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TUntverstts of Wisconsin
NEUE STUDIEN
ZUR

GESCHICHTE DER THEOLOGIE


UND DER KIRCHE

HERAUSGEGEBEN

VON

N. BONWETSCH und R. SEEBERG


GÖTTINGEN BERLIN

SIEBZEHNTES STÜCK

BERLIN
TROWITZSCH & SOHN
1913
DIE

KIRCHLICHE GESETZGEBUNG

DES KAISERS JUSTINIAN I.

VON

DR HAMILCAR S. ALIVISATOS

BERLIN
TROWITZSCH & SOHN
1913
T0I2 AAEAOOIS MOr ErrNQMONQN
O TPAWAS.

„Tou; Se 9-efou; xavöva; otix SXaxxov xöv


vöu.wv faxuetv xal oE fj^ixepot ßoüXovxat vöuo1,
9-eaTttCou.eV xpaxetv |iiv STt- aöxo% xa xo% Ee-

potc, Boxoövxa xavoatv, w; 5v e? xal tot; ito-


Xtxtxot; iveYdYpaTtxo vöu.oti; ..."
(Cod. Just. I 3. 45.)

Ohne
Autorität kann der Mensch nicht
existieren, und doch bringt sie ebensoviel
Irrtum als Wahrheit mit sich!
Goethe.
179152
NQV 10 1913

Vorrede.

Zu vorliegender Arbeit hat mich Herr Professor Hauck (Leipzig)


angeregt, der eine spezielle Untersuchung der kirchlichen Gesetzgebung

Justinians in der vorhandenen Literatur sehr vermißte. In der Tat ist


sehr wenig hierüber vorhanden, was allerdings mehr dem praktischen

Teil gilt, dem, der von Nichtglaubenssachen handelt. Selbst die kurze
Schrift „Die kirchliche Gesetzgebung Justinians" von Pfannmüller, die
ich nach Fertigstellung meiner Arbeit durch gütige Mitteilung Herrn

Professor Zscharnacks (Berlin) zu Gesicht bekam, gibt keineswegs ein

vollständiges Bild der kirchlichen Gesetzgebung Justinians.1)


In meiner Arbeit hatte ich sowohl die Novellen wie den Codex

Justinianus vor Augen und unternahm, die dort zerstreuten kirchlichen


Gesetze zu ordnen und zu untersuchen.
Dabei glaube ich kaum ein kirchliches Gesetz übersehen zu haben.
Wegen des großen Materials sah ich mich genötigt, die Grenze
der Arbeit viel weiter zu ziehen, als ich anfangs dachte. Aber noch
mehr. Nach dieser Erweiterung glaubte ich meinen ursprünglichen
Plan wieder aufnehmen zu sollen, nämlich vorliegende Schrift als ersten
Teil eines Ganzen zu betrachten, dessen zweiter Teil im Anschluß an
den ersten das Verhältnis der heutigen Gesetzgebung der griechischen
Kirche zu der justinianischen behandeln sollte. Beide Teile könnten
dann, wie ich glaube, ein klares Bild der Zustände der heutigen grie
chischen Kirche geben, die trotz der verschiedenen vorhandenen Ab
handlungen durchaus ungenügend bekannt sind. Dies zweite Buch
hoffe ich binnen zwei Jahren herausgeben zu können.

1) Von der Kritik anderer Arbeiten mußte ich hier absehen.


— VI —

Der meisten Unvollkommenheiten meiner Schrift bin ich mir


wohl bewußt; manche davon konnte ich nicht vermeiden; der Kritik
aber werde ich dankbar sein, wenn sie mich auf die andern hinweist.
Zuletzt spreche ich dem Herrn Professor Hauck für die Anregung
zu dieser Arbeit wie für eine kurze Durchsicht des Inhalts meinen

warmen Dank aus. Und besonders danke ich dem Herrn Professor
Seeberg (Berlin), daß er meine Schrift durchsah und in seine Samm
lung aufnahm.

Berlin, 13. März 1911.

S. Hamilcar Alivisatos.

Abkürzungen.

C = Codex Justinianus ed. Krüeger.


N = Justiniani Novellae ed. C. Z. Zachariae a Lingenthal.
PG = Migne Patrologia Graeca.
PL = Migne Patrologia Latina.
Inhaltsverzeichnis.

Seite
Einleitung 1
A. Das Leben Justinians 1

B. Justinian als Theologe 7

Justinians theologische Schriften


....
1. 7

a) Überblick über Justinians theologische Schriften 9

ß) Justinians Briefe 14

2. Justinians theologische Lehre 18

Justinians kirchliche Gesetzgebung 21

1. Teil: Gesetzgebung für innere Angelegenheiten oder Glaubens


sachen 22

Kapitel I: Gesetzgebung für den orthodoxen Glauben 23


1. Der Satz „Einer aus der Trinität gelitten". Mönchs
streitigkeiten 23
2. Nestorianismus 25
3. Monophysitismus 25
4. Origenistenstreit 27
5. Dreikapitelstreit 28

Kapitel II: Gesetze gegen den nicht orthodoxen bzw.


den nicht christlichen Glauben 31

a) Gesetze gegen die Häretiker 32


1. Allgemeines 32
2. Entziehung der politischen Rechte 33
3. Verbot der Religionsübung 33
Indirekte Wegnahme des Vermögens der Häretiker
4.
bzw. Erbschaftssachen 35
5. Häretische Frauen (Zwangsmission) 37
b) Gesetze gegen die Juden 39
1. Allgemeines 39
2. Gesetzliche Einmischung in jüdische Glaubenssachen 40
3. Direkte Judenverfolgungen 41
4. Samariter 42
c) Gesetze gegen die Heiden 44
1. Allgemeines 45
2. Gesetze gegen die heidnische Religion 46
3. Gesetze gegen die heidnische Philosophie 47
— VIII —

Seite
II. Teil: Gesetzgebung für äußere Angelegenheiten der Kirche 50

Kapitel III: Weltklerus 52


A. Kleriker und ihre Verfassung im einzelnen 52
1. Bischöfe 53
2. Hierarchische Ordnung der Bischöfe 60
3. Synoden 62
4.Presbyter und Diakonen 67
5. Niedere Kleriker 69
B. Kirchliches Leben 73
1. Verfassung des Klerus im engeren Sinne 73
2. Liturgische Funktionen des Klerus 77
3. Sittlichkeit und Leben des Klerus 79
C. Kirchen und Kirchenvermögen 84
1. Entstehung der Kirchen und der kirchlichen Anstalten 85

....
2. Kirchenvermögen 86
3. Schutz und Vorrechte des Kirchenvermögens 89
4. Verwaltung des Kirchenvermögens 91

5. Benutzung des Kirchenvermögens 95

Kapitel IV: Mönchtum 98


1. Über die Entstehung der Klöster und über die Mönche 99
2. Verfassung der Klöster 101

3. Klostervermögen 104
4. Klosterleben im allgemeinen 105

Kapitel V: Kirche und Staat 113

1. Die Autorität der Kirche (bzw. der Bischöfe) dem Staat


(bzw. den Staatsbeamten) gegenüber 114
2. Die Aufsicht der Bischöfe über die staatlichen Beamten
und ihre Funktionen 116
3. Die bischöfliche Sorge für das soziale Wohl des Reichs 119

Anhang: Gesetze zur Versittlichung des Volkslebens 122

1. Die Ehe 122


2. Sittlichkeit im allgemeinen 124
3. Ordnungsmäßiges Verhalten im religiösen Leben 127

Schluß 129

Literatur 132
Einleitung.

A. Das Leben Justinians. 1)

Inmitten der großenkirchlichen Streitigkeiten wurde der Kaiser


Justinian in Tauresium, kleinen Dorf zwischen Illyricum und
einem
Macedonien (vielleicht dem heutigen Üsküb), um das Jahr 483 geboren.
Dies kleine Dorf hat Justinian später, als er Kaiser wurde, „Justi-
niana prima" genannt und zur Hauptstadt der dortigen Provinz und
zum Sitz eines Erzbischofs erhoben.2)
Sein Vater hieß Istok (graecisiert Sabbatius) und seine Mutter
Biglenitza (latinisiert Vigilantia). Sein ursprünglicher Name war Upranda
(ein mehr slavischer als gotischer Name). All diese Namen zeigen schon,
daß Justinian kein Grieche war. Die Hypothese, daß er ein Slave war,
hat mehr für sich als die, daß er ein Gote war. Jedenfalls war er aus
barbarischem Stamm, so daß selbst die griechische Sprache ihm schwer
fiel, wie uns Procopius von Caesarea berichtet, der spöttisch sagt:
„. . . [ 'Iouaxiviavi;] dXXä tyjv te yXüxxa.v xai xb a^u-a xai ttjv 5ia-
voiav eßapßäpi^ev."3)
Jung noch kam er nach Konstantinopel und wurde nach seinen
juristischen, militärischen und theologischen Studien in die Leibwache
seines Onkels, des Kaisers Justin, aufgenommen. Der letztgenannte
(f 527) stammte aus einer Bauernfamilie4) und wurde nach dem Tode
des Kaisers Anastasios (f 518) von der Gunst des Militärs zum Kaiser
erhoben. Justinian hat mit großem Eifer seine Studien durchlaufen,
und, wie seine spätere Geschichte zeigt, ist es gerade das juristische
bzw. politische, das militärische und das theologische Gebiet, denen
Justinian sich am eifrigsten zuwandte.

1) Über Justinians Leben ist eine umfangreiche Literatur vorhanden.


Quellen zu seinem Leben sind Procopius' Schriften: Bella, de aedif.,
'AvixBota. Ed. Teubner 1905/6 (Haury), auch Bonn (Dindorf); Evagrius,
Kirchengeschichte lib. IV. PG. Bd. 86.
2) Siehe S. 61 ff.
— *) Procopius, Anekd. c 14 ed. Teubner S. 90.
*) Procopius, Anekd. c. 6 ed. Teubner S. 38.
Ali visatos, Gesetzgebung Justinians I. 1
Rasch wurde der junge Justinian Großwürdenträger. Um 521
wurde er Konsul und Generalmeister der Armee des Ostens.1) Die
Ehe seines Onkels Justin war kinderlos, Justin hatte den Neffen schon
vorher adoptiert. Als der Kaiser infolge einer Krankheit sein Ende
nahen sah, hat er ihn in Gegenwart des Patriarchen Epiphanius (f Juni 535)
und der übrigen Vertreter des Staats selbst in seinem Krankenzimmer
am 1. April 527 2) zum Mitregenten ernannt und gekrönt.
Ein Jahr vorher hatte Justinian Theodora geheiratet und jetzt, wo
er Mitkaiser wurde, hatte er sie zur Augusta erhoben.3)
Theodora stammte aus keiner aristokratischen Familie; sie war eine
gewöhnliche Schauspielerin, deren moralisches Leben sogar keineswegs
sehr hoch stand. Justinian wurde aber von ihrer Schönheit gefesselt
und hatte sie geheiratet trotz ihrer niedrigen Stellung.4) Justinian fand
große Schwierigkeiten bei Eingehung dieser Ehe, die er aber zu über
winden wußte. Das Gesetz, welches die Ehe eines Patriziers mit einer
gewöhnlichen Frau verbot,5) konnte er durch seinen Einfluß auf den
Kaiser Justin beseitigen. Noch größere Schwierigkeit fand er bei seiner
Tante, der Kaiserin Euphemia. Nach dem Berichte des Procopius6)
erlaubte diese nämlich keineswegs, daß Justinian eine solche Frau heirate,
und Justinian konnte nichts anderes machen als warten, bis sie starb,
und dann seine Heiratspläne verwirklichen. Justinians Liebe zu Theodora
war so groß, daß der Einfluß Theodoras auf ihn und seine Regierung
außerordentlich stark war. Theodora war ja nicht nur zur Kaiserin,
sondern selbst zur Mitregentin erhoben, wie sich aus dem Eide ergibt,
den die Staatsbeamten leisten mußten.T) Doch war Theodoras Einfluß
nicht, wie man erwartete, immer schädlich gewesen, sondern selbst in
schweren Stunden für den Kaiser, den Thron und das ganze Reich
heilsam; man denke z. B. an die große „Sxaai; xoü Nfxa" (532). Aber
zu einerHerrschaft Theodoras über Justinians Willen und gerade in
religiösen Dingen, wie es vielfach behauptet wird, ist es nicht ge
kommen; das sieht man aus der Tatsache, daß Justinian trotz Theodoras
Häresie unabhängig blieb und der Orthodoxie die Treue hielt.8)

1) Procopius, Bell. pers. I. c. 12 ed. Teubner 1. S. 58 f.


2) Procopius, Bell. pers. I. c. 11 ed. Teubner 1. S. 50; Evagrius, KG.
IV. 9, PG. 86 II. col. 2717f.; Zonaras, Annalium XIV § 5, PG. 134 col. 1231.
3) Zonaras a. a. O.
— Procopius, Anekd. c. 9 ed. Teubner S. 64 ff.
4)
Cod. Just. V. 5, 7 ed. Krueger S. 416. — Procopius a. a. O.
'),,...
5) 6)
xöij frsioxaxoij xai eüasßeaxaxoij rjuüv 8saTtöxaij 'Iouaxiviavw
xai Oeo8tbpti: . . . eTti xfj SovS-siaig |ioi Ttap' aüxtöv äpxjj ÜTtep xtjj ai>xüv ßaaiXsiaj
xai TtoXixsiaj." N. I. Bd. S. 123.
8) Theodora begünstigte, schon ehe sie Kaiserin wurde, die grüne
Circuspartei (ixpaaivoi), die Monophysiten waren, Justinian dagegen die blauen
Wenige Monate1) später (nach seiner Erhebung zum Mitregenten)
ist der Kaiser Justin (1. August 527) gestorben, Justinian blieb Allein
herrscher und wurde als solcher anerkannt.
Jetzt beginnt die große Tätigkeit Justinians und die praktische
Durchführung seiner Ideale. Nicht nur die innere und die äußere
Politik haben Justinian als Kaiser beschäftigt, sondern auch die Kirche,
diese große Macht des Reiches.
Zwei Hauptideen sind es, die Justinians ganze Regierung durch
ziehen: einerseits die Wiederherstellung und Aufrechterhaltung der alten
kirchlichen Autorität, andererseits die Durchführung und Aufrechterhaltung
der Einheit, die im großen und im einzelnen in politischen und religiösen
Dingen und überhaupt in jedem Sinne in seinem ganzen Reiche herrschen
sollte. Das war nur möglich, wenn die strenge Autorität des Einen
diese Forderungen durchführen konnte. Und in der Tat besaß Justinian
diese Autorität und die persönliche Macht, kraft deren er seine Regierungs
pläne durchführen konnte. Doch hat Justinian nicht seinen tyrannischen
Willen durchsetzen wollen, sondern die Erreichung seiner politischen
Pläne (hauptsächlich der Einheit) auf rechtlichem und gesetzlichem Weg.*)
Zunächst hat die äußere Politik bzw. die polemischen Beziehungen
zu andern Völkern Justinian lebhaft beschäftigt, und er ist siegreich
daraus hervorgegangen. Vandalen (533/34), Goten (535[6] — 539), Perser
(528—532 und 540—545) und Lasier (549—556) hat er mit Ruhm besiegt,
wenn er auch mit den Persern Frieden schließen mußte.3) Wegen
dieser siegreichen Kriege nannte er sich mit Stolz „Kaiaap OXaßiavö;
'Iouaxiviavö;, 'AXau.avixÄ;, IVtikxö;, Opayxixö;, repu.avixö;, 'Avtixö;,
'AXavixö;, BavSaXixö;, 'A<ypixavö; . . .".4) Natürlich hat Justinian diese
Siege durch seine ausgezeichneten Generäle errungen. Einem König aber
bleibt immer großer strategischer Ruhm, wenn er seine Generäle zu wählen
weiß. Und Justinian war ein solcher König, denn man braucht sich

(veneti), die orthodox waren. Theodora mußte trotz ihres Einflusses auf
Justinian ihre Sympathie mit den Grünen, ihre Häresie verbergen und offiziell
vor den Augen Justinians der Partei der Veneti huldigen. Evagrius' Kirchen
geschichte VI, 10.
J) Zonaras wie oben.
2) „TtXavto|i4virjv S'söpwv xrjv d|±^i x<p 9sq> Sögav xa Ttprixspa elj noXXa. xs
ävayxa£o|isvrjv Uvai, aimpit^aj äTtaaaj xaj &ni xdj TtXdvaj ^epoüaaj ö8ouj,
SieTtpdgaxo sv xip ßsßaitp xrjj Tüaxsa>j im |iiaj
saxdvai xpr]rci8oj. IIpöj 8e xai
xoüj vonouj . . . sü8ai|iovi ßitp xijv TtoXixsiav guvtbxiasv." (Procopius, de
Aedificiis I. 1 ed. Bonn. Bd. 3 S. 171.)
3) Man vergleiche die Quellengeschichte dieser Kriege bei Procopius,
de Bello Persico, Qotthico et Vandalico.
«) Nov. 17 bei N. Bd. I 137 und sonst.
nur der Namen Belisarius und Narses
zu erinnern, um zu erkennen,
daß Justinian auch auf diesem Gebiete ein großer Herrscher war.
War Justinian frei von seinen kriegerischen Beschäftigungen, so
wandte er seinen Blick und sein organisatorisches Talent auf das Wohl
seines Reiches und Volkes. Unter keinem Kaiser ist der Handel und
die Industrie so ungeheuer gewachsen und zu einer solchen Blüte
gediehen wie unter Justinian. Außer den übrigen historischen Quellen,
die von dieser Sorge Justinians Zeugnis ablegen, sind es noch seine
zahlreichen Gesetze, die sich auf Handels- und Industrieverhältnisse
beziehen.
Parallel zu diesen kulturellen Bestrebungen Justinians geht seine
Sorge für die Bildung seines Volkes und vor allen Dingen die Kunst
(namentlich die Baukunst und die Malerei), deren großartige Monumente
besonders in Ravenna und Konstantinopel bis heute die Bewunderung
der Welt genießen. Mit Recht konnte Justinian bei der Vollendung der
'Ayia. Socpta (gebaut 532—537), dieses Gipfels der Kunst des justinia
nischen Zeitalters, ausrufen: „Nevhojxa ae, SoXou.wv". Die 'Ayia. Hoyia.
„repete", wie Diehl sagt, „eternellement le nom et la gloire de Justinien".1)
Justinian wollte aber seine Arbeit sichern und festigen und zwar
nicht nur für die Gegenwart, sondern auch für die Zukunft. Das hat
Justinian erreicht durch seine Sorge für das Gesetz. Und eben jene
Ideen der Sicherheit und Festigkeit seines Schaffens sind die Haupt
motive und Grundmerkmale seiner großen Gesetzgebung.
Der Codex Theodosianus war zu seiner Zeit schon veraltet, und
außerdem waren seit dessen Aufstellung viele neue kaiserliche Gesetze
erlassen worden, die dem ganzen Corpus So
nicht einverleibt waren.
veranlaßt Justinian zwischen den Jahren 529 und 534 eine neue Auflage
des Kodex unter dem Namen „Codex Justinianus", dieses klassischen
Werkes der juristischen Wissenschaft; schon 533 hatte er für die Heraus
gabe des andern klassischen juristischen Werkes gesorgt, der Pandekten
oder der umfangreichsten Gesetzsammlung, deren Bedeutung bis auf
den heutigen Tag unbeschränkt geblieben ist. Die größten und be
deutendsten unter den Juristen dieser Zeit haben unter der Leitung des
großen Rechtsgelehrten Tribonianus für diese monumentalen Werke
gearbeitet. Nach der Veröffentlichung dieser Werke hatten die Studenten
der juristischen Fakultäten reiche Mittel für ihre wissenschaftlichen
Studien, und Justinian selbst hat ihnen durch ein besonderes Schreiben
das fleißige Studium dieser Schriften empfohlen.
Erst nach seinem Tode
ist Sammlung der meisten von ihm speziell erlassenen Gesetze
eine
unter dem Namen Neapai oder Novellae herausgegeben.

1) Diehl a. a. O. p. 468.
Blickt man näher
auf diese Gesetzgebung Justinians, dann sieht
man, daß er die Haltung seiner Vorgänger gegenüber der Kirche fort
gesetzt eingenommen hat. Im Codex Justinianus wie in den Novellen
finden wir zahlreiche Gesetze Justinians, die kirchliche Dinge (sowohl
dogmatische wie nicht dogmatische) anordnen. Alle diese rein kirch
lichen Gesetze zusammengefaßt, bilden eine großartige kirchliche Gesetz
gebung, die nicht nur die damalige Kirche sehr nötig hatte, sondern die
auch immer noch einen großen Einfluß auf die heutige kirchliche Gesetz
gebung (und besonders die der griechisch-katholischen Kirche) ausübt.
Fragen wir nun, ob Justinian diese kirchlichen Gesetze aus rein
politischen Motiven erlassen hat, wie es viele andere Kaiser getan haben,
so finden wir: Wenn auch nicht bestritten werden soll, daß Justinian
auch die Kirche zu politischen Zwecken gebraucht hat, so ist doch
nicht zu leugnen, daß er eine tiefreligiöse Natur war und daß infolge
dessen diese kirchliche Gesetzgebung seiner Frömmigkeit und seinem
Wunsche entsprang, die Kirche hochgestellt zu sehen. Diese Religiosität
kann man nicht nur aus der Sprache dieser Gesetze herausfühlen, sondern
auch aus großen Sorge für ihre Aufrechterhaltung und weiter
seiner
aus ihrer wissenschaftlichen Begründung durch seine eigenen theologischen
Schriften. Denn Justinian wollte sein und war ein frommer und aus
gezeichneter, ja der führende Theologe seiner Zeit. Außerdem kann
man des Kaisers Frömmigkeit, und gerade die, welche uns in seinen
Gesetzen entgegentritt, in seinen Kirchenhymnen beobachten, wo der
Glaube der Kirche, den er kodifiziert hat, den Gegenstand seines Lob
gesangs bildet. Hier wäre es gewiß unrecht zu sagen, Justinian hätte
in der Kirche seine umgedichteten Gesetze singen lassen! Kurz, man
kann Justinian ebensogut als den Juristen- wie als den Theologen
kaiser bezeichnen.
Betont man aber Justinians Religiosität, so erhebt sich eine andere
Frage, nämlich: wie kann man diese Religiosität mit der ungeheuren
Intoleranz vereinen, die diesen Kaiser beherrschte?
In der Tat war Justinian, wie wir noch sehen werden, außer
ordentlich intolerant. In bezug auf Religion standen nur die katholisch
orthodoxen Christen unter dem Schutze des Gesetzes, denn nur der
orthodoxe Glaube war vom Staat gesetzlich anerkannt; dagegen sollten
alle andern, Ketzer (nicht orthodoxe Christen), Juden, Heiden, Philo
sophen usw. gesetzlich verfolgt werden und wurden es. Der Kaiser
duldete keinen Widerspruch gegen sich und seine Gesetze, besonders
in religiösen Fragen. Natürlich kann man mit Recht behaupten, daß
eine solche Intoleranz weit entfernt ist, christlich zu sein, sie ist sogar
sicher unchristlich. Dennoch harmoniert bei einer Persönlichkeit wie
Justinian eine so starke Intoleranz mit tiefer Religiosität, zumal die
— 6 —

Intoleranz gerade aus einer allerdings nur einseitigen Religiosität ent


sprang. Die Intoleranz ist gewiß das Resultat einer einseitigen Reli
giosität. Wer könnte z. B. den alten Kirchenvätern die Religiosität und
die Pietät absprechen, weil sie fast alle intolerant waren? Justinian war
innerlichst überzeugt von der Wahrheit seiner Religion und der Form
derselben, die er beschützte. Keine andere Form der Religion konnte
nach Justinian die Wahrheit besitzen. Infolgedessen war jeder, der
diese Form der Religion nicht annahm, ein Feind der Wahrheit selbst,
die nur dort zu finden war; also, denkt Justinian, müssen diese bösen
Feinde der Wahrheit verfolgt und vernichtet werden; wenn sie nicht
zur Kirche und zur Wahrheit zurückkehren, schaden sie doch der ganzen
Welt. Eine solche Religiosität und ihre natürliche Folge, die Intoleranz,
ist nicht etwa neu bei Justinian noch bei den früheren Kaisern; wir
können diese Intoleranz schon bei den alten Kirchenschriftstellern aus
dem Anfang und der Mitte des 2. Jahrhunderts1) beobachten, so daß
wir sagen können: Die Intoleranz Justinians und der übrigen christ
lichen Kaiser ist nicht dieselbe, die einst in religiösen Dingen der
römische Staat zeigte, denn diese war zwar äußerlich religiös, aber im
Grunde politisch. Der römische Staat sah in der Verletzung der Religion
(und zwar in den letzten Jahrhunderten) die Verletzung des Staates;
dagegen fühlte sich der christliche Staat besonders des Mittelalters zwar
von der Verletzung der christlichen Religion nicht ganz unbetroffen, er
ist aber intolerant gegen die Verletzer hauptsächlich wegen seiner ein
seitigen Religiosität und wegen der Überzeugung, daß die christliche
Religion und die von ihm beschützte Form die allein wahre und richtige
Religion sei.
So bestand wie bei den andern auch bei Justinian die Religiosität
neben der Intoleranz,die zweite ging vielmehr geradezu von der ersten
aus. Diese Intoleranz hat Justinian vermöge seiner Autorität und seines
starken Willens in seinen Gesetzen gezeigt und durchgeführt.
Es bleibt noch die Frage, ob diese religiöse Intoleranz Justinians
eine praktische Bedeutung hatte und ob die Resultate dieser Intoleranz
sie wenigstens rechtfertigten. Es ist gewiß, daß die Gewalt nur selten
ratsam ist und gute Resultate hat, aber gerade die Zeit Justinians war
namentlich in religiöser Beziehung derart, daß die gewaltsame Intoleranz

Justinians nicht ohne Nutzen blieb. In dieser Zeit gerade war die
Kirche mehr denn je gespalten, die verschiedenen Ketzereien und Sekten
waren außerordentlich gewachsen, die Staatskirche war in Gefahr;
außerdem herrschte in dieser Staatskirche selbst die größte Unordnung,
und die Kirche war sehr verweltlicht. Wenn man all dies ins Auge

1) Man vergleiche etwa Justins Apologie.


faßt, so kann man, wenn auch Intoleranz Justinians, die
indirekt, diese
in seiner kirchlichen Gesetzgebung zum Ausdruck kommt (denn
Justinian war intolerant nicht nur gegen die äußeren Feinde und Störer
seiner Kirche, sondern auch gegen die inneren, die besonders durch
Vernachlässigung ihrer Pflichten die Kirche in Bedrängnis brachten),
gerechtfertigt nennen, denn sie schuf wenigstens Ruhe und Ordnung.
Natürlich kann man sagen, diese Ruhe und Ordnung war nur vorüber
gehend, und bald nach Justinians Tod trat wieder Unruhe ein; das ist
gewiß, aber der Grund für die Wiederkehr des alten, trotz der be
stehenden großen Gesetzgebung Justinians, ist nicht in der intoleranten
Färbung seiner kirchlichen Gesetzgebung zu suchen, sondern im Fehlen
seiner großen und autoritativen Persönlichkeit, wie es ja meistens in der
Geschichte gegangen ist.
So bleibt trotz der Intoleranz Justinians seine Religiosität fest.
Und die aus solchen Motiven entsprungene kirchliche Gesetzgebung
bleibt trotz ihrer intoleranten Färbung groß und von der höchsten
Bedeutung für die Kirche, wie wir aus dem Einfluß ersehen, den sie
noch heute hie und da auf die Kirche und ihre Gesetzgebung ausübt.
Justinian ist am 14. November 565 nach achtunddrei ßigjähriger
Regierung und nach Vollendung seines dreiundachtzigsten Lebensjahres
gestorben. Mit Recht ist er als großer Kaiser gefeiert worden; denn
in beiden Aufgaben, die er sich von Anfang an gestellt hatte, zeigte er
sich in der Tat als groß, als großer Kaiser und als großer Bischof.
Das zweite, nämlich Justinians religiöse Fürsorge, die sich in seiner kirch
lichen Gesetzgebung spiegelt, näher zu untersuchen, ist unsere Aufgabe.
Wie schon angedeutet, hat jedoch Justinians kirchliche Gesetz
gebung meist rein religiöse Motive, und nicht nur das, sie ist auch
zum größten Teil aus Justinians reinwissenschaftlich-theologischem
Gewissen entsprungen. Da mit anderen Worten Justinians Kirchen
gesetze, namentlich die dogmatischen, sind als die
nichts anderes
Kodifizierung seiner theologischen Lehre, so betrachten wir, ehe wir
zu unserem Hauptthema übergehen, kurz den Theologen Justinian, wie
wir ihn aus seinen Schriften und aus seiner Lehre kennen lernen
können, um ein klares Bild der Quellen des Hauptteils seiner Gesetz
gebung zu bekommen.

B. Justinian als Theologe.

1. Justinians theologische Schriften.


Wollen wir die theologischen Schriften Justinians kurz über
blicken, so fassen wir die ins Auge, die in irgend einer Form den
— 8 —

Charakter eines privaten Schreibens, auch eines Briefes tragen. Hier


werden die Gesetze nicht erwähnt, denn sie werden später für sich
untersucht. Dagegen tragen alle andern Schriften Justinians privaten,
scheinbar unmaßgeblichen Charakter. Justinian wußte aber seine
privaten theologischen Schriften so autoritativ zu färben, daß man
diese Schriften eine indirekte Gesetzgebung nennen könnte.
Aber nicht bloß deswegen, sondern auch wegen der engeren
Beziehung dieser Schriften zu den Gesetzen bedürfen sie hier einer
näheren Erwähnung. Die Beziehung ist doppelt Einerseits zeigen
diese theologischen Schriften Justinians, daß sie, wie auch seine kirch
liche Gesetzgebung, von ihm selbst stammen, seinem individuellen
Glauben entsprossen sind: „üpi&xov elvat xal p.lyiaxov dyafröv . . .

xYjv öp-1Hjv xöv xpiaxiavwv rcfoxiv ö|jioXoyetv xe xal xrjpuxxetv . . .

