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TUntverstts of Wisconsin
NEUE STUDIEN
ZUR
HERAUSGEGEBEN
VON
SIEBZEHNTES STÜCK
BERLIN
TROWITZSCH & SOHN
1913
DIE
KIRCHLICHE GESETZGEBUNG
VON
DR HAMILCAR S. ALIVISATOS
BERLIN
TROWITZSCH & SOHN
1913
T0I2 AAEAOOIS MOr ErrNQMONQN
O TPAWAS.
Ohne
Autorität kann der Mensch nicht
existieren, und doch bringt sie ebensoviel
Irrtum als Wahrheit mit sich!
Goethe.
179152
NQV 10 1913
Vorrede.
Teil gilt, dem, der von Nichtglaubenssachen handelt. Selbst die kurze
Schrift „Die kirchliche Gesetzgebung Justinians" von Pfannmüller, die
ich nach Fertigstellung meiner Arbeit durch gütige Mitteilung Herrn
warmen Dank aus. Und besonders danke ich dem Herrn Professor
Seeberg (Berlin), daß er meine Schrift durchsah und in seine Samm
lung aufnahm.
S. Hamilcar Alivisatos.
Abkürzungen.
Seite
Einleitung 1
A. Das Leben Justinians 1
ß) Justinians Briefe 14
Seite
II. Teil: Gesetzgebung für äußere Angelegenheiten der Kirche 50
....
2. Kirchenvermögen 86
3. Schutz und Vorrechte des Kirchenvermögens 89
4. Verwaltung des Kirchenvermögens 91
3. Klostervermögen 104
4. Klosterleben im allgemeinen 105
Schluß 129
Literatur 132
Einleitung.
(veneti), die orthodox waren. Theodora mußte trotz ihres Einflusses auf
Justinian ihre Sympathie mit den Grünen, ihre Häresie verbergen und offiziell
vor den Augen Justinians der Partei der Veneti huldigen. Evagrius' Kirchen
geschichte VI, 10.
J) Zonaras wie oben.
2) „TtXavto|i4virjv S'söpwv xrjv d|±^i x<p 9sq> Sögav xa Ttprixspa elj noXXa. xs
ävayxa£o|isvrjv Uvai, aimpit^aj äTtaaaj xaj &ni xdj TtXdvaj ^epoüaaj ö8ouj,
SieTtpdgaxo sv xip ßsßaitp xrjj Tüaxsa>j im |iiaj
saxdvai xpr]rci8oj. IIpöj 8e xai
xoüj vonouj . . . sü8ai|iovi ßitp xijv TtoXixsiav guvtbxiasv." (Procopius, de
Aedificiis I. 1 ed. Bonn. Bd. 3 S. 171.)
3) Man vergleiche die Quellengeschichte dieser Kriege bei Procopius,
de Bello Persico, Qotthico et Vandalico.
«) Nov. 17 bei N. Bd. I 137 und sonst.
nur der Namen Belisarius und Narses
zu erinnern, um zu erkennen,
daß Justinian auch auf diesem Gebiete ein großer Herrscher war.
War Justinian frei von seinen kriegerischen Beschäftigungen, so
wandte er seinen Blick und sein organisatorisches Talent auf das Wohl
seines Reiches und Volkes. Unter keinem Kaiser ist der Handel und
die Industrie so ungeheuer gewachsen und zu einer solchen Blüte
gediehen wie unter Justinian. Außer den übrigen historischen Quellen,
die von dieser Sorge Justinians Zeugnis ablegen, sind es noch seine
zahlreichen Gesetze, die sich auf Handels- und Industrieverhältnisse
beziehen.
Parallel zu diesen kulturellen Bestrebungen Justinians geht seine
Sorge für die Bildung seines Volkes und vor allen Dingen die Kunst
(namentlich die Baukunst und die Malerei), deren großartige Monumente
besonders in Ravenna und Konstantinopel bis heute die Bewunderung
der Welt genießen. Mit Recht konnte Justinian bei der Vollendung der
'Ayia. Socpta (gebaut 532—537), dieses Gipfels der Kunst des justinia
nischen Zeitalters, ausrufen: „Nevhojxa ae, SoXou.wv". Die 'Ayia. Hoyia.
„repete", wie Diehl sagt, „eternellement le nom et la gloire de Justinien".1)
Justinian wollte aber seine Arbeit sichern und festigen und zwar
nicht nur für die Gegenwart, sondern auch für die Zukunft. Das hat
Justinian erreicht durch seine Sorge für das Gesetz. Und eben jene
Ideen der Sicherheit und Festigkeit seines Schaffens sind die Haupt
motive und Grundmerkmale seiner großen Gesetzgebung.
Der Codex Theodosianus war zu seiner Zeit schon veraltet, und
außerdem waren seit dessen Aufstellung viele neue kaiserliche Gesetze
erlassen worden, die dem ganzen Corpus So
nicht einverleibt waren.
veranlaßt Justinian zwischen den Jahren 529 und 534 eine neue Auflage
des Kodex unter dem Namen „Codex Justinianus", dieses klassischen
Werkes der juristischen Wissenschaft; schon 533 hatte er für die Heraus
gabe des andern klassischen juristischen Werkes gesorgt, der Pandekten
oder der umfangreichsten Gesetzsammlung, deren Bedeutung bis auf
den heutigen Tag unbeschränkt geblieben ist. Die größten und be
deutendsten unter den Juristen dieser Zeit haben unter der Leitung des
großen Rechtsgelehrten Tribonianus für diese monumentalen Werke
gearbeitet. Nach der Veröffentlichung dieser Werke hatten die Studenten
der juristischen Fakultäten reiche Mittel für ihre wissenschaftlichen
Studien, und Justinian selbst hat ihnen durch ein besonderes Schreiben
das fleißige Studium dieser Schriften empfohlen.
Erst nach seinem Tode
ist Sammlung der meisten von ihm speziell erlassenen Gesetze
eine
unter dem Namen Neapai oder Novellae herausgegeben.
1) Diehl a. a. O. p. 468.
Blickt man näher
auf diese Gesetzgebung Justinians, dann sieht
man, daß er die Haltung seiner Vorgänger gegenüber der Kirche fort
gesetzt eingenommen hat. Im Codex Justinianus wie in den Novellen
finden wir zahlreiche Gesetze Justinians, die kirchliche Dinge (sowohl
dogmatische wie nicht dogmatische) anordnen. Alle diese rein kirch
lichen Gesetze zusammengefaßt, bilden eine großartige kirchliche Gesetz
gebung, die nicht nur die damalige Kirche sehr nötig hatte, sondern die
auch immer noch einen großen Einfluß auf die heutige kirchliche Gesetz
gebung (und besonders die der griechisch-katholischen Kirche) ausübt.
Fragen wir nun, ob Justinian diese kirchlichen Gesetze aus rein
politischen Motiven erlassen hat, wie es viele andere Kaiser getan haben,
so finden wir: Wenn auch nicht bestritten werden soll, daß Justinian
auch die Kirche zu politischen Zwecken gebraucht hat, so ist doch
nicht zu leugnen, daß er eine tiefreligiöse Natur war und daß infolge
dessen diese kirchliche Gesetzgebung seiner Frömmigkeit und seinem
Wunsche entsprang, die Kirche hochgestellt zu sehen. Diese Religiosität
kann man nicht nur aus der Sprache dieser Gesetze herausfühlen, sondern
auch aus großen Sorge für ihre Aufrechterhaltung und weiter
seiner
aus ihrer wissenschaftlichen Begründung durch seine eigenen theologischen
Schriften. Denn Justinian wollte sein und war ein frommer und aus
gezeichneter, ja der führende Theologe seiner Zeit. Außerdem kann
man des Kaisers Frömmigkeit, und gerade die, welche uns in seinen
Gesetzen entgegentritt, in seinen Kirchenhymnen beobachten, wo der
Glaube der Kirche, den er kodifiziert hat, den Gegenstand seines Lob
gesangs bildet. Hier wäre es gewiß unrecht zu sagen, Justinian hätte
in der Kirche seine umgedichteten Gesetze singen lassen! Kurz, man
kann Justinian ebensogut als den Juristen- wie als den Theologen
kaiser bezeichnen.
Betont man aber Justinians Religiosität, so erhebt sich eine andere
Frage, nämlich: wie kann man diese Religiosität mit der ungeheuren
Intoleranz vereinen, die diesen Kaiser beherrschte?
In der Tat war Justinian, wie wir noch sehen werden, außer
ordentlich intolerant. In bezug auf Religion standen nur die katholisch
orthodoxen Christen unter dem Schutze des Gesetzes, denn nur der
orthodoxe Glaube war vom Staat gesetzlich anerkannt; dagegen sollten
alle andern, Ketzer (nicht orthodoxe Christen), Juden, Heiden, Philo
sophen usw. gesetzlich verfolgt werden und wurden es. Der Kaiser
duldete keinen Widerspruch gegen sich und seine Gesetze, besonders
in religiösen Fragen. Natürlich kann man mit Recht behaupten, daß
eine solche Intoleranz weit entfernt ist, christlich zu sein, sie ist sogar
sicher unchristlich. Dennoch harmoniert bei einer Persönlichkeit wie
Justinian eine so starke Intoleranz mit tiefer Religiosität, zumal die
— 6 —
Justinians nicht ohne Nutzen blieb. In dieser Zeit gerade war die
Kirche mehr denn je gespalten, die verschiedenen Ketzereien und Sekten
waren außerordentlich gewachsen, die Staatskirche war in Gefahr;
außerdem herrschte in dieser Staatskirche selbst die größte Unordnung,
und die Kirche war sehr verweltlicht. Wenn man all dies ins Auge
ömp Sebcvuxat hv. xöv rtap' ^GW Siatpöpwv yp«(Plvtü>v XÖTWv x£ xal
ESixxwv."1) Anderseits sind diese Schriften der Ursprung und die
Quelle der Gesetze; denn sie sind entweder Kommentare oder Er
weiterungen der gegebenen Gesetze, oder die Gesetze sind eine Ver
kürzung der theologischen Schriften
Justinians. Demgemäß haben
Justinians theologische Schriften entweder als Voraussetzungen oder als
Erweiterungen der kirchlichen Gesetze eine große Bedeutung für das
Verständnis der letzteren.
Diesen Zusammenhang der theologischen Schriften mit
doppelten
den kirchlichen Gesetzenkann man nicht nur im Inhalt, sondern auch
in den äußeren Formen beobachten: Viele von den Gesetzen haben
eine solche Einleitung und einen solchen Titel, daß man glauben
könnte, die betreffende Schrift sei mehr als eine Erbauungsschrift von
einem kirchlichen Schriftsteller, denn als ein Staatsgesetz geschrieben.2)
Dagegen kommt in vielen seinen theologischen Schriften, die mit
Adresse und Einleitung versehen sind, die kaiserliche Autorität in einer
Weise zum Ausdruck, als ob es sich um allgemein verpflichtende
Gesetze handelte.8) Die Hervorhebung der kaiserlichen Autorität in
solchen privaten Schriften hätte sonst keinen Grund; die Autorität seiner
großen Persönlichkeit beeinflußt jedoch unwillkürlich auch seine privaten
Schreiben, obwohl auch diese an sich als obligatorische Gesetze
angesehen wurden und gegolten haben.
setzen: „Brief des ... an die heilige Synode, die für [die Sache des] Origenes
und seiner Freunde zusammengetreten ist.) Wäre das Konzil trotzdem
nicht die ivSiqu.oöaa auvoSo;, sondern das allgemeine von 553, an
welches der Brief gerichtet ist, hätte es also zehn Jahre nach der Ab
fassung des Logos stattgefunden, so könnte der Brief doch als Anhang
des Logos angesehen werden, wenn man annimmt, dieser Logos sei
mit dem Brief zusammen auch an das allgemeine Konzil geschickt
worden, zumal dieses auch den Fall des Origenes behandelte und ihn
verdammte.
Confessio rectae Fidei-adversus tria capitula.1)
3. Diese ist zwi
schen und 553 verfaßt.2)
den Jahren 551 Die Adressaten dieser Schrift
sind „äTtav xö TtX^ptö|ia xfj; xa9-oXtxrj; xat aTtoaxoXtxyj; -ExxXiqafa;".
Zunächst drückt der Kaiser den Glauben an die heilige Dreieinigkeit
aus, dann spricht er über den Logos und seine Inkarnation, sodann
länger über die zwei Naturen Christi. Dieser Lehre folgen 14 Ana-
thematismen gegen alle Häretiker, insbesondere aber gegen Theodor
von Mopsuestia, Theodorets von Kyros Schriften und Ibas- von Edessa
Brief (gegen die drei Kapitel).3) Diese Polemik wendet sich besonders
heftig gegen den Brief des letzteren. Im Gegensatz zu dieser Irrlehre
verteidigt sie den rechten Glauben in derselben Weise wie in der vor
hergehenden Schrift.
Die Beziehung dieser Schrift zum Tractatus contra Monophysitas
(siehe später) und anderseits zu dem Briefe „adversus nonnullus . . ."
(siehe später) hat Loofs in seiner erwähnten Schrift gezeigt.4)
4. Ein Rundschreiben an das 5. ökumenische Konzil Mai 553)
(5.
gegen Theodor von Mopsuestia.5) Dieser Brief ist identisch mit dem
in den Akten des ökumenischen Konzils erhaltenen Brief (bei Mansi
5.
„*Ev övö|iaxt 6so0 xai Ttaxpöj xai xoö |iovoysvoöj auxoö uioö -Irjaoö
1)
Xptaxoö xoö xupiou fj|ifiv xai xoö dYiou Ttvsu|iaxoj, Aixoxpdxtop Kataap 3>tXö-
Xprjaxoj -Iouaxtvtavöj, -AXa|iavtxös, Toxihxöj, «fpapuxöj, rsp|iavtxöj, Avxtxoj,
AXavtx6j,Oüav8aXtxöj, -Acpptxavöj, süasßrjj, süxuxrjj, svSogoj, vtxrjx-ijj,xpoTiatoöxoj,
astasßaaxoj AöYouaxo{ aTtavxt xtp TtXripw\ia.xt xrjj xafl-oX<xrjj xai dTtoaxoXtxrJj
IxxXtjotaj." PO. 86 col. 993—1035. Auch Mansi IX p. 537—582.
I.
836; 20.
S.
2)
4)
„TüTioj xoö ßaotXstoj -Iouaxmavoö Ttpöj xrjv dyiav auvoSov Tispi 8so5ä>pou
5)
xoö Mot|jousaxiaj xai xwv Xomtöv." PG. Bd. col. 1035 — 1041 D.
B
I.
1.
6)
?)
'
— 12 —
o-i
xtve; Set£at
ßouXö|ievGt, öxt xyjV xotayxrjv daißetav xa9-oXtxrj ixxXyjat-a oOSi ^-oye
f/
xaxeStxaaav xal aoxot xyjv xotaüxrjv ouaaeßetav,
oöSI &yzl,
i£
Tioxe,
ist,
stück einer von den vielen Protesten der Occidentalen gegen das
ökumenische Konzil (bzw. die Verurteilung der drei Kapitel) scheint;
5.
andre von Hefele vertretene Meinung, die Adressaten seien die Bischöfe
aus Dalmatien und Illyricum, und das Schreiben beziehe sich auf den
Fall des Metropoliten Frontinus von Salona in Dalmatien, hat Loofs
an derselben Stelle als künstliche Kombination erwiesen. Doch hat
Hefele auch hier insofern Recht, als die unbekannten Bischöfe zweifellos
Occidentalen sind und nicht Orientalen, was Loofs wegen der Sprache
des Schreibens (er sagt, wenn die Bischöfe Occidentalen wären, dann
hätte der Kaiser Lateinisch geschrieben) abzulehnen scheint. Wir sagen
:
310, 311
S.
19
f.
») 3)
f.
4)
ß) Justinians Briefe.
Die Briefe Justinians sind chronologisch geordnet folgende:
1. Ein Brief an den Papst Horsmidas (f 523) vom 7. Septem
ber 518 handelt vom acacianischen Schisma und empfiehlt den Kirchen
frieden.3)
2. vom 22. April 519, desselben Themas.4)
An denselben
3. An denselben
vom 29. Juni 519, handelt von dem Streit der
scytischen Mönche und von heiligen Reliquien.5)
4. An denselben vom Juli 519; eine Bitte an den Papst, er möge
ihm die Mönche Johannes und Leontius schicken.6)
5. An denselben vom 5. Oktober 519. Er mahnt zum Kirchen-
frieden und zur Einheit der Kirche und fragt den Papst nach seiner
Meinung über die Formel „unum de Trinitate crucifixum".1)
6. An denselben vom 7. Juli 520, handelt von der Wiedereinsetzung
der Bischöfe Elias, Thomas und Nicostratus. 2)
7. An denselben vom 9. Juli 520; handelt vom Schisma des
Akakios und bittet um die Wiederherstellung des Friedens3) und berührt
wieder die Trinitätsfrage (bzw. die Christologie).
8. An denselben vom 31. August 520; handelt wieder von der
Unität der Kirchen.4)
9. An denselben vom 9. September 520; handelt wieder von der
Formel „unum de Trinitate crucifixum fuisse" und dem Acacianischen
Schisma.5)
10. An denselben Papst Horsmidas von Mitte September 520;
er wundert sich, daß der Papst mit der doch schon gelösten Trinitäts
frage nicht zu Ende kommt.6)
11. An den Papst Johannes II. (f 535) vom 8. Juni 533. Er bekennt
und verteidigt die oben genannte Formel und mahnt zur Einheit der
Kirche.T)
12. An Papst Agapet I. (f 536) vom Jahre 535, abgesehen von
einer neuen Vorrede genau derselbe Brief wie Nr. II.8)
13. Fragment eines dogmatischen Briefes an den Patriarchen
Das
Zoilus von Alexandrien.0) Zoilus war 542 bis etwa 550 Patriarch von
1897, S. 57
Nirschl, Lehrb. Patr. u. Patristik, 388 ff.; Bardenhewer, Patrologie,
d.
S.
. 10 ff.
— 17 —
Schriften gewiß aus Justinians Feder stammen. Auch die Frage, wiefern
Justinian von anderen Theologen abhängig und beeinflußt ist, hat man,
wenn auch nicht mit sicheren Resultaten behandelt.1) Einen bestimmten
Theologen zu suchen, von dem Justinian abhängig wäre, ist vergeblich,
denn Justinians Zeit interessierte sich so sehr für theologische Fragen und
Probleme, daß man nicht nur dem Kaiser (der dafür schließlich ein
besonderes Interesse hatte), sondern auch jedem Laien eine gewisse
Selbständigkeit in theologischer Schriftstellerei zuschreiben konnte, vom
Werte dieser Schriften natürlich abgesehen. Nun sind Justinians
theologische Schriften von großer Bedeutung und rein wissenschaftlich
theologischer Art;2) doch wird man sich nicht wundern, daß Justinian
solche Schriften geschrieben hat, wenn man folgendes vor Augen hat:
1. Justinians Bildung, namentlich seine theologische, war gar nicht so
gering.3) 2. Sein aus rein religiösen und auch aus politischen Motiven
entspringendes Interesse für die Glaubens- und überhaupt für die
religiösen Probleme, wie man am besten aus seinen Briefen (namentlich
denen, die er schrieb, ehe er Kaiser wurde) ersehen kann. 3. Die Tat
sache, daß die theologischen Probleme am Hofe von den bedeutendsten
Theologen der und des Reiches vor, während und
Reichshauptstadt
nach den Synoden so eifrig diskutiert wurden. Dies sind die drei
Hauptanregungen für Justinians Schriftstellerei und zugleich die Haupt
argumente ihrer Echtheit. Nimmt man Justinians juristische Bildung
und seine kaiserliche Autorität hinzu, so hat man alle Faktoren dieser
Schriftstellerei. Justinian konnte wegen seiner Bildung und seines
doppelten Interesses selbständig schreiben, ohne dabei natürlich einer
starken Beeinflussung durch die Theologie seiner Zeit, in deren Luft er
lebte, zu entgehen, was sich bis auf die Terminologie seiner Schriften
verfolgen läßt. Aber wie es unrichtig wäre, in Justians schriftstellerischer
Tätigkeit nur seine Selbständigkeit zu betonen und den Einfluß, den die
damals herrschende Theologie auf ihn ausübte, zu verkennen, ebenso un
richtig und einseitig wäre es, seine Abhängigkeit von den Theologen seiner
Zeit so sehr hervorzuheben ; und noch unrichtiger ist es, wie wir glauben,
wenn man annimmt, daß die uns vorliegenden Schriften nur des Kaisers
Namen tragen und von seiner Autorität gestützt sind, und ihre Abfassung
einem andern zuschreibt. J) Vielmehr sind diese Schriften von Justinian
selbst verfaßt, wenn auch unter dem Einfluß der zeitgenössischen
Theologie, und tragen mit Recht des Kaisers Namen.
») Knecht a. a. O. S. 24.
2) Loofs a. a. O. S. 318 Anmerkung.
3) Der Streit hierüber ist groß, namentlich bei den Engländern, vgl.
Knecht a. a. O. S. 140 ff.; Hutton a. a. O. S. 204 ff.; Bury a. a. O.
II p. 7f.; Seeberg, Dogmengeschichte Bd. 2 S. 263.
4) Über Justinians Lehre und ihre Bedeutung vgl. Harnack a. a. O.
S. 415 ff. ; Glaizolle, Justinien . . . Lyon 1905 p. 110 sq. sq.; Loofs a. a. O.
S. 316; Hutton a. a. O. S. 183 ff.
— 19 —
Harnack nennt ihn „den besten Dogmatiker seiner Zeit und in seinem
Lande",1) trotz der scharfen Kritik seiner Theologie.
Justinians Theologie wird uns aber hier mehr von ihrer juristischen
Seite interessieren. Die Kirche hat Justinians Lehre als übereinstimmend
mit der eigenen angenommen, und Justinian hat die kirchliche Lehre
zum staatlichen Gesetz erhoben; darum erscheint seine Theologie in
einer juristischen2) und gesetzlichen Färbung. Darin, daß, wie hier
gezeigt, die Kirche Justinians Lehre annahm und Justinian diese Lehre
zum Staatsgesetz erhob, besteht hauptsächlich Justinians Cäsaro-
papismus, 3) der uns jedoch weniger stark erscheint, wenn wir uns
erinnern, daß er einerseits aus vorwiegend religiösen Motiven entsprang,
daß Justinian anderseits Theologe- war und seine Lehre weniger selbst
geschaffen Theologie entnommen hatte.
als der damaligen
Justinians kirchliche Gesetzgebung aber geht weit über die
Dogmatik hinaus. Die Ordnung der Kirche in ihren Einzelheiten
beschäftigteJustinian auf das lebhafteste, und eben in diesem Teil seiner
kirchlichen Gesetzgebung können wir das Überwiegen der religiösen
Motive am besten beobachten, obwohl sich die kaiserliche Autorität
auch hier maßgebend gewesen ist.
