, daß er seine Gläubiger und das Ge
richt zu hintergehen gesucht habe. Dieses muß daher, bald nach erlangter Kennt-
»iß, allenfalls bei Exekutionsvcrfügungen, davon dem Kommunmandatar Nachricht
geben, und dieser, nach Rücksprache mit den Gläubigern, wenn auch nur einer es
verlangt, darauf antragen, daß der Gcmemschuldner des noch laufendenJndults ver
lustig erklärt werde. Erhellet nun,
g) daß dem Gemeinfchuldner dergl. Schuldpost bekannt gewesen, oder nicht ohne fein
grobes Versehen unbekannt sein konnte; so wie, daß die Schuld von der Art
und Beträchtlichkeit ist, daß für die übrigen Gläubiger die nicht unwahrschein
liche Besorgniß der Unzureichcndheit der ihnen angewiesenen Sicherheit entstehen
kann; so wird ohne weiteres prozessualisches Verfahren der Verlust
des Indults durch blosse Resolution ausgesprochen,
d) Dies kann jedoch nicht sofort erfolgen, wenn das unter s Gesagte nicht
vorliegt, Schuldner jene Gläubiger weder vorsätzlich, noch aus grober Fahrlässig
keit verschwiegen hat, oder wenn er behauptet, daß dadurch die den andern Gläu
bigern angewiesene Sicherheit nicht geschmälert werde. In diesen Fällen findet
die Vorschrift unter Nro. 6d statt.
6. Werden gegen den Gemeinschuldncr im Laufe der Jndultsjahre Forderungen
erstritte», welche erst nach Verhandlung des Jndultsprozcsses entstanden sind,
und kommt es wegen derselben zur Exekution; so muß,
s) wenn Schuldner Kaufmann ist, dem Kommunmandatar vom Erekutionsgesuche,
vor deren Vollstreckung, von Amtswegen Kenntniß gegeben werden. Die Gläu
biger können dann von ihm den Ausweis fordern, daß er die neue Schuld zum
BeHufe des Handels kontrahirt habe, und daß durch dieselbe und deren Bezah
lung das Kapital seiner Handlung nicht geschwächt werde. Führt er diesen Nach
weis nicht; so können sie ans Rücknahme des Indults antragen.
t») Ist er kein Kaufmann, und weist Schuldner zur Bezahlung der neuen Schuld
ss) einen zu der, den alten Gläubigern zur Sicherheit angewiesenen Vermögens
552
substanz nicht gehörigen Gegenstand an ; so wird der neue Gläubiger hieraus be
friedigt. Fehlt aber bb) ein solcher Gegenstand, und der neue Gläubiger sucht
seine Befriedigung aus der, Jenen zur Sicherheit angewiesenen, Vermögenssub
stanz; so muß den älteren Gläubigern hiervon Nachricht gegeben werden, und
sie können, wenn durch den Hinzutrit dieser neuen Schulden die ihnen angewie
sene Sicherheit geschwächt wird, auf Entziehung des Indults; falls aber
gar Unzulänglichkeit der Masse eintrit, auf Eröffnung des Konkurses
antragen.
7. Fällt dem Gemeinschuldner während der Jndultszeit ein solches neues Ver
mögen z», daß er dadurch zur Bezahlung sämmtlicher Gläubiger auch früher be
fähigt wird; so können diese auch vor Ablauf der Jndultszeit ihre Befriedigung
nachsuchen. — §. 101—113. §. 116, I. 47 A. G. O. — Res. vom 13, Septem
ber IMS. Grövel Kr. Ges. S. 3S1.
III. Der Bürge kann sich in der Regel mit dem, dem Hauptschuldner er-
theilten Indult schützen. Dies kann er jedoch nicht,
1) wen» er die Bürgschaft in der Art übernommen hat, daß der Gläubiger mit
Uebergehung des Hauptschuldners ihn sofort in Anspruch nehmen kann;
2) wenn der Hauptschuldner durch richterliches Erkenntniß zu längerem, als ein
jährigem Indult verstattet worden ist.
Muß darnach der Bürge den Gläubiger bezahlen; so bleibt ihm zwar der Re
greß gegen den Hauptschuldner. Er muß sich aber wegen des dem Hauptschuld»«
gestatteten Indults eben das, was die übrigen Gläubiger desselben, gefallen lassen. —
K, 114, 115 a, a. O. — Z. 299, l. 14 A. G. O.

Neunzehnter Abschnitt.
Wom Verfahren bei der Güterabtretung. Cessio donurum.j
Begriff und Zweck derfelben, und Begründung der Provokation.
z. 36«. I. Die Rechtswohlthat der Guterabtretung, welcher im Voraus niemals
giltig entsagt werden kann, besteht darin, daß der von einem oder mehren
Gläubigern gedrängte Schuldner, welcher wegen Mangel nn hinreichendem Vermö
gen zum Indult sich nicht eignet, sein ganzes Vermögen seinen Gläubigern zu dem
Zwecke abtritt,') damit
s) diese daraus, so weit es reicht, nach der in der Konkursordnung bestimmten
Rcihefolge ihre Befriedigung erlangen, und damit
d) der Schuldner dadurch sich von Personalhaft befreie. — §. 1—3, 31, 46, l.
48 A. G. O.
II. Die Rechtswohlthat der Güterabtretung fetzt voraus:
1) daß der darauf provozirende Gemeinschuldner wirklich durch Unglücksfälle in
die gegenwärtige Abnahme seines Vermögens gerochen sei;
2) daß er den Gläubigern wirklich sein gesammtes Vermögen getreulich an
zeige und überlasse;
3) daß er sich durch sein übriges Betragen des Schutzes und der Wohlthaten des
Staats, so wie des Mitleidens seiner Gläubiger, nicht unwürdig mache. —
z. 4 a. a. O.
') Insuffizienz ist zur Güterabtretung nicht nöthig. Auch bei ausreichendem Ver
mögen kann die Abtretung erfolgen. Konkurs wird dann freilich nicht eröffnet
werden können. Die Befriedigung der Gläubiger wird vielmehr im Exekutions
wege geschehen, sosern gerichtliches Verfahren dabei eintreten muß.
553
III. Darauf können daher keinen Anspruch machen:
1) Schuldner, welche durch übermässigen, für sich selbst oder ihre Familie getriebe
nen Aufwand, durch offenbar unbesonnene und tollkühne Unternehmungen, oder
gar durch begangene Uebelthaten, sich ausser Zahlungsstand gesetzt haben;
2) diejenigen, welche von ihrem Vermögen etwas verheimlicht, oder auf die Seite
gebracht haben; oder welche durch Aufstellung erdichteter Gläubiger und durch
Kollision mit denselben ihren wirklichen Gläubigern die ihnen dem Scheine nach
zedirte Masse ganz oder zum Theil wieder zu entziehen suchen;
3) die, welche durch Scheinverträge übcr Grundstücke, denen darin ein höherer Preis
beigelegt ist. Andre verleitet haben, ihnen einen höheren Kredit zu bewilligen, so
wie die, welche an solchen simulirten Verträgen als Mittelspersonen auf irgend
eine Weise Theil nehmen;
4) die, welche in den mit ihren Gläubigern geführten Spezialprozessm der Strafe
des frevelhaften Läugncns nach g. 170, V. durch Erkenntniß schuldig befunden sind ;
5) diejenigen, welche sich den Ansprüchen der Gläubiger und der ihnen sowol, als
dem Staate, von ihrem Betragen zu gebenden Rechenschaft durch die Flucht ent
ziehen wollen; und
S) die, welche zu einer Zeit, wo ihnen der gänzliche Verfall ihrer Umstände schon
vollkommen bekannt gewesen, dennoch durch Kontrahirung neuer Schulden, durch
Veräußerung ihrer Güter, durch Begünstigung einzelner Gläubiger, oder andre
dergl. Verfügungen etwas zum Nachtheil ihrer gesummten Gläubiger, oder eini
ger davon, vorgenommen haben, gesetzt auch, daß dergl. Unternehmungen ohne
den beabsichtigten Erfolg geblieben sind.
Wenn jedoch ein im Grossen handelnder Kaufmann zur Wiederherstellung sei
ner Angelegenheiten sich in eine Unternehmung eingelassen hat, von welcher er
sich, nach dem Gutachten der Sachverständigen, einen glücklichen Erfolg vernünf
tiger Weise versprechen können, und diese Unternehmung ohne seine Schuld mis-
lingt; so soll dergl. Zufall wider ihn als ein Grund, ihm die Wohlthat der Ab
tretung zu versagen, nicht angeführt werden können. — §. 5—7 a. a. O. —
8- 4 Publ. vom 20. Februar 1802. Rabe Bd. 7, S. öS.
IV. Die Provokation auf Verstattung zur Guterabtretung muß beim per
sönlichen Richter des Provokanten, im Großherzogthum Posen aber
im Gerichtsstande gemäß der Bestimmung Z. 35, angebracht, und kann
schriftlich eingereicht, oder einem erbetenen Deputirten zu Protokoll gegeben werden.
Zur Begründung gehört
1) eine genaue und bestimmte Angabe der Unglücksfälle'), und des daraus entstande
nen Verlustes, welche zugleich einigermassen bescheinigt werden müssen;
2) die Beifügung eines richtigen und genauen Verzeichnisses sowol des Aktivvermö
gens, als fammtlicher Schulden; und
3) das Erbieten zur eidlichen Erhärtung dieses Verzeichnisses.
Nimmt ein Deputirter die Provokation auf; so muß er, wenn aus den Erzäh
lungen des Provokanten oder sonst sich ein Verdacht einer strafbaren Nachlässigkeit
oder Unbesonnenheit ergeben sollte, ihn darauf aufmerksam machen, und vernehmen:
wie und wodurch er den Verdacht von sich abzulehnen im Stande sei. Er muß ihn
ferner bedeuten, daß er das Vermögensverzeichniß werde beschwören müssen, und
daß eine wissentlich darin begangene Unrichtigkeit ihn der Rechtswohlthat verlustig
mache; um ihn dadurch zur Angabe der wahren Lage der Sache zu vermögen. —

'") Partialverluste, welche für sich allein die Insuffizienz nicht herbeigeführt haben,
sind zur Begründung der Güterabtretung nicht geeignet. — Res. vom 13. Ok
tober 1SS7. Grafs, Koch zc. III. S. 1010.
554
§. S-13, I. 4S A. G. O. — Ges. vom 16. Zun! 1334. — Ref. vom 3«. Juni
1835. Jahrb. 45, S. 42«.
V. Die Provokation kann gcgc» sclmmtliche Gläubiger eines Gemein-
schuldners oder auch nur gegen einen einzelnen ihn drangenden Gläubiger ge
richtet werden. Letzteres wird, z. B. bei einem Beamten, welcher wechstlfähig ist,
und von einem Wechsclgläubiger mit Personalhaft bedroht wird, eintreten können,
da andre Gläubiger des Beamten gegen ihn das RM zur Personalhast nicht er
reichen. — Das Verfahren ist in beiden Fällen dasselbe, nur mit der Modifikation,
welche sich daraus ergibt, daß Provokant im letzteren Falle es nur mit Einem Gläu
biger zu thun hat. — Z. 46, 47, I. 4« A. G. O. — Z. 6—10 B. vom 3. Mai
1304 N. E. C. XI. Nro. 16. Rabe 8, S. 45.
Verfügung und Verhandlung auf die Provokation; Erkenntnis
und Rechtsmittel,
z. 361. I. Die eingegangene oder zu Protokoll erklärte Provokation wird, wie
jede andre Klage, geprüft. Ist sie durch einen Juftizkoinmissar angebracht, so wer
den dabei zugleich dessen Manualakten eingesehn. Findet sich
^. in der Provokation ein Mangel hinsichtlich der gesetzlichen Erfordernisse;
so"wird sie durch blosse Verfügung sofort verworfen.
L. Ist sie gehörig und gemäß Z. 36«, IV. begründet; fo wird sie
1) sofort den am Orte befindlichen Gläubigern, so wie den nach Inhalt der Akten
mit Vollmacht versehenen Vertretern der Gläubiger vorläufig in Abschrift mit-
getheilt, und es steht denfelben frei, unverzüglich auf Beschlagnahme des ange
zeigten Vermögens, so wie auf förmliche Konkurseröffnung anzutragen.
2) Ferner werden sammtliche > ) bekannte Gläubiger zu einem möglichst nahen Ter
min zur Erklärung darüber, und zur Anbringung der Einwendungen unter der
Warnung vorgeladen:
daß gegen die Ausbleibenden angenommen werden soll, sie bewilligten dem
Gemeinschuldncr die gesuchte Rechtswohlthat.
3) Provokant wird zum Termine persönlich 2) »nd mit der Androhung vorgela
den, daß sonst sein Gesuch weggelegt wird.
' 4) Sobald ein begründetes Güterabtretungsgesuch eingegangen, dar/ eben so, wie
während der Verhandlung über dasselbe, gegen den Provokanten kein Persos
nalarrest verhängt werden. Den Wcchselglä'ubigrrn allein steht frei, ihn in
zwischen unter Observation setzen zu lassen. Aber auch diese muß aufgehoben
werden, wenn entweder der Schuldner für die Sicherheit seiner Person bis zum
Austrage der Sache eine annehmliche Kaution durch Bürgen ») sofort bestellt;
oder wenn der mchrste^) Theil der Gläubiger, welche sich zu den Akten schon
gemeldet haben, darauf anträgt, und der Gemeinschuldner eidliche Kaution
dahin leisten will, daß er vor Austrag der Sache sich nicht eiitferncn werde. —
Z. 11—17, I. 48 A. G. O.
,) Also nicht blos die unter 1 bezeichneten, sondern alle aus dem Verzeichniß sich
2) «gebenden. ,
Sein persönliches Erscheinen ist nöthig, weil er auf Erfordern das Vermögens-
, verzeichniß manifeftiren muß.
») Daß Schuldner auch mit Pfändern, die ein Dritter dazu hergibt, Kaution des
stellen kann, versteht sich wohl von selbst.
«) D. h. also die der Zahl nach meisten, nicht die den Ansprüchen nach bedeutend
sten. Dabei werden Wechsel- und 'andre Gläubiger zugleich /berücksichtigt.
uebtigenS wird die Frage: ob Schuldner gegen reelle oder eidliche Kaution der
Observation zu entlassen, nicht durch Erkenntniß, sondern durch Uosse Serfügung
entschieden. — Res. vom 24. Januar ISIS. Grciff, Koch ,c. III. S. 101«.
655
II. Im Termin muß der Schuldner den erschienenen Gläubigern alle in sei
nen Händen befindlichen Nachrichten über seinen Vermögcnszustand, und die Beweis
mittel seiner Unglücksfälle vorlegen, uud das Vermögensverzeichniß auf Erfordern
eidlich bestärken. Sodann, und wenn die Gläubiger die nöthigcn Informationen
eingezogen haben, muß ihnen der Jnstruent ihre Erklärung über das Zessionsgesuch
einzeln abfordern. Sind
1) alle erschienenen Gläubiger darin einig, daß der Gcmeinschuldncr zur Rcchtswohl-
that zu «erstatten; so muß das darüber aufgenommene Protokoll sofort zum
Spruch vorgelegt, und der Gcmeinschuldner durch Urtel, auf Grund dieses Ein
verständnisses, der Rechtswohltbat für gcnußbar erachtet werden.
2) Findet sich von Seiten auch nur Eines, oder mehrer Gläubiger ein Widerspruch;
so müssen sie zur bestimmten und näheren Angabe der Gründe dieses Wider
spruchs, welche nur aus dem behaupteten Mangel der gesetzlichen Erfordernisse
K. 360, II bis IV. hergenommen sein können, angchalten werden. Die dabei
vorkommenden Thatsachen sind dann gehörig auseinander, und so viel ohne Ver
anlassung grosser Weitläufigkeiten und Kosten geschehen kann, ins Licht zu setzen,
und die Sache zum Definitiverkcnntnisse ordnungsmäsfig, und ohne Zulassung
schriftlicher Deduktionen, einzuleiten. — §. 18—21 g. a. O.
III. Wird in dem hierauf ergehenden Erkenntnisse Provokant mit seinem
Gesuche abgewiesen; so erfolgt die Publikation des Urtels sofort gemäß §.183.
Wird aber Provokant auf Grund der Einwilligung der Gläubiger (II. Nro. I),
' , oder wegen nachgewiesener gesetzmässiger Erfordernisse zur Rechtswohlthat verstattet;
so wird I. das Urtel nur dann sofort publizirt, wenn die Gläubiger, der Insuffi
zienz ungeachtet, der Konkurseröffnung widersprechen, und diese auf einen solchen
Widerspruch nach Vorschrift des folgenden Titels unterbleiben muß.
2. In andern Fällen dagegen bleibt die Eröffnung des Urtels bis nach dem im
eröffneten Konkurse abzuhaltenden Konnotationstermine ausgesetzt, und wird erst ver
anlaßt, wenn nach dessen Abhaltung die darin sich meldenden und bei dem »ach l.
und II. stattgehabten Verfahren nicht zugezogenen Gläubiger in einem nahen Ter
min darüber sich erklärt haben: ob und was sie gegen die Provokation zu erinnern
«der beizusetzen sinden. — 22—2S, 27 a. a. O.
. IV. Gegen das erste Erkcnntniß ist sowol in Bezug auf den Schuldner, als
die Gläubiger, Appellation zulässig.') Dies Rechtsmittel hat jedoch stäts De
volutiveffekt, und zwar, , .
1) wenn die Gläubiger gegen die ausgesprochene Verstattung zur Rechtswohlthat
appelliren, mit der Wirkung, daß während der Verhandlung zweiter Instanz und
bis zum zweiten Erkenntnisse, mit Personalhaft und Aufsicht gegen den Gemein-
schuldncr nicht verfahren werden kann;
2) wenn der Schuldner appellirt, mit der Wirkung, daß dieser, in sofern er nicht
für seine Person unverzüglich besondre Kaution durch annehmliche Bürgen be
stellt, während der zweiten Instanz zur Personalhast gebracht werden kann. — >
z. 26-28, I. 48 A. G. O.
V. Revision ist niemals zulässig; Nichtigkeitsbeschwerde jedoch nicht
ausgeschlossen. — Z. 3 und 4 Ges. vom 14. December 1833 GS. S. 304 fg. ,
VI. Für die Instruktion können auf den Theil des Gemeinschuldners keine
Kosten angesetzt werden. Die auf den Theil der Gläubiger fallenden Kosten sind
aus der Masse zu nehmen, in sofern sie nicht durch den in der Folge ungcgründet

') Auch einzelne Gläubiger können appelliren, und dadurch wird für die andern
Gläubiger, da sie sämmtlich Litiskonsorten sind, das Rechtsmittel erhalten. <Ls.
§. 199, S. 3«Z).
556
befundenen Widerspruch einzelner Gläubiger verursacht worden, und also diesen zur
Last fallen. — z. 30, I. 48 A. G. O.
Wirkung der Guterabtretung und Wicderaufhebung der
Rechtswohlthat.
K. 362. I. Die Rechtswohlthat der Guterabtretung schützt
1) gegen Personal Haft') in Betreff aller vor Verstattung zur Rechtswohlthat
entstandenen Schulden, gleich viel, ob es Wechselschulden sind, oder nicht, und
ob sie im Konkurse ganz oder zum Theil ausfallen.
2) Sie gewährt dem Schuldner, wenn er wieder zu besseren Vermögensumständen
gelangt, und dadurch an und für sich zur Abzahlung der ausgefallenen Anforde
rungen verpflichtet wird, den früheren Gläubigern gegenüber besondre Vor
th eile. Verlangt nemlich ein solcher Gläubiger unter richterlicher Beihilfe Nach
zahlung, so muß er
s) dem Richter wenigstens wahrscheinliche Thatsachen darüber: daß der Schuld
ner zu besseren Vermögensumständen gekommen sei, vorlegen. Ist darnach
der Antrag begründet; so muß der Richter den Schuldner darüber hören,
von ihm, auf Erfordern des Gläubigers, die Vorlegung seines gegenwärti
gen Vermögenszustandes, oder doch den Manifestationseid dahin:
daß er sich nicht in den Umständen befinde, seinen Gläubigern die im
Konkurs eingebüßten Summen ganz oder zum Theil nachzahlen zu können,
fordern, und nach verhandelter Sache sowol über die Schuldigkeit, nachzu
zahlen, überhaupt, als über den Betrag mit Borbehalt der gewöhnlichen
Rechtsmittel (tz. 361, IV. und V.) erkennen.
d) Dabei muß jedoch dem Schuldner das im zwanzigsten Abschnitt näher zu er
wähnende Kompetenzquantum gelassen werden. Auch darf er
c) mit den geforderten Nachzahlungen nicht übereilt, sondern es sollen ihm bil
lige Terminalzahlungen gestattet werden.
g) Dergleichen Gläubiger können bei der Nachzahlung zunächst nur das früher
ausgefallene Kapital und die zur Zeit der Güterabtretung rückständigen Zin
sen fordern. Die seitdem von den Rückständen laufenden Zinsen können sie
nur in sofern beanspruchen, als nach Abzug sämmtlicher nachzuzahlenden Po
sten, und der dem Schuldner gebührenden Kompetenz, noch etwas dazu von
dem neu erworbenen Vermögen übrig bleibt.
e) Damit, daß Schuldner noch andre vorzüglich zu berücksichtigende Gläubiger
habe, kann er sich gegen diese Nachzahlung nicht schützen. Es bleibt diesen
überlassen, ihre Rechte selbst, allenfalls durch Intervention, wahrzunehmen.
Entsteht aber durch Andringen andrer Gläubiger oder durch eigne Jnsolvenz-
erklärung des Schuldners über sein neues Vermögen wieder Konkurs; so
müssen darin die alten und die neuen Gläubiger gesetzlich klassisizirt werden,
und es können jene blos um deshalb, weil sie im früheren Konkurs Ausfälle
erlitten haben, kein Vorzugsrecht vor den neuen Gläubigern verlangen. —
Z. 32, 37—44 a. a. O.
II. Gegen neue Schulden, die Provokant erst nach Abtretung der Güter
gemacht hat, kann er sich mit der erlangten Rechtswohlthat nicht schützen. Viel
mehr muß er gegen neue Gläubiger aufs Reue Güterabtretung nachsuchen, und den
Antrag besonders begründen. — Eben so steht in dem Falle, wenn der Schuldner
nur gegen einen einzelnen Gläubiger die Rechtswohlthat nachgesucht, und in Folge
') Der dieser Rechtswohlthat nicht theilhaftige Konkursistr wird durch Hingeben sei
nes Vermögens von der Personalhaft nicht frei, abgesehen von den Strafen,
die ihn treffen, wenn er sich eines strafbaren Bankeruts schuldig gemacht bat.
557
der Einwilligung des Letzter« erlangt hat, dieselbe andern Gläubigern nicht ent
gegen. Ist sie aber dem Schuldner auf Grund seiner Qualifikation zuer
kannt; so kommt sie ihm auch gegen andre Gläubiger zu Statten.
Haben Erben eines alten Gläubigers die Forderung gegen den Schuldner aus
geklagt, und hat dieser bei Instruktion auf die gegen den Erblasser erhaltene Zulas
sung zur Güterabtretung sich nicht bezogen; so kann er in der Exekutionsmstanz
nur in gleicher Art, wie vorstehend gegen die neuen Gläubiger, von einem solchen
Einwände Gebrauch machen. — z. 34-36, 48, 49 a. a. O.
III. Gegen den zur Güterabtretung Berstatteten kann auf Wiederaufhc«
bung der Rechtswohlthat angetragen werden,
t) falls er gegen die Gesammtheit der Gläubiger sie erlangt hat, wenn diese neue
Umstände darthun können, woraus ein unredliches Betragen des Schuldners ge
gen seine Gläubiger erhellet;
2) falls er nur gegen einen Einzelnen der RechtSwohlthat durch richterliche Entschei
dung theilhaftig geworden, wenn andre Gläubiger nachweisen können, daß entweder
die Umstände sich verändert haben, «der daß bei der vorigen Instruktion etwas,
auf die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Rechtswohlthat erheblichen Einfluß
Uebendes, vom Schuldner verschwiegen, oder vom Richter übersehen worden ist.
In beiden Fällen wird über den Antrag verhandelt, und unter Vorbehalt der
Rechtsmittel (Z. 361, IV, V.) erkannt. — §. 33, 48 a. a. L.

Zwanzigster Abschnitt.
»PN ««Handlung der Gläubiger und von der RechtSwohlthat
der Kompetenz.
I. Verfahren bei Behandlung der Gläubiger.
H. 363. I. Die Behandlung der Gläubiger hat zum Zweck, den Gläubigern
eines Gemeinfchuldners, über dessen Vermögen bereits der Konkurs eröffnet ist, oder
welches dem Konkurs zu verfallen droht, zur theilweisen «der völligen Befriedigung
auf gütlichem Wege und unter Beseitigung des Konkurses zu «erhelfen. — Ausser«
gerichtlich kann ein Schuldner seinen Gläubigern nach Belieben Behandlungssorschläge
thun, und sich darüber mit ihnen zu vereinigen suchen.
Auch auf gerichtlichem Wege kann das Schuldenwesen einer Person mittelst Be
handlung der Gläubiger regulirt werden, und zwar
entweder im Laufe des Konkurses; dann wird nach den im Titel 11,
Abschn. 5 näher zu erörternden Vorschriften «erfahren; oder
L. noch vor Eröffnung des Konkurses, und dann ist Folgendes zu be
rücksichtigen:
1) Macht der Schuldner zugleich bei Anbringung des Gesuchs um Zulassung zur
Rechtswohlthat der Güterabtretung den Gläubigern Vorschläge, wie sie leichter
und schneller zu dem angebotenen Theile der Befriedigung gelangcn können, und
wie daher dem Konkurse vorzubeugen ; und der Deputirte findet, daß der Schuld
ner wirklich durch Unglücksfälle, und ohne sein Verschulden, in die mißliche Lage
gerathen sei, auch daß die gethanen Vorschläge weder übertrieben, noch sonst un
billig sind; so muß er sich alle Mühe geben, die Gläubiger zur Annahme dieser
Vorschläge zu vermögen. Doch findet gegen die Gläubiger kein Zwang statt ; vielmehr
darf, wenn auch nur Einer derselben die Vorschläge ablehnt, die Konkurseröffnung,
in sofern sonst nicht Hindernisse entgegen stehen, nicht aufgehalten werden.
2) Werden dergleichen Vorschläge von einem Dritten, der sich des Schuldners an
nimmt, noch vor dem Konkurse gemacht, und sind
858
s) sämmtliche Gläubiger über die Annahme derselben einig; so hat cs dabei le
diglich sein Bewenden, und der Richter ist mit der Konkurseröffnung von
Amtswegen zu verfahren nicht berechtigt,
b) Widersprechen aber mehre, oder auch nur Einer der Gläubiger; so muß «s)
in der Regel der Konkurs eröffnet, und die widersprechenden Gläubiger kön
nen zur Einlassung auf die Bchandlungsvorschläge nicht eher angehalten, noch
das Verfahren öder ihre Verbindlichkeit zum Beitrit eher eröffnet werde»,
als bis im Konkurse das Präklusionsurtcl ergangen, und dadurch susgemit-
telt ist, welch« und wie viele Gläubiger eigentlich zur Masse gehören, bb)
Gehört jedoch der Gemeinschuldner unter die Klasse derer, welche ausser dem
Orte, oder der Provinz, in welcher sie wohnen, keinen Verkehr zu treiben
pflegen; und ist also kein Grund zur Vermuthung vorhanden, daß er ausser
den bekannten Gläubigern noch andre habe, die erst durch Ediktalladung her-
bcigebracht werden könnten; und erbietet sich über dies der Gemelnfthuldner
zur eidlichen Erhärtung dessen, daß er alle seine Gläubiger richtig angezeigt
habe; so muß ausnahmsweise beim Widerspruch einzelner Gläubiger das förm
liche Konkursverfahren ausgesetzt werden, und es sind nur wegen Beschlag
nahme und Sicherung der vorhandenen Aktivmasse die nöthigen Verfügungen
zu treffen. Wegen Einleitung des Verfahrens über die Behandlungsvor-
schlöge, und über die Verbindlichkeit der widersprechenden Gläubiger, den Ein
willigenden beizutreten, kommen demnächst die im folgenden Titel Absch. 5
in dieser Hinsicht gegebenen Vorschriften zur Anwendung. — Werden die
Widersprechenden zum Beitrit rechtskräftig verurtheilt; so hat es bei dem
Inhalt des Vergleichs sein Bewenden, und es wird wegen Aufhebung des
Beschlags der Masse und sonst überall das Erforderliche Nach dem Inhalte
desselben verfügt. Werden aber die Behandlungsvorschlägc verworfen ; so muß
in eben dem Urtel, worin dies geschieht, zugleich die Eröffnung des Konkur
ses erkannt werden. — §. 1—l2, l. 49 A. G. O.
II. In allen Fällen, in denen ein bevorstehender Konkurs durch Vergleich, cs
sei gerichtlich oder aüssergerichtlich, beigelegt wird, muß der Gemeinschuldner, wenn
er später zu bessern Vermögensumständen gelangt, seinen Gläubigern die von ihnen
ihm erlassenen Summen nachzahlen 356, 1.) in sofern nicht das Gegcntheil aus
drücklich verabredet worden ist. — S. 13 a. a. O.
II. Verfahren bei Aussetzung der Kompetenz,
z. 364. Kompetenz werden diejenigen Mittel genannt, welche alle oder gewisse
Gläubiger im Falle des Konkurses oder bei Vollzug von Exekutionen dem Schuld
ner zu seinem künftigen Bedarf und Unterhalt gesetzlich zurücklassen müssen.
^. Zunächst sind alle Gläubiger verpflichtet, dem Schuldner das für ihn, seinen
Ehegatten und die bei ihnen lebenden Kinder nöthige Bettwerk frei zu lassen.
L. Sodann haben gewisse Gläubiger in Rücksicht auf das besondre zwischen
ihnen und dem Gemeinschuldner obwaltende Verhältniß die Pflicht, diesem, sofern
er sich zur Rechtswohlthat der Güterabtretung qualifizirt, aus dem
«uf sie kommenden Theile des Vermögens desselben als Kompetenz das zur noth-
Zmrftigen Kost, Wohnung, Kleidung und Geräthfchaft für ihn und seine Familie
Nöthige zu lassen, und der Gemeinschuldner kann gegen sie auf Gewährung dieser
Rechtswohlthat antragen.')
I. Die Personen, welchen eine solche Pflicht (S) obliegt, sind folgende?
") Der Antrag auf Gewährung der Kompetenz ist noch in der Erekutionsinfianz zu
lässig. Konkurseröffnung ist nicht grade nöthig. Auch im Erekutionsverfahrcn
kann das Kompetenzquantum ermittelt, und darnach die «nkniiön inedifizirt
werden. — L5 Res. vom S. Januar 1SS9 I. M. B. S. SS.
569
1) Verwandte in auf- und absteigender Linie u»tercina»der, worunter also
Stiefaltern und Stiefkinder nicht gehören;
2) Schwiegcrkinder gegen SchwicgerSltern in Ansehung der versprochenen Mitgäbe;
3) voll- und halbbürtige Geschwister unter einander;
4) Eheleute unter einander wegen des vor oder wahrend der Ehe schuldig Ge
wordenen, die Ehe mag noch bestehen, oder getrennt sein. Dagegen steht die
Kompetenz nicht zu s) wegen der nach aufgehobener Ehe kontrahirten Schulden;
und d) dem im Schcidungsurtel für schuldig Erklärten gegen dm unschuldigen
Jheil. Sind beide Theile für schuldig erklärt; so bleiben sie sich zur Kompe
tenz verpflichtet;
5) Handlung «genossen unter einander in Bezug auf Forderungen aus der Sozietät;
6) der, welcher aus einer giltigen Schenkung etwas zu fordern hat;')
7) Gläubiger, welche den gegen sie zur Guterabtretung bereit« ein Mal Zugelassenen
bei seinen besseren Vermögensumständen wegen des früheren Ausfalls in
Anspruch nehmen;
8) in gleicher Art Gläubiger, welche im Konkurse des Bürgen ihre Forderungen,
obwol sie damals schon wirklich vorhanden waren, nicht liquidirt haben, und
später den Bürgen in Anspruch nehmen;
9) ferner auch die, welche als Erben, Zession arien, oder auf andre Art an
die Stelle der unter 1 bis 8 Genannten getreten find. Ferner muß
10) einem verarmte» Kirchenpatron, wenn kein andrer Alimentationsverpflich-
teter vorhanden, aus den Kircheneinkünften, sofern diese die Unterhaltungs
kosten der Kirche und ihrer Anstalten übersteigen, Kompetenz gewährt werden.
11) PrSkludirte Erben müssen dem bisherigen redlichen Besitzer der Erbschaft,
der sie ««äussert hat, beim Anspruch auf Ersatz derselben Kompetenz lassen.
12) Der Beschenkte muß dem in Dürftigkeit gerathenen Geschenkgebcr sechs vom
Hundert von der geschenkten Summe oder dem Werths der geschenkten Sache
als Kompetenz jährlich gewähren.
13) Derjenige, welcher von einem Wahn- oder Blödsinnigen, oder einem Kinde be
schädigt ist, und von ihm Ersatz fordert, muß demselben jedenfalls den nöthigen
Unterhalt, und Kindern auch die Mittel zu einer standcsmässigcn Erziehung, las-
sm. — j. 14—17, I. 49 A, G. O. — Cab.-Ord. vom 13. Oktober 1«43 GS.
S. 336. — Z.389, I. 14. K. 595-597, II. 11. §. 494—499, I. 9. §. 112S,
I. 11. §. 41—43, I. 6 «. L. R.
II. Doch sind auch die unter II. Rro. 1—9, 11 u. 12 bezeichneten Personen
von Bewilligung der Kompetenz befreit, wenn
s) der Schuldner noch Kräfte, Mittel und Gelegenheit hat, sich auf eine feinem
Stande gemässe Art seinen Unterhalt selbst zu erwerben; oder
I>) wenn e« dem Gläubiger, fall« er dem Schuldner etwaö zur Kompetenz aussetze»
müßte; am nöthigen Unterhalt selbst gebrechen würde; oder
c) wenn der Schuldner gegen einen solchen Glaubiger der Rechtswohlthat der Kom
petenz ausdrücklich entsagt hat. — §. 17, I. 49 A. G. O.
III. Bei Aussetzung dieser Kompetenz im Konkurse kommt folgen
des Verfahren zur Amvendung:
1) Ist Streit zwischen dem Schuldner und Gläubiger über die Pflicht zur Aus
setzung der Kompetenz selbst, oder über deren Höhe; so müssen beide Theile mit
ihren Gründen und Anführungen zum Protokoll gehört, und sodann rechtlich dar
über erkannt , auch, wenn die Befugniß an sich klar ist, das Quantum, in ss
fern « nicht gesetzlich lxstimmt ist (I. Nro. 12), mit billiger Rücksicht auf den
') Hier ist von dem noch nicht verabfolgten, Nro. 12 aber von dem bcrcits gegebe
nen Geschenk die Rede. 9«
560
Stand, das Alter, und die Familie des Schuldners auf das eigne Bedürfniß
des Gläubigers, und auf den Betrag dessen, was derselbe aus der Masse davon»
tragen wird, vom Richter ermessen werden.
2) Gegen dergl. Erkenntniß stehen beiden Theilen die gewöhnlichen Rechtsmittel, je
doch nur mit Devolutiveffekt, offen.
3) Das gütlich oder rechtlich ausgemittelte Kompetenzquantum muß beim Vorhan
densein mehrer beitragspflichtigen Gläubiger auf das, was ein Jeder von ihnen
aus dem Konkurse zu empfangen hat, verhältnismässig verthcilt, und von deren
Hebungen ein solches Kapital zurückbehalten werden, als erforderlich ist, um von
dessen Zinsen dem Gemeinschuldner das gebührende Kompetenzquantum zu verschaffen.
Daraus folgt, daß bei Bestimmung der Kompetenz schon feststehen muß: ob,
und mit wie viel der dazu Verpflichtete zur Hebung bei der Masse gelangen
wird. Die Gläubiger brauchen sich daher mit dem Schuldner erst dann in ein
Verfahren über die Kompetenz einzulassen, wenn wenigstens im Allgemeinen zu
übersehen ist, daß die Masse bis auf sie hinreiche. — z. 18—21 a. a. O.
IV. Hört die Kompetenz auf; so fällt das nach III. Nro. 3 zurückbe
haltene Kapital an die Gläubiger nach Verhältniß ihres Beitrags zurück.
Dieselbe kann aber aufhören, 1) durch den Tod des Gemeinschuldners;
2) dadurch, daß er in eine solche Lage kommt, wo er derselben zu seinem Unter
halte ganz oder zum Theil nicht mehr benöthigt ist;
3) wenn er im Falle des Z. 362, III. Nro. 1 der erlangten Rechtswohlthat der
Güterabtretung wieder verlustig erklärt wird;
4) wenn der Gläubiger, welcher die Kompetenz hat aussetzen müssen, nach der Hand
selbst in einen solchen Verfall seiner Umstände geräth, daß er der ausgesetzten
Summe zu seinem eignen Unterhalt benöthigt ist. Erlangt in diesem Falle von
mehren Gläubigern der eine seinen Theil verabfolgt; so muß von den übrigen
mitverpflichteten Gläubigern der dadurch in der Kompetenz entstehende Ausfall
in sofern übertragen werden, als das Kompetenzquantum, vom Anfange an, nach
dem wirklichen Bedürfnisse des Schuldners bestimmt, und nicht etwa darum,
weil mehre Gläubiger dazu beigetragen hatten, reichlicher ausgemessen worden ist.
Ueber die Frage: ob die Kompetenz aufzuheben sei? muß den Parteien, auf
Verlangen, rechtliches Gehör im ordentlichen Wege des Prozesses gestattet wer
den. — Z. 22—26 a. a. O.
c. Den im Z. 29« Nro. 15—17 (S. 434 fg.) genannten Beamten, Pen-
sionairen und Militairpersonen müssen die daselbst als nicht arrestfähig be
zeichneten Gehälter und Pensionen i ) jederzeit frei bleiben, («f. die Alleg. das.)
v. Auch andre Personen, welchen eine Prcibende, oder gewisse jähr
liche Hebungen und Einkünfte,?) die an ihre Lebenszeit gebunden sind, zu
steht, können von Gläubigern, welche diese Revenüen zu ihrer Befriedigung wählen,
die Aussetzung einer Kompetenz aus denselben verlangen, vorausgesetzt jedoch, daß
der Schuldner kein anderweites Vermögen besitzt, und nach seinem Alter, Geschlecht,
Stande und übrigen Verhältnissen sich fein Brod nicht auf andre Art verdienen kann.
Hat demnach der Schuldner eine Besoldung oder Pension, welche gemäß l) ganz oder
theilweise ihm bleiben muß, so kann er nicht noch ausserdem die Aussetzung einer
Kompetenz fordern. — Solche kann aber namentlich auch beanspruchen eine Wittwe,
welche aus ihrer Ehestiftung Leibgedinge, Witthum oder Alimente zu fordern
') Jnvalidengnadengehalt und Wartegeld gehört ebenfalls dahin. Es beträgt unter
200 Thlr. Es kann daher nur wegen laufenden Alimenten bis auf die Hälfte
gekürzt werden. — l^s. Res. vom 9. Februar 1839 I. M. B. S. 83.
561
hat. Ferner kann ei» Vasall, dessen Lehngut in Sequestration geräth,
je nachdem die Schulden von ihm selbst gemacht, oder von seinen Borbesitzern auf
ihn übergegangen sind, auf den vierten od^r dritten Theil der LehnScinkünfte An
spruch machen.
Darauf, ob der Schuldner sich zur Rechtswohlthat der Güterabtretung quali-
sijirt habe, oder nicht, kommt es bei dieser Kompetenz (zu v) nicht an, da der Be
willigung derselben das eigne Interesse der Gläubiger») zum Grunde liegt.
Die Kompetenz zu L und 0 muß auf Ansuchen des Gcmeinschuldners sogleich
nach eröffnetem Konkurse 2) zwischen ihm und dem Kurator der Masse rcgulirt wer
de», und die Gläubiger müssen sich diese Regulirung gefallen lassen.
Entsteht Streit über die Höhe der Kompetenz; so muß zuförderst der Betrag
von den Einkünften des Amts (einschließlich der, allenfalls nach einem mehrjährigen
Durchschnitt vom Schuldner eidlich anzugebenden Emolumentc oder Akzidenzien), in-
glcichcn von der Präbendc, oder andern jährlichen Hebungen, so genau, als es nach
den Umständen der Sache, ohne grosse Weitläufigkeiten und Kosten zu verursachen,
möglich ist, ausgcmittelt, und sodann nach Vorschrift III. Nro. 1 u. 2 weiter ver
fahren werden.
Steht das Kompetenzquantum fest, so muß das Gericht dafür sorgen, daß die
Kasse, der Administrator, oder Empfänger, welcher das Gehalt oder die jährliche
Hebung zu entrichten hat, davon benachrichtigt, und mit der gehörigen Anweisung
versehen werde. — §. 27-34 a. a. O. — Z. 35« fg. I. 18 A. L. R.

Elfter Titel.
«SM «o»kurs< und vom «rbschaftlichen »iquidariAnsprozeß.
Begriffsbestimmungen.
tz. 365. Konkurs ist vorhanden, wenn das gesammte Vermögen eines Schuld
ners, welcher seinen Gläubigern nicht mehr vollständige Befriedigung leisten kann,
auf das Andringen derselben in gerichtlichen Beschlag genommen wird, um daraus,
so weit es hinreicht, diese Forderungen nach der in den Gesetzen bestimmten Ord
nung zu befriedigen.
Erbschaftlicher Liquidationsprozcß wird dagegen dasjenige vom Benc-
sizialerben beantragte Verfahren genannt, mittelst dessen derselbe alle, welche an den
ihm zugefallenen Nachlaß Anspruch haben, zu dem Ende vorladen läßt, daß die
Richtigkeit und der Betrag ihrer Forderungen ausgcmittelt, und zugleich die Ord
nung festgesetzt werde, in welcher sie aus dem Nachlasse, wenn derselbe zu ihnr voll
ständigen Befriedigung nicht hinreichend wäre, bezahlt werden sollen.
Konkurs fetzt mithin immer Unvermögen zur Deckung sämmtlicher Gläubiger,
und deren Andringen voraus, gleichviel übrigens, ob das Unvermögen einen noch
lebenden Schuldner, oder den Nachlaß eines bereits Verstorbenen betrifft, in sofern
hier die Erben nur nicht unbedingte Eiben ->) sind. — Beim erbschaftlichen Liqui-
>) Da das längere Leben und somit die Aussicht aus Bifeudigung des Gläubigers
dadurch gesicherter wird.
2) Liegt kein Konkurs vor, so wird die Regulirung des Kompetenzbetrages zwischen
dem Schuldner und dem andringenden Gläubiger allein vorgenommen. — Lt. Res.
vom 23. December 1842 I. M. B. 1843 S. 11.
-«) Sind die Erben nicht Benefizialerbcn, so kann nur Konkurs über ihr eignes
Vermögen, von welchem die Erbschaft einen Theil bildet, und in Folge des Se
parationsrechts gesondert werden kann, entstehen.
562
dationsprozcsse dagegen ist die Masse stäts eine Nachlaßmaffe, die nach dem Inven
tar entweder suffizient ist, oder deren Insuffizienz doch nicht klar vorliegt; auch dür
fen die Erben hier nicht unbedingte Erben sein. — §. 1—S, 1. 5«. Z. 53, l. 51 A. G. O.

I. Vom Konkurse. )

Erster Abschnitt.
Bon der Einleitung und der Wirkung des Konkurses.
Fälle der Konkurseröffnung,
z. 366. I. In Fällen, in welchen das Unvermögen eines Schuldners klar
und notorisch ist, muß der Richter den Konkurs auf Antrag auch nur Eines
Gläubigers, und dann, wenn der Gemeinfchuldner als Kaufmann >) oder Gc-
werbtreibender mit auswärtigen Gläubigern ausserhalb seines gewöhnlichen Wohnorts
wahrscheinlich in Verbindung gestanden hat, selbst von Amtswegen eröffnen. —
Klar Und notorisch aber ist das Unvermögen:
1) wenn der Schuldner sein Unvermögen selbst anzeigt, sich zur Abtretung seiner Güter
an seine Gläubiger erbietet, und die Verstattung zu dieser Rechtswohltyat bean
tragt. Die scheinbare Suffizienz im Inventar des den Gläubigern abgetretenen
Vermögens schließt die Konkurseröffnung, wenn die sonstigen Erfordernisse vor
handen sind, nicht aus. Vielmehr kommt es »»f den wahren Werth der darin
ausgeführten Gegenstände, und darauf an, ob der Eigenthümer im Stande ist,
feine sämmtlichen Gläubiger zu befriedigen; . ^ -
2) wenn der hinterlassene Erbe eines Gemeinschuldners der Erbschaft entsagt, diese
Entsagung nicht ausdrücklich zu Gunsten des auf ihn folgenden Erben ge
schieht, und auch kein Ehegatte des Verstorbenen im Besitze des Nachlasses bleibt. Z)
Ist ein Benesizialerbe, oder der überlebende Ehegatte im Besitze des Nachlasse«;
so kann die Konkurseröffnung niemals von Amtswegen eröffnet, vielmehr muß
immer der Antrag des Erben, Ehegatten, oder eines oder mehrer Gläubiger ab
gewartet werden. Hat jedoch der Erbe und der Ehegatte der Erbschaft entsagt;
so muß, wenn dieser dessen ungeachtet den Besitz des Nachlasses fortsetzt, der
Richter ein Verzeichniß desselben, und die Angabe der Noch unbefriedigten Gläu
biger erfordern. Letztere vorladen, und mit ihnen die Vertheilung des Nachlasses,
und besonders die Einziehung der etwa dazu gehörigen Forderungen rcgulircn;
3) wenn die Erben eines verstorbenen Schuldners ihrer Existenz oder ihrem Auf
enthalte nach unbekannt sind, und aus dem vom Nachlaßkurator aufgenommenen

>) Die preussische Konkursgefttzgebung beginnt mit dm Konstit. vom I. Septbr.


und 18. November 1718 betr. die Abkürzung der Prozesse, und der Hypoth.
und Konkurs-Ordn. vom 4. Februar 1722 (Rabe 13, S. 26). Früher galt
in Prcussen das gemeinrechtliche Konkursverfahren.
2) Bei Krämern und andern dcrgl. Kaufleuten, bei denen nicht zu vermuthen ist,
daß sie mit auswärtigen Gläubigern in Verbindung gestanden haben, findet die
Konkurseröffnung von Amtswegen nicht statt. — Anh. §. 311 zu g. 4, l. 50
A. G. O. Res. vom 12. Mär; 1804. Rabe 8, S. 17.
I) Es wird hier vorausgesetzt, daß kein andrer Erbe, der den Nachlaß sofort in
Anspruch nimmt, vorhanden, da sonst von Amtswegen der Konkurs gar nicht,
und auf Antrag nur, wenn der Erbe Benesizialerbe ist, mid einwilligt, oder In
suffizienz nachgewiesen wird, eröffnet werden kann. — <^s. auch Res. vom 30.
Jan. 1836 I. M. B. 184« S. 24«.
5«Z
Inventar die Unzulänglichkeit des Vcrmögcnö zu Bezahlung dcr Schulden klar
hervorgeht; und
4) wenn der Gemeinschuldner sich entfernt hat, ohne Jemanden mit der nöthigcn
Vollmacht und Anweisung zur Besorgung seiner Angelegenheiten zurück zu lassen,
und bei einem im Wege der Exekution auf sein Vermögen ausgebrachten Be
schläge sich ergibt, daß dasselbe zur Befriedigung dcr auf ihn andringenden Gläu
biger nicht hinreichend fei. — §. 4, 8. Anh. z. 312, 314, 317, I. 5« A. G. O.
II. In andern, als vorstehenden, Fällen kann von Amtswegen niemals
der Konkurs eröffnet werden. Vielmehr wird immer der Antrag eines oder
mehrer Gläubiger, und zugleich die Einwilligung des Schuldners,
oder bei dessen Widerspruch ein auf Konkurseröffnung lautendes Er
kenntnis (H. 367) vorausgesetzt. Doch kann der Richter,
1) wenn er aus dem akteiimässigen schlechten Vcrmögenszustande dcs Schuldners
Grund hat, zu vcrmuthcn, daß die mit Exekution auf ihn andringenden Gläu
biger mit der Provokation auf Konkurs vorsätzlich, und zur Gefährdung der
übrige» Gläubiger zurückhalten, oder
2) wenn er findet, daß durch längeren Aufenthalt dcr Sache Verwirrungen und
Verdunkelunge» der Masse zu besorgen sind;
den gefährdeten Gläubigern von Lage dcr Sache Nachricht geben, auch cincn Ter
min zu diesem Zweck, und zur Erklärung derselben über die etwa nöthige fernere
Einleitung der Sache anberaumen. >) — §. 9, 10 u. fg. a. a. O.
III. Hat ein im Dienst stehender Offizier ausser seinem Solde kein aiidcrwci-
tes, der Beschlagnahme unterworfenes Vermögen; so wird dcr Konkurs nicht ver
hängt. — Eab.-O. vom 2S. Oktober 1825. Res. vom 22. April Und 14. Novem
ber 1825. Jqhrb. 25, S. 261. Bd. 26, S. 392.
Verfahren beim Antrage auf Konkurseröffnung in den Fällen des
8. 366, II.
§. 367. I. Die Provokation eines oder mchrer Gläubiger auf Konkurseröffnung
über das Vermögen dcs Schuldners in Fällen, wo dessen Unvermögen nicht schon
nach Z. 366, l. klar und notorisch ist, muß besonders durch Anführung von That-
sachen und Beweismitteln darüber: daß das Vermögen des Schuldners zur
Befriedigung seiner Gläubiger unzurcichcnd sei, begründet werden.
Solche den Antrag begründende Umstände sind namentlich vorhanden :?)
wenn ein Kaufmann zu einer Zeit, wo Wechsel gegen ihn ablaufen, sich
entfernt, und weder Anstalten zur Bezahlung, nach einen Bevollmächtig
ten zum Betriebe der Sache zurückläßt; desgl. wenn ein andrer Schuld
ner zur Zeit, wo eine Exekution wider ihn vollstreckt werden soll, sich auf
Mchtigcn Fuß fetzt, und kein Gegenstand dcr Exekution bei ihm vorgc-
. ' funden wird. — §. 11, 12 «. a. O.
II. Auf die begründete Provokation wird ein möglichst naher Termin
angefetzt, und dazu werden vorgeladen
1) die provezirenden Gläubiger unter der Warnung der Weglegung ihres
Gefuchst
2) der Schuldner unter der Warnung: daß beim Ausbleiben die von den

>) Einen Massenkurator kann der Richter in solchen Fällen nicht sofort ernennen,
fondern er muß deshalb Antrage abwarten. — Ref. vom 20. April 1816.
Jahrb. 7, S. 185.
2) Es versteht sich von selbst, daß dies nur Beispiele sind. Ein fernerer dergl.
Umstand würde auch vorliegen, wenn Schuldner seinen Gläubigern ausscrgericht-
lich im Wege der Behandlung theilweise Befriedigung angeboten hätte.
564
Gläubigern behauptete Vermögensunzulänglichkcit für zugestanden geachtet, und
mit Eröffnung des Konkurses in covlumaeism würde verfahren werden.
Haben die Gläubiger ihre Behauptung mit sehr dringenden Gründen und
Vermuthungen unterstützt: so muß dem Provokaten in der Vorladung zugleich
anbefohlen werden, zum Termin ein richtiges Vermögensverzeichniß, so wie er
es werde beschwören können, nebst den zu dessen Begründung hinter ihm befind
lichen Urkunden, mit zur Stelle zu bringen, und dadurch die Zulänglichkeit sei
nes Vermögens auszuweisen.
3) Auch kann auf ein nach Vorschrift I. gehörig begründetes Gesuch, auf Ver
langen der Provokanten, zugleich der offene Arrest erlassen, und
auf die im Absch. 3 vorgeschriebene Art bekannt gemacht werden. — Doch ist,
wenn in solchem Falle später die Provokanten mit ihrem Gesuche rechtskräftig
abgewiesen werden, auf ihre Kosten dieser Arrest durch öffentliche Bekanntma
chungen wieder aufzuheben. — §. 13, 18. §. 21 a. a. O.
III. Erscheint 1) der Schuldner im Termine nicht, so wird, wie gewöhn
lich, ein Kontumazialbescheid abgefaßt, und der Konkurs dadurch, der ergangenen
Warnung gemäß, in L«ntum»c!sm eröffnet. >) — Bei Prüfung der geschehenen
Vorladung wird für gnügend erachtet, wenn die Borladung in der gewöhnlichen
Wchausung des Provokaten nach Vorschrift Z. 57, II. Nro. 2 und 3 behändigt worden.
2) Provozirt der Gemeinfchuldner im Termine auf das Moratorium;
so wird die Sache nach Vorschrift des 1«ten Titels 18ten Absch. (Z. 354 fg.) ge
hörig eingeleitet.
3) Erbietet er sich zur Abtretung des Vermögens; so bedarf es keiner wei
ter» Erörterung ; der Termin wird aufgehoben, und der Konkurs durch Verfügung eröffnet.
K 4) Widerspricht aber der Schuldner im Termin dem Antrage; so muß
er darüber, was er zur Widerlegung der Gründe und zum Ausweise der Zuläng
lichkeit seines Vermögens anzuführen hat, vernommen; die von beiden Seiten an
geführten Umstände der Sache müssen gehörig auseinander, und in ihr möglichstes
Licht gesetzt, und in dieser Weise die Frage: ob Konkurs zu eröffnen sei? zum De
finitiverkenntnisse ordnungsmössig, jedoch ohne Zulassung schriftlicher Deduktionen,
instruirt werden. — Z. 14—18 a. a. O.
IV. Gegen dies Erkenntniß steht beiden Theilen die Appellation mit «ol
ler Wirkung zu. Revision ist niemals zulässig. Jedoch findet die Nichtig
keitsbeschwerde statt. — Z. 19 a.a.O. — z. 3, 4 des Ges. vom 14. Dccbr.lM.
V. Während der Verhandlungen über die von den Gläubigern ange
tragene, und vom Schuldner widersprochen« Konkurseröffnung, bleibt den Erster«
unbenommen, in Ansehung ihrer liquiden, oder gar rechtskräftigen Forderungen für
die Sicherheit derselben durch spezielle Arrestschläge, oder Eintragung von Protesta
tionen auf die Grundstücke des Schuldners, oder Nachsuchung andrer dergl. Verfü
gungen, welche die Verbringung oder Verdunkelung der Masse zu verhüten abzielen,
Sorge zu tragen. 2) — Z. 2«, I. 5« A. G. O.
Vom Gerichtsstande des Konkurses und der SpezialProzesse.
§. 36 . I. Die Eröffnung und Leitung des Konkurses; die Untersuchung und
das Erkenntniß über die Forderungen sämmtlicher Gläubiger; die Obsorge für die
Ausmittelung und Herbeibringung der Aktivmassc; und die Vertheilung derselben
unter die Gläubiger, nach der gesetzmässigen Ordnung, gebührt
i) Die Rechtsmittel der Restitution und der Appellation sind hier nicht ausgeschlos
sen; sie müssen daher als zulässig erachtet werden.
Erekiitionsvollstreckungen selbst können sie nicht nachsuchen, da hierdurch andre
Gläubiger gefährdet würden.
565
demjenigen Richter, unter welchem der Gcmeinschuldner
seinen ordentlichen persönlichen Gerichtsstand hat.
Dies gilt auch in Betreff der Militoirpersonm.
Im Großhcrzogthum Posen treten jedoch in Betreff des Gerichtsstandes für
Konkurse ebenfalls die im §. 35 (S. 69 fg.) vorgeschriebenen Modifikationen ein.
Hatte der Gemeinschuldner unter zweierlei Gerichten einen festen
Wohnsitz; so gehört der Konkurs
1) dann, wenn eins derselben ein Ober-, das andre aber ein Untergericht ist, vor
das Obergerichtj uud
2) dann, wenn beide Ober- oder beide Untergcrichte sind, gebührt er vermöge der
Prävention dem von beiden, welches zuerst mit Eröffnung verfahren ist. — Z. 25,
26 a. a. O. Anh. §. 12 zu K. 48, I. 2 A. G. O.
II. Der Konkurs hat demnach zur Folge, daß mit dessen Eröffnung alle ge
gen den Gemeinschuldner beim^Konkurs - oder bei einem andern Richter
schon schwebenden Sp ezialprozesse sofort fistirt, und zum Konkurse
«erwiesen, so wie, daß alle an die Konkursmasse zu machenden An,
sprüche vor dem Konkursrichter erörtert werde» müssen. Ausnahmen
sind folgende:
1) Spezialprozesse, welche zur Zeit der Konkurseröffnung gegen den Gemeinschuld
ner in den höheren Instanzen schweben, werden nicht sistirtz sondern sie
müssen Behufs Feststellung der Richtigkeit des streitigen Anspruchs in der Lage,
in welcher sie sich befinden, in den höheren Instanzen fortgesetzt werden.
2) Prozesse, welche vor ein Spezialforum gehören (K. 33), werden in Ansehung
der Richtigkeit des Anspruchs in jedem Falle, sie mögen bei Eröffnung des Kon
kurses bereits anhängig sein, oder erst nachher entstehen, vor dem Spezialge:
richtsstande geführt und entschieden. — Doch muß der, welcher aus einem sol
chen speziellen Prozesse an den Gemeinschuldner etwas fordert, eben so, wie im
Falle zu t der Kläger, bei Konkursen sich melden, und seinen Anspruch zur ge
hörigen Klasse liquidiren. Hier wird dann auch der Ort, wo er aus der Masse
seine Befriedigung zu erwarten hat, erörtert, und im Klassifikationsurtel festgesetzt.
In beiden Fällen zu 1 und 2 wird jedoch, — vorausgesetzt, daß der des-
falsige Prozeß Vermögensrechte betrifft,') — nicht mehr der Gemeinschuldner,
sondern der Kontradiktor im Namen der Gläubiger zugezogen.
3) Auch Wechselprozesse können nach der Konkurseröffnung fortgesetzt, und neue
eingeleitet werden, in sofern der^Gemeinschuldner nicht zur Rechtswohlthat der
Güterabtretung »erstattet ist (Tit. 1«. Absch. l9. H. 360 fg.).
4) Die Sub Hastation der. dem Gemeinschuldner gehörenden unbeweglichen Sa
chen erfolgt immer beim Richter der Sache. Ist sie bei Eröffnung des Konkur
ses schon eingeleitet, so wird sie ungehindert fortgefetzt. — Bei Landgütern darf
jedoch der Termin zur Belegung und Vertheilung der Kaufgelder erst dann an-
^ beraumt werden, wenn im Konkurse der Liquidationstermin abgehalten, und der
Subhaftationsrichter davon benachrichtigt worden ist: ob sich in diesem Ter
min Kassen oder Anstalten wegen solcher Abgaben und öffentlicher und Gemein-
dclasten und Beiträge, oder Gläubiger mit solchen Lohn- und Soldansprüchen
gemeldet haben, welche den eingetragenen Gläubigern vorgehen.
5) Pfand- und Hupothckengläubiger sind von Einlassung auf den Konkurs
dann, wenn sie sich nur an das Pfand halten können oder wollen, frei, und sie
können den Konkurskurator, vom Konkurse getrennt, belangen. Sie erhalten
") Ist dies nicht der Fall, wie z. B. cei Ehescheidungsprozessen z so wird der Ge
meinschuldner ferner zugezogen.
566
demnächst auch ihre Befriedigung aus dem Pfände, resp. den Kaufgeldcm des
verpfändeten Grundstücks, abgesondert vom Konkurse. Wollen sie jedoch, bei
nicht vollständiger Befriedigung aus dem Pfände, oder den Kaufgeldern, Zah
lung aus der übrigen Masse suchen; so müssen sie sich deshalb im Konkurse
melden, und liquidiren. Sie sind dann, wie jeder andre Liquidant zuzuziehn.
6) In Betreff der Berg- und Schiffsgläubiger wird im Abschn. 7 und
7) hinsichtlich der inländischen Ansprüche an Auslander im Abschn. 6 die Rede sei». —
Z. 27-32, Anh. §. 318, 319, I. SO A. G. O. — Bcrord. vom 2«. Pecember
184« GS. 1841 S. 4 fg.
Vom Zeitpunkte der Konkurseröffnung und von der Einleitungs-
verfügung.
8. 369. t. Die Zeit des eröffneten Konkurses wird auf die Mittagsstunde des
jenigen Tages bestimmt, an welchem die Verfügung oder das Urtel, wodurch der
Konkurs ausgesprochen wird, den Interessenten eröffnet worden ist. >) Dies gilt
auch in dem Falle, wenn ein erbfchaftlichcr Liquidationsprozeß später in Konkurs
umgewandelt wird, hinsichtlich des die Umwandlung aussprechenden Dekrets oder Uttels.
Ist von dem auf Konkurseröffnung lautenden Urtel appellirt, und dies in
zweiter Instanz bestätigt; so gilt dennoch der Eröffnungstag des erste» Uttels.
22—24, I. S« R. G. O.
Sogleich bei Eröffnung des Konkurses müssen zugleich von Amtswegen
1) gemäß der Bestimmungen des dritten Abschnitts die nöthigsten Verfügungen ge
troffen, durch welche die Masse für die Gläubiger in sichern Beschlag genommen,
und dem Gemeinschuldner jede Verfügung sowol über die Substanz, als über
die Nutzungen derselben, verschränkt werde; und
2) die Gläubiger, welche sich schon gemeldet haben, und persönlich zugegen, oder
mit, am Orte sich aufhaltenden, Bevollmächtigten versehen sind, zu einem na
hen Termin Behufs Wahl eines Jntcrimskurators und Kontradiktors vorgela
den werden. Endlich
3) ist gemäß der Vorschriften des vierten Abfchn. Termin zur Anmeldung der An
sprüche (Konnotationstermin) zu verfügen. — §. «4, 98, 194, I. ö« A. G. O.
III. Bei Konkurseröffnung über das Vermögen Lebender muß der Dezernent
auch prüfen, und im Kollegio darüber Bortrag halten: ob Gründe zur Eröff
nung der Untersuchung wegen Bankeruts vorhanden sind. Wiesolches ge-
schehen, ist zu den Akten zu verzeichnen. Anh. §. 313 a. a. O.
Wirkung der Konkurseröffnung s) in Bezug auf die vor eröffne
tem Konkurse vom Gemeinschuldner getroffenen Verfügungen;
§. 370. Verfügungen, welche der Gcmeinschuldner vor eröffnetem Konkurse ge
troffen, und vollzogen hat, bleiben
I. dann, wenn derselbe zur Seit der Verfügung noch nicht über seine Kräfte
verschuldet war, in der Regel giltig. Ausnahmsweise können jedoch Gläubi
ger, deren Forderung älter, als die an zu fechtende Verfüg ung ist, 1) die
binnen Einem Jahre vor der Konkurseröffnung vom Gemeinschuldner gemach
ten, auf blosser Freigebigkeit beruhenden-) Schenkungen in so weit widerrufen, als
>) Jetzt, wo die Publikation nicht mehr in früherer Art stattfindet, wäre die ge
nauere Bestimmung dieses Tages im Wege der Gesetzgebung wünschcnswetth.
Die meisten Gerichte nehmen bei Eröffnung des Konkurses durch Verfügung den
Tag dieser Verfügung als den maasgebmden an, indem die Publikation fingirt
wird. Dies läßt sich auch vollkommen rechtfertigen.
2) Zum Unterschiede von den belohnenden Schenkungen.
6«7
die geschenkte Sache sich zur Zeit des Widerrufs noch im Vermögen oder Nachlasse
des Geschenknehmers oder der Erben befindet, oder als dieselben durch den daraus
gelösten Werth noch wirklich reicher sind.
2. Gleiches gilt in Betreff der Schenkungen, welche der Gemcinschuldncr seinem
Ehegatten in den letzten drei Jahren vor Eröffnung des Konkurses ge
macht hat.
3. Oben bezeichnete Gläubiger können ferner, ohne zum Nachweise der zur Zeit
der Vertragsabschliessung schon vorhandenen Insolvenz des Gemeinschuldners ver
pflichtet zu sein, auch Kauf-, Tausch- und andre lästige Verträge anfechten, welche
der Gemeinfchuldncr über ihm gehörige bewegliche oder unbewegliche Sachen, Ge
rechtigkeiten, Niesbrauchsrcchte oder ausstehende Forderungen mit seinem Ehe
gatten, innerhalb der letzten 3 Jahre vor der Konkurseröffnung, (gleich viel ob
vor oder nach geschlossener Ehe), oder mit einem seiner oder seines noch le
benden oder bereits verstorbenen Ehegatten, Verwandten in auf-
oder absteigender Linie innerhalb eines Jahres vor eröffnetem Konkurse er
richtet hat. Dabei steht den Gläubigern die Vermuthung zur Seite, daß die Kon
trahenten den Vertrag in der unredlichen Absicht, die Gläubiger des Schuldners zu
bevortheilen, geschlossen haben. Findet der Richter bei Erwägung aller vorliegen
den Umstände diese Vermuthung durch Gegenbeweis nicht entkräftet, so ist das Ge
schäft in Beziehung auf die anfechtenden älteren Gläubiger unverbindlich, und diese
sind berechtigt, den Gegenstand der Veräusserung zu ihrer Befriedigung zur Kon
kursmasse zu ziehen.
In Bezug auf Gläubiger, deren Forderungen vor der Konkurseröffnung be
reits unter Exekution standen, oder doch bereits eingeklagt waren, läuft diese drei»
und resp. einjährige Frist zu 1 bis 3 sogar von der Zeit zurück, wo das Exekutions
mandat erging, in Folge dessen bei der Exekution gegen de» Schuldner sich Vermö
gensunzulänglichkeit ergab; oder wo dem Erwerber die Behändigung der gerichtli
chen Bekanntmachung dessen geschah, daß ein gegen den Schuldner klagender Gläu
biger desselben Vcrmögcnsunzulänglichkeit bescheinigt habe, und die den Erwerber
begünstigende Verfügung des Schuldners künftig zu widerrufen oder anzufechten ge
denke. Vermögensunzulänglichkeit aber ist in jedem der drei folgenden Fälle an
zunehmen :
s) wenn bei der Auspfändung keine Erckutionsgegenstände vorgefunden worden, der
Schuldner auch auf Befragen solche Gegenstände nicht sofort nachweist, und der
Gläubiger den Manifestationseid fordert, dieser m«g geleistet oder verweigert werden ;
Ii) wenn schon früher eine Exekution gegen die Person, oder in das Vermögen de«
Schuldners fruchtlos gewesen;
c) wenn der Schuldner in einem zum Ausweis über die Lage seines Vermögens
anberaumten Termine, zu welchem er unter Androhung der Annahme seiner In
solvenz vorgeladen worden, ungehorsam ausbleibt. — ß. 49 a. a. O. — K. 1129 fg.
1165 fg. I. 11. 5. 312 fg. und Anh. §. 74, II. 1 A. L. R. §. 1—7 und 11,
13. Gef. vom 26. April 1835 GS. S. S3.
II. Geschah die Verfügung zu einer Seit, wo der Schuldner erweislich
bereits insolvent war; so ist sie,
1) in sofern sie zu Gunsten und zwar zur besseren Sicherstellung oder
Befriedigung eines Gläubigers vorgenommen worden, in der Regel
gilt ig, und dies selbst dann, wenn zur Zeit der Verfügung auf Konkurs be
reits angetragen war, und die Frage: ob dessen Eröffnung statt finde? verhan
delt wurde. Nur
g) wenn nach Maasgabe ß. 367, II. Nro. 3 schon während der Verhandlung
über diese Frage der offene Arrest erlassen worden, kann auch «in Gläubiger
568
des Gemeinschuldners, zu dessen Wissenschaft diese Verfügung gelangt ist, oder
der seine Wissenschaft davon eidlich abzulehnen nicht vermag, mit dem Gc-
mcinschuldncr zum Nachtheile der übrigen Gläubiger keine giltige Verfügun
gen treffen. Eben so kann der Schuldner über Grundstücke, in deren Hy
pothekenbuch nach tz. 367, V. eine Protcstation eingetragen worden, keine dm
andern Gläubigern nachtheiligc Verfügung zu Gunsten eines Gläubigers
vornehmen.
b) Auch mit dem Nachweise dessen, daß ein vor eröffnetem Konkurse vom Ge-
meinschuldncr befriedigter Gläubiger mehr erhalten habe, als er wirklich zu
fordern hatte, müssen die übrigen Gläubiger rechtlich gehört werden. Diesen
liegt jedoch der Beweis ob, da auch in diesem Falle die Vcrmutbung nicht
für zu viele Zahlung spricht.
Rechtskräftige vor der Konkurseröffnung zwischen dem Gemeinschuldner und
einem Gläubiger ergangene Erkenntnisse können von den andern Gläubigem
oder dem Kontradiktor, unter dem Vorwande neuer Einwendungen, nur in
dem Falle als nichtig angefochten werden, wenn der Gemeinschuldner ent
weder selbst nach den Gesetzen dazu berechtigt gewesen wäre, oder wenn er
sich erweislich betrüglicher Kollusionen mit dem Gläubiger, zu dessen Gun
sten das Urtel ergangen ist, schuldig gemacht hat.
Hat Gemeinschuldner vor Konkurseröffnung einem Gläubiger etwas an Zah
lungsstatt gegeben, und ist dieses zur Zeit der Konkurseröffnung noch beim
Empfänger in Natur vorhanden; so können die übrigen Gläubiger darauf
antragen, daß er die an Zahlungsstatt erhaltene Sache gegen seine vollstän
dige Befriedigung an Kapital, Zinsen und Kosten zur Masse zurückgebe.
2) Vollzog der bereits über die Kräfte Verschuldete nicht mit einem Gläubiger, son
dern mit einem Dritten ein Geschäft; so ist dies,
g) falls es einen lästigen Vertrag, z. B. Kauf, Tausch und dergl. betrifft, «)
dann in der Regel giltig, wenn der dritte Kontrahent die Insolvenz des Ge-
mcinschuldners nicht kannte. Doch können Gläubiger, deren Forderung älter,
als der anzufechtende Vertrag ist, einen zwischen dem Gemeinschuldner und
seinen unter I. Nro. 3 genannten Verwandten >) innerhalb dreier Jahre vor
der Konkurseröffnung oder vor dem unter I. Nro. 3 gedachten Zeitpunkte
geschlossenen Vertrag stäts anfechten, wenn sie nachweisen, daß Gemeinfchuld-
ner beim Vertragsabschluß bereits insolvent war. Dabei kommt ihnen die
daselbst erwähnte Vermuthung zu Statten.
KK) Hat der Kontrahent aber die Insolvenz gewußt; so ist dergl. Ge
schäft in Ansehung der Gläubiger ungiltig, und diese können vom Kontra
henten, und sogar von einem dritten Erwerber, die an ihn gegebenen, zcdir-
ten, oder sonst veräusserten Sachen zurückverlangen. Der Mitkontrahent,
so wie der unredliche dritte Erwerber, müssen auch die inzwischen gezogenen
Nutzungen herausgeben, können aber Alles aus dem Geschäft zur Masse Ge
flossene, in sofern der Nutzen noch theilweise oder ganz in der Masse erweis
lich vorhanden, erstattet verlangen. Dem redlichen dritten Erwerber einer
solchen Sache, und ingleichen dem, welcher auf den Glauben des Hupothe-
kenbuchs sich in gerichtliche Verhandlungen über dieselbe redlicher Weise em-
'° - gelassen hat, bleiben aber seine Rechte vorbehalten. >)
>) Auf Seitenverwandte können diese Bestimmungen nicht ausgedehnt werde».
2) Diese Vorschriften (unter bl>) finden auch dann Anwendung, wenn die Insol
venz des Gemeinschuldners durch den mit ihm geschlossenen Vertrag entstanden
ist, und der fremde Kontrahent diese Wirkung des Vertrages gewußt hat. ^
Plen.-Besch. des Geh.-Ob,-Trib. vom 12. Juni 1843 I. M. B. S. 22«.
569
Ob der fremde Kontrahent um die Insolvenz des Gemeinschuldners ge-
wüßt habe, oder nicht, muß der Richter aus dem Hergange des Geschäfts
selbst, und den dabei obwaltenden, vorhergehenden, begleitenden oder nachfol
genden Umständen, z. B. aus dein offenbar unverhältnißmässigen Preise u.
s. w. beurtheilen.
IZ) Lag der Verfügung eine auf blosser Freigebigkeit beruhende Schenkung zum
Grunde, so kann diese von Gläubigern, deren Forderung älter als die Schen
kung ist, mittelst Nachweises der Insolvenz des Gemeinschuldners zur Zeit
der Freigebigkeit, nicht allein in den unter I. Nro. 1 u. 2 erwähnten Fäl
len, sondern jederzeit, wenn sie innerhalb dreier Jahre vor der Konkurseröff
nung gemacht ist, widerrufen, und das Geschenkte vom Geschenknehmer oder
dessen Erben zur Masse zurückgefordert werden.
Den hiernach widerruflichen Schenkungen ist in diesem Sinne gleich zu
achten, ss) wenn Gemeinschuldner innerhalb der gedachten Frist zum Besten
seiner Verwandten, Mit- oder nachgesetzten Erben, dem Anfall einer Erb
schaft, oder einem Vermächtnisse cntsagr hat; so wie,
tib) wenn er zum Ankaufe von Präbcnden oder Bedienungen für seine
Kinder oder Andre Verwendungen gethan, oder für sie Chargengebühren,
Stempel- oder Rekognitionsgelder entrichtet hat.
Das zum Zwecke der Ausstattung oder zum Brautschatz für die Kinder
oder auch für Fremde Gegebene hat jedoch nicht die Natur der Schenkung,
sondern eines lästigen Vertrages. — §. 43—57, I. 5« A. G. O. — §. 1046 fg.
1129—1133, I. 11 «. «. R. §. 4, S, 7, 13 Ges. vom 26. April 1835.
III. Es versteht sich von selbst, daß Pfand- und Hypothekenrechte, welcher auf
einer vom Gcmeinschuidner an einen Dritten rechtsverbindlich veräusserte» Sache
haften, durch die Veräusserung nicht verändert werden j und daß, wenn der Erwer
ber in den Fällen unter I. und II. sich den Widerruf freiwillig nicht gefallen läßt,
im Wege des Prozesses darüber verhandelt und erkannt werden muß. — Z. 58,
59, I. 5« A. G. O.
d) in Ansehung der nach eröffnetem Konkurse vom Gemeinschuldner
getroffenen Verfügungen;
§. 371. Der Gemeinschuldner verliert vom Tage des eröffneten
Konkurses an jede Befugniß, über sein gegenwärtiges Vermögen
ferner zu verfügen. Daraus folgt
l. daß alle nachher von ihm über fein in Beschlag genommenes Vermögen ge
troffenen Verfügungen, als z. B. Veräusserungen, Geldzahlungen und Erhebungen,
Quittungen, Schuldurkundcn, Einräumung von Sicherheit u. dgl. gänzlich null, un
kräftig und von keiner rechtlichen Wirkung sind.') Nur,
1) wenn aus dem vom Gemeinschuldner vorgenommenen Geschäfte etwas zur Masse
geflossen, und diese dadurch reicher geworden ist, muß sie dem andern Kontra
henten auf Höhe dieses Vortheils in gleicher Art, als wenn die Masse mit ihm
kontrahirt hätte, gerecht werden, da sie sich sonst mit dem Schaden des Drittm
bereichern würde. Wenn ferner
2) Gemeinschuldner an mehren Orten Vermögen besitzt, und an einem derselben, aus
serhalb des Sitzes des Konkursgerichts, ein von jenem vorgesetzter Disponent
oder andrer Generalbevollmächtigter vor der wirklichen Beschlagnahme dieses TheilS
>, des Vermögens in Ansehung desselben ein Geschäft vornimmt; fo soll die Giltig-

') Auch Rechtsmittel in Prozessen, welche die Masse betreffen, kann er nicht mehr
kinwenden. — Res. vom 1«. Juli 180S. Rabe 8, S. 32S.
57«
Zeit dieser Handlung eben so beurtheilt werden, als wenn sie vor der Konkurs«
cröffnung vorgenommen wäre.
S) Tilgt Jemand, der an den Gemeinschuldner etwas schuldet, nach der Konkurs
eröffnung, jedoch vor der ersten öffentlichen Bekanntmachung des offenen Arre
stes, seine Schuld dadurch, daß er an den Gemeinschuldncr baar zahlt, oder an
Zahlungsftatt wirklich etwas gibt; so ist diese Tilgung rcchtsgiltig. Gleiches gilt,
menn die Zahlung zwar nach der öffentlichen Bekanntmachung des offenen Ar
restes geleistet ist, der zahlende Schuldner aber der Kcnntniß hinsichts der Kon
kurseröffnung nicht öberfuhrt werden kann. Doch steht in diesem Falle den
Gläubigern der Masse frei, vom Zahler die eidliche Bestärkung dessen: daß ihm
die erfolgte Konkurseröffnung zur Zeit der Zahlung nicht bekannt gewesen sei,
zu fordern.
Die, nach der ihm geschehenen Bekanntmachung der Konkurseröffnung oder
nach BehSndigung eines besondern Zahlungsvcrbots, an den Gemeinschuldner ge
schehene Zahlung kann der Zahlende gegen die Masse nicht einwenden. — Über
haupt reicht bei einer, nach eröffnetem Konkurse an den Gemeinschuldner gesche
henen, Zahlung, dessen Quittung oder Empfangsbekcnntniß zum Nachweise der
Zahlung, niemals hin. Diese muß vielmehr auf andre Art dargethan werden.
4) Sind Verträge vor eröffnetem Konkurse mit dem Gemeinschuldner geschlossen;
und es entsteht um deshalb, weil der Zeitpunkt ihrer Erfüllung erst nach Kon
kurseröffnung eintritt, Zweifel: in wie fern dann noch Erfüllung von der Masse
gefordert werden kann, oder ihr geleistet werden muß; so ist die Sache nach den
gesetzlichen Vorschriften von Erfüllung der Verträge überhaupt, und in wie fern
die Verbindlichkeit dazu durch die Unmöglichkeit, oder durch veränderte Umstände
aufschoben werde, zu bcurtheilen. Dabei ist, wenn aus der Konkurseröffnung
eine Unmöglichkeit entsteht, zum Besten der Gläubiger anzunehmen, daß dieselbe m
Ansehung ihrer die Folge eines unabwendbaren Zufalls sei. Falls aber die Erfül
lung vom andern Kontrahenten wegen veränderter Umstände nicht geleistet werden
darf, sind die rechtlichen Folgen davon darnach zu bestimmen, daß diese Verän
derung sich in der Person des Gemeinschuldners zugetragen hat.
Wenn also der Gemeinschuldner noch vor eröffnetem Konkurse einem aus
wärtigen Korrespondenten Order, auf ihn zu trossiren, gegeben hat; so sind die
Gläubiger den nach Konkurseröffnung präsentirten Wechsel anzunehmen nicht
schuldig. — Wenn Gemeinschuldner Jemandem auf seinen eigenen Schuldner An
weisung gegeben hat, und dieselbe vor der Konkurseröffnung nicht wirklich be
zahlt ist; so bleibt die angewiesene Summe der Masse, wenn auch die Anwei
sung vom Assignaten bereits akzeptirt worden wäre. Ist jedoch der akzeptirende
Assignat Ausländerz so wird seine Aahlungsverbindlichkeit aus der Akzeptation,
und sein Recht, diese Zahlung der Konkursmasse des Assignanten entgegen zu
setzen, lediglich nach den Gesetzen seines Wohnorts beurtheilt. — tz. 34—40 a. a. O.
U. Aus obiger Regel folgt ferner, daß Gemeinschuldner nach eröffnetem Kon-
«Ktrse keiner Erbschaft und keinem Rechte,') welche ihm angefallen, wider
>den Willen der Gläubiger entsagen darf. War die Erbschaft
t) vor eröffnetem Konkurse ihm angefallen; so wächst sie der Masse zu, jedoch mit
Vorbehalt des den ErbschaftsglSubigern zukommenden Absonderungrechts.
'2) Ereignet sich der Anfall erst nach Konkurseröffnung; so müssen davon zufsrderst
alle Srbfchaftsschulden und Lasten abgezogen werden. Ist nun a) die Erbschaft
') Darunter können nur die durch Erbgangsrecht «der aus ähnlichem Grunde an
fallenden Rechte verstanden werden. Denn das, was Gemeinschuldner nach Kon
kurseröffnung durch Thätigkeit neu erwirbt, bleibt ihm, bis es etwa durch nach
gesuchte Beschlagnahme ihm entzogen wird.
57l
zu diesen nicht hinreichend; so muß der Konkurs-Kurator der Erbschaft entsa»
gen, und dann entsteht über letztcrc ein besondrer Konkurs. — K) Bleibt aber
etwas übrig; so bildet dies eine neue Masse, an welche sowol die im Konkurs
des Erben leer ausgehenden Gläubiger, als die, denen nach Konkurseröffnung der
Erbe schuldig geworden, als die im Konkurse mit den alteren Ansprüchen Prä-
kludirten, sich zu halten berechtigt sind. Ergibt sich dabei Unzulänglichkeit; so
muß ein besondrer Konkurs oder Liquidationsprozeß eröffnet werden, in ««lchem
die Ordnung bei Befriedigung jener altern und neuen Gläubiger lediglich nach
der Beschaffenheit der Forderungen und deren Verhältniß zu der neuen Masse
festgesetzt wird. — z. 41 a. o. O. Res. vom 17. Oktober 183«. Jahrb. 52, S. 49«.
c) rücksichtlich des Verhältnisses der Gläubiger zum Vermögen des
Gemeinschu ldners und d) in Ansehung des Zinsenpunktes,
tz. 372. I. Durch die Konkurseröffnung erlangen die Gläubiger, zusammen ge
nommen, ein allgemeines Pfandrecht auf den ganzen Inbegriff des Vermögens, wel
ches Gemeinschuldncr alsdann besitzt. Zur Masse werden daher auch die exekutions-
und arrcstfähigen (K. 290, Nro. 15—17) Besoldungen und Pensionen, Einkünfte
von Präbenden, und andre jährliche Hebungen gerechnet, wenn sie auch erst nach
der Konkurseröffnung fällig sind, sofern nur das Recht, sie zu fordern, schon zur
Zeit der Konkurseröffnung zum Vermögen des Gemeinschuldners gehörte. Aus die
sem allgemeinen Pfandrecht der Gläubiger folgt:
1) daß kein einzelner Gläubiger mehr befugt ist, durch einseitige, gerichtliche oder
aussergcrichtliche Handlungen etwas von der Masse an sich zu ziehen, oder sich
darin ein besseres Recht, als er vorher schon gehabt hat, zu verschaffen. Alle
dahin abzielenden Handlungen sind null und nichtig, und der Gläubiger muß
das aus der Masse etwa Entnommene ihr erstatten;
2) daß die Gläubiger Verbindlichkeiten, welche nur der Person des Gcmeinschuldners,
ohne Beziehung auf sein Vermögen, ankleben, zu erfüllen, oder ein Interesse des
halb zu leisten, nicht gehalten sind. Demnach kann ein vom Gemeinschuldncr
als Pächter abgeschlossener Pachtvertrag, wenn nicht Gläubiger und Verpächter
darüber einig sind, nicht fortgesetzt werden. Für diesen Fall finden vielmehr die,
auf den Todesfall des Pächters wahrend der Pachtzeit, erthcilten gesetzlichen
Vorschriften Anwendung.') g. 33. ß. 60-62, l. S« A. G. O.
II. Durch Konkurseröffnung wird der Zinsenlauf in Ansehung aller Forde
rungen gehemmt und unterbrochen. Nur
1) Faustpfandgläubiger erhalten aus dem Erlöse des Pfandes, so weit er reicht,
auch die während des Konkurses laufenden Zinsen, und
2) Hypothekengläubiger werden in Betreff dieser aus den Revenücn des verpfände
ten Grundstücks, und so weit sie hier damit nicht zur Hebung kommen, aus den
Kaufgeldern desselben an der Stelle des Kapitals befriedigt. — §. 152 a. a. O.
Drklar. vom 2«. Januar 182« GS. S. 34.
Vom sogenannten abgekürzten Konkursverfahren.
§. 373. Des förmlichen Konkursverfahrens bedarf es nicht, vielmehr findet zur
. Beschleunigung der Sache und zur Kostensparung ein abgekürztes Verfah
ren statt:
1) in Fällen, in denen die Masse nur aus verschuldeten Grundstücken, od« aus
') Bei Pachtungen währt die Pacht nach dem Tode noch ein Jahr, bei Miechm
ein halb Jahr. Diese Fristen werden daher beim Konkurse zur Anwendung
kommen, vorausgesetzt, daß kontraktlich nicht ei» Andres bestimmt ist. — §. ZSö,
672
verpfändeten Mobilien besteht. In diesen Fällen erhalten die Hypotheken« und
Pfandgläubiger aus dem Kaufpreise, und zwar bei Grundstücken im Wege der
Kaufgelderbelegung, bei Faustpfändern im Wege der gewöhnlichen Exekution,
ihre Befriedigung, und nur wenn etwas vom Erlös übrig bleibt, wird dasselbe
zur Konkursmasse genommen, und, in so fern die Fälle zu 2 und 3 vorliegen,
darnach verfahren. — Die Hypothekcngläubigcr erhalten jedoch, falls Konkurs
vorhanden, bei der Kaufgelderbelegung ausser dem Kapital und den laufenden,
aus den Revenüen nicht gedeckten Zinsen, nur zweijährige Sinsenrückstände;
2) in Fällen, in denen die Masse nur so gering ist, daß sie bei förmlicher Konkurs
eröffnung den Gläubigern durch die Kosten entzogen werden würde;
3) dann, wenn sämmtliche bekannte Gläubiger' darüber einig sind, daß die förm
liche Konkurseröffnung unterbleibe, und') der Gemeinschuldner
») entweder zu den Bewohnern des platten Landes gehört, und gar nicht, oder
doch nur mit einer höchstens 300 Thlr. werthcn Stelle angesessen war; auch
übrigens gar kein Gewerbe, oder doch nur ein solches, wozu in der Regel
kein auswärtiger Kredit erforderlich ist, betrieben hat;
d) oder wenn er zu den kleineren städtischen Besitzern, deren Besitzungen nicht
über 5<X> Thlr. am Werths betragen, oder zu den gemeinen Handwerkern
und Professionisten gehört; auch er in beiden Fällen gar kein oder kein sol
ches Gewerbe getrieben hat, das auswärtigen Kredit erfordert.
In den Fällen zu 2 und 3 wird die Masse versilbert ; die bekannten Gläubiger
werden unter der Warnung der Präklusion zur Liquidirung und zum Nachweis ihrer
Forderungen vorgeladen, und beim Ausbleiben namentlich präkludirt. Das Präklu-
sionsurtel kann bald nach abgehaltenem Liquidationstermin abgefaßt werden. Offe
ner Arrest, und Ediktalladung der unbekannten Gläubiger, findet nicht statt.
Die Bertheilung der Masse erfolgt unter die vorhandenen bekannten Gläubiger
nach der Ordnung, worüber sie sich entweder unter einander vereinigen; oder die bei
Nichteinigung durch ein Prioritätsurtel festgefetzt worden. Im Falle unter Nro. S
muß jedoch vier Wochen vor der wirklichen Bertheilung durch Aushang an der
Gerichtsstelle und einmalige Bekanntmachung in den Zeitungen der Provinz die be
vorstehende Bertheilung bekannt gemacht, und den zur Hebung kommenden Gläubi
gern ausdrücklich angedeutet werden : daß, wenn in der Folge unbekannte Gläubiger,
welche zur Zeit des ausgebrochenen Unvermögens des Gemeinfchuldncrs ein Vorrecht
vor ihnen auf die damals vorhandene Masse gehabt haben würden, sich melden
sollten, nach Berhältniß des Erhobenen würden gerecht werden müssen. — §. 5—7
Anh. §. 315, 31«, I. 5« A. G. O. — 8. 1, 10, 12 Ges. vom 28. December 184«. —
Res. vom 5. Oktober 1795 und vom 19. Sextbr. 1796. Rabe S, S. 154, 555.
Res. vom 13. Februar 1326. Jahrb. 27, S. 81.
Modifikationen, unter welchen die Vorschriften der Konkursord
nung bei nicht kollegialischen Untergerichten anzuwenden.
§. 374. Bei Untergerichten, die nicht kollegialisch formirt sind, kommt,
I. wenn die Aktivmasse nach einem ungefähren Ueberschlage die Summe von
200 Thlr. übersteigt, das hier abgehandelte Konkursverfahren ebenfalls zur
Anwendung. Mangelt es bei einem solchen Untergericht an einem Juftizkommissar
oder andrer tauglichen Perfon für das Amt des Kurators; so kann dazu der Ak-
tuarius, oder ein verständiger Wirthschaftsbeamter, oder Gerichtsschreiber, genom
men werden. Die Pflicht desselben ist, ausser den nöthigen Besorgungen wegen der
Aktivmasse, daß er aus den vorgefundenen Büchern, Rechnungen und Schriften des
') Au der Annahme Grävells (Komm. S. 141), daß dies „und" so viel wie
„oder" bedeute, ist kein Grund.
573
Gemelnschuldners, und aus den von diesem, falls er am Leben und gegenwärtig,
cinzujichenden Auskünften die nöthigen Nachrichten über die an die Masse liquidir-
ten Ansprüche sammelt, und dem Richter an die Hand gibt. Der Richter aber muß
nach diesen Nachrichten und den von den Gläubigern beigebrachten Dokumenten die
Richtigkeit ihrer Forderungen von Amtswcgen prüfen, und den Punkt der Priori
tät unter den Gläubigern ebenfalls von Amtswegen wahrnehmen.
Die Gläubiger können, wie im gewöhnlichen Prozesse, durch Justizkommissarien
oder andre zulässige Bevollmächtigte vertreten werden.
II. Beträgt aber die Aktivmasse eines in Konkurs verfallencn Bürgers
oder Dorfeingesessenen, welche keinen auswärtigen Verkehr betrieben ha
ben, nicht über 200 Thlr.; so bedarf es weder der Bestellung eines Kurators
oder Kontradiktors, oder Sequesters, noch besondrer Ediktalien, noch eines besondern
Distributionsurtels. Vielmehr ist das Verfahren folgendes:
1) Sobald mehre Gläubiger auf ihre Befriedigung dringen, und die Unzulänglichkeit
des Vermögens klar ist; so muß der Konkurs von Amtswegen eröffnet;
2) zugleich aber die Subhastation des zum Vermögen etwa gehörigen Grundstücks
angeordnet werden. Dabei erfolgt im Subhastationspatent die Vorladung der
unbekannten Real« und Perfonalgläubiger.
Z) Zugleich muß der Gemeinschuldner zur richtigen, allenfalls eidlichen, Angabe sei
ner Schulden, so wie seines Mobiliarvermögens und etwanigcr Forderungen an
gehalten, und wenn er verstorben oder abwesend, so müssen seine zurückgebliebene
Frau, erwachsene Kinder, und im Hause befindliches Gesinde über Borstehendes
vernommen werden. Das überflüssige Mobiliar wird verkauft, und die ausste
henden Forderungen werden eingezogen. Zugleich muß
4) der Richter die öffentlichen, Dominial- und Gemeindeabgaben zu ermitteln suchen.
5) Eine Sequestration des Grundstücks wird in der Zwischenzeit bis zur Subhasta
tion nicht eingeleitet. In der Regel bleibt der Gemeinschuldner gegen Abführung
der kurrenten Abgaben und Lasten im Besitz. Ist er verstorben oder abwesend,
oder machen andre Umstände seine Belassung in der Verwaltung bedenklich; so
wird die Bcwirthschaftung und Erhaltung des Grundstücks dem Magistrat oder
der Gutsherrschaft einstweilen übertragen,
6) Die bekannten Gläubiger werden zur Liquidation und Rechtfertigung ihrer For
derungen, so wie zur weiteren Regulirung der Sache, durch besondre Verordnung
vorgeladen.
7) Bald nach Verkauf des Grundstücks und der Kaufgelderbelegung entwirft der
Richter einen Plan, in welchem die zu vertheilende Masse zusammengestellt, und
angegeben wird, wie diese Masse unter die Gläubiger nach der Ordnung der
Priorität zu vertheile» sein möchte. Er legt diesen Plan den Gläubigern vor,
und erläutert ihn, wo es nöthig; sucht dieselben auch zur Einigung über die
Vertheilung der Masse zu vermögen. ») Vergleichen sich demgemäß die Gläu
biger, so wird blos das Präklusionserkenntniß gegen die aussengcbliebenen Gläu
biger abgefaßt, eröffnet, und im Uebrigen die Masse der Einigung gemäß ver
theilt. K) Kommt kein Vergleich zu Stande; so wird das Urtel abgefaßt, darin
auf Präklusion der ausgebliebenen Gläubiger erkannt; das Nöthige über die
Richtigkeit, den Betrag und die Priorität einer jeden angemeldeten Forderung
festgesetzt, zugleich aber bestimmt: welche Gläubiger, nach dieser Ordnung, bei
der vorhandenen Masse zur Hebung gelangen, wie viel jeder derselben zu de»
Kommunkosten beizutragen habe, wie viel er nach deren Abzug noch erhalte, und
auf welchen Theil der Masse er damit anzuweisen sei.
S) Durch die hiernächst nach diesem Urtel erfolgende Vertheilung wird der Kons
kurs beendet.
S7
674
y) Wirb 1« einem an sich zulässigen Falle gegen das nach Nrs. 7 abgefaßte Er»
kenntniß appellirt; so wird dennoch mit Vertheilung der Masse unter die übri
gen Gläubiger so weit, als deren Rechte durch ein zum Besten der Appellanten
erfolgendes Urtel zweiter Instanz keine Aenderung leiden können, verfahren.«)
Die Bertheilung der übrigen Masse bleibt dann bis zur Rechtskraft des Urtels
ausgesetzt. — 630—64«, I. 50 A. G. O. Ges. vom 28. Dcccmber 184«. —
Res. vom 1. Febr. 184t I. M. B. S. 84.

Zweiter Abschnitt.
Bon den im Konkurse sungirenden Personen.
Bom Amte und der Wahl des Kurators und Kontradiktors.
ß. 375. I. Zum Amt des Kontradiktors gehört nur die Allsmittelung
und Festsetzung der Passivmassc. Er hat also die Borladung der Gläubiger herbei
zuführen, alle angemeldeten Forderungen gehörig zu prüfen, und dahin zu sehen,
daß diese sowol in Ansehung ihrer Richtigkeit, als der ihnen nach der Priorität«»
ordnung zukommenden Stelle 2) ausgemittelt und ins Licht gesetzt werden.
Zum Amte des Kurators dagegen gehört die Obsorge für die Aktivmasse,
also deren Ausmittelung, Verwaltung, Einziehung und Versilberung. — S. 72, 73,
I. 5« A. G. O.
II. In der Regel wird das Amt Beider in Einer Person vereinigt,
«nd dazu ein beim Gericht fungirender Justizkommissarius gewählt. Bei sehr be
deutenden Massen, und zahlreichen Gläubigern kann jedoch ei» besonderer Kurator,
und ei» besondrer Kontradiktor bestellt werden. Zum Kontradiktor wird dann alle
Mal ein beim Gericht angesetzter Justizkommissar gewählt; zu Kuratoren können
auch andre taugliche und solcher Geschäfte kundige Personen angenommen werden.
Namentlich können auch bei einer sehr weitläufigen und zerstreut liegenden Masse,
z. B. wenn eine Handlung oder Landgüter dazu gehören, die Gläubiger darauf an
tragen, daß dem Hauptkurator sachkundige Assistenten, zur Verwaltung der Güter,
Z>cr Handlung u. s. w. als Nebcnkuratoren zugeordnet werden. Der Hauptkurator
behält dann die Aufsicht über das Ganze, und die Besorgung derjenigen speziellen
Angelegenheiten, zu welchen keine besondre Nebenkuratoren bestellt sind. — §. 69—
71 a. a. O.
III. Die Wahl des Kurators und Kontradiktors geschieht von den
Gläubigern. In dem nach §. 369, II. Nro. 2 angesetzten Termin wird vom Ge
richt unter Zuziehung der am Orte anwesenden oder vertretenen Gläubiger zunächst
«ur ein Interims-Kurator und Kontradiktor bestellt, und demnächst zu seinen Ob
liegenheiten mittelst Handschlags an Eidesstatt verpflichtet. Der Ausfertigung einer
förmlichen Bestallung bedarf es für denselben nur dann, wenn er derselben andcrs-
no, als bei dem konkursdirigenden Gericht nöthig hat.
Dieser Jnterimskurator und Kontradiktor muß für Erhaltung der Aktivmasse
und für den Betrieb des Konkursprozesses so lange sorgen, bis die zusammenbcru-
fenen Gläubiger sich über die Beibehaltung oder anderweite Wahl eines Kurators
1) Axpellirt z. B. nur ein Gläubiger, der zur siebenten Klasse lozirt ist, und will
in der sechsten Klasse angesetzt werden; so wird den in den ersten fünf Klassen
angesetzten Gläubigern ihr Perzipiendum gezahlt.
2) Räumt der Kontradiktor einem Gläubiger irriger Weise günstigere Vorrechte ein,
so steht dies den übrigen Gläubigern nicht entgegen. — Simon R, S. 1,
S. 25. Simon Entsch. 1, S. 116.
575
und Kontradiklors erklärt haben. Dicsc Erklärung wird den Gläubigern im Liqui-
dationstcrmine abgefordert. Können sich dieselben darüber nicht einigen; so müssen
unter den vorgeschlagene» Personen die gewählt werden, welche die meisten Stim
men, nach der Summe der liquidirten Forderungen berechnet, für sich haben. Kann
diese Mehrheit ohne weitläufige Untersuchung nicht ausgcmittelt werden; so muß
das Gericht den Ausschlag geben, und den bestellen, welcher nach pflichtmässigem
Ermessen für den Tüchtigsten gehalten wird.
Der demnach gewählte Kurator und Kontradiktor wird mittelst Handschlag?
an Eidesstatt verpflichtet, und ihm alle Mal eine förmliche Bestallung zu seiner
Legitimation zugefertigt. — §. 64—««, I. 5« A. G. O.
IV. Im Konnotationstermin müssen zugleich die Gläubiger unter gerichtlicher
Bermittelung mit dem Kurator sich über ein, für seine Mühwaltung auf die Dauer
des Konkurses ihm auszusetzendes Honorar einigen. Bevollmächtigte der Gläubiger
bedürft« dazu keiner Spezialvollmacht. Die Höhe des Honorars wird mit Rücksicht
auf den Betrag der Masse und die Summe und Zahl der einzuziehenden Forderun
gen abgemessen. Die Bestimmung eines jährlichen Honorars ist unzweckmässig.
Die gerichtliche Ermässigung des von den Gläubigern bewilligten Honorars ist nur
bei Beginn der Kuratel zulässig.
Fehlt ein Abkommen über das Honorar, so erhält der Kurator und Kontra
diktor seine Gebühren nach der Sportcltarc. Doch können die Gläubiger auch spä
ter noch eine besondre Vergütung bewilligen. — §. 92 a. a. O. Res. vom 2, März
Rabe 10, S. 29«. — Res. vom 14. Juli 1823 u. 2«. März 1833. Jahrb.
22, S. 95. Bd. 4t, S. 239.— Res. vom 17. August 181«. Jahrb. 12, S. 2l.
Ins Besondre von den Rechten und den Pflichten des Kurators
und KontradiktorS.
K. 276. l. Der Kurator einer Konkursmasse hat in der Regel alle Befugnisse
und Verbindlichkeiten, welche andern Kuratoren gesetzlich zukommen. Er muß also
die zu seiner Obsorge gehörigen Angelegenheiten nach seiner besten Einsicht und
Kenntniß, wie einem redlichen, vernünftigen, und in den Geschäften des bürgerlichen
Lebens wohl erfahrenen Manne zukommt, besorgen, jedoch dabei die gesetzlichen Bor
schriften der Konkursordnung gehörig beobachten. Behufs Ausmittclung und
Hcrbeischaffung der Aktivmasse muß er namentlich
1) die vom Gericht, oder dem Jnterimskurator zur Sicherung der Masse vorläufig
getroffenen Veranstaltungen gehörig fortsetzen;
2) für Aufnahme eines möglichst vollständigen Inventars Sorge tragen;
3) die zur Ausmittelung der Aktiv - und Passivmasse gehörenden Schriftstücke auf
suchen, gehörig ordnen, im Inventar «ollständig verzeichnen, und die blos über
den Zustand der Passivmasse sprechenden dem etwa besonders gewählten Kontra
diktor gegen Empfangsschein ausantwortcn;
4) sobald, als möglich, einen ohngcfähren Uebcrschlag über den Betrag der Aktiv
masse anfertigen, und ihn den Gläubigern vorlegen;
5) die Aktivmasse selbst, nach den verschiedenen Rubriken des Inventars, ohne allen
Zeitverlust ins Klare zu setzen bemüht sein,
6) für die Verwaltung und Versilberung der Masse und Einziehung der ausstehen
den Forderungen, allenfalls durch Klage, sorgen.')
') Der Konkurskurator ist jedoch als solcher und ohne Vollmacht derjenigen Gläubi
ger, welchen die Gesetze (§. 370, 371) das Recht beilegen, Schenkungen zu wi
derrufen, und lästige, zwischen dem Gcmeinschuldncr und seinem Ehegatten oder
ihren Verwandten in auf- oder absteigender Linie geschlossene Verträge anzu
fechten, nicht befugt'. — Plen.-Besch. des Geh. Obxr-Txib. »gm 2. Ju,»i 1840
I. M. B. S. 3Z4.
S7S
Zur Klage legltimirt ihn sowol bcim Konkursrichter, als bei andern Gerichten,
seine Bestallung. Besondrer Autorisation bedarf er zur Legitimation nicht, i ) Für
einen beim auswärtigen Gericht von ihm zu bestellenden Bevollmächtigten ist eine
von ihm ausgestellte Bollmacht ausreichend.
Ist ein Kurator kein Rechtsverständigerz so muß der Kontradiktor die Besor
gung der zur Einziehung der Forderungen und Kapitalien nöthigen Prozesse über
nehmen. — Z. 73—76, I. 50 A. G. O. Res. vom 1«. Juli 1824. Jahrb. 24, S. 135.
II. Bei Führung der Prozesse gegen die Gläubiger und die Schuldner
der Masse, bei Verwaltungsmasregeln, und bei Nachsuchung andrer gesetzlich begrün
deter Verfügungen kann der Kontradiktor und Kurator für sich, und ohne Rück
sprache mit den Gläubigern, jedoch immer unter Derektion des Gerichts das Erfor
derliche thun und veranlassen.
In Fällen jedoch, wo es sich um einen für die Masse oder für die dabei intc-
ressirendcn Gläubiger wichtigen und bedenklichen Gegenstand handelt, muß er dazu
den Beschluß der am Orte anwesenden, oder durch Bevollmächtigte vertretenen Gläu
biger, und falls nur einzelne derselben dabei inttressiren, ^) den Beschluß dieser ver
nehmen, und sich darnach achten. Abwesende, von denen auch keine Bevollmächtigte
bei den Akten angezeigt sind, werden für einwilligend in die Beschlüsse der Gegen
wärtigen geachtet. — Die Einholung dieses Beschlusses kann geschehen ^)
1) bei weniger wichtigen und bedenklichen Gegenständen in der Art, daß der Kura
tor die Lage der Sache in einem schriftlichen Aufsatze deutlich, richtig und be
stimmt vorträgt, diesen Aufsatz unter den gedachten Gläubigern zirkulircn läßt,
und sie auffordert, daß sie ihre Erklärungen dem Umlauf schriftlich beifügen;
2) bei besonders wichtigen und bedenklichen Gegenständen in der Art, daß der Ku
rator die anwesenden Gläubiger oder Bevollmächtigte zufammenfordert; ihnen
die Sache und den Fall, wovon die Frage ist, deutlich und umständlich vorträgt;
sein Gutachten darüber eröffnet; und ihre deutlich, bestimmt und der Sache ge
mäß abzugebenden Erklärungen zu dem über die ganze Verhandlung aufzuneh
menden Protokoll niederschreibt.
Den Umlauf nebst den, Erklärungen, oder das Protokoll und den einladenden
Umlauf, muß der Kurator oder Kontradiktor dem Gericht übergeben, und auf wei
tere Verfügung oder Genehmigung antragen.
Das Gericht muß, wenn die Gläubiger nicht einig sind, auf die Mehrheit der
stimmenden Gläubiger, welche jedoch nicht nach der Personenzahl, sondern nach den
liquidirtcn, oder im etwa bereits ergangenen Klassifikationsurtel angefetzten Forde
rungen berechnet wird, sehen. Wenn keine entscheidende Mehrheit vorhanden, muß
das Ermessen des Richters den Ausschlag geben: nach welchem von den verschiede
ne» Anträgen die Sache regulirt werden solle.
Bevollmächtigte der Gläubiger bedürfen zu den unter 1 und 2 erwähnten Er
klärungen besondre Vollmachten nur dann, wenn überhaupt gesetzlich zu einer ge
wissen Handlung Spezialvollmacht nöthig ist, oder wenn von klaren Vorschriften
der Konkursordnung abgewichen werden soll. — Z. 77—85 a. a. O.
III. Der Kurator darf sich mit unmittelbarer Erhebung der zur Masse

1) Er bedarf auch zur Aurü'ckschiebung der ihm So ignorsntis angetragenen Eide


keiner Autorisation. — Res. vom 5. Mai 1828. Jahrb. 31, S. 274.
2) Z. B. wenn es sich um die Verkaufsbedingungen eines zu fubhastircnden Grund
stücks handelt, so gnügt die Zuziehung der RealglSubiger.
Das Res. vom 6. April 1840 bezeichnet als einen solchen zur Berathung zu
stellenden Fall, wenn es sich um vorläufige Befriedigung von Gläubigern han
delt, deren Forderung anerkannt ist, und nach Lage der Sache unhezweifxtt zur
Hebung kommt. I. M. B. S. ISS.
577
fliessenben Gelder nur dann befassen, wenn ihm dies von den Gläubigern, mit
oder ohne Kaution, ausdrücklich übertragen worden. In andern Fällen muß er die
Zahlenden an das Konkursgcricht weisen, und bei diesem den Annahmebefehl bean
tragen. Doch kann er in diesen Fällen aus den zuerst eingehenden Geldern einem
verbältnißmässigen Vorschuß zur Bestreitung der Auslagen und Kosten, gegen künf
tige Berechnung, sich zahlen lassen.
Eine Vereinigung der Gläubiger, daß die zur Masse gehörenden Gelder nicht
in gerichtliche Verwahrung kommen, sondern vom Kurator erhoben und bis zur
Vertheilung aufbewahrt, oder belegt werden sollen, findet nur nach abgehaltenem
Liquidationstermine, und nur in so fern statt, als sämmtliche Gläubiger einwilligen.
Bevollmächtigte der Abwesenden müssen dazu ausdrückliche, darauf gerichtete Spe
zialvollmacht ihrer Parteien beibringen. — K. 86—88 a. a. O.
IV. Der Kurator muß den Gläubigern von seiner geführten Verwaltung Rede
und Antwort geben, und über die durch seine Hände gehenden Gelder Rechnung le
gen. Diese Rechnungslegung erfolgt in der Regel dann, wenn am Ende des
Konkurses zur Vertheilung der Masse geschritten werden soll. Doch kann bei län
gerer Dauer des Konkurses, und wenn die Einnahmen, besonders bei den unter II.
des vorigen K erwähnten Bcikuratoren beträchtlich sind, die Rechnung am Ende je
den Jahres gefordert werden. Auch steht den Gläubigern frei, dem Kurator bei
seiner Bestellung ausser der Hauptrcchnung noch die Einreichung gewisser vorläufiger
und spezieller Ausweise in kürzeren Zwischentcrmincn, als monatlich, vierteljährig u.
s. w., nach bewandten Umständen, z. B. wenn von Administration einer Handlung
die Rede ist, vorzuschreiben.
Bei der Nechnungsabnahmc kommt das für Rechnungssachcn überhaupt vorge
schriebene Verfahren zur Anwendung, und es sind dabei die Glaubiger zuzuziehn. —
Z. 90, 91 a. a. O.

Vom Amt des Dezernenten und Deputirtcn, und von Sonderung


der Akten.
§. 377. I. Zur Leitung und Führung des Konkursprozesses muß ein besondrer
Dezernent, und ein besondrer Deputirter ernannt werden.
Der Dezernent besorgt die zur Aktiv- sowohl, als zur Passivmasse gehört-,
gen Vorträge und Verfügungen. Gehören Kaufmannshandlungen oder Landgüter
zur Masse; so ist bei Auswahl des Dezernenten so viel, als möglich, ein solcher
Richter zu wählen, welchem von dergl. Angelegenheiten einige Sachkenntnis; beiwohnt. —
Der Dezernent muß den Kurator und Kontradiktor in beständiger Aufmerksamkeit
erhalten, und dieselben in Allem, was zum ordentlichen und schleunigen Betriebe der
Sache erforderlich, oder zur Sicherheit der Gläubiger nöthig ist, mit nähere» An
weisungen versehen. Er muß auch für möglichst schleunige Beendigung des Kon
kursprozesses sorgen.
Zum Amt des Deputirtcn dagegen gehört die Abhaltung des Liquidations
termins, und die Instruktion der an die Masse gemachten Ansprüche. Er muß da
hin streben, daß jener vorschriftsmässig abgehalten, und die SpezialProzesse gründ
lich, vollständig und schleunig zum Endurtel reif werden. — 95—96 a. a. O.
II. In jedem Konkurse müssen die Verhandlungen und Verfügungen, welche
die Passivmasse, die Aktivmasse und die einzelnen Liquidste betreffen, gehörig geson
dert werden, so daß besondre Gcneralakten für die Aktivmassc, besondre für die
Passivmasse, und besondre Spezialakten für jedes einzelne zur Instruktion kom
mende Liquidat angelegt werden müssen. Die Subhastation der Grundstücke erfolgt
getrennt von dem Konkurse. Es versteht sich daher von selbst, daß sie in besonder,.
578
Akten geschieht. — Ebe» so sind besondre Akten für die Vertheilung der Masse an
zulegen. - §. 93, 136, 489 fg. 683, I. 5«. z. 43, III. 5 A. G. O.

Dritter Abschnitt.
Bon «««Mittelung »nd Festste«««« der «ktivmasse.
Siegelung.
Z. 378. Zu dm sogleich nach Konkurseröffnung vom Richter Behufs Siche
rung der Aktivmasse von Amtswegen vorzunehmenden Verfügungen gehört
I. die Siegelung des gesammten Mobiliarvermögens und drr
Brieffchaften des Gemeinschuldners. Sie ist einem Referendar oder Sckrctair
aufzutragen. Ist bekannt, daß Schuldner dergl. Vermögen auch ausserhalb des Gc-
richtsbezirks, oder an entferntem Orte habe, so muß ein in der Nahe befindlicher
Justizbeamter mit Siegelung beauftragt, res«, darum ersucht werden.
Was das Verfahren bei der Siegelung betrifft; so muß
1) der Kommissarius, welcher sie in einem Wohnhause verrichtet, die einzelnen
Behältnisse an Schränken, Kasten, Kommoden, Kassetten, u. s. w., worin Geld,
Silberwerk, Kleider, Wäsche, Dokumente u. dgl. befindlich sind, jedes besonders
versiegeln ; hicrnächst an die Thurm der Zimmer, Kabinette oder Kammern, worin
sie stehen, ebenfalls die Siegel gehörig befestigen ; den Hausrath und andre Stücke,
die nicht besonders versiegelt werden können, so viel als möglich, in ein Simmer
oder eine Kammer zusammenbringen lassen, und die Zugänge dazu mit dem
Siegel verschlussen; sowol dem Gemeinschuldner, als seiner Familie und Gesinde
die Unverletzbarkeit dieser Siegel, und die mit deren Erbrechung verbundenen
Strafen bekannt machen;') Jemanden im Hause die spezielle Aufsicht darüber
mit der Anweisung, jede daran bemerkte Verletzung dem Gericht sofort zu mel
den, anvertrauen i übrigens aber, wenn das eine oder andre Stück zum not
dürftigsten Gebrauche de« Hauses ausser der Sperre gelassen werden müßte,
über dergl. Stücke ein Verzeichniß aufnehmen, und gleichergcsralt Jemanden im
Hause die besondre Aussicht deshalb übertragen.
2) Ist der Gemeinschuldner ein Kaufmann, Fabrikant, oder ein in ausge
breitetem Berkehr stehender Handwerker; so muß die Fortsetzung der
Handlung resp. des Gewerbes durch die Siegelung nicht sofort gänzlich gehemmt
werden. Es müssen daher zwar das Mobiliarvermögen, des GemeinschulbnerS,
dessen Haupthandlungsbücher und Korrespondenz in Beschlag genommen, dage
gen aber das Waarenlager, die zur Fabrik gehörigen Untmsilien, und die vor
handenen rohen Materialien ausser Sperre gelassen, und einem sogleich zu bestel
lenden Administrator zur einstweiligen Fortsetzung des Betriebe« der laufende»
Geschäfte nach einem davon aufzunehmenden Verzeichnisse übergeben werden. —
Zu einem solchen Administrator muß das Gericht ein zuverlässiges und sachkundiges
Subjekt auswählen und verpflichten, dabei aber vorzüglich auf den bei der Hand
lung oder Fabrik etwa schon angestellten Disponenten oder Handlungöbedienten,
so wie bei einem Handwerker auf den tüchtigsten Gesellen Rücksicht nehmen.