ömp Sebcvuxat hv. xöv rtap' ^GW Siatpöpwv yp«(Plvtü>v XÖTWv x£ xal
ESixxwv."1) Anderseits sind diese Schriften der Ursprung und die
Quelle der Gesetze; denn sie sind entweder Kommentare oder Er
weiterungen der gegebenen Gesetze, oder die Gesetze sind eine Ver
kürzung der theologischen Schriften
Justinians. Demgemäß haben
Justinians theologische Schriften entweder als Voraussetzungen oder als
Erweiterungen der kirchlichen Gesetze eine große Bedeutung für das
Verständnis der letzteren.
Diesen Zusammenhang der theologischen Schriften mit
doppelten
den kirchlichen Gesetzenkann man nicht nur im Inhalt, sondern auch
in den äußeren Formen beobachten: Viele von den Gesetzen haben
eine solche Einleitung und einen solchen Titel, daß man glauben
könnte, die betreffende Schrift sei mehr als eine Erbauungsschrift von
einem kirchlichen Schriftsteller, denn als ein Staatsgesetz geschrieben.2)
Dagegen kommt in vielen seinen theologischen Schriften, die mit
Adresse und Einleitung versehen sind, die kaiserliche Autorität in einer
Weise zum Ausdruck, als ob es sich um allgemein verpflichtende
Gesetze handelte.8) Die Hervorhebung der kaiserlichen Autorität in
solchen privaten Schriften hätte sonst keinen Grund; die Autorität seiner
großen Persönlichkeit beeinflußt jedoch unwillkürlich auch seine privaten
Schreiben, obwohl auch diese an sich als obligatorische Gesetze
angesehen wurden und gegolten haben.

») Nov. 132. N. Bd. II. S. 244.


2) „*Ev övö|iaxi xoö 8eaTtöxou fj|iü>v -Irjaoö Xpiaxoö xoö 9-soö fuuöv . . ."
Nov. 134. Zach. a. Ling. S. 134; „xöv awxijpa xal SsaTtöxijv xöv SXtov -Ir]aoöv
Xpiaxöv xöv äXnjfhvöv frsov f]|iti>v . . ." Cod. I. 1. 6 ed. Krüger S. 10.

3) „Aüxoxpdxtop Kaiaap ipiXöxpiaxoj -Iouaxiviavöj 'AXa|iavixöj rox&ixöj


vpayxixöj Tap|±avoiöj 'Avxixöj, 'AXavixöj OüavSaXixöj 'Acppixavöj eüasßrjj
— 9 —

Man unterscheidet eigentliche theologische Schriften und Briefe.


Wir werden auch die zweiten erwähnen, obschon sie von weniger
Bedeutung sind.

a) Überblick über Justinians theologische Schriften.


Die theologischen Schriften Justinians sind der Reihe nach folgende:
1. Liber adversus Origenem,1) adressiert an den Patriarchen
Mennas von Konstantinopel und verfaßt um das Jahr 543.2) In dieser
Schrift zählt Justinian alle Häresien des Origines auf und bekämpft
sie sehr treffend und mit vielen Beweisen aus der Heiligen Schrift und
den Vätern, besonders Gregor, Basilius, Athanasius und Chrysostomus.
Justinian hielt den Origenes für den Vater fast aller Häresien.3) Nach
dieser Widerlegung verdammt er den Origenes in 10 Anathematismen.
Die 15 Anathematismen des 5. ökumenischen Konzils stimmen nicht
nur zu dem Brief Justinians, sondern decken sich vielfach mit den in
diesem Brief vorhandenen Anathematismen Justinians gegen Origenes.4)
2. Ein Brief Justinians an eine Synode gegen Origenes „rpau.u.a
toö ßaatXew; -Iouattvtavoö npdc, xfjv (fcyfav auvoSov nepi -Qptyevou;
xat xöv 6u.ocppövwv aOxoö".5) Man stimmt darin nicht überein, an
welche Synode Brief gerichtet
dieser worden ist. Die Meinung
Möllers,6) Loofs-T) und Diekamps (nicht ganz direkt), daß diese Synode
das 5. allgemeine Konzil sei (553), scheint, wenn auch nicht überzeugend,
doch der Meinung Mansis,8) Hefe|es,9) Nirschls,10) Hergenröthers u)

stixuxtjj svSogoj vtxtjxrjj xpoTtatoöxoj dstasßaaxoj AüYouaxoj, cmavxt xqi TtVrjpcb|iaxt


xtjj . . .." Confessio Rectae Fidei, Migne PG. 86 I. Bd. c. 993 C.
„Ao-yojtoö siasßsaxdxou rj|ißv ßaatXs<oj -Iouaxtvtavoö, xaxaiis|icp9-sij Tipöj
1)
Myjvväv xöv dyKÜxaxov xai |iaxaptwxaxov dpxtsiucJxoTtov xfjj sÜ8ai|iovoj TiöXswj
xai Ttatptapx-»jv, xaxä -Qp^svouj xoö S-joasßoöj xai xtöv dvoaiwv aüxoD 8oY|idxtov."
PO. 86 I. col. 945—989. Auch bei Mansi, Concilia sacra IX. p. 487—534.
2) Hefele, Konziliengeschichte. Bd. II. Freiburg 1875, S. 786 ff. ;
F. Loofs, Leontius von Byzanz. Leipzig 1887, S. 310; Knecht, Die Religions
politik des Kaisers Justinian I. Würzburg 1896, S. 15.
3) itapd xivoj sxspou "Apstoj Xaß<bv xtjv olxaiav auvs-rpdtjjax0
vöaov; lv xivt 8£ ouxoj xoö Mavtxaiou dTioXt|mavsxai ; . . ." PO. 86 I. Bd. col.
949 CD.
4) Vgl. Diekamp, Die origenistischen Streitigkeiten im 6. Jahrh.
Münster 1899, S. 88 ff.
5) PO. 86 I. col. 989 D— 993 B. Auch Mansi IX. 534-538.
6) Möller, Realenzyklopädie2 XI. S. 113.

T) a. a. O. S. 287 Anmerkung; S. 291, 310. — 8) a. a. O.


-
9) a. a. O. S. 790.
10) Nirschl, Lehrbuch der Patrologie und Patristik3. Mainz 1885, S. 340.
») Hergenröther, Kirch. Oesch. 4. Aufl. Freiburg 1902, S. 600.
— 10 —

überlegen zu sein, daß diese Synode die nach Konstantinopel berufene


Synode ivSiqu.oüaa aüvoSoc von 543 sei.
In diesem Briefe erwähnt und bekämpft der Kaiser die großen
griechischen Philosophen (besonders Pythagoras, Plato und Plotin, von
denen Origenes meist abhängig war) und erwähnt auch nebenbei den
Origenes, der dieselben rawjpa xal öXi%-puz Söyuaxa1) gelehrt habe.
Sehr richtig bemerkt Knecht, daß die Beziehungen dieses Schreibens
zu dem vorangegangenen „Logos" gar nicht berücksichtigt worden
sind, obgleich die Feststellung dieser Beziehung für die Beantwortung
der Frage nach der Abfassungszeit des zweiten von großer Bedeutung
ist.2) Seine Meinung aber, daß das Schreiben nicht von Justinian
stamme, und zwar, weil darin von Origenes sehr wenig die Rede ist
(der andere Grund, der sich auf die Verschiedenheit des Stils stützt,
trifft nicht zu), scheint nicht richtig. Wir glauben dagegen, daß dieser
Brief von Justinian ist und zwar als Anhang des vorhergehenden
„Logos". Wenn es so ist, dann brauchte Justinian in diesem Briefe
von Origenes nicht lange zu sprechen, er hatte ja im „Logos" genug
von ihm geredet. Der Kaiser will vielmehr die in dem Prologe des
'
Logos gegebene Andeutung der Verwandtschaft des Origenes mit der
griechischen Philosophie3) in dem Buche näher begründen. Außer
dem scheint es schwer verständlich, daß der Logos nur mit den Ana-
thematismen ohne jeden anderen Schluß oder eine andere Bemerkung
schließen könnte. Aus dem Schluß des Briefes dagegen sehen wir,
daß Origenes wieder in Zusammenhang mit den griechischen Philo
sophen genannt wird, so daß das Ende des Briefes wieder an das
Hauptthema des „Logos" und des Briefes anknüpft und erinnert.
Justinian wollte durch diesen Brief den Bischöfen der Synode seinen
„Logos" und demgemäß die Verurteilung des Origenes empfehlen. Ist
das richtig, dann könnte man nicht von zwei, sondern von einem Liber
adversus Origenes sprechen.
Nun aber ist der Logos
nach fast allgemeiner Annahme 543 ge
schrieben, der Brief, wenn er ein Anhang des Logos ist,
also ist auch
auch 543 geschrieben und infolgedessen an die ivSYju.oüaa und nicht
an die allgemeine Synode (553) gerichtet worden. (Wir bemerken
nebenbei, daß die Adresse des Briefes selbst vielleicht auf die lvSYj|ioQaa
aüvoSo; deutet, denn man kann das „rpä|iua toü . . . Ttpö; tYjv dyiav
auvoSov rcepi 'Qpiydvou; v.a.1 xwv du.ocppövtov aÖxoO" wohl auch über-

1) PG. 86. I. col. 993 B. — s) Knecht a. a. O. S. 16.

3) Talj ya.p xöv 'EXXrjvtov |iu&oXoyiaij ivxpatpsij . . (Origenes) . . Ti ydp


Ixepov Ttapd xa x<j>HXaxwvi stprjpisva xtj> xrjv -EXXrjvixrjv |iaviav TtXaxüvavxi 'Qpiy&vr\t
igi8-exo; . ." PG. 86 I. col. 949 C.
— 11 —

setzen: „Brief des ... an die heilige Synode, die für [die Sache des] Origenes
und seiner Freunde zusammengetreten ist.) Wäre das Konzil trotzdem
nicht die ivSiqu.oöaa auvoSo;, sondern das allgemeine von 553, an
welches der Brief gerichtet ist, hätte es also zehn Jahre nach der Ab
fassung des Logos stattgefunden, so könnte der Brief doch als Anhang
des Logos angesehen werden, wenn man annimmt, dieser Logos sei
mit dem Brief zusammen auch an das allgemeine Konzil geschickt
worden, zumal dieses auch den Fall des Origenes behandelte und ihn
verdammte.
Confessio rectae Fidei-adversus tria capitula.1)
3. Diese ist zwi
schen und 553 verfaßt.2)
den Jahren 551 Die Adressaten dieser Schrift
sind „äTtav xö TtX^ptö|ia xfj; xa9-oXtxrj; xat aTtoaxoXtxyj; -ExxXiqafa;".
Zunächst drückt der Kaiser den Glauben an die heilige Dreieinigkeit
aus, dann spricht er über den Logos und seine Inkarnation, sodann
länger über die zwei Naturen Christi. Dieser Lehre folgen 14 Ana-
thematismen gegen alle Häretiker, insbesondere aber gegen Theodor
von Mopsuestia, Theodorets von Kyros Schriften und Ibas- von Edessa
Brief (gegen die drei Kapitel).3) Diese Polemik wendet sich besonders
heftig gegen den Brief des letzteren. Im Gegensatz zu dieser Irrlehre
verteidigt sie den rechten Glauben in derselben Weise wie in der vor
hergehenden Schrift.
Die Beziehung dieser Schrift zum Tractatus contra Monophysitas
(siehe später) und anderseits zu dem Briefe „adversus nonnullus . . ."
(siehe später) hat Loofs in seiner erwähnten Schrift gezeigt.4)
4. Ein Rundschreiben an das 5. ökumenische Konzil Mai 553)
(5.

gegen Theodor von Mopsuestia.5) Dieser Brief ist identisch mit dem
in den Akten des ökumenischen Konzils erhaltenen Brief (bei Mansi
5.

IX. p. 178—181 lateinisch, p. 582—588 lateinisch-griechisch), so Loofs6)


und Hefele.T) In dem Brief werden die bisher gehaltenen ökumeni
4

schen Konzilien und ihre Veranlassungen erwähnt. Weiter mahnt


Justinian die Synode, die Häresien Theodors und seiner Anhänger,

„*Ev övö|iaxt 6so0 xai Ttaxpöj xai xoö |iovoysvoöj auxoö uioö -Irjaoö
1)

Xptaxoö xoö xupiou fj|ifiv xai xoö dYiou Ttvsu|iaxoj, Aixoxpdxtop Kataap 3>tXö-
Xprjaxoj -Iouaxtvtavöj, -AXa|iavtxös, Toxihxöj, «fpapuxöj, rsp|iavtxöj, Avxtxoj,
AXavtx6j,Oüav8aXtxöj, -Acpptxavöj, süasßrjj, süxuxrjj, svSogoj, vtxrjx-ijj,xpoTiatoöxoj,
astasßaaxoj AöYouaxo{ aTtavxt xtp TtXripw\ia.xt xrjj xafl-oX<xrjj xai dTtoaxoXtxrJj
IxxXtjotaj." PO. 86 col. 993—1035. Auch Mansi IX p. 537—582.
I.

Hefele a. a. O. Loofs a. a. O. S. 310; Knecht a. a. O.


S.

836; 20.
S.
2)

Siehe unten 28 ff. — Loofs a. a. O. S. 312 ff.


S.
3)

4)

„TüTioj xoö ßaotXstoj -Iouaxmavoö Ttpöj xrjv dyiav auvoSov Tispi 8so5ä>pou
5)

xoö Mot|jousaxiaj xai xwv Xomtöv." PG. Bd. col. 1035 — 1041 D.
B
I.

Loofs a. a. O. S. 310. — Hefele a. a. O. 866 Anm.


S.
II

1.
6)

?)

'
— 12 —

„die schlimmer als die des Nestorius sind", zu untersuchen und zu


verurteilen.
Eine polemische Antwort auf eine Schrift, die die drei Kapitel
5.

verteidigt.1) Die Meinungen über die Adressaten und die Abfassungs


zeit dieser Schrift, die uns übrigens unvollendet überliefert ist, sind
noch geteilt. Nach Hefe|es Meinung2) ist diese Schrift eine Antwort
des Kaisers an die Bischöfe von Dalmatien und Illyricum, etwa 555
verfaßt. Loofs hält Hefe|es Meinung für irrig; aus verschiedenen
Gründen setzt er das Schreiben vor dem 5. allgemeinen Konzil (553)
an, ohne doch den Aufenthalt der Adressaten anzugeben.3) Knechts
Meinung, die Adressaten seien in Scythien zu suchen und die Ab
fassungszeit sei zwischen 546 und 550 anzunehmen,4) noch un scheint
sicherer und wohl unbegründet. Die Worte „Ata toöxo -?j|iet;, ei xat
cpavepa yjv ^ xöv aöxwv xecpaXafrov dalßeta, öu.w; rjp(i>xrjaa|iev xou;
lepelc, tyj; xoö 0coö ixxXyjata;, xt Ttept xcjxwv ^povoöatv
-

o-i
xtve; Set£at
ßouXö|ievGt, öxt xyjV xotayxrjv daißetav xa9-oXtxrj ixxXyjat-a oOSi ^-oye
f/
xaxeStxaaav xal aoxot xyjv xotaüxrjv ouaaeßetav,
oöSI &yzl,


Tioxe,

dpxrj; uTiö xwv dytov Ttaxlpwv xaxaScotxaa^evrjv"5) scheinen trotz der


Anzweiflung seitens Loofs- zu entscheiden über die Frage der Ab
fassungszeit. Es scheint nämlich, daß das Schreiben unmittelbar nach
dem allgemeinen Konzil entstanden sofern sein verlorenes Gegen
5.

ist,
stück einer von den vielen Protesten der Occidentalen gegen das
ökumenische Konzil (bzw. die Verurteilung der drei Kapitel) scheint;
5.

wie auch ist, daß dieses im Abendland nicht sofort an


bekannt
ja

erkannt wurde. Wie es scheint, meint Justinian mit obigen Worten


gewiß das Konzil und seine Verurteilung der drei Kapitel. Die
5.

andre von Hefele vertretene Meinung, die Adressaten seien die Bischöfe
aus Dalmatien und Illyricum, und das Schreiben beziehe sich auf den
Fall des Metropoliten Frontinus von Salona in Dalmatien, hat Loofs
an derselben Stelle als künstliche Kombination erwiesen. Doch hat
Hefele auch hier insofern Recht, als die unbekannten Bischöfe zweifellos
Occidentalen sind und nicht Orientalen, was Loofs wegen der Sprache
des Schreibens (er sagt, wenn die Bischöfe Occidentalen wären, dann
hätte der Kaiser Lateinisch geschrieben) abzulehnen scheint. Wir sagen
:

ImaxoXfiz dvxtYpa,pstarjj Tiapa xoö süasßsaxdxou xat xptoxtavtxto-


„"Iaov
1)

xdxou BaatXstoj -Iouaxtvtavoö Ttpöj xlvaj Ypd^avxaj xat JxStxrjaavxaj 9sö8topov


xöv 8uaasßrj xat xa aüxoö Ttovrjpa 8öy|iaxa, xat xrjv XsYo|isvrjv "Ißa JTuaxoXrjv,
xat xa auYYpd|i|iaxa ösoSwprjxou xd xaxd xfjj öp9r,j Tttaxstoj YBYpa|i|isva." PG.
86 col. 1041 D— 1905 B. Auch PL. 69 col. 273—328; Mansi IX. 589—646.
I.

Hefele a. a. O. II. S. 912 ff.


2)

Loofs a. a. O. Anmerk. — Knecht a. a. O.


S.

310, 311
S.

19
f.
») 3)

f.
4)

PO. 86 col. 1045 A.


I.
— 13 —

die Bischöfe sind sicher Occidentalen, das sagt Justinian


unbekannten
ja selbst (was gar nicht erwähnt ist) mit den Worten: „'Epu&piäv S£
&ye(\exe Xi-yoYcec,, 6xi ol ÄvaxoXixoi ol Neaxöpwv IxSixoOvxec, . . .'S1)

mit andern Worten: die uns unbekannten Bischöfe haben an Justinian


über die Stellung der Orientalen (dvaroXixol) geschrieben; nun aber
konnten sie, wenn sie selber Orientalen waren, nicht über die Orien
talen schreiben, und selbst der Kaiser konnte diesen (unbekannten)
Bischöfen gegenüber die orientalischen nicht verteidigen.2) Außerdem
war, daß man occidentalischen Bischöfen Griechisch schrieb, weder
neu noch gänzlich anormal, wenn man bedenkt, daß viele geborenen
Orientalen (also des Griechischen mächtig, obschon auch viele Occi
dentalen gut Griechisch konnten) im Occident als Bischöfe waren. In
welchem Teil des Occidents diese Bischöfe nun zu suchen sind, wagen
wir ebensowenig zu erraten, denn in dem Briefe selbst steht nichts,
worauf man eine Vermutung stützen könnte.
Der Brief enthält eine starke Bekämpfung der drei Kapitel, be-
. sonders des Briefes viele zum Teil harten Vorwürfe gegen
des Ibas,
diese (unbekannten) Bischöfe, die die drei Kapitel verteidigten und
Cyrill gegen den Vorwurf der Ketzerei völlig rechtfertigen wollten.
6. Tractatus contra Monophysitas, 3) eine polemische Schrift an ehe
malige monophysitische Mönche in Ägypten gerichtet. Abfassungszeit
542 oder 543.4) Der Inhalt dieser Schrift ist dem der Nr. 3 wesentlich
ähnlich: Scharfe Bekämpfung des Monophysitismus und Verteidigung
der Orthodoxie (besonders der Lehre von den zwei Naturen und von
der Inkarnation); der Verfasser nimmt wieder Cyrills Lehre als Ortho
doxie in Schutz; er bestreitet die Echtheit der Briefe des Athanasius
an Jovian und des Julius an Dionysius5) und gibt endlich in 11 Ana-
thematismen (hauptsächlich gegen die Monophysiten) die Hauptlehren
der Kirche, die er als Sö^a-ta xtjc. xafroXixYj; ixxX/nafac. bezeichnet.6)
7. Der Hymnus (nicht xpoTtapiov) „5 |iovoyevYj; uEö; xai Xöyo;
xoüfreoü", T) welcher noch heute in der Liturgie (Messe) der griechischen

») PG. 86 I. col. 1079 A. — 2) PQ. 86 I. col. 1077 A.

3) ,,'Iouaxiviavoö xoö ysvonsvou rjnöv ßaaiXswj [koyov auvxs9-eixöxoj 8oy|ia-


xixov sx is xöv 9-sirov yP*9ü>v xai xröv äyitov Ilaxsptuv Ttpöj xoüj ev xtj> svvdxtp
xrjj 'AXsgavSpstov |iovaxoüj] ävayxatov rjyrjad|is9-a loüioi SrjXov xaxaaxrjaai xy
afj |iaxapiöxr]xi. s^si 8s oüxtoc;." PQ. 86 I. col. 1104 A2— 1145 C, auch bei Mai
Scriptorum veterum nova collectio VII. 292 — 313.
*) Loofs a. a. O. S. 311 ff.; Knecht a. a. O. S. 17.
5) PG. 86 I. col. 1125 A. — 6) Migne a. a. O. 86 I. coli. 1144 D.
T) *0 |iovoysvrjj utöj xai X6*(oq xoö 9-soö,
d9-dvaxoj imdpxwv,
xai xaxa8e|d|isvoj 8id xrjv fj|j.exEpav auxrjpiav
— 14 —

Kirche gesungen wird. Außer


Argumenten der Echtheit
den andern
dieses Hymnus spricht auch die Sprache, die Worte und der Gegen
stand dafür. Der Inhalt des Hymnus ist ebenso dogmatisch und, wie
man bei seiner Lektüre bemerkt, eine kurze Zusammenfassung der ganzen
christologischen Lehre.
8. Ein Glaubensbekenntnis an Papst Agapet I. (f 536), 1) in
welchem Justinian den orthodoxen Glauben bekennt und die Häretiker
Timotheus Aelurus, Petrus Alexandrinus und Acacius besonders anathe
matisiert. 2)
So weit gehen die rein wissenschaftlichen Werke Justinians, deren
Sprache die griechische ist.

ß) Justinians Briefe.
Die Briefe Justinians sind chronologisch geordnet folgende:
1. Ein Brief an den Papst Horsmidas (f 523) vom 7. Septem
ber 518 handelt vom acacianischen Schisma und empfiehlt den Kirchen
frieden.3)
2. vom 22. April 519, desselben Themas.4)
An denselben
3. An denselben
vom 29. Juni 519, handelt von dem Streit der
scytischen Mönche und von heiligen Reliquien.5)
4. An denselben vom Juli 519; eine Bitte an den Papst, er möge
ihm die Mönche Johannes und Leontius schicken.6)
5. An denselben vom 5. Oktober 519. Er mahnt zum Kirchen-

aapxto&rjvai iv. xrjj äyiaj öeoxöxou


xai äsmap9-evou Mapiaj
äxpiTtxooj ivavfrptoTtrjaaj, axauptafreij xs Xpiaxs 6 ösöj,
9-avdxro 9-dvaxov Ttaxrjaaj,
slj röv xYjj äyiaj TpidSoj,
auv8o|a£ö|isvoj xtj> Ilaxpi xai züt 'Xyif nvsü|j,axi, aä>a0v rj|J.äj.
Vgl. W. Christ et M. Paranikas, Anthol. Graeca carmin. Christianorum.
Lips. 1871 p. 52 p. XXXII. Migne erwähnt diesen Hymnus nicht.
f.,

Liber Pontificalis von Duchesne, Paris 1866, p. 288.


2) J)

Exemplar libelli piissimi domini Justiniani imperatori, quem dedit


Agapeto papae ad Constantinopolim de fide. Fidem catholicam profitetur et
haereticos anathematizat . . . PL. 66 col. 42 auch bei Mansi VIII p. 847.
f.,
C

Pro pace et unitate oriantelis Ecclesiae pontificem rogat, ut minus


si
3)

velit se Constantinopolim conserre, legatos mittat. PL. 63 col. 430 D.


Cum iam Ecclesia pace tenatur, pro imperatore ad Deum preces
4)

fundendae. PL. 63 col. 450 C. D.

„Discussiones Monachis Scythis excitatas ab eo compescendas.


a
5)

Apostolorum reliquias se cupere." PL. 63 col. 475 B.


„Petit ut expedito Monachorum negotio Joannem et Leontium ad se
6)

remittat." PL. 63 col. 476 B.


— 15 —

frieden und zur Einheit der Kirche und fragt den Papst nach seiner
Meinung über die Formel „unum de Trinitate crucifixum".1)
6. An denselben vom 7. Juli 520, handelt von der Wiedereinsetzung
der Bischöfe Elias, Thomas und Nicostratus. 2)
7. An denselben vom 9. Juli 520; handelt vom Schisma des
Akakios und bittet um die Wiederherstellung des Friedens3) und berührt
wieder die Trinitätsfrage (bzw. die Christologie).
8. An denselben vom 31. August 520; handelt wieder von der
Unität der Kirchen.4)
9. An denselben vom 9. September 520; handelt wieder von der
Formel „unum de Trinitate crucifixum fuisse" und dem Acacianischen
Schisma.5)
10. An denselben Papst Horsmidas von Mitte September 520;
er wundert sich, daß der Papst mit der doch schon gelösten Trinitäts
frage nicht zu Ende kommt.6)
11. An den Papst Johannes II. (f 535) vom 8. Juni 533. Er bekennt
und verteidigt die oben genannte Formel und mahnt zur Einheit der
Kirche.T)
12. An Papst Agapet I. (f 536) vom Jahre 535, abgesehen von
einer neuen Vorrede genau derselbe Brief wie Nr. II.8)
13. Fragment eines dogmatischen Briefes an den Patriarchen
Das
Zoilus von Alexandrien.0) Zoilus war 542 bis etwa 550 Patriarch von

1) An dicendum sit unum de Trinitate fuisse crucifixum . . . PL 63


col. 476 C-477 A.
2) „Etiam Ecclesiae suae non posse restitui vivente eo qui in illius
locum suffectus fuerat. Thomam et Nicostratum pace firmata suis sedibus se
restituturum. PL. 63 col. 485 D— 486 B.
3) Acacio damnato Constantinopoli pacem vigere; cum Orientalibus
pacem quoquo modo ineundam: et de sanctissima Trinitate. PL 63 col.
496 A— 497 B.
4) Petit
ut pro Ecclesiarum unione laboret et sibi ad ea respondeat,
quae per legatos scripserat. PL 63 col. 507 D— 508 B.
5) Confitemur Christum dominum recte unum de Trinitate dici, secus
unus ex Trinitate. In nominibus episcoporum damnandis non ita severe
agendum. PL. 63 col. 508 C— 509 B.
6)Petit ut legatos rebus bene gestis redire quam primum curet. PL. 63
col. 510 B.
T) PL. 66 col. 14. 17 und C. I. 18. Bei den Gesetzen selbst das nähere.
8)More maiorum suorum apud pontificem Romanum recens electum
fidei suae professionem edit eandem quam supra ad Joannem Papam II miserat.
PL 66 col. 35C-37A. Auch bei Mansi VIII p. 845-6.
9)„louaxtvtavoö xoö süasßsaxdxo-j ßaatXstoj ix xrjj Ttpöj ZonXov xov
dYKöxaxov Ilaxptdpxrjv -AXsjavSpsiaj SoYliaxtxrjj dTuaxoXrjj." PG. 86 I. col.
— 16 —

Alexandrien. Dieser Brief wird im Tractatus (Nr. 6) erwähnt. 1) Aus


der Art der Erwähnung und aus der Adresse des Tractatus, wie sie bei
Migne lautet (aus dieser ersieht man, daß Justinians auch den Tractatus
dem Zoilus zur Kenntnisnahme zuschickte), glauben wir schließen zu
können, daß der Brief zwar etwas jünger ist als der Tractatus, daß
jedoch beide gleichzeitig abgeschickt wurden. Der Brief kann also
nicht viel vor der Abfassung des Tractatus 542 oder 5.43 entstanden
sein. Der Inhalt dieses Fragmentes ist ebenso dogmatisch und es
handelt von dem Verhältnis der zwei Naturen zum Leiden Christi.
14. Ein Brief an den Bischof Johannes von Justinianapolis vom
23. Mai 550, worin er eine Synode fordert zur Feststellung der Zeit,
wo der Name Theodors von Mopsuestia aus den Dyptichen ge
strichen war.2)
15. An Bischof Kosmas von Mopsuestia vom 24. Mai 550
den
desselben Themas.3) Hier wird auch Nr. 14 erwähnt.
16. Ein Schreiben an das 5. ökumenische Konzil, falsch datiert
vom 14. Juli und vorgelesen in der 7. Sitzung des Konzils (26. Mai).
Nach Erwähnung der Verdammung der drei Kapitel fordert er, den
Namen des Papstes Vigilius aus den Dyptichen zu streichen.4)
Außer diesen Briefen haben wir noch zwei Briefe an Papst Aga-
petus (eine Art Confessio Rectae Fidei)5) und an Papst Bonifatius II.
von 536 desselben Inhalts,6) die beide sicher als spätere Fälschung
anzusehen sind.T)
Wie die Sprache der theologischen Schriften die griechische ist,
so ist die der uns erhaltenen Briefe Justinians fast überall die lateinische,
da die an abendländische Bischöfe gerichtet sind.
meisten
Die Frage, ob all diese Schriften echt sind, braucht man kaum
zu berühren, denn einerseits ist sie vielfach behandelt und bejaht worden,8)
anderseits wird die Verwandtschaft dieser Schriften mit den Gesetzen,
die nachher zu untersuchen sein werden, ebenfalls zeigen, daß diese

1145D-1149A; Loofs a. a. O. S. 311; Knecht a. a. O. S. 18; Hefele


a. a. O.II. S. 786 und 845.
1) PG. 86 I. col. 1137 D.

2)Exemplum sacrae epistulae scriptae ad beatissimum Joannem metro-


politanum episcopum . . . Mansi IX p. 274—5 und PL. 69 col. 119 B.
8) PL. 69 col. 119 D— 120 A; Mansi IX p. 275.

*) Mansi IX p. 366. 367. — 5) PL. 66 col 41. — e) PL. 65 col. 45.

T) Über die Briefe Justinians auch bei Knecht a. a. O. S. 13 ff.

8) Krumbacher (A. Ehrhard), Geschichte der byzantinischen Literatur,


Loofs Knecht a. a. O.
f.;

München a. a. O. S. 309 ff.; 22 ff.


S.

1897, S. 57
Nirschl, Lehrb. Patr. u. Patristik, 388 ff.; Bardenhewer, Patrologie,
d.

S.