So stark politisch darum diese kirchliche Gesetzgebung gefärbt
ist, steht sie doch auf religiöse Grundlage, so daß man sagen kann:
eine solche kirchliche Gesetzgebung könnte auch ganz wohl das Werk
einer rein kirchlichen Persönlichkeit sein.
Justinian wußte das Gleichgewicht zu halten, so daß er sein Ziel
erreichen ohne sich dadurch seine Herrschaft über die Kirche
konnte,
zu erschweren. Die Kirche hat von dieser Herrschaft mehr Nutzen als
Schaden gehabt, und, um mit Müller zu schließen, „diese Herrschaft
war unter Justinian zur Vollendung gebracht worden. Er regelte mit
seinen Gesetzen alle Einzelheiten des kirchlichen Lebens, den Glauben,
die Liturgie, das Leben und die Amtsführung der Geistlichen, die
Bischofswahlen, die Abhaltung von Provinzialsynoden, die Ausdehnung
der Gewalt der einzelnen kirchlichen Amtsstufen, den Instanzengang der
kirchlichen Rechtssachen usw. Die kirchliche Gesetzgebung ging voll
ständig in die kaiserliche über. Die Kanones wurden ein Stück des
Jus publicum. Der Kaiser selbst überwachte ihre Ausführung, und seine
») Harnack a. a. O. S. 422.
Alles, was Justinian gelernt, geglaubt und gelehrt hat, hat er zum
Staatsgesetz erhoben.1) D. h. Justinian hat wohl neue Gesetze für
kirchliche Dinge verfaßt, doch hat er die meisten rein kirchlichen Gesetze
(Kanones) als staatliche Gesetze (vöu.ot) anerkannt und auch staatlich
autorisiert.2) Doch abgesehen von den Gesetzen, die Justinian selbst
verfaßt hat, wäre eben jene staatliche Anerkennung und Autorisation
der kirchlichen Kanones allein schon von großer Bedeutung. Justinian
aber hat sich nicht damit begnügt, die kirchlichen Kanones bloß
anzunehmen, sondern er hat selbst der Kirche viele neue Gesetze
gegeben, die dann aber natürlich
wie die erstendieselbe Autorität
genossen.3) Die Kanones, die Justinian anerkannte, bezogen sich zum
größten Teil auf Glaubenssachen, während die von Justinian erlassenen
Gesetze sich mehr auf äußere Angelegenheiten der Kirche bezogen.
rj|isxspot ßouXovxat vö|iot, 9-saTii£o|isv xpaxstv |iiv iTt- aüxotj xd xotj Upotj
Soxoövxa xavöatv, ojj äv sl xai xotj TtoXtxtxotj ivsyiyp<xTtxo vö|iotj ... C. I. 344
(ed. Krueger S. 47).
3) Daß nach dieser Anerkennung Justinians Gesetze dieselbe Autorität
wie die Kanones besaßen, ist völlig Doch verlangte Justinian
natürlich.
von der Kirche folgende Gegenleistung. Gab er den kirchlichen Kanones
staatliche Anerkennung und Autorität, so verlangte er von der Kirche die
Anerkennung und die kirchliche Autorisation seiner Gesetze. Höchst auf
fallend sind folgende Worte, in denen Justinian diesem seinem Verlangen
Ausdruck gibt: sTtstSav 8s 6 vö|ioj Srj|ioata Ttpoxs9-sirj xai dTtaot ysvotxo cpa-
vspöj, xrjvtxaüxa Xrj,j9-sij IvSov dTtoxsia9-to iv xrj dytwxdxrj -ExxXrjaia |isxd xäW
rj
1) C. I. 1, 5. —
2) I. 1, 6. - 3) I. 1,7. — ") I. 1, 8 (v. 8 ff.). S. lOff.
5) -Trjj i3p9"?jj . . . Ttiaxstoj . . . Ttotrjaat cpavspöv . . . dnoXou9,oövxsj xrj Ttapa-
Söast xai 6\ioAoyicj. xrjj dytaj x0u 8soö xa9-oXtxrjj xai dTtoaxoXtxfjj -ExxXrjaiaj.
C. S. 10 v. 1—4.
6) Man beachte den wesentlich verschiedenen Gebrauch des Ausdrucks
„^Ti-iaxaxwv xüv fj|ispöv". In seinen Schriften sagt Justinian, der Sohn Gottes
sei „iTt- iaxdxtDV xöv rjuspÄv" vom Himmel herabgestiegen; hier dagegen
sagt er „iTt- iaxdxtov xtüv fj|ispüv 6|ioXoYoö|isv xöv |iovoysvrj u^0V toö
9-soö" (C. S. 10 v. 7), was zwar wesentlich dasselbe ist, doch merk
würdig klingt.
r
— 24 —
xptdSo; 9-soü Xöyou,1) und ist darum 6u.oouato; x(7> Txaxpl xaxa xyjv
9-eöxyjxa xat 6uoouato; yju.Iv xaxa xyjv dv9-p(OTtöxrjxa, 2) darum auch seine
xa xe 9-auu.axa xat xa Ttaftrj.3)
§ 3 bis zu Ende ist eine allgemeine Verdammung der Häretiker
und ihre Anhänger, und zwar werden ausdrücklich genannt Neaxöpto;
ö dvftpwTtoXaxprj;, der die Person Jesu Christi spaltet und Maria nicht
als Oeoxöxo; anerkennt;4) Eöxuxla xöv cppevoßXaßYj, der die Inkarnation
leugnete und die Homoousie des Sohnes mit dem Vater (als Gott) und
mit uns
(als Mensch) ablehnte;5) und endlich -ATtoXXtvdptov xöv
tyuypy&öpov, der die Inkarnation falsch auffaßt.6)
ß) Auf dieses allgemeine Edikt
folgen die übrigen genannten,
die sich direkt auf die Streitfrage „einer von der Trinität gelitten" be
ziehen. Zunächst das vom 15. März 553, das an die Einwohner von
Konstantinopel gerichtet ist (KwvaxavxtvoimoXtxat;). Hierin gibt der Kaiser
seinem Bestreben Ausdruck, die Rechtgläubigkeit des Volkes zu sichern.
Das Edikt sollte nicht nur die Häretiker überhaupt bekämpfen, sondern
richtete sich auch dagegen, daß diese eifrige und heimliche Propaganda
trieben.T) Der Inhalt dieses Edikts ist wesentlich derselbe wie der des
ersten. Der Satz ,,Iuetve y^P xPt.«; *J tpt&; *cd aapxw9-evxo; xoö
£vöi; xyj; xptdSo; 9-soö Xöyou"8) wird besonders stark betont.
y) Es folgt nun das Edikt vom 26. März bzw. 4. Juni 533 an
den Patriarchen von Konstantinopel, Epiphanios, bzw. an den Papst
Johannes II. Hier weist Justinian die beiden Patriarchen noch nach
drücklicher auf das Emporkommen und die Verbreitung der Häretiker
hin.9) Wie er selbst sagt, ist dies nichts anderes als eine Erklärung
des vorangegangenen Ediktes (ß), das die beiden Patriarchen samt dem
ganzen Klerus schon kannten und unterschrieben hatten.10) Wie in den
vorangegangenen Edikten hebt Justinian auch in diesem ganz besonders
die Übereinstimmung seiner Lehre mit der der 4 ökumenischen Synoden
hervor, die dieselben Häretiker verurteilt hatten. Justinians strenges
Festhalten an der Tradition der ökumenischen Synoden macht einen
besonders starken Eindruck: Myj yivotxo, sagt Justinian, xa; xeaaapa;
&ylac, auvöSou; yj xa Ttap- aöxwv StatuTtw9-evxa Ttepte£eXxt-elv, denn das
hieße ja von der Orthodoxie abfallen und den Häretikern die Tür der
— -
J) C. S. 10 v. 15.
4) C. S. 10 v. 16 f. —
2) S. 10 v. 13.
5) S. 10 v. 22 f.
-
3) S. 10 v. 12.
") S. 10 v. 24 ff.
T) süpövxsj xtvaj x^j vöa<o xai |iavicjc xpaxou|isVo-jj xöv dasßtöv Nsaxopiou
x. X. rt. . . . C. S. 10 v. 34. Oi 8b dvtdx»j Ixovxsj, xpuTtxovxsj xrjv sauxtöv
TtXdvrjv Ttsptspxovxat . . . xdj xüiv aTiXouaxspwv c|juxaj sxxapdaaovxsj xs xai
axav8aXi£ovxsj xai evavxta xrjj dYiaj xa9-oX™?jj xai dcTtoaxoXtx^j -ExxXrjaiaj
XsTovxsj. C. S. 10 v. 37 ff.
— S. 12 v. 5ff. —
10)
C. S. v. 18. 11 ff.
S.
8) 11 °) 13 v.
— 25 —
Kirche öffnen.1) Es ist oft genug auf die Bedeutung dieser justinianischen
Edikte hingewiesen worden.2) Durch diese Edikte ist die alte Frage,
ob die Formel „Eva -rtj; Aylac, xptaSo; TteTtov\revat aapxf", die das
Glaubensbekenntnis der scythischen Mönche im Gegensatze zu dem der
akoimetischen bildete, richtig sei, bejaht und die Bejahung sanktioniert
worden. Diese Edikte zeugten von Justinians Sieg in diesem langen
dogmatischen Kampfe. Die Formel wurde von der ganzen Kirche
anerkannt, und die Einheit hatte sich trotz der gebliebenen Partikulari-
täten gefestigt.
2. Nestorianismus.
Justinian die Lehre von der einen Person Christi in zwei Naturen
gegenüber (xoö £vö; Ttpoawra>u iv Suo c$>üaeatv). T)
3. Monophysitismus.
Wir haben schon vom justinianischen Tractatus gegen die Mono-
physiten gesprochen,8) und wir halten uns auch nicht lange bei der
Darstellung des langen Streites auf (Gespräch der Katholiken und
Severianer9) (533)
— Absetzung des Patriarchen Anthimos (535)
—
1) C. S. 13 v. 37ff.
Vgl. Knecht a. a. O. S. 71 ff.; Loofs, Leontius von Byzanz a. a.
2)
O. S. 303ff.; Glaizolle a. a. O. S. 15ff. u. a.
3) Siehe S. 24.
-
4) S. 11.
— 5) S. 13.
8) PG. 86 I. col.
-) Knecht,
1013D-1015A,
a. a. O. S. 92ff. — 8) S. 13.
-
B, C, 1143 B, 1019 B, 1133 D f.
9) Mansi VIII p. 817f.
— 26 —
■?]
SepocjuvYj; xwv fepaxixwv xaxeßfßaae
ßaaiXefa auu.^rjcpo; yeyove x^j xöv fepewv aöfrevxia Er erwähnt
.2)
.
.
die Verurteilten der Reihe nach im Zusammenhang mit ihren häretischen
Lehren, verbietet ihnen jeden Aufenthalt in Konstantinopel und jeden
Anspruch auf ihre bisherige priesterliche (bzw. bischöfliche) Würde,
ebenso die Ausbreitung ihrer Bücher. Durch den Patriarchen Mennas
(den Nachfolger Anthimos') mußte der Inhalt dieses Ediktes allen Kirchen
bekannt gemacht werden, damit sie sich vor jenen Häretikern bzw. den
Severianern hüteten.4) Durch dieses Edikt wurde dem Monophysitismus
(von den drei Kapiteln abgesehen) wenigstens offiziell ein Ende gemacht.
Justinian hat weder durch gesetzliche Mittel noch durch seine theologe
Arbeit vermocht, den Monophysitismus für die Kirche zu gewinnen,
doch hat er der Orthodoxie zum Siege verholfen und sie gerettet. Der
Kaiserin Theodora ist es trotz ihres großen Einflusses auf Justinian nicht
gelungen, des Kaisers Überzeugung zu ändern. Justinian ließ sich
allerdings anfänglich von Theodora verblenden, als ihm Papst Agapet
jedoch seine Täuschung nachwies, wich seine große Liebe zu Theodora
seiner orthodoxen Überzeugung. Natürlich hat man Justinians Stellung
zum Monophysitismus ungünstig beurteilt, wohl namentlich deshalb, weil
der Kaiser keinen Erfolg hatte; sein Werk dürfte aber nicht nur hier
nach abzuschätzen sein.
Justinian war aber nicht nur Theologe, sondern auch Kaiser, er
mußte also gleichzeitig für Staat und Kirche sorgen. Wäre die Synode
und das Edikt von 536 nicht gekommen, so wäre gleich nach dem
ersten (acacianischen) Schisma ein zweites mit Rom dagewesen, und es
ist klar, daß dieses hätte üble Folgen haben müssen. Justinian hat aber
vermöge seiner großen diplomatischen Fähigkeit, zugleich aber auch
von Religiosität und Frömmigkeit getrieben, die Orthodoxie der Kirche,
I.
J)
N. — 374.
S.
367, (N.)
f.
2)
3)
8
— 27 —
ihre Einheit und dadurch auch die Einheit des Staats mit einem Schlage
gerettet. 1)
Eng sind nun die Dreikapitelstreitigkeiten
mit diesen Streitigkeiten
(der Hauptstreit justinianischen Zeit) verbunden.
der Ehe wir aber
dazu übergehen, werfen wir einen Blick auf die origenistischen Streitig
keiten der justinianischen Zeit, die auch sonst mit dem ganzen mono-
physitischen Streit eng verbunden sind.
4. Origenistenstreit.
Der neue Streit um Origenes ist, wie bekannt, von der hierosoly-
mitischenvia. Xaupa des heiligen Sabbas entzündet worden, wo vier
Mönche, darunter Leontius von Byzanz (Loofs), eifrige Verehrer des
Origenes waren (515). Diese Mönche wurden aus ihrem Kloster ver
trieben,und nach verschiedenen Verhandlungen wurden die Origenisten
von einer topischen Synode um den Patriarchen Ephraim von Antiochien
(542) verurteilt. Ein Jahr später (543) wurde die ivSYjuo0aa aüvoSo;
um den Mennas nach Konstantinopel berufen,
Patriarchen die, ge
stützt auf Justinians Schrift gegen Origenes,2) die Origenisten auch ver
urteilte. Später hat Justinian seine Schrift gegen Origenes vielleicht an
das 5. ökumenische Konzil (553) geschickt, das ebenfalls Origenes und
seine Anhänger endgültig verurteilte.3) So hat das kaiserliche Schreiben
gegen Origenes wegen seiner vielfachen Sanktionierung seitens der
Synoden den Charakter und die Autorität eines Ediktes gewonnen.
Durch dieses Edikt ist Origenes definitiv verurteilt und den langen
origenistischen Streitigkeiten ein Ende gemacht worden.
Natürlich hat die freie Theologie durch die Verurteilung des
Origenes, wie Harnack bemerkt, einen schweren Schlag erlitten, ob sie
aber auch ohne diese Verurteilung fähig gewesen wäre, mit neuen
Kräften neue Fortschritte in der Theologie zu machen, ist sehr fraglich.
Der Weg zur Scholastik begann sich von selber zu öffnen, so daß man
dies dem Justinian und seiner Verurteilung des Origenes nicht ganz
zuzuschreiben braucht. 4)
.
— 28
5. Dreikapitelstreit.
Der Gipfel und Abschluß der monophysitischen Streitigkeiten und
des ganzen christologischen Problems ist der Dreikapitelstreit, der durch
das fünfte ökumenische Konzil (553) zu Ende geführt wurde.
Wir fassen ihn ebensokurz wie die andern zusammen:
Der Streit der drei Kapitel (Theodor von Mopsvestia und seine
Schriften, der Brief Ibas- von Edessa und die Schriften Theodorets) 1) ist
hauptsächlich von Theodorus Askidas, einem Origenisten der nea Laura
des heiligen Sabbas und Bischof von Caesarea in Kappadocien, ver
anlaßt worden.2)
Theodorus Askidas, der die Gunst des Kaisers zu gewinnen wußte,
hat, um seine Gegner, die Orthodoxen, die die Verurteilung des Origenes
verursacht hatten, zu erniedrigen, den Kaiser zu einem Edikt (544) ver
anlaßt, worin er die drei Kapitel anathematisierte. Dieses Edikt ist uns
nicht mehr erhalten. Nachricht darüber haben wir bei Facundus von
Hermiane3) und in einem Brief des afrikanischen Bischofs Pontianus.4)
Die Verhandlung und Kontroversen dauerten lange, bis Justinian seine
Konfession gegen die drei Kapitel verfaßte, die die Grundlage des
5. ökumenischen Konzils war (553). 5)
Dieses Schreiben, das den Charakter und den Namen eines Ediktes
(toö Ttapövro; t?jStxtou) trug, sollte den Rechtgläubigen eine Mahnung
zur Bewahrung ihres Glaubens und den Ungläubigen zur Rückkehr zur
Wahrheit sein.6)
Durch dieses Edikt ist, wie wir schon gesehen haben, in seinem
ersten Teil der Glaube, man kann sagen befohlen 1. an Gott bzw. die
heilige Trinität, 2. an die Inkarnation des göttlichen Logos aus dem
heiligen Geist und der Jungfrau Maria, 3. an die Einheit der rein
menschlichen und der rein göttlichen Natur in der Person Jesu Christi,
4. an heilige Jungfrau Maria als Gottesgebärerin,
die 5. an den ge
kreuzigten Jesus Christus als einen von der Trinität und 6. an die
Einheit der Kirche. Der zweite Teil bekämpft und anathematisiert alle
Häretiker und besonders die drei Kapitel. Das fünfte ökumenische
Konzil hat in der Tat die drei Kapitel verurteilt und seine Beschlüsse
Siehe S. 11 ff.
»)
i) Harnack a. a. O. S. 421.
2)
Walen, Kelzerhistorie, Bd. 8, Leipzig 1778,
Zum Dreikapitel streit vgl.
S. 3ff.; Harnack a.a.O. S.417ff.; Loofs a. a.O. auch S.316; Knechta.a.O.
S. 125 ff.; Seeberg a. a. O. S. 261 ff.; Loofs, Dogmengeschichte, 4. Aufl.
S. 306 ff.
r
- 30 —
1. Allgemeines.
Den gesetzlichen Bestimmungen gegen die Nichtorthodoxen gehen
zwei voran, die für alle Nichtorthodoxen gelten. Zunächst sind nur die
Orthodoxen zum Militärdienst berechtigt. Das Gesetz Cod. Just. I. 4. 20
von 528 (?)4) verordnet, niemand dürfe in den Militärdienst eintreten,
ehe seine Orthodoxie von drei Zeugen vor der Heiligen Schrift be
glaubigt sei. Den Beamten, die dies vernachlässigen, und denen, die
ein falsches Zeugnis abgelegt haben, wird eine hohe Summe als
Strafe gesetzt.
Auch in dem Gesetz Cod. I. 5. 12 von 527 5) werden alle Gesetze,
die früher gegen alle Häretiker im weitesten Sinne,6) einschließlich der
1) C. S. 80 v. 10.
2) xoüj övxoij |iev a.lpsziv.obq v.a\ sxi tzpö xouxtov "EXXrjvaj 7j 'Iou8aiouj
T\ Sa|iapsixaj xai xo'jj xouxoij ö|ioiouj. C. S. 80 v. 29.
3) rj|isij 8s ßouXö|isvoi xoüj x'ijv Sp9-ö8o5;ov äaTta£onsvouj rciaxiv xai xaüxijj
ävxsxo|isvouj Ixsiv ti TtXeov Ttpovö|iiov xiöv cü.Xoxpioüvxo>v iauxouj xrjj xoö 6so0
Ttoi|ivrjj (ETtsi8rj \i-r\zs 8ixaiöv eaxiv iawv xoij öpfro8ögoij xoüj alpsxixouj d£ioöa9-ai
itpovo|iiwv). N. II. S. 155.
4) C. S. 63 v: 18f. — 5) C. S. 8Öf.
6) Auffallend ist, daß in diesem Gesetze gerade der Manichäismus am
heftigsten bekämpft wird. Vielleicht versteckt sich hinter diesem besonderen
Haß gegen die Manichäer ein Widerwille gegen die Perser, deren religiösen
Einfluß, durch die Manichäer vermittelt, man abwenden will. Vgl. auch
Knecht a. a. O. S. 39.
— 33 —
dXXd |irjv xai xotj xrjv TioXt3-siav Ttstpto|isvotj sladystv "EXXrjat xai Ixt
1)
154.
2)
s)
C.
9.
S.
80 v.
4)
C. v. 27.
S.
C, 85 v. 42
S.
f.
T)
398.
8)
.
.
xt|iYJj S-dTtoXausxtoaav |irj5s|itäj, dXX- sax»aav iv dxt|i£a xijv xüx^v ev olc|. xai
xrjv t^ux^v fjßouXifj*rjaav slvat. Nov. 45 N. II. S. 396.
10)
C. v. 33f.
S.
81
Alivisatos, Gesetzgebung
I.
Justinians
— 34 —
J) C. S. 85.
2) pj8sva auyxtuPsij&ai xü>v taXou|isvtov auxäiv [xäSv Movxaviaxwv] Ttaxpiapx&v
xai xoivwvtüv ij itziQv.oKUt'/ rj Ttpsaßuxspwv Yj 8iaxövwv r\ äXXtov xXrjpixöv, slnep
bXw$ auxoij xoij övö|iaai xouxoij xaXstv rcpoarjXei. C. S. 85 V. 18.
3) xTJj '9-prjaxsiaj [xöv Movxaviaxüiv] rcapa Ttdvxwv8ixaitoj |naoi>|1ivrjj xs xai
xaxsyvtaa|ievrjj.
4) ibid. S. 82. -
C. S. 85 v. 33.
5) C. S. 81 v. 4 ff.
— 35 —
1) C. S. 81 v. 36 ff.
Kinder wegen ihres Übertritts sich nach dem Tode der Eltern zeigen,
indem die orthodoxen Kinder durch Testament enterbt werden, so be
stimmt das Gesetz Cod. I. 5. 13, 1) daß ein solches Testament nicht gilt
und die Kinder nach den gewöhnlichen Rechten (cpuXaxxouivwv xöv
eXeu9-eptwv) ihre Erbschaft antreten können. Selbst wenn sich die ortho
doxen Kinder an ihren Eltern irgendwie versündigt haben, werden sie
zwar bestraft, bekommen aber immer noch ein Viertel des Vermögens
ihrer Eltern.
