Entdecken Sie eBooks
Kategorien
Entdecken Sie Hörbücher
Kategorien
Entdecken Sie Zeitschriften
Kategorien
Entdecken Sie Dokumente
Kategorien
Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Regalen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im
Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfügbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde.
Das Buch hat das Urheberrecht überdauert und kann nun öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch,
das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann
von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles
und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist.
Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei – eine Erin-
nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat.
Nutzungsrichtlinien
Google ist stolz, mit Bibliotheken in partnerschaftlicher Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse
zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nichtsdestotrotz ist diese
Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch
kommerzielle Parteien zu verhindern. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen.
Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien:
+ Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche für Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese
Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden.
+ Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen
über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen
nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials für diese Zwecke und können Ihnen
unter Umständen helfen.
+ Beibehaltung von Google-Markenelementen Das "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über
dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht.
+ Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein,
sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA
öffentlich zugänglich ist, auch für Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist
von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig
ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der
Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben.
Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google
Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser Welt zu entdecken, und unterstützt Autoren und Verleger dabei, neue Zielgruppen zu erreichen.
Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter http://books.google.com durchsuchen.
Wer preußische Zivilprozeß.
«ine
systematische Darstellung
de«
Msprozeßversaßrens
Von
A. Alker,
Land ? und StadtsGerichts-Rath.
5 8 4«.
^ LS. I).
Ginleitnng.
Allgemeiner Theil.
Erster Titel.
Über den Gegenstand de« Prozesses.
Begriffsbestimmungen.
§. I. Prozeß wird in der A. G. O. diejenige gerichtliche Verhandlung ge
nannt, durch welche der Richter in den Stand gesetzt werden soll, eine über Ge
genstände des Privateigenthums entstandene Streitigkeit nach den Gesetzen zu ent
scheiden. — Die Praris begreift aber unter Prozeß sowohl diese zur Entscheidung
vorbereitende Verhandlung, als die richterliche Entscheidung nebst deren Publikation.
Derjenige Theil des Prozesses, welcher die Aufnahme und Untersuchung der
in diesem vorkommenden, und zu dessen Entscheidung gehörigen Thatsachen in sich
faßt, heißt die Instruktion. Gegenstand der Letztern ist also hauptsächlich die Er
mittelung derjenigen Thatsachen, aus welchen die streitige Befugniß oder Obliegen
heit entspringen, oder worauf sie sich gründen soll. — §. 1, 2, 3, 5 und 3 der
Sinleit. zur A. G. O.
Gegenstand des Rechtsstreits.
Z. 2. Alle Streitigkeiten über Sachen und Rechte, welche einen Gegenstand
des Privateigenthums ausmachen, müssen, wenn kein gütliches Übereinkommen statt
findet, durch richterlichen Ausspruch entschieden werden. — §.1 das.
Von der Selbsthilfe.
§. 3. Dagegen ist Niemand sich durch eigene Gewalt Recht zu verschaffen
befugt. Die Selbsthilfe kann nur in dem Falle entschuldigt werden, wenn die
Hilfe des Staats zur Abwendung eines unwiderbringlichen Schadens zu spat kom
men würde. Als Fälle der erlaubten Selbsthilfe bezeichnet das Gesetz: 1) wenn
der Besitzer einer Sache gewaltsamen Eingriffen in seinen Besitz da, wo das Ein
schreiten des Staats zu spät kommen würde, ebenfalls Gewalt entgegensetzt;
2) wenn unter gleichen Umständen derjenige, welcher seiner Gewahrsam oder seines
Besitzes mit Gewalt entsetzt worden, diesen Besitz wieder ergreift; 3) wenn der
bloße Inhaber einer Sache von dem, in dessen Ramcn er besitzt, der Gewahrsam
au« eigener Macht entsetzt wird; 4) wenn Jemand bloßes Hausrecht, oder 5) ge
rechte Nothwehr gegen eigenmächtige Gewalt ausübt; und 6) wenn Jemand Pfän
dungen da vornimmt, wo ohne dieselben der Zweck der Sicherstellung wegen eines
schon erlittenen Schadens ( namentlich wenn die Pfändung das einzige Mittel ist,
sich des Beweises der geschehenen Beeinträchtigung oder des erlittenen Schadens zu
versichern, oder der Beschädige! oder Störer unbekannt, unsicher oder cm Fremder
ist), ober de« Abwendung noch bestehender Beeinträchtigungen durch richterliche
Hilft nicht erlangt werden kann.')
§. 77 fg. Einl. zum A. L. R. §. 157 fg. §. 517 — 527, Th. II. Tit. 20.
Z. 143 - 145. Z. 148, Tit. 7, und z. 414 fg. Tit. 14, Th. I. A. L. R.
Fälle, in denen kein Rechtsweg zulässig.
§. 4. In nachstehenden Fällen ist der Rechtsweg ausgeschlossen:
1) in allen Landeshoheitssachen. 2) Es kann deshalb aus den landeshoheit
lichen Anordnungen weder ein privatrechtlicher Anspruch an sich, noch ein Ent
schädigungsanspruch hergeleitet und im Wege des Prozesses geltend gemacht
werden. Nur s) wenn der Staat aus überwiegenden Gründen des gemeinen
Wohls ein Privilegium aufhebt, oder b) wenn er von feinem Rechte, Jeman
den des gemeinen Bestens wegen, zum Verkaufe seines Eigenthums anzuhalten,
Gebrauch macht; so kann der Privilegiirte oder resp. zum Verkauf Genöthigte
die Feststellung des dafür zu gewährenden Entschädigungsanspruches durch rich
terliche Entscheidung verlangen. K. 7«, 71 Einl. z. A. L. R. Cab.-Ordre vom
4. December 1831. GS. S. 255. Verordn. vom 26. December 1305, Z. 35
bis 41. N. C. C. I'om. XII. S. 679. Rabe, Bd. 9, S. 467. GS. für
1817, S. 283. — Z. 4—1«, Tit. 11, Th. I. Z. 11, Tit. 7 und Z. 109 fg.
Tit. 16, Th. II. A. L. R. — Z. 6 des Gesetzes vom 9. Nov. 1843. GS. S. 342.
2) Über die Verbindlichkeit zur Entrichtung allgemeiner Anlagen und Abgaben,
denen sämmtliche Einwohner des Staats oder alle Mitglieder einer gewissen Klasse
desselben nach der bestehenden Landesverfassung unterworfen sind, findet kein Prozeß
statt. Ausnahmsweise ist der Rechtsweg hier nur zulässig, wenn Jemand aus
1) Zur erlaubten Selbsthilfe sind auch diejenigen Fälle zu zählen, in welchen ein
zelnen Behörden ohne vorhergegangene richterliche Entscheidung das Ereku-
tionsrecht zusteht. Diese Fälle werden theils im Z. 6 d. T., theils im Titel:
„die Vollstreckung der Erkenntnisse durch Erckution," aufgezählt werden.
2) Dahin gehören: s) alle Handlungen des Landesherrn, welche den Schutz des
Staates gegen auswärtige Feinde, oder welche Bündnisse und Verträge mit
fremden Staaten zum Gegenstande haben, 81 der Einl. und §. 5. 13. II.
A. L. R.; — b) das Recht des Staatsoberhaupts, Gesetze zu geben, dieselben
wieder aufzuheben und sie zu deklariren; e) das Recht des Staatsoberhaupts,
Privilegien, Standeserhöhungen, Ämter und Würden zu verleihen; ck) das
landesherrliche Auffichtsrecht über öffentliche Anstalten und Korporationenz
«) das landesherrliche Besteuerungsrecht, und t) das Recht des Staatsober
haupts, da, wo es das gemeine Wohl erfordert, Privilegien aufzuheben und
Andere zum Verkauf ihres Eigenthums anzuhalten, wie z. B. zur Anlegung
und Verbreitung öffentlicher Landstraßen, eines schiffbaren Kanals oder Fluß
betts, zur Anlegung von Festungswerken, ferner von Gruben, Stollen, Halden
und Wegen, auch Gebäuden über der Erde Behufs des Bergbaues, oder bei
entstehendem Getreidemangel zc. — All. Cab.-Ordre vom 4. December 1831
und Ber. des Staatsm. vom 16. Nov. 1831. GS. S. 255. — §. 6, 7, IS,
15, 7«, 74 Einl. 8. 11, Tit. 11, I. g. 44, Tit. 14, II. A. L. R. — Wenn
jedoch der Landesherr selbst dem Unterthan in Betreff einer von ihm erlassenen
Verfügung rechtliches Gehör eröffnet, so ist die richterliche Entscheidung zulässig.
Rescr. vom 18. Juli 1799. Stengel, Bd. 15, S. 307. Rabe, Bd. 5,
S. 500. — Entstehen in den zum teutschen Bunde gehörigen Theilen der
Monarchie zwischen der Regierung und den Ständen über die Auslegung der
Verfassung oder über die Grenzen der bei Ausübung bestimmter Rechte des
Regenten den Ständen eingeräumten Mitwirkung, namentlich durch Verwei
gerung der, zur Führung einer, den Bundespflichten und der Landesverfassung
entsprechenden Regierung, erforderlichen Mittel Irrungen; so gehört die Ent
scheidung darüber zunächst vor das vom teutschen Bunde eingesetzte Schieds
gericht, und erst, wenn dies die Irrungen nicht zu beseitigen vermag, kann
die Dazwischenkunft des Bundes nachgesucht werden. Bundesbeschl. vom 30.
Lttoher 1SS4 im Publ.-Pat. vom 7. Juni 1343. GS. 1S43, S. 270.
besondern Grünben, namentlich auf Grund von Vertragen, ausdrücklichen Privilegien
«der Verjährung, Befreiung von einer bestimmten Abgabe behauptet. Doch ist hin
sichtlich der Zoll- und Verbrauchssteuer für ausländische Waaren der Einwand
der Befreiung niemals zulässig. Beschwerden über die Höhe der von den Be
hörden repartirten Staats- oder Eommunalobgaben können nur im Wege des
Rekurses an die vorgesetzte Staatsbehörde beseitigt werden. Dies gilt auch in
Betreff der bei Chausseebauten oder Reparaturen unter die verpflichteten Ge
meinden repartirten Fuhren. Unter den Mitkontribuenten einer allgemeinen
Abgabe oder Anlage sind Prozesse über die Vertheilung derselben, namentlich
über die Frage: ob Jeder nach Verhältniß seiner Theilnahmepflicht besteuert
sei? jederzeit zulässig. ') — K. 4 — 9. Z. 79, Tit. 14, II. A. L. R. —
Cab.-Ordre vom 19. Juni 1836. GS. S. 193. Cab.-Ordre vom 13. Nov.
1328. GS. für 1829, S. 16. — 8- 27 des Ges. vom 26. Mai 1813. GS.
S. 69. z. 24, Ed. vom 2. Nov. 181«. GS. S. 85. — Ges. vom 3«. Mai
. 1820, Z. 6. GS. S. 142. — Rescr. vom 8. April 1836, Jahrb. Bd. 47, S.
S31. — Rescr. vom 16. Octb. 1817, Jahrb. Bd. 1«, S. 231. Gröff,
Bd. 2, S. 4.
3) Gegen die das Kreditsystem betreffenden Verfügungen oder Handlungen der
landschaftlichen Provinzialdirektionen findet nur der Weg der Beschwerde
an die Generaldirektion, und gegen die von dieser erlassenen Verfügungen der
Rekurs an den engern Ausschuß statt. — g. 61 und 62 der Kreditordn. für
das Großherz. Posen vom 15. December 1821. GS. S. 226;
4) Die Rechtsstreitigkeiten zwischen der hinterpommerschcn Land , Feuerfc-
zietät und deren Assoziirten sind ausschließend der Kognition der Landstände
unterworfen. Rescr. vom 3. Juni 1835. Jahrb. Bd. 45, S. 427. Gräff,
Bd. 8, S. 136. — Streitigkeiten zwischen der Feuersozietät des platten
Landes der Grasschaft Hohnstcin und den Assoziirten, so wie zwischen der
schlesischen Land-Feuersozietät und den Assoziirten und der Magdebur
ger Feuersozietät und den Assoziirten wegen Aufnahme der Taxen oder
Brandschäden, über den Betrag der Bergütigungsgelder, über die Zahlungs
modalitäten, über zu zahlende Kosten und dergl. sind vom ordentlichen Rechts
wege ausgeschlossen. Sie werden durch die Direktion entschieden. — Reglem.
vom 27. März 1843. GS. S. 161. — Reglem. vom 28. April 1843, Z. 123.
GS. S. 212. — Reglem. vom 6. Mai 1842, §. III. GS. S. 141.
ö) Streitigkeiten der Armenanstalten unter einander wegen Wiedererstattung
der den Armen fremder Gemeinden gegebenen Unterstützungen, werden nicht durch
Prozeß, sondern durch Ministerialverfügung geschlichtet. Cirk.-Rescr. vom 17.
November 1803. N. C. C. lom. XI. S. 1931. Rabe, Bd. 7, S. 522.—
Über Streitigkeiten zwischen verschiedenen Armenverbändcn entscheidet die
Landespolizeibehörde. Betrifft der Streit die Frage: welcher von diesen Ver
bänden die Verpflegung des Armen zu übernehmen habe, so findet gegen jene
Entscheidung der Rechtsweg statt; doch muß letztere bis zur rechtskräftigen
Beendigung des Prozesses befolgt werden. Über den Betrag der Verpflegungs-
koften ist der Rechtsweg nicht zulässig. — Der Arme selbst kann den Anspruch
auf Verpflegung gegen einen Armenverband niemals im Rechtswege, sondern
nur bei der Verwaltungsbehörde geltend machen, in deren Pflicht es liegt, keine
Ansprache zuzulassen, welche über das Nothdürftige hinausgehen.
Weigert der zur Verpflegung eines Armen aus privatrechtlichem Verhalt-
nisse Verpflichtete die Erfüllung dieser Pflicht, so muß bis zu dessen rechtskräf-
') Dies ist z. B. der Fall, wenn Mehre sich in ein Grundstück getheilt haben
und über die Beitragspflicht zu den öffentlichen Abgaben uneinig sind.
10
tiger Verurteilung die Fürsorge für den Armen von dem Armenverbanbe über
nommen werden, welchem dieselbe in Ermangelung eines solchen Verpflichteten
obliegen würde. Entsteht unter zwei Verbänden darüber Streit, so wird er
nach vorstehenden Bestimmungen entschieden. 8> 23 bis 35 des Ges. vom 31.
December 1S42. GS. für 1843, S. 13. Der Rechtsweg ist ferner ausge
schlossen :
6) über die Frage : ob eine Gemeinheitstheilung nach Beschaffenheit der Ortlichkeit
an sich zulässig sei oder nicht. — z. 6, Tit. 43, I. V. G. O. Z. 23 der Gem.-
Ordn. vom 7. Juni 1821. GS. S. 56 z
7) über die Verbindlichkeit der Freiholzdeputanten, die Hälfte ihres Bedarfs in
Torf oder in Gelde anzunehmen. — Anh. S. 61 zum A. L. R. §. 36 der
Verordn. vom 26. December 1808 (GS. für 1817, S. 283);
8) in Betreff der Fragen :
ob der Fall der Entschädigung für den durch das Edikt vom 28. Oct.
1810 aufgehobenen Mühlen- und Getränkezwang durch besondere örtliche
Verhältnisse als Ausnahme von der Regel begründet?
auf wie hoch dann diese Entschädigungssumme festzustellen sei?
und wie viel der für ein im Großhcrzogthum Pofen aufgehobenes Zwangs-
und Bannrecht vom Staate zu vergütende Schaden betrage?
Über diese Fragen hat nur die betreffende königl. Regierung die nöthigen Er
mittelungen vorzunehmen und zu entscheiden. Gegen die Entscheidung der Re
gierung steht der Weg des Rekurses an die Ministerien des Innern und für
Handel und Gewerbe offen. — Z. 6 und 10 der Verordn. vom 15. Sept. 1818.
GS. S. 178. Gef. vom 13. Mai 1833. GS. S. 6«. Rescr. vom 3«. Aug.
1817. Jahrb. Bd. 10, S. 5. Gr« ff, Bd. 2, S. 4. Z. 3 des Ges. vom
28. October 181«. GS. S. 95;
9) hinsichtlich der von den Magisträten aufgenommenen, von der Regierung bestä
tigten Taxen der abzulösenden Real- Gewerbeberechtigungen; ferner hinsichtlich .
der Frage: ob die Ablösung der Berechtigung erfolgen muß, wenn die volle
Taxe geboten wird, fo wie: ob eine Corporation zur Berichtigung der Ablö
sungssumme einer ablösbaren Gewerbegerechtigkeit verpflichtet sei? und Hin-
fichtlich der Entschädigungssumme der nicht mit einem Grundstücke verbundenen
im Hyxothckenbuche eingetragenen Gewerbeberechtigung. In allen diesen Fällen
gehört die Sache vor die königl. Regierung. Nur über die Entschädigungs
summe der schon im Jahre 1810 in Berlin, Königsberg und Breslau etablirten
Apotheker entscheidet das Ministerium. — Ed. vom 2. November 1810 Z. 17.
GS. S. 83. — Ges. vom 7. Sept. 1811, Z. 34, 43, 44. GS. S. 266 fg.—
Verordn. vom 24. Oct. 1811, z. 8. GS. S. 36«. — Rescr. vom 6. Juni 1834.
Dagegen gehört zur richterlichen Kognition die Entscheidung der Fragen:
ob eine Gewerbeberechtigung in die Kategorie der gesetzlich abzulösenden
gehöre? so wie: ob der Inhaber einer bestehenden Apotheke eine Ent
schädigung durch Ablösung der Apothekergerechtigkeit um deshalb, weil er
ein Privilegium exclusivum hat, zu fordern befugt sei?
Eine Klage auf Schließung einer neu errichteten Apotheke ist aber niemals zu
lässig. — Rescr. vom 27. Oct. 1834. Gr äff, Koch zc. Ergänzungen I.
Abth. 1, S. 975. — Refcr. vom 4. Nov. 1817. Jahrb. Bd. 1«, S. 219.
Gräff, Bd. 1, S. 29.
1«) Wird dem zur Anlegung einer Apotheke Konzessionirten zur Bedingung gestellt,
die zur Einrichtung und zum Betriebe der Offizin seines Vorgängers gehörigen
noch brauchbaren Gefäße, Geräthschoften und Waarenvorräthe, diese in der dem
Umfange vis Geschäfts nöthigen Quantität, zu übernehmen; so bestimmt nach
11
Anhörung von Sachverständigen die Regierung den Übernahmeprei« und gegen
diese Feststellung ist eine Berufung auf richterliche« Gehör nicht zulässig. —
Eab.-Orvre vom «. März 1842. GS. S. III.
11) Wenn einem Staatsbeamten die Erlaubniß zur Betreibung eines Gewerbe« ver
sagt wird. — Ed. vom 7. Scpt. 1811, Z. 81. GS. S. 271.
12) Über die in Betreff der Grenzen einer Gewerbbercchtigung entstandenen
Zweifel gebührt die Entscheidung der Polizeibehörde. — Z. 58 das. GS. 1811,
S. 269.
13) Die Bestimmung darüber, ob dem, welcher das Hausir- oder eines der Z. 131
des Gesetzes vom 7. September 1811 über die polizeilichen Verhältnisse der
Gewerbe, benannten Gewerbe anfangen, oder von einem Andern übernehmen
will, das dazu erforderliche Zcugniß, daß ihm der Betrieb dieses Gewerbes er
laubt sei, zu ertheilcn oder zu versagen? gebührt der Lo?al-Polizeiobrigkeit, und
es steht dagegen nur der Rekurs an die vorgesetzte Polizeibehörde z»> — §. 133
ebend. Regul. vom 28. April 1824. GS. S. 126 fg.
14) Streitigkeiten der Zünfte gegen einander, oder mit Einzelnen, so weit sie Privat
rechte betreffen, die sich auf Junftprivilegien , Vertröge mit andern Zünften,
oder sonstige dcrgl. Rechtstitel gründen, gehören zur richterlichen Entscheidung.
Handelt es sich aber lediglich um Aufrechthaltung der im öffentlichen
Interesse erlassenen gewerbepolizeilichen Verordnungen, gleichviel, ob eine Zunft
oder ein einzelner Gewcrbeberechtigter bei deren Beobachtung auch ein Privat
interesse zu haben glaubt, so gehört die Sache, wenn obrigkeitliches Einschreiten
nöthig wird, mit Ausschluß dcs Richters, vor die Polizei, gegen deren Verfü
gung der Rekurs zusteht. — Rescr. vom 14. Mai 1836. v. Kamptz Annolen
Bd. 21, S. 51«.
15) Zwischen dem Patentirten und dem Dritten kann ein Prozeß über die Berechti
gung, welche jener aus dem Patent erlangt hat, gar nicht zugelassen werden.
Dem Dritten steht nur zu, wenn er durch Erthcilung des Patents sich gefährdet
glaubt, dm Nachweis darüber bei den Administrationsbehörden zu führen. —
Rescr. vom 7. Febr. 1821. Gräff, Koch zc. Th. III. S. 45, Iste Ausgabe.
16) Die Landespolizeibehörde hat die Befugniß, den Bau oder die Veränderung einer
Wind- oder Wassermühle, selbst die Wiederherstellung der in einer alten Mühle
früher vorhanden gewesenen aber eingegangenen Anlagen, so wie die Erlaubniß
zum Betriebe einer Brauerei oder Branntweinbrennerei zu untersagen. Dage
gen steht nicht der Rechtsweg, sondern der Rekurs an das vorgesetzte Ministe
rium offen. — Edikt vom 28. Ott. 181«, Z. 8. GS. S. 97. — Res«. Vom
14. Juni 183«. Gräff, Koch zc. Suppl.-Bd. zu Th. IN. S. S.
17) Die Bestimmung darüber : in welcher Art und Weist Flösse und Wassergraben
zu räumen oder zu erweitern;') ob eine beabsichtigte Entwässerung zulässig und
unter welchen Modalitäten sie stattfinden soll ? so wie in welcher Art und Weise
ein Merkpfahl an einer Mühle, der noch nicht unter polizeilicher Aufsicht gesetzt
ist, gesetzt werden soll? gebührt den Polizeibehörden. Ein gerichtliches Verfah
ren ist in allen diesen Fallen nur zulässig: ») wenn darüber gestritten wird,
daß die Höhe des Merkpfahl« durch Vertrage, Verleihungen oder Verjährung
bereits festgestellt sei, und b) wenn über den Umfang der Rechte Streit ist,
welche bei neuen Entwässerungsanlagen von den Interessenten zur Ausgleichung
gebracht werden. — Ges. vom 15. November 1811, §. 5, 1«, 13, 19, 24 und
»5. GS. S. 352. — Ges. 28. Februar 1843, z. 7..
18) Der Polizeibehörde steht die Entscheidung darüber zu : ob das zum Betriebe von
^) S. Srkenntn. des k. O. L. G. zu Breslau vom S. Febr. 1837, in Koch'«
Schl. Anh. Bd. II. S. 443.
12
Färbereien, Gerbereien, Walken und ähnlichen Anlagen benutzte Wasser einem
Flusse zugeleitet werden darf. ') — Ges. vom 28. Febr. 1843, z. 4. GS. S. 41.
19) Die bei Bewässerungsanlagen entstehenden Streitigkeiten gehören nur dann zur
richterlichen Kognition, wenn der Streit die Existenz oder den Umfang eines
Rechts, auf welches ein Widerspruch oder ein Entschädigungsanspruch gegründet
wird, betrifft. Die Entscheidung der Frage: ob durch die Bewässerungsanlage
einem zur Zeit der Publikation des Gesetzes vom 28. Februar 1843 bestehenden
Triebwerke das zum Betriebe im bisherigen Umfange erforderliche Wasser ent
zogen werde; ferner die Feststellung des Plans zur Ausführung und Benutzung
der Anlage und die Bestimmung der Entschädigungssumme für diejenigen, welche
zu Gunstcn der Anlage in ihrem Rechte beschränkt werden, oder solches einräu
men müssen, gehören, mit Ausschluß des Rechtsweges, zur Kompetenz der kön.
Regierungen, und es steht gegen deren Entscheidungen der Rekurs an das vor
gesetzte Ministerium offen. — Ges. vom 23. Febr. 1843, z. 23, 37, 44, 45.
20) Beschwerden über polizeiliche Verfügungen jeder Art, sie mögen die Gesetzmä
ßigkeit, Nothwendigkeit oder Zweckmäßigkeit derselben betreffen, gehören vor die
vorgesetzte Dienstbehörde. Der Rechtsweg ist nur zulässig, wenn die Verletzung
eines zum Privateigenthum gehörenden Rechts behauptet wird. Behauptet Je
mand, welchem durch polizeiliche Verfügung eine Verpflichtung aufgelegt wird,
die Befreiung davon auf Grund besonderer gesetzlicher Vorschrift, oder eines spe
ziellen Titels, so ist die richterliche Entscheidung sowohl über das Recht zu dieser
Befreiung, als auch über dessen Wirkungen zulässig. Doch wird, wenn nach
dem Ermessen der Polizeibehörde die erlassene Verfügung ohne Nachtheil für das
Allgemeine nicht ausgesetzt werden kann, dieselbe, trotz des Widerspruches,
vollstreckt.
Wird behauptet, daß durch die polizeiliche Verfügung, ohne daß ein beson
deres Recht auf Befreiung vorliegt, ein Eingriff in Privatrechte geschehen, für
welchen nach den Vorschriften über Aufopferungen der Rechte und Vorthcile des
Einzelnen im Interesse des Allgemeinen, Entschädigung gewährt werden muß,
so findet der Rechtsweg darüber statt: ob ein Eingriff dieser Art vorhanden sei,
und zu welchem Betrage dafür Entschädigung geleistet werden müsse. — Gesetz
vom 11. Mai 1842. GS. S. 192.
21) Die Entschädigung für den im Herzogthum Sachsen aufgehobenen Salzschank
und Deputalsalz der Rittergüter setzt das Finanzministerium, mit Ausschluß des
Rechtsweges, fest. — Edikt vom 9. Mai 181S, Z. 8. GS. S. 140. — Ferner
sind nicht zulässig :
22) Klagen wegen der aus dem Kriege gegen die französische Republik herrührenden
Forderungen, so wie wegen Ansprüchen an den Fiskus für Kricgsleistungen
während der französischen Militair- Verpflegungsperioden vom 1. März 1812
bis Ende Juni 1314, und in den wiedervereinigten und neuerworbenen Provin
zen während der Jahre 1805, 1806 und 1812. — Cab.-Ordre vom 4. Sept.
1823. GS. S. 161. — Verordn. vom 1. März 1815. GS. S. 14. — Cab.-
Ordre vom 1. Juli 182«. GS. S. III. — Edikt vom 3. Juni 1814. GS.
S. 49. — Cab.-Ordre vom 9. Juni 1821. GS. S. 99. — Cab.-Ordre vom
27. Juni 1822. GS. 1823, S. 17. — Cab.-Ordre vom 31. Januar 1827.
GS. S. 13. — Cab.-Ordre vom 4. Febr. 1799. N. C. C. low. X. S. 2201,
Nr. 6. 6e 1799. — Rabe, Bd. 5, S. 315.
23) Klagen wegen Ansprüchen, welche dritte Personen gegen das ehemalige Königreich
') Ein Grund zur Untersagung dessen ist vorhanden, wenn dadurch der Bedarf
der Umgegend an reinem Wasser beeinträchtigt oder eine erhebliche Belästigung
des Publikums verursacht wird. 05. d. angef. Ges.
13
West fahlen zu haben behaupten. — Art. 1 und 2 de« Staativertr. vom
29. Juli 1S42. GS. für 1843, S. 79, «0.
24) Klagen des Fiskus wegen Ersatzes der durch Schuld Anderer in den Kriegen
von 1806 und 1807 verloren gegangenen Militair-Effekten , Kassenbestände und
andern Staatseigenthums. — Eab.-Ordre vom 29. April 1811. Mathis, Bd.
I«, S. 485. Rabe, Bd. 10, S. 527.
25) Klagen aus polnischen Privilegien, auf dem platten Lande Jahrmärkte zu
halten, da solche der polnischen Konstitution von 1507: ne merests g»nt
in villi», entgegen ertheilt sind. — Eab.-Ordre vom 21. Febr. 1805 und Eirk.-
Rescript vom 9. März 1805. N. A. Bd. 4, S. 29. — Rabe, Bd. 8, S. 254.
26) Klagen aus den auf das sogenannte (aufgehobene) Kontinentalsystem sich bezie
henden Anordnungen und den daraus entsprungenen Verpflichtungen. — Edikt
vom 2«. März 1813. GS. S. 39. — Publik, vom 27. Mai 1817. Jahrb.
Bd. 1«, S. 275.
27) Klagen wegen Berwaltungsansprüchen an den Staat aus der Zeit der ehema
ligen Fremdherrschaft in den neu- und wiedererworbenen Provinzen. Die Rc-
gulirung dieser Ansprüche ist dem Schatzministerio übertragen. — Eab.-Ordre
vom 4. Febr. 1823. GS. S. 21.
28) Wenn wüste Feldmarken unter landesherrlicher Genehmigung wieder ange
baut worden sind, so sollen wegen angeblicher Ansprüche benachbarter Ortschaften,
ohne vorherige Anfrage und landesherrliche Zulassung, keine Prozesse eingeleitet -
werden. — Anh. §. 59 z. Zl. L. R. und die demselben zum Grunde liegende
Eab.-Ordre vom 14. Juli 180«. — N. E. E. 1'om. X. S. 2999, Nr. 45,
<Ie 1800. — N. A. Bd. 1, S. 265. — Rabe, Bd. 6, S. 222.
29) Zur Regulirung und Feststellung der Gehaltsentschädigungen der ehema
ligen süd-, neuost- und westpreußischen, auch neuschlesischcn Beamten wurde eine
besondere Kommission niedergesetzt, gcgcn deren Ausspruch nur der Rekurs, nicht
aber der Rechtsweg, zusteht. — Eab.-Ordre vom 30. Dec. 1815.
30) Was die Anforderungen der Beamten aus ihrem Dienstverhältniß betrifft,
so findet wegen angeblicher Verkürzung, sei es im Gehalte, oder hinsichtlich der
zugesicherten Emolumente und Gebühren, oder in Betreff der für Ausrichtung
einer Amtshandlung liquidirten Diäten und Auslagen, keine gerichtliche Klage
statt. Dem Beamten steht zunächst der Weg der Beschwerde an das vorgesetzte
Ministerium, und demnächst der Antrag auf Entscheidung durch das Staats
ministerium, oder der Weg der Jmmediat-Beschwerde zu. Dahin gehört aber
nicht der Fall, wenn ein Beamter als Sachverständiger, gleichviel, ob von den
Interessenten oder von der Behörde, zugezogen worden, und Diäten, Gebühren
oder Auslagen liquidirt hat. Gegen das dieselben festsetzende Dekret kann er
nur den Rekurs an die vorgesetzte Behörde, und endlich die Bitte um Aller
höchste Entscheidung wählen.
Auch Gehaltsansprüche der Militairpersonen sind nicht zum Rechtswege ge
eignet. Während der Kriegsgefangenschaft haben Militairpersonen keinen An
spruch auf Sold. — Eab.-Ordre vom 7. Juli 183« und Rescr. vom 12. Nov.
1830. Jahrb. Bd. 36, S. 294. Gr äff, Bd. 6, S. 204. — Eab.-Ordre v.
12. April 1835. Jahrb. Bd. 45, S. 469. Gräff, Bd. 8, S. 137. — Rescr.
vom 4. Febr. 1828. Jahrb. Bd. 31, S. 155. Gräff, Bd. 2, S. 14. —
Eab.-Ordre vom 4. März 1833. Jahrb. Bd. 41, S. 213. Gräff, Bd. 6,
S. 206. — Eab.-Ordre vom 28. Ott. 1836. Jahrb. Bd. 48, S. 433.
31) Den Beamten ist in Beziehung auf ihre Pcnsionirung, die Reklamation
! mag die Berechtigung zum Genüsse einer Pension oder den Betrag derselben
14
betmffe», der R«chtsw«g nicht gestattet. — Sab.-Ordre vom 21. Mai 1825.
GS. S. 147.
22) Gegen die von der vorgefetzten Behörde wegen zu besorgender erheblicher Nach-
thÄe für das gemein« Beste verweigerten Annahme eines Dienfientlassungs-
gesuchs steht nur die Berufung auf die unmittelbare Entscheidung des Landes
herrn offen. — Z. 9S, 9S, II. Tit. w A. L. R.
33) Wegen- der den Konsistorien als Oberaufsichtsbehörde zustehende» Bestäti
gung der Wokationen der Prediger steht keine Klage zu; selbst dann nicht, wenn
mehren Patronen die Vokation gebührt, und Fiskus zu diesen Patronen gehört.
Reser. vom 2«. Juli 183« und vom 23. Sept. 1831. Jahrb. Bd. 36, S. 138.
Gr äff, Bd. 6, S. Itl.
34) Gleiches ist der Fall wegen Bereinigung mehrer Schulen zu einer Ge-
sammtschule, wegen der Beitragspflicht zu den Unterstützungskosten derselben,
und der Zutheilung eines Guts zu einer bestimmten Schulsozietät. — Restr. v.
«. Januar 1836. Jahrb. Bd. 47, S. 306. — Rcscr. vom 1. Febr. 1836 m
Mann köpf A. G. O. I. S. IIS.
35) Der durch Beschluß der Stadtverordneten des Bürgerrechts verlustig Erklärte
kann dagegen nicht auf rechtliches Gehör provoziren. — Rescr. vom 20. Juni
1810. Msthis 1«, S. 113. Rabe 1«, S. 361.
36) Bon den Verfügungen der städtischen Verwaltung in Städten, in denen eine der
Städteordnungen gilt, geht der Rekurs an die Regierung; und gegen deren
Entscheidung an die derselben vorgesetzte Behörde. Über allgemeine Vcrwaltungs-
grundsätze und deren Anwendung ist daher der Rechtsweg nicht zulässig. Dieser
kann nur gewählt werden, wenn die Klage auf einen speziellen privatrechtlichen
Biel gegründet wird. — Revid. Städte -Ordn. vom 17. Mörz 1831, z. 13S.
GS. S. A7S.
37) Wenn die Verwaltungsbehörde Jemanden, der ohne einen vom Staate geneh
migten Tarif Brücken- oder Wegegeld erhebt, die fernere Erhebung untersagt,
st, kann deshalb keine gerichtliche Klage angebracht werden. — Refrr. vom 7.
Juni und 12. Oct. 1S33. Mannkopf A. G. O. I. S. 11«.
38) Zur Kognition der Polizeibehörde des Aufenthaltsorts der Interessenten gehört,
ohne daß auf rechtliches Gehör angetragen werden kann, «) die Bestimmung
dessen, was an Lohn, Kostgeld, Beköstigung und Livree dem Gefinde in dem
FM, wenn bei Vermiethung keine bestimmte Abrede darüber stattgehabt, mit
Nü'Sstcht auf die Zeit der Vermiethung und den Ort derselben zu geben sei;
K) die Festsetzung der in den A 12, 1.7, 2«, 31, 51 und 168 der Ges.-Ordn.
angedrohte» Strafen, selbst n«vn sie 5 Thlr. übersteigen. Gegen diese Feftsez-
zung steht der Rekurs an die vorgesetzte Behörde zu; e) die Ahndung der vom
Gesinde gegen die Herrfchaft verübten Beleidigungen bis zu einer Strafe von
14 Tagen Gefängniß oder 5 Thlrn. Geldbuße; ä) die Verfügung in den Fällen
der Z. 1«, 13, 173 und 176 der Gesindeordn. ')
')'Sie lauten: I. 1V. Leute, die bisher noch nicht gedient zu haben angeben,
müffen durch ein Jeugniß ihrer Obrigkeit darthun, daß bei ihrer Annchmung
als Gesinbe kein Bedenken obwalte. — S. 13. Niemand darf mit Gesindemä
keln sich abgeben, der nicht dazu von der Obrigkeit des Orts bestellt und ver-
' Pflichtet worden ist. — z. 173. Wird dabei die Beschuldigung (die von der
Herrschaft ausgeht) für unbegründet befunden, fo muß die Obrigkeit dem Ge
sinde den Abschied auf Kosten der Herrschaft ausfertigen lassen, und Letzterer
fernere üble Nachreden bei namhafter Geldstrafe untersagen. — Z. 176. Auch
soll eine solche Herrschaft (welche nämlich Veruntreuungen und grobe Laster
des Gesindes im Atteste wider besseres Wissen verschwiegen und das Gegentheik
bezeugt hat) mit einer Geldstrafe von einem bis fünf Thlr. zum Be^n der
Armenkasse des Orts belegt werden.
IS
In einigen andern Fällen hat die Polizeibehörde nur die vorläufigen Bcstun»
münzen zu erlassen und zu vollziehen, und erst demnächst trit auf Anrufen die
Wirksamkeit des Richters ein. ')
Übrigens steht bci der See- und bei der Stromschifffahrt das Schiffsvolk zu
dem Schiffer in gleichem Vcrhältniß, wie das Gesinde zur Dienstherrschaft. —
Gesindeerdn. vom 8. Nov. 181«, Z. SS, 37. GS. S. 101. — Res», vom 17.
April 1812. Hoffmann's Repert. 3, S. 118. Rabe 1«, S. 358. — Refcr.
vom 15. Ja». 1821. Jahrb. 17, S. 259. Gr äff 1, S. 183. — Rescr. vom
19. Sept. 1833. Jahrb. 42, S. 110. Gräff 6, S. 92. — Eab.-Ordre vom
23. No». 1831. GS. S. 255. — Eab.-Ordre vom 23. Sept. 1835. GS. S. 222.
Wenn zwischen Reisenden und Handwerkern Streitigkeiten entstehen, so soll
zwar auf den Antrag eines Thcils jedesmal ein kurzes polizeiliches Verfahren
eingeleitet werden. Doch steht jedem Theile frei, auf rechtliches Gehör zu pro-
voziren. Das dem richterlichen Verfahren vorangehende polizeiliche Verfahren
ist folgendes: g) Die Vorladung erfolgt unter der Warnung, daß beim Aus
bleiben in contumaciam verfahren werde; b) zwischen den Erschienenen wird,
allenfalls unter Zuziehung eines Sachverständigen, die Sühne versucht; c) gelingt
diese nicht, so schätzt die Polizeibehörde die Arbeit, und entscheidet durch ein
Resolut; cl) wird nicht sofort auf den Rechtsweg provozirt, so hat die Polizei
behörde ohne weitere Ankündigung das Resolut durch Exekution zu vollstrecken;
e) bei Wahl des Rechtsweges ist der Handwerker schuldig, dem Reisenden die
Arbeit, wenn sie ein mit dessen Eigenthume zusammenhängendes Werk ist, gegen
Zahlung des polizeilich bestimmten Preises und Erlegung einer von der Polizei
behörde hinsichts der Mchrfordcrung festzusetzenden Kaution zu verabsolgen. —
Rescr. vom 14. Nov. 1816. Jahrb. 8, S. 251. Gräff 2, S. 2. — Reser.
vom 4. Februar 1817. Jahrb. 9, S. 10. Gräff 2, S. 3.
39) In Fällen, wo Verträge gesetzlich unstatthaft sind, findet daraus keine Klage statt.
Dies ist z. B. der Fall: s) bei Verträgen, wodurch sich Jemand zum Unter-
thänigkeitsverhältniß gegen einen Gutsbesitzer verpflichtet; Ed. v. 9. Oct. 1807,
§. 1V. GS. S. 171 ; b) bci Verträgen, durch welche Jemand sich verpflichtet,
feinen eigenen Getränkebedarf aus einer bestimmten Schankstätte zu entnehmen;
Ges. v. 7. Sept. 1811, §. 54. GS. S. 268; c) bei den die Gewerbefreiheit
beschränkenden Verträgen; Eab.-Ordre vom 9. April 1813. GS. S. 69, ck)
bei Vertragen über spanische Staatsschuldpapicre , und über andere auslän
dische auf jeden Inhaber lautende Staats- oder Kommunal - Schuldpapicre,
Aktien, Obligationen oder sonstige Geldpapiere auswärtiger Gesellschaften
oder Institute, sofern dieselben nicht sofort Zug um Zug erfüllt worden; Eab.-
Ordre vom 19. Januar 1836. GS. S. 9. Vcrordn. v. 13. Mai 184«. GS.
S. 123; e) bei Verträgen, bci denen die Absicht zum Grunde liegt, bei gericht
lichen und andern öffentlichen Subhastationen und Auktionen Kauflustige zum
Vortheile eines Lizitanten von Abgabe des Gebots oder von weiterem Mitvieten
abzuhalten. — Berordn. vom 14. Juli 1797. N. E. E. Tom. X. S. ISIS.
Rabe, Bd. 4, S. 204.
') Solche Fälle sind: s) wenn von der verweigerten Annahme des Gesindes in
den Dienst von Seiten der Herrschaft; K) von dem verweigerten Antreten des
Dienstes Seitens des Gesindes; c) von dem verweigerten Behalten des Gesin
des im Dienst von Seiten der Herrschaft; ck) von dem verweigerten Bleiben
des Gesindes im Dienst; e) von dem verweigerten Abziehen und Entlassen;
endlich 1) von der Erfüllung kontraktmäßiger Verbindlichkeiten der Herrschaft
oder des Gesindes während des Dienstes die Rede ist. Beruhigt sich eine der
beiden Parteien nicht bci der polizeilichen Verfügung, und provozirt auf rich
terliches Urtel, so muß er sich dennocb, bis dieses ergeht, der Bestimmung der
Polizei vorläufig fügen. — S> 47, 51, 16«, 1S7 Gesmdeordn.
Verfahren bei Kompetenzkonflikten zwischen Gerichts- und Wer«
waltungsbehörden.
Z. 5. Halt das Gericht eine Klage, bei welcher eine fiskalische oder Verwals
tungsbehörde interessirt, nach reiflicher Erwägung für zulässig und begründet, so
leitet sie dieselbe ein, und setzt die Sache fort, bis die Verwaltungsbehörde den
Konflikt erhebt. Diese prüft, wenn ihr durch Borladung oder sonst von einem ihr
Ressort betreffenden Prozeß Kenntniß zugeht, ebenfalls die Zulässigreit des Rechts
weges. Halt sie diesen nicht für zulässig, so trit folgendes Verfahren ein :
1) Die Verwaltungs- oder fiskalische Behörde faßt unverzüglich, und wo möglich
noch vor der nächsten Prozeßhandlung über den zu erhebenden Konflikt einen
motivirtcn Beschluß ab.
2) Die Erhebung des Konflikts erfolgt durch ein an den Prozeßrichter zu richten
des Schreiben, welches enthalten muß: s) die bestimmte Erklärung, daß in vor
liegender Sache der Rechtsweg nicht stattfinde, und deshalb in Gemäßheit der
Allerh. Eab.-Ordre vom 30. Juni 1823 der Konflikt erhoben werde; b) den
Antrag, das Rechtsvcrfahren bis zur Entscheidung des Konflikts einzustellen.
Dem Schreiben wird der abgefaßte motivirte Beschluß in Ausfertigung beigefügt.
— Bis zur Entscheidung des Konflikts darf die Verwaltungs - oder fiskalische
Behörde sich auch nicht eventuell auf die Klage einlassen. Ist die beim Prozeß
betheiligte Verwaltungs - oder fiskalische Behörde eine Unterbehörde, so hat sie
zuvor die Ermächtigung zur Erhebung des Konflikts bei der ihr vorgesetzten
Verwaltungsbehörde nachzusuchen. Nach Erhebung des Konflikts berichtet die
Verwaltungsbehörde mit Einreichung der Klage und Beilagen an das vorgesetzte
Verwaltungs-Ministerium.
3) Sobald der Konflikt auf die vorgeschriebene Weise erhoben worden, stellt der
Prozeßrichter das Rechtsverfahren einstweilen ein, benachrichtigt hiervon beide
Theile, und berichtet über den Konflikt an den Justizminister mit Einreichung
der Akten. — Schwebt der Prozeß bei einem Untergerichtc, so erstattet dasselbe
den Bericht an das vorgesetzte Lcmdes-Justizkollegium, welches ihn unter Beifü
gung seines Gutachtens dem Justizminister überreicht.
4) Kann der Konflikt nicht durch Vereinigung zwischen dem Justizminister und dem
Minister der betreffenden Verwaltung erledigt werden, so wird er im gesammten
Staatsministerio nach seinen faktischen und rechtlichen Verhältnissen vollständig
erörtert und gründlich geprüft. Ist hierdurch die Gewißheit erlangt, daß keine
Momente übergangen sind, die ein richtiges Urthcil über die streitige Anwendung
des Gesetzes auf den vorliegenden Fall begründen ; so hat das Staatsminifterium
in einem motivirtcn gutachtlichen Bericht auf unmittelbare Allerhöchste Bestim
mung anzutragen, auch, wenn nach Ansicht desselben der Kompetenzstreit aus
. einer zweifelhaften Fassung des Gesetzes entsprungen, und durch eine deklarato
rische Entscheidung, mithin im Wege der Gesetzgebung, zu berichtigen ist, den
Entwurf der Deklaration dem Könige zur weiteren Verfügung einzureichen.
In so fern nur über die Anwendbarkeit eines für unzweifelhaft zu achtenden
Gesetzes auf den einzelnen Fall zu urtheilen ist, mithin keine gesetzgebende, son
dern eine richterliche Funktion eintrit, entscheidet der König entweder unmittelbar
unter Umständen nach erfordertem Gutachten des Staatsraths, oder trögt die
Entscheidung dem obersten Gerichtshofe, also nach Bcwandniß des Ressorts ent-
, weder dem Geh. Ober-Tribunal, oder dem Rheinischen Rcvisionshofe, auf. —
Eab.-Ordre vom 3V. Juni 182«. GS. S. 86. — Instruktion vom 1. Juli
. 1SSS. Jghch, 4S, S. 10S. Gräff«, S. 411.
17
Fälle, in denen Exekution ohne Prozeß zulässig.
Z. 6. Ferner sind einige Fälle zu erwähnen, in welchen ohne vorherigen Pro
zeß sofort die Exekution zulässig ist.
I) Alle Landes- sowohl, als grundherrliche Revenüen, Abgaben und Dienste, auch
Laudemien, die Fiskus zu beziehen hat, können auf Anordnung der königl. Re
gierung, des gegen deren Prüfung erhobenen Widerspruchs ungeachtet, zur Lei
stungszeit exekutivisch bcigetrieben werden. Ferner haben die königl. Regierungen
die Befugniß, in Fällen, wo von Erfüllung der vom Fiskus mit Privatpersonen
eingegangenen Verträge die Erreichung bestätigter Etats abhängt (wie vorzüglich
bei Pachtungen von Domainen und Regalien der Fall ist), und wo die Erfül
lung der kontraktmäßigen Verbindlichkeit verweigert wird, nach summarischer.
Vernehmung des Weigernden ein vorläufiges I^iguigum pflichtmäßig festzusetzen,
und dasselbe vom Schuldner sogleich einziehen zu lassen; sie können die verpach
teten, unter ihrer Administration stehenden Grundstücke und Gerechtsame, sofern
Pachtgelder rückständig bleiben, oder die Pächter schlecht wirthschaften, unter
Sequestration setzen ; auch die Pächter und Nießbraucher nach Ablauf der Pacht
zeit und der beendigten Besitzzeit auf Grund einer nach summarischer Untersu
chung beschlossenen Resolution entfernen. Alles dies findet auch Anwendung auf
Verträge, welche die Regierungen oder Provinzial- Schulkollegien Namens der
unter ihrer unmittelbaren Verwaltung stehenden Institute mit Privatpersonen
abgeschlossen, sofern letztere sich in den Kontrakten diesen Bestimmungen aus
drücklich unterworfen haben.
Das vorstehend gedachte Erekutlonsrccht der Regierungen hat dieselben Wir
kungen, wie das Gesetz den gerichtlich verfügten Exekutionen beilegt. Dabei sind
auch die vom Gesetz vorgeschriebenen Grade zu beobachten, und es kann selbst
bis zur persönlichen Haft geschritten werden. Nur bei Einziehung von rückstän
digen direkten oder grundherrlichen Abgaben ist die persönliche Verhaftung des
Schuldners nicht zulässig. — Beim Verkauf der gepfändeten Effekten soll eine
Justizperson zugezogen werden, und Subhastation von Grundstücken jedesmal
gerichtlich erfolgen.') — Überhaupt kann die königl. Regierung bei den von ihr
veranlaßten Exekutionen die Hilfe der Gerichte stets in Anspruch nehmen, wenn
es ihr selbst an eigenen Organen zur Exekutionsvollstreckung, oder im Falle der
Verhaftung des Exequendi, an einem eigenen Lokale zur Aufnahme des Verhaf
teten fehlt. — Der Umstand, daß der Exequendus den Anspruch oder die Ver
pflichtung weigert, oder auf den Rechtsweg provozirt, ist kein Grund, die Exe
kution zu sistiren, wenn von der königl. Regierung dieselbe verfügt worden. —
Verordn. vom 26. December 1808. N. C. E. loni. Xll. S. 679. GS. 1817,
5. 283. Jnstr. vom 23. Oct. 1817, Z. 11. GS. S. 254. — Eab.-Ordre vom
31. Dec. 1825, Iii. v. Nr. XII. GS. für 1826, S. 11. — Cab.-Ordre vom
6. Mai 1836. GS. S. 194. Rcscr. vem 9. Februar 1820. Jahrb. 14, S. 183.
Gräff 1, S. 250. — Rescr. vom 2. Nov. und 26. Dec. 1835 und vom 20.
Dec. 1337. Gräff, Koch ,c. III. S. S5.
2) In gleicher Weise wird der zu den Meliorationsanlagen der Allcnsteincr Krcis-
korporation zu entrichtende Zins ohne Dazwischenkamst der Gerichte exekutivisch
beigetrieben. — Statut vom 15. Mai 1843, z. 17. GS. S. 276.
3) Die standesherrlichen Behörden genießen in Absicht auf Erhebung und Bei
treibung der von den Standesherrn zu beziehenden Steuern, Nutzungen
') Entsteht über ein Exekutionsobjekt Prioritätsstreit mit einem 'andern Gläu
biger, so muß auch die Verwaltungsbehörde sich auf den Streit einlassen. —>
Res», vom 22, Juli ISIS. Jahrb. S, S. SSV.
18
und Abgaben, wie auch ihrer liquiden DoMainengcMe, bei letzteren jedoch nur
auf einen zweijährigen Rückstand, desgl. zu ordnungsmäßiger Benutzung der
ihnen zu leistenden Lehn-, Frohn? und Gerichtsdienste bei gleichen Pflich
ten dieselben Rechte, welche den königl., für Beziehung solcher Abgaben und
Dienste angeordneten, Behörden zukommen. — Jnstrutt. vom 30. Mai 1820,
§. SS. GS. S. 91.
4) Die Magisträte der Städte sind berechtigt, die den Einwohnern der Stadt
obliegenden unstreitigen Abgaben und andere Beiträge zu den gemeinschaftlichen
Lasten einzuziehen, und dabei alle Grade der Exekution durchzugehen , welche nicht
nothwendig gerichtliche Prozedur oder Erkenntniß erheischen. — Mg. L. R. U.
«, §.130. Rescr. vom 31. Mai 1822. Jahrb. 19, S.305. Gräff 1, S. 199.
5) Gutsherrschaften können unstreitige Zinsen durch die Dorfgerichte unmittel,
bar beitreiben lassen, wobei jedoch die Borschriften der ExekutionSordnung zu
beobachten, und öffentliche Verkäufe dem Richter zu überlassen sind. — §. 484
und 485 II. 7 A. L. R.
6) Alle auf Nichtbefolgung richterlicher Befehle und Mandate angedrohten willkür
lichen Strafen, ferner die auf Grund gesetzlicher Vorschrift gestellten Präjudizien,
mit Einschluß der Auktion oder Subhastation bei ausbleibender Kaufgelderzah-
kungz endlich die von Gerichtsbehörden den Untergerichten, Kommissarien und
andern Beamten, oder den Parteien und Justizkommissarien auferlegten Ord
nungsstrafen sind ohne vorgängiges Rechtsverfahren zur exekutivischen Vollstrec
kung geeignet. — A. G. O. I. 22, Z. 31, 34; I. 23, Z. 13z I. 24, Z. 89;
I. 28, §. 15; I. 29, Z. 54; I. 31, §. 5; I. 4«, §. 56; l. 42, §. 19, 20; I.
44, K. 22; I. 45, Z. 4z I. 46, K. 7, 15; I. 52, K. 62; II. S, g. 56; Anh.
KZ. 116 — 122. Verordn. vom 4. März 1834 über den Subhast.-Prozeß, 8.2«;
GS. S. 45. Rescr. vom 28. Ott. 1832. Jahrb. 4«, S. 483. Gräff 7,
S. 136 fg.
7) Gerichtspersonen, welche Darlehne aus dem Depositum des Gerichts, bei
welchem sie als Vorgesetzter, Mitglied oder Subaltern angestellt sind, erschlichen
haben, sollen zur Rückzahlung durch sofortigen Personalarrest angehalten werden.
Kit. I. §. 42 fg. Dep.-Ordn.
8) Ist in Gemäßheit der Verordn. vom 24. Januar 1344 durch den von einer
Central- oder einer Provinzialbehörde gefaßten, oder genehmigten Beschluß fest
gestellt: welcher Beamte für einen an dem in öffentlichen Kassen oder andern
öffentlichen Verwaltungen oder sonst im Gewahrsam eines Beamten befindlich
gewesenen öffentlichen oder Privatvermögen entdeckten Defekt zu haften hat, und
wie viel der Defekt vorläufig oder überhaupt betrage, so muß der Beschluß un
verzüglich gegen den verpflichteten Beamten allenfalls exekutivisch vollstreckt wer
den. In so weit die betreffende Behörde nach den bestehenden Gesetzen Exeku
tion zu verfügen nicht befugt ist, muß das Gericht dieserhalb requirirt werden.
Die Gerichte und Hypothekenbehörden sind verpflichtet, den an sie ergehenden
Requisitionen zu genügen, die Exekution gegen die benachbarten Personen ohne
vorgängiges Aahlungsmandat schleunig zu vollstrecken, die Beschlagnahme der
zur Deckung des Defekts erforderlichen Vermögensstücke zu verfügen, und die in
Antrag gebrachten Eintragungen, wenn sonst kein Anstand obwaltet, im Hypo,
thekenbuche zu veranlassen, ohne auf eine Beurtheilung der Rechtmäßigkeit
einzugehen.
Dem verpflichteten Beamten steht gegen obigen Beschluß zwar der Rekurs
und die Berufung auf rechtliches Gehör offen; die Exekution wird jedoch dadurch
nicht gehemmt, wenn Nicht etwa von der Verwaltungsbehörde davon Abstand
genommen wird. — Ges. vom Z4> Jmm« 1S44. S. S».
9) Vom Vsr«u»de ««b von Konkurskuratoren könnt» anerkannte Kassen«
beftäkde und Defekte ohne Prozeß durch Exekution beigetrieben werden. Gleiche«
gilt von andern Verwaltern fremden Eigenthums in Ansehung liquider Vertre-
tungssummen. — A. L. R. U. 1«, K. 486 und 66«. — A G. O. l. 45, §. 11,
12, 22. Refer. vom 26. Januar 1824.
1«) Werden konfentirte Studenten schulden innerhatb der gestellten Frist nicht
berichtigt, so requirirt das Universitätsgericht auf rechtszeitiges Ansuchen de«
Gläubigers unter Zufertigung des Instruments die den Eltern oder Vormün
dern des Schuldners vorgesetzte Gerichtsbehörde, dieselben zur Abtragung der
Schuld allenfalls exekutivisch anzuhalten, und das rcquirirte Gericht muß der
Requisition ohne prozxMalisebe Weitläufigkeit nachkommen. — A. L. R. H.
12, S. 1t« fg.
1 1 ) Wer aus einem gerichtlichen Depositor« ein Kapital leiht, und die Zinsen davon
nicht pünktlich einzahlt, von dem werden die rückständigen Zinsen ohne Prozeß
durch sofortige Exekution beigetrieben. — Dep.-Ordn. Tit. I. z.52, 23 z II.K.353.
12) Die landschaftlichen Kreditsysteme haben die Bcfugniß, die von Pfand-
briefsinhabern rückständigen Sinsen, so wie die von Pächtern und Administrato
ren der unter landschaftlicher Sequestration stehenden Güter zu zahlenden Pacht-
und AdministrationS- Rückstände ohne Prozeß sofort exekutivisch beizutreibeu. —
Reglem. füx Schlesien vom 9. Juli 177«, Lsp. V. seet. 1. Rabe, Bd. 11,
S. 154, u. Verordn. vom 8. Juni 1835, §. 3«. GS. S. II«; — für dieKur-
und Reumark vom 15. Juni 1777, dsx. V. sect. 1 und Nachtr. vom 2. Ap.
1784. Rabe 11, S. 314; 12, S. 198; für Pommern vom 13. März 1781,
Csp. V. »ect. 1. Rabe 12, S. 88; für Westpreussen vom 19. April 1787.
Rabe 12, S. 311; für Oftpreussen vom 16. Febr. 1788 und vom 24. Der.
1808, c»p. V. Rabe 12, S. 546; für Posen vom 15. Dec. 1821, §.251 fg.
GS. S. 25p.
13) Der pommerschen ritterschaftlichen Privatbank gebührt gegen ihre Mitglieder we
gen der ihnen aus den Statuten «der Sozietätsvertrögen obliegenden Verpflich
tungen ein gleiches Exekutionsrecht. — Statuten vom 15. August 1824, §. 2«.
GS. S. 172.
14) Der Land-Armendirektion der Neumark ficht wegen der Detentionsgebühren da«
Exekutionsrecht ohne vorherige Klage zu. — Rescr. vom 16. September 1835.
Jahrb. 46, S. 106. Gräff 8, S. 123.
L5) Die Scehandlung hat das Recht, die ihr verpfändete Wolle zur Vcrfallzeit, ohne
Zuziehung der Eigenthümer und ohne Einwirkung gerichtlicher Behörden, durch
eine von ihren Beamten anzustellende Auktion, oder, »ach ihrer Wahl, aus der
Hand durch vereidete Mäkler da, wo sie lagert, und in dem Auftande, in wel
chem sie sich zur Zeit befindet, zu jedem zu erlangenden Preis, ohne Rücksicht
! auf den Taxwerth, zu veräußern, und sich aus dem Erlös wegen Kapital, Zin
sen und Kosten bezahlt zu machen. — Cab.-Ordre vom 2«. Mai 1826. GS.
1826, S. 44.
16) Wenn über die Beiträge zu Pfarr-, Kirchen - und Schulbauten Streit entsteht,
ft hat, um die ungesäumte Ausführung des Baues zu bewirken, die Verwal
tungsbehörde in Betreff der Beiträge ein Interimistikum festzusetzen, und dar
nach ohne gerichtliches Verfahren allenfalls mit Exekution zu verfahren. Die
Betheiligten haben das Recht, das Gezahlte von den angeblich Verpflichteten
Kurth Prozeß zurückzuverlangen. — Rescr. vom 28. Febr. 18«5. — R. E. E.
Ism.XZ. S.2S97. Rabe 8, S.251. — Rescr. vom 25. April 1836. Jahrb.
, S. SZ4. — Zl. L. R. II. 11, g. 708- fg. 759, 790.
17) Alle beständigen dinglichen oder persönlichen Abgabe» «nd Leistungen, ««che «»
2*
so
Kirchen und öffentliche Schulen, oder an deren Beamte vermöge einer allgemein
nen gesetzlichen, oder auf notorischer Orts- oder Bezirksverfassung beruhenden
Verbindlichkeit zu entrichten sind; desgleichen die Forderungen öffentlicher Schul-
und Erziehungsanstalten an Schul- und Pensionsgeld, unterliegen bei Säumig
keit der Debenten, sowohl hinsichtlich der laufenden, als der aus den letzten zwei
Jahren rückständig verbleibenden Beiträge, der exekutivischen Beitreibung durch
die betreffende Verwaltungsbehörde. Die Exekution wird nur gehemmt durch
den Einwand, daß der in Anspruch Genommene in Folge einer Exemption we
nigstens feit zwei Jahren vom letzten Verfalltermine von Beiträgen frei sei. —
Cab.-Ordre vom 19. Juni 1836. GS. S. 198.
48) Weigern sich Beamte, welche mit städtischen Grundstücken angesessen sind, das
Bürgerrecht zu gewinnen, so sollen sie dazu ohne Weiteres durch Exekution an
gehalten werden. — Rescr. vom 2. März 181«. Mathis 10, S. 61 fg.
19) Die Gerichte sind verpflichtet, auf Requisition der Postanstalten das unbezahlt
gebliebene Porto ohne weiteres Verfahren exekutivisch einzuziehen. — Dahin ge
hört auch Porto für Eingaben, welche an Gerichts- oder an Verwaltungsbehör
den unfrankirt gesendet worden, und deren Adresse deshalb zurückgesendet wird.
— Rcgul. vom 13. Dec. 1824, ß. 97. GS. S. 238. — Cab.-Ordre vom 17.
März 1839. GS. S. 101. — Cab.-Ordre vom 4. Mai 184«. GS. S. 117.
— Rescr. vom 4. April 1834. Gräff, Koch ,c. III. S. 6« fg.
Zweiter Titel.
Von de» Personen, welche vor Gericht klagen und beklagt
werden können.
Wer kann klagen und verklagt werden?
Z. 7. Jeder Einwohner des Staats ist den Schutz desselben für seine Person
und sein Vermögen zu fordern berechtigt. Derjenige, welcher den Gesetzen nach sich
und feinem Vermögen vorzustehen fähig ist, kann als Kläger sein Recht vor Gericht
selbst verfolgen. Unverheirathete Frauenspersonen haben gleiche Rechte mit den
Mannspersonen.
Ebenso kann jeder Unterthan und Einwohner des Staats ohne Rücksicht auf
Stand und Würden, und auf das Verhältniß desselben zum Kläger, gerichtlich belangt
werden, so daß Vornehme gegen Niedrige und Geringe, Dienstherrschaften gegen ihr
Gesinde, Obrigkeiten gegen ihre Untergebenen, Eltern gegen ihre Kinder, das Staats
oberhaupt gegen seine Unterthanen, >) wenn sie von ihnen verklagt werden, vor den
dazu verordneten Gerichten sich auf die Klage einlassen und Recht nehmen müssen.?)
— A. G. O. I. 1, §. 1 und 2, 25. — A. «. R. Einl. Z. 76, 8«.
' i) Ausnahmen f. §. S.
2) Die Frage: ob Jnjurienprozesse unter Eheleuten zulässig? ist unter den Juri
sten streitig. Das Gesetz schließt einen solchen Prozeß nicht ausdrücklich aus,
und es muß schon um deshalb jene Frage bejaht werden. Dazu kommt, daß
8. 652 des Str.R. vorschreibt, geringe Realinjurien unter Eheleuten sollen nicht
von Amtswegen gerügt werden, woraus zu folgern, daß Klage zulässig;
ferner können Injurien Scheidungsgründe abgeben. Dies läßt in mehrfacher
Hinsicht auf deren gerichtliche Ahndung deuten. Mit dem Charakter der Ehe
mag zwar ein Jnjurienprozeß nicht recht Harmonirenz doch die« ist bei jedem
andern Prozeß unter Eheleuten d» Fall.
Ausnahme.
z. g. MSn che und Nonnen werden nach abgelegtem Klostergelübde und so
lange dies währt, in Ansehung aller weltlichen Geschäfte als verstorben angesehen.
Mit ihnen können daher während dieser Seit keine Prozesse gefuhrt werden. —
Doch können weder Verschuldete die Rechte der Gläubiger auf ihre Person und
ihr Vermögen durch Ablegung des Klostergelübdes vereiteln, noch Verwalter
fremder Güter vor Rechnungslegung der desfallsigen Verbindlichkeit und dem Er,
kenntnisse des gehörigen weltlichen Richters durch Eintritt in's Kloster sich entzie
hen. — A. L. R. II. 11, Z. 1199, 12«S — 1209, 116Z und 11S7.
Beschränkungen: 1. in Betreff der unter väterlicher Gewalt
Befindlichen.
Z. 9. 1) Bei Kindern, welche unter väterlicher Gewalt stehen, >) kommt eS
darauf an, ob sie bereits großjährig sind oder nicht.