. 10 ff.
— 17 —

Schriften gewiß aus Justinians Feder stammen. Auch die Frage, wiefern
Justinian von anderen Theologen abhängig und beeinflußt ist, hat man,
wenn auch nicht mit sicheren Resultaten behandelt.1) Einen bestimmten
Theologen zu suchen, von dem Justinian abhängig wäre, ist vergeblich,
denn Justinians Zeit interessierte sich so sehr für theologische Fragen und
Probleme, daß man nicht nur dem Kaiser (der dafür schließlich ein
besonderes Interesse hatte), sondern auch jedem Laien eine gewisse
Selbständigkeit in theologischer Schriftstellerei zuschreiben konnte, vom
Werte dieser Schriften natürlich abgesehen. Nun sind Justinians
theologische Schriften von großer Bedeutung und rein wissenschaftlich
theologischer Art;2) doch wird man sich nicht wundern, daß Justinian
solche Schriften geschrieben hat, wenn man folgendes vor Augen hat:
1. Justinians Bildung, namentlich seine theologische, war gar nicht so
gering.3) 2. Sein aus rein religiösen und auch aus politischen Motiven
entspringendes Interesse für die Glaubens- und überhaupt für die
religiösen Probleme, wie man am besten aus seinen Briefen (namentlich
denen, die er schrieb, ehe er Kaiser wurde) ersehen kann. 3. Die Tat
sache, daß die theologischen Probleme am Hofe von den bedeutendsten
Theologen der und des Reiches vor, während und
Reichshauptstadt
nach den Synoden so eifrig diskutiert wurden. Dies sind die drei
Hauptanregungen für Justinians Schriftstellerei und zugleich die Haupt
argumente ihrer Echtheit. Nimmt man Justinians juristische Bildung
und seine kaiserliche Autorität hinzu, so hat man alle Faktoren dieser
Schriftstellerei. Justinian konnte wegen seiner Bildung und seines
doppelten Interesses selbständig schreiben, ohne dabei natürlich einer
starken Beeinflussung durch die Theologie seiner Zeit, in deren Luft er
lebte, zu entgehen, was sich bis auf die Terminologie seiner Schriften
verfolgen läßt. Aber wie es unrichtig wäre, in Justians schriftstellerischer
Tätigkeit nur seine Selbständigkeit zu betonen und den Einfluß, den die
damals herrschende Theologie auf ihn ausübte, zu verkennen, ebenso un
richtig und einseitig wäre es, seine Abhängigkeit von den Theologen seiner
Zeit so sehr hervorzuheben ; und noch unrichtiger ist es, wie wir glauben,
wenn man annimmt, daß die uns vorliegenden Schriften nur des Kaisers

1) Loofs a-. a. O. S. 315f.; W. Rügamer, Leontius von Byzanz, ein


Polemiker im Zeitalter Justinians, Würzburg 1894, S. 104 f.
2) Loofs a. a. O. S. 316f.; Nirschl a.a.O. S. 388 ff.; Krumbacher
a. a. O. S. 57 f.; Harnack, Dogmengeschichte, 4. Aufl., Bd. 2, S. 422.
3) Procopius sagt: „"Oj [-louaxtvtavöj] Stj xdtfhjxat dcpüXaxxoj dsi iTti ij
Xsaxrjj xtvöj öctopi vuxxöv, 6|ioö xotj xüv ispitov iaxaxoYspouatv dvaxuxXstv
xd Xptaxtaviov Xöyta oTtouSrjv sx°>v" de Bello Ootthico III. 32 ed. Bonn. 3
S. 409-410.
Alivisatos, Gesetzgebung Justinians I. 2
— 18 —

Namen tragen und von seiner Autorität gestützt sind, und ihre Abfassung
einem andern zuschreibt. J) Vielmehr sind diese Schriften von Justinian
selbst verfaßt, wenn auch unter dem Einfluß der zeitgenössischen
Theologie, und tragen mit Recht des Kaisers Namen.

2. Justinians theologische Lehre.


Da Justinians Schriften fast ausschließlich dogmatisch sind, so ist
seine Lehre rein dogmatisch. Sie ist durchaus orthodox und genau
die Lehre der Kirche. Die ganz richtige Bemerkung Loofs' in bezug
auf Justinians aphthartodoketische Häresie: „Die Nachricht des Evagrius
(Hist. eccl. IV. 39 bei Migne PG. 86 II. col. 2781 sq.), Justinian sei
kurz vor seinem Tode für die Doktrin der Aphthartodoketen ein
getreten, kann hier aus dem Spiele bleiben. Hält man sie für zuverlässig,
so wird man doch zugeben müssen, daß nach den Einfällen eines
Greises nicht die Ziele seiner Mannesjahre beurteilt werden dürfen"2)
mag hier genügen, da wir außerdem in seinen Schriften nirgends einen
Punkt finden, der die Annahme rechtfertigen könnte, Justinian habe sich
in der Tat des Aphthartodoketismus schuldig gemacht.3)
Aus dem Vergleich der dogmatischen Lehre und der dogmatischen
Gesetzgebung Justinians wird ihre Ähnlichkeit sofort erhellen.
Die Hauptmomente der justinianischen Lehre sind: 1. Von Gott
(dem Vater), 2. vom heiligen Geiste, 3. vom Sohne, 4. von der Kirche,
5. von der Heiligen Schrift, 6. von der Tradition, 7. vom Menschen,
usw. Die Lehre vom Sohne ist von all seinen theologischen Lehren
am weitesten ausgeführt. Eine eingehende Darstellung der theologischen
Lehre Justinians hier aufzustellen scheint mit Recht unnötig; man darf
sie als bekannt voraussetzen, da sie mit der Lehre der damaligen
herrschenden Orthodoxie durchaus übereinstimmt.
Justinians dogmatische Lehre bildet die Hauptgrundlage seiner
dogmatischen Gesetzgebung, wie wir bald noch sehen werden.
Justinians theologische Bedeutung braucht man hier kaum hervor
zuheben, sie ist allgemein anerkannt. Mit Recht kann Hutton die
Theologie Justinians „the theology of the 6th Century"4) nennen ; und

») Knecht a. a. O. S. 24.
2) Loofs a. a. O. S. 318 Anmerkung.
3) Der Streit hierüber ist groß, namentlich bei den Engländern, vgl.
Knecht a. a. O. S. 140 ff.; Hutton a. a. O. S. 204 ff.; Bury a. a. O.
II p. 7f.; Seeberg, Dogmengeschichte Bd. 2 S. 263.
4) Über Justinians Lehre und ihre Bedeutung vgl. Harnack a. a. O.
S. 415 ff. ; Glaizolle, Justinien . . . Lyon 1905 p. 110 sq. sq.; Loofs a. a. O.
S. 316; Hutton a. a. O. S. 183 ff.
— 19 —

Harnack nennt ihn „den besten Dogmatiker seiner Zeit und in seinem
Lande",1) trotz der scharfen Kritik seiner Theologie.
Justinians Theologie wird uns aber hier mehr von ihrer juristischen
Seite interessieren. Die Kirche hat Justinians Lehre als übereinstimmend
mit der eigenen angenommen, und Justinian hat die kirchliche Lehre
zum staatlichen Gesetz erhoben; darum erscheint seine Theologie in
einer juristischen2) und gesetzlichen Färbung. Darin, daß, wie hier
gezeigt, die Kirche Justinians Lehre annahm und Justinian diese Lehre
zum Staatsgesetz erhob, besteht hauptsächlich Justinians Cäsaro-
papismus, 3) der uns jedoch weniger stark erscheint, wenn wir uns
erinnern, daß er einerseits aus vorwiegend religiösen Motiven entsprang,
daß Justinian anderseits Theologe- war und seine Lehre weniger selbst
geschaffen Theologie entnommen hatte.
als der damaligen
Justinians kirchliche Gesetzgebung aber geht weit über die
Dogmatik hinaus. Die Ordnung der Kirche in ihren Einzelheiten
beschäftigteJustinian auf das lebhafteste, und eben in diesem Teil seiner
kirchlichen Gesetzgebung können wir das Überwiegen der religiösen
Motive am besten beobachten, obwohl sich die kaiserliche Autorität
auch hier maßgebend gewesen ist.
So stark politisch darum diese kirchliche Gesetzgebung gefärbt
ist, steht sie doch auf religiöse Grundlage, so daß man sagen kann:
eine solche kirchliche Gesetzgebung könnte auch ganz wohl das Werk
einer rein kirchlichen Persönlichkeit sein.
Justinian wußte das Gleichgewicht zu halten, so daß er sein Ziel
erreichen ohne sich dadurch seine Herrschaft über die Kirche
konnte,
zu erschweren. Die Kirche hat von dieser Herrschaft mehr Nutzen als
Schaden gehabt, und, um mit Müller zu schließen, „diese Herrschaft
war unter Justinian zur Vollendung gebracht worden. Er regelte mit
seinen Gesetzen alle Einzelheiten des kirchlichen Lebens, den Glauben,
die Liturgie, das Leben und die Amtsführung der Geistlichen, die
Bischofswahlen, die Abhaltung von Provinzialsynoden, die Ausdehnung
der Gewalt der einzelnen kirchlichen Amtsstufen, den Instanzengang der
kirchlichen Rechtssachen usw. Die kirchliche Gesetzgebung ging voll
ständig in die kaiserliche über. Die Kanones wurden ein Stück des
Jus publicum. Der Kaiser selbst überwachte ihre Ausführung, und seine

») Harnack a. a. O. S. 422.

*) Hutton sagt: „it theology of one who is also a lawyer".


is the
The Church of the sixth Century, London 1897 p. 192.
3) Vgl. Harnack a. a. O.; Bury, History of the later Roman Empire,
London 1889, Bd. II p. 5; Knecht a. a. O. S. 145. Vgl. Edgar Loening,
Geschichte des deutschen Kirchenrechtes (Das Kirchenrecht in Gallien von
Constantin bis Chlodovech), Straßburg 1878 S. 77.
— 20 —

Gesetzgebung bestimmte kirchlichebürgerliche Strafen für alle


wie
persönlichen und amtlichen Vergehen des Klerus. Und da er so der
unbedingte Herr des Staates wie der Kirche war, so vermochte er auch
die Hierarchie noch tiefer in die öffentlichen Angelegenheiten hinein
zuziehen. Durch Staatsgesetz wurde die calchedonensische Verfassung
weiter durchgeführt, dazu den Bischöfen die Aufsicht über die Sitten,
die amtliche Fürsorge für alle Armen und Unglücklichen übertragen
und die nötige Exekutive zur Verfügung gestellt. Vor allem aber
räumte ihnen Justinian eine ungemein wichtige Stellung in der ganzen
Staatsverwaltung ein. Der unheilbaren Verkommenheit des staatlichen
Beamtentums sollte durch das kirchliche Beamtentum gesteuert werden.
Die Bischöfe erhielten ein hervorragendes Mitwirkungsrecht bei der
Wahl der Provinzialstatthalter wie der höchsten städtischen Beamten.
Ihrer Kontrolle wurde die ganze städtische und provinziale Verwaltung
unterstellt. Die bischöfliche Hierarchie erhielt dadurch eine Stellung,
die den Staat völlig hätte auseinandersprengen müssen, wenn sie nicht
so ganz in den Händen des Kaisers gewesen wäre. Aber es hing in
der Zukunft allerdings alles von der Person des Herrschers und von
der Gewöhnung ab, ob die Hierarchie den Staat oder das Kaisertum
die Hierarchie beherrschen sollte."1)
Die Sammlung, Untersuchung und Darstellung aller kirchlichen
Gesetze in bezug auf all diese Einzelheiten soll jetzt unsere nächste
Aufgabe sein.

r) K. Müller, Kirchengeschichte, Freiburg 1892, I. Bd. S. 284.


Justinians kirchliche Gesetzgebung.

Alles, was Justinian gelernt, geglaubt und gelehrt hat, hat er zum
Staatsgesetz erhoben.1) D. h. Justinian hat wohl neue Gesetze für
kirchliche Dinge verfaßt, doch hat er die meisten rein kirchlichen Gesetze
(Kanones) als staatliche Gesetze (vöu.ot) anerkannt und auch staatlich
autorisiert.2) Doch abgesehen von den Gesetzen, die Justinian selbst
verfaßt hat, wäre eben jene staatliche Anerkennung und Autorisation
der kirchlichen Kanones allein schon von großer Bedeutung. Justinian
aber hat sich nicht damit begnügt, die kirchlichen Kanones bloß
anzunehmen, sondern er hat selbst der Kirche viele neue Gesetze
gegeben, die dann aber natürlich
wie die erstendieselbe Autorität
genossen.3) Die Kanones, die Justinian anerkannte, bezogen sich zum
größten Teil auf Glaubenssachen, während die von Justinian erlassenen
Gesetze sich mehr auf äußere Angelegenheiten der Kirche bezogen.

1) Taüxa . . . iy. xtöv 9-sitov ypa.y6>v . . . ScSax9-svxsj . . . slxoxtoj sypd


cpa|isv . . . Tauxrjv xrjv ö|ioXoyiav :puXdxxo|isv, sij xai ißaTtxia9-»j|isv
r,V . .
Toüxeov Ytvwaxstv ßouXö|is3-a Ttdvxaj xouj Xptaxtavoüj. PG. 86 I. col
1011 D— 1013 A.
2) . . . xouj 8s 9-siouj xdvovaj oüx IXaxxov xfiiv vö|iwv iaxüstv xai o

rj|isxspot ßouXovxat vö|iot, 9-saTii£o|isv xpaxstv |iiv iTt- aüxotj xd xotj Upotj
Soxoövxa xavöatv, ojj äv sl xai xotj TtoXtxtxotj ivsyiyp<xTtxo vö|iotj ... C. I. 344
(ed. Krueger S. 47).
3) Daß nach dieser Anerkennung Justinians Gesetze dieselbe Autorität
wie die Kanones besaßen, ist völlig Doch verlangte Justinian
natürlich.
von der Kirche folgende Gegenleistung. Gab er den kirchlichen Kanones
staatliche Anerkennung und Autorität, so verlangte er von der Kirche die
Anerkennung und die kirchliche Autorisation seiner Gesetze. Höchst auf
fallend sind folgende Worte, in denen Justinian diesem seinem Verlangen
Ausdruck gibt: sTtstSav 8s 6 vö|ioj Srj|ioata Ttpoxs9-sirj xai dTtaot ysvotxo cpa-
vspöj, xrjvtxaüxa Xrj,j9-sij IvSov dTtoxsia9-to iv xrj dytwxdxrj -ExxXrjaia |isxd xäW

isptöv oxsuöv, ola xai aüxöj dvaxs9-st|jivoj xai Ttpoj awxrjpiav


(!)

9-sip xtBv üTt-

aüxoö Y^oiisvtov dv3-ptoTttov ysypa.fi\ii-/og. Tto<rjasxs Ss äv xdXXtov xai xotj


aüxö9-t Ttaatv dv9-püraotj au|icfopwxspov, stTtsp aüxov iYxoXdtJ'avxsj aavtatv
yj

rj

Xi9-otj iv xatj oxoatj xrjj di-ttoxdxrjj exxXrjaiaj dvaypdcprjxs, Ttpöxstpov


(!)

Tiapsxo|j-svot Tiäat xrjv xöv vo|io3-sxrj-9-svxtoV dvdYvtoaiv xs xai xxfjotv. Edikt an


die Bischöfe aller Orten vom 18. März 535. N. 112.
S.
I.
I. Teil.

Gesetzgebung für innere Angelegenheiten


oder Glaubenssachen.

Die hierher gehörende Gesetzgebung zerfällt in einen positiven


und in einen negativen Teil, nämlich in Gesetze, die sich direkt auf
Glaubenssachen beziehen und den Glauben an bestimmte Sätze fordern,
und in solche, die das nur indirekt tun, nämlich so, daß sie Gegen
Glauben bedrohen oder stören, beseitigen und
stände, die den geforderten
vernichten. Wir können gemäß dieser Einteilung von Gesetzen für den
orthodoxen und von solchen für den nicht orthodoxen Glauben sprechen.
Kapitel I.

Gesetzgebung für den orthodoxen Glauben.

Die hauptsächlichsten Gesetze für Glaubenssachen, die hier in


Betracht kommen, hängen mit den verschiedenen dogmatischen Streitig
keiten zusammen, so daß wir diese vorübergehend betrachten müssen.

1. Der Satz „Einer aus der Trinität gelitten".


Mönchsstreitigkeiten.
Eins der ersten und bedeutendsten Edikte Justinians über Glaubens
sachen ist das von 527 ?1) und die mit ihm verbundenen Edikte vom
15. März 532 2) bzw. 26. März3) und 4. Juni 523. 4)

a) Das erste (von 527?) trägt einen allgemeinen Charakter, ob-


schon bereits auf die Frage „Einer von der Trinität . . ." ein
es auch
geht. Es ist in zwei Teile geteilt: bis § 3 verkündet und bekennt es
den katholischen Glauben:5) den Glauben an Vater, Sohn und heiligen
Geist, eine oöat-a iv xptalv ÖTtoaxdtaeatv, eine Gottheit (fteÖxtjc) als
xptä; 6|ioo6ato;; den Glauben an den |iovoyevyj; utö; xoö 9-eoö, der
auch Gott ist und vor allem Anfang von Gott dem Vater geboren, dei
vom Himmel herabgestiegen und aus dem heiligen Geist und der
Jungfrau Maria geboren ist.6) Dieser wahrhaftig Mensch gewordene
Sohn Gottes ist einer aus der Dreieinigkeit: aapxw9-svTC; xoö ivö; -rfj;

1) C. I. 1, 5. —
2) I. 1, 6. - 3) I. 1,7. — ") I. 1, 8 (v. 8 ff.). S. lOff.
5) -Trjj i3p9"?jj . . . Ttiaxstoj . . . Ttotrjaat cpavspöv . . . dnoXou9,oövxsj xrj Ttapa-
Söast xai 6\ioAoyicj. xrjj dytaj x0u 8soö xa9-oXtxrjj xai dTtoaxoXtxfjj -ExxXrjaiaj.
C. S. 10 v. 1—4.
6) Man beachte den wesentlich verschiedenen Gebrauch des Ausdrucks
„^Ti-iaxaxwv xüv fj|ispöv". In seinen Schriften sagt Justinian, der Sohn Gottes
sei „iTt- iaxdxtDV xöv rjuspÄv" vom Himmel herabgestiegen; hier dagegen
sagt er „iTt- iaxdxtov xtüv fj|ispüv 6|ioXoYoö|isv xöv |iovoysvrj u^0V toö
9-soö" (C. S. 10 v. 7), was zwar wesentlich dasselbe ist, doch merk
würdig klingt.

r
— 24 —

xptdSo; 9-soü Xöyou,1) und ist darum 6u.oouato; x(7> Txaxpl xaxa xyjv
9-eöxyjxa xat 6uoouato; yju.Iv xaxa xyjv dv9-p(OTtöxrjxa, 2) darum auch seine
xa xe 9-auu.axa xat xa Ttaftrj.3)
§ 3 bis zu Ende ist eine allgemeine Verdammung der Häretiker
und ihre Anhänger, und zwar werden ausdrücklich genannt Neaxöpto;
ö dvftpwTtoXaxprj;, der die Person Jesu Christi spaltet und Maria nicht
als Oeoxöxo; anerkennt;4) Eöxuxla xöv cppevoßXaßYj, der die Inkarnation
leugnete und die Homoousie des Sohnes mit dem Vater (als Gott) und
mit uns
(als Mensch) ablehnte;5) und endlich -ATtoXXtvdptov xöv
tyuypy&öpov, der die Inkarnation falsch auffaßt.6)
ß) Auf dieses allgemeine Edikt
folgen die übrigen genannten,
die sich direkt auf die Streitfrage „einer von der Trinität gelitten" be
ziehen. Zunächst das vom 15. März 553, das an die Einwohner von
Konstantinopel gerichtet ist (KwvaxavxtvoimoXtxat;). Hierin gibt der Kaiser
seinem Bestreben Ausdruck, die Rechtgläubigkeit des Volkes zu sichern.
Das Edikt sollte nicht nur die Häretiker überhaupt bekämpfen, sondern
richtete sich auch dagegen, daß diese eifrige und heimliche Propaganda
trieben.T) Der Inhalt dieses Edikts ist wesentlich derselbe wie der des
ersten. Der Satz ,,Iuetve y^P xPt.«; *J tpt&; *cd aapxw9-evxo; xoö
£vöi; xyj; xptdSo; 9-soö Xöyou"8) wird besonders stark betont.

y) Es folgt nun das Edikt vom 26. März bzw. 4. Juni 533 an
den Patriarchen von Konstantinopel, Epiphanios, bzw. an den Papst
Johannes II. Hier weist Justinian die beiden Patriarchen noch nach
drücklicher auf das Emporkommen und die Verbreitung der Häretiker
hin.9) Wie er selbst sagt, ist dies nichts anderes als eine Erklärung
des vorangegangenen Ediktes (ß), das die beiden Patriarchen samt dem
ganzen Klerus schon kannten und unterschrieben hatten.10) Wie in den
vorangegangenen Edikten hebt Justinian auch in diesem ganz besonders
die Übereinstimmung seiner Lehre mit der der 4 ökumenischen Synoden
hervor, die dieselben Häretiker verurteilt hatten. Justinians strenges
Festhalten an der Tradition der ökumenischen Synoden macht einen
besonders starken Eindruck: Myj yivotxo, sagt Justinian, xa; xeaaapa;
&ylac, auvöSou; yj xa Ttap- aöxwv StatuTtw9-evxa Ttepte£eXxt-elv, denn das
hieße ja von der Orthodoxie abfallen und den Häretikern die Tür der

— -
J) C. S. 10 v. 15.
4) C. S. 10 v. 16 f. —
2) S. 10 v. 13.

5) S. 10 v. 22 f.
-
3) S. 10 v. 12.
") S. 10 v. 24 ff.
T) süpövxsj xtvaj x^j vöa<o xai |iavicjc xpaxou|isVo-jj xöv dasßtöv Nsaxopiou
x. X. rt. . . . C. S. 10 v. 34. Oi 8b dvtdx»j Ixovxsj, xpuTtxovxsj xrjv sauxtöv
TtXdvrjv Ttsptspxovxat . . . xdj xüiv aTiXouaxspwv c|juxaj sxxapdaaovxsj xs xai
axav8aXi£ovxsj xai evavxta xrjj dYiaj xa9-oX™?jj xai dcTtoaxoXtx^j -ExxXrjaiaj
XsTovxsj. C. S. 10 v. 37 ff.
— S. 12 v. 5ff. —
10)

C. S. v. 18. 11 ff.
S.

8) 11 °) 13 v.
— 25 —

Kirche öffnen.1) Es ist oft genug auf die Bedeutung dieser justinianischen
Edikte hingewiesen worden.2) Durch diese Edikte ist die alte Frage,
ob die Formel „Eva -rtj; Aylac, xptaSo; TteTtov\revat aapxf", die das
Glaubensbekenntnis der scythischen Mönche im Gegensatze zu dem der
akoimetischen bildete, richtig sei, bejaht und die Bejahung sanktioniert
worden. Diese Edikte zeugten von Justinians Sieg in diesem langen
dogmatischen Kampfe. Die Formel wurde von der ganzen Kirche
anerkannt, und die Einheit hatte sich trotz der gebliebenen Partikulari-
täten gefestigt.

2. Nestorianismus.

Justinian hat kein besonderes Edikt gegen die Lehre der


Nestorianer erlassen, worin er den richtigen Glauben verteidigt hätte.
In den genannten Schriften und Gesetzen finden wir aber eine größere
Anzahl von Einwänden gegen die Nestorianer.3) Hauptsächlich in seiner
Confessio Rectae Fidei4) und dem Tractatus contra Monophysitas5) richtet
sich Justinian ausführlicher gegen die nestorianischen Irrlehren, auch
sind hierin mehrere Anathematismen gegen sie aufgestellt.6)
Der Nestorianismus spielte keine große Rolle mehr, darum hat
sich Justinian mit seiner Lehre nicht länger beschäftigt. Außerdem
war der Nestorianismus mit den drei Kapiteln ebensogut verurteilt
wie der Monophysitismus. Diese Anathematismen gegen die Nestorianer
können wohl gesetzliche Gültigkeit haben, denn sie sind, wie schon
erwähnt, und wie wir noch sehen werden, vom 5. ökumenischen
Konzil angenommen und sanktioniert worden. Der nestorianischen
Scheidung von cpüatf und öTtöaxaot; bzw. der Unterscheidung zweier
verschiedener Personen in Christo (Suo utoü;, Süo Xptarau;) stellte

Justinian die Lehre von der einen Person Christi in zwei Naturen
gegenüber (xoö £vö; Ttpoawra>u iv Suo c$>üaeatv). T)

3. Monophysitismus.
Wir haben schon vom justinianischen Tractatus gegen die Mono-
physiten gesprochen,8) und wir halten uns auch nicht lange bei der
Darstellung des langen Streites auf (Gespräch der Katholiken und

Severianer9) (533)
— Absetzung des Patriarchen Anthimos (535)

1) C. S. 13 v. 37ff.
Vgl. Knecht a. a. O. S. 71 ff.; Loofs, Leontius von Byzanz a. a.
2)
O. S. 303ff.; Glaizolle a. a. O. S. 15ff. u. a.
3) Siehe S. 24.
-
4) S. 11.
— 5) S. 13.

8) PG. 86 I. col.

-) Knecht,
1013D-1015A,
a. a. O. S. 92ff. — 8) S. 13.
-
B, C, 1143 B, 1019 B, 1133 D f.
9) Mansi VIII p. 817f.
— 26 —

Synode zur Verurteilung Anthimus', von Konstantinopel, Severus, Petrus


von Apamea und Zoaras — der Papstwechsel nach dem Tode des
Papstes Agapetus -(536) — Silvorius — Vigilius usw.), der doch zu
keinem Ende führte, und zwar zum größten Teil wegen des raffinierten
Verhaltens der monophysitischen Kaiserin Theodora.
Von der ganzen Stellung des Kaisers in diesem Streite spricht
in seinen Gesetzen nur das Edikt Novella 42 vom 6. August 536. 1)
Es ist eine Bestätigung der Beschlüsse des Konzils gegen Anthimos,
Severus, Petrus und Zoaras, wie Justinian selbst sagt: „Tipäy\ia. oöx
&f]%-sc, x^j ßaaiXefot xai
f]\ieZc, Ttpaxxovxe; Int
rcapövxa IXr\X\>%-a,[i^ xöv

vö|iov. 'Oaaxi; yap


f\ xwv Eepewv «|*lcp^S xivaS xÖ>v °&% a£t<»v xtj;
frpövwv . . . xoaauxaxi; xal

■?]
SepocjuvYj; xwv fepaxixwv xaxeßfßaae
ßaaiXefa auu.^rjcpo; yeyove x^j xöv fepewv aöfrevxia Er erwähnt

.2)
.
.
die Verurteilten der Reihe nach im Zusammenhang mit ihren häretischen
Lehren, verbietet ihnen jeden Aufenthalt in Konstantinopel und jeden
Anspruch auf ihre bisherige priesterliche (bzw. bischöfliche) Würde,
ebenso die Ausbreitung ihrer Bücher. Durch den Patriarchen Mennas
(den Nachfolger Anthimos') mußte der Inhalt dieses Ediktes allen Kirchen
bekannt gemacht werden, damit sie sich vor jenen Häretikern bzw. den
Severianern hüteten.4) Durch dieses Edikt wurde dem Monophysitismus
(von den drei Kapiteln abgesehen) wenigstens offiziell ein Ende gemacht.
Justinian hat weder durch gesetzliche Mittel noch durch seine theologe
Arbeit vermocht, den Monophysitismus für die Kirche zu gewinnen,
doch hat er der Orthodoxie zum Siege verholfen und sie gerettet. Der
Kaiserin Theodora ist es trotz ihres großen Einflusses auf Justinian nicht
gelungen, des Kaisers Überzeugung zu ändern. Justinian ließ sich
allerdings anfänglich von Theodora verblenden, als ihm Papst Agapet
jedoch seine Täuschung nachwies, wich seine große Liebe zu Theodora
seiner orthodoxen Überzeugung. Natürlich hat man Justinians Stellung
zum Monophysitismus ungünstig beurteilt, wohl namentlich deshalb, weil
der Kaiser keinen Erfolg hatte; sein Werk dürfte aber nicht nur hier
nach abzuschätzen sein.
Justinian war aber nicht nur Theologe, sondern auch Kaiser, er
mußte also gleichzeitig für Staat und Kirche sorgen. Wäre die Synode
und das Edikt von 536 nicht gekommen, so wäre gleich nach dem
ersten (acacianischen) Schisma ein zweites mit Rom dagewesen, und es
ist klar, daß dieses hätte üble Folgen haben müssen. Justinian hat aber
vermöge seiner großen diplomatischen Fähigkeit, zugleich aber auch
von Religiosität und Frömmigkeit getrieben, die Orthodoxie der Kirche,

N. 367 ff.; PG. 86 col. 1095 ff. etc.


S. S.

I.
J)

N. — 374.
S.

367, (N.)
f.
2)

3)
8
— 27 —

ihre Einheit und dadurch auch die Einheit des Staats mit einem Schlage
gerettet. 1)
Eng sind nun die Dreikapitelstreitigkeiten
mit diesen Streitigkeiten
(der Hauptstreit justinianischen Zeit) verbunden.
der Ehe wir aber
dazu übergehen, werfen wir einen Blick auf die origenistischen Streitig
keiten der justinianischen Zeit, die auch sonst mit dem ganzen mono-
physitischen Streit eng verbunden sind.

4. Origenistenstreit.
Der neue Streit um Origenes ist, wie bekannt, von der hierosoly-
mitischenvia. Xaupa des heiligen Sabbas entzündet worden, wo vier
Mönche, darunter Leontius von Byzanz (Loofs), eifrige Verehrer des
Origenes waren (515). Diese Mönche wurden aus ihrem Kloster ver
trieben,und nach verschiedenen Verhandlungen wurden die Origenisten
von einer topischen Synode um den Patriarchen Ephraim von Antiochien
(542) verurteilt. Ein Jahr später (543) wurde die ivSYjuo0aa aüvoSo;
um den Mennas nach Konstantinopel berufen,
Patriarchen die, ge
stützt auf Justinians Schrift gegen Origenes,2) die Origenisten auch ver
urteilte. Später hat Justinian seine Schrift gegen Origenes vielleicht an
das 5. ökumenische Konzil (553) geschickt, das ebenfalls Origenes und
seine Anhänger endgültig verurteilte.3) So hat das kaiserliche Schreiben
gegen Origenes wegen seiner vielfachen Sanktionierung seitens der
Synoden den Charakter und die Autorität eines Ediktes gewonnen.
Durch dieses Edikt ist Origenes definitiv verurteilt und den langen
origenistischen Streitigkeiten ein Ende gemacht worden.
Natürlich hat die freie Theologie durch die Verurteilung des
Origenes, wie Harnack bemerkt, einen schweren Schlag erlitten, ob sie
aber auch ohne diese Verurteilung fähig gewesen wäre, mit neuen
Kräften neue Fortschritte in der Theologie zu machen, ist sehr fraglich.
Der Weg zur Scholastik begann sich von selber zu öffnen, so daß man
dies dem Justinian und seiner Verurteilung des Origenes nicht ganz
zuzuschreiben braucht. 4)

1) Über die monophysitischen Streitigkeiten vgl. Seeberg, Lehrbuch


der Dogmengeschichte B. II. S. 263 ff.; Harnack a. a. O. II. S. 414ff.; Loofs
a. a. O. S. 303 ff.; Knecht a. a. O. S. 97 ff.
2) S. 9 f.
3) Diekamp a. a. O. S. 90 ff. hat überzeugend nachgewiesen, daß sich
auch das 5. ökumenische Konzil mit Origenes beschäftigt hat.
4) Zum Origenistenstreit vgl. bes. Walch, Ketzerhistorie, Bd. 7, Leipzig
1776, S. 600ff.; Diekamp a. a. O. S. 37 ff. ; Harnack DO. II. S. 422; Loofs
S. 280ff.; Knecht S. 118ff.