Ungefähr dieselben Bestimmungen finden wir in der Novella 115
vom ersten Februar 542 cap. y - § 14 und cap. S' § 8.2) In diesen
Kapiteln ist vom Verhältnis der Kinder und Eltern überhaupt, besonders
in bezug auf Glaubenssachen die Rede; über das Vermögen wird
folgendes bestimmt, sofern sie verschiedener Religion sind: Wenn die
Eltern entdecken, daß die Kinder irgendeiner Häresie angehören,3) so
haben sie die kaiserliche Erlaubnis, ihre Kinder als undankbar4) zu be
strafen, d. h. diesen Kindern jedes Erbrecht auf das elterliche Vermögen
abzusprechen.5) Die orthodoxen Kinder dagegen haben genau darauf
zu achten, ob ihre Eltern vielleicht zu einer der Häresien abgefallen
sind, damit dann die obengenannten Bestimmungen zum Vermögen
der sterbenden ketzerischen Eltern in Kraft treten.6) Diese Bestimmungen
weichen von den vorhin genannten nur in zwei Punkten ab. Es wird
nämlich bestimmt, daß die so bestraften Kinder, wenn sie nachher zur
Kirche zurückkehren (et i%i xowxyjv [tyjv -ExxXyjatav] dvaaxpecj>ouat),
gleiche Erbansprüche auf das elterliche Vermögen wie ihre orthodoxen
Geschwister haben, doch nur für den Stand des Vermögens zur Zeit
ihrer RückkehrT) zur Kirche, nicht nach dem Tode der Eltern.8)
Der zweite Punkt, der von den oben genannten Bestimmungen
abweicht oder besser sie ergänzt, lautet: wenn die ketzerischen Eltern
überhaupt orthodoxen Erben und auch keine weiteren Verwandten
keine
haben, dann soll ihr Vermögen, falls sie Kleriker sind (et oyj\\ia.
xXrjptxöv ol Yovet; aöxöv IxoteV), der Kasse der Kirche ihrer Wohn
stadt (x^ -ExxXyjata xyj$ TtöXew;) zufallen, sind sie aber Laien, so fällt
es der Staats- bzw. der königlichen Kasse zu Se Xalxol diat, eE; xa
(e?
S.
189
II
f.
f.
2)
i)
...
rj
N. Bd.
S.
xotvwvstv 189.
II
im.vXiialo|.
dxaptoxouj ibid. — ibid. — N. Bd.
S.
189
II
T) 4)
f.
«)
5)
Ttsptouaia] d.
[tj
Rückkehr.
N. Bd. S. 190 — N. Bd. 191 und 193
S.
8.
II
II
f.
9)
s)
§
37
oE
155.
II
II
cap.
II II
2)
3)
6)
— 38 —
1. Allgemeines.
Fast in allen Justinians finden wir strenge und haß
Gesetzen
erfüllte Ausdrücke gegen die Juden. Die Juden werden vielfach ä9-eot
genannt und zwar in rein religiösem Sinne, nicht etwa in politischem.
Zunächst gelten für die Juden (und Samariter) alle gegen die
Häretiker erlassenen Gesetze, die obenerwähnt sind, das wird aus
drücklich gesagt: xa.1 Ixt Ttp4 xouxwv [aEpextxöv] -IouSafou; yj 2au.a-
pefta; xat xoü>; xouxwv 6u.ofou;.3) Außer diesen allgemeinen Gesetzen
sind noch manche speziell gegen die Juden erlassen worden, die man
in zwei Gruppen teilen kann: in solche, die direkt auf Glaubenssachen
gehen und die Juden milde für die Orthodoxie gewinnen sollten, und
in strengere, die die harte Verfolgung der Juden anordneten.
1) N. II S. 154.
2) Man vergleiche die polemischen Homilien gegen die Häretiker schon
des Chrysostomus.
3) C. S. 80 v. 29.
40
|isv |iövrjj ixovxat xrjj sßpat8oj cptflvrjj xai aöx^j xsxprja9-at Tispi xtjV xfiv ispöv
ßißXtov dvdyvtootv ßoüXovxat, ol 8s xai xrfi iXXrjvtSa TipoaXa|ißdvstv dgtoöat, xai
TtoXüv rjStj xp0vov ÜTisp xotixou Tipöj acpaj aüxouj axaata£auotv. N. II S. 346.
3) „-Exprjv |isv T5ßpatouj xtöv lspöv dxoüovxaj ßißXwv |irj <fitXotj Ttpoaxsxrjxs-
vat xotj Ypd|i|iaatv, dXka. Tipöj xdj ivaTtoxs<|isvaj aüxotj Tipotprjxsiaj öpav, 8t cFW
xöv |isYav 9-söv, atoxfjpa xoö xff>v dv9-pti>Tttov y^V0oj *Irjaoöv xöv Xptaxov xaxayY^
Xouat." ibid.
4) N. II S. 347 (cap. «.%
5) Was man unter 5suxspwatj denken soll, ist nicht ganz klar. Sie
scheint eine altüberlieferte Auslegung der Bibelperikopen gewesen zu sein,
die der Rabbiner in der Synagoge vorzutragen hatte, die vielleicht außer-
— 41 -
sie sei eine menschliche Erfindung und dient nur zur Verhüllung des
reinen göttlichen Wortes, welches die Juden nur aus den heiligen
Schriften schöpfen sollten.
Justinian hat den Juden also den Gebrauch der LXX befohlen;
gegen die, die etwa diesem Gesetz nicht gehorchten oder die Einführung
der LXX zu verhindern suchten (und hier werden zunächst die jüdischen
Rabbiner genannt, die die Widerspenstigen aus der Synagoge aus
zustoßen drohten),1) werden selbst körperliche Strafen (xwv elc, aöu.a
Ttoivöv),2) Einziehung des Vermögens und Verbannung angeordnet.
Viel strenger verfährt Justinian gegen die liberalen Juden, die die Auf
erstehung der Toten, das jüngste Gericht und Gottes Erschaffung der
Engel leugneten. Diese sollten mit dem Tode (laya.xa.iq xiu.wpL'ai;)
bestraft werden, damit die jüdische Nation, wie er sagt, von solchen
Irrlehrern und Irrlehren gereinigt werde.3)
3. Direkte Judenverfolgungen.
Schon obengenanntes Edikt läßt trotz seiner Milde Justinians
Vorgehen gegen die Juden hart erscheinen. Und in der Tat sind
Justinians gesetzliche Bestimmungen zu Judenverfolgungen ebenso
streng und hart wie die Bestimmungen gegen die Häretiker, wenn
nicht noch härter.
Gemeinsam mit den Heiden und Samaritern wird auch den
Juden im Gesetz I. 10. 2 vom 25. Juni (339?)4) verboten, einen christ
lichen bzw. orthodoxen Sklaven zu halten. Wird diesem Gesetz nicht
gehorcht, so wird zur Strafe der Sklave sofort befreit, und sein Herr
muß eine Summe von 30 Litren (30 Pfund, X' Xixpa.c) Gold bezahlen.
Das vorher erwähnte Gesetz erlaubt gegen die Juden 1. körperliche
biblische Elemente in sich schloß. Dies könnte man aus folgenden beiden
Stellen schließen. 1. Wir lesen bei Epiphanius Haer. XXXIII: Ai yäp
Ttapa8öasij xoW Ttpsaßuxiptov, SeuxspAasij Ttapa xotj louSaioij XiyovxoLi. Etai
'
8'auxai |iia |j£v f] sij ovopia MovJasw£ tf>epo|isvrj
xssaapsj' Seuxspa S'yj xoö
xaXou|isvou 'Paßßiaxißd- xpixrj, "A88a, rjxch 'IouSa' xsxapxr] x<ov uiiöv 'Aaanovaiou.
Migne PG. 41 col. 572 A. B. 2. Bei Justinian heißt es in der genannten
Novella: ]itj xaxaxptmxovxsj xa xax° aüxdj [ypatpaj] stprjueva, xaj egw9-ev
4. Samariter.
Alle bis jetzt gegen Ketzer und Juden erlassene Edikte haben
völlige Geltung auch gegen die Samariter. Nur wenige speziellen
Gesetze wurden gegen die Samariter erlassen.
So bestimmt das Gesetz Codex I. 5. 17,4) die Samariter dürften
keine Synagogen haben, alle vorhandenen samaritischen Synagogen
sollten dem Boden gleichgemacht werden, und mit schweren Strafen
sollte büßen, wer die Einrichtung einer neuen Synagoge versuche.
Außerdem wird hier kurz wiederholt, daß sterbende Samariter nur
christliche bzw. nur orthodoxe Erben haben dürften; sonst fiel ihr
*) C. S. 82 v. 32.
— 43 —
Vermögen dem Fiskus zu. Nicht nur die Beamten, sondern auch die
Bischöfe sollten die Aufsicht1) über sie führen. Nach einem Aufstand
der Samariter gegen die Christen, wurden die gesetzlichen Bestimmungen
gegen sie strenger und strenger. Diese Bedrückungen waren, wie es
scheint, außerordentlich stark und die Samariter mußten von den Staats
beamten Diese Verfolgungen der Samariter hatten die Für
viel leiden.
bitte des Bischofs
Sergius von Caesarea in Palästina veranlaßt, der
Kaiser möchte die strengen Mittel etwas mildern. Der Kaiser folgte in
der Tat dem guten und barmherzigen Rat des Bischofs2) und erließ
die Novella 129 vom 14. Juni 55 1 durch die die Samariter eine
,3)
günstigere Stellung gewannen.
Da sich die Samariter, dem Versprechen und dem Bericht des
Bischofs Sergius nach, besserten, so sollten die gegen sie erlassenen
strengen Strafen aufgehoben werden. Besonders wurde das Testament
verbot aufgehoben, und die Samariter durften nach ihrem Willen über
ihr Vermögen verfügen. Dieses Gesetz gibt den Samaritern eine be
sondere Vergünstigung, die bisher weder die Häretiker noch die Juden
genossen. Wenn die Samariter ohne christliche Erben sterben, dann
fiel ihr Vermögen nicht dem Fiskus zu, sondern es blieb ihnen die
völlig freie Bestimmung über ihr Vermögen; nur eine Art Steuer wurde
davon erhoben.4) Hatte der Verstorbene auch christliche Erben, so
wurden diese natürlich bevorzugt, so daß sie die allein berechtigten
Erben waren.5)
Doch bekamen -die Erben, die die TtXdvvj des Verstorbenen teilten,
immerhin auch ein kleines Stück des Vermögens (oö Ttepattlpw xöv
Si>o x% Twptouafa; oöyxttöv).
6)
C. 82 v. 32. — N. 338a-.
S.
S.
II
"-)
1)
N. 2a|juxpstxtöv. — N. II.
S.
r-
Ttpsaßsta,
")
3)
aüxr/V
2a|iapsixatj, TtoXXr^ SYwoxtoj xotj xa y.a.XXl<a 9-pyjaxsuouat xrjv Ttpovo|iiav
N. II.
S.
Ttapsxo|isv. 339ß-.
N. 340 T-. — N. II. 5-. — Knecht a. a. O.
S.
52.
S.
S.
II
341
6)
8)
')
dagegen aus dem Wortlaut des Ediktes selbst entnehmen kann, ver
dankt es seine Entstehung der Fürbitte des Bischofs Sergius. Wie alle
Kaiser, so ging auch Justinian gegen alle Feinde der Staatskirche immer
rücksichtslos vor. Der Eifer riß ihn oft zu einer ungewöhnlichen
Härte hin, die sich jedoch dank den barmherzigen Bischöfen plötzlich
ins Gegenteil verwandelte. Wir haben in der Geschichte viele Beispiele
erfolgreicher Vermittlung barmherziger Bischöfe zwischen Kaiser und
dem verfolgten oder bedrückten Volk; und das uns vorliegende ist
insofern noch interessanter als jene, als hier die Verfolgten nicht
Christen waren. Wenn die Verfolgungen auch, das ersieht man hieraus,
vom Klerus gebilligt wurden, so gab es unter den Klerikern doch viele,
die dagegen wirken konnten, viele, die das Evangelium richtig erfaßt
hatten und die Macht besaßen, erfolgreich auf die zu wirken, die es
Samariter und nur dem Schein nach Christ war. xij, naXai-
«fauTtivoj tjv
1. Allgemeines.
Alle erwähnten Gesetze gegen Heiden, Juden und Samariter
gelten auch und erst recht gegen die Heiden.1)
Dann wurden alle Gesetze der früheren Kaiser gegen die Heiden
erneuert und anerkannt.2)
Außer diesen alten Bestimmungen haben wir nun im Codex zwei
Gesetze neben anderen Bestimmungen in sonstigen Gesetzen, die von
'
— 46 —
T) C. S. 96 v. 34 ff.
— 47 —
daß sie die Taufe nicht im Glauben angenommen haben.1) Jede direkte
oder indirekte heidnische Propaganda wird bei hoher Strafe verboten.2)
Die verschiedenen Historiker (Malalas, Johannes von Ephesus,
Evagrius, Procopius) erzählen uns, wie streng man in diesem Sinn all
gemein und im einzelnen gegen die Heiden vorging.
Solcher Druck und Zwang3) hatte gewiß guten Erfolg in der
Bekehrung der Heiden, obschon man aus den Gesetzen und aus den
Nachrichten der Historiker schließen kann, daß diese Bekehrung nur
scheinbar aufrichtig war.4)
Solche sind die gegen die aXmfjptot "EXXrjve; und ihre Religion ge
richteten Bestimmungen. Diese heidenfeindliche Gesetzgebung ergänzte
sich erst durch die Verordnungen gegen die Philosophie.
1) <b{ aüxö9-sv ovxaj cpavspouj |itj xa9-ap? Ttiaxst xoö dYiou xuxstv ßaTtxt-
a|iaxoj ... C. S. 96 v. 40 ff; 97 v. 1 ff.
-"
— 48 —
sophie war die einzige Stütze des noch lebenden Heidentums, und mit
der Vernichtung der ersten hat Justinian das zweite zerstört. 529 kam
nach Athen das kaiserliche Edikt, daß die Schließung der Philosophen
schulen befahl. 1) Die Schule wurde sofort geschlossen und Lehrer und
Schüler mußten aus Athen fliehen. Sie kamen zwar später noch einmal
zurück, die Schule aber und mit ihr die Philosophie blieben von damals
bis auf bessere Zeiten zur Untätigkeit verdammt.2) Wie man aus
Justinians Edikten gegen die Heiden wohl schließen kann, war das
Heidentum in seiner Zeit immer noch stark verbreitet. Die Mittel
Justinians gegen das Heidentum scheinen stark gewirkt zu haben. Denn
nach Justinian hören wir vom Heidentum ganz wenig mehr. Seine
innere Unkraft und die harte Maßregelung, die es erfuhr, haben zu
seiner Auflösung zusammengewirkt.
Hier kann man Justinians Gesetzgebung für innere Angelegenheiten
der Kirche oder für Glaubenssachen abschließen.
Blicken wir zurück auf diese Gesetzgebung, so sehen wir deutlich,
daß Justinian den rechten Glauben der Kirche dadurch schützen wollte,
daß er Synoden berief, die ihn weiter zu entwickeln und festzusetzen
hatten, und dadurch, daß er für den so festgesetzten Glauben strenge
Maßregeln gegen direkte und indirekte Feinde ergriff. Daß er seinen
Zweck (wenn auch nicht ganz) erreicht hat, zeigt die spätere Geschichte.
Die Dogmatik hat trotz den Kontroversen nach Justinian wenig Fort
schritte gemacht, und die Häretiker und die übrigen Sekten treten, wenn
auch nicht ganz vernichtet, doch vom Kampf zurück, verlieren jede
geistige Kraft und bestehen ohne jede Bedeutung und jede Gefahr
für die Kirche.
Justinian war auch Kaiser und mußte als solcher auch für den
Staat sorgen. Er hat das getan, aber es lag in der Natur der Sache,
daß diese Interessen, das religiöse und das rein theologische, mit seinem
politischen Interesse Hand in Hand gingen und jedes auf das andere ein
wirkte. Und in der Tat ist die schon untersuchte Gesetzgebung derart, daß
man das stärkere Motiv schwer erkennen kann. Diese Gesetzgebung
ist zwar rein religiös, sie ist aber mit den verschiedenen politischen
Interessen des Reichs und des Staats (und besonders mit dem der staat
lichen Einheit) so eng verflochten, daß man sie, wie oft geschah, als
dem Staat förderlich anzuerkennen gezwungen ist.
Und doch könnte die Sache anders liegen. Daß Justinian neben
seinen religiösen auch politische Ziele verfolgte, kann man nicht be
streiten, aber zu behaupten, Justinian habe die ersten ganz und gar
in den Dienst der zweiten gestellt, scheint uns ungerecht gegen den
großen Kaiser.
Wie oben gesagt, lohnt sich der Versuch nicht, aus der hier
untersuchten Gesetzgebung und noch weniger aus seiner theologischen
Arbeit (die genau den Charakter der dogmatischen Gesetzgebung trägt)
zu beweisen, daß die religiösen Motive in Justinians kirchlicher Gesetz
gebung überwogen, denn man kann nicht zu sicheren Resultaten
kommen. Doch gibt es noch einen Weg, der uns ganz klar zeigen
kann, daß Justinians kirchliche Gesetzgebung, wenn auch stark politisch
gefärbt, doch im Grunde religiös ist, wenigstens neben den politischen
mehrere religiöse Motive hat. Und dieser Weg ist die Untersuchung
der Gesetzgebung Justinians für äußere Angelegenheiten der Kirche.
Diese Gesetze beziehen sich auf die äußere Kirchenzucht, auf ihre
äußere Erhöhung und Ordnung; sie gelten, kann man sagen, mehr dem
ethischen Stand der Kirche, weniger ihrem Verhältnis zum Volk (wenn
man will zum ganzen Reich) als zu den einzelnen.
Daß des Kaisers Fürsorge für eine solche (ethische) Gesetzgebung
aus rein oder mindestens überwiegend religiösen Quellen fließen konnte,
-
wird aus der Darstellung dieser zweiten Gesetzgebung hervorgehen,
zu der wir uns jetzt wenden.
Weltklerus.1)
so denken wir nicht nur an die Gemeinschaft der Kleriker, sondern auch an
ihre Funktionen und Arbeitsgebiete, um ein vollständiges Bild vom Weltklerus
zu gewinnen.
N. Bd. 44. — N. Bd. S. 45.
S.
2)
3)
I
xavöva>v
4)
i]
^uXdxxoixo, 15v oi xs Sixaiwj u|j.voup.svoi xai Ttpoaxuvrjxoi xai. aüxöTtxai xai üTttj-
psxai xou 9soS X6yory Ttapa8e8ti>xaaiv äTtöaxoXoi xai 0i ayioi Ttaxspsj ItpuXagdv
xs ocai Üy>]yrjaavxo. N. Bd. S. 45.
I
— 53 —
1. Die Bischöfe.
Der Bischofstand zieht Justinians besondere Aufmerksamkeit auf
sich. Die Bischöfe waren und mußten sein die gebildetsten Kleriker,
sie hatten nicht nur die Leitung der Kirche in ihren Händen, sondern
auch die Leitung und Überwachung vieler politischen Funktionen und
mußten darum angesehene Persönlichkeiten sein. Und eben die Per
sönlichkeit der Bischöfe beschäftigte den Kaiser zunächst.
Die Bestimmungen über die bischöfliche Persönlichkeit finden wir
auch in andern Gesetzen, besonders aber in folgenden drei: Cod. I, 3. 41
vom 1. März 528, 1) Novella 6 vom 16. März 535 2) und Novella 123
vom 1. Mai 546, 3) auch Novella 137 vom 1. April 565. Die Bischöfe
sollten genau nach den
Bestimmungen und so gewählt
apostolischen
werden, daß würdige Nachfolger wurden. War ein
sie den Aposteln
bischöflicher Stuhl leer, dann sollten die Kleriker (tous xXrjptxoix;)4) die
Einwohner der Stadt (ol oExoövxe; xtjv aör*jv ra/Uv)5) und zwar von
den letzten die vornehmen (toü; Ttpwxou; tyj; raftew;) °) berufen und
mit ihnen ein t])rjcptau.a über drei Personen abhalten. Diese sollten im
Glauben und im Lebenswandel ausgezeichnet seinnlaxet xat
(öpft^j
S.
294
S. ff
II
1) .
S.
43 v.
II
II
15.
') ")
5)
")
II
8)
I
xtj N. Bd.
S.
aüxwv sxst.
i£
6xt
10) 9)
&XX- sl xal Tipöxspov Ya|isxrjv xtj s£ aüxtöv saxs, xai aüxrjv |iiav xal Tipomjv,
xai oüSs X^pav oüSs dvSpöj aTio£sux9«Taav, oü8s xolg vi|iotj ou8s xotj ispolj
xavöatv arojY0psuo|isvrjv. N. Bd. 295. Bd. 46
S.
S.
II
3.
I
N. Bd. Bd.
S. S.
S.
295; 45
II II
S. 1.
f.
I
I §
N. Bd. — N. Bd. 2.
")
295. 46
§
s
— 54 —
er alle andern Eigenschaften besaß, auch als Bewerber unter die drei
aufgenommen werden, doch mußte er, falls er zum Bischof gewählt
wurde, mindestens drei Monate niederer Kleriker bleiben, um die ganze
geistliche Disziplin zu kennen, ehe er zum Bischof ordiniert werden
konnte.1) Die drei Gewählten sollten nicht unter 35 Jahre alt sein
(oöx' tjxxov ?j xpiaxovxa Ttivxe xYj; fjXixfa; iviauxou; I^eiv).2) Waren
in einem Orte keine drei Personen vorhanden,3) die sich zur Bischofs
wahl eigneten, so konnte man sich auf zwei und einen Bewerber be
schränken, wobei immer alle Wahlbestimmungen zu gelten hatten.
Waren also diese drei gewählt, die xtjv Ttäaav amouSYjv xe xai £uvoiav
Ttepi xtjv %-eia.v Xeixoupyiav xai x£ ixxXYjaiaaxixa 2xeiv Ttpäyuaxa
mußten,4) so erfolgte die imXoyYj. Der ßeXxüov und Imvrfietfaepoc,
wird x?j ImXo^ xai xtj> xpiu.axi xoü ^eipoxovoOvxo; 5) zum Bischof
ordiniert. Nach dieser endgültigen Wahl (tTtiXoyYj) kam nun die
Ordination. Auf sie gehen folgende Bestimmungen. Daß der neue
Bischof rechtgläubig, sittlich und über 30 Jahre alt sein mußte (xyj;
äpiHj; xai xafroXixYj; Ttiax£w; xai aeu.voü ßfou xal uTtep x6 xpiaxoaxöv
ixo; elvai),6) haben wir schon gesehen.