Großjährige haben: s) hinsichtlich ihres freien Vermögens 2) mit den nicht
unter väterlicher Gewalt stehenden Personen gleiche Rechte. In Injurien-, Ali«
menten- und Entschädigungsprozessen, so wie in Rechtsstreitigkeiten, welche aus
ihren Dienst-, Erwerbs- und Kontraktsverhältnissen entspringen, können sie,
wenn sie vom Vater entfernt als Lehrlinge, Gesellen, Handlungsdiener, Kunst
gehilfen, Hand- und Fabrikarbeiter sich aufhalten, sowohl als Kläger, als, wenn
sie verklagt sind, selbstständig und ohne Zuziehung oder Benachrichtigung der
Väter auftreten, b) In Betreff des nicht freien Vermögens ») aber kons
1) Die väterliche Gewalt hört auf: ^. bei minderjährigen Kindern s) durch die
vom Vater vor dem vormundschaftlichen Gerichte erklärte Entlassung und ihre»
Beitrit, ferner b) dadurch, daß der Sohn mit ausdrücklicher «der stillschwei
gender Einwilligung des Vaters ein besonderes Gewerbe für eigene Rechnung
anfängt, c) wenn eine minorenne Tochter heirathet ; L. bei großjährigen Töch-
tern durch ausdrücklich erklärte Entlassung und durch Verheirathung, bei groß
jährigen Söhnen s) durch Anlegung einer besondern Wirthschaft, d) durch
Beginn eines eigenen Gewerbes oder Antrit eines öffentlichen Amtes, ö. ohne
Rücksicht auf das Alter der Kinder s) wenn der Vater wegen grober Verbre
chen zu harter und schmählicher Zuchthausstrafe oder Festung, zu zehnjährigem
oder lebenslänglichem Gefängnisse oder zu Landesverweisung verurtheilt, K) wenn
er gerichtlich für einen Verschwender erklärt wird, e) wenn er ohne Vorwissen
des Staats in der Absicht, sich seinen Unterthanspflichten zu entziehen, aus
den königl. Landen entweicht, ck) wenn er vorsätzlich die Kinder hilflos und
ohne Aufsicht verlassen hat; — A.L.R. II. 2, z. 21«— 23« und z.255—25S.
e) mit dem Tode. — Z. 27« das.
2) Das freie Vermögen der Kinder ist dem väterlichen Nießbrauchs Nicht unter
worfen. Es gehört zu demselben s) Alles, was Kinder außerhalb des Betrie
bes der väterlichen Geschäfte durch Fleiß und Geschicklichkeit erwerben; b) was
sie in Kriegs- oder Civil- Diensten vor sich bringen, oder bei Gelegenheit der
selben von ihren Eltern oder Andern zur Ausrüstung oder Beihilfe erhalten;
e) Lehne, die den Kindern verliehen, oder wozu dieselben in die Gesammthand
mit aufgenommen worden, sobald sie zum Besitze gelangen; ck) Belohnungen
ihres Fleißes, die sie von Eltern oder Andern erhalten; e) Geschenke und Ver
mächtnisse, die ihnen aus Erkenntlichkeit für geleistete Dienste, oder für erwie
sene Gefälligkeiten zufließen; k) Ersparnisse von dem, was ihnen von Eltern
zum Unterhalt außerhalb des Vaterhauses, oder sonst zu Ausgaben angewiesen
worden; ß) endlich Alles, was ihnen von Eltern, Verwandten oder Freunden
unter der ausdrücklichen Bestimmung, daß es dem väterlichen Nießbrauchs nicht
unterworfen sein solle, zugewendet wird. — A. L. R. U. 2, 147—153.
») Alles, was außer dem Anm. 2 Bezeichneten den Kindern durch bloße Schen
kungen, Erbschaften, Vermächtnisse oder Glücksfälle zukommt, und namentlich
auch an Pathengeschenken , gehört zum nicht freien Vermögen. — A. L. R.
Z. 1öS, 157; II. 2. Von diesem gebührt dem Vater, so lange die väterliche
Gewalt dauert, der Nießbrauch und die Verwaltung. — z. 1öS das.
nen sie ilos unter Beitrit ihres Bat»« vor Gericht erscheinen. Der Bater hat
nur die Pflicht, sie bei solch«, Behandlungen zuzuziehen, «elche unbewegliche
Sachen, derm Pertinenzstücke «der Gerechtigkeiten betroffM. Wnd i» diesen
Fällen Bater und Kind über dm Betrieb und die Fortsetzung des PttzesstS
nicht einverstanden, so giebt die Meinung de« großjährige» Kind«, als Eigen«
thümers, den Ausschlag. >) Doch kann der Vater wegen seines eigemn dabei
obwaltenden Interesse, als Nießbrauch«, den Prozeß fortsetzen, und der Gegmr
muß in so weit sich mit ihm einlassen.
L. Minderjährige, noch unter väterlicher Gewalt stehende Personen, werden in Pro«
zessen von ihrem Bater vertreten. Dieser bedarf s) zu Prozessen über das
nicht freie Vermögen der Kinder in der Regel keiner obervormundschaftlichen
Genehmigung. Ausnahmsweise muß er jedoch diese zu Vergleichen, durch »elche
eine solche Veränderung der Substanz, 2) die ei» Nießbrauch« nicht ohne den
Eigenthümer vornehmen kann, wie z. B. wenn dadurch Grundstück« oder Ge»
rechtigkeiten veräußert, verpfändet oder mit bleibenden Resllaften belegt «erden
sollen, beibringen. Rur in Betreff der zum nichtfreien Vermögen der Ktt>der
gehörigen ausstehenden Kapitalien hat, sofern nicht Gesetz oder Willenserklärun
gen ihn beschränken, der Vater völlig freie Administrationsbefugntß. — d) In
Betreff des freien Vermögens hat der Bater Minderjähriger nur die Rechte
und Pflichten eines Bormundes. Er ist bei Prozeßführung daher gleichen Be,
dingungen unterworfen («L. Z. 10). — Treten die in fremdem Dienst befind,
lichen Minderjährigen, so wie dergleichen Lehrlinge, Gesellen, Handlungsdiener,
Kunstgchilftn, Hand- und Fabrikarbeiter in Injurien«, Alimenten«, Entschädi
gungsprozessen, oder in Rechtsstreitigkeiten, welche aus ihren Dienst«, Erwerbs«
und Kontraktsverhälrnissen entspringen, als Kläger oder Beklagte in ihrem, vom
Wohnort des Vaters entfernten, Auftnthaltsorte auf, so muß der Prozeßrichter
ihnen einen Rechtsbeistand als Litis-Curator zuordne», dessen Pflicht eS ist, den
Bater vom Gegenstande des Rechtsstreits in Kenntniß zu setzen.
Außerdem muß den minorennen unter väterlicher Gewalt Befindlichen von
der Bormundschaftsbehörde - ein Curator für Prozesse, welche sie mit ihrem
Bater führen, so wie bei Ehescheidungsprozessen ihrer Eltern dann, »en» ein
oder beide Ehegatten sich der Verschwendung des Vermögens oder Vernachlässi
gung der Erziehung der Kinder verdächtig machen, bestellt werden. Auch, wäh
rend die väterliche Gewalt ruht, ») trit Curat« ein. — A. Ä. S. I. 1, F. 14,
Z5 fg. — A. L. R. II. 2, §. 168 fg., 159, 20lj II. 18, g. 28 fg., S90; I.
IS, z.4«5 fg. — Cab.-Ordre vom 4. Juli 1332. GS. G.I7S. — <5ab.-Ordre
vom S. Dec. 1835. GS. S> 294.
i) Moralische Person ist ein Rechtssubjekt, welches nicht zugleich eine physische
Person ist. Den moralischen Personen sind namentlich zuzuzählen: g) jede
Vereinigung mchrer Menschen, in sofern diese Vereinigung in Bezug auf ge
wisse Rechtsverhaltnisse als ein Rechtssubjekt anzusehen; b) Fiskus; c) milde
Stiftungen und überhaupt alle öffentlichen, vom Staat als solche anerkannten,
Korporationen und Gesellschaften. Im gemeinen Recht werden moralische Per
sonen gewöhnlich als juristische oder als fingirte Personen bezeichnet.
>) Sie sind eingeführt in den Provinzen Pommern, Posen, Preussen, Rheinpro
vinz, Sachsen, Schlesien und Westfalen.
II. Nach Analogie b« fiskalischen Vertretung ttnnen in Rechtsstreitigkeiten eine«
Standesherrn mit seinen Domanialpächtern, Abgabe- «der Dienstpflichtigen,
Schuldnern und Gläubigern diejenigen seiner Domanial-, Rent- oder Verwaltungs
behörden, in deren amtlichen Wirkungskreis die Sache einschlägt, für ihn als Haupt
oder Nebenparteien auftreten. Dieselben bedürfen hierzu keiner besondern Legiti
mation, wenn die Behörde ein standesherrliches Kollegium bildet, oder der Einzelne
für sein Amt gerichtlich verpflichtet ist. — Jnstrukt. wegen Eins, des Edikts vom
21. Juni ISIS, vom 3«. Mai 182«. GS. S. 81, §. 36.
III. Kirchen- und Pfarrgüter werben in Prozessen durch ihre geistlichcn
und weltlichen Vorsteher, und den Patron, in außerordentlichen Fällen auch durch
die aus der Kirchengemeinde gewählten Repräsentanten vertreten. In Prozessen
über Pfarrgüter wird außerdem der zeitige Nutznießer dcrfelben (Pfarrer ze.) zuge
zogen. Betrifft der Prozeß bloße rückständige Pfarrrevenüen, so ist derjenige, dem
sie gebühren, allein zu dessen Führung legitimirt. Su Klagen bedürfen die Vertreter
der Kirchen und Pfarrgüter der Approbation der geistlichen Obern (also in der
Regel bei evangelischen der königl. Regierung, bei katholischen des bischöfl. Kon-
sistorii). Beschaffen sie diese nicht, so wird der Prozeß auf ihre Gefahr und Kosten
geführt, und der Kirche erwächst durch denselben kein Nachtheil. Nur gegen säu
mige Ainszahler können sie ohne Approbation klagen. — Zur Einlassung auf die
Klage bedarf es zwar nicht der Beibringung des Approbationsdekrets. Doch haben
sie es für sich selbst einzuholen, da sie sonst Gefahr und Kosten tragen. Das Kir-
chenvermögen muß ihnen aber in beiden Fällen für die Kosten in so weit aufkom
men, als es durch einen ohne Approbation geführten Prozeß Vortheile erwirbt.
Vergleiche über Güter und Rechte der Kirche können nur mit Genehmigung
der geistlichen Obern, und wenn der Vergleich auch eine Veräußerung solcher
Rechte oder Güter enthält, unter gleichzeitiger Genehmigung der Regierung ge
schlossen werden. — A. L. R. II. II, Z. 156— 1S9, 568, 535, 648—662 ; 62Z;
219—227; 772 und 773. II. 18, §. 493. — Cab.- Ordre vom 31. Dee. 1825,
v. II. 2. GS. für 1826, S. 5. Jnstrukt. vom 23. Ott. 1817. GS. S. 248.—
Rescr. vom 23., Aug. 1822. Jahrb. 2«, S. 35.
IV. Was die öffentlichen Schulanstalten betrifft, so stehen:
1) die gemeinen Schulen, welche dem ersten Unterrichte der Jugend gewidmet
sind, unter der Direktion der Ortspolizei, welche dabei die Geistlichkeit der Ge
meinde, zu welcher die Schule gehört, zuziehen muß. Hinsichtlich der äußeren
Rechte und des Schulvermögens gilt in der Regel das in Hinsicht des Kirchen-
Vermögens Vorgeschriebene. — Gemeine öffentliche Schulen, welche nicht Orts
schulen sind, werden nach den Grundsätzen der Stiftungm beurtheilt. — A. L. R.
II. 12, §. 12—21.
2) Schulen und Gymnasien, in welchen die Jugend zu höheren Wissenschaften
oder auch zu Künsten und bürgerlichen Gewerben, durch Beibringung der dabei
nöthigen oder nützlichen wissenschaftlichen Kenntnisse vorbereitet werden soll, haben
die äußern Rechte der Korporationen. In Prozessen werden sie nach den
eingeführten Schulordnungen jedes Orts durch die Schulkollegien «der Vorstände
jedoch unter Direktion und Oberaufsicht der Provinzial-Schulkollegien vertreten,
und es findet in Betreff der einzuholenden Approbation zu Prozessen und Ver
gleichen das hinsichtlich des Kirchenvermögens (sd III.) Gesagte Anwendung.
— das. N. 12, Z. 54, 57, 58. — Jnstrukt. vom 31. Dec. 1825, L. I. 9. '
3) Universitäten haben alle Rechte privilegirter Korporationen. Die innere
Verfassung derselben, die Rechte des akademischen Senats und seines jedesma«
Rgen Vorsteher» in Besorgung und Verwaltung der gemeinschaftlichen, als« auch
dn Prozch-AnKtlegenheitm, find durch Priviltgim, und die vom Staat? geneh
migte» Statuten einer jede» Umverfität bestimmt. — II. 12, ß. 67, 68 A. L. R.
Alle diese Unterrichtsanstalten bedürfen zu Prozessen keiner höheren Autorisation.
Nur dann, wenn eine nicht vom Provinzial- Schulkollegium vertretene Anstalt der
Art eine» Vergleich schließt, durch welchen eine Veräußerung statthaben soll, so muß
die Genehmigung des Staats in dem Falle erfolgen, wenn die Veräußerung, auch
abgesehen vom Rechtsstreit, nur mit Genehmigung des Staats vorgenommen wer«
den könnte. — A. L. R. II. 12, §. 54, 57, 67; II. 6, Z. 83—85; I. 16, Z. 40S.
Eab.-Ordre vom 31. Dec. 1825. GS. für 1826, S. 5. . ,
V. Bei Wohlthätigkeitsanstalten und milden Stiftungen kommt es
bei Beurtheilung der Frage: wie sie in Prozessen zu vertreten sind? hauptsächlich
auf die Bestimmungen ihres Stifters an. Der Staat führt über sie das AufsichtS»
recht. Gegenwärtig wird dies theils durch die Abtheilungen der Regierunge» für
die Kirchenverwaltung und das Schulwesen, theils durch die Provinzial-Schul-
kollegien, theils durch die Oberpräsidenten ausgeübt. Approbation zu Prozesse»
wird gar nicht, und zu Bergleichen nur in den Fällen erfordert, in welche» sie bei
Bergleichen der Schulen vorgeschrieben. — A. ?. R. II. 19, §. SS—37; 42 fg. —
Jnstrukt. vom 23. Oct. 1817, §. 18, lit. «. Cab.-Ordre vom 31. Dec. 1825, v.
II. 2 und «. 9.
VI. Die Stadtgemeinden werden in Prozessen vom Magistrate vertrete».
Die Stadtverordneten sind zu dieser Vertretung nicht legitimirt. Dir Stadtver
ordnetenversammlung hat jedoch den Magistrat auch in Betreff der zu führenden
Prozesse zu kontroliren, und der Magistrat hat ihre Beschlüsse zu beachten. >) In
Städte», in denen eine der Städteordnungen gilt, bedarf übrigens der Magistrat
Km» Autorisation. 2) I» Städten, wo keine der Städteordnungen gilt, müsse»
die Vertreter der Stadt sowohl zu Klagen, als zur Einlassung auf Klagen das
Genehmigungsrescript der vorgesetzte» Provinzialbehörde beibringen. Betrifft in
diesem Fall der Prozeß das Bürgervermögen, so hat die Richtbeibringung des Re
skripts zur Folge, daß der Prozeß auf Gefahr und Kosten der Vertreter der
Stadt geführt wird. Betrifft er Kämmereivermögen, so hat die Nichtbeibringung
die Nullität des Verfahrens zur Folge. — A. L. R. II. 8, z. 134/— Städteordn.
vom 19. Nov. 1803, z. 47, 127, 169, 183, 189. GS. für 1806—181«, S.324.
— Re». Städteordn. vom 17. März 1831, z. 104, 1«7, 11«, 113 fg. GS. S.
40. — Rescr. vom 1«. Juli 1822. Jahrb. 1, S. 232. — Rescr. vom 27. Ott.
1809. Mathis 8, S. 459. — Anh. §. 4 zu §. 34, I. 1 A. G. O.
VII. Dorfgemeinden müssen in Prozessen, welche die Substanz ihres (Ge
meinde«) Vermögens betreffen, den Konsens ihrer Grundherrschaft beibringen. Ver
weigert oder verzögert diese den Konsens, und die Gemeinde verlangt rechtliche
Hilfe, so ist es zur Vermeidung von Weitläufigkeiten und Zeitverlust hinreichend,
die Gutsherrschaft zur Wahrnehmung ihrer Gerechtsame bei der, von der letztern
1) Sollte in einzelnen Fällen wegen personlicher Berheiligung der meisten Mit
glieder und deren Stellvertreter beim Prozesse eine beschlußfähige Versammlung
Persönlich unbetheiligter Stadtverordneten nicht herzustellen sein, so nimmt die
iömgl. Regierung in Folge des ihr zustehenden Oberaufsichtsrechrs die Gerecht
same der Stadt wahr, und bestellt nöthigenfalls einen Rechtsanwalt. — Cab^
Drdre vom 18. Juli 1833. GS. S. 84.
2) Der Anh. «. 4 z. A. G. O. ist aus dem Reskript vom 27. Ott. 1809 genom
men, welches die Regierungsgenehmigung auf Grund der Städteordnung vom
49. Nov. 1808 für wegfallend erachtete. Da nun bei Redaktion des Anhang«
«ur solche Städte zum Staate gehörten, in welchen die StSdteorbnung galt,
p wurde tu, Anhang K. 4 «üHemn» ausgesprochen, daß ju« SKnchmigung
nicht nöthig sti.
31
angemeldeten «läge zu adzitlren. — Da, wo durch Parzcllirung da« gutsherrliche
Grundeigenthumsverhältniß gänzlich und ohne Vorbehalt aufgehört hat, bedarf e«
dieses Konsense« nicht. — Res«, vom 18. Mai ISIS. Jahrb. S, S. 23. Gräsf
2, S. 17. — Sirk^Rescr. vom 27. Ott. l««S. Mathis 8, S. 459. Rabe I«,
S. 168. — Anh. S- 4 ,. A. G. O.
In der Provinz Westfalen ist zu Klagen, welch« Landgemeinden «der diejeni,
H«, Städte, in welchen die Landgemeindeordnung gilt, anstrengen, so wie zu Ver
gleichen derselben, stet« der Beschluß der Gemeindeversammlung nöthig. — K. 9l
der Landgemeinde«?»», vom 31. Oer. 1841. GS. S. 313. — Verordn. vom 31.
Ott. 1841. GS. S. 322.
VNI. Bei andern Korporationen und Gemeinden haben an Verwaltung
der äußern Gemeinderechte und mithin auch zur Führung der Prozesse alle Mitglie
der ein Theilnahmerccht. Sind jedoch für gewisse Geschäfte Repräsentanten gewählt,
so vertreten diese die Korporation in allen Verhandlungen, welche in Betreff des
ihnen übertragenen Geschäftszweiges vorkommen. Der zur Prozeßführung ernannte
Repräsentant heißt gewöhnlich Syndikus. — Treten die fämmtlichen Korporations-
Mitglieder bei prozessualischen Verhandlungen auf, und es find deren mehr als drei,
so können sie vom Richter angehalten werden, die ferneren Verhandlungen durch
zwei oder drei aus ihrer Mitte zu wählende Deputirre abzuwarten. Syndici und
Dexutirte können nicht ftlbststöndig klagen und auf Klagen sich einlassen. Sie ha-
'bni nur die Rechte und Pflichten von Bevollmächtigten. — §.114 fg., z. 148—152,
Mt. S, ». A. L. R.
IX. Hinsichtlich der vom Staate ausdrücklich genehmigten oder geduldeten Gesell
schaften gilt ebenfalls der Grundsatz: daß in Prozessen sämmtliche Gesellschaftsmit-
göeder als vorzuladende Partei zu betrachten. Sie bedürfen eben so wenig wie
Korporationen einer vom Staate zu ertheilenden Zlutorisation zu Klage» «der zur
Einlassung oder zu Bergleichen, in sofern die BestStigungsurkunde nicht eine des-
fallsige Beschränkung enthält. — Tit. S, N. §. 12 fg. A. L. R. — Bei einzelnen
sind besondere Bestimmungen zu bemerken.
1. Bei Graben und Hüttenwerken soll, wenn die Gewerkschaft nicht
andere Bevollmächtigte ernannt hat,
«) bei allen Verhandlungen, welche auf den Betrieb des Werks Bezug haben, der
Schichtmeister, und
in den Fällen, welche Beleihung Und Bewahrung des Eigenthums betreffe», der
Lehnsträger,
alS Bevollmächtigter der Gewerkschaft angesehen werden. Sie sind daher jeder in
ben bezeichneten Fällen zu allen prozessualischen Verhandlungen, zu welchen gesetzlich
keine Spezialvollmacht erforderlich ist, legitimirt. — Eab.-Ordre vom 24. Ott.
Z831. GS. S. 226. — Rcscr. vom 31. Mai 182«.
2. Zünfte bedürfen zu allen Prozeßhandlungen, welche das gemeinschaftliche
Junftvermögen betreffen, der Approbation de» Magistrats. — A. L. Si. II. 8,
§. 211 fg.
3. Eisenbahngesellschaften werden in allen gerichtlichen und außergerichtlichen
Geschäften, selbst in Fällen, wo eine Spezialvollmacht erforderlich ist, vom Bor
stande vertreten. Dieser leistet Namens der Gesellschaft die Eide. — Die Behän«
bigung der Vorladungen und anderer Ausfertigungen an die Gesellschaft ist giltig,
auch wenn sie nur an ein Mitglied des Vorstandes geschieht. — jj. 21—23 deS
Gesetzes vom 9. Nov. 184S. GS. S. 34S.
zt. Handelsgesellschaften können unter ihrer Firma klagend ««ftreten und be«
langt wttkm. —> «es«. Vom ». Mai «SS. ««ff, «sch «c. W. «. ?«.
32
"! ' Bon mehren Erben als Parter. ,
Z. 16. Sind mehre Miterben vorhanden, so müssen :
s) Sämmtliche als Kläger austreten oder belangt werden, so lange noch keine
Theilung stattgehabt, und in sofern nicht etwa der Prozeß solche Sachen, Rechte
oder Forderungen betrifft, welche durch letztwillige Verordnung einem oder Ein-
zelnen der Erben zugefallen sind.')
d) Hat aber Theilung stattgehabt, so ist: ss) der, welcher ein über eine Nachlaß
forderung sprechendes Dokument hinter sich hat, in sofern von den Miterben
keine gerichtliche Protestation erfolgt ist, so wie der, welchem eine Rachlaßsor-
derung bei der Theilung überwiesen ist, zu deren Einklagung allein berechtigt;
Kb) die Erbschaftsgläubiger können sich nur an jeden der Miterben nach Vcr«
hältniß seines Erbtheils halten, wenn die Theilung entweder zu ihren Händen
oder durch Einrückung in die öffentlichen Blätter gehörig bekannt gemacht wor
den, und die Gläubiger von Bekanntmachung, resp. der ersten Einrückung in
die Blätter ab, drei Monate, und Auswärtige, wenn Erblasser Kaufmann war
und seinen Verkehr auch außerhalb der Provinz seines Wohnortes oder ins
Ausland ausdehnte, sechs Monate, ohne sich zu melden, haben verstreichen lassen;
eo) ist dies nicht der Fall, so hat nach der Theilung jeder Erbschaftsgläubiger
die Wahl, ob er sich an die Erben insgesammt, oder an jeden derselben nach
Berhältniß seines Erbtheils, oder an einen unter ihnen für das Ganze halten
wolle. Kann er von einem oder von mehren in Anspruch genommenen Erben
in diesem Falle seine Befriedigung ganz oder zum Theil nicht erhalten, so bleibt
') Rechte, Verbindlichkeiten und Lasten, welche nur der Person oder dem Stande
des Erblassers anklebten, gehen nicht auf die Erben über. In sofern aber aus
Rechten oder Pflichten, die mit dem Tode des Erblassers erlöschen, noch bei
seiner Lebenszeit Folgen entstanden sind, die ein nach Gelde zu schätzendes In»
teresse begründen, so gehört dieses Interesse zum Nachlaß. Ebenso gehen auf
die Erben über: alle Rechte und Pflichten aus Verträgen, Rechte, welche zum
freien Eigenthum zu rechnen, desgleichen diejenigen, welche den Ersatz eines
aus unerlaubten Handlungen entstandenen Schadens betreffen. Hiernach läßt
es sich beurtheilen, welche Klagen Erben anstrengen, und welche gegen Erben
angestrengt oder fortgesetzt werden können. — A. L. R. Einl. Z. 102, 103,
104; Tit. 2, I. §. 4«; Tit. 9, Z. 36« fg. — Einige auf die Erben nicht
übergehende Klagen sind: s) die Klage aus Ehegelöbnissen. Die Erben
des Unschuldigen können Entschädigung und Abfindung vom Schuldigen nur
fordern, wenn sie dem Erblasser bereits rechtskräftig zuerkannt ist. Der
Unschuldige kann gegen die Erben des Schuldigen nur dann auf Entschädigung
und Abfindung klagen, wenn Letzterer sich vor dem Tode an eine andere Person
wirklich verheirathet hat, oder wenn er auf die aus dem Ehegelöbnisse ange
stellte Klage seine Weigerung, die Ehe zu vollziehen, gerichtlich oder doch
schriftlich erklärt hat. — A. L. R. II. 1, §. 124—127. — b) Die Erben
einer Geschwächten können vom Schwängerer eine Ausstattung nur in sofern
fordern, als dieselbe der Erblasserin bereits rechtskräftig zuerkannt ist. —
Z. 1088 daf. — c) Ehescheidungsstrafen können die Erben des unschul
digen Ehegatten aus dem Vermögen des schuldigen nur dann fordern, wenn
dieselben dem Erblasser bei seinem Leben bereits zuerkannt waren, und dag
Urtel vor oder nach seinem Tode rechtskräftig oder in den folgenden Instanzen
bestätigt wird. — Z. 83« das. — 6) Hat der Vasall wegen begangener Felonie
das Lehn verwirrt, so findet die Rüge gegen die Leibeslehnserben des Vasallen
nur dann statt, wenn gegen diesen auf Einziehung des Lehns vor seinem Tode
wenigstens in einer Instanz rechtlich erkannt warj ist aber der Lehnsherr, ehe
er die Felonie gerichtlich gerügt hat, gestorben, so kann der Nachfolger in der
Regel nicht, unb ausnahmsweise nur dann klagen, wenn der Lehnsherr durch
die Felonie das Leben verloren, ohne die Felonie ausdrücklich erlassen zu haben.
" ' Zl. L. R. I. 18, 624—629. — e) Die Jnjurienklage kann gegen die Erbe»
d«S Beleidigers nicht angeftttngt werden. — Zl. «. A. U. SV, §. SOS. ^ ,i
33
ihm dennoch sein Nicht ,tg» die Miterbm. «. ?. ». I. t?> Z. 1S7, Ut, IZß,
1S7— 1«, Ul^lSb. «est». v«n 17. Mörz 18«, Z. M. ». «Ä. 1U>
Aut-nahMtweise Ktzmulatiou von Klagen.
I. 1?. In ander» Fällen, in denen mchre Personen weder als Korporation«»
oder Gemeinden, noch fönst, z. B- als Erden »der Hanblungtgenossen ,c. rechtlich
alt eine Person zu erachten, können in der Regel Mehre als Kläger oder Beklagte
i» eine« Prozent nicht auftreten. Ausnahmsweise ist dies nur dann zuzulassen,
»enn Mchre alt Mitberechtigte oder Mitverpslichtete zu betrachten sind,
die aus einerlei Geschäfte, Bertrage oder unerlaubte» Handlung etwas fordern od»
in Anspruch genommen «erden. Doch müssen auch hier die Forderungm der meh«
nn Konsorten, od» die Ansprüche gegen sie zum besondern Prozeß verwiesen wer«
de», sobald aus einer solchen gemeinschaftlichen Ausführung in der Sache selbst
Verwirrungen zu besorgen sind.
Bon Amtswegen können aber selbst die, welche aus einerlei unerlaubte» Hand»
lung Ansprüche gegen dieselben Beklagten zu machen haben, zur Kumulation der
Klagen nicht anschalten werden.
Ist der Anspruch der mehren Kläger «der gegen die mehren Beklagten nicht
ans einerlei Fundament entsprungen, >) oder sind ein Theil der Letztem nur s»bsi-
diarisch verpflichtet, 2) f« ist eine Kumulation der Klagen unzulässig. In dritter
Instanz kann ein« solche niemals mehr gestattet werden. — A. G. O. 8- 35— S7,
I. t. — «et», vom 11. Februar 1837; vom 12. August 1822; vom ö. April 1S29
«nd vom 17. Dec. 1842 in Gräff, «och ,c. lll. «. 77 fg.
Dritter Xitel.
Vp« Se>icht<fta«dt.
Begriff und Eintheilung.
Z. 18. Jede Klage muß bei denjenigen Gerichten verhandelt werden, an welchk
sie entweder durch allgemeine Gesetze, oder durch besondere in einer Provinz oder an
einem Orte bestehende Vorschriften gewiesen ist. Dieses die Zivilstreitigkeiten lösende
Gericht wird in der Regel Aivilgericht genannt, zum Unterschiede vom Kriminal
gericht, welches die der richterliche» Kognition unterliegenden Straffälle untersucht
»gd resp. entscheidet. Letzteres, falls es nicht zugleich mit Ziviigerichtsbarkeit be»
liehen ist, stellt die Schadloshaltung eines durch ein Verbrechen Beschädigten mit
diesem Verbrechen nur in sofern fest, als sie gleichzeitig mit der Untersuchung des
Verbrechens erörtert werden kann. Ist dies nicht zugleich thunlich, oder wird eine
besondere Klage deshalb angebracht, so gehört der desfallsige Prozeß vor den erdenk
«che» persönlichen Richter de« Beschädig erg. — Überhaupt gilt in Bezug auf
2) Gegm den Trassanten und Akzeptanten eines Wechsels kann nicht in einem
und demselben Prozesse geklagt werden. Das Klagesundament ist gegen beide
verschieden; nämlich gegen den Akzeptanten seine Akzeptation, und gegen
de» Trassanten auf eigene Ordre sein Giro in Verbindung mit der nicht
erfolgten Zahlung. — Res«, vom 21. April 1842. I. M. B. S. 177.
>) Der hier zum Grunde liegende Fall des Rescr. vom 11. Februar 18Z7
betraf eine Regreßklagt wegen Geld»«, die an nicht legitimirt, Empfänger
Htjahitz waren,
S
5«
gktlprozesse Ott Regel, da? jeder Prozeß im GertchtSfianbe >) der t»
Anspruch genommenen Person oder Sache anzustrengen sei. Sei
Vertretungen (z. B. durch einen Bormund) gehört die Klage vor dai dem zu
Vertretenden vorgesetzte, Gericht, da dieser als Beklagter anzusehen. — So
tald die Sache einmal anhängig ist, bleibt sie bei demselben Berichte, wenn auch
b« Beklagte seinen Wohnsitz oder Gerichtsstand 2) in der Folge verändert.
Der Gerichtsstand kann sein:
. l. Der ordentliche, welchem alle an einem Orte, in einem Distrikte oder m
einer Provinz befindlichen Personen oder Sachen, oder alle daselbst vorkommend«
Geschäfte von einer gewissen Art nach gesetzlichen Borschriften unterworfen sind.
Der ordentliche Gerichtsstand wird:
Z) Der persönliche genannt, wenn er durch den Ort, wo Jemand wohnt (forum
Domicilii), oder durch den Ort der Herkunst (forum origiuis), oder durch den
Aufenthaltsort (das Forum des Vagabunden), oder durch gewisse persönliche
Eigenschaften, mit welchen die Gesetze die Unterordnung unter dieses oder jenes
Gericht verbunden haben, bestimmt wird.
Z) Der dingliche Gerichtsstand wird durch den Ort bestimmt, wo eine Sache
sich befindet. Demnach hat der für einen Ort oder Bezirk unmittelbar und
zunächst bestellte Richter die Vermuthung für sich, daß alle in diesem Ort«
«der Bezirke befindlichen Sachen seiner dinglichen Gerichtsbarkeit unterworfen sind.
Z) Spezialgerichtsstand (forum specisle «süsse) heißt endlich da« Gericht,
welchem gewisse in einem Gerichtsbezirk vorfallende Rechtsangelegenheiten, ihr»
besondern Beschaffenheit wegen, ohne Rücksicht auf den sonstigen persönlichen
oder dinglichen Gerichtsstand beigelegt worden.
II. Er kann ein außerordentlicher Gerichtsstand sein:
Z) wenn der Staat in einzelnen Fällen zur Beförderung einer schleunigen und un«
parteiischen Rechtspflege, oder um die Vervielfältigung der Prozesse zu verhüten,
eine Ausnahme von dem ordentlichen Gerichtsstande zu machen für gut findet;
ö) wenn die Parteien mit Erlaubniß des Staats einem andern, als dem ordent«
lichen Gerichtsstande entweder durch ausdrückliche Erklärungen, oder durch vor«
hergehende Handlungen, woraus das Gesetz ihre Einwilligung folgert, sich un»
«ttwerfen. — A. G. O. I. 2, §.1—7, 173, 4S. Kr. O. §. S, 637.
l. jdrdentUcher Gerichtsstand, und zwar:
1. persönlicher, «) des Wohnsitzes.
§. 19. In der Regel steht Jeder unter dem Gericht, welches für den Ort od»
Bezirk, in welchem er wohnt, zunächst und unmittelbar bestellt ist, gleichviel, od
die Gerichtsbarkeit dem Landesherrn oder einem Privaten zusteht. Dieser «rdent»
liche persönliche Gerichtsstand wird jedoch noch nicht durch den bloßen Auf«
enthalt, sondern nur dadurch begründet, daß Jemand an einem Orte feinen be»
ständigen Wohnfitz aufgeschlagen hat. Wenn daher Jemand, selbst eine ge«
räume Zeit hindurch, wegen seiner Geschäfte oder Gesundheit, oder wegen Studb
>) Es kommt dabei auf den Zeitpunkt der Klagebehändigung an. Verzieht Be«
klagter in der Zeit von Anbringung der Klage bis zur Behändigung, so muß
die Sache, in sofern sie ins persönliche Forum gehört, an den persönlichen
Richter des neuen Wohnorts des Beklagten abgegeben werden. Rur in Betreff
eines Schwängerers findet die Ausnahme statt, daß gegen ihn die Geschwächte
auch im Gerichtsstande, in welchem er sich zur Zeit der Schwängerung befand,
aus der Schwängerung klagen kann. — A. L. R. II. I, §. 1037.
>) S. B. wenn ein Komerzienrath seine Handlung ganz niederlegt, und dadurch
<«S dem Gerichtsstand dkS UntergerichtS in den des ObergerichtS iibergeht.
35
rms, oder um einem drohenden Arrest, einer Krieg«« oder andern Gefahr zu ent
gehen, an einem Orte sich aufhält, so kann daraus noch nicht die Ausschlagung eine«
beständigen Wohnsitzes daselbst gefolgert werden. Bielmehr muß die Absicht,
einen solchen an einem Orte ausschlagen zu wollen, in jedem Falle entweder aus
drücklich, oder durch Handlungen oder Thatsachen geäußert werden.')
Solche stillschweigende Äußerungen müssen jedoch von der Art sein, daß daraus mit
Zuverlässigkeit auf die Absicht des Handelnden geschlossen werden kann. Sie
setzen auch Personen voraus, welche durch Willenserklärungen sich rechtsgiltig ver
pflichten können. — Auf die Beschaffenheit der Wohnung und die Art der Erwerbs-
thätigkeit kommt es bei der Absicht, einen Wohnsitz zu begründen, nicht an.
Das Gesetz will die Begründung des persönlichen Gerichtsstandes des Wohnorts
durch stillschweigende Äußerungen und Handlungen insbesondere angenommen wissen,
wenn Jemand an einem gewissen Orte:
1) ein Amt, welches seine beständige Gegenwart erfordert, übernimmt;
2) Handel und Gewerbe daselbst zu treiben anfängt, oder, was diesem gleich
ist, als Tagelöhner oder Arbeitsmann für beständig oder auf lange Zeit an
einem Orte sich niederläßt;
5) sich dafelbst alles, was zu einer eingerichteten Wirthschaft gehört, an-
schast. Wer an zwei verschiedenen Orten völlig eingerichtete Wirthschaftm hat,
und abwechselnd bald an dem einen, bald an dem andern Orte sich aufhält,
«der Gewerbe treibt, muß die Gerichte beider Orte als seinen persönlichen Ge
richtsstand anerkennen und es hängt von der Wahl des Klägers ab, wo ihn
derselbe belangen will.
4) Die Übernahme einer Pacht, verbunden mit dem persönlichen Aufenthalte auf
dem gepachteten Gute begründet den Wohnsitz des Pächters. Ist im Pachtver
trage verabredet, daß der für seine Person nicht schon aus andern Gründen
unter dem Obergericht stehende Pächter von der Gerichtsbarkeit des Verpächter«
(dem Patrimonialgericht) ausgenommen sein solle; so gilt diese Verabredung in
Absicht der Zivilprozesse zwischen Verpächter und Pächter als Kompromiß, und
das Obergericht muß solche vor seine Kognition ziehen. — Bei andern Klage»
gegen den Pächter hängt es, einer Verabredung ungeachtet, vom Gutbefinden
des Obergerichts ab, ob es sich der Kognition unterziehen, oder sie an da«
Gericht, vor welches die Sache gehören würde, zurückweisen will.
5) Gesellen haben da ihren Wohnsitz, wo sie in Arbeit stehen, in sofern nicht au«
In Folge der Gefetze vom St. December 1342 über die Aufnahme neu anzie
hender Personen (GS. 1843, S. S) und über die Verpflichtung zur Armenpflege
(GS. 1843, S. 8) ist mit Bezug auf Beantwortung der Frage : welche Ge
meinde zur Verpflegung eines verarmten Gemeindegliedes verpflichtet sei?
der Wohnsitz an einem Orte dann für begründet anzunehmen, wenn Jemand
entweder s) daselbst als Mitglied ausdrücklich aufgenommen worden, oder b)
sich bei der Polizeibehörde des Orts, den er als Wohnort wählt, gemeldet,
eine Bescheinigung darüber erlangt, und demnächst daselbst ohne begründete»
Widerspruch wirklich seine Wohnung aufgeschlagen, oder «) nach erlangter
Großjährigkeit während der drei letzten Jahre daselbst seinen gewöhnlichen Auf
enthalt gehabt hat. — In den gesetzlichen Vorschriften über Begründung des
Gerichtsstandes ist zwar durch diese Gesetze Nichts geändert; doch werden die
selben bei Zweifeln darüber: ob Jemand an einem Orte seinen Gerichtsstand
begründet habe? oft Erläuterungen gewähren.
2) Geht eine entgegengesetzte Absicht hervor, z. B. bei Maurern, Zimmerleutm,
Pflasterern, Eisenbahnarbeitern ie., die oft nur den Sommer über auf Arbeit
gehen, um demnächst wieder zu ihrer in dem bereits konstituirten Wohnort
zurückgelassenen Familie zurückzukehren, so begründet dieser nur zeitige Auftnt
halt Km Domizil.
36
ihren anderwetten auSdräcttichu, od» stillschweigend«, Äußerung« h«»«rMt,
daß nur die Absicht vorübergchenden Aufenthalts obwaltet («f. Anm. 2, S. SI).
Befinden sich dieselben jedoch noch unter väterlicher Gewalt oder Bormundschaft,
so sind sie nur in Injurien-, Alimenten- und Entschsdigungsprozessen, so mi«
in allen Rechtsstreitigkeiten, welche aus ihren Dienst-, Erwerbs- und Kontrakts«
Verhältnissen entspringen, dem persönlichen Gerichtsstande ihres Aufenthaltsorts
«nterworfen. Dies gilt auch von Lehrlingen, Handlungsdienern, Kunst
gehilfen, Hand- und Fabrikarbeitern,
b) Der Gesi »bedienst begründet zwar keinen Wohnsitz, in sofern nicht etwa das
Gesinde eine besondere Ökonomie führt (wie z. B. bisweilen bei solche», die
gegen Deputat dienen, der Fall ist); doch steht das Gesinde, welches nicht mehr
unter väterlicher Gewalt oder Vormundschaft sich befindet, in der Regel unt«,
dem ordentlichen Gerichte seiner Herrschaft. Ausnahmen finden statt: s) hin«
sichtlich der auf dem Lande oder überhaupt im Patrimonialgerichtsbezirk einer
Gutsherrschaft sich befindenden Hausofsizianten, Wirthschaftsbedienten derselbe»
und deren Gesinde. Dasselbe steht unter der Patrimonialgerichtsbarkeit, wenn
nicht Verträge oder Provinzialgesetze entgegenstehen, d) in Betreff des Gesindes
der Militairpersonen hinsichtlich der Jnjuriensachen, e) in Betreff der Bediente»
der Studenten. Die sä d und o ^stehen unter dem Gerichte, welchem andere
Einwohner gleichen Standes unterworfen sind.
Bevormundete oder unter väterlicher Gewalt befindliche Dienstleute sind in
Injurien-, Alimenten- und Entschädigungsprozessen und in den aus ihrem
Dienst entspringenden Rechtsverhältnissen dem persönlichen Gerichtsstande ihres
Aufenthaltsorts unterworfen. Überhaupt haben:
7) Alle minderjährigen, oder noch unter väterlicher Gewalt stehenden Personen in
Jnjuriensachen ihres Gerichtsstand »or dem Gerichte ihres Aufenthaltsortes.
Won dem Grundsatz, daß durch stillschweigende Äußerungen und Handlungen
ein Wohnsitz und somit der persönliche Gerichtsstand begründet werden könne, besteht
hinsichtlich der Standesherren eine Abweichung; diese sind niemals aus dem
Grunde allein, weil sie innerhalb des preußischen Staats eine Standesherrschaft be
sitzen, vor den hiesigen Gerichten in blos persönlichen Angelegenheiten Recht zu
nehmen verbunden. Dagegen sind sie, im Falle sie in mehren Bundesstaaten ftan-
desherrliche Besitzungen oder einen auf andere Art gesetzmäßig begründeten, mehr
fachen Personalgerichtsstand haben, nach erlangter Volljährigkeit verpflichtet, vor
dem Oberlandesgerichte, in dessen Bezirk die Standesherrschaft gelegen ist, zu erklä
ren, welchen in - oder ausländischen Ort sie als ihren Wohnsitz betrachtet haben wollen.
Der durch den Wohnort oder Aufenthalt begründete persönliche Gerichtsstand
hört auf, wenn Jemand dcn Wohn- oder Aufenthaltsort gänzlich verläßt und
entweder seinen Wohnsitz auf gehörige Weift anderswo aufschlägt, oder Bagabunde
wird. Der Aufenthalt in einer Strafanstalt zur Strafe ist jedoch nicht geeignet,
den bisherigen Gerichtsstand des Züchtlings zu ändern, so wie dadurch auch kein
neuer Gerichtsstand begründet werden kann. — A. G. O. das. §. 3 bis 16, 22.
Anh. §. 5, 19 und 28. — A. L. R. I. 4, z. 53, 59, 63; II. 17, §. 19 fg., 47.
Eab.-Ordre vom 4. Juli 1832. GS. S. 175. — Res«, vom 11. April 1823.
Jahrb. 21, S. 264. Gräff 2, S. 1«. — Rescr. vom S. Mai 1335. Jahrb.
45, S. 540. Gräff 8, S. 133. Rescr. vom 5. October 1821. Mannkopf A.
G. O. I. S. 145. — Rescr. vom 1«. März 1827. v. K. Ann. 11, S. 149.
— Rescr. vom 19. Febr. 1823. Jahrb. 21, S. 255. Gräff 1, S. 273. —
Rescr. vom 10. October 1823. Jahrb. 22, S. 217. Gräff 4, S. 141. —
Jnstr. vom 3«. Mai 182«, g. IS. GS. S. S4. — Reglem. vom 2S. Dec. 1810.
SS. S. M.
d) der Herkunft (forum origims),
§. 2«. So lange Jemand noch nicht gemäß §. 19 einen eigenen Wohnsitz
genommen hat, bleibt er im Gerichtsstände
L) de« Vaters, wenn dieser lebt, gleich viel, ob derselbe durch eheliche Zeugung
oder durch Adoption >) Vater ist, und zwar mit Rücksicht auf dessen jedesma«
ligen Wohnort j
2) der Mutter, wenn ex uneheliche« Kind «) oder in einer Ehe zur linken Hand
gezeugt ist, »)
S) der Pflegeeltern, so lange er a« ein von seinen Eltern verlassenes Kind sich l»
deren Pflege befindet; ^)
H Ist der Vater gestorben oder mit Aurücklassung von Kindern au« dem Land,
gegangen, so behalten die bei seinem Tede oder bei der Entfernung in seiner
Gewalt befindlich gewesenen zurückgebliebenen Kinder den Gerichtsstand dkl
letzten inländischen väterlichen Wohnort« bei.
Hatte der Vater zwei persönliche Gerichtsstände, so währt derjenige fort, l»
welchem gesetzlich die Bevormundung zu veranlassen, nämlich, >«nn der eine
väterliche Gerichtsstand vor einem Obergcricht, der andere vor einem Unter«
gericht war, der erstcre; wenn aber beide Gerichte von gleicher Qualität waren,
der Gerichtsstand, in dessen Bezirk der Vater seinen letzten wirklichen Wohn»
sitz hatte.
5) Ist der Vater unbekannt, oder das Kind nicht aus einer Ehe zur rechte«
Hand, so richtet sich beim Tode oder bei Entfernung der Mutter in gleiche«
Art, wie sck 4 in Betreff des väterlichen Gerichtsstände« bestimmt ist, der
Gerichtsstand der Herkunft eines solchen KindeS nach dem Gerichtsstände b»
Mutter.
6) Bei ausgesetzten Kindern, in Betreff deren der letzte Gerichtsstand der Mutt«
unbekannt ist, bestimmt der Geburtsort, und wenn auch dieser unbekannt, der
Untergerichtsbezirk, in welchem sie gefunden worden, den Gerichtsstand dtt
Herkunft.
Bon vorstehenden Regeln finden folgende Ausnahmen statt:
Referendarien und Auskultatoren stehen, wmn sie auch noch minderjährig
Wer unter väterlicher Gewalt befindlich sind, unter der Gerichtsbarkeit de« Ge«
richts, von dem die Mitglieder der Behörde, bei welcher sie arbeiten. Recht zu
nehmen haben.
>) Z. B. in obigem sub H,. erwähntem Falle, oder wenn das Kind geadelt wird.
>) Auch in diesen beiden Fällen wird vorausgesetzt, daß derselbe weder im Jn-
noch im Auslande einen festen Wohnsitz hat, da der mit einem Wohnsitz ver
sehene niemals Vagabunde ist. — Ol. Rescr. vom 17. August 1832 in Gräff,
Koch :e. Suppl.-Bd. zu den Ergänz, der A. G. O. S. 18.
») Die A. G. O. spricht im 8. 24, I. 2 auch von Gutsunterthanen, daß sie ohne
Willen der Gutsherrschaft den Wohnort nicht verändern können. Durch die
«euere Gesetzgebung, in Folge deren die Erbunterthänigkeit aufgehoben, ist diese
und ähnliche Bestimmungen antiquirt.
S) »enn Kkntt «es» Mt v»«egt, Ue Klage gegt» ihn als Zkbwestnien kj. ».
wegen Ehescheidung) aber zulässig ist, in seinem letzten Gerichtsstände de«
Wohnort«, «der, in dessen Ermangelung, der Herkunft. — Demnach ist der
Schuldner, «elcher seinen neuen Aufenthalt verheimlicht, al« Bagabunde anzu«
sehn, und sein Gerichtsstand da, «g sein zurückgelassene« Vermögen sich befindet.
— A. G. O. I. 2, Z. 22—2S, Tit. 7, Z. 13. — «escr. vom Sl. Mai 182l.
Sröff, Koch ,e. Ul. S. SS.
ck) der Fremden (Gerichtist. de« Aufenthalt«),
Z. 22. Unter dem Ausdruck „Fremder" wird hier jeder Ausländ« verstau«
de», welcher im hiesigen Lande keinen Wohnsitz hat. E« gehören darunter auch
diejenigen au« dem diesseitigen Militairverhältnisse entlassenen AuilSn»
der, welche »ach erhaltener Dimission die hiesigen Lande sogleich verlassen habe«,
ohne darin einen Wohnsitz zu nehmen.
1. Steht ein Fremder im Begriff, sich im hiesigen Lande niederzulassen, ') st
kann er:
») wenn er darin noch keinen bestimmten Wohnsitz genommen hat, bei den ordent«
lichen Gerichten de« Ort«, wo er sich aufhält, belangt werden; gehört er ab»
nach seinen persönlichen Eigenschaften zu den Erimirten, so ist er beim Ober«
gericht der Provinz, in welcher er sich befindet, in Anspruch zu nehmen;
d) Hat er sich über den Ort, wo er im hiesigen Lande seinen Wohnsitz nehmen
will, schon deutlich geäußert, so kann er bei den ordentlichen Gerichten diese«.
Ort« belangt werden, selbst wenn er sich noch auf der Reise dahin befindet. 2)
2. Blo« durchreisende oder vorübergehend im hiesigen Lande weilende Fremde ha»
ben hier keinen persönlichen Gerichtsstand. Sie können jedoch, und zwar bei den«
jenigen Gerichten, welchen Inländer von gleichem Range und Stande un«
terworfen sind, belangt werden:
») wegen der im Jnlande begangenen Injurien. Die Eivilgerichte sind hi»
auch gegen fremde Militairpersonen kompetent, so daß fremde Offizier« unter
die Obergerichte der Provinz gehören;
K) wegen Schadloshaltung, sofern die Erörterung der Entschädigungssumme gleich«
zeitig mit der Untersuchung de« den Schaden herbeiführenden Verbrechen« ersolgtß
e) au« den im Jnlande geschlossenen Kontrakten und geführten Verwaltungen >
ck) mittel« de« Arrestprozesse«;
«,) sofern bewegliches ') oder unbewegliche« Vermögen «) de« Fremden im hiesige»
i) Die Srlaubniß zur Niederlassung wird den Ausländern von der betreffende»
königl. Regierung ertheilt. — Res«, vom 1«. Sept. 1829. Ann. der inner»
Verw. S. Sös.
«) Hat ein Ausländer, wenn auch als Deserteur, im preuß. Staate sich nieder«
gelassen, so kann er beim inländischen Gericht gegen seine im Auslande zurück«
gebliebene Ehefrau auf Ehescheidung klagen. — Rescr. vom 2S. Oct. 1799.
Stengel Bd. 15, S. 292. Rabe Bd. 5, S. S97.
») Auch Aktiva, die im Jnlande ausstehen, sind diesem zuzuzählen, und begründe»
hier einen Gerichtsstand gegen den ausländischen Gläubiger. — Ls. Rescr. vom
9. Juni 182« in GrSff, Koch :c. Suppl.-Bd. z. Erg. z. A. G. O. S. 31.
«) Sin zum Auslaufen fertiges und beladene« oder im Laden begriffene« Schiff,
so wie die Waaren, welche sich schon über dem Bord de« Hauptschiffe« befin»
den, können nach §. 1409—1419, II. 8 A. L. R. nur wegen Eigenthums«
ansprüchen oder aus andern Gründen, nicht aber wegen Schulden mit Arrest
belegt werdm; und e« darf nur ein vorläufige« Pfandrecht auf diese Gegen«
stände bestellt werden, wenn die Erfordernisse eine« Realarreste« vorbände»
find. Diese Bestimmungen gelten offenbar auch in Bezug auf die Ausländer»
gehörigen Frachtschiffe. — tt. Rescr. vom 17. Febr. 1SSS in GrSff, Koch:c.
VuppkBd. z. Erg. z. A. y. O. S. Sl,
Siwbe sich ieMet, unb bk Befriedigung s«S demfewm cMcht »«b. ') Poch
soW» Uüt«rtha»r« der tmtfch« BundtSstaaten in diesem KsSe i» ihrem per«
flnlichen ausländischen Gerichtsstände belangt werden, 2) in ssfer» nicht 6wa
t» Bezug auf einen Staat Wiedervergeltungsrecht zu iiben. s) .
t) F» Folge nothmenbiger oder freiwilliger Prorogatie».
g) Dem dingliche» Gerichtsstande find ausländische Besitzer hiesiger Grandftücke in
gleicher Art, wie Inländer selbst in Bezug aus die mit dem Besitze z»fmmnen-
hängenden persönlichen Ansprüche unterworfen.
d) Königliche Ätularbediente, welche einen auswärtigen Wohnsitz haben, und in
den königl. Staaten nicht angesessen sind, können bei den hiesigen Gerichten nur
dann belangt werden, wenn sie im Jnlatide sich wirklich, wenn auch n«r eine
Zeitlang, aufhalten.
ZZ Wenn ein Ausländer, der auswärts keinen Wohnsitz hat, oder diesen auswär
tigen Wohnsitz verschweigt, während feines Aufenthalts im hiisigen kande eM
' hiesige Unterthanin heirathet, ohne ihr bekannt zu machen, da^ er in hiesigen
Landen zu bleiben nicht gemeint fei, so kann, wenn er auch daselbst «Ken M
deutlichen Wohnsitz nicht aufgeschlagen, und nach geschlossener Eh« sich wMerüm
Vntfernt hätte, dennoch bei dem inländischen Gerichte, in dessen Bezirk die Ehe
geschlossen worden, auf deren Trennung wider ihn geklagt werden. In ändern
Fällen dagegen gehört die Ehescheidungsklage stets und selbst dann, wenn die
Ehefrau dem Manne ins Ausland zu folgen nicht verpflichtet wäre, vor ven
persönlichen Richter des Ehemannes. — A. G. O. I. 2, tz. 26—SS. Ach. Z. 8.
§. 6«. Anh. §. 22 z S. S4, 59 fg., 129, 17S. Anh. K. «8. AnH. I. Z4i —
Berordn. vom 7. Juli 1819. GS. S. 212. — KoNbent. vom Z«. August
1319. GS. S. 1 des Anh.
' 8. Die am hiesigen Hofe akkreditirten Gesandten, GischöflSträger (<Mltz6j ck'S?.
Kires) und Residenten fremder Mächte sind persönlich der hiesigen Grttchtt-
iarkelt nicht unterworfen. Gleiches gilt in Betreff ihrer Frauen, iyrks MMgeÄ>
und aller in ihrem Dienst befindlichen Personen, in Betreff Nestr, ft llckze der
Dienst währt. Heirathen hiesige Unterthanen weiblichen GefchKchK fiemde Ge
sandten, Residenten zc., oder Personen ihres Gefolges von höherem AaHe, näch
Vorausgegangener Ertheilung des AuswanderungsiKnftnfei Seitens der Hiesigen be
treffenden Provinzialregicrung, so gehen sie m den Gerichtsstand ihrer MSnnler
Lber. Bei Ehefrauen der Domestiken und Bedienten der Gesandten ist dies» M:
der Fall, wenn sie ebenfalls im Dienst des Gesandten stehen/ ober wettn sie ntK
ihrem Manne im Haufe des Gesandt«? wohnen. — Die GrMdten können selbst
durch Vertrag dem hiesigen Gerichtsstande sich nicht unteriverM.
Klagen gegen die zu einer Gesandtschaft gehörenden oder in deren Dienst ste
henden Personen können bei hiesigen Gerichten nicht angenommen,, sie müssen viel
mehr an den Gesandten gewiesen, oder es muß dem Departement der auswärtigen
5) In Fällen, wo es auf Erstreitung einer im Auslande eröffneten Erbschaft an
kommt, gehört jedoch der Prozeß in den ausländischen Gerichtsstand des Erb
lassers, wenn auch ein Thcil des Nachlasses sich im Jnlande befindet. — Rescr.
vom 21. April ISIS a. a. O. S. 30.
2) Gegen nicht preußische Unterthanen der teutschen Bundesstaaten können, daher
im Jnlande Klagen angestellt werden, in so weit sie durch das dingliche Forum
begründet, oder wenn sie mit einem begründeten Arrestgesiiche verbunden, oder
wenn sie durch Retorsionsrecht gerechtfertigt find. — Lf. auch Rescr. vom 27.
August 1S19 in Gräff, Koch zc. Wuppl.-Bd. z. Erg. z. A. G. O. S. 3«.
Zur. Woch. IM, S. 302.
») Dies ist in Betreff der in Preussen mit Grundeigenthum angesessenen rurhessi
schen Unterthanen der Fall. — Mescr, vom St. Stt. 4SSS. JakM 4S, A 486.
Xngtltgtnheite» txw«, Ztnzcjge gemacht »erden. Selbst als Zeuge kann ^ne ftlche
PersM vom hiesigen Gericht nicht vorgeladc», es maß vielmehr die Sache dem
gedachten Departement angezeigt werden.
Besitzt aber eine zur fremden Gesandschaft gehörige Person im Jnkande Grund
stücke, so muß sie den dinglichen Gerichtsstand anerkennen. Doch muß , »en» nicht
von eigentlichen Realklagrn die Rede, und der Gesandte, Geschäftsträger tt. «der
dessen Ehefrau selbst der Besitzer ist, vor Grlassung der Vorladung erst beim aus
wärtigen Departement angefragt werden.
Erhalten hiesige Unterthanen die Erlaubniß, ein Kredit!« von einem fremden
Hofe anzunehmen, so wird ihr Gerichtsstand nach den bei Ertheilvng dieser Er-
Wnbniß ihnen gemachten Bedingungen beurtheikt. Ist hier eine Befreiung von
der inländischen Gerichtsbarkeit nicht ausgesprochen, so sind sie in ihren Privat
handlungen der inländischen Gerichtsbarkeit unterwotfen.
We Konsuln fremder Nationen sind in ihren Privatangelegenheit», den Lan
desgerichten, und zwar denen unterworfen, zu welchen sie durch ihre sonstigen
persönlichen Eigenschaften gewiesen sind. Doch kann gegen sie, so lange sie m wirk
licher Funktion stehen, und keine kaufmännischen Geschäfte im Jnkande betreiben,
ohne Rückfrage beim auswärtigen Departement, kein Personskarreft stattfinden.
Die Justizbehörden berichten deshalb an das Justizministerium. Übrigen« hat der
preußische Staat auch in Betreff der Gesandten für den Fall, daß auswärtige Höfe
wegen der hiesigen bei ihnen beglaubigten Gesandten verschiedene Grundsätze befol
gen, die Ausübung des RetorfionSrechtß sich vorbehalten.
Die Wittiven der Gesandten, LKsr^eg d'sSsir« und Residenten auswürtiger
Höfe können in den Fällen, wenn sie vor ihr» Werhcirathung Landesunttrthdnen
«»«»>, oder noch dem Tode ihrer Männer in hiesigen Landen bleiben »ollen, auf
Befreiung bin der hiesigen Gerichtsbarkeit keinen Anspruch machen. — A. G. O.
§. 62—7«; §. 93 a. a. O. — A. L. R. Einl. Z. 4Z fg. — Deklartltivn vom 24.
Sept. 179«, Akad. Ed«.-Samml. Bd. 1«, S. 1757. — Bervrdn. vom 15. Sept.
1818. GS. S. 175, §. 4. — Rescr. vöm 4. April 1823. Grösf, «och n. Ul.
Si 110. — Resrt. vom 1«. Mär, tSIS. Jahrb. S> S. tt. Griiff 2, S. 29.
«) Persönlicher privrlegirter Gerichtsstand;')
gs) durch Geburt.
^. Ä. Durch Geburt erhalten :
1) sammtliche Prinzen und Prinzessinnen, welche zum königlichen Hause
gehören, ihren Gerichtsstand bei dem mit dem Kammergerichte verbundenen
Geh. Justizrache, 2) in sofern nicht durch Hausverträge und Verfassungen in
Ansehung gewisser Fälle und Angelegenheiten ein Anderes bestimmt ist. — Vor
iMeS Forum gehören auch die Gesindesachen der Prinzen vom königlichen Hause,
stlbst wenn diese im Kriegsdienst stehen, und zwar sowohl dann, wenn einer
ihrer Domestiken selbst, oder ein Dritter sie belangt, als wenn sie einen ihrer
Domestiken belangen. — In Sachen, welche ein Immobile betreffen, müssen die
Prinzen und Prinzessinnen vom königlichen Hause im dinglichen Gerichtsstande
Recht nehmen, ausgenommen, wenn der Gegenstand nach den feststehenden
Die Pfälzer Koloniegerichte und die Exemtion der Juden sind aufgehoben, und
somit die K. 30 — 40, I. 2 A. G. O. aoDer Anwendung. — Der Gerichtsstand
mitteivmswürdiger Personen ist schon in der A. G. O. a. o. O. Z. 1«6 auf
gehoben. , . . . ^
5) Das Plenum de« Jnstruktionssenat« bearbeitet all« ihm als Geheime« Justiz-
Käth zugewiesenen Rechttangrlegenheiren. — Lk. Starke, Beiträge zu, Ter.
V. ll. Th., 2te Abth., S. Sv ö as.
«rundsStzt» z» dm «sn de« König« Majestät ju tefttmmendtn Hausau«trSge»
geeignet ist. — z. 41, l. 2 A. G. O. — Rescr. vom IS. Juni 1S0S. SS. v.
1S«5, S. 2949 fg. — Eab.-Ordre vom 17. Juni 1SVS. MathiS 9, S. SIS.
GS. 1S06, S. «71.
S) Die Standesherren und die Mitglieder ihrer Familien haben für Zivilst«!,
tigkeiten einen privilegirten Gerichtsstand, dergestalt, daß in ihren persönlichen
Rechtssachen, so wie in denen, welche ihre standesherrlichen Besitzungen oder die
diesen anklebenden Gerechtsame betreffen, das Obergericht kompetent ist, in dessen
Sprengel sie in Hinsicht auf ihren Wohnort, > ) oder nach den übrigen bei der
Sache eintretenden Verhältnissen zu Folge der Landesgesetze gehören. Gewillkürte
und testamentliche, insonderheit Stamm - und Familienauströge, sind in Zivil«
streitigkeiten der Mitglieder einer ftandesherrlichen Familie unter sich in sofern
kompetent, als diejenigen Verfügungen, worin solche festgesetzt sind, die königlicht
Bestätigung erhalten haben. 2) — z. l4 und 15 der Jnstr. vom SV. Mai 1320.
GS. S. »4.
S) Alle Personen fürstlichen, gräflichen, freiherrlichen und «blichen Stande« stehen
unter der Gerichtsbarkeit der Obergerichte der Provinzen, in welchen sie wohne».
Auch regierende teutsche Fürsten, desgleichen abgetheilte Fürsten aus den HSi»
fern der regierenden teutschen Fürsten, wenn sie ihren beständigen Aufenthalt in
hiesigen Landen nehmen, müssen sowohl in Rücksicht ihrer persönlichen, al« sol«
eher dinglichen Rechtsverhältnisse, welche die in den preußischen Staaten belege«
nen Grundstücke und Sachen betreffen, die Gerichtsbarkeit der hiesigen Gericht«,
Höfe anerkennen. Doch bezieht sich dieser Gerichtsstand nicht auf die Regenten»
Handlungen der regierenden Fürsten, auch nicht auf Streitigkeiten, welche da«
fürstliche Familienrecht betreffen. — Betreiben Adliche eine Handlung «der ti»
bürgerliches Gewerbe, so sind sie hinsichtlich der darauf bezüglichen Angelt,
genheiten der gewöhnlichen Gerichtsbarkeit unterworfen.
Der durch Adel begründete privilegirte Gerichtsstand geht ganz verloren:
») durch ein auf Adelsverlust lautendes Erkenntnis, z
b) beim weiblichen Geschlecht durch Verheirathung an einen Nichtadlichen. — Bei
Trennung einer solchen Ehe durch Scheidung kann die Frau, sofern sie nicht
für den schuldigen Theil erklärt ist, in den früher« adlichen Stand, also auch
in den Gerichtsstand vor dem Obergerichte, zurücktreten. — Durch Adoption
geht der privilegirte Gerichtsstand der Adlichen nicht verloren, so lange der
Adoptirte seinen adlichen Namen führt. — A. G. O. I. 2, Z. 42. Anh. §. 10,
') ct. jedoch §. 19, S. 36.