') Wer aus Muthwillen solche Siegel abreißt, den trifft nach Beschaffenheit seines
Alters, Standes, Vermögens und des verübten Muthwillens, körperliche Züchti
gung, Strafarbcit, Gefängniß auf 4 Wochen vis 1 Jahr oder vrrhältnißmäsfige
Geldstrafe. Ist damit ein andres Verbrechen, z. B. Diebstahl verknüpft, so
kommen die Strafen dieses andern Verbrechens zur Anwendung. — Z. l96, l.
SO A. G. O. §. 21« Str. R.— Res. vom 4. Juni 179S. Rabeö, S. 184.
579
Das Gcricht aber muß dcn Administrator, wegen Fortsetzung des Geschäfts in
den §. 381, II. vorgeschriebenen Schranken, mit der nöthigcn Anweisung versehen.
3) Wenn der Konkurs über das Vermögen eines Kaufmanns oder Fabrikanten
während der Meß- oder Jahrmarktzcit ausbricht; so sollen die zum
Verkauf dahin gebrachten Waaren nicht versiegelt, sondern deren Dcbit gestattet,
dem Gemeinschuldncr aber vom Gcricht ein Aufseher zugeordnet werden, welcher
beim Verkaufe gegenwärtig fein, darauf Acht haben, daß die Waaren nicht zum
Nachtheil der Gläubiger unter dem Preist verschleudert werden, Alles genau
und treulich vermerken, die gelösten Gelder in Empfang nehmen, und sie täglich,
so wie sie eingehen, ins gerichtliche Depositum abliefern muß.
4) Bei Siegelung auf Landgütern muß der Kommissarius
s) wenn der Gemcinschuldner das Gut selbst verwaltet, in Betreff der im Wohn
haust befindliche» Mobilien, Effekten und Briefschaften gemäß Nro. 1 ver
fahren; sich vom Wirthschaftsbeamten dcn letzten Monatsschluß vorlegen las
sen; dcn Kassenbestand rcvidiren; davon nicht mehr, als zur Fortstellung der
Wirtschaft nothwendig ist, zurücklassen, und das Ucbrige zum Deposits ein
senden; die Getraideböden nachsehen, und das darauf befindliche Gctraidc
übermessen lassen; davon so viel, als zur Wirthschastsnothdurft erforderlich
ist, absondern, und dem Beamten zur Administration und Berechnung über
geben; das Ucbrige aber in den Behältnissen, worin es sich bcfindct, glcichcr-
gcstalt versiegeln; sich das Jnvcntarium über das vorhandene Vieh und
Wirthschaftsgcräthe aller Art vorzeigen lassen, und Abschrift davon nehmen;
wenn dcrgl. Inventar nicht vorhanden, ein vollständiges Vcrzeichniß darüber
anfertigen; übrigens dcn Beamten anweisen, daß er nunmehr die Wirlh-
schaft für Rechnung der Gläubiger fortzusetzen habe, und daraus weder et
was an Gclde, noch Naturalien, bei eigner Vertretung, an den Gemeinschuld
ncr und desscn Familie verabfolgen müsse. In Betreff der kleinen Pächte
und Zinsen muß der Kommissarius sich von den Verpflichteten die letzten
Quittungen vorlegen lassen, um daraus den Zeitpunkt des Rückstandes aus-
zumittcln, und jenen die fernere Zahlung an dcn Gemcinschuldner untersagen.
b) Gleiches muß geschehen in Betreff der Pachtzinsen, wenn das Gut verpach
tet ist, nachdem Kommissarius die Siegelung des auf dem Gute etwa befind
lichen Mobiliarvermögcns des Schuldners vollzogcn hat.
e) Stcht das Gut bereits unter gerichtlicher oder landschaftlicher Verwaltung;
so bedarf es nur der Siegelung der nicht zum Gute, sondern zum Mobiliar-
vermögcn des Schuldners gehörigen Effekten. Der verwaltenden Behörde
wird übrigens vom Konkurse Äenntniß gegeben.
5) Bei Siegelung i» städtischen Grundstücken wird zugleich den Mechern die fer
nere Zahlung der Mierbe an den Gemeinschuldncr untersagt.
6) Der Kommissarius muß überhaupt alle Sorgfalt und Vorsicht anwenden, daß
dem Gemcinschuldner keine Gclcgcnhcit übrig bleibt, etwas zur Masse Gehöriges
den Gläubigern zu entziehen.
7) Endlich muß über das Geschäft der Siegelung, und Alles, was dabei vorgefal
len ist, ein vollständiges Protokoll aufgenommen, darin besonders, was für Be
hältnisse versiegelt, und wie viel Siegel angelegt worden, richtig bemerkt, und
das Protokoll hicrnächst dem auftragenden Gericht eingereicht werden. — H. 194—
203 u. Anh. §. 334, 335, I. S« A. G. O.
Beschlagnahme ausstehender Forderungen, und offener Arrest.
K. 379. Ferner gehört dahin II. die gleichzeitige spezielle Aufforde
rung aller derer, welche nach Inhalt des Vermögensverzeichmsses oder sonstiger
580
Nachrichten, dem Gemeinschuldner etwas zu zahlen oder abzuliefern haben : die Zah
lung oder Ablieferung nicht an ihn, sondern in das gerichtliche Depositum oder an
den von den Gläubigern oder dem Gericht bereits anderweit bestellten Empfanger
zu leisten;
widrigenfalls sie zu gewärtigen hätten, daß selbige für nicht geschehen ge
achtet, und von ihnen anderweit bcigetrieben') werden solle.
An mehre, an ein und demselben Orte sich aufhaltende, Schuldner der Masse wird
diese Aufforderung mittelst Kurrende erlassen. Auch wenn später nach aufgenomme
nem Inventar sich Schuldner der Masse finden, an welche diefe Aufforderung noch
nicht ergangen, muß sofort von Amtswegen diefe Inhibition an sie ergehen. — Z. 204,
205. z. 225, 233 a. a. O.
III. Endlich muß von Amtswegen der offene Arrest erlassen werden,
in sofern dies nicht etwa schon gemäß ß. 367, II. Nro. 3 geschehen ist, in welchem
Falle es keiner Wiederholung desselben bedarf.
Der offene Arrest besteht in der öffentlichen Aufforderung Aller derer,
welche vom Gemeinschuldner etwas an Gelbe, Sachen, Effekten oder Briefschaften
Hinter sich haben:
demselben nicht das Mindeste davon zu verabfolgen, vielmehr dem Gericht
davon getreu Anzeige zu leisten, und die Gelder oder Sachen, jedoch mit
Vorbehalt ihres Rechtes daran, ins gerichtliche Depositum abzuliefern;
mit beigefügter Warnung:
daß, wenn dennoch dem Gemeinschuldner etwas gezahlt oder ausgeantwor
tet würde, dieses für nicht geschehen geachtet, und zum Besten der Masse
anderweit beigetrieben z wenn aber der Inhaber solcher Gelder oder Sa
chen dieselben verschweigen oder zurückhalten sollte, er noch ausserdem eines
jeden daran ihm zustehenden Unterpfands- und andern Rechts für verlu
stig erklärt werden würde.
Die Bekanntmachung des offenen Arrestes erfolgt durch Aushang an Gerichtsstclle,
und bei Massen von mehr als 1000 Thlr. durch dreimalige, bei Massen von IVO«
Khlr. oder weniger durch einmalige Einrückung in das Jntelligenzblatt,
oder bei dessen Ermangelung in den Anzeiger des Amtsblatts.
Die vorstehend angedrohte Strafe des Verlustes ihrer Rechte trifft die unbe
kannten Inhaber, wenn sie die Ablieferung bis spätestens zum Liquidationstermine
nicht leisten, die bekannten Inhaber aber, wenn ihnen ein hinlänglich geräumiger
Termin zur Ablieferung gefetzt worden, und sie dennoch nicht gnügen.
Nur das Addreßhaus zu Berlin, die mit den Bankkomptoirs ver
bundenen Lombards, die öffentlichen Pfandlcihanstalten, und die See-
handlungssozietät, sind zur Herausgabc der ihnen verpfändeten Gegenstände,
ohne Auslösung derselben, nicht verpflichtet. Sie können dieselben vielmehr Behufs
ihrer Befriedigung gewöhnlichermasfen öffentlich verkaufen. — Z. 206—210 Anh.
Z. 34«, I. 50 A. G. O. — Z. 2 Verord. vom 28. Deccmber 1840. — Res. vom
9. und 24. Juni 1799 und Rgl. vom 26. April 1692. Rabe 5, S. 477.— g. 11
Cab.-O. vom 2«. Juni 1826 GS. S. 81. — §. 2« Rgl. vom 8. Febr. 1834 GS.
S. 23. — Res. vom 23. Januar 18«1. Cab.-Ord. vom 19. Juli 1806. Gröff,
Koch :c. III. S. 1054. — Cab.-O. vom 2«. Mai 1826 und 31. Januar 1827
GS. 182S S. 44. 1827 S. 24.
') Es versteht sich von selbst, daß dieser Beitreibung die Klage vorausgehen muß,
da sofortige Exekution sich durch Nichts rechtfertigen liesse. — Ref. vom 27.
Februar 1817. Jahrb. 9, S. 15.
581
Verkauf verderblicher und dergleichen Sachen und Inventur.
Z. 380. Die ftrncrc» zur Feststellung der Aktivmasse nöthigen Verfügungen
muß der inzwischen bestellte Kurator veranlassen. Das Gericht kon-
trollirt ihn dabei, und wacht über unablässigen Betrieb der Sache. Demnach muß
der Kurator
l. vor Allem Sorge tragen, daß Effekten, die entweder bei fernerer Aufbewah
rung dem Verderben ausgesetzt sein, oder deren längere Beibehaltung der
Masse unnütze Kosten verursachen würde, z. B. Kutsch- und Reitpferde, in
einem anzuberaumenden, und so viel die Zeit erlaubt, zur Wissenschaft des Publi
kums zu befördernden nahen Termine gerichtlich versteigert; die Bedienten und Do
mestiken des Gemeinschuldncrs aber, deren Beibehaltung nicht etwa zur Verwaltung
der Masse nothwendig ist, ihrer Dienste entlassen werden.') — §. 211—213, I.
S« A. G. O.
II. Ferner muß unter seiner Zuziehung von einem gerichtlichen Kommissariuö
ein vollständiges, nach Art der Nachlaßinventaricn gefertigtes Vermögens-
verzeichniß aufgenommen werden. Dabei muß,
1) wenn der Gemeinschuldner ein öffentliches Amt bekleidet, der ihm vorgesetz
ten Behörde von der bevorstehenden Inventur Nachricht gegeben, und dieser
überlassen werden: ob sie ihrerseits einen Mitkommissarius dazu ernennen wolle.
Dieser ist dann bei der Inventur vom gerichtlichen Kommissario mitzuzuziehn,
und ihm sind alle nach seinem Befinden zum Amte des Gemeinschuldncrs gehö
rigen Schriften, Bücher, oder andre Utensilien, nach einem darüber aufzunehmen
den Verzeichnisse zu verabfolgen.
Eben so müssen, wenn Gemeinschuldner eine Militairpcrso n ist, alle dem
Regimente oder der Eompagnie verbleibenden Sachen, so wie die den Dienst be
treffenden Rechnungen und Briefschaften der Militärbehörde zugestellt werden. —
Z. 2i4, 215, 692 a. a. O.
2) Gehört eine Handlung zur Masse; fo bedarf es darüber, der Regel nach,
keiner besonder« Inventur; sondern es dürfen, wenn ordentlich geführte Hand
lungsbücher da sind, nur diese vom Kurator mit Zuziehung de« Buchhalters,
oder in dessen Ermangelung, eines andern Handlungsbedienten, gehörig abge
schlossen, und die Extrakte und Balanzen daraus zu den Akten gebracht; die
Bestände und Lager nach diesen Extrakten revidirt, und so vom Kurator über
nommen werden. — Sind keine oder nicht ordentlich geführte Bücher da, so
muß der Kurator, unter gleichmässigcr Zuziehung des oder der Handlungsbedien
ten des Gemeinschuldncrs, das Jnventarium der Handlung nach kaufmännischer
Art errichten, und zu den Akten einreichen. — Z. 216 a. a. O.
3) Dem Gemeinschuldner muß bei Gelegenheit der Inventur, wenn er am
Leben und anwesend ist, auch den Eid noch nicht geleistet hat, der Manife
stationseid abgenommen werden. Auch dessen Ehegatte, erwachsene Kinder,
und Gesinde müssen ihn leisten, wenn der Kurator oder auch einzelne Gläubiger
darauf antragen. — Z. 217 a. a. O.
') Gesinde, welches monatlich gemiethet wird, kann, wenn der Konkurs vor dem
15. ausbricht, mit Ende des Monats, sonst aber erst Ende des folgenden Mo
nats, und wenn es auf länger gemiethet ist, sofern der Konkurs vor der Kün-
digungszeit eröffnet ist, mit Eintritt der nächsten Ziehzeit entlassen werden. Er
folgt jedoch im letzten Falle die Konkurseröffnung nach der Aufkündigungszeit z
so muß das zur häuslichen Verrichtung bestimmte Gesinde das baare Lohn, je
doch ohne Kost oder Kostgeld für das nächstfolgende Vierteljahr als Entschädi
gung für verspätete Aufkündigung erhalten; das zur Landwirthschaft gebrauchte
Gesinde aber noch für das nächstfolgende Jahr beibehalten werden. — §. 101—
108 Ges.-O. vom 8. November 181«.
582
4) Dem Gemeinschuldncr sind, softrn er nicht als Bankerutirer zur Untersuchung
und zur Haft gezogen ist, die zum täglichen Gebrauch und nicht zur Pracht ge
hörenden Kleidungsstücke und das nöthige Bettwcrk zu lassen. Auch
die Frau und Kinder behalten die von jenem erhaltene, nach ihrem Stande un
entbehrliche Kleidung, Leibwäsche, Betten und andere Mobilien, die nicht als
Juwelen, Gold, Silber, Perlen, Kanten oder sonst zur Pracht gehörig anzusehn.—
z. 2l«, 315 a. a. O. B. vom 13. Oktober 1843 GS. S. 336.
ö) Nehmen bei der Inventur Familienmitglieder oder Andre gewisse Sachen oder
Effekten, als ihr Eigcnthum, in Anspruch; so müssen diese dennoch ver
zeichnet, und darüber, wenn ihrer mehre sind, eine besondre Konsignation ange
fertigt; der Ansprechende aber muß über Bescheinigung seines Rechts vernom
men, die Sache sodann ans Gericht verwiesen, die beanspruchten Stücke dürfen
jedoch nicht verabfolgt werden. — Das Gericht vernimmt den Kurator und die
Gläubiger über dergleichen Ansprüche, und gibt, wenn sie anerkannt werden, die
beanspruchten Sachen ungesäumt dem Ansprechenden; verweist dagegen diesen,
wenn sich ein Widerspruch findet, mit der weitern Ausführung zum Liquida
tionstermin.
Bei dem hicrnächst eintretenden Berkauf der Mobilien müssen,
s) wenn Jntcrvcnicnt sein Eigenthumsrccht inzwischen cinigcrmasscn bescheinigt
hat, die streitigen Stücke zurückgesetzt und aufbewahrt;
b) sonst aber versteigert, die gelösten Gelder im Protokoll besonders verzeichnet,
und wenn Jntervcnient demnächst obsiegt, ihm dieselben unverzüglich, und
ohne Abzug ausgezahlt werden. — Verlangt jedoch Jntcrvenicnt im Falle zu
K die Aussetzung des Verkaufs wegen eines der Sache beiwohnenden Werths
der besondern Vorliebe ausdrücklich; so ist ihm, jedoch auf seine Gefahr und
Kosten zu willfahren.
Auch in andern Füllen muß Jntcrvmicnt, wenn auf seinen Antrag Sa
chen nicht bei der allgemeinen Auktion verkauft worden, und nachher beson
ders verkauft werden mußten, die Kosten der besondern Auktion tragen. —
z. 219-221, l. 50 A. G. O.
6) In Ansehung der ausstehenden Forderungen müssen der KommissariuS
und der Kurator aus den vorhandenen Dokumenten und Schriften, so genau,
als möglich, und als ohne gar zu grossen Zeitverlust geschehen kann/ ouszumit-
teln suchen:
welche davon liquid und sicher, welche zweifelhaft, und welche offenbar
verloren und inexigibel sind?
Nach Kiefen drei Klassen müssen die Aktiva im Inventar sorgfältig von einan
der abgesondert werden. — §. 222 a. a. O.
7) Nach geschlossener Inventur muß der KommissariuS die vorgefundenen baarcn
Gelder, Juwelen, Pretiosen, Silberzeug, und andre kostbare Sachen; desgl. die
Schuldurkunden über ausstehende Forderungen, nach einem mit Bezug auf die
Titel und Nummern des Inventars aufzunehmenden Verzeichnisse, ins gericht
liche Depositum abliefern; die übrigen beweglichen Sachen und Schriften
aber dem Kurator übergebe». Dieser hat für fernere sichere Aufbewahrung der
erster« zu sorgen; letztere aber durchzugehen, damit er bei Ausmittelung und
Feststellung der Aktivmasse, so wie bei Erwiderung auf die an die Masse ge
machten Ansprüche gehörigen Gebrauch machen, falls aber ein bcfondrer Kon-
tradiktor bestellt ist, diesem die auf die gemachten Ansprüche bezüglichen Schrif
ten zum nöthigen Gebrauch verabfolgen könne. — §. 223, 224 a. a. O.
58Z
Feststellung der Masse I) durch Versteigerung der Mobilicn; und
2) ins Besondre bei Kaufmannshandlungen, Fabriken u. dgl,j
§. 3SI. Auf Grund des aufgenommenen Inventars muß der Kurator die Fest
stellung und Beitreibung der Aktivmasse ferner gehörig besorgen. Er muß deshalb
I. aus Versteigerung des Mobiliarvermögens antragen, und die etwa
erforderlichen Maasgabcn wegen Zeit und Art der Versteigerung, und wegen deren
öffentlichen Bekanntmachung in Vorschlag bringen.
Auch Juwelen, Kostbarkeiten, wcrthvolle Schildcreien, Kunststücke und seltene
Münzen werden, wie andre bewegliche Sachen, im Wege der Auktion verkauft. Glei
ches gilt von Stromkähnen, die nicht zur Frachtschifffahrt dienen.
Der versteigernde Kommissarius muß, zur unmittelbaren Ablieferung der gelö
sten Gelder ins gerichtliche Depositum, angewiesen werden.
Gold und Silber darf niemals unter der nach dem Gewichte bestimmten Taxe
verkauft; sondern es muß, wenn in der Aukiion nicht so viel geboten wird, zur
Münze, gegen Bezahlung der bei dieser angenommenen Sätze, geliefert werden. —
K. 226—232, I. S« A. «. R. — z. 1 des Subh. Ges. vom 4. März l«34 GS.
S. 39. Res. vom 6. Juni 1«!5. Jahrb. 5, S. 34.
II. Gehört eine Handlung, eine Fabrik oder ein ausgebreitetes
Gewerbe zur Masse, deren vorläufige Fortsetzung bei der Siegelung zur Vermeidung
von Nachtheile» angeordnet ist (378 Nro. 2)z so muß der Administrator und der
Jntcrimskurator dieselbe so viel als möglich im gewöhnlichen Gange zu erhalten
suchen. Inzwischen muß in dem zur Wahl des Kurators anstehenden oder in einem
besonders anzusetzenden nahen Termin zwischen dem Kurator und den persönlich
oder durch Bevollmächtigte anwesenden Gläubigern unter Direktion des Gerichtsde-
putirten überlegt und verabredet werden:
ob das Waarcnlager sofort gerichtlich entweder in Pausch und Bogen,
oder einzeln verkaust, oder
ob die Handlung, um die Waarcn nach und nach mit minderem Verlust
in Geld zu setzen, oder aus andern Ursachen, noch eine Zeit lang fort,
gesetzt, wem dann die unmittelbare Führung derselben aufgetragen; was
ihm dabei für Schranken und Verhaltungsregeln, wegen der Art seiner
Verwaltung, Ablieferung der Verkaufsrechnungen und Gelder, oder sonst
vorgeschrieben; ob die Aufsicht über ihn ausser dem Kurator zugleich
einem oder mehren am Orte gegenwärtigen sachverständigen Gläubigern
übertragen; ob, wie oft, und in welcher Art, Revisionen vorgenommen,
und was etwa sonst noch für Bestimmungen zur Sicherstellung und För
derung des Interesse der Gläubiger festgesetzt werden sollen; endlich wa<
dem Administrator für eine Belohnung zu bewilligen sei?
Der Kurator muß demnächst den getroffenen Bestimmungen nachkommen, und dar
über wachen, daß der Administrator bei Fortsetzung des Geschäft« in den beschlösse«
«en Grenzen handle. Ist daher nicht ein Andres beschlossen; so darf er keine neue»
Geschäfte anfangen, keine Wechsel ausstellen und akzeptiren, noch weniger aber, aus
ser dem Arbeitslohn für die von den Arbeitern inzwischen etwa fertig abgelieferte»
Waaren, an die Gläubiger Zahlung leisten. Er muß sich begnügen, die schon an,
gefangenen Geschäfte gehörig zu Ende zu bringen, die in der Arbeit befindlichen
Waaren fertig machen zu lassen, und den Verkauf der fertigen Waaren auf Mes
sen, Jahrmärkten oder sonst für baorcs Geld, keineswegs aber auf Kredit, fortzusetzen.
Der Administrator ist befugt, die ausstehenden Forderungen') einzuzieh«, utid
') Versteht sich von selbst nur die Forderungen, welche aus dem von ih« vMval-
tetm Geschäfte vor ihm und durch seine Verwaltung entstanden find.
384
darüber zu quittiren. Doch muß er die Gelder, so weit sie nicht zur Fortsetzung
des Geschäfts nöthig sind, unverzüglich zum gerichtlichen Depositum abliefern. Nur
einen Borschuß zum Betriebe des Geschäfts kann er zurückbehalten, auch, wenn so
viel Geld nicht eingeht, als nöthig ist, gerichtliche Autorisation erlangen, um unter
Zuziehung des Kurators ein Darlehn aufnehmen zu können.
Der Administrator kann auch, fo oft es die Geschäfte erfordern, die in Be
schlag genommenen Handlungsbücher und Korrespondenz, im Beisein des Kurators,
oder des ihm bestellten Aufsehers oder eines Gerichtsmitgliedes, einsehn.
Einer besondern Kautionsleistung Seitens des Administrators bedarf es in der
Regel nicht. Dagegen muß ihm aber das Gericht, ausser dem Kurator, allemal einen
besondcrn Aufseher aus der Zahl der am Orte wohnenden Gläubiger, oder, wenn
sich unter diesen kein fähiges Subjekt findet, einen andern Sachverständigen beiord
nen. Diesem liegt ob, die Verwaltung des Administrators ununterbrochen zu kon-
trolliren, besonders aber mit Zuziehung des Kurators von Zeit zu Zeit, und wenig
stens wöchentlich ein Mal, dessen Kasse zu revidiren, für Ablieferung der eingegan
genen, zum Betriebe des Geschäfts nicht nöthigen Gelder ans Depofitorium, zu sor
gen; überhaupt aber in allen vorkommenden zweifelhaften Fällen dem Administra
tor mit Rath und Gutachten zur Hand zu gehen.
Die Belohnung des Administrators setzt, wenn sie in obigem Termine nicht be
stimmt ist, das Gericht fest. Dies erthcilt auch dem Administrator über seine Ver
waltung die nöthige Anweisung.
Liegt der Fall vor, in welchem während der Messe oder des Markts Konkurs
über das Vermögen eines Kaufmanns ausbricht. So muß schleunig Termin zur
Berathung des Jnterimskurators und der anwesenden Gläubiger oder Bevollmäch
tigten über Fortsetzung oder Nichtfortsctzung des Geschäfts angesetzt werden, damit
im ersten Falle die Messe oder der Markt noch zum Einkauf von Materialien oder
Maaren benutzt werden kann. — §. 239—24«. Anh. §. 336-339, 348, 1. 5« A. G. O.
3) Durch Einziehung der Forderungen, Besoldungen und Pensionen;
§. 382. III. Der Kurator muß ferner I) dafür sorgen, daß die ausstehen
den Forderungen, so wie der abzugsfähige Theil der Besoldungen,
Pensionen, oder a. dergl. Hebungen zur Zeit der Fälligkeit ins gerichtliche
Depositum oder an den von den Gläubigern etwa bestellten besonderen Empfänger
gezahlt werden.') Mit den Schuldnern der Masse muß er deshalb in Korrespon
denz treten. Widerspricht einer derselben der an ihn gemachten Forderung; so muß
der Kurator davon und den Gründen des Widerspruchs, ingleichen von den Vermö
gensumständen des Schuldners, so viel er davon hat erfahren können, mit Beifü
gung seines Gutachtens dem Gericht Anzeige machen, und weitere Anweisung er
warten. Findet das Gericht die Sache zur weiteren rechtlichen Erörterung geeignet;
so weist es den Kurator, im Falle des §. 376, I. den Kontradiktor, zur Anstellung
der Klage wider den Schuldner bei dessen kompetenten Richter, an. — Erachtet das
Gericht die sofortige Ausklagung einer solchen Schuld für bedenklich, weil wegen
ihrer Richtigkeit wichtige Zweifel und Anstände vorhanden; oder Schuldner annehm
liche Vergleichsvorschläge gemacht hat; oder dadurch beträchtliche Kosten zu besorgen,
und nach den Vermögensumständen des Schuldners wenig Hoffnung zur Beitrei
bung vorhanden ; so muß nach Berufung der Gläubiger gemäß S. 376, II. ihre Er
klärung erfordert, und darnach das Weitere vom Gericht verfügt werden.
2) Damit das Gericht und die Gläubiger unterrichtet und versichert seien, welche
N85
Forderungen eingegangen oder nicht; in welcher Lage sich die desfalsigcn Prozesse be-
finden z und daß dieselben gehörig betrieben werden: so muß der Kurator darüber
alle Monate einen deutlichen Bericht, Post für Post, mit Beziehung auf
die Nummern des Inventars, von Amtswegen und unaufgefordert abstatten.
ö) Der Kurator muß auch wegen zinsbarer Unterbringung der zum
Depositum stiessenden Gelder Anträge formiren, und nöthigenfalls deshalb die Gläu
biger befragen. — z. 233-237. §. 24«, l. 5« A. G. O. — Cob.-Ord. vom 3.
Mai l«21 GS. S. 4«.

4) durch Verwaltung und den Berkauf der unbeweglichen Sachen


und der Frachlschiffe.
8. 383, IV. Endlich muß der Kurator ^, für Verwaltung der zur Masse ge
hörenden Immobilien und Frachtschiffe, und L in sofern dieselben verkäuflich sind, > )
für deren Verkauf sorgen.
Zu ^ Die Einleitung und Fortführung der Administration der
unbeweglichen Sachen und der Frachtschiffe geschieht im Konkurse in derselben Art,
wie bei den im Erekutionswcge eingeleiteteten Vermaltungen. Dabei ist hier nur
folgendes zu bemerken:
1) Die Administration städtischer, bäuerlicher und solcher Landgüter, welche zu kei
nem Kreditverbande gehören, erfolgt gerichtlich; die Administration bepfandbrief-
ter Landgüter durch die betreffende Kreditdirektion. Dieser muß deshalb bei Be
kanntmachung des eröffneten Konkurses zugleich angedeutet werden, daß die Ueber«
schüsse der Rcvenücn entweder an den von den Gläubigern bestellten Emrfän«
gcr, oder unmittelbar ins gerichtliche Depositum abzuführen sind.
2) Bei solchen von der Kreditdircktion geleiteten Administrationen hat daher d«S
Konkursgericht keine unmittelbare Mitwirkung. Es zieht nur die von jener zu
gesendeten Rcvenüenüberschüssc ein; vernimmt, wenn über einen oder den andern
dabei vorkommenden Umstand die Erklärung der Gläubiger verlangt wird, die
bei der Sache intcressircnden Gläubiger; und gibt der AVministrationsbehörde
davon Nachricht. Diese muß aber bei der Administration den Kurator, welcher
dabei das Interesse der Masse ebenfalls wahrzunehmen hat, vorkommendenfalls
und namentlich bei Einrichtung der Sequestration, und bei Abnahme der Rech
nungen zuziehen. 2)
3) Hat der Gemeinschuldner sich zur Guterabtretung gehörig qualifizirt; so muß
das Gericht die Gläubiger zu bewegen suchen, daß sie demselben im Hause, bis
zum Verkaufe desselben, die Wohnung, und zwar, wenn es ein Landgut ist, un
entgeltlich, wenn es ein Haus in der Stadt ist, gegen eine leidliche Micthe ver
statten. Sobald aber ein solcher Schuldner die ihm zugedachte Wohlthat mis-
braucht, indem er entweder in der Wirtschaft sich Verfügungen anmaßt, und
Störungen macht, oder gar etwas von den Einkünften zum Rachthcil der Gläu
biger an sich zu ziehen sucht; so muß er auf die erste Anzeige davon unverzüg
lich, und ohne förmlichen Exmissionsprozcß, zur Räumung angehalten werden.
4) Ist mit Einwilligung des Schuldners ein Gläubiger vor eröffnetem Konkurse in
die Revenüen des Grundstücks eingewiesen; so erreicht die Immission mit Er
öffnung des Konkurses ihr Ende, und der Jmmitirte muß das Gut resp. Grund-
1) Unverkäuflich sind z. B. LehnS- und Fideikemmißgüter, in sofern nicht für die
Forderungen der andringenden Gläubiger die Substanz der Güter rechtZverbind-
lich verhaftet ist.
2) Dem Kurator gebührt auch die Ausübung der mit dem Besitz eines Gutes ver
bundenen Ehrenrechte während des Konkurses und bis zum Gutsverkaus. —
' «f. Res. vom 17. Mai 1SVS. Rabe 7, S. 4S7.
586
stück zur Administration für sämmtlichc Gläubiger zurückgeben. Dem Eingewle«
senen müssen die erhobenen Nutzungen nach Verhältnis! seiner Besitzzeit auf Grund
der bei Immission angelegten Berechnung auf seine Forderung abgeschrieben werden.
Eben so muß, wenn ein Gläubiger das Grundstück im antichretischen Pfand
besitz hat, derselbe dieses zur Konkursmasse des Gcmeinschuldncrs hcransgcben.
Doch kommt sowol dem Eingewiesenen als dem antichretischen Pfandbesitzer
die gesetzliche Aufkündigungsfrist zu Gute. — Läuft aber ihre kontraktliche Be-
sitzzeit bald, und namentlich bei Landgütern innerhalb Jahresfrist zu Ende; so
bleiben sie so lange im Besitz, und der Subhastationstermin muß so regulirt wer
den, daß er erst g«gen Ablauf ihrer Besitzzeit eintrit.
Müssen sie vor dem Ende ihrer kontraktlichen Zeit räumen; so können sie
auch wegen solcher Verbesserungen billige Schadloshaltung fordern, die sie zwar
bei Beendigung der kontraktlichen Zeit nicht vergütet erhalten hätten, welche sie
aber während dieser Zeit hätten nützen können.')
5) Ist das Grundstück verpachtet resp. vermiethet, so kommt
. s) in so fern dasselbe verkäuflich ist, wegen Kündigung und Ende der Pacht -
und Miethzeit, so wie wegen Vergütung der Verbesserungen das unter Nro. 4
Gesagte zur Anwendung. Der Verkauf darf durch die Verpachtung resp. Ber-
miethung nicht aufgehalten werden,
d) Ist das Grundstück nicht verkäuflich; so müssen die Glaubiger den Pächter
seine Zeit absitzen lassen. Er muß die Pachtzinsen in den kontraktmässigen
Zeiten während der Pacht und bis zum Ende des Konkurses zum gerichtli
chen Depositum abführen, und die Aufsicht über seine Wirthschaft wird von
der nach Nro. I kompetenten Administrationsbchörde geführt. — Sind im
Pachtvertrage gewisse Auszüge oder Vorbehalte für den Verpächter bedun
gen; so kommen dieselben nicht mehr dem Gemeinschuldner, sondern der Masse
^ ,zu Gute. Der Kurator muß daher dafür sorgen, daß sie für Rechnung der
Gläubiger verwaltet, eingezogen und ins Geld gesetzt werden.
Können die Gläubiger nachweisen, daß Gemeinschuldner dergl. Pachtver
trag zu einer Zeit, wo sein Unvermögen ihm schon bekannt gewesen, mit den
davon ebenfalls unterrichteten Pächtern geschlossen habe; so können sie nach
Maasgabe des I. 370 auf Aufhebung desselben antragen.
L) An sich verkäufliche Güter, die zur Zeit der Konkurseröffnung nicht verpachtet
sind, sollen bald zur Subhastation gebracht, und nicht erst verpachtet werden.
Findet jedoch die Mehrheit der Gläubiger die Verpachtung vortheilhafter; so hat
es beim Beschluß derselben fein Bewenden.
7) Von den Revenuen fließt zur Konkursmasse nur der nach Abzug der Scqucstra-
tionskosten und nach Befriedigung der Realgläubiger noch etwa verbleibende Ucbcr-
schuß. So lange dieser Ucberschuß daher nicht feststeht, muß der nach Bezahlung
der Administrationskosten, und Deckung der im Regulativ des Administrators
zur Zahlung angewiesenen Grundstücks Lasten und Zinsen der Rcolforderungcn
verbleibende Revenücnüberschuß in einer besondern Administrationsmasse verwal
tet werden. — Die laufenden Zinsen der Realgläubiger, deren Aufenthalt unbe
kannt, oder deren Anspruch streitig ist, fliessen zu besonder« Spezialmasscn.
S) Die Verwaltung der verkäuflichen Grundstücke währt bis zu deren Verkauf; die
der unverkäuflichen bis dahin, wo das Recht des Gemeinschuldners an die Rc-
Z. B. ein antichretischer Pfandbesitzer oder ein Pächter hat innerhalb der ersten
3 Jahre 1000 Thlr. auf Verbesserungen verwendet, welche in den nächsten S
von ihm kontraktlich zu sitzenden Jahren genützt werden sollten. Er muß jedoch
in Folge Konkurses nach dreijähriger Nutzung räumen ; so stehen ihm 50V Thlr.
Bergütigung zu. — F. L8S, I. 21 «. L. R.
5.S7
vcnücn aufhört, oder, wo sZmmtlichc auf dicsc Revcnücn gewiesenen Gläubiger
befriedigt sind, oder wo sämmtlichc Gläubiger sich über eine» Bevollmächtigten,
der die Verwaltung ohne Einmischung des Gerichts für die Gläubiger führe,
geeinigt haben.
9) Die zum Konkurs gehörigen Frachtschiffe müssen i» der Regel bis zur Subha-
station im Hafen liegen bleiben. Erfordert es jedoch die Handlungskcnjunktur
und das Beste der Interessenten, daß dieselben in ber Zwischenzeit eine neue
Fahrt antreten; so kann solches vom Richter zwar nachgegeben, es muß aber
auch alsdann für gehörige Versicherung des Frachtgeldes und des 6ssc« ge
sorgt werden.
Au H. Der Verkauf unbeweglicher verkäuflicher Sachen und der
Frachtschiffe muß
1) in der Regel durch nothwendige Subhastation, und unter Beobachtung der für
nothwendige Subhastationcn vorgeschriebenen Förmlichkeiten erfolgen. Der Ku
rator muß denselben beantragen. Dabei ist besonders darauf zu sehen, daß bei
verpachteten Grundstücken der Lizitationstcrmin gegen Ablauf der Pacht- oder
der Kündigungsfrist fällt.
2) Ausnahmsweise ist der Verkauf derselben aus freier Hand, ohne Subhastation,
oder zwar durch öffentliche Lizitation, jedoch mit kürzeren als den gcsetzmässigen
Fristen zu veranlassen, wenn sämmtlichc beim Konkurse theilnehmcnden Gläubi
ger unter sich darüber einig sind. Der Widerspruch jedoch eines Einzigen be
wirkt, daß die gesetzlichen Subhastations-Formen beobachtet werden müssen.
Die Fassung eines solchen Beschlusses kann aber nicht eher statt finden, als
bis, nach ergangener Präklusoria, die zum Konkurse gehörigen Gläubiger mit
rechtlicher Gewißheit bekannt sind. Bevollmächtigte der Gläubiger müssen zum
Beitritt einer solchen Einigung sich durch Beibringung einer darauf ausdrücklich
lautenden Vollmacht lcgitimiren. — Nach dem Liquidationstcrmin sich meldende
Gläubiger können frühere Beschlüsse dieser Art nicht anfechte». — z. 241—366.
z. 578 fg. Anh. §. 341, 342, 349-351, I. 5« A. G. O. z. 2, 12 Ges. vom
28. Dcccmbcr 184«. — Cab,-Ord. vom 1. Juli 1834 GS. S. 88. — Res.
vom 9. November 1835 Gräff, Koch zc. III. S. 54«.

Vierter Abschnitt.
Bon Feststellung der Passivmasse und Kozirung der Gläubiger.
Vorladung zum Liquidationstcrmine und zwar
») der bekannten Gläubiger;
K. 384. I. Sofort nach Eröffnung des Konkurses muß von Amtswcgen die
Vorladung der bekannten und unbekannten Gläubiger zur Anmeldung
und zum Nachweis ihrer Forderungen angeordnet werden. I» der Vorladung wird
1) den Gläubigern die geschehene Eröffnung des Konkurses, mit Benennung des Ge-
mcinschuldncrö, und der etwa zur Masse gehörige» Güter bekannt gemacht;
2) ein Termin vor dem ebenfalls zu nennenden Gerichtsdeputirte» anberaumt, in
welchem scimmtliche Gläubiger persönlich oder durch einen BcvollmKchtigrm-chre
Ansprüche an die Konkursmasse gebührend anmelden, und deren Richtigkeit »sch-
wciscn sollen;
3) die Warnung beigefügt, daß die in diesem Termine nicht Erscheinenden mit al
len ihren Forderungen an die Masse präkludirt, und ihnen deshalb gegen die
übrigen Gläubiger ein ewiges Stillschweigen auferlegt werden solle;
4) zugleich werden den auswärtigen Gläubigern zur etwanigen Auswahl und Er
583
theilung von Vollmacht und Information einige Justizkommissarien in Vorschlag
gebracht. — Z. 98, 99, I. 50 A. G. O.
II. Die bekannten Gläubiger werden durch besondre an sie gerichtete
Verordnungen vorgeladen. In der Regel ist auch für sie der allgemeine Liqui-
dationstcrmin bestimmt. Doch können zur Beschleunigung der Liquidationen die am
Orte des Gerichts, oder in der Nachbarschaft wohnenden bekannten Gläubiger, noch
vor dem durch die Ediktalladung anstehenden Konnotationstermin zu einem kurzen,
etwa vier Wochen hinaus zu rückenden Termin, vorgeladen werden. — Z. IVO und
Anh. z. 322 a. a. O.
Hl. Durch besondre Verordnung werden vorgeladen:
1) alle Realgläubiger, deren Anspruch sich aus den, über die, zur Masse gehörigen
Grundstücke, lautenden Hypothekenscheinen ergibt. Diese Hypothekcnscheine muß,
wenn sie nicht schon bei den Akten sind, der Kurator beschaffen;
2) die, welche nach Angabe des Gemeinschuldncrs, dem von ihm eingereichten Vcr-
mögensverzeichniß oder dem aufgenommenen Inventar für Darlehne Faustpfän

3) der
die, inwelche
Händen haben; bei den Akten gemeldet haben, und entweder persönlich an
sich bereits
wesend sind, oder durch einen dem Richter angezeigten Bevollmächtigten vertre
ten werden; es mögen die Forderungen derselben noch rechtshängig sein, oder
bereits unter Exekution stehen;
4) alle Gläubiger, deren Namen und Aufenthalt aus dem Inventar oder dem vom
Schuldner eingereichten Berzeichniß bei den Akten bekannt sind. ' )
5) Gehören Grundstücke zur Masse; so muß bei städtischen Grundstücken auch der
Kämmerci- und der Feuersozietätskasse, bei ländlichen dieser und der betreffenden
Polizeiobrigkeit Kenntniß gegeben werden. Gleiche Nachricht reicht auch in Be
treff der Anstalten, die nach K. 379, III. Pfänder nicht herauszugeben brauchen,
und bei bepfandbrieftcn Gütern in Betreff des Kreditinstituts aus. — §. 10t —
102. z. 106 a. a. O. — Z. 15 Gcs. vom 28. December 184«.
IV. Die Behändigung der Vorladungen geschieht den bekannten Gläu
bigern auf die gewöhnliche Art (F. 57—59). Die Vorladung der unter III. Nro. 4
Genannten wird stäts durch die Post bewirkt.
In Ansehung geringfügiger Forderungen auswärtiger Gläubiger, oder solcher,
die dem Vermuthen nach der Sprache, in welcher die Verordnung zu erlassen ist, 2)
nicht mächig sind, ist eine vom Kurator zu bewirkende und durch seine Manualak-
ten nachzuweisende Bekanntmachung des anstehenden Liquidationstermins zureichend.
Die dem Aufenthalte nach unbekannten Real- oder Pfandgläubiger werden in
der Ediktalladung namentlich mit vorgeladen. Der Kurator muß in Betreff dersel
ben zwar ebenfalls nachweisen, daß deren Aufenthalt unbekannt sei, und er sich um
dessen Ausforschung vergeblich bemüht habe; doch kann, um die Veröffentlichung der
Ediktalladung nicht allzu sehr zu verzögern, der Nachweis später geführt werden. —
§. 104-106 Anh. §. 323, 324, I. 5« A. G. O.
b) der unbekannten Gläubiger und c) des Gemeinschuldncrs.
Z. 385. I. Die nach Nro. I. des vorigen K zu fassende Vorladung der un
bekannten Gläubiger geschieht durch Ediktalicn. Diese Ediktalladung wird

>) Diese sind vor andern vorzuladenden Gläubigern nur in so fern im Nachtheil,
als sie, wenn sie künftig zur Hebung kommen, die Kosten der Vorladung tra
gen müssen. Uebrigens sollen alle Gläubiger portofrei vorgeladen , und das
Porto auS der Masse vorgeschossen werden.
2) Also die der witschen, und im Großhcrzogthum Posen der tcutschcn oder polni
schen Sprache nicht machtig sind, d» hier beide Geschäftssprachen.
689
, ^ an der Gerichtsstättc ausgchangcn; und
S. ausserdem in öffentlichen Blättern bekannt gemacht. Die Zahl und Art dieser
Bekanntmachungen und die Hinausrückung des Termins hangt von dem Betrage
der Aktivmasse ab. Bei Berechnung derselben kommen die §. 69, II. enthaltenen
Grundsätze ebenfalls zur Anwendung. Doch kommen von dem angenommenen Werths
der Immobilien und der beweglichen Pfänder, die auf ersteren nach Ausweis des
Hypotbckenscheins eingetragenen Posten, und die auf letzteren haftenden Pfandschul-
dcn in Abzug, so daß nur der nach diesen Abzügen sich ergebende Ueberschuß des
Werths, mit der übrigen Masse zusammengerechnet, den Maasstab zur Abmessung
des Termins und der Zahl der Bekanntmachungen gleit.") Ungelöschte Hypothe
kenforderungen werden selbst dann abgezogen, wenn der Richter die Tilgung für
wahrscheinlich halten sollte. — Beträgt hiernach die Aktivmasse
1) mehr als IVO« Thlr.; so wird der Termin auf drei Monate, von der ersten
Einrückung in die Jntelligenzblättcr gerechnet, hinaus angesetzt, und die Ein«
rückung erfolgt sechs Mal in die Jntelligcnzblätter, nemlich in den ersten beiden.
Monaten monatlich, in dem letzten Monat wöchentlich;
2) mehr als 200 Thlr., aber nicht über IVOS Thlr.z so wird der Termin auf neun
Wochen angesetzt, und die Ediktalladung in die Jntelligenzblätter geschieht drei Mal,
nemlich alle 3 Wochen ein Malz
S) nur 200 Thlr. oder weniger z so wird der Termin auf sechs Wochen angesetzt,
und die Ediktalladung alle 14 Tage, also 3 Mal, in die Jntelligenzblätter eingerückt.
In Provinzen, wo Jntelligenzblätter fehlen, erfolgt die Einrückung statt der
selben in den Anzeiger des Amtsblatts. Nach Umständen kann jedoch auch ein-
oder mehrmalige Einrückung in die Zeitungen der Provinz, und nach dem Ermessen
des Gerichts und mit Rücksicht darauf, daß der Gemeinschuldner in eine andre Pro
vinz oder ins Ausland Geschäfte betrieben hat, die Einrückung in die Zeitung einer
andern Provinz gewählt werden. Doch ist die Insertion in die Zeitung niemals
wesentlich nothwendig.
Die Abreissung des Aushangs, ferner der Umstand, daß bei Einrückung in die
Blätter um 14 Tage gefehlt worden; so wie ein Fehler darin, daß statt sechsmal
nur drei Mal die Einrückung in die Intelligenz- resp. Amtsblätter erfolgt ist, hin
dern nicht die Abfassung des Präklusionsurtels.
Ist jedoch die nach der Aktivmasse zu wählende Art der Bekanntmachung und
Terminsfrist zweifelhaft; so muß die unmittelbar höhere Kolonne den Maasstab ge
ben. — 8. 107—113, Anh. §. 325—327, Anh. §. 4«0, Anh. Z. 59, 61, I. SO A.
G. O. Res. vom 21. September 181«. Gräff, Koch zc. III. S. 1043. — Res.
vom 8. Oktober 1801. Rabe 6, S. 608. — Verord. vom 3. Mai 1804. Rabe
8, S. 43. — Res. vom 8. Januar 1806 und vom 6. Oktober 181«. Rabe 8,
S. 433. Bd. 1«, S. 425. — Res. vom 1. März 1317. Jahrb. 9, S. 22.
II. Zum Liquidationstermin wird auch der Gemeinschuldner, wenn er
noch am Leben, und zwar, falls sein Auftnthalt bekannt ist, durch besondre Vorla
dung, sonst aber in der Ediktalladung namentlich vorgeladen, damit er dem Kon-
tradiktor die ihm beiwohnenden, die Masse betreffenden Nachrichten mittheile, und
besonders über die Ansprüche der Gläubiger Auskunft gebe. — Z. 114, 1.50 A.G.O.
„ Verfahren im Liquidationstermine und Präklusionsurtel.
Z. 386. I. In der Zwischenzeit bis zum Termin muß der Kontradiktor durch
Einsicht der Bücher, der Rechnungen und übrigen Schriften des Gemeinschuldner«,
durch Befragen desselben oder derer, welche hauptsächlich seine Geschäfte geführt ha-
') Betragen die Real- oder Pfandschulden mehr, als der Werth des Pfandes; sg
kommt nurdieser Werth in Abzug.
38
590
ben, und mittelst Durchsicht der über Forderungen einzelner Gläubiger etwa schon
verhandelten Akten, über den Grund und die eigentliche Bewandniß der etwa an die
Masse zu machenden Ansprüche vorläufige Nachricht einziehn, und sich so auf den
Liquidationstermin vorbereiten. — Z. 115 a. a. O.
II. Im Termine selbst werden zunächst
1) der Aushang, die über die Ediktalien sprechenden Belagsblätter, und die Behä'n-
digungsscheine der speziel Borgeladenen, zu den Akten genommen;
2) die erschienenen Gläubiger nach einander, wie sie sich melden, unter fortlaufenden
Nummern nach Namen und Karakter oder den sonst, zu ihrer Unterscheidung
von Andern, dienenden Bezeichnungen, ins Konnotationsprotokoll aufgeführt, und
bei jedem die Art und der Betrag seiner Forderung und der Grund derselben,
wenigstens im Allgemeinen, angegeben.
3) Erscheinen auswärtige Gläubiger persönlich; so sind sie zur Wahl eines am
Orte befindlichen, zulässigen Bevollmächtigten aufzufordern, und zu bedeuten:
daß sie sonst, wenn Rücksprache der Gläubiger mit dem Kurator oder dem Ge
richte im Laufe des Konkurses nöthig wird, dabei nicht zugezogen, vielmehr an
genommen werden solle, daß sie den Beschlüssen der übrigen Gläubiger und dm
Verfügungen des Gerichts sich unterwerfen.
4) Dem Kontradiktor wird hierauf Kenntniß von den Anmeldungen gegeben,') und
er muß auf Präklusion der Nichterschienenen antragen. — Z. 97, 116, 117, I.
SV A. G. O.
III. Sofort nach Abhaltung des Liquidationstermins muß das Präklusions-
erkenntniß abgefaßt werden. Dasselbe muß sich sowol auf die nicht erschienenen un
bekannten, als auf die bekannten und gehörig vorgeladenen, jedoch nicht erschienenen
Gläubiger, erstrecken. Diese werden darin namentlich prökludirt. Die Präklusion er»
folgt gemäß der gestellten Warnung. Die Wirkung derselben besteht in dem Ver
luste aller Rechte an die Masse, und die übrigen, dieselbe unter sich vertheilendm
Gläubiger. An die Person des Schuldners und dessen künftiges Vermögen behalt«,
die Präkludirten jedoch ihre Rechte. — Auch den Pfand- und Hypothekengläubigern
steht die, in Bezug auf die übrige Masse erfolgte Präklusion, bei Verfolgung ihres
Anspruchs auf Befriedigung aus den verpfändeten Gegenständen nicht entgegen.
Den nicht gehörig vorgeladenen bekannten Gläubigern, welche ausgeblieben sind,
werden ihre Rechte vorbehalten.
Die Publikation des Pröklusionsurtels erfolgt in Betreff der unbekannten Gläu
biger durch vierzehntägigen Aushang; den namentlich Präkludirten wird Ausferti
gung in Kraft der Publikation zugefertigt. Der Kontradiktor erhält ebenfalls
Ausfertigung.
Gegen das PrMusionsurtel ist Restitution zulässig (§. 191). Das PrZklufionS-
«rtel selbst ist stempel- und gebührenfrei. — Z. 1S7, 143—145, I. 50 A. G. O.
Verord. vom 16. März 1825 GS. S. 15«. — Ges. vom 5. Mai 1838 GS. S.
273. — Z. IS Verordn. vom 28. December 184« GS. 1841 S. 7.

Vom Verifikationstermine.
§. 387. Sogleich nach Abfassung des Pröklusionsurtels muß Termin zur nä
heren Begründung der Ansprüche der Gläubiger Derifikationstermin) angesetzt wer
de». Glaubt der Deputirte bei der grossen Zahl der liquidirenden Gläubiger, in
Einem Termin mit Erörterung aller Forderungen nicht fertig werden zu können;

') Bon den vor dem Termin eingehenden schriftlichen Anmeldungen muß Kontra
diktor bald nach Singong Abschrift schalten. — K. 122, I. S« A. G. V.
591
so muß er mehre Termine bestimmen, und zu jedem derselben eine gewisse Anzahl
von Gläubigern vorladen. >) Im Termine wird
1) jeder Liquidant besonders, und zwar der von Auswärts Erschienene vor Andern,
über seine Forderung vernommen. Er muß diese ncch bestimmter und näher an
geben; die Thatsachen, worauf sie beruht, eben so, wie in jeder Klage, beutlich
und zusammenhängend vortragen; wenn er Zinsen fordert, den Grund dazu, und
den Termin, seit welchem sie rückständig sind, so wie den Zinssatz, anzeigen; die
Qualitiit der Forderung und die beanspruchte Stelle im Privritätsurtel deutlich
ausdrücken; die darüber sprechenden Urkunden und schriftlichen Beweismittel im
Original vorlegen, und die sonst für den Läugnungsfall zu wählenden Beweis-
Mittel angeben. Hat ein Liquidant, was ihm frei ficht, bereits vor oder im
Konnotationstrrmin eine mit vorstehenden Erfordernissen versehene Liquidations
schrift eingereicht; so muß er dennoch im Konnotations- und im Verifikations
termin erscheinen. Es gnügt jedoch, wenn er sich auf scine Schrift bezieht.
2) Ueb« jede Forderung, die im Termin erörtert wird, muß auf befondrem Bogen
eine Verhandlung aufgenommen, und diese mit der Nummer, welche die Forde
rung im Konnotationsprotokoll erhalten, bezeichnet werde«. Nur über mehre
eingeräumte Forderungen kann Ein Protokoll ausgenommen werden.
Sodann wird der Kontradiktor über jede Forderung gehört ; und seine Erklärung
in das betreffende Protokoll niedergeschrieben. Nimmt er
s) die Forderung überall für bekannt an; so bedarf es darüber keiner weitern
Verhandlung. 2)
d) Macht er aber Einwendungen dagegen; so erfolgt förmliche Instruktion Äb«
das Liquidat.
4) Auch andre Gläubiger könne« den Ansprüchen ihrer Mitgläubiger selbst den vom
Kontradiktor eingeräumten Posten, Einwendungen entgegensetzen, und diese müs
sen in das, über die betreffende Forderung lautende Berisikationsprvtokoll nieder
geschrieben werde». Hat nun ein solcher Gläubiger, welcher gegen die Ansprüche
eines andern Gläubigers Einwendungen vorbringt,
«) Interesse bei der Sache um deswillen, weil dieser ein vorzüglicheres oder ein
gleiches Recht, als jener, verlangt; so muß auf die Einreden jederzeit Rück
sicht genommen werden, sie mögen die Richtigkeit oder die behauptete Prio
rität der Forderung betreffen. Dem Einwendenden steht selbst dann, wenn
der Kontradiktor und die Mitgläubiger die Einredm für unerheblich halten,
frei, auf Instruktion derselben zwischen ihm und dem Liquidanten, jedoch nicht
auf Kosten der Masse, anzutragen.
K) Hat er aber kein Interesse zur Sache; so kann er nur seine Bedenken nebst
Gründen dem Kontradiktor und den interessiren den Gläubigern anzeigen; und
von diesen hängt es dann ab: in wiefern sie davon Gebrauch machen, und
auf nähere Untersuchung dringe» wollen.
5) Im Termin muß endlich der Deputirte den vom Kurator gemäß Z. 376, I. Nro. 4
entworfene» ungefähren Ueberschlag der Aktivmasse dm Gläubigern vorlegen, da
mit die, welche darnach keine Aussicht auf Befriedigung haben, ihrem Ansprüche
an die Masse, mit Borbehalt ihrer Rechte an den Gemeinschuldner, zur Kosten-
1) Die Vorladung der Gläubiger zum Verisikationstermine muß unter der War-
daß sonst anzunehmen, sie «ollen ihr Liquidat nicht näher be-
können sich ausbleibende Gläubiger noch bis zum Jnrotutalions-
2) Zugeständnisse des Kurators können dieser und die Glaubiger nur unter densel
ben umständen widerrufen, wie die Parteien ihre Zugeständnisse. — Erk. des
Geh. Ob. Trib. vom IS. August 1834. Simon Entsch. 1, S. III sg.
38"
S92
fparung entsagen können. Gläubiger, welche »ach Einficht des Ueberschlags im
Zweifel darüber bleiben, ob sie Befriedigung erreichen dürften, und Bedenken tragen,
einerseits zu entsagen, anderseits die Kosten einer weitläufigen und vielleicht fruchtlo
sen Erörterung und Beweisaufnahme zu wagen; können die Aussetzung der Instruk
tion ihres Liquidats bis zur genauern Uebersicht der Masse beantragen. — Sie müs
sen aber auf den Fortgang der Sache und die nähere Entwickelung des Betrags
der Aktivmasse wohl Acht geben, und jene Instruktion beantragen, sobald einige
Hoffnung auf Befriedigung sich zeigt. Zögern sie, so daß demnächst durch die
nachzuholende Instruktion ihrer Liquidste die Bcrtheilung der Masse aufgehal
ten wird; so müssen sie den übrigen Mitgläubigern für die durch den Verzug
ihnen entgangenen Zinsen oder erwachsenen Kosten gerecht werden. — §. 119—
130, I. ö« A. G. O. — Res. vom 16. Juli 1801. Rabe 6, S. 554.

Won Instruktion der streitig gebliebenen Liquidste.


§. 388. I. Auf jedes Protokoll, welches über eine auf den Antrag des Kon-
tradiktors, oder eines dabei intcressirenden Mitgläubigers zur Instruktion verwiesene
Forderung spricht, muß der Deputirte sogleich Termin zur weitern Verhandlung
«erfügen. — Ein jeder solcher Anspruch wird besonders, und zwar nach den Vor
schriften des ordentlichen Prozesses (Tit. 6, Absch. 5) instruirt, und die Sache auch
demgemäß abgeschlossen. Das Dcduktionsverfahren findet ebenfalls statt.
Uebrigens kommt 1) das ordentliche Prozeßverfahren ohne Rücksicht auf die
Beschaffenheit des liquidirten Anfpruchs, also selbst in Bezug auf Wechselforderun-
gen, Bagatellobjekte u. s. w. zur Anwendung.
2) Auch muß, wenn im Laufe der Instruktion der Klagcgrund geändert wird,
dennoch Feststellung des Anfpruchs erfolgen, da eine Abweisung angebrachtermasscn,
oder zum besondern Verfahren, nicht statt findet. >
3) Der Deputirte muß die Instruktionen ununterbrochen betreiben und möglichst
beschleunigen. Er erläßt die Verfügungen an die Parteien mittelst Dekretsabschrift.
Sind die einzelnen Instruktionen binnen 4 Wochen nach dem Liquidationstermin
nicht beendet, so muß er dem Gericht von Lage einer jeden noch schwebenden In
struktion und den die Abschliessung hindernden Ursachen, Anzeige machen, und diese
Anzeige von 4 zu 4 Wochen hinsichts der weiter hinaus zu ziehenden Instruktionen
von Amtswcgen und unaufgefordert wiederholen.') . , -
4) Kassendefekte des bei Königlichen oder bei andern öffentlichen, mit den König!,
-gleiche Rechte geniessenden Kassen, angefetzten Beamten und Dieners, werden nicht
rom Konkursgcricht, sondern von der dem Gemeinschuldner in Betreff dieses seines
Amts vorgesetzten Behörde berechnet und festgestellt. Ist daher
. «) zwischen ihm und der Kasse schon vor dem über sein Vermögen eröffneten Kon-
, kurse ein Liquidum festgestellt worden; so ist es genug, wenn diese Berechnung
und dieses Liquidum dem Konkursgericht entweder von jener Behörde unmittel
bar mitgetheilt, oder durch einen Vertreter derselben in beglaubter Form einge
reicht wird. Es findet alsdann kein weiteres Verfahren darüber statt; sondern
die Kasse muß damit an der gesetzlichen Stelle lozirt, und der Gemeinschuldner,
oder die Gläubiger, welche noch etwas dagegen einwenden «ollen, müssen damit
an die der Kasse vorgesetzte Behörde verwiesen werden. Ist
d) da« Liquidum noch nicht gezogen, so muß die Festsetzung desselben bei eben dieser
Behörde zunächst geschehen, und der Kontradiktor muß dabei die Rechte d«
Masse gehörig wahrnehmen. — 8. 125. §. 131—135, Anh. §. 323, 1. ö« A. G. O.
') Dies wird eingeschärft durch Res. vom 10. Juni 1833 in Gräff, «och ,c. III.
S. 1044.
593
II. Heber jede zur Instruktion gelangende Forderung müssen besondre Akten
angelegt werden, bei denen die Verhandlung in besonderen Protokollen erfolgt.
Doch kann mehren Liquidantcn, deren Forderungen aus einerlei Klagegrunde
entspringen, und die in eine Klasse gehören, z. B. für Kurkosten, für Lidlöhner ic.
ein gemeinschaftliches Aktenheft bestimmt werden.
Auch die Verisikationsprotokollc, bei welchen es keiner weitern Verhandlung be
darf (§. 387, Nro. 3 s), werden in Einem Aktenbande, nach Ordnung der Num
mern, zusammengeheftet. — §. 136 a. a. O.

Von Jnrotulation der Akten und der Spruchvorlegung.


§. 339. I. Die Spruchvorlegung erfolgt in der Regel erst dann,
wenn sämmtliche spezielle Posten entweder durch Anerkenntniß, «der durch Abschluß
der Instruktion darüber, zum Spruch reif sind,') und der Jnrotulationstermin ab
gehalten ist. Ausnahmsweise kann jedoch, vor völligem Abschluß der Instruktion
eine« oder mchrcr Liquidste, die Jnrotulation und Spruchvorlcgung erfolgen. Dies
ift der Fall
1) in Rücksicht der §. 387, Nro. 5 gedachten Liquidste, hinsichts deren Lokus vor
behalten wird, wenn Liquidant die Instruktion nicht ferner beantragt hat.
2) Auch bei solchen Forderungen, deren vollständige Instruktion wegen weitläufiger
und verwickelter Beschaffenheit, und der aufzunehmenden entfernten Bcweismit--
tel eine beträchtlich längere Seit erfordern würde; und welche ersichtlich keine
bevorzugte, selbst eine vorlausige Vertheilung der Masse hindernde Stelle im
Klassisikationsurtel erhalten dürften, t) muß der Deputirte, sobald alle übrigen
Liquidste spruchreif sind, nur über die für den Fall der Richtigkeit ihnen gebüh
rende Klasse und Stelle spruchreif instruiren, und dann die Spruchvorlegung be
antragen. G 39«, V, Reo. 1) — §. 130, 137 fg. o. a. O.
II. Zum BeHufe der, der Spruchvorlegung vorangehenden, Jnrotulatio»
der Akten, und zugleich zur Prüfung der Vollständigkeit sowol der General- als
der Spezislakten wird Termin angesetzt, und dazu der Kontradikror vorgeladen. Die
ser aber muß vor dem Termin den Bevollmächtigten der Gläubiger davon Nach
richt geben, damit ein jeder, welcher bei Instruktion der Sache, sie betreffe ihn
selbst, oder einen Mitgläubiger, noch etwas zu erinnern hat, sich bei dieser Gelegen
heit melden, und seine Gerechtsame wahrnehmen könne.
Im Termine ist zu jcdem Gcncralciktenstück, und zu jedem Spezialaktenstück,
in welchem Beweisaufnahme erfolgt ist, ein Rotulus zu fertigen und vorzuheftenz '
ein Verzeichnis? der erwachsenen Spczialaktcn zu entwerft»; und über das Gesche
hene eine Verhandlung aufzunehmen. — ß. 140, 141 a. o. O.
III. Bis zu diesem Jnrotulationstermin können noch Gläubiger, die durch da«
Präklusionsurtel nicht rechtskräftig präkludirt sind, und namentlich auch die, gegen
welche wegen ihres Ausbleibens im Vcrisikstionstcrmin Kontumazialanträge gemacht
sind, sich melden, und ihre Ansprüche begründen. Die Spruchvorlegung muß dann
bis zur Beendigung dieser Instruktion ausgesetzt werden.

>) Gläubiger der ersten Klasse können sofort, wenn ihr Anspruch feststeht, Befrie
digung verlangen. Sie können daher auch darauf dringen, daß in Bezug auf
sie ein besondres Erkenntniß vor dem Klassisikationsurtel abgefaßt werde. —
Res. vom 31. December 1»l9. Jahrb. 14, S. 212. — Pfand - und Hvvo-
thekenzlciubiger brauchen sich auf den Konkurs nicht einzulassrn; können mithin
auch besondre Entscheidungen beantragen.
2) Z. B. wenn der Anspruch des Liquidantcn sich aus einer zwischen ihm und dem
Gemeinschuldner stattgehabten Sozietät herschrcibt, und zu dessen vollständiger
Ausmittelung eine förmliche Auseinandersetzung nöthig ist. — S. 138 g. o. O.
5S4
Doch müssen solche Liquidanten die durch verspätetes Melden entstehenden Mehr
kosten tragen. S. 142 o. a. O.
Bom Klassifikationsurtcl. Dessen Inhalt und Form.
Z. 39». In dem hiernächst abzufassenden KlasMationsurtel müssen
I. zunächst diejenigen mit ihren Ansprüchen namentlich präkludirt werden,
welche im Präkluslonsurtel wegen nicht gehöriger Borladung nicht präkludirt wer
den konnten, die aber auch später der gehörigen Borladung ungeachtet nicht erschie
nen sind. — §. 143 fg. I. 5« A. G. O.
II. Hiernächst werden denen, welche sich auf den Konkurs nicht einzulassen
brauchen (§. 392), ihre Rechte in so weit vorbehalten, als sie ausserhalb
des Konkurses dieselben geltend machen können. — K. 146 a. a. O. S. 15 Ges.
vom 28. Decbr. 184».
III. Ferner muß bestimmt werden, daß die gemeinschaftlichen (Kommun,-)
Kosten aus der Masse vorweg zu entnehmen, bei Bertheilung der Masse aber den
zur Hebung kommenden Gläubigern (mit Ausnahme der gesetzlich davon befreite»,
und zu bezeichnenden) nach Verhältnis? ihrer Hebung anzurechnen z daß dagegen die
Kosten der Liquidationen jeder Gläubiger für sich zu tragen schuldig. — §. 153, 147,
Anh. F. 33», I. 5V A. G. O.
IV. Ferner muß der Tag der Konkurseröffnung festgesetzt werden, da
von diesem ab die laufenden Zinsen aufhören, und der privilegirte zweijährige Zinsen-
Rückstand >) gerechnet wird. ^- §. 15«, 152 a. a. O. (c5. jedoch V. Rro.4. s.)
V. Sodann sind sämmtliche liquidirende Gläubiger mit ihren Forderungen in
der Klasse, und der Ordnung anzusetzen, welche ihnen durch die Vorschriften der
nachfolgenden angewiesen sind.
Ausser den bei Beurtheilung der Wahrheit und Richtigkeit von Ansprüchen,
und den für Abfassung der Erkenntnisse überhaupt gegebenen allgemeinen Gesetzen
find dabei besonders noch folgende Vorschriften zu beobachten;
1) Bei jedem Ansprüche muß sowol die Richtigkeit desselben, als die ibm nach
der KlasMationsordnung gebührende Stelle beurtheilt werden. Rur den
Ansprüchen, in Betreff deren gemäß I. Nro. 1 und 2 des vorigen §. die In
struktion noch vorbehalten, oder noch nicht vollständig beendet ist, 2) wird im
KlasMationsurtel blos der ihnen gebührende Ort angewiesen; die Entscheidung
über ihre Richtigkeit aber bleibt einem NachtragserKnntniß vorbehalten. — Z. 13«,
13S, 148, 149. a. a. O.
2) Wird ein Gläubiger mit feinem ungegründet befundenen Ansprüche gänzlich ab
gewiesen; so muß diese Abweisung an dem Orte erkannt werden, wo die Forde
rung, wenn sie richtig gewesen wäre, hätte angesetzt werde» müssen. — H. 165 a. a. O.
3) Wird eine Forderung zwar für richtig befunden, jedoch nicht der verlangte, son
dern ein anderer Ort zugestanden; so erfolgt die Abweisung bei jener beanspruch
ten Stell«, und dagegen die Susprechung an dem ihr bewilligten Orte. Hat ein
Glaubiger verschiedene Forderungen liquidirt, denen ihrer Beschaffenheit nach
verschiedene Stellen gebühren; so dürfen sie nicht unter Einer Nummer, sondern
es muß jede unter einer besondern Nummer an dem ihr zukommenden Orte an
gesetzt werden. — §. 164 fg. K. 148 a. a. O.
4) Mit dem Kapitale zugleich und an derselben Stelle müssen auch die etwa-
mgen,, von Konkurseröffnung zurückberechnctm, zweijährigen Zinsenrück
stände, so wie diejenigen Kosten angesetzt werden, welche dem Gläubiger
1) Bei Umwandlung des erbschaftlichen Liquid. Prozesses in Konkurs w«rd«» diese
zweijährigen Sinscnrückstände ebenfalls von Konkurseröffnung zurückgerechnet.
2) Hierhin gehört auch der §. 393, Nro. 11 «wähnte Fall.
595
bei Einklagung dieses Kapitals vor eröffnetem Konkurse erwachsen, zu deren Er
stattung Gemeinschuldncr jedoch verurtheilt sein, und welche Gläubiger mittelst
richterlichen Festsetzungsdekrets vor dem Jnrotulationstermin liquidirt haben muß.
Nur in Betreff der Zinsen von hyvothczirten Kapitalien treten die Ausnahmen
«in, daß
s) der zweijährige Zinsenrückstand vom nächsten ersten Juli vor der verfügten
Subhastation zurückgerechnet wird; daß
ti) wenn die Eintragung innerhalb der letzten zwei Jahre geschehen ist, die Zin
sen nur von der Seit der Eintragung ab Realrecht haben, die übrigen zum
zweijährigen privilegirten Zinsenrückstand fehlenden aber an der Stelle lozirt
werden, wo das Kapital angesetzt worden, wenn eS nicht eingetragen gewe
sen wäre;
c) daß ältere, als zweijährige Zinsen von Realansprüchen, wenn sie binnen 4 Wochen
nach Verfallzeit eingeklagt sind, und die Exekution deshalb bis zur Kon
kurseröffnung gehörig fortgesetzt ist, in der sechsten Klaffe angesetzt werden;
daß ältere Zinsenrückstände, welche besonders im Hypothekenbuch eingetragen
sind, wie andre Hvvothckenforderungen beurtheilt werben. — §. 151—ISA
a. a. O. §. 21 des Subh. Ges. vom 4. Mörz 1834 GS. S. 45.
5) Jährliche Leistungen, welche nicht als beständige Last auf einem Grundstück
haften, sondern zu einer bestimmten oder unbestimmten Zeit wieder wegfallen,
z. B. Alimente, müssen am gehörigen Orte angesetzt, und ein Kapital, dessen
Zinsen zu ihrer Bezahlung hinreichen, unter Vorbehalt des künftigen Rückfalls
«> die Masse, ausgeworfen werden. — Z. 154 a. a. O.
6) Auch Forderungen, deren Verfalltag noch nicht gekommen, sondern
von der Existenz eines gewissen odcr ungewissen Zeitpunkts, oder einer Bedingung
abhängig ist, müssen gehörigen Orts lozirt werden. Von Berechnung des des«
folsigen Kapitals ist bei Vertheilung der Masse die Rede. — §. 155 a. a. O.
7) In Konkursen findet
^. Die Konpen sation gegen den Gläubiger statt!
s) wenn gegenseitig« Forderungen zwischen ihm und dem Gemeinschuldner schon
vor eröffnetem Konkurse bestanden haben;
b) wenn Jemand an die Konkursmasse, oder an den ganzen Inbegriff der Gläu
biger erst nach eröffnetem Konkurse eine Forderung erlangt hat, und ihr
etwas schuldig geworden ist;
e) wenn Jemand, der dem Gemeinschuldncr schon vor eröffnetem Konkurse etwas
schuldig gewesen, nachher ein Gläubiger der Konkursmasse geworden ist. >)
S. Sie findet dagegen nicht statt:
«) wenn Jemand dem Gcmeinschuldncr vor eröffnetem Konkurse etwas schuldig
war, und erst nachher eine Forderung an ihn, es sei aus einem neuen Ge
schäfte, oder durch Zession eines andern Gläubigers erlangte; und
b) wenn Jemand Gläubiger des Gemeinschuldners vor eröffnetem Konkurse ge
wesen, und erst nachher der Masse etwas schuldig geworden ist. — Doch,
ist sie in diesem Falle zulässig, wenn der Gemeinschuldner die Befugniß zur
Kompensation einer gegenwärtigen Forderung, womit er dem Gläubiger »er
haftet ist, auf eine künftige Schuld, womit dieser ihm verhaftet werden wird,
dem künftigen Schuldner schon vor eröffnetem Konkurse ausdrücklich einge
räumt hat. 2)
l) Dahin gehört der Fall, wenn ein Pächter die im Gute gemachten, und von der
Konkursmasse zu vergütenden Verbesserungen mit dem Pachtzinsrückstande kom-
pensirt. — K. S25, l. 16 A. L. N.
^) Z. B. wenn im Pachtverträge bestimmt ist, daß Pächter die gezahlte Kaution
596
c) Der Pächter kann die im Gute gemachten Verschlimmerungen, und etwa sonst
von ihm zu vertretenden Mängel, gegen die Gläubiger mit seiner dem Ge
meinschuldner baar eingezahlten Kaution niemals kompensiren.
6) Wenn unter zwei Mitverpflichteten die Konkursmasse des Einen dem Berech
tigten Zahlung leisten muß, und sich an den andern Mitverpflichtcten des
halb regressirt; so kann dieser gegen die Konkursmasse mit Forderungen, die
er an den Gemeinschuldner hat, nicht kompensiren, weil die Forderung der
Masse erst nach eröffnetem Konkurse entstanden ist. ....
l! Hat Liquidant mehre zur Kompensation geeignete Forderungenz so muß beim
Mangel eines Abkommens die Gegenforderung der Masse zunächst auf die bei ent,
ftandener Kompensationsbefugniß verfallenen Zinsen, so wie auf die jenem damals
erwachsenen Kosten; dann auf das zuerst, vom Gläubiger geforderte Kapital; dann
auf die am wenigsten Sicherheit gewährende Post; bei gleich beschaffenen Kapitakien
auf das am längsten verfallene, und wenn auch hieraus kein Bestimmungsgrund zu
entnehmen, auf alle Forderungen nach Verhältniß gerechnet werden.
v. War im Falle einer zulässigen Kompensation
s) die Forderung des Liquidanten bei Konkurseröffnung schon fällig (creilitiim pu-
rum); die bereits damals entstandene Forderung der Masse ist aber erst nach
einem gewissen Zeitpunkte zahlbar lMKituin in giem); so findet Kompensation
ohne Zinsenvergütung für die Zwischenzeit statt. ' ' '
d) Ist dagegen Liquidant der Masse eine sofort zahlbare Post schuldig (gebilum
purum), der Verfalltag feiner Forderung, die er an die Masse hat, aber noch
nicht eingetreten (ereöitum in cliem); so kann er zwar ebenfalls kompensiren;
er muß aber der Masse die Sinsen seiner Schuld bis zum Verfalltage vergüten. —
§. 156—16«, I. ö« A. G. O. — Z. 150-159. S, 317-327, 375, l. 16 A. «. R.
L) Hat Jemand
s) entweder einen Gläubiger unmittelbar bezahlt, oder dem Gemeinschuldner
Geld unter der ausdrücklichen Bedingung geliehen, daß ein andrer Gläubiger
damit bezahlt werden soll, und ist diese Befriedigung wirklich erfolgt; oder
d) hat er als Bürge für den Gemein- und Hauptschuldner einem Gläubiger
Zahlung geleistet; so trit er an die Stelle des bezahlten Gläubigers, und
muß im Klassifikationsurtel daselbst angesetzt werden, wenn er sich auch dessen
Rechte nicht ausdrücklich hat zcdiren lassen (jus subintrsnlZi). Dies gilt auch
in Betreff der besonders bevorzugten Forderungen. — Bei bezahlten Pfand-
schulden muß jedoch das Pfand dem Bezahlenden ausgefolgt sein, und bei bezahl»
ten Hypothekenschulden müssen diese noch ferner auf den Namen des befriedigten
Gläubigers eingetragen stehen, da sonst dem Bezahlenden das Pfandrecht ver
loren ist, und derjenige, durch den eine hypothezirte, und hiernächst gelöschte oder
anderweit zedirte Post berichtigt ist, nur an der Stelle lozirt wird, welche die
Post, wenn sie nicht eingetragen gewesen wäre, gehabt hätte. — §. 161 Anh.
z. 331, I. 50 A. G. O.
S) Liquidirt ein Ausländer in einem inländischen Konkurse; so wird gegen ihn dann
Retorsion geübt,') wenn im Vaterlande des Ausländers zwischen dortigen
sich auf die letzten Pachtraten rechnen solle. Doch kann Pächter gegen die frü
her, als seine Kaution, ins Hypothekenbuch eingetragenen Forderungen dies Kom
pensationsrecht nicht einwenden. — Z. 323, 324, I. 16 A. L. R. ,
') Nach Z. 44 Einl. z. A. L. R. dürfen Unterrichter ohne Genehmigung ihrer Vor
gesetzten gegen Fremde niemals aus Retorsion erkennen. Waltet daher im Kon
kurse ein solcher Wiedervcrgeltungsfall vor; so wird der Unterrichter vor Abfas
sung der KlasMatoria das Obergericht um Genehmigung angehen müssen. Der
Cessionar eines solchen Fremden erlangt übrigens durch die Cessio« kein besseres
Recht. - j. 45 Einl. A. L. R. . . . . " -2: .". -
397
und hiesigen Unterthanen k!n Unterschied zum Nachtheil der Letzter« gemacht,
und diesen dasjenige Recht, welches einheimischen Forderungen von völlig gleicher
Beschaffenheit nach dasigen Gesetzen zukommt, blos um deshalb, weil sie Fremde
sind, versagt wird. — z. 162 a. a. O.
10) Die Entscheidungsgründe, sowol über die Richtigkeit, als Priorität, müs
sen in Betreff jeder einzklncn Post unmittelbar hinter derselben beigefügt wer«
den. — §. 163 a. o. O.

Klassifikationsordnung. Allgemeine Bestimmungen.


§. 391. 1. Die Konkursordnung spricht zwar nur von 7 Klassen, in die sie
die Gläubiger dcS Konkurses getheilt wissen will. In der Wirklichkeit zählt sie aber
neun Klassen auf, indem sie ausser jenen sieben Klassen noch solche Ansprüche vor
angehen läßt, welche vor den sieben Klassengläubigern, vorzüglich und vom Konkurse
getrennt, befriedigt werden, und indem ferner den sieben Klassen noch solche An
sprüche nachfolgen, welche nach Befriedigung derKlassengläubiger zur Hebung kommen.')
In Folge des Gesetzes vom 2S. Deccmber 184« ist die dritte Klasse des Kon,
kursts weggefallen, indem darnach die Hypotheken- und Realansprüche unter dieje
nigen Forderungen gehören, welche ausserhalb des Konkurfes geltend gemacht wer
den. In der Wirklichkeit bestehen daher noch acht Konkursklassen, nach welchen die
Gläubiger im Klassifikationsurtel zu ordnen sind, nemlich die Klasse der vor Allen
zu Befriedigenden, die erste, zweite, vierte, fünfte, sechste und siebente Klasse und
endlich die nach Allen (post omves) zur Hebung kommenden Ansprüche. — §, 267,
268, 47S a. a. O.
II. Die Vorschriften über Klassifikation der Gläubiger dürfen nicht ausdehnend
angewandt werden. Die darnach bewilligten Borrechte kommen daher nur den For
derungen, welchen sie ausdrücklich beigelegt sind, nicht aber andern blos ähnlichen
Forderungen zu Statten.
Auf Forderungen, die vor Publikation der A. G. O. entstanden sind, können
sie nur in so weit angewendet werden, als überhaupt ein neues Gesetz auf ältere
Fälle zu ziehen ist. — S. 483, Anh. z. 3S2 a. a. O.
Hl. Eine besondre Vergünstigung erlangen Gläubiger, welche
s) entweder einige vom Gcmeinschuldner ausser Landes geschaffte, oder sonst der
Kreditmassc entzogene Effekten entdeckt, und dadurch bewirkt haben, daß die
Masse einen Zuwachs erhält; oder
b) welche den flüchtigen Gemeinschuldncr selbst einholen, und zur gefänglichen Haft
abliefern; dadurch aber bewirken, daß Effekten oder andre Vermögcnsstücke, die
der Schuldner mit sich genommen, verborgen oder fönst verheimlicht hatte, ent
deckt, und zur Masse gebracht worden sind.
Ein solcher Gläubiger erlangt in seiner Klasse das Vorzugsrecht nach Verhält
nis! des der Masse verschafften Bortheils. Kann er aber dadurch seine Befriedigung
nicht erhalten, so muß ihm die Hälfte seines beim Konkurse erleidenden Ausfalls
aus der Masse vorweg bezahlt werden. Doch muß diese Belohnung den Betrag des
der Masse verschafften Vorthcils niemals übersteigen. — Z. 483—485 a. a. O.

I. Gläubiger, welche von Einlassung auf den Konkurs frei sind.


Z. 392. Besonders und ausserhalb des Konkurses müssen befriedigt werden:
I) die Regiments- und Bataillonskassen, welche einem Offizier unter Be
obachtung der gesetzlichen Vorschriften zur Anschaffung der Equipage
') Zählt man die Gläubiger nach ihren verschiedenen Vorrechten, so kommen einige
SO Klassen heraus. , .
598
Darlehne gegeben haben. Deren Röckzahlung muß aus der bereitesten Masse
erfolgen; — Anh. K. 353 a. a. O.
2) die, welche mit der Kreditmasse selbst kontrahirt Habenz mithin die,
welche nach eröffnetem Konkurse zur Reparatur der Gebäude, zur Ergänzung
des Bich- oder Feldinventars, zur Anschaffung von Saat?, Brod- und Futter«
korn, zur Deckung der kurrenten Abgaben und Lasten, und überhaupt zur Auf
bewahrung, Erhaltung, bessern Benutzung oder Bersilberung der beweglichen «der
unbeweglichen Gegenstände der Masse Borschüsse oder Lieferungen gethan, Dienste
geleistet, oder sonst Kredit gegeben haben. >) — j. 269 a. o. O.
3) Die von Grundstücken der Konkursmasse nach Konkurseröffnung fällig werdenden,
an Königl. Kreis-, Kämmerei-, Feuersozietätskassen, an Kirchen-
und Schulbediente, zu entrichtenden beständigen Lasten und Abgaben,
Sehnten und Deputat müssen, wenn die Revenüen des Grundstücks dazu
nicht hinreichen, und auch kein Fall des gesetzlich stattfindenden Erlasses vorliegt,
aus der übrigen Konkursmasse vorschussweise gezahlt werden. 2 ) Die Masse c.'nn
demnächst diesen Vorschuß aus den Kaufgeldern des Grundstücks erstattet ver
langen. Beim Mangel eines Fonds in der Masse ist der Kurator befugt und,
schuldig, ei» dazu erforderliches Kapital aufzunehmen, welches nebst Zinsen der
Darleiher demnächst aus den Kaufgeldern des Grundstücks vorweg bezahlt er
hält. — §. 27«, 271 a. a. O.
4) Auf den Konkurs brauchen sich ferner nicht einzulassen die Kreditinstitute we
gen der auf dem Gute des Gemeinschuldners hastenden Pfandbriefe; ferner alle
Hypotheken- und Faustpfandgläubiger, die letztern beide so weit, als sie
aus dem Unterpfand« befriedigt werden. — Besteht das Pfand in einer Aktiv-
Forderung oder in einem Schuldpapierc, welches auf Börsen einen marktgängi
gen Kurs hat; so kann der Pfandgläubiger im Wege der Exekution verlangen,
daß ihm nach Vorschrift des Ges. vom 4. Juli 1822 vom Gericht die Ermäch»
tigung zur Einklagung und Einziehung der Forderung ertheilt, oder die Forde
rung, oder das Schuldpapier an Zahlungsstatt übereignet werde.
Den PfandglSubigern sind gleich, und als« von Einlassung auf den Konkurs
ebenfalls frei:
s) die Erbverpächter, in sofern sie aus den Kaufgeldern der Erbpachtgerech
tigkeit nicht vollständig befriedigt sind, wegen des Ueberreftes in Bezug auf
die im vererbpachtcten Grundstücke befindlichen Effekten des Gemeinschuldners z
ferner
b) die Vermiether und Verpächter wegen Pacht und Micthe, wegen zu-

1) Auch, wenn vor Konkurseröffnung die Sequestration eingeleitet war, und der
Sequester zur Erhaltung der sequestrirten Grundstücke Vorschüsse oder Darlehne
machen mußte, kann deren Erstattung snl« omnes gefordert werden. — Erk.
des Geh. Ob. Tr. Entsch. Bd. 1, S. 233, 265. Res. vom 17. April 1808.
Gräff, Koch ,c. Itl. S. t«62.
- 2) Dahin gehören auch
») die seit Einleitung der Sequestration liquidirtcn Kosten der Regulirung der
bäuerlichen Verhältnisse, der Ablösungen und Auseinandersetzungen; — Res.
vom 14, Septbr. 1827. Jahrb. 3«, S. 135;
b) die seit Konkurseröffnung liquidirten von den Gutsherrschaften subsidiarisch
zu tragenden Untersuchungskosten; — Res. vom 1«. November 1834. Gräff,
Koch ,c. IN. S. 1063.
c) diejenigen, welche zur Ablösung solcher Lasten das Kapital hergegeben habe». —
V. »om 16. März 1811 GS. S. 162.
Die auf Grund besonderer Kontrakte, oder sonstiger spezieller Rechtstitel zu
gewährenden Lasten gehören nicht hierher. — Plen. Beschl. des Geh. Ob.-Trib.
vom 22. April 1344 Z. M. B. S. 234.
599
gefügten Schadens, der fehlenden Jnvcntaricnstücke und überhaupt aller aus
dem Wiechs- oder Pachtvertrage fliessenden Verbindlichkeiten in Bezug auf
die bei Konkurseröffnung im vcrmictheten oder «erpachteten Grundstücke be-
findlichen Effekten des Gemeinschuldners;
der Gastwirth wegen Bezahlung für Quartier und Beköstigung hinsichtlich
der zu ihm gebrachten Sachen;
ch die Schiffer und Fuhrleute wegen Fracht-Zollgeldern oder andrer Aus
lagen in Betreff der bei Konkurseröffnung noch in ihrem Gewahrsam oder
auf dem Zollamte oder dem Packhofe befindlichen Waaren;
e) der Fertiger eines Werks wegen seiner Arbeit und Auslagen in Bezug
auf das noch inseinem Gewahrsam befindliche vom Gemeinschuldner bestellte Werk.
Wollen jedoch Hypotheken - und Pfandgläubiger und die diesen Gleichstehen
den mit einem Ausfall beim Pfände sich an die übrige Masse halten; so müssen
sie sich mit der desfalsigcn Liquidation im Konkurse, wie andre Gläubiger, mel
den. — Z. 287, §. 377 bis 383 a. a. O. — §.2 u. 15 des Ges. vom 28.
Dceember 184« GS. 1841 S. 4 fg. — §. 974, I. 11. K. 454 fg. II. S A. L, R.
S) Die nach §. 39«, V. Nro. 7 zur Kompensation Berechtigten. So weit
jedoch ihr Anspruch durch Kompensation nicht gedeckt wird, gehören sie zum Kon
kurs. — K. 288, I. 5« A. G. O.
t>) Gläubiger einer gemeinschaftlichen Handlung, welche zwischen dem
Gemeinschuldner und Andern bestand, müssen, wenn die Kreditmasse von den
Handlungsgenossen den dem Gemeinschuldner gebührenden Anthcil am Waaren-
lager, den Geräthschaften und ausstehenden Forderungen verlangt, aus der So
zietät befriedigt werden. — Die übrigen Gesellschafter können daher vom
Anthcil des in Konkurs verfallenen Gcmeinschuldncrs die Sozictätsschulden ver
hältnismäßig vorweg in Abzug bringen. Auch steht ihnen srci, wenn sie eine
Naturalfonderung der Handlung oder dem gemeinschaftlich unternommenen Ge
schäfte nachtheilig finden, darauf anzutragen, daß ihnen der Antheil des Gemein
schuldners nach einer genauen, durch Sachverständige anzufertigenden, gerichtli
chen Taxe überlassen werde.
Uebrigens gehört die Konkurseröffnung unter die veränderten Umstände, welche
sowol die Gläubiger des Gemeinschuldners, als die übrigen Gesellschafter zum
Antrage auf Aufhebung der Sozietät berechtigen, wenn auch sonst nach dem So-
zieteitsvertrage dieselbe noch länger fortzusetzen wäre.') — H. 289—291 a. a. O.
7) Die, welche schon vom Gemcinschuldner oder auch erst vom Kurator ausgeklagt,
mit ihren Gegenforderungen oder illiquiden Einwendungen aber zur Separat
verhandlung verwiesen sind, erhalten, wenn sie demnächst bei der Sepa
ratverhandlung obsiegen, die erstrittene Forderung
s) im Falle der Gcmeinschuldner gegen sie aufgetreten war, jedoch nur, wenn
sie zur gerichtlichen Deposition verstattet waren, aus der deponirten Summe
und deren Depositalzinsen nach Abzug der Depositionskosten;
t>) im Falle der Kurator gegen sie geklagt hatte, ebenfalls aus der Summe, zu
der sie selbst verurthcilt find, sie mögen sie nun deponirt oder zur Konkurs
masse gezahlt haben.
In beide» Fällen haben sie nur nöthig, wegen des etwanigen Ausfalls im
Konkurse zu liquidiren. — Z. 292, 293 a. a. O.

') Auch dann, wenn über das Sozietätsoermögen Konkurs eröffnet wird, steht den
Sozietätsgläubigern das Absondcrungsrccht zu, so, daß die Privatgläubiger des
Gesellschafters sich nur an den Verbleib nach Befriedigung der Erstcren und an
das übrige Vermögen des Schuldners halten können. — Erk. vom 3«. Sep
tember 1837 u. 3«. November 1858. Jux. Woch. 1839 S. 857 fg.
60«
S) Sind in den Fällen der gz. 370 und 371 zwischen dem Gemeinschuldner und
Dritten geschlossene Vertrage auf Antrag der Gläubiger aufgehoben worden; so
können diefe dritten Kontrahenten dasjenige Quantum, welches in Rücksicht des
vernichteten Geschäfts zur Konkursmasse geflossen, oder darin zur Zeit der Er«
öffnung des Konkurses noch vorhanden gewesen ist, ohne den geringsten Abzug
zurückfordern. — Z. 294 a. a. O.
9) War der Gemeinschuldner Beamter; so müssen der vorgesetzten Behörde dessel
ben alle seinen Dienst betreffenden Schriften; ingleichen alle die
Bücher, Karten, Instrumente und Utensilien verabfolgt werden, welche
dem Gemeinschuldner zur Verwaltung seines Amts anvertraut worden, vder
welche ohne Nachtheil des Dienstes nicht fremden Händen überlassen werden kön
nen. Hat der Gemcinschuldner dergl. Sachen auf eigne Kosten angeschafft; so
muH entweder der Werth nach einer billigen Tare vergütet, oder die Sachen
müssen in solchen Stand gesetzt werden, daß die Materialien für Rechnung der
Masse ohne Gefahr verkauft werden können.
Gleiches gilt, wenn Gemeinschuldner Militair war, in Betreff der de»
Dienstangehenden Rechnungen und Briefschaften, und der dem Re
giments oder der Kompagnie verbleibenden Gewehr- und Montirungsstü cke.
Z. 295, 69« I. 5« A. G. O.
lll) Hierher werden endlich auch Gläubiger gezählt, welche ein Sex «rat! onS-
recht haben. Diefes steht zu
.4. Den Gläubigern eines Erblassers, dessen Nachlaß dem Gemeinschuldner zuge
fallen ist, vorausgesetzt jedoch, daß jene Gläubiger vor Ablauf eines
Jahres nach dem Absterben des Erblassers ihre Befriedigung vom Erben
gerichtlich gefordert, und die Exekution wider ihn bis zum eröffneten Kon
kurse fortgesetzt, daß sie auch mit dem Erben keine Novation') vorgenommen
haben, und daß sie sich spätestens im Vcrisikationstermine bei Vorlegung
des Uebcrschlags der Masse auf diese Rechrswohlthat berufen. — Demnach
können einzelne Nachlaßgläubiger von dieser Wohlthat Gebrauch machen,
während andre derselben verlustig sind.
Das Separationsrecht hat zur Folge, daß die Nachlaßmasse von der Kon
kursmasse des Erben ganz gesondert und besonders verwaltet werden muß,
und daß daraus, in so weit sie bei der Konkurseröffnung noch in Natur,
sei es in Geldern, Forderungen, beweglichen oder unbeweglichen Sachen,
vorhanden, jene zum Separationsrecht Befugten ohne Rücksicht auf die Be-
' ' ' schaffenhcit ihrer Forderung an Kapital, Zinsen und Kosten vollständig befrie
digt werden. In gleicher Art können selbst Legatarien, wenn sie sich das Se-
parationsrccht auf obige Weise erhalten haben, dasselbe ausüben. Was dann
' übrig bleibt, fließt erst zur Konkursmasse. Die vom Erben auf Nachlaßgc-
genstände vor Konkurseröffnung eingeräumten und andre Pfand- und Hypo
thekenrechte erleiden jedoch dadurch keinen Nachtheil. — Reicht aber der se
parate Nachlaß zur Befriedigung der das Separationsrecht Uebcnden nicht
hin; so müssen diese Gläubiger nach der Klassisikationsordnung klassisizirt,
und darnach aus dem Nachlasse, so weit er reicht, befriedigt werden.
Die Ausfallenden können sich mit dem Ausfall im Konkurse des Erben
melden; den Gläubigern der Konkursmasse kommt aber dann die Rechtswohl-
that des Inventars in so weit zu Statten, als Gemeinschuldner, wenn er
^ ' ' noch über sein Vermögen verfügen könnte, sich darauf berufen dürfte.

') Diese geschieht dadurch, daß eine neue Verbindlichkeit ausdrücklich an die Stelle
der vorigen gesetzt wird. — §. 454, I. IS A. L. R.
«01
. . In wie fern bie Separationsberechtigtcn zur IV. ober VI. Klasse liqui»
diren können, davon wird unten die Rede sein.
Haben Erbschaftsgläubiger durch Novation oder durch zu spates Anmel«
den ihres Rechts dasselbe verloren, so sind sie, wie andre Gläubiger des Ge-
mcinschuldners, in dessen Konkurse zu loziren.
ö. Auch Gläubiger eines Erben, deren Forderungen älter, als der Erbanfall,
sind, haben das Recht, die Absonderung des Vermögens ihres in Konkurs
verfallenen Schuldners von dem Nachlasse dann zu erlangen, wenn Erbe eine
verschuldete Erbschaft ohne Vorbehalt des Inventars übernommen hat, und
dadurch zur Befriedigung der beiderseitigen Gläubiger unfähig geworden ist.
Die Gläubiger des Erben müssen jedoch, wenn sie dies Recht in Anspruch
nehmen, ihre Forderungen innerhalb Jahresfrist, nach übernommener Erbschaft
gegen den Schuldner eingeklagt, und die Exekution bis zur Konkurseröffnung
fortgesetzt haben. — Die Wirkung dieses Absonderungsrechts ist, daß die
Gläubiger des Erben, denen es zukommt, aus seinem abgesonderten Vermö
gen, jedoch unbeschadet der Pfand: und Hypothenrechte, vorzüglich befriedigt
werden. An das Uebrigbleibcnde können sich dann die Erbschafts- und die
übrigen eignen Gläubiger des Erben halten.
L. Hat der Gemeinschuldner die verschuldete Erbschaft nur als Benesizialerbe
angenommen, so können seine eignen Gläubiger gegen die Gläubiger des Erb
lassers von der Rechtswohlthat des Inventars in eben dem Maaße Gebrauch
, . machen, als es der Erbe bei nicht vorhandenem Konkurs thun könnte. —
§. 272—WS I. 50 A. G. O. — Z. 500—512 I. 16 A. L. R. Verord.
vom 28. März 1840 GS. S. 103.
N. Gläubiger der ersten Klasse.
Z. 393. Die Gläubiger der ersten Klasse fordern ihr Eigenthum zurück. Sie
werden deshalb allgemein Vindikanten genannt. Ein Rangstreit kann daher
unter ihnen selbst nicht füglich vorkommen. — Nur die unter Nro. 18 Aufgeführten
sind nicht wirkliche Vindikanten. — Ist eine nach den Vorschriften dieses §. zur
Rückforderung geeignete Sache um deshalb, weil der Eigenthümer unbekannt, oder
nicht gehörig legitimirt ist, mit den Efferen der Konkursmasse verkauft worden, so
treten die gelösten Kaufgelder nach Abzug der auf den Verkauf verwendeten Kosten
jedesmal an deren Stelle. — Z. 354, 355, I. 50 A. G. O.
In der ersten Klasse werden angesetzt:
'l) diejenigen, welche die dem Gemeinschuldner in Verwahrung gegebenen, noch
in Natur vorhandenen Kostbarkeiten und andern Effekten zurückfordern.
In Ansehung deponirter Gelder findet Gleiches nur dann statt, wenn dieselben
nicht mit des Gemeinschuldners Geldern vermischt, sondern in besondern Be
hältnissen, oder Beuteln mit des Deponenten Petschaft versiegelt, oder in ver
schlossenen Behältnissen, wozu der Niederleger den Schlüssel in Händen behalten
hat, vorgefunden werden. — Z. 29S a. a. O.
2) Diejenigen, welche dem Gemeinschuldner Sachen, die sich beim Ausbruche bei
Konkurses noch in dessen Vermögen befinden, zum Gebrauche geliehen,
^, »Frmiethet, oder bittweise überlassen haben. Geliehene Gelder, und
^ , Aachen, die, ohne sie zu verbrauchen, nicht gebraucht werden können (res tun-
gibiles), gehören nicht hierher. Doch können die unentgeltlich in Gewahrsam
des Gemeinschuldners gekommenen baaren Gelder, geldgleiche Papiere, und in
Kurs besindliche, auf jeden Inhaber lautende, Papiere, dann zurückgefordert wer
den, wenn sie noch unvermischt und unversehrt in dem Beutel oder andern Be-
' HSltnisse, in welchem sie vorhin gewesen, gefunden worden, und von andern Gel
>ern resp. Papieren mit Gewißheit unterschieden werden können. — §. 297 a. a. O. —
§. 45—47 I. IS A. L. R.
3) Die, welche dem Gemeinschuldner Pfänder in Versatz gegeben haben. Sie können
dieselben, wenn sie noch vorhanden, gegen Entrichtung des Pfandschillings und
der schuldigen Zinsen auslösen. Bei Nichtauslösung binnen einer zu bestimmen
den billigen Frist haben sie aber den Berkauf zu gewärtigen, und dann steht
ihnen vom Erlöse nur der nach Abzug des Pfandschillings, der Zinsen und Kosten
verbleibende UeberschuS zu. — Z. 298 a. a. O.
4) Diejenigen, deren Effekten durch Diebstahl oder auf andre unerlaubte
Art in des Gemeinschuldners Gewahrsam gekommen sind, in so fern dieser beim
Ausbruche de« Konkurses sich noch im Besitz befunden hat. — §. 299 a. a. O.
5) Die, welche dem Gemeinschuldner Waaren') oder Effekten zum Verkaufe
in Kommission gegeben, oder zur weitern Spedition anvertraut ha
ben, wenn sie bei Konkurseröffnung
a) noch in des Gemeinschuldners Gewahrsam vorhanden, oder
K) zwar verkauft, die Kaufgelder aber noch nicht eingezogen, oder vom Gemein
schuldner mit dem ausdrücklichen Vermerk, daß sie seinem Kommittenten ge
hören, besonders aufbewahrt sind.
In diesen Fällen sind dem Austragenden die Waaren oder Effekten oder deren
Kaufgelder gegen Zahlung der Auslagen und Provision zu belassen.
Sind die in Kommission gegebenen Waaren unter den eignen des Gemein
schuldners vermischt, und ohne besondre Unterscheidungszeichen gelagert; so kann
der Austraggeber sie nur in so fern zurückfordern, als er die zu seinem Eigen
thum gehörigen Stücke nachweist. — Z. 300—SOI a. a. O.
6) Derjenige, für welchen der Gemeinschuldner auftragsweife Waaren
gekauft hat. Er kann
s) diese, gegen Zahlung der dem Gemeinschuldner nach angelegter Berechnung
etwa noch zukommenden Auslagen und Kosten, dann verabfolgt verlangen,
wenn er dem Gemeinschuldner das benöthigte Geld schon angewiesen hat,
die Waaren in dessen Gewahrsam bei Konkurseröffnung noch vorhanden sind,
und in des Gemeinschuldners Handlungsbuch bemerkt ist, daß sie dem Be
steller gehören.
' b) Dagegen haben in dem Falle, wenn Besteller zum Ankauf keine Fond« an
gewiesen hat, die Gläubiger die Wahl: ob sie die noch vorhandenen Waa
ren, gegen Bezahlung der Kosten und Auslagen, dem Besteller verabfolgen,
oder sie zur Masse ziehen wollen.
" In beiden Fällen (zu s u. b) bleiben dem Verkäufer seine Rechte an den
Besteller oder die Konkursmasse vorbehalten. — 8. 302—304 g. a. O.
7) Der, welcher dem Gemeinschuldner Waaren auf Kredit verkauft
hat, kann diese nur dann vindiziren,
s) wenn die kreditirten Waaren erst innerhalb dreier Tage vor Konkurseröffnung
abgeliefert sind, 2)
b) wenn die vor eröffnetem Konkurse bestellten Waaren erst nach eröffnetem
Konkurse ankommen; und
c) wenn dieselben zwar vor Konkurseröffnung, aber doch zu einer Zeit ankom
men, da der Gemeinschuldner sich schon für zahlungsunfähig erklärt, und seinen
Unter Waare sind hier bei Nro. 5, 6 u. 7 auch Wechsel und andre drrgl. Pa
piere zu verstehen.
2) Ueber den Begriff von „Ankommen" und „Uevergeben" in dem hier gebrauch
ten Sinne S. Erk. in Simons R. S. Bd. 1, S. 1«l fg. 29« fg. Klein
Ann. 24, S. 206.
S03
Gläubigern gerichtlich oder aussergerichtlich Behandlung angeboten hat, hier-
nächst aber Konkurs eröffnet ist.
In allen drei Fällen (s—c) darf jedoch vom Gemeinschuldncr über diese
Waaren noch nicht anderweit verfügt sein. Bon dritten Besitzern derselben
kann aber der kreditirende Verkäufer sie nur unter den K. 370 u. 371 vor
geschriebenen Maasgabcn zurückfordern. Behält hiernach der dritte Besitzer
die Waaren, so kann in den Fällen zu K und <: Absender sich an den vom
Dritten dem Gemeinschuldner ganz oder theilweise noch rückständigen Preis
derselben vorzüglich vor allen andern Gläubigern halten.
Auch, falls Waaren oder Sachen gegen baare Zahlung verkauft, gleichwol
aber ohne Zahlung dem Käufer verabfolgt sind, findet die Vindikation dann
statt, wenn die Konkurseröffnung innerhalb dreier Tage nach Verabfolgung
geschehen, oder wenn der Verkäufer die Klage auf Zahlung oder Rückgabe ge
gen den Gemeinschuldner innerhalb dreier Tage gerichtlich angemeldet hat. Diese
Frist wird, wenn Käufer und Verkäufer an einem Orte sich befinden, vom
Tage der Uebergabe, sonst aber von demjenigen an gerechnet, an welchem der
abwesende Verkäufer von der nicht erfolgten Zahlung hat Nachricht erhalten,
und die Klage bei dem gehörigen Richter hat anmelden können. — Doch kann
der Verkäufer in beiden Fällen nur so weit vindiziren, als die Sache oder
Waare noch in der Masse wirklich vorhanden ist. In Ansehung dritter Besitzer
gelten auch hier die Vorschriften. §. 370 u. 37l. — §. 305 bis 309 a. a. O.
8) Die Gutsherrschaften, welche einem Unterthanen die Hofwehr, oder die Verpäch
ter, welche einem Pächter Jnventarien-, Vieh- und Wirthschgftsgc-
räthe übergeben haben. Ihnen gebührt das Vindikationsrecht sowol hinsichts
der gegebenen und noch vorhandenen, als in Betreff der, nach den Gesetzen über
Pachtrückgewöhr statt der untergangenen an deren Stelle tretenden, Stücke.
Hat darnach der Verpächter dem Pächter etwas zu vergüten ; so muß er das
selbe, gegen Uebernahme der zurückgelieferten Jnventarienstücke, zur Masse entrich
ten. Hat Verpächter eine Vergütung zu fordern, oder liquidirt er Ersatz für feh
lende Stücke, so gehört er damit in die sechste Klasse. — K. 31«, 311 a. a. O.
S) Die Ehefrau de« Gemein schuldners') kann vindiziren, vorausgesetzt, daß
das zu Vindizirende bei Konkurseröffnung noch in Natur vorhanden ist:
s) die bei Verheirathung zum Manne gebrachten, oder während der Ehe
ererbten, oder von Andern, als dem Ehemanne, zum Geschenk er«
haltenen Effektenz
d) die Hoch zeit sgeschenke, und zwar die nach ihrer Beschaffenheit, oder nach
der ausdrücklichen damals geschehenen Erklärung des Gebers nur für die
Frau allein bestimmten ganz, andre zur Hälfte;
e) die ihr vom Manne als Brautgeschenk oder als Morgengabe gege
benen Effekten, in sofern diese Schenkungen nicht eben so, wie die an Fremde
geschehenen, dem Widerrufe der Gläubiger unterworfen sind;
«1) die ihr vom Manne gegebene nach ihrem Stande unentbehrliche Klei
dung, Leibwäsche und Betten. Juwelen, Gold, Silber, Perlen, Kan
ten, oder was sonst zur Pracht dient, ferner etwanige Gerade und Mußtheil
gehören nicht hierherz
e) Werkzeuge und Geröthschaften, welche zu einem, von der Frau in
stehender Eh« getriebenen besonderen Gewerbe gehören. Der Erwerb aus die-
') Zwischen einer Ehefrau zur rechten oder linken Hand ist kein Unterschied gemacht.
Doch muß bei einer Ehefrau zur linken Hand berücksichtigt werden, daß sie die
umimschränkte Verwaltung ihres Vermögens behält, so doß sie mit Ihren Bindi-
kationsansprüchcn in der Regel sicherer wird auftreten können, als ei« andre Frau.
604
. i , ^ fem Gewerbe aber ist, sofern er nicht zum ausdrücklich vorbehaltenen VermlZ«
gen gehört, der Vindikation nicht unterworfen,
t) Grundstücke dann, wenn sie im Hypothekenbuche auf ihren Namen ein
getragen stehen, und sie entweder schon vor Verheirathung dieselben besessen,
, oder wahrend der Ehe aus einem, keinem Widerrufe von Seiten der Gläu-
, biger unterworfenen Rechtstitel erworben hat.
Ist der Befitztitel auf beide Eheleute berichtigt, so hat, s») wenn die Ehe
leute in Gütergemeinschaft gelebt haben, die Frau kein Bindikationsrecht. bd)
Bei nicht vorhandener Gütergemeinschaft aber ist die Frau als Eigenthüme-
rin des aus dem Hypothekenbuche für sie sich ergebenden Antheils, falls dies
aber darüber Nichts besagt, als Eigenthümerin der Hälfte anzusehn. Die
vom Manne einseitig ausgesprochenen Verpfändungen können daher ihren Ei-
genthumsantheil nicht schmälern.
Ist der Besitztitel auf den Namen des Mannes allein berichtigt; fo steht
der Frau selbst dann kein Bindikationsrecht zu, wenn Gemeinschuldncr im
Ehevertrage oder sonst versprochen hätte, daß die Ehegelder zum Ankaufe
eines solchen Grundstücks verwendet werden sollen, und dieses wirklich gesche-
, hen wäre. — Z. 312—326 a. a. O. . ,, , .'- - .-
10) Die Kinder des Gemeinschuldners können, sofern das Beanspruchte noch in
Natur vorhanden, das Eigenthum geltend machen . ,
s) an den ererbten, von ihren Pathen oder von Andern, als dem Gemeinschuld
ner, geschenkten, oder sonst eigentümlich erworbenen Sachen. Bei Pathen-
, geschenken wird nicht darauf gesehen: ob sie in Betracht der Aeltern oder des
, Kindes gegeben worden; . , . ,->>:,-
K) das vom Gemeinschuldncr zur Aussteuer Erhaltene, so wie Geschenke dessel
ben, welche in gewöhnlichen Kleidungsstücken, Leibwäsche und in den zu ihrem
Studircn nöthigen Büchern und Gerärhschaften bestehen;
<:) andre vom Gemeinschuldner ihnen geschenkte Sachen jedoch nur dann, in so
fern den Gläubigern kein Widerruf der Schenkung zusteht. — Z> 327—329 a. a. O.
11) Fideikommißinteressenten und Lehnsfolger können die Verabfolgung
der in der Konkursmasse befindlichen Fideikommiße und Lehne, gegen Uebernahme
oder Berichtigung der aus demselben hauptsächlich zu berichtigenden Schulden,
dann fordern, wenn Gemeinschuldner gestorben ist. Doch muß in solchem Falle
^ °jdie Fideikommiß- oder Lehnseigenschaft im Hypothekenbuche vermerkt sein, da
sonst das Vorzugsrecht der ersten Klasse nicht statt findet. > )
... . Bei Auseinandersetzung zwischen dem Lehns- oder Fideikommiß folger und den
, . Gläubigern des bisherigen Besitzers, welche Behufs Ausmittelung des Aktivver
mögens vorzunehmen ist, nicht aber zum Verfahren über die Passivmasse gehört,
nimmt der Kurator die Rechte der Gläubiger wahr. Ergeben sich daraus für
, den Lehns- oder Fideikommißfolger Vergütigungsansprüche an die Masse; so muß
er sie im Konkurse liquidiren. 2) Ist bei Abfassung des Klassisikationsurtels die
Auseinandersetzung noch nicht beendet; so wird ihm Lokus für die auszumit«
telnde Summe vorbehalten. . ..
^ , Behauptet Jemand, erst künftig geltend zu machende Ansprüche auf die in
der Masse befindlichen Güter oder andern Sachen zu haben, z. B. ein LehnS-
Herr, ein Lehnsfolger, ein Wiederkaufsberechtigter, und Kontradiktor und Gläu-
biger, finden dagegen Nichts zu erinnern; so werden ihm im Klassifikationsurtel
!) Sie werden in der sechsten Klasse liquidiren können.
») Er wird zur sechsten oder zur siebenten Klaffe liquidiren können , je nachdem GutS-
inventarienstücke fortgebracht sind, oder andre Ansprüche, z. B. wegen Dermo,
. ration, liquidirt werden.
««5
stinc Rechte vorbehalten. Findet sich aber ein Widerspruch; so gehört die nä
here Erörterung desselben zum besondern Prozesse, und zur Feststellung der Ak
tivmasse, wobei der Kurator die Rechte der Gläubiger wahrnimmt. — Z. 33«—
334 a. a. O.
12) Wenn dem Gemeinschuldner Sachen unter einer, dessen Eigenthum einschrän
kenden, aufschiebenden, oder auslösenden Bedingung überlassen,
und bei Immobilien diese Einschränkung im Hypothekenbuch vermerkt worden;
so können beim Eintrit der Bedingung die, zu deren Bortheil sie festgesetzt ist,
die Wiederabtretung unter den vorgeschriebenen Maasgaben «erlangen. — Ist
der Eintrit oder Nichteintrit der Bedingung noch ungewiß ; so können Interessen
ten darauf dringen, daß entweder die Beräusserung bis dahin verschoben werde;
oder nur in der Art erfolge, daß der Käufer, der verabredeten Bedingung nach
zukommen sich gefallen lasse. — Z. 335 a. a. O.
13) Die bei Konkurseröffnung für Grundstücke des Gemcinschuldners noch vorhan
denen Feuerentsch äoigungs- «der Bauhilfsgelder können von denen
in Anspruch genommen werden, welche zu dem betreffenden Bau Materialien
geliefert, oder Arbeitslohn, oder solche Geldvorschüsse zu fordern haben, welche
wirklich zum Bau verwendet worden sind. — ß. 336, I. 5«. §. IS, I. 29 A. G. O.
14) Inländische Fabrikunternehmer und das Rettungsinstitut zu
Berlin können die ihren Arbeitern, resp. den Unterstützten vorgeschossenen
Materialien, wenn sie noch unverarbeitet in deren Vermögen vorhanden sind,
zurückfordern. Sind sie schon verarbeitet; so treten zu Gunsten der Fabrikun
ternehmer die daraus gefertigten vorhandenen Waaren an deren Stelle, und es
muß nur das Arbeitslohn der Masse vergütet werden.
Auch aus der Konkursmasse der Kauflcute und Krämer können dergl. Fa
brikunternehmer und einzelne Fabrikanten, jedoch nur binnen Jah
resfrist nach Lieferung, die auf Kredit gegebenen, und noch in Natur vor
handenen Waaren dann «indiziren, wenn darüber entweder die bei den Fa
brikanten geführten, und kaufmännisch eingerichteten Bücher, oder vorschrifts-
mässig geführte Abrechnungi-, d. h. solche Bücher vorgelegt werden, worin der
Verkäufer die von ihm geschehenen Waarenlieferungen und dafür empfangenen
Zahlungen einschreibt, und welche er demnächst dem Gewahrsam des Käufers
oder Abnehmers übergibt. — Durch die Handlungsbücher der Kaufleute, oder
durch andre Beweismittel, kann der Nachweis Behufs Geltendmachung de« Vor
rechts der ersten Klasse nicht geführt werden. — g. 337, 338, Anh. Z. 3S4—
356, I. 5« A. G. O.
15) Gleiches Vorrecht, wie zu 14 den Fabrikunternehmern, steht auch dem z u r U n-
terstützung der kleinen Seiden- und Baumwollenfabrikanten in
Berlin, Potsdam und Köpnik bestimmten Fonds unter der Beschrän
kung zu, daß ordentlich geführte Abrechnungsbücher geführt, und daß die Mate
rialien innerhalb Jahresfrist vor Konkurseröffnung geliefert sein müssen. Kon-
kurrirt dieser Fonds s) mit einem nach Nro. 14 privilegirten Fabrikunterneh
mer, für welchen der Gemeinschuldner ebenfalls gearbeitet hat, bei Waaren, von
denen nicht ausgemittelt werden kann, wessen Materialien dazu verwendet sind;
so hat der Fabrikuntcrnehmer vor dem Fonds den Vorzug, b) Ist es zweifel
haft, ob die Was« aus den Materialien des Fonds oder einer nicht privilegir
ten Privatperson gefertigt ist; so kann der Fonds nur einen Theil der Waare
- nach Verhältniß der von ihm vorgeschossenen Materialien gegen die vom Pri
vatbesteller gegebenen, gegen verhältnißmässige Vergütung des Arbeitslohns, for
dern. — Z. 339—341 a. a. O.
16) Gleiches Vorrecht gebührt ferner, jedoch überhaupt nur, wenn die Lieferung m