Nun mußte der Ordinierte einen XßeXXov uefr' ÖTtoypacprj; ab
geben, worin er seine Rechtgläubigkeit bekennt. Diesen Libellus mußte
er während des Ordinations-Gottesdienstes nebst den anderen Gebeten
verlesen (otna.^EXXetv S£ xoüxov xal xyjv %-da.v Ttpoaxo|uSYjv xyjv Im
xtj ayia xoivwvfa yevouivYjv xal xyjv lTzl xtji äy(tü ßaTtxfau.axi eö^yjv
xai xag XoiTta; Ttpoa£uxa;). Dann mußte er auf die Heilige Schrift
schwören, daß seine Ordination von jeder Art Simonie frei sei.T) All
diese Bestimmungen sollten aufs genaueste beobachtet werden; wurde
eine vernachlässigt, so mußte nicht nur der Ordinierte abgesetzt werden
(xtj; eraaxoTnj; IxßaXXeafrai)8), sondern auch der Ordinierende sollte
ein Jahr seinem bischöflichen Amte fern bleiben (y^wp^eafrai grcl gva
iviauxo'v xYj; iepaxixYj; Xeixoupyta;) und sein ganzes Vermögen der
Kirchenkasse zufallen.9)
Es folgen die Bestimmungen zu Anklagen gegen einen ge-
xai oöxto aYiouj xavövaj xai xrjv iepiv xrjj ixxXrjaiaj Xsixoupyiav SiSax&sij
xoüj
iTtiaxorcoj x£iPoxovrj^!5- N. Bd. II S. 296 § 2.
ibid.
2) Bd. II S. 295 § 1.
— ibid. Bd. II S. 296 § 2. .
8)
C. S. 43 v. 24 f.
4)
5) N. Bd. II S. 295 § 1. Aus dieser Stelle sieht man, daß die definitive
Bestätigung des Bischofs noch nicht der König, sondern der Metropolit
(xsipoxovöv) hatte.
(vo.
= vo|jn'au.axa) als Einsetzungsgebühr erlegen (bnkp ivfrpoviaxixwv)
und außerdem dem Notar oder Sekretär und dem Gefolge (xoic, äXXoic,
~~
S. 297
1.
II
N. 123 44 v. 43.
1.
S.
3.
297
1.
I.
6)
297-298. — N. 123 — N.
S.
S.
N. 123 298r'.
S.
298r'. 123
»)
3)
T)
— 56 —
bezahlen.2) Das Geld, das der neue Bischof dem Gefolge des Ordi
nierenden geben sollte, hatte der Presbyter und der Archidiakon des
Ordinierenden an sich zu nehmen und es unter die andern zu verteilen.3)
Wenn ein ordinierender Bischof etwas mehr nahm als hier bestimmt
war, so mußte er der Kirche des Ordinierten das dreifache bezahlen.
Die genaue Beobachtung dieser Gesetze sollte, wie angegeben wird,
der Verarmung der Kirche und der Simonie steuern (l'va u.tj xal a.l
ixxXYjaiai y.pieai ßapuvwvxai xai cd Eepwauvai rcpäaiu.oi yivwvxai).4)
Aus diesen interessanten Bestimmungen zur Ordinationsgebühr kann
man verschiedenes Einsetzungsverfahren, die große
ersehen: das damalige
Zahl der Bischöfe, vor allem Justinians Versuch, auf diese Weise die
Simonie zu beseitigen, die nach seinem Ausdruck sehr verbreitet war.
Nachdem Justinians Gesetze die Ordination geregelt hatten,
kommen sie auf die Persönlichkeit des Bischofs selbst zu sprechen, um
über ihn und seine Lebensverhältnisse einiges festzustellen. Außer den
oben genannten finden wir noch folgende. Zunächst wird über das
Vermögen Bischöfe bestimmt, daß die Bischöfe eigentlich keines
der
besitzen denn ihr ganzes Vermögen verbleibt nach ihrem Tode
dürfen,
der Kirche, der sie angehörten. Außerdem hatten sie kein Recht, Ver
mögen, das sie nach ihrer Ordination durch Schenkungen oder irgendwie
anders erworben haben, zu verschenken oder zu verkaufen, denn es
gehörte der Kirche. Höchstens konnten sie in ihrem Leben ihr elter
liches Vermögen nach ihrem Willen verwalten. Soviel sie aber davon
nach ihrem Tode noch haben, bleibt der Kirche.5) Nur zum Loskauf
von Gefangenen und zu andern Wohltaten konnte der Bischof größere
Teile seines Vermögens brauchen.6) Wenn dagegen ein neuer Bischof
]) N. 123 S. 298T'.
— 2) N. 123 S. 299. — 3) N. 123 S. 299.
II —
4) N. 123 Bd. S. 299. 5) C. 1 3. 41 vom 1. März 528. S. 43 v. 31 ff.
sein ganzes Vermögen der Kirche schenken wollte, dann war dieser
Entschluß nicht nur nicht straffällig, sondern sehr zu loben, denn dadurch
kaufte der Bischof sein Bistum nicht, sondern machte ein Geschenk
und bringt der Kirche eine Gabe. 1)
Bei der Festsetzung bischöflichen Lebensverhältnisse
der andern
spricht die Justinianische Gesetzgebung mit großer Ehrfurcht von den
Bischöfen. So liest man in einem Teil des Gesetzes Cod. I 4. 34 vom
4. Nov. 534, wo von der Lebensführung der niederen Kleriker die Rede
ist, über die Bischöfe die Bemerkung: xö ya.p ^Xl Ttoppwxipw xoutou
Syj
Y.a.1 efoeTv ^puftptö|isv, cpau.ev tö twv 9-eoiptXwv
iTttaxö-rcwV.2) Trotz
dem scheint es, daß, verursacht von der großen Zahl der Bischöfe, eine
Unordnung herrschte, so daß manche ausdrücklichen Bestimmungen
nötig wurden, wie man sie hie und da in den verschiedenen Gesetzen
findet. So wird in Novelle 123 vom Mai 546 den Bischöfen bei
1.
Verlust ihres Bistums verboten, mit einer Frau zusammenzuwohnen.3)
Die Bischöfe scheinen nicht selten bei der Bestrafung der Ungehorsamen
selbst mit Hand angelegt zu haben, wogegen man Kap. a- der 123. Novella
die Bestimmung findet: äW- oöSi oExefa:; xePa^v ^eoxtv imoxöTtq>
xtvä TiXyjttetv yap dXXöxptöv iaxtv ceplw;.4)
toöxo
-
(!)
Vor und zu Justinians Zeit scheint ein großes Übel gewesen zu
sein, daß verschiedene Bischöfe, wahrscheinlich aus Geldgier, ihre
Diözesen verließen und in andere große Städte, besonders nach
Konstantinopel gingen, wo sie mehr und leichter Geld gewinnen
konnten. Deswegen sind Justinians Bestimmungen gegen sie sehr
streng. Kein Bischof durfte nach der Novella sein Bistum verlassen,
um sich ohne königliche oder erzbischöfliche
(bzw. patriarchalische)
Erlaubnis in eine andere inapyia. zu begeben. Erst recht konnte kein
Bischof ohne Erlaubnis des Patriarchen und des Königs nach Kon
stantinopel kommen.5) Wenn ein Bischof, bestimmt das Gesetz
Cod. 42 vom März 528, in der Hauptstadt zu tun
3.
irgendetwas
1.
I
sij alx|iaX<bxtov 84 dvdppuatv xai Tittoxojv dTtoxpocpaj xai slj äXXaj süasßstj
a'.xiaj ÜTtsp xoö au|icpspovxoj xrjj I8iaj ixxXrjaiaj ix xoüxwv SaTiaväv &8stav
rj
iXsxwaav.
Et xtj |iivtot ix xöv iTttaxörttov stxs Ttpo xfjs ISiaj xstp0x0V'a» stxs |isxa
1)
xrjV x%
t\
IxxXrjaia tjj xijv Uptoauvrjv Xa|ißdvst, oü |iövov od xtoXüo|isv Kai Ttaarjj xaxa-
8txrjj xai rtotvrjj xoö Ttapövxoj vö|iou iXsu9-spov aüxöv slvat 9-saTu£o|isv, ÄX.X4 xai
Ttavxöj lTiaivou ägtov xpiyo|isv, iTist8tj xoüxo oüx laxtv dyopaata aXXd Ttpoacpopa.
N. 123 Bd.
S.
II
298T-.
C. S.71 v. — N. 123 Bd. 316x9--— 317. — 4)N. 123 Bd.IIS.305a-.
S.
II
7.
S. 3)
6) -)
46 v. ff.
II
-■
— 58 —
hat, soll er zwei seiner Kleriker nach Konstantinopel schicken und dem
Patriarchen und durch ihn dem Kaiser sagen lassen, was er brauche.
Wenn aber der Kaiser für nötig hielt, die Bischöfe selbst zu hören,
nur dann konnten sie nach Konstantinopel berufen werden.1) Wenn ein
Bischof nach Konstantinopel kam, mußte er zunächst zum Patriarchen
und hernach nur zum König gehen, wenn ihn der Patriarch dort ein
führte. Verließ ein Bischof
Bestimmungen sein Bistum,
gegen diese
dann nur ein Jahr geduldet werden.
durfte er Der Klerus seiner
Diözese sollte ihn während dieses Jahres durch Briefe zurückrufen;
kehrte er nach Ablauf des Jahres nicht zurück, so sollte er nach den
heiligen Kanones abgesetzt und ein anderer besserer (xa.XXim) an seine
Stelle gesetzt werden.2)
Wie sich aus Novella 42 vom 6. Aug. 536 ergibt, wurden die
Bischöfe von (einer topischen) Synode abgesetzt, deren Beschlüsse die
kaiserlichen Edikte bestätigten.3) Machte ein so abgesetzter Bischof
den Versuch, seinen alten Sitz wieder zu gewinnen (xoXu/ifjaoi imßfjvai
rj;
xTj; TtöXew;
bannung, so sollte er in ein Kloster einer anderen Provinz geführt
werden.4)
Waren all diese die Unordnung
Bestimmungen der gegen
Bischöfe gerichtet, Bischof
so gibt es andere, eine sehr hohe die dem
Stellung einräumen, wenn auch jene indirekt dasselbe Ziel erreichen
wollten. Von diesen letzten brauchen wir hier nur ein paar zu
erwähnen, später werden sie an Ort und Stelle (in dem Kapitel über
die staatlich-kirchlichen Verhältnisse) näher untersucht. Die bischöfliche
Ordination gibt der Person eo ipso Freiheit und Unabhängigkeit.
Waren die zum Bischof ordinierten Männer früher von den Eltern
abhängig, so wurden sie jetzt.kraft der Ordination von ihnen unabhängig:
(ei
eäjouaiav
wenn der Ordinierte ein Sklave war (SouXixrj; xa.i IvuTOypacpou xoyr\q),
wurde er mit der Ordination frei. Wurde ein staatlicher oder militä
rischer Beamter Bischof, was nach den vorhergegangenen Bestimmungen
ff. —
*s)
C. N. 123 Bd.
S.
46 v. 3029-'.
S.
II
3
»)
iXrjXü9-a|isv vö|iov öadbuj yap xöv iepstov 4jtj<?(Jj xivaj xäW oüx ä£iü>v xrjj
fj
au|npyjifoj -feyovs z-q xwv iepstov aüfrevxiqi, waxs xa 9-siöxspd xs xai äv&pwTuva
auv8pa|iövxa |iiav au|itpwviav xatj 6p9-atj Ttoirjaaafrai c|jifjtpoij . . waxs |iyj8iva
.
xexupto|ieva.
I
5)
4)
— 59 —
N. 123 Bd. II S.
1) 3009'. Hier kann man schon den Gedanken an
einen character indelebilis bemerken.
») N. 123 Bd. II S. 300e', c'. — 3) N. 123 Bd. II S. 302g '.
— 5) Siehe oben S. 53 f.
4) N. 123 Bd. II S. 302V.
60
3)
N. 131 Bd.
S.
II
267Y-.
6) 5)
N. Bd. N. Bd.
S.
S.
131; 267r-f.
II
11 131
I
— 62 —
3. Synoden.
1) N. 11 Bd. I S. 132.
2) N. 131 Bd. II S. 267Y-; N. 11 Bd. I S. 132.
3) N. 131 Bd. II S. 267/268r-. — 4) N. 131 Bd. II S. 2688-.
— 63 —
-?j
xaxaaxaat; xat 9-eTot xavove; im|ieXö; cpuXdxxotvxo.") Die Provinzial-
oE
synoden werden als von den Aposteln und den Vätern verordnet erwähnt
(oi ulv oöv aytot aTtÖaxoXot xat
oE
Ttaxepe; öptaav Seuxepov Sxou;
exdaxou yfvea9-at auvöSou; xwv oatwxaxwv Eepewv, fjxot eTuaxÖTtwv iv
ixä.ax-Q inapyicf.;") er bestimmt sogar Zweck und Zeit dieser Synoden
nach jenen apostolischen und kirchenväterlichen Verordnungen: xa
dsvacpuö|isva xat x^; Ttpoarjxoüarj; a£toua-9-at Stop9-waeto;,
i£exa^ea9-at
xouxeaxt u.tav x^j xexapxig uiv
ißSo|jtaSt xrj; äyt-a; Ttevxrjxoax?;;, xtjv
Se aXXyjv xaxa xöv öxxößptov u.-fjva.4) Die Patriarchen, Metropoliten
und Bischöfe werden beauftragt (xeXeuo|aev Iva Sxaaxov . .),5) die
.
Provinzialsynode ein- oder zweimal jährlich zu berufen (xoü; öatw-
xaxou; iTuaxctaou; xou; bn -aOxou; xeXoövxa; xaxa xyjv auxrjv ina.pyj.av
äna.^ S1$ xa9-- Ixaaxov exo; Ttpö; iauxöv auyx.a.Xeiy),\-) um alle
irj
II
3), 1)
-)
S.
II
II
5)
J)
S.
II
6)
T)
Tiapd ttvtov
y)
&cp- -Kpoaa.yysXXöfisv<x.
tj
rj
tj
rj
tj
fj
ouußatvouaav.
— 64 —
xtjv öp{Hjv Ttiaxiv xai xöv ae|ivöv ßiov TtpoxoTtrjj xs xai eTtavop!kbastoj dgwiWjaovxau
N. 137 Bd. II S. 412e'. Zu den hierarchisch geordneten Gerichtsverhandlungen
gegen die Kleriker vgl. auch N. 123 Bd. II S. 312 xß'.
*) N. 123 Bd. II S. 312 xß'.
5) xdxetva 6pi£ex<o [ö Ttaxpidpxrj?] äxiva xoij exxXrjaiaaxixoij xavöai.
xai xoij vö|ioij auvaSei, oüSsvöj |iepouj xaxd xrjj <!fi]qon aüxoö dvxiXeysiv
C. S. 12 ff. — C. S. 13 v. 36 ff.
1) 2)
3) Ttdvxaj ydp xoi>j Tiap- aüxtöv [ouvöStov] xa3,at|5s9-svxa:; xai ava3-s^a-
xta9-svxaj xai xa xäjv xai)-atps9-svxtov 5oy|iaxa xai xoüj xa aüxtöv cppovrjaavxaj
rj cppovoövxaj dva9-s|jiaxi£o|isv. C. S. 14 v. 3 f.
-?j
41fjcpö; xtva; xwv oöx d^wv xfj$ Eepwauvrj; xwv Eepaxtxwv xaxeßfßaae
. . xoaauxaxt; xat au|i4'vjcpo; y^ove x^ xwv
-?j
-9-pövwv [JaatXeta
.
47 v. 40.
S.
131
II
1)
2)
N. 43 Bd. — Knecht a. a. O. S. 66
S.
367
f.
f.
5) 3)
4)
I
ifj
xa£ewxrjv3) gelten genau so für die Presbyter und Diakonen wie für
die Bischöfe. Für die Eheverhältnisse der Bewerber des Klerikeramtes
wird bestimmt, daßschon zweimal verheiratet waren
solche, die
(xöv Seuxepou; I/ovxa Ya|iou;)4) oder solche, die mit einer Frau ver
heiratet sind, die unmittelbar vor der Ehe nicht Jungfrau war (|juä;
-fa^eT?j; ävSpa xal
YSVÖ|isvov aöxrjc awiypovo; xod ix Tiapftevfa;
[^rjxe yuvatxa Ste^euyu.ivrjv xal xöv olxeiov ÄvSpa xaxaXtTtoöaav, |atjxe
TtadXaxVjv]), keine Priester werden dürfen, denn die Kleriker sollen in
höchster Keuschheit leben, da sie die Grundlage jeder Tugend ist:
(o'jSeV y«P oöxw; iv vx.lc, {sparte, yeipoxovla.ic, w; auxppoauvrjv iTuXexxeov,
TtpwxrjV apyjjv xal 9-s|ii/ltov axptpr\ xaxa xou; -9-aou; xavöva; xat xtj;
XocTtyj; dpex^; xa9-eaxwaav).0) Die Kandidaten des Priesterstandes
sollten ferner rechtgläubig sein (äpfHjv roaxtv) und überhaupt ein tadelloses
Leben führen (xod ßfov ae|ivöv Ixouatv). Daher sollen die Bischöfe
6)
Real-Enzyklopädie
3,
4
*)
5) 3)
4) 2)
N. 123 Bd.
S.
305 tß-.
II
T) «)
xoüj a-rto-jj
[&TtL3Y.6ko dj] süXaßsaxdxooj
ÜTi* x/bjptxouj |isxa TtXsiaxrjj
6ayjj Jrjtrjastoj xaxd xouj tspouj xavövaj, xai |is|iapxuprj|isvouj
Ytvsa9-at ävSpag
Xstpoxovsta3-at 9-saTü£o|isv . . tifjv xs Xstpotoviav ä|is|iTixöv xs xai dvsü9-uvov
.
N. Bd. S. 525'.
I
5'
— 68 —
56 vom 30. Okt. 537 ist bei schweren Strafen verboten, den Klerikern
für ihre Anwesenheit (i|upaviaiu.wv) bei der Ordination Geld zu geben.4)
Auch seinen Mitklerikern durfte der Ordinierte nichts geben.8) Nur
wenn ein Kleriker vor seiner Ordination sein Vermögen oder einen
Teil davon (xi xwv iSfwv mpayu.axwv) der Kirche, der er angehören
sollte, schenken wollte, wird sein Entschluß gelobt und genehmigt.6)
Wurde ein Sklave zum Kleriker ordiniert, dann befreite ihn die Ordi
nation, wenn das auch gegen den Willen seines Herrn geschah, verließ
er aber nach der Weihe seinen Priesterstand, dann wurde er sofort
wieder Sklave.T) Jeder Kleriker, der nach der Ordination den Priester
stand irgendwie verließ, verfiel schweren Strafen und mußte Zwangs
dienste tun.8) Die Ehe der Kleriker nach der Ordination wird mit
Absetzung und sonst schwer bestraft.9)
Ordnen diese Bestimmungen die Verhältnisse der verheirateten
Priester, so haben wir ähnliche für die unverheirateten. Unverheiratete
Priester und Diakonen durften mit keiner Frau zusammenwohnen,
höchstens mit ihrer Mutter oder ScHwester in bezug auf die Sitt
lichkeit der Kleriker ausgeschlossen bleibe. Wohnte oder sonst
°)
N.
N.
123
123 Bd. II S. 307 ij'. -
Bd. II S. 307 ij'. — 4) N. Bd. I S. 438 ff .
6) N. 123 Bd. II S. 308 ij'.
xip 8iaxövw |isxa xrjv xsipoxoviav ya|iex-fjv Xaßstv. el 8s |isxa xrjv xstP0~0viav
xoö xXr]pou (auch N.
--q
ßouXri
I
Ttpa7|iaxtov TtapaSi8öaiho.
— 69 —
erwarben.4) Von der Besoldung der Presbyter wird noch die Rede sein.
5. Niedere Kleriker.
Derart sind
die Bestimmungen über die Kleriker, doch bilden
die erwähnten Kleriker noch nicht den ganzen Stand. Nach Justinians
Gesetzen sind Kleriker nicht nur die Bischöfe, Presbyter und Diakonen,
sondern auch eine Reihe von geistlichen Gehilfen, wie man sie heute
nennt, und noch die Beamten mehrerer Wohltätigkeitsanstalten (xoü; S£
rcpeaßuxlpou; xal Siaxövou; xai &TCoSiaxövou; xal dvirfvwaxa; xai
(jjäXxa;, ouc, rcavxa; xXYjpixou; xa/loüu.ev).5)
Diese niederen Kleriker spielten aber, wie aus den Justinianischen
Bestimmungen hervorgeht, im geistlichen Leben und in der sozialen
]) N. 123 Bd. II S. 316 xfr'. Von den Bestimmungen über die Sitten
und die Sittlichkeit des Klerus ist noch zu sprechen.
=) N. 123 Bd. II S. 310 xa'.
—
3) N. 123 Bd. II S. 309
iy.
4) C. I 3. 49 vom 1. Sept. 531 (S. 52 v. 17 ff.).
5) N. 123 Bd. II S. 309 ir,'.