Bei Reklamationen, welche von mittelbar gewordenen ehemaligen Reichsständen
oder von Gliedern des vormaligen unmittelbaren Reichsadels auf Grund de«
Art. 6S der Schlußakte gegen die zur Vollziehung des Art. 14 der Bundesakte
erlassenen landesherrlichen Verordnungen, in sofern diese nicht auf Vertrag
beruhen, oder ohne dagegen erhobene Beschwerde in unbestrittener Wirksamkeit
bestehen, bei der Bundesversammlung angebracht werden, soll jedesmal, und
bei Reklamationen gegen spätere einseitige legislative Erklärungen der durch
die Bundesakte ihnen zugesicherten Rechte, so oft das Bedürfniß dazu
sich zeigt, dem in anderweiten Rechtssachen der Reklamanten zuständigen
Obergerichte II. Instanz von der Bundesversammlung der nicht abzulehnende
Auftrag gegeben werden, den Streitfall zu instruiren. Die definitive
Entscheidung ist dann nach Umständen von der Bundesversammlung, oder
auf einen durch Stimmenmehrheit zu fassenden Beschluß von einer richter,
lichen Instanz, so weit derselben der Streitfall von der Bundesversammlung
zugewiesen wird, in deren Auftrag und Namen zu erlassen. — Publ.-
Patent des Bundesbeschlusses vom IS. Sept. 1S42, den 7. Juni 184Z.
GS. 184S, S. SS9.
43
z. 94. - Zt. L. R. n. 1, §. 74«t ll. 2, §. ess, ll. s, z. 6t fg., ll. 9,
76—85. — Rescr. vom 12. Januar 1836. Jahrb. «d. 47, S. 295.
bb) durch Besitz eines adlichen Guts,
§. 24. Wenn der Eigenthümer eines, der unmittelbaren Gerichtsbarkeit einet
Obergerichte unterworfenen, Grundstücks, >) auf demselben wohnt, so hat er, ohne
Rücksicht auf Geburt, Stand und Charakter, seinen persönlichen Gerichtsstand vor
jenem Obergericht. Doch fällt dieser persönliche Gerichtsstand weg, sobald der Ei
genthümer seinen ordentlichen Wohnsitz unter einer andern Jurisdiktion aufschlägt,«)
«der das Grundstück veräußert.
Der auf dem seiner Frau gehörigen Grundstück wohnende Ehemann kann,
wenn er sonst für seine Person nicht eximirt ist, auf den unmittelbaren Gerichts
stand unter dem Obergericht keinen Anspruch machen.
Die Besitzer der veräußerten Domainen-, Erbpacht- und Erbzintvorwerke,
welche in das beim Landeskollegio geführte Hypothekenbuch übernommen sind, haben
ihren Gerichtsstand beim Obergericht; die übrigen auf solchen Vorwerken wohnenden
Personen hingegen, welchen keine Exemtion zusteht, bleiben den Gerichten ihres
Wohnorts unterworsen.
Übrigens genügt die Eigenthumserwerbung und der Wohnsitz auf dem exemten
Gut. Die Besitztitelberichtigung ist zur Begründung des eximirten Gerichtsstandes
nicht durchaus nöthig. — Z. 109, ll. 2 und Anh. §. 33 A. G. O. — Eab.-Ordre
vom 31. Ott. 1831. GS. S. 251. — Rescr. vom 1». Sept. 1830. Jahrg. 36,
S. 158. — Rescr. vom 16. Sept. 1334. Jahrb. 44, S. 82.
cc) durch Exemtion.
Z. 25. Eximirt werden diejenigen Personen genannt, welche mit Rücksicht auf
ihren Stand, Ämter und Würden von der Gerichtsbarkeit des für ihren Wohnort
zunächst und unmittelbar bestellten Gerichts ausgenommen sind. — Diese Eximirten
haben in der Regel ihren Gerichtsstand vor dem Obergerichte, in dessen Bezirk sie
sich befinden. Ausnahmen müssen durch besondere Verordnungen oder durch beson
dere Provinzialverfassungen begründet sein.
Die Exemtion erstreckt sich bloS auf Rechtspflege. Auf Polizeieinrichtungen
und dienstliche Pflichten kann sie niemals ausgedehnt werden. Bei Polizeivergehen
müssen daher auch Erimirte die betreffenden unteren Polizeibehörden als kompetent
anerkennen; und sie haben ferner, wenn ihre unmittelbar vorgesetzte Behörde eine
Unterbehörde ist, auch deren dienstliche Anweisungen und Ordnungsstrafen zu respek,
tiren. — 8. 43, 44, 78, 79. — Rescr. vom 9. Sept. 1834. Jahrb. 43, S. 152.
Gräff 8, S. 143. — Zu den Eximirten und somit unter die Gerichtsbarkeit de«
Obergerichts gehören:
1. Vom geistlichen Stande alle Geistlichen der vom Staate privilegirten^)
Airchengesellschaften, also Bischöfe, Prälaten, Domherren, Vikarien, Offizialen, Äbte
und Äbtissinnen, Prioren und Priorinnen, Pröbste, Superintendenten, PrSpositi,
Erzpriester, Kanonici, Konventualen beiderlei Geschlechts, Pfarrer und Prediger,
i) S. §. 3« sub ll.
>) Wenn der Besitzer des adlichen Guts, welcher aus andern Gründen kein privi-
legirtes Forum hat, zwar im Bezirk des Guts, aber in einem nicht dazu ge
hörigen Hause wohnt, so hat er seinen Gerichtsstand bei dem Untergericht,
welchem dies Haus unterworfen ist. — Rescr. vom 4. Mai 1821. Gräff,
Koch :c. Supl.-Bd. z. A. G. O. S. 28.
«) Rabbiner und jüdische Gelehrte sind also nicht eximirt, da die Jubengemeinden
44
«hne Unterschieb b« ReNgionSpartek, in sofern sie als solche wirklich fungtren.
An Orten, wo den Magisträten Konsistorialrechte verliehen sind, oder wo eS durch
besondere Privilegien, oder vermöge rechtsbeständiger Observanz 2) wohl hergebracht
ist, bleiben die von solchen Magisträten berufenm protestantischen Prediger dem
Stadtgericht unterworfen. 2)
Kantoren, Organisten, Küster, Kirchenknechte, TodtengrSber und andere ihnen -
gleich zu achtende Kirchenbediente sind nicht erimirt; sie stehen vielmehr unter den
ordentlichen Gerichten ihres Wohnorts. — A. G.O. I. 2, Z. 45—47. — A. L. R.
ll. 11, §. 9S, 97.
2. Vom Lehrstande s) die Rektoren, Professoren, Privatdozen»
ten, Syndici und Sekretaire der Universitäten; so wie überhaupt alle, welche
nach vorhergegangener gesetzmäßiger Prüfung ^) akademische Würden erlangt
haben, als Doktoren, Lizentiatcn, Magister :c.; b) die königl. Professoren,
auch wenn sie nicht an der Universität angestellt sind; die Vorgesetzten und
Lehrer akademischer und anderer Gymnasien und sogenannten gelehrten Schulen,
so wie alle Schullehrer, welche ftudirt haben, und nach vorhergegangener Prü
fung der oberen Behörden zum wissenschaftlichen Unterricht der Jugend bestellt
worden sind. Nach Bewandniß der Umstände können jedoch die Obergerichte über
Schulbediente der letzteren Art die Gerichtsbarkeit in einzelnen Fällen den Unter
gerichten übertragen. Auf eximirte Rektoren der Stadtschulen findet aber eine
solche Delegation nicht Anwendung. — Die Schulmeister und Lehrer der sogenann
ten gemeinen Schulen stehen unter dm ordentlichen Gerichten ihres Wohnorts. —
A. G. O. I. 2, Z. 45—47. Anh. Z. 11 z Z. 74, 75. — Reglement vom 28. Dec.
181«. GS. S. 142. — A. L. R. U. 12, §. ?K. — Rescr. vom 29. März 179S.
Stengels Beitr. Bd. 5, S. 233.
3. Die Studiren den sind auf die Dauer, während welcher sie auf einer
Universität immatrikulirt sind, in allen Fällen, die nicht zur akademischen Gerichts
barkeit gehören, s) dem erimirten Gerichtsstand vor dem betreffenden Obergerichte
unterworfen. Ist daher in einem solchen Falle der Beitrit des VaterS oder des
Vormundes eine« Studirenden nöthig, so muß derselbe den exemten Gerichtsstand
ebenfalls anerkennen, übrigens wirkt ein solcher blos temporeller Gerichtsstand
keine Veränderung in den Gesetzen, nach welchen die Person und der Nachlaß eines
solchen Studirenden zu beurtheilen sind («f. oben K. 2«). — A. G. O. I. 2, §. 76.
— Reglem. vom 23. Dec. 1810, §.4—6. GS. S. 142.
4. Die aktiven Militairpersonen haben nur noch in Injurien- und
in Untersuchungssachen (hier mit Ausnahme der Forstkontraventionssachen) ihren
Gerichtsstand vor den Militairgerichten. In allen die Zivilgerichtsbarkeit betreffen
den Angelegenheiten stehen sie unter den Aivilgerichten, und zwar: s) die Ossiziere
aller Grade, gleichviel, ob sie zum stehenden Heere, zur Landwehr, Kriegsreserve
«der zur Gensd'armerie gehören, ferner die Unterstabsbedienten und andere ihnen
1) Sie haben die Exemtion als Beamte des Staats. Haben sie im Staate keine
solche Stellung, so können sie blos aus dem Grunde, weil sie als Priester or«
dinirt sind, auf den eximirten Gerichtsstand keinen Anspruch machen.
>) Ein Rescr. vom 22. Sept. 1804 nimmt an, daß diese Observanz eine in «an-
trsMowri« bestätigte sein müsse. — Mathis 1, S. 4S9. Rabe 13, S.603.
5) In Breslau z. B. haben die meisten protestantischen Geistlichen und die Lehrer
an den Gymnasien in Folge dessen ihr Forum vor dem dortigen Stadtgericht.
«. Res«, vom 26. April 1814. Jahrb. 3, S. 3 tttch 261. Gr« ff 2, S. 19.
«) Honoris csuss Promovirte und voetores, welche ihr Diplom ohne Prüfung
blos gcksuft haben, sind daher nicht erimirk
») Die zur akademischen Gerichtsbarkeit gehörigen Angelegenheiten s. unten jZ. SS,
Nr. 6.
4S
gleich zu achtende Militairpersonen «or dun Obergerichte, in dessen Bezirk ße in
Garnison sind, >) und die, welche nicht in Garnison sich befinden, vor dem Ober
gerichte, in dessen Bezirk ihr Wohnort, eveut. der Ort ihrer Herkunft, liegt j
d) Feldwebel, Wachtmeister, Feuerwerker, Portd'epee-Fähnriche, Unteroffiziere und
(Demeine, Kompagniechirurgen, Stallmeister, Küster, Fahnenschmiede u. dgl., sofern
sie nicht vermöge ihres Standes vor das Obergericht gehören, unter dem Unter,
gericht ihrer Garnison, ohne Rücksicht darauf, ob sie großjährig, oder noch minder»
jährig, oder unter väterlicher Gewalt befindlich sind, und Beurlaubte, Landwehr»
»anner und Kriegsrescrvisten unter dem Untergerichte ihres Wohnorts, resp. ihrer
Herkunft; die Gensd'armen aber unter dem ihres StationiortS. u)
Das Telegrafenkorps bildet eine besondere Abtheilung von Militairbeamten.
Die Oberbeamten, als: Ober-Inspektoren, Inspektoren, JnspektionS-Asfiftenten, ex-
pedirende Sekretaire und Rechnungsführer, Kanzlisten und Regiftratoren haben den
Rang der Offizier«, die Unterbeamtcn, als: Obertelegrafisten, Untertelegrafisten,
Reservetelegrafistev, Kanzleidiencr und Telegrafenboten haben Unteroffiziersrang.
Jene haben daher vor dem Ober-, diese vor dem Untergericht in Zivilsachen ihren
Gerichtsstand. Hatte jedoch ein Unterbeamter vor der Anstellung im Telegrafenkorps
in der Armee den Offiziererang, so behält er denselben, und somit den eximirten
Gerichtsstand auch ferner bei. — A. G. O. I. 2, Z. 48. Anh. Z. 12—2«. —
Mestr. vom 2!. Juni 1819. Jahrb. 14, S. 18. Landwehrordn. vom 21. Rov.
1815, §. 74 fg. GS. S. 77. Berordn. vom 30. Der. 182«. GS. 1321, S. 7.
Sab.-Ordre vom 2. Nov. 1833. GS. S. 29«. — Eab.-Ordre vom 5. Mai 1826.
GS. S. 49. — Eab.-Ordre vom 13. April 1821. Jahrb. 17, S. III. — Res«,
vom 27. Dec. 1842. Just.-Min.-Bl. für 1843, S. 11.
S. Bon den Zivilbeamten (außer den sc! 2 Genannten) sind eximirt und
dem Obergericht unterworfen alle zum Zivilstande gehörigen königlichen, in
wirklichen Diensten stehende Räthe und Beamte, auch Titularräthe, ohne
Rücksicht auf den ihnen sonst beigelegten höheren oder geringeren Rang, und ohne
Unterschied : ob sie zum Hofstaat, oder einem der Landesdepartements gehören.
Dieser Exemtion sind außerdem in Folge spezieller Borschrift theilhaftig: Aus-
kultatoren und Rcferendorien; alle bei Patrimonialgerichten angestellte
Richter ohne Rückficht auf ihr« Wohnsitz; Justizkommissarien, und Justiz»
kommissarien und Rotarien, die bei einem Landes-Justizkollegio ordentlich re»
zipirt und immatrikulirt sind; die Subalternen der landschaftlichen Institute und
i) Bei GarnisonverSnderungen müssen die gegen Militairpersonen schwebenden
Prozesse an die Gerichte des neuen Garnisonorts abgegeben, und von diesen
fortgesetzt werden, tt. Nr. 8. des Eirk.-Rescr. vom 21. August 18«9. Rabe,
Bd. 1«, S. 136; siehe auch Eentralbl. 1838, S. 804.
>) Zur Zeit ist ausnahmsweise durch besondere Anordnungen einigen Militairge»
richten Zivilgerichtsbarkeit verliehen. Nämlich ») in der Festung Groudenz
haben in Folge Delegation die Gouvernementsauditeure die Sivilgerichtsbarkeit
über die dortigen nicht eximirten «Zivilpersonen, und auch über die Militairper,
sonen. Sie sind dabei der Aufficht des Obcrgerichts zu Marienwerder, an
welches auch die Appellationen gehen, unterworfen, b) Im königl. Invaliden«
Hause zu Berlin steht dem Auditeur die Gerichtsbarkeit über die darin wohnen«
den nicht eximirten Invaliden zu, und e) in den Bundesfestungen Luxemburg
und Mainz üben die dortigen Gouvcrnementsgerichte die Sivilgerichtsbarkeit
über die zur Garnison gehörigen Militairpersonen und Beamte und über die
dort sich mit königl. Erlaubniß aufhaltenden inaktiven Offiziere und ihre An
gehörigen. Das Oberlandesger. Hamm ist Aussichts- und Apxellationsinstanz.
«f. Jnstr. vom 15. Sept. I8«9, K. 8. ES. S. 851. — Jnstr. vom 21.J«„.
1812, §. 24. Friccius Mil. GS. S. 91. — Cab.-Ordre vom 19. Zu«
1834. GS. S. 132. — Die Zivilgerichtsbarkeit in der Zitadelle Spandau übt
in Folg« Soh^Sch« »em «. Zehr. ISöö das Land- und StadtM, zu Spagda«.
46
Kredttsyftemez prsmovirte örztez die Assessoren der Pharmazie und Ehirur,
gie bei den Medizinalkollegien; Kreischirurgen und KreisthierSrzte; Kon«
dukteure, welche bei den Regierungen förmlich verpflichtet sind; die Mitglieder
und Offizianten der Akademie der Wissenschaften und der Künste; die bei
Ritterakademieen angestellten Stallmeister und Bereiter; die zum königl.
^ Theater oder zur Kapelle gehörenden Personen; die Inspektoren, Kommis«
sarien und Kontroleurs in den Landarmen- und Jnvalidenhäusern ; solche
preußische Unterthanen, welche nach erhaltenem königlichen Konsenfe entweder in
auswärtige Dienste treten, oder einen Charakter von einem fremden Hofe
annehmen. — A. G. O. I. 2, z. S3— 57, 61, 73. Anh. Z. 7 u. 23. — Cab^
Ordre vom 31. Ott. 1841. GS. S. 292. — A. L. R. II. 17, g. 32. — Rescr.
vom 4. Juni 1314. Jahrb. 3, S. 253. GrSff 2, S. 30. — Res«, vom 9.
März 1821. Jahrb. 17, S. 33. Gröff 2, S. 31. — Rescr. vom 13. Juni 1821.
Jahrb. 17, S. 270. — Rescr. vom 1«. Januar 1832. Jahrb. 39, S. 148. Gräff
S, S. 214. — Rescr. vom 12. Dec. 1831. Jahrb. 38, S. 312. Gräff 12,
S. 214. — Von den Eximirten haben jedoch:
^. die königl. an auswärtigen Höfen akkreditirten Gesandten, Residenten
und OKsrgös ü'stksires, so wie alle zur Gesandtschaft gehörenden Personn»
ihren persönlichen Gerichtsstand bei dem mit dem Kammergerichte verbundenen
geheimen Juftizrathe. Doch werden dadurch, wenn sie, vor ihrer Verschickung
auf Gesandtschaft, bereits einen ordentlichen persönlichen Gerichtsstand in hiesigen
Landen gehabt haben, die übrigen davon abhängenden persönlichen Rechte nicht
geändert. — g. 71, 72; I. 2 A. G. O.
L. Alle Klagen, mit Ausnahme der Ehescheidungsklagen, gegen die Hofdienerschaft
des Königs, so wie gegen die der Prinzen und Prinzessinnen des königl. HauseS,
so weit diese Dienerschaft bei Hofhaltungen angestellt ist, die sich in Berlin,
Potsdam, Charlottenburg und den Umgebungen dieser Städte, so wie den be
nachbarten Dörfern befinden, und zwar gegen alle Offizianten und Hofbediente,
von dem Kammerherrn einschließlich und denen, die diesem gleichstehen, abwärts,
und gegen alle Gartenbediente vom Hofgärtner einschließlich abwärts, ferner
auch Klagen gegen deren Frauen und die in ihrer Gewalt befindlichen Kinder,
gehören vor den Justitiar des königl. Hofmarschallamts und der Garteninten«
dantur. Dieser hat feinen Sitz in Berlin und ist bestandiger Kommissarius deS
Kammergerichts. — In Ansehung des Gerichtsstandes bei Widerklagen bleibt
tS jedoch auch hier bei den gesetzlichen Vorschriften. — Verordn. vom 9. Mörz
1SS7. ES. S. 24.
L. Die Beamten, welche in Folge des teutschen Zollvereins an einem außerhalb des
preußischen Staats belegenen Orte des Wereinsgebiets eine etatsmäßige Stelle
verwalten, haben ihren ordentlichen persönlichen Gerichtsstand vor dem Kammer
gnichte. — Ges. vom 2S. April 1844. GS. S. 112.
Ausnahmen.
§. 26. Obwohl unter die Kategorie der Beamten wirklich oder anscheinend
gehörig, haben dennoch einige gar nicht, andere in gewissen Angelegenheiten nicht
dm eximirten Gerichtsstand, und zwar sind gar nicht erimirt :
1. Bloße Notarien, welche wegen einer andern persönlichen Qualität') nicht
erimirt sind. — A. G. O. I. 2, Z. S6.
A Königl. Pächter, in sofern sie nicht mit einem Charakter begnadigt, oder als
Ceneralpächter königlicher Domainenämter die Eigenschaft von königl. Beamten
Pächter königl. Fabriken, und prinzliche OberamtmSnner, selbst wenn diese «t»
aen de« Titel« ein Patent erhalten haben, können kein eximirtes Forum deshalb
beanspruchen. — «.R.V. 21. Oct. 1817. Jahrb. 10, S. 2S2. Gräff2,S.2S.
») Auf einen Komerzienrath , welch» nach Erlangung des Rechtstitels eine
Handlung anfängt, findet nicht diese, sondern die Bestimmung untn Nr. 4
Anwendung. Im Falle sck 3 gehört der Komerzienrath in allen Rechtsan«
«eleqenheiten, im Falle »<1 4 aber nur in den die Handlung betreffenden vor
das Untergericht. — tt. Res», vom 9. Sept. 1SS4. Jahrb. 44, «. «1.
«raff S. S. 142.
dixke« nehuun «uch all« idmdesherrlichen Bsamte» in erfter Zustanz Recht, wo kein
besonderes standesherrliches Obergericht gebildet wird. — Z. 42 der Jnstr. «o« SO.
Mi l8A). GS- S. «3.
12^ We stadtische ') und andere mittelbare Staatsbeamte, mit Ausnahmt
dk» yberttirguimeiKer, der für ihre Person mit der PolizeidirMon beauftragt«
Bürgermeister und der landschaftlichen Subalternen, welche zu den Erimirten gchö«
«N, habe» ihr persönliches Forum vor dem Untergericht, sofern sie nicht etwa «lS
Adljche od« in Folge einer andern königl. Bedienung 2) ihren Gerichtsstand vor
de« Oi,e«uu'cht hake». ^- i- S7, l. 2 A. G. O.z z. 104, 146 das. — H. 108 b«
tlt; p. w «. K. R. Rescr. vom S. Juli 180S, N. A. Bd. 1, S. AU. —
Res«, vom 12. Juli 1840, I. M. B. S. 230.
1?. PawimsnialgerichUveamte, mit Ausnahme der richterlichen Beamten, find
«cht «imirt. «. V. «. II. 1«, §. 74. — Cab.-Ordre vom ZI. Oct. 1S41.
««. «. 2S2.
Außerdem haben die Obergerichte der Provinz die Befugniß, unter Genehmi«
gung d« vorgesetzten Behörde die Gerichtsbarkeit über die königl. Beamten
niederen Ranges, so weit es nicht bereits durch allgemeine Verordnungen, mit
z. B. hinsichtlich der Psstillons und der niederen Forstbedienten geschehen, in
alle» ihren Dienst nicht betreffenden Angelegenheiten dm gewöhnlichen Gerichte»
jeden Orts ein für allemal zu übertragen. — Diese Befugniß erstreckt sich im
Allgemeinen auf die Subalternen aller öffentlichen Behörden, vom Kanzlisten
abwärts, insbesondere aber
») in Betreff d« Postbeamten auf die Postlandreiter und Lohnfuhrkontro«
leurs, ») die Schirrmeister, Briefträger, Pack- und Wagemeifter,
Büreaudiener, Packboten und ähnliche niedere Offizianten; ferner auf die
Postexpediteurs, Briefsammler, Posthalter und Beförderer von
Fußbotenpssten, in so fern, als diese 4 ihrer Dienstleistung wegen als Eximirte
zu betrachten;
b) hinsichtlich der Bergbeamten auf die Kanzlisten der Oberberg- und Berg»
Smt«, Kanzlei-, Kalkulatur- und Kassenafsistenten, Oberberg-,
«ergamrs- und Salzamtsboten, Marktscheidergehilfen, Grad!»
meister, Siedemeister, Kohlenmesser, Salzböttchereiaufseher, Ma»
gazinaufseher und Salzausgeberz
e) Hinsicht« der Polizeibeamtm auf Polizeidiener und Polizeisergeanttnz
6) in Betreff der Akzise- und Steuerbeamtcn auf sämmtliche Grenz- und
Steueraufseher; die Nebenzöllner und Ortserheber, die zeitweift
zur Sefälleechebung gegen Prozente bestellt werden; und auf die bei den Zoll«
Smtern und Steuerämtern angestellten Diener, Plombeurs und Ge»
wichtsetzer.
In dm Fälle» sck b und c kann die Delegation übrigens auch gn Patrimo-
nislgerichte erfolgen; in den Fällen gS s und S aber nur «> königliche oder fton-
i) Der Stadtsyndikus genießt als solcher nicht den eximirten Gerichtsstand. —
tt. R. V.S.Juni 1834 inGräff, Koch u. Erg. Suppl.-Bd. zur A.G.L.S.2S.
>) Sind dieselben früher aus einem Amte, mit welchem der erimirte Gerichts,
stand verbunden war, ehrenvoll entlassen worden, so steht ihnen um deshalb
die Exemtion zu. — Rescr. vom 15. Sept. 1837 in Grüff, Koch ,c. Suppl.-
Bd. z. Erg. A. G. O. S. 25.
«) In Folge Cab.-Ordre vom 1«. Dec. 1841 (GS. S. 336) ist die früher von
Miethskutschen und Lohnfuhren an die Poftkasse zu entrichten gewesene Abgabe
aufgehoben. Lohnfuhrkontroleurs fungiren daher nicht mehr. Obiges bezieht
sich deshalb nur aus etwa entlassene oder pensiomrte. LohnfuhrkontrsleurS.
40
dcshcrrlichc Gerichte. — «. G. O. I. 2, 8. 5». — Rcfcr. vom 13. Juli 1831.
Jahrb. 38, S. 31». Gräff 6, S. 215. — Rcscr. vom 24. Nov. 1834. Gräff,
Koch ,e. III. S. 1«7. — Rescr. vom 21. Marz 1816. Jahrb. 7, S. 15. Gräff
2, S. 27. — Refcr. vom 26. April 1814 und vom 8. Ort. 1819. Jahrb. 3,
S. 253, 15, S. 16. Gräff 2, S. 27, 28.
Verlust der Exemtion.
§. 27. Die auf Stand, Würden und Amt sich gründende Exemtion währt in
der Regel nur so lange, als der Erimirte diesen Stand, die Würde und das Amt
beibehält. DurchKassation oder Entlassung hört daher gewöhnlich der erimirte
Gerichtsstand auf, und der früher Erimirte wird den ordentlichen Gerichten seines
Wohnorts unterworfen, in sofern er nicht aus andcrm Grunde, z. B. als Adlicher,
den persönlichen Gerichtsstand vor dem Obcrgcrichtc hat. In Betreff der königl. u.
prinzlichcn Livreebcdicntcn, der nicht charakterisirtcn Ossizianten und der mittelbaren
Staatsbeamten (in sofern diese, wie z. B. die Subalternen landschaftlicher Insti
tute, cximirt sind), gilt dies unbedingt. Entlassene königl. und standcshcrrl. Zivil-
Beamte dagegen behalten den eximirten Gerichtsstand dann bei, wenn sie bei der,
sei es auf Ansuchen, oder sonst in Gnaden ertheilten Entlassung ihren Charakter
beibehalten haben.') Namentlich genießen auch die Eremtion nach ihrer Dienstent
lassung fort Reftrendarien , denen dieser Charakter ausdrücklich vorbehalten, und
solche Militairpersonen, die mit Ofsiziersrang verabschiedet sind. Auch die mit dem
Charakter eines königl. Beamten begnadigten Domainenpächtcr behalten den crimir-
ten Gerichtsstand bei, wenn das von ihnen gepachtet gewesene Domainengut in de»
Besitz von Privatpersonen übergeht; obwohl Pächter adlicher Güter sonst, wenn sie
auch mit dem Titel eines königl. Beamten begnadigt werden, auf den eximirten,
Gerichtsstand keinen Anspruch machen können.
Studircnde verlieren durch Exmatrikulation den durch Immatrikulation auf
einer Universität erlangten eximirten Gerichtsstand. - A. G. O. I. 2, z. 83—86,
102. — A. L. R. II. 8, 8. 71z 1«, z. 65 u. 66. Rcscr. vom 13. Mai 1817.
Mannkopf A. G. O. Bd. 1, S. 211. — Jnstr. vom 3». Mai 182«, z. 57c.
GS. S. 81. — Rcscr. vom 30. Oct. 1818, vom 24. Ott. 1834 und vom 4. Juli
1835 in Gräff, Koch zc. Suppl.-Bd. z. Erg. A. G. O. S. 23 fg. — Rescr.
vom 25. Oct. 1814. Jahrb. 4, S. 240. — Rescr. vom 6. Jan. 1832. Jahrb.
3S, S. 147. — Rescr. vom 27. Oct. 1834. Jahrb. 44, S. 36«.
GerichtsstandsverhSltniß der zur häuslichen Gesellschaft der
Privilegiirten Gehörigen.
§. 23. Die Ehefrauen folgen dem Gerichtsstände ihrer Männer, und die
in väterlicher Gewalt befindlichen Kinder stehen unter dcm Gerichtsstande ihrer
Väter. Sie setzen denselben in der Regel auch nach dcm Tode ihrer Männer resp.
Väter so lange fort, bis sie, und zwar die Frauen durch Wiedcrverheirathung, die
Kinder durch Großjährigkeit, oder Erlangung eines Wohnsitzes, oder Verheirathung,
einen eigenen Gerichtsstand erhalten.
Ossizianten und Dienstboten stehen während des Dienstes in der Regel
unter den Gerichten ihrer Dienstherrschaft. Nach Beendigung des Dienstes kehren
sie unter ihre vorige Gerichtsbarkeit zurück, oder werden den Untergerichten dcS
Orts, wo sie ihren Wohnsitz aufschlagen, unterworfen. Gleiches ist in Betreff der
') Es kommt übrigens bei dieser Entlassung nicht darauf an : ob ihnen ihr Cha
rakter ausdrücklich vorbehalten worden oder nicht? Nur Referendarien muß
er ausdrücklich vorbehalten werde». — t^f. Rescr. vom 27. Ott. 1834.
Jahrb. 44, S. 36«. Gräff 8, S. 144,
g«
königl. und prinzl. Livrcebcdicntcn »nd Ofsizianten, in softrn sie nicht auch nach
der Entlassung einen Charakter beibehalten, der Fall,
Ist der Gerichtsstand der Männer, Väter oder Dienstherrschaft ein privilegirter
oder eximirter, so genießen auch die demselben Gerichtsstand Folgenden das Privi
legium oder die Exemtion, und verlieren dasselbe in der Regel mit demjenigen, dessen
Gerichtsstand sie folgen, i )
Borstehende Regeln erleiden jedoch mehrfache Beschränkungen.
1. Ehefrauen folgen in den Gerichtsstand ihrer Männer dann nicht, wen» sie
ausnahmsweise dem Manne bei Wohnortsveränderungen zu folgen nicht verpflichtet
sind. 2) Ihr fortdauernder Gerichtsstand richtet sich, in diesem Falle aber nach
dem Stande des Mannes, nicht nach ihrer Herkunft. — Ehefrauen der Militair-
Personen gehören auch in Jnjuricnsachen vor das Zivil-, nicht vor das Militair-
Forum, und zwar, wenn ihr Ehemann zu den Eximirten gehört, vor das Obcrgericht.
Nach Trennung der Ehe
^. durch Scheidung, behält zwar die geschiedene Frau in der Regel den privilc-
girren Gerichtsstand des Mannes, jedoch als ihren eigenen, und selbst dann fort,
wenn 'sie als noch minderjährig in die Gewalt des nicht eximirten Vaters zu
rückfällt. Es kann aber s) die nicht für schuldig erkannte Frau ihren Ge
schlechts- oder Wittwennamen, den sie vor der getrennten Ehe hatte, wieder
annehmen, und sie erlangt dann, wenn sie in Folge dessen in einen höheren
Stand trit, den damit verbundenen Gerichtsstand des Obergcrichts. b) Ist- sie
aber ausdrücklich für den schuldigen Theil, erklärt worden, so trit sie aus
dem höheren Stande des Mannes in den vor der Ehe gehabten niederen Stand,
und fällt dadurch aus dem mit jenem verbunden gewesenen privilegirten Ge
richtsstand in das hiernach sich ergebende nicht privilegirte Forum.
ö. Witt wen behalten ebenfalls den Gerichtsstand, welchen ihr Mann begründet
hat. War dieser ein privilegirter, so behalten sie das Privilegium, selbst, wenn
sie ihren Wohnort verändern. Ihr Gerichtsstand ist jedoch ein selbstständiger,
und im gedachten Falle vor dem Obergerichte der Provinz, in der sie den
Wohnort haben. Ausnahmsweise gehen s) die Wittwcn der Oberförster und
der ihnen im Range gleich stehende» Forstbedienten, ferner die Wittwen der
niedrigen Subalternen königl. Kollegien, als der Kopisten, Landreiter, Kanzlei
diener, Boten und der mit selbigen in eine Klasse Gehörigen, jedoch mit Aus
schluß der Kanzlistenwittwen; endlich die Wittwen der eximirten Schullehrcr i»
den Städten, mit Ausnahme der Wittwen der Rektoren bei Stadtschulen, mit
den, Tode ihrer Männer in den nicht eximirten Gerichtsstand ihres Wohnorts
über, wenn gleich diese während ihrer Lebenszeit die Exemtion genossen haben,
d) Die Wittwen derjenigen Iwilbedienten , über welche schon bei deren Leben
die Gerichtsbarkeit den Untexgerichten übertragen worden, behalten den Gerichts
stand vor den Untergerichtcn.
2. Bon den, beim Tode der vorstehend unter L» u. K genannten Beamten noch
unter väterlicher Gewalt befindlichen, Kindern gilt das in Betreff der Wittwen
Gesagte. Das Untergericht regulier den Nachlaß solcher Beamten, und leitet- die,
Vormundschaft über die minorennen Kinder ein.
Ausgenommen sind Kinder Adlichcr, welche, wenn ihrem Vater der Adel aber
kannt wird, den Adel, und somit den privilegirten Gerichtsstand bcibeh«ten,
wenn das Urtel nicht etwa auch in Bezug auf sie den Adelsverlust ausspricht.
») Eine Frau ist dem Manne zu folgen nicht schuldig, wenn derselbe, wegen be
gangener Verbrechen, oder sonst wider die Gefetze sich aus den königl. Landen
entfernt hat; serner dann nicht, wenn der Frau die Pflicht, dem Manne zu
folgen, durch einen vor der Heirath geschlossene« Vertrag erlassen worden. —
^ A. «. R. II. t, §. SSI, M.
51
Sind beim Tode eines Erimirten in seiner Gewalt befindliche Kinder bereit!
großjährig, so verlieren sie beim Tode des Vaters, eben so wie die bevormundeten
Kinder der Erimirten bei Erlangung der Großjährigkeit die Exemtion, wenn diese
ihnen nicht in Bezug auf ihren eigenen Stand oder in Folge eines anderen Abhän
gigkeitsverhältnisses gebührt.
Die Kinder der Militairpersonen haben auch in Jnjuriensachen ihren Gerichts
stand vor dem Zivilgericht, und zwar sowohl beim Leben als nach dem Tode ihres
Baters. — Einige andere Ausnahmen, in denen Kinder nicht den Gerichtsstand
des Vaters behalten, sind H. 2« angegeben.
3. In Betreff der im Dienst Anderer Befindlichen sind bereits z. 19
unter Nr. 6 einige Ausnahmen erwähnt worden. Den Landes-Justizkollegien steht
die Befugniß zu, auch in allen andern Fällen unter Genehmigung des Justizmini-
sterii die Gerichtsbarkeit über die zur Klasse der Hausofsizianten, Livreebedienten
und des Gesindes der Privilcgiirten gehörenden Personen niederen Standes den
Untergerichten ihres Wohnorts zu übertragen, in so weit es nicht bereits durch
allgemeine Verordnungen, wie z. B. in Berlin, geschehen ist. Doch erstreckt sich
diese Delegationsbefugniß nicht auf die königl. Hofdienerschaft mit Einschluß der
Kammerdiener, Kastellane, Hofgärtner, Stalldiener u. f. w. — A. G. O. I. 2,
§. 87— 102. Anh. z. 25—29. — Rescr. vom 19. Juni 1837. Jahrb. 49, S. 447.
Gr äff 1«, S. 8«. — Rescr. vom 3. Sept. 1793. Mathis Bd. 1, S. 312. —
Cab.-Ordre vom 19. Juli 1809, §. 4. ES. Bd. 12, S. 847.
cl<1) Privilegirter Gerichtsstand durch die Eigenschaft gewisser mora
lischer Personen.
§. 29. Moralische Personen genießen blos um dieser Eigenschaft willen nicht
den privilegirten Gerichtsstand. Sic haben in der Regel ihren Gerichtsstand vor
dem ordentlichen Unterrichter. Ausnahmsweise ist jedoch theils durch Gesetz, theils
durch besonderes Privilegium >) einzelnen moralischen Personen der Gerichtsstand
vor dem Obe'rgericht zugestanden. Diesen privilegirten Gerichtsstand genießen in
Folge gesetzlicher Bestimmung:
1. Fiskus als Beklagter in Prozessen, deren Gegenstand unter der unmittel
baren Verwaltung der Regierungen, der Provinzial-Schulkollegien und der Provin-
zial- Steuerdirektoren steht, oder dem unmittelbaren Wirkungskreise der Ministerien
oder anderer" Zentralbehörden 2) vorbehalten ist. Die Klage gegen den Fiskus ge
hört in diesen Fällen vor dasjenige Obergcricht, in dessen Gerichtsbezirk die ihn
vertretende Behörde ihren Sitz hat. In andern Prozessen hat Fiskus kein eximir-
tes persönliches Forum. Der Gerichtsstand wird vielmehr nach denselben Grund
sätzen, wie bei Privatpersonen, bestimmt. — A. G. O. Anh. §. 35. — Verordn.
vom 26. Dec. 1809, z. 34. Mathis, Bd. 7, S. 339. — Verordn. vom 27.
Ott. 181«. GS. S. 3. — Cab.-Ordre vom IS. Feb. 1816. GS. S. 1V1.
1) In Folge besonder« Privilegiums gehören z. B. alle die berliner Lcbcnsver-
sicherungsgesellschaft treffenden, im 43. Verfassungsartikel und im H. 32 des
Ges.-Plan« li« cnnttrin. den 11. Juni 1836 gedachten, Streitfälle, vor das
Kammergericht zu Berlin, bei welchem der Jnstruktions-Scnat die Sache
instruirt, und der Ober-Appellationssenat entscheidet (Rescr. vom 28. August
1836. Jahrb. 48, S. 216); m gleicher Art ist den in Betreff der Stiftung
der rheinischen Ritterschaft entspringenden, diese Stiftung oder deren Verwal
tung berührenden Prozessen ein privilegirtes Forum angewiesen. — Ct. K. 10
der Stat. cle conlirm. den 13. Mai 1837. GS. S. 83.
2) Wie z. B. dem Gencralpostamtc (welches immer bei dem Kammergerichte ver
klagt werden muß), der Generaldirektion der Scchandlungssozicts't, der obersten
Verwaltung der Landgcstütc u. s. w.
4"
52
Andere moralische Personen, welche unter mittelbarer oder unmittelbarer Ver
waltung der Regierungen stehen, können um deshalb auf den erimirten Gerichts«
stand keinen Anspruch machen. — A. G. O. Anh. §. 3«.
2. Domkapitel, Kollegiatstister, Klöster und Kirchengemeinden
und zwar sowohl in Betreff ihrer Grundstücke, als für persönliche Klagen. —
z. 103, I. 2 A. G. O. — A. L. R. II. II, §. 17, 949, 95«. — Rescr. vom 5.
Juli 1841. I. M. B. S. 222.
3. Ferner Gerichte, Magisträte der unmittelbaren und königlichen Me-
diatstädte >) und die Stadtgemeinden 2) in solchen Städten. — Doch findet
dies Privilegium nicht auf Gilden, Zünfte oder Gewerkc, auch nicht auf einzelne
Mitglieder der Magisträte Anwendung («f. oben Z. 26, Nr. 12).
Die Magistrate in nicht königl. Mediatftädten, die Stadtgemcindcn daselbst
und Dorfgemeinden müssen, wo nicht Provinzialgesetze Anderes bestimmen, bei ihrem
Untergcricht rcsp. Patrimomalgericht belangt werden. Ist jedoch die Gutsherrschaft
Kläger, so kann die Gemeinde, oder auch nur die in Anspruch genommene einzelne
Klaffe derselben, wie z. B. die Judcngcmeinde in den Mediatftädten, die Einlassung
vor dem Gerichtshalter ablehnen. Alsdann muß das vorgesetzte Obergericht sich der
Instruktion und Entscheidung der Sache schon in Ifter Instanz unterziehen. —
A. G. O. I. 2, z. 104 u. 105. Anh. Z. 30 u. 31. — Eab.-Ordre vom IS. Mai
1839. GS. S. 265. I. M. B. für 1839, S. 204. — A. L. R. II. 11, g. 95V.
4. Landes-Justizkollcgien müssen, wenn gegen sie Ansprüche erhoben wer
den, vor dem Jnstruktionsscnat des Kammergerichts belangt werden. — S.Starke
Beitx. II. Abth. 2, S. 3«L»g.
2. Dinglicher Gerichtsstand (ek. §. 18, I. 2).
») Für unbewegliche Sachen.
Z. 3V. I. Der dingliche Gerichtsstand erstreckt sich auf alle unbeweglichen Sachen ')
und deren Pcrtinenzstücke, diese mögen bewegliche, oder ebenfalls unbewegliche Ge
genstände sein. Pcrtinenzstücke haben in der Regel dieselbe Gerichtsbarkeit, als die
Hauptsache. Liegen jedoch unbewegliche Pertinenzstücke unter einer andern Gerichts
barkeit, als das Hauptgruiidstück, so gehört der in jene Gerichtsbarkeit hinüber-'
ragende Grundstückstheil unter das Forum, unter dem er liegt, und nicht unter
das des Hauptgrundstücks. Befinden sich Grundstücke unter einer Pxivatgerichts-
barkeit, so können sie allein in Folge der Zuschlagung zu einem unter einer andern
Gerichtsbarkeit gelegenen Hauptgrundstücke in diese nicht übergehen; es ist dazu
vielmehr auch die Einwilligung des Privatjurisdiktionsberechtigten nöthig. — A. G.
O. I. 2. S. 107. — A. L. R. I. 2, z. 41 fg. — Hyp. O. I. K. 34. — Ges. vom
25. April 1835, §. 2, Nr. Z. GS. S. 51. — Rescr. vom 24. Januar 1815.
Jahrb. 5, S. 11. Gräff, 2, S. 32.
1) Mittelbare oder Mediatstädte werden diejenigen genannt, welche noch zu einer
andern Herrschaft, außer dem Landesherrn, in einem Abhängigkeitsverhältnisse
stehen. Ist diefe andere Herrschaft der königl. Fiskus, so sind sie königl. Me
diatstädte.
2) Nach einem Rescr. vom 3«. März 181« (Jahrb. II, S. 200. Gr äff 2,
S. 31), haben in den vormals westfälische» Provinzen alle Magisträte und
Stadtgemeinden ein eximirtes Forum.
») Als solche sind sowohl die ihrer Natur nach unbeweglichen Sachen, d. h. solche,
welche, ihrer Substanz unbeschadet, von einer Stelle zur andern, nicht gebracht
werden können, als jene Gerechtigkeiten zu betrachten, welche auch ohne den
Besitz eines bestimmten Grundstücks «««geübt werden können, und ein eigenes
Hypotheken-Folium erhalten, wie erbliche und ausschließliche Gewerbeberechti
gungen, für sich beftehmds Jagdgerechtigkeiten, Zehntherechtigungen, u. s. ».
52
II. Die standesherrlichcn Besitzungen, sa'mmtliche geistliche, >) rit
terfreie und zu «blichen Rechten verliehene Güter, ferner die Grundstücke der
Universitäten und gelehrten Schulen, s« wie der vom Staate ausdrücklich
oder stillschweigend genehmigten Armen- und andern Versorgungsanstalten,
und die fiskalischen Besitzungen, in so weit sie die Eigenschaften eines adlichen
Guts haben, 2) sind vermöge dieses dinglichen Gerichtsstandes der unmittelbaren
Gerichtsbarkeit des Obergerichts, in dessen Bezirk sie liegen, untergeordnet. Zwar
werden in Folge Delegation die Hypothekenbücher der Kirchen-, Pfarr-, Küster
und Schulgüter meistens bei den Untergerichtcn geführt. Die dergleichen Grund
stücke betreffenden Prozesse gehören aber demungeachtet vor das Obergericht. —
Die Grundstücke, welche zu einer gemeinen Schule gehören, so wie alle andern
vorstehend nicht bezeichneten Immobilien haben ihren dinglichen Gerichtsstand vor
dem Unterrichter des Orts oder Bezirks, wo sie liegen.
Ausnahmen von vorstehenden Regeln müsse» durch Statuten oder Provinzial«
gesetzc, oder durch besondere Privilegien begründet sein. Auch kann eine Ausnahme
dadurch entstehen, daß der Käufer eines zu adlichen Rechten verliehenen Guts der
Schriftsäfsigkeit ») entsagt, was zulässig ist, in so weit dadurch die Rechte de«
Staats oder eine« Dritten nicht beeinträchtigt werden. — A. G. O. I. 2, Z. 108,
110. — A. L. R. II. 17, §. 33; 19, §. 42, 43. Jnstr. vom 30. Mai 1820,
ß. 19. GS. S. «7. — Rescr. vom 16. Mai 1816, vom 12. Mai 1812. Jahrb.
7, S. 184; 1, S. 53. Gräff 4, S. 170, 180. — Rescr. vom 7. Juni 1817.
Jahrb. 1«, S. 329. — Rescr. vom 19. Mai 1841. I. M. B. S. 184.
III. Die Realjurisdiktion über die von dem Areal eines erimirten Landguts
durch Veräußerungen zu vollem Eigenthum oder Erbzins - oder Erbpachtsrechten
abgetrennten Bestandthcile steht der Regel nach dem Ortspatrimonial- oder Orts
untergerichte zu. Eine Abschreibung der Parzelle vom Rittergute ist dabei nicht
durchaus nothwcndig. Der Vertrag und die Übergabe allein begründet dieses Forum.
Ausnahmsweise sollen dergleichen Gutstheile dem erimirten Gerichtsstande un
terworfen sein:
t) wenn sie zu vollem Eigenthum veräußert werden, und von einem solchen Um
fange oder Werths sind, wie ihn Rittergüter nach den Gesetzen über die Stand
schaft der Provinz bei freiwilligen Parzellirungen zur Bewahrung ihrer Ritter
gutseigenschaft mindestens behalten müssen ;
2) wenn bei einem geringeren Umfange oder Werth derselben der Erwerber in dem
Erwerbungsvertrage die Absicht ausgesprochen hat, daraus, oder in Verbindung
mit anderen bereits erworbenen, oder noch zu erwerbenden Grundstücken ein
Rittergut zu bilden, und demnächst diesem Grundbesitze durch eine vom Könige
t) In Schlesien gebührt den standesherrlichen Gerichten die Gerichtsbarkeit über
die in der Standcsherrschaft gelegenen geistlichen Güter. — Rescr. vom 2.
Nov. 183«. Jahrb. 36, S. 309. Gräff 6, S. 225.
2) Grundstücke des Fiskus, welche diese Eigenschaften nicht haben, stehen nicht
unter der Realjurisdiktion des Obergerichts, gleich viel, welche Behörde sie
verwaltet. Nur in Berlin besteht auf Grund des mit dem Magistrate daselbst
als frühcrem Jurisdiktionarius am 28. Juli 1787 abgeschlossenen Jurisdiktions
vergleichs die Einrichtung, daß die vom Fiskus in Berlin besessenen Häuser
der Gerichtsbarkeit des Kammergerichts unterworfen sind. Diese Ausnahme
gestattet aber keine analoge Anwendung auf andere Grundstücke. — Rescr. vom
19. Mai 1841. I. M. B. S. 184.
«) Darunter versteht man die dingliche Exemtion.
«) d. i. jedes einem erimirten Gerichtsstande unterworfene ländliche Grundstück.
Ein bloßes Domanialgut im Gegensatz von Rustikalgrundstück kann unter dem
Ausdruck „erimirtes Landgut" nicht verstanden werden. — Res«, vom 9. Feh.
1837. Grafs, Koch Zk. III. S. 122.
54
vollzogene Urkunde die Eigenschaft eines Ritterguts oder die Gerechtsame bei
gelegt worden sind, welche zur Theilnahmc am Stande der Ritterschaft befähigen;
3) wenn sie mit Zustimmung des Vcraußerers und des Jurisdiktionsberechtigten
einem erimirten Landgutc einverleibt, und auf den Antrag des Erwerbers diesem
Gute im Hypothekenbuche zugeschrieben werden.
Sind früher veräußerte Gutstheile, welche hiernach vor das Untcrgerichr ge
hören, bereits früher der Gerichtsbarkeit des Obergerichts überwiesen ; so kann der
Gerichlsherr des Ortsuntergerichts die Übertragung in das Hypothekenbuch seines
Gerichts fordern. Ist es jedoch mit Pfandbriefen oder andern Hypothckenschulden
belastet, so kann es beim Widerspruche des Eigenthümers dem Ortsgcrichtsstande
erst dann überwiesen werden, wenn im gewöhnlichen Laufe des Verkehrs die Lö
schung der Pfandbriefe oder andern Schulden im Hypothekenbuch erfolgt.
Vorstehende Bestimmungen finden auch auf das Verhältniß der standesherr
lichen Gerichte zu den in ihren Sprengcln befindlichen ,Patrimonialgerichten An
wendung, sofern nicht spezielle Verleihungen hierüber etwas Anderes enthalten. —
Ges. vom 2S. April 183S. GS. S. öl. — Rescr. vom 17. März 1837. Jahrb.
49, S. 170.
IV. In dem Gerichtsstände der Sache können in der Regel nur dingliche,
d. h. solche Klagen angebracht werden, durch welche man die Sache selbst, oder
Rechte daran oder de» in Folge des Besitzes verpflichteten Besitzer derselben in
Anspruch nimmt. Persönliche Klagen gehören vor dieses Forum nicht. Ausnahms
weise können diese jedoch im dinglichen Gerichtsstande angebracht werden :
1) wenn gegen den Besitzer unbeweglicher Güter eine solche persönliche Klage an
gestellt wird, welche aus dem Besitze des Grundstücks oder aus Handlungen
fließt, die er in der Eigenschaft als Gutsbesitzer vorgenommen hat. Beifpiele
der Art sind, wenn ein Gutsbesitzer ,i) die mit seinem Pächter oder Verwalter
eingegangenen Verbindlichkeiten zu erfüllen, oder K) die zum Besten des Grund
stücks geleisteten Vorschüsse oder gelieferten Materialien und Arbeiten zu vergü
ten sich weigert; oder e) die Patrimonialgerichtsbarkeit oder den Dienstzwang
mißbraucht, oder 6) seinen Nachbar im Besitze stört, oder e) sich eines auf das
benachbarte Grundstück zustehenden Rechts berühmt, oder f) wenn er das
Grundstück ganz oder zum Theil veräußert, und den Kontrakt nicht erfüllt,
oder die schuldige Gewähr nicht leistet;
2) wenn in Provinzen, wo der Landfassiat stattfindet, ein Ausländer ein adliches
Gut besitzt, oder an einem hiesigen Lehngute in die gcsammte Hand aufgenom
men ist. Hiesige Untcrthanen können dann denselben mit persönlichen Klagen
auch im Gerichtsstande des ihm gehörenden oder zur gesammten Hand verlie
henen Guts belangen;
3) auch gegen andere Ausländer, welche im Jnlande Immobilien besitzen, können
- persönliche Klagen in dem Gerichtsstande, unter welchem die Grundstucke liegen,
zum Zweck der Befriedigung ans denselben, angestrengt werden. Nur in Be
treff der den teutschcn Bundesstaaten angehörigc» Ausländer findet die §. 22,
5ub Nr. 2 e gedachte Ausnahme statt.
In diesen Fällen (sud 1 —3) hat der Kläger die Wahl: ob er den Verpflich
teten im dinglichen oder persönlichen Gerichtsstande belangen will. Gleiche Wahl
steht dem zu, welcher in Ansehung desselben Anspruchs zugleich ein persönliches und
ein dingliches Recht hat.') Rein dingliche Klagen können nur im dinglichen Ge
richtsstand des Grundstücks, aus dessen Besitz die Verpflichtung folgt, angebracht
werden.
> ') Z. B. wenn der Besitzer des verpfändeten Grundstücks zugleich Darleiher der
eingetragenen Post ist. Ein solcher k«nn nicht einwenden, daß die Sache vor
S5
Bei negatorisch,,, Servitutklogen >) ist nicht das Rcalforum des dienenden
Grundstücks, sondern dcr dingliche Gerichtsstand des berechtigten Guts zur In
struktion und Entscheidung des Prozesse« kompetent. — A. G O. I. 2, §.111—115.
Anh. §. 34. — Rescr, vom 3«. I„ni 180V. Stengel, Bd. II, S, 212. Rabe,
Bd. 6, S. 169. — Rescr. vom 25. April 183«. Grafs, Koch :c. III. S. 124.
Rescr. vom 1«. April 184«. I. M. Bl. S. I i«.
K) Für bewegliche Sachen.
K, 31. Klagen wegen beweglicher Sachen gehören in der Regel vor den erdenk
lichen persönlichen Richter des Beklagten. Ausnahmsweise wird an dem Ort, wo
eine bewegliche Sache sich befindet, ein Gerichtsstand begründet:
1) durch Klagen auf ein Eigcnthums- oder Pfandrecht an einer solchen Sache,
wenn der Besitzer oder Inhaber im hiesigen Lande keinen ordentlichen persön
lichen Gerichtsstand hat. — A. G. O. I. 2, §. 11«.
2) Durch Arrestschlag. Gegen solche, welche im Inlands keinen persönlichen Ge
richtsstand haben, also gegen Ausländer und Vagabunden, wird durch denselben
- sowohl der Gerichtsstand für den Arrestprozcß, als für die Hauptsache begründet,
gleich viel, ob der Klager ein Inländer oder Ausländer 2) ist. — Hat jedoch der
Beklagte im Jnlande einen persönlichen Gerichtsstand, so gehört vor den ding
lichen Gerichtsstand der beweglichen zu arrestirenden Sache nur die vorläu
fige Beurtheilunq eines schleunigen Arrestes, und die Verfügung der Maß
regeln zu dessen Anlegung. Das fernere Verfahren, sowohl im Arrest- als im
Hauptprozesse, so wie das ganze Verfahren bei gewöhnlichen Arresten, gehört
aber vor den persönlichen Richter des Beklagten. Wo wegen der Arreste gegen
Ausländer besondere Staatsvcrtröge oder besondere Provinzialgefetze gelten, hat
es dabei sein Bewenden. Doch find etwaige Beschränkungen hinsichtlich der Ar
reste wegen Schulden auf die Bestimmung sä 1 ohne Einfluß. — A. G. O. I.
2, K. 117-12«!,; I. 29, §. 41 — 44.
3) Die Untersuchung und Entscheidung eines, über die Defraudation von Privat-
Brücken-, Wege- oder Fähre- u. dgl. Zoll entstandenen Streits gehört vor das
ordentliche Gericht dos Ortb, wo dcr, einem Privatbercchtigten gehörende, Zoll
sich befindet. Der Zollberechtigte hat die Befugniß, jeden Zolldefraudanten zu
pfänden, und jenen Richter um Hilfe anzugehen. Auch über die Grenzen des
Zolldiftrikts kann der Zollberechtigte den Defroudantcn verfolgen, und dann
gehört die Untersuchung und Entscheidung des darüber entstehenden Streits vor
den Richter des Orts, wo der Übertreter betroffen worden. Doch kann der
Zollberechtigte verlangen, daß die Sache vor seine Gerichte gezogen, und bei er
mangelnder sonstiger Sicherheit dcr Übertreter zur Verwahrung im Arreste an
dieselben ausgeliefert werde. — A. G. O. I. 2, §. 12« b. «. «v St. II. 15,
lz. 130—135.
Vierter Titel.
Bon Beiständen und bevollmächtigten im Prozesse.
l. Von den Beiständen und deren Pflicht.')
ß. 39. Parteien, welche in Aivilprozessen die Termine selbst wahrnehmen,
haben die Befugniß, zu den Terminen
1) einen Rechts beistand aus der Zahl der beim Prozeßrichter fungirenden Ju«
stizkommissarien mitzubringen, oder auch die Zuordnung eines Rechtsbeistandes
beim Richter nachzusuchen. Thun sie dies, so muß nach Beschaffenheit der Um
stände und Wichtigkeit der Sache ein Justizkommissarius oder ein schon hinläng
lich geübter Referendar oder Auskultator, und falls dergleichen Beamte beim
') Das Institut der Beistände war in Folge des von der A. G. O. festgehaltenen
Grundsatzes : daß die Parteien zu den Jnstruktionsterminen persönlich erscheinen
müßten, nothwendigcs Bedürfniß. Die Parteien mußten, da sie durch
Rechtsverständige in der Regel sich nicht vertreten lassen konnten, sich auf an
dere Art der Kenntnisse und Erfahrungen derselben bedienen können. Die
Pflicht der Rechtsbeistände ging nach dm Bestimmungen der A. G. O. aber
auch zugleich dahin, den Gerichtsdeputirten in Ermittelung der Wahrheit zu
unterstützen. Dadurch erklärt sich die Vorschrift der A. G. O., daß auch Ge
richtsbeisitzer, also Gerichtsmitglieder, zu Rechtsbeiständen gewählt werden
konnten. Mit der neueren Gesetzgebung ist dies nicht verträglich. Es würde»
dadurch die Perhorreszenzgründe vermehrt werden. Die Praxis ist deshalb
schon längst davon abgegangen, und Ministerialverordnungen haben sich mit
der Praxis dahin einverstanden erklärt, daß richterliche Personen weder als
Rechtsbeistände, noch als Anwälte zugeordnet werden sollen. — 5s. Rescr. vom
3«. Oct. 1827 und vom 27. März 1S2S. Jahrb. 3«, S. 3S3z Bd. 21, S.
SZ. GräffZ, S. SS fg.
78
Prozeßrichter nicht fungiren oder die fungirenden die Assistenzschaft nicht über
nehmen können, allenfalls ein bei einer andern Behörde angestellter Subaltern-
besmte, oder eine zur Assistenzschaft geeignete und bereite rechtsverstandige Per
son ihnen als Rechtsbcistand zugeordnet werden, i) Subalternbeamte des Ge
richts, bei welchem der Prozeß schwebt, sollen als Rechtsbeistände nicht zuge
ordnet werden.
Diese gewählten oder zugeordneten RechtsbeistSnde, welche allen gerichtlichen Ver
handlungen, und auch den Zeugenvernehmungen beiwohnen können, haben hauptsäch
lich die Pflicht, dahin zu sehen, daß die Parteien gehörig befragt, nicht übereilt, noch
in Furcht gesetzt, Nichts, was zur Aufklärung der Sache von ihrer Seite und
zu ihrer Vertheidigung gehört, übergangen oder vernachlässigt, vielmehr Alles
deutlich, richtig, dem wahren Sinne der Partei gemäß niedergeschrieben werde.
Glauben sie wahrzunehmen, daß der Gerichtsdeputirte die Sache von der un
rechten Seite ansehe; daß er erhebliche Umstände übergehe, zu leicht und flüchtig
«erfahre; nicht tief genug in den eigentlichen Zusammenhang der Sache ein
dringe, oder daß die Fassung des Protokolls dem wahren Sinne der Partei
nicht gemäß sei; so ist cö ihre Pflicht, dergleichen Fehler auf geziemende Art zu
bemerken, und falls ihren Erinnerungen kein Gehör gegeben wird, davon ent
weder bei der Unterschrift des Protokolls, oder durch besondere Eingabe, dem
Gericht Anzeige zu machen. — Doch dürfen die Rechtsbeistände bei Erforschung
des wahren Zusammenhangs der Thatsachen auf keine Weise hinderlich sein, die
Partei in ihren Erzählungen nicht unterbrechen, noch derselben zur Zurückhal
tung oder Verstellung der Wahrheit Rath oder Anlaß geben, vielmehr müssen
sie nach Möglichkeit dazu mitwirken, daß die vorkommenden Thatsachen bald
und vollständig in ihr wahres Licht gesetzt werden. — Die zum Betriebe des
Prozesses gehörenden, außer und zwischen den Terminen vorkommenden Angele
genheiten und Geschäfte dürfen die Rechtsbeistände nicht besorgen. Nur bei
Anfertigung der rechtlichen Deduktionen nach geschlossener Instruktion können sie
den Parteien zur Hand gehen. — Sollen sie auch zu andern Geschäften legi-
timirt sein, so müssen sie Vollmacht beibringen, und dann sind sie als Bevoll
mächtigte anzusehn. Übrigens müssen Rechtsbeistände auch ordentliche und voll
ständige Manualakten halten.
L) Die Parteien können neben dem Rechtsbeistande auch andere Personen, in welche
sie ein besonderes Vertrauen setzen, und von welchen sie, entweder wegen der
ihnen beiwohnenden genauer« Bekanntschaft mit dm im Prozesse vorkommenden
Thatsachen, oder in Fällen, wo es auf eine gewisse Sach- oder Kunstkenntniß
ankommt, wegen solcher bei ihnen anzutreffenden Kenntnisse, einen vorzüglichen
Beistand erwarten, zu den Terminen mitbringen. 2) Selbst unverdächtige Aus
länder müssen zugelassen werden. —
Auch wenn die Partei einen Bevollmächtigten hat, kann sie ihm dergleichen
Beistände zuordnen, welche jedoch keiner Vollmacht bedürfen, und dem Gericht
in Bezug auf den Betrieb der Sache daher auch nicht verantwortlich find. —
Personen, welche wegen Betrugs, Verfälschungen, Diebereien u. a. dgl. enteh
render Verbrechen gestraft «der in Untersuchung sind, oder sonst durch nieder
trächtige Handlungen die Verachtung ihrer Mitbürger auf sich gezogen haben,
,) RuditeurS dürfen als Rechtsbeistände der Offiziere niemals, als Rcchtsbeistände
anderer Personen aber nur mit Genehmigung ihrer Vorgesetzten auftreten. —
tt. Res«, vom 4. Juni 18Z4. Jahrb. 4Z, S. 477.
>) Juftizkommissarien, welche beim Prozeßrichter zur Praxis nicht verstattet sind,
kennen zwar mcht als Rechtsheistände, jedoch als Beistände der zweiten Art
mitgebracht werdM'
7S
ferner die, welche aus Winkelfchriftstellerei ein Gewerbe machen, sollen bei guts-
herrlich-bäuerlichen Regulirungen, GemeinhcitStheilungen und Auseinandersetzun
gen niemals als Beistände zugelassen werden. —
Diese Beistände müssen sich aber in ihren Schranken halten, und der Auf
klärung der Sache auf keine Weist hinderlich fallen. ' ) Übrigens erleidet durch
ihr Nichterscheinen die Sache niemals Aufschub, da es lediglich Sache der Partei
resp. des Bevollmächtigten ist, sie zum Termine mitzubringen. — A. G. O. l.
Z, §. 14—21, Z. 24, 27, 77. — §. 157 des Ges. vom 7. Sept. 1811. GS.
S. 279. — Cab.-Ordre vom 9. April 1835. Jahrb. 46, S. 109. Gräff «,
S. 150. — Res«, vom 19. Mörz 1832. Jahrb. 39, S. 5«. Griff 6, S.
230. — Rescr. vom 2«. Mai 1820. Jahrb. 16, S. 18. GrSff 5, S. 105.
Rescr. vom 7. März 1836. Jahrb. 47, S. 311. GrSff 10, S. 85. —
Rescr. vom 8. April 1836. Jahrb. 5«, S. 491. Gräff 12, S. 117.
N. Bon den Bevollmächtigten.
Befugniß der Parteien zu deren Wahl.
§. 4«. In Zivilprozessen haben die Parteien die Bcfugniß, sich durch zulässige
Bevollmächtigte vertreten zu lassen. Ihr persönliches Erscheinen ist nur nothwendig,
1) wenn es zur Ausmittelung der Wahrheit durchaus erforderlich ist; 2)
2) in Fällen, wo das Gesetz es ausdrücklich vorschreibt, s)
Lassen Parteien in Jnjuriensachen unter Personen geringeren Standes oder in
Prozessen, deren Objekt 200 Thl. nicht erreicht, sich durch Bevollmächtigte vertreten,
so können sie jedoch vom unterliegenden und kostenpflichtigen Gegner nur dann Er
stattung der Mandatariengebü'hren verlangen, wenn sie s) entweder durch Krankheit,
hohes Alter, Amts- oder Berufsgeschäftt verhindert werden, sich von ihrem Wohn
oder GeschZftsorte Behufs Wahrnehmung der Termine zu entfernen, ^) oder b)
wenn ihr Wohnort vom Sitze des Gerichts, resp. dem Orte der Instruktion der
Sache so weit entlegen ist, daß die Kosten der Reise, des Aufenthalts und der Ver-
säumniß in der Wirthschaft oder dem sonstigen Gewerbe mit dem Gegenstände dcS
Prozesses, und dem von der persönlichen Abwartung der Instruktion zu erwarten
den Bortheilen in keinem Verhältniß stehen. — Bei weiter Entfernung!») sind die
Parteien sogar zur Wahl eines Vertreters verpflichtet, da sie sonst vom Gegner
den Ersatz von Reise- und Bcrsäumnißkostcn, welche sie durch Bestellung eines Be
vollmächtigten hätten vermeiden können, nicht verlangen dürfen. — V. G. O. I. 3,
8. 1 — 6. Anh. Z. 1, 44. — Rescr. vom II. Sept. 182«. Jahrb. 16, S. 47.