.
— 28

5. Dreikapitelstreit.
Der Gipfel und Abschluß der monophysitischen Streitigkeiten und
des ganzen christologischen Problems ist der Dreikapitelstreit, der durch
das fünfte ökumenische Konzil (553) zu Ende geführt wurde.
Wir fassen ihn ebensokurz wie die andern zusammen:
Der Streit der drei Kapitel (Theodor von Mopsvestia und seine
Schriften, der Brief Ibas- von Edessa und die Schriften Theodorets) 1) ist
hauptsächlich von Theodorus Askidas, einem Origenisten der nea Laura
des heiligen Sabbas und Bischof von Caesarea in Kappadocien, ver
anlaßt worden.2)
Theodorus Askidas, der die Gunst des Kaisers zu gewinnen wußte,
hat, um seine Gegner, die Orthodoxen, die die Verurteilung des Origenes
verursacht hatten, zu erniedrigen, den Kaiser zu einem Edikt (544) ver
anlaßt, worin er die drei Kapitel anathematisierte. Dieses Edikt ist uns
nicht mehr erhalten. Nachricht darüber haben wir bei Facundus von
Hermiane3) und in einem Brief des afrikanischen Bischofs Pontianus.4)
Die Verhandlung und Kontroversen dauerten lange, bis Justinian seine
Konfession gegen die drei Kapitel verfaßte, die die Grundlage des
5. ökumenischen Konzils war (553). 5)
Dieses Schreiben, das den Charakter und den Namen eines Ediktes
(toö Ttapövro; t?jStxtou) trug, sollte den Rechtgläubigen eine Mahnung
zur Bewahrung ihres Glaubens und den Ungläubigen zur Rückkehr zur
Wahrheit sein.6)
Durch dieses Edikt ist, wie wir schon gesehen haben, in seinem
ersten Teil der Glaube, man kann sagen befohlen 1. an Gott bzw. die
heilige Trinität, 2. an die Inkarnation des göttlichen Logos aus dem
heiligen Geist und der Jungfrau Maria, 3. an die Einheit der rein
menschlichen und der rein göttlichen Natur in der Person Jesu Christi,
4. an heilige Jungfrau Maria als Gottesgebärerin,
die 5. an den ge

kreuzigten Jesus Christus als einen von der Trinität und 6. an die
Einheit der Kirche. Der zweite Teil bekämpft und anathematisiert alle
Häretiker und besonders die drei Kapitel. Das fünfte ökumenische
Konzil hat in der Tat die drei Kapitel verurteilt und seine Beschlüsse

1) tdk xpia xscpdXata . . . xouxsaxt OsöStopov |isxa xtöv olxstwv auYYpaljLc*xa>V


xai xrjv XsYo|iivrjv "Ißa iTuaxoXrjv xai xa 8so5toprjxou aoYYpa|i|j.axa. PO. col. 1043 D.
2) Evagr., Kirchengeschichte IV. 38. — 3) PL. 67 col. 527—852.
PL. 67 col. 995. —
->)

Siehe S. 11 ff.
»)

Tipoj xö xai xobj xrjv 6p3-rjv Tuoxtv öp.oXoyonvxa.g iv ßsßatq> xauxijv


6)

cpuXdxxstv, xai xoüj Ttpöj xauxrjv quXovstxoOvxaj, )iav3-dvovxaj xrjv dXrj9-stav


0Tiou5äaat svto9-rjvat x^j dyicf xoö 8soö ixxXrjaiq:. PO. 68 col. 993 D.
— 29 —

sind trotz des Zögerns mancher occidentalen Bischöfe gleich allgemein


anerkannt worden.
Die große Bedeutung dieses Edikts wurde schon öfter hervor
gehoben: Harnack sagt: „Um diesem Edikt die Weihe zu geben, wurde
die fünfte ökumenische Synode . . . 553 in Konstantinopel im Mai er
öffnet . . . und der Verlauf der Synode . . . hatte eben nur den kaiser
lichen Edikten die kirchliche Glorie zu geben." 1) In der Tat waren die
drei Kapitel schon vor dem fünften ökumenischen Konzil durch die
kaiserlichen Edikte verurteilt worden. Jedoch entsprach diese Verurteilung
nicht Überzeugung des Kaisers allein, sondern der der großen
der
Majorität der Kirche, deren Meinung der Kaiser vertrat.
Die Verurteilung der drei Kapitel hat Justinian der des Origenes
entgegengesetzt und ist so in seiner Religionspolitik den Mittelweg ge
gangen. Nun wird diese Richtung seiner Politik heftig kritisiert. Die
Kritik richtet sich nicht nur gegen die „gewaltsame Durchführung seiner
religiösen Überzeugung", sondern auch und hauptsächlich gegen die
Resultate seiner Religionspolitik. Die Monophysiten hat er nicht ge
wonnen, anderseits ist die freie Theologie durch die Verurteilung der
alexandrinischen (Origenes) und der antiochenischen (3 Kapitel) Schulen
selbst verurteilt worden, und der Scholastik wurde die Bahn geöffnet.
So richtig das auch ist, so gewiß ist auch, daß Justinian als Kaiser und
zugleich Führer der Kirche nicht anders handeln konnte, wenn der
einheitliche Glaube siegen und der Staat seine Einheit nicht verlieren
sollte. Dann aber dürfte die Kritik gegen Justinian etwas milder sein,
zumal wenn man bedenkt, daß die Theologie alles gesagt hatte, was
sie zu diesem Thema zu sagen wußte. Das christologische Problem
war im wesentlichen gelöst, so daß die Theologie in der Tat hier keine
großen wissenschaftlichen Fortschritte mehr machen konnte, auch wenn
jene Verurteilung nicht stattgefunden hätte. Vielmehr ist gewiß, daß
man, hätte Justinians Religionspolitik diesen Streitfragen kein Ende ge
macht, noch weiter gestritten hätte, und das nicht nur zum Schaden
der Theologie, die, unfähig zu großen wissenschaftlichen Fortschritten,
noch lange an Kleinigkeiten gekämpft hätte, sondern auch gewiß zum
großen Schaden der Kirche und des Glaubens überhaupt, der von
solchem theologischen Zwist nichts Gutes zu erwarten hatte.2)
Damit kann man Justinians rein dogmatische Gesetzgebung ab
schließen. Wie man sieht, ist unsere Darstellung sehr kurz. Doch sind

i) Harnack a. a. O. S. 421.

2)
Walen, Kelzerhistorie, Bd. 8, Leipzig 1778,
Zum Dreikapitel streit vgl.
S. 3ff.; Harnack a.a.O. S.417ff.; Loofs a. a.O. auch S.316; Knechta.a.O.
S. 125 ff.; Seeberg a. a. O. S. 261 ff.; Loofs, Dogmengeschichte, 4. Aufl.
S. 306 ff.

r
- 30 —

alle Fragen zu Justinians Dogmatik überhaupt eingehend behandelt


(namentlich in der angegebenen Literatur), so daß es völlig unnötig ist,
hier länger darauf einzugehen.
Justinian hat mehr als jeder andere Kaiser seine bischöfliche Würde
empfunden und in ihr gewirkt. Er ist einer der wenigen byzantinischen
Kaiser, die in die innersten kirchlichen Angelegenheiten, in Glaubens
sachen, direkt eingegriffen haben.
Indessen war mit der genannten kirchlichen Gesetzgebung sein
rein dogmatisches Interesse an Glaubenssachen nicht erschöpft.
den
Die dogmatische Arbeit des Kaisers wurde erst durch die bald folgende
Gesetzgebung ergänzt.
Kapitel IL

Gesetze gegen den nicht orthodoxen bzw. den nicht


christlichen Glauben.

Justinians Bestrebungen zur Erhaltung des orthodoxen Glaubens


waren nicht nur positiv, auch negativ. Justinian hat den orthodoxen
Glauben t% äyiitc, toü 0eoö xa9-oXtxyj; -ExxXrjafa; nicht nur mit
seiner theologischen Arbeit und seiner direkten dogmatischen Gesetz
gebung verteidigt und geschützt, sondern auch mit allerlei Ge
setzen, die er gegen die Feinde des orthodoxen Glaubens überhaupt
richtete.
Wiefern Justinians Maßregeln gegen die Nichtorthodoxen bzw.
gegen die Häretiker kirchlicher Natur waren, d. h. in Exkommunizierung,
Anathematisation usw. bestanden, haben wir im ersten Kapitel gesehen.
Die uns hier vorliegende Gesetzgebung bezieht sich aber auf staatliche
Strafe, Zurücksetzung und Bedrängung der Nichtorthodoxen, die als
Feinde des staatlichen Glaubens natürlich zu den Feinden des Staats
selbst gezählt wurden.
Wie wir bald sehen werden, waren diese Maßregeln außerordentlich
streng und hart. Diese Strenge folgte aber nicht nur aus der Über
zeugung, der Ungehorsam gegen den kirchlichen bzw. staatlichen
Glauben verletze den Staat selbst, sondern auch aus der blinden religiösen
Intoleranz, die da meint, die Andersgläubigen seien entweder um ihres
Heils willen zum richtigen Glauben zurückzuführen, oder zu verfolgen
und zu vernichten, damit sie ihren heillosen Glauben nicht weiter ver
breiten können.
Die drei gefährlichsten Klassen von Andersgläubigen zur Zeit
Justinians, gegen die sich seine polemische Gesetzgebung richtete, waren
1. Häretiker, 2. Juden, 3. Heiden und Philosophen. All diese Klassen
sind insgesamt und in einzelnen Individuen von Justinians strengem
Gesetze betroffen worden.
32 —

a) Gesetze gegen die Häretiker.


Auffallend ist zunächst die Definition, die Justinian dem Namen
Häretiker gibt: aSpexiotöv yäp Ttavxa xaXoüu.ev, oaxi; |lyj t% ttafroXioäj;
'ExxXYjafa; xai t% öpfroSö£ou xai Äyia; -?ju.öiv uitap^ei Ttfaxew;. 1)
Nach dieser Definition begreift Justinian anscheinend unter dem Namen
Häretiker auch die nicht christlichen Sekten, doch dehnt sich diese
Erweiterung bei ihm nur auf die judaisierenden und ethnisierenden
christlichen Sekten aus. Unter Häretiker versteht Justinian wohl die
christlichen Häretiker, Nestorianer, Macedonianer, Manichäer, Ophiten
usw., aber nicht die reinen Juden und Heiden, die er immer neben den
andern Sekten ausdrücklich erwähnt.2) Justinian sagt mit Bestimmtheit,
daß er den Nichtorthodoxen die Orthodoxen vorziehe und sie privile-
giere, indem er die andern der Verfolgung preisgebe.3) Diese Ver
folgungen bezogen sich hauptsächlich auf private und soziale Verhält
nisse wie folgt:

1. Allgemeines.
Den gesetzlichen Bestimmungen gegen die Nichtorthodoxen gehen
zwei voran, die für alle Nichtorthodoxen gelten. Zunächst sind nur die
Orthodoxen zum Militärdienst berechtigt. Das Gesetz Cod. Just. I. 4. 20
von 528 (?)4) verordnet, niemand dürfe in den Militärdienst eintreten,
ehe seine Orthodoxie von drei Zeugen vor der Heiligen Schrift be
glaubigt sei. Den Beamten, die dies vernachlässigen, und denen, die
ein falsches Zeugnis abgelegt haben, wird eine hohe Summe als
Strafe gesetzt.
Auch in dem Gesetz Cod. I. 5. 12 von 527 5) werden alle Gesetze,
die früher gegen alle Häretiker im weitesten Sinne,6) einschließlich der

1) C. S. 80 v. 10.
2) xoüj övxoij |iev a.lpsziv.obq v.a\ sxi tzpö xouxtov "EXXrjvaj 7j 'Iou8aiouj
T\ Sa|iapsixaj xai xo'jj xouxoij ö|ioiouj. C. S. 80 v. 29.
3) rj|isij 8s ßouXö|isvoi xoüj x'ijv Sp9-ö8o5;ov äaTta£onsvouj rciaxiv xai xaüxijj
ävxsxo|isvouj Ixsiv ti TtXeov Ttpovö|iiov xiöv cü.Xoxpioüvxo>v iauxouj xrjj xoö 6so0
Ttoi|ivrjj (ETtsi8rj \i-r\zs 8ixaiöv eaxiv iawv xoij öpfro8ögoij xoüj alpsxixouj d£ioöa9-ai
itpovo|iiwv). N. II. S. 155.
4) C. S. 63 v: 18f. — 5) C. S. 8Öf.
6) Auffallend ist, daß in diesem Gesetze gerade der Manichäismus am
heftigsten bekämpft wird. Vielleicht versteckt sich hinter diesem besonderen
Haß gegen die Manichäer ein Widerwille gegen die Perser, deren religiösen
Einfluß, durch die Manichäer vermittelt, man abwenden will. Vgl. auch
Knecht a. a. O. S. 39.
— 33 —

Heiden, Juden und Samariter,1) und ihre Anhänger erlassen wurden,


erneuert und zur Geltung gebracht;2) die Todesstrafe verhängt Justinian
ohne weiteres über Manichäer3) „xa.lc, eic, laxaxov n\uaplat£ imayea9-at".4)

2. Entziehung der politischen Rechte.


Das zuletzt genannte Gesetz verordnet, daß kein Häretiker, Heide,
Jude und Samariter eine politische oder militärische Würde annehmen
oder irgendwie staatlich angestellt sein dürfe. Auch wird solchen der
Beruf der Rhetoren bzw. Rechtsanwälte verboten, so groß ihre Gelehr
samkeit auch sein möge.5) Hätte jemand von ihnen ein solches Amt
inne, so soll er sofort abgesetzt werden. Die Bischöfe haben genau
nachzuprüfen, ob diese Verordnungen, die zugunsten der Orthodoxie
erlassen sind, befolgt werden.15) Weiter wird durch das Gesetz Cod. I.
5. 21 vom 28. Juli 531 ') allen Häretikern, Juden und Heiden untersagt,
vor Gericht einen Orthodoxen zu zeugen.
gegen Kaum wurde es
geduldet, solche Leute für oder gegen einander zeugten.8)
daß Die
Häretiker (Heiden und Juden) durften sich nicht auf ihre Religion be
rufen, um sich den obligatorischen Dienstleistungen und Steuern an den
Staat zu entziehen. Im Gegenteil sollten sie alle diese Pflichten erfüllen,
ohne die dafür bestimmten Ehrungen zu genießen, im Gegensatz zu
den Orthodoxen.")

3. Verbot der Religionsübung.


Aber nicht nur ihrer politischen Rechte wurden die Häretiker
beraubt, sondern ihnen wurde auch jede Religionsübung streng ver
boten. Die Häretiker galten für gottlos, deswegen brauchten sie, dachte
man, keinen religiösen Kultus zu treiben.
Durch das Gesetz Cod. I. 5. 14 von 530 wird bestimmt, daß
10)

jede Versammlung der Häretiker zu irgendwelchen Religionsübungen,

dXXd |irjv xai xotj xrjv TioXt3-siav Ttstpto|isvotj sladystv "EXXrjat xai Ixt
1)

xolj -IouSato<j xai xotj 2a|iapsixatj. C. 80 V. 12.


S.

Novella 109. N. Bd. II. — Siehe 32, Anmerkung


6.
S.
S.

154.
2)

s)

C.
9.
S.

80 v.
4)

ßiov iv loyau; Ixouatv. C.


S.

öocpTtsp xai xöv 80 v. 28.


s)

C. v. 27.
S.

xtöv iispi xyjj 6p9-o8ö£oD Ttiaxstoj 8topta9-svxtov. 81


6)

C, 85 v. 42
S.

f.
T)

C. S. 86 und Novella 45 a vom 18. Aug. 537. N. II.


S.

398.
8)

TiXijpoüxtoaav (oi aipsxtxoi) ato|iaxtxdj xs xai xpTU-iaxtxdj XstxoupYiaj .


9)

.
.

xt|iYJj S-dTtoXausxtoaav |irj5s|itäj, dXX- sax»aav iv dxt|i£a xijv xüx^v ev olc|. xai
xrjv t^ux^v fjßouXifj*rjaav slvat. Nov. 45 N. II. S. 396.
10)

C. v. 33f.
S.

81

Alivisatos, Gesetzgebung
I.

Justinians
— 34 —

Taufe, Ordination usw. streng verboten ist. Das Gesetz Cod. I. 5. 20


vom 18. Nov. 530 l) verbietet jede Häretikersonderversammlung (Tta-
paauvä£ei;) zum Zweck der Religionsübung. Sind sie Privateigentümer
oder Besitzer von Fabriken, namentlich in Konstantinopel, so dürfen sie
sich doch auch auf eigenem Grund und Boden nicht versammeln, um
ihrer Religion zu leben. Ungehorsam gegen diese Bestimmungen hätte
schwere Folgen für die Häretiker. In diesem Gesetz ist ein strenges
Verbot gegen die Religionsübung der Montanisten gegeben; mit be
sonderer Härte wird den geistigen Führern der Montanisten2) jeder
Aufenthalt in Konstantinopel verboten. Die Strenge des Verbots geht
soweit, daß jeder, der einem Montanisten aus Barmherzigkeit irgendwie
geholfen hätte, 10 Pfund Gold Strafe bezahlen mußte (Slxa ^puaiou
Xixpwv), denn eine solche Religion sollte mit Recht bei allen verhaßt
und verachtet sein.3) Wir haben schon gesehen, daß die Manichäer
ohne weiteres der Todesstrafe unterworfen wurden. Ein Verbot also
gegen ihren Kultus usw. wäre überflüssig; doch wird in dem Gesetze
Cod. I. 5. 164) nicht nur der Kultus und jede Unterstützug seitens der
Orthodoxen verboten, sondern auch ein strenger Befehl zur Verbrennung
aller Manichäischen Bücher gegeben. Die Todesstrafe wird besonders
verhängt gegen diejenigen bekehrten Manichäer, die insgeheim doch
Manichäer blieben und gegen die, die zum Manichäismus abgefallen
waren. Eine kleine Anmerkung zum Gesetz Cod. I. 5. 12 bestimmt,
daß, wenn zwischen Eheleuten verschiedener Religion ein Streit um die
religiöse Erziehung der Kinder entstand, diese ohne weiteres zu ihrem
eigenen und zu der Eltern Gunsten im orthodoxen Glauben erzogen
werden sollten.5)
Aus diesem letzten Gesetze könnte man schließen, daß die Mani
chäer trotz der gegen sie erlassenen harten Gesetze insgeheim eine
eifrige Propaganda trieben und zu Justinians Zeit in hoher Blüte standen.
Diese harte Bedrängung der Häretiker durch Entziehung ihrer politischen
und religiösen Rechte war dem Kaiser immer noch nicht genug. Wie man
selbst aus Justinians Gesetzen folgern kann, haben sich die Häretiker nicht
vermindert, sondern trotz der Härte der Gesetze ihre Existenz behauptet,
darum hat Justinian neben diesen allgemeinen Gesetzen noch andere
Strafen verfügt, die direkt in das private Leben der Häretiker eingriffen.

J) C. S. 85.
2) pj8sva auyxtuPsij&ai xü>v taXou|isvtov auxäiv [xäSv Movxaviaxwv] Ttaxpiapx&v
xai xoivwvtüv ij itziQv.oKUt'/ rj Ttpsaßuxspwv Yj 8iaxövwv r\ äXXtov xXrjpixöv, slnep
bXw$ auxoij xoij övö|iaai xouxoij xaXstv rcpoarjXei. C. S. 85 V. 18.
3) xTJj '9-prjaxsiaj [xöv Movxaviaxüiv] rcapa Ttdvxwv8ixaitoj |naoi>|1ivrjj xs xai
xaxsyvtaa|ievrjj.
4) ibid. S. 82. -
C. S. 85 v. 33.
5) C. S. 81 v. 4 ff.
— 35 —

4. Indirekte Wegnahme des Vermögens der Häretiker


bzw. Erbschaftssachen.
Die Justinianischen Gesetze legen zunächst Hand auf das Ver
mögen der Häretiker. Was Justinian oben in einem Gesetz im all
gemeinen gesagt hat, daß die Häretiker zwar zur Erfüllung der gesetz
lichen Leistungen verpflichtet seien, ohne doch die gesetzlichen Ehren
zu genießen, wird in diesen Bestimmungen über das Vermögen der
Häretiker klar werden.
Allgemein für alle Häretiker Sinne gilt, daß das
im weitesten
Vermögen eines sterbendenvon seinen Kindern (hat er
Vaters denen
keine, den Verwandten) zukommen soll, die dem orthodoxen Glauben
angehören. Waren solche orthodoxen Erben nicht vorhanden, so fiel
das ganze Vermögen des sterbenden Häretikers der Staatskasse zu.
Bestimmung wurde zunächst in dem Gesetz Cod. I. 5. 151)
Diese
gegen die Manichäer gegeben. Das Gesetz sagt, die Manichäer können
über ihr Vermögen nicht nach ihrem Willen verfügen, dieses fällt viel
mehr, falls sie kein Testament hinterlassen, keinem manichäischen Erben
zu.2) Nur soweit ihre Kinder und die, denen sie etwas schenken wollen,
von jener u.avia (Manichäismus) frei sind, können sie erben oder ge
schenkt bekommen, sonst fällt das Vermögen der Staatskasse zu (tö
SYjuoaup Ttpoaxupöaai Xöyw).
Bald galten diese Bestimmungen, die gegen die Manichäer ge
richtet waren, für alle Häretiker, und wir finden in dem Gesetz Cod. I.
5. 19 von 5293) wesentlich dieselben Bestimmungen in bezug auf Ver
mögen und Erbschaft für alle Häretiker ohne Ausnahme (alle nec ortho-
doxae, oder parentes alienae sectae).
Wie Eltern durch diese Gesetze bedrängt wurden,
die häretischen
so wurden auch ketzerischer Eltern vor und
die rechtgläubigen Kinder
nach dem Tod der Eltern in Schutz genommen.
So wird durch das Gesetz Cod. I. 5. 124) den ketzerischen Eltern
verboten, ihren Kindern den Übertritt zum Christentum bzw. zur Ortho
doxie zu verübeln (^aXercaiveiv) und solche Söhne des gesetzlichen
Erbanspruchs, solche Töchter der gesetzlichen Mitgift zu berauben.
Ein solches Verhalten ketzerischer Eltern gegen ihre orthodoxen
Kinder wäre „sehr gefährlich".5) Sollte der Zorn der Eltern gegen die

1) C. S. 81 v. 36 ff.

2) |istdaüxüiv (Mavixaiuv) xsXeuxrjv |±tj olj ixetvoi ßoüXovxai |irj8e


xrjv
otj iE d8ia9-£xou SiSwaiv ö vö|io£ tjjv oiaiav aüxöv 8i8oa9-ai. C. S. 81 v. 42.

3) C. S. 84 v. 20 ff. *) S. 81 v. 5 ff.
5) 8sivov ydp xai TtavxsXöj dvöaiov xoüj iv xotj äXXoij <xTtaaiv und xäiv
Ttai8wv 9-spansuo|ievouj ix xoiainrjj xa'-£,taiveiv «öxotj Ttpoq>daswj ... v. 19.
3'
— 36 —

Kinder wegen ihres Übertritts sich nach dem Tode der Eltern zeigen,
indem die orthodoxen Kinder durch Testament enterbt werden, so be
stimmt das Gesetz Cod. I. 5. 13, 1) daß ein solches Testament nicht gilt
und die Kinder nach den gewöhnlichen Rechten (cpuXaxxouivwv xöv
eXeu9-eptwv) ihre Erbschaft antreten können. Selbst wenn sich die ortho
doxen Kinder an ihren Eltern irgendwie versündigt haben, werden sie
zwar bestraft, bekommen aber immer noch ein Viertel des Vermögens
ihrer Eltern.
Ungefähr dieselben Bestimmungen finden wir in der Novella 115
vom ersten Februar 542 cap. y - § 14 und cap. S' § 8.2) In diesen
Kapiteln ist vom Verhältnis der Kinder und Eltern überhaupt, besonders
in bezug auf Glaubenssachen die Rede; über das Vermögen wird
folgendes bestimmt, sofern sie verschiedener Religion sind: Wenn die
Eltern entdecken, daß die Kinder irgendeiner Häresie angehören,3) so
haben sie die kaiserliche Erlaubnis, ihre Kinder als undankbar4) zu be
strafen, d. h. diesen Kindern jedes Erbrecht auf das elterliche Vermögen
abzusprechen.5) Die orthodoxen Kinder dagegen haben genau darauf
zu achten, ob ihre Eltern vielleicht zu einer der Häresien abgefallen
sind, damit dann die obengenannten Bestimmungen zum Vermögen
der sterbenden ketzerischen Eltern in Kraft treten.6) Diese Bestimmungen
weichen von den vorhin genannten nur in zwei Punkten ab. Es wird
nämlich bestimmt, daß die so bestraften Kinder, wenn sie nachher zur
Kirche zurückkehren (et i%i xowxyjv [tyjv -ExxXyjatav] dvaaxpecj>ouat),
gleiche Erbansprüche auf das elterliche Vermögen wie ihre orthodoxen
Geschwister haben, doch nur für den Stand des Vermögens zur Zeit
ihrer RückkehrT) zur Kirche, nicht nach dem Tode der Eltern.8)
Der zweite Punkt, der von den oben genannten Bestimmungen
abweicht oder besser sie ergänzt, lautet: wenn die ketzerischen Eltern
überhaupt orthodoxen Erben und auch keine weiteren Verwandten
keine
haben, dann soll ihr Vermögen, falls sie Kleriker sind (et oyj\\ia.
xXrjptxöv ol Yovet; aöxöv IxoteV), der Kasse der Kirche ihrer Wohn
stadt (x^ -ExxXyjata xyj$ TtöXew;) zufallen, sind sie aber Laien, so fällt
es der Staats- bzw. der königlichen Kasse zu Se Xalxol diat, eE; xa
(e?

0-sta -?ju.ö>v Ttptjjaxa [xat cpfaxw] xyjv Tteptouatav] Ttep^pxea9-at).9)

C. 81. v. 28 ff. — N. Bd. und 193


S.

S.

189
II

f.

f.
2)
i)

TtatSa Ttat8aj |vij slvat ttjj xafl-oX<xfjj mcrcswj |irj8s iv vq äytu>xci.vQ


3)

...
rj

N. Bd.
S.

xotvwvstv 189.
II

im.vXiialo|.
dxaptoxouj ibid. — ibid. — N. Bd.
S.

189
II
T) 4)

f.
«)
5)

Kaxd xöv xp0vov m*- Sv ATtoblboxat nach ihrer


h.

Ttsptouaia] d.
[tj

Rückkehr.
N. Bd. S. 190 — N. Bd. 191 und 193
S.

8.
II

II
f.

9)
s)

§
37

5. Häretische Frauen (Zwangsmission).


Eng mit diesen Erbschaftsbestimmungen für die Häretiker ver
bunden sind manche gesetzliche Bestimmungen für häretische Frauen.
Justinian hat den Frauen nämlich besondere Rechte für ihre Mit
gift, ihr Vermögen, ihre Hypotheken usw. gegeben.1) Nun bestimmt
er aber 1Ö9 vom 23. April 541, 2) daß alle diese Vor
in der Novella
rechte nur
von den Frauen genossen werden dürfen, die den ortho
doxen Glauben haben und bekennen (ixefvat; SfSouev u.övat; . . . odc,

[Yuvat£Lv] iTU|isXe; iaxt xyjv c5p0"/jv xod Ttpoaxuvouuivvjv -?j|itöv Ttfattv


xpaxeTv (xyjv xrj; xa9-oXtxrj; cpa|icv xat dTtoaxoXtxfj; -ExxXrjafa;) xat
|ietlxetv iv aö-qj awxrjptwSou; xowwvfa;).3) Allen häretischen Frauen
werden all diese Vorrechte entzogen.4) Nur wenn die häretischen
Frauen den orthodoxen Glauben bekennen wollen, konnten sie die
Frauenvorrechte genießen. Genau zu kontrollieren, ob die Frauen dem
orthodoxen Glauben treu blieben, waren zunächst (TtpwxoxuTiw;) die
Priester und dann (Inetxa, Se) die Priester und die Archonten zusammen
beauftragt. (Es scheint, daß Justinian für ein wichtiges Merkmal der
Glaubenstreue den Besuch der heiligen Kommunion hält, denn er
wiederholt, die Frauen sollen keine Vorrechte genießen, zl \ir\ eupotev
xal -rtj; öpftoSö£ou niaxewc, ouaa; xal
[ol

oE

auxäc Eepel; apxovxe;]


|iexaXau.j3avouaa; xfj; a/pavxou xat Ttpoaxuvrjxyj; xotvwvta; iv x^j
Äytwxdxijj xa9-oXtx^ xat aTroaxoXtx^ ^ExxXyjafo Ttapa xwv aeßaa|juw-
xaxwv xauxrj; Eepewv . . .)*)
Dies sind kurzgefaßt die strafrechtlichen Bestimmungen, die allein
von Justinian gegen die Häretiker ergangen sind. Hält man diese
Gesetze (die genannten Bestimmungen findet un man neben anderen
bedeutenden außer den erwähnten Stellen noch anderswo häufig) mit
der Fülle der von Justinians Vorgängern erlassenen Ketzergesetze zu
sammen, so sieht man, wie schwer die Häretiker vom Staat bedrückt
wurden. von der Todesstrafe
Abgesehen (laxaxo; totvyj) gegen be
stimmte sind schon die Erbbestimmungen gegen die Häretiker
Sekten
außerordentlich hart und streng und bilden ein starkes Mittel zur Aus
rottung. Doch hatte diese Zwangsmission, wie wir aus der Geschichte
sehen, aber auch eben aus der Fülle und Härte dieser Gesetze ent
nehmen können, keinen glücklichen Erfolg. Die Häresien, kann man
wohl annehmen, lebten, wuchsen und pflanzten sich insgeheim fort.