— 70 —
Tätigkeit der damaligen Kirche eine große Rolle. Die in den Justinia
nischen Gesetzen niederen Kleriker sind die Hypodiakonen
genannten
(ötoSkzxovot), Vorleser (dvayvwaxat), Sänger (4jaXxat), die Verwalter der
Kirchen und der Wohltätigkeitsanstalten (o£xovöuot), die Kirchenanwälte
(exxXvjatexStxot), die Gasthausvorsteher (^evohöyot), die Krankenpfleger
(voooxö|iot), die Armenpfleger (Ttxwxoxpocpot), die Waisenpfleger (öpcpavo-
xpöcpot), die Säuglingspfleger (ßpecpoxpöcpot) usw. Zu diesen kommen
noch die Chorepiskopen (xwpoeTifoxoTOt), die als Gehilfen der Bischöfe
betrachtet werden. (Von den Choroepiskopen ist in Justinians Gesetz
gebung übrigens fast gar nicht die Rede.) Daß diese niederen Geist
lichen auch gebildet sein mußten, zeigt die kurze Notiz der Novella 6
Ypdnu.axa yap aYvooövxa TiavxeXö; oö ßouXöu.efta iv oöSe|ifa xa£ei
xXvjptxöv elvat. 1)
Diese Kleriker empfingen keine Ordination (xetpoxovt-a), sondern
eine bloße Handauflegung (TtpojJoMj, die spätere xetpo9-eafa). 2) Auch
diese mußte, falls gegen die Bewerber eine Anklage schwebte, bis zur
Untersuchung verschoben werden.3) Ebenso streng sind die Bestim
mungen gegen die Simonie auch für diese Kleriker, was im Hinblick
auf ihre Stellung4) sehr erklärlich ist (es lag ihnen meist die Verwaltung
des Vermögens der Kirchen- und Wohltätigkeitsanstalten ob). Wie die
letztgenannten Kleriker, so dürfen auch diese xa ix xfj; auvrj9-eta;
ivtauxoü Stapta nichts mehr, sonst werden sie wie die
geben, aber
Helfershelfer einer solchen Simonie schwer bestraft; doch können auch
diese der Kirche oder der Wohltätigkeitsanstalt, an der sie dienen, ihr
Vermögen, wenn sie wollen, schenken.5)
Der Hypodiakon mußte 25, der Anagnost 18 Jahre alt sein. Auch
diese Kleriker dürfen keinem niederen Stand entstammen, l-va |jltj xt; ix
xouxou xw eöayeT xMjpw QJBpt; Ttpoa ylvyjxch. e)
Die Beschäftigung dieser Kleriker ist im allgemeinen hauptsächlich
die Leitung (Staxovetv xa.1 Ttpol-axavat) der Wohltätigkeitsanstalten
(eöayöv o?xwv). All diese Kleriker stehen unter direkter Aufsicht der
Bischöfe (bzw. Metropoliten und Patriarchen), xyjv Stobojatv aöxwv
uTtoTtxeüetv, Cod. Just. I. 3. 45 vom 18. November 530. T)
Die Ehe der niederen Kleriker ist in den Justinianischen Gesetzen
nicht so ausführlich behandelt wie die der anderen Kleriker. Diese
1) N. 6 Bd. I S. 52 8'.
waren in bezug auf die Ehe fast so frei wie einfache Laien, doch
finden wir für ihre erste Stufe (Hypodiakonen und Anagnosten) manche
Sonderbestimmungen. So wird in Novella 6 einem Anagnosten ge
stattet, wenn es durchaus nötig sei (St- ÄTtapafrrjxoV aExfov) in eine
zweite Ehe einzutreten, auf keinen Fall aber in eine dritte, Exavöv yap
Syj xolI xö Seuxepov"1) natürlich konnte ein solcher Kleriker keine höhere
Stellung erlangen, was mit den bisherigen Bestimmungen für die drei
ersten Klerikerstände im Einklang steht: \ir\Sk aTroXauexto (b xotoüxoc,
avayvwaxrj;) ev Eepaxet-a,
ßaft|ioö |isvexw Se im. xouxou xoö
u.efCovo;
ivtauxol;).8)
keine Diakonissinnen werden.8) Wenn es nötig war, konnte eine Dia
konisse jünger als 50 Jahre alt sein, doch mußte eine solche in einem
N. Bd. 53 g'. —
N. Bd. S. 53 s-.
S. S.
6
5) 3) 1)
6
2)
I
I
N. Bd. ibid.
53 s-. —
55 £-; N. 123 Bd. S. 307 ts'.
S.
II
6
4)
I
131
f.
275 ts'.
e)
T)
N.
j'.
Bd. N. Bd.
S.
53
S.
305
II
123
tf
f.
s)
I
;
— 72 —
.);
oder der Nächstverwandten wohnen, damit kein Mißverständnis ent
stehe; handelte eine Diakonisse gegen diese Bestimmung, dann mußte
sie nicht nur ihren Diakonissenstand verlassen, sondern wurde auch
schwer bestraft (lv.nsaslza.1 u.ev xr\z. oit.Y.oviol- [xal xoXa£eiv]).2) Die
Diakoniekandidatinnen sollten von den älteren Diakonissen nicht nur in
die Heilige Schrift eingeführt, sondern auch ermahnt werden, ein sitt
liches Leben zu führen und den Diakonissenstand weder durch Wieder
heirat noch durch unsittlichen Lebenswandel entweihen, was mit dem
Tode (Ivoypi [a.1 oiaxövtaaai] yevifjaovxai fravaxou) und Vermögens
verlust bestraft wurde. Diakonissen zu verführen oder zu heiraten, zog
Tod und Vermögensverlust nach sich, xe xaüxa; cpfreipai
di y^u.ai
Yj
'9-appY|aavx£; 5~e'j9"jvoi |jiv xai auxol £fcpou; laovxai, xYjv Se oöaiav
aöxwv xaxlJjei xo SYju.öcjtov.3)
Der Dienst der Diakonissen blieb wesentlich derselbe wie in
älterer Zeit; nur nebenbei wird erwähnt, daß sie bei den aeßaau.twxaxoi;
u.uaxYjpfot; und den dortigen ditoppYjxo::; anwesend waren, und zwar
besonders bei der heiligen Taufe (xol; TtpoaxuvYjxol; j3aTtxfau.aai) und
dabei die gewöhnlichen Dienste leisten.4) Noch in der Novella 59
vom 30. Okt. 537 wird erwähnt, daß Diakonissen, die auch Asketinnen
(aaxYjxpiat) genannt werden, die Pflicht haben, an den Begräbnissen
teilzunehmen und die bestimmten Lieder zu singen. Nach den hier
ausgesprochenen Bestimmungen sollen an den Begräbnissen (ixcpopä,
xYjSeia) von jedem daxYjxYjpiov 11 Frauen teilnehmen und zwar der
Reihe nach vor dem Sarge, um zu singen (öxxw yWot.iv.&v f^ouuivwv
8
xYj; xXfvYj; xai tjjaXXouawv) und nach dem Sarge (xai xpiwv axo-
3
54. — 54. —
j'.
6
6
8)
2)
J)
I
S. I
I
—
j'.
")
*)
ibid. e'. Davon ist noch später die Rede. Über die Diakonissen
il)
vgl. von der Goltz, Der Dienst der Frau in der christl. Kirche, 1905,
von Achelis Theol. Enzyklopädie3, Bd. 616 ff., wo
S.
auch „Diaconissen"
4
B. Kirchliches Leben.
Wie aus den folgenden Bestimmungen einleuchten wird, herrschte
im Leben der Geistlichkeit eine außergewöhnliche Unordnung.
Aus verschiedenen Ursachen, hauptsächlich aber wegen des Ein
dringens fremder Elemente in den Weltklerus, war dieser schon zu
Justinians Zeit und vorher ganz verweltlicht. Der Klerikerstand hatte
in dieser Zeit eine große Höhe erreicht. Die Ehre, die die Kleriker
öffentlich und privatim genossen, war sehr groß. Viele haben, um
ihrer teilhaftig zu werden, alles mögliche versucht, selbst die schlimmste
Simonie. So sank das Leben der Kleriker auf eine tiefe Stufe, was
Justinian nötigte, trotz der papiernen Bestimmungen diese zu erneuern
und zu verschärfen, ohne damit besonderen Erfolg zu haben. Die Ver
fassung im engeren Sinne, d. h. das Verhältnis der Kleriker zueinander
und zu ihren Oberen, war sehr laxgeworden, so daß darin keine
Ordnung mehrherrschte, Sittlichkeit des Klerus stand
mit der privaten
es schlecht und eben deshalb wurden die Pflichten der Geistlichen
durchaus vernachlässigt, so daß ihnen selbst ihre nächsten Funktionen,
die Gottesdienste, als Last erschienen. Auch das Volk fing bei dieser
Haltung der Kleriker an, seine religiösen Pflichten, die an den Kult
und dadurch an die Kleriker gebunden waren, zu vernachlässigen oder
ohne die Hilfe der Geistlichkeit zu erfüllen, was der damaligen Zeit
unerhört schien. Von diesen Zuständen können wir das klarste Bild
bekommen, wenn wir die betreffenden Justinianischen Bestimmungen
durchsehen.
ta|isv
tovou|jivcöv xs xai xrjj äXXrjj 8aTidv»jj exxsxu|iiV0V riTtöprjaav, xai öxt xtvdj ig
aüxtbv |iöXtj |isv Ttsp<sacboa|isv Ss 5|itoj, xtvsj 8s Ixt xaxaTiscpopxta|isvat xstvxat,
sx xtjj xotauxrjj dvsvsptstv axsvoxwptaj oü Suvd|isvat. ibid. S. 57.
ibid. 56. — N. Bd.
S.
56.
S.
6
5) 3)
4)
S.
3
3
")
I
I
xai xouj Tipoatövxaj aüxotj Ttapa tä>v süasßouvxwv Ttöpouj |isptJö|isvot, xdxsWsv
— 75 —
Ttpoj xo |isxpov aüxtöv oüx dpxoövxaj öpövxsj, slj lisYdXrjv axsvoxtopiav i|iiuTtxotsv.
N. 3 Bd. 1 S. 72.
-
xai dvaYvtoaxSv xai ^aXxfiv xai TtuXwpöv dpt9-|ioj Ttsptaxaiij. N. 3 Bd. I S. 72.
—
2) ibid. S. 70 f.
5) N. 16 Bd. I S. 219 ff. e) N. 16-
3) N. 3 Bd. 1 S. 69 ff.
Bd. I.
4) N. 3 Bd. I S. 73.
S. 220.
--"
— 76 —
S.
1 S. 437 73.
ß-.
^)
3
3)
3
1)
I
Ttaxptdpxrjv xrjj Stotxrjastoj sxsivrjj, xai xotj Ttap* auxoö xptvo|isvotj Ttdvxwj
s|i|isvstv, räaavsi sxuxsv s£ dpx^j aüxöj ^pr^iiVoQ Stxaaxrjj. Kaxd yap 8tj xtöv
xotouxwv eTitaxoTuxtöv dTto,pdjswV oüx slvat xo'pav 4xxMjxcp xotj Ttpö rj|itöv
vsvo|io9-sxyjxat. Tö yap sü9"jj xaj alxtdastj dTioxi9-sa3-at Ttapd xotj aYttoxdxotj
Ttaxptapxatj xai xoüj alxtu|isvouj slj sxspav dTtaysa3-at xö>pav T^avxsXöj dTta-
Yopsio|isv, TiXrjv sl |irj xrjv alxtaatv xtj iTiI xoüxq> 9-sirj ... C.
4.
29 (vom
1.
S. f.
367
ff
.
II
6)
6)
I
— 77 —
1) C. S. 43 ff.
2) Ixt 9-saTil£o|isv Tidvxaj xouj xXijptxouj xouj iv ixdaxTjj ixxXrjaiqc 8t-
sauxröv tJjaXXstv xa xs vuxxsp<va xai xd öp9-ptvd xai xd iaTisptvd xai ij-ifj |iovov iv
xtp Soraaväv xd ixxXrjataaxtxd Ttpay|iaxa xXrjptxoüj cpaivsa9-at, övo|ia |jiv sxovxaj
xXrjptxtöv, pij sTuxsXoDvxaj Sä xö TipäYim xoö -nXtiptxon Tipoj xrjv XstxoupYiixv
xoö SsoTtoxoo 9-soö. C. S. 45.
8) ibid. — 4) ibid. — 5) N. 131 Bd. II S. 266 ff.
..'
— 78 —
anfangen, wenn nicht erst der Bischof die Gebete lese und ein Kreuz
aufstelle, wo die Kirche stehen solle.1)
Daß die Leute viele Gottesdienste ohne die Gegenwart der
Geistlichen abhielten, zeigen die Bestimmungen mehrerer Novellen, wo
diese Sitte streng verboten wird. So wird in Novella 131 bei Ent
ziehung des Vermögens und Ausweisung aus dem Lande verboten, in
einem Privathause oder in seiner Umgebung oder in einem Dorfe
irgendeinen Gottesdienst ohne Kleriker abzuhalten.2) Ähnliche Strafen
verhängt Novelle 123 über die Laien, die in Abwesenheit der Kleriker
eine Fürbitte an Gott tun, und zwar in- Form der üblichen Litanie
(= Prozession). Keineswegs wird geduldet, daß die Laien ohne die
Kleriker die heiligen Insignien (Kreuz, Fahnen usw.) aus den Kirchen
wegtragen, um eine solche Prozession ohne Kleriker zu veranstalten.3)
In Novelle 58 vom 30. Oktober 5374) wird bei schweren Strafen die
Feier der heiilgen Messe xyj; iep&c, u.uoxaYwyfa; und anderer Gottes
dienste tyj; tepa; Xei/toupyca; in Privathäusern verboten, wenn dort
auch eine Privatkapelle vorhanden war. Selbst eine solche Kapelle wird
verboten, kaum wird eine Gebetsstätte geduldet, denn Justinian fürchtet,
daß in solchen Kapellen ketzerische Gottesdienste gehalten werden
xtx.1 brzsxj%-si yivea&od xtva xyj; xafl-GXtxyJ;xiapa- xe xal dtraaxoXHdj;
Söcjew; dXXöxpta. Die Privatkapellen mußten also zerstört werden und
niemand durfte solche mehr im Hause haben. Eine Frist von drei
Monaten war den Besitzern solcher Privatkapellen gegeben, sich nach
dem Wortlaut dieses Ediktes zu richten, sonst wurde ihnen Haus und
Vermögen zugunsten der Staatskasse entzogen. Bischöfe wie Eparchen
und Staatsbeamte werden beauftragt, bei Strafe quinquaginta librarum auri
genau hierauf zu achten, damit auch hier die Ordnung wiederkehre.5)
Was die Zelebrierung der Messe und anderer Hauptgottesdienste
betrifft, so scheint auch im Orient die abendländische Sitte eingeführt
worden zu sein, wonach der Priester allein fungiert, ohne daß das Volk
am Gottesdienst teilnahm. Viele Priester lasen nach abendländischer Sitte
die Messe und andere gottesdienstliche Texte in der Kirche ganz leise
für sich, ohne Rücksicht auf die Teilnahme des Volkes. Das litt Justinian
keineswegs und verbot in Novella 137 vom 26. März 565 1) den Bischöfen
und .Presbytern, die priesterlichen Gebete leise und für sich zu lesen,
fordert im Gegenteil, Liturgie, Taufgebete und anderes der Art laut zu
sprechen, damit auch das Volk an diesen Gebeten teilnehmen könne.2)
Sein Gebot gründet Justinian auf 1. Kor. 14. 16 und auf Römer 10. 10.
Kleriker, die auf solche Weise die Gottesdienste zelebrierten, sollten
vor den Provinzialsynoden angeklagt und von ihnen abgesetzt werden.
Den Bischöfen aber und den höheren Klerikern, wie auch den Staats
beamten wurde bei schweren Strafen (xat; iaxdxat; xtu.wptat;) die Be
aufsichtigung der Kleriker in dieser Richtung anbefohlen.3)
Diese und ähnliche Bestimmungen machen auf den heutigen
Leser der Gesetze Justinians einen schlechten Eindruck, man kann aus
ihnen den üblen Zustand des damaligen Klerus herauslesen. Doch
wäre es übertrieben, wie wir noch sehen werden, zu behaupten, daß
alle Kleriker in dieser Zeit solcher Art waren, diese Betrachtung wäre
einseitig. Wir müssen, um den Klerus von dieser Seite völlig kennen
zu lernen, noch Justinians Bestimmungen zur Sittlichkeit und zum Leben
der Kleriker überblicken.
Aus diesen kann man entnehmen, daß der Klerus moralisch
keineswegs auf der Höhe stand. Der Klerus gab sich ohne Widerstand
der Simonie und anderen schlechten Sitten hin, die Justinian mit aller
Entschiedenheit zu bekämpfen beharrte. Gelang ihm das auch nicht
ganz, so stand doch, wie wir sehen werden, immerhin ein großer Teil
des damaligen Klerus auf der sittlichen Stufe, die seiner Würde entsprach.
r
— 80 —
Klerus zu sorgen, denn dieser hört auch nicht auf, für den Kaiser und
das Reich zu beten, und man hat, wie er glaubt, von Reinheit und
Anstand der Priester viel Gutes zu erwarten. Nicht ohne Interesse ist
hier die Vorrede zur 6. Novelle: Meytaxa xwv iv dv9-pwTtot; eaxl Swpa
9-eoö Ttapa xfj; dvw9-ev SeSouiva cptAav9-pwTtfa; Eepwauvrj xe xat
ßaatA$Ea, xot; fl-efot; ÖTfrjpexou|iivrj Se xwv dv9-pwTuvwv
-?j
-?j
u.iv
e£dpxouad xe xat eTttueAou|ieVrj, xal ix |jLta; xe xal x% aöxrj; dpxrj;
exaxepa TtpoVoöaa xal xöv dv9-pwTuvov xaxaxoauoöaa ßt-ov, waxe göSev
oüxwc; dv etrj ßaatAeöatv w; xwv Eepewv aeuvöxyj;,
-?j
TteptaTtouSaaxGV
ye xat ixetvwv
eE
auxwv
del yap
o?
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(JTtep u.ev
ä|jie|Mixoc el-rj Ttavxaxö3-ev xat xrj; Ttpö; xöv ©eöv u.etIxot Ttapprjata;,
Se öp9-w; xe xal Ttpoarjxö-vxw; xyjv TtapaSo9-etaav
-?j
aöx^xaxaxoau.otrj
TtoXtxetav, laxat dyaftVj,
auuq3WvEa xt xprjaxöv xw dv9-pw-
xt; TCäv et
Tttaxeuo|jtev, -?j
I
SeaTtöxirjv -?juwv
-Iyjaouv Xptaxöv auvxovt-a xal at Ttap- aöxwv dvaTte|i/7iöuevat Strjvexet;
eöxal Tigaayjv eö|iivetav x^j xa9-- -?j|jLdc; TOAtxet-a xat au£rjatv Ttape~
/övxat, St- wv laxtv ^j|itv xal ßapßdpwv xpaxelv xal yivza&a.t. xuptot;
ixetvwv, oöx Kal öawTtep av xa xyj$ aöxwv aöljrjxat
d
Ttpöa9-sv el-xo^iev.
ae|tvöxyjxö; xe xal xoa|itöxrjxo;, xoaouxw xal xyjv ^|Jtexlpav TtoAtxet-av
eTttStSövat Tttaxeüou.ev . . Auch anderswo in seinen Gesetzen spricht
.2)
er den Wunsch aus, den Klerus auf einer hohen sittlichen Stufe stehen
zu Um dies Ziel schneller zu
sehen. erreichen, erließ Justinian
verschiedene Edikte, die im geistlichen Leben Ordnung schaffen
sollten.
Viele Geistlichen lebten zu dieser Zeit, wie auch vorher, in sehr
weltlicher Weise, interessierten sich für allerlei Sport, für das Wetten
in der Rennbahn, betätigten sich auch lebhaft in der Gesellschaft und
hatten selbst am Theater große Freude. All das widersprach nicht nur
dem strengen Begriff des Geistlichen, sondern hielt auch
damaligen
die Geistlichen von ihren verschiedenen Pflichten ab: das veranlaßte
Justinian, diese Geistlichen privatim zu mahnen, sich von diesen Ver
gnügungen fernzuhalten; da aber auch eine Wiederholung dieser pri
vaten Mahnungen nicht half, sah sich Justinian genötigt, seine öffent
lichen Bestimmungen gegen jenes unziemliche Benehmen der Kleriker
N. Bd. 44 — C.
S.
70
S.
=)
f.
1)
f.
I
— 81 —
verlassen, die Bischöfe, damit das nicht xwXu|jta xrj %-eia., xat Eepä Xet-
xoupyta ytvexat, andere Kleriker einsetzen sollen, die dann von den
ersten nicht vertrieben werden die ihre Stellung
konnten. Wenn die,
verlassen hatten, zurückkehrten, sollte man sie nicht annehmen,
sondern
ihren Lohn den eingesetzten Vertretern geben; sie sollten, falls sie auf
ihrem Verlangen beharrten, sogar mit schwerer Geldbuße bestraft werden
(ixet-vou; uiv sTtav:övxa; (jlyj npoaMy_ead-at, xol; S1 ^exa xYjv dvaxw-
prjOtv xöv Ttpoxepwv iyaaxaaxäcjtv auxot; SfSoaS-at xa^ cnxrjaet;, oOSevö;
xipdou^ ivxeOftev xoT; xoprjyouat Ttpoaytvouivou). Die neueingesetzten
Kleriker mußten sogar aus dem Vermögen der ersten bezahlt werden.1)
Die Kleriker sollten auf immer an ihren Priesterstand gebunden
sein und keineswegs zum Militär oder einem andern Staatsdienst über
gehen, selbst wenn sie abgesetzt waren. Werden Kleriker in einem
solchen Dienst entdeckt, so mußten sie ihm sofort entrissen werden
und den politischen Strafen übergeben werden.2)
Novella 137 vom 26. März 565 bestimmt, man brauche im Interesse
der kirchlichen Ordnung bei Klerikern, die Ttepi maxew; yj Tiept ataxpoö
ß.t-ou rj
w; T^apä xobc, %-eiouc, xavöva; xt StaTtpaxxö|ievot angeklagt werden,
nicht die jährliche Provinzialsynode zu erwarten, sondern habe sie vor
eine sofort zu berufende Synode zu bringen, die ihnen die nötige
Strafe auferlege.3)
Justinian wußte nun, daß diese verschiedenen Bestimmungen sehr
streng waren und wollte die Kleriker vor den Sykophanten schützen,
die sehr leicht einen ihnen unbeliebtenKleriker anklagen konnten, darum
enthält das Gesetz vom 4. Nov. 5344) die Bestimmung,
Cod. I. 4. 34
daß Sykophanten, die eine falsche Anklage gegen einen Kleriker erheben,
ebenso schwer bestraft werden, wie die Kleriker selbst, falls sich die
Anklage als nicht wahr erweist. 5)
(C. S. 53
N. Bd. S. 412 s-. — C. 70 ff.
S.
V
137
4)
3)
töaTtsp 8s xaüxa rj|üv St- oüSsv ixspov Std xrjv xoö SsaTtöxou
s)
tj
xtj xo<oöxo Tipdgatsv, xrjXtxauxaj eTis9-r|xa|isv Ttotvaj, otixo1 xai xotj auxo,pavxstv
aüxoüj Ttstp<oHsVouj xaj oüpavoö xai xtöv rj|isxspuv vÖ|jlcjOV Tiotvdj ETitxsta9-at
s£
-
ßouXö|is9-a, si TipoaaYysiXavxsj stxa sTtsgsX9-stv |irj ßouXrj9-stsv, auaxrjvat xatj
rj
— 83 —
-
-totaüxatj xaxrjYoptatj oüx iaxuaatsv TiavxaxÖ9-sv xrjc iaöxrjxoj xai Stxatoauvrjj,
-S^v 8td Tidarjj xt|j,<ö|isv Ttpd&stoj xii |idXttrra iv xfj 9-sast ttöv vö|i<öv, dvxsxö|isvot.