GrSff 2, S. 49. — Rescr. vom 4. März 1799. Stengel, Bd. 7, S. 293. —
Cirk.-Rescr. vom 19. Dec. 1799. Akad. ES. Bd. 1«, S. 2713.
1) Dergleichen Beistände können und dürfen mithin nur auf Befragen des Depu-
tirten Erklärungen abgeben. Sie dürfen bei Zeugenvernehmungen nicht gegen
wärtig sein, und auch bei den Unterschriften keine Bemerkungen niederschreiben.
2) Wenn z. B. im Prozesse, welcher nach den Vorschriften der A. G. O. verhan
delt wird, die Sache wegen unvollständiger Information mit dem Man
datar nicht Fortgang gewinnt, so kann das Gericht die Partei unmittelbar
vorladen. Die Warnung, welche ihr gestellt wird, kann jedoch nur dahin
gehen, wie sie die Kontumazialinstruktion voraussetzt.
2) A. B. bei Eidesleistungen, bei Sühneversuchen im Ehescheidungsprozesse u. ,
4) Fgr Beamte, welche zu Führung ihrer Privatprozefsc einen Mandatar ange
nommen haben, streitet die Vermuthung, daß sie im Interesse ihres Amts,
mithin durch ein Hinderniß in ihrer Person zur Wahl eines Bevollmächtigten
genöthigt waren. — Rescr. vom 29. August 1837. Ccntr.-Bl. S. 1098.
») Das Rescript vom 11. September ig?» erachtet 5 Meilen für keine zu weite
Entfernung. .' . .
80
Von der Wahl und der Person der Bevollmächtigten.
§. 41. Den Bevollmächtigten wählt die Partei in der Regel selbst. Kann
oder will eine Partei, welche im Prozesse eines Bevollmächtigten bedarf, aus Man
gel an Bekanntschaft, oder aus andern Ursachen nicht selbst wählen, so kann sie
beim Gericht die Zuordnung beantragen. Gegen den Willen einer Partei kann ihr
ein Anwalt von Amtswegen nicht bestellt werden. Nur bei Eidesabnahmen soll der
im Termine nicht anwesenden und nicht vertretenen Partei von Amtswegen ein
Vertreter zu dieser einzelnen Handlung zugeordnet werden. — A. G. O. !. 3,
Z. 22 —24; I. 1«, z. 189, 373. Anh. §. 85.
In der Regel können nur die beim Prozeßrichter fungirenden Justizkommissa
rien als Bevollmächtigte im Prozesse gewählt oder zugeordnet werden. Diese Regel
erleidet jedoch mehrfache Ausnahmen.
I. Durch Wahl der Parteien können:
1. auch Rcferendarien, Auskultatoren und die bei andern Gerichten angestellten
Justizkommissarien auftreten, wenn die beim Prozeßrichter fungirenden Justizkom
missarien zur Annahme des Mandats verhindert sind. In Ermangelung von Ju
stizkommissarien, Referendarien und Auskultatoren, können ausnahmsweise auch
solche Personen als Bevollmächtigte in Bagatellprozcßsachen zugelassen werden,
welche nicht Subalternbeamte des Prozeßgerichts, auch nicht Justizkommissarien,
Referendarien und Auskultatoren, wohl aber nach ihrer Bildung geeignet und bereit
sind, Bevollmächtigungen zu übernehmen. — §. 22, I. 3 A. G. O. — Rescr. vom
7. März 1836 und vom 8. April 1836. Jahrb. 47, S. 311; 5«, 491. Gräff
10, S. 85; 12, S. 117.
2. Schwebte ein Prozeß in erster Instanz bei einem Untergericht, welches den
Sitz am Orte des Obergcrichts hat, so kann in der beim Obergericht zu verhan
delnden ferneren Instanz die Partei sich durch ihren Mandatar erster Instanz ver
treten lassen. — A. G. O. I. 25, Z. 28.
3. Jeder Justizkommissar ist, ohne Einschränkung auf einen Gerichtsbezirk, befugt,
Vorstellungen, Eingaben und Schriften aller Art, welche in Prozeß- oder andern
Rechtsangelegenheiten einem Gericht einzureichen sind, für andere anzufertigen oder
zu legalisiren. Er muß aber bei Vermeidung einer Ordnungsstrafe der Schrift,
wenn sie für ein anderes Gericht, als bei welchem er angestellt, bestimmt ist, außer
dem Datum und der Namensunterschrift auch sein Dienstsiegel beifügen. — Verord.
vom 21. Juli 1843. GS. S. 295.
4. Generalbevollmächtigte, d. h. diejenigen, welche zur Vornahme aller zur Be
sorgung der Geschäfte ihres Machtgebers gehörenden Handlungen ermächtigt sind,
können, sofern sie nicht zur Zahl der Justizkommissarien gehören, für ihren Macht
geber bei jedem Gericht Prozesse führen. Hat ein Justizkommissarius Generalvoll
macht, so kann er aus Grund derselben seinen Mandanten in prozessualischen Ter
minen nur bei dem Gerichte, bei welchem er zur Prozeßpraxis «erstattet ist, ver
treten. Bei andern Gerichten muß er sich einen dort fungirenden Justizkommissa
rius substituiren. — A. L. R. I. 13, z. 108. — Rescr. vom 14. März und vom
10. Jan. und 2. Febr. 1818. Jahrb. 1, S. 44; Bd. 11, S. 14, 17. Gräff 2,
S. 55, 56, 306. — Rescr. vom 26. April 1837. Jahrb. 49, S. 453. ,
5. Fiskus wird in Prozessen durch die von der Finanzbehörde bestellten Fiskale
«der Fiskalanwalte vertreten. — A. G. O. I. 35, z. 2 fg.
6. Für Kirchen, Klöster, Schulen, Hospitäler und andere Armenanstalten oder
inilde Stiftungen können Vorsteher und Verwalter derselben bei Instruktion der
Prozesse persönlich die Termine abwarten. Sind deren mehre, so reicht es aus,
penn nur Zwei, oder auch nur Einer derselben erscheint. — A. G. O. i.
S, §. 10. , ^
81
7. Stadt« und Dorfgemeinden, und andere Kollegien und Korporationen,')
welche aus mehr als drei Mitgliedern bestehen, sollen nur zwei oder höchstens drei
Deputirte zur Abwartung der Instruktionen bestellen. Es steht ihnen jedoch frei,
die Instruktion nur durch einen Deputirten, z. B. durch den Syndikus abzuwarten.
— A. G. O. I. 3, Z. 11, 39.
8. Bei Prozessen, welche eine Grube, oder anderes verliehenes, zu dem Bergre
gals gehörendes vergewerkschaftetes Bergwerkseigcnthum angehen, ist, falls die Ge
werkschaft nicht selbst Bevollmächtigte oder Repräsentanten gewählt hat, der Lehns
träger oder der Schichtmeister gesetzlicher Vertreter der Gewerkschaft, je nachdem
der Prozeß Beleihung und Verwahrung des Eigenthums, oder den Betrieb de«
Werkes betrifft. 2) — Cab.-Ordre vom 24. Oct. 183t und Rescr. vom 3t. Mai
182«. (bekannt gem. durch die Amtsbl.)
9. Die Prozesse der vom Staate genehmigten Aktiengesellschaften führt der Vor
stand derselben. — Dieser leistet auch die Eide Namens der Gesellschaft. — Gesetz
vom 9. Nov. 1843, z. 21—23. GS. S. 345.
10. Personen, welche gesetzlich in Angelegenheiten gewisser anderer Personen die
Vermuthung einer Vollmacht für sich haben, müssen in Prozessen als Bevollmäch
tigte dieser Personen zugelassen werden. Dergleichen Personen sind: s) Anver
wandte in auf- und absteigender Linie, Eheleute, Geschwister, Seitenverwandte des
dritten Grades, Geschwisterkinder ersten Grades, Schwiegereltern und Schwieger
kinder, und Schwäger und Schwägerinnen; li) Miteigentümer gemeinschaftlicher
Sachen und Rechte, und Mitgenossen eines Prozesses (Litiskonsorten) in dieser ge
meinschaftlichen Angelegenheit; 2) c) Fideikommißbesitzcr bei Prozessen, welche die
Substanz des Fideikommisses zum Gegenstande haben; 6) Familienvorsteher in Pro
zessen, welche die Erhaltung der Familienrechte betreffen; e) Gutsherrschaftcn in
Prozessen ihrer Gutsunterthanen; ^) t) Verwalter, Buchhalter und Hausoffizian-
ten 5) in Ansehung der von ihren Prinzipalen oder Dienstherrschaften ihnen anver-
') Resourcengesellschaften sind zwar nicht als Korporationen anzusehen, können
aber einem oder mehren der Gesellschafter den Betrieb aller oder einer gewissen
Art der Sozictätsgeschäfte, mithin auch der Prozesse übertragen, worin zugleich
ein unbeschränkter Vollmachtsauftrag liegt. — Rescr. vom 6. Juni 1831.
Jahrb. 37, S. 324. Gräff 6, S. 231.
2) Dem Lehnsträger und Schichtmeister, so wie dem scl 9 genannten Vorstande,
giebt das Gesetz die Befugnisse der Bevollmächtigten, und zwar jenen Beiden
Generalvollmacht, dem Vorstande «cl 9 nicht allein diese, sondern auch Vertrc-
tungsbefugniß für alle Fälle, in denen sonst Spezialvollmacht nöthig ist. Eine
besondere Vollmacht haben sie daher in Prozessen nicht beizubringen. Sie ha
ben vielmehr nur ihre Eigenschaft als Lehnsträger, Schichtmeister und resp.
Vorstand nachzuweisen, in sofern dieselbe nicht bekannt ist.
«) Dahin gehört auch der Assignatar bei Einklagung der angewiesenen Post Na
mens des Anweisenden. Ferner, wenn Nießbrauchcr, Erbrachter, Miether und
Pächter am Prozesse über die von ihnen besessene Sache mit dem Eigcnthümer
resp. Obereigenthümer zugleich Theil nehmen, so haben sie in Bezug auf diesen
ebenfalls Präsumtivvollmacht. Aeitpächter haben übrigens in Bezug auf die
gepachtete Sache die Rechte und Verbindlichkeiten der Verwalter. — Rescr.
vom 24. Dec. 1838. I. M. B. 1839, S. 3«.
Das ErbunterthSnigkeitsverhältniß ist zwar aufgehoben. Doch beruhte diese
Bestimmung nicht lediglich auf jenem Verhältnis, sondern zum Theil auch auf
der Eigenschaft des Gutsbesitzers als Gerichts- und Polizeiobrigkeit. Dies cr-
giebt der 8> 121, I. 13 A. L. R. Man kann daher diese gesetzliche Bestim
mung nicht als antiquirt ansehen.
») So kann z. B. der Rentmeister eines Guts die Vertheidigung gegen einen Anspruch
auf Holzlieferungen aus den Forsten dieses Guts als ein zu seinem Amte gehörendes
Geschäft übernehmen. Rescr. vom 16. Dec. 1838. I. M. B. 1839, S. 39. — Bei
Prozessen aus Geschäften, welche einem Hausoffizianten nicht übertragen sind, kann
derselbe nicht als Vertreter seiner Herrschaft auftreten. , .......'!
trauten Geschäfte. ') - A. G. O. I. 3, 5. 26. - A. L. R. I. 13, Z. 119-121;
11. 4, z. 1«, 14, 117, 11«. — Rescr. vom 9. Ort. 184«. I. M. B. S. 337. —
Rescr. vom 6. Nov. 1831 und vom 10. Mai 1834. Jahrb. 4«, S. 425; 43, S.
479. Gräff 6, S. 23V; und 8, S. 152. — Rescr. vom 8. Oct. 1836. Jahrb.
48, S. 434. Gräff 1«, S. 85.
11. Andere Personen, als die bisher (1—10) Genannten, können als Vertreter
einer Partei nur zugelassen werden, wenn eine Gefahr im Verzuge klar erhellet. —
A. G. O. I. 3, z. 2«.
Hinsichtlich der unter 10 und 11 Genannten findet, wenn sie als Bevollmäch«
tigte auftreten, wegen der von ihnen zu erwählenden oder zu erbittenden Beistände
das z. 39 Gesagte Anwendung. — A. G. O. I. 3, z. 27.
II. Wird ein Offizialanwalt nöthig, so kann als solcher nach Bewandniß
der Umstände und Beschaffenheit der Sache auch ein Referendar oder Auskultator,
und bei Ermangelung von Justizkommissarien, Referendarien und Auskultatoren,
namentlich in Bagatellsachen auch eine andere Person, welche nicht Subaltern
beamter desselben Gerichts, jedoch nach ihrer Bildung dazu geeignet und bereit ist,
z. B. ein Subalternbeamte eines andern Gerichts, ein Bürgermeister, Verwaltungs
beamte u. dergl. zugeordnet werden. Die Zuordnung richterlicher Beamten soll
selbst ausnahmsweise nicht gestattet sein. Überhaupt können Unterrichter zur Praxis
als Vertreter der Parteien nur dann zugelassen werden, wenn sie dazu wegen
Mangels an Justizkommissarien ausdrücklich erwählt 2) und bestätigt sind. — Die
beim Prozeß führenden Gericht angestellten Subalternbeamten sollen wegen der zu
besorgenden Kollusionen und Verzögerungen als Mandatarien der Parteien in Pro
zessen und in andern gerichtlichen Angelegenheiten nicht zugelassen, und noch weniger
von Amtswegen bestellt werden. Nur ») für einzelne Akte, z. B. bei Eidesleistun
gen als Schwurzeugen, oder bei Testamentspublikationen ist in Ermangelung von
Justizkommissarien oder Refcrendarien ihre Zuordnung gestattet, und d) den königl.
Salarienkassen können zur Ersparung der Kosten zum Betriebe ihrer Rechtsangele
genheiten Offizialmandatare aus der Zahl der Subalternbeamten bestellt werden. —
A.G.O. I. 3, Z. 23. — Rescr. vom 8. April 1836. Jahrb. 5«, S. 491. Gräff
12, S. 117. — Rescr. vom 1«. Oct. 1837. Sppl.-Bd. zu Gräff, Koch ,c. Erg.
III. S. 61. — Rescr. vom 9. Oct. 182«, vom 18. Mai 1821, vom 16. Der.
1822, vom 27. März 1823, vom 3«. Oct. 1827. Jahrb. 17, S. 275; 2V, S.
273; 21, S. 33; 3«, S. 363. Gräff 2, S. 5«, 53, 54. — Cirk.-Rescr. vom
25. Jan. 1836. Jahrb. 5«, S. 491. Gräff 12, S. 117. — Rescr. vom 3.
Sept. 1836 in Gräff, Koch zc. Erg. III. S. 143.
Von der Legitimation der Bevollmächtigten,
K. 42. Für den vom Gericht der Partei zugeordneten Anwalt ist die zuord,
«ende Verfügung Legitimation, und er bedarf zu den Geschäften, zu denen eine
gewöhnliche Prozeßvollmacht (ek. 8.43) legitimirt, keiner Vollmacht. Dagegen
muß der zur Prozeßführung von der Partei selbst gewählte Bevollmächtigte, sobald
er für die Partei auftrit, Vollmacht von ihr beibringen. Bedarf der Generalbevoll
mächtigte die Generalvollmacht für mehre Prozesse, so muß er beglaubte Abschrift
derselben zu den Akten geben. Justizkommissarien, welche sich zum Betriebe eines
Prozesses ohne Vollmacht, jedoch unter dem Angelöbniß, dieselbe nachzubringen, mel
den, werden zwar zugelassen. Der Richter muß ihnen jedoch zu dieser Nachbrin-
1) Justitiarien dürfen für ihre Gerichtsherrschaft bei andern Gerichten als Man
datarien nicht auftreten. — Rescr. vom 16. Dec. 1822. Jahrb. 3«, S. 363.
Gräff 2, S. 54.
>) d. K. von dem Justizministex,
gung eine nach der Nähe oder Entfernung des Aufenthalts der Partei abzumessende
Frist stellen. ') Im summarischen und im Bagatellprozeß kann aber auch ein Ju
stizkommissar ohne Bollmacht nur dann zugelassen werden, wenn er sich durch ein
Schreiben des angeblichen Mandanten legitimiren kann. In andern Prozessen kann
die Gegenpartei ebenfalls die vorläufige Legitimation durch Vorzeigung eines solchen
Schreibens verlangen, und wenn es nicht produzirt werden kann, die Einlassung
mit einem gar nicht legitimirten Bevollmächtigten verweigern, was zur Folge hat,
daß ein neuer Termin angesetzt, und dazu die Partei selbst vorgeladen werden muß.
Treten die 41 unter l. 10 Genannten ohne Vollmacht auf, so muß der
Richter bei Gefahr im Verzuge auf ihre rechtlichen Anträge verfügen, wenn sie nur
zur Beibringung der Vollmacht, oder zur Herbeischaffung der Genehmigung sich
erbieten.
Auch die im K. 41 unter I. 11 Bezeichneten werden für eine Partei, wenn
Gefahr im Verzuge klar erhellet, ohne Vollmacht und unter dem Versprechen
der nachzubringenden Genehmigung zugelassen, wenn sie eine vom Richter nach Be
schaffenheit der Umstände festzusetzende Kaution sofort bestellen.
Kann in allen diesen Fällen die Vollmacht nicht nachgebracht, auch die Geneh
migung des Abwesenden für nachgewiesen nicht angenommen werden, 2) so ist die
erfolgte Verhandlung für nicht geschehen zu achten, und der angebliche Bevollmäch
tigte muß sowohl dem Richter als dem Gegentheil für Kosten und Schaden voll
ständigen Ersatz leisten. ») — A. G. O. I. 3, §. 25—29, K. 32. — Cab.-Ordre
vom 29. Mai 1835. Jahrb. 45, S. 430. GrSff 8, S. 15«. — Rescr. vom
24. Febr. 1836. Mankopf A. G. O. I. S. 280. — Eab.-Ordre vom 17. Oct.
1833, Nr. 4. GS. S. 119. — Rescr. vom 23. Jan. 1835 und vom 19. Dec.
1837. Jahrb. 45, S. 199z 50, S. 489. Gräff 8, S. 264; 12, S. 117. —
Rescr. vom 16. Dec. 1838. I. M. B. für 1839, S. 39.
Von dem Inhalte und der Wirkung einer Prozeßvollmacht.
Z. 43. Eine jede zur Betreibung streitiger Rechtsangelegenheiten ausgestellte
Bollmacht muß enthalten :
1) den Namen, Stand und Charakter des Bevollmächtigten;
2) den Namen, Stand und Charakter des Gegentheils;
3) den Gegenstand des Rechtsstreits;
4) den Auftrag, alles das vorzunehmen, was die Gerichte von einem im Namen
einer abwesenden Partei erscheinenden Bevollmächtigten zu fordern berechtigt sind;
5) das Datum;
ö) die Unterschrift des Vor- und Zunamens des Ausstellers mit Beifügung seines
Charakters. Die Beidrückung des Siegels ist zur Giltigkeit der Vollmacht
nicht nothwendig.
1) Es versteht sich von selbst, daß die Sache bis Ablauf dieser Frist nicht ruhen
darf. Vielmehr muß der Fortgang dcs Prozesses nebenbei so betrieben wer
den, als wäre die Vollmacht schon eingereicht.
2) Als nachgewiesen ist die Genehmigung anzusehen, wenn die Partei erweislich
durch den Bevollmächtigten, oder durch die Gegenpartei vom Verhandelten in
Kenntniß gesetzt worden, und dieselbe nicht innerhalb der Tit. 5, I. Z. 9« fg.
A. L. R. bestimmten Fristen ihre Billigung oder Mißbilligung erklärt hat. —
«. 8. 125—128, Tit. 13, Th. I. A. L. R.
») Nach dem Gerichtsgebrauch wird, wenn bei Abfassung des Erkenntnisses von
einem Bevollmächtigten noch Vollmacht fehlt, im Urtel die Beibringung aufgege
ben, und in der Sache selbst erkannt. Dies läßt sich nicht rechtfertigen, da es
auf die Gefahr hin geschieht, daß bei nicht erfolgender Beibringung der Vollmacht
die mit dem nicht legitimirten Bevollmächtigten gepflogenen Verhandlungen ungiltig
werden können, und somit die Entscheidung selbst ihre Grundlage verlieren kann.
ß
Sä
Durch solche Vollmacht erhält der Bevollmächtigte die Befugniß und Verbind«
lichkeit, die Stelle der Partei vor Gericht zu vertreten, und sich im Fortgange des
Prozesses allen vorkommenden Geschäften zu unterziehen, auch alle ordentlichen und
außerordentlichen Rechtsmittel einzulegen. Sie legitimirt jedoch nicht
^. zur Bestellung eines Substituten für alle «der für einzelne im Prozesse vor
kommenden Verhandlungen, zum Empfange der Definitiventscheidungen, und dazu,
die Forderungen des Gegners durchgängig einzuräumen. Soll der Bevollmächtigte
auch dazu autorisirt sein, so muß die Autorisation in Bezug auf diese Punkte in
der Vollmacht besonders ausgedrückt werden.
L. Ferner legitimirt sie nicht zu den Geschäften, welche gesetzlich eine Spezial
vollmacht erfordern, als 1) wenn Parteien- oder Zeugeneide erlassen, oder für ge
schworen angenommen werden sollen; 2) wenn der Bevollmächtigte einen Eid in
die Seele des Machtgebers ableisten soll; 3) wenn die Entscheidung eines Rechts
streits einem schiedsrichterlichen Ausspruche unterworfen; 4) wenn über streitige
Rechte des Machtgebers ein Vergleich wirklich abgeschlossen; 5) wenn ein Recht des
Machtgebers einem Dritten abgetreten, oder Verzicht darauf geleistet werden; 6)
wenn der Bevollmächtigte Sachen oder Gelder (Prozeßkosten allein ausgenommen)
für den Machtgeber in Empfang nehmen, und darüber quittiren soll; 7) wenn im
Namen des Machtgebers Grundstücke veräußert oder angekauft werden sollen; 8)
wenn im Namen des Eigenthümers eines Grundstücks die Eintragung auf dasselbe
oder im Namen des Gläubigers die Löschung eingetragener Gerechtsame im Hypo
thekenbuche bewilligt werden soll. Doch ist der zum Empfang einer eingetragenen
Post Bevollmächtigte auch zur Ertheilung der löschungsfähigen Quittung befugt.
9) Endlich zu Schenkungen aller Art. — Auch der Generalbevollmächtigte ist zu
dergleichen Handlungen nur dann ermächtigt, wenn seine Generalvollmacht den
Auftrag dazu ausdrücklich enthält.
L. Eine Prozeßvollmacht legitimirt nur zu dem Prozesse, für welchen sie ertheilt
ist, und zu der in demselben Prozesse verhandelten Widerklage, nicht aber zur Ver
tretung in andern Prozessen. Sie autorisirt ferner zu Exekutionsanträgen aller
Art; nur zu Anträgen auf Einleitung einer Subhastation muß, wenn die zum vor
hergegangenen Prozeß ertheilte Vollmacht nicht ausdrücklich darauf ebenfalls gerichtet
ist, eine besondere Vollmacht beigebracht werden. Eine zur Verhandlung iu pos-
»essori« »ummsriissim« ertheilte Vollmacht giebt kein Recht zur Vertretung im
nachfolgenden Prozesse über die Hauptsache. — Wer in einem Konkursprozesse zur
Wahrnehmung der Gerechtsame eines Machtgebers überhaupt bevollmächtigt ist,
wird dadurch sowohl gegen den Kurator der Masse, als gegen einen Mitgläubiger
hinreichend legitimirt. Zur Zurücknahme eines Liquidats bedarf er jedoch einer
Spezialvollmacht.') — A. G. O. l. 3, Z. 30—35. — A. L. R. I. 13, Z. 99 bis
109. — Res«, vom 23. Juli 1838. Jahrb. S2, S. 172. Gräff 12, S. 118.
— Art. 7. der Deklar, vom 6. April 1839. GS. S. 126. — Rescr. vom 24.
April 1834. Jahrb. 43, S. 480. Gräff 8, S. 152. — Rescr. vom 9. Oct.
1835 und vom 17. Oct. 1835, in Mannkopf A. G. O. I. 287 fg.
Von der Form der Vollmacht.
§> 44. Prozeßvollmachten müssen allemal schriftlich ertheilt sein. Der Macht
geber braucht sie nicht gerade selbst geschrieben zu haben. Sie müssen von ihm
jedoch eigenhändig unterschrieben sein. Handlungsgesellschaften, bei denen ebenfalls
schriftliche Vollmacht ausreicht, können solche mit der Handlungsfirma unterzeichnen.
') Dies um deshalb, weil die Zurücknahme zugleich eine Verzichtleistung auf das
in das Vermögen des Gemeinschuldners erlangte Pfand- und das übrige »US
der Theilnahme an der Kreditmasse fließende Recht enthält.
85
Übrigens soll zu Prozeßvollmachten das gedruckte Vollmachtsformular > ) gebraucht,
und in ftempelpflichtigen Sachen der erforderliche Stempel verwendet werden. Fehlt
dem Aussteller ein Vollmachtsformular, so kann ein solches auch später dem vom
Machtgeber ausgestellten Vollmachtsblanquet umgeschlagen werden.
Die Prozeßvollmachten der des Lesens und Schreibens Unkundigen 2) müssen
gerichtlich oder notariel, und die der Blinden und Taubstummen gerichtlich aufge
nommen sein. Spezialvollmachten müssen, wenn vor Gericht auf Grund derselben
etwas verhandelt werden soll, vor Gericht oder Notar ausgestellt oder anerkannt,
und wenn aus gerichtlichen Depositorien Geld erhoben werden soll, gerichtlich sein.
Nur die von Ausländern im Auslände, 2) sowie die in dem Theile der Rheinpn-
vinz, in welchem noch die französische Gesetzgebung gilt, vor Notar ausgestellten
Vollmachten sind auch zur Gelderhebung aus Depositorien ausreichend. Bei letzteren
bedarf es jedoch der Legalisation der Unterschrift des Notars durch den kompetenten
Landgerichtspräsidenten. — Die von preußischen Gesandten und Residenten an aus
wärtigen Höfen attestirten Vollmachten sind den gerichtlichen gleich zu achten.
Sind Spezialvollmachten von Kollegien und Instituten, deren Beamte öffent
lichen Glauben haben, amtlich ausgestellt und mit dem Amtssiegel bedrückt, so be
dürfen sie keiner ferneren Bescheinigung mehr.
In außergerichtlichen Angelegenheiten ist es Sache des Dritten, welcher mit
dem Bevollmächtigten sich einlassen will, wie er sich von der Richtigkeit einer pri
vatim ausgestellten Spezialvollmacht überzeuge. Bloße Blanquets, auf welchen nur
der Name des Machtgebers, ohne Bestimmung des Geschäfts, wozu der Auftrag
gegeben worden, sich befindet, sind zu Spezialvollmachten niemals geeignet. Wer
aber ein Blanquet ohne Bemerkung des Geschäfts, zu dem es bestimmt, aus den
Händen giebt, kann gegen eine über die Ramensunterschrift gesetzte Bollmacht,
wenn sie gleich erst nach der Unterzeichnung darüber geschrieben worden, sich nicht
entschuldigen. — A. G. O. I. 3, §. 36—SS. — A. L. R. I. 13, z. 110—117.
Anh. z. 45 u. 46z — I. s, 172 fg. — Res«, vom 29. August 1S31 und vom 8.
Mai 1835 in Gräff, Koch ,c. III. S. 78 u. 1S1.
Besondere Borschriften in Betreff gewisser Vollmachtgeber.
§. 45. 1. Bormünder und Kuratoren müssen, wenn sie Bollmacht aus
stellen, dieser beglaubte Abschrift ihrer Bestallung beifügen. Der Inhalt der letztern
entscheidet beim Vorhandensein mehrer Vormünder, ob sie in jedem Falle ins Ge-
sammt oder einzeln einen Bevollmächtigten ernennen können. Der Mitunterschrift
i) Das Res«, vom 23. Juli 1838 (Jahrb. 52, S. 172) schreibt nachstehende«
Vollmachtsformular vor:
Prozeßvollmacht.
...... Endesunterschriebener bevollmächtige hierdurch den ......
Herrn zu .... zur Führung des von . . als
Kläger wider ....... als Verklagten vor dem .... Gericht zu ... .
über den nachstehenden Gegenstand : ......................
an . . . stell .... Prozesses, mit dem Auftrage, alles dasjenige in .... .
Namen vorzunehmen, was die Gerichte von dem Bevollmächtigten einer abwe
senden Partei zu fordern berechtigt sind. Insbesondere soll derselbe ermächtigt
sein : (of. §. 43 gck 4.)
Dessen zu Urkund habe . . . diese Bollmacht eigenhändig unterschrieben
und besiegelt. So geschehen .... am . . ten .... 18 . .
>) Von gemeinen Landleuten, die des Schreibens und Lesens unkundig sind, ist
eine vor den Dorfgerichten mit Zuziehung eines vereideten Gerichtsschreibcrs
aufgenommene Vollmacht hinreichend. — C5. z. 173, Tit. 5, I. A. L. R.
») Inländer, welche im Auslande sich aufhalten, müssen ihre Spezialvollmachten
pom Gesandten zc. attestiren lassen.
8«
des Pflegebefohlenen bedarf es nicht. — Sind jene Kläger, so ist noch die Beifü
gung der obervormundschastlichen Autorisation zur Klage nöthig, wenn nicht etwa
Zinsen der einzige Gegenstand der Klage sind, oder der Vormund von obervormund-
schaftlicher Aufsicht befreit ist. — A. G. O. I. 3, g. 51 — 53.
2. Fiskale müssen sich als Vertreter des Fiskus durch de» Auftrag der den
Fiskus in dem desfallsigen Prozeß vertretenden Behörde legitimiren. (ek. oben Z. 15,
I.) das. z. 5«, I. SS, K. 3.
3. Wird in Prozessen der Standesherrn ein Bevollmächtigter gewählt, so kann
die Vollmacht von der standesherrlichen Domanial-, Rent- oder Verwaltungsbehörde,
in deren amtlichen Wirkungskreis die Sache einschlägt, dann vollgiltig ausgestellt
werden, wenn diese Behörde ein Kollegium bildet, oder wenn der einzelne Beamte
für sein Amt gerichtlich verpflichtet ist. — z. 3S der Jnstr. vom 30. Mai 182«.
GS. S. 81.
4. Bei Domkapiteln und Kollegiatstiftern müssen die Vollmachten von
dem Dechanten, oder in dessen Abwesenheit von dem Senior, bei Klöstern von
dem Prälaten, Abt, Probst, Prior, Guardian oder von der Äbtissin, Priorin zc.
nebst zwei Konvcntualen unterschrieben, und jederzeit des Domkapitels, Stifts oder
Klosters gewöhnliches Jnsiegel beigedruckt werden. Sollten besondere Statuten eines
Kapitels, Stifts zc. mehr fordern, so muß diesem pünktlich nachgelebt werden,
sieht jedoch die unterlassene Beobachtung dieser besondern Form eine Nichtigkeit der
Verhandlungen nach sich, so müssen die Aussteller der Bollmacht für alle daraus
entstandenen Schäden und Kosten aus eigenen Mitteln einstehen. A. G. O. I. 3,
Z. 45, 46. — A. L. R. II. 11, Z. 1022 fg.; §. 1054 fg.
5. Su Prozessen über Kirchenvermögen ist die Vollmacht für den Ver
treter der Kirche von den Vorstehern derselben und dem Patron, oder vom Kir-
chenkollegio, oder in deren Ermangelung vom Pfarrer zu unterfchreiben. Dabei ist
jedesmal das Kirchensiegel beizusetzen. In Fällen, s) wenn die Vorsteher, der Pa
tron oder das Kirchenkollegium sich weigern, wirkliche Rechte der Kirche vor
Gericht wahrzunehmen, oder b) wenn gegen den Patron oder das Kirchenkollegium
selbst Prozeß geführt wird, bestellen die geistlichen Obern von Amtswcgen einen
Bevollmächtigten.
Betrifft der Prozeß Pfarr? oder B ene fiziatgut, so erhält der Bevoll
mächtigte die Vollmacht vom zeitigen Nießbraucher (Pfarrer, Benefiziaten zc.) und
den Vertretern der Kirche als Eigenthümcrin. — A. G. O. I. 3, §. 47. — A. L. R.
II. 11, z. 653—661; Z.778. — Refcr. vom 23. August 1822. Jahrb. 2«, S.35.
6. Die für Schulen, Hospitäler, Waisen- und Wittwenanstalten
oder andere fromme Stiftungen auszustellenden Vollmachten müssen von den
Vorstehern oder Administratoren unterschrieben und mit dem ihnen anvertrauten
Siegel bedruckt werden. — Ist unter dieser Vollmacht von der, der Stiftung oder
Anstalt vorgesetzten obern Behörde attcstirt, daß die Unterschriebenen zur Ausstel
lung derselben berechtigt seien, so vertrit diese Bescheinigung in dem Falle, wo zum
Prozeß besondere höhere Genehmigung nöthig ist, die Stelle dieser Genehmigung. —
A. G. O. I. 3, Z. 47, 48.
7. Vollmachten, welche von Gilden oder Gewerken ausgestellt werden
sollen, müssen von den Altmeistern unterschrieben, und mit dem Gilde- oder Ge
werkssiegel bedruckt sein. Demnächst muß vom Beisitzer der Gilde oder des Ge-
werks, oder in dessen Ermangelung von einer Gerichtsperson des Orts unter der
Vollmacht attestirt werden, daß die Unterschriebenen wirklich die sind, für welche sie
sich ausgegeben haben. — a. a. O. Z. 49.
8. Soll von einem Kollegio eine Vollmacht ausgestellt werden, so muß sie vom
Dirigenten eher dem den Borsitz führenden Mitglieds, nebst einem oder zwei andern
8?
Mitgliedern unterschrieben und mit des Kollegii Jnsicgel bedruckt sein. — Kommt
es aber bei Regreßklagen oder sonst auf das Privatinteresse der einzelnen Mitglieder
an, so muß die Vollmacht von ihnen sämmtlich ausgestellt werden. — In Ansehung
auswärtiger Kollegien ist aus den Gerichtsgebrauch jedes Orts Rücksicht zu nehmen.
— §. 44 a. a. O.
9. Korporationen und Gemeinden') aller Art können sich in ihren
Rechtsangelegenheiten durch ihren Syndikus oder sonstigen Repräsentanten vertreten
lassen. Derselbe muß jedoch sowohl zur Anstellung der Klage als zur Einlassung
auf eine solche sich durch einen besondern Auftrag legitimiren. Fehlt ein Repräsen
tant oder Syndikus, so trit die Pflicht zur Wahl von zwei oder drei Deputirten
oder eines sonstigen Bevollmächtigten ein. — Zur giltigen Beschlußnahme einer
Korporation oder Gemeinde über die Ausstellung einer Vollmacht ist nothwendig,
daß entweder s) sämmtliche Mitglieder derselben unter Bekanntmachung des
Gegenstandes der Berathung zu einer Versammlung eingeladen werden, und
dann ist der von den Erschienenen, ohne Rücksicht auf ihre Zahl, gefaßte Beschluß
für die Nichterschienenen bindend; oder d) jene Bekanntmachung ist mit der Ein
ladung nicht verbunden. Dann müssen wenigstens zwei Drittheile der Mitglieder
gegenwärtig sein, wenn ein giltiger Beschluß zu Stande kommen soll. — I. 3, S.
39 A. G. O. — II. 6, Z. 143—151; §. 51—63 A. L. R.
Was insbesondere die von Stadt- und Dorfgemeinden auszustellenden Voll
machten anbetrifft, so werden
^. die Stadtgemeinden im Prozesse in der Regel vom Magistrate vertreten.
Die für die Bevollmächtigten der Stadt zu ertheilenden Vollmachten müssen daher
in der Regel vom Magistratsdirigenten und einem oder zwei Mitgliedern unter
schrieben, und mit dem Magistratssiegel versehen sein.
In Fällen, wo die Bevollmächtigten der Stadtverordneten nach den Gesetzen
einer Spezialvollmacht von der Versammlung der Stadtverordneten bedürfen, ver-
trit ein vom Magistrate des Orts bestätigtes Zeugniß: „daß durch einen gesetzlich
abgefaßten Beschluß der Stadtverordnetenversammlung die Bevollmächtigten bevoll
mächtigt seien," die Stelle der Vollmacht.
1) In den Städten, in welchen die Städteordnung vom 17. März 1831 gilt,
müssen Urkunden, welche die Stadtgemeinden verbinden sollen, also auch Voll
machten, vom Magistrate ausgestellt, und vom Bürgermeister oder Oberbür
germeister unterschrieben werden. Doch muß diesen Vollmachten erforderliche»
Falls der Genehmigungsbeschluß der Stadtverordnetenversammlung, oder wenn
verfassungsmäßig statt desselben eine Entscheidung der Regierung ergangen ist,
diese Entscheidung in bcglaubter Form beiliegen.
2) In Städten, in welchen keine der beiden Städteordnungcn gilt, kommt nur in
Prozessen wegen Kämmereivermögens das g<1 ^ Bestimmte zur Anwendung.
Bei Prozessen dagegen, welche Bürgervermögen betreffen, erfolgt die Wahl der
Bevollmächtigten nach Maßgabe der s6 ö gegebenen Bestimmungen. Da, wo
besondere Repräsentanten der Bürgerschaft vorhanden sind, bedarf es dann jedoch
nur der Vernehmung dieser Repräsentanten, und nicht der ganzen Bürgerschaft,
über die zu ertheilende Vollmacht. Jene müssen aber bei deren Vollziehung
jedesmal nachweisen, daß sie dazu nach der bestehenden Verfassung des Orts,
von ihren Kommittenten autorisirt worden sind.
S. Die Bollmachten der Dorf- und der Stadtgemeinden (die der letztern jedoch
') Die Regierungen find nicht befugt, Namens einer Gemeinde wider de,ren
Willen Prozesse führen zu lassen, vielmehr ist dazu ein Beschluß der Gemeinde
erforderlich. — Erk. des Geh. Obertribunals vom 15. Juli 1S35. Cmtr.-Bl,
1839, S. 709.
88
nur ausnahmsweise) ') müssen jederzeit gerichtlich ausgestellt werden. Das Versah
ren bei Aufnahme ist folgendes :
g) Es wird ein gerichtliches Protokoll aufgenommen und darin bemerkt:
1) aus wie viel Mitgliedern der sorgfältig geschehenen Nachfrage zufolge die
Gemeinde bestehe;
2) wie viel von diesen Mitgliedern erschienen sind, und wie dieselben mit Vor-
und Zunamen heißen, auch ob es Bauern oder Kossäten :c. sind;
3) welche Mitglieder ausgeblieben sind, und was die Erschienenen für Ursachen
des Ausbleibens eines jeden angeführt Habenz
4) ob sämmtliche Erschienenen einig sind, daß und auf wen die Vollmacht aus
gestellt werden solle. Ergiebt sich, daß die Stimmen der Gemeinde getheilt
sind, so müssen die Difscnticntcn, wenn deren Vor- und Zunamen im Pro
tokoll verzeichnet worden, über die Gründe ihres Widerspruchs vernommen,
und ihre Erklärungen ausführlich zum Protokoll niedergeschrieben werden.
Sind in Ansehung des Ausbleibens einiger Mitglieder keine erheblichen
Gründe angeführt, und entsteht Verdacht, daß die Erschienenen vielleicht die
Absicht haben könnten, die ausgeschlossenen Mitglieder zu entfernen, so ist darauf
zu dringen, daß auch diese Mitglieder herbeigerufen werden, um ihre Erklärung
abzugeben.
d) Nach dem, was nach Inhalt des aufgenommenen Protokolls durch Mehrheit
der Stimmen beschlossen worden, wird die Bollmacht hiernächst ausgefüllt, den
Erschienenen vorgelesen, und von sämmtlichen, oder den einwilligenden Mitglie
dern vollzogen, welche jederzeit den größten Theil der Gemeinde ausmachen
müssen.
c) Das die Vollmacht aufnehmende Gericht bescheinigt auf Grund des aufgenom
mene» Protokolls die gerichtliche Vollziehung, und bemerkt: aus wie viel Mit
gliedern die Gemeinde bestehe, wie viele derselben erschienen sind, auch ob und
wie viele unter diesen die Vollmacht zu vollziehen Bedenken getragen haben. —
Sind von Einzelnen gegen die Vollziehung Bedenken erhoben, so muß jedesmal
beglaubte Abschrift des aufgenommenen Protokolls dem Gericht, bei welchem die
Vollmacht gebraucht werden soll, von Amtswegen gesendet werden. 2) — A. G.
O. I. S, ß. 39—43. Anh. §. 46 u. 47. — Revid. Städteordn. vom 17. März
1831, S. 79, 80, 112, 114, 115, 127. GS. S. 10. — Jnstr. zu deren Eins,
vom 17. März 1831. GS. S. 34, z. 7—13. — Refcr. vom 17. Ott. 1835.
Jahrb. 46, S. 501.
Verfahren bei mangelhaften Vollmachten und Folgen einer
falschen Vollmacht.
§. 46. I. Wird eine Vollmacht eingereicht, bei welcher im Äußerlichen eines
der vorstehend festgesetzten Erfordernisse nicht gehörig beobachtet worden ist; so muß
das Gericht den Bevollmächtigten anweisen, binnen einer, nach den Umständen zu
bestimmenden kurzen Frist, eine vorschriftsmäßig eingerichtete Vollmacht beizubrin
gen. Inzwischen muß jedoch derselbe zugelassen werden. Wenn aber s) da, wo die
Gesetze eine gerichtliche Vollmacht erfordern, eine bloße Privatvollmacht beigebracht,
') Nämlich in den Fällen, wo die Stadtgemeinde selbst Vollmacht ertheilen muß,
wie z. B. im Falle ack ^ 2, oder wenn die Mitglieder der Stadtgemeinde als
Kirchengcsellschaft klagen oder verklagt werden :c.
2) Nach dem Gerichtsgebrauch wird meistens in das nach sl—4 aufgenommene
Protokoll zugleich der Beschluß in Betreff der Bevollmächtigung mit aufge-
. nommen, und dies Protokoll als die Vollmacht selbst dann ausgefertigt. Dies
Verfahren ist offenbar einfacher und zweckmäßiger.
89
oder b) wo sie eine ausdrückliche Spezialvollmacht erheischen, dieselbe auf die vor
zunehmende Handlung nicht gerichtet, oder «) die Vollmacht dergestalt fehlerhaft
abgefaßt wäre, daß daraus nicht ersehen werden könnte, wer sie ausgestellt habe,
oder auf wen sie gerichtet sei, oder zu welcher Sache sie gebraucht werden solle; so
kommen die Z. 42 für den Fall, wo gar keine Vollmacht beigebracht ist, gegebenen
Vorschriften zur Anwendung.
II. Hat Jemand eine Partei auf Grund einer falschen Vollmacht vertreten, so
steht dieser Partei in Gemäßheit der im Titel „von der Nullitätsklage" vorzutra
genden gesetzlichen Bestimmungen zu, das Verfahren anzufechten. Der falsche Be
vollmächtigte ist im Falle der nicht erfolgenden Genehmigung für Schaden und
Kosten verantwortlich, und in fofern ein Falsum verübt ist, strafbar.
Will eine Gegenpartei zeitig dem vorbeugen, so kann sie beantragen, daß, je
doch auf ihre Kosten, die vom abwesenden Gegentheil angeblich ausgestellte Voll
macht dem Aussteller persönlich zur Anerkennung vorgelegt werde. Inzwischen muß
sie dennoch mit dem sie angebenden Bevollmächtigten die Sache vor der Hand fort
setzen, und die Instruktion kann bis zur erfolgten Berichtigung des RekognitionS-
punktes nur dann ausgesetzt werden, wenn eine solche Partei erhebliche Gründe zur
Besorgniß einer Unrichtigkeit angegeben, und einigermaßen bescheinigt hat. — A. G.
O. I. 3, §. 54, 6S-70.
Fünfter Titel.
»on der «läge, und zwar:
^. von deren Anmeldung.
§. 49. Der Klage muß nicht nothwendig eine Klageanmeldung vorausgehen.
Die Klage kann von vornherein vollständig eingereicht oder zu Protokoll gegeben
werden. Die bloße Anmeldung geschieht meist, um der Verjährung vorzubeugen,
oder um einen Termin zur Klageaufnahme, «der die Ernennung eines Ossizial-
anwalts zu erlangen.
Diese Anmeldung kann vom Kläger selbst «der von seinem Bevollmächtigten,
schriftlich oder mündlich zum Protokoll erfolgen. Bei jedem Gericht soll während
der Dienststunden stets eine Gerichtsperson zur Aufnahme von protokollarischen Ge
suchen dieser und anderer Art deputirt sein. —
Eine vollständige Klageanmeldung muß enthalten :
t) den Namen, Stand und Charakter des Klägers;
2) den Ort, wo er wohnhaft oder anzutreffen ist;
5) den Namen, Stand und Charakter des Beklagten und überhaupt solche Kenn«
zeichen, woran derselbe von Andern gleichen Namens hinlänglich unterschieden
werden kann;
4) den Wohn- oder Aufenthaltsort des Beklagten, oder statt dessen die Anzeige,
daß er ein Vagabund, oder sein dermaliger Aufenthalt völlig unbekannt ist;
ö) den Grund und Gegenstand der Klage wenigstens im Allgemeinen, damit der
Richter beurtheilen könne, ob die Sache zu seiner «der einer andern Gerichts
barkeit gehöre;
6) die Erklärung des Klägers: «b er persönlich oder durch einen Bevollmächtigt«
die Instruktion abwarten wolle;
7) falls Kläger die Zuordnung eines Rechtsbeistandes oder Bevollmächtigten will,
den desfallsigen Antrag; und
8) wenn ein Bevollmächtigter die Klage anmeldet, muß seine Vollmacht oder eine
nothdürftige Bescheinigung des Auftrags beiliegen und angegeben sein, «b die
Vertretung auch im Laufe des Prozesses erfolgen wird.') — A. G. O. I. 4,
§. 1-Z; 8. 9, 10, 22.
') Der 8. 16, Tit. 4 A. G. O. ordnete eine Ergänzung der Klageanmeldung an,
wenn sie unvollständig. In der Praxis wird dies für eine unnütze Weitläuf-
tigkeit erachtet, und auf die unvollständige Klageanmeldung sofort die Klage
selbst veranlaßt. Die Vollständigkit der Klageanmeldung kann aber bisweilen
Sä
Verfügung auf die Klageanmeldung.
Z. 50. Jede Klageanmeldung muß dem Dirigenten oder Präsidenten des Ge
richts, und in Sachen, welche einem bestimmten Kommissarius ein für allemal zu
gewiesen sind, diesem zugestellt werden. Dieselben müssen
1) wenn aus jener zu entnehmen, daß die Sache offenbar nicht zu dem Gericht,
bei welchem die Klage angemeldet ist, gehört, den Klager, wenn er noch anwe
send, sofort mündlich, sonst schriftlich darüber bescheiden, allenfalls auch das
Schriftstück an die kompetente Behörde senden;
2) wenn die Inkompetenz nicht klar erhellet, und s) der auswärts wohnende Klä
ger, welcher zum Protokoll die Klage anmeldet, noch auf dem Gericht gegen
wärtig ist, diesen sofort mündlich an einen Deputirten verweisen, damit derselbe
die Klage bald oder in einem zu verabredenden Termin aufnehme; und b) auf
andere protokollarische oder schriftliche, von der Partei selbst oder einem Man
datar geschehene Anmeldungen einen Dezernenten ernennen, in so fern nicht der
prüfende Kommissarius zugleich Dezernent bleibt.
Der Dezernent prüft zunächst ss) die Kompetenz des Gerichts. Ist der Ge
richtsstand nicht begründet, so wird Kläger durch schriftliche Resolution an den
gehörigen Richter verwiesen; Kb) im andern Falle wird die Einreichung oder
Aufnahme der Klage verfügt, je nachdem das Gericht mit Rücksicht auf die
Person des Klägers und des Gegenstandes, oder mit Rücksicht darauf, daß Klä
ger einen Bevollmächtigten gewählt, oder verlangt und erhalten hat, das eine
oder andere für zweckmäßiger hält. Sollte schon das Klageanmeldungsgesuch
oder Protokoll eine vollständige Klage enthalten, so wird es als wirkliche Klage
behandelt. — Wird der Partei oder dem Bevollmächtigten die Einreichung
der Klage aufgegeben, so wird ihm zugleich eine Frist, und die Warnung gestellt:
daß beim Nichteingang der Klage innerhalb der Frist die Klageanmeldung aus
Kosten des Klägers weggelegt wird. — Erscheint die Aufnahme der Klage
zum gerichtlichen Protokoll zweckmäßiger, so wird gleichzeitig vernünftig
beurtheilt: ob dieselbe durch einen Deputirten an gewöhnlicher Gerichtsstelle,
oder durch einen Kommissarius am Wohnorte des Klägers, oder an einem drit
ten Orte') erfolgen solle. In der hierauf an den Kläger oder dessen Vertreter
ergehenden Vorladung wird demselben der angesetzte Termin, der Ort der Ab
haltung, und der Deputirte oder Kommissarius bekannt gemacht, und ihm eröff
net, daß bei seinem Ausbleiben die Sache auf Kosten des Klägers weggelegt
wird. — Beim Nichteingang der Klage innerhalb der Frist, oder beim Ausblei-
und namentlich in Bezug auf den Einwand der Verjährung von Einfluß sein.
Nach z. SSI, Tit. 9, I. A. L. R. wird die Verjährung durch Nichtgebrauch
durch die Klageanmeldung unterbrochen. Kann ein Gesuch als solche nicht
erachtet werden, so wird die Unterbrechung bezweifelt werden müssen. Der
Richter wird daher ein solches Gesuch vervollständigen lassen müssen, wenn die
Vervollständigung vor Ablauf der Verjährungsfrist geschehen kann, während die
Klageaufnahme über diese Frist hinausgeschoben werden würde. Für den Fall,
^ daß Jemand Behufs Unterbrechung der Verjährung dem Richter seinen Anspruch
blos anzeigt, sich aber das weitere Verfahren verbittet, ordnet das Rescr. vom
22. Jan. 1841 (I. M. B. S. 6S) an, daß dem Kläger eröffnet werde: seine
Änzeige genüge zur Unterbrechung der Verjährung nicht, weshalb er eine voll
ständige Klageanmeldung nach Vorschrift §. 2, Tit. 4 Pr. O. einzureichen, oder
sich zur Aufnahme einer vollständigen Klage einzufinden habe. Ob er dann
die Sache liegen lassen wolle, bleibe mit Rücksicht auf die desfallsigen rechtlichen
Folgen seiner Beurtheilung allein überlassen.
') Dies namentlich bei Krankheit des Klägers, oder, wenn es zur Aufnahme der
vollständigen Klage wesentlich aus Ansicht des Prozeßgegenstandes, dessen Lage
«der Beschaffenheit ankommt.
ben im Aufnahmetermin wird demnächst die gestellte Warnung realisirt. —
Wohnt Kläger in einem andern Gerichtsbezirk, so wird, wenn die Aufnahme
der Klage zum gerichtlichen Protokoll zweckmäßig erscheint, das betreffende Ge
richt darum ersucht. — ec) Jede zur Unterbrechung der Verjährung geeignete
Klagcanmeldung muß, auch wenn sie keinen Prozeß zur Folge hat, mit der
darauf erlassenen Verfügung der Gegenpartei mitgetheilt werden. — A. G O.
I. 3, z. 7; I. 4, Z. 4—24; l. 5, §. 3. — Allg. Verf. vom 20. Juli 1843.
I. M. B. S. 204.
Z. Von Einziehung der Information zur Klage und deren Auf
nahme resp. Anfertigung.
Z. 5t. I. Derjenige, welcher eine Klage zu Protokoll nehmen oder anfertigen
soll, hat
1) das Forum zu prüfen, d. h. er muß untersuchen, ob der Beklagte nach seiner
Person und seinem Stande, oder die Sache nach ihrer Beschaffenheit, vor das
Gericht, wo die Klage angemeldet worden, wirklich gehöre, oder ob der Beklagte
besonderer Bestimmung zufolge vor einer andern Instanz Recht zu nehmen habe.
Finden sich Zweifel, so muß Kläger zu deren Aufklärung veranlaßt werden.
2) Er muß den Kläger über etwaige Litispendenz, d. h. darüber fragen, ob wegen
des Gegenstandes, weshalb er klagen will, nicht bereits bei einem andern Ge
richte ein Prozeß anhängig, und darin schon Vorladung ergangen sei; auch wenn
dies wäre, warum er die Sache dort nicht fortsetzen wolle. Darüber, ob Prä
vention durchgreifend, bestimmt demnächst das Gericht durch Verfügung.
3) Es muß vom Kläger das Objett der Klage, besonders wenn es dabei auf kör
perliche Dinge ankommt, nach Lage, Grenzen, äußerer Form und Gestalt, Maß
und Gewicht und nach den übrigen Umständen, wodurch die Sache sich von
andern ähnlichen unterscheidet, genau und deutlich bestimmt werden, um in der
Folge allem Mißverständnisse, Jrrthum und Zweideutigkeit vorzubeugen. ' )
4) Ferner muß der Kläger zur ausführlichen Erzählung der Thatsachen, des Han
dels oder Vorgangs, worauf er seinen Anspruch gründet, nach allen Haupt-
und zur Erläuterung dienenden Nebenumständen vermocht werden, so daß so
gleich übersehen werden kann, wovon eigentlich die Rede ist, und wie durch die
vorgetragenen Thatsachen der Anspruch des Klägers begründet werden solle,
(speeies tscti).
5) Kläger muß ausdrücklich darüber vernommen werden, worauf sein Anspruch
eigentlich gehe, und wie weit er sich erstrecke, ob er z. B. nur Kapital, ob«
auch Zinsen, und aus welchen Gründen, fordere. (Petitum).
ü) Es ist auf Berichtigung des Legitimationspunktes Bedacht zu nehmen. 2)
Demzufolge muß z.B. der Bevollmächtigte zur Beibringung der Vollmacht, der
Vormund «der Kurator zur Beschaffung des Tutoriums oder Kuratoriums, und
wo es erforderlich, des obcrvormundschaftlichen Approbationsdekrets, der Zessio-
narius zum Ausweis der Zession; der Erbe zur Bescheinigung seines Erbrechts,
1) Klagt Jemand eine Waarenschuld ein, so genügt es nicht, wenn auf eine an
geblich dem Beklagten bereits zugestellte Rechnung Bezug genommen und diese
edirt verlangt wird. Es kann die Beibringung einer Rechnung oder doch
nähere Angabe der verkauften Waaren verlangt werdm. — Ls. Res«, vom
«. Mai 1832 in Gräff, Koch zc. Erg. III. S. 156.
2) In manchen Fällen lcgitimirt das Gesetz; dann ist die nähere Angabe des durch
dos Gesetz vorausgesetzten Verhältnisses nöthig. So z. B. ist die QuSstur der
berliner Universität zur Einklagung gestundeter Honorare aus den ihr darüber
ertheilten Reversen allein gesetzlich legitimirt. — Cab.-Ord« vom 4. Februar
1Si4. GS. S. öS.
sofern dies nicht notorisch ist, angehalten werden. Diese Bescheinigung des Erb
rechts erfolgt bei Testamentserben durch Beibringung des Testaments und der
Publikationsverhandlung, bei Vertragserben durch Beilegung des Vertrages und
Nachweis des Todes des Erblassers, wenn derselbe nicht bekannt ist; bei gesetz
lichen Erben durch Beschaffung eines gerichtlichen Erbeslegitimationsattestes.
Ist Kläger nur zu einem gewissen Theile Miterbe, so muß er zugleich durch
Beibringung des Erbtheilungsvertrages, oder des über den eingeklagten Anspruch
lautenden Dokuments, oder der Vollmacht von den übrigen Miterben nachweisen,
daß er zur alleinigen Anbringung der Klage legitimirt sei. — Übrigens ist ein
ganz vollständiger, und bis zur vollkommen rechtlichen Gewißheit gebrachter
Nachweis des Erbeslegitimationspunktes bei Anbringung der Klage nicht durch
aus nothwendig, sondern hinreichend, wenn nur Kläger den Grund seiner Legi
timation bestimmt angiebt, die darüber in seinen Händen befindlichen schriftlichen
Beweismittel vorlegt, und in Ansehung derer, welche er nicht sogleich vorlegen
kann, bestimmt anzeigt, worin sie bestehen, und wie sie erforderlichen Falls her
beizuschaffen sein werden. 2)
7) Ergiebt sich aus dem Vortrage des Klägers, daß er in Betreff des Streit
objekts mehre Theilnehmer hat, und ist: «) jenes theilbar, so muß Kläger
angehalten werden, entweder nur seinen Antheil einzuklagen, oder von den Mit
interessenten Vollmacht zur Einklagung des Ganzen beizubringen, oder die ihm
von selbigen geschehene Abtretung des Ganzen nachzuweisen, b) Ist dasselbe
seiner Natur nach untheilbar, so muß dies im Protokolle bemerkt werden. Bei
Bestimmung über die Einleitung der Klage wird demnächst zugleich mit Rück
sicht darauf: ob die zu einem solchen untbcilbaren Objekte gehörenden mehreren
Interessenten Mitglieder einer Korporation oder Gemeinde sind, oder ob ihr
Miteigenthum aus einem Vertrage oder unmittelbar aus dem Gesetze entsteht,
beurtheilt, in wiefern der zur Klage sich meldende Theilnehmer allein zum Pro
zesse verstattet, oder bis zum Beitrit der übrigen Theilnehmer zurückgewiesen
werden muß. «)
8) Ebenso muß geforscht werden, ob von Seiten des Beklagten mehre Theil
nehmer sind, und ob Kläger sie insgesammt, oder nur einen oder etliche in
Anspruch nehmen wolle. — Ist das Streitobjekt theilbar, und Kläger belangt
den einen Mitinteressenten nur auf dessen Antheil, so hat es dabei sein Bewen
den. — Fordert er aber das Ganze, oder ist die Sache ihrer Natur nach un
theilbar, so muß er entweder besondere Gründe, warum der in Anspruch ge-
1) Dies Attest ertheilt in der Regel dasjenige Gericht, unter welchem Erblasser
beim Ableben seinen persönlichen Gerichtsstand hatte. Ist dieser im Auslande
gelegen, und im Jnlande, wo Erblasser Grundstücke besaß, ein Erbeslegitima-
tioneattest nöthig, so muß, wenn das ausländische Nachlaßgericht dessen Er-
theilung verweigert, das inländische Gericht der vom Erblasser zurückgelassenen
Grundstücke sich der Erbeslegitimationsführung hinsichtlich der Erbfolge in
dies unbewegliche Vermögen unterziehen, und demnächst ein Erbeslegitimations-
' attest ertheilen. — ck. Res», vom 7. Dec. 184«. I. M. B. 1841, S. 71.
2) Ist ein Prozeß, der ermangelnden oder nicht vollständig geführten Legitimation
ungeachtet, einmal zur Instruktion eingeleitet, so kann die nachzuholende Aktiv
legitimation nicht unter der Warnung der Aktenweglegung, sondern nur unter
der Warnung des Kontumazialverfahrens und demnächstigen Erkenntnisses auf
gegeben werden. — Rescr. vom 1«. Dec. 1814. Jahrb. 4, S. 207. Gr äff
2, S. S7.
») Ein einzelnes Mitglied einer Gemeinde kann aus eigenem Rechte gegen eine
Person, die von der Korporation als Mitglied nicht anerkannt wird, auf Lei
stung von Beiträgen zu den Gemeindelasten nicht klagen. — Erkenntniß vom
12. Ott. 1S37 in Koch's Arch. 3, S. 220. , ^ . ^
97
nommene Interessent für das Ganze zu haften schuldig sei, anführen; oder er
muß bedeutet werden, seine Klage gegen sämmtliche Interessenten zu richten. —
Mit Rücksicht auf Nr. 7 und 8 ist eine Sache für untheilbar zu achten, wenn
sie einem von mehren Interessenten nicht zu Statten kommen kann, ohne zu
gleich den übrigen gewährt zu werden, oder von sämmtliche» Interessenten ge
leistet werden muß, wenn sie dem Gegentheile zu Statten kommen soll, wie z. B.
Grundgercchtigkeiten.
9) Falls die Zuziehung dessen, von welchem die streitige Sache oder Forderung an
den Kläger gediehen ist, des Auktors, zur ferneren Verhandlung vom Kläger
ausdrücklich verlangt wird, oder auch nothwendig und rathsam erscheint, muß
nach demselben geforscht werden.
1V) Ferner muß untersucht werden, ob die Klage rechtzeitig angestellt sei. (Ob nicht
etwa die exeptio plus Petition is tempore zustände). Findet sich, daß
Kläger damit noch eine gewisse Zeit oder Begebenheit abwarten müsse, >) so
muß er dahin bedeutet werden, oder er muß Gründe, warum er zu warten nicht
verpflichtet, angeben. Eine Ausnahme findet statt bei den Kündigungsklagen.
11) Ebenso ist es zu halten, wenn sich findet, daß Beklagter dem Kläger erst
in suusiäium verhaftet, und also den Rechten nach zufördcrst der Prinzipal-
schuldncr in Anspruch zu nehmen sei. Kläger ist dann an diesen zu verwei
sen, sofern er nicht besondere Ursachen angeben kann, weswegen er, mit Über
gehung des Haupischuldners, sich sogleich an den Nebenschuldner oder Bürgen zu
halten berechtigt sei. 2) (exceptio excussioni» et orliims).
12) Ist die Sache von der Art, daß vom Kläger Kaution gefordert werden könnte,
(es. unten Tit. 9, 5,1b L), so muß er gefragt werden, wie er sie zu bestellen
gedenke.
13) Bei jedem vom Kläger behaupteten, und irgend erheblich erscheinenden Umstände
müssen für den Leugnungsfall Beweismittel angegeben oder beigebracht wer
den. Beruft sich Kläger a) auf Zeugen, so muß deren Namen, Stand und
Aufenthalt, auch, von welchem Umstände eigentlich jeder derselben, falls mehre
benannt sind, Wissenschaft haben solle, vermerkt werden; Ii) beruft er sich auf
Dokumente, so müssen sie im Original oder in getreuer Abschrift ?) beigebracht
werden. Bezieh« sich diese Dokumente auf andere, so muß Kläger, falls letztere
zur vollständigen Übersicht der Thatsache nöthig, auch diese beschaffen. Besitzt
Kläger die Urkunde gar nicht oder doch nicht das Original, so muß er sie im
ersteren Falle genau bezeichnen, ob sie ein Kontrakt, Brief, Testament, Protokoll
?c. sei; er muß ferner so genau und bestimmt, als es ihm möglich, angeben,
was daraus in Bezug auf die vorliegende Thatsache entnommen werden solle;
> ) So z. B. müssen die Mitglieder der Schützcnkompagnie zu Goldberg, bevor sie
gegen ein anderes Mitglied wegen Beleidigung beim ordentlichen Richter kla
gen, vorerst das Ehrengericht um vergleichsweise Beseitigung der Sache an
treten. — 8. 4 des Stat. vom 31. Jan. 1842, bestätigt am 13. April 1842.
I. M. B. S. 179.
2) Der Bürge kann vor dem Hauptschuldncr belangt werden: I) wenn der Haupt
schuldner auf Anhalten anderer Gläubiger zum Arrest gebracht, oder 2) wenn
bei Exekutionen auf Instanz anderer kein Erekutionsobjekt bei ihm gefunden
wird; 3) wenn der Bürge sich ausdrücklich als Selbstschuldner verpflichtet, oder
dem Einwände, daß der Hauptschuldner zuerst belangt werden müsse, gehörig
entsagt hat; 4) wenn der Hauptschuldner nicht mehr in den kgl. Landen belangt
werden kann; 5) wenn der Hauptschuldner durch richterliches Urtel zu län
gcrem als einjährigem Indult verstattet worden; 6) wenn über desselben Ver
mögen Konkurs eröffnet ist. — A. L. R. i. 14, K. 284, 297 — 300.