8s8cbxa|isv Ttpovo|itav tatj -pVo"£-1 xc"v tponcöv x. X. Tt. . . xatj Yuvai"


1)

(jiv iv Sta,pöpotj iipovo|iiotj Ttapa xüiv fjusxsptov 8s8oxat vo|jkov. N. cap. a-


Bd.
S.

155.
II

a- Bd. 153 ff. — cap a- Bd. 155.


S.
S. S.

II

cap.
II II
2)

3)

cap. a- Bd. 155. — N. 109 Bd. 156.


S.
II
ß-
4)

6)
— 38 —

Zwei sind die


Hauptgründe, weshalb die Häresien trotz des
harten gesetzlichen Vorgehens nicht verschwanden: erstens eben die
Härte der Gesetze selbst. Man hat natürlich zu Justinians Zeit körper
liche Strafen und Quälereien wie in der Inquisitionszeit nicht zu be
obachten. Wir finden auch keine solchen Bestimmungen körperlicher
Bestrafung der Häretiker in Justinians Gesetzen. Doch waren die oben
genannten Bestimmungen hart genug, um den Trotz und die Hart
näckigkeit der Häresien zu steigern, wie solch strenge Mittel in
der Geschichte stets wirkten. Da körperliche Strafen fehlten, so
zeigten die Häretiker ihre Hartnäckigkeit nicht öffentlich, sondern
bewahrten sie im geheimen, wie man aus vielen Ausdrücken der
Justinianischen Gesetze selbst entnehmen kann. Viele Häretiker be
kannten sich äußerlich zur orthodoxen Kirche, indem sie innerlich
ihre Überzeugung beibehielten. Aber eben dies führt uns dahin,
noch auf ein zweites hinzuweisen, was die Ausrottung der Häresien
hemmte.
Wie bei Justinians Vorgängern bleibt auch bei ihm die Aufsicht
über die Ketzer fast ausschließlich dem Klerus überlassen. Dieser aber
interessierte sich am meisten für religiöse Fragen, und aus seiner Mitte
gingen die Häresien hervor. Ein häretischer Kleriker, der die Aufsicht
über die Ketzer hatte, konnte seine Häresie leicht unter dem Deck
mantel der Orthodoxie bergen, wie es vielfach gerade zu Justinians
Zeit geschah (man denke an die Mönche der ve : Xaüpa, an den Patri
archen Anthimos usw.). Nur der innere Zwist der Kleriker brachte
zunächst die Häresien der einen oder der anderen Partei ans Licht. So
trug die klerikale Ketzerkontrolle zu weiterer Erhaltung der Häresien bei.
Daß die Ketzerkontrolle aber in den Händen der Kleriker war, lag in
der Natur der Sache: sie waren von niemand anders in dieser Funktion
zu ersetzen, am wenigsten von den Staatsbeamten. So blieben die
Kleriker die eigentliche Quelle der Häresien, leisteten ihnen aber auch
Widerstand, wie man vielfach bei Justinian wahrnehmen kann, der
der Tradition von neuem die Aufgabe stellte, den Schiedsspruch zu
vollziehen.
Damit ist indirekt gesagt, daß die siegende orthodoxe Partei der
Kleriker vielleicht einen gewissen Einfluß auf die harten Justinianischen
Ketzergesetze ausübte, daß die Kleriker zu jenen indirekten Verfolgungen
beigetragen haben.
Daß aber im orthodoxen Klerus eine milde und tolerante
Stimmung gegen die Häretiker herrschte, werden wir später im
Justinianischen Gesetze selbst sehen.
Neben den Häretikern, die xäv Svo|ia Xptaxiavwv £auxol;
Ttepmfreaat, xy); d&Yjihv*j; £auxou; xöv Xpiaxiavöv raaxew; xe xai
— 39 —

wHVwvta; xwp^ovxe; xtpxoö 8eoö xpf|iaxt §auxoü; ÖTtdyew ytv&axovxa;,1)


bestanden nun noch zwei religiöse Richtungen, die der Staatsreligion
gefährlich und infolgedessen
schienen durch ähnliche Verfolgungen
zu beseitigen waren. Dies waren einerseits die jüdischen Sekten in
ihren mannigfach verschiedenen Schattierungen, anderseits die ebenso
vielen heidnisch-philosophischen Gruppen.
All diese Richtungen bestanden nicht nur je für sich, sondern
trieben eifrige Propaganda, oft mit Erfolg. Ihre prunkhaften mystischen
Religionssysteme, die gerade in diese Zeit hineinpaßten, machten einen
tiefen Eindruck auf die der rein philosophisch-religiösen Spekulationen
müde gewordenen Menschen, die im Mystizismus Ruhe suchten.2)
Justinian erkannte in der Tat diese große Gefahr, die seiner Staatskirche
drohte und trat ihr mit gesetzlicher Gewalt entgegen. Betrachten wir
zunächst sein gesetzliches Vorgehen gegen die jüdische Richtung.

b) Gesetze gegen die Juden.


Wie man aus vorliegenden Gesetzen
den ersieht, waren der
gefährlichen Richtungen innerhalb der jüdischen Religion selbst, die
direkt verfolgt wurden, zwei: die Juden selbst und dann die Samariter.
Die gesetzlichen Bestimmungen gelten im allgemeinen für
beide gleich, doch findet man manche Sonderbestimmungen für
die zweiten, teils härter, teils milder als die andern.

1. Allgemeines.
Fast in allen Justinians finden wir strenge und haß
Gesetzen
erfüllte Ausdrücke gegen die Juden. Die Juden werden vielfach ä9-eot
genannt und zwar in rein religiösem Sinne, nicht etwa in politischem.
Zunächst gelten für die Juden (und Samariter) alle gegen die
Häretiker erlassenen Gesetze, die obenerwähnt sind, das wird aus
drücklich gesagt: xa.1 Ixt Ttp4 xouxwv [aEpextxöv] -IouSafou; yj 2au.a-
pefta; xat xoü>; xouxwv 6u.ofou;.3) Außer diesen allgemeinen Gesetzen
sind noch manche speziell gegen die Juden erlassen worden, die man
in zwei Gruppen teilen kann: in solche, die direkt auf Glaubenssachen
gehen und die Juden milde für die Orthodoxie gewinnen sollten, und
in strengere, die die harte Verfolgung der Juden anordneten.

1) N. II S. 154.
2) Man vergleiche die polemischen Homilien gegen die Häretiker schon
des Chrysostomus.
3) C. S. 80 v. 29.
40

2. Gesetzliche Einmischung in jüdische Olaubenssachen.


Zur ersten Gruppe
gehört außer manchen anderen gesetzlichen
Bestimmungen hauptsächlich die Novella 146: „IIept -Eßpatov" vom
7. Februar 553. 1) Dies Edikt hat der Zwiespalt und die Zänkereien der
Juden selbst veranlaßt,2) die sich nicht einigen konnten, ob man die
Bibel in der Synagoge griechisch oder hebräisch lesen solle.
Gleich im Prolog zu diesem Edikt spricht Justinian seinen Zweck
ganz offen aus. Die Juden sollen nicht auf die Buchstaben achten,
sondern auf den Inhalt der Prophezeiungen, damit sie erkennen können,
daß sie Jesum Christum geweissagt haben.3) Da die Juden ihre Sprache
nicht mehr verstehen (x% xöv TioXXwv dyvofa, [r?j; ißpafSo; cpwv^;])4)
und da diese Unkenntnis die Ursache vieler Irrlehren sei, sollten sie
die Bibel in der griechischen Sprache lesen, wenn sie Griechen, oder
in der lateinischen (tyj; wenn sie Italiener seien,
faaXrj; [cpwvfj;]),
jedenfalls in der Sprache, die sie verstehen und gebrauchen. Wer aber
die Bibel in der griechischen Sprache lesen wolle, müsse die Septuaginta
gebrauchen (x^ xöv ißSo|iVjxovxa xprjaovxat TCapaSöaet), die die genaue
und unfehlbare Übersetzung biete, wie das Wunder ihrer Entstehung
zeige. Justinian sagt wieder ganz offen, daß die Juden, wenn sie diese
Übersetzung gebrauchten, darin Prophezeiungen auf Jesum Christum
finden könnten. Dennoch fährt Justinian fort: damit die Juden nicht
glauben, er wolle die anderen Übersetzungen nicht ausschließen, gebe
er die Erlaubnis, auch die Übersetzung des Aquila zu gebrauchen,
obschon er kein Christ gewesen sei (äXX6yuXoc) und seine Übersetzung
mit der LXX nicht ganz übereinstimme (d xa.1 ob u.expfav ^TO- xtvwv
Xe£ewv Ix1g TtP1i; xo"; £ßSo|i^xovxa xyjv Stacpwvfav) (S. 347).
Gesteht Justinian den Juden in der Wahl der Bibelsprache eine
gewisse Freiheit ein, so verbietet er ihnen die Seuxepwat;5) ganz, denn

1) N. II. Bd. S. 346 ff.


2) 8t* aüxtöv Ydp xöv Ttpoasvrjvsi-|iivtov fj|itv TtpoosXsüostov s|ia3-o|isv, d>j ol

|isv |iövrjj ixovxat xrjj sßpat8oj cptflvrjj xai aöx^j xsxprja9-at Tispi xtjV xfiv ispöv
ßißXtov dvdyvtootv ßoüXovxat, ol 8s xai xrfi iXXrjvtSa TipoaXa|ißdvstv dgtoöat, xai
TtoXüv rjStj xp0vov ÜTisp xotixou Tipöj acpaj aüxouj axaata£auotv. N. II S. 346.
3) „-Exprjv |isv T5ßpatouj xtöv lspöv dxoüovxaj ßißXwv |irj <fitXotj Ttpoaxsxrjxs-
vat xotj Ypd|i|iaatv, dXka. Tipöj xdj ivaTtoxs<|isvaj aüxotj Tipotprjxsiaj öpav, 8t cFW
xöv |isYav 9-söv, atoxfjpa xoö xff>v dv9-pti>Tttov y^V0oj *Irjaoöv xöv Xptaxov xaxayY^
Xouat." ibid.
4) N. II S. 347 (cap. «.%
5) Was man unter 5suxspwatj denken soll, ist nicht ganz klar. Sie
scheint eine altüberlieferte Auslegung der Bibelperikopen gewesen zu sein,
die der Rabbiner in der Synagoge vorzutragen hatte, die vielleicht außer-
— 41 -
sie sei eine menschliche Erfindung und dient nur zur Verhüllung des
reinen göttlichen Wortes, welches die Juden nur aus den heiligen
Schriften schöpfen sollten.
Justinian hat den Juden also den Gebrauch der LXX befohlen;
gegen die, die etwa diesem Gesetz nicht gehorchten oder die Einführung
der LXX zu verhindern suchten (und hier werden zunächst die jüdischen
Rabbiner genannt, die die Widerspenstigen aus der Synagoge aus
zustoßen drohten),1) werden selbst körperliche Strafen (xwv elc, aöu.a
Ttoivöv),2) Einziehung des Vermögens und Verbannung angeordnet.
Viel strenger verfährt Justinian gegen die liberalen Juden, die die Auf
erstehung der Toten, das jüngste Gericht und Gottes Erschaffung der
Engel leugneten. Diese sollten mit dem Tode (laya.xa.iq xiu.wpL'ai;)
bestraft werden, damit die jüdische Nation, wie er sagt, von solchen
Irrlehrern und Irrlehren gereinigt werde.3)

3. Direkte Judenverfolgungen.
Schon obengenanntes Edikt läßt trotz seiner Milde Justinians
Vorgehen gegen die Juden hart erscheinen. Und in der Tat sind
Justinians gesetzliche Bestimmungen zu Judenverfolgungen ebenso
streng und hart wie die Bestimmungen gegen die Häretiker, wenn
nicht noch härter.
Gemeinsam mit den Heiden und Samaritern wird auch den
Juden im Gesetz I. 10. 2 vom 25. Juni (339?)4) verboten, einen christ
lichen bzw. orthodoxen Sklaven zu halten. Wird diesem Gesetz nicht
gehorcht, so wird zur Strafe der Sklave sofort befreit, und sein Herr
muß eine Summe von 30 Litren (30 Pfund, X' Xixpa.c) Gold bezahlen.
Das vorher erwähnte Gesetz erlaubt gegen die Juden 1. körperliche
biblische Elemente in sich schloß. Dies könnte man aus folgenden beiden
Stellen schließen. 1. Wir lesen bei Epiphanius Haer. XXXIII: Ai yäp
Ttapa8öasij xoW Ttpsaßuxiptov, SeuxspAasij Ttapa xotj louSaioij XiyovxoLi. Etai
'
8'auxai |iia |j£v f] sij ovopia MovJasw£ tf>epo|isvrj
xssaapsj' Seuxspa S'yj xoö
xaXou|isvou 'Paßßiaxißd- xpixrj, "A88a, rjxch 'IouSa' xsxapxr] x<ov uiiöv 'Aaanovaiou.
Migne PG. 41 col. 572 A. B. 2. Bei Justinian heißt es in der genannten
Novella: ]itj xaxaxptmxovxsj xa xax° aüxdj [ypatpaj] stprjueva, xaj egw9-ev

8s TtapaXa|ißdvovxsj xsvoqxoviaj Ttpöj xtjv xüiv äTtXouaxspwv aüxoij


dypi^ouj
STuvevor]|iivaj äTtroXeiav. S. 348. Asuxspwaij ist sonst bei mehreren ...
Kirchenvätern die Mischnach (= fWÖ). Vgl. Schürer, Geschichte des
jüdischen Volkes, I. 7, Leipzig 1889, S. 87 ff., S. 121.
') oi Ttap' a&xoij ipxicpspsxixai rj Ttpsaßuxspoi xux0v y\ 8iSdaxaXoi

Ttpoaayopsuö|isvoi Ttspivoiaij xiaiv rj äva9-s|iaxtap.otj xoäxo xtoXüsiv. cap. a


S. 348.
S. 348. — 3) cap. — C. S. 93 v. 20 f.
2) cap. ß' ß' S. 348. 4)
— 42 —

Strafen (xat; eie, tö aä>ua Ttoivat;), 2. Entziehung des Vermögens


(dscpafpeai; xwv oöaiöv) und 3. Verbannung (dvayxä£eiv üjöpia [besser
i£opfav] ofoteiv).1)
Außer diesen Edikten gibt es aber noch eine große Zahl, man
könnte sagen Gelegenheitsedikte gegen die Juden, die zwar verloren
gegangen sind, über die wir aber vermöge der Nachrichten der
damaligen Historiker gut Bescheid wissen. So erzählt uns Procopius,
Justinian habe befohlen, die von Belisarius in Afrika gefundene
Synagoge in eine christliche Kirche umzuwandeln und die Juden
gewaltsam zu taufen.2)
Außerdem kann man als eine bittere und schmerzliche Ver
folgung Justinians Erlaß gegen die Osterfestlichkeiten der Juden
ansehen. Als nämlich einmal das christliche Ostern zeitlich mit dem
jüdischen zusammenfiel, befahl Justinian den Juden, ihre Ostern später
zu feiern, damit es nicht mit dem christlichen zusammenfalle und es
verunreinige. Die Juden mußten nachgeben; wer die herkömmliche
Zeit für die Osterfeier streng innehielt, mußte eine hohe Summe Geldes
bezahlen. 3)
Wie
man aus diesen Gesetzen entnehmen kann, hat Justinian
beide Wege begangen, die Juden dem christlichen Glauben zu gewinnen.
Den milderen Weg: er versuchte sie zu überzeugen. Den harten: er
ließ sie verfolgen. Doch gelang es ihm nicht, wie es scheint, seinen
Zweck zu erreichen. Justinian wollte zur Änderung der Überzeugung
zwingen: das verdarb seine Sache. Doch blieben Justinians Straf
verordnungen vielleicht nicht ohne Erfolg; von einer weiteren jüdischen
Propaganda hören wir nichts; vielleicht hat Justinians Strenge sie ein
gedämmt und unterdrückt.

4. Samariter.
Alle bis jetzt gegen Ketzer und Juden erlassene Edikte haben
völlige Geltung auch gegen die Samariter. Nur wenige speziellen
Gesetze wurden gegen die Samariter erlassen.
So bestimmt das Gesetz Codex I. 5. 17,4) die Samariter dürften
keine Synagogen haben, alle vorhandenen samaritischen Synagogen
sollten dem Boden gleichgemacht werden, und mit schweren Strafen
sollte büßen, wer die Einrichtung einer neuen Synagoge versuche.
Außerdem wird hier kurz wiederholt, daß sterbende Samariter nur
christliche bzw. nur orthodoxe Erben haben dürften; sonst fiel ihr

1) N. II cap. T' S. 349. — 2) Procopius de Aedif., VI. 2 ed. Bonn.


8) Procop., Anekdota c. 28. 16 f. ed. Teubner S. 174.

*) C. S. 82 v. 32.
— 43 —

Vermögen dem Fiskus zu. Nicht nur die Beamten, sondern auch die
Bischöfe sollten die Aufsicht1) über sie führen. Nach einem Aufstand
der Samariter gegen die Christen, wurden die gesetzlichen Bestimmungen
gegen sie strenger und strenger. Diese Bedrückungen waren, wie es
scheint, außerordentlich stark und die Samariter mußten von den Staats
beamten Diese Verfolgungen der Samariter hatten die Für
viel leiden.
bitte des Bischofs
Sergius von Caesarea in Palästina veranlaßt, der
Kaiser möchte die strengen Mittel etwas mildern. Der Kaiser folgte in
der Tat dem guten und barmherzigen Rat des Bischofs2) und erließ
die Novella 129 vom 14. Juni 55 1 durch die die Samariter eine

,3)
günstigere Stellung gewannen.
Da sich die Samariter, dem Versprechen und dem Bericht des
Bischofs Sergius nach, besserten, so sollten die gegen sie erlassenen
strengen Strafen aufgehoben werden. Besonders wurde das Testament
verbot aufgehoben, und die Samariter durften nach ihrem Willen über
ihr Vermögen verfügen. Dieses Gesetz gibt den Samaritern eine be
sondere Vergünstigung, die bisher weder die Häretiker noch die Juden
genossen. Wenn die Samariter ohne christliche Erben sterben, dann
fiel ihr Vermögen nicht dem Fiskus zu, sondern es blieb ihnen die
völlig freie Bestimmung über ihr Vermögen; nur eine Art Steuer wurde
davon erhoben.4) Hatte der Verstorbene auch christliche Erben, so
wurden diese natürlich bevorzugt, so daß sie die allein berechtigten
Erben waren.5)
Doch bekamen -die Erben, die die TtXdvvj des Verstorbenen teilten,
immerhin auch ein kleines Stück des Vermögens (oö Ttepattlpw xöv
Si>o x% Twptouafa; oöyxttöv).
6)

Wie am Anfang des Ediktes, so spricht Justinian auch am Ende


seinen warmen Dank dem Bischof Sergius aus, durch dessen Barm
herzigkeit dies Edikt zustande kam, und schließt das Edikt mit dem
mildevollen Ausdruck, die Samariter sollen Scrjvexoö; xa.üvf\c, dTtoXaöaat
r?j; ßo^9-eta;.1)
Daß dies Edikt den Zweck hatte, die Samariter zum Christentum
zu bekehren,8) fraglich. Die Übertritte der Samariter waren
ist sehr
selten und wenig aufrichtig, wie uns Procopius berichtet.9) Wie man

C. 82 v. 32. — N. 338a-.
S.
S.

II
"-)
1)

N. 2a|juxpstxtöv. — N. II.
S.

377 ff. Ttept xßv 340


II
S.

r-

Ttpsaßsta,
")
3)

r.lrjV Ö.XX- oü xr,v aTtoSiSousv xa£tv xptaxtaV0tj xs StaSöxotj xai


")

aüxr/V
2a|iapsixatj, TtoXXr^ SYwoxtoj xotj xa y.a.XXl<a 9-pyjaxsuouat xrjv Ttpovo|iiav
N. II.
S.

Ttapsxo|isv. 339ß-.
N. 340 T-. — N. II. 5-. — Knecht a. a. O.
S.

52.
S.

S.
II

341
6)

8)
')

Procopius erzählt neben anderen auch Beispiel


das eines
9)

Samariters Faustinus, der auf Justinian großen Einfluß ausübte, obschon er


— 44 —

dagegen aus dem Wortlaut des Ediktes selbst entnehmen kann, ver
dankt es seine Entstehung der Fürbitte des Bischofs Sergius. Wie alle
Kaiser, so ging auch Justinian gegen alle Feinde der Staatskirche immer
rücksichtslos vor. Der Eifer riß ihn oft zu einer ungewöhnlichen
Härte hin, die sich jedoch dank den barmherzigen Bischöfen plötzlich
ins Gegenteil verwandelte. Wir haben in der Geschichte viele Beispiele
erfolgreicher Vermittlung barmherziger Bischöfe zwischen Kaiser und
dem verfolgten oder bedrückten Volk; und das uns vorliegende ist
insofern noch interessanter als jene, als hier die Verfolgten nicht
Christen waren. Wenn die Verfolgungen auch, das ersieht man hieraus,
vom Klerus gebilligt wurden, so gab es unter den Klerikern doch viele,
die dagegen wirken konnten, viele, die das Evangelium richtig erfaßt
hatten und die Macht besaßen, erfolgreich auf die zu wirken, die es

mißverstanden.1) Wir kommen endlich zu der dritten Klasse der Feinde


der Staatskirche, die Justinian ebenso streng verfolgt hat.

c) Gesetze gegen die Heiden.


Die oben
genannten Sekten, gegen die sich Justinian richtete,
standen oder indirekt im engeren Verhältnis zum Christentum
direkt
bzw. zur orthodoxen Kirche und konnten gewiß einen Einfluß auf sie
ausüben. Daneben bestand immer noch das Heidentum, das trotz
seiner Schwäche hier und da eine gewisse Wirkung tun konnte und
selbst Propaganda zu machen imstande war.
Natürlich war das Heidentum längst keine Macht mehr. Es bestand
lediglich in äußerem Kultus, und die heidnische Philosophie, die sich
mit der alten nicht entfernt vergleichen konnte, war selbst in jenen
Kultus versunken. Als die heidnische Religion in Blüte stand, bedurfte
sie keiner Philosophie zur Stütze; und als die heidnische Philosophie
ihren Gipfel erreicht hatte, erklärte sie die heidnische Religion für un-'
nötig, geradezu für schändlich. Beide, die heidnische Religion, und die
heidnische Philosophie, gingen getrennte Wege. Jetzt, wo beide macht
los geworden waren, standen sie sich anders gegenüber. Die christliche
Religion (die übrigens viel von heidnischer Philosophie und heidnischem
Kultus in sich aufgenommen hatte) überwältigte sie beide. Heidnische
Religion und heidnische Philosophie standen als Todkranke der
mächtigen und lebenerfüllten christlichen Religion und christlichen

Samariter und nur dem Schein nach Christ war. xij, naXai-
«fauTtivoj tjv

artvoj ysvoj, Za.\ia.pslxr\g |isv ysyovö>j övö|iaxoj


ävtofrev, Xpitmavüv
8s xoö
4vxiXa|ißav(S|isvoj ävd-pqj xoö vö|iou. Proc, Anekdota, cap. 27. 26. Ed. Teubner,
S. 170 f.
J) Über Juden und Samariter vgl. Knecht a. a. O. S. 40f.
— 45 —

Kirche gegenüber. Eine letzte Hoffnung auf Weiterleben setzten beide


vergebens auf ihre Vereinigung. Die einst Getrennten reichten einander
die Hand, ohne daß ihre Vereinigung ihnen hätte Lebenskräfte geben
können. Die sterbende heidnische Religion fand ihre letzte Stütze in
der heidnischen Philosophie; und die zweite fand immer noch ihre
Zuflucht im halbzerfallenen Göttertempel. Dieser Bund gab dem
Heidentum noch einiges Leben und schien dem Christentum, wenn
nicht gefährlich, doch störend und anstößig.
Justinian, in dessem Interesse der Sieg und die allgemeine Aus
breitung der christlichen (orthodoxen) Kirche lag, sorgte für die Be
seitigung dieser heidnischen Reste. Und man kann sagen, Justinian
war im Kampfe gegen das aussterbende Heidentum glücklicher als
gegen die weiter lebende Häresie. Natürlich wäre das Heidentum auch
ohne Justinians Angriff allmählich abgestorben, denn es hatte gar keine
Kraft mehr. Doch kann man mit Recht sagen, Justinian habe dem
Heidentum den Todesstoß versetzt und die letzten Reste der alten Zeit
völlig vernichtet.
Justinian hat richtig erfaßt, wie das Heidentum zu vernichten
sei. Er sah richtig, daß Kultus und Philosophie dem Heidentum Kraft
gaben, und so ging er gegen beide getrennt vor: die Vernichtung
des Heidentums, die er erwartete, blieb nicht aus.
Die Philosophie der Heiden konnte dem Christentum keine Hilfe
mehr leisten wie in alter Zeit. Nur noch die Steine, Marmorplatten,
Kapitale und Säulen der alten Tempel konnten zum Schmuck der
christlichen Prachtgebäude Justinians verwendet werden. Da aber das
Heidentum keinen Wert mehr hatte, so brach es unter Justinians Ver
folgungen zusammen.

1. Allgemeines.
Alle erwähnten Gesetze gegen Heiden, Juden und Samariter
gelten auch und erst recht gegen die Heiden.1)
Dann wurden alle Gesetze der früheren Kaiser gegen die Heiden
erneuert und anerkannt.2)
Außer diesen alten Bestimmungen haben wir nun im Codex zwei
Gesetze neben anderen Bestimmungen in sonstigen Gesetzen, die von

1) äXXa. |itjv y.aX xyjj trjv TtoXu$-stav iistpcö|iivotj sladYstv "EXXrjat.


C. S. 80 v. 11 f.

2) IIavxtov xtöv iTttxt|ittov öaa Ttapd xtöv TtpoßsßaatXsuxöxtov xaxd xrjj


kXXrptv.fis rjTtsiXrjxat TtXdvrjj rj wtsp xfjj 6p9-o8o£ou maxsoif; slasvTfjvsxxat, xupi<ov
xat ßsßaiwv 8crjvsxtöj övxtov xs xai Sta xfjj Ttapouorjj süasßoöj vo^o3-soiac
9uXaxxo|iivtov. C. S. 96 v. 6 f.

'
— 46 —

Justinian selbst gegen die Heiden ["EXXvjve;] erlassen worden sind


und einerseits gegen die heidnische Religion, anderseits gegen
die heidnische Philosophie gerichtet sind.

2. Gesetze gegen die heidnische Religion.


Sehen wir die im Codex vorhandenen Gesetze1) näher an, so
stoßen wir auf folgende Bestimmungen gegen die Heiden überhaupt.
Die Bischöfe und Statthalter sollten überall genaue Untersuchungen
veranstalten, um die Heiden und ihre Kultstätten (nivza. xa ttj^
cE>J.yjvcxrj; 9-prjaxeta; daejJY|U.axa vouxuw; dva^rjxeTv) 2) zu entdecken,
damit das Heidentum eingedämmt und bestraft werde (6>c, äv uyjte ye-
votto xat YeVo^eVa xtu-wpotto). ') Wenn ein Heide ein Testament auf
stellte oder eine Schenkung machte, so hatte dies eo ipso keine Gültig
keit.4) Die Todesstrafe ist verhängt gegen alle christgewordenen Heiden,
die heimlich oder öffentlich die heidnische Religion bekennen.5) Alle
nicht Getauften dagegen müßten sofort mit Frau und Kindern ihren
Beitritt zur Kirche anmelden, um dann den Katechismus zu lernen und
nach dieser Vorbereitung die heilige Taufe zu empfangen, blieb aber
jemand dieser Bestimmung ungehorsam, so sollte er wissen, daß er
Justinians christlichem Staat nicht angehöre und daß ihm sein ganzes
Vermögen werde entzogen werden.6) Wie alle Erwachsenen, so sollten
die Kinder (xexva |itxpä$ -?jXtxia; 5vta) auch Ttap xyjp rju.a xa.1 Sfya
xtvö; dvajsoXrj; die Taufe empfangen, damit sie sicher gegen den Rück
fall ins Heidentum seien.T)
Die Heiden, die sich taufen ließen, um die politischen Vorrechte
der Christen zu genießen, indem sie ihre Familien in der heidnischen
Religion erziehen ließen, sollten aufs strengste bestraft werden und aus
dem christlichen Staat ausgestoßen werden, denn ihr Verhalten zeige,
~
•) C. I. 11. 9, 10 S. 95 ff. —
-) C. S. 95 v. 32.
- 3) C. S. 95 v. 33.
4) C. S. 95 v. 35 ff.
°) xrjv xoö dXijihvoö xai |iövou 6soö xaxaXt|jmdvovxsj n:poax6Vr,atv stStoXotj
dXoylaxo> TtXdvTg 3-uaiaj Ttpoascpspov xai Ttdar,j dvojtöxrjxoj |isaxdj iopxdj
sTtsxsXo-jv . . . xt|itopiacj eaxdxatj ÜTtoßX^iWjaovxat. C. S. 96 v. 9 ff.
°) "Oaot 8s |irjTtto xoö Ttpoax-jvrjxoö ßaTtxia|iaxoj rj^iW\hiaav, xoüxouj r.poa-
rjxsc xaxaSrjXouj sauxouj Ttotstv . . . xai Tipojtsvat xaij dYttoxdxatj ExxXrjaiatj
ä|ia ya|isxatj xai Ttatai xat Ttavxi xä> xax -aüxoüj oix<p xai 8t8daxsa9-at xtjv
dXij3-tvijv xtov Xptaxtavwv Tttaxtv, oüxu 8* sx8tSax,Hvxaj xai xa9-apüj dTtoßaXövxaj
xrjv Tifoxspav TtXdvrjv dgtoöa9-at xoö atoxrjptw8ouj 3aTtxia|iaxoj, ?j xoüxwv
öXt-ppoövxaj sl5svat, djj oüxs |is9-s^ouai xtvoj xtöv xijj rj|isxspaj TtoXtxsiaj . . .

dXXd Ttavxöj dcpatps9-svxsj TtpdY|iaxoj sv iv8sia xaxaXrjcp\hijaovxat Tipöj xtö xai


xatj dp|io8tatj ÜTtoßXrj9^vat TOtvatj. C. S. 96 v. 17 ff.

T) C. S. 96 v. 34 ff.
— 47 —

daß sie die Taufe nicht im Glauben angenommen haben.1) Jede direkte
oder indirekte heidnische Propaganda wird bei hoher Strafe verboten.2)
Die verschiedenen Historiker (Malalas, Johannes von Ephesus,
Evagrius, Procopius) erzählen uns, wie streng man in diesem Sinn all
gemein und im einzelnen gegen die Heiden vorging.
Solcher Druck und Zwang3) hatte gewiß guten Erfolg in der
Bekehrung der Heiden, obschon man aus den Gesetzen und aus den
Nachrichten der Historiker schließen kann, daß diese Bekehrung nur
scheinbar aufrichtig war.4)
Solche sind die gegen die aXmfjptot "EXXrjve; und ihre Religion ge
richteten Bestimmungen. Diese heidenfeindliche Gesetzgebung ergänzte
sich erst durch die Verordnungen gegen die Philosophie.