CS. 73.
'
— 84 —
eben diese letzten Punkte, daß das Bild, das man aus Justinians letzt
erwähnten Bestimmungen von den Klerikern gewinnt, nicht als maß
gebend für den ganzen Klerus der damaligen Zeit aufgefaßt werden darf.
Aber selbst die Gesetzgebung Justinians zeigt uns den Klerus von
der andern Seite.
Aus vielen der kirchlichen Gesetze Justinians spricht nämlich eine
große Sorge für die Kirchengebäude, ihr Vermögen und ihre Wohl
tätigkeitseinrichtungen. Man kann sagen, daß des Kaisers große Sorge
für Schutz und Wachstum des Kirchenvermögens nur der Liebesübung
der Kirche galt. Manche Ausdrücke in diesen Gesetzen erwecken den
Eindruck, der Kaiser habe dieses große Interesse für die Erhaltung und
das Wachstum des Kirchenvermögens nur aus Aberglauben gezeigt, wie
es damals auch sonst vorkam, aber wieder zeigt uns vieles klar, daß
nicht der Aberglaube, sondern die Sorge um die richtige Benutzung jenes
Vermögens im christlichen Sinne den Kaiser bewegte. Wie überall hatte
auch hier der Klerus diese ganze Arbeit in Händen, und eben dies
zeigt, daß wir vom Klerus kein treues und maßgebendes Bild ge
wannen.
Die Bestimmungen, die wir hier zu überblicken haben, gelten
den Kirchengebäuden bzw. Kirchengemeinden, deren Vermögen und den
ihnen untrennbar angeschlossenen Wohltätigkeitsanstalten. Wenn sich
aber diese Bestimmungen auch rein auf Vermögen und äußere Dinge
beziehen, lassen sie uns doch die Sozialarbeit der Kirche und der
Kleriker erkennen, lehren uns auch die praktische Seite der Kirche
genauer kennen.
sondern selbst eine Reihe von Fabriken, wo die Arbeitslosen Arbeit und
Heimat finden konnten. Im großen und ganzen erstaunt man über die
großen sozialen Leistungen der Kirche, deren Bild uns vorliegende
Gesetzgebung zeigt. Nicht übertrieben wäre es, zu behaupten, wenn
man die heutigen und die damaligen Verhältnisse vergleicht, daß die
Kirche damals ungeheuer viel mehr geleistet hat als jetzt. Vier Haupt
punkte ziehen am meisten die Aufmerksamkeit auf sich: 1. Die Ent
stehung der Kirchen und Wohltätigkeitsanstalten. 2. Die Schaffung
ihres Vermögens. 3. Die Verwaltung dieses Vermögens und 4. der
Schutz des Kirchenvermögens durch den Staat. So können wir die
zahlreichen Gesetzesbestimmungen gliedern, die hierher gehören.
Wie wir noch sehen werden, handelt es sich eigentlich bei allen
vier Punkten nur um das Vermögen,1) doch sind diese Verord
nungen für das Kirchenvermögen von großer Bedeutung für das
Verständnis der damaligen Kirche.
Bd.
S.
67 ff. .
3
3)
2)
I
N. Bd. N. Bd.
S.
S.
131
5)
3
*)
I
—.86 —
Novella vom
67 Mai 5384) bestimmt, daß, wer gern Kirchenstifter
1.
genannt werden wolle, statt eine solche Kirche zu bauen, besser mit
bischöflicher Erlaubnis eine alte und verarmte Kirche renovieren
solle, worauf er sich Kirchenstifter nennen könne, ohne daß er
Geld zur weiteren Ausstattung der Kirche zu geben brauche, da
solche Kirchen ein gewisses Vermögen von ihren Stiftern her haben
(oüxw yap laxai aöxw xal fepoö oixou xxiaxYjv xÄYjfrYjvai xai uYjSev
oixofrev TtpoaSarcavfjaai, xwv e^s'frou; acpopiauivwv t^Syj Ttepi xobxo
SaTtavYju.axwv imSiSouivwv Ttapa xwv xal Ttpöxepov xaöxa ^opYjyouvxwv.)5)
Kirchenvermögen.
2.
131
II
2)
1)
Z'
i'
488.
5)
ß'
*)
I
— 87 —
konnte, wie wir noch sehen werden, anklagen und angeklagt werden
und war von den Gesetzen als selbständig anerkannt.
Die Mittel zur Erwerbung kirchlichen Vermögens waren ver
schieden, hauptsächlich aber Stiftungen bzw. Schenkungen und Erb
schaften. Gerade beim Erwerb des Kirchenvermögens durch Erb
schaften herrschte aber die größte Unordnung, so daß Justinian in
einer langen Reihe von Gesetzen und Erlassen Ordnung zu schaffen
versuchte.
Was die Kirchenstiftungen betrifft, so finden wir außer dem schon
Gesagten in Novella 67 die Bestimmung, wer eine Kirche bauen wolle,
solle zunächst mit dem Bischof darüber sprechen und die Summe
nennen, die er für die Erbauung und Erhaltung der Kirche (Liturgie,
Klerus usw.) bestimmte. Reichten nun die für die Erhaltung der Kirche
zur Verfügung gestellten Mittel nicht, dann konnte der Spender keine
Kirche bauen, sondern höchstens eine alte und verfallene Kirche unter
bischöflicher Genehmigung mit diesem Gelde renovieren, wenn er eine
solche Ehre begehrte.1)
Außer den Stiftungen konnte das Kirchenvermögen zweitens durch
Schenkungen vermehrt werden. Schon oben sahen wir, daß die
Kleriker, die so streng vor jeder Simonie gewarnt werden, Lob emp-
pfangen, wenn sie ihr Vermögen der Kirche oder der Wohltätigkeits
anstalt schenken wollten, an der sie angestellt waren. Auch die Gläu
bigen hatten die Freiheit, der Kirche verschiedene Gaben darzubringen
(donationes super piis causis factae).2) Schenkungen, die über 500 Du
katen (quingentas solidas) betrugen, mußten gerichtlich angekündigt
werden (sin vero amplioris quantitatis donatio sit, excepta scilicet im-
periali donatione, non aliter valeat, nisi actis intimata fuerit.3)
Länger beschäftigt Justinian die Erhöhung des kirchlichen Ver
mögens durch Erbschaften. Aus Frömmigkeit vermachten viele ihr
Vermögen oder einen Teil den Kirchen oder den Wohltätigkeits
einrichtungen. Die verschiedenen Fassungen dieser Testamente riefen
aber im Kirchenvermögen hervor. Viele setzten
sehr große Unordnung
bestimmte Heiligen oder Engel oder selbst Jesus zu Erben ein, ohne
daß eine Kirche zu deren Verehrung vorhanden war, andere hinter-
J) ("ETtsixa |ir] äXXtoj aüxöv exxXrjaiav ky. v4ou olxo8o|isiv, Ttpiv äv 8ia-
Xsxfrstfj rcpöj xov 9-eo:piXsaxaxov &niav.onov, xai dpiasis xö |iexpov, bmp ätpopi£si
Ttpöj xs xfjv Xuxvoxatav . . . xai eiTtsp aüxdpxtoj exeiv Sögeis, Ttoietafrai aüxöv
sondern das Testament gilt und die Bischöfe haben das Geld anzu
nehmen und des Verstorbenen Willen zu erfüllen. Und wenn Geld
für Arme und Kranke hinterlassen war, aber in etwas unbestimmter
Weise, dann kam das Geld einem der bedürftigsten Hospitäler der
Stadt zu.1) Die Bischöfe und die Kleriker wurden beauftragt, bei
Verlust ihrer Stellungen die Erfüllung dieser Bestimmungen zu über
wachen.2) Wenn die Erben des Verstorbenen nach der Aufforderung
der Bischöfe immer noch die Erfüllung des Testaments verzögern,
dann mußten die Erben gewaltsam gezwungen werden, das Doppelte
der bestimmten Summe zu bezahlen. Dieselben Bestimmungen gelten
für die Erben der Erben, falls die ersten in der Zwischenzeit starben.
Ebenso streng sollte man auf genaue Bezahlung töv ivvaXtwv achten,
d. h. des Geldes für Seelenliturgien zugunsten der Gestorbenen.3)
Hatte jemand Geld zur Befreiung von Gefangenen oder zur Armen-
und Krankenpflege hinterlassen, dann sollte dies schnell tinoj.ai xpöTtot;
den Bischöfen oder den sonst dafür Eingesetzten gegeben werden.4)
Wenn die Erben die et; eüoefele, atxt-a; %axaXeXet|iuiva nicht
bezahlen und behaupten, das ihnen hinterlassene Vermögen reiche nicht
aus, dann sollte unter Aufsicht - des Bischofs des
1/i
des Reinertrags
vererbten Vermögens erhoben werden. Sechs Monate Frist werden
6m6 xyj; i|i:pavvjaew; x% StaSWjxrj; gegeben, damit die Erben das
St- eöaejkt; atxt-a; hinterlassene XiQYäxov5) abgeben. Wenn die zum
Erben eingesetzte Kirche oder Wohltätigkeitsanstalt entfernt liegt, kann
das geerbte Gut zugunsten der Kirche verkauft oder vertauscht werden.6)
Durch diese und mehrere ähnliche Bestimmungen hat Justinian
versucht, das Vermögen der. Kirchen und Wohltätigkeitsanstalten zu
sammenzubringen und zu vergrößern.
C. - C. — C. S..50.
S.
48
S.
51.
f.
3)
1)
2)
N. Bd.
S.
II
131 271
f.
6) 4)
131 tß-
o)
'
— 90 —
S.
I.
*)
N. 40 vom 18. Mai 536; N. 43 vom 17. Mai 536; N. 46 v. 19. August
5)
S
— 92 —
kommen, sondern nach dem Preis des Guts selber richten, da es vor
kommen könne, daß dieses Gut nicht wohl gepflegt werde.1) Ein Gut
durfte nur von den Patriarchen bzw. den Bischöfen und den Chartu-
lariern, wenn es solche gab, in Pacht gegeben werden, und zwar
haben sie und der Pächter einen Eid auf die Heilige Schrift zu leisten.2)
Ein kirchliches Gut durfte nicht länger als ein Menschenalter in
Nießbrauch gegeben werden, und zwar nur, wenn der Ersatz den Wert
des Gutes erreichte oder überstieg. Nach dem Tode des Pächters
mußte das Gut der Kirche zurückgegeben werden.3)
Wer den Kirchen Geld oder sonst etwas lieh, durfte kein iv^upov
nehmen, sonst verfiel sein Geld der Kirche.4) Selbst Notare, die dazu
oder zu irgendeiner Entäußerung kirchlichen Gutes die Verträge an
fertigten, verloren ihre Stellung und verfielen schweren Strafen. Selbst
Grundstücke, worauf früher Kirchen oder Klöster standen, durften von
Privatleuten nicht gekauft werden; solche Erwerbungen hatten keine
Gültigkeit.5)
Hatte Kirche oder eine Wohltätigkeitsanstalt Schulden, so
eine
sollten ihre SioixYjxaf auf einem öffentlichen Platz eine Auktion ab
halten; die Güter, die zu verkaufen waren, fielen dem Meistbietenden
zu, der bar bezahlen mußte, damit die Kirche ihrer Schulden ledig
werde. Die Akten mußten dann genau geführt und zwar uefr' Spxou
x^j wviaxyj auyypa^ eingetragen werden. Meldete sich während der
zwanzigtägigen Versteigerung kein Käufer und blieben die Güter un
verkauft, dann sollte sie eine andere Kirche oder Wohltätigkeitsanstalt
kaufen, um die Schulden der ersten zu bezahlen.6)
War eine Kirche oder eine Anstalt die öffentliche Steuer (SYju.öaiov
cpöpov) schuldig, dann mußte der Bischof und die Kleriker eine Be
ratungssitzung abhalten; konnte die Steuer nur mit unbeweglichen
Gütern bezahlt werden, so mußte das geschehen, damit die eüzyeic, oIkoi
dem Gesetz nicht zuwiderhandeln. Eine solche exnoir\aic, sollte mit
großer Scheu vollzogen werden, denn, wie Justinian sagt, %-ebc, ircöcjjexai
xa yevöu.eva.T) Die Akte über den Verkauf eines Kirchenguts (Sexpexov)
mußte von dem Metropoliten und zwei Bischöfen seiner Diözese ab
gefaßt werden, damit eine solche Synode Zeuge der Verhandlungen
sei.8) In Novella 115 vom 1. Februar 542°) finden wir alle genannten
Bestimmungen in bezug auf die Verwaltung des Kirchenvermögens mit
kleinen unbedeutenden Abänderungen zusammengestellt.
f
— 94 —
i) N. 43 Bd. I S. 390f.
2) N. 43 Bd. I S. 391. — 3) N. 59 vom 1. Nov. 537 Bd. I S. 443 f.
4) N. 59 Bd. I S. 445. — 5) N. 59 Bd. I S. 446.
6) N. 59 Bd. I S. 447 ff.
— 97 -
(yepovroxo^ela), die das Leben der Armen und Bedrückten erleichterten,
sind von der größten Bedeutung und verhältnismäßig viel größer und
wichtiger als heute.
Der Überblick über die Gesetze, die sich auf diese praktische
Seite der Kirche beziehen, genügt, um die Bedeutung der kirchlichen
Gesetzgebung Justinians darzutun und die großartige Stellung der
damaligen Kirche mitten im Leben zu zeigen.
Die Kirche blühte in dieser Zeit wissenschaftlich und praktisch,
und Justinian hat ihr auf beiden Seiten durch seine große Persönlichkeit
einen mächtigen Impuls gegeben, wie es selten ein Kaiser getan hat.
Gerade diese Ordnung in finanziellen Sachen ist von außerordentlicher
Bedeutung, denn dadurch wurden allererst die Kleriker finanziell un
abhängig, dies aber ist gewiß wenigstens eine der Grundlagen der
Erhöhung des Klerus zu der ihm gehörenden Stellung. Aber auch die
Stellung der Kirche wurde durch jene finanzielle Ordnung erhöht, denn
dadurch legte man ihr gerade wie im Urchristentum die Liebestätigkeit
nach allen Seiten des Lebens hin in die Hände und vertraute ihr die
Besorgnis für das soziale Leben und seine Pflege an. Und so war die
Kirche nach außen und innen möglichst vollendet. Die Kirche wirkte
durch Glauben und Hoffnung für das Jenseits, durch Liebe und Sorge
für das Diesseits. Und Justinian war nach beiden Seiten, wie wir aus
seinen Gesetzen ersehen, ein großer und starker Faktor dieses mächtigen
kirchlichen Lebens in seiner Zeit und auch noch in späteren Zeiten.
Neben der Kirche, um sie und in ihr, bestand aber eine große
Korporation, die wegen ihres starken Zusammenhangs und Anschlusses
an die Kirche einen großen Einfluß auf sie übte: das Mönchtum.
Justinians kirchliche Gesetzgebung wäre unvollendet, wenn er durch
seine Gesetze auch in das Mönchtum nicht Ordnung gebracht hätte.
In der Tat aber hat Justinian das Mönchtum ebensogut beschäftigt wie
der übrige Klerus, und wir versuchen jetzt, das Bild der kirchlichen
Gesetzgebung Justinians durch die Betrachtung der auf das Mönchtum
bezüglichen Gesetze zu vervollständigen.
Mönchtum.')
axrjpfwv überhaupt die Bestimmung, wer ein Kloster bauen wolle, müsse
zuerst mit dem Ortsbischof über die Mittel einig sein, die er für das
neue Kloster zur Verfügung stellt. Sodann mußte der Ortsbischof
durch Gebete den bestimmten Ort Gott weihen und dort ein Kreuz
aufstellen,damit solle die Grundlegung des Klosters anfangen.4)
Mehrere Bestimmungen über die Klostereinrichtung und ähnliches
mehr werden wir im Zusammenhang mit den Bestimmungen über das
Mönchsleben betrachten.
Wir kommen gleich auf das Klosterpersonal zu sprechen.
Mönch konnte jeder werden; da aber das Mönchtum als eine Art
höh^ren_L^bjms_galt, wie aus folgenden Worten Justinians hervorgeht:
6 iv dcaxrjaet u.ovaytxö; ßfo; oöxw; iaxt ae|ivd;, oüxw; otxetoöv oISe
9-ew xöv eE; xoüxo Ipyö\ievov äv9-pümov, waxe Ttavxa uiv dv9-p(JiTt:vc/v
aöxoö onCXov aTto£uetv, xa9-apöv Se aTiocpatvetv xal x^ Xoytx^j npi-
TOvxa cpüaet xal xa TtoXXa xaxa voOv ivepyoövxa xat xwv dvftpwTtfvwv
cppovxtöwvÖTilpxepov,*) ja da das Mönchtum manchmal gleich, wenn
nicht höher als das Priestertum gestellt wurde: gab der Kaiser ver-
3) N. 5 Bd. I S. 59 ff.
4) . . o 8s [imaxoTi0j] y^stpdj xs dvaxstvstv *lj oüpavöv xai 8:a xfjj sCiyjj:
xöv xoTiov dvtspwasts t<t, Bsiö, Tirjj;d|isvoj sv aüxcjj xö xrjj rj|isxspaj au|ißoXov
aioxrjptaj (cpa|isv 8s xöv Ttpoax-jvrjx6v xai xl|itov övxtoj axaupöv), ouxto xs äpjhgxat
xrjj oixoSo|itaj xaXöv 8rj xtva xoäxov xai TtpsTtovxa 9-c|jiXtov d*o3-i|isvoj. a-jxrj
|isv oüv xrjj süasßoöj xtöv süaYÖv |iovaaxr,pitov Ttonrjastoj
dpxrj saxw. N. 5a'
Bd. I S. 60. Was die Einsteckung des Kreuzes betrifft, die in dieser Novelle
erwähnt ist, so hat sie mit den sogenannten axaupoTtr,Ytaxa |iovaoxrjpta, die
von den Bischöfen unabhängig sind, nichts zu tun.
->)
N. Bd.
S.
59.
5
I
— 100
J) el xoivov |isXX0i etj Iasa9-ai |iovaxoj dbiPiMd &ei xal x^j x®v frsiwv
aOxffiXoyitov TtaiSsiaj xai äaxrjastoj öbipißoöj, wats x^Xr/auxrjj ägiou yevsa9-ai
deren Mann ins Kloster eintrat, das Recht hatte, ihre Mitgift zu ver
langen. 1)
Die Eheleute, die ins Kloster eintreten wollten, konnten ohne
Scheidebrief (St/a £erauSfou = Sia^uyfou) auseinandergehen. Jedes
sollte das andere als gestorben betrachten, und das Vermögen stand
unter denselben Bestimmungen, als wäre eines von beiden tatsächlich
gestorben. Die Frau nahm nämlich ihr Vermögen zurück und soviel
von dem Vermögen des Mannes, als er ihr im Ehekontrakt versprochen
hatte, und umgekehrt der Mann von der Mitgift der Frau, falls diese
ins Kloster eintrat. Wollten beide Eheleute ins Kloster gehen, dann
sollte ihr Vermögen, selbst die Schenkungen, die sie einander gemacht
hatten, geteilt werden und dem Vermögen des Klosters, wo sie ein
traten, einverleibt werden.2)
Die Leute nun, die ihre weltlichen Verhältnisse auf solche Weise
in Ordnung gebracht hatten, konnten doch nicht
ins Kloster eintreten,
sofort Mönche oder Nonnen werden. Sie sollten vielmehr drei Jahre
im Kloster TtpooxapxepeTv mit Laientonsur und -kleidung (äXXa. xoupä
te xcd lo\l-^n xij xöv xaXou|isvov /prjaftou Xal-xwv StSaaxöu.evov xA
xoö Beoö Xoyta.3) Während dieser drei Jahre hatte der yjyouu.evo;
den bisherigen Lebenslauf des Eingetretenen genau zu untersuchen,
ebenso, ob er Freier oder Sklave war, ob er mit eigenem Willen ins
Kloster eintrat usw. War all dies in Ordnung und sein Leben ohne Tadel,
zeigte er sich außerdem während der drei Jahre unter den Mönchen
äpiaxov y.%1 xapxeptxwxaxov, dann erst sollte man ihn xtj; |iova/txY);
axoXfj; xe xat xoupa; a£toöv.4)
Dies sind die Hauptbestimmungen zur Aufnahme eines neuen
Mönchs ins Kloster, wenige andere werden wir im Zusammenhang mit
den übrigen dem Mönchtum geltenden Bestimmungen bemerken.
-
,
— 102 —
aeu.vöxYj; der
Mönche äfrixxo; bleibe.9) Weltliche Richter, die sich erlauben würden,
in einen Mönchsprozeß einzugreifen, wurden mit Verlust ihrer xa£i;
und einer Buße von 10 Pfund Gold bestraft.10)
Kein Abt durfte zugleich zwei Klöster unter seiner Aufsicht haben,
nur eins, damit die Mönche unter dem Abt, der Abt und das Kloster
unter dem Bischof stünden und auf diese Weise Ordnung herrschte.11)
S. 50
II
f.
3)
l)
-)
ix ix imXoyfa xai ix
ig
C. 50 v. 39. — C. — N. 79 Bd.
S.
50 v. 44
S.
S.
ff.
II
f.
5)
6)
8
T)
— —
10)
9.
II
S.
10.
II
II
9
8)
9)
rj)
beaufsichtigen, ob sie ein ordentliches Leben führen, und hatte das
Recht, sie nötigenfalls zur Ordnung zurückzuführen. Auch sollte der
l£apxoc (= imftewprjxrj; u.ovaaxrjpfa>v, apx^avopfxrj;, hauptsächlich
der Vorsteher Orte sich in einem
d.
h.
eines \iex6y_iov, eines anderen
befindenden Filialklosters) wenn sie einen solchen
der Klöster,
hatten,
seine draxptatdptot öfters zu den Nachbarn schicken, um zu erfahren,
ob die Mönche ein ordentliches Leben führen.1) Demnach gehörte zur
Verfassung der Klöster eine strenge Aufsicht seitens der Vorsteher
und Leiter.