») Dies brauchen nicht vjdimirte Abschriften zu sein. — er. A. G. O. I. 5,
K. 17, Nr. 2.
98
in beiden Fällen aber muß Kläger denjenigen nennen, in dessen Händen das
Original sich befindet, auch angeben, woher cr wisse oder vermuthe, daß der
Angegebene das Dokument wirklich hinter sich habe, o) Beruft Kläger sich auf
des Beklagten eigenes Gcständniß, so sind Zeit und Umstände, unter denen es
abgegeben, ob es schriftlich oder mündlich abgegeben, wer dabei zugegen gewefen,
oder sonst Wissenschaft davon haben könne, zu erforschen. S) Fehlen dem Klä
ger andere Beweismittel, so ist er zu befragen, ob er sich des Eides bedienen
wolle, >) und zugleich sind ihm die Folgen dieses Beweises bekannt zu machen.
14) Auch über etwaige, dem Beklagten zustehende, nach der Natur des Geschäfts und
sonst zu vermuthende Einwendungen, namentlich, ob die einzuklagende For
derung durch Zahlung, Vergleich, Abrechnung ,c. getilgt, oder durch ein darüber
ergangenes rechtskräftiges Urtel abgethan sei; ob etwa dem Beklagten eine Ge
genforderung, wodurch die Forderung des Klägers aufgehoben werden könnte,
zustehe, ob Beklagter sich mit der Verjährung schützen möchte, und dergl. muß
Kläger gefragt, und darüber gehört werden, waS er von den etwa einzuwen
denden Thatsachen einräume oder leugne, oder was für Thatsachen cr entgegen
setze, und womit er diese darzuthun gedenke. —
Steht einem einzuklagenden Anspruch die Extinktivverjährung 2) entgegen, so
muß, um in Betreff dieses Anspruchs die Klage zu begründen, die durch die
2) BeiJnjurienZlagen fällt dies weg, da in Jnjuriensachen Eideszuschiebung unzulässig.
2) Diese Verjährung trit durch Nichtgebrauch des Rechts innerhalb der gesetzlichen
Frist ein, und bewirkt die rechtliche Vermuthung, daß die ehemals entstandene
Verbindlichkeit in der Zwischenzeit auf eine oder die andere Art gehoben wor
den. — z. 502 und 8. 5S8, Tit. 9, I. A. L. R. — Der Gegenbeweis zur
Beseitigung dieser Vermuthung kommt in neuerer Zeit häufig vor, da durch
neuere Gesetze in Betreff sehr vieler Ansprüche kürzere Verjährungsfristen ein
geführt sind. Es verjähren nämlich mit dem Ablaufe von zwei Jahren die
Forderungen :
j) der Fabrikunternehmcr, Kaufleute, Krämer, Künstler und
Handwerker für Waaren und Arbeiten, ingleichcn der Apotheker für
gelieferte Arzneimittel. — Ausgenommen hiervon find solche Forderungen,
welche in Bezug auf den Gewerbebetrieb des Empfängers der Waare oder
Arbeit entstanden sind;
2) der Fabrikunternehmer, Kaufleute, Krämer, Künstler und
Handwerker, wegen der an ihre Arbeiter gegebenen Vorschüsse;
3) der öffentlichen und Privat-Schul- und Erziehungs-, sowie der
Pensions- und Verpflegungs-Anstalten aller Art für Unterhalt,
Unterricht und Erziehung;
4) der öffentlichen und Privatlehrer hinsichtlich der Honorare, mit Aus
nahme der bei den Universitäten und andern öffentlichen Lehranstalten regle
mentsmäßig gestundeten;
5) der Fabrikarbeiter, Handwerksgesellen, Tagelöhner u. anderer
gemeiner Handarbeiter wegen rückständigen Lohns;
L) der Fuhrleute und Schiffer hinsichtlich des Fuhrlohns und Frachtgeldes,
sowie ihrer Auslagen;
7) der Gast- und Speisewirthe für Wohnung und Beköstigung.
Mit Ablauf von vier Jahren verjähren die Forderungen:
t. der Kirchen, der Geistlichen und anderer Kirchcnbeamten we
gen der Gebühren für kirchliche Handlungen;
2. der Kommissarien öffentlicher Behörden, der Justizkommissa-
rien und gerichtlichen Anwälte, der Notare, der Medizinalperso
nen mit Ausschluß der Apotheker, der Feldmesser und Kondukteure, der
Auktionskommissarien, der Mäkler, und überhaupt aller der Personen,
welche zur Besorgung bestimmter Geschäfte öffentlich bestellt oder zugelassen
sind, oder sonst aus der Übernehmung einzelner Arten von Aufträgen ein Ge
werbe machen, sowie der Zeugen und Sachverständigen wegen ihrer Ge
bühren, und Auslagen 5
SS
Verjährung begründete Bermuthung der inzwischen erfolgten Tilgung durch
vollständigen Gegenbeweis widerlegt werden. Dieser Gegenbeweis muß
darauf gerichtet werden: „daß der Beklagte, wenn er von dem Einwände der
Verjährung Gebrauch machen sollte, sich unredlicher Weise und gegen besseres
Wissen von seiner noch fortwährenden Verbindlichkeit, der Erfüllung derselben
entziehen wolle." Doch kann über diesen Umstand selbst der Eid nicht angetra-
gen werden, da die Eidcsdelation »ur über Thatsachcn zulässig. Vielmehr
muß der Gegenbeweis auf Thatsachcn gerichtet werden, aus denen der Richter
die vollständige Überzeugung schöpfen soll, der Beklagte befinde sich wirklich im
unredlichen Glauben, und habe die Absicht, sich gegen besseres Wissen der Erfül
lung seiner Verbindlichkeit zu entziehen.
15) Der zur Aufnahme oder Anfertigung der Klage Beauftragte muß nach Mög
lichkeit die Wahrheit der, der Klage zum Grunde liegenden, Thatsachen zu er
forschen suchen; den Kläger auf die sich ergebenden UnWahrscheinlichkeiten, sowie
auf die gegen die angegebenen Beweismittel etwa erscheinenden Bedenken auf
merksam machen, und wenn aus den entwickelten Thatsachcn mit Gewißheit oder
mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu entnehmen, daß die Klage zurückgewie
sen werden dürfte, den Kläger darüber, sowie über die nachtheiligen Folgen des
muthwilligen Prozcssircns bedeuten.
ll. Erfolgt die Aufnahme der Klage durch einen Gerichtsdeputirten , so wird
über die gemäß I. 1 —15 erfolgte Jnformationseinziehung in weitläuftigen und ver
wickelten Sachen ein Protokoll aufgenommen, und auf Grund desselben demnächst
ein Klageprotokoll niedergeschrieben. In gewöhnlichen Sachen erfolgt sofort die
Niedcrschreibung des KlagcprotoZolls, und ist dann ein besonderes Jnsormatlonspro-
tokoll nicht nöthig. Die sud I. Nr. 15 erwähnten Bedeutungen gehören im letztern
3. der Haus- und Wirthschaftsoffizianten, der Handlungs
gehilfen, und des Gesindes an Gehalt, Lohn und andern Emolunnntenz
4. der Lehrherrn hinsichtlich des Lehrgeldes;
5. wegen der Rückstände an vorbcdungenen Zinsen, an Mieths-
und Pachtgeldern, Pensionen, Besoldungen, Alimenten, Renten
und allen andern zu bestimmten Anten wiederkehrenden Abgaben und Lei
stungen, es mag das Recht im Hupothekenbuche eingetragen sein oder nicht;
6. wegen Rückständen von direkten od. indirekten Staatsfteuern;
7. wegen Rückständen von öffentlichen Abgaben, welche an Gemein
den und Korporationen, fowie an ständische Kassen zu entrichten, oder als Pro«
vinzial-, Bezirks-, Kreis - oder Gemeindelasten, oder zur Unterhaltung öffent
licher Anstalten aufzubringen sind;
8. wegen Rückständen von Abgaben, die in Folge einer vom Staate
besonders verliehenen Berechtigung an Privatpersonen zu entrichten find, als :
Wege- und Brückengelder u. s. w.;
9. auf Erstattung ausgelegter Prozeßkosten von dem dazu verpflich
teten Gegner;
10. auf Nachzahlung der von den Gerichten, Generalkommissionen, Reo!-
sionskollcgien und Verwaltungsbehörden gar nicht oder zu wenig eingeforderten
oder auf Erstattung der an dieselben zu viel gezahlten Kosten , mit Einschluß
der Porto- und Stempelgefälle; ausgenommen bleiben jedoch die Wcrthftempel,
welche mehr als ein Prozent betragen, oder zu Verträgen und Schuldverschrei
bungen zu verwenden sind.
Diese zwei- und vierjährige Verjährung beginnt mit dem letzten Dccember
desjenigen Jahres, in welches der Aahlungstag fiel, und weNn ein solcher nicht
festgesetzt ist, in welchem die Forderung entstanden; bei gerichtlichen Kosten,
Stempeln und Portogefällen, in welchem das gerichtliche Verfahren, Prozeß,
Untersuchung beendet war, und bei Gebühren und Auslage», die einer Festsez-
zung bedürfen, des Jahres, in welchem die Liquidation zur Festsetzung einge
reicht werden konnte. — Ls. Ges. vom »1. März 183«. GS, S. 249. —
Ges. «om 18, Juni 1840. GS. S. 14« fg.
7^
100
Falle nicht ins Klageprotokoll. Sie können allenfalls an der Seite desselben oder
in der Anzeige des Deputirten angegeben werden.
Der Bevollmächtigte oder Assistent nimmt zu seinen Manualaktcn ein Jnfor-
mationsprotokoll auf. Zieht er aber die Information durch Schriftwechsel ein, so
vertrit dieser das Jnformationsprotokoll. Jeder Bevollmächtigte muß vor Anferti
gung der Klage ganz vollständige Information einziehen, damit im Laufe des Pro
zesses wegen Mangels derfelben kein Aufenthalt entsteht. Kann ein Bevollmächtigter
vom abwesenden Machtgeber, dem es an Kenntnissen und Einsichten, oder an der
Gabe sich deutlich und bestimmt auszudrücken, fehlt, nicht die nöthige Information
erlangen, so kann er beim Gericht darauf antragen, daß dieses das betreffende Ge
richt um Vernehmung des Klägers ersuche. — Auf Grund des Jnformationspro-
tokolls «der der geführten Korrespondenz muß dann der Bevollmächtigte oder Assi
stent die Klage entweder selbst anfertigen, oder zum gerichtlichen Protokoll geben.
III. Etwaige Anstände, welche die gehörige Begründung der Klage hindern,
namentlich s) wenn über die Kompetenz des Gerichtsstandes, wo die Klage ange
bracht werden soll; b) über die von einem andern Richter sich angemaßte Präven
tion; oder c) über die Legitimation des Klägers zur Sache noch ein Bedenken ob
waltet; oder 6) wenn sich findet, daß nur durch Borladung und Vernehmung des
Auktors des Klägers, von welchem die streitige Sache oder Befugniß an ihn gedie
hen ist, vollständige Information erlangt werden kann; oder e) wenn Kläger sich
in der Hauptsache auf ein Dokument bezieht, wovon er weder Original noch Ab
schrift in Händen hat, und dessen Herausgabe vom Beklagten oder einem Dritten
fordert,') müssen vor Aufnahme refp. Anfertigung der Klage befeitigt werden.
IV. Findet der mit Aufnahme oder Anfertigung der Klage Beauftragte, daß
die Forderung des Klägers sich zur rechtlichen Erörterung nicht qualifizire, wenn
«amentlich s) der Anspruch nach den Gesetzen gar nicht begründet wird, oder K)
ein dem Kläger entgegenstehender, von ihm zugestandener Einwand sein ganzes
Recht aufhebt, oder «) wenn die Sache nicht vor dieses, sondern ein anderes Ge
richt gehört, oder 6) wenn ein anderer Richter bereits eine rechtmäßige Präven
tion ausgeübt hat, oder e) wenn die Klage zu früh angestellt wird ,c.: — so muß
er den Kläger darüber bedeuten. Beharrt er auf der Klage dennoch, so muß jener
das aufgenommene Protokoll oder die angefertigte Klage dem Gericht zur Verfü
gung einreichen. — A. G. O. I. 5, Z. 1—16. — Allg. Verf. vom IS. Oct. 1841.
I. M. B. S. 307.
c. Vom Inhalt der Klage.
Z. 52. I. Jede Klage, sie mag zum gerichtlichen Protokoll gegeben oder ein
gereicht werden, muß enthalten:
1) eine deutliche, vollständige und zusammenhängende Erzählung der Khatsache, auf
welche Kläger seinen Anspruch gründet. Bei dieser Erzählung muß die erfor
derliche Vollständigkeit mit einer bündigen Kürze verbunden sein, und Umstände,
welche Nicht zur Sache gehören, oder zur Aufklärung ihres Zusammenhangs
Nichts beitragen, müssen wegbleiben. Auch weitläuftige juristische Ausführungen,
serner die gemäß K. S1, I. 15 gemachten Remonstrationen, und die über ver-
«mthliche Einwendungen eingezogenen Nachrichten gehören nicht in die Klage.
Ähatsachen und Umstände aber, welche in den vollständigen Zusammenhang der
') Dies ist nur dann ein die Aufnahme der Klage hindernder Anstand, wenn
Kläger den Inhalt des Dokuments nicht kennt, und dessen Kenntniß zur Be
gründung der Klage wesentlich nöthig ist. Kennt Kläger den Inhalt des Do
kuments, so hindert der Nichtbesitz nicht die Anbringung und Einleitung der
Klage, wenn nur daxin ein Mtivixtes. Editionsgesuch enthalten.
IUI
Geschichtserzählung von dem zum Grunde der Klage liegenden Geschäfte gehören,
sind aufzunehmen, wenn auch daraus ein Einwand oder eine Gegenforderung
des Beklagten zu folgern sein möchte. Solche Thatsachcn dagegen, welche auf
ein ganz anderes und verschiedenes, mit dem Fakto der Klage in keiner Verbin
dung stehendes Geschäft sich beziehen, müssen aus der Klage fortbleiben.
2) Sic muß ferner enthalten eine vollständige und bestimmte Anzeige «der Beifü
gung der zum Beweise dieser TKatsache vorhandenen Mittel, in Gemäßheit des
§. 51, I. Nr. lZ.
3) Muß ein der Sache und der Absicht des Klägers gemäßer, deutlicher und be
stimmter Antrag hinzugefügt werden, aus welchem mit hinlänglicher Gewißheit
entnommen werden kann, was eigentlich Kläger vom Beklagten fordert. — Will
Kläger aus der vorgetragenen Thatsachc etwas Andres oder Mehrcs herleiten,
als daraus nach der Meinung dessen, der die Klage aufnimmt, gesetzlich gefolgert
werden kann; so muß, wenn Kläger sich nicht bedeuten läßt, der Antrag der
Klage selbst nach dem Verlangen des Letztern abgefaßt werden.
II. Ein Kläger kann mehre an einen Beklagten ihm zustehenden Forderun
gen, gleich viel, ob dieselben aus einem Hauptgeschäft, oder aus mehren Geschäften
oder Thatsachen erwachsen, dann in ein und derselben Klage zusammenfassen, wenir
sie s) zu einerlei Gerichtsstand, und K) zu einerlei Art des Prozesses gehören.
Diese mehren Forderungen müssen sodann in einem Prozesse instruirt, und es muß
darüber in einem Erkenntnisse geurthcilt werden. Doch muß zur Vermeidung von
Verwirrungen, und so viel es nöthig und möglich, jeder Punkt oder jede Forderung
in besonder« Protokollen verhandelt, und jedem Protokoll das, was den speziellen
Gegenstand desselben angeht, z. B. die dazu gehörigen Urkunden, Zeugenaussagen
u. s. w. unmittelbar beigefügt werden. Auch müssen die Klagepunkte entweder
schon bei Aufnahme der Klage oder spätestens bei Entwurf des »tst»» csusse «t
contrnverüise so geordnet werden, daß die, von deren Entscheidung die Aburtelung
andrer abhängt, zuerst, und die mit einander in näherer Verbindung stehenden un
mittelbar nach einander vermerkt werden.
III. Sowohl die Thatsachen, welche zur Entscheidung der Frage des Besitzes,
als die, welche zur Entscheidung der Frage des wirklichen Rechts gehören, können
und sollen zugleich in einer Klage aufgenommen, und es muß dann zugleich über
beiderlei Thatsachen instruirt, und demnächst sowohl über das Recht, als über dir
etwaigen Folgen des Besitzes nach der verschiedenen Qualität desselben entschieden
werden.') Ausnahmen finden statt:
») beim s>«ss«ss«ri« summsriissim«, wo nur die Frage des Besitzes zur Sprache
kommt, und
!i) im Falle, wenn mehre Erben, z. B. ein Testaments- mit einem Intestaterben,
über das Erbrecht streiten. Hier kann neben dem Streite über das Erbrecht
ein besonderer Prozeß darüber angestrengt werden, wer inzwischen den Besitz
der Erbschaft haben soll. — A. G. O. I. 5, §. 17—19, 24—28.
v. Von deren Prüfung.
K. 53. Die aufgenommene oder eingereichte Klage wird, im crstern Falle mit
dem Jnformations-Protokoll, wenn ein solches aufgenommen worden, von der Ge-
richtsregistratur, in welche sie zu geben ist, dem bereits ernannten Dezernenten,
oder, falls ein solcher noch nicht ernannt, dem Gcrichtsdirigenten oder Präsidenten
zugestellt. Dieser ernennt im letztern Falle einen Dezernenten, an welchen die Klage
dann befördert wird. Der Dezernent prüft sie mit Rücksicht auf die Bestimmungen
') Z. B. bei Klagen auf Rückgabe eines Grundstücks kann zugleich der Antrag
auf Herausgabe der davon gezogenen Nutzungen, Pachtgelder zc. formirt werden.
I«2
z. St und 52, und hält darüber im Kollegio Bortrag. Bei der Prüfung ist, gleich
viel, über welches Objekt die Klage lautet, die größte Sorgfalt nöthig, ') um so
mehr, als die Klage die Grundlage des ganzen Prozesses bleibt, und übersehene
Mangel nicht allein später zu Weiterungen führen, sondern auch den Parteien große
Nachthcile bringen können. Die Prüfung ist hauptsächlich gerichtet:
I. darauf: ob das prüfende Gericht kompetent ist. Bei Nichtkompetenz erfolgt
die Verweisung an das kompetente Gericht;
II. darauf: ob in Ansehung der Deutlichkeit, Bestimmtheit, Ordnung oder
Vollständigkeit etwas Erhebliches zu erinnern sei. Sind in dieser Hinsicht Mängel
vorhanden, so betreffen sie;
1) entweder bloße Rebenumständc, denen noch vor Eintrit des anzuberaumenden
Termins abgeholfen werden kann, ohne daß daraus in der Instruktion selbst ein
erheblicher Aufenthalt zu fürchten wäre. Dann wird auf die Klage verordnet,
zugleich aber wegen Abhelfung dieser Mängel das Nöthige verfügt;
2) oder es find Umstände, denen nach pflichtmäßiger Beurtheilung des Gerichts
vor Einleitung der Klage abgeholfen werde» muß. In diesem Falle wird »)
wenn die Abhelfung des Mangels von dem, welcher die Klage aufgenommen oder
eingereicht hat, abhängt, diesem unter deutlicher Bemerkung des Mangels allen
falls unter Rückgabe der Klage und des Jnformationsprotokolls die Beseitigung
mit Bestimmung einer Frist aufgegeben. Dem Bevollmächtigten und Assistenten
kann für Nichtinnehaltung der Frist verhättnißmäßige Strafe angedroht werden.
Ist d) der Mangel von der Art, daß ihm ohne eigenes Zuthun der Partei nicht
abgeholfen werden kann, so wird diese schriftlich darüber bedeutet, und ihr die
Beseitigung überlassen.
III. Die Prüfung geht ferner dahin: ob die Klage auch rechtlich begründet
und zulässig sei. Qualisizirt sie sich nicht zur rechtlichen Erörterung, weil
s) durch die vorgetragene Thatsache der Anspruch nach den Gesetzen gar nicht be
gründet ist, 2) oder
d) weil ein ihm entgegenstehender Einwand, dessen Richtigkeit er nicht leugnen
kann, sein ganzes Recht aufhebt, ^) oder
e) weil ein anderer Richter eine rechtmäßige Prävention bereits ausgeübt hat,
(es. K. 36), oder
ck) weil die Streitsache durch gesetzliche Vorschrift vom Rechtswege ausgeschlossen,
<«s. oben §. 4), oder
e) weil die Klage (Kündigungsklagen ausgenommen) zu früh angestellt ist, zc.
so muß die Klage durch schriftliche Verfügung zurückgewiesen werden. Dem Kläger
steht gegen diese Verfügung der Weg der Beschwerde an die dem abweisenden Ge
richt vorgesetzte Behörde zu.
IV. Kommen in einer Klage Präjudizialfragen vor, welche die persönliche
Qualität oder das Verhältniß einer Partei gegen die andere, wovon ihre Rechte
und Obliegenheiten abhängig sind, betreffen, und die erst erörtert werden müssen,
ehe die Entscheidung der Hauptsache erfolgen kann, (z. B. wenn Jemand als Erbe
' eine Forderung des Erblassers einklagt, und ihm die Qualität eines Erben bestritten
wird :c.), so muß mit Rücksicht auf die in der Klage auseinandergesetzten Umstände,
und je nachdem die Erörterung der Präjudizialfrage oder der Hauptsache mehr oder
Auch Bagatellklagen müssen mit gleicher Sorgfalt geprüft werden.
2) I. B. bei Lotterie-, bei Spielschulden :c.
s) Z. B. es hat Jemand über ein Kapital ohne Vorbehalt quittirt, und er klagt
vorbedungene Zinsen von diesem Kapital ein, da doch gesetzlich in Folge jener
Quittung diese Zinsen für bezahlt oder erlassen zu erachten. — A. L. R. I.
II, Z. L43.
1«3
weniger weitläuftig und verwickelt zu sei» das Ansehen hat, erwogen und bestimmt
werden: ob beide Gegenstände zugleich und in einem Prozesse zur Untersuchung und
Entscheidung einzuleite», oder ob Kläger anzuweisen sei, daß er zuförderst die Prä
judizialfrage mir dem Beklagten ausmache, in welchem Falle die Instruktion der
Hauptsache bis nach günstiger rechtskräftiger Entscheidung der crftercn ausgesetzt bleibt.
V. Wenn die Klage vollständig und sonst einlcitungsfähig befunden worden,
so muß noch geprüft werden, in welcher Prozeßform darüber zu verhandeln ist. —
A. G. O.^ 5, Z. 12, 29, 3«; I. 6, j. 1—9. — Jnstrukt. vom 1. Juli 1835.
Jahrb. 4«, S. 106. Gräff 8, S. 411. — Einl. zur Jnstrukt. vom 24. Juli
1833. Jahrb. 41, S. 437. Gräff 6, S. 232.
Sechster Titel.
B«m Prozegverfahren in erfter Instanz.
Die verschiedenen Prozeßformen.
K. 54. Auf die an sich einleitungsfähige Klage wird in Gemäßhcit der Pro
zeßform, zu welcher sie sich eignet, verfugt. In den Provinzen, in welchen die
Allg. G. O. gilt, kommen nachstehende besondere Prozeßformen zur Anwendung :
I. der Mandatsprozeß;
II. der Bagatellprozeß;
III. der summarische Prozeß;
IV. das Prozeßverfahren nach der A. G. O,, und
V. das für das Großherzogthum Posen durch die Verordnung vom 9. Februar
1817 vorgeschriebene mündliche Prozeßverfahren.
Jeder Prozeß wird nach einer dieser Prozeßformen verhandelt. Auch in Betreff
der uuter Tit. 1V und 11 erwähnten Prozeßarten findet keine Ausnahme statt,
wenn auch die bei diesen zur Anwendung kommende Prozeßform gewisse besondere
Modifikationen erleidet. — L5. Einl. zur Verordn. vom 1. Juni 1833. GS. S. 37.
— Verordn. vom 9. Feb. 1817. GS. S. 37. — A. G. O. Einl. §. 35 fg., Tit.
5, l. z. 20.
Erster Abschnitt.
Allgemein« Kimmungen.
Von der Abfassung gerichtlicher in Prozessen ergehender Verfiigungen.
K. 55. I. Alle Vorladungen und Verfügungen der Gerichte in Prozessen
müssen :
1) in teutschcr Sprache,') und im Großherzvgthum Posen in Prozessen, welche in
polnischer Sprache verhandelt werde«, in polnischer und zugleich teutscher Sprache,
2) im Stil des gewöhnlichen Lebens und in deutlicher, ungekünstelter und allge
mein verständlicher Schreibart abgefaßt;
3) sie müssen von allen fremden, namentlich lateinischen und französischen Wörtern
und juristischen Kunstausdrückcn frei sein ;
') Auch in Betreff der im Auslande Wohnenden ist kein Unterschied.
10 t
4> es muß darin die Person und der Aufenthalt dessen, welchem die Verfügung
zukommen soll, so genau bestimmt werden, daß bei Bchändigung kein Jrrthum
oder Mißvcrständniß vorfallen kann;
5) dasjenige, was die Partei, resp. der Addrcssat thun oder leisten soll, muß deutlich
und positiv ausgedrückt;
b) der Zeitraum, innerhalb dessen, ingleichen der Termin, bis zu welchem der
Verordnung nachzukommen sei, muß genau bestimmt;
7) die Warnung wegen des Nachtheils, welchen der Addressat aus der unterlassenen
Befolgung der Verordnung zu erwarten hat, muß mit klaren und deutlichen
Worten beigefügt werden, ^) und
8) sie müssen korrekt und deutlich, und die Unterschrift unter denselben muß leserlich
geschrieben sein.
II. Alle gerichtlichen Verordnungen müssen auch an die richtige Person oder
Behörde gerichtet werden. Verfügungen an einen Magistrat, an ein Kollegium,
Stift, Kapitel, an eine Gemeinde oder andere moralische Person sind unter Gebrauch
des Kollektivnamens : „an den Magistrat," „das Kollegium," „die Gemeinde" :c.,
und die an die Stadtgcmeinden 2) ergehenden an den Magistrat zu addressiren.
Wird ein einzelnes Komptoir der Seehandlungssozictät aus seinen Handlungen und
Verträge», besonders in kaufmännischen Angelegenheiten, belangt, so ist die Vorla
dung an das verklagte Komptoir, wenn aber der Anspruch oder die Klage die See-
handlungssozietät überhaupt betrifft, so ist sie an das Officium 5,s« in Vertre
tung der Seehandlungssozietät zu richten. Verfügungen in Prozessen, in welche»
Rasende, Blödsinnige, bevormundete Taubstumme, gerichtlich erklärte Verschwender,
wegen minderjährigen Alters, oder sonst Bevormundete und solche, welche sowohl in
Betreff ihrer Person, als hinsichtlich der streitigen Sachen unter väterlicher Gewalt
stehen, betheiligt sind, werden an deren Vormund resp. Vater allein gerichtet. In
Provinzen, in welchen Geschlcchtsvormundschaft noch stattfindet, wird die Verfügung
an die betreffende Frauensperson allein gerichtet, und bedarf es zur Ausstellung des
Empfangsscheins keines Kurators. — Ist ein Vorzuladender verstorben, und dessen
Erben oder deren Aufenthalt noch unbekannt, so muß die Vorladung an den bereits
ernannten oder auf Antrag des Gegentheils zu ernennenden Verlassenschaftskurator
gerichtet werden.
III. Die vorgeschriebenen Kurialien dürfen weder in der gerichtlichen Verord
nung selbst, noch auf der Addresse fehlen. Demgemäß muß den Häuptern der stan
desherrlichen fürstlichen Häuser das Prädikat „Durchlaucht," den Häuptern
der standesherrlichen gräflichen Familien das Prädikat „Erlaucht;"») den
1) Bei Verfügungen an einzelne Erben cf. Z. 57, II. Nr. 11 und 13.
2) Werden sämmtliche Mitglieder einer Stadtgemeinde in Bezug auf ihr Privat-
vermögen, z. B. Behufs Beisteuer zu Kirchenbauten ic. belangt, so ist die
Vorladung nicht an den Magistrat, sondern an sämmtliche Beklagte zu erlassen.
») Im preußischen Staate angesessene fürstliche und gräfliche standesherrliche
Häuser sind: I, Fürstliche: Herzog von Arenberg, Fürst zu Bentheim-Stein
furt, Fürst zu Bentheim-Tccklenburg-Rheda, Herzog von Croy, Fürst von
Kaunitz-Rietbcrg, Herzog von Groz-Corswarem, Fürst zu Salm-Salm, Fürst
zu Salm-Kyrburg, Fürst zu Salm-Horstmar, Fürst zu Sayn-Wittgenstein-
Berleburg, Fürst zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, Fürst zu Solms-Braunfels,
Fürst zu Solms-Lych und Höhen-Solms, Fürst zu Wied. — II. Gräfliche
Hauser: Graf von Stolberg-Wernigerode, Graf von Stolberg-Stolberg, Graf
von Stolberg-Roßla. — Die Instruktion vom 3«. Mai 1820 sichert den Stan
desherren auch zu, daß ihnen in amtlichen Verfügungen und Ausfertigungen
das Ehrenwort : „Herr" (Herzog, Fürst, Graf) und refp. „Frau" (Herzogin,
Fürstin, Gräfin) gegeben werde.
1U5
katholischen und evangelischen Bischöfen das Ptädikat „Bischöfliche ( erzbischöfliche >
Hochwürden" gegeben werden.
So wie aber darauf zu wachen ist, daß Jcdcr den ihm gebührenden Titel
erhält, so darf auch keine Überschreitung geduldet werden. Namentlich ist bei Er-
theilung des adlichcn Prädikats mit Vorsicht zu verfahren, und dasselbe keinem zu
geben, dem es nicht zukommt. — A. G. O. I. 7, Z. t—3, 33». Anh. §. 5t, 5«.
— Verordn. vom 16. Juni 1834, IX. GS. S. 7». — Verordn. vom 9. Febr.
1817, K. 143 fg. — Rescr. vom I. April 1815. Jahrb. 5, S. 12. Grafs, Bd.
2, S. 59. — Rescr. vom 6. Marz 1841. I. M. B. S. 11». — Res«, vom
1«. Juli 1812. Jahrb. 1, S. 232. Gräff 2, S. 16. — Cab.-Ordre vom 21.
Febr. 1832 und Beschl. des Staatsm. vom 28. April 1832. GS. S. 129. —
Cab.-Ordre vom 3. März 1833. GS. S. 29. — Cab.-Ordre vom 26. Oct. 1831.
Jahrb. 39, S. 138. Gräff 6, S. 585. — Rescr. vom 2«. Dec. 183«. Jahrb.
36, S. 293. Gräff 6, S. 257. — Verordn. vom 27. Oct. 181«. GS. S. 9.
IV. Im Mandats-, Bagatell- und summarischen Prozeß sind sämmtliche pro-
zeßleitcnde Verfügungen in der Regel durch Dekrctsabschristen, welche vom Kanzlei-
vorftande z» beglaubigen sind, an die Betheiligtcn zu erlassen. Werden litogra-
phirte Formulare gebraucht, so ist nicht nothwcndig, daß vollständige Konzepte der
selben bei den Akten verbleibe». Es genügt eine Notiz des erpedirenden Sekretairs
unter der Originalverfügung. — 8- 72 des Gesetzes vom 1. Juni 1833; §. 56 der
Jnftrukt. vom 24. Juli 1833. — Rescr. vom 7. Oct. 1833. Jahrb. 43, S. 427,
Von der Zufertigung der Vvrlcidimgcn und Verfügungen an die Parteien.
^V. Von der Ediktalladung.
§. 56. Die Zufertigung der Verfügungen und Vorladungen im Prozesse ge
schieht s) in der Regel durch Behändigung; d) ausnahmsweise durch Ediktalladung.
Von dieser soll zuerst abgehandelt werden.
I. Die Ediktalladung findet statt: 1. in den unten Tit. 1«, 11 und 12 speziel
bezeichneten Fällen, namentlich im Konfiskationsprozcsse Behufs Vorladung der dem
Aufenthalte nach unbekannten ausgetretenen Kantonisten und Deserteurs; bei Pro
vokation auf Todeserklärung; im Ehcscheidungsprozeß Behufs Vorladung des abwe
senden Ehegatten; im Liquidations- und Konkursprozeß, bei Subhastationen und im
Aufgebotsprozeß Behufs Vorladung der unbekannten Interessenten; 2. in andern
Zivilprozessen, einschließlich der Jnjurienprozesse, dann, wenn ein Vagabonde:
») gemäß g. 21 im Gerichtsstande seines letzten bekannten Wohnorts oder seiner
Geburt, und wegen Injurien im Gerichtsstände der VerÜbung derselben vorge
laden werden soll,
Ii) sein Auftnthalt unbestimmt ist, und er sich nirgends in hiesigen Landen betreffen
läßt, und
«) auch kein Vermögen im hiesigen Lande besitzt. Befindet sich für ihn Vermögen
im Lande, so muß dem Abwesenden ein Vormund bestellt werden, und es hängt
von dessen pflichtmcißigcm Befinde» und Antrage ab, in wie fern es zum Behuf
des Prozesses einer Ediktalladung des Abwesenden bedarf.
II. Das Verfahren bei den Ediktalladungen !><t 1. 1 ist für die einzelnen ge
nannten Fälle gehörigen Orts besondcrs vorgeschrieben. Für den Fall sct 1.2 gilt
folgendes :
1. Der Ertrahcnt der Ediktalladung muß nachweisen, daß der Aufenthalt des
vorzuladenden Vagabunden unbekannt sei, und er sich um dessen Ausforschung ver
geblich bemüht habe. Der Richter muß nach Beschaffenheit eines jeden Falles
reiflich erwägen und vernünftig ermessen : ob unter den Umständen, unter welchen
106
der Beklagte seinen GeburtS- «der bisherigen Wohnort «erlassen hat, und nach
Berhältniß des seitdem verlaufenen Zeitraums wirklich Gründe vorhanden sind, den
selben im gesetzlichen Sinne als einen Vagabunden aiizusehn; ') und ob die Mühe,
welche der Kläger zur Erforschung seines Aufenthalts angewendet zu haben anzeigt,
für zweckmäßig und hinreichend zu achten sei.
2. Wird eine Ediktalladung für zulässig befunden, so erfolgt deren Erlaß. In
derselben wird :
s) die Person des Klägers benannt;
d) der Grund und Gegenstand der Klage kurz angegeben;
c) der Beklagte zu einem gewissen Termin vorgeladen, und
c>) ihm für den Fall des Nichterscheinens die Warnung des weiteren Verfahrens
in «o»t»msei»m gesetzt.
Bei Abfassung der Ediktalladung ist zur Sparung der Kosten dahin zu sehen,
daß sie so kurz, als unbeschadet der Vollständigkeit geschehen kann, eingerichtet,
und alle unnöthige Weitlüuftigkeit dabei möglichst vermieden wird.
3. Der Termin wird auf drei, und wenn der letzte bekannte Aufenthalt des
Beklagten über 5« Meilen vom Orte, wo das vorladende Gericht seinen Sitz hat,
entlegen, auf sechs Kalendermonate, vom Tage des erfolgenden Aushangs gerechnet,
hinausgesetzt.
4. Die Veröffentlichung der Ediktalladung geschieht:
») durch Aushang einer Ausfertigung derselben an der Gerichtsstelle in der Art,
daß vom Aushang bis zum Termin die Frist zu 3 frei bleibt. Wird nach dem
Aushang derselbe abgerissen, oder geht er sonst verloren, so hat dies keinen
Nachtheil;
d) durch dreimalige Einrückung in die Jntelligenzblätter der Provinz, in welcher
das vorladende Gericht seinen Sitz hat; wenn aber in der Provinz keine Jntel
ligenzblätter erscheinen, in den desfallsigen Anzeiger des Regierungsamtsblatts. ,
Die Einrückung geschieht in der Art, daß von der ersten Einrückung bis zum
Termin die Nr. 3 gesetzte Frist frei bleibt, und daß die letzte vier Wochen vor
dem Termin erfolgt. 2) In den Requisitionen um Einrückung müssen daher
die Einrückungsfristen näher bezeichnet sein. — Sind bei der Einrückung Män
gel vorgefallen, welche die Zahl der Einrückung betreffen, so müssen sie durch
Rachholung des Fehlenden beseitigt werden; betrifft aber der Mangel die Ein
rückungsfristen, so ist eine Wiederholung der Ediktalladung nur dann nöthig,
wenn bei Einrückunq um mehr als 14 Tage an der vorgeschriebenen Zeit gefehlt ist.
c) Die Einrücknng in die Seitungen und andere öffentliche Blätter ist nicht we
sentlich nothwendig. Doch bleibt dem vorladenden Gericht überlassen, zu prüfen :
ob und in welche Blätter es etwa mit Rücksicht darauf, wo der letzte bekannte
Aufenthalt des Vagabunden war, nach welcher Gegend er sich gewandt, und
auf welchem Wege daher ihm zunächst die Ladung zu Gesicht kommen könnte,
die Einrückung für zweckmäßig erachte? >)
1) Ist Jemand zeitweise abwesend, z. B. ein Hausircnder, so findet die gewöhn
liche Vorladung statt.
2) Bei der zweiten Einrückung ist die Jnnchaltung einer bestimmten Frist nicht
wesentlich nothwendig. — Rescr. vom 19. O«t. 1813. Jahrb. 2, S. 49.
Gräff 2, S. 4S9.
«) Wird hiernach die Einrückung in eine preußische Zeitung für zweckmäßig er
achtet, so soll die Staats-, jetzt Allg. preuß. Zeitung gewählt werden; soll die
Einrückung in eine Wiener Zeitung erfolgm, so haben sich die Behörden an die
Redaktion der privilegirtcn Wiener Zeitung zu wenden; und kommt es auf
Einrückung in eine Hamburger Zeitung an, so ist der Hamburger unparteiische
Korrehwndent zu wählen. — Rescr. vom 18. März 1829; vom 10. D«. 1832
107
5. Für die Einrückungen in die öffentlichen Blatter sorgt in der R«gel da« ver
ladende Gericht. Dieses hat daher auch, sowie es seine Pflicht ist, zum Termin«
den Aushang, oder, wenn er verloren gegangen, die nöthige Anzeige über erfolgten
Aushang zu den Akten zu bringen, für Hcrbcischaffung der zu den Akten zu brin
genden Exemplare der Blätter, in welche die Einrückung geschehen, zu sorgen. Will
der Extrahent die Besorgung der Einrückungcn in die öffentlichen Blätter selbst
übernehmen, so kann ihm dies nicht versagt werden. Er trägt aber die Schuld,
wenn wegen eines dabei vorgefallenen Mangels die Wiederholung der Ediktalladung
nöthig wird. — Der Extrahent hat dann auch für Hcrbeifchaffung der Belags
blätter zu sorgen.
6. Erscheint Beklagter weder vor noch im Termine, so muß Kläger schwören:
daß er die von ihm angezeigten Bemühungen, um den Auftnthalt de«
Beklagten zu entdecken, wirklich angewendet, dennoch aber weder vor,
noch nach erlassener Vorladung davon Nachricht erhalten habe.
Nach der Eidesleistung wird das Kontumazialerkennrni? abgefaßt, und, statt der
Zufertigung an Beklagten, eine Ausfertigung durch 14 Tage an gewöhnlicher Ge«
richtsstclle ausgehängt.
7. Wird vor Abfassung des Kontumazialerkenntnisscs der eigentliche Aufenthalt
des Beklagten dergestalt mit Zuverlässigkeit bekannt, daß, ihm eine gewöhnliche Bor
ladung daselbst behändigt werden kann, so ist die Ediktalladung zurückzunehmen.
Bleibt es aber noch zweifelhaft: ob eine gewöhnliche Behändigung werde erfolgen
können, so muß zwar damit der Versuch gemacht, die Ediktalladung aber nicht zu
rückgenommen werden, damit, wenn jene nicht stattfindet, aus Grund der letzter»
weiter verfahren werden kann. — A. G. O. !. 7, Z. 12—47; §. 42—47 b. Anh.
§. S3, 59—61; — Tit, 36, K. 35; Tit. 37, §. 6z Tit. 50, K. 1«7 fg.; Tit. 5t,
§, 103 d, K. 112. — Rcscr. vom 18. März 1829. Jshrb. 33, S. 137. Gräff
2, S. «3. — Cab.-Ordre vom 12. August 1834. GS. S. 15«. — Versrdn. vom
5. Mai 1838. GS. S. 273.
Zweiter Abschnitt.
ZSom Mandatsprozeß.
In welchem Umfange und in welche» Fällen er stattfindet.
§. S4. I. Der Mandntsprszeß kommt in allen Provinzen zur Anwendung,
in welchen die A. G. O. Gesetzeskraft hat. Die Provinz Posen ist nicht ausge
nommen.
II. Eignet sich die eingeklagte Forderung zum Mandatsprozeß, und zugleich
auch zu einer andern Prozeßform, so geht der Mandatsprozeß vor. — Werden
mehre Forderungen in einer Klage vereinigt, von denen einzelne zum Mandats
prozeß, andere zu einer andern Prozeßform sich eignen, so wird in Betreff jener
der Mandatsprozeß eingeleitet, diese aber zu der Prozcßform verwiesen, zu welcher
sie gehören.
119
UI. Der Moncaröprozeß trit ein, ohne Unterschied de6 Strmobzekrs, oisv
bei Gegenständen unter und üb« SO Thaler in folgenden Fällen: >)
1) wegen aller Verbindlichkeiten aus einseitigen Geschäften, >) wenn die darüber
errichtete Urkunde
entweder nach §. 123, Tit. 10 der Prozeßordn. für eine öffentliche inlän«
dische Urkunde ') zu achten ist;
oder von einer inländischen öffentlichen Behörde in eigner Angelegenheit ausge
fertigt worden;
«der mit Beglaubigung der Unterschrift durch ein inländisches Gericht oder
einen inländischen Notar versehen ist;
2) wegen aller, auch aus zweiseitigen Geschäften herrührenden, Forderungen von
Kapitalien, Zinsen, und zu bestimmten Zeiten wiederkehrenden Leistungen, wenn
diese Forderungen ouö dem Hypothekenbuche hervorgehen, oder wenn über die
selben in Ermangelung eines «ollendeten Hypothekenbuchs eine Rekognition von
der Hypothekenbehörde ertheilt worden ist. — Die Urkunde, auf welche sich nach
Nr. t und 2 die Mandatsklage gründet, muß in der Regel in der OriginalauS-
strtigung beigefügt werden. ^) Nur, wenn rückständige Zinsen oder rückständige
Termine gewisser jährlicher aus dem Hypothekenbuche ersichtlicher Leistungen von
demjenigen, dessen Recht hierzu eingetragen ist, eingeklagt werden, und der Pro-
zeßrichter zugleich das Hypothekenbuch führt, genügt die Bezugnahme auf den
Inhalt des Letztern ohne Produktion des Hypothekeninftruments. — Die nach
1 und 2 begründeten Forderungen, einschließlich der zu bestimmten Zeiten wie
derkehrenden Leistungen, können auch vor der Berfallzeit im Mandatsprozeß
i) In den Provinzen, in welchen Kreisjustizräthe angestellt sind, können diese auch
die, gegen die in ihrem Bezirk wohnenden erlmirten Beklagten angebrachten,
Mandatsklagen, sofern daö eingeklagte Objekt 50 Thaler nicht übersteigt, das
Mandat erlassen, und wenn Einwendungen dagegen erhoben werden, die Sache
im Bagatellprozeß inftruiren und entscheiden. — Ls. Rescr. vom 25. Oct.
1S36. Jahrb. 48, S. 46«. — Berordn. vom 3«. Nov. 1833, §. 4, Nr. 4.
GS. S. 298.
1) Einseitige Geschäfte sind Hinsichts der Form solche, welche durch einseitig aus
gestellte Instrumente begründet werden; Hinsichts des Wesens solche, aus wel
chen auf Erfüllung der Verbindlichkeit geklagt Wersen kann, ohne daß der
Kläger nachzuweisen hat, daß er von seiner Seite erfüllt habe. — ö,. 189
des Anh. zur A. G. O. — Rescr. vom 8. Dec. 18Z4 in Gräff, Koch :c.
Erg. III. S. 598.
!) Öffentliche Urkunden sind die, welchen eine vorzügliche Glaubwürdigkeit um
deswillen beigelegt ist, weil die Aussteller derselben im Staate dazu bestellt
worden, dergleichen Urkunden auszustellen oder zu bekräftigen. — Z. 123, Tit.
1« Prz. O.
^) Kläger muß in der Mandatsklage alle Thatsachcn, deren Nachweis ihm ge
setzlich obliegt, durch öffentliche Urkunden nachweisen. DieS gilt auch bei For
derungen, die erst nach Kündigung zahlbar sind, in Bezug auf die behauptete
Kündigung. Doch braucht nur die Verbindlichkeit selbst durch eine inländi
sche öffentliche Urkunde festzustehen. Die übrigen beizubringenden Urkunden
brauchen nur solche zu sein, welche »ach der Prozeßordn. keiner Rekognition
bedürfen. Das Rescr. vom 12. Sept. 1835 hält es bei Mandatsklagen gegen
Erben sogar für zulässig, daß die Erbesqualität bei Anstellung der Klage nicht
durch Beibringung einer öffentlichen Urkunde bewiesen ist, daß vielmehr der
Beweis vom Kläger erst dann gefordert wird, wenn Beklagte die Erbesqua
lität in Abrede stellen. — Jahrb. 46, S. 123. Gräff 8, S. 259. — Rescr.
vom 6. Jan. 1834. Mannkopf A. G. O. Bd. 2, S. 582. Jahrb. 43,
G. 399. — Rescr. vom 11. Jan. 1837. Mann köpf a. a. O.
2) Wenn das Dokument sich bei dem Prozeßrichter in andern Akte» befindet, so
versteht eS.sich^von selbst, daß eine Bezugnahme daraus ebenfalls ausreicht.
120
eingeklagt werden. ') Doch kann dcr Antrag dann nur dabin geben, da? mit
dem Ablauf dcr Vnfallzcit Zahlung erfolge;
3) wegen Ansprüchen aus einem, die Erekution nicht mehr zulassenden (Kontuma-
zial-, Agnitions- und andern) Erkenntnisse, seit dessen Rechtskraft noch nicht
fünf Jahre verflossen sind, so wie aus den im Prozesse geschlossenen gerichtlichen
Vergleichen, welche noch nicht älter als 5 Jahre sind; ^)
4) wegen Forderungen dcr Geistlichen und andern Kirchen- und Schulbedientcn, ')
. der gerichtlichen gewählte» und Ofsizialanwalte, Rechtsbeistände und Notare, der
Feldmesser und Kondukteure für ihre Gebühren und Auslagen, wenn dicfe durch
. die vorgesetzte Behörde festgesetzt worden sind, und das Festsetzungsdekret mit dcr
Klage zugleich überreicht wird, sowie der Gerichte für ihre Gebühren und Aus
lagen. <>) In gerichtlichen Angelegenheiten können Anwälte, Rechtsbcistände,
. Rotare, Feldmesser und Kondukteure die ihnen festgesetzten Gebühren und Aus
lagen entweder bei den gcrichtlichcn Akten unter Hinweisung auf das gerichtliche
Festsetzungsdekret, oder im persönlichen Gerichtsstände des Schuldners unter
. Überreichung des Festsetzungsdekrets im Mandatsprozesse einklagen. In außer
gerichtlichen 5) Angelegenheiten können Feldmesser und Kondukteure nur im pcr-
) Darauf, wie lange vor dcr Berfallzcit die Klage angebracht wird, kommt es
nicht an, wenn die Verfallzeit nur feststeht. Bei wiederkehrenden Leistungen
ist nicht nöthig, daß Kläger bei Einklagung eine bestimme Reihcfolge beobachte.
Es ist auch zulässig, daß wegen sämmtlicher zu bestimmten Zeiten wieder
kehrender Leistungen eine Mandatsklage angebracht werde. — Lk. Rescr. vom
28. Sept. 1839.
2 ) In gewissen Fällen (z. B. wenn vergleichsweise die Zahlung erst nach 5 Jahren
erfolgen kann, oder bei Alimentenerkenntnissen) ist Exekution aus einem Er
kenntnisse oder Vergleiche auch nach 5 Jahren zulässig, obwohl auf Grund der
selben die Mandatsklage nicht mehr angestellt werden kann.
2) Dingliche und persönliche Abgaben, welche an dieselben vermöge einer allgemein
gcsctzlichen oder auf notorischer Orts- oder Bezirksverfassung beruhenden Ver
bindlichkeit zu leisten, sowie die Forderungen der öffentlichen Schul- und Erzie
hungsanstalten an Schul- und Pensionsgeld können, wenn sie laufende oder
nicht über 2 Jahr alte Rückstände sind, erekutivisch eingczogcn wcrdcn. Diese
gehören daher nicht hierher. Der Mandatsprozcß ist daher nur auf ältere
Rückstände und auf andere Gebühren und Auslagen dieser Personen anwend
bar. — llf. Eab.-Ordre vom 19. Juni 183«, und oben §. 6, Nr. 17.
Diese Bestimmung in Betreff der Gerichtsgebü'hren und Auslagcn ist durch die
Cab.-Ordre vom 17. Oct. 1833 noch suspendirt. Die Einziehung derselben er
folgt vielmehr durch Erlaß einer Zahlungsaufforderung und demnächstige ereku-
tivische Maßregeln. Nur i» Betreff der Untcrsuchungskosten muß, bevor deren
Eintragung ins Hypothckenbuch der Grundstücke des Schuldners erfolgen kann,
eine Mandatsklage vorausgehen, weil Untersuchungskosten keinen Titel zum
Pfandrecht haben, und dieser daher vorerst durch 'Mandat event. Erkenntniß
erlangt wcrdcn muß. — «s. Rescr. vom 6. Oct. 1834. Jahrb. 44, S. 444.
Rescr. vom 3. Juni 1844. I. M. B. S. 142,
5) In außergerichtlichen und außerprozessualischen Angelegenheiten sind Justizkom.
nicht gerade verpflichtet, ihre Gebühren, z. B. für Notariatsakte festfetzen zu
lassen. Sie können solche daher auch im gewöhnlichen Prozeß einklagen. Die
Festsetzung erfolgt nur entweder auf ihren eigenen, oder auf Antrag des Zab-
lungspflichtigen, und zwar: 1) wenn das fr. Geschäft eine Lehns-, Hypothe
ken-, Vormundschafts-, Nachlaß- oder Depositalangelegenheit betrifft, von dem
Richter, welchem die Regulirung der Sache gebührt; 2) in allen andern
Rechtsangelegenheiten.- s) sofern darüber Verhandlungen bei einem Gerichte
schweben, von dem Gericht, bei welchem die Sache anhängig; d) sonst vom
Obergerichte, in dessen Departement der Justizkommissarius oder Notar an
nestellt ist. — Rescr. vom 28. Mai 1843. I. M. B. S. 143. — Rescr. vom
7. Febr. 1840. I. M. B. S. 70.
12!
sönlichen For« beb Schuldner« klagen , und Juftizkommissarien und Notare ' )
können die Klage entweder bei dem persönlichen Richter de« Schuldner«, od«
bei dem Richter anbringen, welcher die Gebühren festgesetzt hat. — Dieselbe«
find zwar befugt, der Mandatsklage >) eine gerichtliche Zahlungsaufforderung
vorausgehen zu lassen; jedoch ist dies zur Begründung der Mandatsklage nicht
wesentlich nothwcndigi 5)
5) wegen Forderungen ordnungsmäßig konzcssionirtcr Privat -Schul- und Erzie
hungsanstalten an rückständigem, durch ihren Einrichtungöplan festgesetztem.
Schul- oder Pensionsgelde aus dem Zeiträume eines Jahres von Einreichung
der Klage zurückgercchnct;
6) wegen Forderungen der Medizinalpersonen und Apotheker für ihre Besuche, Ope
rationen und Arzneimittel unter gleicher Zeitbeschränkung wie aii 5. Die Liqui
dationen müssen jedoch von ärztlichen Personen ^) aller Klassen mit spezieller
Angabe der Dienstleistungen und mit Berechnung einer jeden Dienstleistung nach
den Bestimmungen der Medizinaltaxe aufgestellt, sowie die Rechnungen der Apo
theker mit den ärztlichen Rezepten und einem Festsetzungsdekrcte ^) belegt sein. —
K. 1 und §. 75 des Gcs. vom 1. Juni IM. GS. S. 37. — §. 7 d«
Jnftr. vom 24. Juli IM. Jahrb. 41, S. 437. Gräff 6, S. 232. — Cab.-
Ordre vom 17. Ott. IM. GS. S. 119. — Cab.-Ordre vom 19. Juni 1836.
GS. S. 19«. — A. G. O. I. 5, §. 24, und Rescr. vom 20. Febr. IM, in
Mann köpf A. G. O. Bd. 2, S. 65«. — Rescr. vom 6. Sept. und 7. Ott.
IM. Jahrb. 43, S. 395 u. 397. — Rescr. vom 2«. Sept. 1839. I. M. ».
S. 323. — Rescr. vom 9. Febr. 1843. I. M. B. S. 52. — Rescr. vom 2«.
März und vom 25. März 1837. Jahrb. 49, S. 188 fg. — Rescr. vom 15.
Juli 1837, in Gräff, Koch :c. III. S. 605. — Verord. vom IS. Juni 1834,
XI. GS. S. 75.
Verfügung auf die Mandatsklage.
§. 65, I. Auf die gehörig begründete Mandatsklage wird unter abschriftlich«
Mittheilung derselben ein Befehl an den Beklagten erlassen, binnen 14 Tagen, vom
Tage der Insinuation des Befehls an, entweder den Kläger klaglos zu stellen, oder
seine Einwendungen gegen die Forderung mündlich zu Protokoll oder schriftlich an
zubringen, widrigenfalls auf Antrag des Klägers und nach gehörig geschehener Be-
händigung die Exekution verfügt werden würde. Auch muß ausdrücklich bemerkt
sein, an wen Beklagter sich beim Gericht zu wenden habe, wenn er seine Einwen
dungen zu Protokoll geben wolle.
In besonderen Fallen steht dem Richter die Befugniß zu, die Frist auf 8 Tage
zu verkürzen, «der bis auf 6 Wochen zu verlängern. —
1) Ausländische Sachwalter haben in Bezug auf Einklagung ihrer Gebühren
gegen Inländer gleiche Rechte und Pflichten mit den inländischen Sachwaltern.
Ks. Rescr. vom 26. Febr. 1837. Jahrb. 47, S. 323.
2) In Betreff der den Justizkommissarien :c. im Mandatsprozesse erwachsenen
Gebühren brauchen sie nicht von Neuem im Mandatsprozesse zu klagen.
«) Die Mandatsklage ist in Betreff der Forderungen s6 4 nicht auf eine gewisse
Zeit beschränkt. Sie kann also bis zu deren Verjährung angebracht werden.
Eine Festsetzung ist bei den Forderungen der Medizinalpersoncn nicht nöthig.
Sind dergleichen Personen in gerichtlichen Angelegenheiten vom Gericht zuge
zogen worden, so haben ihre vom Gericht festgesetzten Gebühren und Auslagen
die Natur der gerichtlichen Gebühren und werden, wie diese, ohne Mandats
klage eingezogen. — Rescr. vom 6. Der. 1834, und Rescr. vom 8. April 1837
in Gräff, Koch zc. Erg. III. S. 602.
s) Die Festsetzung kann durch den Kreisphysikus oder durch das Medizinalkolle-
gium erfolgen.
12s
Die Fckft selbst wird durch den Dezernenten , allenfalls auf Bortrag im Kot-
Bei Kündigung«- und überhaupt bei Klagen wegen, zur Seit der Klage noch
nicht fälliger, Ansprüche wird im Befehl die Warnung gestellt, daß Schuldner den
Kläger mit dem Tintrit der Verfallzeit befriedige, und die etwaigen Einwendungen
binnen 14 Tagen anbringe, widrigenfalls nach Ablauf der Berfallzeit ohne Weiteres
d» Exekution erfolge.
Wird mit der Mandatsklage ein Arrestgesuch angebracht, und dieses ebenfalls
fitr begründet erachtet, so wird der Arrest angelegt, und das Mandat an Beklagten
dahin erlassen: daß der beantragte und angelegte Arrest für justifizirt erachtet wor
den, und daß Beklagter gehalten, den Kläger binnen 14 Tagen klaglos zu stellen
oder seine Einwendungen gegen die Forderungen und gegen den Arrest anzubringen,
widrigenfalls es bei dem verhängten Arrest bis zur Befriedigung des Klägers ver
bleiben, und auf seinen Antrag die Exekution verfügt werden wird. — §.2 des
Ges. vom 1. Juni 1«33. — Z. 9 u. 11 der Jnstr. vom 24. Juli 183S. — Nr. 1
der Eab.-Ordre vom 17. Ott. 1SS3. — Restr. vom 1. Aug. 1834 in Mannkopf
». G. O. Bd. 2, S. SS«.
II. Sind Mehre in einer Mandatsklage belangt, so wird der Befehl nebst
Abschrift der Klage nur Einem der Beklagten zugestellt. Die übrigen Beklagten
dagegen sind hiervon unter Beifügung einer Abschrift des Befehls zu benachrichtigen.
Diese Benachrichtigung kann auch durch eine Kurrende geschehen. g. 3s des
«es. vom S. Mai 1838. GS. S. 273. — Restr. vom 2«. Febr. 1839. I. M.
B. «. 94.
III. Die Behändigung des Mandats, und im Falle sä II. auch der Abschrist
erfolgt in der Z. 57—59 vorgeschriebenen Art. Der attestirte Behändigungsschein,
welcher zu den Akten gelangen muß, dient als Ausweis. Weigert Empfänger die
Ausstellung eines Empfangscheins, so vertrit die Anzeige des mit Zustellung beauf
tragte» Beamten die Stelle dieses Nachweises. — Ediktalladung ist im Mandats
prozesse nicht zulässig.
IV. Durch Behändigung des Befehls ist die Sache als rechtssnhängig zu be
trachten. — Bald nach Eingang des Empfangscheins «der der Botenanzeige, und
ohne die im Befehl gestellte Frist abzuwarten, muß dem Kläger von der geschehenen
Behändigung und dem Tage, an welchem sie erfolgt, Kenntniß gegeben werden.^) —
K. 10 z z. 13 der Jnstr. vom 24. Juli 1833. — §. 3 des Ges. vom 5. Mai 183«.
Restr. vom 9. Dec. 1839. I. M. B. S. 424. — Restr. vom 8. Dec. 1837.
G raff, Koch :c. III. S. 596. — Z. 2 des Ges. vom 1. Juni 1833.
Bon den gegen das Mandat erhobenen Einwendungen und der
darauf erfolgenden Verfügung und Entscheidung.
§. 66. I. Gegen diesen Befehl sind nur solche Einwendungen zulässig, welche
sofort durch Urkunden, 2) Sideszuschicbung oder solche Zeugen, deren unverzüglicher
Dem Kläger wird in der Praxis häufig auch von Einleitung der Klage und Erlaß
des Mandats Kenntniß gegeben. Dies ist in der Ordnung, da jeder Kläger
von dem auf seine Klage gefaßten Beschlüsse Nachricht fordern kann, und die
unterlassene Benachrichtigung nur zu wiederholten Anfragen führen würde.
I» dem Restr. vom 2«. Febr. 1839 (I. M. B. S. 94) zu 2 ist jedoch vor
ausgesetzt, daß die Benachrichtigung von der geschehenen Behändigung des
Mandats die Stelle des Notifikatorii über Einleitung der Klage vertrete.
2) Die Urkunden müssen als« der Gegenschrift beiliegen, oder sie müssen sich beim
Prozeßrichter befinden, so daß daselbst der Einsicht kein Hinderniß im Wege
steht. — Restr. vom 26. August 1840. I. M. B. S. 292.
123
Abhörung Kin Hindermß entgegensteht, ') liquid gemacht werden kötwen. 5) —
Der Antrag des Beklagten, welcher solche Einwendungen erhebt, muß dahin gerichtet
werden, daß der Befebl ganz oder in Bezug auf den durch dm Einwand zu leseiti-
genden bestimmten Theil des eingeklagten Anspruchs aufgehoben werde. — D» d«
Einwendungen auch zu Protokoll gegeben werden können, so muß der bei jevem Ge
richt zur Aufnahme protokollarischer Gesuche ernannte Beamte oder Wochrndepurirtr
während der Amtsstundcn zu deren protokollarischen Niederschreibung bereit fttn.
,,«U. Das die Einwendungen enthaltende Protokoll oder die Eingabe ist nebst
den Akten sofort dem Dezernenten zur Prüfung und zum Bortrag im KölKgio zu»
zustellen. Sind die Einreden innerhalb der im Mandat gestellten Frist angebracht,
und haben sie die zu I. vorgeschriebene Eigenschaft, so wird die Sache zur Ber-
Handlung, und zwar bei Bagatellobjekten zur Verhandlung im Bagatellprozeß
(Abschn. 3), bei größeren Streitgegenständen aber zur Verhandlung im summari
schen Prozeß (Abschnitt 4) verwiesen. Bei kollegialischen Gerichten geht ba^er die
Sache im ersten Falle an den Bagatellkommissarius, im zweiten Falle an die mit
summarischen Prozessen beauftragte Deputation. Von beiden wird Termin zur
Instruktion über die Einreden verfügt, zu welchem beide Thcile und zugleich die
vom Beklagten genannt«« Zeugen vorgeladen werden. Den Parteien wird in der
Borladung die Warnung gestellt: daß beim Ausbleiben beider Theile die Akten auf
Kosten des Klägers weggelegt, beim Ausbleiben eines Thcils aber, je nach dem
Antrage des Erschienenen, entweder die Akten auf Kosten de« Gegners weggelegt,
oder mit Aufnahme des Beweises und fernerer Verhandlung verfahren, die vom
Erschienenen beigebrachten Urkunden als rekognoszirt angesehn, und alle streitige,
vom Nichterschienenen angeführte, mit schriftlichen Beweisen nicht unterstützte «hat»
fachen für nicht angebracht, dagegen alle vom Erschienenen angeführte und im Ter
min anzuführenden Thatsachen, denen noch nicht ausdrücklich widersprochen worden,
für zugestanden erachtet werden würden.
M. Findet der Richter den Einwand erheblich und bewiesen, so wird a«f Zu
rücknahme des Mandats erkannt. Ist der Einwand nur in Bezug auf einrn Thell
des Anspruchs erwiesen und erheblich, so geht das Srkenntnifi nur auf diese tbri«,
weise Rücknahme des Mandats. — Wird gegen ein die gänzÄch« oder rheilweiße
Rücknahme des Mandats aussprechende« Urtel appellirt, so bleibt die Exekution M
Betreff des Anspruchs, hinsichtlich dessen der Befehl zurückgenommen ist, suspendirt.
Wird der Einwand unerheblich oder unerwiesen befunden, so wird auf Bollstreckung
des Mandats erkannt, und die Appellation gegen ein solches «rtel kann die Erek
tion nicht aufhatten.
Die genannten Zeuge» müssen daher entweder zur mündlichen Verhandlung
ohne Hinderniß vorgeladen, oder vom Beklagten mit zur Stelle gebracht wer
den können. Soll dies letztere geschehe», so muß Beklagter sich in der Einre-
deschrift dazu erboten haben. Ändere Zeugen machen die Einrede nicht liquid.
— Rescr. vom 3. August 1833, und 3«. Sept. 1833. Jahrb. 4t, S. 4ö9z
43, S. 401. Gräff ö, S. 251.
>) In Betreff der Art der Einreden ist Beklagter nicht beschrankt. Er kann z. B.
den Einwand der mangelnden Legitimation zur Sache, der erfolgten Verstat
tung zum Moratorio u. f. w. machen. Bei faktischen Einreden wird jedoch
stets die Liquidität, und bei allen Einreden die rechtszeitlge Anbringung vor
ausgesetzt. Rechtseinwendungen werden, wenn sie die vorgeschriebenen Eigen
schaften haben, nicht durch Dekret zurückgewiesen, es ist darüber z« erkennen. —
Rescr. vom 2. Dec. 1U36; vom 16. Juli 1837; vom 7. Oct. 1833, vom
3«. Sept. 1833, vom 3«. Jan. 1837 und 21, Jnli 183Z in GrSff, Koch:c^
124
IV. In beiden Fällen sck III. bleibt dem unterliegenden Theile die Verfolgung
seiner Ansprüche im besondern Prozesse vorbehalten, i)
V. Eine Rekonvention, in so weit sie sich nicht zu einer Kompensationseinrede
eignet, hat nur die Begründung des Gerichtsstandes zur Folge.