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nerhalb Jahresfrist vor eröffnetem Konkurse geschehen ist, auch Andern, welche
an Tuchmacher und Wollfabrikanten Materialien unter der ausdrück
lichen Bedingung vorgeschossen haben, daß diese Borschüsse mit den daraus ge
fertigten Waaren nach einem für Letztere im Boraus verabredeten Preis bezahlt
werden sollen. Auch hier wird die Haltung ordentlicher Abrechnungsbücher vor
ausgesetzt. Fehlen diese oder die vorstehende ausdrückliche Verabredung; so ist
das Borrecht der ersten Klasse nicht begründet. — §. 342, 343 a. a. O>
17) Hat Jemand einem Andern die Fertigung eines Werks aufgetragen; so kann,
falls vor Uebergabe des Werks über das Vermögen des Werkmeisters Konkurs
ausbricht, der Besteller s) das in der Masse vorhandene vollendete
Werk, gegen Erlegung des noch schuldigen Preises; b) wenn aber das Werk
noch nicht vollendet ist, die von ihm gelieferten und noch vorhandenen, oder
aus dem dazu ausdrücklich gegebenen Borschusse erweislich ange
schafften und bezahlten Materialien fordern. So weit er dadurch we
gen der gelieferten Materialien oder des gegebenen Borschusses nicht gedeckt ist,
kann er sich an das in der Masse vorhandene noch unvollendete Werk halten.
Wird er auch dadurch nicht gedeckt; so muß er das Uebrige im Konkurse liqui-
diren. — Z. 344 a. a. O. §. 975—979, I. 11 A. «. R.
18) Domainenbeamte, Pächter oder Verwalter von Kämmereigütern,
oder auch Privatgutsherrschaften, deren Pächter oder Wirthschafts-
verwalter, welche ihren zurückgekommenen Unterthanen das nöthige Saat-,
Brod- und Futtergetraide in Natur vorgeschossen, oder auch das ander
weit gekaufte Getraide der Art bezahlt und zugleich dafür gesorgt haben, daß
es zur Saat und Fortstellung der Wirtschaft wirklich verwendet ist, es also bis
zum jedesmaligen Gebrauche in sicherem Gewahrsam gehalten worden, können
die Erstattung in der ersten Klasse dann liquidiren, wenn der Vorschuß aus
dem Wirthschaftsjahre vor Konkurseröffnung, oder für den Fall, daß die nächste
Aernte nach Verabreichung dem Schuldner nicht ein Mal das zur Erstattung
des Vorschusses Erforderliche lieferte, aus dem vorletzten Wirthschaftsjahre her
rührt, und wenq zugleich der in jedem Falle hinreichende Nachweis der geprüften
Notwendigkeit, des Betrages des Vorschusses und der geschehenen Verwendung
durch ordentliche darüber aufgenommene gerichtliche Vermerke nachgewiesen wird.')
Dasselbe Vorrecht geniessen auch dritte dann, wenn sie sich, vor Berabfol-
gung des Vorschusses an den Unterthan, bei der Gutsherrschaft oder dem Be
amten melden, von diesen die Notwendigkeit und der Betrag des Vorschusses
gehörig untersucht, ausdrückliche Einwilligung dazu ertheiltz für die Verwendung
von der Herrfchaft oder den Beamten in gleicher Weife, wie vorstehend, gesorgt,
und darüber die zum Nachweis dienende gerichtliche Verhandlung aufgenommen wird.
Vorschüsse, bei denen nicht die vorstehenden Vorschriften beobachtet, oder die
älter sind, können nicht hier angesetzt werden. — §. 345—3S3 «. a. O.
M. Gläubiger der zweiten Klasse.
§. 394. Die Gläubiger der zweiten Klasse?) kommen in der Ordnung zur
Hebung, in welcher sie nachstehend auf einander folgen.») Reicht die Masse zur
1) Dieses Borrecht stützte sich auf das VerhMniß des Gutsherrn zu seinem Unter
than, welches jenen zur Erhaltung des Letztern verpflichtete. Jetzt ist eS fast
bedeutungslos geworden.
2) Dies sind die absolut privilegirten Konkursgläubiger; nach gem. Recht die Gläu
biger der ersten Klasse.
») In wie weit die unter Nro. 2, 3, 7 und 8 genannten Gläubiger der zweiten
Klasse den hypothekarischen Gläubigern vorgeben, davon wird im sechsten Ab
schnitt die Rede sein.
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Befriedigung der unter Einer Nummer Stehenden nicht mehr aus; so erhalten diese
«erbaltnißmössigen Antheil aus dem auf sie zu vertheilenden Betrage. — Z. 335,
386 o. s. O.
Zu dieser Klasse gehören:
1) FiskuS mit einem zweijährigen,') von Konkurseröffnung zurückgerechneten
Rückstand der landesherrlichen, vom Gemeinschuldner für seine Person
oder von einem Grundstück zu zahlen gewesenen, Abgaben; — 3S6 a. a. O.
2) ein gleicher zweijähriger Rückstand aller beständig fortlaufenden
Reallasten und persönlichen Pflichten 2) und Abgaben, welche nach den
Verfassungen eines jeden Orts oder Kreises, oder einer Provinz, vom Gemein?
schuldner an Kreiskassen, Kämmereien, Gutsherrschaften, ') oder an Kirchen, oder
an Schulbediente zu entrichten sind. ^) Die in Bezug auf ein Grundstück zu
entrichtenden Lasten müssen jedoch einer gewissen Klasse von Grundstücken in einem
Orte, «der Kreise, oder in einer Provinz dergestalt gemein sein, daß sie in der
Regel auf allen zu dieser Klasse gehörenden Grundstücken haften. Ist dies nicht
der Fall, haftet die Abgabe vielmehr nur auf einem «der dem andern Grund
stück auf Grund eines besondern Titels (Kontrakt, Erbrezeß, Testament); fv ist
diese Abgabe nicht hier, sondern, sofern sie nicht im Hupothekenbuch steht, in der
fünften Klasse anzusetzen. — §. 357, 358 a. a. O. — Deelar. vom 3. April
1838 GS. S. 254.— §. 9«, 93, IIS Ges. vom 21. April 1825 GS. S. 92 fg.
A) Die innerhalb zweier Jahre vor Konkurseröffnung ausgeschriebenen Beiträge
zu den Feuersozietätskassen, den Kreisjustiziariaten, den unter öf
fentlicher Autorität zur gemeinschaftlichen Uebertragung der Kriminal»
kosten errichteten, ingl. den Viehassekuranzgesellschaften. — K. 359, I.
S« A. G. O.
4) Fiskus wegen Kassendefekten in dem Vermögen der bei Königl. Kassen
angestellten Rendanten, Kontrolleurs, Schreiber, Diener und Botenz
desgl. die Bank; die Seehandlungsgesellschaft; die Allgemeine, und
die Offizier-Wittwenkasse, die Universitäten zu Königsberg und
Breslau; die Generallotteriekasse; der Freienwalder Gesundbrun
nen, und andre Anstalten, welchen fiskalische Rechte ausdrücklich beigelegt
sind, im Vermögen ihrer Kassenbedienten.«) — §. 36«, 361 a. a. O.
Z. 45 fg. II. 14 A. L. R. Regl. vom 23. December 1775. Z. 41. Rabe 1,
S. 146. — Cab.-O. vom 27. Mai 1796. Rabe 3, S. 393. — Res. vom
2S. Juni 1804. Rabe 8, S. 12«. — §. 145 Anh. z. A. G. O. Res. vom
4. Auguft 1812. Jahrb. 2, S. 244. — z. 12 Lott. Ed. vom SS. Mai 181«.
Rabe 1«, S. 35«. — Res. vom 31. Januar 1791. Rabe 2, S. 67.
5) DK noth««ndig verwendeten Begräbniskosten des vor Konkurseröff
nung verstorbenen Gemeinschuldners; und zwar
i) Aeltere Rückstände kommen, in so fern sie nicht ins Hypothekenbuch eingetragen
sind, in die vierte Klasse. Auch hat Fiskus den Regreß an den Einnehmer der
Kasse, falls er mit Einziehung säumte. — ß. 356 a. a. O.
») Z. B. die Miethssteuer in Berlin; Deel, vom 3. April 1838; DammsozietätS-
btltrSgt; Cab.-O. vom 15. August 1814 GS. S. 73 ,c. Indirekte Steuern
gehören jedoch nicht in diese Klasse. — Res. vom 21. März 1842 I. M. B. S. 133.
») Laudemien gehören in diese Klasse nicht. — Lf. Erl. vom 2. März 1836 und
8. April 1837. Koch Arch. 1, S. 391.
«) Bei erfolgter Ablösung solcher Lasten treten die dafür konstituirten Renten und
Kapitalien in dies Borrecht der zweiten Klasse. — k!k. §. 5, 6, Ann. vom 16.
März 1811 GS. S. 1S7. — §. 76 Gem. O. vom 7. JUni 1321 u. §. 3 Ges.
vom 29. Juni 1835.
») Die Im Z. S61, I. 5« A. G.O. erwähnte Haupt-Nutz- und Brennholz-Admini
stration ist aufgehoben.
39«
eos
s) nicht über so Thlr. bei Abelichen, und karakterisirten König!. Beamten;
b) nicht über 30 Thlr. bei geringeren Königl. Beamten, Banquiers oder ange
sehenen Kaufleuten z
«) nicht über 1V Thlr. bei Andern.
Wenn jedoch die nach der Verfassung eines Orts, ohne Rücksicht auf den Stand
des Gemeinschuldners, ganz unvermeidlich gewesenen Begräbnißkosten sich höher
belaufen; muß der nachgewiesene, wirklich und' durchaus nothwendig gewesene
Betrag hier angesetzt werden.
Hat ein Verwandter oder Dritter >) das Begräbniß besorgt; so gebührt ihm
in dieser Klasse der festzusetzende Betrag; und er kommt denen, welche Sachen
oder Arbeiten dazu geliefert, persönlich dafür auf.
Für Leichenpredigten, Parentationen, Leichensteine, Trauergastmahle und ähn
lichen überflüssigen Aufwand; ferner für das Begräbniß des nach Konkurseröff
nung «erstorbenen Gemeinfchuldners , der Frau, Kinder und Anverwandten des
selben kommt Nichts zum Ansatz. — §. 362-366, I. 50 A. G. O.
6) Die durch Krankheit des Gemeinschuldners oder seiner Familie veranlaßten Me
dizinalkosten des Arztes, Wundarztes oder Apothekers;?) ferner
die Gebühren des Geburtshelfers oder der Hebamme für Entbin
dung der Frau des Gemeinfchuldners, und zwar
s) die im letzten Jahre vor Konkurseröffnung erwachsenen durchweg;
b) ältere Rückstände aber nur dann, wenn sie 6 Wochen vor Ablauf des Jah
res, in welchem sie erwachsen, gerichtlich eingeklagt, und wenn der Prozeß
und die Exekution bis Ausbruch des Konkurses ununterbrochen fortgesetzt sind.
Jedoch müssen die Rechnungen, sofern die Forderung nicht etwa unbeträchtlich,')
oder vom Kontradiktor eingeräumt ist, vom Medizinalkollegio der Provinz ge
prüft und festgesetzt, und bei Apothekerrechnungen muß durch die Rezepte nach
gewiesen werden, daß die Arzneien von einem öffentlichen approbirten Arzte »er
ordnet sind.
Aus Krankheiten während des Konkurses vergütet die Konkursmasse nur in
sofern Medizinalkosten und Entbindungsgebühren, als Gemeinschuldner eine Kom
petenz erhält, und sie aus dieser zu bestreiten sind. — §. 3S7—369 u. Anh.
Z. 358 a. a. O.
7) Ferner gehören Hieher
s) die aus den letzten beiden Jahren vor Konkurseröffnung herrührenden Rück
stände an Lohn, Kostgeld oder Deputat, an versprochener Livree, und
an dem, als Theil des Lohns angewiesenen, und vorbehaltenen Stamm«
und Schießgelde, und zwar s«) derjenigen Dienstboten, Domestiken,
H ausoffizianten und Wirthschaftsbedienten, welche gegen ein jährliches,
monatliches oder wöchentliches Lohn noch bei Konkurseröffnung im Dienste
des Gemeinschuldners standen, oder welche bei Einleitung der Sequestration
von der einleitenden Behörde aus dem Dienste entlassen sind, oder welche, im
Falle sie früher den Dienst verliessen, den Rückstand vor Konkurseröffnung
gerichtlich einklagten; bb) derjenigen Wirthschaftsbedienten, welche gegen ei»
nach gewissem Verhältniß der geleisteten Arbeit zu bestimmendes Lohn aus
1) Dahin gehörtauch der Ehegatte, und Erstattung muß ihm in gleicher Art werden.
2) Die Forderung des Droguisten für gelieferte Arzneiwaaren , und des Kranken
wärters für ein geliefertes Bruchband u. dgl. kann nicht hier angesetzt werden.
Bielitz ist a. a. M. in Hinschius 1837 S. 345 fg.
s) Da der Begriff „unbeträchtlich" nicht näher bestimmt ist, muß richterliches Er
messen darüber entscheiden. — Uebrigens soll in Konkursen immer der niedere
Satz von Aerzten genommen werden. — <X. Anm. zu Pos. 1 der Med. Taxe
vom 2l. Juni ISIS GS. S. 109.
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eine gewisse Zeit oder auf Kündigung gemiethet waren, unter der zu ss) ge
dachten Modifikation;
K) der einjährige Rückstand de« sirirten Gehalt« de« Justiziariu«, er mag
auf dem Gute wohnen oder nicht;
c) der einjährige Rückstand de« dem Arzte, statt der zu liquidirendm Gebüh
ren, mittelst ausdrücklicher Verabredung in Pausch und Bogen zu gesicher,
ten Honorars;
6) der zweijährige Rückstand an Lohn und Kostgeld der Gesellen unter gleicher
Modifikation, wie zu s, sa. — Z. 370—Z7Z a. a. O. — Z. 352, II. 8 Zt. L. R.
Unter ein- oder zweijährigem Rückstand wird stäts der Rückstand aus dem
letzten, resp. den zwei letzten Jahren vor Konkurseröffnung verstanden. — Z. 376».
8) Das Pflüg er- und Drescherlohn aus dem letzten Jahre vor Konkurseröff
nung. — §. 374, I. 5« «. G. O.
9) Da« Schulgeld der Dorf- und Stadtschullehrer; ferner das Lehrgeld für
die Kinder de« Gemeinschuldners, beides aus dem letzten Jahre vor Konkurser
öffnung. — Z. 375 a. a. O.
t«)BScker, Schlächter, Schneider, und Schuster wegen Ansprüchen für Be
dürfnisse zur Nahrung und Kleidung, Schneider jedoch nur für
tägliche gewöhnliche Kleidungsstücke, welche Sämmtliche dem Ge
meinschuldner und der in seinem Hause lebenden Familie in den letzten sechs Mo
naten vor Konkurseröffnung geliefert haben. — Z. 376 b a. a. O.
11)Der Versicherer kann sich wegen der noch unbezahlten Prämie, in
so fern dieselbe nicht kreditirt worden, und der Konkurs binnen 30 Tagen nach
Zeichnung der Police entstanden ist, an den versicherten Gegenstand halten, in
so fern derselbe bei Konkurseröffnung noch im Vermögen des Gemeinschuldners
vorhanden ist. In solchem Falle wird er hier angesetzt. Acltcre Rückstände kom
men in die vierte Klasse. Ist jedoch ein Schade zu vergüten, so kann die rück
ständige Prämie nebst Zinsen und Interesse jedesmal von der Vergütigungssumme
abgezogen werden. — §. 384 a. a. O. — §. 2l!5 fg. II. 8 Zt. L. R.
IV. Gläubiger der vierten Klasse.
Z. 395. Bei Unzureichendheit der Masse auf alle Gläubiger dieser Klasse werden
^, zunächst die unter Nro. 1 erwähnten fiskalischen Ansprüche mit Ausnahme
der Ansprüche der Salarienkasscn gedeckt;
L. aus dem Ueberreste, in soweit er hier zu repartiren, werden die übrigen An
sprüche Nro. 2 bis 14 nach der Zeit der Entstehung ihres Vorzugsrechts > ) befrie
digt, so daß die älter bevorzugte der jünger« bevorzugten, ohne Rücksicht auf die
Nummer, welche sie hier haben, vorgeht. Hat das Vorzugsrecht mehrcr zu gleicher
Zeit den Anfang genommen; so werden diese mehren Forderungen bei Unzulänglich,
Kit der Masse nach Verhältnis, befriedigt.
L. Demnächst erst kommen die Salarienkassen.
Zu dieser Klasse gehören nun:
I. Fiskus in Betreff aller Ansprüche, welche nicht durch Ansehung in der zwei
ten Klasse (Nro I—4 des vor. §), oder durch Bestellung eines Faustpfandes oder
einer Hypothek ein besseres Recht haben, oder wie z. B. Geldstrafen später lozirt
sind. ' Namentlich sind hier anzusetzen:
a) mehr als zweijährige Rückstände der landesherrlichen Abgaben,
ohne Einschränkung auf eine gewisse Zeit; 2)
') Demnach entscheidet nicht die Zeit der Entstehung, sondern die Zeit des entstan
denen Vorzugsrechts.
2) Gläubiger, welche dadurch verkürzt werden, haben Regreß an dm Ml, Kassen«
610
b) das, was Gemeinschuldner aus einer weder durch Pfand noch durch Hypothek
besonders versicherten Kaution schuldig geworden;
e) Defekte, die Königl. Beamten, welche keine eigentliche Kassenbeamten
sind, dadurch zur Last fallen, daß sie die ihnen vermöge ihres Amts anvertrau
ten Gelder, solche mögen nun öffentlichen Anstalten oder Stiftungen oder Pri
vatpersonen gehören, verbracht haben. Unterschlagen jedoch die vom Staate be
stellten Auktionskommisssaricn oder Ausmiener die an sie gezahlten Kauf- oder
Auktionsgelderz so kommen von den durch die Kaution nicht gedeckten Defekte»
nur die Defekte solcher Gelder hier zum Ansatz, welche reglementsmässig inner
halb der letzten 4 Wochen vor dem Konkurse abzuliefern waren. Andre kom
men in die sechste Klasse.
6) Ansprüche des Fiskus aus einer Pachtung des Gemeinschuldners, es sei
wegen rückstandiger Pachtgelder, oder wegen Jnventariendefekten, oder wegen
Deteriorationenz vorausgesetzt, daß keine bessere Sicherheit durch Pfand oder
Hypothek bestellt ist;
e) alle andern dem Fiskus aus Vorträgen oder einem andern Rechts
grunde an den Gemeinschuldner zustehenden Forderungen,!) mit Ausnahme der
im Eingange zu 1 und unter s bis angeführten, und der durch Zession ins
Eigenthum des FiskuS übergegangenen, da bei diesen das fiskalische Borrecht nicht
Anwcndung findet.
Das fiskalische Vorrecht dieser Klasse gemessen ferner
f> die See Hand lungs so zi etat wegen des einem Kaufmanne kreditirten Kauf,
gelbes für Seesalz, 2) jedoch nur auf einen Monat, vom Tage der Berab-
folgung des Salzes bis zu demselben Datum des nächstfolgenden Monats gerech
net, und in Betreff älterer Lieferungen nur in sofern , als sie binnen 3 Tagen
nach Ablauf dieser einmonatlichen Frist gerichtlich eingeklagt, und als die Exe
kution bis zum Konkurse ununterbrochen fortgesetzt ist.
8) Die Salarienkassen, deren Ausfälle aus unmittelbaren Staatskassen gedeckt
werden müssen, so wie die Salarienkassen der Oberbergämter und der von den
selben abhängenden Bergämter, wegen der vom Gemeinschuldner schuldigen Ko
sten, mit Ausnahme der Untersuchungskoften, welche letztere zur siebenten Klasse
gehören ;
K) die prinzliche Gesammtkammer sowol in Ansehung der Beamten, als hin
sichtlich der vom Gemeinschuldner zu zahlenden Gebühren und Auslagen.
Konkurriren mehre der vorstehenden fiskalischen Ansprüche; so werden zunächst die
gedeckt, welche Gemeinschuldner wegen seines Dienstes, oder geschlossenen Vertrags,
oder erhaltener Borschüsse, oder schuldigen Leistungen andern Königlichen Kassen, als
Salarienkassen, zu zahlen hat. Die Salarienkassen aber kommen erst nach allen
andern Forderungen der vierten Klasse zur Hebung, und theilen, wenn mehr« dergl.
Kassen partizipiren, ohne Rücksicht auf die Entstehungszeit ihrer Forderung, nach
Verhältniß. — §. 395-403 Anh. ß. 362, l. 50 A. L. R. — z. 2 u. 3 Sab.-O.
vom 17. Januar 132« GS. S.2S. Verord. vom 19. December 1799. Rabe 5,
S. 677.
2. Die mehr als zweijährigen Rückstände der unter Rro. 2 u. 3 des
bedienten «der dessen Borgesetzten, die dergl. Reste aus Nachlässigkeit oder blos
ser Gefälligkeit gegen den Gemeinschuldner anschwellen liegen. — S. 396. I. Sy
A. G. O.
») Hierher müssen auch Privatforderungen des Landesherrn gezählt werden.
2) In Betreff andrer Ansprüche hat die Seehandlung, so wie die Bank überhaupt,
sich des Borrechts in der Klassenordnung begeben. Rur in Bezug auf ihre Be
amten gemessen sie das Vorrecht der zweiten Klasse. — §. 4<U, Z. 5« A> W. O.
sn
vorigen z. gedachte» Saften, Abgaben, FeuersozietätsbeitrSge ,e. Unter
einander und in Bezug auf die folgenden Forderungen dieser Klasse werden sie nach
den Datis geordnet, da sie vom Gemeinschuldner zu entrichten waren. — §. 404 a. a. O.
3. Die landschaftlichen Kreis- oder Kämmereikassen, ingleichen Dom
kapitel, Kollegiatftifter, Klöster, Kirchen, Schulen und andre milde
Stiftungen, wenn dem Gemeinschuldner die Administration oder Aufbewahrung
ihrer Gelder oder andrer Vermögensstücke überlassen worden, und hieraus Defekte
entstanden, die nicht durch Pfand oder Hypothek gedeckt sind. — Dahin gehören auch
die von Gerichten und Gerichtsverwaltern solcher öffentlichen Anstalten gemachten
Depositaldcfekte.
Bei Konkurrenz mehrer werden sie nach dem Tage, an welchem Gemeinschuld«
ner den Dienst, oder die Verwaltung angetreten hat, geordnet. — Z. 405 a. a. O.
4. Die Ehefrauen,') bei nicht obwaltender Gütergemeinschaft, 2 )
») in Ansehung ihres Eingebrachten, so weit sie nicht vindizire» kann (§.393,
Nro. 9), oder durch Hypothek gedeckt wird;
d) die vorgeschriebene Morgengabe <e5. z. 393, Nro. 9o), so fern nicht an
gewissen Orten, oder bei gewissen Klassen von Einwohnern eine entgegengesetzte
Observanz nachgewiesen werden kann;
c) Geschenke, so weit sie dieselben, wenn sie in Natur vorhanden gewesen wären,
hätte vindiziren können (§. 393, Nro. 9K«>.
In Betreff von Mobilien kann sie jedoch den bei Einbringung veranschlagten
Werth derselben nur in so weit fordern, als sie dieselben nicht vorsätzlich «der aus
grobem Versehen vernichtet oder verringert, oder ohne Genehmigung des Mannes
Veräussert hat, und als vielmehr dem Manne bei deren Vernichtung oder Verrin-
gerung ein Vorsatz oder grobes Versehen zur Last fällt.
Die Ehefrau kann jedoch,
^. wenn nach dem Ehevertrage oder den obwaltenden Statutarrechten wechselseitige
Erbfolge in Ansehung des ganzen, oder eines Thcils des Vermögens bestimmt,
und Gemeinschuldner noch am Leben ist, die Herausgabe des nach ihrem Tode
dem Gemeinschuldner zufallenden Vermögens nur gegen hinlänglich bestellte Si
cherheit verlangen; oder sie muß sich vorläufig mit dcm Zinsengenuß eines zu
ihrer Befriedigung hinreichenden und bis zur Trennung der Ehe in der Masse
zurückbleibenden Kapitals begnügen.
L. Soll nach der Ehestiftung die Frau, statt Rückgabe des Eingebrachten ein ge,
Misses Leibgedinge oder Alimentationsquanttim erhalten; so kann sie nicht das
Ausgedinge, sondern nur verlangen, daß ein zur Berichtigung der ihr verspro
chenen jährlichen Hebung hinreichendes Kapital an diesem Orte ausgesetzt, und
ihr der Zinsengenuß überlassen werde. Doch kann die Frau diese Zinsen nur in
so weit fordern, als sie die landüblichen Zinsen ihres wirklich eingebrachten Ka
pitalvermögens nicht übersteigen. Auch können die Gläubiger eine solche Be
stimmung der Ehestiftung widerrufen, wenn Gemeinschuldner schon bei deren
Abschluß über sein Vermögen verschuldet war.
L. Die Frau verliert ihr Vorrecht im Konkurse ganz
1) durch eine gerichtlich und unter gehöriger Verwarnung geschehene Entsagung;
2) wenn sie in Abwesenheit des Mannes dessen Vermögen übel verwaltet, und
1) In Betreff nichtiger und ungiltiger Ehen und der Hausfrauen siehe folgenden
§. Nro. 3 und 4. Ll. auch Nro. 6 das.
2) Waltet aus Grund Ehevcrtrages oder statutarisch Gütergemeinschaft ob, so hat
die Ehefrau vor Befriedigung der Gläubiger Nichts zu fordern; es müßten denn
das Provinzialgesetz oder die Statuten etwas Andres anordnen, wie dies z. B.
nach Lübschem Rechte der Fall ist. — z. 41V Anh. Z. 361, I. SV A. G. O.
612
dadurch zu seinem Verfalle Anlaß gegeben ; so wie wenn sie ihn zu ver
schwenderischer Lebensart verleitet hat. Sie steht dann allen Gläubigern nach;
3) wenn sie an dem von ihrem Manne begangenen strafbaren Bankerut wissent
lich und unmittelbar Theil genommen; sie verliert dann ihr eigenthümliches
Vermögen zum Besten der Gläubiger;
4) wenn der Bankerut durch übermässigen Aufwand oder durch Verschwendung
verursacht worden, und sie nicht nachweist, daß sie am übermässigen Auf
wände ihres Mannes keinen Theil genommen, oder ihn wegen des Aufwan
des gewarnt hat. In diesem Falle steht sie mit ihrem Eingebrachten den
Gläubigern der sechsten Klasse nach.
v. Hat eine Frau mit ihrem Manne, vermöge besondern Gesellschaftsvertrages eine
gemeinschaftliche Handlung geführt; so finden in Bezug darauf die Vorschriften
Z. 392, Nro. 6 statt. Doch gilt dies nicht von einer Frau, welche blvs Gehil
fin in der Handlung des Mannes war.
L. Dies Vorrecht haben auch die Cessionarien der Frau, wenn dasselbe ausdrücklich
zedirt ist, und die Deszendenten derselben jedenfalls;') andre Erben aber nur
dann, wenn Erblasserin zur Zeit des eröffneten Konkurses noch lebte.
Konkurriren s) Zessionarien oder Deszendenten einer verstorbenen Frau mit der
lebenden, so haben jene den Vorzug; b) die geschiedene mit der lebenden Frau;
so geht jene nur dann vor, wenn sie unverzüglich nach Trennung der Ehe 2) ihr
Eingebrachtes zurückforderte, und die Exekution bis zur Konkurseröffnung gehö
rig fortsetzte.
Bei Konkurrenz der Frauen, Cessionarien oder Deszendenten mit andern Gläu
bigern dieser Klasse wird das Vorrecht der Erster» nach dem Hochzeittage; bei
erweislich später Eingebrachtem jedoch nach dem Tage der Einbringung gerech
net. — z. 319, 406—16, I. 5« A. G. O. — Z. 272—27S. Z. 559 fg. H. 567,
II. 1 u. K. 1485—1487, II. 2« A. L. R.
5. Der Erbschatz, wenn ihn Gemeinschuldner in Händen gehabt, und keine
bessere Sicherheit dafür bestellt ist. — Bei Unzulänglichkeit zur Befriedigung des
Eingebrachten der Frau und des Erbschatzes wird die auf sie kommende Summe nach
Verhältnis, unter sie vertheilt. — §. 303, 304, II. 1 A. L. R.
6. Die Kinder des Gemeinschuldners
g) wegen der sonst gemäß z. 393, Nro. 10 zu vindizirenden Vermögensstücke, wenn
diese bei Konkurseröffnung nicht mehr vorhanden, und zwar mit dem Vorzugs
rechte seit der Zeit, da der Vater sie an sich nahm;
d) wegen alles dessen, was die Kinder an Geld, oder Geldeswerth von einem Drit
ten, ausser dem Vater, ererbt, geschenkt erhalten, oder sonst erworben haben,«)
und in den Händen des Vaters geblieben, ist. ^) Nur in Betreff der Geldsidei-
kommisse haben sie mit andern Fideikommißfolgern gleiche Rechte. — §. 417—
419, I. 5« A. G. O.
7. Unmündige, Minderjährige, Blödsinnige, Verschwender und
') Dies muß auch in Bezug auf die dem Deszendenten mittelbar zufallende Erb
schaft angenommen werden; z. B. wenn zwei Kinder die Mutter beerben, hier
auf das eine stirbt, und das andere dessen Erbe wird.
«) Das Geh. Ob.-Trib. nahm in der Entsch. vom 18. Aug. 1834 an, daß das
Vorrecht gewahrt sei, wenn die Frau 3 Tage nach Behändigung der die Rechts
kraft des Schcidungsurtels aussprechenden Verfügung die Klage auf Herausgabe
der Jllata anstellt. — Simons Entsch. Bd. 1, S. III.
») Auf eine Schuldforderung an den Gemeinschuldner, welche durch Erbgangsrecht
auf dessen Kinder übergegangen, erstreckt sich dies Vorrecht nicht. — Plen. Beschl.
des Geh. Ob.-Trib. vom 9. Mai 1842 I. M. B. S. 264.
Im Vermögen der Mutter haben die Kinder nicht dies Vorrecht.
ei3
Abwesende, wenn dem Gcmcinschuldncr die Vormundschaft oder Kuratel übertra
gen worden, oder derselbe sich der Verwaltung ihres Vermögens angemaßt hat, in
Ansehung aller ihm zur Last fallenden Defekte, sofern nicht bessere Sicherheit be
stellt ist. Das Vorzugsrecht beginnt bei wirklichen Vormündern mit dem Tage der
Verpflichtung, bei andern vom Tage der angemaßten Vermögensverwaltung, und
endet mit geleistetem Verzicht. Auf Ehrenvormünder bezieht sich dies jedoch nur in
so fern, als sie einer wirklichen Vermögensverwaltung sich unterzogen haben. —
Z. 421 a. a. O. §. 297 fg. «88, 892, II. 18 A. L. R.
8. Forderungen solcher Erbschaftsgläubiger, welchen das Separation^
recht zusteht <z, 392, Nro. 10), jedoch nur auf Höhe der, der Gemcinmasse zu
geflossenen, Kaufgelder eines solchen Grundstücks, welches erweislich mit den in
der Erbschaft vorgefundenen oder daraus eingezogenen oder gelösten Geldern vonl
Gcmcinschuldner angekauft ist. — §. 276, I. 5« A. G. O.
9. Minderjährige und die ihnen Gleichberechtigten, in so fern die
ihnen eigenthümlich zustehenden Gelder vom Gemeinschuldner zum Ankauf eines
Grundstücks angewendet sind, und dies bei Konkurseröffnung noch in der Masse
war. Da« Vorzugsrecht beginnt mit dem Tage der Verwendung. — Z. 422 a. a. O.
10. Die einem Offizier zu seiner Equipage, mit Genehmigung des
lZhefs, gegebenen, und dazu verwendeten Vorschüsse, gleich viel, ob die erste Equi-
pirung oder bei Verlust derselben im Kriege, die Widcranschaffung bestritten wor
den. Das Vorzugsrecht beginnt mit dem Tage der Genehmigung. — <^f. jedoch
Z. 392, Nro. 1. — §. 423 a. a. O.
11. Baugläubiger d. h. die, welche vor Ausbruch des Konkurses zum Aus
bau oder zur Ausbesserung der zur Masse gehörigen Gebäude Materialien geliefert,
Arbeiten gethan, oder Gelder vorgeschossen haben, welche auch zu diesem BeHufe ver
wendet sind, vorausgesetzt jedoch, daß das Gebäude bei Konkurseröffnung noch zur
Masse gehört. — Das Vorrecht beginnt in Betreff jeder Forderung mit der Zeit
des Kontrakts, in dessen Ermangelung mit der Zeit der Lieferung, Zahlung oder Lei
stung. — g. 424, 426 a. a. O.
12. Vorschüsse und Lieferungen zur Ergänzung oder Vermehrung des
Vieh- und Feldinventars, zum Retablissement der Unterthoncn, zur Anschaf
fung des Saat-, Brod- und Futterkorns, zur Abtragung der auf den Gütern haf
tenden Lasten, oder davon zu entrichtenden Brandschatzungen;') so fern nicht H. 393,
Nro. 18 Anwendung findet, und in so fern die Güter zur Zeit der Konkurseröff
nung noch zur Masse gehören. — §. 425, 426 a. a. O.
13. Die Assekuranzkompagnie oder andre Versicherer wegen der ihnen
gebührenden Prämien der versicherten Schiffe oder Woaren, wenn die Police nicht
innerhalb der letzten 3« Tage vor Konkurseröffnung, sondern früher gezeichnet ist
(Nro. 11 vor. H), vorausgesetzt jedoch, daß die Schiffe oder Waaren bei Konkurs
eröffnung noch dem Gemeinschuldner gehören. Das Datum der Versicherung be
stimmt das Vorrecht. — §. 427 a. a. O.
14. Die vom Gerichrsherrn oder dem Privatgerichtsverwalter un
terschlagenen gerichtlichen, zu keiner königl. oder andern öffentlichen Jurisdiktion
(Nro. 1 u. 3) gehörigen Deposits vom Tage der erfolgten Deposition gerechnet. —
Unterschlägt der Privatgcrichtsverwalter Auktion« - oder andre an ihn gezahlte Gelder, die
er zum Depositum geben sollte; so gehört der Anspruch zur sechsten Klasse. — K. 423
a. a. O.
V. Gläubiger der fünften Klasse.
§. 396. Die zu dieser Klasse gehörigen Forderungen werden nach der bestimm-
') Vorschüsse zur Abtragung von Kriegskontributionen gehören jedoch nicht hierher,
«f. Entsch. des Ob.-Trib. v, Simon Bd, 1, S. 72.
«14
ten Entstehung ihres Vorzugsrechts , ohne Rücksicht auf den bestimmten Grund des»
selben, geordnet, so daß die darnach jüngere der älteren jederzeit nachstehen muß,
und die zu gleicher Zeit entstandenen verhältnißmässig befriedigt werden. — 1. 451. —
Hierher gehören:
1. Alle, vermöge besondrer Verträge oder letztwilliger Verordnungen auf den zur
Masse gehörigen Grundstücken haftenden jährlichen i) Abgaben, so fern ihnen
nicht durch Eintragung ein besseres Recht verschafft worden. Das zur Berichtigung
solcher Forderungen erforderliche Kapital ist hier nach dem Tage der Entstehung des
Rechts zu ordnen.
Hier wird auch der Erbzinsherr mit dem vom Erbzinsgut des Gemeinschuld-
ners zu entrichtenden Kanon, und falls dieser eingetragen steht, mit den älteren als
2jährigen Rückständen angesetzt. — g. 430, 431 a. a. O.
2. Andre Erben der Frau, als die Nro. 4L des vorigen z Bevorzugten,
wegen des sonst in der vierten Klasse zu Lozirenden unter der sub ? das. erwähn»
ten Maasgabez desgl. die geschiedene Ehefrau, wenn diese sich gemäß kddas.
das Vorzugsrecht nicht erhalten hat. — §. 432 a. a. O.
3. Ehefrauen aus nichtigen und aus den für ungiltig erklärten Ehen,
wenn ihnen das Ehehinderniß unbekannt gewesen, wegen allen von ihr dem Manne
überlassenen Vermögens, und zwar von dem Zeitpunkte angerechnet, da der Mann
die Verwaltung übernahm. — Z. 958, 974, II. 1. A. «. R.
4. Die Frau zur linken Hand wegen ihrer vom Manne eigenmächtig an
sich genommenen Vermögensftücke, in so fern dies nicht etwa bewegliche,?) in der
Wirthschaft des Mannes verbrauchte oder abgenutzte, Sachen sind. — Z. 88Q—
8S2 a. a. O.
5. Die Ehefrau des Gemeinschuldners wegen ihres vorbehaltenen Vermögens
(Keceplitis), in so fern sie ihm dasselbe nicht zinsbar überlassen hat.») Sonst fällt
dies Vorzugsrecht weg. — Erben der Ehefrauen, ohne Unterschied, und geschiedene
Ehefrauen haben dieselben Rechte. — Uebrigens wird das Vorzugsrecht des Ein
gebrachten nach dem Tage gerechnet, da Gemeinschuldner dies an sich, oder in Ad
ministration nahm. — Z. 433 a. a. O.
6. Die Ehefrau des Gemeinschuldners, in Ansehung des Gegenvermächt
nisses, Witthumsgeldes, und a. dergl. auf den Todesfall des Mannes
ihr verschriebenen Vortheile, in sofern ihr dieselben durch eine» vor oder
bei Berheirathung geschlossenen Vertrag ausgesetzt sind. Es macht dabei keinen
Unterschied: ob dieselben mit dem Eingebrachten im Verhältnis« stehen oder nicht.
Der Tag der vollzogenen Heirath bestimmt das Vorrecht in dieser Klasse. — Dabei
ist noch folgendes zu bemerke«:
s) Ist Gemeinschuldner noch am Leben; so kann die Frau nur antragen, daß ein
zu ihrer Befriedigung hinreichender Betrag hier ausgesetzt werde, dessen Zinsen
bis zum Ableben des Mannes der Masse zuwachsen,
b) Bei Konkurrenz der geschiedenen Frau, deren Erben oder Eessionarieu mit der
zweiten Frau, deren Erben und Cessionarien, kommen die Vorschriften Nro. 4 ?
des vor. §z
>) D. i. jährlich fortlaufend zu entrichtende, wenn sie auch monatlich lc. fällig wer
den, zum Unterschiede von solchen, welche z. B. wie Laudemien, nur bei gewissen
Gelegenheiten gezahlt werden. Lk. auch Nro. 8 des folgenden §.
2) In Bezug auf solche ist die Vertretungspflicht nach den Grundsätzen des Leih
vertrages zu beurtheilenz sie gehören also in die sechste Klasse.
») Gibt also die Frau aus ihrem vorbehaltenen Vermögen dem Manne ein unzins
bares Darlehn ; so behält dies die Natur des Vorbehaltenen und hat die fünfte
Klasse im Konkurse. 05 Simon R. S. 1, S. 197.
615
c) und in Betreff des Verluftes dieses Borrechts die Vorschrift O das. zur Anwendung.
<I) War der Mann bei Aussetzung jener Vortheile schon über sein Vermögen ver
schuldet; so kann die Frau zum Nachtheil der Gläubiger darauf keinen Anspruch
machen, gleich viel: ob die Frau dem Manne gar Nichts eingebracht hat; oder
ob das Eingebrachte, gegen dessen Zurücklassung ihr die Vortheile verschrieben
sind, wirklich vorhanden ist. Im letzten Falle hängt es vom Entschlüsse der
Gläubiger ab, der Frau entweder da« wirklich Eingebrachte in der vierten Klasse
zu verabfolgen; oder, gegen dessen Zurücklassung, ihr in derselben Klasse gemäß
Rro. 4L des vor. § die bedungenen Vortheile zu versichern. Jedenfalls kann
aber die Frau nicht grössere Imsen verlangen, als daselbst vorgeschrieben; dies
selbst dann, wenn der Mann bei Aussetzung der Vortheile noch solvent war, der
Vertrag also bindend ist.
e) Die nach geschlossener Ehe der Frau zugesicherten Vortheile kommen erst nach der
siebenten Klasse zum Ansatz. Hat sie dieselben durch lästigen Vertrag erworben;
so kann sie da« dem Manne dafür Gegebene oder Unterlassene als Eingebrach
tes zurückfordern. — j. 434—439 a. a. O.
7. Herrschaften im Vermögen ihrer Hausoffizianten, Bedienten und Unter-
thanen wegen defektirter oder veruntreuter, Gelder und Effekten, wenn
ihnen dieselben zum BeHufe ihrer Dienstverrichtung anvertraut worden, so wie
wegen veräussert er und nicht anderweit angeschaffter Hofwehr. Die von der
Herrschaft gegebenen Darlehne oder ähnliche Forderungen haben nicht dies Vorrecht. —
ß. 44«, 311 a. a. O.
8. Die Lotterieentreprenneurs in Ansehung der den Kollekteurs zur Last
fallenden Defekte. — §. 441 a. a. O.
9. Die Kreditmassen im Vermögen der für sie bestellten Kuratoren wegen
der von diesen gemachten Defekte. — g. 442.
Das Vorzugsrecht der unter 7 bis 9 Genannten wird bei entstehender Kon
kurrenz nach dem Tage bestimmt, da der Gemeinschuldner in die Verbindung ge
treten ist, wodurch der Anspruch begründet wird. — §. 443 a. a. O.
1V. Domkapitel, Kirchen, Schulen, Hospitäler und andre milde
Stiftungen, Kreiskassen und Kam m.ereien, wenn sie mit dem Gemeinschuldner
kontrahirt haben/) in Ansehung der gegebenen Vorschüsse, oder der aus dem
Vertrage fliessenden Verbindlichkeiten, so fern nicht bessere Sicherheit bestellt
ist. Sie werden nach dem Datum des Kontrakts geordnet. Hierher gehören auch
11. Die auf förmlichen kassenmässigen Fuß eingerichteten Salarienkassen der
Magisträte und andrer nicht königlicher Gerichte wegen der vom Ge
meinschuldner schuldigen Gebühren und Auslagen. — §. 444 a. a. O.
12. Die Zünfte im Vermögen der Zunftältesten wegen der bei Verwaltung
des Zunftvermögens entstandenen Defekte. — §. 213—219, II. 8 A. S. R.
13. Die vom Staate genehmigten und unter seinem Schutz stehenden Armen
häuser, Hospitäler, Waisen- und Findel-, Werk- und Arbeitshäuser
im Vermögen ihrer Vorsteher und Verwalter in Betreff der bei Verwaltung der
zur Anstalt gehörigen Gelder und Gefälle sich ergebenden Vertretungen. —
z. 32, 8« bis 82, II. 19 A. L. R.
14. Die Unternehmer der zum Unterhalt de« Potsdamschen Waisen
hauses gewidmeten Fabriken, und die Gold- und Silbermanufaktur
in Ansehung der dem Gemeinschuldner kreditirten Waaren. Die Zeit des ge
gebenen Kredits bestimmt das Vorrecht. — Z. 445, I. 5« A. G. O.
') Diese Institute verlieren dadurch nicht ihr Vorrecht, daß ihr Verwalter, z. B.
der Pfarrer im eignen Namen kontrahirt, dadurch aber das Geschäft der An
stalt wirklich besorgt hat.
616
15. Die Gegner eines solchen, welcher im Prozesse wegen Grundstücks-
oder bekanntem Vermögensbesitz von Kaution befreit worden, in Ansehung
der zu erstatteten Kosten. Die Ordnung erfolgt nach dem Tage der die Kautions
befreiung aussprechenden Verfügung. — §. 446 a. a. O.
16. Die vor Konkurseröffnung eingewiesenen Immittirten) Gläubiger, und zwar
diejenigen,
g) die mit einer exekutionsfähigen Forderung in die Grundstücke des Gemeinschuld
ners eingewiesen sind;
b) welche Versiegelung und Auspfändung des Mobiliarvermögens ausgebracht ha
ben, wenn hiernächst Pfändung wirklich erfolgt ist;
0) welche bei schon stattgehabter Pfändung durch Verfügung derselben für beitre
tend erklärt sind, wenn zugleich dem, welchem die Verwahrung der gepfändeten
Effekten anvertraut worden, davon Kenntniß gegeben ist;
6) auf deren Antrag die Sequestration der Grundstücke des Gemeinschuldnerö wirk
lich verhängt ist, so wie die,
e) welche derselben für beitretend erklärt sind, wenn davon zugleich dem, welchem
die Verwaltung des Grundstücks übertragen ist, Nachricht gegeben worden;
1) die, welche nach S. 2 des Ges. vom 4. Juli 1822, zur Einziehung und Einkla
gung einer Aktivforderung des Schuldners, im Wege der Exekution ermächtigt sind z
g) die, für welche im Wege der Exekution Besoldungen, Dienstemolumente, Warte
gelder, Pensionen, Fideikommiß- oder Lehnsnutzungen, und andre an die Person
des Schuldners gebundene Einkünfte mit Beschlag belegt, oder welche der Be
schlagnahme für beitretend erachtet sind.
Die Immission erstreckt sich jedoch nicht auf die ganze Masse, sondern nur auf
die Gegenstände, in Betreff deren dieselbe erfolgt ist. Vorzüglichere Gläubiger > )
gehen auch hier vor. — Bei Beschlagnahme des Diensteinkommens und dergl. Ein
künfte sind jedoch auch künftige Beiträge und sogar Gehaltserhöhungen verhaftet.
Bei Konkurrenz Mehrer gibt die frühere Jmmision den Vorzug. Bei Beschlag
nahme der unter zz erwähnten Einkünfte u. s. w. werden jedoch die immittirten
Gläubiger, in der Art befriedigt, daß zunächst die vor der ersten Beschlagnahme er
wachsenen, und demnächst, die später entstandenen Forderungen zur Hebung kom
men. Bei diesen geht die früher immittirte der später immittirten vor. Bei je
nen hat nur der Extrahent der Beschlagnahme in Bezug auf die Einkünfte des 1.
Jahres ein vorzüglicheres Recht. In Betreff der Einnahmen fernerer Jahre haben
die vor Beschlagnahme erwachsenen Ansprüche ein Recht auf tributarische Verthei-
lung.2) — z. 447—449 I. 50 A. G. O. ß. 15—17 des Exek. Ges. vom 4. März
1834. GS. S. 35 fg.
17. Stiefkinder im Vermögen ihres Stiefvaters in Betreff ihres
eignen Vermögens dann, wenn ihre Mutter vor Auseinandersetzung mit den Kin
dern früherer Ehe und vor Ausantwortung des Vermögens derselben sich wieder
verheirathete, und die Mutter zu ihrer Befriedigung ausser Stande ist. — §. 450,
I. so A. G. O.
VI. Gläubiger der sechsten; und VIl. der siebenten Klasse.
Z. 397. I. Gläubiger der 6. Klasse, welche ohne ein Vorzugsrecht unter einander
nach Verhältniß zur Hebung kommen, sind folgende:
1) Die auf Grundstücken des Gemeinschuldners hypothezirten Forderungen,
1) D. h. solche, die in den vier ersten Klassen zu loziren sind, und auch in der
fünften Klasse bevorzugter sind, als die immitirten. Einige Rechtslehrer wollen
darunter nur die vier ersten Klassen verstanden wissen.
2) Vom Gehaltsabzugsversahren ausser dem Konkurse wird weiter unten die Rede sein.
«17
für welche dieser persönlich aufkommen muß, in so weit, als dieselben bei Wer«
thcilung der Kaufqelder des verpfändeten Grundstücks und namentlich auch durch
Kostenabzüge von den Kaufgcldern, mit dem Kapital und dem privilegirten fah
rigen Zinsenrückstande nicht zur Hebung kommen. — Steht daher um deshalb,
weil die Kaufgeldervertheilung noch nicht statt gehabt, der Ausfall noch nicht
fest: so wird dem liquidirten Betrage und 2jährigen Zinsenrückstande im Klassi-
fikationsurtel hier der Ort vorbehalten.
Hier werden auch solche mehr als zweijährige Zinsenrückstande von eingetra
genen Kapitalien angesetzt, welche Gläubiger binnen 4 Wochen nach deren Ver
sall gegen den Gemeinschuldner eingeklagt, und in Betreff deren er die Exeku
tion bis zur Konkurseröffnung ununterbrochen fortgesetzt hat. — g. ISl, 452,
45S, 47Z a. a. O. Deel, vom 2«. Januar 182« GS. S. S4.
2) Forderungen aus nicht eingetragenen, jedoch gerichtlich aufgenommenen
oder bestätigten Darlehns- oder andern Schuldinftrumcnten >), die Aufnahme
oder Bestätigung mag vom ordentlichen oder einem andern in- oder ausländi
schen Richter erfolgt sein. Doch findet in Betreff der im Auslande bestätigten
Urkunden Rctorsionsrecht Statt. — Bios gerichtlich anerkannte Instrumente ge
ben nicht dieses Vorrecht. — Z. 454, 455, I. 5« A. G. O.
3) Der Werth der dem Gemeinschuldner in Verwahrung gegebenen, oder
geliehenen, verpfändeten oder bitt weise unentgeldlichüberlassenen
Sachen; ferner der Effekten, welche durch Diebstahl oder auf andre un
erlaubte Art in des Gemeinschuldncrs Gewahrsam gekommen sind;
ferner der dem Gemeinschuldner als Pächter eines Grundstücks bei Verpach
tung übergebenen Jnventarienstücke und Vieh- und Wirthschafts-
geräthe, in so fern in allen diesen Fällen Vindikation nicht mehr anwendbar
ist. — Der Werth vermietheter oder geliehener verbrauchbarcr Sachen gehört je
doch in die siebente Klasse, in so fern nicht eine privilegirte Urkunde ein Vorrecht ge
währt. — §. Sil, 45« a. a. O.
4) Die an einen Privatgerichtsverwalter gezahlten Auktion«- und andern
Gelder, welche zum Depositum kommen sollten, jedoch von ihm «erbraucht
find. — §. 42« a. a. O.
5) Baare Darlehne, welche dem Gemeinschuldner zu seinem Unterhalte, oder zur
Unterstützung es seinem Gewerbe, ausdrücklich ohne Sinsen gegeben sind.—
§. 457 a. a. O.
6) Die, welche dem Gemeinschuldner Grundstücke verkauft und üb er
geben, die Kaufgelder aber ganz oder zum Theil nicht erhalten, und diese Rück
stände im Hypothekenbuche nicht haben eintragen lassen. — §. 458 a. a. O.
7) Erbegelder, die ein Erbe dem andern, gegen Uebernahme der zur Erbschaft
gehörigen beweglichen und unbeweglichen Sachen zu zahlen verbunden; so fern
nicht bessere Sicherheit bestellt ist. — §. 459 a. a. O.
S) Aus dem letzten Jahre vor Konkurseröffnung rückständige Alimente,
die ein Erbe dem andern, vermöge Anordnung des Erblasser«, oder vermöge
eines mit dem Miterben geschlossenen Vertrages; oder die Gemeinschuldner in
Folge rechtskräftiger Entscheidung für unehliche Kinder oder aus unerlaubten
Handlungen, zu zahlen hat?). — Hypothezirte Alimente haben gemäß Nro.t
') Diesen Ausdruck kann man nicht, wie einige Rechtslehrer meinen, blos auf ein
seitige, früher den Erekutivprozeß begründende Urkunden, sondern muß ihn auch
auf zweiseitige Schuldinstrumente beziehen.
2) Alimente, welche der geschiedenen Frau statt der Ehescheidungsstrafe zugesprochen
sind, haben dies Vorrecht nicht. Eine unerlaubte Handlung, wie Koch dies an
nimmt, liegt hier nicht vor.
«8
des vorigen z. das Vorrecht der fünften Klasse. Aeltere Rückstände der unter 8 ge
dachten Alimente gehören in die siebente Klasse. — Beruhn die Alimente auf blosser
Freigebigkeit des Gemeinschuldners ; so werden sie erst nach der siebenten Klasse
angesetzt. — z. 460—463. z. 420 a. a. O.
9) Die, welche dem Gemeinschuldner zum Studiren Geld vorgeschossen, so
wie die, welche demselben oder seinen Kindern in Sprachen, Künsten und
Wissenschaften Unterricht gegeben haben, jedoch mit Ausnahme des
nach K. 394 Nro. 9 angesetzten Lehr- und Schulgeldes. — Z. 464 a. a. O.
1v)Rückständige Sporteln der Gerichte und Kommissarien, in so fern
dieselben nicht zu ordentlich eingerichteten Salarienkassen gehören.
(N. 8. 395, Nro. 1 «. und Z. 396, Nro. 11). Die'noch aus Sporteln, zu besoldenden
Justizbeamten gehören jedoch nicht hierher. Diese können vielmehr beim Aus
bruch des Konkurses über das Vermögen eines Beamten einen 2jährigen Sold
rückstand aus den alsdann noch ausstehenden Sporteln fordern, und soweit sie
daraus nicht befriedigt werden, oder die Rückstände älter sind, gehören sie zur
siebenten Klasse. — 8. 46S, 4S6 a. a. O.
11) Justizkommissarien und Notarien wegen rückständiger Gebühren. —
z. 467 a. a. O.
12) Medizinalkosten des vorletzten Jahres vor Konkurseröffnung (§. 394 Nro. S).
Aeltere Rückstände gehören zur siebenten Klasse. Kann Gläubiger jedoch nach«
weisen, daß er vom Gemeinschuldner auch durch Einklagung und Ereeution
seine Befriedigung nicht würde haben erhalten können; so kann er dreijährige
Rückstände in der sechsten Klasse fordern. — K. 468 a. o. O.
13) Defekte der vom Staate bestellten Auktionskommissarien und
Ausrufer, wenn sie die an sie gezahlten Kauf- und Auktionsgelder unterschla
gen haben, und der Konkurs später als 4 Wochen nach dem Zeitpunkt, m« diese
Gelder regleinentsmässiig abgeliefert werden mußten, eröffnet ist. — Z. S9S a. o. O.
14) Die den Fabrikanten zum Betriebe ihrer Nahrung gegebenen Vorschüsse,
mit Ausnahme jedoch der §. 393 Nr«. 14, IS, 16 erwähnten. — §. 469 a. a. O.
15) Das von der Braut dem Bräutigam Vorgeschossene oder Anver
traute, wenn über dessen Vermögen vor der Hochzeit Konkurs eröffnet wird.—
Z. 470 o. o. O.
16) F«rd«rungen aus Wechseln und zwar
») aus gezogenen sowol, als trockenen Wechseln wechselfähiger Personen, in so
fern das Wechftlrecht nicht verjährt ist,
d) aus kaufmännischen Assigtmtionen und Handelsbillett, wenn dieselben Wech
selkraft Habenz
«) aus den in Wechselsorm ausgestellten Tchulddokumenten nicht «echfelfS,
higer Personen, in so fern diese Urkunden, wenn der Aussteller wechselfähig
wäre, noch Wechselrecht gewährten.
ch Auch der Indossant hat innerhalb Jahresfrist wegen der Valuta de« Wech
sel« im Vermögen des Indossatars die sechste Klasse.
e) Der Bezogene, welcher ohne hinreichende Deckung zahlt, Km» hier jedoch
nur dann liquidiren, wenn die Akzeptation per Konvr geschah.
In andern Fällen kommt bei Wechseln nur die siebente Klasse zum Ansatz.
Dies ist auch bei auswärts ausgestellten Wechseln der Fall, wenn sie nach hiesi
gen Gesetzen verjährt sind, und Schuldner sich dem auswärtigen Wechselrechte
unterworfen hat. — Z. 471 und Anh. §. 365, 366, I. 5« Anh. ß. 192, zu Z. 2
I. 28 A. G. O. — K. 751, I. 11. Z. 930, 1104, 1257, 1288, 129S U. 8 A. L.
R. — Deel, vom 16. Febr. 1817 GS. G. 34.
17) Forderungen aus der vom Notar aufgenommenen, «nd gehörig vollzöge
ei 9
nen DarlehnSs und andern Schuldinstrumenten. — z. 472, l. 60
A. S. O.
II. Zur siebenten Klasse gehören Ansprüche aus Privaturkunden,
Buchschulden, Untersuchungskosten >) und überhaupt alle die Forder
ungen, für welche da« Borrecht einer früheren Klasse durch Nichts begründet wird.
Sämmtliche Forderungen dieser Klasse kommen, wenn die Masse nicht hinreicht
zur Befriedigung aller, verhältnißmässig zur Hebung. — Z. 474 Anh. z. 368 und
S62 a. a. O.
VIII. Die nach den Klassengläubigern (post omves) zur Hebung
Kommenden.
K. 393. Nach sämmtlichen Klassengläubigern kommen nachstehende Ansprüche
zum Ansatz, und zwar in der folgenden Ordnung, so daß die unter einer früheren
Nummer Stehenden den nachfolgenden vorgehen, und daß die unter Einer Nummer
etwa vorkommenden Forderungen tributarisch (die unter Rro. 2 und 3 jedoch mit
der dort angeordneten Modifikation) befriedigt werden:
1) Die vom Gemcinschuldner zu entrichtenden Geldstrafen') mit Einschluß der Ak
zise- und Sollstrafenz §. 47S, 476, 482 Anh. §. 367 a. a. O.
2) Die Kommunkosten, oder die deswegen den Gläubigern gemachten Abzüge nach
der Ordnung der Kapitalien; K. 477«. a. a. O.
3) Die mehr als zweijährigen Zinsenrückstände, und die während des Konkurses ge
stundeten, so wie die bei Hypotheken- und Faustpfandforderungen aus den Res
venüen und dem Pfände nicht gedeckten kurrenten Zinsen nach der Ordnung,
wie die Kapitalien angesetzt sind, und wenn mehre tributarisch zur Hebung ge
kommen, nach derselben Vertheilungsart. — Z. 477 b. a. a. O. Declar. vom 20.
Januar 1820 GS. S. 34.
4) Die vom Gläubiger für sein Liquidat, und namentlich für Instruktion erster In
stanz gezahlten Kosten. — z. 153 und Anh. Z. 33« I. 5« A. G. O.
5) Die Begrübnißkosten des Gemeinschuldners, so fern sie mehr als §. 394 Nro. 5
zugebilligt wird, betragen. Auch Trauerkosten für Wittwen und Kinder gehören
hierher. — K. 478 a. a. O.
S) Die aus Schenkungen und sonstiger Freigebigkeit de« Gemeinschuldners gemachten
Ansprüche. Hierher gehören namentlich auch die vom Gemeinschuldner aus Frei
gebigkeit zugesicherten Alimente, so wie die der Frau während der Ehe durch
Ehevertrag bewilligten Bortheile. — §. 439, 463, 479 a. a. O.
7) Gebührnisse der Ehefrauen, wenn sie nach Borschrift z. 395 Nro. 4 L. und §.
396 Nro. 6 c. allen Gläubigern ihres Mannes nachstehen müssen. — §. 480 o. a. O.
ö) Die vom Gemeinschuldner ausgesetzten BermSchtnisse >). — K. 481.

,) Koch behauptet auf Grund des Z. 637 Cr. O. und Anh. K. 363 «. G. O.,
daß Untersuchungskosten zwar in der siebenten Klasse, jedoch nach allen andern
Forderungen dieser Klasse zur Hebung kommen. (R. der Ford. S. 606, Bd. 1).
Ich kann diese Ansicht nicht theilen, da Z. 474 u. Anh. 362 A. G. O. sie unbe
dingt in die siebente Klasse, und den übrigen Ansprüchen dieser Klasse gleich
setzen. — Zahlt Schuldner die Geldstrafe, indem er dies ausdrücklich erklärt, so
kann um deshalb, »eil die Untersuchungskosten ein Borrecht haben, das Ge
zahlte nicht auf diese gerechnet werden. — Res. vom 23. November 1839 I. M.
B. 184« S. 84.
2) Wenn Fiskus gegen einen Offizier eine ohne Konsens des Chefs gemachte, also für de»
Gläubiger nicht einklagbare Forderung einklagt; so gehört der Anspruch zur sie
benten Klasse da in Bezug auf den Offizier von Strafe nicht die Rede sein kann.
») Pflichttheilsberechtigte, denen auf ihr Pflichttheil ein Legat ausgesetzt ist, geh««
rm ebenfalls hierher. — Ll. Res. vom 4. Mai 134« I. M. B. S. 15ö.
62«
Won Publikation des Klassifikationsurtelsj Rechtsmittel der Re
stitution; und Vorladung zur Regulirung der Appellationen.
Z. 399. I. Nachdem nun demgemäß das Klassifikationsurtel abgefaßt worden
ist, wird in einer Nebenverfügung
1) defsen Publikation verfügt. Diese geschieht in einem nahen Termin von
einem Deputirten. Su dem Termin werden der Kurator und Kontradiktor,
und die angesetzten und abgewiesenen Gläubiger, die am Orte anwesend oder
durch Bevollmächtigte vertreten sind, unter der Warnung vorgeladen, daß dem
Ausbleibenden die für ihn bestimmte Ausfertigung in Kraft der Publikation zu
gesendet wird. Den im Klassifikationsurtel präkludirten Gläubigern wird dasselbe
auszugsweise, so weit es sie betrifft, mittelst Umschlags an Stelle der Publika
tion sofort gesendet.
2) Es werden deshalb die nöthigen Ausfertigungen angeordnet. Für den
Kontradiktor wird Ausfertigung des ganzen Urtels, für die Gläubiger aber wer
den Auszüge, enthaltend die allgemeinen und die den Einzelnen betreffenden Be
stimmungen desselben, veranlaßt, und den im Publikationstermin Erschienenen
bei Publikation ausgehändigt, den Nichterschienenen, und den Nichtvorgeladenen
aber bald auf gewöhnliche Art behändigt.
Hat ein Bevollmächtigter zur Empfangnahme des Urtels nicht Bollmacht,
so erhält er nur extraktive Abschrift, sein Machtgeber aber die Ausfertigung.
3) Zugleich wird in der Nebenverfügung ein Termin zur Regulirung der
etwa anzubringenden Appellationen angesetzt, und zu demselben sowol
der Kontradiktor, als die lozirten oder abgewiesenen Gläubiger, diese jedoch nur
in so fern, als ihnen in Betreff ihres Anspruchs Appellation zusteht, persönlich
oder zu Händen ihrer Bevollmächtigten vorgeladen.
Die Borladungen zu 1 und 3 können vereint werden. Doch sind verschiedene
Termine einzurücken. Der Termin zur Regulirung der Appellationen muß in der
Art anberaumt werden, daß er mit, oder bald nach Ablauf der sechswöchentlichen
resp. zwölfwöchentlichen Appellationsfrist eintrit. Auch darf der Deputirte nicht der
Urtelsfasser sein. — Z. 16S Anh. Z. 332. §. 182, 183, I. 50 A. G. O. — Berord.
vom S. Mai 1838 Z. 3, 4. — Res. vom 30. Juni 1834. Jahrb. 43, S. S42. —
§. 21, 22 V. vom 14. December 1833. — Res. vom 14. Febr. 1840 I. M. B.
S. 91. — Res. vom 3. Juni 1842 I. M. B. S. 218.
II. Den im Klassifikationsurtel präkludirten Gläubigern steht eben so, wie den
nach 8. 386, III. durch Präklusionsurtel ausgeschlossenen, binnen 10 Tagen nach
Empfang der Ausfertigung, resp. nach Publikation durch Aushang, das Rechts
mittel der Restitution zu.') Uebrigens gnügt zur Begründung des Rechts
mittels die blosse Anmeldung ihres Anspruchs innerhalb der Restitutionsfrist. — Sie
werden hierauf zur Liquidation und Verifikation ihres Anspruchs, und falls sie ein
gehörig begründetes Liquidationslibell eingereicht haben, zur Beantwortung und In
struktion unter der Warnung vorgeladen, daß beim Ausbleiben angenommen wird,
sie stehen von Liquidation ab. Der Kontradiktor wird mit vorgeladen. Erscheinen sie
s) im Termine nicht, so bedarf es keines neuen richterlichen Spruches, sondern es
gnügt die blosse Verfügung, daß es nun bei der bereits erfolgten Präklusion
sein unabänderliches Bewenden behalte,
b) Erscheinen sie, so wird die Sache zwischen ihnen und dem Kurator ordnungs-
mässig instruirt, und falls die Restitution gegen das Präklusionsurtel gesucht ist,
- im folgenden Klassifikationsurtel darüber erkannt. Ist jedoch gegen die in die-
Neben diesem steht ihnen das Rechtsmittel der Appellation nicht zu. Denn dem
Präkludirten ist die Forderung nicht aberkannt. Er verliert nur sein Recht an
die Masse. Ein eigentliches Kontumazialurtel liegt also nicht vor.
621
fem ausgesprochene Präklusion restituirt; s« wird durch besondres Nachtrags«
urtel sowol die Richtigkeit und der Betrag der Forderung, als der Ort, «elcher
ihr im Verhältniß gegen die andern Gläubiger zukommt, und zwischen welchen
Nummern des Klassifikationsurtels sie einzuschalten sei, bestimmt. Diese Ein«
schaltung wird demnächst durch kurzen Vermerk am Rande des Original-Klassi-
fikationsurtels da, wo sie hingehört, so wie durch eine umständlichere Registratur
hinter dem Schlüsse dieses Urtels nachgetragen. — Im letzten Falle muß übri
gens den übrigen Gläubigern von der Restitution in dem zur Regulirung der
Appellationen anstehenden Termin, und vom Ausfall des Nachtragsurtels bald
nach Abfassung den Mitgläubigern, welchen der nachträglich Liquidirende vor
oder gleich gesetzt ist, Nachricht gegeben werden.
Uebrigens muß der nachträglich Liquidirende jedesmal die Koste» dieser beson
der« Instruktion und Entscheidung allein tragen, so fern er nicht glaubhaft
nachweisen kann, daß er an der früheren Anmeldung ohne seine Schuld »er-
, hindert worden. — §. 167, 168, I. 50 A. G. O. — Res. vom 22. Juli 1831
und vom 9. Februar 1836. G raff, Koch ,c. III. S. 1V5V.
Von den gegen das Klassifikationsurtel zulässigen Rechtsmitteln.
§. 400. Gegen das Klassifikationsurtel ist , .-
I. das Rechtsmittel des Rekurses dann zulässig, wenn der Gegenstand
der Beschwerde 50 Thlr. nicht übersteigt. Dabei finden durchweg die dieses Rechts
mittel im Allgemeinen betreffenden Vorschriften Anwendung 192 fg.) Darüber, wer
als Provokat zu betrachten, entscheiden die in Betreff der Appellationen nach II.
Nro. 2 gellenden Grundsätze. — Cab.-Ord. vom 23. November 1839 GS. S. 299.
, . p. Das Rechtsmittel der Appellation findet statt, wenn das Beschwer-
deobjekt S0 Thlr. übersteigt. Dies Rechtsmittel kann
1. innerhalb der für Appellationen im Allgemeinen gestatteten Frist von sechs und
resp. zwölf Wochen (§. 185 fg.), und falls der zur Regulirung der Appellationen
angefetzte Termin später ansteht, noch in diesem Termine eingewendet werden, und zwar
») vom Kontradiktor gegen diejenigen Theile des Erkenntnisses, welche die Richtig
keit und den Betrag der liquidirten Forderungen betreffen;
d) von den Gläubigern sowol wegen der eignen Forderung in Betreff der ihnen ab
erkannten besseren Stelle, oder in Betreff der abgesprochenen Forderung selbst,
als wegen der Richtigkeit, des Betrags und der Stelle der Forderungen der
Mitgläubiger, hier jedoch nur in so fern, als der Anspruch des Appellanten bei
der verlangten anderweiren Entscheidung, falls er obsiegt, günstiger zu stehen
käme'). Appellirt schon der Kontradiktor gegen die Richtigkeit oder den Betrag
einer im Klassifikationsurtel angesetzten Post, so bedarf cö hinsichtlich derselbe»
reiner besondern Appellation Seitens der andern Gläubiger. Diese können der
Appellation des Kontradiktors beitreten, und ihre Gründe zu deren Unterstützung
anführen.
Der Gemeinschuldner kann gar nicht, und der Kontradiktor nicht gegen die,
einem Gläubiger zuerkannte, Stelle appelliren.
2. In dem nach I. Nro. 3 des vor. Z. anstehenden Termine werden nun die Er
schienenen, nachdem sie mit Lage der Passivmasse, Inhalts des Klassifikationsurtels,
und mit dem Verhältniß derselben zur Aktivmasse bekannt gemacht worden, über ihre
Beschwerden, und darüber: wer bei den einzelnen Beschwerden als Appellant und
als Appellat anzusehn sei? vernommen.
s) Appellirt der Kontradiktor gegen die Richtigkeit «der den Betrag einer Post; so
Z. B. ein in fünfter Klasse Angesetzter kann nicht gegen die Ansetzung eines, An
spruchs in sechster Klafft appelliren. .„
622
könne» die Ädrigen Gläubiger, welchen durch eine auf die Appellation «gehende
günstig« Entscheidung Vortheil erlangen würbet,, mit dem Kontradiktor gemein
schaftliche Sache machen; der Inhaber jener Post aber ist Appellat.
b) AppSlirt nicht der Kontradiktor, fondern ein Gläubiger gegen die Richtigkeit,
den Betrag oder die Stelle einer Forderung seine« Mitgläubigers ; so wird die
Appellation unter diesen allein »erhandelt, ohne daß es grade einer Zuziehung
der dabei interessirenden übrigen Mitgläubiger bedarf,
e) Appellirt ein Gläubiger wegen seiner eignen Forderung, und zwar
ss) deswegen, weil ihr die vorzügliche verlangte Stelle nicht zuerkannt worden;
so geht diese Appellation den Kontradiktor gar Nichts, sondern nur diejeni
gen Gläubiger an, welchen Appellant vorgehen, oder mit welchen er gleich
gesetzt werden will;')
db) in Betreff der Richtigkeit und des Betrags derselben Z so ist die Sache
hauptsächlich zwischen ihm und dem Kontradiktor, welcher dir Rechte der
! ! Masse und sämmtlicher Gläubiger vertrit, zu verhandeln. Doch muß dieser
von der Appellation den interessirenden Mitgläubigern Nachricht geben, da
mit sie allenfalls als Jntervenienten sich melden, und dem Kontradiktor das
' Röthige an die Hand geben können,
ec) Betrifft die Appellation die Richtigkeit oder den Betrag und die Stelle zu
gleich; so entsteht ein doppeltes Appellationsverfahren, eins zwischen dem
Appellanten und dem Kontradiktor in Ansehung der Richtigkeit oder des Be-
' - trags ; das zweite zwischen dem Appellanten und den interessirenden Mit
gläubigern in Ansehung der Priorität. Zur Vermeidung des doppelten Ver
fahrens muß das Gericht die avpellatischen Gläubiger zu vermögen suchen,
-"^ daß sie den Kontradiktor zu ihrer Vertretung beauftragen, und ihm die nö-
thigen Rachrichten und Beweismittel an die Hand geben.
'S. Die einzelnen, über besondre Posten des Klafflfikstivnsurtels sprechenden Ap
pellationen müssen gehörig gesondert, zu besonderen Protokollen verhandelt, und über
jede Appellation besondre Akten angelegt werden.
4. Der Deputirte muß sich im Termin zur Regulirung der Appellationen, nach
Feststellung dessen: wer bei jeder einzelnen Appellation als Appellant «der als Ap
pellat auftrete? auch bemühn, daß die mehren, gemeinschaftliches Interesse habenden
Gläubiger über einen gemeinschaftlichen Bevollmächtigten für das Appellationsver
fahren sich vereinigen. Gelingt dies nicht; so muß das Gericht von Amtswcgen den
zenigen Justizkommissar dazu ernennen, welcher den meisten zur Sache gehörenden
Gläubigern bedient ist. Doch können die Gläubiger, wenn sie wollen, auf ihre Ko
sten und ohne Erftattungsrecht, ihre Bevollmächtigte der Instruktion beiwohnen,
und auch deduziren lassen.
ö. Wegen Instruktion der Appellationen finden die allgemeinen für den ordent
lichen Prozeß desfalls gegebenen Vorschriften Anwendung (Z. 203 fg.). Jede, eine
besondre Forderung und Rummer des Klassifikationsurtels betreffende, Appellation
wird besonders und in besondern Akten instruirt, und darüber auch besonders erkannt.
Wenn jedoch mehre Appellationen über ein und dieselbe Forderung und Rum-
tner einkommen; z. B. wenn Kontradiktor gegen einen Gläubiger über den Betrag
und die Richtigkeit seiner Forderung, und zugleich dieser Gläubiger wegen der ihm
aberkannten Priorität appellirt; so gehören diese Appellationen in einerlei Akten,
«nd sind auch durch Ein Erkenntniß zu erledigen.

') A. B. ein in siebenter Klasse angesetzter Gläubiger verlangt Lvzirung m der


sechsten Klasse; so sind alle Gläubiger der sechsten und der siebenten Klasse als
«xpellaten anzuschn. — §. 17«, l. S« V. G. O.
«23
6. Da« Gericht hat jedoch dahin zu sehen, daß sSmmtliche gegen ein Klassifi-
kationsurtel eingewendete Appellationen, so viel als möglich, zugleich instruirt, unb
zugleich zum zweiten Spruch befördert werden. — Bei besonders weitläufigen In
struktionen und Beweisaufnahmen in zweiter Instanz findet aber die H. 389, I. fest-
gefetzte Ausnahme auch hier Anwendung.
7. Ein vom Kontradiktor, oder von einem Gläubiger gegen den Anspruch eines
Mitgläubigers, erhobene Appellation kommt, wenn sie ein gunstiges Resultat für
den Appellanten herbeiführt, allen den Gläubigern zu statten, deren Anspruch durch
das Aberkennen der appellatischen Forderung oder durch das Hinaufrücken in eine
schlechtere Stelle') gewonnen hat; gleich viel, ob diese Gläubiger der Appellation
beigetreten sind oder nicht. — §. 169—191 Anh. 333, l. 5« A. G. O. §. 21, 22
Ges. vom 14. December 1833.
III. Die Rechtsmittel der Revision und der Nichtigkeitsbeschwerde
sind unter gleichen Modifikationen, wie in andern Prozessen, zulässig. Hier finden
die in Brtreff dieser Rechtsmittel gegebenen Vorschriften ebenfalls Anwendung (Z. 221
bis 244). k> 192, s. SS A. G. O.
I V. In Betreff de« Kostenpunktes für die Appellations -, die Revisions- und die
Richtigkeitsbeschwerdeinstanz gelten die allgemeinen Vorschriften. Sind mehre Gläu
biger zu den Kosten «erurtheilt; so wird der Beitrag nach Verhältnis ihrer im
KlasWationsurtel angesetzten Forderungen vertheilt. — §. 193, 530 a. a. O.

Fünfter Abschnitt.
»om «ersuch ber Sühne im Konkurse.
Zurücknahme des Antrags auf Konkurs und Antrag zum Vergleich.
§. 4SI. I. Die richterliche Mitwirkung bei Verwaltung der Masse währt in
der Regel so lange, bis die Vertheilung derselben nach den im folgenden Abschnitt
vorgeschriebenen Grundsätzen erfolgt, und der Konkurs auf diesem Wege zu Ende
geführt ist. Ausnahmsweise kann jedoch der Konkurs früher und auf andre Weise
beendigt werden, und zwar:
1) wenn sämmtliche bekannte Gläubiger in Aufhebung des Konkurses willigen, und
dem Gemeinschuldner die Masse überlassen. Diese muß dann, ohne Rücksicht
darauf, in welchem Zeitpunkte der Konkurs sich befindet, unter dessen Aufhebung
dem Gemeinschuldner auSgeantwortet «erden;
2) wenn die Masse suffizient wird, 2) und diejenigen Gläubiger, welche auf Kon
kurs angetragen, oder ihre Befriedigung bei demselben bereits nachgesucht haben,
in Aufhebung des Konkurses willigen;
4) auf Grund geschehener Vergleichsvorschläge. — Anh. ß. 320 zu §. 30. §. 690,
625 fg. a. a. O. Res. vom 9. November 1795 und vom 13. Juni 1804.
Rabe 3, S. 202. Bd. 8, S. 83.
ll. Auf Vergleichsvorschläge de« Gemeinschuldners soll in der Regel keine
Rücksicht genommen und die Sache dadurch nicht aufgehalten werden. Selbst der
mindere Theil der Gläubiger kann zum Beitrit zu solchen VergleichsvorschlSgen nicht
gezwungen werden.

' ) Z. B. ein in sechster Klasse angesetzter Gläubiger wirb auf die Appellation eines
Mitgläubigers in die siebente Klasse lozirt; so kommt dies den sämmtlichen
Gläubigern der sechsten und siebenten Klasse zu Gute. — §. IS«, I. 5« A. T. O.
2) A. B. durch Erlaß von Forderungen, durch Erbschaften u. dgl.
4«>
«24
Dagegen sind Vergleichsvorschläge, welche von Gläubigern oder Dritten und
namentlich auch, wenn Gemeinschuldner mit bepfandbrieften Gütern angesessen war,
von dem durch die Kreditdirektion dazu angewiesenen Landschaftssyndikus >) einge
hen, dann zu berücksichtigen, wenn dieselben
il) mit gehöriger Rücksicht auf die Beschaffenheit und den wahrscheinlichen Betrag
der Aktivmaffe eingerichtet sind;
2) wenn sie mit den Forderungen der Gläubiger und den verschiedenen Graden der
Priorität, welche denselben nach ihrer Beschaffenheit gesetzlich zukommen, im Ver
hältnis) stehen; und
3) wenn es klar, oder wenigstens höchst wahrscheinlich ist, daß die Gläubiger auf
diesem Wege des Vergleichs zu ihrer Bezahlung leichter und früher gelangen
werden, als wenn die Sache im Wege des Konkurses weiter fortgesetzt werde«
sollte. — 8- 589-S91, l. 50 A. G. O.

Verfahren, wenn s) die Vergleichsvorschläge von sämmtlichen Gläu


bigern genehmigt, oder b) verworfen werden;
§. 402. Gehen solche gemäß II. des vor. Z eingerichtete Vergleichsvorschläge
«in; so darf zwar der Richter dem gehörigen Fortgang des KonkurSprozesseS selbst,
und dem Verfahren wegen Feststellung der Aktiv- und Passiv-Masse nicht Einhalt
thun. Er muß aber > , . , ,
1) unter Mittheilung der Vorschläge die in Person oder durch Bevollmächtigte ge
genwärtigen Gläubiger zu einem möglichst nahen Termin Behufs Regulirung
dessen vorladen: 2)
wie es sowol mit der Verwaltung, als mit der Versilberung der MG
einstweilen bis zum Liquidationstermin zu halten sei.
Im Termine muß vom Gerichtsdeputirten dergl. Interimistikum, nach der
mit Rücksicht auf die liquidirten Summen der erschienenen Gläubiger und ob«
Beachtung der Vorzugsrechte, sich ergebenden Stimmenmehrheit regulirt und
demgemäß festgesetzt werden : ob z. B. dem Gemeinschuldner die Fortsetzung dir
Handlung mit Aufhebung der verhängten gerichtlichen Sperre unter Aufficht bei
Kurators zu überlassen z oder ob bei fortdauerndem Beschläge derselben, nur die
öffentliche Versteigerung des Waarenlagerö auszusetzen; ob die Auktion des Ne-
biliarvermögens verschoben werden solle; ob zwar die Abschätzung des Grund
stücks zu verfügen, der Subhastation selbst aber Anstand zu geben sei u. s. w.
Können die Gläubiger in Güte sich nicht einigen; so wird das Interimisti
kum auf Grund des aufgenommenen Protokolls, und der darin angelegten Lk-
rechnung, durch eine Resolution de« Gerichts festgesetzt, und dabei muß ei bis
zum Liquidationstermin bewenden.
Zt) Der Gerichtsdeputirte muß ferner, nach der im Liquidationstermin geschehenen
Feststellung der Passivmasse, auf Grund der Liquidationsverhandlung, det rem
Gemeinschuldner beeideten BermögenSstandes, und des Inventars , der Taxe des
Grundstücks und dergl. unter Zuziehung deö Ertrahenten der Vergleichsvor
schläge, und des Kurators einen Vergleichsplan entwerfen, und nach Lage der
Umstände einrichten und modifiziren. Auf unbekannte Gläubiger wird darin
Z ) Für die Verhandlungen zwischen dem Gericht und dem Kreditsistem und dessen
Syndikus sollen keine Gebühren und Sporteln angesetzt werden. — K. 62S, !.
S« A. G. O.
») Die« vorläufige Verfahren setzt voraus, daß der Konkurs bis zur Versteigerung
der Masse noch nicht gediehen. Ist diese« bereit« geschehen; so wird der Termin
unter Rro. 1 wegfallen, und sogleich zum fernern Verfahren Nxo. 2 «. Z ge
schritten werden müssen. , , '
625
nicht Rücksicht genommen. Dagegen muß die Repartition nicht allein auf be«
kannte und liquidirende Gläubiger, sondern auch auf die, welche zwar auf eine
Theilnahme an der Masse verzichtet, aber ihre Ansprüche an den Gemeinschuld«
ner sich vorbehalten haben, so wie auf die, welche die Annahme des Vergleichs
ausdrücklich verweigern, mit gerichtet werden.
3) Zur Erklärung über den Plan werden die persönlich oder durch Bevollmächtigte
gegenwärtigen Gläubiger zu einem möglichst nahen Termin unter der War»
nung vorgeladen:
daß die, welche nicht erscheinen, und sich auch nicht erklären, als der Er
klärung der Mehrheit beitretend, geachtet werden sollen.
Die auswärtigen, durch Bevollmächtigte nicht vertretenen Gläubiger, welche
nicht vorzuladen sind, werden in gleicher Art für beitretend geachtet.
Im Termin werden die Erschienenen, Mann für Mann, über den Plan ver»
nommenz ihnen die wahre Lage der Sache, und worauf es eigentlich ankomme,
gehörig erklärt; ihre Erklärung deutlich und bestimmt zum Protokoll ver«
merkt, und zur Bewirkung eines vollständigen gütlichen Uebereinkommen« alle
mögliche Mühe angewendet.
Hat der Landschasts-Syndikus die Vergleichsvorschläge gethan, so wird zum
Entwurf des Vergleichsplans und zum vorstehenden Termin ein Deputirter des
KreditsustemS zugezogen, welcher über die gemachten Vergleichsvorschläge die
etwa nöthigen Erläuterungen und Auskünfte gibt, den Vergleichsplan näher
ausarbeiten und modifiziren hilft, und als Beistand des Gerichtsdeputirten schick«
liche Mittel und Wege zur Vereinbarung und Beruhigung der einzelnen wider«
sprechenden Gläubiger an die Hand zu geben sucht.')
4) Sind nun ^. sämmtliche erschienene Gläubiger über Annahme der Vergleichs«
vorschlage einig; so muß der Deputirte eine umständliche Verhandlung darüber
aufnehmen; alle Modalitäten und Bedingungen des Abkommens, was nach dem
selben jeder Gläubiger, von wem, und woher er eS zu erhalten habe; was da
gegen mit der in Beschlag genommenen Aktivmasse geschehen solle; darin deutlich
und bestimmt ausdrücken; diese Verhandlung von sämmtlichen anwesenden In
teressenten unterschreiben lassen, und dieselbe dem Gericht zur Bestätigung und
weiteren Verfügung einreichen.
Die Bestätigung kann nur erfolgen, wenn bereits das PräklusionSurtel er
gangen ist, so ftrn nicht etwa alle bekannte Gläubiger in Aufhebung des Kon
kurses willigen. Ist daher weder jenes noch dieses der Fall, so muß vorerst das
PrSklusionsurtel abgefaßt, und rechtskräftig werden.
ö. Sind sämmtliche Gläubiger darin einig, daß die geschehenen Vergleichs
vorschläge nicht für annehmbar zu achten; so muß die Behandlung abgebrochen,
und der Konkurs im gewöhnlichen Rechtswege beendet werden. — Z. 596—605
Anh. Z. 376, 377. Z. 626, 627, I. 5« A. G. O.
c) wenn die Gläubiger verschiedener Meinung sind.
§. 403. Ic Ist ein Theil der Gläubiger für, ein andrer gegen den Vergleich,
so gilt der Grundsatz:
daß stäts die Erklärung der Mehrheit zu berücksichtigen sei.
Erachtet daher der grössere Theil der Gläubiger die Vergleichsvorschläge den Be
stimmungen unter Z. 401, II. gemäß eingerichtet, und annehmbar; so muß der min-
') Als ein solches Mittel bezeichnet §. 629, I. 5« A. G. O. die Aufnahme von
Pfandbriefen, was selbst noch im Laufe des Konkurses, jedoch erst dann zuläs
sig , wenn das ergangene KlassWationsurtel wenigstens so weit, als die Summe
der zu ertheilenden Pfandbriefe reicht, rechtskräftig ist.
dere Theil denselben beitreten, dies selbst dann, wenn der den Vergleich Vorschla
gende die Entsagung auf alle ferneren Ansprüche an den Gemeinschuldner zu einer
ausdrücklichen Bedingung desselben macht. Kann jedoch der mindere widersprechende
Theil einen andern Vermittler stellen, welcher zur gütlichen Beilegung des Konkur
ses eben so annehmliche Vorschläge, als der erste«, macht, ohne auf die Entsagung
der Ansprüche gegen den Gemeinschuldner zu dringen; so ist diesem vor jenem der
Vorzug zu geben.
Ist demgemäß diese Entsagung nicht zur Bedingung gemacht; so können die
Gläubiger den bei der Behandlung erleidenden Ausfall gegen den Gemeinschuldner,
wenn er wieder zu besseren Vermögensumständen gelangt, geltend machen. —
§. S92— 59S a. a. O. '
II. Beim Widerspruch einiger Gläubiger wird daher zunächst berechnet, auf
welcher Seite die Mehrheit ist. Die Berechnung dessen legt der Deputirte
mit Zuziehung des Kurators und eines vereideten Kalkulators an, und beobachtet
Habei folgende Grundsätze : . ,.
1) Der Berechnung der Mehrheit wird nicht die Personenzahl, sondern der Betrag
der von ihnen angegebenen, durch unverdächtige Urkunden, oder durch das An-
erkenntnjß des Kurators und der übrigen Gläubiger, sofort liquid gemachten
Forderungen zum Grunde gelegt.
2) Den Kapitalien werden rückständige Zinsen nur in so fern beigerechnet, als die
selben nach 8- 390, V. Nro. 4 mit dem Kapitale gleiche Rechte haben.
3) Die Personenzahl entscheidet nur dann, wenn die Summe der Forderungen von
beiden Seiten gleich ist.
4) Die Berechnung wird für jede der vorhandenen Klassen, in welche die verschiede
nen Gläubiger nach der gegenwärtig liquiden Beschaffenheit ihrer Forderunge«,
der Klassifikationsordnung gemäß, einzutheilen sind, besonders angelegt.
5) Die Mehrheit der Forderungen in jeder speziellen Klasse bestimmt das Votum
der ganzen Klasse.
H) Eine Klasse kann der andern durch ihren Widerspruch oder ihre Einwilligung
nicht präjudiziren. — Z. 606—603 o. a. O.
III. Ergibt sich nun aus der Berechnung, 1) daß die durchgängige Mehr
heit in allen Klassen für die Annahme des Vergleichs ist; so muß derselbe
ftatt finden, und es kann auf den Widerspruch der Uebrigen nicht weiter gerücksich-
tigt werden.
2) Ist die Mehrheit in allen Klassen für die Verwerfung des Vergleichs;
so kann die Behandlung nicht statt finden, und der Konkurs wird im ordentlichen
Rechtswege weiter fortgesetzt.
S) Sind die Erklärungen der Klassen verschieden, die Vorschläge aber
«) von der Beschaffenheit, daß ein Stückvergleich mit einigen Klassen ohne Nach
theil der andern statt finden kann; so muß er mit den beistimmenden Klassen
ohne Rücksicht auf den Widerspruch der andern abgeschlossen, mit diesen aber
der Konkursprozeß ungehindert fortgesetzt werden.')
d) Sind hingegen die Vergleichsvorschläge von der Beschaffenheit, daß sie nicht ge-
') Z. B. Jemand will das zur Masse gehörige Grundstück gegen einen gewissen,
unter die Gläubiger verhältnißmössig zu vertheilenden Preis; ein andrer das
Mobiliarvermögen ebenfalls für einen unter die übrigen Gläubiger zu verthei
lenden Kaufpreis übernehmen; nun sind auch diejenigen Klassen der Gläubiger,
auf welche der gerichtliche Tarwerth des Grundstücks reicht, nach der Stimmen
mehrheit über den das Grundstück betreffenden Theil de« Vergleichs einig, wäh
rend die Stimmenmehrheit der übrigen Klassen, den da« Mobiliarverinögen be
treffenden Vorschlag nicht genehmigt; so wird der Vergleich hinsichtlich des
Grundstücks abgeschlossen; die denselben Messend«, Klassen scheiden demnächst
«27
trennt werden können, sondern der ganze Vergleich entweder angenommm oder
verworfen «erden muß; so kann die Behandlung nicht statt finden, wen» auch
nur Eine Klaffe von Gläubiger ihre Einwilligung dazu »ersagt hätte.
Ist jedoch die Beschaffenheit und der Betrag der Aktivmasse bereits so weit
auSgemittelt, daß mit Zuverlässigkeit erhellt: es werde eine gewisse Klaffe von
Gläubigern niemals zur Hebung gelangen können; so kann diese Klasse den Abschluß
d«S Vergleichs mit den übrige» vorstehenden Gläubigern nicht aufhalten. Doch
kann sie auch von diesen zur Begebung ihrer Siechte an den Gemeinschuldner nicht
gezwungen werden. > ) — z. 609—615 a. a. O>
IV. Die »ach Nro. II. entworfene Berechnung und das auf Grund derselben
ausgesprochene Resultat: ob und in wie fern der Vergleich statt finde,
oder nicht? werden den Gläubigern in einem dazu anzuberaumenden Termin vom
Deputirten vorgelegt, und ihre Erklärungen und etwanigen Erinnerungen erfordert.
Sind diese nur gegen das Resultat gerichtet; so verdienen sie keine Rücksicht, weil
das Resultat auf gesetzlichen Vorschriften beruht, und also durch den Widerspruch
der Interessenten niemals abgeändert «erden kann. — Betreffen dagegen ^die Er
innerungen die Berechnung selbst, indem der Erinnernde behauptet:
s) daß seine Forderung mehr betrage, als bei der Berechnung angenommen wor
den; oder
K) daß sie in eine höhere Klasse gehöre, als wohin sie darin gesetzt worden; ober
c) daß ein andrer Gläubiger mit einer höheren Summe, als er wirklich zu fordern
habe; oder
6) daß derselbe in einer höhern Klasse, als ihm nach der Beschaffenheit der Forde
rung gebühre, angesetzt worden;
so muß der Deputirte sich bemühn, dergleichen besondre Streitpunkte, unter Zu
ziehung des Extrahenten der Behandlung, in Güte und durch Partitularvergleich«
zu beseitigen. Dem Extrahenten, und bei den vom Kreditinstitut gemachten Vor
schlägen dem Deputirten dieses Instituts, liegt besonders ob, Mittel und Wege zur
Beruhigung der einzelnen widersprechenden Gläubiger vorzuschlagen und <w die
Hand zu geben.
Auch in dem nach §. 3öS anzusetzende» Jnrotulationstermin inuß, wenn frü
her Bereinigung nicht zu erlangen war, nochmals Vergleich in Betreff der wegen
jener Berechnung entstandenen Streite versucht werde», um dadurch den Hauptver
gleich zu erreichen. — Z. 616—620 a. a. O.
V. Sind auch diese Bemühungen fruchtlos; s? wird
1) am Schlüsse des abzufassenden KlasMationsurms , als Folgerung aus den vor
angegangenen Entscheidungen über die Richtigtnt und die Vorzugsrechte der
sämmtliche» und namentlich auch der nach Sdro. IV. zu Erinnerunge» Anlaß
gebenden Forderungen, festgesetzt:
in wie fern der vorgeschlagene Hauptvergleich stattfinde, oder verworfen
werden muß.^)
2) Die gegen das Klassifikationsurtel überhaupt zulässigen Rechtsmittel find such
aus dem Konkurse aus, und dieser wird nur mit dm übrigen Klassen fortge
setzt. —§. 61Z, I. 50 A. G. 0.
>) Z. B. wenn nach dcm Vorschlage Jemand die zum Konkurse gehörige Handlung
übernimmt gegen die Verpflichtung, den Gläubigern auf ihre Forderungen ge
gewisse Prozente zu geben; so wird der Vergleich rückgängig, wenn auch nur
Eine Klasse, z. Z5. die Wechselgläubigcr die Annahm« weigert. — jj. 614 a. a.
2) Nach dem Res. vom 26. Februar 1837 (Jahrb. 49, S. 208) sollen dergleichen
bei Vergleichsvorschlägen entstehenden Spczialstreitpunkte durch ein Scparatcr-
kinotniß entschieden werde«, ohne daß die Abfassung des Klassifitationsurtels ab
zuwarten sei. Ein solches Separoturtel wird jedoch nur dann ergehen können,
628
gegen die Festsetzungen über die beim Vergleich streitig gewordenen Punkte, mit
hin auch gegen die wegen der Statt- oder Unftatthastigkeit des Vergleichs selbst
daraus gezogene Folgerung zuständig. — 621, 622 a. a. O.
VI. Die Aktivmasse bleibt während der Vergleichsunterhandlungen, der
Entscheidung und der Verhandlung der Rechtsmittel in der durch das, gemäß Nro. 1
des vor. Z festgesetzte Interimistikum, angeordneten Lage, in so fern nicht etwa die
Gläubiger in der Zwischenzeit einmüthig, oder durch Stimmenmehrheit in dem einen
oder andern Stücke etwas abändern.
Wird hiernächst der Vergleich rechtskräftig bestätigt; so erfolgt die weitere Re-
gulirung der Sache nach den darin festgesetzten Bestimmungen. Wird er rechtskräf
tig verworfen, so wird mit Versilberung und Vertheilung nach Vorschrift des drit
ten und sechsten Abschnitts verfahren. — 623, 624 a. a. O.
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' ' ' . .. Sechster Abschnitt. ^


Bon «ertheilung der Masse.
Befriedigung der vor den Klassengläubigern, und der in der ersten
.,. . Klasse angesetzten Gläubiger G 392, 393). ,
Z. 4«4. Gläubiger, welche nicht schuldig sind, auf den Konkurs sich einzulas
sen, so wie ferner die sogenannten Vindikanten, haben nicht nöthig, die Ber
theilung der Konkursmasse abzuwarten. Sie können sofort, wenn ihr
Anspruch durch Anerkenntniß oder rechtskräftige« Urtel feststeht, auf Befriedigung
dringen. Namentlich erhalten
1) die ihr Eigenthum Fordernden die geforderte Sache, oder falls sie mit
der Masse verkauft worden, den gelösten Kaufpreis, sobald ihr Eigenthum un
umstößlich feststeht.
2) die, welche mit der Masse kontrahirt haben, und die ihnen Gleichstehen
den, erhalten ihre Forderung aus der bereitesten Masse. , ->i ?.
3) Die Faustpfandgläubiger und die ihnen Gleichgestellten werden, so
bald sie einen exekutiven Titel für sich haben, aus dem Erlöse des Pfandes, so
weit er reicht, befriedigt, und zwar ' ,. ^
s) wegen des Kapitals;
b) wegen der sämmtlichen rückständigen (auch mehr als zweijährigen),
«) wegen der bis zur Befriedigung laufenden Zinsen, und
<N wegen derjenigen Kosten, welche nach Z. 390, V. Nro. 4 an der Stelle des
Kapitals mit diesem zugleich zur Hebung kommen.
Bleibt demnächst noch etwas vom Erlöse übrig, so fließt es zur Konkursmasse.
Besteht das Pfand in einer Aktivforderung z so steht dem Gläubiger in Betreff
aller dieser Ansprüche die Z. 392, Nro. 4 gedachte Befugniß, die Ueberweisung zu
verlangen, zu.
Werden Pfandgläubiger aus dem Erlöse des Pfandes bei Unzureichendheit der
selben nicht vollständig befriedigt; so müssen sie hinsichtlich des Ausfalls die Ver-
theilung der Konkursmasse abwarten, in so fern sie beim Konkurse lozirt sind. —
Z. 153, 381, 527, I. 5« A. G. O. — Z. 1, 2, 15 Ges. vom 28. December 184«
GS. 1841 S. 4. — Res. vom 2«. März 1841 I. M. B. S. 143.
wenn bei Abschluß der Verhandlung über die hinsichtlich der Bergleichsvorfchläge
und der obwaltenden Stimmenmehrheit entstandenen Streitpunkte die Konkurs
sache selbst zum KlasMationsurtel noch nicht reif ist.
62»
Vertheilung der Revenüen und Kaufgelder von Immobilien
ins Besondre.
z, 405. I. Die Revenüen und Kaufgelder der zur Masse gehörigen Grundstücke
dienen hauptfächlich zur Befriedigung der Hypotheken- und anderen Realglöubiger.
Jene dürfen daher, so lange noch solche Gläubiger zu berücksichtigen sind, nicht zur
Konkursmasse fliessen.
' 'Bei der Vertheilung selbst ist die Vertheilung der kurrenten Revenüen von der
Vertheilung der Substanz zu unterscheiden.
Unter kurrenten Revenüen eines Grundstücks werben alle und jede
Früchte und Nutzungen ncbst den Hebungen an kleinen Pachten, Dienstgeldern, Ra
tural - und Geldzinsen und die gewöhnlichen jährlichen HolzverkSufe «erstanden.
Letztere werden entweder nach einem Durchschnitte mehrjähriger Rechnungen, oder
nach einem vom Walde zu fertigenden Anschlage bestimmt, durch welchen nachgewie
sen wird: wie viel Holz jährlich, nach Abzug des Wirthschaftsbedarfs, ohne Nach
theil der Substanz, verkauft werden könne.
Ist das Grundstück verpachtet oder vermiethetz so tretm die Pacht- oder
Miethgelder, so wie die vom Verpächter noch ausserdem sich etwa vorbehaltenen
Nebeneinkünfte, an Naturalien u. f. w. an die Stelle der kurrenten Revenüen.
Entsteht der Konkurs im Laufe eines Wirtschaftsjahres; so werden nur die
alsdann noch vorhandenen Früchte und Nutzungen, Zinsen, Pachte, Miethgelder und
andre Hebungen, welche in dies Jahr gehören, so weit sie entweder noch rückstän
dig, oder erst nach entstandenem Konkurse fällig werden, zur Revenüenmasse gezo
gen. Die aus früherer Zeit herrührenden Reste gehören zur Konkurs- (Gemein-Z Masse.')
O. Gegenstand der Substanzvertheilung sind
s) die während des Konkurses vorgekommenen ausserordentlichen Einnahmen aus
Holzverkäufen und dergl. nach Abzug der zu den kurrenten Revenüen gehörigen
Summe; z. B. wenn ein Waldbezirk, der nicht zu den gewöhnlichen Hauen ge
schlagen ist, sondern nur zu gewissen Zeiten ausser der Ordnung genommen wer
den kann, während des Konkurses haubar wird; oder wenn Windbrüche kommen,
die einen stärkeren als den gewöhnlichen Holzvcrkauf veranlassen; oder wenn
während des Konkurses, mit Genehmigung der Konkursbcyörde eine Quantität
Stabholz geschlagen wird. Kaufgelder für Holz, welches Gemeinschuldner schon
vor dem Konkurse verkauft, und das schon wirklich angeschlagen, obwol noch
nicht abgeführt ist, gehören jedoch nicht hierher, sondern zur Gcmeinmasse;
b) die etwa vorhandenen Ueberschüsse der kurrenten, während des Konkurses einge
gangenen Revenüen;
c) die vorhandenen WirtyschaftsbestZnde und Reste aus der Konkurszeit, in so fern
dieselben dem Käufer nicht mit überlassen worden sind;
die Kaufgeldcr des Grundstücks und der mit verkauften Jnventarienstücke, st
wie die Zinsen vom Aaufgelde. Superinventarienstücke gehören nicht hierher,
fondern zur Gemeinmasse. - §. 491, Sl0, I. 5« A. G. O. §. 44Z, 446, I.
20 Ä. L. R.
II, Aus den Revenüen werden berichtigt
t) alle kurrenten Lasten und Abgaben, auch Wirthschaftsausgaben desselben Jahres;
2) alle auf Verwaltung des Grundstücks verwendeten Kosten, namentlich auch die
Besoldung des darüber ernannten besonder« Kurators oder Aufsehers; die Ko
sten der Wirthschaftsrevisionen, Rechnungsabnahmen u. s. w.
3) Alles, was zur Erhaltung und Konservation der Substanz hat verwendet wer«
den müssen, folglich auch die Reparaturkosten;