In jedem Kloster mußten unter dem f\you\ievoc, die sogenannten
dTOxptatdptot, Vertreter oder Geschäftsführer des Abtes, stehen, die
sein sollten ävSpa; YeYyjPax^xa; xat ^^rj x° ^Crvaxtxöv dywvtaauivou;
xal od £aSfo; xa.c, o»uaxtxa; 1-izr\peia.c, ucptaxa|iivouc,
o-i
xol$ Ttpay^aac
xal xa!; aöxöv [xwv |isvaxwv] dTtrjaxo-Xrjvxai /pefat;.2) Durch diese
Leute konnten also die Mönche ihre Privatangelegenheiten besorgen;
ebenso hatten die Nonnenklöster zwei oder drei solcher Apokrisiarier,
womöglich Eunuchen (eüvoüypuc, Weitere Bestimmungen
ei
Suvaxöv).3)
über die Apokrisiarioi wie über die Beaufsichtigung der Mönche und
Nonnen werden wir bei der Betrachtung der Bestimmungen über Sitten
und Sittlichkeit der Mönche finden.
Indirekt gehörte zur Klosterverfassung noch das schon anfangs
genannte Privilegiendekret für das Kloster des Sinaiberges: XpuaößouXov
xoO dotS{|iou ^aatXew; -Iouaxtvtavoö iowpVjaaxo et; xöv xoö 2tva
8
öpou; -?jyouu.eVoV.4)
C. 39 S. 42.
3.
I.
rivsa9-at.
xöv xaxd xatpöv sxdaxo-j |iovaaxrjpiou Ttposaxöxa auvsX»>j
. . 9-saTtt£0|isv,
1)
Igapxoj (st Ys strj xaxd xöv xiTtov, ÄaTtsp sTti xaüxrjj saxi xrjj süSai|iovoj TtoXswj),
r xaöxa TtsptspYajsxw xai oxsXXsxw xoüj xaXou|isvouj dTtoxptatapiouj xoüj aüxoö
xaxd xd |iovaaxrjpta, xai Tiuv9-avsa9-u> xai sx xtöv Ystxövtov, |if;Ttou xt Ttovrjpöv
iTti xtvoj xtov |iovaaxrjpiu>v xtöv iyydfov ybtzxot.1, xai xaüxa aTtavxa ato^>povt£sxto
xai xrjj Ttpoarjxoüarjj djtoüxto Ttpovoiaj. N, 123 vom 16. März 539
8'
Bd.
S.
24.
II
S.
25.
II
II
s'
s'
3)
-)
3. Klostervermögen.
Die verschiedenen
Bestimmungen über das Kirchenvermögen, die
wir oben erwähnten, gelten ganz genau auch für das Klostervermögen.
Wo von den Kirchen und Wohltätigkeitsanstalten die Rede ist, werden
auch die u.ovaaxYjpia nebenbei ausdrücklich genannt, darum ist längeres
Verweilen nicht nötig. Wir haben schon gelegentlich gesehen, daß
die Quellen des Klostervermögens einerseits die Schenkungen waren,
anderseits die große Bereicherung durch das Privatvermögen der ins
Kloster eintretenden Mönche oder Nonnen.
Hier muß die Bestimmung der Novella 5 bzw. 123 erwähnt
werden, wonach, wenn ein Mönch das Kloster verließ, in das er ein
getreten war, um in ein anderes überzutreten, sein Vermögen dem
ersten blieb.3)
Die Verwaltung des Kirchenvermögens wurde wie die des Kirchen-
2) C. S. 50 f.
3) El 8s ~iz äTtoXiTträv x» |iOvaaxifjpiov xa9-' öTtsp xrjv äaxrjaiv sly,sv sij
Ixspov |isxaßaivoi |iovaaxrjpiov, xai oüxto |isv yj auxoö Ttspiouaia |ievsxw ts Kai
exSixsEa9-w üuo xoö Ttpoxspou |iovastrjpiou, svfra dTtoxa£d|isvoj xoöxo xaxsXircs.
N. 5 Bd. I S. 65; 123 S. 323.
— 105 —
4. Klosterleben im allgemeinen.
Was das Klosterleben betrifft, so zieht die Hauptaufmerksamkeit
Justinians die Sittlichkeit der Mönche auf sich. Schon bei der Ver
fassung haben wir gesehen, mit welcher Besorgnis die hierarchische
Beaufsichtigung der Mönche bzw. Nonnen geordnet ist, und die
folgenden Bestimmungen, die hier in Betracht kommen, gelten fast nur
der Aufrechterhaltung der Askese und der Sittlichkeit.
Diese Sorge Justinians bemerken wir sofort bei den Bestimmungen
über die Einrichtung des Klostergebäudes.
Jedes Kloster sollte von einer Mauer umschlossen sein, damit
man es nicht leicht verlassen könne (lrjia> Sc ixpißel frpiyxftp
TtepiTtecppayl^ov ^ |iovaanfjpiov, waxe iiYjSe|jiav si£oSov dXXa^öfrev
tcXiqv rj 5:ä xwv ^uXfowv.3) Diese Mauer dürfte höchstens zwei kleine
Türen haben (u.Yj TtoXXii; elva.i xa; dc, xg u.ovaaxf(ptsv eiaöSouc, dXXä
^lopij xrj£ xoö fjyou|isvou Yvö>|iyj; sxtpoixäv ix xoö |iovaaxr]piou, &XX' siaw
xoüxouj xafrsgouai xa Ttpoj 9-sqv CjjXotmaj xai |irj SiaaTtwvxaj sauxc'>s |irjxs xdj
— 106 —
Justinian gibt den Grund dieser Einrichtung an: wate näpxupa; xfj;
dXXVjAwv yfveafrai y.oantrixYjxö; xe xal awtppoauvrj;, xal nVjSe xöv örcvov
aöxöv pafru|jiov £^£'v ^Xä |ie/Uxövxa xYjv eöxoaufav Z:% xyjv xöv ö<J»o-
uivwv iTuxf|iYjaiv.T) Wir finden sogar die Bestimmung, nicht einmal
alle durften schlafen, sondern ein Teil habe zu wachen, um zu beten,
Ttpdgsij |irjxs xdj ircixyj8süasij, ouxs exspouj xivd£ yevsa9-ai xaxd xö |iovaaxrjpiov
vüxxwp xai \ie& rj|ispav sdacjaiv, oüTtep oüx öp9ijv ||ievsiv| xf,v xöv süXaßsaxdxwv
|iovox<Sv Ttapaaxeudaouai 8ö£av. N. 133 Bd. II S. 21.
J) xav si |irjxij sxxXrjaia xaxd xö |lovaaxrjpiov slij, |irjis oüxwj Ttpotpdasi
xöv sxxXrjaiü>v ix^oixäv d8sü>j, r\ xai TtspwtdxGuj exstas Ttoistafrai xai svxuyx*-
veiv xiaiv otj oü8s Ttpoaf,xov, dXXd Ttapayivsa9-ai |jiv sv xfi xaipw xrjj iepaj
Xeixoupyiaj d|ia xö rj-j-ounivw rj xotj aüxöv TtptOxsöouai xs xai ysyrjpaxöai, xrjj
8e Xsixoupyi<»j TtXrjpw9-siarjj xö |isv |iovaxixöv arcav aiihj sij xö xoivößiov xo>pstv
xäxstae xa9-^a9-ai, xai xöv xs lisyav ixsxsueiv frsöv xaij xs 9-siaij evxuyxdvsiv
ypatpaij. 133 ß' Bd. II S. 21 f.
N.
-) C. I 3. 51 vom 1. Nov. 531 S. 52 f. — 3) N. Bd. I S. 64 f.
4) C. I 3. 52 vom 27. Nov. 531 S. 54. — 5) N. 133 Bd. II S. 27.
sixs TtXsiövwv dv9-pti>Tttov saxiv sixs sXaxxövtov, xoüj sv aüxö |iovaxoü£ xsxwpia-
|isvouj dTt' äXXrjXrov ixeiv xai iSioij olxrj|iaai xP^^evouj, dXXd xoiv^j |isv aüxoijj
eaxiäafrai frsaTu£o|isv, xa9-s'J8siv 8s obtavxaj ev xoivö, sxdaxou |isv lui xivoj
t8iago'Jayjj xoi^teüvrjj xei|isvou, sv oixtp 8s svi xaxaxXivo|isvcjj, srasp oüx
rj
63.
y'
5
I
— 107 —
. 1) . . . Ö.XX- iv xotvö £rjv vjxxtop xs xai |is9-- fyispav, tva ai vjxxsj a&xotj
-
xrjV aüxrjv xatj fj|ispatj sxotsv Ttapaxifjprjatv ob ya.p xaü-suSouatv äTtavxsj dsi,
ccXXd Ttpö5yjXov, cbj 01 |isv iv xw xa9-süSstv slotv, oi 8s iYprji,oprjaav, xat Ttdvxtoj
iaovxai xtvsj ot xobj xa9-suSovxaj sTtoTtxsuovxsj. N. 133 Bd. II S. 20, N. 123
Bd. II S. 320.
2) TiXrjv si |irj xtvsj ij aüxüv rj Sta xrjv xp0V'av iv |iovaaxrjpuj> äaxrjatv
fja6xwj ßooXö|isvot £fjv yj yrjpfoj t) ato|iaxtxfjj da9-svsiaj Xaptv iv iStaS0uac
xsXXlotj svSov xoö |tovaaxrjpiou xuYx^vouai 8tatxtövxat - xoüxo 8s |isxa sIStjoswj
xa-t Yvto|irjj xoö rjyou|isvou Yivsa3-at. N. 123 X- Bd. II S. 320. — N. 133 Bd. II
S. 20f. — N. 5 Bd. I S. 62f.
3) N. 123 Bd. II S. 320.
4) aTtsp |ispd Xöyta] sl auvsxtöj dvaytvcbaxotsv, oüx äv Ti0xs a,jaXstsv, oüSs
slj dv3-pwTitvaj xaxsVsx&stsv |ispi|ivaj. N. 133 ß' Bd. II S. 22.
5) Sst Yap SraXoöv xoDxo spYov xotj |iovaxotj xa3-saxdvou, tj xotj 9-siatj
ivaaxoXsta9-at Ypaipatj rj xotj |iovaxotj TtpsTtovxa öiTisp xaXsiv slci>9-aatv ipYöxstp«
-
|isXsxäv xs xai ipyd£sa3-at Stdvota jap |idxrjv axoXd£ouaa oüSsv äv xtöv dYa~
.3-ßv fotoxixot. N. 135 j- Bd. II S. 27 f.
6) xsaaapag 8s rj Tisvxs Ttpsoßüxaj sx xrjj aüxr;j |iovfjj stvat xaxd xrjV iv
xqi Hovaaxrjpicij xa9-saxtöaav dYKoxdxrjv IxxXrj aiav, olj rj8yj Ttaj dy<bv fjvuaxat xaxd
xrjv äaxrjatv, xai otTtsp xstp0x0Vtaj rj£itovxat xrjj iv xcp xXTfjpcp Ttpsaß-jxipwv xuxov
-
fj Staxövtov tj xöv icpsgrjj Ixovxsj axr;|ia ouxot Ydp xai xotj dcptxvou|isvotj
- 108 -
Wurde ein Mönch Kleriker, dann mußte er erst recht im Zölibat
bleiben, und die Ehe wurde den Mönchen ausdrücklich verboten, die
die kleinen Klerikergrade annahmen (ty&Xxa.i, avayvwaxai usw.), obwohl
diesen Graden sonst die Ehe offen stand. Und Mönche, die trotzdem
heirateten, mußten aus dem Mönchtum gestoßen und den bestimmten
Strafen übergeben werden.1)
Schon oben sahen wir, daß die Mönche bzw. Nonnen ihre Privat
angelegenheiten durch die sogenannten Apokrisiarier zu ordnen hatten.
Damit aber auch so kein Mißverständnis entstehe, sollten die Apokrisi
arier, wenn sie einer Nonne etwas zu sagen hatten, es der Pförtnerin
des Klosters oder der Vorsteherin mitteilen; hatten sie der f/youptevYj
selbst etwas zu sagen, dann kam sie aus der Wohnung herunter und
empfing den Apokrisiarier, der nach Beendigung der Geschäfte den
Ort verließ.2) Jeder Eintritt einer Frau in ein Männerkloster und eines
Mannes in ein Frauenkloster war völlig verboten. Höchst mißtrauisch
verbot Justinian auch eine einmalige Zusammenkunft der Mönche und
xä; xcaijxa; eiaöSou;
SYj
weggehen.5)
Auch bei dem Gedächtnistag des Verstorbenen dürfen keine
Männer in Frauenklöster eintreten und umgekehrt.5)
sTtex0vxsj. 133
S
ß'
65. —
-
N. 5yj' Bd. N. Bd. 26.
S.
S.
II
133
2)
") 3) 1)
S.
22. 23.
II
II
y'
*)
jiöVTjv 8s x^v 9"jpwpöv xaj 9-upwpouj xai xrjv rj-fo'->|isvrjv iaroj aOxr]v
f/
- 109 —
9-eafrsvxac. 23
f.
S.
S.
320.
II
2)
J)
C.
f.;
Bd.
S.
S.
55 123 324.
II
3)
— 110 -
durch sie nicht auch die andern Mönche oder Nonnen verdorben
würden.1)
Zur Beaufsichtigung und zur genauen Durchführung all dieser
Bestimmungen wurden aufgefordert und verpflichtet die Patriarchen und
Bischöfe wie die oberen staatlichen Beamten.2)
Aus dieser kurzen Darstellung der justinianischen Gesetze über
das Mönchtum gewinnen wir nun zweierlei. Erstens nehmen wir hier
sondern Justinian selbst hat die Dinge so geordnet, daß die Kirche
tatsächlich die Oberhand bekam. Er konnte sich nicht auf sein Staats
beamtentum verlassen und fand ihm in der Kirche einen vorzüglichen
Schutzengel; er selbst hat die Kirche über den Staat gestellt, wenn es
auch im letzten Grunde umgekehrt war, da er das Ganze war und die
führende Hand Justinian hat darum dem Problem Kirche und
hatte.
Staat eine neue Gestaltung gegeben.
Wiefern nun Justinian auf diese Weise wirkte, können wir am
besten aus der Darlegung der verschiedenen gesetzlichen
kurzen Be
stimmungen über das Verhältnis von Kirche und Staat ersehen.
Kapitel V.
Wie alle Vorgänger Justinians auf dem Thron hat auch er die
christliche bzw. katholische Kirche vielfach begünstigt und mit großen
Privilegien ausgestattet. Wie die andern Kaiser, so empfand aber
Justinian erst recht, die Hilfe der Kirche für seinen unvollkommenen
Staat in Anspruch zu nehmen. Daraus ist ein sehr merkwürdiges Ver
hältnis zwischen Staat und Kirche1) entstanden, das, soviel es auch aus
der Not entstand und gewiß nur als provisorisch gedacht ist, doch im
Lauf der Geschichte allmählich das normale wurde und auf lange Zeit,
ja bis auf unsere Tage (in der römisch-katholischen Kirche) blieb.
Die Frage der Herrschaft der Kirche über den Staat scheint nämlich
in der vorliegenden Gesetzgebung gestellt und zugunsten der Kirche
gelöst. Natürlich haben schon frühere Kaiser zur Entstehung dieses
Verhältnisses beigetragen, Justinian hat aber gewiß durch seine gesetz
lichen Bestimmungen über das Verhältnis von Staat und Kirche der
Macht der Kirche einen starken Impuls gegeben.
Wie gesagt, ist dies Verhältnis nur aus der Not entstanden und
von den verschiedenen Kaisern nur provisorisch gedacht, bis der Staat
zur Selbständigkeit gelangt wäre. Und in der Tat ist es in der griechisch
katholischen Kirche immer als solches betrachtet worden. Die orien
talische Kirche empfand jene Stellung über dem Staat, die sie von den
Kaisern empfangen hatte, nicht etwa als göttliche Weisung zur Be
herrschung des Staats, sondern bloß als eine Pflicht und einen Dienst,
den sie dem Staatsoberhaupt leisten sollte. Die Kirche war von Anfang
an bereit, in diesem Sinn dem Staat zu gehorchen und zu dienen, da
sie auch in kirchlichen Dingen vollständige Autonomie und Authentie
hatte. Es ist nicht unrichtig, zu behaupten, es habe im Geiste der
griechischen Kirche gelegen, immer den Staat anzuerkennen und mit
1) N. 8 Bd. I S. 93 ff.
2) sl Ss ttatv
sv xatj eTtapxiatj oOat Ki^iTtotxo xa xyjj dpxrjj aü|ißoXa, im
ts toö 9-sotptXsaxdxou iTttaxöTiou Trjj |irjxpoTiöXswj y.aX xtöv ev aüx^j iipansuövx<iw
xoö Spxou u,psgouat xai olixto xäW xtjj 4pXrJj dvxtXifjt|jovxat Ttpdsswv. N. 8c8'
Bd. 1 S. 110.
3) C. S. 63.
— 115 —
(eJ
|iiv eöpotu.ev,
6-xt Stxatw; xoü xaxa xobe, vö|iou; xaxaxpt9-el; Ttapa xoö öawoxaxou emaxtJ-
hängt, falls sie gegen das Recht urteilten (et uivxot eupotu.ev xtva xwv
äacwxdxwv eTuaxÖTta>V Ttpö; x*Ptv xtVo; TtaptSoVta xö Sfxatov, xavovtxöv
aöxtp aw^>povtau.öv iTtax^vat xeXeuou.ev).6) Wenn in einer Stadt keine
Archonten vorhanden sind, dann sollten die Streitenden zum JxStxo^
(Rechtsanwalt) gehen und, wenn sie wollten, zum Bischof, um sich von
ihm Recht geben zu lassen.T)
C. 69. — C. 64.
S.
S.
4) =>)1)
2)
N. 86 Bd. 42 ff.
S.
II
|j,sv ttjv ÜTtö9-satv, |irj cpuXdjjst 8s xotj xptvo|iivotj xö Sixatov, eiuxpsTto|isv xtp öa:cö-
xdxtp eraaxÖTt<p sxsivrjj x^j TtöXstoj 5oövat Ttpoj rj|iäj ypd|i|iaxa xcp |irj xux°vxt
xoö 8txaiou, 8rjXoövxa oxt eTtstx9-sij -Tiap- aüxoö äpxtov dvsßdAsxo dxoöaa:
6
xoö Tipoatövxoj xai 8taxptvat xd |isxagu aüxoö xs xal xoü Tiap* aüxoö sv alxtdast
Ysvo|isvou, yvovtsj fj|istj xt|ia>piaj ETidgto|isv xej> xfjj sTtapxiaj apxovxt,
tva xaüxa
sep- olj uapd xoö d8txou|iivoD xai iusty^sxq, Ttapd xoö öatwxdxou
TtpoasXsua9-sij
N. 86 Bd.
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43.
S.
N 86 Bd. 44 ff.
.S.
II
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N. 86 Bd. S. 45.
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I. I
N. Bd. 45. ;,
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86 ,
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8*
— 116 --
xdx^J 8o{hjao|isvrjv, xai xoö exßißaaxoö o|ioiwj |iexd xtjv xrjj Cti>vrjj d^aipsaiv
xai ßaadvoij ÜTtoßaXXo|ievou xai ev igopia Tts|iTto|isvou. N. 123 Bd. S. 302.
II
rj'
C. S. 64 ff.
5)
- 117 -
städtischen (Geldeinnahme und -ausgäbe, Bau der
Wirtschaftssachen
Staatsgebäude, Brunnen usw., Straßenbau,
Brücken, Wasserleitungen
und ihre Erneuerung) unter der direkten Aufsicht der Bischöfe standen,
denen die vornehmsten Bürger Hilfe leisten sollten. Der Bischof und
die genannten Bürger hatten die Leute, die die obengenannten Geschäfte
übernahmen, zu beaufsichtigen, damit die Arbeiten gut und schnell
gemacht wurden und die Kosten sich in mäßigen Grenzen halten.1)
Wenn die Unternehmer solcher Arbeiten die Aufsicht der Bischöfe
ablehnen, dann sollen die Staatsbeamten eingreifen und sie zwingen,
dem Bischof einen Rechenschaftsbericht zu geben. Wenn die staat
lichen Beamten in die Orte, wo solche Arbeiten vorgenommen wurden,
ihre Vertreter schickten und für diese Bezahlung verlangten, dann
mußten die Bischöfe, wollten nicht in königliche Ungnade fallen
sie
(jtaatXtxrjv <&pvaxxrjacv dva|ievdxw), dies dem Kaiser bekannt machen,
damit die Archonten bestraft würden; und man durfte weiterhin den
genannten Leuten keinen Pfennig bezahlen (|ayjSi ößoXöv Iva xauxrj;
Ivexa tyj; ahlotic, napiy_ew). Im allgemeinen unterstanden alle staat
lichen und wirtschaftlichen Dinge der strengsten Aufsicht der Bischöfe.
Das Recht stand ihnen zu, jede Ungerechtigkeit zu verhindern und dem
Kaiser zu melden, denn auch die geringste Vernachlässigung ihrer
Pflichten bewirkte, daß sie bestraft wurden und in ßaatXtxrj ayavaxxrjat.$
verfielen.2) Ganz ähnliche Bestimmungen hat das Gesetz Cod. XII.
63. 2 vom 24. Juni 530, 3) welches nur ein Auszug aus dem vorher
genannten Gesetz ist.
Im Gesetz I. 4. 22 vom 18. Januar 5264) wird den Bischöfen das
Recht gegeben, einmal pro Woche, Mittwoch oder Freitag (die Fasten-
*) Ilspi xcöv xa9-- sxaaxov Ixoj xatj TtöXsat Ttpoatouatöv TtoXtxtxtöv Ttpoaö8tov
vöp3-wacv, dTtXtöj sij xdj xtöv TtoXtxtxSv Xpstaj Ttpoxwpo<ivxtov, süxs dTto Srj|ioaitoV
tj
stxs dTtö IStomxäiv tbj stprjxat Ttpotpdastov, 3-sora£ofisv slj xauxov auvtövxaj xöv
9-socptXsaxaxov sTtiaxoTtov xpstj xs xtöv süuTtoXrjTtxtov xai ev ä7taot Ttposxövxwv
xaxa xrjv sxouj sxdaxou sTto7txsüstv xs xa YsVö|isva spYa xai Ttapaaxsu-
TtöXtv
d£stv |isxpsta9-at xai Xoyo9-sxstv xouj xaüxa Stotxoövxaj 5totxrjaavxaj, xai im.
rj
tj
eTüaxoTtov xai xobj aüv aüxij> Ttoto-j|isvouj xobj Xoy<apioüj, oTitoj, av xa spya slj
dTtspavxa xrjj SaTtdvrjj dipopta!^, xa9-- Sxaaxov sxoj eTit|isXtoj YsV0lx0 sx xtöv
TtoXtxtxwv dvavsoü|isva Ttöpwv xs xai Tipoaö8tov. C. 64
S.
f.