VI. Einreden, welche nach Verlauf der im Mandate festgesetzten Frist vorge
bracht worden, halten die Exekution des Mandats nicht auf, sie werden vielmehr
mittels einfacher Verfügung zum Separatverfahren im geeigneten Wege des Pro
zesse« verwiesen. 2) Der Richter muß daher auf solche Einwendungen zugleich das
jenige verfügen, was erforderlich ist, um die Sache zur weiteren rechtlichen Ver
handlung in der Prozeßform, zu welcher sich die vorgebrachten Einwendungen «der
Gegenforderungen eignen, gehörig einzuleiten. —
Will der Beklagte sich in Folge der zum Scparatverfahren verwiesenen Ein
reden von der Exekution durch Depositen befreien, so muß er zugleich einen Ar
restschlag begründen. — Einreden, die in der Exekutionsinstanz zulässig sind, also
der Einwand der Zahlung, der Kompensation, des Erlasses und des Vergleichs,
können jedoch auch noch später angebracht werden, in so fern dieselben erst nach
Ablauf der im Mandate gestellten Frist entstanden sind. — g. 3, 4, 18—25 d. Ges.
vom 1. Juni 1833. — §. 11—15 der Jnstr. vom 24. Juli 1833. — A. G. S. I.
24, z. 36. — 8. 6 des Ges. vom 4. März 1834, betreff, die Exek. in Zivils. —
Rescr. vom 3. August 1833. Jahrb. 41, S. 459. Gr äff 6, S. 251.
Verfahren bei kumulirten Mandatsklagen wegen der an städtische
Kassen oder Verwaltungen zu entrichtenden Geld- oder Natural-
zinsen oder Leistungen,
z. 67. Zur Vereinfachung des Verfahrens und zur Sparung von Kosten
ist bei Einziehung der an städtische Kassen oder Verwaltungen zu gewährenden
Geld? und Naturalzinsen, oder anderer zu bestimmten Zeiten wiederkehrenden Lei
stungen folgendes Verfahren vorgeschrieben:
1. Die Kumulation von Mandatsklagen ist zulässig, wenn der Gegenstand der
selben in Geld- oder Naturalzinsen oder andern zu bestimmten Zeiten wiederkehren
den Leistungen besteht, welche aus einem Erbpacht-, ErbzinS- oder Sinsverhältnisse
herrühren, und an städtische Kassen oder Verwaltungen zu entrichten sind, in der
Art, daß wegen dergleichen Ansprüchen im dinglichen Gerichtsstande mehre Ver
pflichtete in einer Klage von dem Berechtigten belangt werden können.
2. Macht ein Magistrat von dieser Befugniß Gebrauch, so muß das in die
Klage aufzunehmende Verzeichniß der Verpflichteten in Form einer Tabelle enthalten:
s) die Bezeichnung der Verklagten nach Namen, Stand und Wohnort ;
b) den Gegenstand der Forderung;
v) den Grund derselben und die Angabe der Beweismittel (Z. 64, III. Nr. 2);
6) eine Kolumne für die Kosten des Mandats, und eine freie Kolumne für den
Jnsinuationsvermerk.
3. Mit der Klage werden zugleich
') Nach den Rescr. vom 4. Jan. und vom 8. April 1836 (in Mannkopf A. G. O.
Bd. 2, S. 593) ist in beiden Fällen nach Analogie des §. 13, Tit. 28, und
S. 52 fg., Tit. 27 der Prozeßordn. der Gerichtsstand des Separati derjenige
Richter, welcher die Mandatssache verhandelt hat, wenn gleich der MandatZ-
kläger einen andern persönlichen Gerichtsstand hätte.
2) Bei diesem Separatverfahren ist der Mandatskläger der Beklagte, und der
Mandatsbeklagte, Kläger. Die Sache gehört daher, da durch die verspätete
Anbringung der Einreden die Wahrung des Mandatsfor! versäumt ist, vor
den persönlichen Richter des Elfteren. — 6f. Rescr. vom 8. April 1836 in
Mannkopf a. a. O.
ein vollständige« Duplikat und Auszüge au« derselben für jede« einzelnen
Beklagten,
eingereicht, insgesammt mit einem von dem Gericht ein für allemal vorzuschreiben«
den Mandatsentwurfe versehen. Wenn das Gericht es angemessen erachtet, kann
in diesem Mandate zugleich ein, nach dem Ablauf der im §, 65 bestimmten Frist
zu ermessender percmtorischer Termin zur Anbringung der Einwendungen anberaumt
werden.
4. Das Gericht prüft die Klage nach Borschrift §. 64, 6S, löscht darin die
zum Mandatsverfahren nicht geeigneten Forderungen, vollzieht im Übrigen de»
Mandatsentwurf unter dem Duplikate und unter den einzelnen zur Mittheilung
geeignet befundenen Auszügen der Klage, und fertigt beides dem Magistrat zur
Bcwirkung der Insinuation zu.
5. Bei der Insinuation ist Jedem der Beklagten der für ihn bestimmte Auszug
auszuhandigen, in dem Duplikate der Klage aber bei seinem Namen in die dazu
bestimmte Kolumne die erfolgte Aushändigung vorschriftsmäßig zu bemerken, von
dem Boten aber zu bescheinigen, wie? an wen? und zu welcher Zeit er die Insi
nuation bewirkt habe? (Z. 57, 65)
6. Ist die im Mandate bezeichnete Frist verstrichen, oder der darin bestimmte
Zeitraum abgelaufen, so reicht der Magistrat das mit dem Jnsinuationsvermerke
versehene Klageduplikat dem Gerichte wieder ein, mit der Anzeige, ob und von wel
chem Verklagten inzwischen die Schuld berichtigt worden sei.
Das Gericht prüft hierauf das bei der Insinuation beobachtete Verfahren, er
läßt, in so weit dabei nichts zu erinnern ist, und nachdem ermittelt worden, welche
Verklagte Einwendungen angebracht haben, die eine weitere Instruktion nöthig ma°
chen, auf den Antrag des Magistrats wegen der zur Erekution geeigneten Forde
rungen einen Exekutionsbefehl, und übersendet denselben dem Magistrat zur Benach
richtigung der Schuldner und zur Vollstreckung.
Bei den Posten, wobei die Insinuation nicht vorschriftsmäßig erfolgt ist, bleibt
dem Magistrat überlassen, eine neue Mandatsklage anzustellen.
7. Sowohl die hiernach zu bewirkende Insinuation (Nr. 4 u. S), als auch die
Vollstreckung der Erekution (Nr. 6), kann nur von solchen Boten und Exekution««
beamten des Magistrats bewirkt werden, die zu diesem Zwecke besonder« verpflichtet
worden sind.
8. Bei der Ausübung ihrer Erekutionsbefugni? haben die MagiftrSte und
deren Beamte sich nach den für die Gerichte ertheilten Vorschriften zu achten.
Kommt es auf den öffentlichen Verkauf abgepfändeter Effekten an, so erfolgt
derselbe durch den gerichtlichen Auktionskommissar, und in Ermangelung eines sol
chen unter der Leitung eines gerichtlichen oder magistratualischen Beamten.
Jntsrventions - oder Prioritätsansprüche sind an das Gericht zu verweisen.
Ebenso gebührt dem letztern die Überweisung ausstehender Forderungen im Wege
der Erekution, die Einleitung einer Subhastation und die Vollstreckung des Pe»
sonalarrestes.
9. An Kosten sollen, außer den etwa erforderlichen Stempeln, für das Man«
bat 2 Sgr. und für die Erekution 4 Sgr. für jeden Verklagten als Pauschquan»
tum angesetzt werden, und zur einen Hälfte zur Kasse des Gerichts, zur andern
Hälfte zur städtischen Kasse fließen. Die Kosten des Mandat« werden in da« Du
plikat, sowie in die Auszüge der Klage in die dazu bestimmte Kolumne eingetragen,
die Kosten der Exekution dagegen in den Erekutionsbefehl aufgenommen.
In beiden Fällen zieht der Magistrat die Kosten von den Schuldnern ein,
zahlt jedoch zur Kasse des Gerichts die ihr zukommende Hälfte vorschußweise, ohn?
die. Erstattung eines Ausfalls verlangen zu können.
ISS
' > 4«. s» de»i«>igen Stäb««, in welchen keine Magistrate Vorhand« sind, soll
auf die daselbst bestehenden städtischen Verwaltungsbehörden dasselbe Anwendung
finden, wa« in dieser Verordnung in Ansehung de» Magistrate bestimmt ist. —-
B«,rdn. vom 2. Dec. 1837. GS. 1838, S. 1. .,, '
Vom Rekurse bei Zurückweisung der Mandatsklagc. >)
z. 68. Gegen Verfügungen, durch welche der Mandatsprozeß verweigert wird,
Acht dem Klager der Rekurs zu. Über diesen beschließt die, dem verfügenden
Nicht» vorgeMc Aufsichtsbehörde, bei welcher er daher anzubringen ist. ?) ^ S. 5,
5« «Ks. «m 1. Juni «BS. — Rescr. vom 22. April 1843. I. M. B. S. 112.
Dritter Abschnitt.
«SM »«g atellprpzeß.
Welche Sachen gehören zum Bagatellprozeß, und wie ist überhaupt
der Werth der Streitgegenstände zu berechnen?
g. 69. I. Im Bagatellprozeß sind alle jene Rcchtsstreitigkcitcn zu verhandeln,
deren Streitobjekt nach Gclde zn schätzen ist, und Hie Summe oder dcn Werth von
Ä> Thl. nicht übersteigt. Ausgenommen sind nur:
U) dje zu«! Mandatprozeß gewiesene» Sachen,
?) die «n Kvnkurs- und Liquidationsprozeß verhandelten SpezialProzesse, und
3) Prozesse über Gegenstände, für welche nach der A. G. O. ein besonderes abge
kürztes Verfahren vorgeschrieben ist, in sofern dies Verfahren überhaupt noch
Anwendung findet, wie dies in Wechsel-, in schleunigen Arrest-, in Possessorien-,
Er»»ssio»s-, Diffamations- und Provokationsprozcssen und in Grenz- und Bau
sachen der Fall ist.
-Mnd mehre Forderungen in einer Klage geltend gemacht, und diese Forderun-
O«n betragen zusammen mehr als 5« Thlr., so findet der Bagatellprozeß Auwcn-
5Mg, ««inline dieser aus einem Hauptgeschäft entsprungenen Forderungen
SV Thlr. übersteigen. Haben jedoch Kaufleute mit einander in sortlaufender Rech
nung «der so»ft in fortgesetztem Verkehr gestanden, und es wird ein daraus sich er
gebender Rechnungs-Saldo, welcher 5l> Thlr. übersteigt, eingeklagt, so findet
Her 'VagatMrozeß nicht Anwendung, wenn auch die einzelnen Positionen SO Thlr.
Dicht überftöiMi, und aus verschiedenen Geschäften erwachsen sind.
Werhen .BagZtellobjekte mit Ansprüchen, welche 5« Thlr. übersteigen, in einer
MOgÄlagt, so wird über die Bagatellobjekte zugleich in der Prozeßform vcr-
ZBWtzelt, .zu welcher sich die größeren Ansprüche eignen. Nur beim Mandatsprozesse
M:dj«j§..Hi U. enthaltene Ausnahme. — g. 53 d. Jnstr. vom 24. Juli 1833.—
Reser. vom 18. Nov. 1839. I. M. B. S. 386. — Rescr. vom 13. Juli 1838.
AOch. ö?, «. t«7. — A. G. O. I. 19, §. 10. — Rescr. vom 22. Oct. .1837.
A«Att, L«ch,?c. «rg. «I. S. 654, Zus. 4.
Äst 4er >W«»datsp«>zeß einmsl eingeleitet, so kam, wenn Seitens des Bell.
tzethsH kein Einnxmd erhoben »ixd, ein zur Ungebühr erlassenes Mandat selbst
5,«u> der Aufsichtsbehörde nicht aufgehoben werden. — Rescr. vom 9. März
18S7. Jghx.b. 49, H. 194.
?)MMchr. vom 9. ,S?pt. 1833 und 25. Febr. 1839, welche annahmen, da?
der R«urs an di^enige höhere Instanz gehe, welche erkannt haben würde,
wenn App,ll«tion zukssfig gewesen wäre, sind durch die Werf, vom 22. April
1843 beseitigt.
127
v. Bei Berechnung des Werths eines Streitgegenstandes, sowohl Behufs Be
stimmung der Prozeßform, als Behufs Beurtheilung der Zulässigkeit der Rechts
mittel, als in Bezug auf andere im Pro«ssc von der Höhe des Streitgegenstandes
abhängige Wirkungen, kommen nachstehende Grundsätze zur Anwendung !
t) Der Werth des Gegenstandes eines Rechtsstreites wird durch den Kapitalswerth
desselben und die rückständigen Nutzungen, Sinsen und Früchte bestimmt, so weit
der ursprüngliche, oder im Laufe der ersten Instanz veränderte Klageantrag
darauf gerichtet ist, oder die Nutzungen, Zinsen und Frücbte von Amtswegen
zuerkannt werden müssen.
Der Seitpunkt, bis zu welchem die rückständigen «utzungen, Sinsen und Früchte
zu berechnen sind, wird durch den Tag der Einreichung der Klage, und wenn
eine Vervollständigung derselben »erfügt worden, durch den Tag der Einreichung
der vervollständigten Klage bestimmt.
Dagegen bleiben von der Berechnung ausgeschlossen :
») die Stützungen, Zinsen und Früchte, welche erst während des Prozesses auf
gelaufen «der entstanden sind,
K) die während des Prozesses entstandenen Schäden und Kosten, sowie alle im
Werthe des streitigen Gegenstandes eingetretene Veränderungen.
2) Die Berechnung wird in preußischem Silbergelde angelegt. Preußisches Gold
wird zu dem Werthe, wozu es in den königl. Kassen angenommen wird, frem
des Gold nach dem Tageskurse berechnet. Bei Bcrgleichung anderer fremder
Geldsorten mit preußischem Gelde, wird die von dem Staatsministeriuni unter
dem 27. November 1821 (GS. S. 19«) bekannt gemachte Tabelle zum Grunde
gelegt. Wer ein von dieser Tabelle abweichendes Verhältnis, behauptet, muß
darüber den Beweis führen.
3) Bei wiederkehrenden immerwährenden Nutzungen wird der fünf und zwanzigfache,
bei Nutzungen, deren künftiger Wegfall gewiß, deren Dauer aber unbestimmt ist,
der zwölf und einhalbfache Betrag einer Jahresleistung als deren Kapitalswerth
angenommen.
Auf eine bestimmte Zeit eingeschränkte periodische Rutzungen werden für die
ganze Zeit ihrer Dauer zusammengerechnet, jedoch nur soweit, daß der KapitalS-
wcrth der immerwährenden Rutzungen niemals überschritten werden soll.
Rückstände periodischer Rutzungen werden jederzeit zusammengerechnet. Sie
treten dem Kapitalswertbe hinzu, wenn die Nutzungen selbst mit den Rückstän
den Gegenstand des Prozesses sind.
4) Die Ermittelung, zu welchem Werthe der Streitgegenstand anzunehmen ist, soll
während der Instruktion in erster Instanz erfolgen, sowohl um den Kostenansatz
danach zu bestimmen, als auch um die Grundlage für die Beurtheilung der Iu-
lWgkeit der Rechtsmittel, oder anderer im Prozesse von der Hohe de« Streit
gegenstandes abhändigen Wirkungen zu gewinnen.
5) Der Richter hat daher, wenn der Werth des Streitgegenstandes nicht klar vors
liegt, vie Parteien darüber zu hörm. Dieselben sind verpflichtet, eine Erklärung
abzugeben. Gegen denjenigen, der sich nicht erklärt, gilt die Angabe des andern
Theils. Sind die Angaben in dem Maße, als es darauf im Prozesse zur Be
stimmung der von der Höhe des Streitgegenstandes abhängigen Wirkungen an
kommt, verschieden, und kommt eine Einigung nicht zu Stande, so gilt die
höhere Angabe bis dahin, daß vom Gcgentheil der Minderwcrth bewiesen wird.
6) Wird ein solcher Beweis des Minderwerths angetreten, so ist die Veranschlagung
nach de» allgemeinen Vorschriften über Aufnahme gerichtlicher Taxen zu veran
lassen, jedoch mit folgenden Modifikationen :
Leistungen, deren Werth sich nur nach jährlichen Durchschnitten bestimmen.
128
läßt, find nach den Grundsätzen der für die betreffenden Landestheile gelten
den Ablösungsordnungen zu veranschlagen, und soll dieserhalb, wenn eine
Partei eS verlangt, ein Gutachten der Auseinandersetzungsvkhörde eingeholt
werden. ,,
K) Der Werth von Bergwerksantheilen ist nach dem Gutachten des Ober
bergamts der Provinz anzunehmen. . .> ° .
e) Auf den außerordentlichen Werth ist bei der Abschätzung nur dann Rücksicht
zu nehmen, wenn derselbe Gegenstand des Streites ist.
7) Grundgerechtigkeiten gehören zu den Gegenständen, deren Werth nach Gelde nicht
,u veranschlagen ist. — Ges. vom 21. Juli 1843. GS. S. 297.
III. Ergiebt sich erst, nachdem eine Sache im summarischen oder im Verfahren
nach der A. G. O., oder nach dem Gesetz vom 9. Febr. 1817 bereits eingeleitet
worden, daß ihr Gegenstand nicht mehr als 50 Thlr. beträgt, oder wird demnächst
der Klageantrag bis auf 50 Thlr. oder weniger ermäßigt, so muß die Sache sofort
dem BagatellkommissariuS zur Verhandlung und Aburtelung im Bagatellprozeß
übergeben werden. War aber das Erkenntniß bereits abgefaßt, so bleibt dies bei
Kräften. Findet sich, daß der Gegenstand eines als Bagatellsache eingeleiteten Pro
zesses mehr als 50 Thlr. beträgt, so muß die Sache an die Deputation für sum
marische Prozesse, oder wenn dieser nicht zulässig, an das Kollegium gegeben werden,
damit die Sache in den ordnungsmäßigen Weg umgeleitet wird. — Nr. 14 u. 16
der Jnstr. vom 7. April 1839. GS. ,S. 138, — Rescr. vom 13. Juli 1838.
Jahrb. 51, S. 182.
IV. Eine Bagatellsache kann als solche niemals zu einer andern Prozcßform
Verwiesen werden. — Rescr. vom 25. Nov. 1837, in Gr äff, Koch zc. Erg. III.
S. 655, Zus. 5.
Vierter Abschnitt.
Der summarische Prozeß. >>
Fälle, in denen er stattfindet.
§. 77. I. Im Großhcrz. Posen kommt der summarische Prozeß nur zur An
wendung in Fallen, in denen eine Mandatssachc in Folge der rechtszeitig gegen da«
Mandat erhobenen Einwendungen zum Prozeßverfahren verwiesen wird, und nicht
Bagatellprozeß vorliegt, («f. §. 6611.)
II. In den übrigen Provinzen, in welchen die A. G. O. gilt, findet derselbe
außer den Fällen sei I. noch statt, vorausgesetzt, daß nicht Mandatsprozcß oder
Bagatellprozeß zur Anwendung kommt,
I) in allen Fällen, in denen nach der A. G. O. Erekutiv-Prozcß stattfand, als«
wegen Forderungen, die in Geldsummen oder andern bestimmten Quantität
ten verbrauchbarer Sachen bestehen, und zu bestimmten Zeiten oder auf Kündi
gung zahlbar oder zu liefern sind, wenn dieselben herrühren s) aus einsei
tigen Geschäften, über welche eine Urkunde im In lande entweder gerichtlich
oder vor Notar und Zeugen aufgenommen oder anerkannt und ausgefertigt
worden; I,) aus zweiseitigen Geschäften, und ihre Eintragung im Hypothe»
kcnbuche erfolgt ist; 2) «) aus Instrumenten über einseitige Geschäfte, die vor
ausländischen Gerichten errichtet sind, sofern in dem auswärtigen Staate
aus dergleichen bei den hiesigen Gerichten vollzogenen Instrumenten ein gleich
mäßiges summarisches und abgekürztes Verfahren zugelassen wird; <1) au«
Handelsbillets, 6) d. h. aus Schuldscheinen, welche ein Kaufmann über den
Betrag der auf Zeit gekauften Waaren ausgestellt hat; e) aus kaufmännischen
Assignationen, d. i. aus Anweisungen, welche ein Kaufmann in Handelsge
schäften ertheilt hat. Hier findet der summarische Prozeß gegen den Assigna
ten dann, wenn er Kaufmann ist, und die Anweisung akzeptirt hat, und gegen
den Anweisenden dann, wenn der Assignatar die Anweisung gekaust, in dieser
das Empfangsbekcnntniß der baar gezahlten Valuta enthalten, und der Assigna
tar die Fristen zur Aufnahme und Versendung des Protestes wegen Nichtzah
lung gehörig beobachtet, auch dem Assignaten nach der Akzeptotion keine Nach-
') Die Momente, in denen der summarische Prozeß vom sog. ordentlichen Prozeß
sich hauptsächlich unterscheidet, bezwecken die Beschleunigung der Prozesse, und
hierin liegt der vorzüglichste Fortschritt der neueren Prozcßgesetze. Jene Mo
mente bestehen namentlich «) in einer schärferen Begrenzung der Instruktion
und des Beweisverfahrens; b) in der Mündlichkeit des Verfahren«,
so daß auch die schriftlichen, den Prozeß verzögernden Deduktionen wegsallen,
und «) in den strengeren Präjudizien und Fristen.
2) In der Regel wird in den Fällen sä » und b der Mandatsprozeß zulässig
sein (es. §. 64 III.). Nur, wenn dieser aus irgend einem Umstände nicht zu
ständig, wird der summarische Prozeß eingeleitet werden müssen.
«) Der Erekutivprozeß war aus diesen nur binnen Jahresfrist, vom Zahlungs
tage an gerechnet, zulässig. Der summarische Prozeß ist in der Hinsicht nicht
beschränkt, da das Handelsbillet als Privaturkunde über ein Kaufgeschäft zu
betrachten. ' , >
138
ficht gegeben hat, und zwar in beiden Fällen innerhalb Jahresfrist vom Ver
falltage an gerechnet, statt. 5) Aus einer Asfekuranz-Polize kann gegen
den Versicherten binnen 3V Tagen nach Zeichnung auf Zahlung der Prämie im
summarischen Prozeß geklagt werden, g) Derselbe ist ferner zulässig aus Schuld
instrumenten, welche von nicht wechselfähigen Personen in Form eigner
Wechsel mit dem Bekenntniß der baaren Valuta ausgestellt worden, und zwar
gegen den Aussteller; ') K) bei Klagen des Remittenten oder Indossatars gegen
den Aussteller oder Indossanten auf Aushändigung des Wechsels, sobald
dieselbe nach Empfang der Valuta länger als 24 Stunden über die bedungene
Zeit verzögert wird; i) desgl. bei Klagen des Ausstellers eines Wechsels oder
des Indossanten gegen den Remittenten oder Indossatar auf Zahlung der ver
abredeten Valuta, jedoch nur binnen Jahresfrist vom Tage des geschlossenen
Handels an gerechnet. K) Auch öffentlich bestellte Pfandverleiher können aus
ordnungsmäßig geführten Pfandbüchern gegen den Schuldner auf Bezahlung
der Pfandschulden im summarischen Prozeß klagen. — Dieser findet ferner statt:
2) aus Urkunden über zweiseitige Geschäfte, 2) welche im Jnlsnde:
entweder in Form öffentlicher Urkunden ausgestellt,
oder von einer öffentlichen Behörde in eigener Angelegenheit ausgefertigt,
oder mit gerichtlicher oder notarieller Beglaubigung der Unterschrift versehen sind;
3) aus Privaturkunden«) über Darlehns-, Verwahrungs- und Leihverträge,
über Kauf-, Tausch-, Lieftrungs-, Mieths- und einfache Pachtverträge, über
versprochene Pensionen, Besoldungen, Alimente, Renten und alle zu bestimmte»
Zeiten wiederkehrende Leistungen;
4) die aus besondern Kontrakten oder testamentarischen Bestimmungen auf Grund
stücken haftenden jährlichen Abgaben an Kirchen und Schulen, wenn
sie nicht hypothekarisch eingetragen sind; s)
5) wegen Forderungen:
der Fabrikunternehmer, Fabrikarbeiter, Kaufleute, Krämer,
Künstler und Handwerker für Arbeiten und gelieferte Waaren, sowie für
Vorschüsse an ihre Arbeiter, und der Meister, Gesellen und Lehrlinge ge
gen einander;
der Medizinalpersonen für ihre Besuche, Operationen und Arzneimittel,
(in sofern dabei die Erfordernisse zur Einleitung des Mandatsprozesses fehlenz
es. z. 64, III. 7).
1) Der Erekutivprozeß war hier auf die Zeit beschränkt, innerhalb deren das
Schuldinstrument, wenn es Wechsel gewesen, Wechselkraft gehabt hätte. Beim
summarischen Prozeß fällt diese Beschränkung weg. Gegen nicht wechsclfähige Gi
ranten eines solchen Schuldinstruments kann in diesem Prozesse nicht geklagt werden.
2) Dies sind solche, aus denen beide Theile Rechte und Verbindlichkeiten überkom
men. Der Umstand, ob die Urkunde selbst von beiden Theilen, oder einseitig
(z. B. Zession) ausgestellt ist, macht keinen Unterschied. Der Anspruch muß
aber aus der Urkunde hervorgehen. Auf den Gegenstand des Anspruchs kommt
es übrigens nicht an, und die bei den Ansprüchen sä 1 hervorgehobenen Merk
male sind hier nicht wesentlich.
>) Auf die Form der Urkunde kommt es nicht an. Es wird daher auch Brief
wechsel, wenn er den Anspruch nachweiset, dessen Stelle vertreten. Untcrkreuzte
Schriftstücke sind aber keine solche Urkunden.
«) Pachtstreitigkeiten find in der Regel verwikelt. Unter Nr. 3 sind aber nur
einfache, auf Privaturkunden sich stützende, Rechtsverhältnisse verstanden. Da
jedoch auch einfache Klagen aus Pachtverträgen, z. B. aus Zahlung von Pacht
geld vorkommen können, so werden dieselben in dieser Beschränkung zum sum
marischen Prozeß geeignet erscheinen. — Lk. Rescr. vom 9. März 1839.
») Sind sie Hypothezirt, so findet Mandatsprozeß statt. — 8- S4, lll. Nr.?.
der öffentlichen und Privat-Schul- und Erziehungsanstalten für
den Unterhalt, den Unterricht und die Erziehung (in sofern nicht Mandattprojeß
begründet ist; es. Z. 64, III. «)z
der öffentlichen und Privatlehrer hinsichtlich de« Honorars;
der Lehrherrn hinsichtlich des Lehrgeldes;
der Haus- und Wirthschaftsoffizianten und des Gesindes sn Gehalt
und Lohn;
dcr Tagelöhner und andrer gemeiner Handarbeiter hinsichtlich ihre« Lohn«;
der Fuhrleute und Schiffer hinsichtlich des Fuhr- und Frachtgeldes;
dcr Gast- und Speiscwirthe für die von ihnen gegebene Wohnung und
den gelieferten Unterhalt;
K) bei Jnterventionsstreitigkeiten, welche bei Auspfändungen erhoben wer
den, wenn dcr Gegenstand dcs Jntcrventionsprozcsscs SO Thaler übersteigt; >)
7) bei Erörterung und Entscheidung über die in der Erckutionsinstanz vorgebrach«
ten Einreden dcr Zahlung, der Kompensation, des Vergleichs, des Erlasse«;
8) alle Rechtsstreitigkeiten, durch welche auf Grund des Gesetze« vom 26. April
1835 die von einem zahlungsunfähigen Schuldner zum Nachtheile seiner Gläu
biger gcschlossencn Verträge angefochten werden; endlich
9) wegen Injurien, >) in so weit sie nicht zum Untersuchungsverfahnn sich eignen.»)
III. Außerdem hat da« Gericht die Bcfugniß, sobald beide T heile darauf
antragen, auch andere als die untcr II. erwähnten Rechtsstrcitigkeiten (mit Aus
nahme der Bagatell- und Mandatsklagcn) sowohl vor, als Nach Einleitung und in
jeder Lage dcs Prozesses zum summarischen Verfahren zu verweisen.«) Den De-
putirten der nach der A. G. O. verhandelten Prozesse ist deshalb zur Pflicht ge
macht, die Parteien im Klagcbeantwortungs- und ersten Jnstruktionstermin, desgl.
in zweiter Instanz nach Beantwortung dcs Appellationsbericht« im ersten Jnftruk-
rionstcrmine, so wie in jedem Schlußtermine in erster und zweiter Instanz ,u
befragen :
ob sie die Fortsetzung der Sache oder die Abfassung de« Erkenntnisses
im summarischen Prozeßverfahren verlangen.
Selbst auf einseitigen Antrag des Klägers können Rechtsftreitigkeiten , welche
nicht zu den s6 II. bezeichneten gehören, namentlich Schwängerung«- und Alimen
tensachen im summarischen Verfahren eingeleitet werden. Doch muß da« Gericht
in einem solchen Falle den Beklagten in der Vorladung oder im ersten Termin«
ausdrücklich auffordern, sich zu erklären, ob er gegen diese Prozeßform etwa« zu
erinnern habe. Wendet er auf ausdrückliches Befragen nicht« ein, so wird sein
II. Von dem Verfahren bei den Gerichten, welche kein Kollegium bilden.
z. 88. Bei den Gerichten, welche nur mit einem «der mit zwei Richtern
befetzt, sowie in denjenigen Jnjuricnprozessen, welche bei kollegialischen Gerichten ein«
zelnen Kommissarien überwiesen sind, oder werden (es. §> 78, I. Nr. 1), kommen
die Z. 79—87 enthaltenen Vorschriften ebenfalls, jedoch unter nachstehenden Modi«
fikationen zur Anwendung :
1) Auf die Klage wird ein Termin zur Beantwortung derselben und zur weitern
') Schriftliche Deduktionen werden im summarischen Prozeß nicht zugelassen.
Überhaupt beschränkt sich der Schriftwechsel auf Klage und Klagebcantwortung,
Appellationsbericht und Appellationsgcgenbericht, die Nichtigkeitsbeschwerde? und
Revisionsschriften, und Erwiderung auf die Widerklage, sowie die etwaigen
Litisdenuntiationen. Andere Schriftsätze sollen nicht angenommen, sondern
zurückgewiesen »erden.
156
mündlichen Verhandlung anberaumt, wozu beide Parteien, der Verklagte unter
abschriftlicher Mittheilung der Klage, vorgeladen werden.
2) Die Z. 79, Nr. IV. und V. angedeuteten Vorladungen erhalten deshalb mit
Rücksicht hierauf Änderungen, namentlich erhält s) die Aufschrift nach den
Worten „zur Klagebeantwortung" den Ausatz: „und zum weiteren Verfahrenz"
d) bei der Vorladung des Verklagten fallen die Worte unter b „oder in Ab
schrift" weg. Die Urkunden müssen sofort im Original eingereicht werden;
c) bei der Vorladung des Klägers ist die unter e beigefügte Aufforderung ganz
wegzulassen.
3) Hinsichtlich der Aufnahme des Protokolls und des Beweises, und in Betreff der
Abfassung des Erkenntnisses, gelten die beim Bagatellprozeß Z. 74, 75 und 76
vorgeschriebenen besondern Bestimmungen nur mit der Maßgabe, daß hier beim
Ausbleiben des Beklagten im ersten Termin nicht die Vorladung die Kraft eines
Kontumazialurtels erlangt, fondern daß ein besonderer Kontumazialbescheid unter
das aufgenommene Protokoll gesetzt, mit diesem ausgefertigt, und den Parteien
gleich andern Erkenntnissen (Abschn. 7) behändigt wird. Die lOtägige Restitu
tionsfrist gegen diese Kontumazialerkenntnisse läuft deshalb von deren Zustellung
an Beklagten.
4) Dem Richter stehen Behufs Aufrechthaltung der Ruhe und Ordnung während
der Verhandlungen gleiche Rechte und Pflichten zu, wie gemäß Z. 74, Nr. VI.,
dem Bagatellkommissarius. — Z. 1«, 60—64 des Ges. vom 1. Juni 1833. —
Z. 16, 52 der Jnstr. vom 24. Juli 1833. — Cab.-Ordre vom 24. Okt. 1838.
") Das Gesetz unterscheidet hier zwischen notorischen und allgemein bekannten That-
sachen, ohne näher anzugeben, was es unter notorisch verstanden wissen will.
Unter notorisch versteht man gewöhnlich und mit Grund alle die Thatsache», welche
dem Prozeßgericht mit Gewißheit bekannt sind. Die allgemein bekannten Thatsa-
chen sind nur ein Theil davon. Auf geschichtliche Ereignisse kann man das Noto
rische nicht einschränken. — Übrigens steht den Parteien auch in Betreff der noto
j«5
dürfen keines Beweises. Ist die Sache nur in dein Distrikte, oder an dem
Orte, wo die Instruktion geschieht, notorisch, so muß der Jnstruent diese Noto-
rietät umständlich in den Akten verzeichnen und attestiren.
4) In Betreff aller übrigen Thatsachen muß, wenn deren Erheblichkeit bezweifelt
wird, darüber beschlossen werden. Dies muß auch geschehen, wenn die Erheb
lichkeit einer Thatsache von Auslegung eines nicht deutlichen Gesetzes abhängt, so
daß das Kollegium in diesem Falle zugleich die zweifelhaste Rechtsfrage vorläu
fig zu entscheiden hat. >)
5) Muß ein Geschäft über welches gestritten wird, nach fremden Landesge
setzen, die der Richter zu kennen nicht schuldig ist, beurtheilt werden: so muß
in Betreff der Frage:
was die fremden Gesetze für den vorliegenden Fall verordnen,
wenn sie streitig ist, wie über andere Thatsachen Beweis aufgenommen
werden. 2)
6) Gleiches gilt, wenn an Orten, wo die Provinzialgesetzbücher noch nicht publizirt
sind, eine Partei sich auf ein Statutar-Recht gründet, dessen Dasein dem
Gerichte nicht bekannt ist.
rischcn Thatsachen frei, den Gegenbeweis zu führen. Wenn daher der Jnstruktions-
richter den Fall einer Notorietät zu den Akten verzeichnet und bescheinigt, muß er
den Parteien davon Kenntniß geben, damit sie zur Führung des Gegenbeweises
Gelegenheit haben.
>) Vorläufig nur um deshalb, weil der erkennende Richter an diesen Beschluß nicht
gebunden ist.
^) In Betreff des geschriebenen fremden Rechts wird der Beweis durch Ein
reichung eines vollständigen gedruckten Exemplars des Gesetzes oder Gesetzbuches
geführt werden können. Doch darf über dessen Autentizität und die erfolgte Pu
blikation des Gesetzes kein Zweifel obwalten, da sonst auch hierüber Beweis ge
führt werden müßte. Bei ungeschriebenen fremden Rechten wird der Beweis
durch Schriften der Rechtsgelehrten, Atteste der Gerichtshöfe oder Gutachten an
gesehener Rcchtsgelchrten zu führen sein. — Ins Besondere wird der Nachweis
der Existenz eines englischen Gesetzes, am zweckmäßigsten durch Beibringung
des Gutachtens zweier englischer Rechtsgelehrten geführt. Doch ist Gegenbeweis
durch Gegengutachten unbenommen. — Res. vom 8. Decbr. 1819. Jahrb. 14. S.
171. — In Bezug auf altpolnisches Recht ist in der Regel, und ohne das
Ermessen des Richters in einzelnen Fällen besonderer Art auszuschließen, die Pro
duktion polnischer Rechtsgclehrten in Prozessen nur dann, wenn der behauptete
Rechtssatz auf einem Fakts beruht, das aus geschriebenen Gesetzen nicht erkannt
werden kann, und daher nur vorzüglich in den Fällen:
1) wenn ein geschriebenes Gesetz allegirt wird, welches sich i» der Sammlung
des Trembicki nicht befindet, und der Gegentheil bestreitet, daß es von den
Gerichten angewandt worden, in welchem Falle dem Produzenten der Beweis
obliegt; desgl. wenn von einem in der Sammlung des Trembicki aufgenom
menen Gesetze excipienci« behauptet wird, daß solches ivierreeipirt gewesen;
2) wenn der behauptete Rechtssatz auf eine Observanz begründet wird, die in
den polnischen Gerichtshöfen stattgefunden haben soll, wohin auch größten,
theils die Behauptungen von den Formen des polnischen Rechts gehören;
und auch dann nur unter folgenden Einschränkungen gestattet:
i>) daß nur solche Personen produzirt werden können, welche wirkliche Richter
stellen bei Grod- oder Landgerichten oder dem Tribunal zu Petrikau beklei
det haben; und
d) daß jede Partei, und insonderheit deren Assistent bei der Produktion aus sei
nen Manualakten, nachweisen müsse, wie er zur Behauptung einer Observanz
dieser Art gekommen, und welche Thatsachen ihm bekannt geworden, um zu
einer solchen Behauptung veranlaßt zu werden, und endlich, daß und welche
Mittel er angewendet, und welche Mühe er sich gegeben, diese Thatsachen,
welche vorzüglich nur in Erkenntnissen oder sonstigen in contrscliotorio er
gangenen Verfügungen bestehen können, beizubringen, oder sonst vorläufig
aufzuklären. — Res. vom 14. Decbr. 1798. Rabe Bd. ö, S. 255.
186
7) Gewohnheitsrechte und Observanzen verdienen nur bann Berücksichtigung,
») «enn sie den Provinzialgesetzen einverleibt sind, d) wenn durch dieselben et
was bestimmt wird, was die Gesetze unentschieden gelassen haben. Liegt ein
Fall der letzteren Art vor, so muß die behauptete Observanz resp. das Gewohn
heitsrecht, wenn Parteien darüber nicht einig sind, gleich andern bestrittenen
Thatfachen durch Beweisaufnahme ins Licht gesetzt werden. — A. G. O. I. 10,
K. 45—5S. — A. L. R. Ems. §. 3, 4. — Eab.-Ordre vom 8. März 1798.
N. C. E. low. X. S. 1609. Rabe Bd. 5, S. 86,
Fortsetzung.
Prüfung und Beschluß hinsichtlich vorkommender Prajudizialein-
reden und Präjudizialpunkte.
§. 11«. 8. Hat der Beklagte der Hauptforderung des Klägers einen solchen
Einwand entgegengesetzt, durch welchen diese Forderung, wenn sie auch jemals ge
gründet gewesen wäre, wieder aufgehoben würde (exeptio litis linitso), als Zah
lung, Erlaß, Vergleich, Verjährung, bereits erfolgte rechtskräftige Entscheidung zc.z
so räumt
^. Beklagter entweder zugleich den Klagegrund völlig ein, und lehnt nur den
Antrag des Klägers durch den Einwand ab. Dann wird dieser allein Gegenstand
der Instruktion und Beweisaufnahme;
L. oder er stellt auch den Klagegrund in Abrede. In diesem Falle muß die
Natur und Beschaffenheit der Thatsachcn, worauf Klage und Einwand sich grün
den, und die Qualität der darüber angegebenen Beweismittel genau und sorgfältig
erwogen, und demnächst das Weitere beschlossen werden. Findet sich nemlich,
s) daß die Hauptsache leicht und ohne großen Zeit- und Kostenaufwand auszumit-
teln, die Instruktion des Einwandes aber weitaufsehcnd und kostspielig sei; (z.
B. wenn die Klage auf Urkunden beruht, und blos über deren Verstand und
Beweiskraft unter dm Parteien gestritten wird; der entgegengefetzte Einwand
der Verjährung hingegen durch weitläufige, aus entfernten Gegenden herbeizu
schaffende Zeugenverhöre ausgemittelt werden soll); so wird die Instruktion des
Einwandes ausgesetzt, dagegen die Instruktion und Beweisaufnahme der Haupt
sache veranlaßt, die Sache abgeschlossen, und die Spruchvorlegung verfügt. Er
achtet hiernächst »») der erkennende Richter die Klage ebenfalls für unbegrün
det; so bleibt die Beweisaufnahme über den Einwand auch in den ferneren In
stanzen ausgesetzt. Nur, wenn Beklagter selbst auf Beweisaufnahme über den
Einwand anträgt, muß diese während der folgenden Instanzen erfolgen, bd)
Erachtet der erkennende erste Richter die Klage nicht offenbar unbegründet; so
setzt er die Entscheidung in der Hauptsache aus , und ordnet durch Resolution
die Fortsetzung der Instruktion über den Einwand an.
K) Stehen die Hauptsache und der Einwand in Rücksicht der Zeit und Kosten der
bei beiden erforderlichen Instruktion ungefähr in gleichem Verhältnißz so wer
den Hauptsache und Einwand gleichzeitig instruirt und abgeurtelt.
e) Ist dagegen die Instruktion der Hauptsache weitläufig, verwickelt und kostspie
lig, die Erörterung des Einwandes aber kurz und ohne sonderlichen Aufenthalt
und Kosten zu bewirken; so wird mit Beiseitesetzung der Hauptsache die Einrede
völlig instruirt, die Akten werden dann zum Spruch vorgelegt, und es wird darüber
in jedem Falle erkannt. Wird im ersten Urtel ss>) der Einwand für erheblich
und hinlänglich ausgemittelt erachtet, und Kläger daher abgewiesen; so bleibt die
Instruktion und Beweisaufnahme hinsichtlich der Hauptsache in allen ferneren In
stanzen ausgefetzt. Nur «) wenn beide Theile darüber einig sind, und /?) wenn
Kläger solche Umstände anführen und bescheinigen kann, welche die Aufnahme eines
l»7
Beweises zum ewigen Gedächtnisse begründen würden, muß mit Instruktion und
Beweisaufnahme der Hauptsache während der folgenden Instanzen vorgegangen
werden. — KK) Wird der Einwand verworfen, so muß der Appellation unge
achtet die Instruktion der Hauptsache sofort vorgenommen, und selbst bei Abän
derung des Iten Urtels in 2ter Instanz bis dahin fortgesetzt werden, wo die
Erheblichkeit des Einwandcs rechtskräftig feststeht.
In den Fällen, in welche» nach Vorstehendem die Instruktion und Beweis«
aufnähme hinsichts der Hauptsache, nach der richterlichen noch nicht rechtskräftige»
Entscheidung über den Einwand, angeordnet werden muß, erfolgt diese Instruktion
in besonder», unter Direktion des Jnstrucnten aus den Hauptakten zu ergänzenden
Akten. Das Erkenntniß über die Hauptsache bleibt aber in jedem Falle bis, zur
rechtskräftigen Entscheidung über den Einwand ausgesetzt. Die Erkenntnisse der
ferneren Instanzen müssen daher möglichst beschleunigt werden. Die Registratur
muß bei Spruchvorlegung auf dem Distributionszettel vermerken, daß über einen
Präjudizialcinwand zu erkennen sei; und wenn die Akten zum Spruch versendet
werden, muß im Übersendungsschreiben oder Berichte darüber ausdrücklich Erwäh
nung geschehen.
Wird ein solcher Einwand rechtskräftig verworfen; so kann bei der demnächst
erfolgenden Instruktion und Entscheidung der Hauptsache darauf keine Rücksicht
mehr genommen werden. Doch steht dem über den Einwand erkennenden Richter
frei, wenn er findet, daß die Thatsachen, auf welchen der Einwand beruht, zwar
noch nicht völlig ins Licht gesetzt sind, daß aber eine nähere Sntwickelung derselben
bei Erörterung der Hauptthatsache vielleicht noch statt finden könnte, einen solchen
Einwand nur in soweit, als dadurch die Einlassung auf die Klage ganz abgelehnt
werden soll, zu verwerfen, und dem Beklagten dessen ferneren Gebrauch bei der In
struktion der Hauptsache vorzubehalten. — A. G. O. I. §. 60—781).
9. Alles, was vorstehend unter Nro. 8 gesagt ist, gilt auch von solchen Ein
wendungen des Beklagten, welche dahin abzielen, daß er nicht schuldig sei,
sich mit dem Klüger einzulassen (exeeptiovez litis ingressum impeclien»
tes), >) in sofern ncmlich diese Einwendungen nicht durch vorläufige Verfügung in«
Licht gesetzt werden konnten, sondern zur Erörterung im Jnftruktionstermin ver
wiesen werden mußten. (<2f. §. 95, II. Nro. 1.) — Betrifft namentlich der dem
Kläger entgegengesetzte Einwand die mangelnde Legitimation desselben; so ist im
Jnftruktionstermin mit Erörterung desselben in der Regel der Anfang zu machen;
und in sofern mit Rückficht auf Nro. 8, ö. K. Einwand und Hauptsache zugleich
instruirt werden, muß die Erörterung des Legitimationspunktes jedesmal in eine«
besonderen Protokoll erfolgen. — Z. 79—81 s. a. a. O.
10. Kommt bei einem aus mehren Punkten oder Forderungen bestehend«
Prozesse ein Präjudizialpunkt anderer Art vor, von dessen Entscheidung das
Stehen oder Fallen der einzelnen Punkte, oder doch eine wesentliche Verschiedenheit
in der ihrer Instruktion zu gebenden Richtung abhängt; so steht es dem instruiren-
den Gericht frei, dergleichen Präjudizialfragen gemäß der Vorschrift Nro. Sc. vor
weg instruiren zu lassen, und bis zu deren Entscheidung die fernere Einleitung der
speziellen Punkte auszusetzen ; z. B. wenn über die Präjudizialfrage gestritten wird :
ob Jemand Rechnung zu legen schuldig sei? so muß erst darüber Instruktion und
') Einwendungen der Art sind z. B. daß nicht in dem gehörige» Gerichtsstande
geklagt, daß die Sache schon anderswo rechtsgängig sei; daß es dem Kläger an
der erforderlichen Legitimation ermangele u. s. w. — l)f. §. 20, Tit. 9, Proz. O.
2) Kann Kläger in einem bereits eingeleiteten Prozesse seine vom Gegner bestrit
tene Legitimation nicht führen; so kann ohne seinen Antrag nicht die Aktenre-
xosirion erfolgen. Es muß vielmehr in contumnlism verfahren werden. —
N. Res. vom 10. Decbr. 1S14, Jahrb. 4, S. 207.
188
Entscheidung erfolgen, ehe die Rechnungslegung selbst und der Streit über deren
Richtigkeit Gegenstand der Instruktion werden kann; — wenn Jemand als Erbe
die Ausantwortung des Nachlasses fordert, und ihm sein Erbrecht bestritten wird;
so muß erst dieses rechtskräftig feststehen, ehe zur Ausmittelung und Festsetzung des
herauszugebenden Nachlasses geschritten wird; — wenn einer eingeklagten Forderung
vom Erben des eigentlichen Schuldners die Beneficial-Qualität entgegengesetzt wird;
so ist zunächst die Richtigkeit der Forderung und der Umstand, ob Beklagter sich der
Rechtswohlthat des Inventars bedienen könne? Gegenstand der Instruktion und
Entscheidung; und die Erörterung der Frage: ob der Rachlaß zur Bezahlung der
eingeklagten Forderung zureiche oder nicht? bleibt ausgesetzt; u. s. w. — S. 81b.
a. a. O. §. 43, Tit. 13 a. a. O.
Wirkung des über den aufzunehmenden Beweis gefaßten
Beschlusses.
Z. III. Gegen den Beschluß des Kolegii, ') vermöge dessen die durch Beweis
auszumittelnden Thatsachen festgestellt werde», findet kein Rechtsmittel statt. Doch
ist der erkennende Richter daran nicht gebunden. Dieser kann vielmehr, wenn bei
der erfolgten näheren Entwicklung der Sache sich findet, daß ein bisher als un
erheblich angesehener, und daher unerörtcrt gelassener Umstand gleichwohl auf die
richtige Entscheidung des Prozesses wirklichen Einfluß habe, die nähere Ausmittelung
desselben verfugen. Auch steht den Parteien zu, in den ferneren Instanzen die Er
heblichkeit der im vorigen Urtel als unerheblich verworfenen oder übergangenen
Umstände auszuführen. — Z. 57, Tit. 10 a. a. O.
" II. Von Aufnahme der Beweise.
.4. Vom Beweise durch Geständniß. 2)
§. 112. I. Die von einer Partei oder ihrem Bevollmächtigten im
Prozeß zugestandenen Thatsachen sind als vollkommen erwiesen anzusehn, und es
bedarf darüber keiner Beweisaufnahme. — Geständnisse, welche von einer Partei
ausscrgerichtlich, oder zwar vor Gericht, äVer in einer andern Sache, als
dem vorliegenden Prozeß, abgegeben sind, machen allemal einen Beweis wider den
Gestehenden aus. — Ist eine Thatsache nicht in ihrem ganzen Zusammenhange voll
ständig eingestanden;») so muß in Betreff der nicht zugestandenen Umstände, sie be
stehen in Zusätzen oder Einschränkungen, der Beweis aufgenommen werden. —
§. 27«. 82, 87, 83 b. a. a. O.
II. Behauptet eine Partei, daß ihr Gegner einen im Prozeß abgcläugneten
Umstand entweder in einer andern Sache vor Gericht, oder aussergerichtlich einge
standen habe; so ist dies eine Thatsache, und sie muß, wenn der Gegner dieser Be-
>) Dieser Beschluß hat nur die Natur einer Verfügung. Das den Prozeß instrui-
rende Gericht kann auf anderweitigen Vortrag den Beschluß ebenfalls ändern.
2) Man unterscheidet gewöhnlich Geständniß und Anerkenntnis, indem man
anführt, daß Thatsachen zugestanden, Verbindlichkeiten und die densel
ben entsprechenden Rechte aber anerkannt werden. Doch ist kein praktischer
Werth in dieser Unterscheidung ersichtlich.
«) Ein solches Geständniß wird ein qualifizirtes genannt. Es ist wohl zu un
terscheiden von demjenigen Geständniß, welchem blos, die Forderung aufhebende,
Einreden entgegengesetzt werden. Lk. §. 110 ^. Hier ist ein vollkommenes Ge
ständniß vorhanden, welches gegen den Beklagten beweist. Dieser muß den bei
gefügten Einwand zur Beseitigung des Anspruchs daher nachweisen. Ein unter
Einschränkungen oder Modifikationen abgegebenes Geständniß (ein qualifizirtes)
hängt aber mit der beigefügten Einschränkung eng zusammen; es beweist gegen
Beklagten nur in soweit, als die Einschränkung nicht reicht; und diese muß,
wenn es vollkommen beweisen soll, durch Beweisaufnahme beseitigt werden.
189
hauptung widerspricht, gleich andren Thatsache» durch Beweis ins Licht gesetzt wer«
den. Der Jnstruent und das Gericht müssen dann vernünftig beurtheilen: ob es
nach dem Zwecke der Abkürzung der Prozesse und der möglichsten Kostensparung
rathsamer sei, die Beweisaufnahme zuförderft auf das streitige Hauptfaktum, «der
auf die Thatsache des erfolgten Geständnisses, oder auf beides zugleich zu richten. —
8. 83 u. 84 a. a. O.
III. Soll aber ein Geständniß, es sei im Prozesse oder vorher erfolgt, auf
die Entscheidung des vorliegende» Prozesses rechtlichen Einfluß haben; so muß der
Gestehende zur Verhandlung der Sache nach seinem alleinigen Ermessen befugt
sein. >) Ermangelt es hieran, so müssen die zugezogen sein, ohne deren Genehmi-
gung «der Einwilligung die Partei sich auf rechtsbeständige Art nicht verpflichten,
noch über die streitige Sache giltig verfügen kann. — Dagegen ist zur rechtlichen
Wirksamkeit eines Geständnisses die Annahme des Gegentheils in keinem Falle
nothwcndig. — Z. 85, 88 s. a. a. O.
IV. Gestehen von mehren Mitberechtigten oder Verpfichteten einige
die vom Gegner behauptete Thatsache ein, andre bestreiten sie, so muß
1) bei untbeilbaren Sachen Hausse iocliviliuse) mit Beweisaufnahme verfah»
ren werden; wobei jedoch von dem Geständnisse einiger Konsorten zur Ausfor
schung der Wahrheit Gebrauch zu machen ist. Es kann daher, nach Beschaffen»
heit der Umstände und Unterschied der Fälle, der geständige Litiskonsort als
Zeuge abgehört, oder wenn auf einen nothwcndigen Eid zu erkennen ist, und es
sich fragt, wer von beiden Tbeilen dazu zu lassen sei? auf das Zugeständniß
eines oder mehrer Litiskonsorten Rücksicht genommen werden.
2) Bei theilbarcn Rechten und Sachen steht jedem Mitgenossen sein Geständniß
in Ansehung seines eignen Interesses bei der Sache allemal entgegen. —
§. 86 a. a. O.
V. Wird das von einer Partei oder deren Bevollmächtigten im Prozeß ab»
gegebene, oder das von der Partei aussergcrichtlich, oder zwar gerichtlich aber in
anderer Sache gethane Geständniß, als irrthümlich erfolgt, widerrufen; so muß der
Widerrufende gemäß §. 102. II. den Jrrthum und die wahre Bcwandniß der Sache
nachweisen. 2) Findet sich zwischen einem aussergerichtlichen Geständniß und den
übrigen von der Bcwandniß der Sache vorhandenen Nachrichten ein Widerspruch,
so muß es der Beurtheilung des erkennenden Richters überlassen werden: welcher
Grad von Beweiskraft dem Geständniß beizulegen sei, und in wiefern der Geste
hende den Umstand, daß das Geständniß aus Jrrthum geschehen, mehr oder weni
ger überzeugend nachgewiesen habe. — §. 88b. a. a. O.
VI. Hat ein Bevollmächtigter der erhaltenen Instruktion zuwider ein Ge
ständniß abgegeben; so kann blos um deshalb die das Geständniß enthaltende Ver
handlung nicht angefochten werden. Dem Machtgeber steht nur eine Regreßklage
gegen den Bevollmächtigten zu. — Z. 87. a. a. O.
L. Vom Beweise durch Urkunden.
Wie lange Urkund enbewcis im ordentlichen Prozeß zulässig, und
w« edirte Urkunden aufzubewahren,
z. 113. I. Beweismittel mit Einschluß der Urkunden sind in den nach diesem
1) Von den Personen, denen eine solche Besugniß fehlt, ist oben §. 9, fg. S. 21
fg. die Rede gewesen.
2) Das Geh. Ob. Trib. hat in einem Erkenntn. v. 18Z3 (Jur. Woch. 184«, S.
11 fg.) ausgeführt, daß Zugeständnisse, welche bei Vergleichsunterhandlungen,
die nicht zum Abschlüsse des Vergleichs führen, gemacht sind, jedcrzeit widerru
fen werden können, ohne daß es einer nähern Begründung des Widerrufs be
dürfe. Denn dadurch, daß der Endzweck gütlicher Einigung uneereicht bleibe,
falle die Grundlage weg, auf welcher die Zugeständnisse beruhen.
19«
Äbschnit zu verhandelnde» Prozessen zwar in der Regel in der Klage und Klage-
beantwortung anzugeben. Die Urkunden sollen auch möglichst vor dem Jnftruktions-
termine beigebracht, und dem Gegner abschriftlich mitgcthcitt, oder wenn sie hinter
einem Dritten sich befinden, das Röthige wegen Edirung derselben vom Richter
verfügt sein. Doch sind neue Beweismittel im ganzen Laufe der Instruktion, und
selbst noch im Schlußtermine zulassig und zu berücksichtigen. Nur müssen Urkun
den, wenn erst im Schlußtermin darauf Bezug genommen wird, sofort beigelegt
werden. — Z. 53, 9«, Tit. 10, g. 6, Tit. 12 a. a. O.
ll. Die im Prozeß übergcbcnen Urkunden müssen in der Regel zu den betref
fenden Prozeßakten geheftet, und darin aufbewahrt, bei der Aktenreposition muß
aber dafür gesorgt werden, daß die Zurückgabe erfolge. Die von den betreffenden
Akten getrennte Aufbewahrung ist bciDokumcntcn nur auf ausdrücklichen Antrag
der Parteien gestattet; bei einigen Urkunden, wie Büchern, ganzen Aktenstücken,
Kerbhölzern u. f. w. aber dadurch nöthig, daH die Einhcftung nicht füglich angeht.
Die Aufbewahrung erfolgt dann, sofern sie nicht im Bortrag oder in den Termi
nen nöthig sind, in der Registratur von dem betreffenden Beamten. — Ref. v. 2t.
Decbr. 1329. Jahrb. 34, S. 468. Grass 6, S. 267. — GeschSsts-Reglem. v.
3. Aug. 1341, §. 9. — Res. v. 6, Marz 1838 Nr. 7. Jahrb. 48, S. 473.
Grass 12, S. 93.
Wer ist zur Herausgabe von Beweisurkundcn verpflichtet?
K. 114. Zur Herausgabe der zur Aufklärung der Sache dienenden Urkunden
und schriftlichen Nachrichten sind verpflichtet
1) die Parteien selbst, gleich viel, ob dieselben vom Gerichte dazu fpczicl aufgefor
dert sind oder nicht. Diese müssen sich zugleich erklären, in wiefern sie den In
halt der produzirten Urkunden ganz oder zum Theil als richtig einräumen.
Wenn dies bei Vorlegung der Urkunde oder sonst bei Instruktion der Sache ge
schehen ist, so soll eine solche Urkunde wider den Produzenten blos um deswil
len, weil sie von ihm beigebracht worden, nichts beweisen, sondern es soll le
diglich darauf ankommen: was dieselbe nn und für sich, ohne Rücksicht, wer sie
produzirt, für einen Beweis bewirken könne.
2) dritte in den Prozeß nicht verwickelte Personen. Ihnen liegt jedoch nur auf
richterliche Aufforderung diefe Pflicht ob.
S) Auch Behörden müssen auf Requisition des Prozeßrichtcrs die von ihnen aufbe
wahrten Briefschaften, Urkunden und Akten cdiren. — A. G. O. I. 10, Z. 89—
91, 97.
Doch können, wenn gegen fiskalische Behörden EditionsantrSgc rcsp. Verfü
gungen auf Herausgabe ganzer Aktenstücke vorkommen, diese die Herausgabe der
Aktenstücke verweigern, und fordern, daß die Urkunden, welche verlangt werden,
bestimmt bezeichnet werden. — Wer. d. Geh. O,-Trib. v. 13. Jan. 1841 , mit-
geth. b. Res. v. 23. April 1843. I. M. B. 1843, S. 113 fg.
Was edirt werden muß und was nicht.
§.115. Alle Urkunden, welche über eine streitige Thatsache Aufklarung
zu gewähren im Stande sind, können Gegenstand der Edition sein. Dahin gehört
auch iie Privatkorrespvndenz, welche die Parteien selbst über das streitige Ge
schäft unter einander geführt Habenz ferner die zwischen einer Partei und einem,
von Haiden Parteien gemeinschaftlich als Mäkler oder sonst als Bermit-
Kr zur Verhandlung oder Abschliessung des streitigen Geschäfts gewählten, Drit
ten geführte Korrespondenz; desgl. amtliche Korrespondenzen der Behörden') und
') Das Geh. Ob,-Txib. hat jedoch im Bericht v. tS. Januar 1841 (I. M> B.
191
solche Rechnungen, welche eine untergeordnete Staatsbehörde oder t!n unterge
ordneter Beamte dir vorgesetzten Behörde gelegt hat. Dagegen kann
1) die Edition einer solchen Privcttkorrespondcnz, welche über da« Geschäft zwischen
einer Partei und einem Dritten geführt worden, (in sofern dieser nicht
gememschaftlicher Mäkler oder Vermittler war,) weder von der Partei noch vom
Dritten gefordert werden. Weiß oder vermuthet eine Partei, daß der Dritte
aus der mit dem Gegner geführten Korrespondenz von erheblichen, zur Sache
gehörigen Thatsachen Kenntniß habe, so kann sie ihn zum Zeugen vorschlagen.
Seine Pflicht, zur Ablesung eines Zeugnisses, wird demnächst nach den wciter
unten beim Beweise durch Zeugen vorzutragenden Grundsätzen beurtheilt.
2) Ferner kann nicht verlangt werden die Edition Königlicher Kab. Orders, welche
als Anweisungen an die Verwaltungs-Ehefs erlassen, aber nicht puvlizirt sind. —
A. G. O. I. I«, 8. 90—92«. — Res. v. 4. März 1831. Jahrb. »7, S. 83.
Gräff 6, S. 267.— Res. v. 18. Febr. 1831; v. 17. Januar 1834 u. 1»<
Novbr. 1837. — Gräff, Koch ,c. Erg. III. S. 207 fg.
Won Begründung der Editionsgcsuche und der Art und Weise, in
welcher der Editionspunkt zu erledigen.
Z. 116. I. Der Prozeßrichtcr kann von Amtswegcn die Herbeischaffung der
Urkunden veranlassen, wen» sich aus den Akten deren Existenz und Verbleib, so wie
ferner ergibt, daß ohne deren Herbeischaffung die Sache nicht vollständig aufgeklärt
werden kann. Ausserdem hat aber auch jede Partei das Recht, die Edition der
zum Nachweise ihrer Behauptungen dienenden Urkunden sowol Seitens des Gegners,
als Seitens eines Dritten zu beantragen. — §. 58, 91, I. 1«, A. G. O.
II. Zur Begründung des Editionögrsiichs ist nothwendig:
1) daß die Thatsache, oder der Umstand, welcher durch die Urkunde erwiesen
werden soll,') deutlich und bestimmt angegeben sei;
2) daß wenigstens wahrscheinliche Gründe zu der Bcrmuthung vorhanden sind,
daß ein solches Dokument hinter dem, von welchem es gefordert wird, sich wirk
lich befinde; (cl. z. 118, II.)
3) daß das zu edircnde Dokument dcrgcstattt bestimmt bezeichnet werde, daß
der, welcher es herausgeben soll, dadurch in den Stand gesetzt sei, dasselbe von
seinen übrigen Schriften zu unterscheiden, und sich darüber: ob er ein solches
Dokument besitze, zu erklären.
Auf allgemeine und unbestimmte Editionsgesuche soll also keine Rück
sicht genommen; zur Erforschung bloßer Meinungen und Gesinnungen
soll ein Editionsgesuch nicht zugelassen; und ohne vorhandene, wenigstens
wahrscheinliche Bcrmuthungeu des wirklichen Besitzes sollen beson
ders Personen, welche in de» Prozeß nicht verwickelt sind, damit nicht beun
ruhigt werden. — Z. 92 b a. a. O.
III. Jedes Editionsgesuch setzt aber voraus, daß das Dokument Behufs
Ausmittclung einer im Prozeß streitigen Thatsache nothwendig sei. Fordert Je
mand um deswillen, weil ihm auf ein Dokument als Eigcnthümer, Mitgenosse «der
aus irgend einem andern rechtlichen Grunde ein Anspruch zusteht, dessen HerauS-
1843, S, 113 fg.) angenommen, daß in Prozessen des Königl. Fiskus die die
sen vertretende Behörde nicht verpflichtet ist, die in Betreff des streitigen Ge
genstandes gepflogene Korrespondenz, in soweit diese lediglich zu ihrer Einsicht
und Benutzung gewidmet gewesen, zu ediren.
') Dieser Umstand muß also unter den Parteien wirklich streitig sein. Werden in
Betreff nicht streitiger Umstände, oder um deshalb, damit provocsvt aus der
zu edirenden Urkunde Materialien für andere Klagen sammele, Edirionsgesuche
angebracht, so darf ihnen nicht statt gegeben werden. — Cf. Res. v. 10. April
IM. Gräff, Koch zc. III. 209.
192
gäbe; so gehört der Antrag zur Instruktion und zum Erkenntniß im besondern
Prozeß, dessen Objekt das Dokument ist. Mit dergleichen in einem Prozeß for-
mirten Editionsgesuchen muß daher der Editionssucher ohne Weiteres zum beson
dern Prozeß gewiesen werden. — Z. 93 a. a. O.
IV. Ein besonderes Verfahren und Erkenntniß findet in Betreff des Edi
tionspunktes nicht statt. Derselbe wird, ohne den Gang des Prozesses selbst da
durch aufzuhalten, durch bloße Verfügungen erledigt. Diese Verfügungen auf Her
ausgabe der Urkunden müssen bald nach dem Bekanntwerden der Urkunde
oder resp. nach Begründung des Editionsantrags, ohne Rücksicht darauf, ob der
Sach- und Streitstand bereits entworfen ist oder nicht, erlassen werden. Doch
wird vorausgefetzt, daß der Prozeß bereits schwebt, oder die Klage doch gleichzeitig
wirklich angebracht wird, da bei der bloßen Anmeldung der Klage Editionsgesuche
nicht zulässig sind. Der Erlaß der Verfügungen geht
1) vom Deputirten aus, wenn im Laufe der Instruktion eine Partei die Urkunde
ediren soll.