") Hier ist vorausgefetzt, daß nicht fchon früher Sequestration eingeleitet war.
«3«
4) die Koste» der Revenüenvertheilungz .
5) die innerhalb der letzten zwei Jqhre vor Konkurseröffnung ausgeschriebenen Feuer«
sozietätsbeiträge; endlich . .
ö) die kurrenten Zinsen der eingetragenen Forderungen. Diese Zinsen laufen vo»
demjenigen 1, Juli, welcher der Revenüenbeschlagnahme oder der eingeleitete»
Sequestration unmittelbar voran gegangen ist.
Die Berichtigung der Leistungen zu 1 bis 5 erfolgt bald nach Entstehung, resp.
Ausschreibung, aus den zur Seit vorhandenen Revenuen. Die laufenden Sinsen wer
den ebenfalls, sobald sie fällig werden, vom Sequester resp. Administrator nach der
ihm ertheilten Anweisung und vorgeschriebenen Folgeordnung bezahlt. Sind Hypo
thekenforderungen noch streitig, oder deren Inhaber dem Aufenthalte nach unbekannt;
so werden die von solchen Forderungen laufenden Sinsenbeträge zu einer Spezial
masse ins Depositorium gezahlt.
Mvenuenüberschüsse des einen Jahres werden Behufs Vertheilung auf die Lei
stungen und Zahlungen zu 1 bis 6 des folgenden Jahres aufbewahrt.
Aeichen aber die Revenuen, des einen Jahres zur Deckung der zu 1 bis 6 für
das betreffende Jahr nöthigen Summen nicht aus, so kommt
s) wenn dies im ersten Wirthschaftsjahre, in welchem der Konkurs eröffnet wor
den, der Fall ist, der nicht zur Hebung kommende Betrag der laufenden Zinsen
demnächst bei Vertheilung der Kaufgeld« mit dem zweijährigen Zinsenrückstand
zugleich zum Ansatz und zur Zahlung,
b) Ausfälle kurrenter Zinsen in folgenden Jahren dagegen werden aus den Reve
nuen der nächsten Jahre vergütet.
Die Vertheilung geschieht stäts in der Ordnung, welche die Hypothekenforde
rungen im Hypvthekenbuch erlangt haben, so daß der, der Priorität nach, nachfol
gende Gläubiger nicht eher mit kurrenten Zinsen zur Hebung kommt, als bis der
vorstehende Gläubiger alle seit 1. Juli vor Revenüenbeschlagnahme laufenden Zin
sen erhalten hat.
Ist ein Kapital auf zwei verschiedenen zur Konkursmasse gehörenden Grund
stücken eingetragen; so werden diejenigen Revenuen der beiden Grundstücke, welche
nach Berichtigung der Zinsen von den vorstehenden Kapitalien noch übrig bleiben,
zusammengerechnet, die sich ergebende Summe wird mit der Zinsenforderung des
betreffenden Gläubigers in Verhältnis; gestellt, und nach der Sozietätsregel berech
net, was darnach jede Revenüenmasse beiträgt. Z. B. die Zinsen von einem auf
2 Grundstücken eingetragenen Kapitale von 5000 Rthlr. betragen jährlich 20« Rthlr.;
von den Revenüen des einen Grundstücks bleiben nach Abzug der vorgehenden Zin
sen 300 Rthlr., von den Revenüen des andern Grundstücks 100 Rthlr.; so erhält
der Gläubiger auf seine Zinsenforderung von 200 Rthlr. vom ersten Grundstück
150 Rthlr., vom zweiten S« Rthlr.
Berbesserungskostcn, und Tax- und Subhastationskostcn dürfen in der Regel
nicht aus den Revenuen entnommen werden; es müßten denn in Betreff der erfte-
ren sämmtliche Gläubiger einig sein; oder in Betreff der letzteren die vorschußweise
Entnahme beim Mangel andrer baaren Fonds nöthig werden. .
Bei obwaltenden erheblichen BiUigkeitsgründen kann der Richter einem od«
dem andern der in der zweiten Klasse lozirten Realgläubiger (III. Nry. 1) aus, de«
kurrenten Revenüen ebenfalls Zahlung anweisen. Die zu l. L. s erwähnten ausser
ordentlichen Revenüen müssen aber jederzeit zur Befriedigung der in der zweiten
Klasse angesetzten Rcalansprüche verwendet werden. — Z. 496—503. §. 521, 523, I.
5» A. G. O. — §. 25 des Erek. Ges. vom 4. März 1,834.
III. Die Vertheilung der Jmmobiliarsubstonzmasse erfolgt in der
Regel sofort nach dem, durch den Kurator zu beantragenden., Verkauf der Grund«.
«31
stücke im Wege der gewöhnlichen Kaufgeldcrbelegung. > ) Daraus werden, nachdem
aus derselben die ctwanigen Rückstände an Berwaltungskosten, die im Suschlagsur,
tel ihr auferlegten, und die Kaufgelderbelegungs- und Uebergabekoften vorweg be
richtigt sind, bezahlt:
1) zunächst »on den in der zweiten Klasse, angesetzten Ansprüchen in so weit sie
nicht nach Vorschrift II. aus den Revenuen befriedigt sind,
s) die zweijährigen Rückstände der vom Grundstück zu entrichtenden landesherr
lichen Abgaben (§. 394 R«. I)j
d) gleiche Rückstände der vom Grundstück zu entrichtenden gemeinen Abgaben
und Lasten (das. Nro. 2);
c) die rückständigen Beiträge zu den Feuersozietäts-, und andern gleich berech
tigten Anstalten (das. Rr«. Z);
<!) die in Besoldung oder Lohn und Brod dc« Gemeinschuldners, als Gutsbe
sitzers, gestandenen Personen, welche zum Gute, und nicht zur Person oder
zum anderweiten Gewerbe des Gemeinschuldners gehören (das. Nr. 7);
e) das rückständige Pflüger- und Drescherlohn (das. Nro. 8);
Der Termin zur Belegung und Vertheilung der Kaufgelder kann daher bei
den zum Konkurse gehörigen Landgütern ausnahmsweise erst dann anberaumt
werden, wenn im Konkurse der Liquidatianstermin abgehalten, und der Subha-
stationsrichter davon benachrichtigt worden ist, welche der vorstehenden Ansprüche
angemeldet sind.
Andre Gläubiger der zweiten Klasse, und namentlich auch Dienstboten, welche
keine Gutsliedlöhner sind, werden hier nicht berücksichtigt.
2) Sodann werden die Hypothekengläubiger befriedigt, und zwar
») wegen der unter II. Nro. b gedachten, aus den Revenüen nicht gedeckten
laufenden Sinsen; >
b) wegen der zweijährigen privilegirten Sinsenrückstände;
o) wegen des Kapitals selbst.
Diese Hypothekengläubiger kommen nach der Seit der Eintragung ihrer
Forderung zur Hebung, so zwar, daß ein nachstehender Gläubiger nicht eher etwas
erhalten kann, als bis der vorstehende in Betreff der Ansprüche zu s bis c völlig
befriedigt ist.
Haftet ein und dieselbe Forderung auf mehren zur Konkursmasse gehörigen
Grundstücken; so werden die Jmmobiliarsubftanzmassen dieser mehren Grundstücke,
nachdem die vorstehenden Posten davon abgerechnet worden, zusammengezählt; die
Summe davon wird mit der Summe jener Forderung und der davon zu zahlenden
Sinsen in Verhältnis, gesetzt, und so dasjenige, was von jeder Kaufgeldermaffe auf
die Forderung zu zahlen sei, nach der Sozictätsregel berechnet. ^) — Ist ab«« von
den mehren verpfändeten Grundstücken erst das eine verkauft, das andre aber noch
unverkauft; so ist der Gläubiger zwar berechtigt, aus den Kaufgeldern des ersten
Grundstücks, so weit sie auf ihn hinreichen, seine Befriedigung zu verlangen. Wenn
jedoch hiernöchft das zweite Grundstück ebenfalls verkauft wird, so kommt von des
sen Kaufgeldern den auf das erste eingetragenen Gläubigern so viel zu Gute, als
der auf beide Grundstücke versicherte Gläubiger nach Obigem daraus erhalten haben
würde, wenn dasselbe zugleich mit ersterem verkauft worden wäre.
>) Die Klassifikatoria braucht nicht weiter abgewartet zu werden, und es ist das
Res. vom 27. Mai I83t, welches das Gegentheil bestimmte, antiquirt.
?) A, B. die auf 2 Grundstücken eingetragene Forderung beträgt 5lXX> Thlr.; die
Kaufgelder des einen Grundstücks betragen nach Abzug der vorstehenden Real-
sorderungcn 20,««« Thlr., die des andern 5««« Thlr., zusammen 25.«»« Thlr.,
so erhalt Gläubiger aus den 20,000 Thlr., 4000 Thlr. und aus den SVOV Thlrn.
1««« Thlr. — z. S2l, I. 5« A. G. O.
632
Sind bei der Bertheilung Realansprüche noch streitig, oder die Gläubiger zur
Empfangnahme nicht gehörig legitimirt; so wird jedes einzelne Perzipiendum der
Art zu einer Spezialmasse genommen, und erst nach Beseitigung des Streits oder
gehörig geführter Legitimation ausgezahlt. Fällt das Recht solcher Gläubiger i»
der Folge weg, und ist auch kein andrer Perzipient da, so kommt eine derartige
Spezialmasse den nicht zur Hebung gekommenen nächste» Realgläubigern zu Gute.
Was nach Befriedigung aller Realgläubiger und nach Berichtigung der Seque-
strations- und Subhastationskosten von der Jmmobiliarsubstanzmasse übrig bleibt,
fließt zur Gemeinmasse. — g. 503, 512 fg. 521, 522, I. 50 A. G. O. Z. 8, 9,
10, 12, 13 des Gef. vom 28. Decbr. 1840.
Theilungsverfahren, wenn ein Grundstück unverkauft bleibt.
§. 406. Gehören Grundstücke zur Konkursmasse; so ist die Endvertheilung
der Gemeinmasse in der Regel vom Verkauf sämmtlicher Grund
stücke abhängig, da gewöhnlich erst dann feststeht: ob und was von der Jmmo-
biliarmasse zur Gemeinmasse fließt, oder welche bei Vertheilung der Kaufgelder aus
gefallene Hyporhekengläubiger ihre Befriedigung aus der Gemeinmasse in der sechs
ten Klasse zu fordern haben. — §. 564—566, I. 50 A. G. O. — Ist jedoch
I. ein Grundstück z. B. wegen seiner Lehn«- oder Fideikommißeigen-
schaft unveräusserlich; so wird mit Vertheilung der Revenuen nach Vorschrift
Nro. II. des vorigen §, und mit der vorläufigen und der Endvertheilung der Ge-
meinmasse nach Vorschrift der folgenden HZ. verfahren, und dabei Rachstehendes be
rücksichtigt: > , .
1) Die gesetzlich eingetragenen Gläubiger können sowol laufende Zinsen, als den
zweijährigen privilegirten Zinsenrückstand, als das Kapital nach Maasgabe II.
und III. Nro. 2 des vor. Z. fordern.
2) Aus den Revenüen werden zunächst die laufenden Zinsen der Realgläubiger be
friedigt, und erst demnächst kommen diese mit den übrigen gedachten Ansprüchen
zur Hebung.')
S) Wenn das Realrecht eines eingetragenen Gläubigers auf einen gewissen Zeitraum
dergestalt eingeschränkt ist, daß es mit Ablauf desselben ganz erlischt; so muß
darauf bei Vertheilung der Revenüen gehörige Rücksicht genommen, und er dem
nächst als Personalgläubiger, nach Maasgabe der, von der Eintragung unabhän
gigen Beschaffenheit seiner Forderung, betrachtet werde». ,.-..> - , ,
4) Die bei der Endvertheilung der Gemeinmasse leer ausgehenden PersonalglSubiger
werden auf die Revenüen des Grundstücks angewiesen, in so fern nemlich über
haupt, und in so lange dergl. Personalgläubiger des Gemeinschuldners an die
Rutzungen des von ihm besessenen Lehns oder Fideikommisses nach allgemeinen
gesetzlichen Vorschriften sich halten können. — Sind gar keine Realgläubiger vor,
Händen, so wachsen die sämmtlichen Revmüen des Grundstücks, so weit sie den
Personalgläubigern verhaftet sind, der Gemeinmasse zu.
5) Die Personalgläubiger können jedenfalls blos das Kapital und die zweijährigen
privilegirten Zinsrückstände fordern. Rur, wenn nach Befriedigung aller Real-
und Klassengläubiger das Recht der Personalgläubiger, sich an die Einkünfte
') Das Verfahren muß als fortdauernde Sequestration angesehen, und demgemäß
sowol vor, als nach dem Klassisikationsurtcl gleichmässig in der Art verfahre«
werden, daß nur die nach Zahlung der laufenden Sinsen übrig bleibenden Re
venüen auf die Jinsenrückstände und die Kapitalien zu verwenden sind. Bor-
n ein« nn (System Bd. 4 S. 379 fg.) nimmt dagegen an, daß nach ergange
nem Klassifikationsurtcl der vorgehende Gläubiger vorerst mit Kapital und
Zinsen befriedigt sein muß, ehe die übrigen Gläubiger selbst auf laufende Zin
sen Anspruch machen können.
des Grundstücks zu hatten, noch fortdauert; können sie aus den Revenüen auch
die Nachzahlung der bis dahin entbehrten laufenden Sinsen verlangen.
6) Entsteht in dem Falle, wenn ausser den Revenuen des Grundstücks auch noch
eine illiquide Gemeinmasse vorhanden ist, die Frage:
ob die bei der bereiten Gemcinmasse leer ausgehenden Gläubiger nach der
Ordnung ihrer Priorität zuerst auf diese, oder in das Grundstück, und
auf dessen künftige Revenüen angewiesen werden sollen?
so muß der Richter diese Frage, so viel möglich, durch gütliches Uebereinkommen
unter den Gläubigern regulircn, oder nach vernünftigem Ermessen im Distribu
tionserkenntnisse entscheiden. Dies Ermessen wird nach dem mehren oder min
dern Grade von Wahrscheinlichkeit bestimmt: daß die illiquide Masse herbeizu
schaffen sei; oder daß die in das Grundstück anzuweisenden Gläubiger bei dem
selben wirklich zur Hebung gelangen werden.
7) Im Endvertheilungsplan resp. Urtel wird demgemäß festgesetzt: welche Gläubi
ger, mit welchen Summen, und in welcher Ordnung die einzelnen aus den
Einkünften des Grundstücks ihre Befriedigung nach und nach zu erwarten haben.
8) Uebrigens hängt es von dem Uebereinkommen der auf diese Einkünfte angewie-
fenen Gläubiger ab:
s) in wie fern sie sich nach der Ordnung des entworfenen Plans, auf den
Grund eines aufgenommenen Ertragsanschlags, und darnach angelegter Be
rechnung, nach und nach auf Gewinn oder Verlust, ohne Rechnungslegung
wollen immittiren lassen; oder
d) ob sie sich über einen gemeinschaftlichen Bevollmächtigten vereinigen wollen,
der die Verwaltung des Grundstücks ohne weitere Beimischung des Gerichts
führe, die Revenüen erhebe, und dieselben nach dem feststehenden Plane ver
theile; «der
e) ob die Verwaltung nach wie vor unter gerichtlicher Aufsicht fortgesetzt, und
die Zahlung der eingekommenen Revenüen nach dem feststehenden Plane vom
gerichtlichen Administrator geleistet werden solle.
Letzteres muß geschehen, sobald nicht alle Gläubiger über ein andres AuSkunftö-
mittel sich vereinigen können.
9) Diese Verwaltung dauert so lange fort, bis entweder sämmtliche angewiesene
Posten bezahlt sind, oder bis ein Fall eintrit, wo das Recht der Gläubiger, sich
an die Einkünfte des Grundstücks zu halten, gänzlich aufhört (es. Nr«. 5). —
§. 567—580, I. 50 A. G. O. — Z. 25 Erek. Ges. vom 4. März 1834. —
8. 11 Ges. vom 28. December 1840. >1
II. Ist das Grundstück zwar veröusserlich, der Verkauf zieht sich
aber in die Länge; so muß
1) in dem Falle, wenn die Gläubiger den Aufschub der Subhastation wegen obwol«
tender zeitweiser Umstände, z. B. weil das Gut in einen weitläufigen Grenz -
oder Dienstbarkeitsprozeß verwickelt ist, oder in einer Gemeinheitstheilung steht;
oder weil über das Eigenthum oder die Beschaffenheit desselben gestritten wird,
beschlossen haben, die Endvertheilung bis zum Verkauf ausgesetzt werden. Die
Vertheilung der Revenüen hat jedoch gemäß II. des vor. Z ihren Fortgang, und
auch vorläufige Bcrtheilungen der Gemeinmasse können gemäß Z. 408 bis ein
schließlich der Gläubiger der fünften Klasse vorgenommen werden.
2) Hat der Verkauf wegen Mangel an Kauflustigen nicht vor sich gehen können;
so kann nach fruchtlos angestandenem Bietungstermin jeder einzelne Gläubiger,
- 'er sei Real- oder Personalgläubiger, auf Vertheilung der Masse und auf An
weisung in die Einkünfte des Grundstücks, antragen. So lange s) dies nicht
geschieht, wird die Ausbietung des Grundstücks, und in der Zwischenzeit die ge-
Verwaltung desselben, fortgesetzt, b) Ist dagegen a«f Anweisung
angetragen ; so muß mit Vertheilung der Gemeinmasse nach Vorschrift z. «7—
409 und mit Regulirung der Anweisung gemäß der Bestimmungen unter I. »ed>
fahren werden. Doch kann auch in diesem Falle nach regulirter Anweisung jc-
dcr Gläubiger auf Wiederholung der Subhaftation antragen. Er muß nur die
Subhaftationskosten vorschiessen, und kann, wenn die Suvhastation fruchtlos ist,
sie von Niemand erstattet verlangen. — Erfolgt dagegen der Zuschlag; so ge
schieht die Kaufgeldervertheilung gewöhnlicher Massen. (III. des vor. §.) —
z. 5S2, 581—587, I. 5« A. G. O. r. . ^. .
Bon den bei Vertheilung der Gemeinmasse zu berücksichtigenden
Kommunkosten. ')
Z. 407. I. Unter Kommunkosten versteht man die zur Instruktion des Kon-
kursprozesseS, zur Siegelung und Inventur, zur Versilberung der beweglichen Masse,
Einklagung und Beitreibung der Aktivforderungen, Besoldung und Bezahlung des
Kurators und Kontradiktors, und Vertheilung der Gemeinmasse selbst »erwendeten,
so wie ferner die Kosten der vom Kontradiktor wider einzelne Liquidanten, oder
von diesen wider ihn eingewendeten Rechtsmittel , welche den Betrag und die Rich
tigkeit einer sn die Masse liquidirten Forderung betreffen, in so fern dieselben im
ergangenen Urtel kompensirt, oder dem Kontradiktor zur Last gelegt worden.
Kosten der von einem Gläubiger gegen de» andern eingewendeten Rechtsmittel,
ferner die durch Einklagung einer Forderung vsr Ausbruch des Konkurfes a«fgelau-
fenen Kosten, gehören nicht zu den Kommunkosten; jene hat der zu tragen, wel
chem sie im Urtel aufgelegt werden; diese müssen zur vierten Klasse ltquidirt wer
den. — Kosten, welche für Vorladung eines aus dem Inventar oder BerwögenS-
»erzeichniß, oder dem Hypothekenschein sich nicht ergebenden, oder bei den Akten noch
nicht gemeldeten Gläubigers zum Konnotativnstermin erwachsen, muß dieser al
lein tragen. ^ ,, . -,„-,<. ^ ,> ,
Subhastations - und Kosten der Grundstücksverwaltung treffen lediglich die
Jmmobiliarmasse, und sie müssen eben so, wie die in Bezug auf die Sequestration
und Subhastation der Grundstücke, und durch Prüfung der Realanspröche entstan
denen Gebühren des Kurators, aus der Jmmobiliarmasse genommen «erb». —
ß. 106, 530 Ach. §. 373 a. a. O. g. 12 des Ges. vom 28. December ItM. -
Res. vom 14. Februar 1841 I. M. B. S. 14«. . >:« «-
II. Für die Kommunkosten ist nur die Gemeinmasfe verhaftet. Sie
dürfen daher weder aus der Jmmobiliarmasse zum Nachtheil der Realgläubiger, noch
aus den Faustpfandlosungen zum Schaden der Pfandgläubiger, noch aus de» »«»
den Vindikanten als ihr Eigenthum erstrittenen Gegenständen oder deren Kaufpreis,
entnommen werden. — Z. 527, 528, I. 5« A. G. O. — z. 14 des Ges. vom 2K
Deeember 184«.
III. Die Kommunkosten kommen den aus der Gemeinmasse zur Hebung Ge
langenden von ihren Hebungen verhältnißmässig in Abzug. De» «»f
^) Betrifft die Verhandlung. Verfügung lc., für welche Kommunkosten anzusetzen
sind, ein bestimmtes Objekt, so wird der Betrag nach diesem derechnet. Sovfl
dient der Betrag der Gemeinmasse zur Norm. Sind die Schulden geringer!
so wird nach deren Betrag die Kostenkolonne regulirt. Besteht die Aktivmasse
nur i» einem bestimmten Tyeile einer jährlichen Besoldung, und erreicht »«
Objekt der Passivmaffe die Summe, welche den vollen Spsrtelsatz nehmen lechl;
so kann dieser gleich im ersten Jahre voll genommen werden. Stirbt aber sc-
meinschuldncr, bevor die Abzüge, die den vollen Sportelsatz gewährende Summe
betragen; so müssen die darnach zu viel gezahlten Gläubigern zu Gute gerea?'
vet rmd allenfalls herauSgezchtt werden. — cl.Anh.§.S70^S72, 1. S«».«^'
«3S
die illiquide Masse angewiesenen Gläubigern darf jedoch kein Bettrag angerech
net werden.
Das «rmenrecht sn sich, oder die Eigenschaft als Soldat geben kein Recht auf
»«freiung von den Kommunkoften. — Frei davon sind nur Fiskus, die Bank
und die Salarienkassen. Deren Hebung wird bei Bertheilung dieser Kesten
ganz «Hergängen, und die Eintyeilung blos auf die übrigen Glaubiger gemacht.
Doch ist dabei folgendes zu bemerken:
j) Sind wegen der Hebung der von den Kommunkosten Befreiten besondre Gerichts-
gebühren aufgelaufen; so müssen dieselben niedergeschlagen werden.
2) Dies muß in Ansehung der unter den Kommunkosten begriffenen Gerichtsgebü'h-
r«') auch dann geschehen, wenn die davon Befreiten mit ihren Forderungen
die ganze Masse allein hinwegnehmen.
S) Bringt ein von Kommunkoften Freier wahrend des Konkurses Forderungen durch
Session an sich; so kommt ihm die Befreiung nur vom Tage der erfolgten Ses
sion zu Stötten. Frühere Kosten müssen von ihm mitgetragen werden, und er
muß sich deshalb an seinen Zedenten halten. — §. 529, 531—535 Anh. ß. 374
l. SO ». «. O.
Von der vorläufigen Vertheilung der Gemeinmasse.
§. 4VS. Zur Gemeinmasse gehört Alles im Konkurse begriffene Vermö
gen des Gemeinschuldners, in so weit es nicht vindizirt, oder von Pfand-, und
Hypothekengläubigern mit Erfolg in Anspruch genommen worden ist, oder zu einem
Spezialkonkurse gehört. — In der Regel kann die Vertheilung der Gemeinmasse
erst bei rechtskräftigem Klasfifikatiousurtel verlangt werden. Doch können eine vor,
läufige Vertheilung fordern:
I. Dir Gläubiger der zweiten Klasse, und zwar sogleich nach publizirtem
Klassifikationsurtel. Selbst dadurch, daß von einem Mitgla'ubiger darüber ap-
pellirt ist, daß er nicht in die zweite, sondern in eine niedrigere Klasse gesetzt wor
den, wird die »erlangte vorläufige Vertheilung nicht aufgehalten; doch muß dann
») entweder nach Befriedigung der unstreitigen Gläubiger der zweiten Klasse noch
Deckung für den Appellanten in der Gemeinmasse vorhanden, oder ein hinläng
licher Auwachs mit Sicherheit zu erwarten fein; oder
b) doch s« viel, als zu seiner Befriedigung erforderlich sein würde, im Deposit» bis
zum Austrage der Sache zurückbehalten werden. - >
Behufs Bewirkung dieser vorläufigen Bertheilung wird
4) zuförderft durch einen Kalkulator, mit Anziehung des Kurator«, und unter Mit»
Wirkung des Gerichttdeputirten, au« den Rechnungen und Akten der wirklich ein
gegangen« Betrag der Aktivmasse ausgemittelt, und
2) der Betrag der bisher aufgelaufenen, und entweder schon bezahlten, oder noch
zu bezahlenden Kommunkosten festgestellt.
») Dann wird ein Plan entworfen: wie die vorhandene Masse unter die Gläubig«
der zweiten Klasse nach der im Klassifikationsurtel festgesetzten Ordnung zu Ver
theilen sei.
4) Bei dieser Bertheilung wird jedem zur Hebung kommenden Gläubiger sein Bei
trag zu den berechneten Kosten nach Verhältniß seiner Hebung, unter Vorbe
halt der künftig bei der Endverthcilung erfolgenden Vergütung des zu viel
Beigetragenen, abgezogen.
5) Ist bei Anfertigung des Bertheilungsplans eine oder die andre zur zweiten
Klasse gehörige Post noch nicht liquid, oder ihre Priorität noch streitig ; so muß,
') Die baaren Auslagen, z. B. Gebühren de« Kurators und dergl., müssen dagegen
<u»Z der Masse vorweg entnommen «erden. ^
S3S
wenn für sie nicht ohnehin Deckung in der Masse bleibt, oder mit Sicherheit
eingeht, ihr Perzipiendum, nach Angabe des Liquidanten, mit berechnet, und bis
zur rechtskräftigen Entscheidung des Streits im Deposits zurückbehalten «er
den. Nach Maasgabe diestr Entscheidung wird dann das deponirte Quantum
dem Liquidanten gezahlt, oder ganz oder theilweise zur andern Masse gegeben.
S) Der hiernach entworfene Plan wird den betreffenden Gläubigern mittelst Um
laufs mitgetheilt, und in diesem zugleich Termin zur Empfangnahme der He
bungen eingerückt. Gehen vor dem Termine von einem Gläubiger Erinnerungen
gegen den Plan ein; so werden dieselben nach Befinden des Gerichts durch
schriftliche Verfügung oder in ein«m besondern Termin erledigt. „ z- .> ', '
7) Langt die vorhandene Masse zur vollständigen Befriedigung eines Gläubigers
der zweiten Klasse nicht hin; so muß dieser auch mit Theilzahlung sich begnü
gen, und den Rest bei der nächsten Bertheilung gewärtigen., — Bis, zu dies»
bleiben auch die nach Befriedigung der Gläubiger zweiter Klasse noch in der
Masse erwa vorhandenen Bestände aufbewahrt. — S. 524 fg. 538—546 a. a. O,
II. Auch die folgenden zur Hebung kommenden Klassen können die
vorläusige Vertheilung «erlangen, wenn der Konkurs wegen besondrer, bei Ausmit
telung der Aktiv- oder Passivmasse vorkommenden, Umstände, sich in die Länge
zieht, im Depositorio Masse vorhanden ist, und die zu Einer an der Hebung ste
henden Klasse gehörenden Forderungen, in Ansehung der Richtigkeit und Priorität,
rechtskräftig geworden sind. — Bei diesen Bertheilungen gelten ebenfalls die zu I,
gegebenen Vorschriften. :>..'",- „ , .,. ' - r-
Gehört jedoch ein verkäufliches Grundstück zur Masse, so kann, falls die auf
denselben eingetragenen Hypothekengläubiger auch in der sechsten Klasse angesetzt
find, vor dem Verkauf dieses Gründstücks die vorläufige Vertheilung nicht über die
Gläubiger der fünften Klasse hinaus erstreckt werden. — Z.,547, 562 I. 5« A S.
O. — Res. vom 7. Januar 1828. Gröff, Koch :c. III. S. 1114.
.. „ >' ' ' ' > l— > > ' ' >'^' -
Von der Endvertheilung (Finaldistribution),
z. 409. I. Die Endvertheilung der Gemeinmasse erfolgt, sobald
das Klassifikationserkenntniß wenigstens in Ansehung der Priorität der Gläubig»
rechtskräftig, das Mobiliarvermögen>.versteigert, die Grundstücke verkauft, die Hand
lung, so fern dergl. vorhanden, völlig abgeschlossen, und die liquiden Aktiva einge
zogen, oder doch bis zur sicheren Zahlung ausgemittelt worden sind;') wenn auch
gleich noch das eine oder andre illiquide Kapital, oder einige einzelne Effekten we
gen ihrer befondern Eigenschaft, z. B. seltene Schildere«» wegen Mangels an Ken
nern und Liebhabern, unverkauft geblieben wären. — K. 54S, 563 I. 50 A. <S. O.
II. Ist demnach die Sache zur Endvertheilung reif; so wird gemäß I. Rro.
1 und 2 des vorigen §. die noch zu vertheilende Masse ermittelt, und der Betrag
der seit der letzten vorläufigen Vertheilung angewachsenen Kommunkoften festgesetzt!
sodann aber der Vertheilungsplan selbst entworfen. In diesem wird berechnet!
«) wie viel jeder Gläubiger aus der Masse erhält? - , .-. .
d) worauf er damit angewiesen wird? und : ,
o) wie viel er zu den Kommunkosten beizutragen hat?
Dabei ist jedoch folgendes zu berücksichtigen: , , i ' .
1) Die seit der letzten vorläufigen Bertheilung aufgelaufenen Kommunkosten werde»
unter die gegenwärtig zur Hebung kommenden Gläubiger (mit Ausnahme der
bloö auf die illiquide Masse angewiesenen) allein vertheilt. Ausserdem müssen
') Hierin ist zugleich der Begriff des liquiden Aktivi, und der Unterschied zwischen
liquiden und illiquiden Forderungen ausgesprochen. Darnach wird auch abzuwi«
gen sein, welche zu überweisenden Aktiv« zu den Kommunkosten hexanzuziehn sind.
637
dieselben auch zu den früher liquidirtcn, und überhaupt zu den seit Konkurser
öffnung erwachsenen Kommunkosten, nach BerlMniß der ganzen Masse, mit
Inbegriff der früheren Vcrtheilungen, und im Vergleich zu ihren Hebungen
beitragen. Was darnach den bei den vorläufigen Bertheilungen, wo die scimmt-
lichen damaligen Kommunkostcn in Abzug gebracht worden, zur Hebung Gekom
menen zu viel abgezogen ist, muß ihnen im Endvertheilungsplan zugetheilt,
und demnächst gezahlt werden.
2) Die Ordnung des KlaMkationsurtels bestimmt auch die Art der Anweisung im
Vertheilungsplane. Bon den Gläubigern werden daher
s) die zuerst stehenden auf die im Deposits befindlichen baaren Gelder, so weit
sie reichen;
b) die folgenden auf die noch ausstehenden liquiden und sicheren Aktiva, und
zwar, wenn diese zu verschiedenen Zeiten oder in verschiedenen Terminen
fällig sind, die vorstehenden Posten auf die zunächst fälligen, die übrigen auf
die weiteren Termine nach der Zeitfolge;
«) die noch ferneren endlich auf die illiquiden Aktiva, auf die dem Kurator bei
seinen Rechnungen gezogenen, und einer näheren Erörterung noch bedürfen
den Defekte, und auf die etwa noch vorhandenen unverkäuflichen Effekten,
nach der Tare derselben,
angewiesen. — Bleibt nach Berücksichtigung aller Gläubiger, selbst der nach den
Klassengläubigern angesetzten, noch etwas übrig; so gehört dasselbe dem Gemein
schuldner, falls er noch am Leben, sonst seinen Erben. Sind solche nicht vor
handen, oder haben sie ohne Borbehalt entsagt; so wird es herrenloses Gut.
3) Da der vorzüglichere Werth eines Aktiv! vor dem andern, und einer Sache vor
der andern öfters von dem bessern Gebrauche abhängt, den ein Gläubiger da
von machen kann; so ist beim Zweifel darüber:
welche von den Aktivis der Depositalmasse, oder den andern AktiviS und
Effekten, die zuerst stehenden Gläubiger zu ihrer Befriedigung vorzie
hen wollen,
die Vernehmung der Gläubiger vor Anlegung des Bertheilungsplans zu verfü
gen, und ihnen dabei die Auswahl zu überlassen.
4) Wenn ein Kapital liquidirt, und im Klassifikationsurtel angesetzt worden, wel
ches noch nicht fällig ist, sondern dessen Erhebung erst von einem gewissen oder
ungewissen Tage, oder von einer aufschiebenden Bedingung abhängt; ober wenn
Alimente, oder andre dergl. jährliche Leistungen, welche nicht beständig dauern,
liquidirt und klassifizirt sind; so muß im Bertheilungsplan ein verhältnißmässi-
ges Kapital dafür mit berechnet; dieses aber irgendwo sicher untergebracht, und
zugleich gehörig bestimmt werden:
welche Gläubiger darauf, bei entstehendem Rückfalle, anzuweisen sind.
5) Eben so muß es gehalten werden, wenn ein Gläubiger seine Kapitalsforderung
zwar sogleich erhalten kann, dieselbe aber nach einer gewissen Zeit, oder beim
Eintrit einer auflösenden Bedingung wieder zurückgeben muß. In diesem Falle
kann zwar Liquidant die Auszahlung des auf ihn kommenden Betrages sofort
verlangen; er muß jedoch den auf den künftigen Rückfall angewiesenen Gläubi
gern auf ihr Verlangen Sicherheit dafür bestellen, («k. Z. 395 Nro. 4.)
6) In den Fällen unter 4 und 5 können die auf den Rückfall angewiesenen Gläu
biger bis zu der Zeit, wo dieser Rückfall sich wirklich ereignet, keine Zögerungs-
zinsen fordern, sondern müssen mit den im Vertheilungsplan ihnen ausgesetzten
Beträgen sich begnügen. Wenn also ein für den Rückfall berechnetes Kapital
' W der Zwischenzeit Zinsen trägt, welche der wirklich an der Hebung stehende
Liquidant zu erhalten nicht berechtigt ist; so wachsen dieselben dem Kapital zu.
41
7) Auf die nach Vl> vom Tage der Bertheilung wieder laufenden »»bedungenen
Zinsen kann bei der Vertheilungsverechnung selbst keine Rücksicht genommen wer
den. Doch bleiben dem Gläubiger seine Rechte deshalb sowol, gegen den Gemein-
fchuldner, als auf die etwa sonst noch vorhandene und z. B. aus dem Ainsen-
anwachse entstandene Masse vorbehalten. — Z. 4«7 fg. 486, 549-557 Anh.
§. 375, I. 50 A. G. O.
III. Der nach vorstehenden Grundsätzen entworfene Bertheilungsplan wird dm
scimmtlichen in Person «der durch Bevollmächtigte anwesenden Gläubigern durch
einen Umlauf mitgetheilt; und ein Termin vor dem Gerichtsdexutirten
zur Erklärung darüber angesetzt. Den zugleich durch den Umlauf vorzula
denden Gläubigern wird die Warnung gestellt:
daß gegen den Ausbleibenden anzunehmen, er habe gegen den Plan Nichts
zu, erinnern.
Wird er im, Termin genehmigt, oder ist er nach den etwanigen gegründeten
Erinnerungen berichtigt worden; so wird dann ein ordentliches Distribu
tiv nsurtel') abgefaßt, und den anwesenden oder vertretenen Gläubigern in einem
kurzen Termin publizirt, den übrigen zugefertigt. — §. 558 a. a. O. Mg.
bei §. 399, I.
IV. Gegen dergl. Erkenntnisse stehen jedem Gläubiger, welcher sich dadurch
verkürzt hält, die gewöhnlichen nach S. 400 zu instruirenden Rechtsmit
tel offen. Wenn aber ein Gläubiger dabei unterliegt, un> durch die Einwendung
solcher Rechtsmittel die Mitgläubiger an der Hebung der ihnen zuerkannten Gelder
verhindert hat; so bleibt Letzteren wegen der für die Zwischenzeit entbehrten Zinsm der
Regreß an den unterliegenden Gläubiger vorbehalten. — Z. 559, I. 50. A. G^ Q
V. Durch dergleichen Distributionsurtel wird der Konkurs, geendigt, und
der bisherige Kurator seines Amts entlassen. Schriftstücke, Bücher und Manual
akte», welche er lediglich Behufs seiner Amtsverrichtungen erhalten oder angelegt
hat, muß er dann derjenigen Behörde zur weiteren Verfügung übergeben, welche
ihm das ertheilte Amt übertragen hat.
Kaufmännische Bücher erhält dann der Gemeinschuldner oder dessen Erbe» zu
rück. Dieselben können schriftlich, und wenn ihr Aufenthalt unbekannt ist, öffent
lich zu deren Zurücknahme unter der Warnung aufgefordert werden, daß sonst dich
Bücher zugleich mit den betreffenden Akten kassirt, und als Makulatur »erkauft
werden würden. — Z. 560 a. a. O. — Res. vom 12. März 1824. Jahrb. 2Z,
S. 63. — Res. vom 13. Septbr. 1322. Jahrb. 20, S. 42.
VI. Nach demgemäß beendetem Konkurse muß jeder auf liquide Forde
rungen angewiesene Gläubiger für die Einziehung, der ihm ausgesetzte»
Summe zur Verfallzeit selbst sorgen. Er erhält dagegen auch die Sinsen vom Lage
der Vertbeilung, in so fern das angewiesene Aktivum selbst Zinsen trägt,
Gläubiger, welche auf illiquide Aktiva oder unverkäuflich« Mo-
bilien angewiesen sind, 2) müssen deren resp. Herbeischaffung und BersWnmg
auf gemeinschaftliche Kosten, und allenfalls durch einen gemeinschaftlichen, Bevoll
mächtigten, ferner betreiben.«) Auch in Ansehung ihrer ninMt, ill, so fem ihre
>) Gegen einen Gläubiger, welchem das KlaMkationsurtel nicht publizirt, gegen den
dasselbe daher nicht rechtskräftig ist, erlangt das Distributionsurtel keine Gütig-'
Kit. — Erk. des Geh. Ob.-Trib. vom 8. April 1837. Eentr. Bl. 1838 S. 273 fg.
2) Wollen die auf unsichere Aktiva Angewiesenen auf die Uebcrweisung unter Bor
behalt ihres Rechts an den Gemeinschuldner verzichten, so können sie darin nicht
gehindert werden.
») Es versteht sich von selbst, daß, wenn einem Gläubiger ein Aktivum oder eine
Sache ganz überwiesen ist, er die Realisirung allein und auf eigne Koste» be
treiben muß.
Forderungen an sich zinsbar sind, der Lauf dieser Zinsen vom Tage de« Distribu-
tionsurtels wieder ihren Anfang. — §. 560, I. SO A. G. O.

Siebenter Abschnitt.
Konkurs über »ergtheile, «der Schiffe.
Konkurs über Bergtheile.
§. 410. Gehören zum Vermögen des Gemeinschuldners auch Bergtheile
oder Kure, edcr sonst ein Bergwerkseigenthumz so muß der ordentliche
Konkursrichtcr beim betreffenden Berggericht gleich Anfangs, allenfalls zugleich beim
Antrage auf Einleitung der Subhastation des Bergwerkseigenthums, dir Einleitung
eines Spezialkonkurses in Betreff des Bergwerkscigenthums nachsuchen. Das Berg
gericht muß sodann diese Spezialmasse verwalten und versilbern, den SpezialkonkurS
verhandeln, darin erkennen, und die Masse vertheilen. Der Richter des Hauptkon
kurses, und die Gläubiger desselben, in so fern sie nicht BergglSubiger sind, können
sich dabei keiner Theilnahme oder Zuziehung anmaffen.
Bei diesem Spczialkonkurse sind nachstehende besondre Bestimmungen zu beobachten:
s) Die Vorladung der bekannten Berggläubiger zum Konnotations - und zum Be-
rifikationstermin wird durch das Bcrggericht veranlaßt; die Ediktalladung der
unbekannten
»«) in dem Falle, wenn das Bergwerkseigenthum in eben der Provinz, wo das
Gericht des Hauptkonkurses sich befindet, liegt, durch diese« zugleich in der
allgemeinen Ediktalladung, jedoch mit der Modifikation, daß die BergglSubi
ger zur Anmeldung ihrer Forderungen beim Berggerichte angewiesen werden.
Der Richter des Hauptkonkurses muß dann, nach verlaufenem Liquidations-
Termine, ein Attest über die gesetzmässig verfügte Ediktalladung der unbe«
kannten Berggläubiger zu den Akten des Berggerichts einsenden.
db) Liegt das Bergwerkseigenthum in andrer Provinz; so erläßt das Berga»
richt die Ediktalladung der unbekannten Berggläubiger selbst,
d) Meldet sich ein Berggläubiger beim Richter de« Hauptkonkurse«; so muß er an
das Berggericht gewiesen werden. Diese« hält Konnotations- und Veriflkations-
termin ab.
«) Das Berggericht bestellt auch einen besondern Kurator und Kontradlktor. Die«
ser muß mit dem Kurator und Kontradiktor de« Hauptkonkurse« beständige Kor
respondenz unterhalten, ihm von allen erheblichen Vorfallenheiten im Spezial-
kvnkurse Nachricht geben; und von ihm über die Beantwortung der von den
Berggläubigem angemeldeten Forderungen die etwa nöthige nähere Information
crtheilen. — Befindet sich jedoch da« Berggericht und das Hauptkvnkurögericht
an Einem Orte; so muß der Kurator und Kontradiktor auch für den Spezial
konkurS gewählt werden.
6) I« dem vom Berggericht abzufassenden Klasfifikationsurtel sind die Berggläubis
ger nach folgender Ordnung anzusetzen:
1) das Lohn der Arbeiter, jedoch nur wegen eine« zweijährigen Rückstandes, vom
Tage des ausgebrochenen Konkurses zurückgerechnetz
2) Poch- und Hüttenkosten auf gleiche Art;
3) der Sehnt, und andre landesherrliche Gebühren, ebenfalls nur in Ansehung «in«
zweijährigen Rückstandes, vom Tage de« eröffneten Konkurses zurückgerechnetz
4) der Neunte und andre Steuern, mit gleicher Einschränkung;
5) die erweislichen BMagSschulden, und die nnt Genehmigung d« BerganttS
41*
«40
gemachten Anlehne, jedoch nur, in so weit diese Forderungen aus dem letzten
Jahre entstanden sind;
6) die eingetragenen Hypotheken, nach der Zeit der erfolgten Eintragung;
7) diejenigen, welche erweislich zum Baue, oder zur Erhaltung des Bergwerks
eigenthums Materialien geliefert, Arbeiten gethan, oder Gelder vorgeschossen
haben, welche auch zu diesem Behufs verwendet worden, nach der Zeit des
gegebenen Borschusses oder des geschlossenen Vertrages;
8) Die mehr als zweijährigen der bei Nro. 3 benannten landesherrlichen Gefälle,
e) Was nach Befriedigung dieser Gläubiger von dem für das Bergwerkseigenthum
gelösten Werth noch übrig bleibt, muß an den Richter des Hauptkonkurses, als
Zuwachs der Gemeinmasse, abgeliefert werden.
I) Berggläubiger, welche bei Vertheilung des Bergwerkseigenthums Ausfälle erleide»,
können sich dagegen zwar an die Gemeinmaffe halten. Sie können aber bei die
ser von den, ihnen blos in der Eigenschaft als Berggläubiger zustehenden Bor-
rechten keinen Gebrauch machen. — Ist ein Gläubiger zu beiderlei Massen gleich
berechtigt; so kommen die Vorschriften in Betreff eines auf mehre Grundstücke
eingetragenen Kapitals zur Anwendung l§. 405, II. III.). — Z. 672—680, l,
5« A. G. O. — Z. 341—343, II. 16 A. L. R.
L. Konkurs über Schiffe.
Z. 411. I. Gehört zum Vermögen des Gemeinschuldners ein Seeschiff,
oder andres zur See- oder Stromfrachtschifffahrt bestimmtes Schiffs
gefäß, oder ein dergl. Schiffspart, so muß
1) da, wo besondre See- oder Handelsgerichte sind, bei diesen ein besondrer Kon
kurs über das Schiffseigenrhum eröffnet werden. Der ordentliche Konkursrich
ter oder der bei diesem bestellte Kurator kann hier mit dem Antrage auf Sub-
hastation des Schiffes zugleich den Antrag auf Einleitung diefes SpezialKnkur-
ses verbinden. Das Verfahren wird nach den Vorschriften des vorstehende» §
geregelt.
2) An Orten, wo keine besondern See- oder Handelsgerichte sind, wird das Schiffs
eigenthum zum allgemeinen Konkurse gezogen. Doch muß davon eine besondre
Masse gebildet, diese im Depositorio besonders verwaltet, und alle dasselbe be
treffenden Verhandlungen müssen in besondre Aktenstücke gebracht werden. -
Z. 681—683, I. S« A. G. O. — Z. SO«, I. 20 A. L. R. — Z. 1 Nro. S
SubHast. Ges. vom 4. März 1834. — g. 4 des Ges. vom 23. December IStt.
U. Zum Schiffseigenthume gehören, ausser dem Schiffe selbst, das be
wegliche Zubehör und das Boot; ingleichen die für das Schiff gezeichnete Versiche
rung, und die vom Schiffe verdienten Frachtgelder, in so fern letztere zur Zeit bei
eröffneten Konkurses noch ausstehen, oder während des Konkurses verdient wer
den. — z. 684, I. 50 A. G. O. — 8. 91, I. 2. Z. 1398. II. « A. L. R.
? III. Die Schiffsgläubiger, welche aus diesem Schiffseigenthum vorzüglich Be
friedigung fordern können, müssen in jedem Falle (I. Nro. 1 und 2) besonders
klassifizirt, und das Schiffseigenthum muß unter sie besonders vertheilt werden, u»b
zwar in folgender Ordnung: eS kommen zur Hebung
1) die Bergegelder; ingl. die Heuer des Schiffers und des Schiffsvolks; jedoch beide
nur von der letzten Reife;
2) der Beitrag zu der auf der letzten Reise vorgefallenen großen Haverei;
S) Bodmerei, welche der Schiffer auf der Reife im Nothhafen genommen hat, je
doch nur innerhalb Jahresfrist, vom Tage der Zahlbarkeit des Bodmereibriefes
gerechnet;
4) die Reparaturkosten, wenn ein Schiff während der letzten «eist auf Kredit
«41
gebessert worden ist, innerhalb Jahresfrist von dem Tage abgerechnet, da da«
Schiff in den Hafen, wohin es gehört, zurückgekommen ist. Sind diese Vor
schüsse zur Ausbesserung später, als die Bodmerei zu 3 geleistet; so gehen sie die
ser vor;
5) Die rückständige Prämie des Versicherers, in so fern sie nicht kreditirt worden,
und der Konkurs innerhalb 30 Tagen nach Zeichnung der Police entstanden ist;
6) die durch Eintragung auf die Original-SchiffSurkunden gehörig bestellten Bodme
rei- und Pfandrechte. Sie werden nach dem Tage des Eintragungsvermerks
geordnet;
7) Die Reparaturschulden, welche nicht da« Nro. 4 bestimmte Vorrecht haben;
8) Die rückständige Prämie de« Versicherers, so fern nicht der Fall Nro. 5 vor
liegt. — §. 685—687, I. 5« A. G. O. — ß. 313—326, I. 2«. Z. 2445—
245t, II. 8 A. L. R.
IV. Bleibt nach vollständiger Befriedigung der genannten Gläubiger noch et
was übrig; so wird dasselbe zur Gemeinmasse gezogen. — K. 688, I. 50 A. G. O.
V. Fallen Schiffsgläubiger beim Schiffseigenthum aus; so können sie im or
dentlichen Konkurse ebenfalls ihre Befriedigung suchen. Sie können jedoch hier, blos
auf den Grund de« Vorrecht« in Bezug auf das Schiffseigenthum, kein besseres
Recht beanspruchen. — K. 689 a. a. O.

Achter Abschnitt.
Vom Konkurse über das im Jnlanbe befindliche Vermögen des
Ausländers; so wie über auswärtiges »ermögen eine«
Inländers.
z. 412. l. Gerätl) Jemand, welcher zwar seinen gewöhnlichen Wohnsitz ausser
halb Landes hat, der aber in hiesigen Landen bewegliche oder unbewegliche Güter
besitzt, dergestalt in Verfall seines Vermögens, daß bei seinem auswärtigen persön
lichen Gerichtsstände Konkurs über ihn eröffnet wird; und gehen beim diesseitigen
Gericht, unter welchem das inländische Vermögen sich befindet, von in- oder aus
ländischen im dortigen Konkurse leer ausgegangenen Gläubigern Anträge auf Ein
leitung des Konkurses über das diesseitige Vermögen ein; so muß
1) der Richter zunächst die etwa über diesen Gegenstand zwischen Preussen und dem
Staate, dessen Unterthan der Gemeinschuldner ist, bestehenden Staatsverträge
oder Observanzen') beobachten, und deshalb nachforschen: ob solche vorhanden,
und wie darnach zu verfahren sei?
') In dieser Beziehung ist zu berücksichtigen:
1) in Betreff Sachsen-Altenburgs die Konvention vom 18. Februar 1832
GS. S. 1«ö.
2) in Betreff Sachsen-Koburg-Gothas die Konvention vom 23. Decmbr.
1833 GS. 1834 S. 9.
3) in Betreff Reuß-Plauen jüngerer Linie die Konv. vom 5. Juli und
4. Aug. 1834 GS. S. 124.
4) in Betreff der Neuß-Hoymschen Lande das Res. vom 3. Juni 1815,
wornach mit diesem keine Verträge oder Observanzen bestehen;
5) hinsichtlich Hamburgs das Res. vom 15. Januar 1798 (Rabe Bd. 6,
5. 7 fg.); wornach Hamburg durch Rcversalien sich zur Ausfolgung des
dortigen Vermögens eines Inländers verpflichtet hat;
6) in Betreff Sachsens und namentlich auch Leipzigs die Res. vom 31.
Juli 1799 (Rabe 5, S. 52«) und vom 6. Juli 1816 (Jahrb. 8, S. 19),
wornach in Sachsen ebenfalls SvezialZonkurs statt findet;
«42
Soll nach diesen obwaltenden StaatsvertrSgen oder Observanzen hiesiges Ver
mögen an das ausländische Gericht zu dem dort schwebenden Generalkonkurs
verabfolgt werden, so muß beim Justizminister zur Kommunikatton desselben
mit dem Ministerio der auswärtigen Angelegenheiten angefragt werde». Unter
gerichte berichten deshalb zunächst an das Obergericht.
2) Sind keine entgegenstehenden Staatsvertröge oder Observanzen vorhanden; so
wird über das inländische Vermögen ebenfalls Konkurs eröffnet, ein Kurator be
stellt, und mit Vorladung der inländischen Gläubiger, Beschlagnahme, Versilbe
rung und Vertheilung der Masse und sonst ganz nach den Borschriften des or
dentlichen Konkurses, jedoch unter Berücksichtigung nachstehender spezieller Be
stimmungen, verfahren:
») Von Einleitung eines solchen Spezialkonkurses ist jedesmal vom Obergericht
an den Justizminister Bericht zu erstatten. Untergerichte berichten deshalb
an das vorgesetzte Obergericht,
d) Der vom hiesigen Gericht bestellte Kurator nimmtMerall die Rechte der hiesigen
Masse wahr. Er muß sich mit dem auswärtigen Kurator in Korrespondenz
setzen, und von ihm ins Besondre die nöthigen Rachrichten zur Erörterung
der Ansprüche der beim hiesigen Konkurse auftretenden Gläubiger einziehn.
«) Auch auswärtige Gläubiger sind beim hiesigen Spezialkonkurse zuzulassen.
Behaupten und weisen jedoch Mitgläubiger nach, daß nach den Gesetzen des
Wohnorts des Gläubigers, welchen sie zurückweisen wollen, im gleichen Falle
ausländische Gläubiger nicht zugelassen werden; so muß darüber:
ob aus dem Grunde der Retorsion der auswärtige Gläubiger von JHeil-
nähme am inländischen Konkurse ausgeschlossen werden könne?
jederzeit beim Juftizminister angefragt werden, welcher die Bescheidung mit
dem Ministerio der auswärtigen Angelegenheiten gemeinschaftlich zu erlassen hat.
Inländische Zessionarien ausländischer Gläubiger, deren Zession nach Er
öffnung des auswärtigen Konkurses erfolgt ist, sind gleicher Beschränkung
unterworfen; und es muß dann selbst, wenn nach dem angegebenen Datum
die Zession such früher erfolgt wäre, der vom Kurator oder einem einheimi
schen Gläubiger gemachte Einwand der Simulation untersucht und ins Licht
gesetzt werden,
6) Bleibt nach Befriedigung der im hiesigen Konkurse angesetzten Gläubiger noch
Masse übrig; so muß dieselbe, nach der gemäß Nro. 1 beim Justizminister
geschehenen Anfrage, dem Richter des auswärtigen Konkurses verabfolgt wer
den. Ist dahin Abzug üblich, so wird derselbe vorher erhoben.
7) in Betreff des östreichischen und des russischen Polens die Res. vom
9. Januar 1798 (Rabe 5, S. 4) und des Vertrages vom 3. Mai 1815
Art. 2V lGS. S. 138), worngch unter Vorbehalt des dinglichen Gerichts
standes, und dessen Rechte bei Subhastationen die Ausfolguug des Vermö
gens zugesichert ist;
8) in Betreff des Fürstenthums Mindens hinsichtlich der freien Stadt Bre
men das Res. vom 2«. März 1821 (Jahrb. 17, S. 83), wornach die Aus
folgung an das Hauptkonkursgericht zugesichert ist;
9) in Betreff Sachsen-Weimars die Kons, vom 25. Juni 1824 Art. 18—
21 lGS. S. 149), welche Gleiches anordnet;
1V) in Betrcffder Niederlande das Res. vom 24.Dccbr.1816, wornach mit diesem
Staate keine Staatsverträge oder Observanzen darüber bestehen; gleiches besagt
11) in Betreff Anhalt-Kothens das Res. vom 11. April 1829;
12) und in Betreff Baierns das Res. vom 26. Mai 1829. lGraff, Koch :c.
III. S. 1124.)
13) in Betreff O «streich s die Ucberemkunft vom 12. Mai und 16. Juni 1844
GS. S. 165.
643
Fallen Gläubiger im inländischen Konkurse aus; so werden sie an den aus
wärtigen KonkurSrichter gewiesen. — S. 663—669 Anh. K. 378, 379, I. S« A. G. O.
II. Besitzt ein Inländer auch Vermögen im Auslände; so müssen die beim
hiesigen ordentlichen KonkurSrichter eingehenden Anträge auf Konkurseröffnung, sie
betreffen das in - «der ausländische Vermögen, und rühren von hiesigen oder aus
wärtigen Gläubigern her, stäts nach den hiesigen Gesetzen beurtheilt werden. Ist
die Sache zur Konkurseröffnung angethan; so wird dieselbe beim hiesigen ordentli
chen Richter angeordnet, und auch das auswärtige Vermögen, so fern der auswär
tige Richter nach den obwaltenden Verträgen oder Observanzen od« sonst damit ein
verstanden ist, dazu gezogen. Es muß deshalb mit dem auswärtigen Richter dar
über korrespondirt, und wo möglich ein solches Verfahren eingeleitet werden, wie
dies der Fall sein würde, wenn im hiesigen Lande unter andrer Gerichtsbarkeit sich
Vermögen des Gemeinschuldners befände.')
Will der ausländische Richter diesem sich nicht bequemen, vielmehr einen beson
dern Konkurs über das auswärtige Vermögen einleiten; so muß lvom Untergericht
durch da« Obergericht) an den Justizminister Behufs Kommunikation mit dem Mi-
nisterio der A. A. darüber berichtet werden.
Ein gleicher Bericht ist nothwendig, wenn ei» auswärtiges Gericht über einen
diesseitigen Unterthan, auch ohne daß hier Konkurs schwebt, den Konkurs eröffnet,
und es muß der hiesige Richter vor eingehender Vorbescheidung die vom auswärti
gen Richter in Betreff dieses Konkurses erlassenen Requisitionen unerledigt lassen.
Uebrigens muß, wenn hier und im Auslande in Betreff eines Inländers Kon
kurs schwebt, der diesseitige Kurator das Interesse der hiesigen Masse auch im Aus
lande wahrnehmen, und dahin trachten, daß im ausländischen Konkurse keine Un
gleichheit der Rechte zwischen den jen- und diesseitigen Gläubigern stattfinde, und
daß der auswärtige Ueberschuß zur diesseitigen Masse siiesse. — H. 670, 671, Anh.
Z. 378, l. S« A. G. O.

U. Vom erbfchaftlichen LiqnidatkottsptoziH.

Von wem und wo der Antrag anzubringen, wie er zu begründen sei,


und welche Wirkung er üb«.
z. 413. I. Der Antrag auf Eröffnung des erbschaftlichen Liquidationsprozesscs
über den Nachlaß eines Verstorbenen kann angebracht «erM:
') Wenn im Inlands das Vermögen des Gemeinschuldners unter verschiedener Ge
richtsbarkeit sich befindet; so gebührt nur dem, gemäß Z. 368, kompetenten Kon
kursrichter die Leitung des Konkurses, und die Richter, unter deren Gerichts
barkeit sich anderweitcs Vermögen befindet, haben der Requisition des erftcrcn
wegm Veröusscrung des Mobiliars, Ausfolgung der Losung, Behcindigung der
Verfügungen u. dgl. zu gnügen. In Hinsicht der Subhastation von Grund
stücken und der Kaufgelderbelcgung handelt jedoch der Subhastationsrichter selbst-
ftänbig, und hat bloS den nach Befriedigung der Rcalgläubigcr verbleibenden
Kaufgelderrcft dem Konkursrichter auszufolgen. Diese Selbstständigkeit muß da
her auch dem ausländischen Realrichter selbst in dem Falle zu Statten kommen,
wenn sonst gemäß Staatsvcrtrages oder obscrvanzmässig Ausantwortung des
Vermögens zum Generalkonkurs statt findet.
Uebrigens gilt in Betreff Neufchatels das Verfahren, daß, wenn ein hiesiger
Unterthan dort und in einer andern Provinz Vermögen besitzt, in Ncufchatcl
über das dortige Vermögen ein Spezialkonkurs, und umgekehrt, eröffnet wird. —
«. Res. vom 4. Juni 1831. Grafs, Koch zc. III. S. 112S.
644
1) vom Benefizialerben; >)
2) vom Verlassenschastskurator.
Sind mehre Erben vorhanden; so ist selbst ein einzelner derselben zum Antrage
berechtigt, und die andern können nicht widersprechen. Vielmehr liegt dem Richter
von Amtswegen die Prüfung des Antrages ob, und dieser beschließt über dessen Iu-
lässigkeit oder Unzulässigkeit ohne Gestattung eines Rechtsstreits über diese Frage.
Diejenigen Pflichttheilsberechtigten , welche vom Erblasser an Stelle ihres
Pflichtteils blos mit einem Legate bedacht sind, können auf erbschaftlichen Liquida-
tionsprozeß nicht antragen, da sie in Bezug auf Nachlaßgläubiger nur als Legata
rien anzusehn sind. — ß. 59, I. 51 A. G. O. — Z. 2 Exek. Ges. vom 4. März
1834. — Res. vom 8. Februar, vom 17. März und vom 4. Mai 184« I. M.
B. S. 59, 124, 155.
II. Der Antrag muß bei dem Richter angebracht werden, bei welchem der
Erblasser zur Zeit seines Ablebens seinen ordentlichen persönlichen Gerichtsstand hatte.
Im Großherzogthum Posen sind in Folge der Eigenthümlichkeit der dasigen
Gerichtsstandsverhältnisse einige Abweichungen, (ok. z. S5). §. 121, I. 2. z. SS
fg. I. 51 A. G. O.
III. Zur Begründung des Antrags gehört
1) ein Nachlaßverzeichniß. Dasselbe muß mithin entweder dem Antrage bei
gefügt, oder bereits eingereicht sein, oder die Provokation muß zugleich den An
trag auf gerichtliche Aufnahme desselben enthalten. ,
2) Trägt ein Erbe an; so muß er gleichzeitig seine Eigenschaft als Erbe mit
Vorbehalt nachweisen. — Ein Erbe ohne Vorbehalt ist niemals zum Antrage
auf erbschaftlichen Liquidationsprozeß berechtigt. Trägt ein solcher auf Borla
dung der Erbschaftsgläubiger an, damit er dieselben kennen lerne; so kann die
sem Verlangen, wie einem andern Antrage wegen Aufnahme eines gerichtlichen
freiwilligen Akts, zwar nachgekommen werden. Das Verfahren ist jedoch kein
Prozeß, und den Gläubigern kann weder eine Warnung gestellt, noch können sie
präkludirt werden, noch hemmt der Antrag etwanige Exekutionen.
Hat ein Erbe der Erbschaft rechtsgiltig entsagt; so steht ihm ebenfalls keine
Besugniß, auf erbschaftlichen Liquidationsprozeß anzutragen, zu. In wie fern
dann Konkurs zu eröffnen, ist z. 366, I. Nro. 2 gesagt.
3) Der Antragende muß sich auch erklaren: ob die Verwaltung des Nach
lasses dem Konkursrichter abgetreten werde oder nicht? — Z. 55—57, 62,
73 fg. 93, I. 51 A. G. O. — 8. 2 Exek. Ges. vom 4. März 1834.
IV. Durch den Antrag auf erbschaftlichen Liquidationsprozeß wird die Exeku
tion in den Nachlaß, und überhaupt wegen Nachlaßschulden abgewendet. 2 ) Bevor
daher ein solcher Antrag gestellt wird, hat die Exekution ihren Fortgang, und es
findet eine Berufung auf die Ueberlegungsfrist nicht statt. — §. 2 des Exek. Ges,
vom 4. März 1834.
1) Hat ein Erbe, welcher zugleich Jntestat- und Testamentserbc ist, die gesetzliche
Frist zur Einreichung des Inventars bereits versäumt, bevor das Testament
publizirt wurde; so kann er noch als Testamentserbe das Inventar einreichen,
die Erbschaft mit Vorbehalt antreten, und den Liquidations-Prozeß beantragen. —
Of. Erk. des Geh Ob.-Tr. in Simon R. S. 2, S. 5« fg. A. M. ist GrS-
vel Komcnt. Nachträge S. 184.
2) Die Gläubiger können also im Laufe des Liquid.-Prozeffes durch Exekutions
und dergl. Anträge und namentlich auch durch Anträge auf Eintragung der
rechtskräftig erstrittenen Forderungen auf die Nachlaßgrundstücke, selbst wenn
diese erfolgt, in Rücksicht der Mitgläubiger kein vorzüglicheres Recht erlangen. —
«f. Erk. in Simons R. S. Bd. 2, S. 367.
«45
Verfügung auf die Provokation, ins Besondre s) hinsichtlich
der Aktiv, Masse;
g. 414. Die Provokation auf Eröffnung de« erbschastlichen Liquidation«»««
zesseS wird, wie jede Klage, geprüft. Ist sie unzulössig, so wird sie durch Verfü-
gung zurückgewiesen. Enthält sie zu beseitigende Mängel; so muß deren Erledigung
angeordnet werden. Ist sie begründet; so wird darauf wegen Vorladung der Gläu
biger, und in Betreff der Aktiv-Masse und deren demnächstiger Vertheilung das
Röthige verfügt. Wird nun
I. der Nachlaß vom Erben oder Verlassenschaftskurator zur Verwaltung
des KonkurSrichters übergeben, ') was ihnen sowol beim Antrage selbst,
als im Laufe des Prozesse« jederzeit freisteht; so muß der Konkursrichter
1) der Masse einen Kurator bestellen; und
2) durch diesen, unter seiner Aufsicht, den Nachlaß in Beschlag nehmen, verwalten,
und versilbern lassen, wie dies im Konkurse vorgeschrieben.
3) Ob dann zur Feststellung der Forderungen und zur Konstituirung der Masse die
Erlassung de« offenenArresteS (§. 379) nothwendig sei, bleibt der Bcurtheilung
des Gerichts überlassen.
4) Der Erbe resp. Verlassenschaftskurator muß über die seit dem Tode de« Erblas
sers geführte Verwaltung Rechnung legen, und dem Kurator über die zur Sache
gehörigen Umstände, in fo fern er davon unterrichtet sein kann, nach seinem
besten Wissen Auskunft geben.
ö) Der Erbe muß in Rücksicht des ihm gebührenden etwanigen Ueberschusses der
Masse in allen Fällen, in denen der Kurator nach Vorschrift de« Konkurspro
zesses mit den Gläubigern hinsichtlich der Aktivmasse Rücksprache nehmen muß,
gleich diesen gehörig zugezogen werden. — Z. 74, 75, 82 Anh. §. 382, I. 6t
A. G. O. — Res. vom 18. Mai 181S und 8. Mai 18Z5. Jahrb. 7, S. 182.
Bd. 45, S. 441.
II. Verbleibt dagegen der Provokant im Besitze und der Ver
waltung des Nachlasse«; so muß er in der Regel darin gelassen werden.
Er muß aber
1) die auf den dazu gehörigen Grundstücken haftenden öffentlichen Lasten und Abga
ben aus den Revenuen entrichten, und die laufenden Zinsen^) der auf diesen
Grundstücken haftenden Kapitalien bezahlen; da sonst wegen solcher Lasten, Ab
gaben und Zinsen die Sequestration des Grundstücks veranlaßt werden kann.
2) Er ist den Gläubigern wegen Vertretung und Rechnungslegung verhaftet, und
darf deshalb Nichts vornehmen, wodurch die Masse zum Nachtheil der Gläubi
ger verändert oder geschwächt werden könnte.
3) Bezahlt er Nachlaßschuldcn, ohne dabei die in der Konkursordnung vorgeschrie
bene Klasscnordnung zu berücksichtigen; so muß er den nicht befriedigten bevor-

>) Bei mehren Erben werden, wenn einige die Masse abgeben, andre sie behalten
wollen, die Grundsätze über Verwaltung gemeinschaftlichen Eigenthums zur An
wendung kommen.
2) So lange er in dieser Verwaltung bleibt, kann er zur Versilberung des Nach
lasses nicht angehalten werden. — Res. vom 17. Oktober 1823. Jahrb. 22,
S. 182. Hypotheken- und Pfandgläubiger können jedoch ihre Rechte bis zum
Verkauf des Pfandes verfolgen, da sie auch hier von Einlassung aus den Liquid.-
Prozeß frei sind.
s) D. i. vom Todestage des Erblassers laufende Zinsen. — (X. Res. vom 2«. Ok
tober 181«. Gr äff, Koch zc. III. S. 1137.
4) Ist die Sequestration bereits vor Eröffnung des Liquid.-Prozesses eingeleitet; so
hat sie natürlich ihren Fortgang im Laufe desselben. — (15. Res. vom 14. Jan.
1836. Jahrb. 47, S. 329.
646
zugten Rachlaßgläubigern, allenfalls aus seinem eigne» Vermögen , auf so weit
gerecht werden, als sie erhalten haben würden, wenn der Nachlaß unter die
Gläubiger überhaupt nach gesetzmässiger Ordnung wäre vertheilt worden.
4) In Ansehung der zwischen dem Erben und Dritten über Nachlaßgegenstände ge
troffenen Verfügungen kommen bei künftiger Unzulänglichkeit der Masse die Be
stimmungen z. 370 —372 zur Anwendung. Doch haftet der Erbe, wegen des
daraus !«n Gläubigern etwa entstehenden Rachtheils überhaupt, für «in grobes
und massiges Versehen.
ö) Wenn die Unzulänglichkeit des Nachlasses nicht schon aus dem Inventar kl«
ist, kann bis zur Eröffnung des Konkurses, od« bis zur Abfassung des Prä-
klusionserkenntnisses unvermögenden minderjährigen Erben der nothdürftige Un
terhalt aus den Einkünften des Nachlasses angewiesen werden. Die Minderjäh
rigen sind unter diesen Umständen für redliche Besitzer zu achten; und es geschieht
zum Besten der Gläubig«, wenn durch die Vormünder die Verwaltung der
Masse besorgt wird. Nur muß die Eröffnung des Liquidationsprozesses nicht
ohne Roth »erzögert, und wenn dabei die Besorgniß der Unzulänglichkeit sich
vergrössert, den Gläubigern die Wahl gelassen werden, ob sie die Verwaltung
fernerhin, gegen nothdürftige Verpflegung der Kuranden, deren Bormünder»
überlassen, oder einen besondern Kurator bestellen wollen.
6) Provokant muß, wenn er im Besitz des Nachlasses bleibt, einen verhältnißmässi-
gen Vorschuß zur Deckung der nothwendigen Auslagen einzahlen. Sonst wird
derselbe aus der Masse genommen. — 8. 57, 66, 69, 7S, 76, «0 Anh. §. SSl,
' I. S« A. G. O. — Res. vom 2. Deeember 1837. Jahrb. 5« S. 513 fg.
III. Dem Erben kann jedoch wider seinen Willen der Besitz und die
Verwaltung des Nachlasses entzogen werden
1) durch Konkurseröffnung. Dieser kann der Erbe nicht widersprechen, wenn aus
dem Inventar eine Unzulänglichkeit des Nachlasses klar ist, und die Gläubiger
darauf antragen. Dann kommen durchweg die Vorschriften vom Konkurse zur
Anwendung. Von den Gläubigern hängt es ab: ob sie den Erben zum Kura
tor der Masse wählen wollen. Thun sie es, und versteht sich der Erbe zur
Uebernahme der Kuratel; so ist er nur wie jeder andre Kurator zu betrachten,
und in dieser Eigenschaft den Gläubigern von seiner Verwaltung und Geschäfts
führung Rechenschaft zu geben schuldig. Wählen aber die Gläubiger einen an
dern Kurator; so muß der Erbe demselben den Nachlaß nach dem Inventar
ausliefern, und von seiner, seit dem Todestage des Erblassers geführten Ver
waltung, sofern er solche gehabt, Rechnung ablegen. — Vorstehende« gilt auch,
wenn der Verlassenschaftskurator Provokant ist.
2) Wenn die Gläubiger bei Beginn des Liquidationsprozesses oder im Lauft dessel
ben solche Umstände anführen und bescheinigen, woraus gegen dm Erben ein ge
gründeter Verdacht entsteht, daß er mit der Erbschaft unrichtig und nachtheilig
umgehe; oder doch, daß er damit solche Verfügungen treffe, woraus eine Ver
dunkelung der Masse, oder eine Vermischung derselben mit dem eignen Ver
mögen des Erben, die in der Folge zu Weiterungen Anlaß geben könnte, zu be
sorgen ist; so muß unter Mittheilung des Gesuchs der Erbe zu einem nahe»
Termin vorgeladen; darin die Sache untersucht und auseinandergesetzt; die da
bei vorkommenden Thatsachen, so weit es durch die von beiden Seiten angege
benen, mit zur Stelle gebrachten, oder in der Nähe befindlichen Beweismittel
sofort im Termine selbst geschehen kann, erörtert; wo möglich ein Interimisti
kum unter den Parteien gütlich rcgulirt; und wenn dies nicht zu erlange», ein
solches Interimistikum und die zur Sicherftellung der Masse erforderliche» Waas
regeln auf dieselbe Art, wie dies beim Jndultprozesse vorgeschrieben ist, vom Richter
647
durch cinc Resolution von Amtswegen festgesetzt werden. Solche sicherstellende
Maasregel» sind j. B,, daß vom Erben Kaution gefordert; daß ihm ein Auf»
scher beigegeben i oder daß ihm die Verwaltung des Nachlasses ganz genommen,
und einem Kurator anvertraut werde u. s. w.
3) Ausserdem sind diejenigen Gläubiger, welchen nach der Beschaffenheit ihrer Forde
rungen gegen den Erblasser Realarrcst auszubringen befugt gewesen sein würden,
denselben auch gegen seinen Nachlaß zu suchen berechtigt, und die Justifikation
dieses Arrestes wird alsdann zum anstehenden Liquidationstermine verwiesen. —
§. K4, 6S, 70—72, «1, I. 51 A. G. O.
K) hinsichtlich der Passivmasse.
§. 4!5. Behufs Feststellung der Passivmasse, und namentlich wegen Borla
dung der bekannten und unbekannten Gläubiger, Abfassung der Präklusoria, In
struktion der Spezialprozesse, Abfassung des Klassifikationsurtels u. f. w. finden die
für den Konkurs gegebenen Borschriften mit nachstehenden Maasgaben Anwendung:
1) Statt der Z. 384, I. gefüllten Warnung wird den Vorladungen und öffentlichen
Aufforderungen nachstehende Warnung beigefügt:
daß die aussen bleibenden Gläubiger aller ihrer etwanigen Vorrechte ver
lustig erklärt, und mit ihre» Forderungen nur an das, nach Befriedigung
der sich meldenden Gläubiger von der Masse noch übrig Bleibende,
verwiesen «erden solle».
2) Zum Liquidations- und zum Verifikationstermin muß der Erbe selbst dann vor
geladen werden, wenn er die Verwaltung der Masse abgetreten hat, da er
einestheils dem Kurator in Betreff der zu liquidirendcn Forderungen Auskunft
geben muß, anderntheils auch etwanige bei der bisherigen Verwaltung gehabte
Auslagen und Vorschüsse, so wie bezahlte Schulden an Stelle der Erbschafts
gläubiger,') liquidiren kann. Sind mehre Erben, so müssen sie sämmtlich vor
geladen werden, wenn auch nur einer derselben Ertrahent des Verfahrens wäre.
3) Ein oder mehre Erben, welche die Verwaltung des Nachlasses fortsetzen, nehmen
bei der Liquidation der Gläubiger die dem Kurator und Kontrodiktor im Kon
kurse vorgeschriebenen Obliegenheiten wahr. Trit ein solcher Erbe selbst als Li-
quidant bei der Masse auf; so muß zur Untersuchung und Erörterung seiner
Ansprüche von den übrigen Gläubigern ein besondrer gemeinschaftlicher Bevoll
mächtigte bestellt werden.
4) In der Zwischenzeit, bis zum Liquidationstcrmin, können die von einzelnen Glau
bigern etwa schon gegen den Erblasser, oder auch gegen den Erben noch vor
Eröffnung des Liquidationsprozcsscs angefangenen Prozesse fortgesetzt, und bis
zum Definitiverkenntnisse instruirt werden. Das Erkcnntniß selbst aber bleibt
bis nach geschlossenem Liquidationsverfahren ausgesetzt, und macht dann einen
Theil des Klassifikationsurtels aus. — Neue Klagen werden in der Zwischenzeit
angenommen, und bei Anmeldung von Klagen wird, wie gewöhnlich, mit deren
Aufnahme verfahren. Auch werden die Klagen dem Kurator oder den Erben
mitgetheilt. Die Beantwortung und weitere Verhandlung aber wird zum be
vorstehenden Liquidationstcrmin verwiesen.
ö) Die Präklusion der nicht erschienenen Gläubiger ist nicht, wie im Konkurse, son
dern gemäß der nach Nro. 1 gestellten Warnung abzufassen.
") Hat er aus den zum Nachlasse eingegangenen Geldern vor dem Prozeß Rach-
laßschulden bezahlt; so braucht er jene zu der dem Gericht übergcbencn Masse
nicht einzuzahlen, so weit er sie auf die Schulden verwendet hat, sondern er kann
kompensiren. — Erk. in Simon R. S. Bd. 2, S. 63. A. M. ist Grä-
vel g. a. O. S. 188.
S48
6) Im Klassifikationsurtel werden, wenn die Unzulänglichkeit der Masse nicht kl«
ist, den Gläubigern ihre Zinsenrückstände, so weit sie auSgemittelt worden sind,
an Stelle deö Kapitals mit zuerkannt. Findet sich aber demnächst Unzulänglich
keit; so können sie, wie im Konkurse, an Stelle des Kapitals nur zweijährige
Rückstände') fordern.
7) Kurrente Zinsen können die Gläubiger, mit Ausnahme der Hypotheken- und
Pfandgläubiger, vor Beendigung des Liquidationsprozesses nicht fordern. Erst,
wenn bei Vertheilung der Masse sich vollkommene Zulänglichkeit ergibt, können
sie solche verlangen. — Z. 75, «5-89, I. 51 A. G. O. — Res. vom «. Februar
1840 I. M. B. S. 59.

Bon Bertheilung der Masse und den Kosten des Liquidation«,


Prozesses.
§. 416. I. Die Bertheilung der Masse geschieht,
1) wenn der Konkursrichter dieselbe verwaltet hat, nach den für den Konkurs vor
geschriebenen Grundsätzen. Bleibt in solchem Falle für den Erben noch etwas
übrig; so muß der Betrag des UeberresteS im DistributionSurtel ausdrücklich
festgesetzt werden. Rur nach Höhe diese« Betrages ist alsdann der Erbe de»
nach beendigter Liquidation sich etwa noch meldenden ErbschaftsglSubiger» und
Legatarien gerecht zu werden verbunden. Beide können auch wegen des übrige»
Nachlasses oder auch deswegen, daß jener Betrag vom Erben nicht nach der
Ordnung der Priorität ausgezahlt worden ist, eine Vertretung, Rechnungsle
gung oder Verantwortung von ihm fordern.
Uebrigens muß die Befriedigung derjenigen Gläubiger, deren Forderung rechts
kräftig feststeht, und von denen konftirt, daß sie zur Hebung kommen, schon
durch vorläufige Vertheilung erfolgen, damit der Nachtheil der mehren Zinsen
abgewendet werde.
2) Ist dagegen der Erbe im Besitze des Nachlasses geblieben; so muß derselbe, so
bald die Klassifikatoria rechtskräftig geworden, sich erklären:
ob er die Masse zur Bezahlung sämmtlicher angesetzter Gläubiger für zu
länglich annehme oder nicht,
g) Erklärt er, daß er den Nachlaß für zureichend halte; so bedarf es keiner ge
richtlichen Vertheilung. Der Erbe muß vielmehr die Gläubiger nach Maas-
gäbe des rechtskräftigen Urtels, ohne weitere Ausflucht, befriedigen, und
kann dazu, auf deren Verlangen, durch Exekution angehalten werden,
d) Nimmt der Erbe Anstand, die Hinlänglichkeit des Nachlasses unbedingt anzu
erkennen, so muß er den Gläubigern von seiner geführten Verwaltung Rech
nung legen ; und wenn durch dieselbe der eigentliche Betrag der Masse fest
gesetzt worden ist, muß die Vertheilung nach der Ordnung des PriorWs-
urtels, gemäß der im sechsten Abschnitt vorgeschriebenen Grundsätze erfolgen.
Wegen Festsetzung des dem Erben etwa verbleibenden UeberresteS im Distribu-
tionsurtel gilt das unter Nro. 1 Gesagte auch hier. — Z. 83, 90—94, I. 5l Zl.
G. O. — Res. vom 6. April 184« I. M. B. S. 135.
II. Die Kommunkosten werden, wenn der Nachlaß ausreicht, aus diesem ent
nommen, und dem Erben wird nur der nach Zahlung der Nachlaßschulden und der
Kommunkosten verbleibende Ueberrest überlassen. Dieser ist im DistributionSurtel
anch nur für den Erben auszusprechen. — Reicht die Masse nicht aus; so werde»
die Kommunkosten den zur Hebung kommenden Gläubigern, wie im Konkurse, ver-
hältnißmässig in Abzug gebracht. — ß. 67, 95—97, I. 51 A. G. O.
') Diese 2 Jahre laufen vom Todestage des Erblassers zurück.
«49
Aufhebung des LiqukbationSprozesses, und Umwandlung desselben
in Konkurs.
§. 417. I. Der Extrahent des erbschaftlichen Liquidationsprozesses kann den
Antrag jederzeit zurücknehmen, was* namentlich auch dadurch geschehen kann, daß
er sich für einen Erben ohne Borbehalt erklärt. Dies hat zur Folge, daß der Li-
quidationSprozeß durch blosse Verfügung aufgehoben, und davon den Gläubigern
Kenntniß gegeben wird; so wie, daß die Gläubiger ihre rechtlich ausgemittelten
Forderungen, allenfalls durch Hilft exekutiver Maasregeln, verlangen können.
War nun
1) Extrahent im Besitze und der Bermaltung des Nachlasses geblieben; so trit dar
in durch die Zurücknahme des Antrags keine Veränderung ein. Jedoch bleibt
eS bei den auf den Nachlaß etwa angelegten Arresten ' ). Sind mit Bewilli
gung des Erben, ohne daß er sich der Verwaltung des Nachlasses begeben hat,
Gelder oder Sachen zum Deposits genommen worden, so müssen ihm solche nach
Aufhebung des Liq.-Prozesses auf sein Verlangen heraus gegeben werden. Nur,
in so fern Jemand auf dieselben Eigenthums- oder Pfandrechte erstritten hat,
dürfen sie ohne dessen Einwilligung dem Erben nicht ausgeantwortet werden.
2) Haben die Erben die Masse zur gerichtlichen Verwaltung gegeben; so können bei
Zurücknahme des Antrags die Gläubiger nicht gezwungen werden, den Besitz der
Masse wieder aufzugeben. — §. 78, 79 I. 51 A. G. O. — Res. vom 13.
Decmbr. 1833. Jahrb. 42, S. 316. — Res. vom 19. Juni 1843 I. M. B. S. 171.
II. Der erbschaftliche Liquidationsprozeß muß in einen Konkurs dann umge
wandelt werden, wenn die Unzulänglichkeit der Masse klar ist, und ein oder mehre
Erben darauf antragen 2). Der Zeitpunkt des eröffneten Konkurses wird bann auf
die Mittagsstunde des Tages gesetzt, an welchem die, die Konkurseröffnung aus
sprechende Verfügung, erlassen worden.
Einer nochmaligen Vorladung der Gläubiger bedarf es in solchem Falle eben so
wenig, als einer nochmaligen Ediktalladung. Bleibt dann nach Befriedigung aller
Gläubiger dennoch etwas übrig; so erhält dies der Erbe gemäß I. Nro. 1 des vor.
8 und die präkludirten Gläubiger können sich daran halten. — §. 64 , 66 , 86, I.
S1 A. S. O.

Zwölfter Titel.
Von Vollstreckung der Erkenntnisse durch Exekution
und Subhastation.

Erster Abschnitt.
»om Gxtkutionsverfahr««.
ExekutionStitel.
§. 418. Die Exekution findet statt»)
1) aus rechtskräftigen, d. h. solchen Erkenntnissen, gegen welche ein or-
') Wird daher demnächst eine mit Arrest belegte Sache im Wege der Exekution
verkauft; so muß dieser Arrest berücksichtigt, und die Losung kann nicht ohne
Weiteres dem Exekutionssucher gezahlt werden. — Res. vom 6. Juni 184V
I. M. B. S. 205.
2) Es ist nicht nothwendig, daß dabei einer der 4 z 2 unter I. erwähnten Fälle
vorliegt. — cs. Res. vom 5. Septbr. 1834. Gräff, Koch ,e. III. S. 1134.
») Bon den Fällen, in denen ohne Prozeß Exekution zulässig, ist oben Z. 6, S. 17
die Rede.
bentlicheK Rechtsmittel nicht mehr zulössig«ist. Gleiche Wirkung mit diese» ha
ben die von den Auseinandersetzungsbehörden bestätigten Rezesse;
2) aus nichtrechtskräftigen Erkenntnissen erster Instanz in dm Fällen, in
welchen das eingewendete «der einzuwendende Rechtsmittel nur Devolutivef
fekt hat. («. oben Z. 198, S. 299 fg.)
Das zu 1 und 2 Gesagte gilt auch von blossen Kontumazialurteln und Ag-
nitionsresolutionen, so wie von schiedsrichterlichen Erkenntnissen. Auch aus Ad-
judikationsbescheiden in nochwendigen Subhastationssachen können die Interes
senten die rückständigen Kaufgelder durch Exekution beitreiben lassen.
3) Aus gerichtlichen über rechtshängige i) Gegenstände geschlossenen Vergleichen;
und dies auch dann, wenn diese vor einem andern, als dem Prozeßrichter, ge
schlossen worden sind. Aus solchen Vergleichen über Wechselverpflichtungen ist
selbst Wechselexekution zulässig;
4) endlich aus schiedsmannischen Vergleichen (of. z> 38 oben) §. 1, 4, I.
24. z. 176, 1. 2A. G. O. — z. 169 Verord. vom 2«. Juni 1817 GS. S. 161.-
§. 1 Exek. G. vom 4. März 1834 GS. S. 31. — §. 2« Subh.-Ges. vom 4.
März 1834. — Res. vom 13. Juni u. 3. Juli 1839 I. M. B. S. 222, 247. -
Res. vom 2«. April 1841 I. M. B. S. 1S3.
Frist zur Nachsuchung der Exekution.
K. 419. Aus nicht rechtskräftigen Erkenntnissen in den Fällen Nro. 2 des vor.
I kann die Exekution so lange nachgesucht werden, bis ein rechtskräftiges Erkennt-
niß ergeht. Demnächst gilt dieses als Norm.
Rechtskräftige Erkenntnisse und die Vergleiche Nro. 3 und 4 des vor. Z gewäh
ren ein Jahr lang das Recht zur Exekutionsnachsuchung. Dies Exeku
tionsjahr läuft bei Erkenntnissen vom Tage der Rechtskraft, bei Wergleichen vom
Tage des Abschlusses. 2) Ist jedoch im Urtel oder Vergleich ein Zahlung«- oder
Leistungstermin bestimmt, so beginnt das Jahr mit Ablauf dieses späteren Termini.
Ausnahmsweise ist auch noch später nachgesuchte Exekution zulässig
1) aus Erkenntnissen und Vergleichen, die auf ein Unterlassen lauten. Der Berech
tigte kann sich damit gegen die Beeinträchtigungen des Andern zu allen Seiten
schützen.
2) Gleiches ist der Fall bei den auf ein Dulden gerichteten Judikaten oder Verglei
chen, in so fern nicht etwa die Pflicht des Duldens im Urtel oder Vergleich auf
ein Jahr beschränkt ist.
5) Lautet das» Erkenntniß oder- der Vergleich auf mehre zu befiimmtm Zeitm- wie
derkehrende Zahlungen oder Leiftungw; !) so beginnt das Exekutionsjahr in Be
treff jeder einzelnen Zahlung oder Leistung mit deren Fälligkeit.
4) Erhellt aus den Akten, oder kann der Extrahent der Exekution bescheinigen, daß
er dem Schuldner auf sein Verlangen, es sei gerichtlich oder aussergerichtlich auf
bestimmte Zeit Rachsicht gegeben habe ; so wird das Exekutionsjahr vom Ablauf
der Nachsichtszeit ab gerechnete
5) Ist die zeitig nachgesuchte Exekution wegen Mangels eines Gegenstandes, oder
weil des Schuldners Aufenthalt unbekannt war> vergeblich gewesen; oder kann der
1) Also Vergleiche, die in der Zeit von Anbringung der Klage bis zur Rechtskraft
des Urtels geschlossen sind. Spätere Bergleiche begründen nicht die Exekutttnz
es müßte denn z. B. in Folge Einwendungen in der Exekutionsinstanz ei» be
sonderes Verfahren eingeleitet gewesen sein.
2) D. h. von da ab, wo der Vergleich vollständig abgeschlossen ist,, also in Falle»,
wo Genehmigung, z. B. der Voxmundschaftsbchörde, eingeholt werde» muß, von
der ertheilten Genehmigung.
») Z. B. Alimente: ,
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Gläubiger nachweisen, daß, wenn auch die Exekution nachgesucht oder verfügt
morden märe, solche dennoch ohne Erfolg gewesen sein würde; so findet auch
nach Ablauf des eigentlichen Exckutionsjahrs Exekution statt. Die einjährige
Frist zu deren Nachsuchung fängt in diesen Fällen erst von der Seit zu laufen
an, zu welcher das der Exekution entgegenstehende Hinderniß wieder gehobm
worden ist. >)
6) Dasselbe ist der Fall, wenn der Schuldner seinen Aufenthalt verlassen, und der
Gläubiger den neuen Wohnort erst später erfahren; oder wenn dieser sich mit
dem Erekutionsgesuch an ein inkompetentes Gericht gewendet hat, und er von
diesem ohne sein Verschulden über das Exekutionsjahr hinaus hingehalten worden ist.
Wird die gesetzliche Frist zur Nachsuchung der Exekution versäumt^ so geht
dem Berechtigten sein Recht nicht verloren. Er muß jedoch deshalb von Neuem klagen.
Ist die Exekution rechtszeitig nachgesucht; so muß sie verfügt und vollstreckt
werden, wenn auch inzwischen das Exekutionsjahr abläuft. — §. 2, 3, Anh.
S. 148z I. 24 A. G. O. — lj. 552 fg. l. 9 A. L. R. — Res. vom 15. Febr.
1812; vom lt. Juni 1819; vom 17. September 1U32. Jahrb. 1, S. 33.
Bd. 13, S. 254. Bd. 4V, S. 1S8. — Res. vom 22. April 1833. Grafs,
Koch ze. S. 415.
Exekuiionsgesuch; dessen Form und Inhalt; von wem und gegen
wen es anzubringen.
I. 42«. I. Der Prozeßrichter ist weder befugt noch verpflichtet, die Exekution
von Amtswegen vollstrecken zu lassen. 2) Der Berechtigte muß sie entweder
selbst, oder durch einen Bevollmächtigten nachsuchen. Diesen legitimirt
in der Regel die Prozeßvollmacht. Nur beim Antrage auf Subhastttion wird er
fordert, daß entweder jene Bollmacht darauf ausdrücklich gerichtet sei; oder daß,
falls nicht eine Generalvollmacht vorliegt, eine zum Antrag auf Subhaftation legi-
timirende Vollmacht beigebracht werde.
Erben und andre Rechtsnachfolger des Berechtigten müssen zugleich als solche
sich legitimiren. — K. 21, I. 24 A. G. 0. — Res. vom 25. April 1834. Jahrb.
43, S.48«. — Res. vom 25. August 1835. G raff, Koch ,c. III. S. 417.
U. Das Exekutionsgesuch muß deutlich, bestimmt, und genau nach
dem Inhalte des Urtels eingerichtet sein. Es muß ferner darin bestimmt an
gegeben werden: ob die Exekution in das Vermögen, oder gegen die Per
son, und im ersten Falle, in welche Gattungen oder einzelne Gegen
stände des Vermögens s) dieselbe verlangt wird. Fehlt eine solche Angabe, so
darf das Gesuch nicht zurückgewiesen, sondern es muß das Mobiliarvermögen als
in Borschlag gebrachtes Objekt angesehn werden.
Sinsen müssen dem Urtel gemäß, und falls es Aögerungszinsen, nach dem ge
setzlichen Satze, berechnet, und Kosten gehörig spezifizirt, diese auch durch Bezug
nahme auf die festsetzende Verfügung oder Entscheidung begründet sein.
Lautet die Entscheidung über mehre Punkte, Forderungen und Gegenforderun
gen, ohne sich über das Liquidum auszusprechen; so muß dem Exekutionsgesuch eine,
der Entscheidung gemäß angelegte, von einem vereideten Kalkulator als richtig be-
1) Doch währt auch diese Exekutionsfähigkeit nicht über 5 Jahre nach Rechtskraft
des Urtels, da dann jedesmal geklagt werden muß. — Lk. Z. 195 Anh. z. A.
G. O. — Res. vom 4. November 1840 I. M. B. S. 36«.
2) Dagegen kann das Bormundschaftsgericht für den Vormund unmittelbar Exeku
tionen beantragen und betreiben. — Res. vom 4. Januar 1842 I. M. B. S. 23.
») Es gnügt z. B. in dieser Hinsicht der Antrag auf Exekution ins entbehrliche
Mobiliar. — Res. vom 8. November 1834. G raff, Koch ,c. III. S. 42S.
«S2
scheinigte Berechnung beigefügt werden. — §.22, 23 , I. 24 Zt. G. O. — Z. 3
Exek.-Ges. vom 4. März 1834. — Res. vom 8. Mai 1835. Jahrb. 45, S. 440. —
Res. vom 8. November 1834. Grafs, Koch zc. III. S. 426.
III. Der Antrag auf Exekution kann in der Regel nur gegen den Ver-
urtheilten selbst, resp. gegen den, welcher im Vergleich sich verpfich»
tet hat, gerichtet werden.') Nur gegen diesen, nicht aber gegen einen Drit
ten ist daher in der Regel das Urtel, resp. der Vergleich zu vollstrecken. Demnach
kann selbst
s) aus einem Urtel, welches gegen den Hauptschuldner allein, nicht aber gegen den
Bürgen ergangen, gegen diesen nicht Exekution gesucht werden, wenn auch in
einzelnen Fällen der Bürge jenes Urtel in dem wider ihn angestrengten Prozesse
in gewisser Hinsicht 2) gegen sich gelten lassen muß.
b) Ist in einem Prozesse für Beklagten ein mit falscher Vollmacht, oder mit gar
keinem Auftrag versehener Vertreter zugezogen worden; so ist das gegen jenen
ergangene Urtel wider ihn nicht vollstreckbar. Kläger kann jedoch vom falschen
oder angeblichen Bevollmächtigten vollständige Entschädigung fordern.
e) Hat Jemand wegen solcher Gerechtsame, deren Vertheidigung ihm entweder gar
nicht, «der nicht allein, oder nicht hauptsächlich obliegt, in einen Prozeß sich ein
gelassen, und bei seiner Vernehmung über den Legitimationspunkt das wahre
Verhältnis! der Sache verschwiegen, mithin veranlaßt, daß die Haupt- oder
Mitinteressenten nicht zugezogen worden sind; so bleibt das Urtel in Bezug auf
diese ohne Wirkung, dies selbst dann, wenn sie davon wußten, daß über ihre
Gerechtsame gestritten werde, da sie ohne Vorladung zur Einlassung in den Pro
zeß nicht verpflichtet waren. Wegen der Entschädigungspflicht des Erstern gilt
aber das unter K Gesagte, (es. z. 25«, S. 369)
Ausnahmen von obiger Regel sind folgende:
1) Wenn Jemand als Vormund oder Kurator einer unter Vormündschaft oder Ku
ratel stehenden Partei, als Vorsteher einer Kirche, Schule, eines Hospitals oder
einer andern milden Stiftung, als Verwalter einer Kasse, Kämmerei, eines Do-
mainenamts u. f. w. den Prozeß geführt hat, und darin sachfällig geworden
ist; so kann, wenn das Urtel auch namentlich wider ihn gerichtet wäre, die Exe
kution dennoch nur in das Vermögen der Pflegebefohlenen, des HoSpitals u. s. «.
statt finden. Doch steht dem obsiegenden Theile frei, wenn ein solch« Vormund
oder Verwalter in Nachsuchung der zur Befriedigung desselben erforderlichen Ver
fügungen bei der vorgesetzten Behörde säumig wäre,») ihn zur Beobachtung die
ser seiner Obliegenheit durch Strafbefehle, und andre exekutivische Zwangsmittel
anhalten zu lassen.
2) Derjenige, dessen Gerechtsame in Ansehung eines gewissen Gegenstandes lediglich

1 ) Demnach kann aus einem auf Exmission de« Hauptmiethers lautenden Erkennt
nisse gegen den Aftermiether nicht auf Vollstreckung angetragen werden; es müßte
denn der Aftermiether erst, nach Behändigung der Klage an den Hauptmicther,
die Wohnung in Besitz genommen haben, da dann die Ausnahme unter III.
Nro. 2 vorliegt. — Ref. vom 31. Januar 184« I. M. B. S. 8« fg.
2) Wenn nemlich der Bürge in jenem Prozesse auf Antrag des Klägers adzirirt
worden ist; so kann er dem gegen den Hauptschuld»«« erkannten Ansprüche in
dem gegen ihn, den Bürgen, silbst angestrengten Prozesse keine Rechte und Ein-
, , Wendungen des Hauptschuldners entgegensetzen. — §. 31« fg. I. 14 A. L. R.
«) Ist eine Behörde, welche die zahlungspflichtige Kasse u. f. w. verwaltet, in Gnü-
gung säumig; so wird dem durch Anträge bei der unmittelbar vorgesetzten Be
hörde abzuhelfen sein. Sind landschaftliche Institute die Verpflichtetenz so ge
hen dergl. Anträge an den Oberpräsidenten. — Res. vom 8. December 18VS.
, Rabe 1«, S. 21S. - z. 33 u. Anh. z. 242, I. 35 A. G. O.
«53
von den Gerechtsamen eines Andern abhängen, muß Alles das gegen sich gelten
lassen, was wider jenen wegen dieses Gegenstandes rechtlich erkannt ist.') Gle!»
ches gilt überhaupt von denjenigen, welche einen im Streit befangenen Gegen
stand erst nach der Zeit, da dem bisherigen Inhaber die gerichtliche Borladung
zugestellt worden ist, durch Kauf, Tausch, Session, Schenkung, oder auf andre
Art erhalten haben, wenn sie auch bei diesem Prozesse nicht zugezogen worden sind. ^)
3) Die gegen den Erblasser ergangenen Erkenntnisse, und die mit ihm geschlossenen
Vergleiche sind auch gegen die Erben vollstreckbar.») Diese können sich
dabei nicht auf die Ueberlcgungsfrist berufen. Sie haben nur, wenn sie Bene-
fiziglerben sind, die Befugniß,
s) zu verlangen, daß die Exekution nicht in ihr eignes Vermögen, sondern in
den Nachlaß vollstreckt werde; >») oder
li) auf Eröffnung des erbschaftlichen Liquidationsprozesses, und falls das Inven
tar noch nicht eingereicht ist, zugleich auf gerichtliche Inventur anzutragen,
um dadurch die Exekution abzuwenden, s) Wechselmässige Personalexekution
findet jedoch gegen den Erben niemals statt. Dagegen ist die wechselmässige
Realexekution zulässig. — §. S—12. Z. 15—20, I. 24. 8. 47, I. 27 A.
G. O.— §. 2 Erek.-Ges. vom 4. März 18Z4. — Res. vom 3. Oktober 1791
Ed. S. vom 1791 S. 223.
IV. Ist der Verurtheilte gestorben, und die Person oder der Aufent
halt der Erben unbekannt; so muß der alsdann zu bestellende Nachlaßkura
tor für die Befriedigung des obsiegenden Theils au« dem Nachlasse Sorge tragen,
und kann dazu allenfalls durch Exekution angehalten werden. Doch steht auch ihm
zu, auf Eröffnung des erbschaftlichen Liquidationsprozesses anzutragen.
Ist die Erbschaft streitig, so braucht der obsiegende Theil auf den Aus
gang dieses Streits nicht zu warten. Bielmehr kann er, wenn keinem der Erben
der Besitz der Verlassenschaft überlassen ist, vom Kurator, sonst aber von den im

') 3. B. Legatare wegen des, in Betreff des vermachten Gegenstandes, gegen den
Erblasser Erkannten; Fideikommißnachfolger u. dgl. Singularsukzessoren in glei
cher Weise.
2) Hier werden also immer Realansprüche vorausgesetzt. Erkenntnisse über persön
liche Ansprüche können nur gegen den Verurtheilten oder dessen Universalnachfol
ger vollstreckt werden. Ist der Gegenstand schon vor Klagebehändigung auf den
Singularsukzessor übergegangen; so ist das Urtel gegen diesen nicht vollstreckbar,
cs. Res. vom 19. Februar 1319. 15. April 1836 u. 2S. Juli 1837. Jahrb. 13,
S. 12. Bd. 47, S. 547. Bd. 5«, S. 110.
») Sind Erben als solche verklagt; so können sie bereits im Laufe des Prozesse«
ihre durch die Benesizialqualität beschränkte Verpflichtung einwenden; und dem
nächst muß darüber im Erkenntniß das Nöthige ausgesprochen werden. Lk. Erk.
des Geh. Ob.-Trib. vom 21. Januar 1839. Zur. Woch. 1839 S. 713.
«) Haben Erben sich nicht auf die Rechlswohlthat des Inventar« berufen, und geht
auch sonst aus den Akten die Benesizialqualität nicht hervor; so wird die bean
tragte Exekution gegen die Erben ohne Rücksicht auf das ererbte Vermögen voll
streckt. Berufen sie sich jedoch hiernächst auf die Rechtswohlthat; so wird dar
über durch blosse Verfügung, gegen welche der Weg der Beschwerde offen steht,
entschieden.— 55. Res. vom 8. Mai u. 8. November 1835. Jahrb. 45, S.441.
Bd. 46, S. 509. Wird die Benesizialqualität als nachgewiesen erachtet; so wird
die Exekution auf den Nachlaß beschränkt, und dem Extrahenten der Exekution
liegt ob, Nachlaßgegenstände als Exekutionsobjekte zu bezeichnen und allenfalls
nachzuweisen. Er kann deshalb vom Erben den Manifestationseid verlangen. —
Res. «°m 13. Juli 1839 I. M. B. S. 255.
5) Der Antrag auf erbschaftlichen Liquidationsprozeß kann beim Prozeßrichter ein
gereicht werden. Dieser stellt ihn dem Nachlaßrichter zu, und ersucht um Aus
kunft: ob ihm statt gegeben werde, oder nicht. Geschieht Jenes, so wird die
Exekution Wirt. Geschieht dies, so bleibt es bei der Exekution.
42
SS4
Besitz des Nachlasses befindlichen Erben «erlangen, daß sie seine Befriedigung herbei«
führen. (Ok. Z. 2SS, Nro. 1 s ce) K. 14, I. 24 A. G. O. — §. 2 Exek.-Ges. rem
4. März 1834.
V. Sind mehre Litiskonsorten verurtheilt worden; so kommt es auf
den Inhalt des Erkenntnisses an:
ob die. Exekution gegen einen unter ihnen, nach der Wahl des obsiegen
den Theils, auf das Ganze, oder gegen jeden nur für seinen Antheil zu
vollstrecken sei?
Im zweifelhaften Falle spricht in der Regel die Vermuthung dafür, daß Jeder für
das Ganze verhaftet sei. Doch wird, falls die Entscheidung auf einen Vertrag sich
gründet, in solchem Fall die über das Beitragsverhältniß der einzelnen Verurtheil-
ten etwa im Vertrage enthaltene Bestimmung berücksichtigt werden müssen.') ^
Z. 13, I. 24 A. G. O. — §. 424 fg. I. 5. S. 29 fg. I. 6 A. L. R. — Res. vom
10. November 1S23. Jahrb. 22, S. 174.
Verfügung auf das Exekutionsgesuch.
Z. 421. Die Verfügung auf das Exekutionsgesuch steht,
^. wenn es sich um Vollstreckung eines Urtels oder gerichtlichen Vergleichs han
delt, demjenigen Richter, bei welchem der Prozeß in erster Instanz schwebte,
L. wenn aber ein schiedsmännischer Vergleich vorliegt, dem persönlichen Richter
des Verpflichteten zu. <M. ß. 33, IV.)
Bei dem darnach kompetenten Richter wird das Exekutionsgesuch vom ordent
lichen Dezernenten in Betreff seines Inhalts und seiner Zulässigkeit geprüft, und
allenfalls im Kollegio darüber Vortrag gehalten. Ist es unzulässig, so wird es zu
rückgewiesen. Enthält es wesentliche Mängel, so wird dem Extrahenten derm Er
gänzung aufgegeben. — Ist es zulässig und vollständig; so wird sofort das in Be
treff der beantragten Exekution Röthige verfügt, ohne daß es einer Erklärung des
Gegentheils darüber bedarf. Dabei gilt bei Exekutionen gegen Personen, welche
nicht im wirklichen Milita irdienst stehen, Folgendes:
> 1. Ist eine durch den Exekutor oder andern Exekutionsbeamten zu
«ollstreckende Exekution beantragt; so wird,
s) wenn der, gegen welchen dieselbe nachgesucht wird, der Gerichtsbarkeit des ver
fügenden Richters unterworfen ist,
ss) dem mit der Exekution zu beauftragenden Beamten in der Auftragsversii-
gung jedes Mal bestimmte Anweisung ertheilt: wozu er den Exequen-
den anhalten; was und wie viel er von ihm beitreiben; und auf welche
Art er die Exekution vollstrecken solle. Auch muß ihm darin ftäts, ausser i»
Wechselsachen und in Bagatellsachen, wenn hier die Vorlabung die Kraft
eines Kontumazialbescheides erlangt hat, eine gewisse Frist, welche nach
Beschaffenheit der Umstände, auf 8 oder 14 Tage bis höchstens 4 Wochen
zu bestimmen ist, vorgeschrieben werden, nach deren Ablauf mit der Hilst«
Vollstreckung ohne weitere Rückfrage verfahren werden soll.
dd) Der Verpflichtete erhält von dem Exekutionsauftrag Kenntniß mit der Be
deutung, daß, wenn er innerhalb der gesetzten Frist den Extrahenten »ach
seinem Gesuche nicht vollständig befriedige, er die wirkliche Exekution unfehl
bar zu erwarten habe.
') Ueberhaupt wird dann, wenn das Urtel über die Beitragspflicht der einzelnen
Litiskonsorten Nichts enthält, auf den Klagegrund: ob sich namentlich der ^
spruch auf Vertrag, oder auf unerlaubte Handlung, oder auf Erbschaft gründe .
zurückgegangen, und mit Rücksicht auf die darnach einschlagenden Gesetze beur-
theilt werden müssen: in wieweit jeder Litiskovsort für die erkannte Schuld 5»stt'
655
cc) Dem Exckutionsfucher wird von der verfügten Exekution Nachricht gegeben. —
Diesem kann zwar der dem Erekutionsbeamten ertheilte Befehl zugestellt wer
den, damit er ihn, wenn er in der gefetzten Frist nicht befriedigt wird, dem
betreffenden Beamten zur Bollstreckung zufertigc; bei erfolgter Befriedigung
aber unter Anzeige dessen zurückreiche. Doch ist es zweckmässiger, daß der
Richter den Befehl dem Exekutionsbeamten unmittelbar zustellt.
K) Hat dagegen Excquendus einen andern persönlichen Gerichtsstand; so muß der
betreffende Richter um Bollstreckung der Exekution ersucht,') und auch zugleich
das, wodurch die Gerichtsbarkeit des Exekutionsrichters in der Sache begründet
worden, 2) wenn es nicht von selbst klar ist, im Requisitionsschreiben oder Be
richte mit angeführt werden. «)
Der ersuchte Richter muß dem Gesuche gemäß die Exekution auf die unter »
gedachte Art verfügen, ohne sich über die Rechtmässigkeit des Urtels oder der an
geordneten Exekution eine Beurtheilung oder Entscheidung anzumassen. De»
Schuldner aber muß er mit etwanigcn Einwendungen an das requirirende Ge
richt «erweisen, und die Exekution fortsetzen. Nur,
»») wenn wegen der Kompetenz des erkennenden und requirirenden Gerichts ir
gend ein Anstand sich ergibt, oder das um Bollstreckung der Hilfe requirirte
Gericht glaubt, daß in seine Rechte eingegriffen sei; wird gemäß S. 34, Nro. 1
verfahren.
KI>) Ist das requirirte Gericht vorgesetzte Behörde des requirirenden, und jenes
findet ein Bedenken bei Vollstreckung der Exekution; so ist es berechtigt, vor
Vollstreckung der Exekution erst wegen Hebung dieses Bedenkens die nöthige
Auskunft vom Unterrichter zu erfordern.
cc) Requrirt ein ausländischer Richter um Exekutionsvollstreckung, ^) und ereig
net sich wegen der Kompetenz des requirirenden Gerichts oder sonst s) in der
Sache selbst ein Anstand; so muß das hiesige Gericht, wenn es ein Unterge
richt, beim vorgesetzten Landesjustizkollegio, dieses aber, nach Beschaffenheit der
Umstände, ferner beim Justizminister anfragen.
1) Requisitionen wegen Exekutionen gegen Eximirte gehen daher in Provinzen, wo
der eximirte Gerichtsstand gilt, stäts an das Obcrgericht. — 65. Res. vom 17.
Juli 1840 I. M. B. S. 247. Das Obergericht kann aber das Untergericht
damit beauftragen. — Res. vom 26. Febr. 1S19. Jahrb. 13, S. 47.
2) Z. B. wenn die Kompetenz durch Widerklage entstanden, so ist dies Sachver?
hältniß abzugeben. . -
») Soll aus einem bei «Irländischen Gerichten ergangenen Urtel oder aufgenomme
nen Vergleich gegen einen in der Rheinprovinz sich Aufhaltenden Exekution voll«
streckt werden; so muß das Urtel ohne Gründe, oder der Vergleich unter des
Gerichts Siegel und Unterschrift ausgefertigt, und der Ausfertigungsklausel bei
gefügt werden, unter dem Urtel:
daß es für rechtskräftig und vollstreckbar erklärt worden;
unter dem Vergleich:
daß er vor dem Gerichte in einem vor demselben geschwebten Prozesse ge
schlossen sei, und für vollstreckbar erklärt würde.
Die Ausfertigung ist dann dem Erekutionssucher zuzustellen. — Res. vom 7.
Juni 1817. Jahrb. 9, S. 199. — Res. vom 25. Juni 1331. Jahrb. 38,
S. 169.
4) Bei solchen Requisitionen müssen besonders die über die gegenseitigen Gerichts«
barkeitsverhsltnisse bestehenden Verträge berücksichtigt werden.
5) Z. B. wenn sich findet, daß die Exekution mit den hiesigen Gesetzen nicht har«
monirt, als, weil das ausländische Erkenntniß vor länger als einem Jahre rechts
kräftig ist, oder weil der Gegenstand Mandatariengcbühren sind, welche nicht
vorher im Mandatsprozcsse eingeklagt worden u. s. w. — 55. Res. vom 24.
April 1833. GrSsf, Koch zc. III. S. 437. Res. vom 26. Febr. 1836. Jahrb.
47, S. 323,
42"
656
2. Beim Antrage auf Subhastation eines Immobile muß, in so fern
dies nicht schon geschehen, >) ein Zahlungsbefehl mit Bestimmung einer vierwö
chentlichen Frist an den Schuldner erlassen,^) und er bedeutet werden, daß, wenn
er binnen dieser Frist«) den Extrahenten nicht befriedigt, die beantragte Subha-
station erfolgen solle. ^)
Der Extrahent erhält hiervon Nachricht mit der Weisung, bei nicht geschehener
Befriedigung den Subhastationsantrag zu wiederholen, und den zu bestimmenden
Subhastationsvorschuß einzuzahlen.
Geht nun demnächst der Antrag ein; so wird,
s) falls das Grundstück unter der Gerichtsbarkeit des Exekutionsrichters liegt, von
diesem selbst das Erforderliche wegen Einleitung der Subhastation verfügt;
b) falls es unter andrer Gerichtsbarkeit liegt, beim kompetenten Richter die Ein«
leitung der Subhastation nachgesucht.
3. Das vorstehend unter s und b Gesagte gilt auch von Einleitung der
Administration unbeweglicher Sachen mit der Maasgabe, daß in dem
Falle, wenn das unter Verwaltung zu stellende Gut bexfandbrieft ist, jedesmal das
betreffende Kreditinstitut um Einleitung und Führung der Verwaltung ersucht wer
den muß.
4. Sind Besoldungen, Pensionen, Forderungen u. Vgl. als Exeku
tionsobjekt gewählt; so wird die Beschlagnahme, Requisition um Zahlung, Ueber-
weisung u. s. w. vom Exekutionsrichter selbst verfügt. — Z. 24, 26—34. Z. 45.
Z. Kit, 106, 116 fg. I. 24 A. G. O. — §. 5 des Erekut.-Gef. vom 4. März 1834.—
Res. vom 23. Oktober 182«. Jahrb. 16, S. 239. — Res. vom 9. December 1839
I. M. B. S. 424. Ges. vom 2. November und 25. September 184« I. M. B.
S. 316, 362.
Insbesondre, wenn das Exekutionsgesuch gegen Militairperfonenz
oder gegen Gemeinden oder moralische Personen gerichtet ist.
z. 422. I. Soll eine Exekution gegen Personen verfügt werden, welche in
wirklichem Militairdienst stehen, lwohin auch Gendarmen gehören), und be
trifft die exekutivische Maasregel
1) Gehaltsabzüge; oder Beschlagnahme ausstehender Forderungenz
oder das Grundstück des Schuldners; so wird in gleicher Weise, wie vorste
hend gegen Zivilpersonen verfahren.
2) In Betreff andrer Exekutionsobjekte dagegen muß, bevor exekutivisch ver
fahren wird, da« betreffende Militairgericht s) ersucht werden, den Schuldner
1) Ein vorhergegangener andrer Grad der Exekution macht diesen Zahlungsbefehl
nicht entbehrlich. — Res. vom 16. August ,1834. Gräff, Koch:c. III. S.4S8:
Eben so muß derselbe auch im Mandatsprozesse erlassen werden. Das. S. 439.
2) Auch an den Adjudikatar muß, wenn er die Kaufgelder nicht erlegt, vor Verfü
gung der Resubhastation das Zahlungsmandat mit vierwöchentlicher Frist erlas
sen werden. — Res. vom 2. August 1839 I. M. B. S. 235.
s) Von Amtswegen wird nach Ablauf der Frist die Subhastation nicht «erfügt. —
Res. vom 9. December 1839 I. M. B. S. 424.
4) Ist mit dem Subhastationsantrage zugleich der Antrag auf Verzeichnung des
Wirthschaftsinventars, und auf ein an den Schuldner zu erlassendes VerSusse-
rungsverbot verbunden ; so kann auch dieser,- Antrag erst nach Ablauf der vier
wöchentlichen Frist realisirt werden. — Rss. -vom, 25. April 18S5. Gräff,
Koch ,c. III. S. 439. ,"/ ' '
s) Die Requisitionen um Erlaß der Paritionsorbre sind zu riHten^ >.
1) an das Generalauditoriat in Betreff . ^!>, , .
g) der Generale, ^ . »?
^ b) der Kommandeurs von Regimentern, Bataillons un> von einzelnen für
sich bestehenden Truppentheilenz
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von der bevorstehenden Exekution zu benachrichtigen und anzuweisen, daß er sich
bei Vermeidung der gesetzlichen Folgen nach der Verfügung bei Zivilgerichts zu
richten habe. ^Paritionsordre). Erst, wenn das Zivilgericht über Erlaß die«
ser Ordre benachrichtigt worden, ') wird die Vollstreckung der Exekution ver
fügt. — Diese muß übrigens von derjenigen Justizbehörde, vor welcher der
Schuldner in Zivilprozeßsachen seinen Gerichtsstand hat, und zwar durch die
Beamten, welchen die Vollstreckung der Exekution gegen Zivilpersonen obliegt,
bei Obergerichten aber namentlich unter Direktion des Exekutionsdirektors, eines
Sckretairs, oder eines Justizbeamten erfolgen. Zweckmässig ist es, in dem an
den Exekutor zu erlassenden Befehl die an den Exequendus erfolgte Behändigung
der Paritionsorder zu erwähnen. Jedesmal muß zugleich das dem ErequenduS
e) der Kommandantenz
ck) der General- und Flügeladjutanten des Königs;
e) der Gouverneure der Prinzen des Königl. Hauses;
f) der Offiziere des großen Generalftaabes ; und macht es bei allen diesen
Personen (s—f) keinen Unterschied, ob sie im Dienste oder auf Pension,
Wartegeld oder Jnaktivitätsgehalt gesetzt sind;
«) der Auditeure und etwanigen Gerichtsaktuarien und
K) der Divisions- und Garnisonprediger und Küster, so lange diese Personen
(g—K) aktiv sind.
2) An die Generalkommandos Hinsicht«
s) der nach der Rang» und Quartier-Liste zum Etat derselben gehörenden
Personen, so weit sie nicht zu 1 erwähnt sind
b) der zum Generalkommando gehörenden Reserveregimenter, und Jäger -
oder Schützenabtheilungen;
c) der im Bereich der Generalkommandos sich aufhaltenden, auf Pension,
Wartegeld oder Jnaktivitätsgehalt gesetzten Offiziere, so weit sie nicht zu
den sä 1 gehören;
6) der beim kommandirenden General stationirten Armee-Gensdarmen;
3) an die Divisionskommandos in Betreff
s) der zur Division gehörenden Infanterie-, Kavallerie- und Landwehr
regimenterz
b) der Regiments» und Divisions-Garnison-Kompagnieen ;
e) der Jnvalidenkompagnieen, und
6) der zum Etat der Divisionskommandos gehörenden Personen, und der da
bei stationirten Armeegensdarmen;
4) an die Gouvernementsgerichte resp. in Königsberg, Berlin, Breslau und
Luxemburg, und an die Garnisongerichte in den Festungen in Betreff
s) der zum Etat des Gouvernements oder der Kommandantur nach der
Rang- und O-uartierliste gehörenden Personen;
b) aller zur Garnison gehörenden Truppenabtheilungen oder einzelner Mili-
tairpersonen, in so fern ihre eignen Divisions - oder Jnfpektionsgerichte
sich nicht am Orte befinden,
ö) Die Landmehrbrigadekommandeurs ressortiren von dem Gerichte der
Division, zu welcher die Landwehrbrigade gehört.
6) In Betreff der Jntendanturbeamten ist das Generalkommando, zu welchem
sie gehören, zu requiriren.
7) An die Artillerie-Inspektionen, von denen jede ihr eignes Gericht hat, gehen
ebenfalls die betreffenden Requisitionen.
8) Hinsichts der Jngenieuroffi ziere sind resp. das Generalkommando zu
Berlin, oder die Jngenieur-Jnspektionskommandos zu requiriren, in so fern
nicht bei beiden das zu 4 gedachte Verhältniß eintrit.
9) Hinsichts der Landgensdarmerie ist der Chef der gesammten Gensdarmerie zu
requiriren.
10) Hinsichts der Gardelandwehr gehen die Requisitionen an die erste oder zweite
Gardedivision, je nachdem das Landwehrregiment zu einer derselben gehört. —
Res. vom 14. Januar 1825 und Beilage Jahrb. 25, S. 116. — Res. vom
25. Febr. 18Z6. Jahrb. 47, S. 325. >
*) Daraus folgt, daß nicht der etwa um Exekutionsvollstreckung zu requirirende, son
dern d?r Prozeßrichter, das Ansuchen um Paritionsordre erläßt.
658
vorgesetzte Militärgericht von der Exekution durch den dieselbe vollstreckenden
Richter benachrichtigt werden.
Welche Beschränkungen hinsichtlich der exekutionsfähigen Gegenstände eintre
ten, davon wird weiter unten die Rede sein.
3) Doch kann das Zivilgericht niemals die Exekution in bewegliche Gegenstände,
welche eine in der Kaserne oder im Dienstgebäude wohnende Mili-
tairperson, einschließlich der aktiven Militairbeamten und der
pensionirten Offiziere, daselbst besitzt, vollstrecken. Behauptet daher
Exekutionssucher, daß eine solche Militairperson in der Kaserne oder im Dienst-
gebäude exekutionsfähige Gegenstände, wie z. B. öffentliche Papiere, baarcs Geld,
goldne, silberne und andre Medaillen, Juwelen und Kleinodien, besitzt, und bringt
dieselben als Exekutionsobjekt in Vorschlag; so muß
s) der Schuldner durch das Zivilgericht darüber: ob er dergleichen besitze, vorher
vernommen, und bei vorhandenem Zweifel zum Manifestationseide verstattet
werden.
d) Werden bei dieser Vernehmung, oder bei Ableistung des Manifestationseides exe
kutionsfähige, in der Kaserne oder im Dienstgebäude befindliche Gegenstände er
mittelt; so fordert das Zivilgericht den Exequendus zu deren Herausgabe auf;
und requirirt, wenn er die Herausgabe verweigert, das betreffende Militärge
richt, und beziehungsweise das Generalauditoriat, in so fern Schuldner der Ge
richtsbarkeit desselben unmittelbar untergeordnet ist, um die Exekutionsvollstreckung,
da das Zivilgericht solche Exekutionen in den Kasernen oder Militairdienstgebäu-
den nicht vollstrecken darf.
e) Die requirirte Behörde oder der betreffende Befehlshaber fordert hierauf den Ere-
quendus zur Herausgabe der betreffenden Gegenstände auf. Bleibt die Auffor
derung ohne Erfolg, und wird also eine förmliche Erequirung nöthig; so muß
dieselbe durch einen Auditeur, unter Zuordnung eines, nach dem Range des
Exequendus zu bestimmenden, Offiziers geschehen.
6) Werden bei dieser Exekutionsvollstreckung Seitens des Schuldners rechtliche Ein
wendungen gegen dieselbe erhoben, über welche gerichtlich zu entscheiden ist; so
steht diese Entscheidung nicht der Militairbehörde, sondern dem betreffenden Zi
vilgericht zu.
e) Die Exekution in Gegenstände, welche die in Kasernen oder Dienstgebäuden weh
nenden Militairpersonen nicht innerhalb, sondern ausserhalb derselben besitzen, fin
det auf die unter Rro. 2 vorgeschriebene Weise statt. — Z. 26 Anh. §. 149,
155, I. 24 A. G. O. — Cab.-Ord. vom 4. Juni u. vom «. September IW
GS. S. 209.— Res. vom 5. Juli 1822, vom 24. Januar 1823. Jahrb. 19,
. S.318. Bd.21,S. 261. — Res.vom2.December1831. Jahrb. 38, S. 333. -
Cab.-Ord. vom 8. November 1831 GS. S. 25«. — Cab.-Ord. vom 4. Im.
1833 GS. S. 3. — Res. vom 21. April u. 29. August 1834. Jahrb. «,
S. 43S. Bd. 44, S. 85.
II. Soll gegen Stadt- und Landgemeinden, oder gegen eine ganze
Klasse von Mitgliedern derselben, wie z. B. gegen Judengemeinden,
oder sonst gegen eine moralische Person, eine Exekution vollstreckt werden;
so müssen die Gerichte über die Art, wie solche ohne gänzlichen Ruin der Schuldner
zu realisiren ist, jederzeit mit der Regierung Rücksprache halten, und wenn sie sich
mit dieser über die zu nehmenden Maasregeln nicht vereinigen können, die Exekution
aussetzen, und die Vorbescheidung des Justizministers einholen.
Eben dieses muß geschehen, wenn die Exekution gegen ein nicht unter der Re
gierung stehendes Institut zu verordnen ist, und also der Justizminister Anlaß sin
659
den möchte, mit den übrigen Ministerien Rücksprache zu nehmen. — Anh. §. 15Z
zu §. 45, I. 24 A. G. O. — Res. vom 22. April 1833. Jahrb. 4l, S. 467.
Bon den in der Exekutionsinstanz zulässigen Einwendungen.
Z. 423. I. Die rechtmässig angeordnete Exekution kann
1. durch die Einwendungen der Zahlung, der Kompensation, des
Erlasses und des Vergleichs, jedoch auch durch diese nur alsdann ge
hemmt werden, wenn dergl. Einwendungen liquid sind, und die
Thatsachen, auf welche sie gegründet werden, sich erst nach ge
schlossener Instruktion der Sache >) ereignet haben, oder erst nach
diesem Zeitpunkt zur Kenntniß des Schuldners gelangt sind.
Ein solcher Einwand muß bei dem Richter, welcher die Exekution verordnet
hat, angebracht, und sofort bescheinigt werden. 2) Erachtet dieser den Einwand
nicht für liquid, oder sonst zur Aufhebung der Exekution nicht geeignet; so weist
er den Antrag zurück, und läßt der Exekution ihren Fortgang. Anderenfalls aber
muß er sofort
^. die wirkliche Vollstreckung der Exekution, in so fern der Einwand den gan
zen derselben unterworfenen Gegenstand betrifft, ganz, sonst nur in Betreff des
durch den Einwand betroffenen Punktes oder Betrages, aussetzen, und
L. zur Erörterung und Instruktion des Einwandes einen möglichst nahen und
auf Antrag des Provokanten unter keinerlei Vorwand zu prorogirenden Termin an
beraumen. Die Instruktion und Entscheidung über einen solchen Einwand erfolgt,
s) wenn der Gegenstand desselben öl) Thlr. nicht übersteigt, im Bagatellprozeß;
d) sonst ss) im Großherzogthum Posen Z) nach der Verordnung vom 9. Februar
1817 und db) in den übrigen Provinzen, in denen die A. G. O. gilt, im sum
marische» Prozeß. — Wird nun nach Verhandlung und nach Aufnahme der vor
oder im Termin wirklich zur Stelle gebrachten Beweismittel
«) der Einwand begründet und erwiesen gefunden; so muß die Aufhebung der
Exekution, so weit der Einwand den unter Exekution stehenden Gegenstand
betrifft, erkannt werden; und wenn auch gegen das Urtel appellirt wird; so
bleibt es dennoch bis zur rechtskräftigen Entscheidung bei der bereits ver
fügten Suspension.
/z) Wird der Einwand im Erkenntnisse für ganz unbegründet und unerheb
lich befunden; so muß auf Fortsetzung der Exekution gesprochen werden; und
die Appellation gegen ein solches Urtel kann die Vollstreckung desselben nicht
aufhalten.
7) Hat aber durch jene Verhandlung und Beweisaufnahme der Grund oder Un-
grund des Einwandes nicht völlig ins Licht gesetzt werden können; sondern
ist zur Ausmittelung desselben noch eine weitere Verhandlung erforderlich;
1) D. h. zu einer Zeit, wo diese Einwendungen nicht mehr zur Verhandlung gezo
gen werden konnten.
2) Die Eideszuschiebung gnügt dazu, einen solchen Einwand liquid zu machen. —
Res. vom 2. Mai 1834. Jahrb. 43, S. 50«.
») Einige Gerichte im Großh. Posen verhandeln im summarischen Prozeß. Dies
läßt sich nicht rechtfertigen. Die Einleitung zum Gesetz vom 1. Juni 183Z
schließt das Großhcrzogthum Posen in Bezug auf den summarischen Prozeß aus
drücklich aus. Das Verfahren der V. vom 9. Februar 1317 vcrtrit hier den
summarischen Prozcß. Wenn nun der Z. 6 des Exek.-Ges. für Verhandlung der
Einwendungen in der Exekut.-Jnstanz das Verfahren des Ges. vom I. Juni 1833
anordnet; so kann sich dies nur auf Provinzen beziehn, wo dies Versahren An
wendung findet. Zur Einführung desselben im Posenschen hätte die ausdrückliche
Aufhebung jener Einleitungsbestimmung und der desfalsigen Anordnung im Ges.
vom 9. Febr. 1817 z. 2 i gehört.
«60
» > und mit Rücksicht auf das zur Anwendung kommende Prozeßverfahren zu
lässig z so muß der Richter diese durch eine blosse Resolution verfügen, in die
ser aber zugleich die Fortsetzung der Exekution anordnen.
Uebrigens muß der Richter in diesen Fällen «— wenn er findet, baß
Provokant dergleichen Einwand ganz ohne rechtlichen Grund entgegengesetzt
Hätz oder daß Provokat, ungeachtet ihm der entgegenstehende Einwand und
dessen Rechtmässigkeit bekannt war, dennoch auf der Exekution bestanden hat,
die Strafen der muthwilligen Chikane zur Anwendung bringen. (<X z. 170, V.)
2. Wird erst nach rechtskräftiger Entscheidung der Sache ein Spezial-Mo-
ratorium nachgesucht; so bleibt die Exekution zulässig, bis die dem Gläubiger ge
bührende Sicherheit bestellt worden. Erst dann wird daher die Exekution aufgeho
ben. — Im Uebrigen darf die Exekution auf den Borwand eines gegenwärtigen
Zahlungsunvermögens, durch Fristgesuche, oder Anbietung von Terminalzahlungen
«. f. w. weder aufgehalten, noch eingestellt werden.
S. In wie weit bei Einlegung des Rechtsmittels der Richtigkeitsbeschwerde durch
gerichtliche Niederlegung der erkannten Summe, oder durch Kautions
bestellung die Exekutionsvollstreckung beseitigt werden kann, davon ist bei Abhand
lung dieses Rechtsmittels (Z. 241) die Rede gewesen. — Z. 35—42, I. 24 A. G.
O. — Z. 6, 7 des Exekut.'Ges. vom 4. März 1834. z. 2 Verord. vom S. Febr.
4817. — Ref. vom 1. December 1835. GrSff, Koch zc. III. S. 440. — Res.
«om 13. Februar 1837. Jahrb. 49, S. 184.
II. Andre Einwendungen, selbst die Behauptung, baß das Urtel null sei, so
wie die Anbringung einer Reftitutionsklage hemmen nicht die Exekution. Doch steht
« dem Provokanten frei, feine Einwendungen gegen den Exekutionssucher in dessen
Gerichtsstande durch besondern Prozeß auszuführen.')
III. Gegen Verfügungen, durch welche Exekutionen angeordnet sind, ist, wie
gegen andre Verfügungen, die Befchwerde an die, dem verfügenden Gericht unmit
telbar vorgesetzte Behörde zulässig. — Dagegen können Bitten beim Staatsoberhaupt,
oder bei den Ministerien um Aufhebung einer an sich begründeten Exekution nicht
berücksichtigt werden. — Sollte in einem ganz befondern Falle durch Kabinetsordre
oder Hofreflript eine Exekution suspendirt, oder aufgehoben werden; so müssen zwar
die Gerichte solchem gebührende Folge leisten; zugleich aber ungesäumt und von
Amtswegen an das vorgesetzte Ministerium von der wahren Lage der Sache berich
ten ; auch bis zum Eingang weiterer Verhaltungsbefehle Alles, was nach Beschaffen
heit der Umstände ohne Vereitelung der erhaltenen Ordre geschehen kann, zur Si
cherheit des Exekutionssuchers gleichergestalt von Amtswegen vorkehren. — Z. 43,
44, I. 24 A. G. O.

Von Vollstreckung der Exekution selbst.


Allgemeine Vorschriften für die Exekutoren bei Vollstreckung und
in Ansehung der erekutionsfreien Zeiten.
§. 424. I. Der Exekutor oder der sonst mit der Exekutionsvollstrcctung beauf
tragte Beamte muß sich bei Exekutionsvollftreckungen jederzeit durch den ihm
ertheilten schriftlichen Auftrag legitimiren. Ohne diesen darf er daher
niemals die Exekution antreten.