C. S. 65 — C. S. 1101 — C. S. 64.
=)
f.
f.
3)
4)
— 118 —
ima-xAnotz xat 6atwxdxot; Ttaxptapxat; vom 18. März 535 1) wird aus
drücklich die allgemeine bischöfliche Aufsicht über alle Staatsbeamten
bestimmt. Dem Wortlaut dieses Ediktes kann man leicht ein Bild der
schlechten Verhältnisse entnehmen, die in Justinians Staatsbeamtentum
herrschten. Alle staatlichen Funktionen sollten rechtlich und ehrlich
vollzogen werden, unter der strengsten Aufsicht der Bischöfe, die dem
Kaiser genaue Kunde geben sollten zur Bestrafung oder Belohnung der
-Staatsbeamten.2)
Solche und mehrere ähnliche Bestimmungen, in die verschiedenen
Gesetze eingestreut, zeigen klar und deutlich, welche Stelle Justinian
der Kirche im staatlichen Leben eingeräumt hat. Man kann wohl sagen,
daß die ordentliche Verwaltung des Staats indirekt in den Händen der
Bischöfe lag. Natürlich stand über den Bischöfen der Kaiser und in
diesem Fall
der mächtige Justinian, so daß im letzten Grunde die
herrschende Macht in der Person des Kaisers der Staat war. Wir haben
oben gesagt, daß der Staat keines so autoritativen Hauptes brauchte,
um seine Rechte zu behaupten. Die Oberhand hatte nach der Lage der
Dinge der Staat, und die Kirche hat niemals, selbst wenn sie konnte,
Ansprüche auf diese Hoheitsrechte des Staats erhoben. Und man
wundert sich, daß die Bischöfe trotz dieser ungeheuren Macht, die
ihnen die genannten Bestimmungen in die Hand gaben, sie niemals
mißbrauchten. Und wir haben kaum Fälle, in denen die Bischöfe den
staatlichen Beamten kraft ihrer Autorität entgegenhandelten.
Justinian wollte aber den Kreis dieser segensreichen Wirkung
seiner besten Kirchen- und Staatsbeamten, der Bischöfe, immer mehr
ausdehnen, so daß er durch ähnliche gesetzliche Bestimmungen viele
dXXd 8st ü|iäj xfl Xcbp? xai üTtsp aüxtov xai xtöv XotTiüiv dYtoVt<övxaj
Ttapövxaj
ipavspoüj rj|itv xoUkatäv xai xoüj öp3-öj dpxovxaj xai xoi>j Ttapaßaivovxaj xövSs
xöv vö|j,ov, STttoj av sxaxspouj ytvtbaxovxsj xoüj |isv xoXdJto|isv xoüj 8s
....
-Jjlitöv
d|istßw|j,s9-a sasa$s 5s xat xo-j-cou cpüXaxsj Ü|istj, xai tc<dXüovxsj xd Ttapd
xaüxa Ytvö|isva xai |V/jvüovxsj, waxs |irjxs 8taXa3-stv xt xwv d|iapxavo|isvtoV |irj5-
ix xoö Xa9-stv dxt|itbprjxov slvat, dXXd Tiäaav iaöxrjxd xs xai 8txatoaivrjv xoig
rj|isxspotj ÜTirjxöotj sTtaviHjaat. N. Bd. I. 111 ff.
— 119 —
Stücke des rein sozialen Lebens der direkten Aufsicht und Fürsorge der
Bischöfe unterstellte.
— — C. S. 67.
i) C. I. 3. 51 vom 1. Nov. 531 S. 52 f. 2) C. S. 66 f. -)
— — —
4) C. S. 68f. ») C. S. 64. G) C. S. 64. ') C. S. 69f.
*) C. S. 70. — C. S. 70.
9)
r
— 120 —
Gesetzen die Erwähnung der Bischöfe als derer, die für das soziale
Wohl der Untertanen Justinians sorgten.
Denkt man an die Frömmigkeit dieser Zeit, so möchte man
sagen, daß diese Unterwerfung der staatlichen Beamten und ihrer Funk
tionen unter die bischöfliche Aufsicht aus der reinen Frömmigkeit dieser
Zeit entsprang. Wenn man aber die Sache schärfer betrachtet, so er
kennt man sofort, daß, wenn hier auch Frömmigkeit wirkte, doch die
Not eine größere Rolle spielte. Justinian brauchte die Kirche, denn
seine staatlichen Beamten waren lange nicht so weit wie die kirchlichen.
Die ersten brauchten Aufsicht, und diese konnte am besten die Kirche
übernehmen. Nicht nur aus Frömmigkeit sind die staatlichen Funktionen
unter bischöfslche Aufsicht gestellt, sondern auch aus Mangel an einem
möglichst vollkommenen Staatsbeamtentum.
Auffallend ist, daß in den zahlreichen Gesetzen über die Ehe, diese
nicht als in direkter Beziehung zur Kirche erwähnt wird, was zeigt, daß
der spätere Begriff des Sakraments der Ehe noch nicht in Geltung stand.
Aus allen diesen ersehen wir nun, daß Justinian der
Gesetzen
Kirche bzw. den Bischöfen außerordentliche Rechte gab, ihre Stellung
ist bei weitem höher als die der staatlichen Beamten, die sie zu be
aufsichtigen hatten. So groß aber diese Ehren und Rechte auch waren,
hat Justinian doch zugleich in seinen Gesetzen eine ungeheure Leistung
von den Bischöfen verlangt. Wenn man zunächst von den rein bischöf
lichen Pflichten absieht und einen Blick auf ihre sozusagen politischen
Pflichten wirft, so erscheint die Arbeit der Bischöfe in diesem Sinn
ungewöhnlich groß; hat man dazu die mannigfaltigen und unendlich
vielen rein bischöflichen Pflichten vor Augen, so sieht man vollends,
daß die verlangte Arbeit gar nicht klein ist. Daß aber eben die Kirche
durch ihre Organe ihre Arbeit wie die des Staates leisten konnte, zeigt,
daß sie ein mächtiges Leben in sich trug, daß sie fähig war, beides zu
leisten und zu vollenden.
Hiermit ist das große kirchengesetzliche Werk Justinians zu Ende
gebracht. Für und Ordnung der Kirche nach allen
die Verbesserung
Seiten hin ist Vorsorge getroffen, und ebenso ist die so ausgestattete
Kirche nach allen Seiten hin dem Wohl des Reiches dienstbar ge
macht worden.
Justinian hat sich, wie in seiner politischen Gesetzgebung, so auch
in seiner kirchlichen als großer Gesetzgeber und Organisator gezeigt.
Glaube und Disziplin der Kirche hat er in allen Teilen genau
untersucht und durch Gesetze vervollständigt; nimmt man dazu, daß er
auch von früheren Kaisern Gesetze für die Kirche übernommen hat,
so gewinnt seine ganze Gesetzgebung eine außerordentliche Bedeutung
nicht nur an sich, sondern selbst in ihrer Wirkung.
121 —
1. Die Ehe.
Oben haben wir schön erwähnt, daß die Ehe in den zahlreichen
Bestimmungen über sie in keinerlei Beziehung zur Kirche gesetzt wird.
Aus ihnen können wir aber nur jene hier erwähnen, die sich mit der
moralischen Seite der Ehe beschäftigen.
Novella 12 vom 16. März 535 1) verhängt die schwersten Strafen,
(Verlust des Standes und des Vermögens, körperliche Strafen und Ver
bannung) über die, die in unerlaubte Ehen und dgl. eintreten (d\teutxou;
ydu-ou;). Aus folgender Definition der Ehe, die der Kaiser in der 22. No
vella vom 18. März 536 2) gibt, geht hervor, daß er die Ehe nur von der
moralischen Seite betrachtet; er sagt: et yäp 6 ya^o; oöxw; lau aeu.vöv
w; x(ji dv9-pwTuvw yevet Soxetv d9-avaat-av iTZ-.xeyyrprp eiar\yeta9-a.t xal
2x tyj; TtatSoTtotfa; dvaveou|iieva xa yevrj uivet Snrjvexfj xfj; xoö 6eoö
^tXav9-po>Ttöa$, xa9-- öaov iaxl Suvaxov xa9-- -?ju-ä; xo d9-dvaxov xaPt_
x%
^o|iivrj; 9uaet, eExöxw; -?ju.tv TteptaTOuSaaxa xa Ttepl xöv yd|i,ü>v iaxf.3)
Novella 117 vom 18. Januar 542, 4) die besonders von der Auf
lösung der Ehe handelt, erwähnt überhaupt keinerlei Einmischung
der Kirche in Eheangelegenheiten.
—
l) N. 12 Bd. I S. 147 ff. 2) N. 22 Bd. I S. 290 ff.
N. 22 Bd. 290f. — N. 117 Bd. ff.
S.
S.
211
--)
")
I
I
— 123 —
si noxe xij
5i^a xiv0» xü>v Ttpoeiprj|isvtov fj|iiv aixiwv povlrftsi-q xöv
yuvyj
J)
Ttpöj töv auvoixoövxa 8iaXöaai yd|iov . . . xeXeuo|isv tt,v |isv Ttpotxa xip ävSpi SoiHjvai
x. t. X., trjv 8e yuvatxa xivSuvtp toö 8ixaaxoö toö xtjj imo9-eastoj äxpoaaa|isvoü
Ttapa8i8oa9-ai xtp xrjj TtöXstoj xa9-' rjv xoiväjj tt,v oixrjaiv elxov- wate
sTuaxÖTtq>
x^j ixsivou iv |iovaaxV]pitp aüxrjv e|ißXijiHjvai ö^siXouaav |isxpi xtjj lSiaj
Tzpovoiq.
£<1>tjc Exstas Ttpoaxapxepstv . . |itjts 8s TtaiStov |irjis yovitov övtoov aürg, Ttäaav
.
293.
S.
II
3)
-)
N. 74 Bd. S. 517.
*)
ja,
Funktionen gab, da es der Zustimmung der genannten Kleriker
nicht einmal bedurfte, kann diese Eheschließung nicht als rein kirch
liche in späterem Sinne angesehen werden, obschon diese letzte hierauf
beruht und sich aus diesen Anfängen entwickelte.1)
2. Sittlichkeit im allgemeinen.
Verschieden sind die Gesetze, denen Justinian seiner direkten
in
Sorge für die Volkssittlichkeit im allgemeinen Ausdruck gibt.
Justinian wollte selbst außerhalb der Kirche durch seine Gesetze
direkt auf die Unsittlichkeit des Volkes einwirken und hat so aus
manchen Gründen verschiedene Gesetze erlassen, die die Sittlichkeit
des Volkes Ordnung zu bringen suchen.
in
auviaxdxto, SrjXoSaav k>j eTü xYja5s xrjj eTtivs|±rjastoj xouSs toö |iy^voj äyovxoj
xöarjv r]|ispav, xijj ßaaiXsiaj sxouj xöaou, tmaxsiaj xoiaaSs, rjXil-ov rcap- aüx<j> sv
xqJSs xtp süxxrjpia> oixtp Sstva xai Ssiva xai auvr]p|±öa9"»]aav äXXrjXoij. xai
6
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et S1
2)
xpiüSv) xoSxo|±rj
Ttpdgaitv exsivoi, dXXd xoioöxov äTtoxi9-safrto
xöv xapirjv xrjj asßaa|iiü>xdxrjj
6
522
sg
f.
I
I
-- 125 —
(oE
verhängt die, OTtö xYj;
SiaßoXixYj; ivepyefa; auve^öu.evoi xai xai; ßapuxepai; daeXyeiais
iauxoü; evißaXov). Die verschiedenen Statthalter fielen beim Kaiser in
Ungnade, falls sie solche Laster unbestraft ließen. Justinian über
antwortet die so sündigenden Menschen auch den göttlichen Strafen,
und macht darauf aufmerksam, daß alles Übel und alle Not, Hunger,
Pest usw. von solchen schweren Sünden kommt.2)
Es scheint, daß in Justinians Zeit ein außerordentlich großer
Mädchenhandel und viele Hurenwirtschaft betrieben wurden. In der
Novelle 14 vom Dezember 535 wird dieser Zustand mit klaren
1.
N. 77 Bd.
S.
184
f.
2) 1)
Ttapaivoöpiev xoij xoioüxoij drcoaxea9-ai xtöv etpYj|±evtov dxoTtrj |idxa>v, <Saie ivfj xdj
N. 77 Bd.
S.
Ttpoxsivo|ievouj ÜTto8rj|iaxd xs xai atafrrjxd xiva, xai xoüxoij 9ijpsüeiv aüxdj xai
äysiv elj xrjv euSai|iova xaöxrjv TtoXiv, xai ixsiv xafreipy|jiva£ ev xaij lauxöv
xaxaytoyatj xai xpotp^j aüxaij eXeeivrjj nexa8iSövai xai eathfj|iaxoj, xai evxs89-ev
ex8i8övai rcpöj dssXyeiav aüxdj xoij ßouXo|jivoij xai Ttdvxa Ttöpov d9-Xiov ex
xoö ati>|iaxoj aüxwv Ttpoayivö|ievov aüxoü£ Xa|±ßdveiv, xai Ttoieta9-ai auyyPatP<xj
t!>j erei xpovov 8v aüxoi£ 8ögeie Ttpoas8psüouai xrjv daeßYj xs xai dvoaiav xauxrjv
aüxoi£ Xeixoupyiav TtXrjpoöaai, xivdj 8s aüxöv xai eYyurJx«j dwaixstv . .
.
eviouj 8i ouxtaj dvoaiouj xa9-eaxdvai, &axe xöpaj oü8e xöv 8sxaxov dyouaag
iviauxöv elj eTtixiv8uvov xaxdyeiv xai xivaj
<j>9-opdv, a>axs xPU0i0v 8övxa£ oi
pexpiov (iiXi£ £xet9-ev igwvrjaaa9-ai xdj xaXarawpouj xai y&p1p auvapuöaat
N. 14 Bd.
S.
awtppovi. 231
f.
I
— 126
sittlich rein halten, damit sie nicht durch solche Laster zugrunde
gehen. 1)
Von einem heftigen Erdbeben veranlaßt hat er am 15. März 559,
die 141. Novella8) an die Einwohner Konstantinopels gerichtet. Er klagt,
daß diese göttlichen Strafen von der unnatürlichen Unzucht komme
(xoü; r^ u-usapä xai xw %-sG> |i£|uaYj|jivi(] Sixafa>; avoafa Ttpa£ei
dfrlw;
?jv
SYj
auvaaTtevxa;, XeyOu.ev xwv dppevwv cpfropäv, xoAu.öai
xive; appevej äppeat xYjv da^Yju.oauvYjv xaxepy<*£<$iievoi).3) An Hand
von Bibelstellen versucht er zu zeigen, daß solche Sünden die
Katastrophe gebracht haben, Ent und mahnt seine Untertanen zu
haltsamkeit und Gebet, zugleich aber beauftragt er die Bischöfe und
die Statthalter, die Aufmerksamkeit auf solche Sünder zu lenken, die
dann mit den schwersten Strafen büßen sollen (mxpoxepa; SautoEj
Itz<xE,ouai xiu.wpia; w; oöSeu.ia; xoü lomoü auyyvwu.YjS ä£ich).4)
Selbst leichtere und oberflächliche Sünden werden bestraft, so der
Eid im Namen Gottes oder das Fluchen gegen Gott.5) Hier ist nicht
etwa der offizielle Eid verboten, denn in der Novella von 535 haben
8
wir das Eidformular, welches die Staatsbeamten beim Amtsantritt ver
lesen mußten.6) Der Tcxt dieses Eides ist von Interesse. Es wird
geschworen bei dem dreieinigen Gott, der Muttergottes Maria, den
Evangelien und den Erzengeln, daß man dem Kaiser und der Kaiserin
4
ävdyxr]j . . TtsTuaxsüxa|isv yäp etj xöv 8esTtöxrjv 9-eöv xai ix xaüxrjj fj|iäiv
.
xoö 9-sou Ttavxa tjhiv ataia 8id xräv xoiouxtov Ttapsxopevou Ttpä£swv. N. 14
Bd. S. 232 ff.
I
141
2)
eTteiSrj 8s xivsj rcpöj xotj elprj|ievoij xai ßXdatprjpia £ifj|iaxa xai opxou;
Ttspi &soö ö|ivüouai xöv 9-söv Ttapopyi£ovxsj, xai xoüxouj 6|ioEtoj TtapsyTuüllay
äTtpaxio-9-ai xöv xoioüxwv ßXaa^rj|itov p>j|idxtov xai xoö önvüvai xaxa xpixöj xs
xai xai xoüxoij TtapaTtXrjaitOv y<*P ai x*1' äv9-pti>xa>v
el
N. 77 Bd. 185.
S.
T)
I
127
irj
Ttoteta9-at xacp^; selbst die Verwandten der Verstorbenen durfte man
auf keinen Fall irgendwie während der neun ersten Trauertage wegen
der Schulden des Verstorbenen durch gerichtliches Einschreiten stören,
eine Gerichtsverhandlung innerhalb dieser neun Tage war gänzlich un
gültig.1) Diese Strafen scheinen eine Milderung der in der Novella 60
vom Dezember 537 verordneten, in welcher Zeit solche Fälle öfter
1.
*)
vorkamen, wie ihr Prolog andeutet. Die Strafen, die dieser Novella
in
über die Beleidiger eines Toten wegen seiner Schulden, wie über die
Störer der Verwandten im selben Sinne innerhalb der Trauertage ver
hängt waren, sind nicht nur Ungültigkeit des Verfahrens, sondern auch
völliger Rechtsverlust und eine hohe Geldbuße. Blieben Staatsbeamten
gegen ein solches Vorgehen gleichgültig, so wurden sie mit dem Ver
lust ihrer Stellung und einer Geldbuße bis 20 Pfund Gold bestraft.3)
Diese wenigen Bestimmungen genügen, zu zeigen, daß Justinian durch
seine Gesetzgebung bis aufs letzte der öffentlichen Religiosität und Sitt
lichkeit Genüge tat und die Grenze des Privatlebens überschritt. Aus
führlich behandelt z. B. das und S-. Kapitel der 115. Novella die
y'.
Verhältnisse im Leben und das gute Benehmen der Kinder und Eltern
unter sich, wo die Schuld der a/aptaxte (Undankbarkeit) genau unter
sucht und definiert und mit ähnlichen schweren Strafen belegt wird.4)
Seine Gesetzgebung, von dem allgemeinen Begriff des Glaubens
ausgehend, wollte segensreich und mit Erfolg wirken und hat es getan,
indem sie ihn bis auf seine letzten praktischen Ausläufer geordnet und
festgesetzt hat.
rj
rj
rj
TtpoaYsVstj iyy-jrixä.^ Ttpo xrjj xtöv evvsa rj|ispüiv Tipo9-sa|iiaj, sv aTj Ttsv9-stv
rj
aüxotj ETitcpspstv, sv Stxaaxrjptq> aüxoüj xaXstv stxs övöfiaxt Xps0oj Tiapd xoö
t)
xsXsuxrjaavxoj xaxaYo|isvou stxs äXXrjj oiaaoöv alxiaj xai5lv slj xa |ivrj |iovsu9-svxa
iStxüj öp<üarjj TtpöatoTta. si Ss evxöj xüv ivvsa rj|ispftv xoX|irjast xij xtva xwv
xpaxrJaac Tipoorimwv xtva 6|ioXoYtav üTigoxso<v
tj
siprjiisvwv |is3-o8söoat
rj
rj
rj
eYYÜrjv Tiap-- aüxoö xo|iiaaa9-at, xaüxa Ttdvxa dvtoxupa stvat 9-saTu£o|isv. N. 115
Bd. 195.
S.
II
N. 60 Bd.
S.
3)
<) *)
I
I
1) C. I. 3. 44. S. 47.
Literatur.
Von der zahlreichen Literatur erwähnen wir folgende Werke, die auch
hauptsächlich für die Einleitung und den ersten Teil dieser Arbeit in Betracht
kommen. Literatur zum zweiten Teil ist meines Wissens nicht vorhanden,
außer manchen (kurzen) Notizen in den hier erwähnten Werken.
Bruckner, An Justinianus imp. fuerit uxorius? Progr. inaug. Jenae 1705.
Bryce, J., Justinianus I. in Dictionary of Christian Biography b. Smith and
Wace. Vol. III p. 538 sq. sq.
Bury, J. B., A. History of the later Roman Empire. London 1889.
Cauvet, L'empereur Justinien et son oeuvre legislative. Lyon 1880.
Christ, W., et M. Paranika, Anthologia graeca carminum christianorum.
Lipsiae 1871.
Diehl, Justinien et la civilisation byzantine au VI« siede. Paris 1001.
Dickamp, F., Die origenistischen Streitigkeiten im 6. Jahrhundert und das
5. ökumenische Konzil. Münster 1899.
Dupin, Bibliotheque des auteurs ecclesiastiques Bd. IV 1690.
Fabricius, Bibl. Graeca Vol. XII 1724.
Gasquet, De l'autorite imperiale en matiere de religion ä Byzance. Paris 1879.
Gaudentius, De Justiniani saeculo. Florentiae 1637.
— , Liber de Justiniani saeculi moribus nonnullis . . . Justa editionem
Florentinam Argentorati 1654.
Geizer, H., Abriß der Byzantinischen Kaisergeschichte (in Krumbachers
Geschichte der Byzantinischen Literatur) 2. Aufl. München 1897 S. 928 ff.
Gibbon, The
decline and fall of the Roman Empire (ed. b. J. B. Bury)
vol. 4.
London 1898.
Gloizolle, Un empereur theologien. Justinien, son röle dans les contro-
verses, sa doctrine christologique. Lyon 1905.
Guinetus, Justinianus Magnus. Parisiis 1628.
Harnack, Ad., Dogmengeschichte 4. Aufl. II. Bd. Tübingen 1909(10) S. 414 ff.
Hefele, Konziliengeschichte 2-. Freiburg 1875.
Hinschius, Das Kirchenrecht der Katholiken und Protestanten in Deutsch
land. Berlin 1869 f.1)
Holmes, W. G., The age of Justinian and Theodora. 2 vol. London 19057.
Hut ton, W. H., The church of the sixth century. London 1897.
Invernizi, De rebus gestis Justiniani Magni. Romae 1783.
') Weitere Literatur zum Kirchenrecht ist hier, aus wohlberechtigten Gründen nicht
berücksichtigt worden. Eine durchaus eingehende Untersuchung der hierauf bezüglichen
Literatur wird zum zweiten Band dieser Untersuchung folgen.
— 133 —