2) In allen andern Fällen erläßt der Dezernent die Editionsverfügungen. — Z. 53,
108 a. a. O. — Res. v. 13. Aug. 1836. — Gräff, Koch zc. Erg. III. S. 207.
Von der Edition Seitens der Parteien; vom Editionseide, und
von den Folge» der verweigerten Edition.
§. 117. I. Jede Partei, welcher der Richter ein zur Aufklärung streitiger
Thatfachen beitragendes Dokument, sei es auf Antrag des Gegners, oder von
Amtswegcn abfordert, ist schuldig, dasselbe entweder herauszugeben, oder zu schwören:')
daß sie ein solches Dokument nicht in ihrer Gewahrsam
habe, noch wisse, wo es sich befinde; auch daß sie es nicht
gefährlicher Weise abHände» gebracht habe. — A. G. O. I.
1«, z. 94.
II. Wird von einer Partei die Herausgabe solcher Briefschaften gefordert,
die erst aus den Händen eines Erblassers oder eines andern Dritten an sie gedie
hen sind; und schützt sie vor, daß sie nicht wisse: ob das zu edirende Dokument
darunter sei? nimmt auch Anstand, den Editionseid ad. I. zu leisten; so muß sie
sich erbieten, sämmtliche von einem Dritten auf sie gelangte Skripturen einer von
ihr zu wählenden Gerichtsperson zur Revision vorzulegen. Sie darf dann nur
schwören :
wie sie nicht wisse, noch glaube, daß das von ihr geforderte
Dokument sich unter diesen Skripturen befinde; daß sie
diese Briefschaften dem Kommissario getreulich vorlegen
wolle; daß sie Nichts davon gefährlicher Weise abHänden
gebracht habe, noch bringen wolle, und daß sie auch nicht
wisse, wo das geforderte Dokument befindlich sei. — Z. 95
a. a. O.
III. Steht die Partei, welche ediren soll, unter Vormundschaft; so muß in
der Regel der Vormund den nach Rro. I. und II. zu normirendcn Eid leisten.
Die Abforderung von dem Pflegebefohlenen selbst kann dem Editionssucher nur
dann gestattet werden, wenn er besondere Umstände anführen und bescheini
gen kann, wodurch es wahrscheinlich gemacht wird, daß der Pflegebefohlene selbst
von der herauszugebenden Urkunde Kcnntniß habe. — Z. 96 a. a. O.
') Dies ist ein nothwcndiger Eid. Die Gegenpartei kann ihn dadurch nicht ab
wenden, daß sie Beweismittel über den wirklichen Besitz der Urkunde Seitens
des Schwörenden angiebt. Sie kann nur, in sofern sie den Editionsantrag ge
stellt hat, diefen Antrag zurücknehmen. — tt. Ref. v. 17. Juni 1836. Gräff,
Koch zx. Erg. III. S, 21V.
193
IV. Soll ein Kollegium oder eine Korporation ein Dokument heraus
geben; so ist es genug, wenn nur diejenigen, welchen die Verwahrung der
Briefschaften, der Registratur, oder des Archivs einer solchen Partei vermöge ihres
Amts zukommt, den Editionscid ableisten.') Von den Vorgesetzten oder den
Mitgliedern de« Kolegii selbst kann der Editionseid nur dann gefordert wer
den, wenn besondere Vermuthungcn dafür vorhanden, daß die geforderten Urkunden
oder Akten in ihrer Gewahrsam sich befinden.
Wird auf Produktion einer Urkunde, welche sich in dem Provinzialarchiv
befinden soll, angetragen; so ist deshalb jederzeit an den Justizminister, Behufs der
weiteren Kommunikation mit den dem Archivwesen vorgesetzten Königl. Ministerien,
Bericht zu erstatten. 2) — z. 97 a. o.O.— Res. vom 14. Febr. 1832 in Gr äff,
Koch zc. Erg. III. S. 211.
V. Gesteht eine Partei den Besitz des geforderten Dokuments zu, sie verwei
gert aber die Herausgabe,
1) weil darin gar Nichts zur Sache Gehöriges enthalten sei, die Edition vielmehr
nur aus Jrrthum, oder Chikane, oder strafbarer Neugier gefordert werde; so
muß sie dennoch das Original dem Jnstrucnten, und wenn der Gegner es ver
langt, auch dem ordentlichen Dezernenten vorzeigen. Diese nehmen, wenn sie
die Angabe richtig finden, eine Registratur darüber auf, geben das Original so
fort dem Inhaber zurück, und find verpflichtet, über dessen Inhalt amtscidliches
Stillschweigen zu beobachten. — g. 98, I. 1« A. G. O.
2) Sie verweigert die Edition, weil neben dem zur gegenwärtigen Streitsache Ge
hörigen noch andre Stellen enthalten find, die sie nicht zur allgemeinen Kennt
nis, gebracht wissen will. In diesem Falle muß sie einen Extrakt in Ansehung
der zur Sache gehörenden Stelle, jedoch mit Beifügung des Eingangs, des
Schlusses, des Datums und der Unterschrift zu den Akten geben, das Original
aber dem Jnstrucnten, und auf Verlangen des Gegners auch dem Dezernenten,
vorzeigen. Diese bescheinigen, wenn darin, außer der cxtrahirten Stelle, Nichts
zur Sache Gehöriges enthalten ist, dieses auf dem Extrakt; geben das Original,
nachdem es in Ansehung der Unterschrift, und der zur Sache gehörigen Stelle
der oder den Parteien vorgezeigt worden, dem Inhaber sofort zurück, und müssen
über den übrigen Inhalt gewissenhaftes, amteidlichcS Stillschweigen beobachten. —
§. 99 a. a. O.
VI. Weigert eine Partei sich sowol der Edition, als der Ableistung des nach
Vorstehendem ihr obliegenden Eides; so muß das Dokument in contumscism für
cdirt und rekognoszirt geachtet, und demgemäß
die etwa vorliegende Abschrift für richtig, oder die nach
§. 116, II. Nro. 1. bestimmt angegebene Thatsache, welche da
durch erwiesen werden sollte, für dargethan angenommen
werden.
1) Diesen wird in den meisten Fällen die Vorschrift Z. 117, II. zu statten kommen
und diese Bestimmung wird dann auch, wenn sie den Eid »ck 1. nicht leisten
wollen, angewendet werden müssen. — Res. vom 2. Septbr. 1828. Gräff,
Koch zc. Erg. III. S. 21«.
2) In einem im Res. vom 14. Febr. 1832 bezogenen Antwortschr. der Min. des
Königl. Hauses u. d. A. A. vom 30. Januar 1832 ist zugleich ausgesprochen,
daß der Z. 97 a. a. O. sich nicht auf Staatsarchive beziehe, daß vielmehr in
Bezug auf diese es genüge, wenn der vereidete Archivarius die amtseidliche Ver
sicherung abgebe. — In der Praxis scheint dies auch allgemein sowol in Bezug
auf Archive, als hinsichtlich der Registraturen, denen vereidete Beamte vorste
hen, für ausreichend erachtet zu werden, und dies mit Grund, da das Aussu
chen und Herbeischaffen der Dokumente und Akten zum Amte des Archivarius
xesp. Registrators gehört, und ihr Amtseid für gewissenhaftliche Amtserfüllung bürgt.
13
194
In der die Herausgabe fordernden Verfügung wirb daher darnach die Warnung
gestellt werden müssen.
Ist bei der angegebenen Thatsachc selbst, die Quantität oder Summe, oder
irgend ein andrer Nebenumstand, auf den es mit ankommt, nicht sogleich mit an
gezeigt worden; so soll der Editionsfordcrer auch alsdann noch zu dieser Angabe
gelassen, und darauf bei Realisirung der rechtlichen Folgen verweigerter Edition
Rücksicht genommen werden. — Z. IVO a. a. O.
Von der Edition Seitens dritter Personen.
Z. 118., I. Fordert der Prozeßrichter von einem in den Prozeß nicht Ver
wickelten von Amtswegen die Edition eines Dokuments; so stehen ihm keine Zwangs-
maßrcgeln zu; er muß vielmehr, wenn der Dritte die Edition weigert, der betei
ligten Partei die ferneren Editionsanträge überlassen. — Z. 101 a. a. O.
II. Das von einer Partei gegen einen Dritten angebrachte Editionsgesuch
muß die Z. IIS, II. vorgeschriebenen Erfordernisse habe». Es muß darin aber
1) der Grund der Wissenschast: daß die Urkunde sich hinter dem Dritten befinde,
noch bestimmter angegeben, und bis zu einem weit höheren Grade von Glaub
würdigkeit nachgewiesen werden, als wenn die Edition vom Gegner gefordert wird.
2) Ferner muß der Aufenthalt des Dritten bestimmt angezeigt sein, da sonst auf
das Editionsgesuch keine Rücksicht zu nehme» ist. — S. 102, 106 a. a. O.
III. Der in Folge Editionsgesuchs zur Herausgabe eines Dokuments Aufge
forderte kann vom Editionssucher die Ableistung des Eides sür Gefährde;') (jurs-
menUim «»lumnise) verlangen. Verweigert dieser die Leistung des Kalumnienei-
des; so kann der Dritte die Edition ablehnen. Leistet er aber diesen Eid, oder will
der Dritte den Kalumnieneid nicht fordern; so Muß dieser das Dokument heraus
geben, oder seine Hinderungs- oder Weigcrungsgrü'nde anzeigen. Behauptet er,
1) daß das in seinen Händen wirklich befindliche Dokument Nichts zur gegenwär
tigen Sache Gehöriges enthalte, so muß er ») entweder dasselbe dem Jnstruen-
ten, und auf Verlangen des Editionssuchcrs auch dem Dezernenten vorlegen,
und es findet dann das Z. 117, V. Nro. 1 Vorgeschriebene statt; oder b) er
muß seine Angabe eidlich erhärten, und der Editionssuchcr muß sich dabei beruhigen.
2) Enthält das Dokument ausser dem auf die vorliegende Sache Bezüglichen noch
andre Punkte, welche der Inhaber nicht allgemein bekannt werden lassen will,
so kommt die Vorschrift Z. 117, V. Nro. 2 zur Anwendung.
3) Zweifelt der zur Edition Aufgeforderte, ob das Dokument sich in seiner Ge
wahrsam befindet, und s) erinnert er sich, daß ihm dasselbe unter seinen Schrif
ten früher schon vorgekommen sei ; so muß er seine Schriften und Papiere sorg
fältig und aufmerksam durchsuchen, und wenn er es nicht findet, den §. 117, I.
gedachten Eid leisten. Doch steht ihm allemal frei, darauf anzutragen: daß
seine Schriften durch eine von ihm selbst zu ernennende Gerichtspcrson auf Ko
sten des Editionssuchers durchgcsehn werden, und dann hat er den Editionseid
mir dahin zu leisten:
daß er alle seine Schriften, unter welchen das geforderte
Dokument möglicher Weise sich befinden könnte, dem
Kommtssarius getreulich vorgelegt, und Nichts davon
gefährlicher Weise zurück behalten habe.
Ii) Erinnert sich der Dritte nicht, daß ihm das geforderte Dokument jemals
unter seinen Papieren vorgekommen sei; so ist er nur schuldig, diejenigen unter
seinen Schriften nachzusehn, unter welchen nach einer ihm wahrscheinlichen Ver-
') Dieser Eid ist dahin zu leisten: Ich N. N. schwöre zc., daß mir kein anderes
Mittel, als vom N. N. die Edition oder eidliche Difession des (zu bezeichnenden)
Dokuments zu verlangen, zur Ausmittclung der Wahrheit übrig bleibt, und daß
ich dasselbe nicht aus CbMne ergreift zc. !. 22, H, 37 fg.
195
muthung da« Dokument sich vielleicht befinden könnte; und alsdann darf cr
nur schwören:
wie er sich nicht erinnere, daß ihm das geforderte Doku
ment unter seinen Schriften jemals vorgekommen wäre;
daß er selbiges auch bei der gegenwärtig angestellten
Nachfuchung nicht gefunden habe; und er nach seiner be
sten Überzeugung nicht glaube, noch dafür halte, daß fich
dasselbe unter seinen Skripturen befinde. — g. 98, 99,
102—104 a. a. O. Z. 42, Tit. 22, l. A. G. O.
IV. Verweigert der Dritte auf die in Folge Editionsgesuchs ergangene Auf
forderung die Edition, ohne einen gerechtfertigten Hindcrungsgrund anzugeben; so
kann er durch Geld oder Gcfängniß, oder durch andre Strafen >) dazu angehalten
werden. Dagegen hat er auch das Recht, die durch die Edition oder Eidesleistung
erwachsenen Schäden und Kosten vom Editionsfordercr erstattet zu verlangen, —
§. 104, 105, I. 1« A. G. O.
V. Wohnt der Dritte, welcher ediren soll, ausserhalb des preußischen Staats;
so wird das auswärtige Gericht, unter welchem jener wohnt, um Veranlassung der
Edition ersucht, und gleichzeitig dem Editionssucher eine nach Entfernung des Orts
abzumessende 4- 6- «wöchentliche, auch in ausserordentlichen Fällen noch längere Frist
bestimmt, innerhalb welcher das Dokument herbeigeschafft werden muß. Während
der Frist muß deshalb Provocant beim fremden Gericht die Sache gehörig betrei
ben. Inzwischen wird die Instruktion der Sache fortgesetzt, und wenn die Frist
vergeblich abläuft, ohne Rücksicht auf das Dokument abgefchlossen. Wenn jedoch
1) sich Anzeigen finden, daß Kläger, gegen welchen die Edition gesucht wurde, die
Leistung derselben durch heimliche Kollusionen mit dem Inhaber der Urkunde,
oder durch andre dergleichen unzulässige Mittel vereitelt habe; so soll demselben
das fernere rechtliche Gehör nicht eher, als bis das Hindernis, beseitigt worden,
verstattet werden. Hat dagegen
2) der Beklagte sich solcher unerlaubter Handlungen verdächtig gemacht, so muß cr
diesen Verdacht eidlich ablehnen. Ist Beklagter der unerlaubten Begünstigung
überführt; so wird das, was Kläger durch das Dokument hat darthun wollen,
zu dessen Vortheil für erwiesen angenommen. — 107 a. a. O.
Wo, und auf wessen Kosten die Edition geschehen muß, und in
welcher Form die Dokumente zu produziren sind.
Z. 119. I. Die Edition geschieht in der Regel an ordentlicher Gcrichtsstelle. —
Kann jedoch die zu edirende Urkunde aus erheblichem Grund nicht dahin geschafft
werden; 2) so muß das Gericht dieses Geschäft durch einen Kommissarius in der
Behausung des Inhabers, oder allenfalls durch Auftrag oder Requisition an das
Gericht des Orts, wo die Urkunde sich befindet, vornehmen lassen. — Z. 109 a. a. O.
II. Die Kosten der Edition müssen, wenn sie auf Anregung einer Partei ver
langt worden, von dieser; wenn sie aber der Richter von Amtswegcn vervrdnet hat,
v«l beiden gemeinschaftlich vorgeschossen werden. — a. a. O.
2) Je nachdem nemlich derselbe Vermögen hat oder nicht, oder auch weder Ver
mögen noch die Freiheit besitzt. Im letzteren Falle werden diese andern Stra
fen in Entziehung besserer Kost, oder des Lichts, oder ihm im Gefängniß gestat
teter Bequemlichkeiten, bestehen.
2) Z. B. bei Inschriften auf Mauern, Grabsteinen u. dgl. Der Deputirte wird
in solchen Fällen den wesentlichen Inhalt mit Anfang und Ende niederschreiben,
und wenn die Parteien in dem desfalsigcn Termin an Ort und Stelle erschienen,
den Extrakt ihnen vorlegen, und sie über die Richtigkeit und Vollständigkeit des
Extrakts vernehmen müssen; falls sie nicht erschienen, wird er die Richtigkeit und
Vollständigkeit der Abschrift oder des Extrakts zu bescheinigen haben,
13
196
III. Alle brieflichen Urkunden, sie mögen freiwillig oder auf richterliche An
ordnung herbeigeschafft sein, müssen in ihren Originalen, und zwar vollstän
dig produzirt werden. Der Vorlegung des Originals bedarf es nicht
1) wenn der Gegentheil eine beigebrachte Abschrift, als mit dem Original überein
stimmend, anerkennt;
2) wenn er eine solche Abschrift in dieser oder einer andern Sache schon vorher ge
richtlich anerkannt hat;
3) wenn mit Zuziehung sämmtlicher Interessenten beglaubte, dem Original gleich zu
achtende Abschriften angefertigt;
4) wenn alte Dokumente, aus Besorgnis,, daß sie unleserlich werden mochten, mit
gleichmässiger Zuziehung der Interessenten erneuert worden sind, und diese vorliegen ;
5) wenn von gerichtlich aufgenommenen oder konsirmirten Urkunden beglaubte Ab
schriften, welche von einem inländischen Gerichte oder einem inländischen Notar
gefertigt sind, produzirt werden;
ö) wenn das Dokument mehre zur Sache gehörige Stellen enthält, und daher auf
Verlangen des Produzenten in Gemäßheit der KZ. 117. V. Nr. 2 und 118, III.
Nr. 2 Extrakte gefertigt und bescheinigt worden;
7) wenn Umstände obwalten, warum das Original nicht füglich an den Ort des
Gerichts geschafft werden kann, und daher die Vorschrift g<1 I. Anwendung fin
det. — Z. 100—112 a. a. O. — Cab.-Ord. vom 6. Nvvbr. 1834. G. S. S. 18«.
IV. Bezieht sich das produzirte Dokument auf ein andres, so muß in der
Regel auch das bezogene Dokument (6o«umsriNim relstum), herbeigeschafft wer
den. Doch findet dies nur bei einer eigentliche» Beziehung, nicht aber dann statt,
wenn im produzirten Dokument eines Andern blos Erwähnung geschieht. Ist die
Hcrbeischasfung der bezogenen Urkunde unmöglich, oder mit großen Weitläuftigkei-
ten oder Kosten verknüpft; so kann sie ohne Nachrhcil für die Glaubwürdigkeit und
Beweiskraft des beziehenden Dokuments unterbleiben:
1) wenn das bezogene durch das beziehende Dokument ganz aufgehoben;
2) wenn der Inhalt des bezogenen aus dem beziehenden vollständig zu ersehen ist;
3) wenn dieser Inhalt auf andre Art nachgewiesen werden kann;
4) wenn die vorgelegte beziehende Urkunde über die streitige Thatfache vollständig
Auskunft gibt. ") — z. 113, I. 10 A. G. O.
Bon Urkunden in fremder Sprache.
Z. 120. Ist das Dokument in fremder d. h. in nicht teutfcher Sprache abge
faßt; so muß durch einen entweder ein für alle Mal vereideten, oder für diesen
speziellen Fall zu vereidenden Dvllmetfcher davon eine richtige Übersetzung dann ge
fertigt werden:
1) wenn die Sprache der Urkunde beim Gericht unbekannt; ,
,2) wenn eine der Parteien dieser Sprache nicht kundig ist, und eine Übersetzung
verlangt, und
5) wenn die Akten an ein Kollegium zum Spruch gesendet werden, von welchem
man nicht voraussetzen kann, daß es die Sprache der Urkunde hinlänglich kenne.
In diesen Fällen muß das Gericht von Amtswegen für die Übersetzung sorgen. —
S. 114 a. a. O. — Res. vom 1«. Mai 1814. Jahrb. 4, S.3. Gräff2, S. 9S.
') Ein Schuldschein, in welchem der Schuldner erklärt hat, daß er den Schuldbe
trag nach einer zwischen ihm und dem Gläubiger angelegten Berechnung ver
schulde, ohne daß sonst eine andre Bestimmung, worin die Valuta bestanden
habe, im Schuldscheine enthalten ist, und ohne Beibringung der in Bezug ge
nommenen Berechnung, begründet nicht die rechtliche Vcrmuthung, daß der
Schuldner die Valuta empfangen hat. — Erk. d> Gh> Ob.-Knb. vom 7. April
MS. Simon Rechtsspr, S, S. 7S, -
Wo» der Giltigkeit dcr Urkunden in Bezug auf die Form, sowie,
wenn sie Mängel, Widerspruche, Korrekturen, Rasuren u. dgl. ent
halten, oder unverständlich, oder zerrissen, oder verfälscht sind.
Z. 121. I. Im Zweifel, und wenn die Gesetze des Orts, wo eine Urkunde
verbindliche Kraft erhalten hat, von den Gesetzen des Orts, wo dcr Prozeß schwebt,
abweichen, entscheiden die crstercn. >) — §. 115, 1. 10 A. G> O.
II. Sind bei einer Art von Urkunden gewisse Erfordernisse bei Strafe der
Nichtigkeit gesetzlich vorgeschrieben; so wirkt jeder dabei entdeckte Mangel, daß einer
vorgelegten Urkunde die Eigenschaft nicht beigelegt werden kann; zu deren Begrün
dung gedachte Erfordernisse gehören. — §.116 c>. a. O.
III. Wenn in einem Dokumente in Ansehung der dadurch ins Licht zu setzen
den Thatsache, oder im Eingänge, oder am Schlüsse ein Widerspruch obwaltet; so
kann dasselbe Nichts beweisen. Doch kann, wenn dcr Widerspruch nm Eingänge
und Schlüsse aus einem einleuchtenden oder nachzuweisenden Jrrthume herrührt, der
Urkunde, blos dadurch die Beweiskraft nicht genommen werden. — S. 117. a. a. O.
IV. Diese Beweiskraft fällt aber ganz weg, wenn ein Dokument in Stellen,
die auf den Streitpunkt unmittelbare Beziehung habe», so undeutlich gefaßt ist, daf
sich dessen Sinn nicht entnehmen läßt, «dcr wenn solche Ausdrücke gebraucht wor
den sind, denen offenbar und ohne Zwang ei» doppelter Sinn beigelegt
werden kann. — a. a. O.
V. Wird bei Vorlegung einer Urkunde bemerkt, daß darin etwas von einer
verschiedenen Hand, oder mit andrer Dinte, oder zwischen den Zeilen,
oder am Rande geschrieben, oder daß darin etwas durchgestrichen, oder kor-
rigirt, oder ausgckrazt, ^) oder einzelne Blätter ganz oder zum Thcil abge
rissen, oder durch Schmutz oder auf andre Art unleserlich gemacht worden; so
ist zuförderst nachzuforschen, woher diese Veränderungen entstanden sind. Wird dies
1) ermittelt, so ist nach den ausgcmittcltcn Umständen zu bestimmen; ob und in
wiefern die Beweiskraft des Dokuments dadurch vermindert werde.
2) Bleibt die Veranlassung dcr bemerkten Veränderung ungewiß, und diese findet
sich bei dcr eigentlichen Beweisstelle, oder am Eingänge, oder am Schlüsse des
Dokuments ; so wird dessen Glaubwürdigkeit dadurch geschwächt. Wird die Vers
änderung nur bei einer andern minder wichtigen Stelle bemerkt; so bleibt es der
Beurtheilung des Richters überlassen: ob und in wiefern das Dokument den
noch für eine untadelhafte Urkunde gelten könne. — §. 11» a. a. O.
VI. Zerrissene oder zerschnittene Dokumente verdienen keinen Glauben;^) es
Demnach hängt z. B. die Anwendbarkeit der gesetzlichen Vorschriften über die
Certioration bei Bürgschaften dcr Frauenspersonen, oder bei deren Eingchuncx
gemeinsamer Verpflichtungen mit Männern in Einem Instrument vom Orte
des geschlossenen Kontrakts, nicht vom Wohnorte dcr Frauensperson ab; —
Erk. vom 3«. Jan. 1818 und 2. April 1819. Simon R. S. Bd. 2, S. 425^
Ferner wird die Form eines Protestes nach den Gesetzen des Orts bcurtheilt,
wo der Protest eingelegt wird. — Erk. vom 1. Mai und vom 3. Juli 183«.
Simon R. S. Bd. 3, S. 20 u. s. w. — Übrigens sind die Meinungen dar
über verschieden: ob der Z. 115, I. 10 A. G. O. auch auf lctztwillige Verord
nungen sich beziehe oder nicht? Die Bejahung der Frage ist wohl das Richti
gere, da jene Bestimmung ganz allgemein auf alle Urkunden sich bezieht und der
fürs Gcgenthcil angeführte Z. 1 des G. vom 3. April 1823 keine gcgentheili-
gen Folgerungen zuläßt, auch die Worte „verbindliche Kraft erlangen" eben so gut
von Testamenten, als von Verträgen gebraucht werden können. — Lk. Jahrb.
3«, S. 94. Jur. Z. 1832, S. 737. 1833, S. 301. 1834, S. 157.
2) In einem Urtel des O. A. G. zu Posen vom 27. Mai 1822 ist ausgeführt,
daß eine Rasur beim Datum eines Wechsels dessen Wechsclkraft nicht unbe
dingt aufhebe. — Simon R. S. Bd. 1, S. 405.
») Schriftliche noch nicht erfüllte Verträge können mit Einwilligung beider Kon
198
wäre beim, baß nachgewiesen werden könnte, daß sie durch einen blossen Zufall, oder
von dem Gegner oder einem Dritten zur Verdunkelung der Wahrheit in diesen Au
stand versetzt worden. In diesen Fällen beweist ihr Inhalt, so weit er daraus noch
entnommen werden kann. — Ist von einer Urkunde nur ein anhängendes oder auf
gedrücktes Siegel abgerissen, oder abgesprungen; so kann, wenn sonst kein Verdacht
einer Fälschung obwaltet, dieser Umstand allein der Glaubwürdigkeit des Dokuments
Nichts benehmen. — ß. IIS a. a. O.
VII. Die Verfälschung einer Urkunde wird nicht vermuthet. Diese gilt
so lange für richtig, bis die Verfälschung nachgewiesen ist. Wird aber ein Doku
ment in Ansehung eines Umstandes als verfälscht befunden; so wird dadurch dessen
Glaubwürdigkeit überhaupt geschwächt. >) — Z. 121 a. a. O.
Ergänzung des Beweises hinsichtlich verlorener oder vernichteter
Dokumente.
Z. 122. I. Wenn eine Partei die zur Aufklärung der Wahrheit erforderli
chen Urkunden vorsätzlich wegbringt, zerreißt, oder auf andre Art unleserlich
macht; so soll, wenn die Urkunde ein Kontrakt war, die Angabe des Andern vom
Inhalte so lange für richtig angenommen werden, bis das Gegentheil klar erwiesen
ist. Bei andern Urkunden dagegen wird der Gegner jederzeit zur eidlichen Bestär
kung des Inhalts der auf diese Weise dem Auge des Richters entzogenen Urkunde
gelassen. 2) — §. 120. a. a. O. — §. 17«, I. 5 A. L. R.
II. Behauptet eine Partei, daß die zur Unterstützung und zum Beweise ihrer
Gerechtsame dienenden Urkunden durch Feuer, Wasser, Plünderung oder durch Zu
fall verloren gegangen, oder unleserlich geworden sind; so ist auf dies Vorgeben
dann Rücksicht zu nehmen, wenn die Partei nachweisen kann, daß ein solches Do
kument wirklich cxistirt hat, und wenn sie zugleich den Inhalt anderweit darthun
Zann. — §. 122 a. a. O. Z. 1S9, Tit. S. I. A. L. R.
Von den verschiedenen Arten der Urkunden, und zwar:
1) von den öffentlichen und deren Beweiskraft,
lz. 123. öffentliche Urkunden nennt man die, welchen eine vorzügliche
Glaubwürdigkeit um deswillen beigelegt ist, weil die Aussteller derfelben im Staate
dazu bestellt worden sind, dergleichen Urkunden aufzunehmen oder zu bekräftigen.») —
Die öffentlichen Urkunden können gerichtliche und aussergerichtliche sein.
trahcntcn durch Kassation des Instruments aufgehoben werden. — tt. 335—
387, Tit. 5, I. A. L. R.
Wer wissentlich sich der von Andern verfälschten Urkunden zum Nachthcilc eines
Dritten bedient, den trifft ebenfalls die Strafe der Urkundenfälschung. — g.
1379 Str.-R.
«) Einzelne finden in den Bestimmungen §. 12«, I. 10 A. G. O. u. ß. 170, I. 5
A. L. R. einen Widerspruch, und suchen ihn auf verschiedene Weise zu lösen.
Ein solcher ist aber nicht vorhanden, da letztere Gesctzftclle nur in Bezug auf
Verträge eine Ausnahme von der in der A. G. O. aufgestellten Regel enthält. —
«f. Lcue Theorie des Beweises B. 1, S. 228. Ges. Rcv. Pens. IV. Th. III.
S. 27«.
») Hier ist zwar nur von den, von innländischcn Ausstellern herrührenden Urkun
den die Rede, wozu namentlich auch die, ven diesseitigen im Auslände sungiren-
den Gesandten und Konsuln in ihrem Ressort ausgestellten, Urkunden gehören.
Wenn jedoch Urkunden ausländischer Behörden vorliegen, so wird diesen die Be
weiskraft öffentlicher Urkunden ebenfalls beigelegt werden müssen, wenn diese
Behörden zur Ausstellung von dergleichen Urkunden autorisirt find, und dies,
sowie der Umstand, daß dieselben von ihnen ausgestellt worden, ausser Zweifel
ist. In dieser Hinsicht haben
s) Zeugnisse und Urkunden französischer Behörden nur dann öffentliche
199
I. Gerichtliche öffentliche Urkunde» sind sie dann, wenn de» sie ausstellen
den Personen der gerichtliche Glaube beigelegt, und sie vor diesen mir den gesetzlich
vorgeschriebenen Erfordernissen vollzogen worden. Ist eine solche Urkunde
1) unter Beobachtung der gesetzlichen Erfordernisse gerichtlich aufgenommen,
so beweisen s) nicht allein die gerichtlichen Ausfertigungen derselben, gleichviel,
ob das Dokument in Form eines Protokolls abgefaßt, oder auf Grund des ab
gehaltenen Protokolls in eine förmliche Urkunde gebracht worden ist; auch >>>
die Konzepte solcher Ausfertigungen, welche sich in de» Archiven oder Regi
straturen der Gerichte befinden, von denen die Ausfertigung verfugt worden,
wirken in Ermangelung des Originals einen vollen Beweis, e) Blosse (nicht
beglaubigte) Abschriften gerichtlicher ^Urkunden, wenn sie unverdächtige Spure«
des Alters an sich tragen, oder gar in öffentlichen Archiven und Registraturen
gefunden worden, begründen eine rechtliche Bermuthung.
Glaubwürdigkeit in preussischcn Landen, wenn die Ächthcit der Unterschrift
und Siegel derselben und die Bcfugniß der Aussteller zur Ausstellung ent
weder vom ftanzös. Justizministcr, oder vom französischen Minister der A. A,,
je nachdem der Geschäftsgang in Frankreich das Erste oder das Letzte be
stimmt, bezeugt, und wenn zugleich ferner die Unterschrift und das Siegel
der gedachten französischen Minister von dem beim französischen Hofe akkre-
dirten preussischcn Gesandten in gehöriger Form bescheinigt worden ist, —>
Circ.-Nes. vom 2S. Nevbr. 1811 und Res. vom 2. Febr. 1813. Jahrb. 2,
S. 44. Gr äff 2, S. 96.
d) Alle von Kolonisten vor dem Komptoir der auswärtigen Ansiedler ausge
stellte und einregistrirte Akte jedweder Art in Rußland haben mit den öf
fentlichen aussergerichtlichcn Urkunden gleiche Kraft und Glaubwürdigkeit. —
Res. vom 21. Juli 1825. Jahrb. 26, S. 197. GrSff 2, S. 97.
c) Die Lcgalisirung andrer in Rußland aufgenommenen für das Ausland be
stimmten Urkunden erfolgt vom Direktor der inncrn Abthcilung des Mini
steriums der A. A., dessen Unterschrift sodann wieder von der betreffenden
kaiserlichen Gesandschaft beglaubigt wird. — Res. vom 9. Jan. 1839. I.
M. B. S. 34.
In Betreff des Verfahrens bei Legalisation der ins Ausland gehenden oder
daher kommenden Urkunden enthält die Instruktion der Minist, der Justiz und
der A. A. vom 22. März 1833 folgende Bestimmungen:
Die Frage: ob eine Urkunde in Beziehung auf ihren Inhalt und
ihre Form nach den Gesetzen des Orts, wo sie aufgenommen wor
den, rechtsgiltig sei? ist eine blosse Rechtsfrage, bei deren Beantwortung
die Bestimmungen der auswärt. Gesetzgebung, falls solche der diesseitigen Be
hörde, auf deren Entscheidung es ankommt, nicht völlig unzweifelhaft bekannt
sind, einen Gegenstand des von den Parteien beizubringenden Beweises bilde»,
und zwar eines Beweises, der, wie bei jeder andern Behauptung in ^'ure, nicht
füglich durch ein diplomatisches Attest geführt werden kann.
Das Legalisationsverfahrcn hat es dagegen nur
mit der Ächthcit einer Urkunde oder mit dem Nachweis
der Richtigkeit ihrer Signatur und Vollziehung
zu thun. — Dieser Beweis, wie der einer jeden andern Thatsache, kann ebm
deshalb zum Gegenstand des Attestes einer öffentlichen Behörde, welche zur
Ausstellung solchen Zeugnisses verfassungsmässig berechtigt ist, gemacht werden. —
Der Zweck des Legalisationsverfahrens ist, gleich dem Zwecke eines jeden Ur
kundenbeweises, dem Richter, auf dessen Prüfung und Entscheidung es ankommt,
die Überzeugung von der Ächtheit der Urkunden zu verschaffen. — Wo also in
Folge der Bermuthung, welche im Allgemeinen für die Ächthcit jedes öffentli
chen Siegels und jeder amtlichen Unterschrist streitet, jenc Überzeugung von der
Ächtheit einer Urkunde schon ohne ein besonderes Beglaubigungsvcrfahren dem
Richter auf Grund der obwaltenden Umstände beiwohnt, und keine besondre
Veranlassung zu Verdacht in dieser Beziehung vorhanden ist; da erscheint auch
ein jedes anderweitige Legalisationsverfahren überflüssig, und als eine nutzlose
Erschwerung des Verkehrs. Es können daher allgemein durchgreifende Vor-
20«
2) Die Eigenschaft der gerichtlichen haben auch die, zwar ausscrgerichtlich vollzo
genen, jedoch gerichtlich anerkannten Urkunden. Eine solche Urkunde muß
aber s) den Ort und das Datum der Aufnahme, die Benennung aller dabei
gegenwärtig gewesenen Interessenten, nebst einer vollständigen und deutlichen
Erzählung der vorgefallenen Verhandlung enthalten, ferner d) muß dieselbe
den sämmtlichen vor Gericht oder einem Gerichtsdcputirtcn erschienenen Interes
senten durch eine Gcrichtsperson vorgelesen, von ihnen deren Inhalt genehmigt,
und die darunter befindlichen Unterschriften anerkannt; und endlich e) muß,
wie dies Alles geschehen, unter der Urkunde selbst vom verhandelnden Gerichte
bescheinigt worden sein.
schriftcn über die Fälle, wo und wie ein Lcgalisationsverfahren zu veranlassen,
nicht fuglich gegeben werden, und muß vielmehr die Individualität jeden spe
ziellen Falles mit Rücksicht auf das Verhältnis; der Behörde des auswärtigen
Staats, von welcher die Ausfertigung der Urkunde ausgegangen ist, zu der
diesseitigen, welche die Prüfung vorzunehmen hat, den Richter bei seiner Ent
scheidung darüber leiten, ob ein Legalisationsverfahren zu veranlassen, und wel
ches, ob ein mehr oder minder weitläufiges. Der Richter hat dabei nur die
Ansicht festzuhalten, daß, während das Legalisationsverfahren auf der einen
Seite dazu dienen soll, Schutz zu gewähren gegen die Vertretung möglicher
Versehen bei der Prüfung der Ächtheit einer Urkunde, dasselbe doch auf der
andern Seite nicht die Richtung nehmen darf, den Verkehr der diesseit. Untcr-
thanen und Behörden mit dem Auslande ohne Roth zu hemmen und zu erschweren.
Sofern nun aber eine Gerichtsbehörde bei Prüfung der Ächtheit ihr vorge
legter Urkunden, gleichviel, bei welchem ausländischen Staate dieselben aufge
nommen worden, nicht schon durch deren gewöhnliche Anfertigung und Signa
tur ihre ctwanigen Zweifel befeitigt, vielmehr aus besondern Rücksichten dafür
hält, eine nähere Beglaubigung verlangen zu müssen, hat dieselbe den Grund
satz festzuhalten,
daß nach der Natur der Sache die Legalisation als solche
eine diplomatische sein muß, jedes Verfahren hierbei auch
überhaupt für beendigt zu erachten ist, sobald das mitun
terzeichnete Ministerium der A. A., als die letzte diplomati
sche Legalifations-Jnstanz, die Frage über die Ächtheit
einer ausländischen Urkunde durch sein desfalsiges Attest
entschieden hat.
Die Individualität des Falles entscheidet wieder darüber, thcils, ob die mi
nisterielle Schutzbeglaubigung noch erforderlich, theils ob es zweckmässiger und
leichter ausführbar fei, entweder durch den bei dem betreffenden Staate des
Auslandes akkrcditirten preussischen Gesandten oder aber durch den am preuss.
Hofe akkreditirtcn Gesandten des betreffenden auswärt. Staates die Richtigkeit
der Signatur auf der fr. Urkunde beglaubigen zu lassen.
Wenn auch der, eine Rechtsfrage betreffende Beweis
über die Kompetenz des Ausstellers einer Urkunde zu deren Anfertigung
zum Gegenstände des diplomatischen Lcgalisationsattestes, wie erwähnt, nicht
gemacht werden kann, so wird doch mit Rücksicht darauf, daß öfters Behufs
der endlichen diplomat. Legalisation die Konkurrenz beglaubigter Zwischenbehör
den eintrir, solche Zwischenbehörde füglich ihr dicsfalsigcs Legitimationsattcst zu
gleich auf jene Frage der Legitimation des Ausstellers giltig mit ausdehnen, so
fern dieser Behörde die Entscheidung hierüber an sich amtlich zusteht. Hierdurch
würde nicht nur ein doppelter Vorthcil durch Ein Verfahren erreicht, indem
anderweitigen Rückfragen wegen der Rechtsgiltigkeit der Urkunden in gedachter
Beziehung vorgebeugt wird, sondern es kann auch nach Umständen die cigentl.
diplomat. Legalisation selbst eben dadurch entbehrlich werden, daß sich das Attest
einer Oberbehörde, Behufs der zu bescheinigenden Kompetenz auf „derselben be
findet, indem diejenige Vermuthung, welche im Zweifel für die Ächtheit einer
mit öffentlichem Siegel und «mtl. Unterschrift versehenen Urkunde streitet, durch
die Anzahl der solchergestalt beglaubigenden öffentlichen Behörden verstärkt wird.
Insonderheit scheint es daher angemessen, wenn die obere provinzielle Gerichts
behörde jede von einer Unterbehörde ausgestellte Urkunde zuförderst mit ihrer
201
Alle nach Nro. 1 und 2 gerichttick) aufgenommenen oder anerkannten Doku
mente bedürft« keiner ferneren Rekognition. Dennoch müssen sie dem Gegner zur
Anbringung etwaiger Einwendungen vorgelegt werden. Diese Einwendungen kön-
ncn nur bestehen, s«) in der Behauptung, daß es dem Dokumente an den Erforder
nissen und Eigenschaften einer gerichtlichen Urkunde crmangele,») bli) in der Anga
be, daß bei Aufnahme desselben ein Jrrthum vorgefallen. In beiden Fällen muß
mit Untersuchung der einer solche» Behauptung zum Grunde liegenden Thatsachcn
und mit Aufnahme der darüber angegebenen Beweismittel verfahren werden. —
Gleiches gilt cc) wenn eingewendet wird, daß die Gcrichtsperson, welche die Ur
kunde aufgenommen hat, verübter Fälschungen in ihrem Amte, wenn auch nur bei
andern von ihr gefertigten Urkunden, gerichtlich überführt sei. Wird dies nachge
wiesen, so wird die Glaubwürdigkeit der Urkunde geschwächt. — Andre Einwendun,
gen können Behuf« Anfechtung der Richtigkeit des Inhalts einer gerichtlichen Ur
kunde nicht zugelassen werden. — Z. 123—126, l. 1« u. Anh. Z. 78 A. G. O.
II. Die öffentlichen aussergcrichtlichcn Urkunden bedürfen zwar ebenfalls keiner
Rekognition; doch müssen sie den Parteien gleichfalls vorgelegt werden, und diese
können nicht nur darüber, daß es denselben an den gesetzlichen Erfordernissen fehle,
sondern auch darüber, daß der Inhalt unrichtig fei, Beweismittel beibringen.
§. 131 a. a. O. — Als solche Urkunden sind zu betrachten: 2)
1) Die Atteste, welche Landeskollegien, Magisträte») und Gerichte über
die zu ihrem Ressort gehörigen, vor ihnen erfolgten Verhandlungen, mit Bezug
Unterschrift und ihrem Siegel beglaubigt, und falls es sich von einer Notariats-
urkunde handelt, noch das Attest hinzufügt:
daß der Aussteller als öffentlicher Notar zur Ausstellung der von ihm
ausgefertigten Urkunde berechtigt sei.
Die diesseit. Behörden werden sich mit Recht oft bei solchem Verfahren um
so mehr begnügen können, als die Bescheinigung der Kompetenz des Ausstellers
einer ausländ. Urkunde nur verlangt werden kann, wenn die Gesetze selbst eine
solche Bescheinigung, wie dies bei Kirchenattesten geschehen, verlangen.
Da, wo anderweitige Legalisationsformcn durch spezielle Verordnungen fest
gesetzt sind, wie dies in Betreff der in Frankreich aufgenommenen Urkunden der
Fall ist, — welche aber nicht ausdehnend zur Anwendung kommen dürfen, —
bleibt es zwar bis zur Aufhebung der bestehenden Bestimmungen bei dem vor
geschriebenen Verfahren; doch gilt auch für diese Fälle der allgemeine Grundsatz,
daß eine diplomatisch beglaubigte Urkunde für gehörig legalisirt zu er
achten ist.
Was endlich die innländischen zur Produktion bei ausländischen Behör
den bestimmten Urkunden betrifft, so wird auch für diese, sofern eine Beglaubi
gung derselben überhaupt verlangt werden sollte, die Beglaubigung Seitens der
Landes-Justizkollcgicn in der oben angegebenen Art in der Regel genügen. Wenn
aber noch eine fernere Beglaubigung der Urkunden der Unterbehörden, «der der
von Proinzialbehörden selbst aufgenommenen Urkunden verlangt würde, so ist
dieselbe, wie erwähnt, auf diplomatischem Wege zu bewirken. — Jahrb. 41,
S. 22«. Gräff 6, S. 268 fg. «. auch Res. vom 6. September 1839.^, I.
M. B. S. 311.
>) Hierunter sind auch begriffen die Einreden des Zwanges, des Betrugs und der
Simulation, da dieselben jede Willenserklärung von Hause aus entkräften.
^) Die hier fpeziel folgenden sind nur einzelne Beispiele öffentlicher aussergerichtli-
cher Urkunden. Ausser denselben lassen sich noch viele andre Urkunden der Art
denken, z. B. die Atteste der Bricfboten über geschehene BehSndigung u. s. w.
Gehört jedoch die Ausstellung einer gewissen Art von Urkunden nicht zum Amte
des Ausstellers, so ist die, wenn auch unter öffentlichem Siegel ausgestellte Ur
kunde der Art nur eine Privaturkundc. — (!s. Res. vom 7. November 1834.
Jahrb. 44, S. 403.
2) Z. B. über den 44 und resp. 10jährigen ruhigen Besitzstand bei Grundstücken,
deren Verwaltung dem Magistrate zusteht. — l^f. Res. vom 22. Dttbr. 1839.
I. M. B. S. 29.
2«S
auf die deshalb aufgenommenen Protokolle oder geführten Register und Bücher,
ausstellen. Doch verlieren dergleichen Atteste dadurch, daß darin der dabei zum
Grunde liegenden Verhandlungen nicht ausdrücklich gedacht ist, ihre Glaubwür
digkeit nicht. — Ist ein solches Attest nur auf den allgemeinen Ruf, oder auf
die den Mitgliedern des Kollcgii beiwohnende Privatwissenschaft gegründet; so
wird dasselbe nur als Privatdokument betrachtet. — Wird in einem solchen At
teste auf Zeugenaussagen Bezug genommen; so hängt die Beweiskraft desselben
von der daraus zu ersehenden Glaubwürdigkeit der Zeugen ab. — K. 127. Anh.
§. 79 a. a. O. ,
2> die aus gehörig geführten Kirchenbüchern über Taufen, Konfirmationen, Trau
ungen und Begräbnisse von dem betreffenden Zivil-Geistlichen oder Militärpre
diger unter dem Kirchensiegcl ausgestellten Atteste, so wie Tobten scheine,
welche von den in Eid und Pflicht stehenden Lazarethbcamten auf Grund vor-
schriftsmässig geführter Register ausgestellt werden. Wenn die Eigenschaft des
Ausstellers dem Gerichte, bei welchem das Zeugniß vorgelegt wird, nicht ohnehin
schon bekannt ist; so muß darunter von dem Gerichte des Ausstellungsorts be
scheinigt sein: daß derselbe zur Ertheilung solcher Atteste legitimirc sei. — Z.
128 a. a. O. — Mil. Kirchen-Ord. vom 12. Febr. 1832. S. 76—82 G. S.
S. 90. Cab.-Ord. vom II. Juli 1833. G. S. S. 289.
I) Die Protokolle, welche zwar nicht von Gerichtspersonen, aber von andern in
Eid und Pflicht stehenden Beamten vermöge eines von einem Landeskollegio er
haltenen Auftrags in Angelegenheiten, welche ihr Amt unmittelbar betreffen,
aufgenommen worden sind.') Es muß jedoch
s) Das Datum und der Ort der Aufnahme, die Benennung sämmtlicher an
wesender Interessenten nebst einer deutlichen und vollständigen Erzählung der
Verhandlung selbst, daraus zu ersehen sein;
b) es muß erhellen, daß das Protokoll den Interessenten vorgelesen, und von
ihnen genehmigt worden ist;
e) dasselbe muß von den Parteien eigenhändig unterzeichnet, oder mit den in
ähnlichen Fällen statt der Unterschrift zugelassenen Zeichen bemerkt sein;
cr. z. 104, S. 17«.
6) der, welcher es aufgenommen hat, muß bei seiner Unterschrift die Eigenschaft,
in welcher er zur Aufnehmung dieses Protokolls autorisirt gewesen ist,
beifügen.
Ermangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist das Protokoll nur als
ein Privatvermerk zu betrachten. — 8. 129, I. 10 A. G. O.
4) Die von Notarien nach gesetzlicher Borschrift ausgefertigten Urkunden. Die von
ihnen vorläufig aufgenommenen Protokolle können, vor Vollziehung der Urkunde,
nur als Privatdokumente, vermöge der Unterschrift der Parteien, etwas bewei
sen. — z. 130 a. a. O.
') Dahin gehören namentlich auch die von den Geistlichen Behufs Legitimation der
ausserehelichen Kinder, wenn deren natürliche Altern sich später heirathen, auf-
geuommenen Protokolle; ef. Ref. vom März 1839, und 5. Oktober 1838.
I. M. B. 1839, S. 119 fg.; — ferner die von den in Eid und Pflicht ste
henden Armenvorstehcrn aufgenommenen Verhandlungen, in welchen den Almo
senempfängern das Erbrecht der Armcndirektion auf ihren Rachlaß bekannt ge
macht wird.— Res. vom 8. April 1836. Gräff, Koch ,c. Erg. III. S. 219;
die von Auskultatoren auftragsweise aufgenommenen Verhandlungen, in sofern
nur solche Erklärungen darin vorkommen, die schon bei Beobachtung der blossen
schriftlichen Form giltig sind. — Res. vom 2«. Febr. 1826 u. vom 3«.
Septbr. 1833. Jahrb. 27, S. 84, Bd. 42, S. 141. — Res. vom 23. Juni
1840. I. M. B. S. 23S.
203
Dadurch, daß eine Partei gcgctl die Glaubwürdigkeit einer LffenUichcn Ur
kunde Zweifel erregt hat, welche bei näherer Erörterung gehoben worden sind,
hat sie das Recht, sich dieser Urkunde in der Folge für sich zu bediene«, noch
nicht verloren. — §. 132 a. o. O.
2. Von den Privaturkunden, und deren Rekognition ^"Z
oder Diffesfion.
§. 124. I. Alle Privaturkundcn müssen dem, gegen welchen sie beweisen sollen,
zur Anerkennung evovtuel Erklärung darüber vorgelegt werden, gleich viel, ob sie
von ihm oder einem Dritten ausgestellt, und ob bei Ausstellung Zeugen zugezogen
sind oder nicht. Nur, wcnn diese Partei oder eine Person, von welcher dieselbe
in der Streitsache ihr Recht herleitet, das Dokument bereits gerichtlich, oder vor
zwei Notarien, oder vor einem Notar und zwei Zeugen anerkannt hat, bedarf eS
keiner Rekognition. Doch sind auch gegen ein solches für rekognoszirt anzunehmen
des Dokument alle Einwendungen zulässig, welche jeder andern Privaturkundc ent
gegengesetzt werden können. — K. 133, 137 a. a. O.
II. Der Produkt, > ) kann
1) wenn die Urkunde weder von ihm, noch von einer solchen Person, welche ihn
durch ihre Handlungen verpflichtet, ausgestellt ist, zur Rekognition oder Diffes
sion nicht gezwungm werden. ES genügt> wcnn er sich nur erklärt, wofür er
dergleichen Dokument halte. — Dagegen muß er
2) wcnn behauptet wird, daß die Urkunde von ihm, oder von cincr Person ausge
stellt sei, deren Handlung ihn hat verbinden können (z. B. von einem Bevoll
mächtigten odcr einem Erblasser u. f. w.), die Urkunde entweder anerkennen,
oder in sofern der Produzent nicht vom Eide abstrahirt und andcrweiten Be
weis antrit, den Diffcssionseid leisten. Nur ein von einem vereideten Mäkler
attestirtcr Wechsel darf nicht eidlich diffitirt werden. Einige andre Ausnahmen
find §. 123, S. 208 angeführt. — Der Diffcssionseid geht dahin:
s) wenn der angebliche Aussteller der Urkunde zu schwören hat:
daß er die Namensunterschrift unter dem ihm vorgelegten
Instrument nicht selbst geschrieben habe, und daß dieselbe
auch nicht an seiner Statt von einem Andern mit seinem
Wissen und Willen geschrieben worden sei.!)
Eine Vertretung des Gcwisscns durch Beweis ist dem Aussteller niemals
gestattet. Weigert er sich sowol die Urkunde anzuerkennen, als auch zu
schwören, so wird dieselbe in contumaciam für rekognoszirt erachtet;
d) wenn der, welcher durch die Handlung des Ausstellers verpflichtet ist, schwö«
ren soll:
wie er nicht wisse und glaube, daß das Dokument von dem
vorgeblichenAusstellerlN.N.) selbst oder mit seinem Wissen
1) Produkt heißt derjenige, gegen welchen die Urkunde beweisen soll, Produzent
der, welcher sich zum Beweise cincr streitigen Thatsache auf die Urkunde beruft.
2) Aus dieser Eidesform folqt übrigcns nicht, daß solche Dokumente, welche zu
ihrer Giltigkcit der schriftliche» Abfassung resp. Unterschrift bedürfen, schon dann
giltig werden, wcnn sie im Auftrage des Kontrahenten von einem Andern un
terschrieben sind; A. B. der über ein 50 Thlr. übersteigendes Objekt geschlosse
ne Vertrag würde dadurch noch nicht für den Auftraggeber verbindlich werden,
in sofern dieser nicht wirkliche Bollmacht zum Vertragsabschluß selbst gegeben
hat. Die Eidesiiorm bezieht sich hauptsächlich nur auf solche Fälle, wo die Schrift
nicht wesentlich zur Giltigkcit des Geschäfts gehört, sondern nur zum Beweift
dienen soll, z. B. wcnn es auf Beweis der Zahlung eines Darlehnt ll. an
kommt. — cr. Motive z. Entw. des A. L. R. Äh. I. S. 71.
204
und Willen in seinem Namen unterschrieben worden sei.
Diffessionseid 6« crecZulitste.)
' Will jedoch Produzent den Produkten zu dieser eidlichen Diffcssion nicht ge
statten, und ist Aussteller noch am Leben, auch sein Aufenthalt bekannt; so
steht dem Produzenten frei, den Aussteller vorladen, und über die Rekogni-
tion oder Diffejsion vernehmen zu lassen. Erkennt dieser das Dokument an,
so hat es dabei sein Bewenden, und die Diffcssion des Produkten findet nicht
statt. Rekognoszier der angebliche Aussteller das Dokument nicht, so kann
Produzent entweder von diesem die eidliche Diffcssion cl« verilsle (Eid ,ick g.);
oder vom Produkten den Diffessionseid ä« oroäuiitste (Eid sä d.) verlange».
Auch Produkt kann, wenn er sich über das vorgelegte fremde Dokument
nicht erklären will, sn) entweder die Vorladung des Ausstellers Behufs Ver
nehmung über Rckognition oder Diffcssion verlangen, oder >>b) vom Pro
duzenten fordern, daß er die Richtigkeit der Hand- und Unterschrift, allen
falls cl« ereilulitsle, eidlich erhärte.
«) Vormünder und Kuratoren leisten in Bctrcff der vom Erblasser ihrer
Pflegebefohlenen ausgestellten Dokumente den Diffessionseid dahin:
daß sie nicht wissen, auch aller angewandten Mühe ungeach
tet weder aus Briefschaftcn , noch sonst sich überzcugcn
können, daß das produzirte Instrument von dem Erblasser
ihrer Pflegebefohlenen ausgestellt worden sei.
Nimmt der Kurator Anstand, diesen Eid zu leiste», so kann er verlan
gen, daß der Produzent zur eidlichen Bestärkung der Richtigkeit des In
struments anschalten werde.
In wiefern der Pflegebcfohlcne selbst den Diffessionseid leisten könne oder
müsse; wird unten beim Beweise durch den Eid angeführt werden. — §.
134—143 a. a. O. Z. 261. das. Z. 1378, Tit. 8, I. A. L. R.
III. Wenn ein Dokument eidlich diffitirt worden; so kann dagegen in eben
demselben Prozesse kein Beweis über die Richtigkeit der Unterschrift weiter statt
finden. Der Produzent muß allenfalls den Produkte» zur Untersuchung wegen
Meineids denunziren. — I. 10, §. 144 A. G. O.
Beweis gegen die angebotene Diffcssion
s) durch Zeugen;
§. 125. Will Produzent den Produkten zum Diffessionseide nicht verstatten;
so muß er die Mittel zum Rachweise der Richtigkeit des Dokuments sofort anzei-
g«i. Bestehen die Beweismittel in Zeugen; so erfolgt deren eidliche Vernehmung
darüber: ob die fr. Urkunde vom angeblichen Aussteller selbst, oder mit seinem
Wissen und Willen, von einem andern in seinem Namen unterschrieben worden;
was für Umstände dabei vorgefallen, und welches der Grund ihrer Wissenschaft sei.
Dem Haupterkenntnisse bleibt demnächst die Bestimmung darüber vorbehalten, in
wie weit durch die Jeugen die Richtigkeit der Handschrift nachgewiesen, ob also das
Instrument für rekognoszirt zu achten, oder auf einen nothwendigen Eid zu erken
nen sei. Der Jnstrucnt muß aber auf alle Fälle mit der ferneren Instruktion
der Sache verfahren, und falls »och andere Beweismittel zur Feststellung des durch
das Dokument nachzuweisenden Umstandcs angegeben sind, dieselben aufnehmen.
Hat sich Produkt zur eidlichen Diffession erboten, und demnächst ist durch
Zeugen die Richtigkeit des Instruments vollständig erwiesen; so muß wegen ver
suchten Meineids gegen ihn mit Untersuchung und Strafe verfahren werden. —
z. 145-148 a. a. O. — Ref. vom 24. Sextbr. 1827. Grciff, Koch zc. Erg.
III. S. 22«. ,
S05
b) durch Begleichung der Handschriften scampsrstio litersrum).
§. 126. I. Will ein Produzent, welcher den Produkten zur eidlichen Diffesjion
nicht »erstattet, die Richtigkeit der Urkunde durch Verglcichung der Handschriften
nachweifen, so ist nöthig,
1) daß die Urkunde entweder nach ihrem ganzen Inhalte vom angegebenen
Aussteller ge: und unterschrieben sei; oder daß der Aussteller doch mehre Worte
oder Zeilen zur Bekräftigung des Inhalts oder der Unterschrift eigenhändig
beigefügt habe. Über die blosse Unterschrift ist die Begleichung der Hand
schriften nicht gestattet. Hat der Aussteller ausser seinem Bor- und Gcschlechts-
nomen auch seinen Karaktcr oder Wohnort beigefügt; so findet dieselbe nur
gegen die Erben des Ausstellers, und auch hier blos zur Unterstützung
andrer Beweismittel statt;
2) daß Produzent zuförderst den Kalumnicneid mit dem Zusätze schwöre:
daß er von der Richtigkeit der Urkunde überzeugt sei, und
kein andres Mittel, selbige darzuthun, zur Hand habe;
Z) daß andre Schriften, die unstreitig von des Ausstellers Hand sind, nemlich, die
entweder schon ein Mal von ihm gerichtlich anerkannt worden, oder gegenwär
tig dafür rckognoszirt werden, oder die der Aussteller selbst in Gegenwart des
Jnstrucnten und der Beistände zu schreiben angehalten wird, herbeigeschafft wer
den. Demnächst wählen
4) die Parteien einen oder zwei erfahrene Schrcibmcistcr,') welche die Verglcichung
anstellen feilen. Einigen sich die Parteien nicht über deren Person, oder wol"
len sie solche nicht vorschlagen; so wählt der Jnstruent dazu zwei Kanzlcivrr-
wandte aus. Diese Sachverständigen, in sofern sie nicht ein für alle Mal ver
eidet, sind dahin zu vereidigen:
daß sie die Verglcichung der ihnen vorzulegenden Hand
schriften nach ihrem besten Wissen und Gewissen, mit al
lem Fleisse und mit aller Genauigkeit anstellen, und ihren
Befund darüber der Wahrheit und ihrer Überzeugung
gemäß angeben wollen. — A. G. O. I. 10, Z. 149s—152. —
Verord. vom 28. Juni 1844. G. S. S. 249.
II. Nach Vereidung müssen die Schreibverständigen, und zwar wenn mehre
sind, jeder besonders, ohne des andern Beisein, und ohne mit demselben zu konferi-
rcn, das streitige Dokument mit den übrigen Handschriften genau und sorgfältig
vergleichen ; demnächst aber von dem Jnstrucnten in Gegenwart der Rechtsbeistände,
doch ohne Beifein der Parteien darüber: ob sie das streitige Dokument für
die Hand des angegebenen Ausstellers wirklich halten, zum Protokoll
umständlich vernommen, und dabei die Gründe dieser Aussage deutlich und be
stimmt von ihnen angegeben werden. — Sind sie in ihrem Gutachten unter ein
ander nicht einig, so steht dem Jnstruenten frei, falls ihm glaubwürdige Perfonen
bekannt sind, welche mit dem Aussteller in genauer Verbindung oder Korrespondenz
gestanden haben, diese mit ihrem Gutachten: ob fie das Produktum für die
Hand des angegebenen Ausstellers halten oder nicht? und den Grün
den desselben eidlich zu vernehmen. — Kann auch auf diesem Wege zu mchrcr Ge
wißheit nicht gelangt werden; so muß der Richter einem Dritten von Amtswegcn
') D. h. solche, welche in Bezug auf Schriftenkunde als Sachverständige zu erach
ten, nicht aber solche, welche im Schreiben Unterricht geben, da diese nicht grade
immer Gelegenheit haben, sich die zur Vcrgleichung der Handschriften erforder
lichen Kenntnisse zu verschaffen. — Res. vom 12. Januar 1801. N. A. Bd.
Z, S. SS. Rabe Bd. 6, S. 4CS.
206
zu 'ernennenden Sachverständigen ein Gutachten abfordern. — Z. 153, 164, I. 1«
A. G. O.
III. Die Beurtheilung dessen: ob und in wie fern durch dicst eidlichen Gut
achten überhaupt die Richtigkeit der Handschrift ganz oder zum Theil ausgewiesen
fei? bleibt, wie im Falle des Z. 125, dem künftigen Erkenntniß vorbehalten. Auch
muß mit der weiteren Instruktion der Sache auf beide Fälle, wenn ncmlich das
Instrument für richtig und rekognoszirt angenommen, oder der Produkt zur Dif-
fession desselben verstattet werden sollte, verfahren werden. — Z. 155 a. a. O.
IV. Die Instruktion solcher Jnzidentpunkte (g. 125. 126.) geschieht, um
Verwirrung bei den Akten zu vermeiden, in besonder« Protokollen. — §. 156 a. o. O.
Beweiskraft der Privaturkunde überhaupt.
§. 127. Privaturkunden gewähren
I. gegen den, welcher sie ausgestellt hat, oder der in des Ausstellers Rechte
getreten ist, oder den der Aussteller durch seine Handlungen hat verpflichten können,
in Betreff einer darin übernommenen Verbindlichkeit, vollen Beweis, vorausgefetzt,
daß sie anerkannt sind, oder daß ihr Aussteller nachgewiesen ist.
II. Steht der Aussteller zu dem Produkten in keinem solchen Verhält
nis so gelten seine in der Urkunde enthaltenen Angaben, gleich viel, ob dieselben
eine übernommene Verbindlichkeit oder eine andre erhebliche Thatsache darthun sol
len, nur so viel, als ein un beeidetes Zeug» iß. Ist jedoch der Aussteller als
ein Mann von unbescholtenem Rufe gestorben; hat er von der bezeugten Thatfache
hinlängliche Wissenschaft besitzen können; und ist seine Hand anerkannt, oder sonst
nachgewiesen; so kann dergl. Urkunde eine Vermuthung wirken, und nach Beschaf
fenheit der Umstände den Richter zur Erkennung eines nothwendigen Eides veran
lassen. — Diese Vermuthung wird noch erhöht, wenn von einer eignen Handlung
des Ausstellers die Rede ist, und kein vernünftiger Grund sich angeben läßt, warum
derselbe in der Urkunde die Unwahrheit hätte niederschreiben sollen.
Eine besondre Ausnahme bilden die Mäklerjournale.') Die darin über die
vom Mäkler abgeschlossenen Geschäfte Dritter eingetragenen Vermerke machen, wenn
deren Richtigkeit von dem Mäkler eidlich bestärkt worden, einen vollen Be
weis. Kann die Beeidigung aber nicht erfolgen, weil der Mäkler verstorben, oder
fein Aufenthalt unbekannt ist; so haben die Vermerke in seinem Journal so viel
Gewicht, als die Aussage eines vereideten glaubwürdigen Zeugen. — A. G. O. I.
1«, Z. 158» und 158 b. A. L. R. II. 8, §. 1366 fg.
III. Für den Aussteller und für die mit diesem in dem »6 I. gedachten Ver-
HZltniß stehenden Personen beweisen Privaturkunden Nichts. Ausgenommen sind
1) Hausbücher verstorbener Altern. Aus denselben kann, wenn auf andre Art
die Wahrheit nicht auszumitteln ist, die Geburt, die Verheirathung, und das
Absterben der Kinder bewiefen werden.
2) Führen Krämer, Brauer, Bäcker, oder andre Personen, welche ein öffentliches
Gewerbe treiben, mit einem Abnehmer ein Gegcnbuch, und sind in selbigem
die ausgenommenen Wsaren oder geleisteten Zahlungen eingeschrieben worden;
so bewirkt dies in den Händen des Abnehmers befindliche Gcgenbuch wider ihn
vollen Beweis, wenn er acht Tage nach Einziehung der Lieferung verstreichen
läßt, ohne gegen die Richtigkeit des im Gegenbuche enthaltenen Vermerks ge-
*) ZMsche Mäkler müssen die Vermerke ebenfalls in teutfcher Sprache aufnehmen.