> ') Auch Einwendungen der Zahlung, des Vergleichs, Erlasses und der Kompensation
können, wenn sie zur Hemmung der Exekution nicht geeignet sind, im besondern
Prozeß geltend gemacht werden, da die Bestimmung zu I. (Z. 6 des Exek.-Kes.)
nur eine Prozeßvorschrift enthält. — Plen.-Beschl. vom 19. Oktober 1S4«
L. M. B. 1841 S. 6«.
«61
Gr hat sich ferner genau »ach dem Inhalt des erhaltenen Auftrag«
zu achten, da dieser gemäß ß. 42t, Nro. 1 stäts eine bestimmte Anweisung über
die Art und Ausdehnung seiner Wirksamkeit enthalten muß. — Der Exekutionsbe
amte muß demzufolge
1) sofort nach Verlauf der im Befehle bestimmten Frist, wenn er vom Gericht keine
Gegenordre, «der vom Extrahenten keine Nachricht, daß eS der Exekution nicht
bedürfe, erhalten hat, mit deren Vollstreckung, ohne ferneren Verzug, und ohne
weitere Rückfrage oder vorläufige Ankündigung, der erhaltenen Instruktion ge
mäß verfahren.
2) Er darf sich davon weder durch Protestatio»«« oder Einwendungen des Schuld
ners, noch durch ein blosses einseitiges und unbescheinigtes Vorgeben desselben,
daß er den Extrahenten befriedigt, daß er von ihm Nachsicht erhalten habe, daß
die Exekution von dem sie verordnenden Gericht wieder aufgehoben sei u. s. w.
abhalten lassen.
3) Wirb ihm jedoch eine auf Aufhebung lautende, und später, als seine ErekutionS-
ordre ausgefertigte Verfügung des Gerichts, oder der demselben vorgesetzten Be
hörde, oder eine vom Extrahenten ausgestellte Bescheinigung über zugestandene
Nachsicht, oder eine von demselben gegebene Quittung, «der ein Postschein, wor
aus die wirklich erfolgte Absenkung der bcizutreibenden Summe an den zur Em
pfangnahme Bezeichneten erhellt, im Original vorgelegt; so muß er zwar, gegen
Empfang seiner Gebühren, sofort von der Exekution abtreten, zugleich aber da
von ohne den geringsten Verzug berichten, und weitere Verordnung abwarten. —
§. 54, 4S, 46, I. 24 A. G. O. — Res. vom 22. Februar 1831. Jahrb. 37,
S. 109. — Eirc. V. vom 19. Februar 1836. Jahrb. 48, S. 438.
II. Der Exekutionsbeamte darf jedoch keine Exekution vollstrecken
1) an Sonn- und solchen Festtagen, welche durch allgemeine Polizeiverordnun
gen oder nach den Rcligionsgebräuchen des Exequenden als solche anerkannt sind; i)
2) während der Saat- und Erntezeit gegen Personen, welche sich mit
der Landwirthschaft beschäftigen?). Diese exekutionsfreie Seit in An
sehung der Landwirthschasttreibenden wird von den Obcrgcrichten nach vorgän
giger Rücksprache mit den Regierungen für das Departement gleichmässig, und
zwar für die Saat im Frühjahr und Herbst jedesmal auf 14 Tage, und für
die Ernte auf 4 Wochen bestimmt, und dabei wird lediglich auf den Hauptge
genstand der Saat und Ernte, und auf den hiernach durchschnittlich gewöhnli
chen Eintrit der Saat- und Erntezeit in dieser Provinz Rücksicht genommen.«)

>) Dahin gehören also auch die jüdischen Sabbate und Feiertage. Dagegen können
die katholischen Feiertage nur in so weit zu den exekutionsfreien gezählt werden,
als sie vom Staate anerkannt worden,
l) Die Gerichtsferien an sich, und in Bezug auf Personen, die nicht Landwirthschaft
treiben, auch die Saat- und Erntezeiten, hindern daher nicht Erckutionsvoll-
streckungen.
«) Diese erckutionsfrcien Zeiten sind bestimmt fürs Kösliner Departement durch
Publ. vom 5. Mai 18Z4, Zur. Woch. 1834 S. 507; für Posen und Brom
berg durch Publ. vom 2. Juli 18Z4, das. S. 727z für Stettin durch Publ.
vom 7. Juli 1834, das. S. 757; für Ratibor durch Publ. vom 9. September
1834, das. S. 97«; für Jnsterburg durch Publ. vom 25. November 1834,
das. S. 1229; für Naumburg durch Publ. vom 24. März 1835, Zur. Z.
1835 S. 416; für Frankfurt durch Publ. vom 28. April 1835, das. S.510; .
für Halberstadt durch Publ. vom 29. Mai 1835, das. S. 633; für Mag
deburg durch Publ. vom 25. Juli 1835, das. S. 763; für Glogau durch
Publ. vom 26. September 1835, das. S. 1081; für den Kammergerichts
bezirk durch Publ. vom 22. Oktober 1835, Potsdamer Amtsbl. 1835, S. 290 z
für Münster Verf. vom 16. Januar 1839 I. M. B. S. 68. ,
S6S
Doch muß auch während der Saat- und Erntezeit gegen Landwirtschaft,
treibende die Exekution vollstreckt werden
s) in Wechsel-, Alimenten-, und solchen Sachen, bei denen Gefahr im
Verzuge obwaltet;
b) in allen Fällen, in welchen der verabredete Zahlungstermin in diese
Zeit fällt;
e) wenn dieselbe schon vor der Saat- und Erntezeit angefangen hat. — g. 4
des Exek. Ges. vom 4. März 1834. — §. 48, I. 3 A. L. R. — Res. vom
2. Mai 1834. Nro. 1, Jahrb. 43, S. 492. — Res. vom 3. Oktober 1834
und 17. Juni 183S. Grafs, Koch ,c. III. S. 427.
Exekutionen 1) auf Leistung von Handlungen; >) und 2) auf
Unterlassungen.
§. 425. I. Hat der Verpflichtete eine Handlung zu leisten, 2) und sie in
nerhalb der im Urtel «der Vergleich bestimmten Frist nicht geleistet; so wird auf
den Exekutionsantrag des Berechtigten
1) zunächst dem Verpflichteten durch ein Mandat die Vollziehung der Handlung
binnen einer zu setzenden Frist von 8 Tagen bis höchstens 4 Wochen aufgegeben,
und die Bedeutung beigefügt:
daß bei Nichtleistung der Berechtigte die Wahl haben solle, auf der Lei
stung der Handlung durch den Verpflichteten zu bestehen, oder dieselbe
auf dessen Kosten durch einen Dritten verrichten zu lassen, ober sein In
teresse zu fordern.
Dies Mandat wird dem Verpflichteten auf die gewöhnliche Weise gegen Be-
händigungsschein zugestellt (Z. 57—59). Extrahent aber erhält von dem Ver
fügten Nachricht.
2) Gnügt der Verpflichtete innerhalb der gestellten Frist dem Befehle nicht; so hat
der Berechtigte die Befugniß, demgemäß die Wahl zu treffen. Er ist auch be
fugt, von der ein Mal getroffenen Wahl wieder abzugehen, und eine andre zu
treffen. Läßt sich jedoch mit Rücksicht auf die obwaltenden Umstände eine oder
die andre der 3 Alternativen nicht ausführen; so kann er dieselbe nicht wählen.
Fordert nun der Berechtigte die Leistung
g) von dem Verpflichteten selbst, und hängt solche nach dem Ermessen des
Richters von dem Willen des Verpflichteten ab;») so ist dieser durch
Personalarrest, von höchstens einjähriger Dauer, dazu anzuhalten. — Auch
Personen, welche sonst gesetzlich dem Personalarrest nicht unterworfen sind,
wie z. B. Beamte, müssen sich dieser Personalhaft fügen.
b) Soll die Leistung durch einen Dritten geschehen; so hat der Richter
den Betrag der dazu erforderlichen Kosten vorläufig zu bestimmen, und von
dem Verpflichteten einzuziehn. 4)
>) Die in der Ger.-Ord. angeordnete Einlegung des Exekutors findet nicht mehr
statt; dies selbst bei Exekutionen im Wege des Disziplinarverfahrens.
2) Lieferungen find in der Regel für Handlungen anzuschn, bei denen diese Art
Exekution Anwendung findet. Ist eine bestimmte bei Abschluß des Vertrages
speziel bezeichnete Sache zu liefern; so findet Exekution auf Herausgabe einer
Sache Anwendung. — «. Ref. vom 26. Juni 1835. Gräff, Koch ,c. III.
S. 450.
») Soll z. B. Jemand eine von einem Dritten auszustellende Quittung beschaffen;
' so liegt dies nicht allein in seinem Willen, und Personalhaft ist nicht zulässig.
Der Berechtigte wird daher die andern beiden Alternativen wählen müssen. Glei
ches gilt auch, wenn ein Dritter in die vom Verpflichteten auszustellende Quit
tung konsentiren muß. — Ll. Res. vom 1. Mai 184« I. M. B. S. 171.
«) Demnächst muß der Dritte vom Prozeßrichter Autorisation zur Vornahme der
Die Liquidation und Feststellung des Interesse geschieht durch be«
sondern Prozeß. (§. 359 IV.). — §. 8 und 9 des Erek. «es. vom 4. März
1834. — Res. vom 12. Mai 1835. vom 3. Juni 1835; vom 11. Jull 1834;
vom 25. November 1835; vom 1. August und 27. November 1837; vom
28. Februar 1836. Gräss, Koch zc. III. S. 444 fg.
tt. Geht das Urtel oder der Vergleich dahin: daß Jemand etwas zu un
terlassen schuldig sei; so muß,
1) wenn der Verpflichtete die verbotene Handlung dennoch vornimmt, z. B. wenn
er den Gegner im Besitz einer ihm zuerkannten Sache, «der im Genüsse eines
erstrittenen Rechts beunruhigt, ihm dies auf Antrag des Berechtigten durch un
bedingten Strafbefehl untersagt werden.
2) Handelt er dem Befehle dennoch zuwider; so wird
s) die auf die Uebertretung angedrohte Strafe, wenn die Uebertretung selbst fest
steht, durch Verfügung, wenn es zur Feststellung derselben aber noch ei
ner Beweisaufnahme bedarf, durch Erkenntniß festgesetzt, gegen welches
nur der nach Vorschrift §. 192—195, zu verhandelnde Rekurs zulässig ist.
b) Diese festgesetzte Strafe wird hierauf beigetrieben, die Strafandrohung
allenfalls bis zur Höhe von 50 Rthlr. gesteigert, und der Widerspenstige zur
Bestellung einer annehmlichen Kaution wegen künftiger Befolgung des UrtclS
oder Vergleichs angehalten. > )
c) In so fern der Betrag des dem Berechtigten durch die Beeinträchtigung ver
ursachten Schadens feststeht, wird er vom Verpflichteten beigetrieben. 2 )
<!) Auch bleibt es dem richterlichen Ermessen anheimgestellr, denjenigen, welcher
den Berechtigten, dem Urtel oder Vergleich entgegen, beharrlich zu beunruhi
gen fortfährt, daran durch seine Verhaftnehmung s) zu hindern; oder die
nach den Umständen etwa sonst noch stattfindenden Anstalten, wodurch der
Berechtigte gegen fernere Störungen geschützt werden kann, auf dessen An
trag und auf Kosten des Widerspenstigen vorzukehren.
Kann eine nach s und K festgesetzte Geldstrafe vom Widerspenstigen we
gen Unvermögens nicht beigetrieben werden; so muß wegen Umwandlung
derselben in eine Gesängnißstrafe an den Justizminister berichtet werden. —
§. 54, I. 24 A. G. O. — §. 10 Erek. Ges. vom 4. März 1834. —
Res. vom 5. März 184« I. M. B. S. 107. — Res. vom 21. August 182«.
Jahrb. IS, S. 51.

3) Exekutionen auf Herausgabe beweglicher, und 4) auf Räumung


unbeweglicher Sachen.
§. 426. I. Lautet daö erekutionsfähige Urtel oder der Vergleich auf Heraus
gabe einer beweglichen Sache; so muß dem Exekutor aufgegeben werden,
dem Verpflichteten dieselbe wegzunehmen, und dem obsiegenden Äheile einzuhändigen.

Handlung erhalten. Ist eine Erklärung, z. B. Quittung abzugeben, so wird


Termin dazu angesetzt, und vom Dritten in demselben die Erklärung zu Pro
tokoll genommen; demnächst aber ausgefertigt. — Lf. Res. vom 2«. Februar
1837. Gräff, Koch :c. III. S. 448. Res. vom 3. April 1837. Jahrb. 49,
S. 455.
1) Ein Nachweis, daß fernere Störungen zu besorgen, ist hier zur Begründung des
Antrags auf Kautionsbestellung nicht erforderlich.
2) In der Regel wird der erekutivischen Beitreibung ein besondrer Prozeß wegen
dieses Schadens vorausgehen müssen.
s) Extrahent wird auch hier die Kosten der Hast vorschiessen müssen. — Res. vom
S. Juli 1832. Jahrb. 4«, S. 173.
«64
Findet der Exekutor die Sache in der Behausung oder dem Gewahrsam de«
Verpflichteten nicht; so hat der Exekutionssucher die Wahl:
s) ob er den Verpflichteten zur Ableistung des Manifeftationseides anhalten lassen, ober
b) sogleich sein Interesse, welches ihm daraus, daß er die ihm zuerkannte, oder
vergleichsweise ihm zustehende Sache nicht erhalten, erwachsen ist, zu liquidi-
«n, und dessen Beitreibung herbeizuführen. — Wegen Ausmittelung dieses In
teresse und wegen Verstattung des Liquidanten zum Würdigungseide gelten die
Vorschriften des 8. 359 Hd. B. — §. SS—57, I. 24 A. G. O.
II. Soll Jemand auf Grund eines exekutivischen Urtels oder Vergleichs dem
Andern ein gewisses Grundstück abtreten; so erfolgt die Vollstreckung in
der Art, daß der Verpflichtete herausgeschafft, und dagegen der Berechtigte einge
wiesen wird.
Die Exmission geschieht zwar durch den ordentlichen Exekutor; doch muß das
Gericht, wenn eS ein Grundstück von Wichtigkeit, z. B. ein ganzes HauS oder Gut
betrifft, einer Gerichtsperson auftragen, > ) den Exekutor bei Vollstreckung des Urtels
oder Vergleichs zu dirigiren.
Die Exmission geschieht in der Art, daß
1) der zur Räumung verpflichtete Besitzer mit seinen Effekten, für deren anderweite
Unterbringung er selbst sorgen muß, allenfalls mit Gewalt aus dem Hause «der
Gute herausgeschafft; daß er ferner
2) alles Ernstes bedeutet werde, sich jeder Wiederergreifung des Besitzes, so wie je
der Störung des Gegners bei namhafter Strafe gänzlich zu enthalten; daß hierauf
3) die Einführung des Berechtigten in den solchergestalt geräumten Besitz des Grund
stücks, und wenn die Exekutionsordre auch auf Pertinenz- und Jnventarienstücke
lautet, auch dieser erfolge; und daß,
4) wenn zum Grundstücke Unterthanen, Pächter, oder Lehnleute gehören, dieselben
ihrer Pflichten gegen den bisherigen Inhaber entbunden, und damit an den
neuen Besitzer gewiesen werden.
5) Ist der zu Exmittirende nicht gegenwärtig, und hat er auch Niemand zur Wahr
nehmung seiner Angelegenheiten dabei bestellt; 2) so muß der Exekutor die her
auszuschaffenden Effekten desselben auf seine Kosten irgendwo unterzubringen su
chen. Dem Exmittirten muß dann die Abholung der Sachen gegen Berich
tigung der Kosten aufgegeben, wenn er sich aber dabei über die Gebühr säu
mig erweist, muß mit dem öffentlichen Verkauf der Sachen verfahren, der
Kostenbetrag aus dem Erlös berichtigt, und der Ueberrest so lange, bis der Ei-
genthümer sich weiter meldet, ins gerichtliche Depositum genommen werden.
6) Ueber etwanige übergebene Pertinenz- und Jnventarienstücke muß der Exeku
tionsbeamte ein Verzeichniß fertigen, und dieses dem über die vollstreckte Exeku
tion zu erstattenden Berichte beilegen. — §. Ss—61 a. a. O.

S) Exekution auf Zahlung einer Geldsumme.


Von den verschiedenen Graden der Exekution.
8. 427. Bei Nachsuchung der Exekution wegen einer beizutreibenden Geld
summe steht 1) dem Gläubiger frei, das Vermögen des Schuldners als
Exekutionsgegenstand zu wählen. Er hat dabei ganz freie Wahl, an wel-
1) Dies wurde auch Behufs Einräumung von Kirchensitzen zur Vermeidung von
Störung des Gottesdienstes durch Res. vom 8. Januar 1836 für zweckmässiq
erachtet. Gr äff, Koch :c. III. S. 453.
2) Hat er eine Frau zurückgelassen, so werden dieser die Effekten überlassen. Ent
fernt sich diese aber auch; so müssen sie untergebracht werden.
665
chen Gegenstand bei Vermögens desselben er sich zunächst hatten wolle. Er hat auch
die Befugniß, anstatt des zuerst gewählten Exekutionsgegenstandes einen «ndern i»
Vorschlag zu bringen. Doch muß er in diesem Falle das aus der früheren Exeku
tion erlangte Vorrecht aufgeben, und, wenn er ohne zureichende Gründe eine andre
Wahl getroffen hat, die Kosten der zuerst gewählten Exekution tragen.') Nur darf
s) der Gläubiger aus einem und demselben Erkenntnisse gleichzeitig nicht in mehre
Vermögensftücke des Schuldners Exekution verlangen, als nach richterlichem Er
messen zu seiner Befriedigung erforderlich sind,
d) Hat der Gläubiger wegen der beizutreibenden Post ein Pfandrecht, gleichviel, ob
dasselbe vom Schuldner, oder einem Dritten eingeräumt, oder auf Antrag des
Gläubigers im Laufe der Exekution (z. B. durch Eintragung auf die Grund
stücke des Schuldners) erlangt ist; 2) so steht dem Schuldner, in so fern er als
dann noch Eigenthümer der verpfändeten Sache ist, frei, darauf anzutragen, daß
der Gläubiger zuerst aus dieser seine Befriedigung suche. Der Gläubiger muß
dann entweder seinem Pfandrechte entsagen, in welchem Falle er die Exekution
hicrnächst in jedes andre Vermögensstück des Schuldners suchen kann; oder er
muß zuerst sich an das Pfand halten. — Eine Ausnahme hiervon findet jedoch
statt, wenn auf Requisition der Kreditdirektionen die Exekution gegen säumige
Pfandbricfzinfenzahler in deren bewegliches Vermögen verfügt wird.
2) Sobald die Exekution ins Mobilia« ohne Erfolg gewesen, oder gehemmt wor
den, oder wenn es nach dem Ermessen des Richters klar ist, daß der Gläubiger au«
dem vorhandenen Mobiliar nicht werde befriedigt werden; ist der Antrag auf
Ableistung des Manifestationseides zulässig. Zu dessen Leistung kann der
Schuldner dann nötigenfalls durch Personalhaft angehalten werden. Auch Beamte
sind derselben unterworfen.
S) Die Personalexekution findet erst dann Anwendung, wenn keine Vermö
gensgegenstände zur Befriedigung des Gläubigers mehr vorhanden sind. — Nur
Wechselexekution kann mit Uebergehung aller Exekutionsgrade sofort gegen die
Person des Wechfelschuldners, und gleichzeitig auch in das Vermögen desselben voll
streckt werden. — §. 142, I. 24 A. G. O. — §. 11 u. 12 des Exek.-Ges. vom 4.
März 1S34. — Z. 46 fg. l. 2« A. L. R. — §. 3 Ges. vom 11. Mai 18Z9. —
Res. vom 1. Juni 1815. Jahrb. 5, Heft 2, S. 31. — Ref. vom 7. Juni und 27.
September 1S34; vom 8. April und 23. September 1S35. G r äff, Koch ,c. III.
S. 459 fg.
s) Verfahren des Exekutor« bei Exekutionen ins Mobiliar.
z. 428. I. Hat der Exekutionssucher das bewegliche Vermögen beö
Schuldners als Exekutionsgegenstand gewählt (was auch anzunehmen,
wenn er bei Nachsuchung der Exekution bestimmte Vermögensarten nicht bezeichnet
hat); so muß der Exekutor nach Ablauf der im Auftrage bestimmten Frist sofort
sich in die Wohnung des Schuldners begeben, und von diesem «erlangen: daß er den
Nachweis über geschehene Zahlung führe, und fall« er dies nicht kann, daß er die

1) Nimmt Jemand den zuerst gewählten Gegenstand ivterveoieo6o in Anspruch;


so hat er Grund, von der Wahl abzugehen, und er trägt dann nicht die Ko
sten der früheren Exekution.
2) Der Richter darf diesen Einwand nicht von Amtswegen dem Erekutionssucher
entgegensetzen. Sobald aber dieser ihn erhebt, muß er berücksichtigt werden. Bei
den ins Hypothekenbuch eingetragenen Forderungen wird Schuldner, wenn der
Gläubiger aus andern Gegenständen befriedigt werden will, das Hypothekendo
kument nebst löschungsfähiger Quittung vorerst verlangen können. — öf. Res.
vom 12. December 1834. Löwenberg die V. vom 4. März 1834 S. 76. —
Ges. vom 13. Oktober 1810. Mathis 10, S. 122.
«66
beizutreibende Summe dem Exekutionssucher oder dem im Austrage bezeichneten
Empfänger zahle rcsp. sende. Der Exekutor selbst darf das Geld, zum Bchufe der
Befriedigung des Extrahenten nur dann in Empfang nehmen, wenn er dazu im
Auftrage ermächtigt ist. — In diesem sowol, als in der an den Schuldner erlasse
nen Bekanntmachung muß deshalb, der vom Gläubiger im Exekutionsgesuch gemach
ten Anzeige gemäß ausdrücklich bestimmt werden: an wen die Zahlung geleistet, oder
auch auf welche Art dem Gläubiger das Geld geschickt werden solle.
Hat der Exekutionssucher Niemand zur Empfangnahme bezeichnet; so kann der
Exekutor nur zur Ansichnahme und Beförderung an den Exekutionssucher in Betreff
solcher unter Exekution stehenden Summen ermächtigt werden, hinsichtlich deren bei
dem Gericht dies verfassungsmässig, oder mit Rücksicht auf die vom Exekutor be
stellte Kaution, auf den Betrag der im Durchschnitt von ihm zu gleicher Zeit ein
zuziehenden Summen, so wie auf seine gesammte Dienstführung, und auf seinen
ausseramtlichen Lebenswandel besonders angeordnet ist. Bei grösseren Summen da
gegen muß der Extrahent vor Erlaß des Exekutionsbefehls gefragt werden: ob der
Exekutor zur Empfangnahme des Geldes befugt sein solle. Unterläßt Extrahent
diese Anzeige, so muß dem Exekutor die Annahme des Geldes untersagt, und ihm
zur Pflicht gemacht werden, daß er auf Zahlung an den Gläubiger und Führung
des Nachweises halte, im Fall aber Nachweis nicht geführt wird, pfände.
Empfängt der Exekutor in Fällen, in denen er zur Empfangnahme des Gel
des berechtigt ist, beigetriebene Gelder; so muß er dem Schuldner eine Quittung
ausstellen, und sich einen Schein über den Tag der geleisteten Zahlung, das Quan
tum und die Münzsorte, worin sie bestanden hat, ertheilen lassen; die Gelder selbst
aber mit nächster Post dem Extrahenten zuschicken, oder, wenn ihm von diesem ein
gewisser Empfänger ausdrücklich genannt, und angewiesen worden, diesem die Gel
der unverzüglich einhändigen, auch hiervon dem Gerichte Anzeige machen.
Leistet der Schuldner, der ihm gewordenen Bekanntmachung zuwider, dennoch
an den Exekutor Zahlung ; so ist dieselbe, wenn dieser die Gelder nicht richtig ablie
fert, nicht hinreichend, ihn von seiner Schuldigkeit gegen den Gläubiger zu entbin
den. Der Exekutor aber macht sich wegen seiner Pflichtwidrigkeit strafbar, ja selbst
der Kassation würdig. — Z. 62—66, I. 24 A. G. O.
II. Weiset der Schuldner dem Exekutor nicht sogleich Zahlung nach', und lei
stet auch nicht Zahlung; oder wird er zu Hause nicht angetroffen; so muß der
Exekutor ohne weiteren Verzug zur Auspfändung schreiten. Eine
Einlegung desselben Behufs Exekutionsvollstreckung findet nicht statt. Derselbe hat
aber bei Auspfändung folgendes zu beachten:
1) Er muß den Schuldner anhalten, ihm seine Effekten und Habseligkeiten vorzu
zeigen, und zu dem Ende seine Zimmer, Gewölbe, Keller und übrigen Behält
nisse, wie auch die darin befindlichen Kasten, Schränke, Spinde u. s. w. zu öff
nen. Doch muß der Exekutor dabei die gebührende Bescheidenheit gebrauchen,
daß er diese Vorzeigung und Eröffnung nicht weiter verlange, als es nach Ver
hältnis! der beizutreibenden Summe nothwendig ist.
2) Will der Schuldner diesem Verlangen des Exekutors keine Folge leisten, oder hat
er sich, um selbigen auszuweichen, entfernt, und Niemand zur Wahrnehmung
seines Interesse zurückgelassen; so muß der Exekutor eine Gerichtsperson, und
namentlich einen Subalternbeamten, oder einen zweiten Unterbeamten, wenn die
Exekution aber auf dem Lande zu vollstrecken ist, den Schulzen oder Dorfrichter,
nebst den Gerichtsgeschwornen, oder wenn dergl. Gerichtspersonen nicht zu er
langen sind, zwei andre unbescholtene Männer als Zeugen zuziehn, und in deren
Beisein die Auspfändung, nöthigenfalls mit Gewalt, vornehmen.
3) Der Exekutor darf nur so viel an Effekten auspfänden, als nach einem unge-
S67
fähren Ueberschloge zur Deckung der beizutreibenben Summe und der Exeku«
tionskoften erforderlich ist.
4) Er muß dabei sein Augenmerk hauptsächlich auf solche Effekten richten, die eines-
Heils leicht zu transportiren, und anderntheils dem Schuldner unter dm übri
gen am entbehrlichsten sind; z. B. Kaans Geld, Gold, Silber, Medaillen, Mün
zen, Edelsteine, Kleinodien, kostbare Kleider, feine Wäsche u. s. w. Sind aber
dergl. nicht, oder doch nicht in einem hinlänglichen Betrage vorhanden; so müs
sen auch andre Sachen, als Zinn, Kupfer, Hausgeräth u. f. w. angegriffen werden.
5) In Bezug auf die der Exekution gar nicht, oder unter Modifikationen unterwor
fenen Gegenstände muß der Exekutor die Bestimmungen des folgenden 8, und
6) bei Jnterventionsansprü'chen die Borschriften Z. 430 beobachten.
7) Ueber die abgepfändeten Stücke muß er auf der Stelle ein genaues Verzeichnis)
anfertigen, und es vom Schuldner oder den zugezogenen Gerichtsperfonen oder
Zeugen mit unterschreiben lassen.
8) Dann muß er auf Kosten des Schuldners dafür Sorge tragen, daß die ausge
pfändeten Effekten entweder am Orte selbst, oder wenn daselbst keine taugliche
Gelegenheit vorhanden, in der nächsten Stadt in einem sicheren Gelasse unterge
bracht werden; auch dieses Gelaß mit dem ihm anvertrauten Siegel verwahren. > )
9) Der Exekutor hat binnen 3 Tagen nach Vollstreckung der Exekution über deren Er
folg, unter Rückreichung des Mandats, und bei erfolgter Einziehung von Geldern,
unter Beilegung des nach I. empfangenen Scheins zu den Akten zu berichten.
1V) Der Exekutor hat vorstehende Vorschriften , und die ihm vom Gericht für etwa
vorkommende besondre Umstände ertheilte nähere Instruktion bei Auspfändungen
zu beachten. Dagegen darf
s) der etwa gegenwärtige Gläubiger, oder der von ihm abgeordnete Bevollmäch
tigte sich in Nichts mischen, und noch weniger den Exekutor anweisen wol
len: worauf er die Auspfändung zu richten, und wie er sie zu vollstrecken habe.
b) Auch der Schuldner darf dem Exekutor nicht vorschreiben : was für Effekten,
und wie viel er pfänden solle. Wenn jedoch mehre Sachen von gleichem
Werthe vorhanden sind, und aus einer derselben die Befriedigung des Gläu
bigers eben so gut und geschwind, als aus der andern erfolgen kann, so muß
der Exekutor auf den Antrag des Schuldners bei der Pfändung billige Rück
sicht nehmen. — Z. 67—74, I. 24 A. G. O. — Z. 8, 11 Exek. Ges. vom
4. März 1834. — Res. vom 6. Mai 18Z7. G r ä ff, K o ch ;c. III. S. 4S8. —
Res. vom 4. Oktober 1839 I. M. B. S. 331. — Circ. Res. vom 1«. Okt. 1836.
Gegenstände, welche der Auspfändung gar nicht, oder doch nur in
gewisser Weise unterworfen sind.
Z. 429. Bei Exekutionen darf nicht gepfändet werden:?)
1) das für den Schuldner, dessen Ehegatten und für die bei ihm le
benden Kinder nöthige Bettwerk; desgl. die gewöhnlichen Kleidungsstücke
1) Dies gilt auch für Berlin, und es sollen da zur Aufbewahrung der abgepfände
ten Sachen besondere Lokalien beschafft werden, wofür den Schuldnern keine
Kosten in Ansatz zu bringen sind. — Cab.-Ord. vom 8. März 1844 I. M. B.
S. 88.
2) Bei exekutivischer Einziehung von Gerichtskosten sind noch mehre Rücksichten zu
nehmen. Ausser dem Bettwerk muß dem Schuldner die nothwendige Kleidung,
und ein zum eignen Lebensbedürfnis^ unentbehrliches Stück Milchvieh gelassen;
er soll dadurch nicht ausser Nahrungsstand gesetzt, und in so weit dürfen ihm
auch die Grundstücke nicht verkauft werden. — Res. vom 1. November und 2V.
Okt. 183«, vom 27. Der. 1825. Jahrb. 4, S. 20«. Bd. 36, S. 316. Bd. 26,
668
und Leibwäsche des Gemeinschuldners, in so fern sie zum täglichen Gebrauch, und
nicht zur Pracht gehören ; so wie die von jenem seiner Frau gegebene, nach ihrem
Stande unentbehrliche Kleidung und Leibwäsche; — Cab.-Ord. vom 13. Oktbr.
1843 GS. S. 336. — Cab.-Ord. vom 13. Decbr. 1836 GS. 1837 S. 1 u.
8> 218 und 315, I. 50 A. G. O.
2) die, einem noch im Dienste oder auf Pension stehenden Zivil- oder
Militairbeamten ') jeden Ranges, zur Verwaltung seines Dienstes er
forderlichen Bücher, das unentbehrlichste Hausgeräth, anständige
Kleider und Wäsche; desgleichen für dessen Frau und unerzogene
Kinder nothdürftige Wäsche und Kleider; — Anh. Z. 156 z. A. G.
O. — Cab.-Ord. vom 8. November 1831 GS. S. 25«.
3) das Mobiliar e dienstthu ender Offiziere, ll) Unteroffiziere und Sol
daten, welches sich an dem Orte befindet, wo der Schuldner in Garnison
steht; ferner das Mobiliars der auf halben Sold stehenden Offiziere,
wenn sie sich an Orten aufhalten, welche ihnen zum Genuß von Servis und
Brod angewiesen, und die also gewissermassen als ihre Garnison zu betrach
ten sind; desgl. das Mobiliars der mit Pension zur Disposition ge
stellten Offiziere, und ist als deren Garnisonort derjenige Ort an»
zusehn, welchen dieselben ihrer vorgesetzten Militairbehörde als ihren Wohnott
bezeichnet haben; die zu einer Armee-, oder andern Militairuniform, welche
ein aufser Dienst befindlicher Offizier zu tragen befugt ist, gehöri
gen Stücke.
Befinden sich jedoch in jenem Mobiliar ausstehende Forderungen, öffentliche
Papiere, baares Geld, goldne, silberne und andre Medaillen, Juwelen und Klein
odien; so sind dieselben der gemäß Z. 422, I. Nro. 3 zu vollstreckenden Exeku
tion, unterworfen.
Die unter Nro. 2 und S bezeichneten exekutionsfreien Gegenstände sind jedoch
der Exekution unterworfen, wenn die unter Exekution stehende Summe aus un
erlaubten Handlungen entstanden ist. — Anh. Z. 155, 157 A. G. O. — Cab^
Orb. vom 8. November 1831.— Cab.-Ord. vom 4. Mai 1837 GS. S.S3.-
Cab.-Ord. vom 9. März 1839 GS. S. 93. — Res. vom 10. August 183«.
Jahrb. 52, S. 181.
4) Von dem, bei einem unter Exekution stehenden Zivil- oder Militairb sam
ten oder Offizier, gleich viel, ob er noch im Dienste befindlich oder pensie-
nirt ist, vorgefundenen baaren Velde und Viktualien muß bei Auspfän
dung so viel von der Exekution frei bleiben, als dem Betrage des gesetzlich nicht
abzugsfähigen Theils des Diensteinkommens oder der Pension für den Zeitraum
von der Exekution bis zum nächsten Termin der Gehalts- oder Pensionszahlung
gleich kommt. — Cab,-Ord. vom 11. December 1831 GS. 1832 S. 2. — Res.
vom 7. August 1837. Gräff, Koch zc. Hl. S. 465.
5) Bei Künstlern und Professionisten darf die Auspfändung nicht auf ihr
Werkzeug, und was ihnen sonst zur Fortsetzung ihrer Kunst oder ihres Hand
werks unentbehrlich nothwendig ist; und
6) bei Schuldnern, welche Landwirthschaft treiben, nicht auf das zum
Betriebe der Wirthschaft nöthige Geräthe, Vieh- und Feldinventarium
») Zivilkleider eines Kompagniechirurgus sind von Auspfändung nicht frei. — Res.
vom 19. Juli 1844 I. M. B. S. 172.
2) Bei Exekutionen gegen die Frau eines Offiziers finden wegen Vollstreckung gleiche
Maasnahmrn statt, wie gegen Offizier selbst, da ihr Mann dabei wesentlich be
theiligt ist. Ueber die Frage jedoch, was ihr durch Exekution zu pfänden sei,
muß das Gericht in jedem Falle entscheiden, wo Zweifel entstehen. — Res. »om
4. Oktober 1841 I. M. B. S. 327.
669
auch nicht auf das bis zur nächsten Ernte nöthigc Saat-, Brod-, und
Futtergetraidc erstreckt;') sondern dcrgl. Effekten (Nro. 5 u. 6) sollen, wenn
sonst kein andrer, oder doch kein zulänglicher Pfcmdungsgcgcnstand vorhanden
ist, in ein Verzeichnis; gebracht, dem Schuldner aber deren Veräusserung, bei
nachdrücklicher Lcibcsstraft, bis auf weiteren Befehl untersagt werden.
Die Gegenstände unter 6 dürfen selbst dann nicht ausgepfändet, und fortge
bracht werden, wenn der Schuldner darein willigt. Die Erekutionsbcamtcn müssen
vielmehr von Amtswcgc» darauf Rücksicht nehmen, und in dem Falle, wenn sie
in Landwirthschaften zur Auspfändung vcn solchen Wirthschaftsgcgenständen
schreiten wollen, zufördcrst von dem Ortsvorsichcr oder dem Dorfgcricht sich da
rüber Auskunft verschaffen: ob jene Gegenstände in der Wirtschaft entbehrt,
und ohne Ruin des Schuldners vcräusscrt werden können. Sic haben auch da
rüber, wie dies geschehen, in den Exckuticnöbcrichtcn Anzeige zu leisten. — §. 71
1. 24 A. G. O. — Res. vom 21. September 1S37 Jahrb. 5« S. 112. —
Res. vom 9. April 1838 Jcihrb. S1 S. 336.
7) Wenn, ausser dem Falle eines Konkurses, im Wege der Exekution das Maaren-
lagcr eines Kaufmanns oder einer Fabrik, oder die Waarcnvorräthc und Mate
rialien eines in ausgebreitetem Verkehr stehenden Handwerkers in Beschlag ge
nommen werden sollen; so müssen die auf Exekution andringenden Gläubiger je
derzeit ihre bestimmte Erklärung über die bei der Beschlagnahme zu treffenden
näheren Maasregcln abgeben, damit demgemäß, und dem Befinden der Umstände
nach, allenfalls mit Zuziehung des Schuldners und eines Wcrkverständigen, die
weitere Einleitung getroffen werden könne. — Anh. Z. 153 zu I. 71 I. 24 A. G. O.
Verfahren, wenn JnterventionSansprüche bei Auspfändungen an
gemeldet werden, und die dabei zu nehmenden Rücksichten.
8. 430. I. Meldet sich bei, oder nach der Auspfändung Jemand, welcher behaup
tet, daß die gepfändeten Sachen nicht dem Schuldner, sondern ihm zugehören; 2) so
muß der Exekutor,
1) wenn noch andre Gegenstände, in welche die Erckution vollstreckt werben kann,
vorhanden sind, diese, mit Uebcrgehung der in Anspruch genommenen, angreifen;
2) sonst aber mit der Auspfändung fortfahren. Er muß jedoch
s) den Jntervenienten wegen näherer Ausführung des behaupteten EigenthumS
an das Gericht verweisen. 2)
K) Die angesprochenen Stücke in seinem Verzeichnisse besonders bemerken;
c) und sofort von der vorgefallenen Intervention berichten.
Ein solcher Anspruch wird sodann, wenn der Exekutionssucher, dem davon
') Früchte auf dem Halm können zum Theil aus diesem Grunde, weil man noch
nicht voraussehen kann, in wie weit sie zur Wirthschaft nöthig sein, nicht ge
pfändet werden.
^) Der Exekutionsbeamte muß bei Auspfändungen hauptsächlich darauf sehen: ob
der Exequendus im Besitze der zu pfändenden Gegenstände ist. Sachen, die
nicht dieser, sondern ein Dritter im Besitz hat, können nicht gepfändet werden. —
Selbst wenn diefe im Besitze des Dritten befindlichen Sachen dem ExequenduS
gehören, kann der Exekutor sie nicht pfänden. Der Extrahent kann nur antra
gen, daß darauf Beschlag gelegt werde. — tt. Res. vom IS. September 1836.
Gräff, Koch zc. III. S. 462.
5) Andre Gläubiger, welche ein Vorzugsrecht vor dem Exekutionssucher haben, de
ren Forderung aber noch nicht unter Exekution steht, können nicht intervenircn;
sie müssen sich durch Arrestschläge zu sichern suchen. Steht ihre Forderung schon
zur Erekution; so müssen sie durch Exekution Befriedigung aus den fr. Gegen
ständen suchen, und allenfalls auf Entscheidung über ihr Vorzugsrecht antragen. —
cr. Ref. vom 19. Juli 1«39 I. M. B. S. 264.
43
670
Kenntniß zu geben, es darauf ankomme» läßt, zwischen dem Jntervenienten
einer-, und dem Gläubiger und Schuldner andrerseits, so schleunig als möglich,
im Wege des Jnterventionsvrozesses (§. 251 zu I. Hd. B.) erörtert und entschie
den. N Die Verhandlung und Entscheidung erfolgt
ss) wenn der in Anspruch genommene Gegenstand 50 Rthlr. an Werth nicht
übersteigt, im Bagatellprozeß;
Kd) sonst im Großherzogthum Posen im öffentlichen mündlichen Verfah
ren des Ges. vom 9. Februar 1817, in den übrigen Provinzen, in
denen die A. G. O. gilt, im summarischen Prozeß.
<Z) Der Verkauf solcher in Anspruch genommenen Gegenstände unterbleibt
in der Regel bis nach entschiedenem Jnterventionsprozesse. Er ist jedoch
dann vorzunehmen, wenn der Eigenthumsanspruch mit Nichts bescheinigt
worden ist. 2) In solchem Falle muß die Intervention allenfalls auf das da
für gelöste Kaufgeld gerichtet werden. — §. 75—77 l. 24 A. G. O. — K. IS
Erck. Ges. vom 4. März 1834. — Z. 2 V. vom 9. Februar 1817. - Res.
vom 21. April 1834 Jahrb 43 S. 532.
II. Werden nun ^. Sachen gepfändet, welche die Frau des Schuldners als
ihr vorbehaltenes oder eingebrachtes Vermögen in Anspruch nimmt; so muß ihr
Eigenthum
1) an dcmVorbehaltenen, d. h. dem durch Bertrag ausdrücklich dazu Bestimmten,
und dem nach seiner Beschaffenheit zum Gebrauche der Frau Gewidmete» je
derzeit, und
2) an den erweislich eingebrachten Mobilien in so weit anerkannt werden , als ibr
Mann nicht schon durch Handlungen seiner freien Verfügung den Gläubigem
ein dingliches Recht daran eingeräumt hat. Aus dem lediglich an die Person
des Mannes gebundenen Verwaltungs- und Nießbrauchsrecht allein, können des
sen Gläubiger kein Recht auf die eingebrachten Mobilien der Frau herleiten. —
z. 77, I. 24 A.- G. O. — Z. 205—214, I. 1 A. L. R. — Werordn. »°m 7.
April 1838 GS. S. 255.
L. Werden dem Jnterventionsanspruche Verträge, die zwischen dem Jnterve
nienten und dem Schuldner geschlossen sind, zu Grunde gelegt; so find bei Beur-
theilung jenes Anspruchs nachstehende Vorschriften zu berücksichtigen:
1) das im Konkurse (§. 370 Hd. B.) den Gläubigern zustehende Recht, die vom Ge
meinschuldner gemachten Schenkungen zu widerrufen, steht auch ausser dm
Konkurse jedem Gläubiger zu, wenn bei der Exekution gegen den Schuldner sich
eine Vermögensunzulänglichkeit ergibt.
2) Ausserdem ist jeder Gläubiger im Fall der Vermögensunzulänglichkeit seines
Schuldners befugt, Kauf-, Tausch -, und andre lästige Verträge anzufechten,
welche derselbe über ihm gehörige bewegliche oder unbewegliche Sachen, Gerech
tigkeiten, Niesbrauchsrechte oder ausstehende Forderungen, mit einer der folgen
den Personen:
seinem Ehegatten vor oder nach geschlossener Ehe,
i) Erlangt der Jntervenient ein «bsiegliches Urtel; so muß er bei Ausantmortung
des Gegenstandes die zur Erhaltung der Substanz nothwendig gewesenen Aus
lagen vergüten, z. B. die Futterungskosten für Vieh zc. — Res. vom 27. Sextbr.
1824. Jahrb. 25, S. 260.
») Das Res. vom 18. Januar 1833 (Gr äff, Koch zc. III. S. 463) erachtet die
Quittung des Mannes über geschehene Jllation des Eingebrachten der Frau m
dieser Hinsicht für ausreichend. — Uebrigens gehört zu einer den Verkauf hm
671
einem seiner, oder seines noch lebenden oder bereits verftorbenen Ehegat
ten Verwandten in auf- oder absteigender Linie
errichtet hat. — Es soll ihm hierbei die Vermuthung zur Seite stehen:
daß die Kontrahenten den Vertrag in der unredlichen Absicht, die Gläu
biger des Schuldners zu bevortheilcn, geschlossen haben.
Findet der Richter bei Erwägung aller vorliegenden Umstände diese Vermu
thung durch Gegenbeweis nicht entkräftet; so ist das Geschäft in Beziehung auf
den anfechtenden Gläubiger unverbindlich, und dieser ist berechtigt, den Gegen
stand der Veräusserung zu seiner Befriedigung zu verwenden.
3) Das unter Rro. 1 und 2 jedem einzelnen Gläubiger beigelegte Recht kann nur
zum Bortheil solcher Schuldforderungen ausgeübt werden, welche vor
der anzufechtenden Veräusserung entstanden sind.
4) Dasselbe Recht soll ferner nur gelten, wenn die Veräusserung in einen Zeitraum
fällt, der nicht über ein Jahr vor Erlassung dcs Exekutions- Mandats zurückgeht.
5) Kann jedoch der Gläubiger beweisen, daß der Schuldner schon zur Zeit der Ver
äusserung insolvent gewesen ist, so gilt dieses Recht auch gegen diejenigen Ver-
öusserungen, welche innerhalb der zwei nächsten Jahre vor dem unter 4 ange
gebenen Zeitraum stattgefunden haben.
6) Ist die Veräusserung an den Ehegatten des Schuldners geschehen; so gilt das
unter 5 dem Gläubiger beigelegte Recht auch ohne Beweis der damals schon
vorhandenen Insolvenz.
7) Kann der Gläubiger schon bei Anstellung der Klage oder im Laufe des Prozes
ses die Vermögensunzulänglichkeit seines Schuldners bescheinigen und eine Ver
äusserung bezeichnen, welche er diesen Vorschriften gemäß künftig zu widerrufen,
oder anzufechten gedenkt; so kann er darauf antragen, daß diese seine Absicht
dem Erwerber von Seiten des Gerichts sofort bekannt gemacht werde.
Er erlangt hierdurch das Recht, die unter 3 und 6 bestimmten Zeiträume
nicht erst vom Tage des Exekutionsmandats, sondern schon von Insinuation der
Bekanntmachung an zurückzurechnen.
8) Behauptet der Erwerber die Rechtsbeständigkeit der Veräusserung durch Beru
fung auf den Zeitpunkt derselben in Gemäßheit Nro. 3—6; so muß er diesen
Zeitpunkt beweisen. Zu diesem Beweise sind blosse Privaturkunden nicht hinreichend.
9) Gegen einen dritten Besitzer, auf welchen der Geschenknehmer oder der Mitkon
trahent des Schuldner« die Sache schon weiter übertragen hat, ist der Gläubi
ger die in Beziehung auf jene Person ihm zustehenden Befugnisse nur dann aus
zuüben berechtigt, wenn der Dritte zur Zeit seiner Erwerbung davon KennK
niß gehabt hat, daß der Schuldner unter den, nach dm Bestimmungen unter L,
als verdächtig bezeichneten Umständen sich der Sache entäussert habe.
Gegen die Erben des Geschenknehmers oder des Mitkontrahenten des Schuld
ners findet der Anspruch ohne diese Beschränkung ftaft.
10) Der Gläubiger verliert seine Befugnisse auö diesen Vorschriften, wenn er von
denselben nicht innerhalb des Zeitraums, in welchen ihm die Exekution gegen
den Schuldner überhaupt zusteht, e« sei im Wege der Einwendung gegen einen
Jnterventionseinspruch, oder im Wege einer förmlichen Klage gegen den Besitzer
der Sache, Gebrauch gemacht hat.
N)Eine VermögensunzulSnglichkeit des Schuldners (1 und 2) ist in jedem der drei
folgenden Fälle anzunehmen:
s) wenn bei der Auspfändung keine Exekutionsgegenstände vorgefunden worden,
der Schuldner auch auf Befragen solche Gegenstände nicht sofort nachweift,
und der Gläubiger den Manifestation««;!) fordert, dieser mag geleistet oder
verweigert werden;
48*
672
b) wenn schon früher eine Exekution gegen die Person oder in das Vermögen
des Schuldners fruchtlos gewesen; >
c) wenn der Schuldner in einem zum Ausweis über die Lage seines Vermögens
anberaumten Termine, zu welchem er unter Androhung der Annahme seiner
Insolvenz vorgeladen worden, ungehorsam ausbleibt.
12) Werden bei der vom Gläubiger ausgebrachten Exekution Gegenstände einer sol
chen entweder vorgefunden, oder vom Schuldner nachgewiesen, so muß der Gläu
biger, bevor eine Vcrmögensunzulänglichkeit angenommen werden kann:
s) wenn Effekten abgepfändet sind, deren öffentlichen Verkauf bewirken;
b) wenn liquide, sichere und innerhalb dreier Monate fällige Aktivforderungen
in Beschlag genommen worden sind, den Zahlungstermin abwarten;
c) wenn der Schuldner Grundstücke bcsitzr, deren Sequestration nachsuchen, es
müßte denn klar erhellen, daß seine Befriedigung aus den Einkünften in den
nächsten drei Monaten nicht zu erlangen sei;
6) wenn die Schuld eine Realschuld ist, den gerichtlichen Verkauf des Unterpfan
des und die Bertheilung des Kausgeldcs abwarten, in so fern nicht der Aus
fall der Forderung klar zu übersehen ist.
13) Durch eine später folgende Konkurseröffnung über das Vermögen des Schuld
ners gehen für die Gläubiger öie nach Nro. 1—12 bereits erworbenen Rechte
nicht verloren.
14) Sämmtliche aus vorstehenden Bestimmungen zu 1—12 hervorgehenden Prozesse
sind gemäß I. Nro. 2 c, in einer der dort erwähnten Prozeßformen zu verhan
deln und zu entscheiden. — Ges. vom 26. April 1335 GS. S. 53.
Verkauf der gepfändeten Gegenstände, und ins Besondre auch
gepfändeten Getraides.
S. 431. Bald nach der Auspfändung müssen die gepfändeten Gegenstände zum
Verkauf durch Meistgebot gestellt werden,») in so fern nicht etwa Jnterveii-
tionsansprüche gemacht, und, wenn auch nur einigermassen, bescheint sind. Diesen
Verkauf hat
I. Der Exekutor selbst bald nach Auspfändung, ohne vorherige Anfrage beim
Gericht, in dem Falle vorzunehmen, wenn die beizutreibende Summe fünf
zig Rthlr. nicht übersteigt. Einer besondern Abschätzung bedarf es in solchem
Falle nicht. Der Exekutor legt vielmehr dem Verkauf den von ihm bei Pfändung
selbst gemachten ohngefähren Werthsüberschlag zum Grunde. Beim Verkauf muß
er folgendes beobachten:
1) Er muß den anstehenden Verkauf sowol am Orte selbst, als so viel die Zeit eö
" gestattet, in der Nachbarschaft auf die in jeder Provinz und Gegend übliche Art,
doch so, daß zugleich die Kosten möglichst gespart werden, öffentlich bekanntmachen;
2) bei der Auktion eine vereidete Gerichtsperson, oder auf dem Lande Schulzen und
Gerichtsgeschworne mit zuziehn.
3) Im Verkaufstermine selbst muß die Auktion nach der Folgeordnung de« aufge
nommenen Verzeichnisses vor sich gehen, die darin verzeichneten Stücke müsse»
nach und nach ausgerufen und öffentlich vorgezeigt werden. Kommt es dabei
auf Gewicht, Ellen- oder andres Maas an; so ist der Betrag desselben jedes
Mal zugleich bekannt zu machen. Die Gebote und Uebergebote der Kauflustige»
werden hierauf vernommen, und, wenn Niemand weiter bieten will, wird das
ausgebotene Stück dem Meistbietenden zugeschlagen. ?) - .
> ) Die sogenannten Haasenschleifen dürfen nicht öffentlich verkauft werden, da durch
dieselben unerlaubte Handlungen gefördert werden könnten. — Res. vom 20.
April 1839 I. M. B. S. 147. Gleiches gilt von verbotenen Büchern.
2) Haben zwei Bieter ein gleiches letztes Gebot abgegeben, so muß der Auktion»!«
«73
Gold und Silber darf jedoch nicht unter der nach dem Gewichte bestimmten
Taxe verkauft werden, da, wenn nicht so viel geboten wird, es zur Münze ge
gen Zahlung der bei dieser angenommenen Sätze geliefert wird.
4) Der Exekutor muß über den Verkauf ein Protokoll abhalten, und in diesem bei
jedem Stück die Summe, für welche es zugeschlagen wird, und den Namen des
Erstehenden genau und richtig bemerken.
5) Sowol dem Schuldner als dem Exekutionssucher steht frei, bei der Auktion zu
gegen zu sein. Bemerkt dcr Schuldner in deren Verlauf, daß aus den verkauf
ten Sachen bereits das zur Tilgung der beizutreibenden Summe, mit Inbegriff
der Kosten der Exekution und Auktion Nöthige, gelöst ist; so kann er solches
dem Erckutor anzeigen, und dieser muß, wenn er die Angabe nach gemachtem
Ueberschlage richtig findet, mit dem ferneren Verkaufe sogleich abbrechen.
6) Der Erekutor darf auf die zu verkaufenden Stücke weder selbst, noch durch An
dre mitbieten. Er muß überhaupt bei dem Ausbieten und dem Zuschlage mit
Unparteilichkeit verfahren, auch den letztern zu Gunsten eines oder des andern
Bietenden nicht übereilen.
7) Ohne Einwilligung de« Extrcchenten der Exekution, oder ohne ausdrückliche Er
laubnis) des Gerichts, dürfen die verkauften Sachen nicht anders, als gegen baare
Bezahlung verabfolgt werden. Sind es Brennereigeräthe und Braupfannen, so
darf die Uebergabe erst dann erfolgen, wenn der Käufer die Bescheinigung über
die beim Steueramte des Orts geschehene Anzeige zu den Akten einreicht. Holt
der Meistbietende bis zum völligen Abschluß der Auktion andre, als die zuletzt
erwähnten, von ihm erstandenen Stücke gegen baare Zahlung nicht ab; so müssen
selbige auf seine Gefahr und Kosten nochmals ausgeboten, und der dabei sich er
gebende Ausfall vom ersten Meistbietenden durch Exekution bcigetrieben werden.')
8) Nach beendigter Auktion zieht der Exekutor von dem gclöseten Gelde zuforderst
die Auspfändungs- und Exckutionskostcn, so wie die baaren Auslage» ab, be
richtigt sodann die Summe, welche bcigetrieben werden soll, durch Zahlung oder
unverzügliche Sendung an den im Mandat genannten Empfänger, und zahlt den
etwanigen Ueberrest dem Schuldner gegen Quittung. Die Kosten führt er zur
Kasse ab, und überreicht sein Protokoll, die Berechnung dcr Gelder nebst Quit
tungen oder Postscheinen und dcrgl. Belögen, dem ihm vorgesetzten Gericht.
II. Uebersteigen die beizutreibendc Summe, und also auch die ab-
gepfcindeten Effekten den Werth von 5« Thlr,; so überträgt das Gericht, auf
den sofort nach Auspfändung, unter Beifügung des Verzeichnisses der Pfandstücke,
zu erstattenden Bericht des Exekutors , den Verkauf dem ein für alle Mal ernann
ten, oder einem besonders zu ernennenden Kommissarius; «ernimmt auch, in so fern
es nöthig erscheint, die Interessenten rcsp, deren Bevollmächtigte über die dabei zu
beobachtenden Modalitäten mit ihrem Gutachten, und gibt dem Kommissarius dem
gemäß und nach den übrigen zu erwägenden Umständen, wegen des Orts und der
Zeit des Verkaufs, Anweisung. Die Extrahcnten können auch, wenn die Auktion
nicht einem öffentlich, unter bestellter Kaution, verpflichteten Kommissarius übertra
gen wird. Jemand ernennen, an welchen jener die tägliche Einnahme abliefern muß.
Behufs Vollziehung des erhaltenen Auftrags muß dcr Kommissarius
l) die ausgepfändeten Gegenstände durch Sachverständige schätzen las
sen; und
den einen der Bieter zum höhere» Gebot zu vermögen suchen. Ist dies nicht
, zu erlangen, so entscheidet der Ausspruch des Auktionators darüber, wen, zuzu
schlagen. — Z. 7 Regl. vom 12. April 1756.
') Dagegen muß ihm auch, wenn mehr gelöst wird, der Uebcrschuß gegeben werden,
da er durch den Zuschlag Eigenthümer war.
674
2) zu gleicher Zeit dm Verkauf zur Kenntniß des Publikums bringen, und
zwar s) durch ein- und nach Umständen auch mehrmalige Einrückung in die
Zeitungen, oder Intelligenz - «der Amtsblätter, und b) durch andre der Lokalität,
der Art der zu verauktionirenden Gegenstände, und sonst angemessene Bekannt
machungsmittel, wie z. B. durch Aushänge, öffentlichen Ausruf am Orte, in
den nahe gelegenen Städten, in der Synagoge, Bertheilung gedruckter Nachrich
ten oder Verzeichnisse u. s. w.
3) Bei der Auktion, bei welcher der Kommissarius einen bekannten und ehrlichen
Mann als Ausrufer zuziehen kann, beim Zuschlage und sonst, kommen auch hier
die Vorschriften unter I. Nr«. S bis 8 zur Anwendung. — §. 78—92, I. 24 u.
S. 232, I. 5« A. G. O. — Regl. v. 12. April 17SS Ed. S. 1756 Nr«. 4S S.
57 fg. — Res. vom 1«. Juni 1843 I. M. B. S. 158. — Res. vom 22. März
1333. Jahrb. 41, S. 277. — Res. vom 13. Februar 1836. Gräff, Koch
zc. III. S. 470.
III. Wird 1. Getrai.de abgepfändet, so muß der Exekutor dafür sorgen, daß
es durch des Schuldners Gespann oder sonst auf dessen Kosten nach der nächsten
Stadt, wo ein ordentlicher Getraidemarkt ist, geführt, und daselbst verkauft werde.
Wegen Auszahlung der Gelder muß er sich nach der Bestimmung zu I achten; und
übrigens seinem über den Erfolg der Exekution zu erstattenden Berichte auch einen
vom Magistrate des Orts zu bescheinigenden Marktzettel beilegen.
2. Wird ungedroschenes Getraide bei Auspfändung vorgefunden; so muß
der Exekutor die Scheuern, in denen es befindlich, versiegeln, den Schlüssel einem,
allenfalls aus den Dorfgerichten zu bestellenden und besonders zu verpflichtende» Auf
seher übergeben, unter dessen Aufsicht das Dreschen besorgen lassen, und sodann den
Verkauf nach Vorschrift Nro. 1 veranstalten. — Z. 93, 94, I. 24 A. G. O.
Verfahren, wenn Kunst- und HandwerksgerSthschaften, oder Wirth-
fchaftsinventarien ausgepfändet sind.
Z. 432. I. Wird Künstlern und Profesfionisten') beim Mangel andrer Gegen
stände ihr Werkzeug gepfändet; so darf in den Fällen, wenn sie schon bei Ein
gehung der zur Exekution stehenden Schuld dem Stande der Künst
ler und Professionisten angehörten, auch zur Zeit der Vollstreckung
der Exekution dasselbe oder ein andres Gewerbe solcher Art selbst-
ständig betreiben, der Berkauf des zum Betriebe ihrer Kunst oder ihres Hand
werks unumgänglich nöthigen Werkzeugs nicht sogleich erfolgen. Vielmehr
muß der Exekutionsrichter mit der Polizeibehörde des Orts Rücksprache halten:
ob und was für Modalitäten zur Erhaltung des Schuldners in seinem
Nahrungsstande, und zugleich zur Befriedigung des Gläubigers nach Be
schaffenheit der Umstände Statt finden können.
Es muß alsdann erwogen werden: ob etwa dem Schuldner aus einer öffentlichen
Kasse, von dem Mittel oder Gewerke, zu welchem er gehört, oder vom Inhaber der
Fabrik, bei welcher er in Arbeit steht, zu einem Vorschusse zu helfen sei, aus wel-
") Schiffer, Fuhrleute, Fabrikanten, Schauspieler und Schwimmmeister habe» auf
diese Vergünstigungen keinen Anspruch. Ueberhaupt dürfen die Ausdrücke „Künst
ler und Profesfionisten" hier nicht ausdehnend ausgelegt werden; so daß unter
dem letzteren Ausdrucke nicht alle Gewerbtreibende zu verstehen. Namentlich ge
hören auch Kaufleute nicht darunter. Dagegen sind selbst Handwerker, welche
bei fremden Meistern arbeiten, und z. B. auch Barbiere darunter begriffen. ^
Res. vom 23. Juli 1801. Rabe 6, S. 564. — Res. vom 15. April 1S2S;
2«. November 183«; 19. November 1332; 3. März 1836; 7. Januar 1SS8.
Gräff, Koch zc. III. S. 474 fg. — Res. vom 2«. Februar 1832. Jahrb. SS,
S. 163 z vom 21. Mai 1SZ5. Jahrb. 45, S. 439.
675
chem der andringende Gläubiger befriedigt, und der von ihm durch Abzöge von sei«
nem Verdienste nach und nach wieder erstattet werden könnte. — Laßt sich die Sache
in dieser Art nicht reguliren; so muß durch Werkverständige beurtheilt werden:
wie viel der Schuldner nach den vorwaltenden speziellen Umständen die
Woche verdienen könne; wie viel er zum norhdürftigen täglichen Unter
halte für sich und die Seinigen gebrauche; und wie viel er also wöchent
lich von seinem Verdienste auf die unter Exekution stehende Schuld abzu
zahlen im Stande sei.
Hiernach müssen die Zahlungstermine regulirt werden. Sind jedoch die Terminal
zahlungen so gering, daß der Gläubiger binnen drei Jahren durch dieselben nicht
»ollständig befriedigt werden kann; so ist er nicht verpflichtet, sich dieselben gefallen
zu lassen. Andernfalls muß er dieselben annehmen. >)
Der Schuldner macht sich der regulirten Terminalzahlungen »er,
luftig, wenn er
1) sich unterfängt, das ihm zur Fortsetzung seine« Gewerbes gelassene Werkzeug zu
veräussern, oder
2) wenn er die ihn^ gesetzten Zahlungstermine nicht inne hält.
Trögt nun der Gläubiger au« einem dieser beiden Gründe, oder
S) unter Anführung dessen, daß die bei der Verfügung zum Grunde liegenden That-
sachen unrichtig befunden worden,
darauf an, daß Schuldner der Nachsicht verlustig erachtet werde; so findet das bei
Indulten nach §. 356, III. vorgeschriebene Verfahren Anwendung.
Wird der vom Gläubiger angeführte Grund für richtig bkfundm; so erfolgt
auf dessen Antrag ohne ferneren Anstand der Werkauf des Werkzeugs des Schuld
ners. — §. »5, 96 Anh. Z. 159, I. 24 A. G. O. — K. 14 Exck.-G. vom 4. März 1834.
II. Sind beim Mangel andrer Gegenstände bei einem Landwirth vom Exeku
tor die zum Betriebe der Wirthschaft gehörigen Gerüthe, das Vieh-
und Feldinventarium, oder Brod-, Saamen-, oder Futtergetraide auf
gezeichnet worden; so unterbleibt deren Verlaus ebenfalls. Dem Exekutionssucher
wird jedoch vom Inhalt des Verzeichnisses Kenntniß gegeben.
Behauptet dieser, daß unter dem Vorhandenen Verschiedenes begriffen sei, wai
ohne wirklichen Nachtheil des Wirthschaftsbetriebes füglich veräussert, und zu seiner
Befriedigung angewendet werden könne; so muß das Gericht durch eine Kommission
unter Zuziehung eines Ockonomieverftändigen die Entbehrlichkeit, oder Unentbehrlich-
keit feststellen lassen. Findet sich, daß ein oder das andre von dem Geräthe, In
ventar oder Getraidc ohne Ruin der Wirthschaft wirklich entbehrt und veräussert
werden könne; so wird dessen Verkauf angeordnet. Im entgegengesetzten Falle wird
der Gläubiger mit seinem Verlangen zurückgewiesen. 2) — Die Kosten einer solchen
Untersuchung muß der Gläubiger, als Extrahent, gleich den übrigen Erekutionsko-
ften, allenfalls «orschiessen. Doch kann er dieselben nebst der Forderung anderweit
vom Schuldner beitrciben lassen. — Z. 97—100, I. 24 A. G. O.

1) Besitzt der Gläubiger ein Grundstück; so finden in Bezug darauf die Exekutions
modalitäten nicht Anwendung. Auch gegen den Vermiether, welcher Werkzeug
seines Miethers wegen Forderungen aus dem Miethsverhältniß zurückbehält, kann
sich Schuldner nicht auf diese Vergünstigungen berufen. Das Gericht muß nur
dahin sehen, daß nicht übermässig viel Werkzeug zurückbehalten werde. — Res.
vom 2«. August 1806. Rabe 8, S. 66«. — Res. vom 3«. April 1819 und
vom 19. Mai 1831. Jahrb. 13, S. 256. Bd. 37, S. 343.
l) Die Sache wird durch blosse Verfügung entschieden. Ein Prozeß findet darüber
nicht statt.
676
K) Verfahren bei Beschlagnahme von ausstehenden Forderungen,
-,„ . und Kours habender Schuldpapiere.
§. 433. Statt des Mobiliars kann der Gläubiger auch ausstehende For
derungen des Schuldners') als Exekutionsgcgenstand wählen. — Wenn der Exe-
Zutionssucher zwar überhaupt weiß, oder auch nur mit einiger Wahrscheinlichkeit
zzermuthet, daß sein Schuldner Aktivforderungen habe; ihm aber der Betrag dersel
ben, und wo sie ausstehen, nicht eigentlich bekannt ist; so kann er den Schuldner
nöthigenfalls zur eidlichen Angabe dessen anhalten lassen. 2) — Auch muß beim
Vorhandensein eines Instruments über die Forderung in allen Fällen, in denen der
Gläubiger daraus Befriedigung sucht, der Exequendus allenfalls durch
Zwangsmittel zur Herausgabe und gerichtlichen Niederlegung die
ses Instruments angehalten werden.
Die Anträge des Exckutionssuchcrs Behufs seiner Befriedigung aus den aus
stehenden Forderungen des Schuldners können in Rückficht auf die Rechte, die er
darauf erwerben will, verschieden sein. Sie müssen jedoch bestimmt sich darüber
aussprechen, damit dem Richter kein Zweifel bleibt, in welcher Art die Exekutions-
Verfügung, dem Nachstehenden gemäß, zu erlassen sei. Der Erekutionssucher kann
I. antragen, daß dem Schuldner des Exequenden die Zahlung an diesen unter
sagt, und die Zahlung an jenen, so weit es zu seiner Befriedigung nöthig, oder zum
gerichtlichen Dcpositorio, aufgegeben werde. Auf einen solchen an sich gerechtfertig
ten Antrag wird
1) an den Schuldner des Exequenden demgemäß ein Befehl erlassen, mit der
Warnung, daß fernere an den Exequenden zu leistende Zahlungen in Bezug
auf den Exekutionssucher als nicht geschehen angesehn werden würden, und mit
der Weisung, daß er die vor Behändigung des Befehls etwa schon geleisteten
Zahlungen durch Quittungen nachzuweisen habe. Doch kann er zur Führung
dieses Nachweises nicht gezwungen werden.
2) Exequendus erhält von dieser Verfügung Nachricht mit dem Befehle, sich jeder
Verfügung über die in Beschlag genommenen Kapitalien bei Vermeidung der
Strafe des Betrugs zu enthalten. — §. 101, 102, I. 24. §. 29 Nro. 8, I. V
A. G. O. — Res. vom 14. April 1832. Jahrb. 39, S. 393. — Res. vom 23.
August 1837. Gr äff, Koch zc. III. S. 49«. — Res. vom 14. April IS«
I. M. B. S. 98«
II. Der Exekutionssucher kann ferner Forderungen seines Schuldners mit dm
Wirkungen einer Assignation sich anweisen lassen.«) Dazu sind
1) alle und jede Aktivforderungen des zu Exequirenden geeignet, welche eine
bestimmte Geldsumme,^) sei es in Kapital oder in Renten zum Ge-
1 ) Es versteht sich von selbst, daß Schuldner zur Zeit der Beschlagnahme noch E>-
genthümer der Forderung sein muß. Legitimirt sich ein Dritter als deren In
haber; fo muß Extrahcnt den Nachweis führen, daß sie dem Schuldner gehöre,
wenn er dennoch sich daran halten will. — Ls. Res. vom 23. März 1827. Gräff,
Koch :c. III. S. 479.
2) Der Schuldner des Exequendus kann zur eidlichen Angabe dessen nicht gezwun
gen werden. — Ref. vom 31. Januar 1340 I. M. B. S. 65.
s) Diese durch die Anweisung erworbenen Rechte können auch zedirt werden. ^-
Erk. des Geh. Ob.-Trib. vom 18. März 1839 Enlsch. Bd. 4, S. 225.
a) Privatgesellschaftsaktien sind als solche Aktiva nicht anzusehn, da sie
eine bestimmte Geldsumme nicht zum Gegenstände haben, vielmehr als Sozic-
tätsvertrcige zu erachten sind. — Res. vom 2«. December 1833. Gräff, Koch :c,
III. S. 479.— Baare im Depofitorio befindliche Gelder des Schuld
ners können ebenfalls nicht als Forderung, sondern sie müssen als bewegliches
Vermögen angesehn und auf Requisition des Prozcßrichtcrs an den Gläubiger
gezahlt werden. Etwas Andres ist es, wenn der Schuldner nur eine Anforde-
«77
geiistande haben, aus welchem Titel, z. B. Vermächtnissen, Kaufkontrakten u.
s. w. sie auch entspringen mögen.
2) Die Anweisung geschieht durch eine auszufertigende Verfügung
des Gerichts, durch welche Exekutionssucher ermächtigt wird, die fr. Forderung
selbst einzuklagen, und bis zum Betrage seiner rechtskräftigen Forderung einzu-
ziehn. — Gleichzeitig müssen aber die unter I. Nro. 1 u. 2 vorgeschriebenen Ver
fügungen an den Exequendus und an den angewiesenen Schuldner erlassen werden.
3) Durch diese Anweisung erlangt der Exekutionssucher an der in Beschlag genom
menen Forderung die Rechte eines Assignatars, und zugleich das den
Jmmittirten in der Konkursordnung bestimmte Vorzugsrecht der fünften
Klasse (§. 396, Nro. 16). — Ist daher die angewiesene Forderung im Hypo
thekenbuche eingetragen; so muß der Exekutionsrichter auf Antrag deö Exeku
tionssuchers den Hypothekenrichter ersuchen, die erfolgte Beschlagnahme im Hy
pothekenbuche bei der Post zu vermerken.
4) Jedoch ist der Exekutionssucher allemal verpflichtet, zu dem gegen den Schuldner
zu führenden Prozesse den zu Ercquirendcn vorladen zu lassen.
5) Dieser kann mit seinem Schuldner einseitig und ohne Zustimmung des Exekutions
suchers keinen Vergleich abschlössen, welcher zum Nachtheil des Letzteren gereicht.
III. Will der Erekutionssucher Forderungen seines Schuldners von der zu II.
Nro. 1 bezeichneten Art zum Nennwerth in Zahlung annehmen; so soll ihm
1) dieselbe durch eine, die Stelle einer Zession vertretende, Verfügung
des Gerichts übereignet werden.') — Der Exequendus und der über
wiesene Schuldner werden hiervon ebenfalls benachrichtigt.
2) Uebersteigt diese zu übereignende Aktivforderung die beizutreibende Summe; so ge
schieht die Ueberweisung bis zum Betrage der Letztern, jedoch mit dem Vor
zugsrecht vor dem Ueberreft der Forderung, welcher dem zu Exequirendcn
bleibt. Beides ist in der übereignenden Verfügung, wovon in diesem Falle auch
der zu Exequirendc eine Ausfertigung erhält, deutlich und genau auszudrücken.
Z) Da der Erekutionssucher aus dem bereitesten Vermögen des Ercquendcn seine
Befriedigung verlangen kann; so hat er die Wahl, ob er die rückständigen Zin
sen der in Sahlungsstatt zu übereignenden Forderung nur theilweise oder gar
nicht übernehmen will, welchcnfalls solche in der übereignenden Verfügung dem
zu Erequirenden vorzubehalten sind.
4) Ist von der zu übereignenden Forderung ein schriftliches Dokument vor
handen, so wird die Zessionsverfügung (Nro. 1) darauf vermerkt, und im Falle
Nro. 2 überdcm ein Duplikat des Dokuments gefertigt, welches mit der Zessions
verfügung gleichfalls versehen wird.
5) Die Uebereignung von Geldrenten?) geschieht zu dem Satze, wofür der
rung an das Depositum hat, dieses also nicht sein Eigenthum ist, oder wenn
das Depositum in Aktivforderungen besteht. In diesen Fällen ist Anweisung oder
Ueberweisung statthaft. — Res. vom 15. Juli 1843 I. M. B. S. 202. — Al
tentheils - und Wohnungsrechte sind nicht Gegenstand der Ueberweisung. Von
jenen können nur die einzelnen terminlichen Leistungen mit Beschlag belegt, und
verkauft werden. Das Wohnungsrecht aber kann im Wege der Exekution ver-
miethet werden, in so fern dies an sich ausführbar oder nach dem dasselbe be
gründenden Vertrage zulässig ist. — Res. vom I. Septvr. 1835; 18. April 1837;
18. März 1834. Gräff, Koch zc. III. S. 485 fg.
i) Dcch kann die Ueberweisung eines Erbschaftskapitals im Wege der Exekution
vor der Erbtheilung nicht erfolgen, im Falle mehre Erben zur Erbschaft gehö
ren. — Res. vom 8. Mai 1835 u. 29. August 1836 das. S. 48« fg. Eben so
können nicht Erbantheilc an einer noch ungeteilten Erbschaft im Wege der Erc-
kution überwiesen werden. — Rcs. vom 13. Mai 1838. Jahrb. 51, S. 364.
») Eine Veräusserung der Renten im Wege der Exekution ist nicht zulässig. Sind
678
Rentpflichtige solche abzulösen gesetzlich oder vertragsmässtg befugt ist. In Er«
mangelung einer solchen Bestimmung werden sie mit 5 Prozent zu Kapital an
geschlagen. Es findet jedoch diese Übereignung nur bei solchen Renten statt, de
ren Absonderung von dem berechtigten Hauptgute keine gesetzlichen Hindernisse im
Wege stehen.
6) Die Kosten der Uebereignung mit Einschluß der Kosten der Eintragung
derselben in das Hypothekenbuch, sofern die Forderung darin eingetragen ist, fal
len dem zu Exequirenden zur Last.
7) Durch die Ueberweisung wird der Erekutionssucher auf Höhe der überwie
senen Summe befriedigt. Er kann daher ferner unter Rückreichung des
Uebermeisungsdekrets kein andres Exekutionsobjekt wählen. — Ein bloß zum Pro
zeß Bevollmächtigter des Erekutionssuchers muß deshalb zum Antrage, auf Ueber
eignung einer Forderung im Wege der Exekution, Spezialvollmacht beibringen. —
§. 1—11 d. Ges. vom 4. Juli 1S22 GS. S. 178. — Res. vom 14. April 1832.
Jahrb. 39, S. 393. — Res. vom 9. Oktober 183S. GrSff, Koch ,c. III.
S. 153. — Res. vom 14. April l843.
IV. Sind Schuldpapiere,') welche auf Börsen einen marktgän
gigen Kurs haben, in Beschlag genommen; so kann
1) der Exekutionssucher solche zu dem Börsenkurs, wofür sie verkäuflich find, in
Zahlung annehmen.
2) Es bedarf in diesem Falle, sofern die Papiere auf jeden Inhaber lauten, keiner
Zesfionsverfügung, sondern nur einer Aushändigung der Papiere an den Ereku
tionssucher zum gerichtlichen Protokoll, und einer Quittirung desselben über die
ihm dadurch gewordene Zahlung.
3) Da hier keine theilweise Ueberweisung (III. Nro. 2) statt findet, so muß der
Exekutionssucher allemal, wenn der Kurswerth der Papiere dessen rechtskräftige
Forderung übersteigt, den Ueberschuß bei der Aushändigung der Papiere in glei
chen Papieren nach dem Kurswerthe oder baar, entweder an den zu Exequiren
den zahlen, «der den Umstanden nach bei dem Gerichte niederlegen.
4) Der Kurswerth wird bei denjenigen Papieren, welche auf inländischen Börse»
Kurs haben, durch ein Attest eines vereideten Mäklers bestimmt, welches von
dem Gericht auf das Anerbieten des Exekutionssuchers , die Papiere in Zahlung
annehmen zu wollen, eingeholt wird, und den am Sage der Ausstellung des At
testes gewesenen Geldkurs in Buchstaben und Zahlen angeben muß.
5) Bei inländischen Staatspapieren, ingleichen bei ausländischen Pa
pieren, welche inländischen Börsenkurs haben, wird dabei der Berli
ner Börsenkurs zum Maasstabe genommen; bei inländischen Prvvin-
zial-2) oder Kommunalpapieren aber der Kurs von der Börse >er Pro
vinz, in welcher sie entstanden sind.
es ablösliche Geldrenten, so muß Ueberweisung oder Anweisung erfolgen; find eS
nicht ablösliche Geld- oder Naturalrenten oder Dienste; so können nur die ein
zelnen Raten Gegenstand der Exekution sein, oder ihre Veräusserüng erfolgt mit
dem berechtigten Gute zugleich. — Ls. die Res. vom 28. Juni 1830, 19. u. 26.
September 1831. Jahrb. 35, S. 273; Bd. 38, S. 105, 108. — Res. vom
14. Juni u. 27. Oktbr. 1334 u. 24. November 18Z5. Gräff, Koch tt. III.
5. 482 fg.
Schuldpapiere, denen der marktgängige Kurs durch ein Verbot des Werkaufs
entzogen ist, wie z. B, die spanischen Vales-Obligationen , sind nicht nach diesen,
sondern nach den Borschriften unter II. u. III. zu beurtheilen. — <?f. Ref. vom
6. Juli 1839 I. M. B. S. 26«.
2) Beim Verkauft von Verbriefungen über provinzielle Staatsschulden, die aufnam-
haste Gläubiger ausgestellt sind, ist der Königl. Hauptverwaltung der Staats
schulden Nachricht zu geben. — Res. vom 12. April 1824. Jahrb. 22, S.SA.
»7S
Befinden sich Mehre Börsen in der Provinz, so hängt ei vom Ermessen de«
Gerichts ab, nach welcher von diesen Börsen der Kurswerth der inländischen
Provinzial- und Kommunalpapiere bestimmt werdm soll; und eben so bestimmt
das Gericht, welche inländische Börse dazu zu nehmen, im Fall sich In der be
treffenden Provinz keine Börse befindet. Der Regel nach ist jedoch dazu die
Berliner Börse zu wählen, wenn bei derselben dergl. Papiere Kurs haben.
6) Haben die in Beschlag genommenen Papiere (IV.) aber bloS auf ausländi
schen Börsen einen Kurs; so erfordert das Gericht entweder von der
Hauptbank oder der Seehandlung Auskunft, bei welcher ausländischen Börse der
neueste Kur« dieser Papiere am Bortheilhafteften sei; und darnach wird bei der
Uebereignung derselbe» an den Exekutionssuchcr ihr KurSwerth bestimmt.
7j Will hingegen der ErekutionSsucher die in Beschlag genommenen Papiere <IV.)
nach dem KurSwerth nicht selbst übernehmen, sondern trägt auf deren Veräus-
serung an; so geschieht diese durch einen vereideten Mäkler, ganz auf gleiche
Weise, wie Papiere dieser Art an der Börse verhandelt werden. >) Bei welcher
Börse dann der Verkauf zu bewirken sei, ist gleichfalls nach Nro. 5 u. 6 zu
bestimmen.
8) Bei den Nro. 6 gedachten Papieren ertheilt das erequirende Gericht einem Mäk
ler entweder unmittelbar, oder durch Ersuchen des Gerichts am Orte der Börse
den Auftrag zum Verkauf. Der Mäkler muß am nächsten Börsentage nach Em
pfang der Papiere solche versilbern, und den erhaltenen Werth unter Beifügung
des Kurszettel« berechnen.
9) Bei den Nro. 6 gedachtet, Papieren aber ersucht da» Gericht entweder die Haupt
bank oder die Seehandlung, selbige nach dem neuesten vortheilhastesten Kurse an
der ausländischen Börse auf die daselbst übliche Weise verkaufen zu lassen, und
es wird die Berechnung des herausgekommenen WertheS mit dem Kurszettel
belegt. — Z. 12—2« Ges. vom 4. Juli 1822.
c) Beschlagnahme der Besoldungen, Dicnstemolumente, Wartegel,
der, Pensionen, und andrer dergl. an die Person des Schuldners
gebundenen Einkünfte.«)
§, 434. I. Die Beschlagnahme der Besoldungen, 5) Dicnstemolumente, Warte
gelder,«) Pensionen und andrer dergl. an die Person des Schuldners gebundenen
Einkünfte der mittelbaren und unmittelbaren Staatsbeamten und Offiziere, so wie
auch der Fideikommiß- oder Lehnsnutzungen, kann ebenfalls sofort, und ehe andre Exe-
kutionsmittel angewendet sind, gewählt werden. Jedoch sind
^. der Beschlagnahme in der Regel gar nicht unterworfen
1) der Sold der Unteroffiziere und gemeinen Soldaten, so wie auch
der Gensdarmenz
2) die Servis-, die Tafelgelder, andre nicht zum Gehalt gehörende Zulagen,
und die Rationen sowol der im stehenden Heere dienenden, als der Land«
Wehroffiziere ;
1) Nicht marktgängige Dokumente dürfen im Wege der Erckution nicht öffentlich
verkauft werden. — Res. vom 17. September 1832. Jahrb. 4«, S. 172.
2) Auf Antrag eines Beamten muß auch ein freiwilliges Gehaltsabzugsverfahren zu
Gunsten der von ihm genannten Gläubiger eingeleitet werden. — l!s. Res. vom
2«. August 1834. Grüff, Koch zc. Nl. S. 515. — Res. vom 2. Januar 1832.
Jahrb. 39, S. 166.
») Privatbesoldungen und Löhnungen können in gleicher Weise in Beschlag genom
men werden. Nur daß der ganze Betrag derselben erekutionsfahig ist.
4) Wartegeld und Gnadengehalt sind identisch. Bei ihnen findet gleicher Abzug,
wie bei Pensionen statt. — Res. vom 9. Februar 18S9 I. M. B. S. S3.
680
Z) der ganze Gehalt der Offiziere und mobilen Militairbeamten bei eintretender
Mobilmachung der Armee und während dieser Zeitz
4) die den Hinterbliebenen eines Beamten oder PensionairS ausser dem Sterbequar
tal zugesicherten Gnadenbewilligunge»;
5) die aus der Militair- und der allgemeinen Wittwenkasse, sowie aus
der Artillerie-Pensionszuschußkasse zu zahlenden Pensionen. Rur
solche Gläubiger können diese als Exekutionsobjekt wählen, welche die Beiträge
zur Bezahlung des Pensionsrechts vorgeschossen haben;
S) die den ehemaligen Mitgliedern und Angehörigen der durch die vor
malige westphälische Regierung aufgehobenen Stifter bewilligten Pensionen
und Kompetenzen; und
7) die Pensionen und Kompetenzen der durch den Reichsdeputationsschluß
von 1803 oder auch später in neuen und alten teutschen Provinzen, für welche
der Reichsdcputationsschluß verbindliche Kraft hat, aufgehobenen Stifter,
, Abteien und Klöster. — §. 11 Exek.-Ges. vom 4. März 18Z4. — Res. vom
2. April 1824; 15. Septbr. 1826. Jahrb. 23, S. 135. Bd. 28, S. 91. Res.
vom 2. Januar 1832. GrSff, Koch ,c. III. S. 502. — Res. vom 21. Aug.
1826 u. 12. Febr. 1827. das. S. 508 fg. — Cab.-Ord. vom 22. Decbr. 1817.
GS. 1818 S. 8. — Eab.-O. vom 15. November 1819 GS. 1820 S.45. Cab-
Ord. vom 15. November 1819 u. Res. vom 23. Juli 182«. Jahrb. 14, S. 2tl.
' 16, S. 9. — z. 109 u. Anh. 8. 167, I. 24 A. G. O. — Cab.-Ord. vom 2«.
März 1828 GS. S. 43. — Res. vom 9. December 1831. Jahrb. 33, S. 334. -
Cab.-Ord. vom 17. Juli 1832. Jahrb. 4«, S. 171.
L. Von andern Besoldungen und Emolumenten der Zivil- und Militairbeamten,
und der höheren Offiziere sind 400 Thlr.; > ) von den Pensionen und den Wartegel
dern der Offiziere ebenfalls 400 Thlr.; 2) und von den Pensionen der Beamten, welche die
selbe aus einem unter öffentlicher Verwaltung stehenden Fonds beziehen, 200 Thlr.; 2) so
wie ferner die Hälfte des Ucberrestes erekutionsfrei; und nur die andre Hälfte
des Ucberrestes ist in der Regel der Exekution unterworfen.
Was die de» Subalternossizieren zu machenden Gehaltsabzüge betrifft; so kön
nen bei der Infanterie einem Fähnrich und Sekondelieutenant nicht
mehrals 2 Thlr., einem Premierlieutenant aber 3 Thlr.; und bei der Ka
vallerie einem Kornet und Sekondelieutenant 3 Thlr.; und einem Pre-
mieurlicutenavt höchstens 4 Thlr. monatlich abgezogen werden.
Zu den Beamten, ->) welche diese Vergünstigung geniessen, gehören sowol alle
im unmittelbaren Staatsdienst Befindlichen, als die im Dienste gewisser dem Staate
untergeordneter Kollegien, Korporationen und Gemeinden Stehenden. Namentlich
haben auch darauf Anspruch die städtischen, geistlichen und landschaftli
chen Beamten; die Justizkommissarien; Patrimonialrichtcr; die in
') Demnach ist das nicht 40« Thlr. erreichende Gehalt nicht Abzugs- resp. exkku-
tionsfähig.
2) War ein pensionirter Offizier unter Beibehalt der Militairpcnsion auch inzwi
schen in Zivildiensten gewesen, so behält er dennoch 4M Thlr. von seiner Pen
sion erekutionsfrei. — Res. vom 14. Februar 1834. Gräsf, Koch tt. III.
S. 493.
») Auch PensionsrückstSnde sind nur unter diesen Beschränkungen abzugsfähig. -
Ref. vom 8. Februar 1841 I. M. B. S. 99.
<) Ueber die Frage: ob Schuldner Beamter in diesem Sinne sei? ist ein Prozeß nicht
zulässig. Darauf aber: ob der Beamte Gehalt, oder Diäten bezieht, oder auch,
wie z. B. Lohnschrciber nur widerruflich angestellt ist, kommt es nicht an. —
cs. Res. vom 13. Oktober 1833. — Res. vom 30. Juli 1337. Jahrb. SV,
S. 115. — Res. vom 1«. November 184« I. M. B. S. 384.
68!
einem Staatsamt stehenden Medizinalpersonen in Bezug auf das für das Amt
ihnen angewiesene Gehalt, wie z. B. Kreisfisizi (andre Aerzte gehören nicht hierher);
Königl. und prinzliche Hofftaatsbeamtez Oekonomiekommissarien, >)
Feldmesser und Baukondukteure während der Dauer ihrer Anstellung bei
öffentlichen Behörden, und während der Dauer der von öffentlichen Behörden ihnen
übertragenen Beschäftigung; Dorfgerichtsschreibcr. — Z. 106—108. Anh.
§. 160—165, I. 24 A. G. O. — 8- 68, 69. II. 1« A. L. R. — Res. vom 7. Juli 1805.
Rabe 8, S. 321. — Res. vom 7. Juni 1835. Jahrb. 45, S.42«. — Res. vom
21. December 1836. Jahrb. 47, S. 327. Res. vom 14. Juli 183t. Jahrb. 35,
S. 101. — Eab.-Ord. vom 19. Januar 1833 GS. S. 4. — Res. vom 27. Mai
1836. Gräff, Koch zc. III. S. 495.
Wird ein Beamter, dessen Gehalt dem exekutivischen Abzugsverfahren unter
worfen ist, dienstunfähig z so müssen in dem Falle, wenn ihm nach dem Ermessen der
Dienstbehörde bis zu seiner Pensionirung die Kosten der Stellvertretung ganz oder
zum Theil auferlegt werden, diese Kosten nicht vom ganzen Gehalt vorweg in Ab
zug gebracht, sondern aus dem abzugsfreien Theil des Gehalts entnommen wer
den. — Eab.-Ord. vom 2t. April 1841 I. M. B. S. 182.
0. Dagegen sind die Gehälter, Wartcgelder und Pensionen der Beamten und
Militairs, ohne Rücksicht auf ihre Höhe und ihre sonstige Abzugsföhigkeit, jedoch mit
Ausnahme des Soldes der Unteroffiziere und der gemeinen Soldaten, und der Ser-
visgelder der Offiziere und Militairbeamten,
1) bis zur Hälfte überhaupt verhaftet wegen laufender?) Alimente, und
2) ganz verhaftet für, öffentliche laufende Abgaben, und für Schul
den, welche aus unerlaubten«) Handlungen entstanden sind.«)
Konkurrirt eine dieser Schulden zu 1 und 2 mit andern in die Abzüge zu v
eingewiesenen Schulden; so wird
s) bei Konkurrenz öffentlicher kurrenter Abgaben nur die eine Hälfte derselben vom
freien Antheil des Besoldeten oder Pensionisten, die andre Hälfte aber von dem
den Gläubigern angewiesenen Antheile dergestalt erhoben, daß letztere bis zur
Tilgung der öffentlichen Abgaben zurückstehen müssen.
d) Die Ansprüche wegen laufender Alimente, oder aus unerlaubten Handlungen, wer
den nach Berhältniß zu den übrigen immittirten Forderungen aus dem im All
gemeinen abzugsfähigen Betrage gedeckt; und das übrige wird auf den für sie
allein in Beschlag genommenen Theil der Besoldungen «der Pensionen gewie
sen. °) - Anh. ß. 167-170, I. 24 A. G. O. — Res. vom 15. Juli 18S5.

>) Gebühren der Sachverständigen sind ohne Rückficht auf ihre Höhe der Exeku
tion unterworfen. — Res. vom 16. Febr. 1836. Gräff, Kochzc. III. S. 495.
2) D. i. der vom Tage der angemeldeten Klage laufenden. — Z. 6 Nro. 1, I. 14
A. G. O. cr. Ref. vvm 10. August 1813 u. vom 11. Febr. 1831. Jahrb. 2,
S. 46. — 37, S. 84. Verlangt die Geschwächte bereits verauslagte Alimente,
so gehören sie nicht hierher. — Res. vom 10. Mai 1833. Jahrb. 41, S. 465.
») Das Res. vom 7. August 1835 (Gräff, Koch zc. III. S. 506) erachtet die einer
Geschwächten zuerkannte Abfindungssumme für eine solche Schuld. Doch beruht
diese Annahme auf der irrigen Anficht, daß die Schwängerung überhaupt eine
unerlaubte Handlung sei.
«) Ins Besondre gehören hierher auch Geldstrafen. Sie find ohne Rückficht auf
die Höhe des Gehalts einzuziehn. In Betreff der Untersuchungskosten ordnet da
gegen die Eab.-Ord. vom 11. Juni 1829 (Jahrb. 34, S. 115) ausdrücklich an,
daß dem Beamten ein Einkommen von 300 Thlr. frei bleiben müsse. Auf Pen
sionen bezieht sich jedoch diese Borschrift nicht. — Res. vom 24. April 1831.
Jahrb. 37, S.37I. 5s. auch Res. vom 4. November 1801. Rabe 6, S. 658.
Res. vom 24. Juni 1806. Rabe », S. 6l5.
5) Wenn also z. B. ein Schuldner 100 Thlr. allgemeine Abzüge hat, und die im
GrSff, Koch ,c. III. S.498. — K.8 Nro. 3 Verordn. vom 17. RS« 17S7.
Ed. S. S. 985.
1,1. Eine Verzichtleistung auf vorstehende Befreiungen und Pergünftigun-
gen ist, so wie jede Verpfändung und Anweisung flxirter Besoldungen, Emolumente
und Pensionen, ohne alle rechtliche Wirkung.') — Anh. z. ISS A. G. S.
III. Wird nun eine Beschlagnahme der Besoldungen, Dienfteinolumente, War-
tegelder und Pensionen ausgebracht; so muß
1) in Betreff des Amtseinkommens der Geistlichen die betreffende Regie
rung ersucht werden, den abzugssähigen Theil festzusetzen, und für dessen Abfüh
rung an das Gericht zu sorgen. — Res. vom IS. April 1828. Jahrb. 31, H. 27ß.
2) Hinsichtlich der Baukondukteure, Feldmesser und Oekonomiekomniis-
sarien ist wegen der verdienten Gebühren mit den Behörden, bei welchen diese
Beamten beschäftigt sind, Rücksprache zu nehmen. — Res. «om 26. Mgrz IM.
Jahrb. 47, S. 326.
3) Das Abzugsverfahren der Justizkommissarien wird in der Regel m
der Art regulirt, daß dieselben angehalten werden,
g) ihre wirklichen Einnahmen vierteljährig zu manifestiren, und
b) den über ihre Kompetenz sich ergebenden Betrag der reinen Einnahmen zum
Depositorio zu zahlen. Was demnächst am Jahresschlüsse nach Abzug all»
Auslagen, (wie Büreaukosten, Porto und dgl.) und des Kompetenzquantums
übrig bleibt, wird unter die Gläubiger vertheilt.
Die am Schlüsse des Jahres noch ausstehenden Gebühren dagegen dürfen PK
die Gläubiger nicht verwendet werden; sie müssen vielmehr zur Erhebung und
Verrechnung für das folgende Jahr verbleiben.
Nur ausnahmsweise können die sämmrlichen Gebühren mit Arrest belegt,
zum Depositorio eingezogen, und am Schlüsse des Jahres unter die Gläubiger,
und an den Justizkommissar zur Ergänzung seiner Kompetenz, gezahlt werden.—
Res. vom 1. August 1831 Jahrb. 38 S. 118. Res. vom 24. November 1W4
Gr äff, Koch :c. III. S. Sil.
4) Bei andern Beamten wird die Korrespondenz wegen Einbehaltung und Zahlung
des abzugsfähigen Theils der Besoldung oder Pension mit der vorgesetzte»
Behörde derjenigen Königl. Kasse geführt, aus welcher jene gezahlt «erden.-
Res. vom 27. Januar 1831 Jahrb 37 S. 8S.
4) Bei Anträgen aufBeschlagnahme derMilitairgehälterundPensioiie»
muß der Prozeßrichter die betreffende Militairverwaltungbehörde unmittelbar we
gen des zu machenden Abzugs requiriren. Diese Requisitionen sind zu richten:
mittirten Forderungen im Ganzen 40« Thlr., nemlich S0 Thlr. laufende Ali
mente, 10« Shlx. rückständige Alimente, und 25« Thlr. andre Schulden, betro
gen; so wird von jenen 10« Thlr. Abzügen 2S Thlr. auf die rückständigen, 12j^
Thlr. auf die laufenden, und 62> Thlr. auf die andern Schulden vertheilt, und
die übrigen 37Z Thlr. laufende Alimente müssen aus dem übrigen Gehalt gt<
deckt werden.
') Die Bestimmungen zu I. und II. gelten auch in den Lanbestheilen , in denen die
A. G. O. und das A. L. R. noch nicht Gesetzeskraft haben. — Cab.-Ord. «°n>
23. Mai 1826 GS. S. S4.
SS3

Nr. ^. wegen der Abzüge von den Gehältern

das der Beamten der Ober-Militair-Eraminations-Kommission;


Allgemeine der Beamten der Militair-Studien-Kommission;
Kriegs- der Offiziere, Lehrer und Beamten der Allgemeinen Kriegs:
Departement Schule, mit Ausnahme des Militair-Direktors > ) und der
de« als Lehrer dahin kommandirten Offiziere; 2)
Kricgs- des Direktors, der Lehrer und Beamten der vereinigten
Ministeriums. Artillerie- und Ingenieur-Schule, mit Ausnahme der als
Lehrer dahin kommandirten Offiziere; 5)
des Kommandeurs, der Offiziere, Lehrer und Beamten bei
sämmtlichen Kadetten-Instituten ;
der Zeug-Offiziere, ingleichm der Seugschreiber und Aeugdiener;
der Direktoren, Inspektoren, Rechnungsführer und Materia
lienschreiber der Pulver-Fabriken;
der nicht regimentirten Präsides der Gewehr-Revisions-Kom
missionen, ingleichen der Fabriken-Kommissarien, Ober
büchsenmacher und Materialienschreiber bei diesen Kom
missionen;
der Gießdirektoren bei den Geschütz-Gießereienz
der General-Stabsärzte;
der General-Aerzte;
der Gouvernements- und Garnison-Stabsärzte;
der Ober-Stabs- und Stabs-Aerzte;
der Pensionair-Aerzte ;
der Aerzte und Beamten des Medizinal-Stobes der Armee,
mit Ausnahme jedoch:
der ärztlichen und pharmaceutischen Gehülfen im Büreau
dieses Stabes; (S. I. 38.)
lg, der Lehrer bei der medizinisch-chirurgischen Militair-Akademie;
17. der Acrzte und Beamten des medizinisch-chirurgischen Fried
rich-Wilhelm s-Jnstituts ;
IS, des Thierbändigers und des Wachtmeisters bei den Kur«
schmidts-Eleven der Thierarzenei-Schulez
19. der Lehrer und Beamten bei den Garnison-Schulen;
2«, des Aussehers der Festungs-Modelle in Berlin;
21, der Fortifikations-Unterbeamten, als:
Bau- und Materialienschreiber, Wall- und Schleusen-
meifter und Gefangenen-Ober» und Unterausseher.
Il da« der sämmtlichen Generale,
Militair-Oe- mit alleiniger Ausnahme des Direktors der vereinigten
konomie- Artillerie- und Ingenieur-Schule und des Kommandeurs
Departement sämmtlicher Kadetten-Institute; (S. ^. I. 4 u. 6.)
des derjenigen Obersten, welche Brigade-Kommandeure oder Ar
Kriegs- tillerie-Inspekteure sind z
Ministeriums. der Regiments-Kommandeure der Infanterie und Kavallerie;
der Brigadiers der Artillerie-Brigaden;
der Bataillons-Kommandeure;
der Kommandeure der Jäger- und Schützen-Abtheilungenz
des Kommandeurs der Feuerwerks-Abtheilung;
des Kommandeurs der Referve-Festungs-Artillerie-Kom-
pagnien in Mainz;

>) Wegen des Direktors vergl. II. 1.


i) Die kommandirten Offiziere folgen der Bestimmung wegen
ihres ursprünglichen Verhältnisses.
») Wegen der kommandirten Offiziere findet die vorstehende
Bestimmung ebenmäßig Anwendung.
684

Nr. an 4,. wegen der Mbznge von den Gehältern

des Kommandeurs derartiger Kompagnien in Saarlouis und


Luxemburg;
des Chefs der Lehr-Eskadron z
der Chefs der Artillerie-Handwerks-Kompagnic» ;
der Chefs der Invaliden -Kompagnien;
des Kommandeurs des reitenden Feldjäger-Korps;
des Kommandeurs des Garde-Rescrve-Armee- Gensdarmeric-
Kommandos;
der Flügel-Adjutanten Gr. Majestät des Königs;
der Offiziere des General-Stabes mit Einschluß des Plan-
kammer-Jnspektors ;
der Adjutanten der Prinzen des Königlichen Hauses und
der Generalität, in so weit sie nicht zu den rcgimentirten
Offizieren gehören;
18. der fämmtlichen Offiziere des Ingenieur-Korps;
19, der Artillerie-Offiziere der Plätze; ,
20. der Kommandanten und Platz-Majore in den großen Stödten
und Festungen;
21. der Komandanten der Invaliden-Häuser;
22. der Marine Offiziere;
23. der Etappen-Inspektoren;
24. der Offiziere der Land-Gcnsdarmerie;
25, der Train-Offiziere;
26, der Offiziere und Beamten des Kriegs-Ministeriums;
27. der Intendantur-Beamten;
28. der Beamten der Gencral-Militair-Kasfc;
29. des Feldprvpstes, der Militair-Ober-Prediger und der Di
vision« - und Garnison-Prediger, ingleichen der Divisions
und Garnison-Küster;
der Beamten des General-Auditoriats;
31. der Korps-, Gouvernements-, Divisions- und Garnison-
Auditeure, so wie der Gouvernements-Aktuarien;
32, der Ingenieur-Geographen z
33 der Metallographen;
34 der Beamten der Telegraphier
35. des Direktors, des Predigers, der Lehrer und der Beamten
des Militair-Knaben-Erziehungs-Jnftituts zu Annaburg;
36. der Beamten des Montirungs-Dcpotsz
37. der Beamten der Administration der militair-fiskalischen Län
dereien in Tempelhof bei Berlin ;
38, der ärztlichen und pharmaceutischen Gehülfen im Büreau
des Medizinal-Stabes der Armee;
39. des Militair-Polizei-Jnspektors in Luxemburg;
III!jdie Abtheilung! 1 der Beamten der Rcmonte-Depots;
des Kriegs-
Ministeriums
für die
Remonte-An-
gelegenheiten.
IV. die der rcgimentirten Offiziere und Militair-Bcamten der In
Komman fanterie, Kavallerie und Artillerie, so wie der Invaliden-
deure der be Kompagnien,
treffenden mit Ausnahme jedoch: (es. ^V. II. 3—14)
Truppen «. der Regiments-Kommandeure;
teile. b. der Brigadiers der Artillerie-Brigaden;
e. der Bataillons-Kommandeure;
S. der Kommandeure der Jäger? und Schü'tzen-Abthsslungcnj
68S

Nr. an ^. wegen der Abzüge von den Gehältern

v. des Kommandeurs der Feuerwerks-Abtheilung;


5. des Kommandeurs der Reserve-Festungs-Artillerie-Kom-
pagnien in Mainz;
g. des Kommandeurs der derartigen Kompagnien in Saar-
louis und Luxemburg;
K. des Chefs der Lehr-Eskadron ;
i, der Chefs der Arkillerie-Handwerks-Kompagnienz
K. der Chefs der Invaliden-Kompagnien;
I. des Kommandeurs des reitenden Feldjäger-Korps;
m. des Kommandeurs der Garde-Reserve-Armee-Gensd'arme-
rie-Kommandos.
die Komman der Offiziere, Prediger und Beamten der Jnvalidenhäuser
dantur der in Berlin, Stolp und Rybnick;
Invaliden- mit Ausnahme jedoch:
Häuser. der Kommandanten dieser Häuser, sdf. II. 21)
VI. die Militair- der Beamten der Proviant- und Fourage-Aemter, der Ma-
Jntendantu- gazin-Rendanturen und der Reserve-Magazin-Depots;
reo der be 2. ! der Beamten der Garnison Verwaltungen;
treffenden Ar 3. ! der Beamten der Garnison-Lazarethe:
mee-Korps.
» wegen der Abzüge von dem Einkommen
Vllldie Abtheilung I. der mit Pension zur Disposition gestellten Offiziere;
des Kriegs- 2. der mit halbem Gehalte ausgeschiedenen Offiziere;
Ministeriums 3. der auf Jnaktivitätsgehalt oder Wartegeld gesetzten Ofsi-
für das . ziere und Beamten der Militair-Verwaltung;
Invaliden- 4. der mit Pension gänzlich ausgeschiedenen Offiziere und Be-
Wesen. amten der Militair-Verwaltung.
Res. vom 20. November 1841 nebst Anlage I. M. B. 1841 S. 94 fg.
>' > IV. Bei Berechnung des abzvgsfShigen Theils
1) der Besoldungen, Pensionen, Dienstemolumente u. dgl. kommt Alles Einkom
men in Anrechnung, welches als regelmässig wiederkehrende, '> an die Person
i > bei Gemeinschuldners gebundene, Hebung zu betrachten ist. Einnahmen jedoch,
welche nur in Rücksicht auf gehabte baare Auslagen gewährt werden, z. B.
Reisekosten, können nicht in Anschlag kommen.
2) Bei den in Eid und Pflicht genommenen Oekonomiekommissarien, Feld«
Messern, und Baukondukteuren dient nur der vom Staate oder öffentli
chen Behörden ihnen zu gewährende Betrag des Gehalt«, der Diäten «der Ge
bühren zur Norm. Gleiches gilt hinsichtlich der Medizinalbeamten. Der
Erwerb ausserhalb des Dienstverhältnisses dagegen unterliegt ganz der Beschlag
nahme. — Bei auswärtigen dienstlichen Geschäften der Oekonomiekommissarien
kommt jedoch für jeden Tag 1 Thlr. Diäten als blosse Vergütung für die Mehr
auegaben der Dienstreisen vorweg in Abzug.
3) Von den Gehältern und Pensionen der Offiziere und Zivil- und Mili-
. .^t'airbeamten kommen die zur Wittwenkasse und die zum Pensions-
jn>!..I«x>ds zu entrichtenden Beiträge vorweg in Abrechnung, und erst vom
> 'Ueverreste wird der exekutionsfähige Abzug berechnet. — Cab.-Ord. vom 29.
Mai 1834 GS. S. 7«. — Res. vom 9. September 1822 und 6. u. 28. Mai

') Denunziantenantheile sind ungewisse Einnahmen. Sie gehören nicht hierher. —


Res. vom S. November 1S35. Gräff, Koch zc. III. S. SIS.
44
«S6
1833. Jahrb. 2«, S. 37. Bb. 41, S. 463, 47t. — Sab.-Orb. vom 19. Ja
nuar 1833 GS. S. 4. — Res. vom 29. Juli 1825 v. K. Ann. 9, S. 478.
Verfahren bei Bertheilung der Besoldungen, Dienstemolumente,
Wartegelder und Pensionen.
8. 435. I. Erfolgt die Beschlagnahme von solchen Besoldungen, Pensionen
und dergl., welche aus Königl. Kassen gezahlt werden, wegen der Forderung eines
einzelnen Gläubigers, oder beim Vorhandensein mehrer Gläubiger wegen einer,
vor den andern bevorzugten Post; so kann die Requisition an die betreffende
Behörde dahin gehen, daß von der ihr untergebenen Kasse die Zahlung der genau
zu bestimmenden Summe aus dem abzugsfähigen Betrage unmittelbar an den Gläu
biger erfolge. In solchem Falle kann die Kasse die requirirte Zahlung an den
Gläubiger, gegen dessen Quittung, leisten. In andern Fallen werden die Abzüge
dem Ezekutionsrichter zur Zahlung resp. Bertheilung Übermacht. — Res. vom 28.
Juni 1830 u. Anl. Jahrb. 35, S. 274.
II. Durch die im Wege der Exekution erfolgte Beschlagnahme > ) von Besol
dungen, Dienstemolumenten, Wartegeldern, Pensionen, Fideikommiß- oder Lehns
nutzungen und andern an die Person des Schuldners gebundenen Einkünften erlangt
der Exekutionssucher gleich andern Jmmittirten das Vorzugsrecht der fünf
ten Konkursklasse; und zwar nicht nur aus die bereits fälligen, fondern
auch auf die künftigen Beträge derselben.
Die ein Mal erfolgte Beschlagnahme des Diensteinkommens umfaßt auch jedes
Dienfteinkommen, welches bei später eintretenden Veränderungen durch Ver
setzung, Uebernahme neuer Aemter, oder Gehaltszulage erworben wird.
Bei Vertheilung der Abzüge wird hierauf Rücksicht genommen, und beim
Vorhandensein mehrer, der Beschlagnahme beigetretener Gläubiger nach folgenden
Grundsätzen verfahren:
1) Die Vertheilung erfolgt jährlich mit dem Ablauf des Kalenderjahrs,
sobald die letzte Hebung eingegangen ist.
2) Zunächst und vorzugsweise werden diejenigen Forderungen befriedigt,
welche ein besseres Vorrecht, als die Immission gibt, haben.
Z) Von den immittirten Forderungen kommen
^. zuerst die vor der ersten Beschlagnahme entstandenen«) zur
Hebung, und von diesen fällt
s) von der Einnahme des ersten Jahres der Beschlagnahme der, nach Befrie-

1 ) Ist ein Gehaltsabzugsverfahren eingeleitet, so bleibt es bei dem einleitenden Rich


ter auch noch ferner, wenn auch der Schuldner durch Versetzung und dergl. einen
andern Gerichtsstand erlangt. Doch ist der Antrag der im neuen Gerichtsstände
erwachsenen Gläubiger, das PrioritStSverfahren bei diesem Richter zu verhan
deln, dann gerechtfertigt, wenn die aus dem früheren ?oro herrührenden Schul
den sämmtlich getilgt sind. — Res. vom 21. Deeember 1832 u. S. Oktober 1834.
GrSff, Koch ,e. III. S. 51«.
2) Dies können die Gläubiger, wenn sie auch darüber einig sind, nicht <
da noch bevorzugtere Gläubiger kommen können, welche MS, und ohne , ,
auf die Zeit der Immission, ihr Vorrecht auf die vorhandenen AbzugsbetrSge
geltend machen können. Doch versteht es sich von selbst, daß, wenn ihr Vor
zugsrecht nicht feststeht, und auch nicht anerkannt wird, vorerst darüber erknnt
werden muß. — «f. Res. vom 3«. Mai 1834. Jahrb. 43, S. 498. Res. vom
4. März 1837. Jahrb. 49, S. 187.
») D. h. vor dem Tage, an welchem die erste, die volle Gehalts- oder Pensions
zahlung inhibirende Verfügung erging. Der Zeitpunkt der Entstehung der For-
derungen muß' daher vor diesen Tag^ fallen, wenn sie zunächst
" hft zur Hebung Km«
mm sollen.
«87
dkgung der zu 1 gedachten Gläubiger noch etwa verbleibende Theil, denjenigen
zu, welche die erste Beschlagnahme ausgebracht haben;
K) die Einnahme des zweiten Jahres wird auf sämmtliche Gläubiger ver
theilt, welche während des ersten Jahres die Beschlagnahme ausgebracht haben,
«der derselben beigetreten sind;
e) bei Bertheilung der Einnahme des Dritten und jeden folgenden Jah
res treten den früher theilnehmenden Gläubigern immer noch diejenigen zu,
welche in dem zunächst vorhergegangenen Jahre die Immission erlangt haben.
Die Vertheilung unter die gleichberechtigten Gläubiger erfolgt nach
VerhSltniß des Betrages ihrer Forderung.
L. Räch Befriedigung aller immittirten, vor der ersten Beschlagnahme
entstandenen, Forderungen kommen die später entstandenen Forderungen zur Hebung.
Unter diesen schließt der früher immittirte, den später immittirten Gläubiger auö. —
Z. 16—« Exek. Ges. vom 4. März 1834.
III. Bei den jährlichen Vertheilungen ist folgendes Verfahren zu beo
bachten: Es wird ein Vertheilungsplan') nach den vorstehenden Grundsätzen
(II.) angefertigt, und sowol den Gläubigern, als dem Schuldner mit der Aufforde
rung mttgetheilt, sich darüber in dem zugleich anzusetzenden Termine zu erklären,
unter der Androhung:
daß bei ihrem Ausbleiben angenommen werden würde, sie genehmigten
den Plan, und hätten gegen die Ausführung desselben Nichts zu erinnern.
Werden im Termine Ausstellungen gegen den Plan gemacht; so wird je
der einzelne Betrag, auf welchen sich eine Ausstellung bezieht, zu einer Spezialmasse
genommen; die unstreitigen Beträge werden sofort nach dem Inhalt des
Plans ausgezahlt; die Verhandlung über die Ausstellungen aber wird, nach
dem die Interessenten darüber gehört worden, zur Abfassung eines Erkenntnisses
-vorgelegt, welches sich zugleich darüber aussprechen muß, an wen die angelegten
Spezialmassen ausgezahlt werden sollen. — Z. 20 a. a. O. — Res. vom 2. Mai
1834. Jahrb. 43, S. 491.
6) Exekution in die GrundftückSrevenüen, und zwar
ss) durch deren Beschlagnahmez
Z. 436. I. Der Gläubiger kann seine Befriedigung wegen der zur Exekution
stehenden Forderung, gleichviel, ob diese eine persönliche, oder eine Realfor
derung ist, aus den Einkünften der Grundstücke seines Schuldners sowol vor,
als nach Vollstreckung der Mobiliarexekution suchen. Sein Antrag kann dabei ent
weder dahin gehen, baß ^
1) eine blosse Beschlagnahme der Gutseinkünfte erfolge, oder
2) daß eine förmliche Sequestration (resp. Administration) des Grundstücks
oder Gutes eingeleitet und bis zur Befriedigung fortgeführt werde. — §. 1t
Exek. Ges. vom 4. Marz 1834. — Z. III, 116, I. 24 A, G. O.
V. Bei der blossen Revenüenbeschlagnahme 2) wird,
1) wenn das Grundstück vermiethet, oder verpachtet ist, dem Miether ober
Pächter nur aufgegeben, von den zu entrichtenden Mieth- oder Pachtgeldern so
viel, als zur Befriedigung des Gläubigers erforderlich ist, in den festgesetzten
>) Die Kosten haben nicht die Natur der Kommunkosten, und kommen von der
Masse vorweg in Abzug, ohne daß sie den Perzipienten in Anrechnung gebracht
werden.
2) Ein Sequester wird hier nicht bestellt. Auch wenn mehre die Beschlagnahme
ausbringen, ist diese anwendbar. Doch muß, wenn sie in Betreff ihrer Vor
zugsrechte nicht einig sind, darüber im Wege des PriorMsftreits entschieden
««den. ^5
«88
Termine» an denselben zu zahlen. Dabei kommen die Vorschriften des §. 4ZZ
zur Anwendung. — 8- 113, I. 24 A. G. O.
2) Wird das Gut oder Grundstück vom Schuldner selbst verwaltet; so muß
das Gericht einen Aufseher zur Erhebung der Einkünfte, zur Bezahlung der
Reallasten und hypothekarischen Zinsen und Ablieferung der übrigen Revenüen
an den Gläubiger, bestellen. Zugleich müssen alle Wirthschaftsbeamte, welche mit
Einziehung der Gutseinkünfte etwas zu thun haben, z. B. Verwalter, Vögte,
Schäfer u. dgl., so wie alle zu Zins-, und andern Natural- oder Geldabgaben
Verpflichtete ernstlich angewiesen, allenfalls Erste«, nach dem Ermessen des Ge
richts, auch vereidet werden: die eingehobenen oder zu entrichtenden Gelder und
Abgaben nicht an den Schuldner, sondern an den ernannten Aufseher abzuführen.
Der Schuldner selbst behält also noch die Bewirthschaftung des Guts, und in
so weit freie Verfügung. Widerfetzt er sich aber der Beschlagnahme der Ein
künfte, oder sucht er diese dem Gläubiger und dem bestellten Aufseher zu ent
ziehen; so ist die Sache zur Einleitung der Administration gemäß des folgen
den 8 geeignet. — S. 114, IIS das. — K. 25 Exek. Ges. vom 4. März 1SS4.
3) Sollen jedoch die Revenuen der zumEingebrachten derFrau desSchuld
ners gehörenden Grundstücke in Beschlag genommen werden; so ist Vor
erst festzustellen:
wie viel von diesen Revenüen zum Unterhalte der Frau und ihrer Kin
der erforderlich sei.
Der Extrahent der Exekution muß daher vorerst eine Berechnung der Grund-
ftücksrevenüen und des zu jenem Unterhalte Erforderlichen einreichen; und diese
Berechnung muß der Ehefrau des Schuldners vorgelegt werden. Nur das, was
sich durch ihr Anerkenntniß, oder bei ihrem Widerspruch durch Urtel und Recht,
als zu diesem Unterhalte nicht nothwendig herausstellt, kann in Beschlag genom
men werden. Eine frühere Beschlagnahme ist nur im Wege des gehörig begrün
deten Arrestes zulässig. — Res. vom 4. November 1317. Jahrb. 10, S. 226.-
Res. vom 7. Juni, 3. Septbr. 1833. Cab.-Ord. vom 7. December 1S3S. Res.
vom 22. November 1834. Jahrb. 42, S. 131. Bd. 44, S. 344 fg. - Res.
vom 24. Oktober 1836. Gr äff, Koch ,c. III. V. K«l. ^ !
4) Ist der Schuldner nicht Eigenthümer des Grundstücks, dessen Revenüen in
Beschlag genommen werden sollen, sondern nur Pächter; so kann nur die
Beschlagnahme der baaren Gefälle, und die Bestellung eines Aufseher« zu dem
Zwecke stattfinden, daß der Ueberschuß der Einnahme, nach Abtragung det
Pachtzinses und nachdem aus jenen die etwanigen übrigen Verbindlichkeiten det
Pächter« erfüllt worden, zum Gegenstände der Exekution gemacht werden. Die
Uebertragung des Pachtrechtö auf einen Dritten ist ohne Einwilligung des Ver
pächters, und somit eine Sequestration, nicht zulässig. — Res. vom 9. Juni
1836. Gr äff, Koch ,c. VI. S. 526.
5) Hat der Schuldner nur Miteig enthum, und ist daher die Beschlagnahme im
auf den Revenüenantheil dieses Miteigenthümers gerichtet; so muß dem Schuld
ner die Verfügung über seinen Revenüenantheil untersagt, und den übrigen Mit-
eigenthümern die Herausgabe desselben, Behufs Befriedigung des Exekution««
sucherS, aufgegeben werden. Eine Sequestrationseinleitung in das Grundstück
ist auch hier unzulässig, und bei städtischen Grundstücken selbst nicht gestattet,
die, sämmtlichen Miteigenthümern gehörenden, MiethSgelder mit Arrest zu bt»
legen. — Res. vom 21. Juli 1837 das. S. 529 fg.
S) Steht dem Schuldner ein Altentheil zu; so können die einzelnen terminlich«
Prästationen in Beschlag genommen werden. Gleiches gilt von den Nutzung«
des dem Altentheils -Berechtigte» angewiesenen Landes. Ein Bermiethen der
Altentheilswohnung ist jedoch nur mit Zustimmung de« Verpflichteten zulässig. —
Res. vom 1. September 1835. — Res. vom IS. Mörz und 23. Mai 1834,
vom 18. April, Z. Oktober und 17. November 1837 das. S. 4SS fg.

dd) durch Einleitung der Sequestration.')