3. Gesetze gegen die heidnische Philosophie.


Schon in den finden wir Bestimmungen
obgenannten Gesetzen
gegen die heidnischen Lehrer und ihre Philosophien. Und im Gesetz
I. 11.10 finden wir direkt ein Verbot der heidnischen Schulen.5) Den
Todesstoß versetzte der Philosophie aber die Schließung der athe
nischen Schule.
Athen war immer noch der Sitz der Philosophie, die großen
Kirchenväter, besonders die Kapadocier hatten ihre Studien in Athen
gemacht, und späterhin behauptete die Philosophie bis in Justinians
Zeit hinein, wenn auch immer schwächer, ihren alten Sitz. Die Philo-

1) <b{ aüxö9-sv ovxaj cpavspouj |itj xa9-ap? Ttiaxst xoö dYiou xuxstv ßaTtxt-
a|iaxoj ... C. S. 96 v. 40 ff; 97 v. 1 ff.

2) |ifj tcpoaTtotsto9-at aüxobj |xoi>j "EXXrjvaj] Tiat8süstv xoüj slj aüxoüj


d3-Xtwj cpotxüvxaj, tatj 8s dXrj9-statj xdj xtöv 5^9-sv Tiat8s-jo|isvwv 8ca?9-stpstv
t^uxaj. C. S. 96 v. 25 f.
3) Daß Justinian auch in sogar mit Geld Pro
milder Form und
paganda trieb, sagt Procopius Evagrius: npoxömoj dvaYpdcpst,
und
"EpouXoj . . . cptXocppovrj9-svxsj bTtö *Iouaxtvtavoö xpifilAOCat |isYdXotj aüxouj 8topr,-

aa|isvou, Ttaaau8L Xptaxtavoi ysYövaat. Evagr. KG. IV 20; PG. 86 II col.


2737 C— 2740 A; Procop. de Bello Gotth. C. I.
4) Prokopi<<s erzählt folgendes: -Evxsö9-sv km. xobj "EXXrjvaj xaXou-
jisvouj xrjv Sitogtv yjysv aba£ö|isvöj xs xd ato|iaxa xal xa xpiiy.a.-za. Xrj-i£ö|isvoj
äXlä xai aüxä>v 6oot xtöv Xptaxtavöv övö|iaxoj 8^9-sv |isxaXaxstv §Yvtoaav x'P
Xö*Ccp xd Ttapövxa acpiatv ixxpouovxsj, oüxot 8rj oü TtoXX$ uaxspov sra xatj
oTtov5alj xai 9-uaiatj xal äXXotj oüx- öaiotj £pY0tj ky. xoö Im. TiXstaxov rjXiaxovxo.
Td Yap d|icpi xoTz Xptaxtavotj . . . Procop. Avsx5oxa 11. 31 f. ed. Teub-
ner S. 75.
5) Ilav 8s |id9-rj|ia Ttapa xtöv vooouvxwv xfjV xtöv dvoaitov -EXXifjvtov |iaviav
8t8doxso9-at xtoXuo|isv ... C. S. 96 v. 24.

-"
— 48 —

sophie war die einzige Stütze des noch lebenden Heidentums, und mit
der Vernichtung der ersten hat Justinian das zweite zerstört. 529 kam
nach Athen das kaiserliche Edikt, daß die Schließung der Philosophen
schulen befahl. 1) Die Schule wurde sofort geschlossen und Lehrer und
Schüler mußten aus Athen fliehen. Sie kamen zwar später noch einmal
zurück, die Schule aber und mit ihr die Philosophie blieben von damals
bis auf bessere Zeiten zur Untätigkeit verdammt.2) Wie man aus
Justinians Edikten gegen die Heiden wohl schließen kann, war das
Heidentum in seiner Zeit immer noch stark verbreitet. Die Mittel
Justinians gegen das Heidentum scheinen stark gewirkt zu haben. Denn
nach Justinian hören wir vom Heidentum ganz wenig mehr. Seine
innere Unkraft und die harte Maßregelung, die es erfuhr, haben zu
seiner Auflösung zusammengewirkt.
Hier kann man Justinians Gesetzgebung für innere Angelegenheiten
der Kirche oder für Glaubenssachen abschließen.
Blicken wir zurück auf diese Gesetzgebung, so sehen wir deutlich,
daß Justinian den rechten Glauben der Kirche dadurch schützen wollte,
daß er Synoden berief, die ihn weiter zu entwickeln und festzusetzen
hatten, und dadurch, daß er für den so festgesetzten Glauben strenge
Maßregeln gegen direkte und indirekte Feinde ergriff. Daß er seinen
Zweck (wenn auch nicht ganz) erreicht hat, zeigt die spätere Geschichte.
Die Dogmatik hat trotz den Kontroversen nach Justinian wenig Fort
schritte gemacht, und die Häretiker und die übrigen Sekten treten, wenn
auch nicht ganz vernichtet, doch vom Kampf zurück, verlieren jede
geistige Kraft und bestehen ohne jede Bedeutung und jede Gefahr
für die Kirche.
Justinian war auch Kaiser und mußte als solcher auch für den
Staat sorgen. Er hat das getan, aber es lag in der Natur der Sache,
daß diese Interessen, das religiöse und das rein theologische, mit seinem
politischen Interesse Hand in Hand gingen und jedes auf das andere ein
wirkte. Und in der Tat ist die schon untersuchte Gesetzgebung derart, daß
man das stärkere Motiv schwer erkennen kann. Diese Gesetzgebung
ist zwar rein religiös, sie ist aber mit den verschiedenen politischen
Interessen des Reichs und des Staats (und besonders mit dem der staat
lichen Einheit) so eng verflochten, daß man sie, wie oft geschah, als
dem Staat förderlich anzuerkennen gezwungen ist.

*) *ETti 8s ttjj tmaxsiaj xoö aÜxoB Asxiou 6 aüxöj ßaatXsöj 3-samaaj


Tipöoxa£tv sTts|ic[jsv sij -A9",fjvaj, xsXsuaaj
pjSsva StSdaxstv ,ptXoaotptav |iifjxs
vö|it|ia igrjrsto3-at. Malalas S. 187 ed Bonn.
2) Vgl. Victor Schultze, Geschichte des Untergangs des griechisch
römischen Heidentums, I. Bd. Jena 1887, S. 434 ff.; Knecht a. a. O. S. 25 ff.
— 49 —

Und doch könnte die Sache anders liegen. Daß Justinian neben
seinen religiösen auch politische Ziele verfolgte, kann man nicht be
streiten, aber zu behaupten, Justinian habe die ersten ganz und gar
in den Dienst der zweiten gestellt, scheint uns ungerecht gegen den
großen Kaiser.
Wie oben gesagt, lohnt sich der Versuch nicht, aus der hier
untersuchten Gesetzgebung und noch weniger aus seiner theologischen
Arbeit (die genau den Charakter der dogmatischen Gesetzgebung trägt)
zu beweisen, daß die religiösen Motive in Justinians kirchlicher Gesetz
gebung überwogen, denn man kann nicht zu sicheren Resultaten
kommen. Doch gibt es noch einen Weg, der uns ganz klar zeigen
kann, daß Justinians kirchliche Gesetzgebung, wenn auch stark politisch
gefärbt, doch im Grunde religiös ist, wenigstens neben den politischen
mehrere religiöse Motive hat. Und dieser Weg ist die Untersuchung
der Gesetzgebung Justinians für äußere Angelegenheiten der Kirche.
Diese Gesetze beziehen sich auf die äußere Kirchenzucht, auf ihre
äußere Erhöhung und Ordnung; sie gelten, kann man sagen, mehr dem
ethischen Stand der Kirche, weniger ihrem Verhältnis zum Volk (wenn
man will zum ganzen Reich) als zu den einzelnen.
Daß des Kaisers Fürsorge für eine solche (ethische) Gesetzgebung
aus rein oder mindestens überwiegend religiösen Quellen fließen konnte,
-
wird aus der Darstellung dieser zweiten Gesetzgebung hervorgehen,
zu der wir uns jetzt wenden.

Alivisatos, Gesetzgebung Justinians I.


IL Teil.

Gesetzgebung für äußere Angelegenheiten


der Kirche.

Wenn Justinian so außerordentlich viel für die Glaubensfragen der


Kirche getan hat, so sorgte er ebensosehr für die äußeren Angelegen
heiten der Kirche. Die Kirchen, Klerus und Mönchtum, ihre Verfassung,
die soziale Arbeit der Kirche, die Beziehungen der Kirche zum Staat,
Justinian aufs lebhafteste und, wenn nicht mehr,
alles das interessierte
doch ebensostark wie die Lehrfragen der Kirche.
Vor allem hat der Klerus und die Organisation der Kirche seine
Aufmerksamkeit auf sich gelenkt. Nicht daß er der Kirche eine neue
Organisation und Verfassung gegeben hätte: er hat die vorhandene
geordnet und weiter entwickelt. Wie seine Gesetze zeigen und wie
auch sonst bekannt ist (meist aus den Reden und Homilien der Zeit),
herrschte im Klerus keine richtige Ordnung, trotz seiner hervorragenden
Leitung. Aber auch das Mönchtum scheint trotz seiner großen Leistungen
nicht auf der Stufe gestanden zu haben, auf die es gehörte. Außerdem
fing die soziale und die Liebesarbeit, die immer noch in den Händen
der Kirche lag, zurückzugehen an, vielleicht weil man zu wenig für das
Kirchenvermögen sorgte. Selbst die Gottesdienste, die geistlichen
Funktionen überhaupt scheinen vielfach vernachlässigt worden zu sein.
Für all das mußte Justinian gesetzlich sorgen und alles in die richtige
Ordnung bringen. Selbst die Sittlichkeit seines Volkes, die gewiß nicht
auf der Höhe stand, glaubte er gesetzgeberisch heben zu können.
Dieser Teil der Justinianischen Kirchengesetzgebung gewinnt aber
größere Bedeutung dadurch, daß er die Kirche in ein merkwürdiges
Verhältnis zum Staat brachte. Dieses Verhältnis, das vorzüglich der
Kirche günstig war, hätte zu andern Zeiten gewiß zu einer Herrschaft
der Kirche über den Staat führen können. Natürlich gab er der Kirche
eine solche Stellung im politischen Leben nur, weil er dazu gezwungen
— 51 —

war, gezwungen durch den Gegensatz seines großartigen Staatswesens


zur Unfähigkeit seines Beamtentums. Wäre dieses höher gestanden, so
hätte er vielleicht den Klerus und mit ihm die Kirche politisch und
staatlich nicht so hoch gestellt. Trotzdem kam es im Orient nie zu
einer Herrschaft der Kirche über den Staat, und zwar nicht, wie man
gewöhnlich annimmt, weil die wachsamen Augen des Kaisers eine solche
Herrschaft verhindert hätten. Die politische Stellung, die Justinian der
Kirche gab, hat vielleicht doch indirekt und unbemerkt dazu beigetragen,
daß die Kirche im Okzident die Herrschaft über den Staat gewann.
Damit hat aber Justinian für alle Angelegenheiten der Kirche
gesetzlich gesorgt. Und wenn seine kirchliche Gesetzgebung auch
nicht in diesem praktischen Teil durchweg original ist, so könnte man
doch mit Recht sagen, daß Justinian einer der wenigen großen Organi
satoren und Gesetzgeber der Kirche gewesen ist.
Kapitel III.

Weltklerus.1)

A. Kleriker und ihre Verfassung im einzelnen.


In Justinians verschiedenen Gesetzen finden wir zahlreiche Be
stimmungen über den Klerus im einzelnen und über die Verfassung der
Kirche überhaupt zerstreut. Justinian sorgte außerordentlich eifrig für
die Hebung des Ansehens der Kleriker. Er bezeichnet das Priestertum
als eine Gottesgabe (Swpov freoü)2) wie das Königtum und leitet beide
vom selbenPrinzip ab. Der großen Aufgabe, die Justinian dem
Priestertum zuweist (freöv 6mrjpexsiv), entspricht seine große Fürsorge
für sein Wohl und sein Wirken, die in folgenden Worten ausgedrückt ist:
'Hu.et; xoivuv \isyiair\v lyo\iev cppovxfSa nepi xe xa dXYjft-Y] xoü %-eou
-fj;

Sö^uata rcepi xe xwv Eepewv aeu.vöxYjxa, exefvü>v dvxe^ouivwv Ttera-


axeuxauev &>c, Si' aöxYj; u-eyaXa ^ulv dyafra So^Hjaexai Ttapä 9-eoü,
xal xä xe Svxa ßeßafro; S£ou.ev xa xe oöTtw ocal vOv dcpiy|jiva TtpoaxxYj-
aöu.efra.3) Diese Bestimmungen sind meist dieselben, die sich in den
Synodalbeschlüssen finden und von Justinian angenommen wurden.4)
Jedoch finden wir unter diesen viele, die Justinian selbst gegeben hat,
von ebenso großer Bedeutung wie die ersten. Wir untersuchen nun
die Bestimmungen dieser Gesetze über den Klerus und seine Verfassung
nach seiner hierarchischen Ordnung.

Wenn wir hier von Weltklerus im Gegensatz zum Mönchtum sprechen,


J)

so denken wir nicht nur an die Gemeinschaft der Kleriker, sondern auch an
ihre Funktionen und Arbeitsgebiete, um ein vollständiges Bild vom Weltklerus
zu gewinnen.
N. Bd. 44. — N. Bd. S. 45.
S.
2)

3)
I

xoöto sasa9-ai maxsüoliev, eütsp xöv iepüv Ttapaxrjprjaij


8'

xavöva>v
4)

i]

^uXdxxoixo, 15v oi xs Sixaiwj u|j.voup.svoi xai Ttpoaxuvrjxoi xai. aüxöTtxai xai üTttj-
psxai xou 9soS X6yory Ttapa8e8ti>xaaiv äTtöaxoXoi xai 0i ayioi Ttaxspsj ItpuXagdv
xs ocai Üy>]yrjaavxo. N. Bd. S. 45.
I
— 53 —

1. Die Bischöfe.
Der Bischofstand zieht Justinians besondere Aufmerksamkeit auf
sich. Die Bischöfe waren und mußten sein die gebildetsten Kleriker,
sie hatten nicht nur die Leitung der Kirche in ihren Händen, sondern
auch die Leitung und Überwachung vieler politischen Funktionen und
mußten darum angesehene Persönlichkeiten sein. Und eben die Per
sönlichkeit der Bischöfe beschäftigte den Kaiser zunächst.
Die Bestimmungen über die bischöfliche Persönlichkeit finden wir
auch in andern Gesetzen, besonders aber in folgenden drei: Cod. I, 3. 41
vom 1. März 528, 1) Novella 6 vom 16. März 535 2) und Novella 123
vom 1. Mai 546, 3) auch Novella 137 vom 1. April 565. Die Bischöfe
sollten genau nach den
Bestimmungen und so gewählt
apostolischen
werden, daß würdige Nachfolger wurden. War ein
sie den Aposteln
bischöflicher Stuhl leer, dann sollten die Kleriker (tous xXrjptxoix;)4) die
Einwohner der Stadt (ol oExoövxe; xtjv aör*jv ra/Uv)5) und zwar von
den letzten die vornehmen (toü; Ttpwxou; tyj; raftew;) °) berufen und
mit ihnen ein t])rjcptau.a über drei Personen abhalten. Diese sollten im
Glauben und im Lebenswandel ausgezeichnet seinnlaxet xat
(öpft^j

ßfou ae|ivÖxrjxt xod toT; äXXotc, äyaü-oTc, tis|iapxuprjuivot)T) und außer


dem vom Stande der Gebildeten sein (ypd|t|iaxa etSevat).8) Sie mußten
ferner im Zölibat leben9) oder mindestens Witwer sein, die sich nur
einmal, und zwar mit einer Jungfrau, verheiratet hatten.10) Die Ge
wählten sollten kinder- und enkellos sein, um sich ihren geistlichen
Pflichten frei widmen zu können.11) Nach ihrer äußeren Lebensstellung
sollten diese oder militärischen Beamten sein (oüS&
keine politischen
ßouXeuxrjv tj xa£eWxrjv toötov elvat),12) obschon ein solcher nach 15 jähriger
Mönchsaskese wählbar war13) (oexaTievxe ivtauxwv u.ovaxtxöv ßtov IxxzXi-

aavxa). Obschon ein Laie (tStwxrj; ix xöv xaXou^lvwv Xal-xöv) nicht


zur bischöflichen Ordination taugte,14) konnte er (xoauxxö;) doch, wenn
C. S. 43 ff. — 2) N. Bd. I S. 44 ff. — N. Bd.
->)

S.

294
S. ff
II

1) .

N. Bd. 294a-. — C. — N. Bd. 294a-.


S.

S.

43 v.
II
II

15.
') ")

5)

")

C. S. 43 v. 15. N. Bd. 45 a-. — N. Bd. S. 295.


S.

II
8)
I

xtj N. Bd.
S.

oüSs Ya|isxrjv oüSs TtatSaj 295.


II

aüxwv sxst.

6xt
10) 9)

oü8s TiaXXax-ijv TtatSaj cpuatxoüj Yivtoaxouaiv aöxov sux^xsvat sxstv,


rj
rj

&XX- sl xal Tipöxspov Ya|isxrjv xtj s£ aüxtöv saxs, xai aüxrjv |iiav xal Tipomjv,
xai oüSs X^pav oüSs dvSpöj aTio£sux9«Taav, oü8s xolg vi|iotj ou8s xotj ispolj
xavöatv arojY0psuo|isvrjv. N. Bd. 295. Bd. 46
S.

S.
II

3.
I

Xprj yäp xai xöv


n)

sTtiaxoTtov |irj s|iTto8t£ö|isvov TtpoaTia9-sia aapxtxtöv


xsxvtov raivxwv xäv Tttaxtöv Txvsu|iaxtxöv slvat Ttaxspa- Std xaüxa xotvuv dtca-
YopsÜo|isv xöv sxovxa xsxva sYY0V0uj x8lp0x0vsla*,xl sraaxoTtov. C. S. 43 V. 29
f.
f)
13) 12)

N. Bd. Bd.
S. S.

S.

295; 45
II II

S. 1.
f.
I

I §

N. Bd. — N. Bd. 2.
")

295. 46
§

s
— 54 —

er alle andern Eigenschaften besaß, auch als Bewerber unter die drei
aufgenommen werden, doch mußte er, falls er zum Bischof gewählt
wurde, mindestens drei Monate niederer Kleriker bleiben, um die ganze
geistliche Disziplin zu kennen, ehe er zum Bischof ordiniert werden
konnte.1) Die drei Gewählten sollten nicht unter 35 Jahre alt sein
(oöx' tjxxov ?j xpiaxovxa Ttivxe xYj; fjXixfa; iviauxou; I^eiv).2) Waren
in einem Orte keine drei Personen vorhanden,3) die sich zur Bischofs
wahl eigneten, so konnte man sich auf zwei und einen Bewerber be
schränken, wobei immer alle Wahlbestimmungen zu gelten hatten.
Waren also diese drei gewählt, die xtjv Ttäaav amouSYjv xe xai £uvoiav
Ttepi xtjv %-eia.v Xeixoupyiav xai x£ ixxXYjaiaaxixa 2xeiv Ttpäyuaxa
mußten,4) so erfolgte die imXoyYj. Der ßeXxüov und Imvrfietfaepoc,
wird x?j ImXo^ xai xtj> xpiu.axi xoü ^eipoxovoOvxo; 5) zum Bischof
ordiniert. Nach dieser endgültigen Wahl (tTtiXoyYj) kam nun die
Ordination. Auf sie gehen folgende Bestimmungen. Daß der neue
Bischof rechtgläubig, sittlich und über 30 Jahre alt sein mußte (xyj;
äpiHj; xai xafroXixYj; Ttiax£w; xai aeu.voü ßfou xal uTtep x6 xpiaxoaxöv
ixo; elvai),6) haben wir schon gesehen.
Nun mußte der Ordinierte einen XßeXXov uefr' ÖTtoypacprj; ab
geben, worin er seine Rechtgläubigkeit bekennt. Diesen Libellus mußte
er während des Ordinations-Gottesdienstes nebst den anderen Gebeten
verlesen (otna.^EXXetv S£ xoüxov xal xyjv %-da.v Ttpoaxo|uSYjv xyjv Im
xtj ayia xoivwvfa yevouivYjv xal xyjv lTzl xtji äy(tü ßaTtxfau.axi eö^yjv
xai xag XoiTta; Ttpoa£uxa;). Dann mußte er auf die Heilige Schrift
schwören, daß seine Ordination von jeder Art Simonie frei sei.T) All
diese Bestimmungen sollten aufs genaueste beobachtet werden; wurde
eine vernachlässigt, so mußte nicht nur der Ordinierte abgesetzt werden
(xtj; eraaxoTnj; IxßaXXeafrai)8), sondern auch der Ordinierende sollte
ein Jahr seinem bischöflichen Amte fern bleiben (y^wp^eafrai grcl gva
iviauxo'v xYj; iepaxixYj; Xeixoupyta;) und sein ganzes Vermögen der
Kirchenkasse zufallen.9)
Es folgen die Bestimmungen zu Anklagen gegen einen ge-

J) xoa|iixöj . . . xoij xXrjpixotj oüx iXaxxov xpiü>v pngvöv auvapi9-pj9^j,


6

xai oöxto aYiouj xavövaj xai xrjv iepiv xrjj ixxXrjaiaj Xsixoupyiav SiSax&sij
xoüj
iTtiaxorcoj x£iPoxovrj^!5- N. Bd. II S. 296 § 2.
ibid.
2) Bd. II S. 295 § 1.
— ibid. Bd. II S. 296 § 2. .
8)
C. S. 43 v. 24 f.
4)

5) N. Bd. II S. 295 § 1. Aus dieser Stelle sieht man, daß die definitive
Bestätigung des Bischofs noch nicht der König, sondern der Metropolit
(xsipoxovöv) hatte.

6) N. Bd. S. 409ß'. — T) N. 137 Bd. II S. 410ß'.


II
— 9) N. 123 Bd. II S. 296a'
8) N. 123 Bd. II S. 296a' § 2. § 2.
— 55 —

wählten Bischof. Erhebt jemand eine Anklage gegen einen gewählten


Bischof (ei S1 xi{ xoü npbc, xYjv ^eipoxovfav ImXe^ivzos £rciaxÖrcou
xaxYjyopYjaei), dann soll die Ordination 3 Monate verschoben werden,
bis die Anklage genau untersucht wird.1) Die Anklage mußte von
dem Ordinierenden (exeivo; Öcp* ob ^u.eXXev & IniaMKoc, y.eipoxovsla%-oa)
genau untersucht werden. Findet dieser den Angeklagten schuldig, so
soll die Ordination nicht stattfinden (xtaXueafrto fj yeipoxavia). 2) Wenn
die Anklage dagegen in der Untersuchung als falsch und ungerecht
bewiesen wird, dann mußte der Kläger aus seiner Provinz verbannt
werden (ix xyj; Iiza.pyia.c, ev ^j o£xei ixßaXXIafrw).3) Ordinierte jemand
jedoch einen unter Anklage stehenden Gewählten ohne Untersuchung,
so verwirkten beide die genannte Strafe.4) Eine andere Frage zur
Ordination, die in diesen Gesetzen lebhaft besprochen wird, ist die der
Simonie.
Die Simonie (im ursprünglichen Sinne) wird streng bestraft. Der
Ordinierte, der Ordinierende und der Helfershelfer, wenn er Kleriker
ist,sollen abgesetzt werden5) (xfj; EepwauvYj; r\ xy); xoü xXrjpou xiu.Yj;
dTtoxiveiafrw). Alles gegebene Geld, alle Geschenke u. dgl. sollten der
Kirche zufallen, der der Ordinierte angehören sollte (xö S1 6Ttip xotüxYj;
x% tzhia.c, Sofrev x^j 'ExxXYjata exeiVfl ixSixefeiho, % YjßouXVj9-Yj xtjv
EepwauvYjv ö>vYjaaafrai).e) War der Vermittler ein Laie und bekam
irgend ein Laie Geld, so hat er doppelt zu bezahlen; und sind die
Güter in Besitz eines Dritten übergegangen, so ist dies ohne Belang.T)
Den Bestimmungen gegen die Simonie folgen nun die sehr inter
essanten Bestimmungen über die Gebühren der Bischofsordination.8)
Die Höhe Ordinationsgebühren will Justinian festsetzen, um so
dieser
die geheime Simonie zu beseitigen. Die Gebühren (xa 6rtep auvrjfreiwv
dmb xwv ^eipoxovouu.£vwv 'EmaxÖTtwv rcapl^eafrai) sollten die so be
stimmte Höhe
nicht überschreiten.9) Die fünf Patriarchen von Rom,
Konstantinopel, Alexandrien, Antiochien (BeoutoXic) und Jerusalem
sollten nicht mehr als 20 Pfund Gold (x' xoö ^puafou Xfxpa;) geben.
Die Ordinationsgebühren der Metropoliten und der andern Bischöfe
wurden nach dem Einkommen ihrer Kirche festgelegt; und zwar hatte
der Ordinierte bei einem Einkommen der Kirche von weniger als
dreißig Pfund Gold (rcpöaoSov iXaxxova X' ^puafou Xixpwv), 100 Münzen

(vo.
= vo|jn'au.axa) als Einsetzungsgebühr erlegen (bnkp ivfrpoviaxixwv)
und außerdem dem Notar oder Sekretär und dem Gefolge (xoic, äXXoic,
~~

») ibid. ß' — 297. -2) N. 123 Bd. II S. 297.



3) N. 123 Bd. II S. 297.

*) Siehe oben, vgl. C. I. 3. 47 vom 27. Juli 531. ibid. S. 51 v. 3 ff.


N. 123 Bd.
r>)

S. 297
1.
II

Vgl. C. 41 vom März 528. Siehe C.


S.

N. 123 44 v. 43.
1.
S.

3.

297
1.

I.
6)

297-298. — N. 123 — N.
S.

S.

N. 123 298r'.
S.

298r'. 123
»)

3)
T)
— 56 —

ömrjpexoöai) des Ordinierenden 300 Münzen.1) Wenn das Einkommen


der Kirche weniger als 30 Pfund Gold, doch nicht weniger als 10 Pfund
betrug, dann belief sich die Gebühr auf 100 Münzen und der Lohn
der bischöflichen Suite auf 200. Nahm die Kirche weniger als 10 und
nicht weniger als 5 Pfund Gold ein, so waren für die Einsetzung 50
und außerdem 70 Münzen zu bezahlen. War das Einkommen geringer
als 5 und nicht kleiner als 3 Pfund Gold, dann sind für Gebühren 18,
für die andern 24 Münzen zu geben. Ist das Einkommen der Kirche
weniger als 3 und nicht weniger als 2 Pfund Gold, dann betragen die
Gebühren 12, die andern Auslagen 6 Münzen (vielleicht besser um
gekehrt). Wenn aber eine Kirche ein Jahreseinkommen von weniger
als 2 Pfund Gold hat, dann soll ihr neuer Bischof überhaupt nichts

bezahlen.2) Das Geld, das der neue Bischof dem Gefolge des Ordi
nierenden geben sollte, hatte der Presbyter und der Archidiakon des
Ordinierenden an sich zu nehmen und es unter die andern zu verteilen.3)
Wenn ein ordinierender Bischof etwas mehr nahm als hier bestimmt
war, so mußte er der Kirche des Ordinierten das dreifache bezahlen.
Die genaue Beobachtung dieser Gesetze sollte, wie angegeben wird,
der Verarmung der Kirche und der Simonie steuern (l'va u.tj xal a.l
ixxXYjaiai y.pieai ßapuvwvxai xai cd Eepwauvai rcpäaiu.oi yivwvxai).4)
Aus diesen interessanten Bestimmungen zur Ordinationsgebühr kann
man verschiedenes Einsetzungsverfahren, die große
ersehen: das damalige
Zahl der Bischöfe, vor allem Justinians Versuch, auf diese Weise die
Simonie zu beseitigen, die nach seinem Ausdruck sehr verbreitet war.
Nachdem Justinians Gesetze die Ordination geregelt hatten,
kommen sie auf die Persönlichkeit des Bischofs selbst zu sprechen, um
über ihn und seine Lebensverhältnisse einiges festzustellen. Außer den
oben genannten finden wir noch folgende. Zunächst wird über das
Vermögen Bischöfe bestimmt, daß die Bischöfe eigentlich keines
der
besitzen denn ihr ganzes Vermögen verbleibt nach ihrem Tode
dürfen,
der Kirche, der sie angehörten. Außerdem hatten sie kein Recht, Ver
mögen, das sie nach ihrer Ordination durch Schenkungen oder irgendwie
anders erworben haben, zu verschenken oder zu verkaufen, denn es
gehörte der Kirche. Höchstens konnten sie in ihrem Leben ihr elter
liches Vermögen nach ihrem Willen verwalten. Soviel sie aber davon
nach ihrem Tode noch haben, bleibt der Kirche.5) Nur zum Loskauf
von Gefangenen und zu andern Wohltaten konnte der Bischof größere
Teile seines Vermögens brauchen.6) Wenn dagegen ein neuer Bischof

]) N. 123 S. 298T'.
— 2) N. 123 S. 299. — 3) N. 123 S. 299.
II —
4) N. 123 Bd. S. 299. 5) C. 1 3. 41 vom 1. März 528. S. 43 v. 31 ff.