§. 1363, Tit. 8, II. A. L. R. — Ferner müssen die Vermerke in Gegenwart
beider Kontrahenten, vom Mäkler aufgezeichnet fein, wenn auch nicht grade
beide zugleich, sondern nur sukzessive gegenwärtig waren. — Z. 1359 a. «. O.
Plen. Beschl. des Geh. Ob.-Txib. vom S. Febr. 1844. I. M. B. S. 1«5.
richtlich zu protcstiren. Geht ein solches Gegenbuch ohne Verschulden des Lieferan
ten verloren; so kann derselbe zur eidlichen Bestärkung des in seinen Händen le-
sindlichcn Exemplars »erstattet werden.
3) Gleiche Bewandniß hat es mit den auf dem Lande gewöhnlichen Kerbhöl
zern, wenn beide Stücke übereinstimmen. Kann eine Partei das ihrige nicht
herbeischaffen; so muß der Gegner zur eidlichen Bestärkung des seinigen ge
lassen werden, in sofern er nicht überführt werden kann, daß das fchle,ide Kerb
holz durch seine Schuld abhanden gekommen oder vernichtet worden sei.
4) Die nach kaufmännischer Art geführten Handlungsbüchcr wirklicher Kauf
leute haben, jedoch nur in Bezug auf den zur Handlung gehörenden Waaren-
und Wechselvcrkehr >)
») gegen Kaufleute ohne Zeitbcschränkung volle Beweiskraft. Gegen Er
ben eines Kaufmanns dauert deren Beweiskraft nur fünf Jahre vom To
destage des Erblassers.
I,) Gegen Andre als Kausteute gewähren sie, wenn durch Gcständniß oder
sonst bereits ausgcniittclt ist, daß die Waarcn geliefert worden, nur einen
halben Beweis in Betreff der Zeit der geschehenen Lieferung, des Be
trags und der Beschaffenheit der gelieferten Waarcn, de« Preises,
wofür sie verabredet oder verabfolgt worden, der Seit, binnen welcher die
Zahlung erfolgen sollte, des Umstandes, ob die Lieferung unmittelbar an
den Beklagten, oder an dessen Hausgenossen, Dienstboten, Handwerker u. dgl.
geschehen sei. Wird dieser halbe Beweis nicht durch Gcgenbeweismittel ge
schwächt, oder aufgehoben; so muß der Kaufmann zur eidlichen Bestär
kung '>>) seiner Bücher zugelassen werden. Dieser Eid ist bei Sozietäts-
handlungen sämmtlichen Thcilnchmern , welche zur Zeit der Lieferung der
Handlung an dem Orte vorstanden, falls aber nur ein Theilnehmcr oder
ein Fremder der ganzen Handlung oder doch der Art von Geschäften, wor
aus die Schuld entstanden, vorstand, diesem; falls ein Buchhalter die Bü
cher führte, auf Verlangen des Gegners, ausser dem Handlungseigenthümer
oder Disponenten, auch dem Buchhalter; falls aber dieser tod oder abwesend,
blos dem Eigcnthümer oder Disponenten auszulegen. Die Erben des Kauf
manns müssen in der Regel sämmtlich jedoch 6e igvorsnti» schwören. Hat
aber einer von den Erben die Direktion der Handlung übernommen, und
solche bereits länger als ein Jahr geführt; so ist dessen alleinige eidliche Be
stärkung hinreichend. Diese Beweiskraft der Handlungsbücher gegen Richt
kaufleute geht mit Ablauf eines Jahres, vom Tage jeder Lieferung gerech
net, verloren, wenn sie nicht durch Einlcgung eines Protestes vor Gericht
oder vor einem Notar erhalten wird. Sie währt dann noch 5 Jahre von
Zeit des eingelegten Protestes, und kann durch wiederholte Proteste noch
ferner erhalten werden.
Soll eine Thatsache durch Produktion der Handlungsbücher nachgewiesen
werden, so steht dem Produkten frei, einen Sachverständigen mitzubrin
gen, und durch diesen die auf einander sich beziehenden kaufmännischen Bü-
') In Berlin bestehen für den ganzen Umfang der Monarchie 3 solcher Vereine,
von denen der eine in Betreff der Druckschriften, der geographischen, topogra
phischen, naturwissenschaftlichen, architektonischen und ähnlichen Zeichnungen; der
zweite in Betreff der musikalischen Kompositionen, und der dritte in Betreff der
Kupferstiche, Stahlstiche, Holzschnitte, Lithographien, Farbcndrucksachcn u. dgs.
Kunstwerke sein Gutachten abzugeben hat.
2) Für dies Gutachten kann der Verein 2 bis 10 Thlr. liquidiren, welche das
Gericht als Haan Auslagen zu berichtigen hat.
14
210
M. Sachverständige, welche nicht ein für alle Mal vereidet sind, und auch
öffentliche Beamte, > ) welche ausscramtlich in Prozessen als Sachverständige vernom
men werden, müssen das von ihnen abgegebene Gutachten dahin beschwören:
daß sie das von ihnen erforderte Gutachten ihrer Kennt-
niß und Erfahrung gemäß, nach sorgfältiger Prüfung, un
parteiisch und gewissenhaft abgegeben haben.
Bei Taxatoren ist in dem Eide hinter dem Worte „Gutachten"
über den Werth des abzuschätzenden Gegenstandes
hinzuzusetzen. — Sind Sachverständige zur Abgabe von dergleichen Gutachten be
reits ein für alle Mal vereidet, so müssen sie dem Jnstruenten, falls es ihm nicht
bekannt ist, dies nachweifen, und die Wiederholung des Eides unterbleibt in den
einzelnen Fällen. Der Jnstruent muß aber die ein für alle Mal erfolgte Verei
dung zum Protokoll ausdrücklich vermerken. — A. G. O. I. 1«, §. 203, Nr. 4.
Anh. Z. 84. — Berord. vom 28. Juni 1844 GS. S. 249.
IV. Im Übrigen kommen bei Borladung und Vernehmung der Sachverstän
digen die in Betreff der Zeugenvernehmungen folgenden Vorschriften zur Anwendung.
Wann im ordentlichen Prozeß Zeugenvernehmungen erfolgen,
z. 130. In den nach diesem Abschnit zu verhandelnden Prozessen erfolgt die
Vorladung und Vernehmung der Zeugen in der Regel erst dann, wenn durch den
rcgulirten Sach- und Streitstand die Umstände, welche durch sie ins Licht zu setzen,
näher bestimmt sind. 2) Doch kann ausnahmsweise
1) Die Vorladung derselben bereits zum Jnstruktionstcrmine geschehen, wenn das
Gericht dies für zweckmässig hält, und wenn ins Besondre die Ausmittclung
der Hauptsache lediglich, oder doch vorzüglich von Abhörung der Zeugen ab
hängt. — Tit. 9, Z.37. Tit. 1«, Z. 170, I. A. G.O.
2) Gleiches ist der Fall, wenn die besondre Art des Prozesses Behufs schleuniger
Beendigung desselben die frühere Vernehmung nöthig macht, wie dies z. B. beim
Possessorienprozcß vorgeschrieben ist. — Z. 9, 1«, Tit. 31 a. a. O.
3) Trägt eine Partei noch vor Entwurf des Sach- und Streitstandcs auf Verneh
mung von Zeugen an, indem sie solche Umstände, welche bei längerem Aufent
halte den Verlust dieser Beweismittel besorgen lassen, anführt und beschei
nigt, so muß, wenn dies Gesuch für begründet erachtet wird, sofort die Zeu
genvernehmung verfügt, zugleich aber ein möglichst naher Termin Behufs Ver
nehmung des Gegners über das Gesuch und zur Fortsetzung der Instruktion
angesetzt werden. — z. 9, z. 23—2S, Tit. 33 a. a. O.
Vorladung der Zeugen.
Z. 131. l> Sott eine Zeugenvernehmung erfolgen, so muß der Aufenthalt des
Zeugen bekannt sein. Die Partei, welche ihn vorschlägt, hat den Aufenthalt anzu-
1) Z. B. Ökonomiekommissarien der .Generalkommissionen, Assessoren und Refcrcnda-
rien, welche als Spezial- und Ökonomiekommissaric» oder als deren Gehilfen
fungircn, müssen die von ihnen geforderten Gutachten, welche nicht zu ihrer
eigentlichen Amtsbestimmung gehören, befonders beschwören, falls sie nicht als
Sachverständige ein für alle Mal auch in Betreff anderer Geschäfte vereidigt
find. — cr. Res. vom ö. Septbr. 1823. Gräff 2, S. 94. Jahrb. 22, S.
«0. — Schreiben des Justizmin. vom 4. April 1837. Gräff, Koch ,c. Erg.
III. S. 224.
2) Von Einzahlung eines Kostenvorfchusscs durch den Extrahentcn kann die Vor
ladung der Zeugen niemals abhängig gemacht werden. Das Gericht muß dem
Zeugen allenfalls vorschußweife die gehabten Auslagen vorschiessen. — Res. vom
«. Dccbr. 1337. Gräff, Koch Erg. III. S. 221.
211
geben. Ist dieser unbekannt; so kann ans de» Zeugen nicht Rücksicht genommen
werden. Schlägt eine Partei auswärtige, in entlegenen Orten befindliche Zeugen
vor, und ist dabei einiger Verdacht, daß dies ohne Roth zum Vcrschleif der Sache
geschehe; so kann dieser Partei darüber zufvrdcrst der Kalumnieneid abgefordert
werden.') — §. 173, 174, Tit. 1« a. a. O.
II. Die Verfügung wegen Zcugciwcriichmung entwirft der Dezernent und
zwar »ach Maasgabe dessen: je nachdem die Vernehmung vom Prozcßrichtcr selbst,
oder durch ein auswärtiges Gericht erfolgen soll. In der Regel geschieht dieselbe
durch das prozeßführcnde Gericht, und dies selbst dann, wenn der Zeuge einer
fremden Jurisdiktion unterworfen, sein Wohnort jedoch so gelegen ist, daß der
Prozcßrichtcr ihn füglich ohne sonderlich mehre Kosten vernehmen kann; oder wenn
wegen besonderer Erheblichkeit der Sache das prozeßführcndc Gericht es für zweck
mässig hält, durch Abscndnng eines Kommissarius an den Ort, wo die Zeugenver
nehmung erfolgen soll, dieselbe vornehmen zu lassen. — Nur ausnahmsweise ist dem
persönlichen Richter des Zeugen, oder einem andern in dessen Nähe wohnenden
Richter die Vernehmung aufzutragen, 2) resp. derselbe darum zu ersuchen, wenn
durch den Prozcßrichtcr dieselbe gar nicht, oder doch nicht ohne erhebliche Vermeh
rung der Kosten geschehen kann. — z. 175—178, 21«, 217, 221, Tit. 1« a. a. O.
III. Die Vorladung erfolgt durch Kurrende, wenn mehre Zeuge» an demsel
ben Ort vorzuladen, sonst durch besondre Verfügung. In der Vorladung muß
den Zeugen
1) der Name der Parteien, der Ort der Vernehmung, der Tag und die Stunde
des Termins und der Name des Dcputirten, so wie
2) die Thatsache, worüber sie vernommen werden sollen, im Allgemeinen bekannt
gemacht, und ihnen aufgegeben werden, daß sie alle ihre etwam'ge schriftliche
Nachrichten und Anzeigen, welche auf dies Geschäft überhaupt Beziehung haben,
mit zur Stelle bringen. Nur in bcfondcrn Fällen, namentlich, wenn die Sache
in entfernte Zeiten zurückgeht, können den Zeugen auch die bestimmteren Umstände,
worüber sie aussagen sollen, jedoch mit vorzüglicher Vorsicht und Behutsamkeit
eröffnet werden.
3) ES muß die Warnung beigefügt werden, daß beim Nichterscheinen auf Kosten
des Zeugen ein neuer Termin angesetzt wird. Bei ferneren deshalb nöthig wer
denden Terminen wird diejenige Strafe angedroht, welche in Gcmaßhcit des
Z. 133, IV. beim wirklichen Nichterscheinen zur Anwendung kommen soll. —
§. 171, 172, 175 fg. 184 fg. a. a. O.
IV. Die Behändigung der Vorladungen geschieht an die Zeugen in der Z. 57
bis 59 vorgeschriebenen Art. Sind die vorzuladenden Zeugen einfältige und gemeine
Leute; so kann die Vorladung allenfalls der Polizei- oder Gcrichtsobrigkcit des
Orts, wo sie sich aufholten, mit der Anweisung, resp. mit dem Ersuchen zugeschickt
werden: die Zeugen nach dem Inhalte derselben näher zu bedeuten, und ihnen die
unfehlbare Gestellung in dem anberaumten Termine einzuschärfen. — Z. 176—178
a. a. O.
V. Ausnahmen in Betreff Borladung der Zeugen finden statt:
1) hinsichtlich der zu einer am hiesigen Hofe akkreditirten Gefandschaft gehörigen,
oder in denn Diensten stehenden Personen. Der Prozcßrichtcr kann sie als
Zeugen nicht unmittelbar vorladen; er muß vielmehr beim Ministcrio der A. A^
deshalb Anträge formtreu. — Z. 62—64 Tit. 2 a. a. O.
2) Werden RcgicrungSbeamtc oder andre der Regierung oder Steuerbehörde unter-
tlf. den bei Z. 118, III. in der Note angegebenen Eid.
2) Den Auftrag erläßt die dem beauftragten Gericht vorgesetzte Behörde, während
heim Mangel eines solchen Verhältnisses Erfuchsschrciben, Requisitionen, ergehen.
14
SIS
geordnete Ofsizianten ausserhalb ihres Wohnorts vor Gericht geladen; so muß
davon bei der Vorladung die betreffende Regierung oder unmittelbar vorgesetzte
Behörde benachrichtigt werden. — §. 52, Anh. zu §. I, Tit. 7, I. A. G. O.—
Res. vom 3«. Januar 1797. N. C. C. ?om. X. S. 925. Rabe Bd. 4,
S. 17.
3) Bei Vorladung der aktiven Unteroffiziere und gemeinen Soldaten gilt das Z. 59,
Nro. III. Gesagte. — Anh. 8. 54 z. A. G. O.
4) Aktive Offiziere werden, in sofern ihre Vernehmung beim Militärgericht leichter,
als beim kompetenten Iivilgericht bewirkt werden kann, durch Requisition des
ersteren vernommen. Soll die Vernehmung beim Zivilgericht erfolgen; so ist
der Kommandeur oder sonstige unmittelbare Vorgesetzte desselben vom Termin
zu benachrichtigen, und zu ersuchen, den Zeugen zur Abwartung des Termins
von ctwanigcn Dienstgeschäften, in sofern solche es gestatten, zu entbinden. —
z. 55. Anh. zu z. 19, Tit. 7, I. A. G. O.
L) Die Vorladung der als Zeugen zu vernehmenden Gcnd'armen geht an deren
vorgesetzte Dienstbehörde. — V. vom 30. Decbr. 182«. z. 18, GS. 1821,
S. 1.
VI. Die Zeugen werden in der Regel zur Vernehmung an ordentlicher Ge-
richtsstclle vorgeladen. Doch kann,
1) wenn die Instruktion und Zeugenvernehmung an einem andern Orte und na
mentlich am Streitorte ein glinstiges Resultat erwarten läßt, dieselbe hier erfol
gen. Auch bleibt es
5) dem vernünftigen Ermessen des Gerichts überlassen, in wiefern bei manchen als
Zeugen vorgeschlagenen Personen, wegen ihres hohen Ranges, oder Alters, oder
kränklicher Umstände, die Vernehmung in ihrer Behausung anzuordnen sei.
3) Staabsosfiziere sollen, wenn am Orte ein militärisches Verhörzimmer vorhanden,
in diesem vernommen werden. Im entgegengesetzten Falle hat die Militairbc-
hörde das Lokal zu bezeichnen, in welchem der gerichtliche Akt vorgenommen
werden soll. — Z. 172, 17S, 182, Tit. 1«, I. A. G. O. — Res. vom 21. Au
gust 1816. Jahrb. 8, S. 16. Gräff 2, S. 99.
Requisition oder Auftrag zur Vernehmung von Zeugen,
g. 132. I. Ist wegen weiter Entfernung, oder persönlicher Ehehaften nöthig,
baß die Vernehmung des Zeugen durch einen in seiner Nähe wohnenden Richter
erfolge; so muß zuförderft der Deputirte mit Zuziehung der Parteien oder deren
Rechtsbeistände oder Bevollmächtigte über diejenige Thatfache, wovon der Zeuge
bekunden soll, einen zusammenhängenden Status csusue aus den Akten entwerfen,
und darin besonders die Umstände, welche durch die Zeugenaussage ins Licht gesetzt
werden sollen, deutlich, genau und bestimmt auseinandersetzen. Auch sind, wenn
besonders die Thatsachen etwas verwickelt wären, und es dabei auf Nebenumstände
der Zeit, des Orts, der gebrauchten Ausdrücke u. f. w. ankäme, hinter dem Sach-
-stand noch einige Fragstücke, welche den auswärtigen Kommissarius auf die beson
ders aufzuklärenden Punkte noch bestimmter führen können, beizufügen. — Dem
nächst erläßt der Dezernent den Auftrag, refp. die Requisition an den betreffenden
Sttchter, und theilt ihm diesen Spezialsach - und Strcitstand mit. Die Parteien
erhalten hiervon Nachricht. Es steht ihnen frei, beim auswärtigen Gericht persön
lich oder durch einen Bevollmächtigten zu erscheinen, und der Vercidung des Zeu
gen beizuwohnen. — Dieser auswärtige Richter vernimmt den Zeugen nach Maas
gabe des Sachs und Streitstandes und unter Berücksichtigung der nachfolgenden
Bestimmungen. Er muß aber auch, wenn aus der Erzählung des Zeugen sich Data
zur möglichst vollständigen Aufklärung des wahren Zusammenhangs der Sache er
213
geben, darauf seine Vernehmung selbst dann ausdehnen, wenn diese Data im Spc-
zialstreitstond nicht enthalten wären. — Melden sich die Parteien oder Bevoll
mächtigte derselben nicht, so werden ihnen bei Vereidung des Zeugen Bevollmächtigte
von Amtswcgcn zugeordnet. ') — §. 216—222, Tit. 1«, I. A. G. O. — Res. vom
26. Oktober 1813. Jahrb. 2, S. 4S. Gräff 2, S. 102. — Res. vom 1«. Mai
1837. Gräff, Koch :c. Erg. III. S. 226.
II. Wird ein ausländisches Gericht, 2) welchem die hiesigen Verfassungen nicht
bekannt sind, um Vernehmung eines Zeugen ersucht; so muß diesem Gericht ausser
dem Spezialsach: und Streitstand ein Ertrakt der gesetzlichen Vorschriften Tit. 10,
§. 171, 174, 19«, 197, 20«, 201, 202, 204, 205, 2«7, 213—215, und 219, I.
A. G. O. (also hier §. 131, I. III. 134, l. IV. V. 135, 136 und 132 Schlußsatz) mit.
getheilt, und dasselbe ersucht werden, bei Vernehmung des Zeugen nach dieser Vor
schrift zu verfahren. Doch verliert ein dergleichen auswärtiges Zeugenverhör bloS
um deshalb, weil bei demselben nicht nach diesen Vorschriften, sondern nur nach
dem Gebrauche des abhörenden fremden Gerichts verfahren worden ist, Nichts von
seiner Willigkeit. ') — §. 223, I. 1« ». G. O.
III. Die Gerichte sind verpflichtet, Aufträgen der vorgesetzten Behörden und
Requisitionen andrer Gerichte wegen Zeugenvcrnehmungcn schleunig zu genügen.
Säumen sie, so haben sie Erinnerungen, demnächst aber Strafbefehle, die von der
vorgefetzten Behörde evevtuel in Folge Anzeige des requirirenden Gerichts ergchen,
zu gewärtigen.
Sollen Zeugen auf Requisition ausländischer Gerichte von einem hiesigen Ge
richt vernommen werden; so muß dies mit aller Bereitwilligkeit geschehe». Doch
kommen den Jeugen die Vorschriften g. 133, III. zu statten. Auch muß, wenn der
Gegenstand der Vernehmung so beschaffen ist, daß daraus Kollisionen zwischen dem
hiesigen und einem fremden Staate entstehen könnten, noch vor Abhörung über die
Umstände der Sache dem Justizministerio zur weiteren Bestimmung Anzeige ge
macht werden. — 8. 225 s, 225 b, 177, I. 1« A. G. O.
IV. Will auf wiederholte Requisition das fremde ausländische Gericht der
Zeugenvernehmung sich nicht unterziehen; so wird der Partei, welche diese beantragt,
unter Bestimmung einer Frist aufgegeben, die Zeugenvernehmung zu beschaffen. —
Nach fruchtlosem Ablauf dcr Frist kommt die Bestimmung des z. 113, Nro. V.
zur Anwendung. — Z. 225s, 107 a. a. O.— Res. vom 3. Juli 1826. Gräff,
Koch :c. Erg. III. S. 227.
1) Die Unterlassung dessen hat jedoch auf die Giltigkeit dcr Verhandlung keinen
Einfluß. Die Befolgung ist aber mehrfach angeordnet, um dadurch Einwcn-
dungen vorzubeugen. — Anh. Z. «5 z. A. G. O. Ref. vom 26. Oktober 1813.
2) Handelt es sich um Vernehmung ^ines in den Niederlanden wohnenden Zeugen,
so muß von Seiten der Partei em dortiger bci Gericht angestellter Procurator
ersucht werde», daß er das dcsfallsige Ansuchen an die Rechtsbank (Tribunal)
desjenigen Arrondisscmcnts, in welchem der Zeuge wohnt, richtet. Das Gc-
suchsschreiben muß enthalten:
1) die Gründe, welche ein Zeugenverhör nöthig machen;
2) die Thatsache, die man beweisen will, den Namen und Wohnort des Zeugen.
Unmittelbare Requisitionen diesseitiger Behörden um Vernehmung von Zeugen in
Zivilsachen, führen in den Niederlanden nicht zu dem beabsichtigten Ziele. —
Ref. vom 29. Dccbr. 1843. I. M. B. 1844, S. 19. — Res. vom 16. Febr.
1844. I. M. B. S. 54.
«) Die Verordnungen über das Verfahren bei Requisitionen nach dem Auslande
und bei Erlassen an Ausländer oder im Auslande sich aufhaltende preuss. Un-
terthanen sind in der Allg. Verf. vom 16. September 1844 (I. M. B. S. 207
fg.) zusammengestellt.
2l4
Allgemeine Pflicht zur Ablegung des Zeugnisses; Fälle, in denen es
verweigert werden kann, und Verfahren gegen die das Zeugniß
ohne Grund Weigernden, so wie in Betreff kranker oder
abwesender Zeuge».
Z. 133. I. Jeder ohne Unterschied des Standes ist verpflichtet, auf Erfordern
des Richters über die im Prozeß streitigen Thatsachen seine Wissenschaft getreu an
zugeben. Durch das Borgeben, daß er von der Sache nichts wisse, oder daß die
vorgelegte Frage zur Entscheidung des Prozesses Nichts beitrage, kann sich Niemand
von seiner eidliche» Vernehmung befrein. — Dagegen kann auch jeder Zeuge ver
langen, daß ihm sofort nach erfolgter Vernehmung seine Auslagen mit Einschluß
der gesetzlichen Reise- und Zchrungskosten >) allenfalls aus der Salarienkasse vor
schußweise gezahlt werden.-) — §. 18, Einl. 179, 187, Tit. 10, I. A. G. O. —
Res. vom Ii. November 1831. Mannkopf A. G. O. Bd. 1, S. 479. Grciff
Erg. III. S. 222.
II. Das Zeugniß kann nur verweigert werden:
1) wenn ein Priester oder Prediger über Umstände, die ihm unter dem Siegel
der Beichte oder der geistlichen Amtsverschwiegenheit anvertraut worden sind,
befragt wird, und nicht etwa
») der, welcher ihm dieselben anvertraut hat, selbst die Offenbarung will, oder
sofern nicht
K) diese nothwendig ist, um eine dem Staate drohende Gefahr abzuwenden;
oder ein Verbrechen zu verhüten, oder den schädlichen Folgen eines schon be
gangenen Verbrechens abzuhelfen, oder vorzubeugen. In diesen Fällen muß
der Geistliche Zeugniß ablegen;
2) wenn ein landesherrlicher Beamter abgehört wird, und die ihm vorge
legten Fragen solche Umstände betreffen, deren Bekanntwerdung dem Staate
nachthcilig sein könnte; s)
1) Zeugen erhalten: 1) wenn sie an ihrem Wohnort oder an einem von demselben
nicht über eine Viertelmcile entfernten Orte bei gerichtlichen Geschäften zuge
zogen oder vernommen werden, in der Regel keine Vergütung. Doch können, «)
wenn die Zeugen wegen Krankheit, Gebrechen oder andrer Umstände sich eines
Fuhrwerks zu bedienen gcnöthigt sind, oder auf dem Wege zu dem Orte ihrer
Vernehmung Brücken- und Fährgelder zu zahlen oder andre Auslagen zu ma
chen haben, sie die Erstattung dieser Kosten verlangen; sie müssen jedoch die
Verwendung und die Nothwendigkeit derselben nachweisen. — b) Den Zeugen
niederen Standes, welche sich durch Tagcarbcit, Handwerk, oder Gewerbe er
nähren, soll auf ihren Antrag für jede Stunde Vcrsäumniß eine mit Rück
sicht auf den muthmaßlichen Erwerb des Zeugen und die örtlichen Verhältnisse
zu bestimmende Entschädigung von einem bis drei Sgr. auch ohne besondern
Nachweis bewilligt, und dabei die angefangene Stunde für voll angerechnet wer
den. — 2) Erfolgt die Zuziehung oder Vernehmung der Zeugen an einem mehr
als eine Viertel-Meile von ihrem Wohnorte entfernten Orte, so sind ihnen an
Reisekosten mit Einschluß der Versäumniß- und Zeh rungskosten drei
Sgr. bis Ein Thal er für jede Meile zu vergüten, und die Höhe in jedem
einzelnen Falle mit Rücksicht auf die Erwerbs- und die übrigen Verhältnisse
des Zeugen und die örtlichen Preise der Lebensbedürfnisse und der Transport
mittel zu ermessen. Hierin sind alle Auslagen des Zeugen begriffen. Kann er
jedoch nachweisen, daß ihm durch die Reise grössere Kosten verursacht worden,
und daß solche wirklich nothwendig gewesen, so müssen ihm dieselben vollständig
vergütet werden. — K. 2, 3, 7—9 der V. vom 29. März 1844 GS. S. 73.
2) Auch die Eidcsabnahmegcbühren der Rabbiner und Judenbcglaubigten müssen
von den Salar.-Kassen vorschußweise gezahlt werden. — Li'. Ref. vom 6. Mai
1833. Jahrb. 4,, S. 426. Gräff 6, S. 271.
«) Der Beamte muß jedoch im Termin erscheinen, da er nicht voraus wissen kann,
ob seine Vernehmung auf einen solchen Umstand, hinsichtlich dessen er das Zeug-
215
3) wenn dem Zeuge» angcmuthct wird, feine eigne, oder feiner nahen An«
verwandten,') oder seines Ehegatten Schande zu bekennen, so wie
4) wenn leibliche Altern, oder leibliche Kinder oder Ehegatten gegen die,
mit denen sie in einer solchen nahen Verbindung stehen, oder
5) wenn andre Verwandte in auf- und absteigender Liniez Stief-odcr
Schwiegerölternz Sticf- oder Schwiegerkinder, Brüder oder Schwe
stern von voller und halber Geburt; Schwäger oder Schwägerinnen; und
öffentlich Verlobte gegen ihre Verwandte und Angehörige der bezeichneten
Art überhaupt Zeugniß ablegen sollen, und in Bezug auf die sck 5 die Sache
nicht von der Art ist, daß nach der Natur des Geschäfts, über welches ihre
Aussage verlangt wird, die Wahrheit auf andre Art nicht auszumittcln stände;
6) wenn, der guten Ordnung entgegen, dem Zeugen eine solche Frage vorgelegt wird,
deren Beantwortung, besonders bei Frauenspersonen, die Ehrbarkeit bclcidi-
gen würde;
7) wenn die Entdeckung eines Geheimnisses gefordert wird, durch dessen Bc-
kanntwerdung der Zeuge in seiner Kunst oder in seinem Gewerbe einen Schaden
leiden dürfte;
8) wenn der Bevollmächtigte einer Partei vom Gegner über solche Thatsachcn
zum Zeugen vorgeschlagen wird, welche erst während des Prozesses vorgefallen,
«der zu seiner Kenntniß gelangt sind; 2)
9) wenn bei einer, mit der streitigen Thatsache offenbar nicht in Verbindung stc-
henden Frage der Zeuge nicht ohne scheinbaren Grund befürchtet, daß deren Bcs
antwortung für seine Person nachtheilige Folgen haben möchte.
10) Überhaupt ist ein Zeuge nur Thatsachcn, nicht aber seine eigenen Meinun
gen, Gesinnungen, oder Muthmaßungen zu offenbaren verbunden.
11) Auch über die Meinungen, Gesinnungen oder Urtheilc einer Partei,
oder eines Dritten, welche dem Zeugen nur durch eine solche Privatkor-
respondcnz, zu deren Edirung er nach §. 115, Nro. 1 nicht verbunden sein
würde, oder durch eine vertrauliche Privateröffnung bekannt worden find, kann
der Aenge zur eidlichen Angabe wider seinen Willen nicht gezwungen werden.
12) Soll ein Jude in einem Jnjurienprozcß als Zeuge vernommen werden, so kann
er, falls die zu erwartende Strafe SO Thlr. Geld oder 6 Wochen Gcfängniß
übersteigt, das Zeugniß verweigern. — A. G. O. I. 10. z. 180, 228, 229,
230, Nro. 11. — A. L. R. II, 11 Z. 80—82. — Cr. O. Z. 33S.
III. Glaubt ein Zeuge, aus einem dieser Gründe zum Zeugniß überhaupt,
oder in Betreff einzelner Umstände nicht verpflichtet zu sein, so muß er den Grund
niß verweigern muß, beschränkt sein wird. — 65. Res. vom 10. Juni 1836.
Gräss, Koch ic. Erg. III. S. 221. — Übrigens können Beamte von dem,
was ihnen unter dem Siegel der Amtsverschwiegenheit bekannt geworden, nur
mit Vorwissen ihres Vorgesetzten Auskunft geben. Sie werden aber s) in Be
treff dessen, was ihr Amt unmittelbar betrifft, in der Regel schriftlich sich zrc
erklären haben, während sie K) hinsichtlich dessen, was ihr Amt nicht unmittel
bar betrifft, andern Zeugen gleich stehen. — l^f. Ref. vom 9. Mai 1821. Jahrb.
17, S. 302. — An Gebühren und Reisekosten stehe» den Staatsbeamten, wenn
sie als Zeugen oder Sachverständige vernommen werden, die ihnen in Dienstan
gelegenheiten rcglementsmässig gebührenden zu. — V. vom 29. März 1844.
1) Nahe Verwandte werden die genannt, welche von Jemanden nicht weiter, als
im sechsten Grade, voller oder halber Geburt entfernt sind. — §. 622, Tit. 1,
II. A. L. R.
2) Sachwalter müssen überhaupt in dem ihnen vermöge ihres Amts Anvertrauten
unverbrüchliches Stillschweigen beobachten. — g. 23—26, III. A. G. O. Glei
ches liegt den Ärzten ob. — 8. 502, Tit. 2«, II. A. L. R. Dieselben werden
sich daher, wenn sie über solch amtlich Anvertrautet! Zeugniß ablegen sollen, in
den meisten Fällen aus die Bestimmungen Nro. 7 und 8 auch 9 berufen können.
216
dcr Weigerung anzeigen, und allenfalls bescheinigen. Der Jnstruent prüft ihn,
und unterläßt die betreffende Vernehmung, wenn er die Weigerung für begründet
erachtet. Hält er sie nicht für begründet, so muß er,
1) wenn der Prozeß beim Obergericht schwebt, beim Kollegio Anzeige machen, wel
ches sodann bestimmt: ob die Vernehmung dennoch erfolgen solle, und was etwa
zur Abwendung des besorgten Nachtheils für Vorkehrung zu gebrauchen sei.
Schwebt der Prozeß beim Untergericht, so muß der Jnstruent den Jeugen be
deuten, daß, wenn in dcr Sache das Rechtsmittel der Appellation angebracht
werde; und dcr Axpellationsrichter seine Weigerung für unbegründet erachte,
und die Vernehmung über den fraglichen Umstand anordne, dcr Zeuge die durch
diefc Weiterung verursachten Kosten tragen müsse. Bcharrt Zeuge dennoch bei
dcr Weigerung, so unterbleibt seine Vernehmung. > ) In dcr Appellationsinstanz
sind jedoch, wenn seine Vernehmung dennoch für nöthig erachtet und angcord-
nct wird, dic durch seine Weigerung entstandenen Mehrkosten von ihm cinzu-
, zieh». — A. G. O. I. 10. z. 18«, 131.
IV. Verweigert 1) ein Zeuge, ohne gesetzmäßigen Grund im Termine, in wel
chem cr vernommen werden soll, zu erscheinen; so wird in dcr zweiten Vorladung
Personen, gegen welche Geldstrafen realisirt werden können, für den Fall dcs Nicht-
krscheincns eine Geldstrafe, andern Personen aber und namentlich Personen ge
ringen Standes die Abholung durch den Exekuto r 2) angedroht. Ist diese Vor
ladung erfolglos, so wird dic Warnung vollstreckt. Geldstrafen können bis 50 Thlr.
gesteigert werden.
2) Verweigert ein im Termin erschienener Zeuge aus blossem Eigensinn oder sonst
ohne gcsetzmässigcn Grund beharrlich, seine Wissenschaft anzuzeigen, und die ihm
«orgclcgten Fragcn zu beantworten; so ist er nach Beschaffenheit der Person und
der Umstände durch Gefcingniß oder Gcldstrafe zur Erfüllung dieser Bürgerpflicht
qnzuhaltcn.
Solche widerspenstige Zeugen (Nro. 1 und 2) müssen aber ausserdem alle durch
ihre Weigerung entstandenen Mehrkosten, so wie die den Parteien dadurch erwach
senen Nachthcile l!) erstatten resp. vergüten und dazu durch Exekution angehalten
werden. Sollte aber ein Zeuge Mittel sinden, sich der Ablegung dcs Zeugnisses
und den dahin abziclendcn richterlichen Verfügungen zu entziehen; so soll der da
durch in dcr Sachc selbst Schaden lcidendcn Partei der Regreß wider ihn und seine
Erben gestattet, und es zu dessen Begründung wider ihn und seine Erben dafür
angenommen werden:
daß er dasjenige wirklich ausgesagt habe, worüber sein Zeugniß von dcr
Partei verlangt wurde.
A. G. O. I. 1«, Z. 18Z—186. — Res. vom S. März 1827. Gr äff, Koch zc.
Erg. III. S. 222. — A. L. R. II. 2« Z. 35.
V. Kann ein Zeuge wegen Krankheit am Terminsort nicht erscheinen, so
ist seine Vernehmung in seiner Wohnung vorzunehmen. Läßt die Beschaffenheit der
Krankheit eine solche Vernehmung nicht zu; so muß der, welcher ihn vorgeschlagen
hat, durch ärztliches Attest nachweisen: daß und binncn welcher Frist die Wieder-
Es wird aber immer vorausgesetzt, daß einer der Gründe Nro. II., wenn auch
nur scheinbar, vorliegt. Ist ein solcher Grund offenbar nur vorgespiegelt, und
gar nicht vorliegend, so treten die Bestimmungen unter Nro. IV. ein.
2) Auch Personen höheren Standes müssen, wenn wegen Armuth Geldstrafen gegen
sie nicht anwendbar, durch den Exekutor abgeholt werden. — ök. Res. vom 5.
März 1827.
») D. h. Nachtheile, welche unumstößlich fcststchcn. Nachtheilc, hinsichtlich derer
irgend ein faktisches oder rechtliches Bedenken obwaltet, können nur im Wege
der Klage geltend gemacht werden,
217
Herstellung so weit, daß er, wenn auch in seiner Behausung, vernommen werden
könne, wahrscheinlich zu hoffen sei. Darnach bestimmt der Richter den Termin zur
Abhörung. Kann nach Ablauf der Frist die Vernehmung des Zeugen noch nicht
erfolgen; so soll, wen» auch dann noch eine ganz nahe Hoffnung zu einer solchen
Wiederherstellung des Zeugen nicht nachgewiesen werden kann, der Abschluß der In,
struktion für diese Instanz dadurch nicht länger aufgehalten werden.
Befindet sich der vorgeschlagene Zeuge auf Reisen, es kann jedoch der Zeit
punkt der Rükkunft mit Wahrscheinlichkeit angegeben werden; so ist der Ter
min seiner Vernehmung bis zu diesem Zeitpunkt hinauszusetzen. Ist aber die Zeit
der Rükkunft ungewiß; so muß nicht allein die Partei, welche auf seiner Abhö
rung besteht, den Eid für Gefährde gemäß §. 131, I. ableisten, sondern der Rich
ter muß auch nach Beschaffenheit der Umstände eine Frist von mehren Wochen oder
Monaten (jedoch niemals über 6 Monate) bestimmen, während welcher mit Abschluß
der Instruktion auf die Wicdcrkchr des Zeugen gewartet werden soll, käust die
Frist fruchtlos ab, so wird dann mit Abschluß derselben ohne weiteren Aufenthalt
verfahren. — §. 17«, 182, 226«, 226 d, I. 1«. A. G. O.
Verfahren bei Vernehmung und Vercidung der Zeugen.
§. 134. I. Der Vernehmung der Zeugen geht deren Vcrmahnung voraus.
Sie sind zu bedeuten, daß sie ihre Aussage werden eidlich bestätigen müssen; es ist
ihnen ferner die gesetzliche Vorhaltung bei Zeugeneiden > ) entweder zum Durchlese»
i) Die Vorhaltung, welche in Gcmäßhcit des Eirkulors vom 26. Oktober 1799
den Zeugen vor ihrer Vernehmung gemacht werden soll, lautet:
„Zum Zeugnis! vor Gericht aufgcfordcrt zu werden ist ehrenvoll, weil man
es nur denjenigen gestattet, welche sich bis dahin einen unbescholtenen Ruf er
halten haben. Eingedenk dieses Vorzuges muß ein Jeder bei Ablegung seines
Zeugnisses sich des in ihn gesetzten Vertrauens würdig betragen. Wer bei der
Sache, worüber er befragt werden soll, ein eigenes, dem Gericht unbekannt ge
bliebenes Interesse hat, wer von deren Entscheidung Nutzen hoffen oder Scha
den befürchten kann, wer mit einer der Parteien in solchem Verwandtschafts
oder anderem Verhältnisse steht, daß ihn der Gegner, wenn er davon unter
richtet gewesen wäre, nicht zum Zeugniß verstattet haben würde, darf diese«
Alles dem Richter nicht verschweigen."
„Der Wahrheit muß jeder Zeuge auch in den. Ihm unbedeutend scheinenden
Umständen überall treu bleiben und sich davon durch Menschenfurcht, Freund
schaft, Feindschaft oder irgend einen zeitlichen Vortheil nicht abhalten lassen."
„Fälschlich Unwissenheit zu behaupten und dasjenige zu verschweigen, was
man von der Bewandniß der Sache mit Ucbcrzcugung anführen könnte, ist
eben so strafbar, als wenn man wissentlich etwas Unrichtiges aussagt."
„Kann man sich der Thatsachen, worüber man befragt wird, nicht mit Zu
verlässigkeit erinnern, so ist es Pflicht, dem Richter genau anzuzeigen, was man
als gewiß oder was man nur als wahrscheinlich behaupten kann. Das, was
man von Andern erfahren, darf man nie mit demjenigen verwechseln, was man
selbst gesehen, gehört, gelesen hat. Man ist daher schuldig, dem Gericht darü
ber vollständig Auskunft zu geben, auf welche Art man von jedem bekundeten
Umstände Wissenschaft erhalten hat. Der Richter handelt auf Befehl und im
Namen des Landesherrn, und so wie jeder getreue Unterthan es nicht wagen
würde, den Landesherrn mit Unwahrheit zu hintergehen, so kann auch der Rich
ter freimüthige und getreue Aussage fordern. Diese muß mit einem Eide be
kräftigt werden, wodurch sich der Zeuge der Strafe Gottes unterwirft, wenn
er bei Ablegung seines Zeugnisses pflichtwidrig handelt. Gott ist allwissend,
allgegenwärtig und gerecht; ihm ist nicht verborgen, ob der Zeuge der Wahr
heit treu bleibt, und der Allerhöchste wird in dieser oder jener Welt denjeni
gen strafen, der ein falsches Zeugniß ablegt."
„Das Bewußtsein, ein solches Verbrechen begangen zu haben, stört alles
zeitliche Glück: die Vorwürfe des Gewissens sind schrecklich und verfolgen den
Frevler lebenslang, wenn er auch der Ahndung der Obrigkeit entgeht. Wird
218
einzuhändigen, ober, wenn sie nicht lesen können, durch eine Gerichtsperson vorzu-
lesen, der Jnstruent kann aber ausserdem mit Rüksicht auf den Grad der Bil
dung des zu Vernehmenden , und auf sein moralisches oder religiöses Gefühl dieje
nigen Ermahnungen an den Zeugen richten, welche ihm zur Erreichung des End
zwecks, die Worttreue zu erhalten und zu befördern, geschickt zu sein scheinen. —
S. 188, u. Anh. Z. 81, und 82 a. a. O.
II. Hierauf wird zur Vernehmung selbst geschritten. Dabei dürfen die Par
teien nicht selbst, es können und sollen aber ihre Rcchtsbciftände und Bevollmäch
tigte gegenwärtig sein. — Z. 189 a. a> O.
III. Die Vernehmung wird
^. zunächst auf die persönlichen Umstände des Zeugen gerichtet, in sofern die
selben auf die Beurtheilung der Glaubwürdigkeit ihres Zeugnisses Einfluß haben
können. Es find dabei die etwanigen Einwendungen zu berücksichtige», welche von
den Parteien gegen die Glaubwürdigkeit dcr Zeugen erhoben sind. Nachdem sie also
«) um ihren Vor- und Zunamen; K) ob sie das zur Ablegung eines vollgiltigen
Zeugnisses erforderliche Alter haben; ') e) um ihren Stand, Amt oder Gewerbe;
<1) um ihre Religion gefragt worden, wird ferner von ihnen erforscht:
1) ob und wie nahe sie mit einem oder dem andern Theile verwandt oder ver
schwägert sind;
2) ob sie bei der im Prozeß befangenen Sache einiges Interesse und Nutzen davon
zu hoffen, oder Schaden zu befürchten haben;
3) ob sich Jemand angemaßt habe, sie unterrichten zu wollen, was und wie sie
aussagen sollenz
4) ob sie sich wegen des abzulegenden Zeugnisses mit ihren Ncbenzcugen, (in sofern
dergleichen vorhanden) besprochen haben;
5) ob sie dem einen oder dem andern Theile entweder im Geschäfte oder Handel,
worüber jczt ihr Zeugniß verlangt wird, oder auch in dem jezt darüber schwe
benden Prozesse selbst, Rath gegeben, auch
6) ob Jemand durch Geschenke oder Versprechungen sie zur Ablegung eines günsti
gen Zeugnisses für einen oder den andern Theil habe vermögen wollen.
L. Alsdann muß dcr Jnstruent dem Zeugen eine umständliche und zusam
menhängende Erzählung der Thatsache, des Geschäfts oder Handels, worüber er
aussagen soll, abfordern, und diese Erzählung getreu und vollständig, so viel als
möglich, mit des Zeugen eigen Worten in der ersten Person niederschreiben. Dabei
muß er ihn über die Umstände, worauf es nach Maasgabe des feststehenden 5t»lus
c«lllr«v«rsi!,s hauptsächlich ankommt, durch Vorlegung spezieller Fragen noch ge
nauer ausforschen; er muß ferner sorgfältig darauf Acht haben, daß der Zeuge
seine Wissenschaft deutlich, bestimmt und ausführlich angibt, und überall den Grund
derfelben beifügt; und überhaupt muß er dahin sehen, daß in den Aussage» des
Zeugen Nichts Dunkles, Unbestimmtes und Zweideutiges übrig bleibt, welches den
Parteien zu Verdrehungen, dem Richter aber zu Zweifeln, und zur Ungewißheit
über den eigentlichen Sinn und Verstand des Bekundeten Anlaß geben könnte.
aber der Meineid entdeckt, so ist nicht allein allgemeine Verachtung, Verlust der
Ehre, Aemter und Würden, sondern auch vcrhältnißmäßige strenge Bestrafung
der wohlverdiente Lohn eines falschen Zeugen."
') Um ihr Alter ist nur dann genauer zu forschen, wenn sie über Wahrnehmungen
aus längst verflossener Zeit vernommen werden, da dann bei Beurtheilung dcr
Glaubwürdigkeit des Bekundeten in dcr Regel darauf Rücksicht genommen wer
den muß: ob bei dcr bekundeten Wahrnehmung Zeuge schon in dem Alter war,
die Wahrnehmung zu behalten und richtig zu beurtheilen. Dahin gehören z. B.
die sub Vro. 8, L. gedachten Fälle.
2l9
Der Jnstrucnt hat bei dieser Vernehmung vorzüglich folgende Grundsätze zu
bcobachtcn :
1) Die blosse Vorlegung von Fragstücken ist nicht zulässig; die Abforderung einer
möglichst ausführlichen und zusammenhängenden Geschichtserzählung vielmehr
nöthig, da hieraus der Richter gleich entnehmen kann:
ob dem Zeugen wirklich eine deutliche und richtige «enntniß von dem
Hergange der Sache inwohnez
da ferner bei Gelegenheit einer solchen Erzählung leicht Umstände zum Vorschein
kommen können, welche näher zur Entwicklung der Wahrheit führen, deren in
den bisherigen Verhandlungen nicht gedacht worden, und zu deren Angabe der
Zeuge bei Vorlegung blosser Fragstücke nicht Gelegenheit haben würde.
2) Die dem Zeugen nach Aufzeichnung dieser Geschichtserzählung vorzulegenden spe-
ziellen Fragen dienen dazu, damit die in derselben nicht deutlich, bestimmt und
zusammenhängend genug vorgetragenen Umstände noch mehr entwickelt; damit
der Zeuge noch näher und genauer auf das, worauf eS nach dem regulirten
Strcitstand hauptsächlich ankommt, geführt, und daß die in der Geschichtscrzäh-
lung sich findenden unzusammenhängenden, unwahrscheinlichen, oder widersprc-
chcndcn Angaben mit möglichster Zuverlässigkeit ins Licht gesetzt werden.
3) Fällt daher die Aussage eines Zeugen unverständlich, verworren und schwankend
aus, oder ist sie auf die Frage nicht passend; so muß der Jnstruent vor Nie«
dcrschrcibung der Antwort den Zeugen näher bedeuten, worauf es bei der
Sache eigentlich ankommt, und ihn anhalten, sich genauer und bestimmter dar«
über auszulassen.
4) Antwortet Zeuge bei einem Umstanie, worüber er gefragt wird, daß er ihn nicht
wisse oder vergessen habe; so muß er, wenn nur irgend Verdacht vorhanden,
daß die vorgeschützte Unwissenheit verstellt und asMirt sei, wiederholt ermahnt,
ihm die etwa aus den Umständen sich ergebende Unwahrscheinlichkcit dieses
Nichtwissens vorgehalten, und ihm zu Gemüthe geführt werden, daß er sich nicht
nur durch Verfälschung, sondern auch durch Verschweigung der Wahrheit de«
Meineides schuldig machen wur.de. — Übrigens muß, wenn Zeuge über die be-
fragten Umstände Nichts zu wissen behauptet, obwohl er beim fraglichen Vor
falle gegenwärtig gewesen, hauptsächlich darnach geforscht werden, ob sich dieser
Vorfall unter den angegebenen Umständen wohl ereignen konnte, ohne daß der
Zeuge Kenntniß davon erhielt.
5) Der Jnstruent muß besonders dahin sehen, daß Zeuge nur über eigentliche That«
suchen, die er mit seinen Sinnen erkannt oder erfahren hat, bekundet, und daß
er nicht etwa die daraus sich gebildeten Schlüsse und Folgerungen mit der
Thatsache selbst verwechselt.
6) Ferner muß der Jnstrucnt, besonders wenn Zeuge seiner persönlichen Qualität
nach verdächtig ist, genau Acht geben, bei welchen Umständen «der Fragen der
selbe stockt, und anstößt, oder unbeständig, furchtsam und verwirrt antwortet;
und er muß ihn wiederholt, so wie jederzeit, wenn Verdacht des Leichtsinns,
der Zurückhaltung der Wahrheit, oder der Parteilichkeit entsteht, zur Wahr
heitsaussage crmahnen.
7) Zeigt sich zwischen den auf die speziellen Fragen gcthancn Antworten und der
vorhergegangene» Erzählung des Zeugen ein Widerspruch, so muß der Jnstrucnt
ihm dies vorhalten, und seine Erläuterung darüber ins Protokoll niederschreiben.
8) Der Jnstrucnt muß die möglichste Deutlichkeit, Zuverlässigkeit und Vollständig
keit in den Zeugenaussagen zu erlange» suchen. — Besonders ist, wenn Zeugen
über die Verjährung abgehört werden, darauf zu sehen, daß sie den Zeitpunkt,
von welchem ihre Wissenschaft anfängt, so bestimmt als möglich angeben. B<«
220
ziehen sie sich dabei auf eine gewisse Begebenheit, z. B. auf einen Krieg, eine
Schlacht, Belagerung u. f. w.z so muß der Jnstruent sogleich das Jahr be
rechnen, bis zu welchem hinauf, nach dieser Angabc die Wissenschaft des Zeugen
sich erstrecken würde. Er muß dem Zeugen davon Eröffnung thun, und wenn
dabei z. B. im Vergleich zu dem angegebenen Alter des Jeugen oder zu andern
GeschichtsumstSnden Bedenklichkeiten sich finden, ihm darüber die nöthige» Er
läuterungen abfordern.
9) Die Bevollmächtigten und Rcchtsbeistände dürfen dem Jnstruentcn bei Verneh
mung der Zeugen nicht in die Rede fallen, noch den Zeugen durch verfängliche
Fragen oder Suggestionen irre machen oder zu unrichtigen Angaben verleiten.
Sie haben nur auf das Verfahren des Jnstruentcn, auf die Aussagen der Zeu
gen selbst, so wie auf die Richtigkeit und Vollständigkeit des Niederfchreibens
derselben genau Acht zu geben. Finden sie, daß der Jnstruent etwas dabei
übersehen, oder auf irgend einen Umstand, durch dessen genauere Erforschung der
Wahrheit näher zu kommen gewesen sein möchte, nicht Aufmerksamkeit genug
gewendet; Fragen, welche auf diesen Endzweck führen könncn, unterlassen, oder
die Aussagen undeutlich, unvollständig oder ganz unrichtig niedergeschrieben; so
müssen sie ihm dies nach Abtrit des Zeugen, oder doch diesem unbemerklich,
allemal aber vor dessen Vereidung, bescheiden eröffnen, und auf die nöthige Er
gänzung oder Verbesserung dringen. Achtet der Jnstruent nicht hinlänglich dar
auf; so müssen sie das Nöthige darüber, zur künftigen Information und Be-
urtheilung Seitens des Gerichts selbst, ins Protokoll einrücken lassen. Verwei
gert der Jnstruent die Aufnahme solcher Bemerkungen; so muß der Rechtsbei
stand oder Bevollmächtigte dem Gericht davon sofort Anzeige machen. Dieses
erläßt hiernach nach Vortrag der Sache durch den ordentlichen Dezernenten
die nöthige Verfügung.
1«) Den Rechtsbeiständen oder Bevollmächtigten steht frei, vor Abhörung der Zeu
gen dem Deputirten eine Eingabe zuzustellen, in welchem die Umstände bemerkt
sind, auf welche nach ihrer Meinung bei Vernehmung der Zeugen vorzüglich
Acht zu geben, und die durch nähere schickliche Fragen besonders ins Licht zu
setzen sein würden. — A. G. O. I. 1«, z. 190—199, 234, 242. Anh. Z. 81.
IV. Nach beendigtem Verhör müssen dem Zeugen seine Aussagen langsam und
deutlich vorgelesen, und er muß bei jedem Punkte befragt werden: ob das Nieder
geschriebene wirklich seine Aussage und Meinung, sei. Dabei ist es Pflicht der
Rechtsbeistände, besonders Acht zu geben, und dahin zu sehen, daß der Inhalt des
Protokolls mit dem vom Zeugen wirklich Bekundeten übereinstimmt. Ändert Zeuge
beim Vorlesen seine Aussage in irgend einem Stücke; so muß Jnstruent dergleichen
Widerruf, Ergänzung oder Berichtigung, jedoch nicht durch Korrektur des schon
Geschriebenen, sonder» am Schlüsse des Protokolls beifügen, auch dem Zeugen die
Ursache der Angaben und, warum er nicht gleich Anfangs solchergestalt angegeben
habe, abfragen. Ist das Zeugenverhör weitläufig; so muß Jnstruent durch eine
kurze Bemerkung am Rande der Stelle, wo die in der Folge abgeänderte Aussage
niedergeschrieben ist, auf die am Schlüsse des Protokolls befindliche Abänderung
aufmerksam machen. — S. 200, 201 a. a. O.
V. Nach Borlesung und Genehmigung der Verhandlung wird Zeuge nochmals
an die Pflicht, sein Gewissen zu bewahren, erinnert, auch werden ihm, besonders,
wenn er zu den einfältigen und gemeinen Leuten gehört, die Natur und Absicht
des Eides und die Strafen des Meineides wiederholt erklärt und zu Gemüthc ge
führt. Die Parteien werden hierauf herbeigerufen, und falls sie nicht anwesend
oder durch Nechtsbcistände oder Bevollmächtigt? vertreten sind, wird jeder von ihnen
221
e'n Schwurzeuge von Amtswegen zugeordnet.') Der Zeuge muß hierauf dahin
vereidet werden:
daß er von Allem, worüber er vernommen worden, nach sei
nem beste» Wissen die reine Wahrheit gesagt, und wissent
lich weder etwas verschwiegen, noch hinzugesetzt habe.
In Fällen, in denen der Zeuge mit Rücksicht auf §. II. einige Umstände zu
verschweigen die Befugniß hat, ist in dem Eide vor den Worten „wissentlich Nichts
verschwiegen" die Einschränkung:
ausser den im Protokoll bemerkten Umständen, zu deren Of
fenbarung Zeuge sich nicht für schuldig halte?
einzuschalten.-) — A. G. O. I. 1«, Z. 2«2 u. 204. Anh. §. «5.— V. v.28.Juni
1844. 8. 1 GS. S. 249.
VI. Das Protokoll muß sodann gemäß S. 104 vom Zeugen, und falls nicht
noch cmderweite Verhandlung erfolgt, von den Parteien oder deren Stellvertretern
und dem Jnstrucntcn vollzogen werden. — K. 2«ö und Anh. z. 8t>, I. 1« A. G. O.
VII. Währt die Abhörung eines Zeugen mehre Tage hindurch, so erfolgt
die Vereidung nach gänzlich beendigtem Verhör. Dagegen muß an jedem Tage
beim Schluß des an demselben aufgenommenen Protokolls dasselbe nach Nro. IV.
vorgelesen, Zeuge jedesmal vor Unterschrift gemäß V. an den zu leistende» Eid er
innert und hierauf von ihm dies Protokoll vollzogen werden. — Ist dies geschehen,
und Zeuge stirbt vor Beendigung des ganzen Verhörs, folglich vor Ableistung des
Eides; so verlieren seine Aussagen dadurch Nichts von ihrer Beweiskraft. — Z. 209
a. a. O.
VIII. Sind mehre Zeugen über verschiedene Thatsachcn, die mit einander in
keiner Verbindung stehen, abzuhören; so müssen die Aussagen derselben in besondere,
einem jeden dieser Gegenstände gewidmeten Protokolle niedergeschrieben werden. —
z. 20S a. a. O.
Konfrontation des Zeugen und Wiederholung des Zeugenverhörs.
§. 135. I. Die Gegeneinanderstellung eines Zeugen kann erfolgen mit einem
andern Zeugen und mit einer Partei.
1) Zur Gegeneinanderstellung zweier Zeugen ist der Jnstruent dann verpflichtet,
wenn sie über eine und dieselbe Thatsache, besonders in wesentlichen Umständen
sich widersprechen. Sie geschieht dann zum Behuf einer näheren und bestimm
teren Erörterung dieser Umstände, um durch dies Mittel, wo möglich auf den
wahren und eigentlichen Grund der Sache zu gelangen, sofort bei Äusserung
des Widerspruchs, in sofern beide Zeugen zugleich gegenwärtig, gleich viel, wenn
der eine Zeuge auch noch nicht vereidet wäre. Ist aber der eine Zeuge bereits
entlassen, wenn der Widerspruch sich äußert, so muß auch der spätere vereidet,
und zur Gegeneinanderstellung ein besonderer Termin angesetzt werden. — Hat
daher der Jnstruent mehre Zeugen über dieselben Umstände zu vernehmen, so
muß er, besonders auswärtige, vor Beendigung des ganzen Zcugcnvcrhörs nicht
entlassen.
2) Der Richter hat die Befugniß, in bcsondern Fällen, in denen die Ausmitte
lung der Wahrheit es nothwendig erfordert, Zeugen mit der Partei selbst ge«
i) Doch hat die Unterlassung dessen nicht Nichtigkeit des Zeugenvcrhörs zur Folge.
Anh. Z. «5 z. A. G. O.
«) Die Eidesabnahme muß mit Feierlichkeit, und wo möglich in einem besonders
dazu eingerichteten Zimmer erfolgen. — Weiter unten wird von den ferneren
dabei zu nehmenden Rücksichten die Rede fein.
S2S
geneinander zu stellen, um, wo möglich, auf diese Art den wahren Zusammen
hang der Sache ins Licht zu setzen. — §. 207, 208 a. a. O.
II. Die wiederholte Vernehmung eines Zeugen über einen Umstand, über den
bereits seine Vernehmung erfolgt ist, soll in der Regel nicht statt finden. Wenn jedoch
1) nach geschlossener Instruktion >) der Dezernent oder Referent beim Bortrag der
Sache wahrnimmt, daß die Zeugenaussagen über einen oder den andern erheb-
lichen Umstand so dunkel und zweifelhaft ausgefallen, daß ihr eigentlicher Sinn
und Meinung nicht mit Zuverlässigkeit zu entnehmen ist; so find die Zeugen
nochmals über dergleichen Umstand, jedoch nur mit Verweisung auf den bereits
geleisteten Eid durch eine andre Gerichtsperfon auf Kosten des vorigen Jn-
struenten zu vernehmen.
2) Gleiches muß, wenn durch Jemandes Unfleiß oder Unachtfamkeit das Vernch-
mungsprotokoll verloren gegangen, oder sonst weggekommen, auf Kosten dessen,
welcher daran Schuld ist, geschehen.
A) Meldet sich ein bereits vernommener und vereideter Zeuge freiwillig mit der
Anzeige, daß er seiner Aussage noch etwas beizufügen, oder daran zu berichti
gen habe, zur nochmaligen Abhörung; so muß damit zwar unverzüglich verfah
ren werden. Doch ist dabei nicht nur ganz vorzügliche Genauigkeit und Auf
merksamkeit anzuwenden, und der wahre Grund, warum Zeuge früher seine
Wissenschaft anders, als jczt, angegeben, durch zweckmässige Fragen und Vor
haltungen so zuverlässig, als möglich, zu erforschen, fondern es darf auch ein
solcher Zeuge, wenn er seine vorigen Aussagen ändert, oder mit erheblichen That-
sachen ergänzt, nicht sogleich wieder vereidet, es muß vielmehr dem künftige»
Erkenntnisse die Bestimmung: ob es der nochmaligen Vereidung bedürfe, oder
dieselbe zulässig sei, vorbehalten werden. — Übrigens muß der Jnstruent auch
in diesem Falle am Rande des früheren Vernehmungsprotokolls gemäß §. lZ4,
IV. vermerken, wo die geschehene Berichtigung oder Änderung zu finden sei.
z. 210—212 a. 0. O.
Verfahren, wenn bei Zeugenvernehmungen die Zuziehung
eines Dolmetfchers nöthig.
Z. 136. l. Der Zuziehung eines Dolmetschers bedarf es bei Zeugenverneh
mungen nur dann, wenn sowohl der vernehmende Richter, als der etwa zuge
zogene vereidete Protokollführer der Sprache des Zeugen nicht vollkommen mäch
tig ist. Der dann zuzuziehende Dolmetscher muß entweder als solcher bereits ver
pflichtet sein, oder wenn dies nicht der Fall, vor Abhörung des Zeugen schwören:
daß er die an den Zeugen zu richtenden Fragen dem fc Iben in
seiner Sprache genau so, wie sie von dem Richter in der
teutschen Sprache abgefaßt worden sind, vorlegen, die
Antworten desfelbcn genau und richtig in die teutsche
Sprache übersetzen, sie wörtlich so, wie sie von dem Zeugen
ertheilt worden, in dessen Sprache zum Nebenprotokolle
«) Die A. G. O. setzt hier voraus, daß der Dezernent nicht früher die Akten er
hält, da der Deputirte bis dahin in der Regel das Nöthige anzuordnen hat.
Kommen dem Dezernenten vor Abschluß der Instruktion die Akten in Vortrag,
und er sieht, daß eine Zeugenvernehmung mangelhaft ist, so versteht es sich »on
selbst, daß er sofort dem Kollegio darüber Vortrag halten, und dadurch eine
Wiederholung des Zeugenverhörs herbeiführen kann.
2) Dieser Eid ist nur für den besondcrn Fall abzunehmen, wenn der Dolmetscher
blos zur Zeugenvernehmung allein verpflichtet wird. Soll er auch bei andern
Vernehmungen dolmetschen, so muß der Seite 17« in der Note aufgeführte Eid
abgenommen werden,
223
niederschreiben, überall Nichts davon oder dazu thun, und
bei diesem ganzen Geschäft treu und rechtschaffen, der
Wahrheit gemäß, verfahren, auch sich davon weder durch
Geschenke noch andre Vorkheilc, noch durch Feindschaft,
Freundschaft, oder irgend einige andere Nebenrücksichtcn
abhalten lassen wolle.
Behufs Vernehmung des Zeugen selbst muß der Dolmetscher denselben in seiner
Muttersprache vermahnen, ihm in dieser den Zcugcneid vorlesen, und überhaupt in
derselben an ihn die Fragen richten, und die Antworten entgegennehmen. — Z. 213,
215 a. a. O.
II. Der Dolmetscher muß in der Regel sowohl die summarische Erzählung
des Zeuge», als die an ihn erlassenen Frage» und darauf crtheilten Antworten zum
Ncbcnprotokoll in der Ursprache des Zeugen niederschreiben, und dieses als Beilage
des tcusch abgefaßten Hauptprotokolls zu den Akten geben. — Dieses Nebenpro«
tokolls bedarf es aber nicht,
1) wenn die Gcrichtspcrson , welche das Jeugenvcrhör aufnimmt, oder der etwa zu
gezogene Protokollführer, oder die beim Verhör gegenwärtigen, beide Parteien
vertretenden, Justizkommissarien, die Sprache des Zeugen verstehen, wenn sie die«
selbe auch nicht so fertig sprechen, daß die Zuziehung eines Dolmetschers unent
behrlich würde;
2) wenn die Parteien, oder deren zum Prozeß gehörig legitimirte Bevollmächtigte
dem zu führenden Nebenprotokoll entsagen. — z. 2l4 u. Anh. Z. 87 a. o. O.
III. Bei Vernehmung der Wenden kommen die Vorschriften Z. 10Z, III. zur
Anwendung.
Personen, welche von der körperlichen Leistung des Zcugencides
frei sind.
z. 137. l. Die Ableistung des Acugeneidcs (z. 134, V.) muß von jedem Zeu
gen, und zwar mündlich, mit »achgcsprochenen Worten geschehen. Davon finden
folgende Ausnahmen statt:
1) wenn Personen fürstlichen Standes den Eid leisten sollen, so wird die im
Vcrnehmungsprotokoll zu verzeichnende Eidesformel denselben vom Kommissario
vorgelesen, und zur eigenhändigen Unterschrift vorgelegt.
2) Wenn Personen, die in Eid und Pflicht stehen, in Sa