Z. 437. I. Durch Einleitung der Sequestration werden nicht blos die Reve-
nüen eines Grundstücks in Beschlag genommen; sondern e« wird zugleich auch der
Besitzer de« Naturalbesitzes und der Verwaltung des Grundstöcke« entsetzt. 2)
Eine Immission des Gläubigers in da« Grundstück in der Art, daß demselben
diese« nach einem gefertigten Anschlage zur eignen Verwaltung und Rutzniessung,
gleichsam auf Gewinn und Verlust, ohne Verbindlichkeit zur Rechnungslegung, ein
geräumt wird, ist im Wege der Erekution nicht zulässig. Doch kann sich der Glau«
biger mit dem Schuldner gütlich über eine solche Besitzeinräumung einigen. Dann
müssen aber die Dauer der Immission, die Art der Wirtschaftsführung, die Re
missionsfälle, und alle übrigen Bedingungen, in einem unter Direktion des Gericht«
zu schllessenden Abkommen, so genau und bestimmt als möglich, festgesetzt werden.
Beim Mangel solcher rechtsgiltiger Verabredungen ist der Gläubiger zur Rechnungs
legung verpflichtet. — Z. 116—119, I. 24 «. G. O>— §. 235 fg. I. 2« A. L. R.
II. Die Sequestration gehört,
1) wenn sie ein adeliche«, mit Pfandbriefen belastete« Gut betrifft, vor da« be
treffende Kreditinstitut;
2) sonst aber, das Grundstück sei nun ein adeliches, «) oder ein städtisches oder länd
liches, vor den ordentlichen dinglichen Richter.
Der Erekutionsrichter muß daher, wenn die Einleitung und Führung der Se
questration demgemäß nicht vor ihn gehört, die betreffende Behörde unter Sen
dung des etwa bereit« eingezahlten Vorschusses, durch Mittheilung der nöthigen
Data über die dadurch beizutreibende Summe und deren Empfanger, und unter Be
kanntmachung des etwa vorgeschlagenen Sequesters («sp. Administrators) darum
requiriren. — 8. 128, 14« Anh. §. 172, I. 24 A. G. O. — Res. vom 9. Novem
ber 1835. Gräff, Koch :c. III. S. 54«.
III. Der Extrahent muß beim Antrage auf Einleitung der Sequestration zu
gleich einen Administrator vorschlagen, und entweder einen Hypothekenschein über
das zu sequestrirende Grundstück einreichen, oder doch dem Gericht die Einholung
desselben anheimgeben.
Unter Umständen kann zwar, in so fern er sich dazu qualisizirt, die Führung
der Administration dem Erekutionssucher selbst aufgetragen werden. Doch
wird er in keiner Art von den Pflichten eines Sequesters entbunden. — §. 12«,
136, I. 24 A. G. O.
IV. Das Verfahren bei Einleitung und Führung der gerichtlichen Sequestra
tion ist im Allgemeinen folgendes:
i) „Sequestration" und „Sequester" wird in der Regel bei ländlichen, „Admini«
ftration" und „Administrator" in der Regel bei städtischen, unter gerichtlicher
resp. landschaftlicher Verwaltung stehenden , Grundstücken gesagt. Hier find beide
als identisch behandelt.
,) Doch behält Schuldner noch immer die Befugniß, das Grundstück zu verpfän
den und zu veräussern. Auf den neuen Erwerber gehen jedoch alle Lasten und
die Sequestration selbst über. — Res. vom 8. Febr. 1833. Gräff, Koch ic.
III. S. 531.
z) Bei üblichen, mit Jurisdiktion versehenen Gütern, muß bei Einleitung der Se
questration dem Besitzer das Depositorium abgenommen werden, und die Se-
questrationsbehörde hat für dessen Sicherung Sorge zu tragen. — Res. vom
17. Juni 1S09. Rabe 12, S. 584.
1) Zunächst wirb unter Zuziehung der Interessenten!) ein Admkniftrator be«
stellt, und, sofern er nicht etwa zu dergleichen Verrichtungen überhaupt in
Pflicht steht, besonder« vereidet. Auch muß er, fall« es nicht schon im All
gemeinen geschehen, eine nach dem ungefähren Umfange der jährlichen Ein
nahmen abzumessende Kaution erlegen. Diese kann nur dann erlassen oder
in geringerem Betrage angenommen werden, wenn Schuldner und Ertrahent
> sich darüber einverstanden erklärt Habenz oder der Extrahent förmliche Bürg
schaft für den Administrator übernimmt. — Z. 121, I. 24 A. G. O. Res. vom
2. Mai 1834. Jahrb. 43, S. 4SI. — Res. vom 27. April 1835 u. 18. Ja
nuar 1836. Gräff, Koch :c. III. S. S3S.
2) Sodann wird dem Administrator das Grundstück von einem gerichtlichen
Kommissario übergeben. Dabei muß unter Zuziehung von Sachverständige»,
und bei Landgütern namentlich von Oekonomieverständigen , der Zustand bei
Grundstücks untersucht, und ins Besondre auch festgestellt werden: ob und was
zur Instandsetzung und zur ferneren Unterhaltung der Gebäude, und resp. des
Inventars erforderlich sei. Die Kosten dazu müssen, wenn die Einkünfte nicht
reichen, oder die Reparatur keinen Aufschub leidet, vom Ertrahenten vorgeschos
sen, demnächst ihm aber aus den Revenuen, resp. dem Kaufgelde verzinst, und
vorweg gezahlt werden.
Die anschlagsmässige Bollführung der Reparatur u. dergl. muß der Admini
strator besorgen. — §. 122, 123, 127, 131 I. 24 A. G. O.
3) Bei der Uebergabe muß von den zum Grundstück gehörenden Pertinenzftücken,
Hausgeräthen u. s. w. ein richtiges Inventar mit Taxe aufgenom
men werden. — Bei Landgütern von einiger Beträchtlichkeit ist auch einem
Oekonomieverständigen die Aufsicht über die Wirtschaft des Sequesters, und
über die Erhaltung des Guts überhaupt, aufzutragen. — Z. 122, 127 «. a. O.
4) Im Uebergabe- oder auch im besondern Termin 2) müssen der Schuldner und
die eingetragenen Gläubiger über die Höhe der noch bestehenden Hy
pothekenforderungen und deren Zinsbetrag vernommen werden.
Auf Grund dieser Vernehmung und des Hypothekenscheins versteht das Gericht
den Administrator mit genauer und bestimmter Anweisung darüber:
worin der Zinsenbetrag für jeden Realgläubiger, dessen Forderung un
streitig, und dessen Aufenthalt bekannt ist, bestehe, und in welcher Folge-
ordnung die Zahlung der Zinsen geschehen solle.
Beim Entwurf dieses Regulativs wird jedoch nur auf die laufenden, d. h.
die vom 1. Juli unmittelbar vor Beschlagnahme der Einkünfte oder Einleitung
der Sequestration anfangenden Zinsen, Rücksicht genommen, und die aus der
Eintragung ins Hypothekenbuch sich ergebende Ordnung der Priorität beobachtet.
5) Der Administrator zahlt die ermittelten Reallasten und Abgaben,«) so wie
die laufenden Zinsen ^) der Hypothekcnkapitalien nach der im Regulativ vor
geschriebenen Ordnung, sobald sie fällig sind, und in so weit die jedes-
i) Mehre Sequestrationsgläubiger sind zur Bestellung eines Kommunmandatars
verpflichtet. — Res. vom 17. Juni 181«. GrSvel Komm. 1, S. 338.
s) Wird dazu ein besonderer Termin angesetzt, so kann vor demselben vom Kalku
lator auf Grund der Akten und des Hypothekenfcheins ein Regulativ entworftn
und im Termin den Interessenten vorgelegt werden. — Lk. Res. vom 12. Ja
nuar 1836. Gräff, Koch zc. S. 533.
«) Auch die Administrationskosten müssen vorweg aus den Revenöen genommen
werden. — Res. vom 17. Juli 181«. Grävel Komm. 1, S. 337.
4) Diese werden in der Art gezahlt, daß ein nachstehender Gläubiger eher Nichts
erhält, als bis der vorstehende in Betreff aller seit 1. Juli vor Beschlagnahme
laufenden Zinsen befriedigt ist. — Res. vom lö. Mai 1835. Jahrb. 45, S. 443.
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maltg«» Bestände hinreichen. Die wegen verweigerter Annahmt «der
wegen Unbekanntschaft mit dem Wohnort de« Empfänger« nicht zur Zahlung
kommenden Beträge, so wie etwanige Ueberschüsse, offerirt er zum Deposits. Mit
den Beträgen für nicht befriedigte Gläubiger werden Spezialmassen angelegt.
Die Ueberschüsse dienen zur Befriedigung des Ertrahenten, falls er nicht etwa
blos wegen laufender Zinsen Sequestration gesucht, und also nach Obigem be
friedigt wird.
Auf eingetragene nicht unter Exekution stehende Hypothekenkapitalien
selbst, und davon rückständige Zinsen wird dabei keine Rücksicht genommen, so
lange nicht Konkur« oder erbschaftlicher Liquidationsprozeß eröffnet, oder das
Grundstück selbst verkauft ist, und die Kaufgelder belegt werden. — §. 25 Exek.
Ges. vom 4. März 1834. — K. 124. §. 136, I. 24 A. S. O. — Ref. vom 10.
Oktober 1836. Gräff, Koch :c. III. S. 529.
6) Dem Administrator liegt ausserdem die Pflicht zur Erhaltung des Grund
stücks, und zur Erhebung und Einziehung der Revenüen ob.l)
Er muß bei städtischen Grundstücken für Vermiethung der Lokalien sorgen, 2)
und dahin sehen, daß die Miether keine Verschlimmerungen vornehmen.!»)
Bei ländlichen Grundstücken muß er, wenn sie verpachtet sind, zwar die
Pachtverträge gelten lassen. Er hat aber die Wirtschaft des Pächters zu be
aufsichtigen, und dafür zu sorgen, daß die Gebäude im baulichen Stande unter
halten, und alle Verschlechterungen vermieden, auch die Pachtgelder richtig ab
geführt werden.
Sind ländliche Grundstücke nicht verpachtet, oder werden sie pachtlos z so kann
der Administrator, mit Ausnahme der landschaftlichen Sequestrationen und im
Konkurse, die Verpachtung nur vornehmen, wenn der Besitzer selbst sich
damit einverstanden erklärt.^) Trägt mithin ein Exekutionssucher auf
Verpachtung an, so muß der Schuldner erst darüber gehört, und die Verpach
tung nur dann vorgenommen werden, wenn er ^>uf erhaltene Mittheilung keine
Einwendung dagegen macht. — Sonst muß die Verwaltung in andrer Weise
vor sich gehm. — z. 124, 129, 131 l. 24 A. G. O. — Res. vom 3. Decemb.
1842 I. M. B. S. 387.
7) Ist das Grundstück verpachtet oder vermiethet; so kann der Pächter resp. Mie
ther die auf mehr als ein Vierteljahr geschehene Vorausbezahlung der Pacht an
den Besitzer den damals schon eingetragenen Gläubigern gar nicht, den später
eingetragenen Gläubigern aber nur dann entgegensetzen, wenn er die geleistete
Vorausbezahlung im Hypothekenbuche hat vermerken lassen. — Andre Gläubiger
des Verpächters oder Vermiethers müssen die vor erfolgter gerichtlicher Unter
sagung, oder Einsetzung der Sequestration vom Pächter rcsp. Miether wirklich
>) Ein Administrator ist daher zur Einklagung und exekutivischen Einziehung der
Pacht- und Miethzinsen legitimirt. — Res. vom 22. Februar 1833. Gräff,
Koch :c. III. S. 532.
2) Der Eigenthümer ist in der Regel nicht berechtigt, unentgeltlich im städtischen
Grundstück zu wohnen. — Res. vom 21. April 1810 das. Res. vom 26. Decbr.
1841 I. M. B. S. 375.
5) Bis zur Emanirung einer allgemeinen Administrationsvrdnung kommt für alle
Provinzen die für Berlin gegebene Instruktion, ferner die Instruktion für die
Hausadminiftration und für deren Inspektor vom 17. April 1812, jedoch unter
Berücksichtigung ihrer besondern Lokalversassung zur Anwendung. — Res. vom
3. April 1813. Jahrb. 37. S. 36«.
«) Wenn Verwaltungsbehörden das fiskalische Exekutionsrecht ausüben, so sind sie
durch Cab.-Ord. vom 31. December 1825 zu Verpachtungen im Exekutionswege
ermächtigt. (GS. 1S2S S. 12.)
692
gtteiftete Vorausbezahlung auch gegen sich gelten lassen. — z. 13«, I. 24 Zt.
G. O. — Z. 4S0, 481, l. 2« A. L. R. .". '
8) Das Gericht muß den Administrator bei Ausführung seines Amts
schützen, und dem Schuldner jede Einmischung in die Verwaltung bei nach
drücklicher Ahndung, allenfalls bei Personalarrest, untersagen. Nimmt jedoch der
< Schuldner oder ein Gläubiger wahr, daß der Administrator schlechte Wirthschaft
treibt, das Grundstück in Werfall gerathen läßt und dgl.z so steht ihm frei, es
dem Gericht anzuzeigen, und auf Untersuchung und Abhilfe, allenfalls auch auf
> Bestellung eines andern Administrators zu dringen. — Z. 125, I. 24 A. G. O.
9) Der Administrator muß bei Aufhebung der Administration, falls aber dieselbe
länger als ein Jahr währt, am Schlüsse jeden Jahres dem Gericht Rech
nung legen. Bei deren Abnahme sind sodann der Schuldner und die Gläu
biger zuzuziehn. — 8. 126 a. a. O.
10) Nach beendigter Sequestration muß die Rückgabe des Grundstück« an den
Schuldner durch gerichtlichen Kommissarius erfolgen. — 137 a. a. O.
' , V. Wird im Wege der Exekution die Sequestration eines Ritterguts
bei dem betreffenden Kreditinstitut geführt; so kann ,
1) dieses dann, wenn das Gut nicht verpachtet ist, oder pachtlos wird, auch die
fernere Verpachtung veranlassen. Ist diese nicht zu erlangen; so wird die Wirth
schaft durch einen Administrator unter Direktion des Kreditinstituts verwaltet.
2) In beiden Fällen müssen die Interessenten zugezogen werden. Entstehen Wider
sprüche; so entscheidet in allen die Wirthschaft und Verwaltung betreffenden
, Punkten, lediglich das Kreditinstitut. Den Interessenten steht gegen diese Entschei
dung der Rekurs bei der Generallandschafts - resp. Hauptritterschaftsdirektion zu.
3) Sind Hauptveränderungen in der Administration zu treffen, sollen z. B. ein
bisher verpachtet gewesenes Gut in Verwaltung gesetzt, neue Baue geführt, Pro
zesse angefangen, Verbesserungen vorgenommen, neue Wirthschastsarten , Felder-
eintheilungen u. s. w. eingeführt werden; so muß das Kreditinstitut mit dem,
die Sequestration nachsuchenden, Gericht darüber Rücksprache halten, damit die
ses die Interessenten darüber vernehme, und nach den Erklärungen derselben,
und der übrigen Lage der Umstände wegen Genehmigung oder Berwerfung eines
solchen Antrags das Weitere veranlasse. . >. ' . >>.'
4) Die Revenüenüberschüsse zahlt das Kreditinstitut gemäß der Requisition des Ge
richts an den Extraheuren , falls aber mehre Exekutionssucher, ans Gericht zur
Vertheilung. , , . . '!.,,-'<.
ö) Die Rechnungslegung des Sequesters, und die Verhandlung über die Abnahm
, , und Erledigung der Erinnerungen gehören vor das Kreditinstitut.
6) Dies gilt auch, wenn dieses das Gut verpachtet hat, in Betreff der Verhand
lung und Erörterung der zwischen dem Pächter, und Gläubiger oder Schuldner
> ' Entstandenen Differenzen. Betrifft aber der Streit einen schon vor Verhängung
'! ! Her Sequestration angesetzt gewesenen Pächter; so gehört die Instruktion und
Entscheidung vor das kompetente Gericht. Dahin sind auch Streitigkeiten zwi
schen dem von der Kreditdircktion gesetzten Pächter oder Sequester, und den
Gläubigern zu «erweisen, wenn entweder die Kreditdirektion selbst darauf an
trägt, oder wenn der Gegenstand und Grund des Streits nicht auf die blosse
Wirtschaftsführung, sondern auf andre Handlungen des Pächters oder Admi-
' nistrators sich bezieht; oder wenn die Entscheidung nicht hauptsächlich auf Wirtb
schafts-, sondern auf eigentlichen Rechtskenntnissen beruht. — 8. 128—139, I. 24
A. G. O> — Res. vom 17. September 1824. Gr äff, Koch zc. III. S. S44.
«) Exekutionsanträge in Bezug auf die Substanz der Grundstücke;
und zwar ss) zum Zweck der hypothekarischen Sicherstellungz
K. 438. Der Gläubiger erwirbt durch solche Erkenntnisse, Bergleiche und Zah-
lungsverfügungen, aus welchen eine Exekution statt findet, für Kapital, Zinsen
und Kosten,') und für die Kosten der Eintragung, einen Titel zum
Pfandrecht auf die dem Schuldner zugehörigen Immobilien. 2)— I« Folge des
sen ist er
1) nach Ablauf der im Zahlungsbefehl (§. 421, Nro. 1) bestimmten
Frist befugt, die Eintragung in das Hypothekenbuch auch ohne besondre Ein
willigung des Schuldners bei dem Prozeßrichter nachzusuchen; und letz
terer ist verbunden, die Eintragung bei der Hypothekenbehörde unter Mittheilung
einer mit dem Atteste der Rechtskraft versehenen Ausfertigung des Erkenntnis
ses, Vergleichs zc., und wenn ein Instrument über den Anspruch vorhanden ist,
unter Beifügung desselben, in Antrag zu bringen, s) auch gleichzeitig den Schuld
ner davon zu benachrichtigen, t) , ,,
2) Dem Gläubiger steht schon vor Nachsuchung des Zahlungsbefehls frei,
mit Ueberreichung des Erkenntnisses, Vergleichs zc., oder einer beglaubten Ab
schrift derselben, sich unmittelbar an den Hypothekenrichter zu wen
den, und die Eintragung einer Protestation zur Erhaltung seines Vor
rechts nachzusuchen. Der Hypothekenrichter hat in solchem Falle die Eintragung
sofort zu bewirken. Er muß jedoch,
s) wenn der Antrag des Prozeßrichters auf Eintragung einer förmlichen Hy
pothek nicht binnen 3 Monaten 5) eingeht, die Protestation von AmtSwegen
wieder löschen;
d) wenn dagegen dieser Antrag rechtszeitig eingeht, an Stelle der Protestation
eine förmliche Hypothek eintragen. Kommt der Antrag des Prozeßrichters
nach Löschung der Protestation; so erfolgt die Eintragung hinter den seit
dem etwa eingetragenen Posten. «)
S) Kommt es noch auf die Feststellung des Betrages der Forderung an, oder ist die
Erekution nur provisorisch') zulässig; so kann der Gläubiger auf denselben We
gen (Nro. 1 u. 2) die vorläufige Eintragung seines Rechts verlangen. «)
4) Besitzt der Schuldner mehre Immobilien, und der Gläubiger will sich nicht mit
1) Dem Antrage, auf Eintragung der Untersuchungskostcn muß der Mandatspro
zeß vorausgehen. — Res. vom 6. Oktober 1834. Jahrb. 44, S. 444.
2) Die Eintragung ins Hypothckenbuch ist kein eigentlicher Exckutionsgrad; eS ist
nur eine Sicherheitsmaßregel. — Res. vom 21. Juni 1836. Jahrb. 47, S. 545.
Doch muß nach Eintragung der Gläubiger gewärtigen, daß Schuldner ihn, wen»
er andre Erekutionsobjekte wählt, an das Pfand verweist.
«) Eine im Wege der Exekution gegen den eingetragenen Besitzer erfolgte Hypo-
thekbestellung behält ihre Kraft, wenn sich auch in der Folge findet, daß dieser
nicht der Eigenthümer sei. — Erk. d. Geh. Ob.-Trib. vom 23. Decembcr 1836.
Entsch. I. S. 50.
«) Auch Zinscnbeträge von eingetragenen Kapitalien könnnen eingetragen werden.
Es soll dann zur Vermeidung jedes Jrrthums Kolonne Zessionen beim Kapital
die Kapitalisirung der Zinsen und Eintragung vermerkt werden. — Res. vom
3«. Dccbr. 1835. Jahrb. 46, S.573. Res. vom 1«. September 1836. Gr» ff,
Koch III. zc. S. 525.
5) Die 3 Monate laufen vom Tage der Eintragungsverfügung.
«) Behauptet der Gläubiger vor denselben Priorität um deshalb, weil die Prote
statio« zur Ungebühr gelöscht; so muß er gegen die inzwischen eingetragenen
Gläubiger deshalb klagend auftreten. — Res. vom 27. März 1836.
?) D. i. aus noch nicht rechtskräftigen Erkenntnissen.
«) Wird eine Protestation auf Requisition des Prozeßrichters eingetragen; so kann
die Löschung derselben nach 3 Monaten von Amtswegen nicht erfolgen.
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der Eintragung auf elnes derselben begnüge»; so darf letzter« nur einen »»
ihm zu bestimmenden Theil der Forderung auf jedes Immobile eintragen lassen. —
Ist die Forderung bereit« «ermöge konventioneller Hypothek auf einem der Grund,
stücke eingetragen; so ist er dennoch befugt, sie unter vorstehender Maasgabeauf
andre Grundstücke eintragen zu lassen; so fern er nur die neu einzutragende
Summe im Hypotheken«««) jenes Grundstücks löschen läßt. — K. 22, 2Z Exek.
Ges. vom 4. März 1834. — Res. vom 27. März, 17. Septbr. 1836. Jahrb.
47, S. S75. Bd. 48, S. 219. — Res. vom 20. December 1838 I. M. «.
1839 S. 19. l ,>

bb) Behufs Befriedigung im Wege der Subhaftation.


z. 439. Der Gläubiger kann mit Uebergehung der übrigen z. 428—437 ge
dachten Exekutionswege, oder auch nach deren fruchtloser Wahl, oder unter Rück
nahme dieser Wahl, die Subhaftation der Grundstücke des Schuldners bean
tragen. > ) Dies kann selbst gleichzeitig mit dem Antrage, auf Eintragung der For
derung ins Hypothekenbuch, ober mit dem Antrage, auf Beschlagnahme der Reve-
nüen, geschehen.
Auf einen statthaften Subhastationsantrag muß zuvörderst der im §. 421, Rro.2
angeordnete Befehl erlassen werden. Führt der Schuldner vor Erlaß dieses Befehl«,
oder binnen der in demselben gestellten vierwöchentlichen Frist den Nachweis:
daß die Einkünfte des Grundstücks nach Abzug der WirthschaftSkften,
Reallasten und sü'mmtlicher Hypothekenzinsen, hinreichen, die beizutreibende
Forderung innerhalb Jahresfrist zu tilgen;
so ist er befugt, darauf anzutragen, daß die Subhaftation ausgesetzt, und inzwischen
mit Beschlagnahme der Revenüen, oder, nach der Wahl des Gläubigers, mit Seque-
firation des Grundstücks verfahren werde. — Zur Führung des Nachweises iiber
den Reinertrag gnügt es, wenn bei städtischen Grundstücken der Magistrat, bei Rit
tergütern der Landrath, oder, wenn das Gut zu einem landschaftlichen Kreditver-
bande gehört, die Kreditdirektion, und bei andern ländlichen Grundstücken die Orts-
Polizeibehörde, ein Attest darüber ausstellen.
Jedoch sind die Gerichte nicht verpflichtet, von Amtswegen zu untersuchen, ob
ein solcher Fall zur Abwendung der Subhaftation vorliegt.
Nach Ablauf der im Zahlungsbefehl bestimmten vierwöchentlichen Frist findet
auch Seitens des Schuldners ein solcher Antrag nicht mehr statt; der Prozeßrichter
muß dann vielmehr auf Antrag des Gläubigers wegen Subhaftation das Nöthige in
Gemäßheit der Borschriften des folgenden Abschnitts verfügen. — Z. 11, 12 Z. 24
Exek. Ges. vom 4. März 1834. — Z. 141, I. 24 A. G. O. — Res. vom 27. März
1836. Jahrb. 47, S. 375.
.. ,k) Bon der Exekution gegen die Person des Schuldners.
§. 440. I. Die Personalhaft kann als Exekutionsmittel in der Regel erst in
Ermangelung jedes andern Gegenstandes der Befriedigung?) gewählt

1) Wegen Gerichtskoften findet jedoch im Wege der Exekution die Subhaftation


nicht statt. — Res. vom 18. Mai 1816. Jahrb. 8, S. 34. — Gleiches gilt
von Steuerkontraventionsstrafen z und es muß in diesem Falle vielmehr Umwand
lung der Geldstrafe in Freiheitsstrafe erfolgen. — Bekannt«, des Staatimin,
vom 8. Oktober 1826 GS. S. 106.
2) Hat der Schuldner noch zweifelhafte oder unsichere ausstehende Forderungen; st
soll die Frage: ob dennoch Personalhaft stattfinde, nach den Vorschriften über die
subsidiarische Verpflichtung eines Bürgen (S. 283 fg. I. 14 A. L. R.) beurtheilt
werden. — Res. »om 18. Juli MV I. M. B. S. 2SS.
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«erden. ') Namentlich muß Personalerekution unterbleiben, wenn der Schuldner ein
Grundstück besitzt, und die« selbst dann, wenn er dasselbe nach verfügter Personal
haft erworben hat. — Sind die Grundstücke des Schuldner« so verschuldet, daß
der Gläubiger keine Hoffnung hat, daraus seine Befriedigung zu erhalten; so kann
derselbe nicht auf Personalexekution, allenfall« aber zu seiner Sicherheit auf Perso-
nalhaft des Schuldners im Wege des Arrestes, antragen. Der Antrag ist dann
nach den Vorschriften von Arresten (Hb. B. Tit. 1«, Absch. b) zu prüfen und zu
erörtern, jedoch mit der aus der Natur der Sache sich ergebenden Maasgabe, daß
es, da die Schuld bereits rechtskräftig feststeht, dieserhalb keiner Bescheinigung und
keines Verfahrens weiter bedarf.
Wird hiernach der Arreftschlag zulässig befunden; so ist die persönliche Verhaf
tung des Schuldners zu verfügen, zugleich aber jedesmal wegen der Subhafta-
tion des Grundstücks, in so fern diese nicht bereits anhängig ist, das Nöthige ent
weder von dem den Arrest verhängenden Gerichte selbst, oder durch Auftrag «der
Requisition des ordentlichen Richters der Sache zu veranlassen.
Nur aus einem wechselmässigen Erkenntnisse kann sofort Personal-
Haft des Schuldners, und gleichzeitig auch die Exekution in das Vermögen desselben
gesucht werden. 2) — z. 142, 144 u. Anh. z. 173, I. 24 A. G. O. — Res. vom
23. Deebr. 1S31. Jahrb. 38, S. 335. K. 3 Ges. vom 11. Mai 1839 GS. S. 173.
II. Ausser dm Fällen, in denen noch andre Exekutionsgegevstände vorhanden
sind, ist Personalexekution nicht zulässig:
1) gegen mittel- und unmittelbare Staatsbeamten,«) gleich viel, ob sie
gegen Schalt oder kommissarisch, oder wie z. B. Referendarien und Auskultato»
reu, unentgeltlich ihr Amt verwalten; oder ob sie firirt, oder auf Kündigung
angestellt sind, und zwar so lange, als sie aus dem Amte nicht ausgeschieden,
oder desselben entsetzt«) sind. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Schuld
aus einem Darlehn herrührt, oder sonst durch eine einseitige Handlung oder ein
gegangenen Vertrag begründet wird, oder für Alimente, Gesindelohn, oder wo
für es sonst wolle, kontrahirt ist. s ) — Jede Verzichtleistung auf diese gesetzliche
Befreiung ist ohne rechtliche Wirkung.
Sind jedoch Beamte, z. B. als Gutsbesitzer oder in Folge Zertifikats wech
selfähig; so können sie wegen Wechselschulden zum Personalarreft gebracht
«erden. Dann, so wie bei Persovalhaft wegen verweigerter Leistung einer Hand
lung, muß der dem zu verhaftenden Beamten unmittelbar vorgesetzten Behörde
von der Verfügung jedesmal Nachricht gegeben werden, und zwar dergestalt, daß
diese die unumgängliche Zeit behalte, zur Versetzung des Dienstes des zu Ver
haftenden Vorkehrungen zu treffen. Unterdessen aber muß dieser durch den Exe-
>) Gegen einen durch Veränderung und Verheimlichung seines Aufenthaltsorts der
Verhaftung sich entziehenden Schuldner ist die Erlassung eines offenen Arresta-
toriums zulässig. In demselben wird dann zugleich das Gericht, welches die
Verhaftung bewirken sollte, ersucht, die Ordre zurückzubehalten. — Res. vom
21. December 1796. 12. Februar 1829. GrSff, Koch ,c. III. 556.
2) Die Vorschriften über Wechselexekutionen siehe Handb. §. 281, S. 417 fg.
s) Das Res. vom 9. September 1842 (I. M. B. S. 304) erachtet die Polizeidi-
striktskommissarien in Schlesien nicht als Staatsbeamte, sondern als freiwillige
Gehilfen des Landraths, und deshalb Personalexekution gegen sie zulässig. Auch
die Zivilsupernumcraricn sind im Res. vom 21. Januar 1841 (I. M. B. S. 63)
in diesem Betracht als noch nicht zu den Beamten gehörig bezeichnet. — Dage
gen rechnet das Res. vom 10. November 1840 Kanzleigehilfen dahin.
«) Gegen blos suspendirte Beamte ist Personalerekution daher nicht zulässig. — Res.
vom 28. Juni 1833. Gräff, Koch zc. III. S. 555.
») Ob die unter Exekution stehende Schuld vor «der nach Eintrit ins Amt ent
standen, ist gleichgiltig.
«96
kutsr in Observation genommen werben. — §. 1454 Anh. §. 174, I. 24 A. S.
O. — Res. vom 4. August 18Z2; 1«. Februar 1SS7. Gräff, «och :c. UI.
S. SS4. — Res. vom 1«. November 1840 I. M. B. S. 386.
2) gegen die im wirklichen Dienst stehenden gemeinen Soldaten, Un»
teroffiziere und Offiziere; so wie gegen die mit Pension zur Dispo
sition gestellten Offiziere. Beurlaubte Landwehroffiziere geniessen diese
Befreiung nur während der Dauer der Einberufung zum Dienst. — Auch we
gen Wechselschulden findet gegen aktive Offiziere keine Personalhaft statt; —
§. 686, 699, l. 11 A. L. R. — Cab.-Ord. vom 4. Mai 1837 GS. S. 98. —
Res. vom 5. Decbr. 1823. Jahrb. 22, S. 176. — Res. vom 18. September
1826. Cab.-Ord. vom 5. Februar 1821 und Res. vom 3. December 1824.
Gräff, Koch :c. III. S. 551 fg.
S) gegen Schiffsmannschaft auf segelfertigen Schiffen wider den Willen de«
Schiffers, wenn ihm nicht sofort gleich viele tüchtige und annehmliche Schisss
leute für dasselbe Schiffslohn gestellt werden; — §. 1415 fg. II. 8 A. L. R.
4) gegen den, welcher zur Abtretung seines Vermögens verstattet ist; —
§. 147, 1. 24. K. 3, I. 48 A. G. O.
5) gegen den im Konkurs Verfallenen während der Dauer des Konkurses, s«
lange nicht wenigstens mit Wahrscheinlichkeit zu entnehmen, daß der Gläubiger
im Konkurse seine Befriedigung nicht erhalten kann. Doch gnögt hier die blosse
Entsagung auf Befriedigung aus der Konkursmasse nicht. — Res. vom 5. Septbr.
1796. Rabe 3, S. S25. — Res. vom 27. Oktober 1812. Jahrb. 1, S. 266.
6) gegen pensionirte «der auf Wartegeld stehende Beamte wegen der vor Bekannt-
' machung der Cab.-Ordre vom 29. März 1823, und gegen pensionirte oder auf
Wartegeld stehende Militairpersonen wegen der vor Bekanntmachung der Eab.-
Ordre vom 6. Oktober 1823 gemachten Schulden. Wegen späterer Schulden
findet auch gegen diese Personen die Personalerekution statt, sobald die Exekution
in das Vermögen, wozu nur die schon fälligen Raten der Pension, resp. des
Wartegeldes gehören, fruchtlos ausgefallen; und es ist der Gläubiger nicht ver
pflichtet, sich auf die erst künftig fällig werdenden Pensions- und Wartegelder-
Abzüge verweisen zu lassen. , , /, , . . .
Gegen alle diese Personen zu 1 bis 6 ist jedoch die Personalhaft wegen einer
zu leistenden Handlung, ') und namentlich auch wegen Leistung des Manifestation s-
eide« zulässig. — Cab.-Ord. vom 29. März und 6, Oktober 1823 GS. S. 39,
167. — Cab.-Ord. vom 27. Januar 1826 GS. S. 14. — Cab.-Ord. vom 31.
December 1842 I. M. B. 1843 S. 19. — Res. vom 20. August 1835. Jahrb.
46, S. 119. — Res. vom 12. December 1828. Gräff, Koch ,c. III. S. 553.
III. Wird gegen die Häupter oder Mitglieder der ehemals reichsunmittelbaren,
jetzt mediatisirten Fürstenhäuser Personalexekution nachgesucht; so muß das
Gericht darüber an den Justizminister berichten, damit dieser die Allerhöchste Be
stimmung einhole. — Cab.-Ord. vom 2. August 1826 und Res. vom 16. April 1836.
Jahrb. 47, S. 554.
IV. Erhält der Exekutor den Auftrag zur Einholung des Schuldners; so muß
er ihn unter sicherer Begleitung in das ihm angewiesene Gefängniß abliefern. Un
ter Observation darf er ihn nur dann lassen, wenn ihm dies ausdrücklich aufgetra
gen ist. Er darf dann aber den Schuldner nicht aus den Augen lassen. Sollte
der Anstand eine Entfernung gebieten; so muß der Exekutor solche Maasregeln neh-

') Ist Jemand zur Deposition einer Summe Geldes verurtheilt; so ist Exekution
wegen einer Geldsumme, nicht wegen einer Handlung zu vollstrecken. — Res. vom
19. Juni 1835. G r ä f f, K ° ch :c. III. S. 548. , . '
«97
men, baß dem Schuldner der Weg zur Flucht nicht eröffnet werde. — §. 38—40
Jnftr. für die Exet, im Großh. Posen vom 27. April 1835. Jahrb. 48, S. 177.
V. Der Gläubiger muß die Kosten der Personalhaft') vorschiessen,
und zwar pünktlich in der ihm bekannt zu machenden Weise, da, sobald der gezahlte
Vorschuß ausgeht, und nicht ergänzt wird, die sofortige Entlassung de! Schuldners
erfolgt. Zu den vom Gläubiger vorzuschiessenden Kosten gehören, die Verhaftungs-,
Unterhalts- und Kurkoftenz so wie die HeitzungS- und Reinigungskosten für das
Gefängniß. Die darnach zum Unterhalt nöthigen Kosten werden «om Gericht, nach
den Umständen, jedoch nur zur äusserften Nothdurft bestimmt") und aus dem Bor
schusse dem Gefangenwärter oder Inspektor wöchentlich im Voraus verabreicht. —
Der Gläubiger trägt nicht die Aufwartungsgebühren des Gefangenwärters, die Ein-
und Ausschreibe- und Satzgebühren; auch nicht den zur Verpflegung der Familie
des Schuldners nöthigen Aufwand.
Dagegen steht aber dem Gläubiger frei, dem »erhafteten Schuldner solche
Mittel und Gelegenheit zur Arbeit zu verschaffen, welche seinen Kennt
nissen und Kräften gemäß, und für seinen Stand nicht entehrend sind. Die Ge-
fangenanstalt hat nicht die Pflicht, für diese Arbeit zu sorgen. — Haben jedoch
dergleichen Schuldgefangene nach ihrer äussern Lage im Zustande der Freiheit sich
durch mechanische Handarbeiten ihren Unterhalt erworben; so können sie unter bil
liger Rücksicht auf ihre sonstigen individuellen Verhältnisse zu den Arbeiten der übri
gen Gefangenen mit angehalten werden.
Der durch die Arbeit des Schuldgefangenen gewonnene Verdienst wird zunächst
auf desselben Unterhalt verwendet; der Ueberreft dem Gläubiger auf seine Forde
rung gezahlt. — §. 142, 143 Anh. 8. 175—177, I. 24 A. G. O. — Res. vom
13. Februar 180S. Rabe 8, S. 247. — Res. vom 2. März 1827. Jahrb. 29,
«. 87. — Res. vom 6. Juli 1832. Jahrb. 4«, S. 173.
VI. Der Schuldgefangene muß ausser dem Falle, wenn Ertrahent den Vor
schuß nicht ergänzt, der Haft entlassen werden:
1) sobald die Schuld vollständig baar gezahlt wird, oder Ertrahent damit
einverstanden ist,
2) wenn Schuldner in der Art erkrankt, daß er nicht füglich im SchuldgefSng-
ntsse ferner behalten werden kann. Ueber einen solchen Zustand muß der Ge
fangenarzt oder der Kreisphysikus ') gehört werden;
3) wenn die Schuldhaft bei gewöhnlichen Schulden 1 Jahr, bei Wechsel
schulden 5 Jahre gewährt hat, gleich viel, ob auf Antrag eine« einzel
nen oder mehrer Gläubiger, und ob fortlaufend, oder mit Unterbrechungen. Je
doch muß vor Entlassung deö Schuldners im Falle zu 3 dem Gläubiger Kennl-
niß gegeben werden. Er kann auf längere Haft dann antragen, wenn er nach,
«eist, entweder, daß Wahrscheinlichkeit vorhanden sei, ihm durch den fortdauern-

>) Dieselbe muß in den dazu bestimmten Zivilgefängnissen vollstreckt werden; und
namentlich gegen Landwehroffiziere oder pensionirte Offiziere in angemessenen
Lokalen, allenfalls durch die Militairbehörde.— Res. vom 6. Juni 1823. Jahrb.
21, S. 262. Res. vom 4. Februar 1833. Gräff, Koch zc. Hl. S. 557.
2) Im Winter soll für den Tag nicht über 5 Sgr. bestimmt werden. Im Som-
> ! M« findet eine Ermässigung statt. — Res. vom 22. Februar 1822. Jahrb. 19,
S. 176.
») Auch wenn ein Schuldner wegen angeblicher Krankheit den Antrit der Haft wei
gert; muß er durch Zeugniß des Physikus, oder eines Militairarztes die Krank
heit nachweisen. Zeugnisse von Privatärzten können in der Regel nicht berück
sichtigt werden. — Res. vom 3V. Mai 1831 u. Cab.-Ord. »om 24. Deeember
1826. Jahrb. 37, S. 417. — Res. vom 13. August 1S32. Gräff, Koch ,e.
UI. S. SSS. , > i > . . : .?
698
dm Arrest ein Mittel zur Befriedigung zu gewähren, ober, büß der Schuldner
durch einen unmoralischen Lebenswandel sein Unvermögen sich zugezogen hat. —
Auch ein andrer Gläubiger, als der Extrahent der früheren Verhaftung kann
den Antrag auf längere Haft in dieser Art begründen. — Geht von einem Gläu
biger ein solcher Antrag ein; so muß das Gericht beide Theile in einem Ter
mine darüber hören, die Angaben des Gläubigers, so weit sie auf Thatsachn,
beruhen, jedoch nur fummarifch untersuchen, und das Nöthige durch eine Reso
lution festsetzen. Gegen diese findet kein förmliches Rechtsmittel, sondern nur
der gewöhnliche Rekurs statt. — Wird die Entlassung des Schuldners beschlos
sen z so muß er dennoch zuvor auf Verlangen sein Vermögen manifeftirm, und
die Befriedigung des Gläubigers, sobald es ihm möglich wird, eidlich angeloben.
Der Umstand, daß Schuldner sich wahrscheinlich entfernen werde, rechtfertigt
die Fortsetzung des Arrestes nicht. — Dagegen schützt der Ablauf der ein- und
resp. fünfjährigen Haft nicht gegen Personalerekution wegen Schulden, welche
erst nach der Haft gemacht sind. — Z. 146 Anh. §. 178, I. 24 «. G. O, -
Cab.-Ord. vom S. Juli 1832 GS. S. 176. — Res. vom 7. August W7.
Jahrb. SV, S. 118.
. Verfahren bei Widerstand gegen Exekutionen.
Z. 441. l. Thätliche Widersetzlichkeit gegen den Exekutor bei Vollzie
hung der ihm gewordenen gerichtlichen Aufträge wird mit Gefängniß-, JuchthM-
oder FestungSftrafe von 2 Monaten bis zwei Jahren geahndet. Thätliche oder
wörtliche Beleidigungen desselben in Ausübung des Amts werden mit d«
um ein Drittheil zu schärfenden Strafe, die durch die Beleidigung an sich verwirkt
ist, gesühnt. — §. 148, !. 24 A. G. O. — Z. 166 u. 209 des Str. R.
II. Kann der Exekutor, in Folge thötlichen Widerstandes, den ihm geschehene»
Auftrag allein nicht vollzieh« z so muß er dem Gericht sofort Anzeige machen, und
bei auswärtigen Exekutionen bei der Ortspolizeibehörde unter Vorzeigung seine«
Auftrags Beistand suchen. Das Gericht hat
1) zunächst die Gensdarmerie um Unterstützung und Sicherung der V?eKi-
tionen zu ersuchen.
2) Reicht diese Hilfe nicht Hinz so muß zu ihrer Unterstützung der Beistand des
Militairs nachgesucht »erden.') Die« thut entweder die Gensdarmerie, od»
die Gerichtsbehörde, diese mittelst Berichts an ihre vorgefetzte Behörde.
Ist zur Vollstreckung der Exekution gegen eine große Anzahl von Menschen,
«der wegen zu besorgender hartnäckiger Widersetzlichkit, ein beträchtliches Mi-
tairkommando erforderlich; oder trit überhaupt ein bedenklicher Umstand ein; st
Muß jedes Mal bei der Regierung Erkundigung eingezogen werden: ob Ursachen
Vorhanden find, welche die Anwendung militairischer Hilfe Widerrathen, und wie
etwa ohne dieselbe der Zweck am Besten zu erreichen sei.
Wird ias Militair zum Beistand kommandirtz so hat nicht die Zivilbehörde,
sondern das Militair und dessen Befehlshaber zu beurtheilen: ob und in welch»
Art zur Anwendung der Waffen geschritten werden soll. Die Zivilbehörbe aber muß
Ä> jedem Falle, in welchem sie die Hilfe des Militairs nachsucht, de» Gegenstand
und 5en Zweck, wozu sie verlangt wird, so bestimmt angeben, daß von Seiten des

") Die Gebühren eines, solchen Militairkommandos betragen bei Exekutionen für de»
Gemeinen 4 gGr., für den UnKroffizier 6 gGr. für den Tag, und vom dritte»
dri!
und den folgenden Tagen das Doppelte. Werden sie beköstigt, so wird auf die
Kost 1 gGr. abgerechnet. Der kommandirte Offizier erhält 8 gGr. pro Meile,
und 2 Thlr. pro Tag, die höheren vom Staabskapitain das Doppelte. —Ats»
»om S. November 1SV4. Rabe S, S. Sil.
S9S
Militair« b!e Anerdnuug« mit Zuverlässigkeit getroffen werbe» könne». — §. 159,
15«, Anh. Z. 179, l. 24 A. G. O. — j. 13 Verord. vom ZV. December 1320 GS.
1821 S. 6. — Ges. vom 2«. März 1837. 8. ö GS. S. öl. — Res. vom 20.
Juni 1S34. Jahrb. 43, S. 49«.

Zweiter Abschnitt.
»om ««fahren bei nothwendigen Subhasiationen.
Einleitung.
8. 442. Unter Subhastationsprozeß versteht man dasjenige gerichtliche
Verfahren, welches beim öffentlichen Feilbieten der Grundstücke, und der in die
ser Beziehung denselben gleich gestellten Gegenstände, und bei deren Uebereignung an
den Meistbietenden statt findet.
Die Privatlizitation, welche Privatbesitzer und Korporationen Behufs
Veräusserung von Grundstücken vornehmen, hat nicht die Natur einer Subhaftation.
Sie ist eine gewöhnliche Veräusserung. Dies ist auch der Fall, wenn dabei, wa«
gestattet ist, Justizkommissarien als Beistände thätig sind. Solche Lizitationen dür
fen jedoch nicht in Wirthshäusern und andern öffentlichen Orten, sondern sie müs
sen in Privatwohnungen abgehalten werden.
Auch die freiwilligen gerichtlichen Subhastationen haben nicht die
Natur eines Subhastatioosprozesses. Sie sind Handlungen der freiwilligen Gerichts
barkeit, bei deren Vornahme jedoch gewisse besondre gesetzliche Vorschriften zu be
obachten sind. ^ — §. 1 u. 2, l. 52 A. G. O. — Einl. z. Ges. vom 6. April 1839.
GS. 12S. — Res. vom 2«. Juli 1795 u. vom 27. Oktober 1804. Rabe 3, S.
12«. Bd. 8, S. 205.
') In dieser Hinsicht gilt folgendes:
1) Die freiwillige gerichtliche Subhaftation findet nur bei solchen Sachen
und Rechten, die sich zur nothwendigen Subhaftation eignen, und in
nachstehenden Fällen statt:
s) wenn beim gemeinschaftlichen Eigenthum sämmtliche Miteigenthümer,
wozu auch Benefizialerben gehören, zum Zweck ihrer Auseinandersetzung
darauf antragen;
d) Behufs der Veräusserung von Gütern der Pflegebefohlenen, so wie derje
nigen überhaupt, denen die Rechte der Minderjährigen zustehen, in s«
fern nicht von der Subhaftation dispensier ift.
2) Zur Einleitung derselben ist nur der Richter der Sache kompetent. Doch
kann vom Justizminifter in Fällen, in denen besondre Umstände die Vereini
gung des Subhastationsverfahrens über die unter verschiedenen Gerichtsbar
keiten belegenen Grundstücke desselben Besitzers rathsam machen, auf den An
trag der Interessenten Ein Gericht zum gemeinschaftlichen Gerichtsstande
der freiwilligen Subhaftation bestellt «erden, wenn die vorhandenen Real
prätendenten und eingetragenen Gläubiger ausdrücklich in ein solches Verfah
ren einwilligen. Der Subhastationsrichter hat auch hier dieselben Pflichten
und Rechte, wie der Richter der nothwendigen Subhaftation im Falle des
§. 444, Nro. 2, nur daß an Stelle der Adjudikaroria die Ausfertigung der
Lizitationsverhandlung trit.
3) der Richter der freiwilligen Subhaftation muß beim Antrage auf solche zu
nächst die Verfügungsfähigkit und Legitimation der Extrahenten, so wie
ihrer etwanigen Bevollmächtigten und ihrer Vormünder genau prüfen, und
darf vor Behebung der sich hierbei etwa vorgefundenen Anstände dem Antrage
nicht statt geben.
4) Zugleich muß der Richter von Amtswegen dahin sehen, daß der Besitztitel,
fall« tt noch nicht geschehen, aus den Extrahenten berichtigt werde. Das
Von den Gegenständen der Subhastation und den Fällen, in welchen
nothwendige Subhastation zulässig ist. ' " ' "
Z. 443. I. Gegenstände, die sich zur Subhastation eignen, sind
I) Grundstücke. Das Recht eines Laßbauern auf Eigenthumsvcrleihung kann
nicht subhastirt werden. Sobald aber durch Regulirung der gutsherrlich-bauer-
lichen Verhältnisse das Eigenthum auf den bäuerlichen Besitzer übergegangen ist,
kann dasselbe selbst vor Beendigung der Regulirung, zur Subhastation gestellt
werden ;
Grundstücke, welche, wie z. B. BegrSbnißplätze, einschließlich der Familienw
gräbnisse, Synagogen u. dgl., dem bürgerlichen Berkehr entzogen sind, können
nicht subhastirt werden.
^> dies erfolgt, muß zu den Subhastationsakten auf Grund der Hypothekenak-
»„ ten amtlich vermerkt, oder zu jenen eine Ausfertigung des neuesten Hypothe-
kenscheins gebracht werden.
.6) Stehn der Besitztitelberichtigung nicht sogleich zu beseitigende Hindernisse ent
gegen; so sind die Interessenten darauf aufmerksam zu machen, daß vor Be
seitigung derselben sich schwerlich ein Käufer finden werde. Verlangen sie
. dennoch ausdrücklich die Subhastation; so muß sie, wenn sonst kein Beden-
; , ken entgegensteht, eingeleitet werden. !.,.,,,!'...,
6) Dann muß, falls nicht
s) die Ertrahenten auf gerichtliche Taxe des Grundstücks antragen, oder
d) eine gerichtliche Taxe, wie bri Grundstücken der Pflegebefohlenen ic. ge-
> ' l setzlich nothwendig ist;
unter Zuziehung der Ertrahenten eine vollständige Beschreibung desselben auf-
, , .genommen, und dabei insbesondre darauf geachtet werden:
ob Peränderungen des Realzustandes vorgefallen sind, welche
noch nicht im Hypothekenbuche vermerkt worden)" und
. ob Prozesse über das Grundstück schweben, "'"-^
da es nothwendig ist, daß sowol der subhastirende Richter, als der künftige
Erwerber des Grundstücks über den Gegenstand des Kaufs vollständig un
terrichtet sind.
s, , ,7) Die von den Ertrahenten den Bietern zu stellenden Kaufbedingungen «er
den vor Anberaumung des Lizitationstermins regulirt. Dies kann bei Auf
nahme der Taxe oder der Beschreibung geschehen. Es gilt davon Gleiches,
wie von Bedingungen bei Verträgen und Kontrakten. Zu berücksichtigen M
namentlich etwanige Zahlungs- oder Stundungsmodalitöten; die Hyxothe-
kenschulden; ob der Kauf in Pausch und Bogen erfolge; die Rubr. II. ein«
,., getragenen Lasten und Beschränkungen; öffentliche und gemeine Lasten; die
5> Uebergabe; der Kostenpunkt zc. „ k,
8) In die Subhastationspatente kommen der Betrag der Taxe, «vent. die Be
schreibung des Grundstücks, und die Kaufbedingungen. Die Bestimmung der
Fristen und die Art der Bekanntmachung hängen vom Uebereinkommen der
,^ , Extrahenten ab. Ermangelt ein solches; so kommen die Vorschriften bei
,,' ,, notwendigen Subhastationen in dieser Hinsicht zur Anwendung. — Der Be
nachrichtigung der aus dem Hypothekenbuche sich ergebenden Realinteressenten
bedarf es nicht; wohl aber ist vom Termin den etwa vorhandenen Vorkaufs
berechtigten Nachricht zu geben.
., Z) Ein Zuschlagsbescheid wird nicht abgefaßt. Die Lizitationsverhandlung «er«
^ , 4rit die Stelle des Kaufvertrags. Sie muß deshalb genaue Auskunft geben
.^4 , , über die Identität, Berfügungsfähigkeit und Legitimation der Interessenten,
so wie ihrer Vertreter, und neben einer die wesentlichen Merkmale des Grund-
, > ,ftücks umfassenden Beschreibung desselben, vollständig die Bedingungen ent-
^ ,., . , halten, unter welchen der Verkauf erfolgt ist. Darf der Verkauf nicht «h»e
' Genehmigung der Obervormundschaft oder einer vorgesetzten Behörde abge-
' schlössen werden; so ist dieserhalb das Erforderliche zu bemerken, und eine
Frist zu bestimmen , bis zu deren Ablauf der Meistbietende an sein Geb«
, gebunden sein soll. , ,,„,!,--,
10) Haben die Betheiligten in den Zuschlag gewilligt, und ist auch in den geeig
neten Fällen die Genehmigung der »ormundschastlichen, oder der »oraeseitt»
7«1
2) Gerechtigkeiten, welchen da« Gesetz die Eigenschaft einer unbe
weglichen Sache beilegt; namentlich
s) Rechte, zu deren Ausübung Jemand in der Eigenschaft als Besitzer einer un
beweglichen Sache befugt ist (subjektiv dingliche Rechte). Auch wenn
solche Rechte ohne Genehmigung der Realgläubiger vom Grundstücke getrennt
sind, können sie zur Subhastation gestellt werden.
d) In der Provinz Westphalcn und in den Kreisen Rees und Duisburg
sind überhaupt alle Realberechtigungen, sie mögen Geldrenten oder Na
turalleistungen') zum Gegenstände haben, subhastationSfähig. Ausge
nommen sind nur die Berechtigungen, welche nach der Abl. Orb. vom 13.
Juli 1829 8- 3 u. §. 5 Nro. 3 von der Ablösung ausgeschlossen sind. Doch
können Realberechtigungen, welche Zubehör eines Grundstücks sind, für sich
allein nur dann zur Subhastation gestellt werden, wenn sie von dem berech
tigten Gute getrennt werden dürfen, und die Trennung bewirkt, oder doch
vollständig vorbereitet ist.
c) Ferner gehören dahin diejenigen Gerechtigkeiten, welche für sich selbst beste
hen, daher ohne den Besitz eines Grundstücks ausgeübt werden können, ?)
und ins Hypothekenbuch unter besondrer Nummer eingetragen werden. Da
hin sind ins Besondre zu zählen ss) Apothekerprivilegien, welche nicht
auf Grund eines Gewerbscheins entstanden, sondern auf eine vor dem Gewer
begesetz vom 2. Novbr. 1810 ertheilte erbliche Verleihung sich gründen;
bd) die für sich bestehenden, und noch nicht abgelösten erblichen Ge-
Werbegerechtigkeiten, welche ein eignes Hypothekenfolium haben; jedoch
mit der Maasgabe, daß im Patent die durch die Gewerbeedikte gewordene
Veränderung vermerkt werde, damit die Lizitanten wissen, daß sie eigentlich
nur auf die Entschädigungs- und Ablösungssumme bieten;
ce) Zehnt-, Jagd- und Fischereigerechtigkeiten, das bei Veräusserun-

Behörde beigebracht; so wird die Lizitationsverhandlung, unter Beifügung


der Kaufbedingungen und der Urkunden über erfolgte oder ergänzte Zustim
mung der Betheiligten in beglaubter Form, ausgefertigt. Zu der für den
Käufer bestimmten Hauptausfertigung wird der Kaufwerthstempel verwen
det. Des Anschlusses der Legitimationsdokumente der Ertrahenten bedarf
es nicht. Nebenausferrigungen werden den Anträgen der Interessenten ge
mäß gefertigt.
11) Die Originalausfertigungen hat der Subhaft.-Richter der Hypothekenbehörde
unmittelbar zu übersenden, um den Besitztitel für den Käufer zu berichtigen,
sobald die Uebergabe des verkauften Grundstücks nachgewiesen wird; und
die rückständigen Kaufgelder den Kaufbedingungen gemäß einzutragen.
12) Der Hypotheken-Richter muß vom geschehenen Verkauf die Realgläubiger
benachrichtigen.
13) Soll eine freiwillige Subhastation in eine nothwendige umgewandelt wer«
den; so muß diese gemäß §. 443, ll. begründet sein. Der Zuschlag kann in
solchem Falle aber nur dann erfolgen, wenn entweder die sümmtlichen als
dann vorhandenen Interessenten damit einig, oder wenn bei der freiwilligen
SubHast, alle gesetzlichen Förmlichkeiten der nothwendigen beobachtet sind. —
Verord. vom S. April 1839 GS. S. 125. — Jnstr. vom 2«. Mai 1339
I. M. B. S. 19« fg. — Cab.-Ord. vom 22. April 184«. Res. vom 2.
Mai 184« I. M. B. S. 165. — Z. 73, I. 52 A. G. O. — Res. vom
24. März 1837. Jahrb. 49, S. 25«.
1) In den andern Provinzen findet nicht Subhastation dieser Realberechtigungen,
sondern Beschlagnahme, Anweisung und Ueberweisung statt. — L5. §. 433.
2) Stände in den Judenschulen, sofern sie kein Hypothekenfolium haben, sind nicht
? /, ber Subhastation, sondern der Auktion unterworfen. — Res. vom 7. Mai 1827.
Gräff, Koch ,k. III. 1132.
45
702
gen von Domaincn (in so fern es für sich besteht) vorbehaltene Siecht
des Patronats und der Jurisdiktion u. dgl.z
<Zd) bei getheiltem Eigenthum die Berechtigung des Obereigenthümers,
Zinsherrn und Erbzinsherrnz bei der Erbpacht die Berechtigung
des Erbpächtersz bei der Supersizies die Berechtigung des Su-
perfiziarii.
3) Das Bergwerkseigenthum; und
4) Seeschiffe und alle andre Schiffsgefösse, welche, sei es zur See oder
auf dem Strom,') zur Frachtschisffahrt bestimmt sind. — §. 3, I. 52 AG.
O. — Z. 1 Subh. Ges. vom 4. März 1834. — Cab.-Ord. vom 26. Oktober
184« u. Res. vom 14. April 184« I. M. B. S. 34«, 143. — z. 8, 9, I. 2.
8. 39S, l. 2« A. L. R. — Z. 14, 15, I. H. O. — Res. vom 29. April 1820.
Jahrb. 15, S. 287. — Res. vom 1«. Mörz 184« I. M. B. S. 113.- Res.
vom 26. Juni 1816. Jahrb. 7, S. 58. — Res. vom 2. Oktober 181S. Jahrb,
8, S. 28«. — Res. vom 27. März 1797. Rabe 4, S. 74. — Res. vom 7.
December 1321. Jahrb. 18, S. 329. — Res. vom 16. December 1837. Jahrb.
5«, S. 535.
II. Die notwendige Subhastation findet statt
1) im Wege der Exekution, wenn ein oder mehre Gläubiger auf Befriedigung
aus dem Immobile antragen;
2) im Konkurse auf Instanz des Kurators der Masse;
3) im erbschaftlichen Liquidationsprozesse, 2) ohne Unterschied, ob der
Erbe sich im Besitze des Nachlasses befindet, oder nicht;
4) auf den Antrag des Benefizialerben, der sich als solcher legitimirt;
5) auf den Antrag eines Miteigenthümers zum Zweck der Ausein
andersetzung, in so fern die Miteigenthümer sich nicht darüber einigen, daß
nur eine freiwillige Subhastation statt haben soll, — In diesem Falle zu Nro. 5
hat jedoch die Subhastation die Wirkungen einer nothwendigen nur gegen die
Miteigenthümer; nicht aber gegen Pächter, Miether, eingetragene Gläubiger und
andre Realberechtigte, deren Zuziehung bei dem Verfahren es daher nicht bedarf.
Haften jedoch auf dem Antheil eines Miteigenthümers, gegen welchen zum
Zweck der Auseinandersetzung auf Subhastation angetragen wird, Hypotheken-
schulden, oder andre Reallasten, für welche der Antheil des Extrshenten der Sub
hastation nicht mit verhaftet ist; so treten in Beziehung auf jene Schulden und
Lasten die Wirkungen der nothwendigen Subhastation, so wie gegen den Mitei
genthümer selbst ein. Die Inhaber solcher Hypotheken - und Realrechte sind rück-
sichtlich des ihnen verpfändeten Antheils und der darauf fallenden Kaufgelder-
rate nach den folgenden Vorschriften zu behandeln;
6) endlich auf den Antrag des Magistrats s) rücksichtlich eines in der Stadt
an die Straße «der einen öffentlichen Platz stossenden baufälligen Gebäudes, mm»
der Eigenthümer der geschehenen Aufforderung ungeachtet weder repariren, noch
die zur Herstellung erforderlichen Kosten herbeischaffen will oder kann; b) in
Städten, wo die alte Städteordnung gilt, wenn der Erwerber eines Grund-

1) Auf die Höhe des Werths derselben kommt es nicht an. — Res. vom 16. Decbr.
1837. Jahrb. 5«, S. 535.
2) Wird der Liquidationsprozeß demnächst dadurch beseitigt, daß der Erbe sich für
Erbe ohne Vorbehalt erklart ; so geht auf seinen Antrag die nothwendige Sub
hastation in eine freiwillige über. Ist jedoch ein Gläubiger, dessen Forderung
unter Exekution stand, der nothwendigen Subhastation beigetreten gewesen; so
kann ohne seine Zustimmung die nothwendige Subhastation nicht umgewandelt
werden. .
703
ftücks ble ihm zur Gewinnung des Bürgerrechts unter der Androhung der
Subhastation gestellte dreimonatliche Frist hat fruchtlos verstreichen lassen. —
Z. S, I. 24 A. G. O. — §. 2 Subh. Ges. vom 4. März 1834. — SZerord.
«cm 11. August 1843 GS. S. 323. — K. 38 fg. I. 8 A. L. R. — Res. vom
II.Dcc. 181«. Mathis X, S. 363. Res. v. 2. Mörz 1810. Math is IX, 23.
Bon welchem Richter die Subhastation erfolgen muß.
§ 444. Die Subhastation gebührt dem Richter, unter welchem die zu
subhaftirende Sache gelegen ist. An diesen Richter gehen daher die auf Sub
hastation gerichteten Anträge, Requisitionen und Aufträge.
Jcdoch werden 1. blofse Pertinenzstücke, wenn sie auch unter andrer Ge
richtsbarkeit liegen, mit dem Hauptgute zugleich von dem Richter, unter welchem
dieses gelegen, subhastirt, und das Gericht des Pertinenzstücks wird nur um Auf
nahme der Taxe requirirt. Wenn aber s) ein solches Pertinenzstück mit dem Haupt
gute nicht nothwendig verbunden ist, sondern davon füglich getrennt werden kann,
und die Gläubiger einen besondern Verkauf desselben ausdrücklich verlangen; so ge
bührt dieser dem Richter des Pertinenzstücks.
b) Liegt ein Komplexus von Grundstücken theilweise im Jnlande, theilweise im
Auslände; so müssen die diesseits gelegenen Grundstücke, wenn auch eine scheinbare
Untheilbarkeit vorläge, dennoch abgesondert im Wege der Exekution subhastirt werden.
2. In Fällen, in denen besondre Umstände die Vereinigung des Subha-
stationsverfahrens über die unter verschiedener Gerichtsbarkeit belegenen Grund
stücke desselben Besitzers rathsam machen, kann der Justizminister auf Antrag der
Interessenten Ein Gericht zum gemeinschaftlichen Gerichtsstande der Subhastation
bestellen, wenn die vorhandenen Realprätendenten und eingetragenen Gläubiger aus
drücklich in ein solches Verfahren einwilligen.
In solchem Falle ist dieses Gericht ermächtigt, die zur Subhastation zu stellen,
den Güter und Grundstücke, je nach dem Antrage der Interessenten, zusammen oder
einzeln zum Verkauf auszubieten, das Zuschlagöerkennniß abzufassen, zu publiziren,
und die Belegung der Kaufgelder zu reguliren.
Es hat aber die Gerichtskosten, welche durch den Verkauf der nicht zu seiner
Gerichtsbarkeit gehörenden Güter oder Grundstücke und durch Belegung der Kauf
gelder aufkommen, nach Abzug der baaren Auslagen an die Sportelkasse des Rich
ters der Sache herauszuzahlen, die hierunter enthaltenen gemeinschaftlichen Kosten
beträge aber nach dem Verhältnis, des Taxwerths der einzelnen Grundstücke zu
vertheilen.
Königliche Untergerichte und Patrimonialgerichte haben in den geeignet befun
denen Fällen die Bestimmung eines gemeinschaftlichen Gerichtestandes durch dai vor
gesetzte Obergericht, welchem die nähere Prüfung der Anträge obliegt, beim Justiz-
minister nachzusuchen.
3. Die Subhastation der Realberechtigungen in der Provinz West-
xhalen und den Kreisen Rees und Duisburg gehört vor das Gericht des
verpflichteten Grundstücks, und wenn über die Berechtigung ein besondres Hypothe-
kenfolium angelegt ist, vor das Gericht, bei welchem dieses geführt wird.
4. Bergtheile, Kur- und sonstiges Bergwerkseigenthum werden von
dem betreffenden Berggericht subhastirt.
5. Frachtschiffe werden da, wo besondre See- oder Handelsgerichte sind, von
diesen, sonst vom persönlichen Richter des Eigenthümers subhastirt, in sofern nicht
etwa dieser sich veranlaßt findet, das Gericht des Orts, wo das Schiff befindlich
ist, um Subhastation zu rcquiriren. — ,§. 9, 1«, I. S2 A. G. O. — Z. 5 Verord.
vom 10. April 1S41 GS. S. 77.- §. 661 fg. 672 fg. 631 fg. 4. S0 A.G.«.
455
704
8. 4 Ges. vom 23. December 134« GS. 1841 S. 6. — Eab.-Ord. vom 22. April
u. Res. vom 2. Mai 184« I. M. B. S. 165 fg. — Res. vom 2«. December IM.
Gräff, Koch ,c. III. S. 118S.
Prüfung des Subhastationsantrages.
Z. 445. Der Subhaftationsrichter muß, vorausgesetzt, daß seine Kompetenz aus
ser Zweifel ist, bei Prüfung des Antrags auf Subhastation sein Augenmerk zunächst
darauf richten:
I. ob Extrahent zum Antrage berechtigt sei? Wird 1) die Subha
station vom Prozeßrichter im Wege der Exekution beantragt; so kann der Subha
ftationsrichter sich jedoch auf eine Prüfung dessen, was schon jenem zu prüfe» ob
lag, wie z. B. dessen: ob die Exekution aus dem Urtel, Vergleich zc. noch zulässig?
ob das Mandat mit vierwöchentlicher Frist erlassen sei u. dgl., nicht einlassen.
2. Beantragt nicht eine richterliche, sondern eine andre Behörde, z. B. die Kö
nigliche Regierung wegen Abgaben, die Landschaft wegen Pfandbriefszinsen') u. s. w.
die Subhastation; so muß der Subhaftationsrichter zunächst prüfen: ob das Gesetz
der requirirenden Behörde in Fällen der vorliegenden Art das Exekutionsrecht gestat
tet. Demnächst aber muß er, wenn das Mandat mit vierwöchentlicher Frist noch
nicht erlassen ist, dieses an den Schuldner erlassen; und nach fruchtlosem Ablauf der
Frist, auf Anzeige der requirirenden Behörde die Subhastation verfügen, in so fern die
Verbindlichkeit des Schuldners ohne Zweifel ist, und auch sonst kein Hinderniß vorliegt.
3. Beantragt ein Magistrat die Subhastation eines baufälligen städtischen Ge
bäudes, so muß er zur Begründung des Antrags angeben, wie er die zur Herstel
lung des Baues erforderlichen Kosten berechnet habe, und die dem Eigenthümer des
baufälligen Gebäudes zur Herbeischaffung derselben gestellte Frist fruchtlos abgelaufen sei.
4. Der Konkurskurator muß beim Antrage auf Subhastation sich als sel
cher legitimiren; der Benefizialerbe sein Erbrecht, und daß ihm die Rechts-
wohlthat des Inventar« wirklich zustehe; und der Miteigenthümer sein Mit-
«genthum nachweisen. — Verord. vom 25. December 1803. Z. 48 Mathis VII.
S. 367. — Res. vom 5. März 1833 I. M. B. 1839 S. 377. — Res. vom t».
November 1836. Jahrb. 48, S. 465. — Z. 5 Erek. Ges. vom 4. März 1SS4.
U. Die Subhastation ist in der Regel nicht zulässig
1) wegen Geldstrafen für Zoll- und Steuerdefrautionen. Die Geldstrafe M
in Ermangelung andrer Gegenstände vielmehr in Gefängnißstrafe umgewandelt,
und diese vollstreckt werden. Ist jedoch
g) der Bestrafte ausser Landes, ohne andres Vermögen, als Grundstücke, zurück«
gelassen zu Habenz oder ist derselbe
d) mit der Subhastation selbst einverstanden, hier auch das Grundstück nicht
so verschuldet, daß zur Deckung der Geldstrafe keine Hoffnung wäre; so M
die Subhastation dennoch vor sich gehen.
2) Wegen der zu Königl. Kassen fliessenden Holzerfatz- und Forststrafgelder
soll die Subhastation als Exekutionsmittel in dem Falle, wenn nach de» ans
dem betreffenden Grundstück schon haftenden Hypothekenfchulben die Befriedigung
der Forstkasse auch nur zweifelhaft bleibt, gar nicht; sonst aber nur aus»
nahmsweise gegen solche Frevler extraHirt werden, welche sich durch wieder
holten Holzdiebstahl und nach zweimaliger wirklich erfolgter Bestrafung, »der
wegen eines mit dem gestohlenen Holze getriebenen Handels der Berücksichtigung
unwürdig gemacht haben, oder gegen welche aus den vorliegenden Wirthschafts-
') Auch die Posener Landschaft hat gleich den übrigen Kreditinstituten das Ereku-
tionsrecht wegen der Pfandbriesszinsen. — Cab.kOrd. vom 19. März 1«»
GS. S. 167.
705
und den gesammten übrigen Verhältnissen mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen,
daß sie mit hinter sich habenden Zahlungsmitteln böswillig zurückhalten. Auch
soll selbst unter diesen Voraussetzungen an ein und demselben Orte nur gegen
einen, höchstens zwei Strafrestanten im Laufe eine« Jahres das Subhaftationi«
verfahren beantragt werden.
3) Wegen Untersuchungskoften und überhaupt Gerichtskosten können die
Salarien- und Gebührenkassen nicht Subhastation der Grundstücke beantragen,
Kosten und Mandatariengebühren, welche der Gegner von einer Partei erstattet
»erlangen kann, gehören jedoch nicht hierher. — Cab.-Ord. vom 10. April 1826.
Beschl. des Staatsmin. vom 8. Oktober 1826 GS. S. 106. — Beschl. vom
14. Oktober 1829 GS. S. 127. — §. S1 Ges. vom 23. Januar 183«
GS. S. «3. — Res. vom 27. Juni 184« I. M. B. S. 226. — Cr. O. Z. 622. —
Res. vom 18. Mai 1816; vom 6. Oktober 1834z vom S. März 1832. Jahrb.
8, S. 34. Bd. 44, S. 444. Bd. 39, S. 161.
III. Der Subhastat.-Richter muß ferner prüfen: ob in Bezug auf den Ge
genstand der Subhastation, oder in Bezug auf den Besitzer oder Mitbesitzer, gegen
welchen der Antrag gerichtet ist, ein Hinderniß obwaltet. Mit Rücksicht hierauf ist
folgendes zu bemerken:
1) Bon dem zu subhastirenden Grundstück muß entweder
g) der Besitztitel auf denjenigen, auf dessen Namen die Subhastation vor sich
gehen soll, berichtigt; oder es muß,
d) wenn dies nicht der Fall, oder das Hypothekenfolium noch gar nicht ange
legt ist, doch der Nachweis geführt sein, daß derselbe Besitzer sei. Bei Sub-
hastationen im Wege der Exekution muß erforderlichenfalls der Ertrahent die
sen Nachweis führen. — Es gnügt übrigens, wenn das Eigenthum durch ein
Attest der Ortsbehörde, oder durch eine öffentliche Urkunde bescheinigt ist. —
Cab.-Ord. vom 9. Mai 1839 GS, S. 163. — Res. vom 23. Juli 1840
I. M. B. S. 263. — Res. vom 26. August und vom 11. Novemb. 1831.
Jahrb. 18, S. 109, 343. — Res. vom 20. Februar 1335. Jahrb. 45, S. 205.
2) Im Wege der Exekution kann in der Regel ebenfalls nur das Grundstück des
Schuldners subhastirt werden. Hat jedoch dieser das Grundstück verkauft; so
fragt es sich; ob die unter Exekution stehende Forderung im Hypothekenbuch
dieses Grundstücks eingetragen sei, oder nicht?
s) Im ersten Falle ist Subhastation dann zulässig, (ohne daß es einer wieder
holten Klage gegen den Erwerber bedarf,) wenn die gegen den Verkäufer
angestellte Klage vor der Beräusserung bereits behändigt war. Dies gilt
auch in dem Falle, wenn die Forderung im Laufe der Erekutionsinstanz erst
eingetragen, und nachher das Grundstück veräussert worden ist. War jedoch
die Beräusserung vor Behändigung der Klage vorgenommen; so muß gegen
den neuen Besitzer, bevor Subhastation zuständig, erst geklagt werden.
b) Ist die unter Exekution stehende Forderung nicht eingetragen ; so ist bei einem
inzwischen vom Schuldner stattgehabten Berkauf des Grundstücks die Sub
hastation desselben nur dann zulässig, wenn das die Subhastation androhende
Mandat vor dem Verkauf dem Schuldner bereits behändigt war.
c) War Jemand erweislich bereits damals, als der Gläubiger wegen seiner an
einen Dritten ihm zustehenden Forderung ein Grundstück als Erekutionsob-
jekt wählte, Besitzer') desselben; so kann dies bei seinem Widerspruch nicht
eher subhastirt werden, als bis Extrahent die Subhastationsbefugniß rechts
kräftig erstritten hat. War dagegen der, der Subhastation Widersprechende
') D. h. vollständiger Besitzer; denn ein unvollständiger, wie z. B. der Pächter oder
Miether, kann der Suhhastation nicht widersprechen.
70«
damals nicht im Besitz, so muß derselbe im Wege des Jnt«»e»tionip«jes-
ses sein Recht zum Widerspruch nachweisen.') — Res. vom 19. Febr. ISIS.
Jahrb. IS, S. 12. — Res. vom 8. December 1834. Jahrb. 44, S. 409.-
Res. vom 28. Juli 1837. Jahrb. S«, S. 11«. — Res. vom 3. Juli und
18. November 1839 I. M. B. S. 247, 390.
3) Bei stattfindender Gütergemeinschaft kann wegen der gegen den Mann allein er-
strittenen Forderung das ganze gemeinschaftliche Grundstück zur Subhastation
gestellt werden. Dieser ist jedoch dann Anstand zu geben, wenn die Ehefrau das
Grundstück in die Gemeinschaft gebracht hat, und aus diesem Grunde der Sub-
haftation widerspricht, indem sie andre zum gemeinschaftlichen Vermögen gehö
rende Gegenstände zur Befriedigung des Gläubigers nachweist. — §. 386, II. 1
A. L. R. — Plen.-Besch. des Geh. Ob.-Trib. vom 24. August 184« u. Res.
vom 6. November 184« I. M. B. S. 369 fg.
4) Ein Fideikommiß kann nur wegen solcher Fideikommißschulden , mit welch,«
der Stifter dasselbe bei dessen Errichtung selbst belastet hat, oder welche aus sei
nem übrigen Vermögen nicht bezahlt werden können; und ein Lehn nur we
gen solcher Lehnsschulden, für welche die Substanz des Lehns auch ohne beson
dre Einwilligung der Interessenten haftet, oder für welche dasselbe unter aus
drücklicher Einwilligung des Lehnsherrn und sämmtlicher Agnaten oder Mitbe
lehnten verpfändet ist, subhastirt werden. Für andre Schulden haftet nicht die
Substanz, sondern nur die Nutzung. — §. 1«4, 11«, II. 4. z. 331-333, 1.
18 A. L. R.
5) Wenn ein Miteigentümer die Subhastation eines. Mehren gehörigen, Grund
stücks Behufs Auseinandersetzung beantragt; so wird der Antrag den übrigen
Miteigenthümern mit der Aufforderung mitgetheilt:
binnen 4 Wochen bei Vermeidung der Einleitung der Subhastation ihr«
etwanigen gesetzlich begründeten Widerspruch anzubringen.
Ein solcher Widerspruch hemmt nur dann die Subhastation , wenn er sich dar
auf stützt, daß dem Verkauf besondre gesetzliche Vorschriften, Verträge
oder rechtsgiltige Verfügungen eines Dritten (z. B. des Testators!
entgegen stehen. Wird ein solcher Einwand aufgestellt; so ist er dem Provo
kanten mitzutheilen, und dieser, unter Ablehnung der Subhastation, zum Rechts
wege zu verweisen.
Andre Einwendungen und Widersprüche hemmen nicht die Subhastation, da
jeder Miteigenthümer den öffentlichen Verkauf Behufs Auseinandersetzung ver
langen kann. Dies gilt auch, wenn von zwei geschiedenen Eheleuten der Eine
Subhastation der gemeinschaftlichen Grundstücke Behufs Auseinanderfetzung «er
langt. Namentlich kann der Einwand gemachter Verbesserungen den nothmendi-
gen Verkauf nicht hindern, da dergl. Geldansprüche zur Kaufgelderbelegung ge
hören.— Z. 172—175, 189—191, I. 17 A. L. R. — Ref. vom 3«. Juni IS«.
Jahrb. 43, S. 449. — Ref. vom 9. Oktober 1835 ; 2S. März und 11. April
1836. Jur. Zeit. 183S S. 477, 511, 574. — Res. vom 1«. November IM.
Jahrb. 48, S. 465. — Res. vom 31. Januar 1839 I. M. B. S. 65.
ö) Der Gläubiger eines einzelne» Miteigenthümers kann im Wege der Exekution
nur dessen Anthcil am gemeinsamen Grundstück, nicht aber das ganze Grund-

') Die Behauptung des Schuldners, daß ihm das Grundstück nicht gehöre, «>rd
nicht berücksichtigt, sofern nur sein Besitz feststeht. Meldet sich der angebliche
Eigenthümer, so wird er zum Jntcrvcntionsprozcß verwiesen. Ist das beanspruchte
Eigenthum des Jntervenienten einigermaßen bescheinigt, so muß, gleich wie bei
beweglichen Pfandstücken , der Verkauf bis nach rechtskräftiger Entscheidung des
Jnterventionsprozesses ausgesetzt werden.
707
stück, subhaftiren lassen (c5 jedoch Nro. 3). Dem Abjubikatar steht dann frei,
Behuf« Auseinandersetzung den öffentlichen Verkauf de« ganzen Grundstück« ju
beantragen. — Res. vom 6. November 1835 und 13. Juni und 21. Juli 1336.
Jahrb. 46, S. 483. Bd. 47, S. S13. Bd. 48, S. 403.
7) Sind für eine Forderung mehre Grundstücke verpfändet, und der Gläubiger be
antragt den Berkauf aller; so muß der Richter, falls der Werth des einen der
selben schon den Betrag der Forderung beträchtlich übersteigt, so daß mit größter
Wahrscheinlichkeit die Forderung aus dem Kaufschilling bezahlt werden kann,
nach Maasgabe der Erklärung des Schuldners, «der in Ermangelung einer sol
chen, »ach billiger Berücksichtigung des mindesten Nachtheils für den Schuldner,
diejenige Folgeordnung wählen, in welcher die Subhaftation der Grundstücke vor
zunehmen ist.
Weiter, als bis zur Befriedigung des Gläubigers und zur Deckung der Ko
sten, darf jedoch die Subhaftation der mehren Grundstücke nicht vor sich gehen. —
Res. vom 23. März 181«. Mathii Bd. 1«, S. 115. — §. 201—209, l>
2« A. L. R.
Verfügung auf den Subhaftationsantrag.
g. 446. Wird die beantragte Subhaftation für zulässig erachtet; so muß
1) vom Ertrahenten ein zur Deckung der baaren Auslagen nöthiger Kostenvor-
schuß erfordert werden. Bei Subhastationsanträgen im Wege der Exekutiv»
wird schon bei Erlaß des Zahlungsbefthls dem Ertrahenten im Benachrichti-
gungsschrciben eröffnet, daß er bei Wiederholung des Subhastationsantrags einen
ihm zu bestimmenden Vorschuß einzuzahlen habe, da früher die Subhaftation
nicht eingeleitet werden würde.
Nur s) FiskuS ist bei Subhastationsanträgen von Zahlung des Koftenvor-
schusses frei; und d) auch dann ist von dessen Erforderung abzustehn, wenn Er-
trahent den Borschuß nicht aufbringen kann, die Vcrsagung der Subhaftation
also in ei« Rechtsverweigerung übergehen würde, und wenn der Zustand der
Salarienkasst den Verlag der baaren Auslagen gestattet.
Sonst sind die im Prozesse zum Armenrechte Geeigneten davon nicht frei. —
Res. vom 16. December 1831. Jahrb. 38, S. 341. — Res. vom 25. März
1831. Jahrb. 37, S. 87. — Res. vom 21. Juli 1837. Jahrb. 50, S. 130.
2) Nach Eingang des Vorschusses wird die Einleitung der Subhaftation
und die Anlegung der Subhastationsakten verfügt. Der Tag der Einleitungs
verfügung bezeichnet die Zeit der eröffneten Subhaftation. — §. 18 SubHast.
Ges. vom 4. März 1834.
3) Gleichzeitig bei Einleitung wird, wenn der Antrag im Wege der Exekution ge
macht ist, der Hypothekenrichter um Eintragung des Vermerks ins Hy
pothekenbuch des zu verkaufenden Grundstücke:
daß die Subhaftation verfügt worden, und spätere Verfügungen den bis
dahin eingetragenen Gläubigern unnachthcilig sind;>)
und um Ertheilung eines Hypothekenscheins ersucht. — Dieser Ver
merk ist auch dann einzutragen, wenn der Bcsitztitel für den Schuldner noch
nicht berichtigt worden. 2)
1) Durch diesen Vermerk erlangen die bis dahin eingetragenen Gläubiger das Recht,
daß die, welche später ein Realrecht auf das Grundstück erwerben, dies dem An
spruch jener nicht entgegensetzen, daß sie auch ohne deren Einwilligung dem Zu
schlage nicht widersprechen können.
2) Daraus folgt, daß bei vorhandenem Hnpothekenbuch durch den Antrag um Ein
tragung des Vermerks kein Zwang zur Besitztitelberichtigung entsteht. Anders
ist es bei nicht regulirtem Folium. Hier kann der Vermerk erst nach reguli«
708
Ist ein Hypothekenschein vom Extrohenten bereits übergeben, so ist nur um
Bescheinigung der Vollständigkeit desselben zu ersuchen.
Ist das Hypothekenwesen noch nicht regulirtz so wird zu den Hypotheken
akten Nachricht von Einleitung der Subhastation gegeben, und Bescheinigung
über den Besitz- und Realzustand des Grundstücks verlangt. — z. 3 Subh.Ges.
vom 4. März 1S34. — Res. vom 13. Juli 1S36. Jahrb. 43, S. 277.
4) Endlich wird, sofern nicht etwa eine Taxe bereits beigebracht ist, die Abschätzung
des Subhastationsgegenstandes verfügt. — Konnte bei der Verfügung
der Hypothekenschein oder die Grundakten Behufs Ermittelung der zum Tarter
mine etwa vorzuladenden Realinteressenten nicht eingesehn werden z so kann auch
die Anordnung der Taxe bis zur Gnügung der nach Nro. 3 zu den Hypothe
kenakten ergangenen Requisition ausgesetzt werden. — Z. 11, I. 52 A. G. O.
Verfahren bei der Taxaufnahme, und zwar s) bei geringeren Grund
stücken und bei landschaftlichen Tarenz
447. !. Jede Taxe ist in Silberkurant aufzunehmen. Ihr Zweck ist, die Kauf
lustigen über die Beschaffenheit des feilgebotenen Grundstücks und die dabei anzu
treffenden Realitäten zu belehren und zu informiren. Sie soll zum Leitfaden die
nen, nach welchem jene an Ort und Stelle nähere Erkundigung über den Umfang
des Grundstücks und dessen Ertrag einziehen können. Das Gericht, oder der Ku
rator, oder die Gläubiger, haben die Taxe nicht zu vertreten. Vielmehr geschehe»
Lizitation und Zuschlag in der Regel in Pausch und Bogen, dergestalt, daß nur
dann, wenn das Grundstück ganz oder theilweise von einem Dritten evinzirt wird,
oder ein mit zum Anschlage gebrachtes Stück, oder eine dergl. Gerechtigkeit gar
nicht vorhanden ist, die verkaufenden und aus den Kaufgeldern bezahlten Gläubi
ger nach Berhöltniß des Gebots gegen die Taxe dem Käufer deshalb Gewähr lei
sten müssen. — z. 12 Anh. Z. 395, I. 52 A. G. O.
U. Behufs Feststellung des Taxwerths gnügt
1) bei Grundstücken aller Art, deren Werth nach Inhalt des Hypothe
kenbuchs, der Erwerbdokumente, oder andrer unverdächtiger Angaben den Be
trag von fünfhundert Thaler nicht übersteigt, daß
s) bei ländlichen Grundstücken der Schulze oder die Gerichtsleute des Orts, wo
das zu veräussernde Grundstück belegen ist, oder in Ermangelung der Ge-
richtsleute zwei dazu ausersehene Wirthe dieses oder eines benachbarte» Or
tes, und bei städtischen Grundstücken sachkundige Einwohner des Orts über
die Beschaffenheit, den Ertrag und den Werth des von ihnen zu diesem Be
Hufe genau zu besichtigenden Grundstücks vernommen werden, und zwar der
Schulze und die Gerichtsleute, wenn sie als solche vorschriftsmässig vereidet
sind, mit Hinwcisung auf ihren Diensteid, Andre eidlich. Diese Vernehmung
vertrit dann die Stelle der Taxe; oder
b) daß, wenn sämmtliche Betheiligte darauf antragen, oder das Gericht keine
der zu s bezeichneten Personen für geeignet hält, geprüften und vereidete»
Taxatoren die Abschätzung aufgetragen wird, und diese entweder darüber zum
Protokoll sich erklären, oder die Taxe schriftlich und mit der Versicherung der
Richtigkeit auf ihren ein für alle Mal geleisteten Eid verschen, einreichen.
Dies letztere steht auch den Dorfgerichten frei.
Die Taxe muß im Falle zu b eine genaue Beschreibung des Grundstücks
enthalten, ohne daß es einer ins Einzelne gehenden Veranschlagung bedarf.
tem Hypothekenwesen eingetragen werden. Diese Regulirung muß deshalb «on
Amtswegen betrieben werden. Doch geht demohngeachtet die Subhastation ihre»
Gang fort.
709
Eine nach diesen Vorschriften zu s und b aufgenommenen Taxe ist auch
dann giltig, wenn der dadurch ermittelte Werth 500 Thlr. übersteigen sollte. —
Ges. vom IS. Juni 1840 GS. S. 131. — Res. vom 14. April 1841 I. M.
B. S. 1S2.
2) Sonst muß. wenn der vermuthliche Werth SO« Thlr. übersteigt, die
Aufnahme der Taxe
s) von «blichen Gütern >) in Provinzen, in denen Kreditsisteme errichtet sind'
von der betreffenden Kred it direktion bewirkt werden. Nur
3») im Großherzogthum Posen ist die Landschaft zur Aufnahme der Taxen
solcher adlicher Güter nicht verpflichtet, die nicht bepfandbrieft sind; und
bb) auch diejenigen «blichen Güter, deren geringer Erwerbspreis die Bepfand-
briefung derselben nach den Vorschriften der einzelnen Kreditreglements
nicht gestattet, 2) sind von der landschaftlichen Taxation ausgeschlossen,
b) Die Taraufnahme in den Fällen unter ss und bd so wie in den übrigen
nicht gedachten Fallen erfolgt gerichtlich.») — Cab.-Ord. vom 1. Juli
1834 GS. S. «8. — §. 14—15, I. S2 A. G. O.
III. Gebührt demgemäß die Taxation dem Kreditinstitut; so er
sucht der Subhastationsrichter die Kreditdirektion darum. — Die Landschaft verfährt
dabei nach den in jeder Provinz und Distrikt ihr vorgeschriebenen Grundsätzen; und
sendet dem Gericht die von ihr solchergestalt ausgenommene und revidirte Taxe.
Zwischen einer von der Landschaft Behufs Subhastation aufgenommenen und
der zur Bestimmung der zu gebenden Pfandbriefe errichteten Taxe waltet der Un
terschied ob, daß bei jener gewisse, sonst nicht besonders zu würdigende Realitäten,
wie Wald, Schmuckanlagen u. dgl. mit in Anschlag kommen, und daß ferner andre
keinen wirklichen Ertrag gewährende Realitäten, z. B. Kirchlehn, oder Patronat-
recht und andre dergl. Ehrenrechte, die bei Taxen der letztern Art nicht mit aufge
nommen werden, bei Subhastationstaxen dem Kapitale der Taxe nach einem land
üblichen Satze beizufügen find. — Ueberdies wird im Großher;. Posen bei Subhast.-
Taxen der ermittelte Reinertrag der Güter im fünf und zwanzigfachcn Betrage;
bei andern Taxen aber nur im 20fachen Betrage zu Kapital gerechnet. — §. 1ö «.
a. O. — Cab.-Ord. vom 8. Januar 18Z1 GS. S. 1 fg.
b) bei gerichtlichen Taxen,
g. 448. I. Zur Aufnahme gerichtlicher Taxen (vor. Z. II. 2 K) wird ein beim
Gerichte beschäftigter richterlicher, oder ein mit der Qualifikation als Referen-
darius verfehener Beamte ^) beauftragt. Derselbe setzt Termin zur Abschätzung
an, und zieht die nöthigen Sachverständigen zu. Auch müssen, allenfalls durch Re
quisition der betreffenden Behörden, oder sonst, die nöthigen Schritte gethan wer
den, um bis zum Taxtermine, oder in demselben die auf dem zu schätzenden Immo
bile haftenden Lasten und Abgaben, welche in Folge der Subhastation nicht erlöschen,
vielmehr auf den Adjudikatar von selbst übergehen, und welche also vom Schätzungs-

1) Erbpachtgerechtigkeiten gehören hierher nicht.


2) Einige dieser Reglements erfordern mindestens einen Werth von 10,<XX) Thlr.,
wenn Pfandbriefe gegeben werden sollen.
«) Stehn einem ausländischen Gute Zinsen oder Dienste als Pertinmz zu, welche
von preussischen Unterthanen zu leisten sind ; so ist die etwa nöthige Taxe solcher
Rechte von den Gerichten des Gebiets des Pflichtigen zu veranlassen. — Res.
vom 4. November 1833. Jahrb. 42, S. 289.
«) Einem Sekretair, welcher diese Qualifikation nicht hat, darf daher die Aufnahme
einer Taxe von Grundstücken im Werth von mehr als SOS Thlr. nicht aufge
tragen werden.. Res. vom 9. September 1841.
71«
«erthe in der Taxe in Abzug komm« müssen, zu ermitteln. — §. 17—IS, l. 52
A. G. O. — Res. vom 24. April 1SS9 I. M. B. S. 126. — Res. vom 9. Sex,
tember 1S41 I. M. B. S. 303.
II. Die zuzuziehenden Taxatoren dürfen
1) mit den Interessenten nicht in einem solchen Verwandtschafts- «der andern Ver
hältnisse stehen, daß sie gegen oder für dieselben als Zeugen nicht auftreten könn
ten z sie müssen
2) in Ansehung ihrer Tüchtigkeit und Sachkenntnis, durch eine bei der Behörde an
gestellte Prüfung, oder durch glaubwürdige Zeugnisse, oder durch notorische da
von abgelegte Proben legitimirt; und
Z) entweder zu dergl. Schätzungen ein für alle Mal vereidet, oder als Beamte be
sonders dazu «erpflichtet sein, oder vom Kommissarius (gemäß z. 129, III. d. Hd.
B.) besonders vereidet werden.
4) Die Zahl der zuzuziehenden Taratoren wird nach dem Ortsgebrauch, nach den
Umstände» und den Erfordernissen de« vorliegenden Falles bestimmt. — Ei«
Taxator ist in der Regel zureichend, wenn die Kosten der Zuziehung mehrer mit
dem wahrscheinlichen Werthe des Gegenstandes in keinem Verhältnisse stehen würde.
Bei Inbegriffen mehrer ungleichartiger Sachen müssen zu jeder Art dersel
ben besondre, mit der nöthigen Sachkenntniß versehene, Taxatoren gebraucht
werden. — In Fällen, in denen die Bestimmung des Werths nicht sowci auf
festen und sicheren, aus Vermessungen, Rechnungen, Zeugenaussagen :c. Maaß/
Gewicht u. s. w. zu entnehmenden Datis, als vielmehr auf einem nach dem Au
genscheine, besondrer Kunftkenntniß, Kunstgefühle zc. sich bestimmenden Gutach
ten beruht, sind wenigstens drei Taxatoren erforderlich, welche entweder über
den Werth sich vereinigen müssen, oder aus deren verschiedenen zusammen zu
rechnenden Angaben der Werth nach einem Durchschnitte festgesetzt wird. — §. IS,
I. 52. Z. 4-S, II. A. G. O.
III. Im Taxtermin leitet der gerichtliche Kommissarius daö
Taxgeschäft. Es muß zunächst der Umfang des zur Subhastation zu stellende»
Gegenstandes festgestellt, und bei Zweifeln über die Grenze müssen allenfalls die
Nachbarn zugezogen werden. Der gerichtliche Kommissarius muß ferner de» Sach
verständigen jenen Gegenstand zeigen; sie zur vollständigen Kenntnißnahme von der
Beschaffenheit desselben, und den auf die Bestimmung des Werths Einfluß übenden
Eigenschaften, Vorzügen und Mängeln anweisen- die, über die zu ermittelnden Data
und Nachrichten vorhandenen, Zeugen ordnungsmässig vernehmen; dabei entweder
die Sachverständigen zuziehn, oder sich von diesen die Thatsachen, worauf es an
kommt, und die den Zeugen etwa besonders vorzulegenden Fragen an die Hand ge
hen lassen; für Aufsuchung von Rechnungen, Wirthschaftsregistern , und andern
Schriften, aus denen gewisse Data zu entnehmen, sorgen; und überhaupt dahin
sehen, daß die Taxatoren gesetzlich und gewissenhaft verfahren, und keins der vor
handenen Hilfsmittel, die zur wahren und richtigen Bestimmung des Werths be
förderlich sein können, übersehen und vernachlässigt werde.
Der Kommissarius darf aber die Taratoren in einer gewissenhasten, nach ihrer
eignen freien Einsicht und Ueberzeugung zu machenden Anwendung ihrer Sach- und
Kunftkenntniß nicht im Geringsten einschränken, oder ihnen dabei etwas vorschreiben.
Er darf ihnen aus vermeintlicher eigner Kenntniß keine suggestiven Kragen stellen;
ihnen bei Niederschreibung ihrer Angaben nicht in die Rede fallen, oder sonst sie ir
ren; er muß sich vielmehr damit begnügen, ihre Angaben treu zu verzeichnen, und
ihnen, wo es nöthig, besonders aber, wenn etwas Ungewöhnliches dabei vorkommt,
«der wenn die Angaben mchrer zu einerlei Gegenstand bestellter Taxatoren beträcht-'
7l1
llch von einander abweichen , die Gründe davon abzufordern und niederzuschrei
ben. — §. 8 a. a. O.
IV. Ueber das im Termin Geschehene muß der KommissariuS ein vollstän
diges Protokoll aufnehmen; und darin verzeichnen:
1) die der Taxe beiwohnenden Taxatoren und Interessenten;
2) ob jene, und wo sie ein für alle Mal vereidet sind, oder wie sie zur gegenwär
tigen Handlung verpflichtet worden.
3) Ferner muß es eine genaue Beschreibung des abzuschätzenden Gegenstandes nach
den, denselben von andern gleicher Art unterscheidenden, Eigenschafte» und Merk
malen; inglcichen die Veranlassung der Tarausnahme, also daß sie im Wege der
nothwend. Subhastation erfolge, enthalten.
4) ES muß historisch angeführt sein: in welcher Ordnung, und nach welcher Me
thode bei der Taxaufnahme überhaupt «erfahren, und wenn sie mehre Tage
währt, was an jedem derselben gethan worden.
5) Ferner muß angezeigt sein, wie hinsichtlich jeden besondern Gegenstandes, oder
jeder einzelnen Rubrik, bei Ausmittelung des Werths oder Ertrags, i«gl. der
von Letzterem zu machenden Abzüge, verfahren; woher die Data zu deren Be
stimmung entnommen; was z. B. für Zeugen vorgeschlagen, wie sie abgehört,
und was von ihnen ausgesagt; welche Rechnungen, und aus welchen Jahren sie
zugezogen morden, was aus diesen Rechnungen sich ergeben habe; was etwa in
Beziehung auf die Vollständigkeit, Glaubwürdigkeit oder Zuverlässigkeit dieser
Rechnungen besonders zu bemerken vorgekommen; wohin bei jedem Gegenstande
«der bei jeder Rubrik die Angaben der Taxatoren ausgefallen; wenn besonders
diese Angaben verschieden sind, was Jeder zur Begründung der seinigen ange
führt habe, und was etwa noch sonst für Umstände, die auf das vorliegende Ge
schäft und dessen Beurtheilung Einfluß haben, vorgekommen sind.
6) Rechnungsertrakte, Saattabellen, Erndte-, Dresch- und Hebungsregifter, Kar
ten, und Vermessungsregister') sind Beilagen dieses Protokolls, welche in dem
selben da, wo die aus ihnen entnommenen Nachrichten und Data vorkommen,
bestimmt allegirt sein müssen.
7) Das Protokoll muß von den zugezogenen Taratoren und etwanigen Jeugen un
terschrieben, und vom Kommissario vollzogen werden. Auch die gegenwärtigen
Interessenten sind zur Unterschrift aufzufordern. Doch ist dieselbe nicht noth-
wendig. — Z. 9 a. a. O.
V. Auf Grund dieser Verhandlung entwirft der Kommissar!»« das Taxin -
strument selbst. Ueber etwanige dabei sich ergebende Anstände und Zweifel muß
er mit den Taxatoren Rücksprache nehmen, und die nöthigen Erläuterungen von
ihnen fordern. Um nun ein vollständiges Taxinstrument fertigen zu können, hat
der Taxkommissarius bei Abschätzung ins Besondre noch folgendes zu berücksichtigen:
1) Bei Landgütern, gleich viel, ob sie adelich, oder nicht adclich sind, (einschließ
lich der bäuerlichen Besitzungen), ist die Taxe allemal nach dem wahren und
wirklichen Ertrage aufzunehmen.
Der Kommissarius muß dabei eine vollständige Beschreibung des abzuschätzen
den Guts, nach seiner Beschaffenheit und Lage, seinen Grenzen, seiner Entfer
nung von grossen, mittleren und kleineren Städten, von schiffbaren Flüssen und
Kanälen, und nach andern etwa die Kultur oder den Absatz der Produkte beson
ders erleichternden und begünstigenden, oder hindernden und erschwerenden Um-
') Die zum Zweck der Subhastation aufgenommenen Karten und Vermessungsregi-
fter sind als Pertinenzstücke des Guts anzuschn, und müssen demnächst an den
Adjudikatar herausgegeben werden. — Res. vom 25. Juli l8Z7. Jahrb. 5«,
S. 13«.
.712
ständen vorausschicken. — DK Beschaffenheit der Gebäude und ihr Bauftand muß
im Allgemeinen beschrieben, und eben so der Zustand der Gutseinwohner und ihr
Verhältniß zum Gutsbesitzer, ob sie z. B. dienstpflichtig sind oder nicht, ob ihre Stel
len, Gebäude und Inventar ihnen, oder der Herrschaft gehören, ob dieser die Unter
haltung des Inventars und der Gebäude, oder ob sie den Einwohnern obliegt,
angegeben werden. — Ferner ist nachzufragen, und zur Verhandlung zu ver
merken: ob Aecker, Wiesen, Hütungen und Holzungen der Gutsherrschaft von
denen der bäuerlichen Besitzer stparirt sind, oder mit ihnen im Gemenge liegen. —
Desgl. ist zu vermerken: ob die Grenzen richtig sind; oder ob und mit welche»
Nachbarn Grenzstreite obwalten; ob dem Gute Hütungs-, Holzungs-, Mastmigs-,
Jagd- oder andre dergl. Gerechtigkeiten auf benachbarte Güter zustehen; oder
ob solche an das Gut im Rechtswege beansprucht werden. — Auch solche Rega
lien und besondre Gerechtsame des Guts, welche keinen nach Gelde zu berechnen
den Ertrag gewähren, sind im Protokoll mit aufzuführen, und umständlich zu
beschreiben. — Auch muß Kommissarius die ihm zukommenden Nachrichten über
den früheren Kaufs- oder Uebernahme-Werth, über stattgehabte Verpachtungen,
oder andre Ereignisse, wodurch der Sustand des Guts neuerlich eine wesentliche
Veränderung erlitten hat, im Protokolle historisch bemerken.
Hinsicht« der Grundsätze, nach welchen die verschiedenen Wirthschaftsrubrikm
in der Einnahme, und die bei jeder zu machenden Abzüge, die vom ganzen Er
trage abgehenden Lasten und Ausgaben, der dem Kapital hinzutretende Werth
der Wohngebäude, und andrer, keinen eigentlichen Ertrag gewährenden, aber den
Kaufwerth erhöhenden Regalien und Zubehörungen; ingl. die vom Kapital der
Taxe abzuziehenden Bau-, Reparatur- und Retablissementskosten ausgemittelt
und angeschlagen werden sollen, kommen die in den einzelnen Provinzen gelten
den landschaftlichen, und andern Taxordnungen zur Anwendung.
Bei jeder solchen Taxe muß auch auf das beim Gute vorhandene Inventar,
in so weit dasselbe zum Betriebe der Wirtschaft erforderlich, hinreichend oder
entbehrlich ist, Rücksicht genommen werden. — §. 10—14 a. a. O. — §. 2t
l. 52 A. G. O.
2) Bei Abschätzung städtischer Gebäude') wird zunächst

i) Die für die Berliner Taxatoren gegebene, auch bei Abschätzung in andern Städte»
als zweckmässige Anleitung dienende Instruktion vom 10. Februar ISIS <Rabe
6 S. 23) ordnet in dieser Hinsicht an:
Z. 1. Die Stadtverordneten haben ins künftige den Grund und Boden nach
seiner Lage genau zu bezeichnen, dabei die zum Hause gehörigen Pertinenzstücke
an Gärten, Wiesen, Aeckern u. dgl., ingl. die damit verbundenen Gerechtigkeiten
genau zu detailliren, auch die Anzahl und Einrichtung der im Hause befindlichen
Wohnungen und andrer Behältnisse umständlich zu beschreiben, und ganz bestimmt
anzugeben:
sZ was es nach ihrer Abschätzung für Miethe tragen könne; auch
b) mit welchen Lasten das Grundstück zur Zeit der Taxe belastet ist, als Ser-
vis und Schoß; ingl. was es an Einquartirungskosten u. dergl. ungefähr
jahrlich zu tragen hat?
z. 2. Die Taxatoren, und zwar
1) die Maurer- und Zimmermeister haben die im Hause besindlichen Materialien
nach dem gegenwärtigen Zustande derselben zu revidiren, und solche sxezisik
abzuschätzen :
dabei aber genau zu bemerken, in welchen baulichen Würden das Grund
stück sich anjezzo befindet; desgl. haben sie vor jeder Taxe gemeinschaftlich
eine Zeichnung von der äussersten Oberfläche der Gebäude mit Beschrei
bung der Längen, Höhen und Tiefen, auch ob es massiv oder Fachwerk
ist, mit der Taxe jedesmal einzureichen.
. Auch haben sie den Grund und Boden, nach dem Flächeninhalt mit abzu-
713
«) deren Lage, Beschaffenheit, Länge, Breite und Höhe, deren Baustand, die
Anzahl und Einrichtung der darin befindlichen Wohnungen und andrer Be
hältnisse umständlich beschrieben;
d) sodann sind die dazu gehörenden Pertinenzstücke, an Gärten, Wiesen, Aeckern :c.,
ingl. die damit verbundenen Gerechtigkeiten, z. B. das Reihebrauen, die
Nutzung der Gemeinweide für eine gewisse Biehzohl, volle oder beschränkte
Holzgerechtigkeit u. s. w. bestimmt anzugeben;
c) ferner sind die auf dem Hause haftenden oder daran beanspruchten Dienst-
barkeitsrcchte und Servituten sorgfältig festzustellen; und
<Z) die Abgaben, öffentlichen und gemeinen Lasten desselben möglichst genau zu
verzeichnen.
e) Hiernächst find die im Gebäude befindlichen Materialien, Kunst- und Hand
werksarbeiten aller Art, nach dem gegenwärtigen Auftande derselben, durch
vereidete Werkmeister zu revidireo und abzuschätzen; dazu der Bodenwerth
und der Werth der nach b ermittelten Pertinenzstücke oder Gerechtigkeiten
zu rechnen, und so der Materialwerth auszumitteln; ferner ist
s) der bisherige Ertrag der Miethcn nach einem mehrjährigen Durchschnitte fest
zustellen, und durch Kapitalisirung dieses Ertrages der Ertragswerth zu ge
winnen; sodann
8) der Material- und der Ertragswerth zusammenzurechnen, der ganze Betrag
zu Halbiren, und von der Hälfte das Kapital der Lasten, Abgaben und Re
paraturkosten abzuziehn. Dies Ergebniß ist hiernächst als der wirkliche Tax
werth anzusehn.') — §. 15, II. 6 A. G. O. — Res. vom 17. August 1841
I. M. B. S. 256.
3) Sind andre Grundstücke abzuschätzen, so muß,
») wenn es solche find, deren gemeiner Werth in dem Nutzen besteht, welchen
sie ihrem Besitzer gewähren, z. B. Mühlen, nutzbare Obst-, Küchen«
und Gemüsegärten, der reine Ertrag ausgemittelt, und darnach der
Anschlag bestimmt werden.
d) Beschränkt sich aber der von dem Grundstück zu erwartende Vortheil haupt
sächlich nur auf Vergnügen und Annehmlichkeiten, wie dies z. B.
schätzen, und dabei auf die Lage des Grundstücks ihr Augenmerk vorzüglich mit
zu richten.
2) die Töpfer, Lehmer, Klempner, Steinsetzer, Stukaturer, Brunnenmacher,
Schmiede, Tischler, Schlosser und Glasermeifter, über die ihnen zur Taxe
angewiesenen Stücke ihre Taxe spezifik einzureichen, und solche nicht mehr,
wie bisher geschehen ist, in tolle anzugeben.
Z. 3. Bei Abschätzung der Gärten ist von den Taxatoren auf deren Flächen
inhalt, und die Anzahl der darin enthaltenen O.Ruthen Rücksicht zu nehme«/
und genau dabei zu sehen:
1) auf den Nutzen, den solcher Garten trägt oder tragen kann;
2) auf die Güte de« Grund und Bodens;
3) auf das Vergnügen , welches für den Besitzer des Gartens durch selbigen
wirklich entsteht, «der entstehen kann; und
4) die Lage des Gartens.
Nach diesen Datis ist nach Vorschrift A. G. O. II. 6 Z. 16 der ungefähre
Werth nach vernünftigem Ermessen zu bestimmen.
§. 4. Bei Abschätzung der Wiesen und Aecker ist es bei der bisherigen Obser«
vanz zu belassen, daß solche durch die hiesigen Wrehmänner abgeschätzt werden.
g. 5. Enthält die Bestimmungen in Betreff der Gebühren der Sachverständigen.
') Z. B. der Materialien- und Bodenwerth beträgt 12,0«« Rthlr.; der Ertrags
werth 11,<X>« Rthlr.; so ist der Durchschnittswerth 11,500 Rthlr.; davon geht
aber, wenn Abgaben, Lasten und Reparaturkoften auf 22 Rthlr. zu veranschla
gen, das Kapital derselben mit 440 Rthlr. ab, und der wirkliche Werth ist mit
11,060 Rthlr. ermittelt.
714
bei Luft, und Ziergärten der Fall; so finbtt keine gerichtliche Taxe statt;
sondern ei trit an deren Stelle eine umständliche Beschreibung nach der Länge,
Grösse, und inner« Einrichtung. Nach diesen Datis, und zugleich mit Rück
sicht auf die am Orte vorhandene Bevölkerung, auf den Grad der Wohlha
benheit und des Luxus unter den Einwohnern, und auf den gewöhnliche»
Preis, welchen solche Grundstücke an diesem Orte zu gelten pflegen, muß
ein ungefährer Werth von den Taxatoren, nach vernünftigem Ermessen, be
stimmt werden.
Die bei einem solchen Grundstücke befindlichen Gebäude müssen ebenfalls
beschrieben, und wenn dazu Orangerie «der seltene Gewächse gehören, muß
ein Verzeichnis, derselben, mit einer ungefähren Angabe des Werths der ein
zelnen Stücke, der Taxe beigefügt werden. — K. 16, II. 6 A. G. O.
4) Von Gerechtigkeiten wird,
s) wenn sie, wie z. B. Sollgerechtigkeit, Fischereigerechtigkeit, Erbpachtsgerechtig
keit :c. an und für sich einen gewissen Ertrag gewähren, dieser ausgemittelt,
und die Taxe durch Kapitalisirung desselben bestimmt. Haften Lasten darauf;
so kommt deren Kapital in Abzug.
Ii) Gewähren sie dem Besitzer blos eine Gelegenheit, sich durch Anwendung sei
ner Wissenschaft, Kunst und Industrie Vortheile zu verschaffen, z. B. Bar
bier-, Krug-, Schank-, Kram-, Apotheker-Gerechtigkeit :c.; so findet keine
eigentliche Ertragstaxe statt. Vielmehr müssen in einer aufzunehmenden Be
schreibung die näheren Bestimmungen und der umfang eines solchen Rechti
verzeichnet, und es muß mit Rücksicht auf den gewöhnlichen Werth, den dergl.
Gerechtigkeit an einem Orte, nach dem Verhältniß der Bevölkerung und des
Wohlstandes, so wie auch der mehr oder weniger eingeschränkten Zahl der
Berechtigten zu haben pflegen, ein ungefähres Tarquantum von den Sach
verständigen angegeben werden. Gehören zu einer solchen Gerechtigkeit ge
wisse bewegliche Zubehörungen, Utensilien und Geräthschaftenz so ist ein Ver
zeichnis; derselben der Taxe beizufügen. Vorröthe von Woaren, Materialien
u. f. w. «erden besonders tarirt.
c) Auf dieselbe Art wird bei Schätzung der Gerechtigkeiten, die keinen »ach
Gelde zu berechnenden Vortheil gewähren, sondern in blossen Ehrenrechte»
bestehen, verfahren. — z. 17, II. 6 A. G. O. — Res. vom 14. Februar
1840 I. M. B. S. 6«.
5) Schiffe können niemals nach ihrem Ertrage, sondern sie müssen lediglich nach
dem Werths der darin befindlichen Materialien an Holz, Eisen, Kupfer :c. ivgl.
des Zubehörs an Tauen, Segeln, Ankern :c. durch Sachverständige abgeschätzt
werden. Dabei sind jedesmal die Bauart des Schiffes, der Ort, wo, und die
Zeit, wann es erbaut worden, zu bemerken. Von den obgedachten Zubehörungen
ist der Taxe ein «erzeichniß beizufügen. — §. IS, II. 6 A. G. O.
c) Welche Interessenten zur Taxe zuzuziehn, und «ie lange
gegen dieselbe Einwendungen zulässig sind.
Z. 449. I. Von Aufnahme der Taxe erhalten der etwa noch lebende und dem
Aufenthalt nach bekannte Besitzer, der Extrahent, und die aus dem HypotheKvbuch
«sichtlichen Gläubiger Nachricht.') Dies geschieht
*) In Bezug auf Subhastationen solcher Grundstücke, deren Hypothekenbücher, und
resp. Grundakten bei den in Luk, Goldap, und Seidenberg stattgefunden,»
Brande serbrannt, und noch nicht wieder hergestellt sind, erhalten diejenigen Real
gläubiger Nachricht, deren Rechte bis zur Einleitung der Subhastation zu de»
' neu angelegten Grundakten angemeldet sind. - Eab.-O, vom IS. Juni u. 20.
Juli 1SS7 GS. S. 110 und 1S1.
715
1) km Falle, wo bei Grundstücken von geringem Werth (z. 447 Nro. 1.) den
Taxatoren die Aufnahme und Einreichung einer Taxe aufgegeben wird, entweder
durch Benachrichtigung hiervon, «der noch Eingang der Taxe durch Vorladung
zu einem Termin Behufs Vorlegung derselben;
2) in Fällen, in welchen ein gerichtlicher Abschätzungstermin angesetzt wird, durch
Bekanntmachung desselben ;
3) bei landschaftlichen Taxen dadurch, daß das Gericht, sobald das Kredit-
Institut dasselbe von dem Zeitraum, innerhalb dessen die Abschätzungsarbeiten
vorgenommen werden sollen, in Kenntniß gesetzt hat, die Interessenten hiervon
benachrichtigt, und ihnen überläßt, ihre Zuziehung bei der Landschaft zu be
antragen.
In allen Fällen gnügt bei Auswärtigen der Nachweis, daß die Benachrichtigung
zur Post gegeben worden.') Kommt solche wieder zurück; so ist eine weitere Be
nachrichtigung nicht erforderlich.
Jnteressirt bei der Subhastation eine fiskalische oder eine andre von der Königl.
Negierung zu vertretende Station; so ist in der an sie deshalb ergehenden Benach«
richtigung die aus dem Hypothekenbuch sich ergebende Post, in Betreff deren die
Benachrichtigung erfolgt, näher zu bezeichnen.
Bei den Theilungshalber beantragten Subhaftationen ist jedoch die Benachrich
tigung der Realgläubiger in der Regel nicht erforderlich. — (§. 451, Schlußsatz).
Z. 22—24, I. 52 A. G. O. — §. 4 Subh. Ges. vom 4. März 1834. — Res. vom
II. Mai 1836. Jahrb. 49, S. 46t. — Res. vom 22. Juli 184« I. M. B. S.
254. — Ges. vom 1l. August 1843 GS. S. 323.
II. Den demgemäß zu benachrichtigenden Besitzern, Extrahenten und Realgläu
bigern steht frei, 1. der Abschätzung, jedoch auf ihre Kosten, beizuwohnen.
2. Der Besitzer kann ferner vor oder im Termine dem Kommissarius einen An
schlag und ein Verzeichniß der beim Grundstück vorhandenen Realitäten und Zube
höre, und ihrer angeblichen Erträge vorlegen. Doch versteht es sich von selbst, daß
Kommissarius die Richtigkeit der Angaben genau und sorgfältig prüfen, auch sich
weder durch den Widerspruch und die Proteftationen des Besitzers, noch durch sein
Ausbleiben vom Vollzug seines Auftrags abhalten lassen darf.
3. Der Besitzer, der Ertrahent, die Realgläubiger und selbst die Kaufluftigen
haben die Befugniß, sowol bei Aufnahme der Taxe, als im späteren Verlaufe der
Subhastation die bei der Schätzung etwa vorgefallenen Fehler oder Versehen dem
Gericht anzuzeigen. Dieses muß die Anzeige erwägen, und wenn sie erheblich scheint,
die nähere Untersuchung derselben veranlassen, und den Ausfall dieser Untersuchung,
in so fern daraus eine Abänderung der Taxe folgt, den im Termin sich meldenden
Bietern, vor Abgabe des Gebots, bekannt machen.
Auch die landschaftlichen Behörden sind verpflichtet, die gegen eine von ihnen
aufgenommene Taxe erhobenen, und ihnen mitgetheilten Erinnerungen zu prüfen;
allenfalls dieselben an Ort und Stelle naher untersuchen zu lassen, und den Befund,
noch vor Eintrit des Lizitationstermins, dem Gerichte bekannt zu machen.
Erinnerungen gegen die Taxe, welche später als vier Wochen vor dem
") Die in diesen und in andern Fällen von dem Postamt zu vollziehenden Aktenscheine
sind so zu fassen:
daß folgende in der Subhast.-Sache de« N. N. erlassene Verfügungen
des N. R. Gerichts als
1. die an den Nr. N. zu N unter Nro. . .
2. die an den tt.
heute zur Post gegeben worden sind, wird hierdurch bescheinigt.
N. den . . ten 18 . . Postamt.
Res. vom 24. November 1836. Jahrb. 48, S. 48«.
716
BietungStermin eingehen, werben zwar in diesem Termin den Kauflustigen
bekannt gemacht; eine nähere Prüfung derselben ist aber nicht erforderlich.
4. Behaupten Personalgläubiger des Besitzers des tarirten Grundstücks, daß bei
Schätzung mehr an Jnventarienstücken und Zubehör zum Grundstück gerechnet worden,
als dazu nach den gesetzlichen Vorschriften gehöre; so muß ihnen zwar gegen die einge
tragenen Gläubiger rechtliches Gehör eröffnet, die Subhastation aber muß dadurch
nicht aufgehalten werden; sondern der Erfolg, wenn die Personalgläubiger ihre Be
hauptung ausführen, ist nur der, daß dann ein verhältnißmässiger Theil der ge
wonnenen Kaufgelder den Realgläubigern entzogen wird. — §. 21—23, 26, 27, l,
52 A. G. O. — Z. 5 Subh.-Ord. vom 4. März 1834.
Bon Erlaß des Subhastationspatents und dessen Inhalt.
§. 450. I. Nach erfolgter Aufnahme der Taxe wird Termin zur Lizita
tion verfügt. Die Bekanntmachung desselben erfolgt öffentlich (durch das Sub-
hastationsxatent).
Wenn das Hypothekenbuch des zum Verkauf gestellten Grundstücks noch nicht
regulirt, oder der Besitztitel für den zeitigen Eigenthümer noch nicht eingetragen
worden; so ist mit der Subhastation jedesmal das Aufgebot der Realpräten
denten, deren Ansprüche der Eintragung in das Hypothekenbuch bedürfen, zu ver
binden. Die Subhastationsformlichkeiten sind dann auch hierfür gnügend.
II. Das Subhastationspatent muß in jedem Falle möglichst kurz,?)
und dennoch vollständig abgefaßt werden. Es muß enthalten:
1) die Bezeichnung des zum Verkauf bestimmten Gegenstandes;»)
1) Werden im Wege der Exekution mehre Grundstücke zugleich zur Subhastation
gestellt; so ist für sämmtliche Ein Lizitationstermin anzusetzen, damit, wenn das
Gebot für ein Grundstück schon dem Exekutionssucher Befriedigung zusichert,
von Subhastation der übrigen abgestanden werden kann. — 05. S. 12 Erek.Ges,
vom 4. März 1834.
2) Alles Unnütze, wie z. B. Beschreibung des Gegenstandes nach Lage und Umfang;
spezielle Angabe der einzelnen Theile der Taxe; Bedingungen; Name des Extra-
henten; des Deputieren; Aufforderung der Kauflustigen zum Erscheinen; daß
nur Ein Termin anstehe; daß Nachgebote unzulässig; Datum des Patents;
Entfernung des Guts von den nächsten Städten u. s. w.; muß wegbleiben.
Als Formular dient folgendes:
Nothwendiger Verkauf.
„Oberlandesgericht (Land - und Stadtgericht) zu N. Das Rittergut R.
„im Kreist R. (das Haus unter den Linden Nro. — Der dem R. j»«
„gehörige Garten vor dem nschen Thore. — Das Ackergut de« N> Nro. ,
„zu N. —) abgeschätzt auf . . . Thlr. zufolge der, nebst Hypothekenschein
„und Bedingungen in der Registratur einzusehenden Taxe, soll am 1. Mai
„1846 Vormittags 11 Uhr an ordentlicher Gerichtsstelle subhastirt werden."
„Alle unbekannte Realprätendenten werden aufgeboten, sich bei Ver
meidung der Präklusion spätestens in diesem Termine zu melden."
„Die dem Aufenthalte nach unbekannten Gläubiger N.N. werden hier-
„zu öffentlich vorgeladen." — Res. vom 19. März 1835. — Res. »°m
„18. März 1829. — Jahrb. 33, S. 137.
«) Wird ein Komplexus von Grundstücken subhastirt; so werden die einzelnen Theile
desselben in der Regel im Patent nicht besonders bezeichnet, vielmehr wird der
ganze Komplexus und die GesaMmttaxe aufgeführt. Betrifft jedoch die Subha
station mehre in derselben Feldflur belegene sogenannte Wandeläcker, die Einem
Besitzer gehören, auch auf Ein Folium gebracht sind, jedoch unabhängig von
einander besessen werden, und von denen jedes besonders abgeschätzt ist, und be
sonders ausgeboten werden soll; so muß jedes einzelne Grundstück mit sei
ner besondern Taxe in das Subhastationspatent aufgenommen werden. ^ Res,
vom 3. November 1838. Gräff, Koch zc. III. S. N93. — Res. vom 1'.
März 1S41 I. M. B. S. 14S.
717
2) die Angaben des Taxwerths, >) und die Anzeige, wo die Taxe, der neueste Hy
pothekenschein und die besondern Kaufbedingungen eingesehen werden könne»;
3) die Seit 2) des Beginns der Lizitation nach Tag und Stunde, und den Ort
derselben;»)
4) das Aufgebot der Realprätendenten, falls das Hypothekenbuch noch nicht regu-
lirt, oder der Besitztitel für den zeitigen Eigenthümer noch nicht eingetragen
worden; und
5) die Vorladung der ihrem Aufenthalte nach unbekannten Interessenten.
Den zu 4 und 5 Genannten werden die Folgen der Präklusion nicht speziel
angedroht. Wird jedoch cin Grundstück subhastirt, dessen Hypothekenbuch resp. Grund
akten bei einem der Brände in den Jahren 1833 und 1834 zu Goldapp, Lyk und
Seidenberg »erbrannt und noch nicht wieder hergestellt sind; so ist allen etwanigen,
dem Gerichte noch nicht wieder bekannt gewordenen Hypothekengläubigern, und Real
berechtigten , so wie allen sonstigen unbekannten Realprätendenten, im Subhafta-
tionspatent die Warnung zu stellen:
daß bei ihrem Ausbleiben im Bietungstermine ohne Rücksicht auf sie mit
dem Zuschlage und der Vertheilung der Kaufgelder werde verfahren, und
sie mit ihren Rechten und Ansprüchen an das Gut nicht weiter werden
gehört werden. — §. 29, I. 52 A. G. O. — §. 6, 7 u. 9 Subh. Ges.
vom 4. März 1834. — Cab,-Ord. vom 13. Juni u. 20. Juli 1837 GS.
S. 11« u. 131. — Res. vom 6. Juni 184« I. M. B. S. 223. — Res.
vom 19. März 1835. Jahrb. 45, S. 203. — K. 5 Ges. vom 2. Der.
1837 GS. S. 22«.