6) 'ATtayopsuo|isv 8s xotj öaitoxdxoij eTtiaxöTtoij Ttpdy|iaxa luvrjxa rj dxivrjxa


t\ aüxoxivrjxa, Saa nsxa xtjv eTuaxorcrjv elj aüxoüj oitpSrjTttSxs xpoTttp TtspieXS-oi,
— 57 —

sein ganzes Vermögen der Kirche schenken wollte, dann war dieser
Entschluß nicht nur nicht straffällig, sondern sehr zu loben, denn dadurch
kaufte der Bischof sein Bistum nicht, sondern machte ein Geschenk
und bringt der Kirche eine Gabe. 1)
Bei der Festsetzung bischöflichen Lebensverhältnisse
der andern
spricht die Justinianische Gesetzgebung mit großer Ehrfurcht von den
Bischöfen. So liest man in einem Teil des Gesetzes Cod. I 4. 34 vom
4. Nov. 534, wo von der Lebensführung der niederen Kleriker die Rede
ist, über die Bischöfe die Bemerkung: xö ya.p ^Xl Ttoppwxipw xoutou

Syj
Y.a.1 efoeTv ^puftptö|isv, cpau.ev tö twv 9-eoiptXwv
iTttaxö-rcwV.2) Trotz
dem scheint es, daß, verursacht von der großen Zahl der Bischöfe, eine
Unordnung herrschte, so daß manche ausdrücklichen Bestimmungen
nötig wurden, wie man sie hie und da in den verschiedenen Gesetzen
findet. So wird in Novelle 123 vom Mai 546 den Bischöfen bei

1.
Verlust ihres Bistums verboten, mit einer Frau zusammenzuwohnen.3)
Die Bischöfe scheinen nicht selten bei der Bestrafung der Ungehorsamen
selbst mit Hand angelegt zu haben, wogegen man Kap. a- der 123. Novella
die Bestimmung findet: äW- oöSi oExefa:; xePa^v ^eoxtv imoxöTtq>
xtvä TiXyjttetv yap dXXöxptöv iaxtv ceplw;.4)
toöxo
-

(!)
Vor und zu Justinians Zeit scheint ein großes Übel gewesen zu
sein, daß verschiedene Bischöfe, wahrscheinlich aus Geldgier, ihre
Diözesen verließen und in andere große Städte, besonders nach
Konstantinopel gingen, wo sie mehr und leichter Geld gewinnen
konnten. Deswegen sind Justinians Bestimmungen gegen sie sehr
streng. Kein Bischof durfte nach der Novella sein Bistum verlassen,
um sich ohne königliche oder erzbischöfliche
(bzw. patriarchalische)
Erlaubnis in eine andere inapyia. zu begeben. Erst recht konnte kein
Bischof ohne Erlaubnis des Patriarchen und des Königs nach Kon
stantinopel kommen.5) Wenn ein Bischof, bestimmt das Gesetz
Cod. 42 vom März 528, in der Hauptstadt zu tun
3.

irgendetwas
1.
I

slj ISiouj auYYsVstj äXka. oiairjTtoxs TtpöawTta oito8TijTtoxs xpomp \ifz<t<p&p&w


r,

sij alx|iaX<bxtov 84 dvdppuatv xai Tittoxojv dTtoxpocpaj xai slj äXXaj süasßstj
a'.xiaj ÜTtsp xoö au|icpspovxoj xrjj I8iaj ixxXrjaiaj ix xoüxwv SaTiaväv &8stav
rj

N. 131 vom 18. März 545. Bd. S. 273T-.


II

iXsxwaav.
Et xtj |iivtot ix xöv iTttaxörttov stxs Ttpo xfjs ISiaj xstp0x0V'a» stxs |isxa
1)

xstpoxoviav ßouXrj^ xd tSta Ttpdy|iaxa pipoj aüxtöv TtpoaaYaYstv


h\

xrjV x%
t\

IxxXrjaia tjj xijv Uptoauvrjv Xa|ißdvst, oü |iövov od xtoXüo|isv Kai Ttaarjj xaxa-
8txrjj xai rtotvrjj xoö Ttapövxoj vö|iou iXsu9-spov aüxöv slvat 9-saTu£o|isv, ÄX.X4 xai
Ttavxöj lTiaivou ägtov xpiyo|isv, iTist8tj xoüxo oüx laxtv dyopaata aXXd Ttpoacpopa.
N. 123 Bd.
S.
II

298T-.
C. S.71 v. — N. 123 Bd. 316x9--— 317. — 4)N. 123 Bd.IIS.305a-.
S.
II
7.

S. 3)
6) -)

N. 123 Bd. 302»-; C.


S.

46 v. ff.
II

-■
— 58 —

hat, soll er zwei seiner Kleriker nach Konstantinopel schicken und dem
Patriarchen und durch ihn dem Kaiser sagen lassen, was er brauche.
Wenn aber der Kaiser für nötig hielt, die Bischöfe selbst zu hören,
nur dann konnten sie nach Konstantinopel berufen werden.1) Wenn ein
Bischof nach Konstantinopel kam, mußte er zunächst zum Patriarchen
und hernach nur zum König gehen, wenn ihn der Patriarch dort ein
führte. Verließ ein Bischof
Bestimmungen sein Bistum,
gegen diese
dann nur ein Jahr geduldet werden.
durfte er Der Klerus seiner
Diözese sollte ihn während dieses Jahres durch Briefe zurückrufen;
kehrte er nach Ablauf des Jahres nicht zurück, so sollte er nach den
heiligen Kanones abgesetzt und ein anderer besserer (xa.XXim) an seine
Stelle gesetzt werden.2)
Wie sich aus Novella 42 vom 6. Aug. 536 ergibt, wurden die
Bischöfe von (einer topischen) Synode abgesetzt, deren Beschlüsse die
kaiserlichen Edikte bestätigten.3) Machte ein so abgesetzter Bischof
den Versuch, seinen alten Sitz wieder zu gewinnen (xoXu/ifjaoi imßfjvai
rj;

i£eßX-rjfrYj) oder verließ er den Ort seiner Ver


IE,

xTj; TtöXew;
bannung, so sollte er in ein Kloster einer anderen Provinz geführt

werden.4)
Waren all diese die Unordnung
Bestimmungen der gegen
Bischöfe gerichtet, Bischof
so gibt es andere, eine sehr hohe die dem
Stellung einräumen, wenn auch jene indirekt dasselbe Ziel erreichen
wollten. Von diesen letzten brauchen wir hier nur ein paar zu
erwähnen, später werden sie an Ort und Stelle (in dem Kapitel über
die staatlich-kirchlichen Verhältnisse) näher untersucht. Die bischöfliche
Ordination gibt der Person eo ipso Freiheit und Unabhängigkeit.
Waren die zum Bischof ordinierten Männer früher von den Eltern
abhängig, so wurden sie jetzt.kraft der Ordination von ihnen unabhängig:
(ei

Se auu-ß^j xöv ^eipoxovouu.evov IraaxoTtov uTtö tyjv xoü ?Sfcu yovew;


elvai, aöxYj; tYj; yeipomvia.c, aöxe^ouaio; eaxw.5) Und

eäjouaiav
wenn der Ordinierte ein Sklave war (SouXixrj; xa.i IvuTOypacpou xoyr\q),
wurde er mit der Ordination frei. Wurde ein staatlicher oder militä
rischer Beamter Bischof, was nach den vorhergegangenen Bestimmungen

ff. —
*s)

C. N. 123 Bd.
S.

46 v. 3029-'.
S.

II
3
»)

üpäy|ia o'Jx ärjfr£j Tg ßaaiXsiqi rai rj|isij Ttpdxxovxsj im xov Ttapövxa


3)

iXrjXü9-a|isv vö|iov öadbuj yap xöv iepstov 4jtj<?(Jj xivaj xäW oüx ä£iü>v xrjj
fj

£epwaüvr]j xä>v iepaxixöv xaxsßißaas 9-povwv . . . xal


xoaauxcbuj ßaaiXsia
rj

au|npyjifoj -feyovs z-q xwv iepstov aüfrevxiqi, waxs xa 9-siöxspd xs xai äv&pwTuva
auv8pa|iövxa |iiav au|itpwviav xatj 6p9-atj Ttoirjaaafrai c|jifjtpoij . . waxs |iyj8iva
.

xü>v toxvxodv SiaXa9-etv xd xs xfj äp^ispMauviß Sögavxa xd xs bnö x% ßaaiXsiaj


N. 42 Bd. 367 ff.
S.

xexupto|ieva.
I

N. 123 Bd. S. 305 ia'. — N. 123 Bd. 3008'.


S.
II
II

5)
4)
— 59 —

nicht geschehen durfte, wurde er zwar aus dem Bistum entfernt


dann
(tobe, xoiotjxou; tyj; iTtiaxorcüj; ebzoxivou|jivou;), doch setzte man ihn
nicht wieder in seihe alte Stellung ein, um das Priestertum nicht in
Schande zu bringen ix
x% xoiauxYj; xtfyYj; x^ fepwaüvi;]
(iva |lyj
ößpi; yIvkjxäi). a)
Die Bischöfe werden von den Kuratoren- (ireftpoTto; Yj xoupaxwp)
und Vertreterpflichten völlig befreit, damit sie ihre eigene Pflicht
erfüllen können.2)
Kein Richter darf sich erlauben, einen Bischof zu sich und vor
seine Gericht zu rufen, damit er ein Zeugnis ablege. Der Bischof konnte
eidliche Aussage dem Richter durch die Diener des letzteren übermitteln
lassen (6 SixaaxYjc rceu.rcexw Ttpö; aöxou; xiva; ix xwv rcpoawTtWv xwv
&rcYjpexoL>vxwv aöxw).3)wenn ein Bischof unter irgendwelcher
Selbst
Anklage stand, konnte ihn der Richter nicht ohne königliche Erlaubnis
mit Gewalt vor Gericht ziehen; ein Archon, der sich erlauben würde,
einen Bischof iy-fpacpwe; eixe aypacpw; vorzuladen (TCpoaxa£ai), verlor
nicht nur seine Stelle (xYj; £tovYj; £cpafpeaiv), sondern mußte noch
zwanzig Pfund Gold bezahlen, körperliche Strafe dulden (ßaaavoi;)
und seine Stadt verlassen (iv Isopio. Tteu.rcoiievou).4) AH diese Be
stimmungen wurden in den oben genannten Novellen jedesmal erwähnt6)
und ebenso noch in anderen zahlreichen Gesetzen. Eben diese häufige
Wiederholung zeigt einerseits Justinians Eifer um Erhaltung der Ordnung,
anderseits aber auch vielleicht, daß diese Bestimmungen nicht immer
aufrecht erhalten wurden.
Sieht man diese Bestimmungen Justinians über die Bischöfe näher
an, so erkennt man, daß sie vielfach mit denen der Kanones über
einstimmen, wenngleich Unterschiede zutage treten.
viele Justinian
unterstützt mit seinen Gesetzen jene Fülle der Bischöfe, er sorgte für
ihre Bildung, sorgte für die Beseitigung der Simonie und jeder anderen
Befleckung des bischöflichen Amtes; außerdem überhäufte er es mit
Ehren. Kurz, er verlangte die Vollkommenheit des Bischofs, wie sie
den großen Aufgaben des Bischofsamtes an sich und den großen
Anforderungen entsprach, die Justinian an die Bischöfe stellte (wie wir
noch sehen werden), indem er das Verhältnis von Staat und Kirche
oder die Beziehungen der Bischöfe zu den Staatsbeamten regelte. Da
hier von den Bischöfen im allgemeinen die Rede ist, so können wir
gleich Justinians Bestimmungen über die hierarchische Ordnung der
Bischöfe, wenigstens der angesehensten, erwähnen.

N. 123 Bd. II S.
1) 3009'. Hier kann man schon den Gedanken an
einen character indelebilis bemerken.
») N. 123 Bd. II S. 300e', c'. — 3) N. 123 Bd. II S. 302g '.
— 5) Siehe oben S. 53 f.
4) N. 123 Bd. II S. 302V.
60

2. Hierarchische Ordnung der Bischöfe.


Obschon Justinian behauptet, die hierarchische Ordnung in seiner
Gesetzgebung sei die der heiligen Kanones (9-eaTiCou-ev xaxa xoü;
aöxöv [xwv auvgowv], öpou;)1) findet man darin doch Bestimmungen,
die von ihm stammen, ohne sich auf die vorliegenden Kanones
zu stützen.
Die gesetzlich anerkannte hierarchische Ordnung findet sich zwar
in der oben genannten Stelle, doch finden wir dieselbe in mehreren
Gesetzen vor.
Folgen wir dieser hierarchischen Ordnung, so steht von den
Bischöfen an erster Stelle der römische: xöv iytwxatov rrjc npeafrjxiptz-
Twuvj:; ~aTiav Ttpötov elvat Ttdvxwv xöv Eepewv.2) In dem Gesetze
Cod. I 1. 7 vom 26. März 533 3) tritt Justinian mit Eifer ein für die
dauernde Vereinigung mit dem Patriarchen bzw. mit dem apostolischen
Thron des altenRoms: otXkä oii Tödvxwv yuXaxxovxe; xyjv xaxaaxaatv
xi); £voiaew;xöv ^vtwxaxwv -Exx^yjatöv xtj; Ttpö; xöv Äytwxaxov
IIsOTav xyj; Ttpeaßuxepa; Töuyj; xat TtaxptdpyYjv.4) An derselben
Stelle nennt er ihn Haupt aller Priester (w; xecpaX^ ouarj Ttdvxwv xöv
aytwxdxwv xoö 6eoD Eepewv). Er
sagt, alle Priester unterstehen und
gehorchen dem römischen Bischof (omnes sacerdoti universi orientalis
tractus et subicere et unire sedi vestrae sanctitatis). 5) Die Titel, die er
dem römischen Bischof gibt, sind verschieden; er nennt ihn bald
uaxaptwxaxo; IlaxptapYjrj;, bald ä-^-mxa.xoc, IIaTta;, bald iTtfoxoTra;,
bald dp/jsTttaxoTto;, bald Eepeu; usw.
Daß Justinian dem Nachfolger Petri mit großer Ehrfurcht gegen
überstand, kann man nicht leugnen. Zum Papste der Kaiser nahm
nicht immer, wie man behauptet, je nach Maßgabe seiner Religions
politik eine verschiedene Stellung ein; aus seinen Schriften und Briefen
ergibt sich, daß Justinian mit der Einheit der Kirche immer den
Gedanken an die Einheit mit Rom verband, auch wo es sich gar nicht
um Religionspolitik handelte. So wahr das auch ist, so darf man
darum doch nicht glauben, Justinian habe den Primat des römischen
Bischofs (in späterem römischen Sinne) über die orientalischen Kirchen
anerkannt. Die genannten Ausdrücke sind bloße Redensarten und
Komplimente für den occidentalischen Patriarchen. Das zeigt nicht
nur des Kaisers Religionspolitik allein, sondern die Tatsachen, daß er
dem ökumenischen Patriarchen überall die gleiche Stellung zuweist und

1) N. 131 vom 14. März 545 Bd. II S. 267ß-.


2) N. 131 Bd. II S. 267 ß'. — 3) C. S. 12 v. 12 ff. —
") ibid.
5) C. I. 1. 8 vom 5. Juni 533 (S. 15 v. 6).
— 61 —

vielen Bischöfen die Unabhängigkeit von jedem Patriarchat gab, so


denen seiner Vaterstadt.
Auf den römischen Bischof folgt hierarchisch der Patriarch von
Neu-Rom, der aber ebenso wie der römische der erste aller Priester ist.
(xöv 64 uaxaptwxaxov ipytenlay.OnOy/ KwvaxavxtvoimoXew; xfj; vla;
Twu.rj; Seuxlpav xd£tv lni-/_ztv |iexa xöv <fcYiwxaxov dTOaxoXtxöv
9-pövov xfj; Ttpeaßuxlpa; Pwu.yj;, xöv 5k äXXwv Ttavxwv Ttpoxtuäa9-at. 1)
Dem Bischof von Konstantinopel gibt er auch verschiedene Namen:
^TtfoxoTOV, dpxteTttaxoTiov x?j; vla; Pwu.rje, oExouu-evtxöv Ttaxptdp)nrjv
(namentlich so) usw. Vor dem Patriarchen von Konstantinopel hat er
ebenso große Ehrfurcht und überhäuft ihn vor allen anderen Bischöfen
mit Privilegien. Namentlich das Vorrecht, daß kein Bischof irgend
welcher Diözese zum Kaiser gehen durfte, ohne vom Patriarchen ein
geführt zu sein, gibt dem Patriarchen von Konstantinopel ein großes
Ansehen in der Kirche.2) Außerdem ist der eigentliche Träger der
Privilegien, die Justinian der Kirche Konstantinopels gab, der Patriarch
in seiner hohen Macht. Natürlich konnte diese Macht die bischöfliche
Macht Justinians nicht übersteigen, denn von ihm leitete sich die Macht
aller übrigen Bischöfe her.
Auf diese beiden Patriarchen folgen der Reihe nach die Patriar
chen von Alexandrien, Antiochien (0eouTtöXeco;) und Jerusalem.3) Über
sie findet man in Justinians Gesetzen keine besonderen Bestimmungen,
denn ihr Thron spielte keine große Rolle. Justinian bestätigt bloß den
ihnen von der Kirche zugewiesenen hierarchischen Rang.
Justinians rein persönliches Wirken auch in diesen Angelegen
heiten der Kirche zeigt sich am klarsten in der Erhebung des Bischofs
seiner Geburtsstadt (xyj; npwxrj; -Iouaxtvtavrj; xfj; -?juexepa; IlaxpfSo;)
zum Erzbischof und Metropoliten. Besonders durch die Novelle 11
vom 26. April 535 (De privilegiis Archiepiscopi primae Justinianae),4)
aber auch in dem y' Kapitel der erwähnten Novella 131 5) gibt er die
entsprechenden Bestimmungen. Danach soll der Bischof von Prima
Justiniana „non solum metropolitanus, sed etiam archiepiscopus" werden;
unter „eius aucforitate" sollten folgende Provinzen stehen: Mediterranea
Dacia, Dacia Ripensis, Mysia secunda, Dardania, Praevalitaua Provinzia,
secunda Macedonia, pars secundae Pannoniae, quae in Baccusi est
civitate.6) Der Erzbischof von Prima Justiniana wird durch dieses
Dekret frei und unabhängig von seinem bisherigen geistlichen Oberen,

1) N. 131 Bd. II S. 267 ß-. — 2) N. 123 Bd. II S. 3039--.


N. 123 Bd. II S. 298r- — ") N. 11 Bd. II S. 130
f..

3)
N. 131 Bd.
S.
II

267Y-.
6) 5)

N. Bd. N. Bd.
S.
S.

131; 267r-f.
II

11 131
I
— 62 —

dem Erzbischofvon Thessalonich. Dieser Erzbischof soll in sämt


lichen genannten Provinzen „primum honorem, primam dignitatem,
summum sacerdotium, summum fastigium" haben.1) Die Bischöfe der
genannten Provinzen sollten nur von ihm und seiner Synode ordiniert
werden und er soll von keinem anderen als von seiner Synode
ordiniert werden (Ttap- auxoö xoüxou; [xoü; bnö xyjv StxatoSoat-av aöxoö
imaxÖrau;] yetpoxovela9-at, aöxöv otxefa; auvöSou
ok bnö x?j;
/etpoxoveTa9-at).") Der Erzbischof der Prima Justiniana soll in jenen
Provinzen dieselbe Stellung einnehmen wie der römische Bischof in
seinen (xat iv aöxal; xaXc, ÜTtoxet^lvat; auxw irzapyjät^ xöv xoTtov
iTteyetv aöxöv xoö aTtoaxoXtxoö Tw|irj; 9-pövou).3)
Im S' Kapitel der Novella 131 wird die Würde des Erzbistums
dem Bischof von Karthago von neuem bestätigt, sowie allen Erz
bischöfen, denen solche oder ähnliche Privilegien ix ßaatXtxij; cptXoxtu.ta;
gegeben waren.4)
Dies sind Justinians Hauptbestimmungen über den Bischofsrang.
Da wir damit die Bestimmungen der justinianischen Gesetze über die
Bischöfe als solche zu Ende geführt haben, so können wir zu den
Bestimmungen für die niederen Kleriker übergehen.
Da die Synoden doch hauptsächlich von den Bischöfen gebildet
wurden und als eine Funktion hauptsächlich des bischöflichen Amtes
gelten können, wollen wir gleich nach den Bestimmungen über die
Bischöfe Justinians Bestimmungen über dieSynoden kurz zusammenfassen.

3. Synoden.

Justinian nimmt die Synoden als etwas Gegebenes und Fest


gesetztes, so daß die betreffenden Bestimmungen sehr kurz sind.
In den Justinianischen Gesetzen kann man die Provinzial- und
die allgemeinen Synoden unterscheiden. Die ersten sind in Justinians
Augen sehr wichtig für die kirchliche Ordnung, doch auch für den
Glauben, da sie meist die Vorstufe der allgemeinen Synoden bildeten;
dagegen bedeuten die zweiten sehr viel für Glaubenssachen und sind
von ihm, wenn auch nicht mit direkten Worten, als unfehlbar
anerkannt.
Die Hauptbestimmungen über die Provinzialsynoden finden wir in
dem t' Kapitel der genannten Novella 123 vom 1. Mai 546 und in dem
S- Kapitel der 137. Novella vom 26. März 564. Zweck der Provinzial

1) N. 11 Bd. I S. 132.
2) N. 131 Bd. II S. 267Y-; N. 11 Bd. I S. 132.
3) N. 131 Bd. II S. 267/268r-. — 4) N. 131 Bd. II S. 2688-.
— 63 —

synoden (xöv auvöSwv xöv öatwxaxwv iTttaxarcwv xöv ö^ecXoi>aöv


xa9-- exdaxrjv eTtap^av y^eaftat1) war. ?va Ttäaa ixxXrjataaxtxrj

-?j
xaxaaxaat; xat 9-eTot xavove; im|ieXö; cpuXdxxotvxo.") Die Provinzial-

oE
synoden werden als von den Aposteln und den Vätern verordnet erwähnt
(oi ulv oöv aytot aTtÖaxoXot xat

oE
Ttaxepe; öptaav Seuxepov Sxou;
exdaxou yfvea9-at auvöSou; xwv oatwxaxwv Eepewv, fjxot eTuaxÖTtwv iv
ixä.ax-Q inapyicf.;") er bestimmt sogar Zweck und Zeit dieser Synoden
nach jenen apostolischen und kirchenväterlichen Verordnungen: xa
dsvacpuö|isva xat x^; Ttpoarjxoüarj; a£toua-9-at Stop9-waeto;,
i£exa^ea9-at
xouxeaxt u.tav x^j xexapxig uiv
ißSo|jtaSt xrj; äyt-a; Ttevxrjxoax?;;, xtjv
Se aXXyjv xaxa xöv öxxößptov u.-fjva.4) Die Patriarchen, Metropoliten
und Bischöfe werden beauftragt (xeXeuo|aev Iva Sxaaxov . .),5) die

.
Provinzialsynode ein- oder zweimal jährlich zu berufen (xoü; öatw-
xaxou; iTuaxctaou; xou; bn -aOxou; xeXoövxa; xaxa xyjv auxrjv ina.pyj.av
äna.^ S1$ xa9-- Ixaaxov exo; Ttpö; iauxöv auyx.a.Xeiy),\-) um alle
irj

Kirchenfragen zu untersuchen und zu lösen. Veranlassung zu diesen


Bestimmungen über die Provinzialsynoden scheint die Vernachlässigung
dieser bischöflichen Pflicht, denn in der Novella 137 wird direkt gesagt:
-?jlist; Se eupövxe;, w; ix xfj; xotauxrj; au.eXeta; TtoXXot Stzyöpote,
auapxVju.aat TtepteßXrj\hjaav x. x. X.T) Er verordnet nun, daß auf jeden
Fall eine Synode (TzöLgt xponoic, [u-av auvoSov yiveo&a.i) jährlich in jeder
Provinz berufen werde, und zwar entweder im Juni oder im September
(xö xö oeTtxeu.fipfou |iiqvf). Um die Patriarchen sollen sich
Ic,uvIm
rj

jene Bischöfe zur Provinzialsynode versammeln, die einen anderen


Bischof nicht ordinieren können (xat auvcivat Ttapä |jtev xolc u.axaptw-
xaxot; Ttaxptapxat; ixeEvou; xou^ map- aöxöv uiv xetPoTOVou^vou; Iatj
lXovxa; Se Stxatov aXXou; eTujxöTiouc; xetpoxovetv);8) um die Metro
politen sollen sich die Kleriker9) (xoü; 6TC- aöxöv xetPoxoVolJ!ieVou;)
zur Provinzialsynode vereinen. Die Gegenstände dieser Synoden sollten
Glaubenssachen, Verfassungsfragen, kirchliche Streitfälle zwischen den
Klerikern, kurz alles bilden, was einer Verbesserung bedurfte.10)
N. 137 Bd. S. 4118-. — N. 123 Bd. S. 303c-.
II

II
3), 1)

-)

N. 137 Bd. 4118-. — N. 123 Bd. 303t'.


S.

S.
II

II
5)
J)

ibid. 304t-. — N. 137 Bd. 4118-.


S.

S.
II
6)

T)

Es scheint hier von den Choroepiskopen die Rede.


10) 9) 8)

N. 137 Bd. 4018-.


S.
II

xdj xtvou|isvaj alxtaj xa


cp

Tiapd ttvtov
y)

&cp- -Kpoaa.yysXXöfisv<x.
tj

Ttpotpdast Tttaxstoj xavovtxtöv £njxrjastoV Scotxifjastoj ixxXrjataaxtxüv TtpaY|idxtov


rj
tj
-5j

Ttsp-t iTuaxÖTitov Tipsoßuxiptov 8taxöv«ov äXXtov xXrjptxtöv Ttspt


rj

rj

tj

rj

fjYoo|i4vcöv |iovaxüv Ttsp-t xaxsYVtoa|jtsvou ßtou xat xai äXXtov xtvröv


rj

tj

fj

8so|isvtov eTtavop9-d>astoj xtvsta9-at xs xai Ttpoarjxövxtoj sgsxd£sadut, xat xrjv iTt-


atixotj Stöpd-toatv Ttpo-isvat xotj 9-stotj xavöat xat xotj fj|isxipotc vö|iotj
N. 137 Bd. S. 4118-.
II

ouußatvouaav.
— 64 —

Die Provinzialsynoden sollten aber nicht nur solchen Zielen


dienen, sondern auch der Untersuchung der gegen Kleriker schwebenden
Anklagen, also ein Richteramt annehmen.1) Trug die Provinzialsynode
einen richterlichen Charakter, so sollten die Anklagen gegen die Kleriker
nach der Hierarchie untersucht werden; war nämlich der Angeklagte
ein Bischof, dann sollte die Untersuchung dieser Anklage sein Metropolit
anstellen, von seiner Synode umgeben, wenn ein Metropolit, dann der
Erzbischof (Patriarch), unter dem er stand (Öcp' SvxeXei);2) war der An
geklagte endlich ein niedriger Kleriker, dann untersuchte ein Bischof
seine Sache. Das Gesetz gibt der Hoffnung Ausdruck, daß selbst die
Laien, wenn diese Bestimmungen genau beobachtet werden, viel Heil
und Gutes davon erfahren werden.8)
Derart sind die Bestimmungen über die Provinzialsynoden in
normalen Verhältnissen. Im xß' Kapitel der genannten 123. Novella
aber finden wir einige Bestimmungen für nicht normal verlaufende
Verhandlungen. Stimmten nämlich in einer provinzialen Synode einige
Bischöfe nicht überein und konnten sich nicht einigen (über kirchen
rechtliche oder irgend andere Fragen (d|icpiaßVjxYjafv xiva npbc, &X)d\-
Xou; IxxXYjaiaatixoü
iyciev ehe ur.kp Sixaiou ehe uTtep äXXwv xivwv
Ttpayu.äxwv),4) der Metropolit mit zwei andern Bischöfen
dann sollte
aus derselben Synode den Streit schlichten. Waren aber beide Parteien
mit seinem Urteil unzufrieden, so sollte die Sache vor den Patriarchen
jenes Sprengeis (IxefvYj; trj; SioixVjaew;) kommen, der nach den kirch
lichen und staatlichen Gesetzen das Endurteil fällen sollte, ohne daß
jemand widersprechen durfte.5) In diesem letzten Satz ist die Jurisdiktion
der Patriarchen über die Provinzialsynoden gegeben.
Den kurzen Notizen über die Provinzialsynoden folgen nun die
noch kürzeren über die allgemeinen Synoden (oixeuuevixal otivoSoi.)
Wie hoch sie Justinian achtete und welchen Wert er ihnen beimaß,

:) |irj |iövov 8e ev xatj xafr' ixaaxov exoj ysvrjao|lsvaij auvö8oij xaöxa-


£rjxsiafrai, äXXd xai öadxij äv xivej xaxrjyopVj&etev xöv iepstov rj xXijpixtöv tj
Yjyou|isv0!>v x. x. X. . . . ä>£ rcapd xoüj 9-siouj xavövaj 8iaTtpaxxö|ievoi. N. Bd. II
S. 412e'.

2) N. 137 Bd. II S. 412s'.

3) xouxtov y^P ouxw ^uXaxxo|isvtov xai oi Xa'ixoi TtoXXrjj evxsM-sv Ttepi xs

xtjv öp{Hjv Ttiaxiv xai xöv ae|ivöv ßiov TtpoxoTtrjj xs xai eTtavop!kbastoj dgwiWjaovxau
N. 137 Bd. II S. 412e'. Zu den hierarchisch geordneten Gerichtsverhandlungen
gegen die Kleriker vgl. auch N. 123 Bd. II S. 312 xß'.
*) N. 123 Bd. II S. 312 xß'.
5) xdxetva 6pi£ex<o [ö Ttaxpidpxrj?] äxiva xoij exxXrjaiaaxixoij xavöai.
xai xoij vö|ioij auvaSei, oüSsvöj |iepouj xaxd xrjj <!fi]qon aüxoö dvxiXeysiv

Suva|isvou. N. 123 Bd. II S. 312xß'.