Von Einrückung des Lizitationstermins, und von Bekanntmachung


des Subhastationspatents.
Z. 451. l. In allen SubhastationsfSllen wird nur ein Bietungstermin anbe»
räumt, und dieser bei Gegenständen über 5««« Thlr. an Werth auf sechs
Monate, bei andern auf drei Monate hinauSgerückt. Die Einrückung de«
Termins muß jedoch in der Art geschehen, daß die volle Subhaftationsfrift vom
Tage der ersten Bekanntmachung in den öffentlichen Amtsblattsanzeiger, und in

>) Der Werth der Erbpachtgerechtigkeiten muß in den Taxinftrumenten und Sub-
haftationspatenten, damit keine Täuschung statt findet, durch Aufnahme de< rei
nen Ertragswerth« des Grundstücks zu 5 und 4 pro Cent veranschlagt, und
durch Hinzufügung des mit 4 pro Cent kapitalisirten Kanon« in folgender Art
dargestellt werden:
„Der Reinertrag des Grundstücks von . . . Rthlr. . . . Sgr. gewahrt
zu 5 pro Cent einen Taxwerth von . . . Rthlr. . . . Sgr. und zu 4 p.
Cent einen Taxwerth von . . . Rthlr. . . . Sgr. Darauf haftet ein
Erbpachtskanon von . . . Rthlr. . . . Sgr., welcher zu 4 p. C. gerech
net ein Kapital von . . . Rthlr. . . . Sgr. darstellt, so daß der Werth
der Erbxachtsgerechtigkeit zu 5 p. S. veranschlagt . . . Rthlr. . . . Sgr.z
zu 4 p. C. . . . Rthlr. . . . Sgr. beträgt." — Res. vom 14. Febr.
184« I. M. B. S. 68.
2) Der Lizitationstermin muß auf die Vormittagsstunden des bestimmten Tage?
„ anberaumt werden, auch am Bormittage beginnen, und am Nachmittage fort
gesetzt werden. — Res. vom 16. Mai 1839 I. M. B. S. 139. — Res. vom
13. Juni 184« I. M. B. S. 199.
») Die Abhaltung des Bietungstermins muß in der Regel an ordentlicher Gerichte
stelle erfolgen. An Ort und Stelle ist er nur dann abzuhalten, wenn sämmt-
liche Interessenten es ausdrücklich beantragen. — Res. vom 19. Juli 1834. Jahrb.
44, S. 94.
46
718
Fällen, wo Aushang ausreicht, von diesem, freibleibt. — Fehlt an dieser Frist etw«,
jedoch nicht mehr als 14 Tage; so wird der Zuschlag dadurch nicht aufgehalten.
Bei mehren auf ein Mal zur Subhastation gestellten Grundstücken, welche
einen Komplcxus bilden, kommt es, Behufs Bestimmung der Fristen und Formen,
auf den zusammengerechneten Werth aller Grundstücke an. — Anh. H. 4M u. 31, l.
52 A. G. O. — §. 8 Subh. Ges. vom 4. März 1634. — Res. vom 14. Oktbr.
1831. Jahrb. 38, S. 35«. '
II. Die öffentliche Bekanntmachung des Bietungstermins erfolgt
1) durch Aushang des Subhastationspatents, und zwar . >
g) bei Gegenständen zum Taxwerth bis 50« Thlr. einschließlich an der Gerichts.-
stelle und an der sonst zu öffentlichen Bekanntmachungen bestimmten Stelle m
der Ortsgemeinde, in welcher das Grundstück liegt. — Da, wo das Be
dürfnis! vorhanden, haben die Regierungen für ihren Verwaltungsbezirk, und
in Berlin das Polizeipräsidium für Berlin und dessen Polizeibezirk, das
letztere jedoch unter Genehmigung des Ministers des Innern und der Poli
zei, diesen Aushangsort zu bestimmen.
Bei Gegenständen bis zu 50 Thlr. im Werth sind diese beiden Aus-
, hänge die einzigen gesetzlich vorgeschriebenen Wege der öffentlichen Bekannt
machung;
. KV bei Gegenständen im Werths von mehr als 5S0 Thlr. an der Gerichtsfnlle.
,>,,, Für die Patrimonialgerichte ist die Gerichtsftelle am Orte, wo die Gerichts
tage abzuhalten sind. Hier muß mithin auch das Patent ausgchangen werden.
Eine rechtsgiltige Verlegung an den Wohnort des Justitiarius kann nur unter
Einwilligung des Gerichtsherrn und der Gerichtseingesessenen, und nach Geneh
migung des vorgesetzten Obergerichts geschehen. - ^
Zum Nachweise des Aushanges gnügt der Bericht des Gerichtsbotens über
die erfolgte Anheftung.
2) Durch Einrückung i) in das Jntelligenzblattundden Anzeiger des
Amtsblatts; und zwar geschieht dieselbe
s) bei Grundstücken im Werth« von mehr als 50 Thlr. bis 5<X) Thlr. einschließ
lich ein Mal;
d) bei Gegenständen von mehr als 500 Thlr. im Werth, bis 50O0 Thlr. ein
schließlich, drei Mal von Monat zu Monat, und
e) bei Gegenständen im Werth von mehr als 5000 Thlr. sechs Mal von Mo
nat zu Monat. Ist jedoch hier die Einrückung statt sechs Mal, irrthömlich
nur drei Mal erfolgt; so hindert dies dennoch nicht den Zuschlag.
Da, wo ein Jntelligenzblatt nicht erscheint, fällt die Einröckung in diese« fort. ')
3) Durch sechsmalige Eiilrückung von Monat zu Monat in eine inländische
Zeitung. Diese« letzte Bekanntmachungsmittel findet jedoch nur bei Gegenftäix
dm im Werth von mehr als S00« Thlr. Anwendung.

1) Wirb im eingerückten Patent ein, etwas Wesentliches berührender und entstellen


der, Druckfehler bemerkt; so Muß sofort eine Berichtigung inserirt werden. — <A
Res. vom 1«. August 1835. Gräff, Koch ,c. M. S. 1199.
2) Dies gilt stich von denjenigen den O. L. Gerichten zu Halberstadt und Naum
burg untergeordneten Gerichten, die ihren Sitz ün Erfurtschen Regierungsbezirk
Haben. — Eab.-Ord. vom 3. Oktbr. 1836 GS. S. 304.
719
Die betreffenden Redaktionen sind demgemäß um die Einrückung und Sen«
dung der Belagsblätter zu requiriren.')
4) Sollte bei Gegenständen im Werth bis 500 Tblr. eine grössere, als nach Vor
stehendem vorgeschriebene Publizität vom Gericht für angemessen erachtet wer
den; so ist die Bekanntmachung des anberaumten Bietungötermins, wo es her
kömmlich ist, durch öffentlichen Ausruf, und wenn ein Haus verkauft werden
soll, durch Anschlag an demselben zu veranlassen. — Auch bleibt es in allen
Fällen den Bethciligtcn unbenommen, auf ihre Kosten noch jede andre Art der
Bekanntmachung in Antrag zu bringen. — Z. 8 Subh. Ges. vom 4. März
1834 — Anh. §. 40« z. A. G. O. — Ges. vom 2. Decbr. 1837 GS. S. 22«.—
Eab.-Ord. vom 12. August 1834 GS. S. 153. — Cab.-Ord. vom S. Februar
1840 GS. S. 32. — Res. vom 13. Febr. 184« I. M. B. S. 9«. — Res.
vom 1. März 1842 I. M. B. S. 83.
III. Zur Wahrnehmung ihrer Gerechtsame bei der bevorstehenden Ver-
Susserung sind der Ertrahent der Subhafiation, der Besitzer des zu verSussern-
drn Gegenstandes und die aus dem Hypothekenbuche ersichtlichen Real
interessenten und Vorkaufsberechtigten, jeder besonders, durch Ueber-
') Zur leichteren Uebersicht dient folgende Tabelle:

Bei einer neu eingeleiteten nothwendigen Bei Ansehung eines


Subhastalion ist neuen Licit.-Term. ist

bei eine Frist


Gegenständen bis zum die Bekanntma die Frist die chungsart
Bekanntma
im Werth Licitat.- chungsart
Tcrmine
1. bis 5« Thlr. 3 Mon. Aushang a. b. Ge-I l Mon.
einschließlich. richtsstelle, und in
der Ortsgemeinde^
wo das Grundstück!
liegt.
2. über 50 — SV« 3 Mon. derselbe Aushang <ml 1 Mon. der doppelte Aus
Thlr. einschl. beiden Orten und hang und einma
einmalige Einrückng lige Einrückung in
in das Jntelligbl. beide Blätter.
u. d. Anz. d. Amtsbl.,
3. über 3 Mon. Aushang a. d. Ge-I 1 Mon. iAushang an der
5V« — 5V«« richtsstelle u. 3ma- Gerichtsstelle, und
Thlr. einschl. lige Einrückung von 1 malige Einrük-
Monat zu Monat kung in jedes der
In jedes der beiden beiden Blätter.
Blätter.
über5«««Thlr, 6 Mon. Aushang a. d. Gc-i 2 Aushang an der
richtsstelle u. 6ma- Gerichtsstelle und
lige Einrückung von 2 mal. Einrückung
Monat zu Monat von Monat zu
in das Jntelligzbl Monatin daSJn-
d. Anzeig. d. Amtsbl >ttlligenzbl. Amts
und eine inl. Zeitz blattsanzeiger
A n m. Wo kein In-, und eine inland
telligenzbl. erscheint, lAeitung.
unterbleibt die Ein-!
in das Jn->
720
sendung einer Abschrist des Subhastationspatents ') von dem anberaumten Bietungs-
termin in Kenntniß zu setzen. Die Uebersendung erfolgt ohne Begleitschreibe«.
Dies gilt auch in Betreff der König l. Regierung als Vertreterin Fisci. Doch
muß hier die Adresse mit Rücksicht auf die verschiedenen fiskalischen Stationen voll
ständig und dabei auf die frühere Bekanntmachung des Abschätzungstermins Bezug
genommen sein. 2) (§. 449, I.)
Wird eine abgetrennte, vom Hypothekenfolium des Hauptguts jedoch noch nicht
abgeschriebene, Parzelle subhastirt; so erhalten alle aus dem Hypothekenbuche des
Hauptgut« ') sich ergebenden Realinteressenten Abschrift des Subhast-Patents.
Bei Auswärtigen gnügt auch hier der Nachweis, daß die Abschrift des Patents
auf die Post gegeben seh und wenn sie zurückkommt, bedarf es keiner ferner» Be
nachrichtigung. (Z. 449, l.)
Ist der Aufenthalt einer der oben genannten Personen schon bei Erlaß des
Subhastationspatents unbekannt; >>) so erfolgt ihre Borladung im Patente namentlich,
ohne Stellung einer Warnung für den Fall des Ausbleibetts.
Borstehendes gilt auch bei Subhastation der zum Konkurse gehörenden Grund
stücke. Nur bei Subhastation zum Zweck der Auseinandersetzung bedarf es der Zu
ziehung derjenigen Realgläubiger nicht, für deren Forderung der Antheil des Ertra-
henten allein verhaftet ist. — K. 9 Subh.-Ges. vom 4. März 1834. — Bernd,
vom 11. August 1843 GS. S. 323. — Res. vom 18. Rovbr. 1838 und 13. Ja
nuar 1839 I. M. B. S. 41. Res. vom 22. Juli 1840 I. M. B. S. 2S4.
Bon den Lizitationsbedingungev.
§. 452. Die Bedingungen, unter welchen die Gebote im Bietungstermine ab
zugeben sind, hat vornehmlich der Extrahent der Subhastation 5 > zu stellen. Dies
kann auf zweckmässige Art schon im Taxtermin geschehen. Es ist auch dem Sub-
haftationsrichter selbst gestattet, zur Belehrung der Interessenten die wesentlichen ge
setzlichen Bedingungen aufzustellen.«) Dann dürfen aber keine willkührlichen Ab
weichungen von den gesetzlichen Vorschriften statt finden. ')
1) Dafür sind auch nur Copialien anzusetzen.
2) Etwa in der Art. An Eine pp. Regierung Abth. tt. in Verfolg der Bekannt
machung vom ....
») Auch die Eintragung des Vermerks der eingeleiteten Subhastation muß hier im
Hypolhekenbuch des Hauptguts erfolgen. — Res. vom 13. Januar 1839.
«) Der Richter hat keine Pflicht, über den Aufenthalt der Realinteressenten Erkun
digung einzuziehn. Als unbekannt ist ein solcher schon anzusehn, wenn sei»
Aufenthalt au« dem Hypothekenschein oder den Akten sich nicht ergibt, und d«
Richter ihn auch sonst nicht zuverlässig kennt. — Res. vom 3. Februar 1335
Jahrb. 45 S. 212. Die Bestellung eines Curators für Unbekannte findet erst
statt, wenn sie bei der Kaufgelderbelegung zur Hebung kommen.
») Bei Subhastation vormals eigenbehöriger, dem Fiskus mit Naturalabgaben ver
pflichteter Kolonate, ist auch da« Domainenrentamt zur Stellung der Bedingun
gen befugt. — Res. vom 13. Oktbr. 1823. Jahrb. 22, S. 186.
«) Namentlich in Bezug auf die, auf den Adjudikatar übergehenden Lasten, hinsicht
lich der schwebenden, das Grundstück betreffenden Prozesse, hinsichtlich de« Ko
stenpunktes, der Zahlung der Kaufgelder, der Verzinsung derselben u. s. n>>
?) Es würde sich z, B. nicht rechtfertigen lassen, wenn der Deputirte die Sicher
heit des Bieters lediglich von seiner Beurtheilung abhängig machen wollte; wen»
er willkührlich die Bedingung stellte, daß die Kaufgelder 2 Monate nach dem
Zuschlage zu zahlen wären, da sie gesetzlich mit mindestens ^ vor oder bei Ue-
bergabe und mit dem Rest bei Kaufgelderbelegung zu zahlen sind :c. — Die
Bedingung, daß das Gebot nur mit 10 Thlr. oder 5 Thlr. gesteigert werden
dürfe, ist eine blosse Bietungsmodalität; sie gehört nicht unter die Kaufbedingun-
gen. — Res. vom 13. Juni 184« I. M. B. S. 199.
721
Der Subhaftatlonsrichter hat jedoch nur dann eine Pflicht, von Amtswegen
die Stellung von besondern Bedingungen in Anregung zu bringen, und den Extra,
henten dazu aufzufordern, wenn wegen der Qualität des zu subhaftirenden Grund,
ftücks, oder wegen gewisser dabei vorkommender Umstände, die Nothwendigkeit eS
erfordert, gewisse spezielle Bedingungen festzusetzen, und den Bietern vorzulegen.-»
In jedem Falle ist jedoch noch im Bietungstermin den Interessenten gestattet, die
Bietungsbedingungen zu stellen. ') — z. 2« I. 52 A. G. O. — Res. vom IS.
Juni 184» I. M. B. S. 199.
Vom Verfahren im Bietungstermin, und von Protestationen
gegen den Zuschlag.
§. 4S3. I. Der Deputirte muß zu der am Vormittage de« BietungS,
termins angesetzten Stunde den Akt der Lizitation beginnen. Er eröffnet diese
Lizitationshandlung 1. damit, daß er die Bescheinigungen über Aushang, über Ein,
rückung in die öffentlichen Blätter, und über Bebändigung der Abschrift des Pa«
tent« an die Interessenten oder Abgabe zur Post, zu den Akten bringt, und durch
öffentlichen lauten Aufruf vor dem Gerichtszimmer die Kauflustigen zum Gebot
auffordert.
2. Hiernöchst muß er die sich meldenden Bieter mit den gestellten Bedingungen,
der Taxe und den bei dieser etwa gemäß z. 449, II. vorgefallenen Veränderungen
bekannt machen. Sind noch keine Bedingungen gestellt, und die Interessenten «der
Bieter beantragen die Regulirung derselben; so muß diese dem Bieten vorausgehen.
Dabei muß besonders auch festgestellt werden: s) von wo ab Adjudikatar die aus
dem Grundstücke haftenden Lasten und Abgaben zu übernehmen hat, und b) welche
von den Rubr. II. eingetragenen Lasten auf den Käufer mit übergehen, welche da,
gegen mit ihrem Ablösungskapital auf die Kaufgelder anzuweisen sind. 2)
A. Sodann nimmt der Deputirte die Gebote der einzelnen Bieter und zwar in
der Reihe, wie sie in erhöhter Weise nach und nach gethan werden, zu Protokoll.
Dabei muß er dahin sehen, daß die Bieter
s) ihr Gebot rücksichtlich des Betrages und der Münzsorte bestimmt abgeben;
d) daß sie sich auf die vorausgesetzten Bedingungen deutlich erklären;
e) daß sie ihre etwanigen eignen Bedingungen, hauptsächlich wegen der ZahlungS,
art, und der Zahlungstermine bestimmt und deutlich angeben.
4. Personen, deren Zahlungsfähigkeit einer der Subhaftationsinteressenten nicht
für gnügend erachtet, werden nur dann zum Mitbieten zugelassen, wenn sie sofort
eine Kaution zum Betrage des zehnten Theils der Taxe baar «der in inländi»
schen össenilichen Papieren nach dem Kurswerthe niederlegen.»)
1) Die Bedingung, daß ein Theil des Kaufpreises vor dem Zuschlage gezahlt wer,
de, kann nur in dem Falle gemacht werden, wenn der Eigenthümer und die ein«
getragenen Gläubiger damit einverstanden sind. — Res. vom 29. Juni 1818
Jahrb. 12 S. 22. — Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß auch die einzelnen
Bieter von einander abweichende Bedingungen, unter denen sie Gebote abgeben,
stellen können. Die anwesenden Subhaftationsinteressenten müssen dann darüber
gehört werden. Im Zweifel wird hierauf in der Adjudikatoria über das Meist-
und Bestgebot entschieden. ,
2) Ist es ungewiß: ob eine Last auf dem Grundstücke stehen bleiben müsse; so muß
da« Gebot in zweifacher Art erfordert werden:
s) für den Fall, wenn die eingetragene Last oder Abgabe auf dem Grundstücke
stehen bleibt, und
b) für den Fall, daß sie wegfällt. — Res. vom 24. April 18S9.
») Zu den Bietungsbedingungen gehört somit der Kautionspunkt nicht. Er paßt
auch nicht ins Adjudikationsurtel, in welches die Bedingungen aufzunehmen sind,
da ex nur für den Bietungstermin gilt.
Gläubiger, denn Forderung» innerhalb des Tarwerths auf dem Immobile
eingetragen stehen, können die Kaution mit diesen Forderungen bestellen, und miis,
sen sodann die darüber sprechenden Urkunden niederlegen.
S. Auch der Extrahent, und selbst der Eigentümer kann mitbieten. Ist jedoch
die Subhastation im Wege der Exekution eingeleitet; so ist da« Gebot des Schuld
ners blos gegen baare Zahlung zulässig.
Nur einem Bormunde ist es nicht erlaubt, Grundstücke seine« Pflegebefohlenen
bei der öffentlichen Subhastation als Meistbietender zu erstehen. — z. 37—41, I.
S2 A. G. O. — Z. 11 Subh.-Ges. vom 4. März 1834. — Z. 42, I. 20 A L.
R. — Res. vom 6. Septbr. 1802. N. Arch. II. S. 436. — Res. vom S. Ja»,
u. 24. April 1839 I. M. B. S. 32, 162. , . -
fl. Am Nachmittage desselben Tages muß die Lizitation in gleicher
Art fortgesetzt werden. Dabei sind neue Bieter bis sechs Uhr Abends zuzu
lassen. Vor sechs Uhr darf daher der Deputirte die Azitationsverhandlung, in welche
übrigens das gemäß der Vorschriften dieses z Verhandelte vollständig aufzunehmen
ist, nicht schliessen. Nach 6 Uhr Abends werden neue Bieter nicht mehr
angenommen.') Bon den Bietern, welche vor sechs Uhr als solche sich gemel
det haben, müssen jedoch auch nach 6 Uhr Gebote noch so lange angenommen »er
den, bis nach geschehenem Aufruf kein Mehrgebot weiter erfolgt. — §. 1« Subh.-
Ges. vom 4. März 1834. — j. 37, I. 52 A. G. O. — Res. vom 31. März, 3«.
December 1833 z 2. Mai 1834. Jahrb. 41, S. 231. Bd. 42, S. 32«, Bd. 43,
S. 494.
M. Vor dem Abschluß der Verhandlung müssen noch die im Bietungstermme
erschienenen Interessenten der Subhastation (§. 451, III.) zur Erklärung über
den Zuschlag aufgefordert werden. Sie müssen, wenn sie demselben widersprechen
wollen, dies noch im Bietungstermine selbst thun. Auf Vorbehalte «der unbestimmt«
Erklärungen wird keine Rücksicht genommen z eben so wenig auf Erklärungen, welche
erst dann eingehen, wenn der Bietungstermin nach 6 Uhr Abends geschlossen ist.
Wenn auch das die Subhastation leitende Gericht von dem, welches sie verfügt
hat, verschieden ist, so bedarf es keiner Rücksprüche mit diesem über den Zuschlag.
Der Konkurskurator, der Vertreter Bevormundeter, fiskalischer Personen und der Kir
chen, so wie ferner der Erbpächter, der Erbzinsherr und selbst der Vorkaufsberech
tigte, müssen gleichfalls im Lizitationstermin etwanige Protestatio»«» gegen den Zu
schlag anbringen, und deshalb die nöthige Information und die erforderlichen Xu-
torisationen vorher einholen. Es wird ihnen keine Frist bewilligt. — Richterschie
nene werden über den Zuschlag nicht gehört.
Nur bei nothwendiger Subhastation eines Lehnguts muß, wenn dm Agnate»
das Lehngut nicht vor dem Bietungstermin zur Auslösung gegen die Taxe offerirt
worden , nach dem Bietungstermin ihnen die gesetzliche sechswöchentliche Frist zur
Erklärung über die Ausübung dieser Rechtswohlthat der Taxe bewilligt werden. —
z. 12 Subh.-Ges. vom 4. März 1834. Res. vom 24. November 1834; 12. Jan.
und IS. Oktober 1835; vom 10. Juni 183S.
IV. In den Fällen, in welchen dem Zuschlage kein gesetzliche« Hinderniß ent
gegen steht, wird auf den Widerspruch eines der Interessenten nur dann Rücksicht
') Daß Jemand schon vor 6 Uhr geboten haben muß, um ein alter Bieter zu sein,
ist nicht nothwendig. Wenn er nur vor 6 Uhr zum Protokoll sich gemeldet,
und nicht ausdrücklich wieder ausgeschieden ist. Denn dann hat er aufgehört,
Bieter zu sein, und wird, wenn er als solcher sich wieder meldet, erst von diesem
Zeitpunkt als Bieter betrachtet. Doch muß man wohl annehmen, daß, wenn alle
Subhastat.-Jnteressenten mit Einschluß de« Meistbietenden einen nach 6 Uhr sich
meldenden Bieter noch zugelassen wissen wollen, dies statthast sei. Crelinger
(Subh.-Ord. S. 39) ist o. M.
72S
genommen, wenn der Widersprechende zugleich auf Ansehung eine« neuen Bietung«,
termin« anträgt, für das Gebot, so wie für allen au« der Verzögerung de« Zu,
schlaget entstehenden Nachtheil und für die Koste» zu haften sich verpflichtet, und
den zehnten Theil de« legten Gebot« baar oder in inländischen öffentlichen Papiere»
nach dem Kurömerthe al« Kaution sofort niederlegt. > )
Gläubiger, deren Forderungen innerhalb der Höhe de« letzten Gebot« auf dem
Immobile eingetragen stehen, können die Kaution mit diesen Forderungen, wie zu I.
Nr«. 4, bestellen.
Bevollmächtigte müsse» zugleich bei Bestellung der Kaution ihre Spezialvoll
macht vorlegen. — §. IS Subh.-Gef. — Res. vom2l. Juli t834. Jahrb. 44. S. 9S.
V. Findet sich ei» Widerspruch der Interessenten gegen die vom Meistbiete»«
de» gemachten Bedingungen, und kann darüber durch Bermittelung des Deputirte»
kein Einverständniß erlangt werden; s« muß die Mehrheit der Stimmen der bei
d« Sache interessirenden RealglSubiger, welche nach den Summen ihrer au« dem
Hypothekenbuche erhellenden, oder im Wege der Exekution auf die Kaufgelder an,
gewiesenen Kapitalsforderungen berechnet wird, entscheiden. Doch kann kein Real,
gläubiger durch den Konsens der Uebrigen zum Beitrit gezwungen werde», wenn
») der Bieter nicht i» Pausch und Bogen kaufen will, sondern, sich Vertretung d«
Tare vorbehält; oder
d) wenn er nicht wenigsten« ein Drittheil de« Gebot« entweder baar oder in in,
ländischen öffentlichen Papieren, oder in unstreitigen, vollkommen sicheren Aktiv«
inftrumenten vor «der bei der Naturalübergabe zu erlegen sich anheischig macht. —
§. S7, I. 52 A. G. O.
VI. Verlegung eine« noch nicht abgehaltenen Lizitation«»»«»« ist unftatt«
Haft. 2) — Dagegen ist die Zurücknahme de« Subhaftation«ontrog« Seiten« de«
Ertrahenten vor und im Lizitationstermine gestattet.
Auch der Schuldner kann die im Wege der Erekution beantragt« Subhaftation
durch baare Erlegung der unter Exekution stehenden Summen und der Ko,
ften noch im Bietungstermin beseitigen.
Mit den Einwendungen der Zahlung, der Kompensation, des Vergleich« und
des Erlasses muß der Schuldner sich an den Erekutionsrichter wenden, und dort
den Nachweis und die Aushebung der Subhaftation herbeiführen.
Nach dem Bietungstermin kann gegen den Willen des Meistbietenden
selbst durch Zahlung der unter Erekution stehenden Summe der Zuschlag nicht ab«
gewendet werden. — Res. vom 1«. April 1335. — Cab.-Ord. vom 8. April lSZS
Jahrb. 51. S. 389. — Res. vom 27. Januar 1837. GrSff, Koch :c. Hl. S. 124S.
Fristen und Förmlichkeiten bei Fortsetzung der Subhaftation.
§. 454. Erfolgt eine Fortsetzung der Subhaftation; so wird der neue
Bietungstermin, wenn die im ersten Termine erschienenen Interessenten sich nicht
anders vereinigen, bei den Gegenständen über 5<XX1 Thlr, an Werth, auf zwei Mo,
nare, bei sndern auf einen Monat hinausgerückt, und durch Aushang an der Ge,
richtsftelle, so wie bei jenen durch zweimalige von Monat zu Monat zu bewirkende,
bei diesen, in so fern der Gegenstand mehr als SO Thlr. werth ist, durch einmalige
Sinrückung in die §. 451 II. Nro. 2 und 3 bezeichneten Blätter zur öffentlichen
Kenntniß gebracht. Bei Gegenständen bis 50 Thlr. am Werth gnügt die Z. 45t
II. Nro. 1 s bezeichnete Bekanntmachung.
,) Hiernach ist auch Fiskus nicht von Kautionsbeftellung frei.
l) Sind die Vorladungen und Patente noch nicht abgegangen, oder können sie noch
zurückgenommen werden; so steht der Gewährung des Antrags auf Verlegung
des Termins auf einen andern später» Tag Nichts entgegen.
724
^' "Diejenigen Interessenten, welche nach K. 451, III. vom ersten Bietungstermine
benachrichtigt werden mußten, werden, so weit sie in diesem erschienen sind, auch
von dem neuen, ein jeder besonders, durch Zusendung einer Abschrift des Proklama,
in Kenntniß gesetzt.
Eine gleiche Benachrichtigung erfolgt an den Meistbietend gebliebenen. Dieser
Wird durch die Ansehung des neuen Termins von der Verbindlichkeit für das von
ihm abgegebene Gebot frei, in so fern er sich nicht ausdrücklich verpflichtet haben
sollte, dafür auch ferner haften zu wollen.
Durch den mit Kaution unterstützten Antrag auf Fortsetzung der Subhaftation
wegen zu geringen Gebots wird übrigens, mit Ausnahme der adlichen Güter, auf
welche nicht A der Taxe geboten worden, nur ein Mal Rücksicht genommen, und es
muß nach dem 2. Bietungstermin, wenn keine gesetzlichen Hindernisse entgegenstehen,
jedenfalls der Zuschlag erfolgen. — Z. 14 Subh.-Ges. vom 4. März 1834. — Z.
S4, I. 52 A. G. O.
- -. , Von Abfassung des Zuschlagsurtels (.^chuäicstoris).
Z. 455. I. Sofort nach Abhaltung des Bietungstermins muß das Zuschlags-
urtel abgefaßt werden. Bei kollegialischen Gerichten erfolgt zu diesem Zweck
die Spruchvorlegung und Ernennung eines besondern Referenten. — Ein Hemmniß
in Spruchvorlegung kann in der Regel nur dann eintreten:
4) wenn zum Nachweise der beobachteten Formalien noch Beläge, z. B. die Anzeige
des Boten über Anheftung des Patents, ein Belagsblatt «. fehlenz
2) wenn Fortsetzung der Subhaftation beantragt, und der Antrag gehörig begrün,
det ist; oder wenn wesentliche Mängel vorgefallen, und deshalb neuer Bietungs
termin, oder Beseitigung der Mängel nöthig wirdz
3) wenn gegen einen Schuldner, welcher wider das, mit dem Antrage auf General-
> indult zurückweisende, Erkenntniß erster Instanz appellirt hat, im Wege der
Exekution die Subhaftation bis zur Adjudikatoria gediehen ist, da die Abfassung
derselben, bis zum Eingang des Appellationsurtel im Moratorienprozeß, ausge-
' setzt werden muß;
4) Wenn die Erwerbsfähigkeit des Meistbietenden nicht notorisch, vielmehr zweifel
haft ist, und daher erst deren Nachweis geführt oder dieselbe doch vorläufig be
scheinigt werden muß;')
5) wenn bei Subhaftation eines adlichen Guts nicht wenigstens zwei Drittheil der
Taxe geboten ist, und auch nur Ein Subhastationsinteressent gegen den Zu
schlag protestirt, da in solchem Falle auch, ohne daß der Protestirende deshalb
Kaution bestellt hat, mit Fortsetzung der Subhaftation zu verfahren ist. — §. 42
48, I. 52 A. G. O. — z. 98, I. 47 das. — Res. vom 1«. Jan. 1818. Jahrb.
- 11, S. 211. — Res. vom 7. Juli 1834. Jahrb. 44, S. 98. — Res. vom 4.
Februar 1812. Jahrb. 1, S. 32.
') Z. B. wenn eine Apothekergerechtigkeit verkauft wird, und der Meistbietende seine Ei
genschaft als approbirter Apotheker noch nicht nachgewiesen hat. Bei städtische«
Grundstücken ist jedoch nicht nöthig, daß der Meistbietende das Bürgerrecht nach
weist. Es gnügt ein Attest des Magistrats, daß der Ertheilung des Bürger
rechts an ihn im Falle des Zuschlags Nichts im Wege steht. — Res. vom 2.
December 1822. Jahrb. 2«, S. 266. Anh. A. G. O. Z. 405. Res. vom 7.
Mörz 1812. Jahrb. 1, S. 41.
In Städten, in denen die revidirte Städteordnung gilt, bedarf es bei Grund
stücken, in kleinen, Städten im Werth bis 300 Thlr., in grössern im Werth bis
> 2000 Thlr. auch nicht eines solchen Nachweises, da in diesen Fällen die Erwer
bung des Bürgerrechts nicht nothwendig. — §. 15 St. O. vom 17. März 1831
GS. S. 10.
725
II. Bei Abfassung dcs Zuschlagsurtel« kommen die für Abfassung der Erkennt«
Nisse überhaupt gegebenen Borfchriften (Z. 162 fg. Hd. B.) zur Anwendung. Die
Prüfung und Beschlußnahme muß hauptsächlich darauf gerichtet werden:
s) ob ein gesetzlicher Grund der Subhaftation vorliege (443, II.);
K) auf die SubhastationSfähigkeit des Gegenstandes ldas. I.);
«) ob die wesentlichen Förmlichkeiten beobachtet sind (Hd. B. §. 237);
6) auf die ErmerbSföhigkeit des Meistbietenden;
e) im Falle Mehre den Zuschlag verlangen, wer als der Meist- und Bestbietende
zu betrachten, und als« den Zuschlag erhalte,
k) wenn Einwendungen gegen den Zuschlag erhoben sind, auf die Erheblichkeit oder
Unerheblichkeit derselben.
III. Wird der Zuschlag beschlossen; so wird das Urtel, wie jedes andre
Erkenntnis!, abgefaßt und vollzogen. — Sind mehre Grundstücke zur Subhaftation
gestellt, und in Betreff einiger kann der Zuschlag nicht erfolgen; in Betreff andrer
ist er dagegen möglich; so muß hinsichtlich dieser das Urtel abgefaßt, und nur we«
gen jener ausgesetzt werden.
In das Zuschlagsurtel sind aufzunehmen:
1) die vollständigen und in sich verständlichen Entscheidungsgründe, unter gehöriger
Berücksichtigung der Formalien und der etwa gegen den Zuschlag erhobenen Ein«
Wendungen;
2) sowol das Gebot, für welches der Zuschlag geschieht, als die vollständigen, dem
Bieten zum Grunde gelegten oder besonders gestellten Bedingungen ; > )
3) wenn mit der Subhaftation zugleich das Aufgebot der unbekannten Realpräten«
Kenten erfolgt ist, die Präklusion der sich nicht Meldenden
4) die Bestimmung über den Kostenpunkt, so fern derselbe nicht schon in den Be
dingungen vollständig berücksichtigt ist. In solchem Falle, wenn die Bedingun
gen über den Kostenpunkt nicht etwas Andres bestimmen, muß der Käufer die
Kosten des Werthstempels und des Zuschlagsbescheides tragen, die übrigen Sub-
hastationskostcn werden aus den Kaufgeldern entnommen. — Ist jedoch auf den
Antrag eines Subhaft.-Jnteressenten die Fortsetzung der Subhaftation erfolgt, und
hierauf für ein minderes Gebot, als früher abgegeben war, zugeschlagen; so müs
sen die Kosten der Fortsetzung dem, dieselbe Beanrragenden, zur Last gelegt wer
den. — §. 59, I. 52 A. G. O. — Z. 13, 15 Subh.-Ges. vom 4. März 1834.
Res. vom 9. März 1832. Jahrb. 39, S. 16«. — Res. vom 13. Juni 184«
I. M. B. S. 20«.
IV. Der Zuschlag muß in der Regel dem Meistbietenden selbst ge
schehen. Hat jedoch dieser vor dem Zuschlage seine Rechte an einen Dritten abge
treten, (was bis zur Abfassung der Adjudikatoria durch Zession geschehen kann); »)
>) Es ist nicht zulässig, daß statt Aufnahme der Bedingungen das Lizitationspro-
tokoll oder andre Schriftstücke bezogen und der Adjudikatoria als Theil derselben
beigefügt werden. — Res. vom 13. Juni 184«.
Z) Denen, welche sich gemeldet haben, brauchen ihre Rechte nicht vorbehalten zu
werden, da sie nicht mehr als Unbekannte anzusehn. Nehmen jedoch diese sich
meldenden Realprätendenten das Eigcnthum des zur Subhaftation gestellten Ge
genstandes in Anspruch; so muß die Sache nach den Vorschriften von Interven
tionen geprüft und eingeleitet werden. Ist ihr Eigenthumsanspruch bescheinigt;
so muß der Zuschlag ausgesetzt; wenn er dagegen' nicht bescheinigt ist, die Sub
haftation fortgesetzt, und der Jntcrvcntionsprozeß allenfalls auf die Kaufgelder
gerichtet werden. — Lt. g. 43« Hd. B.
») Vor dem Zuschlage hat der Meistbietende nur ein Recht auf Erwerb; er kann
dieses daher mittelst Zession übertragen. Nach dem Zuschlage ist er Eigenthü-
mer geworden. Die Uebertragung kann daher von ihm nur durch Kauf- oder
Tauschvertrag vorgenommen werden.
726
so m»ß, 1. wenn der Zessionar vi« erfolgte Zession nicht in gehöriger Form geneh«
migt hat, oder seine Besitzfähigkeit nicht nachgewiesen ist, der Zuschlag dennoch dem
Meistbietende» allein erfolgen;
2. liegen dagegen diese Mängel nicht vor; so muß das Grundstück
s) auf den Grund des Bietungsprotokolls dem Meistbietenden, und
d) demnächst unter Einem auf den Grund der Zession,
unter ausdrücklichem Vorbehalt der Rechte der Subhastationsinteressen-
ten an den Meistbietenden,
dem an dessen Stelle tretenden Zessionar zugeschlagen werden.
Haben sämmtliche Subhast.-Jnteressenten in die Zession gewilligt; so fällt die«
ser Borbehalt weg. — Res. vom 3«. Oktobr. 1835. Zur. Zeitsch. 1836 S. 868.
V. Kann der Zuschlag nicht erfolgen, weil 1. noch ein Mangel zu be
seitigen ist; so muß dies durch ein Resolut angeordnet werden. Ist dagegen
2. die Subhastation aus irgend einem Grunde unzulässig; so wird Extrahmt
durch Urtel mit seinem Antrage abgewiesen.

Bon Publikation des Zuschlagsurtels und den dagegen zulässige»


Rechtsmitteln.
Z. 456. I. In einer dem Juschlagsurtel beizugebenden Nebenverfögung wird
1) Ausfertigung der Adjudikatori^a für den Adjudikatar, für den bisheri
gen Eigenthümer des zugeschlagenen Grundstücks, und für einen der übrig«»
Subhastationsinteressenten, und Abschrift des Tenors für jeden der übrigen Eub-
hastationsinteressenten, so wie
2) ein naher Termin zur Publikation der Adjudikatoria, und
3) ein etwas entfernterer Termin zur Kaufgelderbelegung verfügt.
Zu der für den Adjudikatar bestimmten Ausfertigung wird der Werthstnnpel
verwendet.
Die Zustellung der Ausfertigungen erfolgt im Publikationstermin; und in so
weit die Interessenten darin nicht erschienen sind, mit der Vorladung zum Kauf-
gelderbelegungstermin. Denen, welche blos Abschrift des Tenors erhalten, wird
dabei bekannt gemacht, wem die Ausfertigung zugestellt wird.
Die Zufertigung erfolgt in gewöhnlicher Weise und gegen Behändigungsfchem.
4) Haben im Bietungstermin zwei oder mehre Bieter für sich den Zuschlag ver
langt; so erhalten auch diejenigen von ihnen, welchen der Zuschlag nicht gesche
hen ist, Ausfertigung des Zuschlagsurtels.
5) Ist im Subhastationspatent auch das Aufgebot der unbekannten RealprStenden-
ten, oder einzelner, dem Aufenthalte nach unbekannter Realinteressenten, erfolgt;
so wird Behufs Publikation hinsichtlich derselben Ausfertigung des Zuschlagsur
tels durch 14 Tage an ordentlicher Gerichtsstelle ausgehängt.
Bei Subhastationen Behufs Auseinandersetzung bedarf es der Publikation an
die Realgläubiger jedoch in so weit nicht, als deren Bekanntmachung mit dem
Bietungstermin nicht erforderlich war. — Verord. vom 5. Mai 1833. — Res.
vom 3V. März 1834 u. 2. Mai 1834. Jahrb. 43, S. 137, SO«. — Res. vom
20. Septbr. 1839 I. M. B. S. 326.
II. Gegen den Juschlagsbescheid steht
1) allen Subhastationsinteressenten die Nichtigkeitsbeschwerde zu. Sie hemmt
jedoch niemals die Uevergabe des zugeschlagenen Grundstücks an de« Adjudikatar,
und die Kaufgelderbelegung.
Binnen welcher Frist dies Rechtsmittel anzubringen; was als NichtigKitt-
grund anzusehn; wer als Provokat oder als Provokant dabei zu behandeln;
727
und welches Verfahren dabei zu beobachten, darüber ist Tit. 8, Absch. 2 de« Hb.
B. (S. 333 fg.) nachzusehn.
2) Dem präkludirten unbekannten Realprätendenten steht binnen 1V Tagen nach
Aushang des Zuschlagsurtels das Rechtsmittel der Restitution dagegen
„ zu. Das Verfahren dabei ist das z. 191 de« Hb. B. erörterte. — §. 7 Verord.
vom 14. Decbr. 1833. — Res. vom 4. April 1834. Jahrb. 43, S. 545.— Z. IS
der Subh.-Ord. vom 4. März 1834.
Von der Uebergabe des verkauften Grundstücks an den Adjudikatar.
g. 457. Durch den Zuschlag gehen Eigenthum, Nutzung, Gefahr und Lasten
auf den Käufer über, wenn gleich derselbe die erstandene Sache noch nicht übergeben
erhalten hat. Es bedarf daher zur Besitztitelberichtigung auf den Namen des Adjudika-
tars nicht dcs Nachweises der erfolgten Uebergabe. — Diese erfolgt, gemäß der Ei
nigung der Interessenten, gerichtlich oder aussergerichtlich, und zwar, wenn in den
Kaufbedingungen über den Seitpunkt Bestimmung getroffen, nach Inhalt derselben,
sonst bald nach dem Zuschlage und nach Erlegung von mindestens ein Drittheil des
Kaufpreises.
Auch Pertinenzstücke werden mit übergeben. Der vorige Besitzer kann
wirkliche Pertinenzstücke des subhastirten und zugeschlagenen Grundstücks selbst un
ter dem Vorwande, daß sie nicht mit tarirt worden, nicht in Anspruch nehmen,
wenn nur sonst bei Aufnahme der Tare vorschriftSmässig verfahren ist.
DieS gilt selbst dann, wenn im Subhastationspatent der Ertrag des geschätzten
Grundstücks überhaupt so hoch angegeben ist, als sich die Summe der einzelnen Taxa
tionen der ausdrücklich angegebenen Pertinenzen beläuft.
Gegen einen Dritten, der sich im rechtmässigen Besitze und Eigenthum von
Grundstücken oder Pertinenzen befindet, und der weder bei der Abschätzung zugezogen,
noch in den öffentlichen Verkauf seines Eigenthums gewilligt, hat der Adjudikationö-
Kescheid keine Wirkung, wenn gleich dergleichen Grundstücke geschätzt, und im Adju-
dikationsbescheide erwähnt werden. Diesem Dritten kann daher in solchem Falle das
Grundstück nicht abgenommen, und dem Adjudikatar nicht übergeben werden. Aus
nahmen hiervon sind K. 445, III. Nro. 2 erwähnt. — §.61 Anh. z.407, I. 52 A.
G. O. — Z. 4, I. 1«. 8. 342, I. 11 A. L. R. — Res. vom 17. Oktober 1836.
Jahrb. 43, S. 469.
Von Belegung und Vertheilung der Kaufgelber.
Z. 453. I. Die Belegung und Vertheilung der Kaufgelder muß bald nach
erfolgter Publikation des Zuschlagsbescheides erfolgen. Zu diesem BeHufe
wird von Amtswegen Termin') angesetzt, 2) und dazu vorgeladen:
1) der Käufer unter der Warnung:
es werde bei seinem Ausbleiben angenommen werden, er könne die Kauf,
gelber nicht erlegen.
Hat er jedoch die Kaufgelder bereits vollständig erlegt, was ihm schon vor
dem Termin freisteht, so bedarf es seiner Vorladung nicht;
1) Das Res. vom 16. Januar 1835 (Gräff, Koch :c. III. S. 1256) will zum
Dcputirten dieses Termins stätS dasjenige Mitglied ernannt wissen, welchem das
Hypothekendezernat dcs betreffenden Grundstücks übertragen ist.
2) Der Umstand, daß dem Adjudikatar Zahlungsfrist bewilligt, oder daß Dokumente
einzufordern, Vollmachten zu prüfen, oder ein vorläufiger Plan zu entwerfen ist,
oder daß ein Gläubiger auf Resubhastation anträgt, darf die Ansctzung des
Kaufgelderbelegungstermins nicht hindern. — Res. vom 14. März 1337. Jahrb.
49, S. 215. — Res. vom 21. Sevtbr. 1834. 16. Novbr. 1836. Gräff, Koch
zc. 111. S. 1256 fg.
728
2) die übrigen Interessenten, namentlich der Extrahent der Subhastation,
der Schuldner und die eingetragenen Gläubiger, unter derWarn un g:
daß ihres Ausbleibens ungeachtet mit Belegung und Vertheilung der
Kaufgelder werde verfahren, der auf den Ausbleibenden fallende Theil
derselben auf dessen Gefahr und Kosten zum Depositum genommen, und
nach erfolgter Belegung der Kaufgelder die Löschung der eingetragenen
Forderungen im Hypothekenbuche veranlaßt werden, ohne daß hierzu die
, Beibringung der Schuldurkunden erforderlich; daß sie indeß für jeden
Misbrauch, der mit den letzteren geschehen könne, verantwortlich bleiben.
Dies gilt auch dann, wenn da« sübhastirte Grundstück zur Konkurs- oder erb
schaftlichen Liquidationsmasse gehörte. Wenn jedoch in diesen Fällen der sübha
stirte Gegenstand ein Landgut ist; so darf der Termin zur Kaufgelderbelegung
erst dann anberaumt werden, wenn im Konkurse oder Liquidationsprozeß der Li
quidationstermin angestanden, und der Subhastationsrichter davon benachrichtigt
worden ist: ob und welche von den, den Hypothekenforderungcn vorgehenden
Ansprüchen der zweiten Konkursklasse angemeldet sind. (Hd. B. S. 405, III.)
Ist die Subhastation auf Antrag eines Miteigenthümers zum Zweck der
Auseinandersetzung erfolgt; so bedarf es der Borladung derjenigen Realgläubi
ger nicht, deren Forderung lediglich auf dem Eigenthumsantheil des Ertrahen-
ten haftet.
Unbekante Realinteressenten werden ebenfalls nicht vorgeladen. — g. 16
Erek.-Ges. vom 4. März 1834. — Z. 8 Verord. vom 28. Decbr. 184« GS.
1841 S. 6. — Berord. vom 11. August 1843 GS. S. 323. — Res. vom 28.
Februar 1836 Jahrb 47 S. 372. — Res. vom 27. Juni 1834; 3«. Januar
1835; 8. Novbr. 1836. Gräff, Koch :c. IN. 1249.
II. Die Vorladung der gemäß Nro. I. Borzuladenden geschieht auf die gewöhn
liche Weise gegen Behändigungsschein (Z. 57. fg. Hd. B.)— Res. vom 16. Septbr.
1837 das. S. 126«.
III. Im Termin muß der Deputirte, allenfalls unter Zuziehung des
Kalkulators,') feststellen, was der Adjudikatar
s) nach Inhalt des Zuschlagsurtels an Kaufgeldern, und an Zinsen davon, zu zah
len hat;
b) was ihm von dem etwa schon Eingezahlten und den davon gewonnenen Zinsen
anzurechnen ;
e) was er im Termin baar zahlt, oder durch Uebernahme eingetragener Hypothe
kenforderungen >) tilgt; und
g) wie viel von den Kaufgeldern er noch rückständig bleibt, und von wo ab die
Zinsen davon laufen. — Dabei muß, wenn nicht etwas Andres in den Kaufbe-
dingungen festgesetzt ist, als Regel gelten:
ss) daß das Kaufgeld im Kaufgelderbelegungstermin vollständig zu erlegen,
dd) und seit dem Tage der erfolgten Publikation des Zuschlagsurtels mit fünf
vom Hundert zu verzinsen ist.
2) Sodann werden die erschienenen Interessenten über die Ansprüche,')
1) Diese bleiben dann im Hypothekenbuche stehen. Der AInsenfuß und die Zahlungs
modalitäten bleiben dieselben, wie sie früher bestanden, in so fern nicht spezielle
Aenderungen zwischen dem Adjudikatar und dem Gläubiger verabredet werden.
Wird dagegen ein Realgläubiger auf die Kaufgelder angewiesen; so wird seine
alte Forderung im Hypothekenbuche gelöscht, und er erlangt einen neuen LokuS
unter den in Betreff der Kaufgelder einzutragenden Modalitäten.
2) Die Gläubiger liquidiren und erklären sich über die Ansprüche Andrer mündlich
zu Protokoll. Auch die als Vertreter erscheinenden Justizkvmmissarien müssen
729
welche mit Kapital und Zinsen an die Kaufgelder gemacht werden, und da«
dafür verlangte Vorrecht vernommen, und dem gemäß wird sofort im
Termin der Vertheilungsplan angelegt. In diesem kommen zum Ansatz:
s) die nach dem Auschlagsurtel der Masse zur Last fallenden, so wie die auf die
Kaufgelderbelegung zu verwendenden Kostenz
b) liquidirte zweijährige Rückstände der vom Grundstück zu entrichtenden landes
herrlichen und gemeinen Abgaben und Lasten, Feuersozietäts - und gleichbe
rechtigte Beiträge, und bei obwaltendem Konkurse oder Liquidationsprozeß
auch der Sold- und Lvhnrückstand der Liedlöhner, und Pflüger- und Dre
scherlohn 5
c) die eingetragenen, oder bei nicht vorhandenem Hypothekenbuch mit Jnterims-
Rekognition versehenen Forderungen, nebst den bis zur Kaufgelderbelegung
zu berechnenden Zinsen, nach der Reihefolge ihrer durch die Hypothezirung
oder Rekognitionsertheilung erlangten Priorität. — Reichen die Kaufgelder
nicht zur Befriedigung Aller hin, oder schwebt Konkurs oder Liquidations
prozeß ; so kommen mit dem Kapitale an Zinsen hier nur zum Ansatz ss) die
seic dem, der Revenüenbeschlagnahme oder Einleitung der Sequestration un,
mittelbar vorhergehenden, 1. Juli, und wenn eine solche nicht vorhergegan
gen, seit dem I. Juli vor verfügter Subhastation, laufenden; bd) die Rück
stände aus den beiden früheren Jahren.
Den ^ im Kaufgelderbelegungstermin ausbleibenden Gläubigern werden,
auch wenn die Kaufgelder weiter reichen, vorläufig nur die laufenden Zinsen
und die Rückstände aus den vorangegangenen zwei Jahren berechnet.
Nach den Realforderungen kommen erst die nicht ins Hypothekenbuch einge
tragenen, jedoch im Wege der Exekution auf die Kaufgelder angewiesenen
Forderungen zum Ansatz. > )
I) In soweit die Subhastationsinteressenten mit der hiernach entworfenen, ihnen
Behufs ihrer Erklärung bekannt zu machenden Bertheilung einverstanden sind,
erfolgt sogleich die Befriedigung der Perzipienten durch Zahlung oder Anweisung.
Findet sich aber gegen eine angesetzte Post ein Widerspruch; so muß der De-
putirte über diese Post die Interessenten vernehmen, und dadurch feststellen: wer
von ihnen deren Richtigkit oder Borrecht bestreitet; auf wie hoch dieselbe be
stritten, und auf wie hoch deren Bezahlung aus den Kaufgeldern anerkannt
wird. — Der Deputirte zahlt hiernächst auf die streitige Post nur das, was
vom Streit nicht berührt wird.
4) Die Kaufgelderbelegung muß im Termine selbst dann vorgenommen werden, wenn
die Ka»fgelder theilweise «der ganz im Rückstände bleiben.
I» solchem Falle wird nach Feststellung des Betrages der nicht gezahlten
Kaufgelder der Bertheilungsplan dahin angelegt, daß
s) die vorzüglich berechtigten Realinteressenten 2) zunächst auf die etwa gezahlten,
dies thun. In weitläufigen Sachen können sie jedoch vor oder im Termine
schriftliche Borstellungen einreichen, welche dem Deputirten zur Information die
nen. Für diese Schriften stehen ihnen jedoch nur Coxialien zu. — Res. vom
22. Juni 1839 I. M. B> S. 224.
,) Bei den zum Konkurse oder Liquidationsprozesse gehörigen Grundstücken können
die Gemeinkosten aus der Jmmobiliarmasse nicht genommen; sie müssen beim
Mangel andrer Fonds niedergeschlagen werden. — Res. vom 14. Februar und
14. Juni 1841 I. M. B. S. 14«, 203.
s) Stehen in Betreff einer Post dem Einen die Zinsen, einem Andern das Kapital
zu ; so kommen zunächst die aus den Revenüen nicht gezahlten kurrenten Zinsen,
dann die rückständigen Zinsen, und endlich das Kapital zum Ansatz. Bei Unzu
länglichkeit der Masse passiren an rückständigen Zinsen jedoch nur 2jShrige. —
OK Plen.-Besch. des Geh. Ob.-Trib. vom 14. Oktbx. 1S39 I. M. B. S. SSV.
d) bie übrigen aber auf die rückständigen Kaufgelber angewiesen «erben. Die
Anweisung erfolgt ebenfalls mit Beibehaltung der Priorität der Forderungen,
so daß bestimmt werden muß: auf wie hoch die Kaufgelder jedem einzelnen Real-
gläubiger angewiesen werden, und wie dieselben, dem Borzugsrechte nach, folgen,
ö) Zahlung der Kaufgeldcr auf solche Hypothekenforderungen, für welche ein Hypo-
thekeninstrument vorhanden ist, kann jedoch nur dann geleistet werden, wenn
der Inhaber der Post das Hypothekeninstrument vorlegt. Bevollmächtigte müs
se» sich ausserdem zur Empfangnahme von Kaufgeldern durch gerichtliche oder
notarielle Bollmacht legitimiren.
6) Was nun die überreichten Hypothekendokumente betrifft; so muß der
Deputirte
d) auf die, auf welche Zahlung erfolgt, die erfolgte gänzliche oder theilweise
Zahlung sogleich unter Beidrückung des Gerichtssiegels attestiren, und den
wörtlichen Inhalt dieser Atteste in das Kaufgelderbrlegungsxrotokoll mit
aufnehmen;
d) die gänzlich bezahlten, so wie diejenigen Instrumente, an deren Stelle etwa
in Folge einer Anweisung auf den einzutragenden Kaufgelderrückstand neue
Eintragungsurkunden treten, werden kassirt bei den SubhaftationSakten zu
rückbehalten; die theilweise giltig bleibenden aber, worauf nach s) die Ab
schlagszahlung zu bescheinigen, und zugleich zu bemerken ist: ob das Hypo-
thekenrecht gänzlich erloschen sei, «der ob es, und auf wie hoch noch fort
dauere, sind den Produzenten zurückzugeben.
«) Sind Forderungen ganz ausgefallen, und die Dokumente im Kaufgelderbes
Kgungstermin produzirt worden; so wird der gänzliche Ausfall darauf
ebenfalls vermerkt, und dieselben dem Produzenten auf Verlangen wieder
zugestellt. — z. 17, IS des Subh,-Gef. vom 4. März 1834. — Res. vom
r-., S. Mai 1836. Jahrb. 49, S. 464. — Res. vom 29. Juni u. 7. Januar
4839 I. M. B. S. 224, 35. — Ges. vom 11. Juli 1845 GS. Nr. 2599. —
Res. vom 15. November 184« I. M. B. S. SSI. Res. vom 14. März
1837. Jührb. 49, S. 216.
7) Entsteht Streit darüber:
ob «ine in der zweiten Rubrik eingetragene Last aus den Kaufgelder» zu
berichtigen, oder ohne Anrechnung auf dieselben vom Adjudikotar zu Sber«
nehmen sei?
so entscheidet hierbei hauptsächlich der Umstand, «b diese Last bei Aufnahme der
Taxe zur Anrechnung gekommen ist, oder nicht. Im ersten Falle muH dieselbe
auf dem Gute stehen bleiben ; im letzten aus den Kaufgeldern abgegolten »er
de». — Entficht
s) im letztern Falle ein Streit über den Betrag; so ist derselbe, wie ihn der
Berechtigte liquidirt, zu einer Spezialmasse zurückzubehalten, und es muß
hierauf der Streit unter den Interessenten nach Z. 461 behandelt, und durch
Erkenntniß entschieden werden.
2>) Eben so ist zu verfahren, wenn der Berechtigte sich zwar die Bertheilung der
Kaufgelder unter die übrigen Gläubiger gefallen läßt, der AdjudKat« aber
.'i. sich weigert, die Last anzuerkennen, und ohne Anrechnung auf die Kaufgelder
" - zu übernehmen.
v) Ist der Berechtigte im Kaufgelderbelegungstermin nicht erschienen, und hat
er auch sonst keine Summe liquidirt; so muß, ohne das Verfahren zu »»-
terbrechen, »ach Analogie des Z. 4«9, II. Rro. 4—« Hd. B. ein verhSltniß-
mSssige«, jedenfalls zur Deckung ausreichende« Kapital, welches der Depu
tirte mit Zuziehu«g der erschienenen Subhastationsintereffenten, «nd wenn
73l
die eingetragene Abgabe nicht in Gelbe besteht, allenfalls nach den Grund
sätzen der Ablösungsordnung abzumessen hat, zurückbehalten, und demnächst
nach Borschrift der folgenden das Weitere veranlaßt werden. — Res. vom
24. April l8Z9 I. M. B. S. 163.
IV. Wenn somit die Kaufgelder, soweit sie nicht streitig, und die Empfänger
legitimirt sind, gezahlt oder angewiesen sind, oder wenn vollständig festgestellt ist:
welche von den liquidirten Realforderungen, und wie weit sie streitig sind; wer bei
diesem Streit als Partei zu betrachten ist; so wie für wen und auf wie hoch die
Kaufgelder zu diefer Streitmasse zu nehmen; so schließt der Deputirte die
Verhandlung, und gibt die wegen des entstandenen Streits, oder wegen Nicht
erscheinens des Inhabers einer eingetragenen Post, oder wegen nicht erfolgter Vor
legung der darüber vorhandenen Hypothckendokumente, nicht gezahlten Beträge, wenn
Vicht zwischen allen bei einer solchen Post betheiligtcn Interessenten ein anderweites Abkom
men getroffen ist, zum gerichtlichen Gewahrsam Behufs Anlegung von Spezialmassen.
V. Bleibt nach Befriedigung der sämmtlichen Hypothekenforderungen und
der Ansprüche der Ertroyenten noch ein Kaufgelderrest übrig; so ist er dem
früheren Eigenthümer zu zahlen resp. anzuweisen, oder zu einer für diesen anzule
genden Spezialmasse zu nehmen. Gehört aber das Grundstück zu einer Konkurs -
oder Liquidationsmasse, so fließt der Ueberschuß zur Konkurs- oder Liquidations-
Masse. — §. 17 Subh.-Ges. vom 4. März 1834. — z. 12 Verord. vom 28. Decbr. 1340.
Verfügung auf da« KaufgelderbelegungSprotokoll.
§. 459. Mit der erfolgten Kaufgelderbelegung ist das Subhaftationsver-
fahren deendigt. Auf die Kaufgelderbelegungsverhandlung wird daher, wenn
«icht etwa vorerst noch wesentliche Mängel zu beseitigen sind,
t) die Aktenweglegung, und
2) Ausfertigung jener Verhandlung als Quittung über berichtigte Kaufgelder für
den Adjudikatar auf dessen Kosten verfügt; zugleich wird
S) beglaubte Abschrift der Verhandlung und des Zuschlagsbescheides, so wie, im Falle
darin die Präklusion der Realprätendenten erfolgt ist, Bescheinigung der Rechts»
<raft desselben, zu den Hypothekenakten gegeben, damit dort von AmtSwegen die
Löschung des SubhaftationsvermerkeS, so wie der bei der Kaufgelderbelegung de«
friedigten oder ausgefallenen Hypvthekenposten geschehe.') Der Hypothekenrich-
ter bedarf übrigens zu dieser Löschung der über die zu löschenden Forderung»
lastenden Hypothekendokumente niemals. Er richtet sich vielmehr dabei lediglich
«ach dem Inhalte der Kaufgelderbeleg«ng.
Will jedoch der Adjudikatar ausdrücklich, daß die von ihm nicht übernomme
nen Hypothekenforderungen nicht gelöscht werden; so steht dem Antrage d«m
Nichts entgegen, wenn das Interesse eines Dritten dabei nicht be
theiligt ist.
4) Sind die Kaufgelder gar nicht, oder zum Theil nicht gezahlt, und bei der
Kaufgeldervertheilung den Realinteressenten angewiesen ; so wird für den Kauf-
gelderreft der Adjudikationsbescheid und die Kaufgelderbelegungsverhandlung, so
wie ein auf Grund der letztern zu entwerfendes Ueberweisungsdekret als Sin-
trogungSurkunde ausgefertigt, und diese zu den Hypothekenakten mit dem An
trage, um Eintragung des KaufgelderrückftandeS , gegeben. Im Antrage wird
zugleich die Reihefolge, in «elcher die Eintragung zu veranlassen, so wie ferner
angeführt, was rücksichtlich des Vorzugsrechts bei jeder einzelnen Forderung im
*) «s erfolgt nicht allein die Löschung der Rubr. III. eingetragenen Posten, son
dern «ich derjenige» in Rnbr. >!., welche auf den Adj«dikatar nicht übersehen. —
Res. vom 24. April 18Z9 I. M. B. S. 16Z.
732
Hypothekenbuche vermerkt werden soll. Der Hypothekenrichter muß hlernächft
bei Besitztitelberichtigung auf den Namen des Adjudikatars zugleich auch dieser
Requisition gnügen, und auch die zu 3 gedachte Löschung vornehmen. — Der
Kaufgelderrückstand wird nur unter Einer Nummer eingetragen, jedoch sind
dabei die einzelnen Ueberweisungen unter genauer Angabe der Vorzugsrechte ge
hörig zu vermerken.')
Auch wird nur Ein Hypothekendokument darüber gefertigt. Doch ist jeder
auf den Kaufgelderrückstand angewiesene Gläubiger befugt, zu verlangen, daß
ihm von dieser Eintragungsurkunde, nach Maasgabe des ihm zustehenden Vor
rechts eine Theilobligation abgezweigt werde. 2)
5) Sind im Kaufgelderbelegungstermin einzelne Posten wegen eines gemäß IV. des
vor. § obwaltenden Hindernisses ganz oder theilweise nicht ausgezahlt; so wer»
' den die Zahlungshindernisse geprüft, und sofern sie offenbar unerheblich, die Zah
lungen sofort veranlaßt. «) Sonst aber wird jede einzelne nicht gezahlte Post
zu einer besondern Spezialmasse ins Depositorium genommen, dazu das Depo-
sitalmandat erlassen, zugleich aber werden mit Abschrift der Verhandlung für
jede besondre Masse auch besondre Akten angelegt, bei denen das Weitere wegen
Beseitigung des Hindernisses, wegen Fortsetzung und Entscheidung des obwalten
den Streits, oder wegen Aufgebots zu veranlassen ist. — §. 19 Subh.-Ges.
vom 4. März 1834. — Res. vom «. April 1336. Gräff, Koch :c. III. S.
1279. — Res. vom S. u. 7. Januar 1839 I. M. B. S. 35, 32.
Rechte der Gläubiger gegen den Adjudikatar in Betreff
.'!,.-. . ,5-.. ", überwiesener Kaufgelder.
Z. 460. I. Der durch die Kaufgelderbelegung den einzelnen Gläubigern angewie
sene Theil der Kaufgelder ist deren Eigenthum. Dieselben haben die Befugniß, so
bald der durch die Auschlagsbedingungen , oder bei der Kaufgelderbelegung bewilligte
Zahlungstermin eintrit, und, wenn solcher nicht zugestanden ist, bald nach der Kauf
gelderbelegung, aus dem Zuschlagsurtel wegen der ihnen nicht gezahlten Kaufgelder
den Wiederverkauf des subhastirten Gegenstandes, oder, wie auö einem
Judikate, auch in das andre Vermögen des Käufers die Exekution nachzusu
chen. Wird bei dem Wiederverkauf das Gebot, für welches dem Käufer der Zu
schlag ertheilt war, nicht erreicht; so ist wegen des Ausfalls und wegen der Kosten,
ohne daß es einer Klage bedarf, die Exekution in eben der Art zulässig. - :
Der Antrag auf Resubhastation ist an keine Frist gebunden. Er ist auch noch
dem Exekutionsjahr nach zulässig. Dagegen muß die Exekution in das übrige Ver«
1) Die Kosten der Ausfertigungen und Eintragungen muß Adjudikatar tragen, da
, ^ er sie durch Nichtzahlung der Kaufgelder veranlaßt.
») Die Theilobligation en für Ausgebliebene und solche, welche sich nicht durch Pro-
.duktion des Hypothekendokuments legitimiren können, so wie derer, deren An-
spruch widersprochen ist, kommen zur Spezialmasse.
») Jnteressirt bei der Kaufgelderbelegung ein Depositorium wegen eines Generalde-
positaldarlehns, oder solche Personen, welche von der Vormundschaftsbehörde ver
treten werden; so ist es
- s> falls das Subh.-Gericht mit dem das Depositorium oder die Kuranden ver
tretenden Gericht an ein und demselben Orte sich befindet, gestattet, das ?er-
cipie»<1uiii dieser Vertretenen unmittelbar zum Depositorio zu geben,
b) Befinden sich beide Gerichte nicht an ein und demselben Orte; so muß in jedem
- einzelnen Falle es dem Ermessen des Vormundschaftsgerichts überlassen blei
ben, welche Maasregeln zur Empfangnahme der fr. Gelder zu treffen
sind. Depositalgebühren sind jedoch in beiden Fällen für die Perzipienden
der Pupillenmassen nicht anzusetzen. — Res. vom 7. Mörz 1S35. Jahrb.
4S, S. 223. . .' . . .'. .-. - 5^.! Ii.,.-.' .<r .1, .;.!?
733
mögen de« Kaufers innerhalb der Exckutionsfrist nachgesucht werden, da sonst der
Antrag zurückgewiesen wird.
Bei der obigen Wahl ist der einzelne auf die Kaufgelder angewiefene Gläubiger
nicht an die Anträge der übrigen Gläubiger gebunden, so daß er auch eine andre
Wahl, als die übrigen, treffen kann, und daß er nur seinen eignen Antheil an den
Kaufgeldcrn im Auge haben darf.
Wird der Wiederverkauf in Antrag gebracht; so ergeht vorerst an den Käufer
das vierwöchentliche Aahlungsmandat unter Androhung der Subhastation. Erfolgt
diese hierauf; fo kommen dabei die für Subhastationen überhaupt geltenden Bor
schriften zur Anwendung. Doch wird in der Regel die in der Vorsubhastation auf
genommene Taxe der Resubhastation zum Grunde gelegt. So wie jedoch der frü
here Adjudikatar den Ausfall tragen muß; so kommt ihm auch ein etwa zu erlan
gendes Mehrgebot zu Gute.
Die Resubhastation wird als ein, von der frühern Subhastation gesondertes
«erfahren behandelt. — §. 62—64 Anh. Z. 103, I. 52 A. G. O. — K. 2« Subh.«
Ges. vom 4. März 1834. — Res. vom 21. April und 2. August 1839 I. M. B.
S. 285, 152. — Res. vom 13. Juni 184« I. M. B. S. 199. — Res. vom 14.
März 1837. Jahrb. 48, S. 215.
II. Behufs Ucbernahme von bereits eingetragenen Forderungen Seitens des
Adjudikatar« ist sowohl dessen, als die Erklärung des Gläubigers erforderlich. Ad- ,
judikatar wird dadurch dem Gläubiger ebenfalls persönlich verhaftet. Die For
derung deS Letzteren, so weit sie übernommen ist, bleibt im Hypothekenbuch stehen, l) '
Es ist diesem überlassen, die persönliche Verpflichtung des Adjudikatars auf Grund
der bei der Kaufgelderbelegung abgegebenen Erklärung im Hypothekenbuche bei der
betreffenden Post vermerken zu lassen. Derselbe hat jedoch aus der Adjudikatoria
kein Exekutionsrecht. Er muß vorerst klagen. — §. 17 Subh.-Ges. vom 4. März
1834. — §. 5 des Ges. vom 21. März 1835 SS. S. 42.— Res. vom 23. März
1839 I. M. B. S. III.
Verhandlung der in Betreff der Spezialkaufgeldermassen entste»
henden SpezialProzesse.
Z. 461. l. Die Einwendungen, welche im Kaufgelderbelegungstermin gegen die
zum Ansatz kommenden Forderungen 2) erhoben werden, können sowol die Rich
tigkeit, als das Vorzugsrecht derselben betreffen. Sie können erhoben werden
1) vom Schuldner, «der Im Konkurs, oder Liquidationsprozeß vom Kurator.
Steht jedoch die Forderung unter Exekution; so wird die Bezahlung derselben
aus den Kaufgeldern nur dann gehemmt, wenn die Einwendungen von der Art
sind, daß sie in der Exekutionsinstanz die Exekution hemmen würden ;
2) von den Extrahenten, den RealprStendenten, und Realgläubiger»
dann, wenn dieselben, falls der Einwand begründet befunden würde, auf die
dadurch frei werdenden Gelder ein ausschließliches, oder doch ein besseres Recht,
als der Liquidant, hätten.
Hiernach also wird beurtheilt, ob die Einwendungen zu berücksichtigen seien.
Einreden von Personen, welche darnach kein Interesse in Bezug auf die angespros
chenen Kaufgelder haben, können nicht berücksichtigt werden.
Ausserdem muß aber der Einwand mit Beweismitteln gehörig unterstützt sein,»)
>) Hier wird also nur der nicht übernommene Theil der Forderung gelöscht.
») In Betreff der Forderungen, welche gar nicht zur Hebung kommen, kann des
halb im Kaufgeldervertheilungsverfahren kein Streit zugelassen werden.
») Jede eingetragene Forderung hat die Vermuthung der Legalität für sich. DaS
blosse Nichtanerkennen und einfaches Bestreiten kann daher nicht berücksichtigt,
47
734
wenn er zur Erörterung für geeignet erachtet werden soll. — Erek.-Gef. vom 4.
Marz 1834. Z. 6. — 8. 3, e §. 1« Berord. vom 21. Oktbr. 1838 GS. S. 493.
Res. vom 15. Juni 1839 I. M. B. S. 239. — Plen.-Besch. de? Geh. Ob.-Trib.
vom 11. März 1839 I. M. B. S. 169.
II. Als Provokant bei dem, durch solche Einwendungen entstehenden, pro
zessualischen Verfahren wird der betrachtet, welcher die betreffende Spezialmasse für
sich in Anspruch nimmt, und deshalb das Verfahren gegen die Widersprechenden
beantragt. Diese sind dann als Provokaten anzusehn. — Res. vom 6. Mai 183K.
Gröff, Koch zc. III. S. 1268.
III. Der bei der Kaufgelderbelegung entstehende Spezialstreit gehört, vor den
Subhastationsrichter, in so fern er unter den Subhastationsinteressen-
ten entsteht. Ist dieses nicht der Fall, so kommen hinsichtlich der Kompetenz die
allgemeinen in Betreff des Gerichtsstandes gegebenen Vorschriften zur Anwendung.
ES versteht sich auch hier von selbst, daß in Prozessen der letztern Art, in welchen
die Richtigkeit einer Hypothekenforderung bestritten wird, nur der als Kläger
aufzutreten legitimirt ist, dem eine Befugniß zusteht, die Löschung der streitigen Post
zu verlangen, und dex einen Anspruch auf diejenigen Kaufgelder nachzuweisen ver
mag, welche dadurch frei werden. — Res. vom 23. Februar 1839 I. M. B. S. III.
Res. vom 28. November 1834. Jahrb. 44, S. 38«.
IV. Die bei Vertheilung der Kaufgelder entstehenden Streitigkeiten sind
t) wenn die streitigen Posten 50 Thlr. nicht übersteigen, im Bagatellprozesse;
2) wenn sie jene Summe übersteigen, in der nach der Beschaffenheit des Gegenstan
des geeigneten Prozeßform,')
zur Entscheidung zu bringen. Gegen diese stehen die gewöhnlichen Rechtsmittel zu. —
Wird gegen ein in solchem Prozesse ergangenes Erkenntniß die Nichtigkeitsbeschwerde
eingelegt und zugelassen; so muß die streitige Summe bis zur Entscheidung in der
Nichtigkeitsinstanz deponirt bleiben. — Demnächst, und in andern Fällen nach rechts
kräftiger Entscheidung, wird die Spczialmasse der Entscheidung gemäß, ausgeschüt
tet. — Res. vom 9. Januar 1835 und vom 8. Februar 1836. Gräff, Koch ,c.
III. S. 1269. — Res. vom 6. Januar 1841 I. M. B. S. 43.
Verfahren beim Aufgebot von Spezialmassen nach erfolgter
Subhastation.
K. 462. Wenn nach erfolgter Subhastation im Termine zur Belegung der
Kaufgelder sich Niemand mit Ansprüchen auf eine bestimmte Rubr. II. «der III.
eingetragene, zur Hebung, gelangende Post, gemeldet hat, oder ein im Hypothe-
kenbuch eingetragener Inhaber eines solchen Anspruchs oder dessen Rechtsnachfolger
sich nicht durch Vorlegung des angeblich verlornen oder vernichteten
Hypothekendokuments zur Empfangnahme des hierauf ,angewiesenen Kaufgel
derbetrages zu legitimiren vermag; so trit Behufs Ausschüttung einer solchen Spe
zialmasse nachstehendes Verfahren ein:
j) es ist sofort den unbekannten Interessenten vom Subhastationsrichter ein Ku
rator zu bestellen,.
2) Sodann ist zur näheren Erörterung:
s) ob die Post etwa schon getilgt worden;
b) wa? für Mittel vorhanden sind, das fehlende Hypothekendokumeut und den
diese Vermuthung muß vielmehr durch Gegenbeweis beseitigt werden. — Res.
vom 15. Juni 1839 I. M. B. S. 239.
Werden mithin der unter Exekution stehenden Forderung solche, in der Ereku-
tiovsinstanz zulässige Einwendungen entgegenstellt; st wird die Sache im sum
marischen Prozeß verhandelt.
735
Inhaber desselben, oder diejenigen zu erforschen, denen Eigenthums-, Pfand-,
oder andre Rechte an die Forderung zustehen,
ein Termin anzuberaumen.
3) Au diesem Termin find vorzuladen
»I ber im Hypothekenbuche eingetragene Eigenthümer der Forderung,
und die etwa mit Pfand- oder anderen Rechten bei der Post subinskribirten,
aus dem Hypothekenbuch hervorgehenden Personen oder deren Rechtsnachfol
ger, in so fern der Aufenthalt dieser Personen bekannt ist;
b) der vorige Gutseigenthümer;
c) "die bei der Käufgelberbelegung nicht vollständig, oder überhaupt nicht
zur Hebung gekommenen Hypothekengläubiger; und
6). der ernannte Kurator.
4) Die Vorladung des Kurators erfolgt unter der Verwarnung:
„daß ihm die Kosten des neuen Termins würden zur Last gelegt werden"
und unter Androhung einer angemessenen Ordnungsstrafe;
die Vorladung aller übrigen Interessenten unter dem Präjudiz:
„daß angenommen werden solle, sie hätten über den Gegenstand der Er
örterung Nichts anzuführen."
5) ' Dem Kurator liegt ob, die zu dem Nro. 2 bezeichneten Zwecke von ihm selbst
und von den übrigen Erschienenen angegebenen Mittel anzuwenden.
6) Führen seine Nachforschungen nicht dahin, daß das Dokument herbeigeschafft, oder
der Inhaber der eingetragenen Post ermittelt wird; so hat er das Aufgebot der
Ssiezialmasse nachzusuchen, und dabei pflichtmWg anzuzeigen, daß er sich nach
bestem Wissen, und wenn im vorläufigen Termin (Nro. 2) Mittel hierzu ange
deutet worden sind, mit sorgfältiger Benutzung derselben, bemüht habe, das feh
lende Hypothekendokument und dessen Inhaber, oder diejenigen zu erforschen, de
nen Rechte an der Forderung zustehen.
Eines Diligenzeides bedarf es in dem Falle nicht, wenn sich Niemand zu
der Post gemeldet hat. In dem Falle aber, wenn ein eingetragener Gläu
biger oder dessen Rechtsnachfolger sich gemeldet hat, und nur das
Dokument' nicht beschaffen kann, muß dieser einen Eid dahin leisten,:
„daß er dasselbe nicht selbst besitze, daß ihm kein Andrer bekannt sei, der
es besitze, noch ein Ort, an dem es sich befinden möge, und daß er das
selbe auch' nicht zur Gefährdung fremder Rechte abhanden gebracht habe;"
oder" wenn er die erfolgte Vernichtung des Dokuments behauptet:
„daß und in welcher Art das Dokument vernichtet worden."
7) Dks Aufgebot erfolgt, was den Anmeldungstermin, die Frist, und die Be
kanntmachung betrifft, mit Rücksicht auf die Höhe des Betrages, welcher von.
den Kaufgeldern auf die Forderung angewiesen worden ist, nach den Vorschrif
ten der Subh.-Ordnung Z. 4St.^
In der Vorladung ist die Forderung durchs Angabe des Hypothekem'nstrumentS
nach' Datum der Ausstellung und Eintragung, durch Benennung des darin ge
nannten Gläubigers und des Schuldners, der Kapitalssumme, und des ver
pfändeten Guts, näher zu bezeichnem , , ... ^
Den'utttÄ Nro. 3 genannten Interessenten wird eine Abschrift der Vorlas
' duijg^zugeferttgr.' ' , ;
8) Zum Termine sind alle diejenigen unbekannten Pexfqnen« welche HlH!.
Eigenthümer, Erben, Sessionarien, Pfandinhaber, oder sonst Berechtigte, Ansprüche
an die Spezialmasse, oder an den angewiesenen Kaufgelderrückstand zu haben
vermeinen, zn betten Anmeldung unter An^rohitng' der Präklusion
vorzuladen.
47«
736
9) Nach Abhaltung des Termins ist ein PröklusionSerkenntniß abzufassen,
und den Interessenten zu publiziren. Die Publikation erfolgt durch Anfertigung
von Ausfertigungen und Abschriften, und 14tSgigen Aushang nach Vorschrift des
z. 183 des Hd. B.
10) Nach beschritten« Rechtskraft des Präklusionserkenntnisses > ) hat der Subha-
stationsrichter die Interessenten und diejenigen Personen, welche sich bei dem
Aufgebote gemeldet haben, mit ihren Ansprüchen zu hören, diese Ansprüche, falls
keine gütliche Einigung zu Stande kommt, zum Spruch zu instruiren, und dem
nächst in einem besonder« Erkenntnisse auszusprechen:
an wen die Spezialmasse auszuzahlen, oder wem der betreffende Kauf-
gelderrückstand zu überweifen sei.?)
11) Liegt das Hinderniß, welches der Ausschüttung einer Spezialmasse entgegensteht,
darin, daß auf einer eingetragenen Forderung Rechte für einen Dritten subin-
skribirt stehen, der Inhaber des subinskribirten Rechts aber unbekannt ist; so
wird auch einem solchen unbekannten Interessenten ein Kurator bestellt, und mit
dessen Zuziehung die Vertheilung der Kaufgelder beendigt. Ein Aufgebot eines
solchen unbekannten Interessenten ist nur nöthig, um dadurch festzustellen: ob
der Hauptgläubiger ohne Zuziehung des subinskribirten Berechtigten, oder mit
wessen Zuziehung die Spczialmasse zu erheben befugt sei. Trägt der Haupt
gläubiger auf ein solches Aufgebot an; so wird auch in diesem Falle nach vor
stehenden Vorschriften Nro. 2 bis 10 verfahren, jedoch mit den Modifikationen,
welche die Natur des Falles nöthig macht, ins Besondre, daß zu dem anzube
raumenden Termine (Nro. 2) nur der Hauptgläubiger, die etwa sonst auf die
Post subinskribirten Berechtigten und der Kurator vorzuladen sind. Der Haupt
gläubiger hat, wenn sich die Sache durch die angestellten Ermittelungen nicht er
ledigt, einen Eid dahin zu leisten:
daß ihm nicht bekannt sei, daß noch irgend Jemand aus dem eingetrage
nen Vermerk ein Recht zustehe, er auch Nichts verschwiegen habe, was
zur Ermittelung eines solchen Berechtigten führen könne.
12) Die gerichtlichen Kosten des Aufgebotsverfahrens, so wie die Gebühren und
Auslagen des Kurators, werden aus der Spezialmasse entnommen. — Berord.
vom 21. Oktober 183« GS. S. 493 fg. — §. 117, I. öl A. G. O.

Vom Verfahren bei Subhastation der Realberechtigungen in der


Provinz Westphalen und in den Kreisen Rees und Duisburg.
§. 463. Bei Subhastation der gemäß Z. 433, Nro. 2 d in der Provinz West
phalen und in den Kreisen Rees und Duisburg zur Subhastation geeigneten Real-
berechtigungen kommen ebenfalls vorstehende Vorschriften 442—4S2 zur Anwen
dung, jedoch unter nachfolgenden Modifikationen:
1) Wenn der Antrag auf Subhastation eingeht, ist vor allen Dingen zu
prüfen: ob die Realberechtigung dem Exequenden zusteht, und dies gehörig nach
gewiesen ist. In letzterer Beziehung gnügt die Beibringung eines Hypotheken-
scheins, aus welchem die Berechtigung des Erequenden erhellt; oder die Bezug-

>) Die Funktion des Kurator« hört mit Rechtskraft des Präklusions-Urtels auf.
Bei der folgenden Verhandlung darüber, wem die Epeziolmasse zuzusprechen,
bedarf eS seiner Zuziehung nicht.
») Hat sich zu einer Rubr. III. eingetragenen Post gar Niemand gemeldet; s« ge
bührt die Spezialmasse den nächsten bei der Kaufgelderbelegung ausgefallenen
Realgläubigern, und wenn solche nicht da find, dem früheren Eigenthümer de«
verkauften Grundstücks. Daraus ergibt sich, wer als Interessent bei einer sol
chen Spezialmasse interessirt.
737
nähme auf die Grundakten des genau zu bezeichnenden berechtigten «der ver«
pflichteten Grundstück«.
Ist die Berechtigung hieraus nicht ersichtlich; so gnügt e«, wenn Srtrahent
ein glaubhaftes Anerkcnntniß des Besitzer« des verpflichteten Grundstück« bei«
bringt. Mangelt eS an einem solchen Anerkcnntniß; so kann Ertrahent verlan
gen, daß der Richter ihn ermächtige, gegen den Besitzer auf Feststellung der Be-
rcchtigung zu klagen. Das Urtheil vcrtrit alsdann die Stelle de« Anerkenntnisse«.
Wie da« glaubhafte Anerkenntnis, beschaffen sein muß, bleibt der Bcurthei-
lung des Subhast.-Richters in jedem einzelnen Falle überlassen. Der Aussteller
desselben muß nur als Eigenthümer des verpflichteten Grundstücks hinlänglich
legitimirt sein.
2) Ist die Existenz der Realberechtigung an sich ausser Zweifel, der Umfang der«
selben aber streitig; so kann die Subhastation nur dann eingeleitet und
fortgesetzt werden, wenn alle Interessenten darein willigen. Entgegengesetzten
Falls muß zuförderst der obwaltende Streit im Wege Rechtens erledigt werden.
3) Der Vermerk über Einleitung der Subhastation (§. 446, Nro. 3)
wird, wenn die Realberechtigung ein besondres Hypothekenfolium hat, auf die«
, fem, wenn aber diefelbe auf das verpflichtete Grundstück eingetragen ist, auch bei
letzterem, und zwar in der zweiten Rubrik, unter der Kolumne „Zessionen," und
wenn diese Kolumne fehlen sollte, in der Hauptkolumne mit Bezugnahme auf
die Nummer der Realberechtigung eingetragen.
Ist für da« verpflichtete Grundstück noch kein Hypothekenfolium angelegt, sa
wird eine Abschrift der die Subhastation einleitenden Verfügung zu den betres-
senden Grundakten gebracht.
4) Der bei Bestimmung des Verfahrens zum Grunde zu legende Werth wird
durch den 25fachen Betrag einer Jahresleistung festgestellt, und diese
Jahresleistung in folgender Art berechnet:
s) bei festen Getraideabgaben wird zunächst der mittlere Durchschnitts
preis der letzten 14 Jahre vor Publikation der Ordnung vom l3. Juli l82S
mit Wcglassung der 2 theuersten und 2 wohlfeilsten, so wie ferner der mitt
lere Durchschnittspreis der letzten 14 Jahre vor Einleitung der Subhasta
tion, mit gleicher Weglassung der 2 theuersten und 2 wohlfeilsten, festgestellt,
und sodann von beiden zusammen die Hälfte genommen. Diese gibt die
Grundlage des Kapitals.
b) Bei andern festen Naturalabgaben wird sie nach den von den Be
hörden veröffentlichen Durchschnittspreisen, und
e) bei Diensten nach den veröffentlichen Normalpreisen der ortsüblichen Tage-
und Fuhrlohnssätze, jedoch nach dem gesetzlichen Rückschlag von H bis Häuf
die Gegenleistungenz endlich
6) bei Zehnten von Bodenerzeugnissen nach dem Katastralwerthe (Nro. ö) bei
verpflichteten Grundstücks ermittelt.
Den Werth von zufälligen Rechten, d. h. solchen, bei denen entweder
der Zeitpunkt der Entrichtung, oder der Umfang des Gegenstandes der Leistung,
oder beides zugleich unbestimmt ist, hat das Gericht mit Rücksicht auf die Vor
schriften der Ablösungsordnung nach eignem gutachtlichen Ermessen zu veran
schlagen, und bei Einleitung der Subhastation durch eine Verfügung, gegen
welche kein Rekurs zulässig ist, zu bestimmen.
Ausser diesem, und ausser dem Hypothckcnschein oder dem Anerkenntniß zu 1
muß zur nähern Information der Kauflustigen eine vollständige Beschrei
bung der zur Subhastation gestellten Berechtigungen, ihrem Grunde, Gegen»
728
stände und Umfange nach, als die Stelle der Taxe vertretend, zu ,den Akten
gebracht werden.
Ob zur Aufnahme diefer Beschreibung und Werthsermittelung ein besondrer
Termin unter Zuziehung der bekannten Interessenten anzuberaumen ist, bleibt
dem Ermessen des Gerichts nach Beschaffenheit der Umstände überlassen.
Sollte die Ablösung der Realbercchtigung bereits eingeleitet sein; so kann auch
die Generalkommission um Mittheilung der betreffenden Verhandlungen Behufs
Ermittelung des Werths der Berechtigung requirirt werden.
6) Sind ins Besondre Zehnten von Bodenerzeugnissen Gegenstand der
Subhastationz so ist zuförderst derjenige Beamte, welchem die Aufbewahrung der
Kataster-Dokumente der betreffenden Gemeinde obliegt, zur Ausfertigung eines
Auszugs aus der Mutterrolle über die verpflichteten Grundstücke, wobei die letz
tere zur Vermeidung von Verwechselungen durch Angabe ihrer Lage und etwai
gen besondern Merkmale, so wie des gegenwartigen Besitzers und seiner Grenz
nachbarn, möglichst genau zu verzeichnen sind, zu veranlassen. — Dieser Auszug
wird dann der betreffenden Königl. Regierung mit dem Ersuchen übersandt, den
ungefähren Werth der Zehntberechtigung nach Maasgabe des Katqstrgl-Roher-
trages des zehntpflichtigen Grundstücks in GemSßheit der ministeriellen Anwei
sung zu berechnen, und diese Berechnung dem Gericht, unter Einziehung der
Kosten mitzutheilen. ^
V) Wegen der etwaigen Kaufbedingungen ist der Antrag des Ertrahenten ab-
zuwarten, und die Regulirung derselben im Bietungstermin vor Abgabe der Ge
bote zu bewirken.
7) Im Subhastationspatent ist, statt auf die Taxe, auf die nach Nro. 4
und 5 erfolgte Werthsermittelung und auf die Beschreibung der Realberechtigung
zu verweisen.
8) Vom Bietungstermin sind, ausser dem Ertrahenten der Subhaftation und
dem Schuldner, die auf die Berechtigung subinflribirten Gläubiger, und der
Besitzer des verpflichteten Grundstücks gemäß Z. 4SI, VI. in Kenntniß zu setzen.
9) Ein Aufgebot der Realprätendentcn ist mit der Subhastation nur
bann zu verbinden, wenn die zu subhastirende Realberechtigung noch nicht ein
getragen ist.
1V)Zum Kaufgelberbelegungstermin sind ausser dem Käufer ebenfalls die
unter Nro. 8 genannten Interessenten unter der Warnung des §. 453, I. vor
zuladen.
Der Zuziehung andrer Realgläubiger des berechtigten oder verpflichteten
Grundstücks, so wie der Benachrichtigung der zu Abgaben und Leistungen be
rechtigten Kassen und Anstalten bedarf es nicht.
Wohl aber sind diejenigen Gläubiger des Schuldners, welche einen
Titel zum Pfandrecht erworben, und während des Subhast.-VerfahrenS
sich gemeldet haben, vom Kaufgelberbelegungstermin in Kenntniß zu setzen,
mit der Warnung: daß auf den Ausbleibenden bei der Vertheilung der Kauf
gelder keine Rücksicht werde genommen werden.
11) Nach erfolgter Belegung der Kaufgelder werden die etwa erforderlichen
Eintragungen im Hypothekenbuch von Amtswegen gleich, wie bei Sub
hastation der Grundstücke mit den aus der Verschiedenheit des Gegenstandes sich
von selbst ergebenden Modifikationen vorgenommen.
Die rückständig gebliebenen Kaufgelder werden in der Rubrik und
unter der Nummer, unter welcher die Realberechtigung eingetragen steht, in der
Kolumne „Zessionen," oder, falls diefe Kolumne in zweiter Rubrik des Hup«
739
thekenbuchs fehlen sollte, in der Houptkolumne unter der Realberechtigung mit
Bezugnahme auf die Nummer der letztern vermerkt.
Bleibt Adjudikatar da« Kaufgeld rückständig z so steht der Resubhastation der
Realbcrechtigung Nichts im Wege.
12) Hat der Besitzer de« verpflichteten Grundstück« selbst die Real-
bercchtigung erstanden; so erfolgt nach geschehener Zahlung der Kaufgel
der die Löschung derselben. — Bleibt er das Kaufgeld ganz oder theilweise rück«
ständig; so trit das Kaufgeld an die Stelle der Berechtigung, und es wird eine
Umschreibung der letzter« im Hypothekenbuche bewirkt, ohne daß in diesem Falle
die Löschung der Berechtigung erfolgen darf.
13) Die wegen Realberechtigungcn stattgefundenen Subhastationen sind in den jähr
lich einzureichenden Geschäftsübersichten besonders aufzuführen. — Verord.
vom 1«. April 1341 GS. S. 7S. Ablös.-Ordn. vom 13. Juli 1329 §. 49,
S4—S«, «4, «5 GS. S. SS. — Jnstrukt. vom 21. Oktober 1S41 I. M. B.
S. 329.
Vom Verfahren bei Subhastation des Bergwerkeigenthum«,
so wie der Schiffe,
g. 464. Bei Subhastation der Berg - und Hüttenwerke und andern Berg«
werkscigenthums, so wie ferner bei Subhastation der See- und Stromfrachtschiffe
und Schisssparten gelten ebenfalls die für Subhastation von Grundstücken gegebe,
nen Vorschriften. Es sind nur folgende abweichende Bestimmungen zu berücksichtigen:
I. Behufs Subhastation der Berg- und Hüttenwerke und sonstigen
Bergwerkseigenthums') muß
1) statt der Taxe eine möglichst genaue Beschreibung des Werks angefertigt, darin
die Zahl der zur Zeche gehörigen Gänge und Plätze, die Mächtigkeit oder so«
stige Beschaffenheit derselben, in so fern sie bekannt sind, die Feldeslänge und der
darin geführte Bau genau angegeben, auch wenn das Werk im Betriebe ist, und
mit Ausbeute baut, das Aufbringen des letzten Jahres bemerkt, und solcherge
stalt der Kauflustige in den Stand gesetzt werden, sich mit dem Zustande und
dem Werths des Werks bekannt zu machen.
2) Bei Einrückung des Termins und Veröffentlichung de« Subha«
stationspatents kommen stäts die bei Gegenständen unter 5(XX) Thlr. vor«
geschriebenen Förmlichkeiten zur Anwendung. Dies gilt auch in Betreff der
Fortsetzung der Subhastation. lH. 451, 4S4.)
3) Wenn die Mitgewerke bei dem subhastirenden Bergamte einen Bevollmächtig
ten bestellt haben; so muß demselben der bevorstehende Verkauf und der dazu
anberaumte Termin durch Mittheilung einer Abschrift des Patents bekannt ge
macht werden. In Ansehung der Mitgewerke, welche keinen Bevollmächtigten
bestellt haben, fällt die Bekanntmachung weg. — z. 1 u. 3 Anh. Z. 410 A. G.
O. — K. 23 Subh.-Ord. vom 4. März 1834. — Cab.-Ord. vom 14. Septbr.
1834 GS. S. 1S9.
4) Ist im Bietungstermin gemäß g. 453, I. Nro. 4 eine Kaution zu bestellen;
so muß der Deputirte in Ermangelung einer Taxe die Höhe dieser Kaution nach
billigem Ermessen und nach den konkurrirenden Umständen, unter Berücksichti
gung de« nach Nro. 1 ermittelten Ertrages des letzten Jahres, oder der frühe
ren Erwerbspreise, oder der schon abgegebenen Gebote festsetzen. — Res. vom 8.
November 1836. Jahrb. 48, S. 468.
') Beim Antrage auf Subhastation Behufs Auseinandersetzung finden auch hier die
Vorschriften des z, 445, III. Nro. S Anwendung. — Res. vom 22. November
1836. Jahrb. 49, S. 437.
II. Bei SubHast ation der Seeschiffe und der Strom fr« chtschiffe wird
1) die Frist zum Lizitationstermin auf 4 bis 6 Wochen, vom Tage der er
sten Einrückung in die Intelligenz- oder Amtsblätter gerechnet, bestimmt. —
Bei Abmessung dieser Frist muß der Subhastationsrichter die Umstände, und na
mentlich berücksichtigen: ob die Subhastation in eine Jahreszeit, wo die Fahrt
offen ist, oder in eine solche trifft, wo das Schiff im Hafen überwintert.
2) Während des Laufs der Subhastationsfrist muß das Schiff, der Re
gel nach, im Hafen liegen bleiben. Wenn es jedoch die Handlungskonjunktur
und das Beste der Interessenten erfordert, daß das Schiff in der Zwischenzeit
eine neue Fahrt antrit; so kann solches vom Richter zwar nachgegeben, es muß
aber dann für gehörige Versicherung des Frachtgeldes und des Kasko gesorgt
werden.
3) Es werden drei Patente ausgefertigt, und bei Seeschiffen das eine am ge
wöhnlichen Versammlungsorte der Kaufleute und Schiffsrheder, die andern bei
den aber in benachbarten Häfen und Seeplätzen; bei Strom-Frachtschiffen
aber einzeln an solchen Orten ausgehängt, in welchen sich nach ihrer Lage un
weit des Stroms, welchen das Schiff befährt, Käufer desselben erwarten lassen.
4) Die Bekanntmachung in den Intelligenz-, und resp. Amtsblättern
'der Provinz erfolgt drei Mal; so daß von der letzten Einrückung an bis zum
Termin volle acht Tage frei bleiben.
5) In den Patenten und Bekanntmachungen erfolgt zugleich die Ediktalladung
aller unbekannten Schiffsgläubiger zum Bietungstermin unter der
Warnung der Präklusion. — Anh. zur A. G. O. z. 341—347 und 409. —
Res. vom 6. Juni 1315. Jahrb. ö, S. 34 Heft 2. — Res. vom 16. Decbr.
1837. Jahrb. SV, S. 63S.

Dreizehnter Titel. )
Vom Prozeßverfahren in Ehefachen.
. Einleitung.
§. 465. Die Schliessung einer Ehe erfolgt
1) Zwischen Personen, welche zu den im Staate aufgenommenen Religionen gehö
ren, durch priesterliche Trauung;
2) zwischen Personen, die sich zu den im Staate geduldeten Religionen bekenne»,
nach den Gebräuchen ihrer Religion.
Die Lösung des Bandes solcher Ehen kann nur durch den Tod, oder durch
richterliches Erkenntniß erfolgen. Vom Richter aber kann diese Lösung aus drei»
fachem Grunde ausgesprochen werden:
I. wegen Nichtigkeit der Ehen;
II. wegen Ungiltigkeit derselben;
UI. in Folge eines gesetzlichen Ehescheidungsgrundes. — §. 136, 137, 434, 668,
951, II. 1 A. L. R.
') Der dreizehnte und vierzehnte Titel enthalten 2 besondre Prozeßformen, welche
zu den H. 54 erwähnten hinzutreten. Beim Druck der ersten Hefte des Hd. B.
war das Ehegesetz vom 28. Juni 1844 noch nicht erschienen. Die Ehesachen
sollten daher nach dem ursprünglich angelegten Plan des Werks im Titel 10
ihren Platz finden, und der Zensurprozeß in einem Anhange aufgenommen wer
den. Das Erscheinen des Ehegesetzes hat die vorgenommene Aenderung dieses
Plans herbeigeführt.
741
l. Bon nichtigen Ehen.
§. 46S. I. Ehen, welche wegen obwaltender Verbotsgesetze niemals bestehen kön
nen, werden nichtig genannt. Die Folgen einer solchen Ehe sind:
1) daß der Richter von Amtswegen die Trennung der Eheleute und die Nich
tigkeitserklärung der Ehe betreiben muß;
2) daß dieselbe durch blosses Beseitigen des entgegenstehenden Hindernisses
niemals giltig wird; sondern daß zu diesem nochmalige feierliche Vollziehung
hinzukommen muß, wonächst sie erst von diesem Seitpunkte ab giltig ist;
3) daß die Verbundenen niemals die Rechte und Pflichten, wie aus einer wirk
lichen Ehe, erwerben;
4) daß dagegen redlichen dritten Personen, namentlich den in einer solchen Ehe er
zeugten Kindern, niemals Nachtheile daraus erwachsen. —i Z. 933, 95« fg. 946 fg.
96V—967 a. a. O.
II. Richtig ist die Ehe:
1) wenn sie geschlossen ist zwischen zu nahen Verwandten oder VerschwS-
gerten, und zwar
») zwischen Verwandten in auf- und absteigender Linie, diese mögen ehelich, oder
ausserehelich gezeugt sein;
K) zwischen voll- und halbbürtigen in und ausser der Ehe erzeugten Geschwistern;
c) zwischen Stief- oder Schwiegereltern, und Stief- oder Schwiegerkindern,
wenn gleich die Ehe, wodurch die Verbindung zwischen Stief- oder Schwie-
gerältern und Kindern entstanden war, durch den Tod oder richterlichen Aus
spruch wieder getrennt worden;
2) bei deren Schliessung Einer oder beide Theile noch anderweit verheira-
thet waren;')
5) wenn sie zwischen einer geschiedenen Person und derjenigen geschlos
sen ist, welche durch den mit ihr getriebenen Ehebruch, «der verdächtigen Um
gang, oder durch sonst gestiftete Mishelligkeiten Anlaß zur Trennung gegeben hat;
vorausgesetzt, daß im Scheidungsprozesse diese Umstände ausdrücklich gerügt,
und vom Richter als Ursache der erkannten Scheidung befunden worden. Wa
ren mit dem Ehebruch oder verdächtigen Umgange Nachstellungen gegen das Le
ben des andern Ehegatten verbunden, so ist eine zwischen den schuldigen Perso
nen geschlossene Ehe selbst dann nichtig, wenn die vorige Ehe durch den Tod
getrennt worden;
4) ferner die Ehe eines in wirklichem Kriegsdienst stehenden Offiziers, wenn sie
ohne Königl. Erlaubniß, und die eines Unteroffiziers, Soldaten oder
überhaupt dessen, welcher gleich diesen zur Fahne geschworen hat, wenn sie
ohne Einwilligung seines Chefs oder Kommandeurs eingegangen ist;
5) desgl. die Ehe eines Christen mit solchen Personen, welche nach den Grund
sätzen ihrer Religion sich den christlichen Ehegesetzen zu unterwerfen gehindert
werden;!)
6) endlich eine zur rechten Hand geschlossene Ehe einer Mannsperson von
Adel mit einer Frauensperson vom Bauern» «der geringem Bürgcrstande, so
fern das Obergericht nicht Dispensation ertheilt hat. — §. 935—940, 3, 4, 5,
16, 25—36 a. a. O.
l) Eine Ausnahme siehe Z. 467, I. Nro. 9.
») Die Praxis nimmt dies von Juden an, und deshalb werden in Preussen Ehe»
zwischen Christen und Juden nicht gestattet.
^42
II. Bon ungiltigen Ehen.
Z. 467. I. Ehen, welchen zwar von Anfang an gesetzliche Hindernisse im Wege
stehen, die aber doch in der Folge, durch Hebung dieser Hindernisse, verbindliche
Kraft erlangen können, werden un giltig genannt.
Die Hebung eines solchen Hindernisses kann durch nachträgliche Ergän
zung des fehlenden Erfordernisses, oder auch durch Ablauf der gesetzlich zur
Rüge bestimmten Frist geschehen. Eine nochmalige feierliche Schliessung ist
dann nicht erforderlich; vielmehr wird die Ehe, sobald das Hinderniß gehoben ist,
als von Anfang an giltig angesehen. — §. 934, 975, 976 a. a. O.
II. Ungiltige Ehen können nur auf Anrufen dessen, welcher das Ehe-
hinderniß zu rügen nach den Gesetzen berechtigt ist, als nichtig aufge
hoben werden. Erfolgt die Aufhebung; so gilt auch von solchen Ehen das im vo
rigen § unter I. Nro. 3 und 4 Gesagte. — Z. 973, 974 a. a. O.
III. Als ungiltig können angefochten werden:
1) Ehen zwischen einem Neffen und der den Jahren nach älteren Schwe
ster seines Vaters oder seiner Mutter, so fern nicht der Staat die
Genehmigung ertheilt hat;
2) die ohne Genehmigung des Staats zwischen dem einen Ehegatten, und den
mit einem andern Vater oder einer andern Mutter vor dieser Ehe erzeugten
unehelichen Kindern des Andern geschlossenen Ehenz^)
A) zwifchen Personen, deren eine die andre an Kindesstatt angenommen hat, vor
Aufhebung der Adoption geschlossene Ehen. Ist die angenommene Person
noch minderjährig; so muß das Vormundschaftsgericht, wenn nach Prüfung durch
einen ernannten Kurator wirkliche Abneigung des Pflegebefohlenen oder ein über
wiegender Nachtheil sich herausstellt, die Aufhebung der Ehe beantragen. War
der Adoptirte bei der Heirath schon großjährig ; so kann er die Ungiltigkeit der
Ehe nur innerhalb sechs Monaten nach deren Vollziehung rügen.
4) Ehen, welche ein Vormund zwifchen sich, oder seinem Kinde und ei
ner, seiner Pflege befohlenen Person, ohne vorherige Untersuchung und
Genehmigung des vormundschaftlichen Gerichts, geschlossen hat. Dieses muß nach
Entsetzung des Vormundes und Bestellung eines andern in gleicher Art, wie im
Falle zu 3, prüfen, und bei vorhandener wirklicher Abneigung des Pflegebefohle
nen, oder bei überwiegendem Nachtheil auf Richtigkeitserklärung antragen. Ist
dies während der Minderjährigkeit nicht geschehen z so hat die Pflegebefohlene Per
son noch von erlangtem 24sten Lebensjahre sechs Monate lang die Befugniß, die
Ungiltigkeit der Ehe zu rügen.
5) Die von einer Mannsperson vor zurückgelegtem achtzehnten, und
von einer Frauensperson vor zurückgelegtem vierzehnten Jahre
geschlossene Ehe, kann von dieser Person nach erlangtem mannbaren Alter binnen
S Monaten, und so fern dieselbe zur Zeit der Heirath weder unter einem Va
ter, noch unter einem Vormunde steht, vom vormundschaftlichen Gericht in Ge
mäßheit der Bestimmung zu 4 angefochten werden.
6) Die Ungittigkeit einer Ehe, bei welcher es von der einen oder andern Seite an
der Einwilligung des leiblichen Vaters ermangelt, muß von diesem bei
Vermeidung der Willigkeit, binnen 6 Monaten nach erhaltener Nachricht von
der Vollziehung der Ehe, gerichtlich gerügt werden.

') In den Fällen zu 1 und 2 wird hauptsächlich der Staat den Antrag auf Auf
hebung der Ehe zu machen haben. Da das Ehegesetz den Staatsanwalt nur
zur Anfechtung der nichtigen Ehen ermächtigt, so wird er für diese beiden Fälle
jedesmal Autorisation erhalten müssen.
743
7) Venn minderjährige vaterlose Waisen, ohne Einwilligung der Mutter,
G.roßältern oder Vormünder heirathen; so findet das unter Nro. 4 Ge
sagte Anwendung.
S) Eine durch Zwang, Betrug, oder Jrrthum veranlaßte Ehe wird ver
bindlich, wenn sie nach entdecktem Jrrthum oder Betrug, oder nach aufgehobe
nem Zwange, ausdrücklich genehmigt, oder länger als sechs Wochen nach diesem
Zeitpunkte fortgesetzt worden. — Als wesentlicher, die Willenserklärung entkräf
tender Jrrthum wird namentlich angesthn, wenn in der Person der künftigen
Ehegatten, oder in solchen persönlichen Eigenschaften, welche bei Schliessung ei
ner Ehe von dieser Art vorausgesetzt zu werden pflegen, geirrt worden ist. —
z.,S Anh. L. 62. §. 13 fg. §. 37—S2. K. 968—999 a. a. O.
9) Endlich ist die von einem bereits Verheiratheten eingegangene zweite
Ehe nicht nichtig, sondern nur ungiltig, wenn die vorige Ehe aus einem un
verschuldeten Jrrthum für getrennt angenommen worden, da sie doch noch wirk
lich bestanden hat. — Für einen unverschuldeten Jrrthum ist es zu halten, wenn
der wirklich noch nicht erfolgte Tod des vorigen Ehegatten gesetzmässig beschei
nigt war; oder wenn die vorige Ehe durch ein richterliches Erkenntnis, dem
aber ein wesentliches Erforderniß der Billigkeit ermangelte, für getrennt erklärt
worden. In jedem Falle darf jedoch der zur zweiten Ehe schreitende Theil den
vorLefallenen Fehler weder vorsätzlich, noch durch eignes grobes oder mössiges Ver
sehen selbst veranlaßt hgben, da sonst die Ehe von Anfang an nichtig ist. —
§.M2 bis z. 94S a. a. S.
M. Von den gesetzlichen Ehescheidungsgründen.
K. 463. I. Giltige Ehen können nur aus gesetzlichen Gründen durch richterli
chen Ausspruch getrennt werden. Gesetzliche Eheschcidungsgründe sind:
t. Ehebruch, dem auch s) Sodomiterei und andre unnatürliche
Sünden dieser Art, und d) unerlaubter Umgang, wodurch eine dringen
de Vermurhung der verletzten ehelichen Treue begründet wird, gleich
geachtet werden.
Eine Frau, welche sich des Ehebruchs schuldig gemacht hat, kann unter dem
Vorwande, daß dem Manne ein gleiches Vergehen zur Last falle, der Scheidung
«icht widersprechen. — Sonst berechtigt dieser Grund nur den unschuldigen
Ah« U zur «lsge auf Scheidung. — §. 668—673, 1 A. L. HZ.
Blosser Verdacht ist zur Trennung der Ehe nicht hinreichend. Ist jedoch schein
barer Anlaß zu einem solchen Argwohne vorhanden; so muß dem beschuldigten Ehe
gatten auf Anrufen des Andern der fernere Umgang mit dex verdächtigen Person
gerichtlich untersagt werden.
Setzt derselbe, dieses Verbots ungeachtet, einen vertrauten Umgang mit der ver
dächtigen Person fort ; so ist dies ein erheblicher Grund zux Ehescheidung. — K. 674—
676 a. a. O.
2. Bösliche Verlassung. Die blosse Veränderung des bisherigen Auftnt-
Halts ist für eine bösliche Verlassung nicht zu achten. Vielmehr ist,
s) wenn der Mann einen neuen Wohnort wählt, die Frau ihm dahin zu folge»
verbunden. Weigert sie sich dessen beharrlich 477)z so jst der Mann auf
Scheidung anzutragen wohl befugt. Nur
??) wenn der Wann wegen begangener Verbrechen, oder sonst wider t>ie Gesetze,
sich aus den Königl. Landen entfernt hat; oder
bd)der Frau die Pflicht, dem Manne zu folgen, durch einen vor der Heirath
geschlossenen Vertrag erlassen worden,
V Ve, H,m z» folgen, nicht veWsMtet. Dagegen ,ist
744
b) der Mann in allen Fällen die Frau, welche an seinen veränderten Wohnort ihm
folgen will, anzunehmen in der Regel schuldig. Weigert er sich dessen beharr
lich und ohne hinreichenden Grund (e)z so gibt er dadurch der Frau rechtmässi«
gen Anlaß, auf die Scheidung anzutragen.
«) Verläßt die Frau den Mann ohne dessen Einwilligung oder rechtmässigen Grund
der Entfernung, so kann der Mann, nach fruchtlosem richterlichem Einschreiten
Behufs Bewirkung der Rückkehr sz. 477), auf Trennung der Ehe dringen.
Kehrt jedoch in solchem Fall die Frau zurück, so ist der Mann in keinem
Falle sie eher anzunehmen verpflichtet, als bis sie ihren inzwischen geführten
unbescholtenen Wandel durch glaubhafte Zeugnisse nachgewiesen hat.
6) Hat ein Ehegatte sich in der Art entfernt, daß sein Aufenthalt unbekannt, oder
dergestalt ausserhalb der Königl. Staaten entlegen ist, daß keine richterliche Ver
fügung zur Wiedervereinigung der getrennten Ehe stattfinden kann; so kann,
ss) wenn aus den bescheinigten Umständen wenigstens eine dringende Vermu-
thung des Vorsatzes, den zurückgebliebenen Ehegatten zu verlassen, begründet
wird, dieser nach Ablauf eines Jahres, und
dd)wenn von den eigentlichen Gründen der ersten Entfernung Nicht« mit hin
länglicher Wahrscheinlichkeit ausgemittelt werden kann, nach Ablauf zweier Jahre,
die öffentliche Vorladung des Verschwundenen, und wenn er sich nicht meldet,
die Scheidung beantragen. In beiden Fällen läuft die Frist von der Zeit an,
da die Entfernung des Entwichenen bemerkt worden. Auch muß der Zurückge
bliebene während dieser Fristen alle ihm mögliche Mühe angewendet haben, den
Aufenthalt des Weggegangenen zu erforschen.
ce) Nur die Ehefrau eines entwichenen Soldaten, so wie der Ehegatte eines
Verbrechers, welcher sich der auf das verübte Verbrechen gesetzten Zuchthauö-
oder Festungsstrafe durch die Flucht entzogen hat, ist sofort, ohne Abwar-
' . tung irgend einer Frist, die Scheidung zu beantragen befugt.
gch Erhellt aus den Umständen, daß der abwesende Ehegatte aus erheblichen
und erlaubten Gründen sich entfernt hat, so kann nur nach Ablauf der
gesetzlichen Frist im Wege der Todeserklärung die Ehetrennung erfolgen. —
(§. 315 fg.). K. S77—693. Anh. Z. «« a. a. O. — §. 61 fg. Ges. vom
28. Juni 1844 GS. S. 192—295.
3. Halsstarrige und fortdauernde Verfagung der ehelichen Pflicht;
desgl. wenn ein Ehegatte durch seinBetragen, bei oder nach der Bei-
wohnung, die Erreichung des gesetzmässigen Zwecks derselben vor
sätzlich hindert. — §. 694, 695, II. 1 A. L. R.
4. Gänzliches und unheilbares Unvermögen zur Leistung der ehe
lichen Pflicht, auch wenn es während der Ehe entstanden ist; so wie andre
unheilbare körperliche Gebrechen, welche Ekel und Abscheu erregen,
oder die Erfüllung der Zwecke des Ehestandes gänzlich verhindern. —
z. 696, 697 a. a. O.
5. Raserei und Wahnsinn, in welche ein Ehegatte verfällt, wenn sie
über Ein Jahr ohne wahrscheinliche Hoffnung zur Besserung fort
dauern. — 698 a. a. O.
6. Nachstellungen nach dem Leben des andern Ehegatten; VerÜbung
solcher Thätlichkeiten an ihm, welche desselben Leben oder Gesundheit in Ge
fahr setzen; ferner grobe und widerrechtliche Kränkungen der Ehre oder der
persönlichen Freiheit des andern Ehegatten. Alle diese Gründe berechtigen den Be
leidigten zum Antrage auf Trennung.
Bios mündliche Beleidigungen, und geringe Thätlichkeiten sind unter Personen
gemeinen Standes gar nicht, und unter Eheleuten mittleren und höhnen Standes
745
nur dann ein Scheidungögrund, wenn der beleidigende Ehegatte sich derselben ohne '
dringende Veranlassung, muthwillig und wiederholt schuldig macht.
Unverträglichkeit und Zanksucht werden eine gegründete Scheidungsursache, wenn
sie zu einem solchen Grade von Bosheit steigen, daß dadurch des unschuldigen TheilS
Leben oder Gesundheit in Gefahr gesetzt wird. — §. 699—703 a. a. O.
7. Grobe Verbrechen gegen Andre, wegen welcher ein Ehegatte harte und
schmähliche Zuchthaus- oder Fcstungsstrafe nach Urtel und Recht erlitten hat; fer
ner, wenn ein Ehegatte den andern solcher Verbrechen vor Gericht, ge
gen besseres Bewußtsein, fälschlich beschuldigt; ferner, wenn ein Ehegatte
durch vorsätzliche unerlaubte Handlungen den Andern in Gefahr
bringt, Leben, Ehre, Amt oder Gewerbe zu verlieren; endlich, wenn
ein Ehegatte ein schimpfliches Gewerbe ergreift. — 8.704—707 a.a.O.
8. Trunkenheit, Verschwendung, oder unordentliche Wirthschaft,
wenn die auf Anrufen des unschuldigen Theils vom Richter Behufs Besserung und
Abwendung der nachtheiligen Folgen getroffenen Verfügungen erfolglos gewesen. —
z. 708—7l« a. 0. O.
9. , Mangel an UnterhaltSeitens der Fraudann, s) wenn der Mann
durch begangene Verbrechen, Ausschweifungen oder unordentliche Wirthschaft sich zu
ihrer Ernährung selbst ausser Stande gesetzt hat; und K) wenn der Mann ihr den
Unterhalt versagt; die Verpflegungsgelder für sie richterlich festgesetzt und eingezo
gen werden, und der Mann mit Versagung des Unterhalts dennoch beharrlich fort
fährt. — Z. 711—714 a. a. O.
10. Religionsveränderung in so weit, als der Unterschied der Religion
von Anfang an ein Ehehinderniß ist. (8. 466, II. Nro. 5.) - §. 71S a. a. O.
In allen Fällen ist nur der unschuldige Theil zum Antrage auf Scheidung
berechtigt.
11. Gegenseitige Einwilligung nur dann, wenn die Ehe ganz kin
derlos, und weder Leichtsinn oder Uebereilung, noch heimlicher Zwang von einer oder
der andern Seite zu besorgen ist.
Sonst soll Scheidung wegen behaupteter Abneigung in der Regel nicht erfolgen.
Doch soll dem Richter erlaubt sein, in besondern Fällen, wo nach dem Inhalte der
Akten, der Widerwille so heftig und tief eingewurzelt ist, daß zu einer Aussöhnung
und zur Erreichung der Zwecke des Ehestandes gar keine Hoffnung mehr übrig
bleibt, eine solche unglückliche Ehe zu trennen. — Der wider den Willen des An
dern auf Scheidung Beharrende ist dann als schuldiger Theil zu erachten. — §. 716—
71S b a, g. O^,"
II. Die Scheidungsklage ist jedoch nicht statthaft:
1) wenn der auf Scheidung Dringende den andern Ehegatten, welcher die Ehe fort
setzen will, zu den Vergchungen, worauf die Klage gegründet wird, durch sein
unsittlichesBetragen selbst veranlaßt hat;
2) wenn die als Klagegrund angeführten Beleidigungen bereits ausdrücklich ver
ziehen worden; und
3) wenn der beleidigte Ehegatte, nach erhaltener überzeugender Kenntniß von der
Beleidigung, die Ehe ein Jahr hindurch, ohne sie zu rügen, fortgesetzt hat.
Blos aus Leistung der ehelichen Pflicht ist kein Verzicht auf das Recht zur
Scheidungsklage zu folgern. — Z. 719—722 a. a. O. . ..

Vom Gerichtsstande in Ehesachenz und von der Besetzung


des Gerichts.
K. 469. I. In allen Prozessen, welche die Scheidung, Ungiltigkeit oder
74«
Nichtigkeit einer Ehe zum Gegenstände häben, sind' nur die betreffenden
Obergerichte kompetent.
Die Appellation von einem Oberlandesgerichte an ein Kollegium, welch« an
einem andern Orte seinen Sitz hat, findet, in diesen Prozessen nicht statt! Sie ge?
hört vielmehr dann, wenn der AppeltationSnchter sonst seinen Sitz anderwärts hat,
vor den, allenfalls für Ehesachen besonders gebildeten, zweiten Senat des in erster
Instanz sprechenden Oberlandesgerichts.
Jedoch gebührt da, wo katholische geistliche Gerichte bestehen, diesen auch noch '
ferner die ausschließliche Verhandlung und Entscheidung derjenigen Ehesachen, welche "
zwischen zwei katholischen Eheleute« entstehen (Z. 33 Nro. IX Das Verfahren bei '
diesm Gerichten ist das bisherige, nicht aber da« in den fokgendm Vorschriften ent
haltene. — §.1>- 2, 73 Ges. vom 28. Juni 1844 GS. 134, 194.
II. In Betreff der vor die Obergerichte gehörenden Ehesachen der zu 1. be
zeichneten Art muß
1> bei allm gerichtliche» Verhandlungen ein vereideter ProtoroWh'rer zugezogen
werden; ferner müssen
2) in Zeder Gerichtssitzung in erster Instanz wenigsten« fünf, in zweiter wenigsten«
sieben Mitglieder, mit Einschluß de« Vorsitzenden, anwesend sein z und
3) ist der Staatsanwalt, so fern er nicht als Provokant schon auftrit, zu den Verü
Handlungen von Amtswegen zuzuziehn. — Z. 3, 5, 69" a. a. O.
Von dem Amte des Staatsonwattsi'
K. 470. I. Bei jedem Ehegerichte erster Instanz fungirt ein Staatsanwalt,
welcher in den Prozessen ivegen Scheidung, Ungiltigkeit, oder Nichtigkeilt einer Ehe,
durch alle Instanzen das öffentliche Interesse wahrzunehmen hat. Derselbe darf nicht
Mitglied der Gerichte, vor welchen er aufzutreten hat, und nicht Justizkommissa-
riuS sein. — Der Staatsanwalt ist
1) verpflichtet, nichtige Ehen (§. 4S6), die durch den Richter, oder sonst zu
seiner Kenntniß kommen, anzufechten. Er trit in solchen Prozessen als Klä
ger auf. Die beiden Eheleute sinb alS Verklagte anzufehn. Er muß
2) in allen andern Eheprozessen den vorkommenden Verhandlungen beiwohnen. Er
hat in Kiefen Fällen die Besugniß, alle auf die Aufrechthaltung der Ehe sich"
beziehenden Erklärungen und Anträge abzugeben. Rechtsmittel kann er jedoch
hier nicht
3) Wenn nacheinlegen.
seinem Ermessen Rechte oder Interessen der Kinder im Eheprozesse
wahrzunehmen sind; so hat er die Bestellung eines Kurators derselben beim
Vormundschaftsgerichte zu beantragen. — Bis dieses dem Antrage stattgegeben
hat, liegt dem Staatsanwalt selbst die Wahrnehmung dieser Rechte und Inte
ressen «b. — §. 5—8. K. 54 a. a. Q
II. Der Bevormundung der Kinder der im Scheidungsprozeß' Leben
den >bedarf es während dieses Prozesses dann, wenn aus den Verhandlungen her
vorgeht, oder dem Gericht lresp. dem Staatsanwalt? bekannt ist, daß beide Ehegat
ten, oder auch nur einer, sich der Verschwendung, oder der Vernachlässigung 1>er Er
ziehung ihrer Kinder verdächtig machen. °
Dem Kur«tor> und bis zu dessen Bestellung dem Staatsanwalt, liegt in solchen
Fällen besonders ob, auf den Unterhalt und" die Erziehung der Kinder Acht zu ha
ben, und der etwa zu besorgenden Durchdringung, oder Verdunkelung des Vermö
gens derrZlew« 5«rMK,aM'— 8. 32 u. Anhi §. 29<?/l. 4« Ä?S.'S.^
Vom Sühneversuch vor der Ehescheidungsklage.
Z. 471. Die Ehescheidungsklage >) kann erst dann angenommen werden,
wenn durch ein Attest des kompetenten Geistlichen nachgewiesen wird, daß er auf
die Anzeige des Ehegatten, welcher die Scheidung beabsichtigt, die Sühne ver^
sucht hat, dieser Versuch aber fruchtlos geblieben ist. Deshalb sind
1) wenn beide Ehegatten derselben christlichen Religion zugethan sind,
beide verbunden, sich zu diesem Sühneversuch vor dem Geistlichen zu gcstellen.
NöthigenfaUS ist der verklagte Theil dazu durch seinen persönlichen Richter an
zuhalten. Das Ausbleiben des klagenden Theils wird als Zurücknahme seiner
Anzeige betrachtet.
2) Bei gemischten Ehen ist jeder Theil nur vor dem Geistlichen seiner Konfes
sion zu erscheinen verbunden. — Das Attest wird in diesem Falle von dem
Geistlichen jeder Konfession besonders ausgestellt.
3) Bei jüdischen Eheleuten erfolgt der Sühneversuch vor einem Rabbiner.
4) Das Attest muß ertheilt werden, wenn seit der an den Geistlichen lresp. Rabbi
ner) ergangenen Anzeige vier Monate verflossen find, ohne daß die versuchte Sühne
zu Stande gekommen ist.
5) Wenn der römisch-katholische Geistliche den Sühneversuch verweigert, weil er die
Ehe nicht als kirchlich giltig anerkennt; so vertrit das über diese Weigerung- ^
und deren Grund auszustellende Attest die Stelle des Attestes über die Fruchtlo
sigkeit des Sühneversuchs.
6) Wenn der verklagte Theil ediktaliter vorzuladen ist; so bedarf es keine« der
Klage vorhergehenden Sühneversuchs. — K. 10—15, 72 Vererb, vom 28. Juni 1844.

Von der Klage in Ehefachen und der Klagebeantwortung.


§. 472. I. Die auf Scheidung, Ungiltigkeit oder Nichtigkeit der Ehe gerichtete
Klage muß zum gerichtlichen Protokoll erklärt werden, oder, wenn sie schrift
lich eingereicht wird, und die Partei nicht selbst zum Richteramte befähigt ist, von
einem Justizkommissarius abgefaßt sein. Behufs Begründung derselben ist
auf die Vorschriften ZZ. 471, 474 Rücksicht zu nehmen. Ist sie einleitungsfähig,
so wird sie
1) dem verklagten Theile, und dem Staatsanwalt s.in so fern dieser nicht als Klä
ger auftritt mitgetheilt, und
2) zugleich Termin vor einem Deputirten des Gerichts, zu deren Beantwortung
durch den verklagten Theil, angesetzt.
II. Der Beklagte hat die Wahl, statt in diesem Termine zu erscheinen, vor -
oder in demselben eine Klagebeantwortung, von welcher dann in formeller
Hinsicht das von der Klage zu I. Gesagte gilt, einzureichen.
Von der Klagebeantwortung erhält der klagende Theil und der Staatsanwalt
Abschrift.
III. Wird eine Widerklage angebracht; so sind auf dieselbe die Vorschriften zu ^,
I. und II. anzuwenden. — Z. 16—18 a. a. O.

^ , Von Verhandlung der Ehesachen in erster Instanz


§. 473. I. Ist die Beantwortung (§. 472, II.) eingegangen, oder der dazu be
stimmte Termin versäumt worden, so hat das Ehegericht zunächst zu prüfen:
i) Ver den auf Nichtigkeit oder Ungiltigkeit der Ehe gerichteten Klagen geht mit
hin dieser Sühneversuch nicht voraus. , / ^
»), Was bei MchtigkeitSklagen der Fall ist. : . >.z
748
«b nach den Umständen zu erwarten ist, daß die Parteien freiwillig vor
dem Kollegium persönlich erscheinen werden.
Dieselben können zu diesem persönlichen Erscheinen nur dann wider ihren Wil
len angehalten werden, wenn
s) da« Ehegericht solches zur Erforschung der Wahrheit für erforderlich er
achtet; oder
b) begründete Hoffnung vorhanden ist, daß dadurch die Aussöhnung der Par
teien werde bewirkt werden.
Jedoch sind selbst in diesen Fällen solche Parteien davon zu befreien, welchen
das Erscheinen vor dem Kollegium wegen Krankheit, Armuth, Entfernung, Dienst
verhältnissen oder aus ähnlichen Gründen nach richterlichem Ermessen nicht anzusin-
nen ist. — Z. 19, 2« a. a. O.
II. Ist nun 1. das freiwillige Erscheinen beider Parteien vor dem Kol
legium zu erwarten, oder können beide nach Vorstehendem dazu angehalten werden ;
so ergeht sofort an dieselben, und an den Staatsanwalt die Ladung zur Verhand
lung der Sache vor dem Kollegium.
2. Ist nur der eine Theil persönlich zu erscheinen verhindert; so kann, wenn
die unter I. » und b angegebenen Zwecke des persönlichen Erscheinens vor dem Kol
legium durch Vorforderung des andern Theils zu erreichen sind, auch dieser allein
dazu angehalten werden.
3. Wenn beide Parteien, oder auch eine derselben weder freiwillig vor
dem Kollegium erscheinen, noch dazu angehalten werden können; so sind zuförderft
die Erklärungen solcher Parteien durch einen Kommissarius oder durch Requisition
eines andern Gerichts aufzunehmen.
Vertretung der Parteien durch Bevollmächtigte findet bei dieser Vernehmung
nicht Statt, sondern es haben sich nöthigfalls die Gerichtspersonen zu ihnen zu be
geben. — Doch sind RechtsbeiftSnde zuzulassen. — §. 21—24. Z. SZ o. a. O.
III. In den Fällen zu II. Nro. 3 ergeht die Ladung zur Verhandlung
vor dem Kollegium (II. Nro. l) erst dann, wenn die vor dem Kommissarius
oder dem requirirten Gericht abgegebenen Erklärungen eingegangen, und vollständig
befunden worden sind. Bei dieser Verhandlung können diejenigen Parteien, deren
persönliches Erscheinen vor dem Kollegium nach I. und II. Nro. 2 nicht verordnet
wird, durch Bevollmächtigte oder zugeordnete Assistenten sich vertreten lassen. —
Z. 25 a. a. O.
IV. Die Verhandlung vor dem Kollegium geschieht in der Regel vor
denselben Mitgliedern, welche in der Sache zu erkennen haben. Sie beginnt
1) mit dem Vortrage des wesentlichen Inhalts der Akten durch ein Mitglied deS
Kollegiums.
2) Demnächst sind die Parteien oder deren Bevollmächtigte und der Staatsanwalt
mit ihren Erklärungen und Anträgen zu hören. Dieselben haben in diesem Ter
mine auch ihre Rechtsausführungen mündlich vorzutragen.
3) Der Vorsitzende hat die Verhandlung zu leiten; es ist aber auch jedes Mitglied
des Gerichts durch den Vorsitzenden oder mit dessen Genehmigung Fragen zu
stellen berechtigt.
4) Der wesentliche Inhalt der Verhandlung und diejenigen Erklärungen, deren Auf
zeichnung von einer Partei oder deren Bevollmächtigten, oder vom Staatsan
wälte besonders beantragt wird, sind zu Protokoll zu nehmen. — §. 26—29
o. a. O.
V. Nach dem Schlüsse der Verhandlung hat das Gericht, wenn die Sache
spruchreif ist, zu erkennen; sonst aber das zur Fortsetzung derselben Erforderliche
zu beschliessen. Das Erkenntnis), oder der Beschluß ist sofort bekannt zu machen.
749
ES steht dem Gerichte aber auch frei, die Entscheidung zu einer «eitern Berathun,
auszusetzen.
In welchen Fällen die Publikation des Erkenntnisses auszusetzen ist, bestimmt
§. 478, I. — Z. 30 a. a. O.
VI. Auf gleiche Weise (IV. V.) ist in den etwa nöthigen ferneren Terminen
zur Fortsetzung und zum Schluß der Verhandlung, besonders nach einer
stattgefundenen Beweisaufnahme, zu verfahren. — §. 3t a. a. O.
VII. Die Parteien können in jeder Lage des Prozesses zum per
sönlichen Erscheinen vor dem Ehegerichte angehalten werden, so weit solches
nach !. zulässig ist. — Sie sind jedoch berechtigt, vor dem Kollegium und vor dem
Kommissarius sich der Hilfe von Rechtsbeiständen zu bedienen. — z. 32, 33 a. a. O.
VIII. Erscheint der klagende Theil in einem vor dem Ehegerichte oder
vor dem Kommissarius anberaumten Termin weder persönlich, noch in den Fällen,
wo solches zulässig ist, durch einen Bevollmächtigten; oder trägt er ausdrücklich auf
Sistirung des Prozesses anz so wird die Sache nur dann fortgesetzt, wenn die
Anträge des verklagten Theils solches nöthig machen, «der der klagende Theil die
Wiederaufnahme des Prozesses nachsucht. — §. 34 a. a. O.

Beweisaufnahme; gerichtliche Sühneversuche und Grundsätze über


den Beweis.
Z. 474. I. Der Beweis ist unter Zuziehung des Staatsanwalts in der Re
gel vor dem versammelten Ehegerichte, und nur, wenn dies aus besondern
Gründen, z. B. wegen Entfernung der Zeugen, nach richterlichem Befinden, nicht
angemessen ist, durch Kommissarien «der durch Requisition aufzunehmen.
Das Ehegericht hat zu dem Termine der Verhandlung zur Sache (Z. 473) auch
die Zeugen vorladen zu lassen, wenn es die Sache durch die Klage und deren Be
antwortung, oder im Falle des H. 473, II. Nro. 3 durch die Erklärungen der
Parteien dazu hinlänglich vorbereitet findet.
Die Parteien können der Beweisaufnahme, insbesondre den Zeugenverhören,
durch Bevollmächtigte, und, sofern das Gericht kein Bedenken dabei findet, persön
lich beiwohnen. — Z. 35—37 a. a. O>
II. Gerichtliche Sühneversuche kann das Ehegericht in Ehescheidungs
sachen, so oft es solche angemessen findet, vor sich selbst, wenn dies nach j. 473,
I. zulässig ist, oder durch Kommissarien, in« Besondre durch den persönlichen Rich
ter der Ehegatten, mit oder ohne Zuziehung von Geistlichen (resp. Rabbiner), vorneh
men. — §. 38 a. a. O.
III. In Rücksicht des Beweises gelten in Ehesachen nachstehende Grund,
sStze: , -. ü
1) In Ermangelung eine« nach positiven Beweisregeln vollständig geführten Be
weises hat das Ehegericht nach seiner, aus dem ganzen Inbegriff der
Verhandlungen und Beweise geschöpften Ueberzeugung zu beurtheilen,
ob und in wie weit der für die Scheidung, Ungiltigkeit oder Nichtigkeit der
Ehe angegebene Grund bewiesen ist. , -> .
2) Durch Zugeständniß, es mag in dem Prozesse, oder vorher erklärt sein, kann, !
, der Grund der Scheidung, Ungiltigkeit oder Nichtigkeit der Ehe nur in so fem
bewiesen werden, als dasselbe geeignet ist, dem Ehegericht die Ueberzeugung
von der Wahrheit der zugestandenen Thatsache zu verschaffen.
3) Der nothwendige Eid findet, so weit er nach allgemeinen RechtSgrunb-
sähen zulässig ist, auch über Thatsachen statt, welche den Grund der Schei
dung, Ungiltigkeit oder Nichtigkeit der Ehe darthun sollen, jedoch
55«
s) nur, wenn über diese Thatfache demjenigen, welcher den Eid zu leisten hat, die
Wahrheit aus eigner Wissenschaft bekannt fein muß.
b) Jede Partei kann zur Führung diefes Beweises (Nro. 3) Anträge auf einen
von ihr oder dem Gegner zu leistenden Eid in der Klage oder im Laufe
des Prozesses machen; das Ehegericht hat aber, ohne an solche Anträge,
oder an das Erbieten des Gegners zum Eide gebunden zu sein, nach
Maasgabe unter s darüber zu erkennen, und die Ableistung darf erst,
wenn rechtskräftig darauf erkannt ist, erfolgen.
e) Mit einer weitern, als der unter b vorgeschriebenen Wirkung, ist der An
trag auf einen abzuleistenden Eid, mithin auch die Eideszuschie-
bung, zum Beweise des Grunde« der Scheidungs-, Ungiltigkeits- oder
Nichtigkeitsklage nicht zulässig.
4) Im Falle der Kontumaz des verklagten TheilS ist anzunehmen
,Zg daß er diejenigen Thatsachen bestreite, und diejenigen Urkunden nicht aner
kenne, welche zum Beweise des Grundes der Scheidung, Ungiltigkeit, oder
Nichtigkeit der Ehe dienen sollen.
d) Das Ehegericht ist aber befugt, den verklagten Theil durch angemessene
Zwangsmittel anzuhalten, vor dem Kollegium oder dessen Kommissarius (g.
475, 1. II. 2, 3, VII.) zu erscheinen, um über den Hergang der Sache ver
nommen zu werden, wenn es solches zur Erforschung der Wahrheit für ange
messen erachtet.
c) Die rechtlichen Folgen des Ausbleibens des eiZictsIiter vorgeladenen verklag
ten Theils, sind nach den bestehenden Vorschriften zu beurtheile«.
ö) In Ansehung derjenigen Thatsachen, welche nicht zur Feststellung des Klage-
grundes (Nro. 1—4) dienen sollen, ist an den allgemeinen Beweisregeln Nichts
geändert. — §. 39-47 a. a. O.
. ,-. >. Verfahren in zweiter und dritter Instanz.: ,
K. 476. Gegen das erste Erkenntniß ist in allen Fallen Appellation, und
gegen das Appellationserkenntniß selbst in den Fällen, wenn zwei gleichlautende Er
kenntnisse ergangen sind, Revision zulässig. — Der Staatsanwalt kann jedoch
nur in den auf Nichtigkeit der Ehe abzweckenden Prozessen, in denen er als Klö,
ger ouftrit, die Rechtsmittel einwenden, und er ist in diesen Fällen, gleich Pri
vatparteien bei Einlegung der Rechtsmittel an die Frist von sechs Wochen gebun
den. — In andern Eheprozessen steht dem Staatsanwälte kein Rechtsmittel zu.
Was nun da« Verfahren selbst betrifft, so wird » - '->-'- - >
I. auf die rechtszeitig angemeldete Appellation 1. ein Termin zur Rechtferti
gung derselben, und wenn diese erfolgt ist, zur Beantwortung der Rechtfertigung
vor einem Deputirten des Gerichts erster Instanz anberaumt.
S. Von der Rechtfertigung der Appellation und deren Beantwortung gilt Alles,
was im Z. 472, I. übet die Klage und Klagebeantwortung bestimmt ist.
8. Hiernächft gehen die Akten an das Gericht zweiter Instanz, welches entweder
sofort erkennt, oder die etwa nöthige neue Verhandlung oder Beweisaufnahme ver
anlaßt, aber auch befugt ist, die Verhandlungen der ersten Instanz vor sich wie
derholen zu lassen, wenn es solches zu seiner Information nöthig findet.
4, Die Borschriften Z. 473, 474, sind auch für das Ehegencht zweiter Instanz und
für die Verhandlungen vor demselben maasgebend.') — z. 43—51. §. 54. §. 7 a.
') -Bei Magen aus Ehegelöbnissen und auf Ertheilung des Konsenses zur Heivatb
, kommt das. ordentliche Prozeßverfahren zur Anwendung. Dabei ist, n«e fol
gendes zu bemerken: , , ... ..>,,.-..,.. . ...
I. Auf Grund' eines Ehegelöbnisses kann 1. nur dann auf Ehelichung ge
klagt werden, wenn das Ehegelöbniß «chtsgiltig, d. b. entweder nvtaxiel oder
751
a. O. — §. 1 Verordn. vom 14. Dccbr. 1833. GS. S. 302. Ins», vom 7. April
1839 GS. S. 133.
II. In Ansehung der Formen de« Verfahrens in dritter Instanz kommen die
allgemeinen Vorschriften s§. 222 fg. Hd. B.) zur Anwendung. Der Staatsanwalt hat
in dritter Instanz seine Antröge und Erklärungen schriftlich einzureichen. — §. S2
Verordn. vom 28. Juni 1844.
Von der Regulirung des Interimistikums.
§. 476. I. Während des Scheidungsprozesses kann ein Theil, wider den Willen
des Andern, sich von demselben nicht eigenmächtig absondern. — Wenn ab« die
Scheidung aus Gründen gesucht wird,
die eine dem Leben oder der Gesundheit des klagenden Shells drohende
Gefahr enthalten, und diese Gründe einigermasfen bescheinigt sind;
so kann dm Parteien während des Prozesses das Getrenntleben gestattet
werden. Nur in diesem Falle, und dann, wenn der Mann die Frau Verstössen
hat, und sie bei sich nicht ausnehmen will, kann die Frau auch ausser dem Hause
des Mannes von ihm während des Scheidungsprozesses Verpflegung fordern. —
z. 723—725, II. 1 A. L. R. — K. 66 Ges. vom 2«. Juni 1844.
II. Ausser den vorstehend gedachten Anträgen, nemlich
s) auf Gestattung des Getrenntlebenö während des Prozesses und

gerichtlich, oder bei gemeinen Landleuten vor Schulze» und Schoppen abgeschlos
sen, oder wenn mit beiderseitiger Einwilligung das ein- oder mehrmalige A«f-
gebot erfolgt ist.
2. Geschieht mit der Klage auf Ehelichung zugleich Einspruch gegen eine
vom Beklagten anderweit beabsichtigte Ehe; so muß, wenn das Erforderniß
zu 1 vorhanden, und Gefahr im Verzuge ist, der Richter
s) sofort die nöthige Verfügung erlassen, daß bis zur erfolgenden näheren Er
örterung Alles im vorigen Stande, und das fernere Aufgebot und die Ko
pulation ausgesetzt bleibe;
b) den Provokanten, wenn er nkht mit einem rechtskundigen Assistenten ober
Bevollmächtigten versehen ist, bedeuten, daß unbegründeter Einspruch al«
Beleidigung gestraft werde; und
c) beide Theile zur Sühne, und allenfalls zur Regulirung des Jnterimiftizi
, vorladen;
6) wenn jene nicht zu erreichen, auch gütlich da« Interimistikum nicht festzu
stellen, und Beklagter die Aufrechtyaltung de« EhcgelöbnisseS weigert, wegen
Aufhebung oder Fortdauer der zu 2 s «erfügten Inhibition das Gesetzliche
veranlassen.
3. Bei der Instruktion wird dann hauptsächlich da« Interesse des «lägers
erörtert. — Z. 1—12, I. 40 A. G. O. Z. 82 , 83, 92, 164 Anh. §. 67, II.
1 A. L. R.
.II. Verweigern Aeltern ihrem Kinde die Einwilligung zur Heirsth; so ist
diejenige Person, welche dieses Heirathen will, zur Klage auf Ertheilung des
Konsenses vornemlich legitimirt. Sie muß ab« zugleich bescheinigen, daß die
Person, welche sie Heirathen will, mit der Heirath einverstanden ist. Auf eine
solche Klage wird sodann Provokant, und die Provokaten nebst dem Kinde zum
Termin vorgeladen. De? Deputirte muß von diesem eine freie Erklärung: ob
es' für od» gegm die Weigerung der Atttern sei? zu erlangen suchen. Ist es
mit der Weigerung einverstanden ; so wird die Klage durch Verfügung zurückge
wiesen. Andernfalls wird die Sache inftruirt und erkannt.
Während des Prozesses dürfen die Aeltern über die Person de« Kindes keine
solche Verfügung treffen, wodurch die Rechte des Klägers vereitelt, ilM derM
Ausführung erschwert, od« ein die Freiheit des Willens beschränkender Einfluß
riber das Kind ausgeübt werden könnte. — Werden vom Kläger Besorgnisse
dieser Art angeführt und bescheinigt; so muß der Richter das Erforderliche zu
seiner Sicherstellung nach Vorschrift der Gesetze verfügen. — §. 13^—19, I. 4«
A. G. O. I. 14. Z. 107 fg. A. L. R.
48*
752
d) auf Verabreichung der Verpflegung Seitens des Mannes,
Annen im Scheidungsprozesse noch
c) wegen Sicherftellung des Vermögens und
S) wegen Erziehung der Kinder in der Zwischenzeit, .
Anträge gemacht und erörtert werden. > )
Die Regulirung des Interimistikums in Betreff dieser Punkte kann nachge
sucht werden, sobald die Anzeige zum Zweck des Sühneversuchs (§. 471)
erfolgt ist.
Der Geistliche (resp. Rabbiner) hat hierüber auf Verlangen ein Attest zu
«Heilen. — Z. 55 a. a. O. — Z. 53, l. 4« A. G. O. ^ >
III. Zur Regulirung de« Interimistikums ist nur das Ehegericht erster
Instanz befugt, welches jedoch die Instruktion desselben kommissarisch, namentlich
durch den persönliche» Richter, führen lassen kann.
Die Verhandlung desselben erfolgt getrennt von der Hauptsache und in beson
dern Protokollen. Dabei kommt nicht das in vorstehenden U abgehandelte Ver
fahren zur Anwendung. Vielmehr gilt folgendes:
1) der zur Verhandlung beauftragte Richter setzt nahen Termin zur Verneh
mung beider Eheleute an, und sucht ein gütliches Einverständnis? über das
Interimistikum unter ihnen zu bewirken.
2) Gelingt dies nicht; so muß er die, nach feinem Ermessen, auf die Befiimmurg
des Interimistikums Einfluß übenden Thatsachen, so viel in der Kürze und
ohne förmliche weitläufige Instruktion geschehen kann, ins Licht zu fetzen be
müht fein. 2)
S) Auf die hierauf dem Ehegericht überreichten Verhandlungen setzt dieses das In
terimistikum durch eine blosse Verfügung, sgegen welche kein Rechts
mittel, auch nicht der Rekurs, zulässig ist, fest. «)
4) Wenn das Interimistikum vor Anstellung der Ehescheidungsklage festgesetzt wird;
so hat das Ehegericht die Fristen zu bestimmen, mit deren Ablauf es
seine Kraft verliert, wenn die Klage nicht angestellt ist.
Auch erlöscht dasselbe in diesem Falle, wenn die Klage durch ein Dekret zu«
rückgewiesen wird.^) — §. 53—56, I. 40 A. G. O. — Z. 55—60 «Ks. vom
23. Juni 1844. >- - - : ^
IV. Die Auseinandersetzung wegen de« Vermögen« zwischen den
Eheleuten gehört nicht in den Scheidungsprozeß. Sie kann, sofern deshalb ge
richtliches Verfahren nöthig wird, erst nach rechtskräftigem Scheidung««
urtel vor sich gehen. , . . .
mit der Ehescheidungsklage zugleich Anträge auf Entscheidung

,) Erfolgt die Zurückweisung des Antrag« auf Regulirung' de« Jnterwiftizi, s«


steht gegen die zurückweisende Verfügung kein Rechtsmittel, und auch nicht der
Rekurs zu. — Res. vom «. August 1832 I. M. B. S. 295.
2) Bei Verhandlung des Interimistikums kommt es in Betreff der Frage: wo«
der Frau an Effekten zu belassen oder zu bewilligen, nicht auf Feststellung des
«ioknthums derselben, sondern auf Ermittelung ihres Bedürfnisse« an. Da«
- ist nur summarisch; doch sind Zeugenvernehmungen und S«eSzu-
zulässig. — Res. vom 6. Jan. und 1. Novmbr. 1SS7. VrSff,
' S. 95« fg.
») In der Erkenntnißform des Ehescheidungsurtels dürfen diese Jnterimift«« «cht
erwähnt werden. — Res. vom 3«. Oktober 1839 I. M, B. S. 355.
4) Sonst gelten die Jnterimistika bis zur Rechtskraft de« Ehescheidungsun««
Eine abweisende Entscheidung ändert Nichts, wenn dagegen da« Rechtsmittel
, erhoben ist. - Res. vom SO. Oktbx. 1S17. Jahrb. 1«, S. 228.
753
«der die dem unschuldigen Theil gebührende Abfindung, und über
die Frage :
wem von beiden Theilen die Erziehung der Kinder zukomme, und wa
der andre Theil dazu beizutragen habe?
verbunden, und es muß dann, wenn Ehescheidung im Urtel ausgesprochu, wirk
zugleich in diesem über die demgemäß gestellten Anträge erkannt werden. — Z. si
S2, I. 40 «. G. O.
Besondres Verfahren bei der Scheidung wegen böslicher Verlass,ng,
Z. 477. Wird die Ehescheidungsklage wegen böslicher Verlassung angestellt sg
ist zu unterscheiden, ob der verklagte Theil erreichbar oder nicht erreichbar ist?
I. Wenn der Aufenthalt des angeblich abtrünnigen Theils bekannt, und dies>>
erreichbar ist (Z.463, I. 2 s K c)j so muß 1. der Versuch des persönlichen^
Gerichts vorangehen: die Herstellung des ehelichen Lebens zu bewirke«.
Wird das Gericht von dem verlassenen Ehegatte» deshalb angegangen, so hat xs
s) durch den kompetenten Geistlichen, «der, sofern dies wegen Abwesenheit eines
der Ehegatten unausführbar ist, durch einen andern Griftlichen, binnen einer
dafür zu bestimmenden Frist, die Herstellung des ehelichen Zusammenlebens
zu versuchen.
b) Bleibt dieser Versuch fruchtlos, so hat das Gericht dem angeblich abtrünnigen
Theil die Herstellung des ehelichen Zusammenlebens binnen einer bestimmten
Frist anzubefehlen.
2. Erst, wenn diese Frist verstrichen ist, ohne daß der Befehl befolgt worden,
findet die Ehescheidungsklage statt.
3. Dieser Klage muß ein geistlicher Sühneversuch (Z. 471) vorangehen.
4. Die Regulirung des Interimistikums (g. 476) kann in Antrag gebracht wer
den, sobald die gerichtliche Verfügung zur Herstellung des ehelichen Lebens lNro. 1)
nachgesucht wird, und es finden auch hier die Vorschriften Z. 476, l. II. III. Au«
Wendung.')
6. Wegen der Nichtbefokgung de« gerichtlichen Befehls (Nro. 1 b und 2) für
sich allein, soll das Ehegericht die Ehescheidung nicht aussprechen; es soll vielmehr
unter Mitwirkung des Staatsanwalts aus den Umständen, und aus den nach Be
finden zu erfordernden Erklärungen der Parteien, zu ermitteln suchen: ob in der
That eine bösliche Verlassung vorhanden ist, oder ob diefe blo« vorgegeben wird. —
z. 61—67 Gel. vom 28. Juni 1844.
II. Ist der angeblich abtrünnige Theil nicht erreichbar l§.46S, I.2ck)zso«uß
1) wenn der zurückgebliebene Ehegatte blos aus dem Grunde der böslichen Verlassung
auf Ehescheidung klagt,
s) dieser in der Klage das Dasein der gesetzlichen Erfordernisse mit Rücksicht
auf §. 468, I. 2 ä gehörig nachweisen, und sich zur Ableistung deS Dili«
genzeides erbieten.
d) Hierauf wird die Ediktalladung des Abwesenden, mit einem Termin
von drei Monaten, unter Beobachtung der Vorschriften §. 56, II. Hd. B.
veranlaßt.

') Weigert sich der Mann ohne rechtlichen Grunds die Frau bei sich aufzunehmen;
so kann die Frau selbst, ohne deshalb zur Klage auf Ehescheidung genöthigt
zu sein, Alimentation verlangen. Der persönliche Richter des Mannes ist bann
zur Verhandlung der Sache kompetent. Der Mann muß auf einen dcsfalsi-
gen Antrag gehört, und falls er Einwendungen macht, die Sache im geeigne
ten Prozeßverfahren erörtert, und darüber erkannt werden. — Res. vom 10.
März 1841 I. M. B. S. 124. . i. ' , „
754
c) Meldet sich der Borgeladene weder vor, noch in dem anstehenden Termine,
so muß der klagende Theil schwören:
daß er seit der in der Klage angegebenen Zeit so wenig vor, als nach
Erlassung der Ladung, von dem Aufenthalte des Vorgeladenen Nach«
richt erhalten habe.
g> Nach Ableistung dieses Eides, und wenn zugleich in Ansehung der Ladung
die vorgeschriebenen Legalitäten beobachtet sind, wird die Ehe durch ein Er-
kenntniß getrennt. Dies wird dem klagenden Theile durch Zufertigung, dem
Abwesenden durch 14tägigen Aushang an der Gerichtsstelle, publizirt. (Z.
ISS Hd. B.)
2. Wenn ein Ehegatte wegen eines solchen Verbrechens, das an sich
^inen gesetzmässigen Grund zur Ehescheidung enthält (Z. 4S8, l. 7), zu einer Krimi-
«olftrafe wirklich verurtheilt ist, und sich dieser Strafe durch die Flucht entzogen
Hätz so bedarf es, falls der unschuldige Ehegatte auf die Scheidung klagt, keiner
Ediktalladung. ES ist hinreichend, wenn die ordentliche Vorladung an gewöhnli
cher Gerichtsstelle des Ehegerichts feines letzten inländischen Wohnorts angeschlagen,
und zwei Mal in die Zeitungen der Provinz eingerückt wird. Hiernächst wird auf
Scheidung erkannt.') — Klagt aber der unschuldige Ehegatte in solchem Falle zu
gleich auf Ehescheidungsstrafe; so muß die Ediktalladung ergehen, und gemäß
Nro. 1 verfahren werden.
3. Ist der entwichene Ehegatte des, die Scheidung begründenden, Verbrechens
erst bezüchtigt, aber noch nicht wirklich zur Strafe verurtheilt; so muß ebenfalls
Ediktalladung gemäß 1 ergehen. Diese Ladung geschieht unter der Warnung:
daß er des angeschuldigten Verbrechens in Bezug auf die Ehescheidungs
klage für geständig erachtet werden würde.
4. Kehrt in einem dieser Fälle zu 1—Z der verklagte Theil auf die an ihn
ergangene öffentliche Vorladung des Ehegerichts zurück, und meldet er sich bei diesem,
bevor die Ehe rechtskräftig geschieden ist; so treten die in den §. 472—476 und
I. Nro. 2—5 dieses 8 aufgestellten Regeln des Eheprozesses ein. — K. 68, 69 a.
«. O. — z. 5« — 64 Anh. §. 295, I. 4« A. G. O. — Res. vom 24. August
1806. Rabe 8, S. 655.
Aussetzung des Erkenntnisses bei einigen Scheidungsgründen, und
:' Zurücknahme der Klage.
Z. 478. l. Ehescheidungsklagen, welche nicht auf Ehebruch, auf die §. 477, II.
erwähnte bösliche Verlassung, auf Raserei oder Wahnsinn, auf grobe, mit harter
und schmählicher Zuchthausstrafe bestrafte Verbrechen, oder darauf gegründet wer
den, daß der verklagte Theil dem klagenden nach dem Leben getrachtet habe, sind
zwar nach den Bestimmungen Z. 472—474 zu behandeln. Es soll jedoch in solchen Pro
zessen nicht sofort die Ehescheidung ausgesprochen, sondern, wenn der Scheidungs
grund zulänglich und hinlänglich festgestellt ist, die Publikation des Erkenntnisses
aufein Jahr, vom Abschluß der Sache an, ausgesetzt werden.
Bon dieser Regel kann jedoch eine Ausnahme eintreten, wenn der Richter sin,
det, daß keine Hoffnung zur Aussöhnung vorhanden ist.
Wird die Publikation des Erkenntnisses ausgesetzt; so kann
g) den Eheleuten während dieser Zeit erlaubt werden, von einander getrennt zu leben.
1,) Das Ehegericht muß dann, den Umständen gemäß, nach billigem Ermessen,
ohne Erstattung eines besondern Prozesses darüber, festsetzen:
') Das Res. vom 24. August 1806 nennt dies Erkermtviß einen in Form des
Erkenntnisses ertheilten Scheidebrief. Doch ändert dieser Ausdruck Nichts in
der Form und dem Verfahren des Prozesses.
755
wie es Inzwischen mit dem Unterhaltt der Ehefrau, mit Erziehung und
Verpflegung der Kinder, auch mit einftmeiliger Sicherung de« Vermö
gens zu halten sei.
o) Nach Verlauf der bestimmten Frist muß ein nochmaliger Sühneversuch') von
Amtöwegen angestellt, und wenn auch dieser fruchtlos ist, das Erkenntniß
ohne weiteren Verzug eröffnet werden. — K. 70, 71 Ges. vom 28. Juni 1844. —
§. 728-750, II. 1 A. L. R.
II. Bit zur Rechtskraft des EhescheidungSurtels kann die Klage zurückgenom
men werden. Die auf diese Klage ergangenen Urtheile verlieren alsdann in allen
Bestimmungen ihre rechtliche Wirkung, und die Thatsachen, aus welchen geklagt
worden, können als selbstständiger Scheidungsgrund nicht mehr geltend gemacht
werden. — §. S3 Ges. vom 2«. Juni 1844.

Vierzehnter Titel.
»er ZensurprozeV.
Bon dem Oberzensurgericht, dessen Kompetenz und dem
Staatsanwalt.
K. 479. I. Das Oberzensurgericht ist unabhängig von der Zensurverwaltung,
und steht unter der Oberaufsicht des Justizministers. Es besteht au« dem Präsi
denten, und mindestens acht Mitgliedern, von denen 2 aus den Mitgliedern der
Akademie der Wissenschaften und der Universität zu Berlin, die übrigen au« Per
sonen, welche zum höhern Richteremit qualifizirt sind, gewählt werden. Von dm
letztern scheidet alle drei Jahre die Hälfte aus, und zwar sind jedesmal diejenigen
die Ausscheidenden, welche bereits 6 Jahre fungirt haben. Doch können sie von
Neuem ernannt werden. — Z. 10 Verordn. vom 23. Februar 1843 GS. S. S1. —
Eab.-Ord. vom 29. Mai 1843 GS. S. 229.
II. Zur Kompetenz des Oberzensurgerichts gehört:
1) die Entscheidung über Beschwerden, welche gegen die, Seitens der Zensorm oder
Oberpräsidenten erfolgte Versagung der Druckcrlaubniß geführt werden;
2) der Ausspruch von Debitsverboten gegen solche Schriften, welche nicht schon ge
setzlich für verboten zu erachten sind; ausgenommen hiervon bleibt jedoch die
Verfügung von Verboten gegen auswärtige politische Zeitungen;
3) Die Ertheilung oder Entziehung der Debitserlaubniß für Schriften, welche aus
serhalb der Staaten des teutschen Bundes in teurlcher Sprache, oder ausserhalb
der preussischen Staaten in polnischer Sprache gedruckt sind, jedoch ebenfalls
mit Ausnahme der politischen Zeitungen;
4) die Entscheidung über den Verlust von Privilegien oder Konzessionen zu Zeitun
gen oder andern Seitschriften (An. XVII. Ed. vom 18. Oktbr. 1819), so wie
über die Zurücknahme der dem Redakteur einer privilegirten Zeitung ertheilten
Bestätigung, ingl. über die Entfernung des Redakteurs einer konzesfionirten Aeitungz
5) Die Entscheidung über den Verlust des Rechts zum Gewerbe des Buchhandels
oder der Buchdruckerei in denjenigen Fällen, in welchen dieses Recht durch Ueber-
tretung der Zensurgesetze verwirkt wird;
S) das Verbot des Debits sämmtlicher Verlags- und Kommissionsartikel einer aus
ländischen Buchhandlung, welche, der ausdrücklichen Verwarnung ungeachtet, fort-

') Dieser wird In Gemäßheit des §. 474, ll. nicht aber nach §. 471 vorgenommen.
756
fährt, verwerfliche Schriften im Jnlande zu verbreiten.^- Z. 11 Verordn. vom
2S. Februar 1843.
III. Beim Oberzensurgericht fungirt ein rechtsverständiger Staatsan-
- walt. Er wird vom Könige zu diesem Amte ernannt, aus welchem er auf den
Antrags Ministers des Innern jederzeit vom Könige wieder entlassen werden
kann. — M^st in seiner Amtsführung dem Minister des Innern untergeordnet. —
Er hat die Entscheidung des Oberzensurgerichts in allen Fällen, wo das öffentliche
Interesse es erheischt, zu beantragen, und dieses Interesse bei den Verhandlungen
zu oertheidigen. — Das Gericht darf in keiner der unter II. gedachten Sachen ent
scheiden, bevor nicht der Staatsanwalt mit seiner Erklärung gehört worden ist. —
Die Entscheidungen des Gerichts sind ihm stäts vollständig mitzutheilen, und hat er
von denselben dem Minister des Innern, Behufs der erforderlichen weitern Verfü
gungen, Anzeige zu machen. — Auch hat er die betreffenden Verwaltungsbehörden
zu benachrichtigen, wenn er von dem Erscheinen unzulässiger Schriften, von gefetz
widrigen Handlungen der Zensoren, oder von begangenen Jensurvergehen Kennt
nis erhält.
Ist der Staatsanwalt vorübergehend an der Ausführung seines Amts behin
dert, so kann vom Minister des Innern ein Stellvertreter ernannt werden. — 1. 12 das.
Allgemeine, da« Verfahren beim Oberzensurgericht und das Er-
kenntnifz betreffende Bestimmungen.
§. 480. Das Oberzensurgericht hat
in den seiner Amtswirksamkeit zugewiesenen Angelegenheiten nie von Amts
wegen, sondern nur auf den Antrag einer betheiligten Privatpartei, oder des
Staatsanwalts einzuschreiten. Es muß
2) jedem Erkenntnisse ein schriftliches Verfahren vorausgehen las
sen, in welchem s) über die Anträge der betheiligten Privatpartei, der Staats
anwalt, oder d) über die Anträge des Letztern, die dabei betheiligte Privatpar
tei, zu hören ist.
3) Das Verfahren ist in der Regel auf eine Schrift, und eine Gegenschrift zu be
schränken. — Ausser dem Falle jedoch, wo der Antrag des Staatsanwalts auf
ein zu erlassendes Debitsverbot für nicht gerechtfertigt erachtet wird, ist das
Oberzensurgericht befugt, nach Umständen einen nochmaligen Schriftwechsel zu
gestatten.
4) Jede Erklärung, zu welcher der Staatsanwalt, oder die Privatpartei von dem
Oberzensurgericht aufgefordert wird, muß binnen einer angemessenen präklusi-
vtschen Frist abgegeben werden, welche das Oberzensurgericht in der Verfü
gung ausdrücklich zu bestimmen hat.
Eine Verlängerung dieser Frist findet nur in Fällen unbedingter Nothwev-
digkeit statt.
5) Die Thatsachen, auf welche in der Gegenausführung nicht geantwortet wird, sind
für zugestanden, nicht angefochtene Urkunden und Schriften für anerkannt, nicht
angebrachte Einwendungen für ausgeschlossen zu erachten.
H) Die Entscheidungen dcS Oberzensurgerichts erfolgen auf den schriftlichen
Vortrag zweier Referenten nach Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleich
heit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. Zu einem giltigen Be
schlüsse ist die Anwesenheit von mindestens ö Mitgliedern, einschließlich des Bor-
sitzenden, erforderlich. Gegen die Entscheidung de« Gerichts ist weiter keine
Berufung zulWg. — Dasselbe entnimmt die GMnde seiner Entscheidungen
aus den gesetzlichen Vorschriften.
Sollten besondre Zeitumstände vorübergehend den Erlaß von speziellen An
757
Weisungen an die Zensoren über die Gestattung ober Versagung de« Drucke« ober
Debits von Schriften und Artikeln, welche sich auf politische Verhältnisse de«
Inlandes oder auf auswärtige Staaten und Regierungen beziehen, nothwendig
machen; so hat das Oberzensurgericht solche Anweisungen, wenn sie mit Geneh
migung des Königs erfolgt, und zu seiner Kenntniß gebracht sind, bei seinen
Entscheidungen über diejenigen Beschwerden zu befolgen, welche wegen der, durch
die Zensoren resp. Oberpräsidenten erfolgten. Versagung de« Druckes oder Debits
solcher Schriften und Artikel bei demselben erhoben werden.
7) Was die Form der Entscheidung betrifft, so sind im Eingange die beim
Beschluß anwesenden Mitglieder stäts namentlich anzuführen. Die Aktenerem-
plare der Entscheidungen sind vom Präsidenten, und den anwesenden Mitglie
dern zu unterzeichnen. Die Ausfertigungen, welche dem Staatsanwalt und
der Privatpartei zu ertheilm sind, «erden nur vom Präsidenten unterschrieben.
Dem Ermessen bei Gerichts bleibt überlassen, in wie fern in den einzelnen
Fällen den Betheiligten die Gründe der Entscheidung zu eröffnen sind.
8) Die Insinuation der Verfügungen und Erkenntnisse des Oberzen
surgerichts erfolgt in Berlin durch den bei demselben angestellten Boten, in den
Provinzen und im Auslande entweder durch die Post «der durch Requisition der
betreffenden Gerichtsbehörde. — Z. 13 Verordn. vom 23. Februar 1,843. — §. 1—
8 Jnstrukt. vom 1. Juli 1343 I. M. B. S. 182 fg.
Besondre Bestimmungen.
§. 481. I. Beschwerden über versagte Druckerlaubinß.
Den Beschwerden der Verfasser, Redakteure «der Verleger von Schriften über
die Seitens der Zensoren oder der Oberpräsidenten erfolgte Versagung der Drucker-
laubniß (Z. 479, II. 1) muß das Zensurstück mit dem Originalvermerk des Zensors
über das versagte Imprimatur, und, wenn die Sache bereits in erster Instanz von
dem Oberpräsidenten entschieden ist, auch diese erste Entscheidung im Original bei
gefügt sein. Zur Beschleunigung des Geschäftsgangs dient es, wenn ausserdem ein
Duplikat des Zensurstücks beigelegt wird. — Z. 9 Jnstr. vom 1. Juli 1843. —
Verf. des Ober-Eens.-G. vom 30. April 1845 I. M. B. S. 92.
II. Antrag auf ein zu erlafsendes D ebitsverbot.
Der Antrag des Staatsanwalts auf ein vom Oberzensurgericht zu erlassendes
Debitsverbot (Z. 479, II. 2) ist durch Beifügung der betreffenden Schrift, und durch
Angabe der Gründe, aus welchen er dieselbe als gefährlich für das Gemeinwohl er
achtet, zu begründen.
Erachtet das Oberzensurgericht den Antrag
s) für nicht gerechtfertigt; so hat es den darüber gefaßten Beschluß dem Staatsan
walt zu eröffnen. Hält es dagegen
Ii) den Antrag für gerechtfertigt; so hat es die vom Staatsanwalt eingereichte Klage, >
und zwar, wenn die Schrift im Jnlande oder in einem Kutschen Bundesstaate
erschienen ist, dem Verleger, sonst aber einem dem ausländischen Verleger von
Amtswegen zu bestellenden Mandatar zur Gegevausführung mitzutheilen. —
K. 10—12 Jnstr. vom 1. Juli 1843.
III. Gesuch um Ertheilung der Debitserlaubniß.
Die Gesuche, in welchen die Ertheilung der Debitserlaubniß nach Nro. 3, II.
ß. 479 beantragt wird, sind mit den Schriften selbst dem Staatsanwalt mitzuthei
len, um seine Erklärung abzugeben.
Nach deren Eingang ist der Beschluß über das Gesuch zu fassen. — §. IS a. a. O.
IV. Wiederentziehung derselben. Wird die Wiederentziehung einer sol
chen Debitserlaubniß, wie in der Regel nur bei Zeitschriften vorkommen kann, vom
738
Staatsanwalt beantragt; so ist vor der Entscheidung derjenige zu HS«n, auf dessen
Gesuch die Debits erlaubniß früher ertheilt worden war. — §. 14 a. a. O.
V. Verlust des Privilegiums oder der Konzession zur Heraus
gabe einer Zeitung :c. Der Antrag des Staatsanwalts auf Entscheidung über
den Verlust des Privilegiums oder der Konzession zu einer Zeitung oder einer an
dern Zeitschrift, oder über die Zurücknahme der, dem Redakteur einer privilegirten
Zeitung ertheilten Bestätigung, oder über die Entfernung des Redakteurs einer kon-
zessionirten Zeitung oder Zeitschrift (Z. 479, II. 4) muß durch eine vollständige Kla
geschrift begründet werden. — Hält das Oberzensurgericht, nach stattgefundenem
schriftlichem Verfahren (Z. 48« Nro. 2), eine Beweisaufnahme für erforderlich; so
ist solche durch die gewöhnlichen Gerichte nach Vorschrift der, für den Bereich der
selben geltenden Prozeßgesetze, zu veranlassen. . . ,
Nach dem Abschluß der Sache wird sowol dem Verklagten, als dem Staats
anwalt, eine kurze präklusivische Frist zur Einreichung etwaniger Rechtsausführun
gen gewährt. — S. 15—17 a. a. O.
VI. Verlust der Gewerbeberechtigung zum Buchhandel oder zur
Buchdruckerei. — Auf den Verlust des Rechts zum Gewerbe des Buchhandels
oder der Buchdruckerei 479, II. Nro. 5) kann nur auf den Grund einer förmlichen
Untersuchung erkannt werden. — Die Eröffnung der Untersuchung gegen de» Ange
schuldigten hat der Staatsanwalt bei dem Ober-Zensurgericht zu beantragen. —
Findet dieses den Antrag begründet z so veranlaßt es die Führung der Untersuchung
durch das in Untersuchungen gegen den Angeschuldigten überhaupt kompetente Ge
richt, und entscheidet nach Eingang der Akten und nach erforderter Erklärung des
Staatsanwalts. — g. 18—20 a. a. O>
VII. Verbot des Debits sämmtlicher Verlags- und Kommis
sionsartikel einer ausländischen Buchhandlung.
Soll das Verbot des Debits sämmtlicher Verlags- und Kommissionsartikel einer
ausländischen Buchhandlung (§. 479, II. Nro. 6) beantragt werden ; so muß der Staats
anwalt nachweisen, daß die gesetzlich vorgeschriebene Verwarnung erfolgt sei, so wie,
daß die betheiligte Buchhandlung vor und nach der Verwarnung verwerfliche Schrif
ten im Jnlande verbreitet habe. — Z. 21 a. a. O.
VIII. Kostenfreiheit. Die Verfügungen und Entscheidungen des Ober
zensurgerichts erfolgen stäts stempel- und kostenfrei. — Eben so sollen in den Fül
len unter V. und VI. von den requirirten Gerichten für die bei ihnen aufgenom
menen Verhandlungen weder Stempel noch Gebühren, vielmehr nur Kopialien und
andre baare Auslagen gefordert werden. Zur Erstattung der letzter« hat das
Oberzensurgericht den Angeklagten, falls derselbe in der Hauptsache schuldig befun
den wird, zugleich zu verurthcilen. — §. 22 a. a. O.

.II
NOMONS IS..
I n h a l t s v c r z e i ch n i ß.

«er preusjlsch« Zivilprozetz.


Einleitung Seite 1—6
Allgemeiner Theil. Erster Titel.
Z. 1. Begriffsbestimmungen 7
§. 2. Gegenstand des Rechtsstreits 7
§. 3. Von der Selbsthilfe 7
§. 4. Fälle, in denen kein Rechtsweg zulässig 8
§. 5. Verfahren bei Kompetenzkonflikten zwischen Gerichts- und Verwal
tungsbehörden .16
§. ö. Fälle, in denen Exekution ohne Prozeß zulässig 17
Zweit« Titel. Von den Personen, welche vor Gericht klagen und
verklagt werden können.
7. Wer kann klagen und verklagt werden? . 2V
Z. «. Ausnahme 2l
K. 9. Beschränkungen: I. in Betreff der unter väterlicher Gewclt Befindlichen 2t
Z. 10. Beschränkungen : 2—4. in Betreff der Bevormundeten und unter Ku
ratel Stehenden 23
§. 11. 5. Hinsichtlich der Blinden und Schrelbensunkundigcn .24
Z. 12. 6. In Betreff der unverhelratheten Frauenspersonen 26
K. 13. 7. Hinsichtlich der Ehefrauen 26
S. 14. Von Theilnehmcrn bei getheiltem Eigenthum 27
Z. 15. Von der Vertretung moralischer Personen 28
K. 16. Von mehren Erben als Partei .............. S2
K. 17. Ausnahmsweise Kumulation von Klagen .33
Dritter Titel. Vom Gerichtsstande.
§. 18. Begriff und Eintheilung ................ A3
§. 19. I. Ordentlicher Gerichtsstand, und zwar: 1. persönlicher, g) des Wohnsitze« 34
Z. 2«. d) der Herkunft storum originis.) 37
— Il —.
I. 21. c) der Vagabunden (Gerichtsst. des Aufenthalts) . ^ . . . Seite 3«
Z. 22. 6) der Fremden (Gerichtsst. de« Aufenthalt«) ......... 39
Z. 23. e) Persönlicher privilegirter Gerichtsstand; ss) durch Geburt .... 4t
F. 24. db) durch Besitz eines «blichen Guts ............ 43
Z. 25. vo) durch Exemtion .................. 43
g. 26. Ausnahmen .................... 46
K. 27. Verlust der Exemtion ................. 49
Z. 23. Gerichtsstandsverhältniß der zur häuslichen Gefellfchaft der Privile-
giirten Gehörigen 49
Z. ,29. gg) Privilegirter Gerichtsstand durch die Eigenschaft gewisser morali
scher Personen ................... 51
30. 2. Dinglicher Gerichtsstand («f. Z. 18, 1. 2). g) Für unbewegliche Sachen 52
Z. 31. d> Für bewegliche Sachen 55
z. 32. e) Gerichtsstand der Erbschaft .56
§. 33. 3. Ordentlicher Gerichtsstand gewisser Angelegenheiten und Geschäfte . 57
Z. 34. II. Außerordentlicher Gerichtsstand 62
z. 35. Gerichtsstand in der Provinz Posen ^ i .......... S9
K. 36. Bon der Prävention 70
37. Bon den Schiedsrichtern ................ 70
§. 38. Von Schiedsmännern ................. 74
Vierter Titel. Von Beiständen und Bevollmächtigten im Prozesse.
z. 39. I. Von den Beiständen und deren Pflicht ^ ..... . 77
z. 40. II. Bon den Bevollmächtigten. Befugniß der Parteien zu deren Wahl 79
"8. 41. Bon der Wahl und der Person. der Bevollmächtigten ..... t M
§. 42. Von der Legitimation der Bevollmächtigten .... 82
K. 43. Von dem Inhalte und der Wirkung einer Prozcßvollmacht . . . > 83
z. 44. Von der Form der Bollmacht 84
S. 45. Besondre Vorschriften in Betreff gewisser Vollmachtgeber . . . . >, ,85
; Z. 46. Verfahren bei mangelhaften , Vollmachten und Folgen einer falschen
'Vollmacht'. '. ... s, . ,. . ^, . . i. 8S
8. 47. Pflichten und BerhSltniß der Bevollmächtigten im Prozesse .... «9
S. 48. Vom Erlöschen der Prozeßvollmacht . . . . . ^ . 9«
Besondrer Theil. Fünfter Titel.. .
z. 49. 'Von der Klage, uns zwar: .4. von der Anmeldung ....... 93
Z. Z«, 'Verfügung auf die Klageanm'eldüng .' .'^.11',... x, 94
z. 5t. L. Bon Einziehung der Information zur Klage und deren Aufnahme
resp. Anfertigung . '. ^' . . "."'.".' . ^. '. > . . ^ «
S. 62. Vom ' Jnhilt ber Klage ^ „ .' .' .'.',.'/..,.,.„... .10«
,S. 63. 'v/ Von 'deren Prüfung . .' . ' .'>. ., ."z. ^.'.'«'. t«
^ ' Sechster T-it<l. Vom Prozeßverfahren m erster Instanz.
S. 64. 'Die verschiedenen Prozeßformen .'... . . . > 103
. . . Erster Abschnitt. Allgemeine Bestimmungen.
Z. 5°5. Bon der Abfassung gerichtlicher in Prozessen ergehender Verfügungen . 103
§. 56. Von der Anfertigung der Vorladungen und Verfügungen an die Parteien
^. Von der Ediktalladung . ... ^ ^..^ , »zIVL
^ 6V. H., Äon Äehändigung d>er Verfügungen .an die dem Aufenthalte nach ,
VlI , ^nnten Parteien. 1>. Durch i«NjVe^Hotm.'^>'.^'^, . .^lilff
z. 58. 2. Behändigung durch die Post . . . . ., . . . . . Seite 11«
Z. 59. 3. Behändigung durch Auftrag oder Requisition ........ 113
§. 60. 4. Von der Mitwirkung des Ertrahenten bei der Insinuation und 6.
von der Realzitation . 116
§. 61. Wirkungen einer, auf die Klage geschehenen, gehörig behändigten Vor
ladung des Beklagten 116
Z. 62. Fälle, in denen gewissen Behörden von Klagen Kenntniß zu geben . . 117
§. 63. Von den schriftlichen Erklärungen der Parteien im Mandats- summa-
marischen und Bagatellprozeß' . ^ . ^ ^ I ^ ^ ...... 113
- - Zweiter Abschnitt. Vom Mandatsprozeß.
Z. 64. In welchem Umfange und in welchen Fallen er stattfindet .... IIS
§. 65. Verfügung auf die Mandatsklage .121
Z. 66. 'Von den gegen das Mandat erhobenen Einwendungen und der darauf
erfolgenden Verfügung und Entscheidung 122
§. 67. Verfahren bei kumulirten Mandatsklagen wegen der an städtische Kaf-
.. fen oder Verwaltungen zu entrichtenden Geld- oder Naturalzinsen
oder Leistungen .' .' .' .' ......... . . . . , ,. 124
8. 6S. Vom Rekurse bei Zurückweisung der Mandatsklage . . . . . . . 126
' - - - - Dritter Abschnitt. Vom Bagatellprozeß.
Z. 69. Welche Sachen gehören zum Bagatellprozeß, und wie ist überhaupt
der Werth der Streitgegenstände zu berechnen? . . 126
g. 70. Prüfung der Bagatellklagen und Beschwerde gegen die Zurückweisungs
verfügung 123
Z. 5l. Von Besetzung de« Gerichts bei Verhandlung der Bagatellprozesse und. , ,,, .
Befugnisse des Bagatellkommissarius . .129
Z. 72. Vorladung der Parteien zum Ksagebeantwortungs - und JnstruktionStermin 130
§. 73. Verlegung des Klagebeantwortungs » und Justruktisnötermins . . .131
§. 74. Verhandlung der Bagatellprozesse -,.'132
§. 75. Von Aufnahme der Beweise und vom Schluß der Sache . . . . ^ 134 '
L. 76. Von dem Erkenntniß, dessen Publikation und ben zuständigen Rechts«
Mitteln. '. . . . . . . 136"
Vierter Abschnitt. Der summarische Prozeß. ^ -2
z/77. Fälle, in denen er stattfindet. ' . . .'. . > . . . «7 .
z. 73. Von Besetzung des Gerichts bei Verhandlung der summarischen Prozesse 14«"
I. Vom Berfa hren bei Gerichten, welche ein Kollegium bilde«. , ^
Z. 79. Verfügung auf die Klage und Vorladung zum Klagebeantwortungstermin 14Z ^
Z. 30. Verhandlung im Klagebeantwortungstermin ^ . 144
§. 81. Won Prorogationsgesuchen ,^I^.Z
Verfügung auf das Klagebeantwortungsprotokoll und Vorbereitung der .-,^.z
Sache' zur mündlichen Verhandlung « , . . « . . 145 ^
§. 33. Verfahren im Termin zur mündlichen Verhandlung . . . ...... . ,147
Z. 84. Folgen des Ausbleibens im Termin zur mündlichen Verhandlung. . . 150 -
Z. 85. Bon dem im Audienztermin aufzunehmenden Protokoll, und dem darauf
^ zu 'fassenden Beschluß ^ ...... . '.M.,
Z. 86. Von den Beweisen un» deren Aufnahme . . . . ., . , ,. . . lA'^
§. 87. Vom Schlußtermin, dem Erkenntniß und den zulässigen Rechtsmitteln 154 ^
z. öH II. Von dem Versahren bei den Gerichten, welche kein , , ?,
Fünfter Abschnitt. Vom Verfahren im ordentlichen Prozeß.
Z. 89. In welchem Umfange die in Betreff desselben in der A. G. O. gegebe«
nen Borschristen Anwendung finden . . . Seite 156
8.90. Verordnung auf die Klage . . .... . . . . . . ., . 157
K. 91. Von Ansehung der Termine 158
Z.. 92. Von Verlegung der Klagebeantwortungstermine . . . . . .. . .159
§> 93. Verhandlung im Klagebeantwortungstermin. Kontumazial- und Agni-
tionsresolution 161
tz. 94. Fortsetzung. Aufnahme der Klagebeantwortung und deren Inhalt . . 163
Z. 95. Verfügung auf das Klagebeantwortungsprotvkvll . ,. 166
g. 96. Von Zuziehung und Vorladung Sachverständiger zum Jnstruktionstermin 168
K. 97. Von Ansehung der Jnstruktionstermine und von Verlegung derselben . 170
z. 93. Zweck der Jnstruktionstermine (Instruktion im weitern Sinn). . . . 17«
I. Von der nähern Vernehmung der Parteien, und dem Entwurf
des Sach- und Streitstandes (Instruktion im engern Sinn).
Z. 99. Verfahren des Jnstruenten im Jnstruktionstermin; 1) wenn eine der
Parteien ausbleibt .171
Z. IM). 2) Wenn beide Theile erscheinen 171
Z. 101. 3) Fernere Pflichten des Jnstruenten; ») i» Betreff der zu eruirenden
Thatsachen; .......... ^ ...... i ... 172
Z. 102. b) bei Abgabe von Geständnissen und beim Widerruf derselben; . . 173
Z. 103. e) zu ununterbrochener Fortsetzung der Instruktion und zu selbftstSn-
digem Betrieb der Sache; ............... 174
§. 104. 6) bei Aufnahme und Vollziehung der Verhandlungen und Zuziehung
von Schreibzeugen;. . ...'.'..',.'..'. . . . . . , . 176
§. ^K<,e) wegen Zuziehung eines Dolmetschers .......... 178
z. 106. Vdnr Sach - und Streitstand (5tstus csusae et coutraversise) Zweck
und Form desselben . 173
Z. 107. Vdm Inhalt des Sach- und Streitstandes 180
§. 108. Vorlegung de« Sach- und Streitftandes und Einigung über den auf
zunehmenden Beweis .............. ^ 133
g. 109. Verfügung auf den Sach- und Streitstand. Beschluß über den aufzu
nehmenden Beweis . . . . . . ........ .184
§. 110. Fortsetzung. Prüfung und Beschluß hinsichtlich vorkommender Präju«
, , dizialeinreden und Pröjudizialpunkte . ....... 186
g. III. Wirkung des über den aufzunehmenden Beweis gefaßten Beschlusses . 138
II. Von Aufnahme der Beweise.
K. 11K 4. Vom Beweise durch Geständniß ... .... . . . , . 138
g. 113. S. Vom Beweise durch Urkunden. Wie lange Urkundenbeweks im or
dentlichen Prozeß zulässig, und wo edirte Urkunden aufzubewahren . . 13S
§. 114. Wer' ist zur Herausgabe von Bewkisarkkinden verpflichtet? . . . . 190
g. 115. Was edirt werden muß und was nicht . . . . . . ' ^ . ... 190
§. 116. Von Begründung der Editionsgesuche und der Art und Weise, in wel
cher cher EdittonSpunkt zu erledigen . . . . . . . ; ^..191
z/117. Vön der Edition Seitens der Parteien; vom Edittonselde, und Io«
den Folgen der verweigerten Edition 192
z. 118.' Von der Edition SeiKns dritter Personen,' . ,,. . . . , . ... 194
z. 119.' Wo, und aufmessen Kosten die Edition geschehen muß, und ln welcher .
Mrm die Dokumente zu produziren- stny ; ,. . ^, . . . . . 195
S. 120. Von Urkunden in fremder Sprache' . . .' ^ . '1 19S
z.'«1.'Mn l>et ENltigkett «r «r«mven"in -Bezug ggf die Form, fowke> wen»
sie Mangel, Widersprüche, Korrekturen, Rasuren u. dgl. enthalten, oder
unverständlich, oder zerrissen, oder verfälscht sind ..... . Seite 197
§. 122: Ergänzung des Beweises hinsichtlich verlorener oder vernichteter Dokumente 193
§. 123. Bon den verschiedenen Arten der Urkunden, und zwar: 1) von den
öffentlichen und deren Beweiskraft. .- . . . . 193
§. 124: Bon den Privaturkunden, und deren Rekognition oder Diffession . . 203
S. 125. Beweis gegen die angebotene Diffession s) durch Zeugen ..... 2S4
Z. 126. d) durch Bcrgleichung der Handschrifttn («ompsrati« litorsrum). . 205
8. 127. Beweiskraft der Privaturkundcn überhaupt ......... 2«6
§. 128. Beweiskraft einiger Privaturkunden ins Besondre 2V3
§. 129. L. Vom Beweise durch Zeugen und Sachverständige. Bon Verneh
mung der Sachverständigen 2S9
Z. 130. Wann im ordentlichen Prozeß Zeugenvernehmungen erfolgen < . . . 210
§. 131: Vorladung der Zeugen 21«
z. 132. Requisition oder Auftrag zur Vernehmung von Zeugen ..... 212
Z. 133: Allgemeine Pflicht zur Ablegung des Zeugnisses z Fälle, in denen es ver
weigert werden kann, und Verfahren gegen die das Zeugniß ohne Grund
Weigernden, so wie in Betreff kranker oder abwesender Zeugen . . . 214
§. 134. Verfahren, bei Vernehmung und Bereidung der Zeugen ..... 217
§. 135. Konfrontation des Zeugen und Wiederholung des Zeugenverhörs. . . 221
§. 136? Verfahren, wenn bei Zeugenvernehmungen die Zuziehung eines Dol
metschers nöthig 222
Z. 137. Personen, welche von der körperlichen Leistung des Zeugeneides frei find 223
8. 138.- Giltrgkeit und Zuläfsigkeit der Zeugen, und zwar 1) Personen, welche
zum Zeugnisse gar nicht" zugelassen werden; ......... 224
§. 139. 2. Personen, welche zwar nicht als Beweiszeugen, wohl aber der Er
kundigung wegen vernommen werden können; (Jnformationszeugen). . ^
§. 140: 3. Personen, deren Zeugniß keinen vollen Glauben hat 227
§. 141. Bon der Glaubwürdigkeit der Zeugen überhaupt und den gegen diese
Glaubwürdigkeit entgegenzusetzenden Einwendungen ....... 228
g. 142. 0. Von Aufnahme des Beweises durch den Eid. Vom Eide überhaupt
und vom Eide im Prozesse ins Besondere 229
Z. 143. Von der Eideszuschiebung. In welchen Fällen und durch wen kann
dieselbe erfolgen? 230
§. 144. Wem kann die Eideszuschiebung- geschehen, und wie lange findet dic-
>' " selbe Statt? ^ .231
Z. 145. Erklärung über den zugeschobenen Eid; dessen Annahme, oder Zurück-
schiebung, oder Angabe anderen Beweises 234
Z. 146. Vom Widerruf zugeschobener oder zurückgeschobener Eide, und vom, '! .'>
Erlaß derselben > 236
§. 147. N«rmir«ng des zu- oder zurückgeschobenen Eides überhaupt, und des
Jgnoranzeides insbesondre ........ ....... 237 ,
S. 148. Wann die Abnahme der zu- und zurückgeschobenen Eide erfolge; und
Verfahren, wenn über die Erheblichkeit der Tbatsache, oder die Person ' Z
5es> Schwörenden, oder die Norm des Eides Streit ist .... . 238
8. 149. In wie weit die feststehende Eidesnorm verändert werden könne . . 239
ß. ISO. Verfahren bei Ableistung der Eide. 1. Allgemeine Bestimmungen . . 240
Z. 151. 2. Besondre Bestimmungen ») bei Eidesleistungen der katholischen und
evangelischen- Christen und der unirten Griechen ....... 1^243
S. 152. b) bei der Eidesleistung der nicht unirten Griechen ...... 243
§. 153. o) Bei der Eidesleistung der Juden ........... 244
§. 164. 6) Bei der Eidesleistung der Mahometaner ....... Seite 247
Z. 155. 'Folgen der unterlassenen Erklärung über den zu- oder zurückgeschobe-
^ ^'nen Eid, so wie der verweigerten oder versäumten Eidesleistung . . . 247
§. 156. Wirkung des Eides, und Folgen, wenn der, welcher ihn leisten soll,
vor der Ableistung stirbt 243
g. 157. L. Bon Aufnahme des Beweises durch Augenschein 249
H. 158. ?. Vom Verfahren des Jnstruenten bei vorkommenden, einander wider»
sprechenden Beweismitteln . 25«
lll. Vom Versuch der Sühne und Abschluß der Sache.
Z. 159. Vom Versuch der Sühne, und wie dabei zu verfahren ..... 250
g. ISO. Von der Schlußvernehmung und dem Schlußtermin 25S
z. 161. Von den Rechtsausführungen (Deduktionen.) 254
Von Abfassung des Erkenntnisses.
Z. 162. Die Vorlegung der Akten zum Spruch 256
z. 163. Ernennung des Referenten und dessen Pflichten 257
Z. 164. Von der Methode zu referiren ............. 253
z. 165. Rücksichten bei Beurtheilung streitiger Thatsachen und zwar ^ hinsicht
lich des Beweises s. falls eine Thatsache vollständig erwiesen, oder d.
gar nicht ausgemittelt ist ....... 259
Z. 166. c. Wenn die vorliegenden Beweise sich widersprechen, oder nicht aus
reichend sind, und auf einen nothwendigen Eid zu erkennen ist . . Z 261
§. 167. Vom nothwendigen Eide, und wem es zuzusprechen 26Z
z. 168. L. Rücksichten bei Anwendung und Erklärung der Gesetze hinsichtlich
streitiger Thatsachen 263,
Z. 169. Von Erlangung des Beschlusses . 266
§. 17«. Ausdehnung des Beschlusses auf Zinsen, Nutzungen, Schäden, Kosten
und Strafen .................... 268
Z. 171. Bon der Abfassung des Erkenntnisses selbst ......... 272
Z. 172. Verfahren bei nicht kollegialischen Gerichten ......... 274
Sechster Abschnitt. OeffentlicheS und mündliches Verfahren nach
der Verordnung vom 9. Februar 1817.
Z. 17Z. In welchen Prozessen und in welchem Umfange dies Verfahren stattfindet 274
K. 174. Von der Klage, .der. Verfügung darauf und der Vorladung der Par
teien zum Audienztermin . . . 275
z. 175. Von der Klagebeantwortung und von Prorogationsgesuchen .... 276
§. 176. Besetzung des Gerichts beim mündlichen Verfahren, Oeffentlichkeit des-
, .selben, und Dauer der desfalsigen Sitzungen ......... 276
Z. 177. Aufruf der Sache, und Verfahren, wenn eine Partei nicht «scheint . 276
Z. 178. Vortrag der Sache; wer ihn zu halten hat, und wem die Leitung
zusteht; Versuch der Sühne ............... 277
§. 179. Betragen der Parteien, Mandatarien .und Zuhörer beim mündlichen
Vortrage 273
§. 180. Schluß des mündlichen Vortrags und Beschlußnahme, s) wenn die
< Sache zum Erkenntniß reif ist; 279
§. 181. b) wenn die Erörterung der Sache mangelhaft befunden wird; oder
<-> ' c) wenn es auf Beweisaufnahme ankommt ......... 280
Z. 1S2. Von der gerichtlichen Geschäftssprache im Großherzogthum Pose» im
!,. Allgemeinen, und bei Prozessen ins Besondre ......... 280
— VI! —

Siebenter Abschnitt.
§. 133. Von Eröffnung und Anfertigung der richterlichen Erkenntnisse und
Resolutionen. Seite 28l
Siebenter Titel. Von den gegen das erste Erkenntniß zulässigen
Rechtsmitteln.
§. 184. Einleitende Bemerkung. NachtragSerkenntniß und Deklaratoria . . 284
Erster Abschnitt. Allgemeine Bestimmungen.
Z. 185. Von der zur Einlcgung der Rechtsmittel gestatteten Frist . . ., . 286
§. 186. Beginn der Frist 287
K. 187. Bei welcher Behörde die Rechtsmittel angebracht werden müssen, und
Bestimmung, wenn die Partei über die Art des zulässigen Rechtsmit
tels zweifelhaft ist 287
Zweiter Abschnitt. Vom Rechtsmittel der Restitution (restitutio
in integrum, Widereinsetzung in den vorigen Stand).
Z. t«3. Fälle, in denen es stattfindet 288
Z. 189. Begründung des Restitutionsgesuchs, und Verfahren .4. wenn es gegen
Kontumazialurtel angebracht wird 23g
190. ö. wenn eS gegen Purifikationsresolutionen erhoben ist; 291
z. 191. wenn es gegen Praklusionserkenntnisse gerichtet ist ..... . 292
Dritter Abschnitt. Vom Rechtsmittel dcS Rekurses.
z. 192. Fälle, in denen der Rekurs stattfindet 293
§. 193. Rekursgründe; und in welcher Form das Rekursgcsuch einzureichen . 294
Z. 194. Verfügung auf das Rekursgesuch; Verfahren und Entscheidung . . 294
§. 195. Verfahren beim Zusammentreffen dcS Rekurses und der Appellation . 296
ß. 196. Gcrichtskoften und Mandatariengebühren . 297
,Vj er ter Abschnitt. Vom Rechtsmittel der Appellation.
§. 197. Dessen Zuläsfigkeit und Unzulässigkeit 297
g. 19«. Wirkung der Appellation in Bezug auf die Vollstreckbarkeit dcS ersten
Urtels 299
8. 199. Zuläsfigkeit und Wirkung des Rechtsmittels der Appellation in Be
zug auf Litiskonsorten, Adzitanten, Litisdenunziantcn und Interventen 303
K. 200. In wiefern Appellat von dem durch den Gegner eingewendete» Rechts
mittel zu feinem grösseren Vortheil Gebrauch machen könne .... 30Z
§. 201. Appellationsanmeldung und Appcllationsbcricht 304
§. 202. Bemerkung über den Gang der nachfolgenden Vorschriften .... 305
I. Appellationsverfahren nach der Allgemeinen Gerichtsordnung
(im ordentlichen Prozeß)., . . .
Z. 203. Von der Appellationsanmeldung, der Verfügung darauf, und dem Ter
min zu deren Vervollständigung, so wie zur Aufnahme der Rechtferti
gungsschrift ., . 305
Z. 204. Verfahren, wenn keine Rechtfertigung der Beschwerden erfolgt . . . 306
z. 205. Verfügung auf den Appellationsbericht, und weiteres Verfahren, wenn
keine neuen Thatsachen oder Beweismittel darin vorkommen .... 307
Z. 20S. Verfahren, wenn im Appellationsbericht neue Thatsachen «der Bewcis-
49
mittel (Kovs) vorkommen, und 1) der Prozeß bei einem kollegiolischen
Untergericht schwebt Seite 3VS
§. 207. 2) Verfahren, wenn der Prozeß beim Obergericht schwebt. Instruktion
und Deduktionsverfahren in Appellatorio .......... 31«
S. 208. Verfahren, wenn beide Parteien apxellirt haben ^ . 313
Z. 209. Won Abfassung de« «ppellationscrkenntnisscs . 314
Z. 21«. Rücksichten bei Bestimmung des Kostenpunktes und von Sukkumbenz-
und andern Strafen 316
II. Appellationsverfahren im summarischen Prozeß.
S. 211. Verfügung auf die Appellationsanmeldung und Rechtfertigungstermin . 317
§. 212. Verfügung auf die Appellationsrechtfertigung und Termin zu deren
Beantwortung ................... 319
S. 213. Weitere Veranlassung auf das Beantwortungsprotokoll, und Abfassung
des Erkenntnisses .................. 320
S. 214. III. Appellationsverfahren nach der Verordnung vom 9.
Februar 1817 322
§. 215. Von der Publikation der Appellationserkcnntnisse 322

Fünfter Abschnitt. Von den in Jnjurienprozessen und gegen Ber-


mtheilungen zu Prozeßstrafen zulässigen Rechtsmitteln.
S. 216. Die besondern Arten dieser Rechtsmittel und deren Zulcissigkeit . . . 323
Z. 217. Verfahren und Entscheidung 1) auf das Milderungs- und Niederschlag
gungsgesuchz 324
§. 218. 2) beim Rechtsmittel der weitern Bertheidigung; ....... 325
Z. 219. 3) beim Rechtsmittel der Aggravation 325

Achter Titel. Von den gegen das zweite Erkenntniß zulässigen


Rechtsmitteln.
S. 22«. Allgemeine Bemerkungen 326
S. 221. Bei welchem Gericht, und binnen welcher Frist diese Rechtsmittel an
gebracht werden müssen > 326

Erster Abschnitt. Vom Rechtsmittel der Revision.


§. 222. Falle, in denen die Revision zulässig ist . . ..... . . . .327
Z. 223. Fälle, in denen da« Rechtsmittel der Revision unbedingt ausgeschlossen ist 33«
S. 224. Anmeldung des Rechtsmittels der Revision und Verfahren .... 331
Z. 225. Von Jnrotulation der Akten, und Einsendung an baS Geheime Ober
tribunal zum Spruch 331
Z. 226. Wahl der Referenten beim Geh. Ober-Tribunal und Beschlußnahme
1) wenn eine Abänderung der früheren Erkenntnisse erfolgt; .... 332
227. 2) im Falle Ergänzung der Instruktion oder Beweisaufnahme beschlos
sen wird; 333
Z. 228. 3) im Falle neue Thatsachen und Beweismittel in dritter Instanz
vorkommen ..................... 334
Z. 229. Entscheidung über den Kostenpunkt, und von den Sukkumbenzftrafen . 335
Z. 23«. Entscheidungsgründez Protokollbuch und Spruchrepertorium .... 336
z. 231. Publikation der Revisionserkenntnisse z Deklarationsgesuche und nachträg
licher Beitrit zur Revision 336
S. 2Z2. Vom Zusammentreffen der Revision und der Nichtigkeitsbeschwerde . . 337
Z w e i t e r A b s ch n i t t. Vom Rechtsmittel der Richtigkitsbeschwerde.
§. 2«. Auläsfigkeit diese« Recht«mittelS Seite ZZ3
z. 234. Von wem, innerhalb welcher Frist, und bei welchem Gericht das Rechts«
mittel einzuwenden sei Bö
§. 235. Nichtigkeitsgründe und zwar 1) Verletzung eines Rechtsgrundsatzes z . 340
§. 236. 2) Verletzung einer wesentlichen Prozeßvorschrift 341
§. 237. Nichtigkeitsgründe im Subhastationsprozeß 347
z. 238. Von dem Inhalte und der Form der Beschwerdeschrift, und der Recht-
ftrtigungsschrift . 349
Z. 239. Verfügung auf die Nichtigkeitsbeschwerde, und Mittheilung derselben
zur Beantwortung 352
K. 240. Beantwortung ^er Nichtigkeitsbeschwerde und Spruchvorlegung . . . 364
Z. 24l. Effekt des Rechtsmittels in Bezug auf die Vollstreckung der früher»
Urtel . ^ 35S
§. 242. Entscheidung des Geh. Obertribunal« . 357
§. 243. Publikation des Urtels. Gerichts- und Mandatarien-Gebühren . . 359
§. 244. Wirkung de« Richtigkeitsbeschwerdeerkenntnisses in Bezug auf die Urtels«
Vollstreckung 361
Dritter Abschnitt.
§. 245. Von den im Jnjurienprozeß in dritter Instanz zulässigen Rechtsmitteln 361
Neunter Titel. Von einzesnen nur in besonderen Fällen vorkom
menden Prozeßhandlungen.
^. Von Adzitationen, Litisdenunziationen und Nominativnen.
g. 246. t. Von Amtöwegen zu veranlassende Adzitationen. ....... 362
K. 247. 2. Adzitationsgesuche und Litisdenunziationen; deren Begriff, wo und
wann sie anzubringen, und Wirkung derselben 363
K. 24S. Verfügung auf angebrachte Adzitationsgesuche, resp. Litisdenunziationen 366
§. 249. Weiteres Verfahren; ErKnntniß; Rechtsmittel und Kosten .... 366
S. 250. 3. Von Nominationen . ............ ^, . . 369
^ 25!. L. Von Interventionen , . . 370
L. Von der Widerklage (Rekonventiov).
Z. 252. Begriff und Arten der Widerklage . . , 372
§. 253. l. Von der uneigentlschen Widerklage » , . 373
z. 254. II. Von der eigentlichen Widerklage ...... S75
Z. 255. v. Von den Ursachen, durch welche der Gang des Prozes
se« gehemmt, oder die Aktenweglegung herbeigeführt wer«
den ka-nn 377
K. 25«. L. Von Prozeßkautionen 3S2
Z. 257. ?. Von Koftenvorschüssen SSS
O. Bon «iniKeirim Prozesse vorkommenden Eiden.
Z. 258. I. Von Abnahme der im ErKnntniß auferlegten Eide und Abfassung
d« Purisikat«i„ . . . .- . . i » -. . . .386
§. 259. 2. Vom Würdigungseidk (jursmevluW in litem.) ...... 387
§. 26«. 3. Vom Mauifestationseide . 390
§. 261. 4. Vom Eide für Gefährde (Mrsmeutuin cslumnise.) ..... 392
ß. 2S2. II. Von Aufnahme de« Beweise« zum ewigen Sedächtniß S9S
Zehnter Titel. Von einigen besonderen Prozeßarten.
Erster Abschnitt. Von der NullitSts- und der Restitutionsklage.
8> 263. Einleitende Bemerkungen ............ Seite 396
- - I. Von der Nullitätsklage.
§. 264. Zweck derselben, und Fälle und Gründe der Zulüssigkeit .... 397
Z. 2Sö. Wann, w«, und wie ist die Nullitätsklage anzubringen 400
z. 266. Verfügung auf die vollständige Nullitätsklage; Verfahren, Erkenntniß,
Rechtsmittel und Kostenpunkt 4<M
A 267. Wirkung der Nullitätsklage in Bezug auf die Vollstreckbarkeit des an
gefochtenen Erkenntnisses ............... 401
II. Von der Restttutionsklage.
Z. 263. Begriff derselben, und Fälle, in denen sie gestattet ....... 402
§. 269. 1) Von der Restitution wegen Minderjährigkeit ex cs-
pite illinorenilltstis). ............... .402
8. 27V. 2) Von der Reftitutionsklage wegen neu aufgefundener Urkunden (Kest.
^ ex instrum. voviter reperlis). . 403
F. 271. 3) Von der Restitutionsklage wegen neu zu verhörender Zeugen . . 4VS
8> 272. Wirkung der Restit.-Klagen in Bezug auf Vollstreckung des angefoch
tenen Urtelsz Kosten der Restitutionsinstanz und Strafen wegen grund
loser Restitutionsklagen 406
Zweiter Abschnitt.
§. 273. Von der Kündigungsklage " . . . 407
Dritter Abschnitt. Vom Wechselprozeß.
8. 274. Fälle, in denen er zulässig ............... 403
8> 275. Von Anbringung der Wechselklage, deren Form und Inhalt ... 409
Z. 276. Verfügung auf die Wechselklage, und Vorladung der Parteien . . . 411
8> 277. Verhandlung im Termin 412
278. Von den im Wechselprozeß zulässigen Einwendungen, und Verhand
lung darüber ............. 414
Z. 279. Von Abfassung und Publikation des Erkenntnisses ....... 415
8. 28«. Von den im Wechselprozeß zulässigen Rechtsmitteln ...... 416
8> 231. Von Vollstreckung der Wechselerkenntnisse ......... 417
8. 282. Vom Separatverfahren in Wechselsachen ......... 421
Vierter Abschnitt. Verfahren in Handlungs-, in Merkantil, und in
Assekuranzsachen.
A 283. I. Vom Handlungsprozesse überhaupt ...... ^ ... . 422
8> 284. II. Begriff desselben; Gerichtsstand, und Verfahren in erster Instanz . 42S
8. 285. Von den im Merkantilprozeß zulässigen Rechtsmitteln, und vom Verfah
ren in den ferneren Instanzen ............. , 426
Z. 236. III. Anwendung des Merkantilprozesses auf andre kaufmannische Rechts-
fachen ...... 426
Ii 287. IV. Von den Assekuranzstreitigkeiten ............ 427
' ,^ Fünfter Ab sch nitt. Vom Verfahren bei Zivil-Arresten.
8. 283. Begriff und Eintheilung der Zivilarreste . . . . .428
8. 289. Gegen wen kann Arrestschlag ausgebracht werden? 428
8, 29«. Auf welche Sachen kann Arrest ausgebracht werden, und auf
welche nicht? 431
Z. 291. Einige allgemeine, bei Anlegung der Arreste vom Richte« zu berücksich
tigende Bestimmungen . . < Seite 436
' . I. W»n Arresten in schleunigen und dringenden Fällen. - -
Z. 292. Wo sie angebracht, und wie sie begründet werden müssen 436
S. 293. Verfügung auf schleunige Arrestgcsuche und weiteres Verfahren ... 437 .
II. Vom Verfahren bei ordentlichen und gewöhnlichen Arresten.
§. 294 Begründung des gewöhnlichen Arrestes und Verfügung darauf . . .439
§. 295. Ferneres Verfahren und Erkenntniß im Falle der geschehenen Arrestle
gung, und zwar 1) bei Aealarreften, wenn ») Arrest und Hauptsache in
Einem Prozesse verhandelt wird; 441
Z. 296. b) wenn die Entscheidung des Arrestes vor Entscheidung der Haupt
sache verlangt wird; 443
g. 297. 2) Bei Personalarresten. Alimentation des Arrestaten ...... 444
§. 29«. Hl. Von Arresten gegen Fremde 445
§. 299. Wirkungen des Arreste« 447

Sechster Abschnitt. Vom Possessorienprozesse (posse8s«rium


summarissinmm einschließlich der sog. Spoliensachen).
z. 300. Zulässigkcit desselben i Begründung der Klage und Verfügung darauf . 449
Z. 301. Weiteres Versahrenz Erkenntniß; Rechtsmittel; und Wirkung des
Urtet« ... 451

Siebenter Abschnitt. Vom DiffamationS - und Provokationsprozesse.


z. 302. Einleitung und Begriffsbestimmung . . 45Z
. . I. Vom Diffamationsprozesse.
Z. 303. Begründung der Klage und Verfügung darauf . 454
Z. 304. Verfahren im Termin; Erkenntniß und Rechtsmittel 455
§. 305. Wirkung des DiffamationsurtelS und Verfahren Behufs wirklicher
Präklusion 456
§. 306. Verfahren, wenn die Diffamation aktenmässig feststeht; so wie, wenn
mit der Diff.-Klage eine Jnjurienklage verbunden wird ..... 458
Z. 307. II. Vom Provokationsprozesse im genaueren Verstände 453

Achter Abschnitt,
z. so«. Von Depositionsklagen . 459
Neunter Abschnitt. Vom Konfiskationsprozeß.
§. 309. Einleitung 461
I. Vom Verfahren gegen ausgetretene Militairpflichtigt.
§. 310. Bei welchem Gericht, von wem, und in welcher Art und Weise die
Konfiskationsklage anzubringen und zu begründen sei ...... 462
§. 311. Verfügung auf die Klage; Vorladung des Beklagten und Einrückung
des Termins 464
§. 312. Verhandlung im Termin; Erkenntniß und Folgen desselben . . . . 465
Z. 313. II. Vom Verfahren gegen ausgetretene Vasallen und Unterthanen . 467

Zehnter Abschnitt. Vom Verfahren gegen Verschollene.


(Todeserklärungen.) , .
K. 314. Wann, von wem und bei welchem Gericht hie Klage «nznsMen . . 467,
z. SIS. Won der Todeserklärung der aus den Kriegen ISN 1806 bis MS nicht
zurückgekehrten Personen Seite 469
§. 316. Vom Verfahren bei Todeserklärung andrer Personen ...... 470
Elfter Abschnitt. Vom Verfahren bei Erklärung eines Menschen
als Blödsinnigen oder Verschwender.
5. 317. Einleitung 472
I. Blödsinnigkeitserklärung.
z. 31«. Antrag, Verfahren und Erkenntniß . . 473
........ II. Prodigalitätserklärung.
§. 319. Klage und Verfügung darauf . 47S
Z. 320. Weiteres Verfahren; Sicherheitsmaßregeln; Erkenntniß; Rechtsmittel
. und.Urtelsvollstreckung 476
Z. 321. Aufhebung der. rechtskräftig erkannten Prodigalitätserklärung . . . 473
Zwölfter Abschnitt. Von Vörmundschaftlichen Prozessen.
Z. 322. Verfahren I., wenn der zum Bormunde Bestimmte AblehnungSgrunbe
geltend macht; so wie II., wenn Mehre um das Amt des Vormundes
. streiten; . . . 479
Z. 323. III, wenn Vormünder des Amts entsetzt, oder IV, gegen dieselben
Defekte geltend gemacht werden sollen . . 481
Dreizehnter Abschnitt. Verfahren in Grenz - und Bauprozessen.
Z. 324. I. Grenzsachen. Aufnahme der Klage und Verfügung darauf . . . 483
Z. 32S. Verhandlung im Termin; Aufnahme der Karte; Regulirung deö Inte
rimistikums, und Abschluß der Instruktion 485
Z. 326. Erkcmitmß; Rechtsmittel und demnöchftige Berichtigung der erkann-
, ten G«nzr . . . 487
Z. 327. U. Verfahren in schleunigen Bausachen 483,
Vierzehnter Abschnitt. Vom Verfahren in Pacht- und Mieth fachen.
z. 328. Anordnung dieses Abschnitts . . . , 489
Z. 329. ^. Verfahren bei Klagen auf Zahlung von Pachtgeldern, wenn Beklag
ter Kompensations- oder Remissionsforderungen entgegengesetzt . . . 490
z. 330. II. Verfahren bei Prozessen auf Exmission des Pächters wegen schlech
ter Wirthschaft oder auf sicherstellende Maasregeln ....... 493
§. 331. Iii'. Bersahren bei Prozessen,' die bei Gelegenheit der Rückgewähr eines
Guts nach abgelaufener Pachtzeit entstehen . . . > > . 494
^ 332. IV. Verfahren bei Klagen auf Einräumung oder Verlassung von
' ' Mieths'räumen . . . '. '. . .498
Fünfzehnter Abschnitt. Von Rechnungssachen.
§. 333. 1. Wenn der Streit nur die Pflicht zur Rechnungslegung, oder die
Frist, für welche die Rechnung zu legen, oder eine Zögerung bei Heren
Legung betrifft ' / . . . . ^ .499
K. 334. 2. Vom eigentlichen Rechnungsprozesse ^ ...... . . . SOS
Sech Szehnter Abschnitt. Von Erbsonderungen und Aus
einandersetzungen. ' ' '' « -
I. Erbschaftliche Prozesse und zwar
K. SSS. t. ilber das Erbrecht und über die Erbquote, < >. . ^ .> > . . SOS
i- XI« ^

z. 336. 2. über die Erbtheilung , Seite S03


K 337. Ik.PrvjessezwifchenLehnS-oderFideikommißfolgernunddemAllodialerben 5«6
j. 338. III. Gemeinheitstheilungsprozesse S«7
K. 339. IV. Auseinandersetzung bei kaufmännischen Sozietäten 509

Siebzehnter Abschnitt. Von öffentlichen Aufforderungen unbekann


ter Interessenten, so wie der etwanigen Berechtigten zu beweglichen und
unbeweglichen Sachen, zu Forderungen, und zu verlornen Urkunden.
§. 34V. I. Oeffentliche Aufforderung unbekannter Erben 511
S. 34l. II. Oeffentliche Vorladung unbekannter Agnaten oder GefammthZnder 514
Z. 342. Ilk. Oeffentliche Vorladung unbekannter Handlung«- und Sozietäts-
gläubiger , 514
Z. 343. IV. Oeffentliche Vorladung unbekannter Bau- und Kassengläubiger . 515
§. 344. V. Oeffentliche« Aufgebot von Depositalmassen 517
§. 345. VI, Oeffentliche Vorladung der Gläubiger eines Verschwenders . . . 51S
S. 346. VII. Oeffentliche Aufforderung unbekannter Sollkontravenienten . . . 518
S. 347. VIII. Aufgebot eines Funde« und eines Schatzes 519
§. 348. IX. Oeffentliche« Aufgebot der unbeweglichen Sachen ...... 522
§. 349. X. Oeffentliche Vorladung unbekannter Inhaber von Hypothekenposten 524
Z. 350. XI, Aufgebot und Amortisation verlorner Hypothekendokumente . . 525
g. 351. XII. Aufgebot von Pfandbriefen und deren Äoupons 527
§. 352. XIII. Aufgebot von Staatsschuldscheincn, von ehemals sächsischen
Staatspapiercn und von anderen Staatsschuldpapieren 531
§. 353. XIV. Aufgebot andrer Urkunden und ins Besondre auch der Sparkas-
- senbücher und Eisenbahnaktitn 536

Achtzehnter Abschnitt. Vom Verfahren in Moratoriensachen.


§. 354. Zweck; allgemeine Erfordernisse und Eintheilung der Moratorien . . 539
I. Von Verhandlung des Spezial-Moratorii.
g. 355. Antrag; Verhandlung; Prüfung der Sicherheit; Erkenntniß und
Rechtsmittel 54«
§ 356. Wirkung des SpezialindultS und dessen Wiederaufhebung .... 543
II. Bon Verhandlung des General-Moratorii.
Z. 357, Provokation und Verfügung darauf 544
§. 358 Instruktion des Gcneralindults, Erkenntniß und Rechtsmittel . . .547
K. 359. Wirkung des Generalindultö, und Wiederaufhebung desselben . . . 55V

Neunzehnter Abschnitt. Vom Verfahren bei der Güterabtretung.


(d?««8i« bonorum )
S, 36«. Begriff und Zweck derselben, und Begründung der Provokation . . 552
z. 361. Verfügung und Verhandlung auf die Provokation; Erkenntniß und
Rechtsmittel 554
z. 362. Wirkung der Güterabtretung und Wiederaufhebung der Rcchtswohlthat . 556

Zwanzigster Abschnitt. Von Behandlung der Gläubiger und von


der RechtSwohlthcit der Kompetenz.
z. 363. I. Verfahren bei Behandlung der Gläubiger 55?
z. 364. II. Verfahren bei Aussetzung der Kompetenz 55S
— XIV —

Elfter Titel. Bom Konkurse und vom erbschaftljchen


Liquidationsprozeß,
z. 365. Begriffsbestimmungen Seite 561

I. Vom Konkurse.
Erster Abschnitt. Von der Einleitung und der Wirkung des Konkurses.
Z. 366. Fälle der Konkurseröffnung 562
Z 367. Verfahren beim Antrage auf Konkurseröffnung in den Fällen
des z 366, ll. 563
8- 363. Vom Gerichtsstande des Konkurses und der Spezialprozeffe .... 664
§. 369. Vom Zeitpunkte der Konkurseröffnung und von der Einleitungsver
fügung 566
K. 370. Wirkung der Konkurseröffnung s) in Bezug auf die vor eröffnetem
, . ' Konkurse vom Gemcinschuldner getroffenen Verfügungen; 566
§. 371. b) in Ansehung der nach eröffnetem Konkurse vom Gemeinschuldner
getroffenen Verfügungenz 569
Z. 372. e) rücksichtlich des Verhältnisses der Gläubiger zum Vermögen des
Gemeinschuldners und ck) in Ansehung des Zinsenpunktes ..... 571
§. 373. Vom sogenannten abgekürzten Konkursverfahren 571
ß. 374 Modifikationen, unter welchen die Vorschriften der Konkursordnung bei
nicht kollegialischen Untcrgerichten anzuwenden 572

Zweiter Abschnitt. Von den im Konkurse fungirenden Personen.


z. 375. Vom Amte und der Wahl des Kurators und Kontradiktors . . .574
z. 376. Ins Besondre von den Rechten und den Pflichten des Kurators und
Kontradiktors S75
§ 377. Vom Amt des Dezernenten und Deputirten, und von Sonderung der
Akten 577

Dritter Abschnitt. Von Ausmittelnng und Feststellung der


Aktivmasse.
§, 378. Siegelung 57«
ß. 379, Beschlagnahme ausstehender Forderungen, und offener Arrest . . . 579
K. 380, Verkauf verderblicher und dergleichen Sachen und Inventur . . . 581
§. 38l. Feststellung der Masse 1) durch Versteigerung der Mobilien und 2)
ins Besondre bei Kaufmannshandlungen, Fabriken u dgl, ; .... 583
Z. 382, 3) durch Einziehung der Forderungen, Besoldungen und Pensionen; . 584
S. 383. 4) durch Verwaltung und den Berkauf der unbeweglichen Sachen und
der Frachtschiffe 58S

Vierter Abschnitt. Bon Feststellung der Passivmasse und Lojirung


der Glaubiger.
ß. 384 Vorladung zum Liquidationstermine und zwar s) der bekannten
Gläubiger; 587
Z. 385. d) der unbekannten Gläubiger und e) des Gemcinschuldncrs. ... 588
§. 386, Verfahren im Liquidationstermine und Präklusionsurtel .... 589
S. 337. Vom Verisikationstermine 590
8. 338. Bon Instruktion der streitig gebliebenen Liquidate . . . . . . . 592
z. s»9. Von Jnrötulation der Akten und der Spruchvorlegung' . . Seite 59ä
Z. 390. Vom Klassifikationsurtel, Dessen Inhalt und Form 594
§. 391. Klassifikationsordnung. Allgemeine Bestimmungen ....... 597
§. 392. I. Gläubiger, welche von Einlassung auf den Konkurs frei sind . . 597
j. 393. II. Gläubiger der ersten Klasse ...... 601
Z. 394. III. Gläubiger der zweiten Klasse 60S
z. 395. IV. Gläubiger der vierten Klasse 609
Z, 396. V. Gläubiger der fünften Klasse . . . 613
Z. 397. VI, Gläubiger der sechsten; und VII. der siebenten Klasse .... 616
g. 39S. VIII. Die nach den Klassengläubigern (post omnes) zur Hebung Koms
wenden 619
Z. 399. Von Publikation de« KlassisikationsurtelS z Rechtsmittel der Restitution;
und Vorladung zur Regulirung der Appellationen ...... 620
Z. 40«. Von den gegen da« KlafMationSurtel zulässigen Rechtsmitteln. . . 62t

Fünfter Abschnitt. Vom Versuch der Sühne im Konkurse,


g. 401. Zurücknahme des Antrags auf Konkurs und Antrag zum Vergleich . 623
Z. 402. Verfahren, wenn s) die Vergleichsvorschläge von sämmtlichen Gläubi
gern, genehmigt, oder d) verworfen werden; 624
Z. 403, c) wenn die Gläubiger verschiedener Meinung sind 62S

7 . , Sechster Abschnitt. Von Vertheilung der Masse.


§. 404. Befriedigung der vor den Klassengläubigern, und der in der ersten
Klasse angesetzten Gläubiger (Z. 392, 393) 623
S. 405. Vertheilung der Revenüen und Kaufgelder von Immobilien ins Besondre 62S>
Z. 406 Theilungsverfahren, wenn ein Grundstück unverkauft bleibt .... 632
K. 407. Von den bei Vertheilung der Gemeinmasse zu berücksichtigenden Kom
munkosten 634
§. 40S. Von der vorläufigen Vertheilung der Gemeinmasse 63S
Z. 409. Von bet Cndvertheilung (Finaldistribution) 636

Siebenter Abschnitt. Konkurs über Bergtheile, oder Schiffe.


§. 4t«, Konkurs über Bergtheile . 639
§, 411. L, Konkurs über Schiffe 640

Achter Abschnitt.
§. 412. Vom Konkurse über das im Jnlande befindliche Vermögen des Aus
länder«; so wie über auswärtige« Vermögen eines Inländers . . . 641,

II. «om erdschastlichen Siq«idation«pr«zeH.


z. 413. Von wem und wo der Antrag anzubringen, wie er zu begründen sei, , .
und welche Wirkung er übe ........ 643"
g. 414. Verfügung auf die Provokation, ins Besondre s) hinsichtlich der Ak
tiv-Masse ? . 645
g. 415., K) hinsichtlich der Passivmass« ... i ... ^ 647
§. 416. Von Vertheilung der Masse und den Kosten des Liquidationsprozesses 648
H. 417. Aufhebung des Liquidationsprszesses , und Umwandlung desselben in
>,','. Konkur« » > ti?t>, '« , . » >,» , > , . , » > 649
Zwölfter Titel. Von Vollstreckung der Erkenntnisse durch Exekution
' und Subhastation.
, I' ' ' ' Erster Abschnitt. Vom Erekutionsverfahren. ,
Z. 418. Exekutionstitel . . /.Sekte 649
z. 419. Frist zur Nachsuchung der Exekution . . . ' .' .' . 650
Z. 420. Exekutwnsgesuch; dessen Form und Inhalt; von wem und gegen wen
es anzubringen '. '. '. .... . . > . . . '. . .651
§. 421. Verfügung auf das Exekutionsgesuch , ,. . / . , ^ . .'«'.654
Z. 422. Insbesondre, wenn das Exekutionsgesuch gegen Militairpersonen; oder
, ., gegen Gemeinden oder moralische Personen gerichtet ist . . . » , . 656
I. 423. Von den in der Exekütionsinstanz zulässigen Einwendungen ... 659
Von Vollstreckung der Exekution selbst.
Z. 424. Allgemeine Vorschriften für die Exekutorm bei Vollstreckung und in
Ansehung der exekutionsfreien Zeiten 660
§. 425. Exekutionen 1) auf Leistung von Handlungen ; und 2) auf Unterlassungen 662
L. 426. 3) Exekutionen auf Herausgabe beweglicher, und 4) auf Räumung un-
>' > - beweglicher Sachen 663
S. 427. 5) Exekution auf Zahlung einer Geldsumme. Von den verschiedenen
-!-.', . Graden der Exekution . . 664
K. 428. s) Verfahren des Exekutors bei Exekutionen ins Mobiliar .... 66S
S. 429. Gegenstände, welche der Auspfändung gar nicht, oder doch nur in ge
wisser Weise unterworfen sind . . . . . . . . , . . . . . .667
S. 430. Verfahren, wenn Jnterventionsansprüche bei Auspfändungen angemeldet
werden, und die dabei zu nehmenden Rücksichten ........ 669
S. 431. Verkauf der gepfändeten Gegenstände, und ins Besondre auch gepfän
deten Getraides ..... .. . . ' .672
S. 432. Verfahren, wenn Kunst- und Handwerksgeräthschaftcn, oder Wirth-
. . , schaftsinventarien ausgepfändet sind .......... ^. 674
Z. 433. d) Verfahren bei Beschlagnahme von ausstehenden Forderungen, und
Kours habender Schuldpapiere .............. 676
ß. 434. e) Beschlagnahme der Besoldungen, Dienstemolumente, Wartegelder,
Pensionen, und andrer dergleichen an die Person des Schuldners ge
bundenen Einkünfte . ..... .' . . . . . .679
Z. 435. Verfahren bei Bertheilung der Besoldungen, Dienstemolumente, Warte
gelder und Pensionen .... . . . . . . i . .686
S. 436. 6) Exekution in die Grundstücksrevenüen, und zwar ss) durch derm
Beschlagnahme; . .,.,.».-.'.' 687
S. 437. KK) durch Einleitung der Sequestration . . ... . . 689
Z. 438. e) Erekutionsanträge in Bezug auf die Substanz der Grundstücke;
und zwar ss) zum Zweck der hypothekarischen Sicherstellung; . . . 69S
Z 439. bb) Behufs Befriedigung im Wege der Subhastation 694
Z. 440. k) Von der Exekution gegen die Person des Schuldners 694
z. 441. Verfahren bei Widerstand gegen Exekutionen . . . . . . . .698
Zweiter Abschnitt. Vom Verfahren bei nothwendigen Subhaftationen.
Z. 442. Einleitung . < . > . . ....... . . . .699
Anm. Von freiwilligen Subhaftationen . . . . . «M
§. 443. Von den Gegenständen der Subhastation und den Fällen, in welchen
nothwendige Subhastation zulässig ist . . 70V
Z. 444. Von welchem Richter die Subhastation erfolgen muß ... , .703
§. 445. Prüfung de« Subhafiatio«<tj»traAe« i" ü . Lette 704
§. 446. Verfügung auf den Subhastationiantrag 707
j. 447. Verfahren bei der Taxaufnahme, und zwar s) bei geringeren Grund,
stücken und bei landschaftlichen Taxenz 708
Z. 44«. b) bei gerichtlichen Taxen . . « ^ .709
Z. 449. e) Welche Interessenten zur Taxe zuzuziehn, und wie lange gegen die«
selbe Einwendungen zulässig sind 714
K. 450. Von Erlaß des Subhaftationspatent« und dessen Inhalt .... 71S
Z. 451. Von Einrückung de« LizitationsterminS, und von Bekanntmachung de«
Subhastationspatent« 717
Z, 452. Von den Lizitationsbedingungen 720
S. 453. Vom Verfahren im Bietungstermin, und von Protestationen gegen den
Zuschlag 721
Z. 454. Fristen und Förmlichkeiten bei Fortsetzung der Subhaftation . . . 723
K. 455 Von Abfassung de« Auschlag«urtels (^Hugicsloris) 724
S. 456. Von Publikation des Zuschlagsurtels und den dagegen zulässigen
Rechtsmitteln 726
S. 457. Von der Uebergabe de« verkauften Grundstücks an den Adjudikatar . 727
S 458. Von Belegung und Vertheilung der Kaufgelder 727
§. 459. Verfügung auf da« Kaufgelderbelegungsprotokoll 731
S. 46«. Rechte der Gläubiger gegen den Adjudikatar in Betreff überwiesener
Kaufgelder 732
Z. 461, Verhandlung der in Betreff der Spezialkaufgeldermassen entstehenden
Spezialprozesse 733
Z. 462. Verfahren beim Aufgebot von Spezialmasscn nach erfolgter Subhaftation 734
§. 463. Vom Verfahren bei Subhaftation der Realberechtigungen in der Pro
vinz Westphalen und in den Kreisen Rees und Duisburg .... 736
S. 464 Vom Versahren bei Subhaftation des Bergwerkeigenthums, so wie
der Schiffe 739

Dreizehnter Titel. Vom Prozeßverfahren in Ehesachen.


8- 465. Einleitung 74«
S. 466. I. Von nichtigen Ehen 741
z. 467. II. Von ungiltigen Ehen 742
g. 468. III. Von den gesetzlichen Ehescheidungsgründen 743
§. 469. Vom Gerichtsstande in Ehesachen ; und von der Besetzung des Gericht« 745
§. 47«. Von dem Amte des Staatsanwalts 746
K. 471. Vom Sühneversuch vor der Ehescheidungsklage 747
z. 472. Von der Klage in Ehesachen und der Klagebeantwortung .... 747
Z. 473. Von Verhandlung der Ehesachen in erster Instanz 747
§. 474. Beweisaufnahmez gerichtliche Sühnevcrsuche und Grundsätze über dm
Beweis .749
§. 475. Verfahren in zweiter und dritter Instanz 75«
§. 476. Von der Regulirung des Interimistikum« 751
8. 477. Besondres Verfahren bei der Scheidung wegen böslicher Verlassung . 753
§. 478. Aussetzung des Erkenntnisses bei einigen Scheidungsgründen, und Zu
rücknahme der Klage 754
XVIII —

. Vierzehnter Titel. Der Zensurprozeß.


Seite
§. 479. Von dem Oberzensurgericht, dessen Kompetenz und dem Staatsanwalt 755
ß. 4S0. Allgemeine, da« Verfahren beim Oberzensurgericht und da« Erkenntniß
betreffende Bestimmungen . . .756
K. 4Sli Besond« Bestimmungen ............... 757
Druckfehler.

Seite 2« Zeile 22 von oben lies „verklagt" statt beklagt.


Seite 1l7 Zeile 2 von unten lies „Nro. 2. cc." statt 3. c.
Seite 120 Zeile 20 von oben lies „bestimmte" statt bestimme.
Seite 14« Zeile 17 von oben lies „9. März" statt 6. März.
Seite 163 Zeile 19 von unten lies „S1" statt SO.
Seite 164 Seile 19 von oben lies „51" statt 50.
Seite 176 Zeile 14 von unten hinter Justizkommissarien setze „ , ".
Seite 298 Zeile 19 von unten fällt das Wort „als" weg.
Seite 332 Zeile 11 von oben lies „den Dezernenten".
Seite 363 Zeile 10 von oben lies „wider"" statt wieder.
Seite 453 Zeile 1 von unten lies „mgenuis".
Seite 461 Zeile 11 von oben lies „Kontrcbande".
Seite 461 Zeile 20 von oben lies „ausgehoben".
Seite 564 Zeil« 8 von unten lies „Z. SdS".
Seite 566 Zeile 7 von oben lies „Abschnitt 8".
Seite 595 Zeile 23 von unten lies „Kompensation".
Seite 608 Zeile 5 von unten fällt ein „s" weg.
Seite 611 Zeile 13 von oben lies „Ehefrau".
Seite 611 Zeile 16 von oben lies „der verschriebenen".
Seite 611 Zeile 19 von oben lies „der Geschenke".
Seite 617 Zeile 19 von unten lies „in" statt e«.
Seite 613 Zeile 1 von unten lies „den" statt der.
Seite 619 Zeile 3 von unten hinter Klasse setze „ , ".
Seite 640 Seile 24 von oben lies „Schiffseigenthum".
Seite 65« Zeile 2 von oben hinter Rezesse fehlt: „so wie die tm Man«
datöprozesse erlassenen und rechtskräftig gewordenen Befehle,
und die im Bagatellprozeß in Kraft eines Kontumazialurteli
übergegangenen Vorladungen".
Seite 656 Zeile 24 von oben lies „Res", statt «es.
Seite 709 Zeile 1 von oben lies „aufgenommene".
Seite 71« Zeile 17 von oben lies „würden".
Seite 72« Zeile 19 von oben fällt „allein" weg.
Seite 728 Zeile 19 von oben fällt „lediglich" weg.
Seite 741 Zeil, 3 von unten lies „III", statt l.
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