— 65 —

haben wir gelegentlich und in seiner Gesetzgebung


in seinen Schriften
gegen die Häretiker Es genügt, uns hier an das Gesetz
gesehen.
Cod. I 1.7 vom 26, März 533 1) zu erinnern. Er rechtfertigt seine Ver
urteilung der Häretiker mit den Worten, er folge hierin einfach den
vier vorangegangenen Synoden (Nicaea, Konstantinopel, Ephesus,
Chalcedon) und ebenso die Kleriker. Dann sagt er, wenn man auch
nur wenig von den vier heiligen Synoden abweiche, gebe man indirekt
den Häretiker die Freiheit, ihre Häresien wieder in- die Kirche herein
zutragen, was niemals geschehen dürfe (|irj yivotxo) da die ökumenischen
Synoden doch insgesamt sie und ihre Dogmata verurteilten. Wer an
einer Synode zweifle, sei eo ipso Häretiker.3) Alles, was die öku
menischen Synoden anathematisierten, bestätigt er auch.3)
Daß die Einberufung der ökumenischen Synoden dem Kaiser
oblag, sagt er ganz klar: StoiiStj ulv Y^ovev izl xotc, öp9-oSö£ot; xal
eöaejjw; TtpoßejJaatXeuxwai xoT; -?ju.sxspcx; Ttaxpaat xa; xaxa xatpöv
dvacpuo|iiva; aEpeaet; Stä auvöSwv öatwxdxwv tepiwv ixxöTtxetv xal
x^; 6p\H?j; m-axew; xa9-apw; %rjpuxxouivrj$, etp^vig xtjv aytav xoö iv
fteo& ixxXrjatav StacpuXaxxetv . . . lxt Si TtpoxpeTO|i,at u|iä; ifexaaat
xal xa xaxt&; ypzylvta. Tiapä 6eoSwprjxou xat "Ißa xaxa-tyj; iv
-E<yiaw Ttpwxrj; ayta; auvöSou xal 6|iofw$ xa xax- aöxoö dTiocprjVsa9-at,4)
und es ist sonst aus seiner Tätigkeit bekannt. Am klarsten zeigt, wie
hoch er die Synoden schätzt, die Gleichstellung der Synodalkanones
und der staatlichen Gesetze. Die heiligen Kanones haben absolute
Autorität, wie sie im Staate nur die Gesetze haben; darum gelten die
Kanones gleich den Gesetzen. In dem Gesetze Cod. I. 3. 44 5) vom
18. Oktober 530 sagt er ausdrücklich: -ETietSyj xotvuv . . . xoü; Se
9-efou; xavöva; oOx SXattov xwv vöuo>V layüzw xat ot -?j^exepot.
ßoüXovxat. fteaTu^ouev xpaxetv uiv . . . xa xoT; Eepol; Soxoövxa
vöu.ot,
xavöatv, c1>$ äv eJ xal xolc, to/UxlxoI; iveYsYpaTtxo vö|iot;.6) Daß unter
xavöve; besonders die Beschlüsse der ökumenischen Synoden ver
standen werden müssen, sagt er in der Novella 131 vom 18. MärzT)
ganz klar: ÖeaTti^o|isv xofvuv xd£tv vöu.wv iTtexetv xou; ayfou;
ixxXvjataaxtxoü; xavöva; xou; öto xwv dytwv xeaadpwv auvöSwv
ixxe9-evxa; vj j5eJ5atw$-svxa;, xouxeaxt xfj; iv Ntxafa xöv xaj', xat x?j;
iv KwvaxavxtvouTtÖAst xöv ayfwv pv- Tiaxipwv, xal x% iv -Ecpeaw

C. S. 12 ff. — C. S. 13 v. 36 ff.
1) 2)
3) Ttdvxaj ydp xoi>j Tiap- aüxtöv [ouvöStov] xa3,at|5s9-svxa:; xai ava3-s^a-
xta9-svxaj xai xa xäjv xai)-atps9-svxtov 5oy|iaxa xai xoüj xa aüxtöv cppovrjaavxaj
rj cppovoövxaj dva9-s|jiaxi£o|isv. C. S. 14 v. 3 f.

4) TüTtoj x. x, X. PG. 86 Bd. 1 col. 1035 C— 1041 D.


5) C. S. 47 v. 26 f. — 6) C. S. 47 v. 21 f.

T) N. 131 Bd. II S. 266 ff .
A ivisatos, Gesetzgebung Justinians I. 5
— 66 —

Ttpwxrj^ iv fy Neaxöpto; xaxexpifl-rj, xal tyj; iv KaXxrjSövi xa9-- Yjv


Eötu/tj; |isxa Neaxopfou avefteu.axt-aftrj. xwv yap Ttpoetptjuivwv sqx-wv
auvöSwv xal
xa Söy|i,axa xa9-aTtep xa; 9-eta; ypacpa; Se)(öu.eva [01]
xal xavöva; w; vö^ou; cpuXdxxou.ev.1)
xou; Was die heiligen Kanones
verbieten, das verbietet er auch: oTtep yap ol EepoL xavöve; xwXuouac,
toöxo xat f/|isi; Sia xwv rju.exepwv etpyo|isv vöu.wv.2) Ähnlich in der
genannten Novella 43 vom 4. Aug. 536: oaaxi; yäp xwv tepiwv

-?j
41fjcpö; xtva; xwv oöx d^wv xfj$ Eepwauvrj; xwv Eepaxtxwv xaxeßfßaae
. . xoaauxaxt; xat au|i4'vjcpo; y^ove x^ xwv

-?j
-9-pövwv [JaatXeta
.

tepewv aO9-evxta, öaxe xa 9-etöxepd xe xal av9-pwTttva auvSpauövra


u.tav au|i9WVt.av xal; gp9-at; TOnrjaaa9-at ^T0i-*3)
Damit ist das Wenige, was Justinians Gesetze über die öku
menischen Synoden ausdrücklich bestimmen, gesagt.4)
Aus ihnen geht des Kaisers große Sorge hervor, die Konzilien
hochgestellt zu sehen, die hauptsächlich den Glauben ordneten und
festsetzten. Man hat vielfach gesagt, daß die allgemeinen Konzilien wie
immer so auch bei Justinian vom Kaiser berufen wurden und von ihm
abhängig waren. Selbst von römisch-katholischer Seite ist dies sehr
stark betont worden, natürlich damit dargetan werde,, daß die Infallibilität
des römischen Bischofs die der Synoden überrage.5) Es mag sein, daß
die Kaiser die Leiter der ökumenischen Synoden und daß diese vom
Kaiser abhängig waren. Ebenso wahr ist aber, daß die Kaiser, am
allermeisten Justinian, von den ökumenischen Synoden (bzw. von der
herrschenden Theologie der Zeit) abhängig waren. Abgesehen von
der Infallibilität der ökumenischen Konzilien waren diese nicht, wie man
behauptet, der absolute Willensausdruck des Kaisers, sondern der Aus
druck der Lehre der Majorität der Kirche, die der Kaiser billigte. Man
kann auch nicht sagen, wie sonst geschieht, der Kaiser habe die Kon
zilien von sich aus berufen, denn erst forderte der Klerns ihre Berufung.
Damit ist natürlich nicht gesagt, der Kaiser sei ganz ohne Einfluß auf
die Konzilien gewesen: der Einfluß ist unverkennbar, wenn er auch
nicht so zu verstehen ist, als ob die Konzilien ein Werkzeug in des
Kaisers Händen gewesen wären.
ü)

Wir gehen nunmehr zum zweiten Klerikerstand, den Presbytern


und den Diakonen, über.

N. Bd. 267 a-. - C.


S.

47 v. 40.
S.

131
II
1)

2)

N. 43 Bd. — Knecht a. a. O. S. 66
S.

367
f.
f.
5) 3)

4)
I

Vgl. „Synoden" von A. Hauck, Real-Enzyklopädie3, Bd. 19 S. 262ff.,


wie auch die Literatur.
Über die Synoden vgl. Oasquet a.a.O. L-empereur et les Con-
fi)

ciles p. 155 sqq.


— 67 —

4. Presbyter und Diakonen.


Die Justianischen Gesetze betrachten den Stand der Presbyter und
Diakonen unter demselben Gesichtspunkt, so daß die Bestimmungen
für die ersten auch für die zweiten und umgekehrt gelten. Viele Be
stimmungen reden von den Vorzügen, die die priesterlichen Personen
haben sollen; und gerade das zeigt des Kaisers große Sorge, im Klerus
die besten Elemente vereint zu sehen.
Zuerst wird verlangt, daß die Kleriker (Presbyter und Diakonen1)
und natürlich viel mehr die Bischöfe) Bildung besitzen; ungebildete
Kleriker duldeten Justinians Gesetze auch in den niedersten Klassen
nicht, wie wir noch sehen werden. In der Novella 6 vom 12. März 535
wird ausdrücklich gesagt: ueuapxuprj|iivou; ävSpa; y_zipoxovzla%-au
%-zantL,o\izv, ypa|i|iatü>V Ttavxota; sTuaxrj|iova; Svxa; (Ypdu-u.axa yap

drfvooövxa TtavxeXö; od fouX6\iz%-z iv oöSe|ita xa£et xXr\ptxöv elvat).2)


Die oben genannten Bestimmungen für einen früheren ßouXeuxrjv

ifj
xa£ewxrjv3) gelten genau so für die Presbyter und Diakonen wie für
die Bischöfe. Für die Eheverhältnisse der Bewerber des Klerikeramtes
wird bestimmt, daßschon zweimal verheiratet waren
solche, die
(xöv Seuxepou; I/ovxa Ya|iou;)4) oder solche, die mit einer Frau ver
heiratet sind, die unmittelbar vor der Ehe nicht Jungfrau war (|juä;
-fa^eT?j; ävSpa xal
YSVÖ|isvov aöxrjc awiypovo; xod ix Tiapftevfa;
[^rjxe yuvatxa Ste^euyu.ivrjv xal xöv olxeiov ÄvSpa xaxaXtTtoöaav, |atjxe
TtadXaxVjv]), keine Priester werden dürfen, denn die Kleriker sollen in
höchster Keuschheit leben, da sie die Grundlage jeder Tugend ist:
(o'jSeV y«P oöxw; iv vx.lc, {sparte, yeipoxovla.ic, w; auxppoauvrjv iTuXexxeov,
TtpwxrjV apyjjv xal 9-s|ii/ltov axptpr\ xaxa xou; -9-aou; xavöva; xat xtj;
XocTtyj; dpex^; xa9-eaxwaav).0) Die Kandidaten des Priesterstandes
sollten ferner rechtgläubig sein (äpfHjv roaxtv) und überhaupt ein tadelloses
Leben führen (xod ßfov ae|ivöv Ixouatv). Daher sollen die Bischöfe
6)

bei einer bevorstehenden Ordination genau prüfen, wie die Lebens


führung der Kandidaten beschaffen ist, um die besten Männer zu finden
und der Ordination Tadel und Schande fernzuhalten.T) Soll ein Pres

Vgl. „Diakonen" von Achelis, Bd. 600 ff.


S.

Real-Enzyklopädie
3,

4
*)

N. Bd. 525'. — Siehe S.-53 und 58 N. Bd. S. 52 8-.


f.,
S.
6

5) 3)
4) 2)

N. Bd. S. 52s'. — N. Bd. 53s-.


S.
6

N. 123 Bd.
S.

305 tß-.
II
T) «)

xoüj a-rto-jj
[&TtL3Y.6ko dj] süXaßsaxdxooj
ÜTi* x/bjptxouj |isxa TtXsiaxrjj
6ayjj Jrjtrjastoj xaxd xouj tspouj xavövaj, xai |is|iapxuprj|isvouj
Ytvsa9-at ävSpag
Xstpoxovsta3-at 9-saTü£o|isv . . tifjv xs Xstpotoviav ä|is|iTixöv xs xai dvsü9-uvov
.

xai 8ix« xtvoj dvxtpprjaswj vcai Söaswj xprj|-ldxtoV TtpaY|idxtov 5sxo|isvtov.


^

N. Bd. S. 525'.
I

5'
— 68 —

byter ordiniert werden, so muß er das dreißigste Lebensjahr vollendet


haben (rcpeaßijxepov Se IXaxxova xwv xpiäxovxa Iviauxöv -ft'v£a$'ai
oöx Imxpino\ie»), ein Diakon das fünfundzwanzigste (a.XX' o0Se Siäxovov
yjxxova xwv eixoaiTOvxe).1)
Wer all diese Vorzüge hatte, durfte ordininiert werden. Die Be
stimmungen in bezug auf Anklagen gegen Personen, denen die Ordi
nation bevorstand, sind dieselben wie beim Bischof.2) Daß die Ordi
nationen der Kleriker die gegebene Zahl der Kleriker zu berücksichtigen
hatten, werden wir noch sehen.
Wie bei den Bischöfen wurde auch bei den Presbytern und
Diakonen die Simonie schwer bestraft. Nur sollte bei der Ordination
der Ordinierte den Dienern des Bischofs die von der Sitte festgesetzten
Gaben verabreichen, die aber eine bestimmte Summe nicht überschreiten
sollten (£vo; £viauxoü Stäpia
uTtepßaivouaa;).3) Durch die Novella
u.Yj

56 vom 30. Okt. 537 ist bei schweren Strafen verboten, den Klerikern
für ihre Anwesenheit (i|upaviaiu.wv) bei der Ordination Geld zu geben.4)
Auch seinen Mitklerikern durfte der Ordinierte nichts geben.8) Nur
wenn ein Kleriker vor seiner Ordination sein Vermögen oder einen
Teil davon (xi xwv iSfwv mpayu.axwv) der Kirche, der er angehören
sollte, schenken wollte, wird sein Entschluß gelobt und genehmigt.6)
Wurde ein Sklave zum Kleriker ordiniert, dann befreite ihn die Ordi
nation, wenn das auch gegen den Willen seines Herrn geschah, verließ
er aber nach der Weihe seinen Priesterstand, dann wurde er sofort
wieder Sklave.T) Jeder Kleriker, der nach der Ordination den Priester
stand irgendwie verließ, verfiel schweren Strafen und mußte Zwangs
dienste tun.8) Die Ehe der Kleriker nach der Ordination wird mit
Absetzung und sonst schwer bestraft.9)
Ordnen diese Bestimmungen die Verhältnisse der verheirateten
Priester, so haben wir ähnliche für die unverheirateten. Unverheiratete
Priester und Diakonen durften mit keiner Frau zusammenwohnen,
höchstens mit ihrer Mutter oder ScHwester in bezug auf die Sitt
lichkeit der Kleriker ausgeschlossen bleibe. Wohnte oder sonst

1) N. 123 Bd II. S. 305 iT'.


2) Siehe oben S. 541 N. 123 Bd. II S. 305 f. i8'.
a)

°)
N.
N.
123
123 Bd. II S. 307 ij'. -
Bd. II S. 307 ij'. — 4) N. Bd. I S. 438 ff .
6) N. 123 Bd. II S. 308 ij'.

') ibid. S. 308 f. —


s) N. 6 Bd. II S. 55 £'.
9) oü Suva^svou xoö xsipoxovoövxoj iv xü> tia.ipm xrjj xetP0toviaj eTtixperceiv

xip 8iaxövw |isxa xrjv xsipoxoviav ya|iex-fjv Xaßstv. el 8s |isxa xrjv xstP0~0viav
xoö xXr]pou (auch N.
--q

Ttpsaß'Jxepoj SidxOvoj äyciyt,xai -j,a}isxfjv, sxßaXsaiko


6

Bd. 53 s') v.xl xrjj TtriXewj, iv xXrjpixoj xwv tSiwv


S.

xtj rjv, |isxa


y

ßouXri
I

N. 123 Bd. 306 i8'.


S.
II

Ttpa7|iaxtov TtapaSi8öaiho.
— 69 —

einer nahestehenden Verwandten, damit jedes Mißverständnis aber


ein Kleriker
gegen diese Bestimmungen mit einer Frau zusammen

(iv xtp oixw iitefoaxxov


?Siw [yuvalxa] I^eiv), so s°Hte er ein- oder
zweimal (xai äna.E, xal Sf;) von seinem Bischof und seinen Mitklerikern
gewarnt werden (bnb xoü ESfou iraaxöra>u tj 6Ttö xöv iSto>v auy-
xXYjpixöv uTtou.vYjafrei;). Wurde aber entdeckt, daß er beharre, ge
schweige mit einer solchen Frau in unsittlichem Verkehr stehe, soll
ihn sein Bischof aus dem Priesterstand verstoßen (xoü xWjpou aöxöv

ixßaXXexw) und den politischen Strafen überlassen.1)


Die schwersten Strafen wurden über Kleriker verhängt, die ein
lügenhaftes Zeugnis ablegten (c]jeuSou.apxupfav). Geschah dies um
Geldes willen, dann verfiel der Schuldige statt körperlichen Strafen
(ävxi ßaaävwv) einer dreijährigen Entfernung vom heiligen Amt und
der Einschließung in ein Kloster (Inl xpel; iviauxou; ^wpiCeafrai x%
%-eia.c, Örcrjpea:a; xal u.ovaaxrjpfoi; TtapaSiSoafrai). Ging das falsche
Zeugnis auf verbrecherische Taten, wurde der Schuldige seines
dann
priesterlichen Amtes enthoben und verfiel den bestimmten politischen
Strafen (xrj; iv xtj> d£fa; yu|ivoU|jivou; xal; vou.fu.oig uTtoßäXXe-
xXVjpw
afrat Ttoival; rcpoaxaxxou.ev).2)
Was das Priestervermögen anlangt, so durften die Priester ihr
Vermögen frei behalten und nach ihrem Willen verwalten.3) Außerdem
durften die Kleriker ähnlich wie die Kriegsleute ein Gut (peculium)
haben, worüber sie in ihrem letzten Willen ganz frei verfügen konnten,
was für solche Güter nicht galt, die sie während ihres Priesterstandes

erwarben.4) Von der Besoldung der Presbyter wird noch die Rede sein.

5. Niedere Kleriker.
Derart sind
die Bestimmungen über die Kleriker, doch bilden
die erwähnten Kleriker noch nicht den ganzen Stand. Nach Justinians
Gesetzen sind Kleriker nicht nur die Bischöfe, Presbyter und Diakonen,
sondern auch eine Reihe von geistlichen Gehilfen, wie man sie heute
nennt, und noch die Beamten mehrerer Wohltätigkeitsanstalten (xoü; S£
rcpeaßuxlpou; xal Siaxövou; xai &TCoSiaxövou; xal dvirfvwaxa; xai
(jjäXxa;, ouc, rcavxa; xXYjpixou; xa/loüu.ev).5)
Diese niederen Kleriker spielten aber, wie aus den Justinianischen
Bestimmungen hervorgeht, im geistlichen Leben und in der sozialen

]) N. 123 Bd. II S. 316 xfr'. Von den Bestimmungen über die Sitten
und die Sittlichkeit des Klerus ist noch zu sprechen.
=) N. 123 Bd. II S. 310 xa'.

3) N. 123 Bd. II S. 309
iy.
4) C. I 3. 49 vom 1. Sept. 531 (S. 52 v. 17 ff.).
5) N. 123 Bd. II S. 309 ir,'.
— 70 —

Tätigkeit der damaligen Kirche eine große Rolle. Die in den Justinia
nischen Gesetzen niederen Kleriker sind die Hypodiakonen
genannten
(ötoSkzxovot), Vorleser (dvayvwaxat), Sänger (4jaXxat), die Verwalter der
Kirchen und der Wohltätigkeitsanstalten (o£xovöuot), die Kirchenanwälte
(exxXvjatexStxot), die Gasthausvorsteher (^evohöyot), die Krankenpfleger
(voooxö|iot), die Armenpfleger (Ttxwxoxpocpot), die Waisenpfleger (öpcpavo-
xpöcpot), die Säuglingspfleger (ßpecpoxpöcpot) usw. Zu diesen kommen
noch die Chorepiskopen (xwpoeTifoxoTOt), die als Gehilfen der Bischöfe
betrachtet werden. (Von den Choroepiskopen ist in Justinians Gesetz
gebung übrigens fast gar nicht die Rede.) Daß diese niederen Geist
lichen auch gebildet sein mußten, zeigt die kurze Notiz der Novella 6
Ypdnu.axa yap aYvooövxa TiavxeXö; oö ßouXöu.efta iv oöSe|ifa xa£ei
xXvjptxöv elvat. 1)
Diese Kleriker empfingen keine Ordination (xetpoxovt-a), sondern
eine bloße Handauflegung (TtpojJoMj, die spätere xetpo9-eafa). 2) Auch
diese mußte, falls gegen die Bewerber eine Anklage schwebte, bis zur
Untersuchung verschoben werden.3) Ebenso streng sind die Bestim
mungen gegen die Simonie auch für diese Kleriker, was im Hinblick
auf ihre Stellung4) sehr erklärlich ist (es lag ihnen meist die Verwaltung
des Vermögens der Kirchen- und Wohltätigkeitsanstalten ob). Wie die
letztgenannten Kleriker, so dürfen auch diese xa ix xfj; auvrj9-eta;
ivtauxoü Stapta nichts mehr, sonst werden sie wie die
geben, aber
Helfershelfer einer solchen Simonie schwer bestraft; doch können auch
diese der Kirche oder der Wohltätigkeitsanstalt, an der sie dienen, ihr
Vermögen, wenn sie wollen, schenken.5)
Der Hypodiakon mußte 25, der Anagnost 18 Jahre alt sein. Auch
diese Kleriker dürfen keinem niederen Stand entstammen, l-va |jltj xt; ix
xouxou xw eöayeT xMjpw QJBpt; Ttpoa ylvyjxch. e)
Die Beschäftigung dieser Kleriker ist im allgemeinen hauptsächlich
die Leitung (Staxovetv xa.1 Ttpol-axavat) der Wohltätigkeitsanstalten
(eöayöv o?xwv). All diese Kleriker stehen unter direkter Aufsicht der
Bischöfe (bzw. Metropoliten und Patriarchen), xyjv Stobojatv aöxwv
uTtoTtxeüetv, Cod. Just. I. 3. 45 vom 18. November 530. T)
Die Ehe der niederen Kleriker ist in den Justinianischen Gesetzen
nicht so ausführlich behandelt wie die der anderen Kleriker. Diese

1) N. 6 Bd. I S. 52 8'.

2) N. 123 Bd. II S. 308 tj'. — 3) N. 137 Bd. II S. 410 y'.

4) C. I 3. 41 vom 1. März 528 S. 45 v. 6 f.


6) N. 123 Bd. II S. 308 ts'.
6) N. 123 Bd. II S. 306 ts'. Das ücq-st xXtjpcp zeigt, daß es sich hier
um die niederen Kleriker der Wohltätigkeitsanstalten handelt.
T) C. S. 48 v. 31. Davon ist noch später die Rede.
— 71 —

waren in bezug auf die Ehe fast so frei wie einfache Laien, doch
finden wir für ihre erste Stufe (Hypodiakonen und Anagnosten) manche
Sonderbestimmungen. So wird in Novella 6 einem Anagnosten ge
stattet, wenn es durchaus nötig sei (St- ÄTtapafrrjxoV aExfov) in eine
zweite Ehe einzutreten, auf keinen Fall aber in eine dritte, Exavöv yap
Syj xolI xö Seuxepov"1) natürlich konnte ein solcher Kleriker keine höhere
Stellung erlangen, was mit den bisherigen Bestimmungen für die drei
ersten Klerikerstände im Einklang steht: \ir\Sk aTroXauexto (b xotoüxoc,

avayvwaxrj;) ev Eepaxet-a,
ßaft|ioö |isvexw Se im. xouxou xoö
u.efCovo;

ßa\h|iou Ein Anagnost,


Snrjvexw;).2) der trotz seiner zweiten Ehe zum
höheren Priester ordiniert wurde, mußte aus dem Klerikerstand über
. . iTü |ief^ova ßa9-|i<iv
(ei

haupt entfernt werden aTteüaetev, aöxö9-ev


.

[Stwxrj; laxat xal Xal-xg;, Ttaavj; xe tepac: Xetxoupyfa; ixTuTtxwv).3)


Kein Anagnost oder Hypodiakon durfte den Klerikerstand verlassen
(xö Ttpcixepov Eepaxtxöv a^|jta), sonst unterlag er denselben Strafen wie
die Presbyter und Diakonen.4)
Das Vermögen auch dieser Kleriker, das sie während ihrer Amts
zeit erwarben, bleibt nach ihrem Tode der Kirche oder der Wohl
tätigkeitsanstalt, an der sie dienen; sterben sie ohne Testament, dann
bleibt diesen ihr ganzes Vermögen.5)
Da diese Kleriker im Gegensatz zu den vorigen von jeder Pflicht
der Seelsorge frei bleiben, so konnten sie Kuratoren der Waisen und
der Waisenanstalten werden und diese vor Gericht vertreten. Die
Waisenpfleger (öpcpavoxpccpot) konnten das Vermögen der Waisen, das
ihnen nach Entscheidung des Magistrats zukam, an sich nehmen und
bewahren und, wenn sie es für nötig hielten, zugunsten der Waisen
ausgeben oder vertauschen.")
Da wir hier bei den niederen Klerikern stehen, so müßen wir
auch die Bestimmungen über die Diakonissen betrachten, die in
Justinians Gesetzen mit den niederen Klerikern zusammengenommen
werden.
T)

Zum Diakonissenamt sind berechtigt Frauen oder Jungfrauen, die


das 50. Lebensjahr vollendet haben (|itj xetpoxoveta9-at [Staxövtaaav],
rjxt; eXaxxwv iaxt Zweimal verheiratete Frauen durften
u-'

ivtauxol;).8)
keine Diakonissinnen werden.8) Wenn es nötig war, konnte eine Dia
konisse jünger als 50 Jahre alt sein, doch mußte eine solche in einem

N. Bd. 53 g'. —
N. Bd. S. 53 s-.
S. S.
6
5) 3) 1)

6
2)

I
I

N. Bd. ibid.
53 s-. —
55 £-; N. 123 Bd. S. 307 ts'.
S.

II
6

4)
I

N. tT-. vom 18. März 545. Bd. S. 273


II

131
f.

ibid. — ibid. S. 274 ty'.


S.

275 ts'.
e)

T)

N.
j'.

Bd. N. Bd.
S.

53
S.

305
II

123
tf

f.
s)

I
;
— 72 —

daxKjxYjpiov ordiniert werden und bleiben, wo ßfo£ auveaxaXuivoc. xai


uixpio; war.1)
Die Diakonissen durften keine weiteren Verwandten oder Be
kannten haben und mit ihnen verkehren (j3ouXöu.eira [xa; StaxovtVaa;]
u-Yj xiva- auvövxa; I^£iv ev xa£ei Sfj9-ev aSeXcpöv Yj auyyevwv Yj xßv
xaXouuivwv ayaTtrjxwv . . sie mußten entweder im Hause der Eltern

.);
oder der Nächstverwandten wohnen, damit kein Mißverständnis ent
stehe; handelte eine Diakonisse gegen diese Bestimmung, dann mußte
sie nicht nur ihren Diakonissenstand verlassen, sondern wurde auch
schwer bestraft (lv.nsaslza.1 u.ev xr\z. oit.Y.oviol- [xal xoXa£eiv]).2) Die
Diakoniekandidatinnen sollten von den älteren Diakonissen nicht nur in
die Heilige Schrift eingeführt, sondern auch ermahnt werden, ein sitt
liches Leben zu führen und den Diakonissenstand weder durch Wieder
heirat noch durch unsittlichen Lebenswandel entweihen, was mit dem
Tode (Ivoypi [a.1 oiaxövtaaai] yevifjaovxai fravaxou) und Vermögens
verlust bestraft wurde. Diakonissen zu verführen oder zu heiraten, zog
Tod und Vermögensverlust nach sich, xe xaüxa; cpfreipai
di y^u.ai

Yj
'9-appY|aavx£; 5~e'j9"jvoi |jiv xai auxol £fcpou; laovxai, xYjv Se oöaiav
aöxwv xaxlJjei xo SYju.öcjtov.3)
Der Dienst der Diakonissen blieb wesentlich derselbe wie in
älterer Zeit; nur nebenbei wird erwähnt, daß sie bei den aeßaau.twxaxoi;
u.uaxYjpfot; und den dortigen ditoppYjxo::; anwesend waren, und zwar
besonders bei der heiligen Taufe (xol; TtpoaxuvYjxol; j3aTtxfau.aai) und
dabei die gewöhnlichen Dienste leisten.4) Noch in der Novella 59
vom 30. Okt. 537 wird erwähnt, daß Diakonissen, die auch Asketinnen
(aaxYjxpiat) genannt werden, die Pflicht haben, an den Begräbnissen
teilzunehmen und die bestimmten Lieder zu singen. Nach den hier
ausgesprochenen Bestimmungen sollen an den Begräbnissen (ixcpopä,
xYjSeia) von jedem daxYjxYjpiov 11 Frauen teilnehmen und zwar der
Reihe nach vor dem Sarge, um zu singen (öxxw yWot.iv.&v f^ouuivwv
8

xYj; xXfvYj; xai tjjaXXouawv) und nach dem Sarge (xai xpiwv axo-
3

Xoufrwv). In derselben Novella werden die Belohnungen der Dia


5)

konissen bestimmt, die an einem Begräbnis teilnehmen.0)


Dies sind Justinians verschiedene Bestimmungen über den ganzen
Klerus im einzelnen. Obschon in diesem Überblick über den Welt-

54. — 54. —
j'.

N. Bd. N. Bd. N. Bd. S. 55


S.
S.

6
6

8)
2)
J)

I
S. I
I


j'.

ibid. 54 N. 59 Bd. 447 8'.


S.

")
*)

ibid. e'. Davon ist noch später die Rede. Über die Diakonissen
il)

vgl. von der Goltz, Der Dienst der Frau in der christl. Kirche, 1905,
von Achelis Theol. Enzyklopädie3, Bd. 616 ff., wo
S.

auch „Diaconissen"
4

auch Literatur; bes. G. Uhlhorn, Die christliche Liebestätigkeit in der


alten Kirche, Bd. Aufl., Stuttgart 1882, S. 159-171, 402-404 . . .
2.
1,
— 73 —

klerus im einzelnen auch über seine Verfassung und Haltung etwas


angedeutet wurde, so wäre das Bild doch unvollständig, erwähnten wir
nicht die allgemeinen Bestimmungen der Justinianischen Gesetze, die
sich hauptsächlich auf die drei Gebiete: Verfassung des Klerus im
engeren Sinne, Liturgie oder geistliche Funktionen und Unterhalt und
Lebensführung der Kleriker beziehen. So wollen wir uns im zweiten
Teil dieses Kapitels mit den Justinianischen Bestimmungen zu diesen
Gegenständen beschäftigen.

B. Kirchliches Leben.
Wie aus den folgenden Bestimmungen einleuchten wird, herrschte
im Leben der Geistlichkeit eine außergewöhnliche Unordnung.
Aus verschiedenen Ursachen, hauptsächlich aber wegen des Ein
dringens fremder Elemente in den Weltklerus, war dieser schon zu
Justinians Zeit und vorher ganz verweltlicht. Der Klerikerstand hatte
in dieser Zeit eine große Höhe erreicht. Die Ehre, die die Kleriker
öffentlich und privatim genossen, war sehr groß. Viele haben, um
ihrer teilhaftig zu werden, alles mögliche versucht, selbst die schlimmste
Simonie. So sank das Leben der Kleriker auf eine tiefe Stufe, was
Justinian nötigte, trotz der papiernen Bestimmungen diese zu erneuern
und zu verschärfen, ohne damit besonderen Erfolg zu haben. Die Ver
fassung im engeren Sinne, d. h. das Verhältnis der Kleriker zueinander
und zu ihren Oberen, war sehr laxgeworden, so daß darin keine
Ordnung mehrherrschte, Sittlichkeit des Klerus stand
mit der privaten
es schlecht und eben deshalb wurden die Pflichten der Geistlichen
durchaus vernachlässigt, so daß ihnen selbst ihre nächsten Funktionen,
die Gottesdienste, als Last erschienen. Auch das Volk fing bei dieser
Haltung der Kleriker an, seine religiösen Pflichten, die an den Kult
und dadurch an die Kleriker gebunden waren, zu vernachlässigen oder
ohne die Hilfe der Geistlichkeit zu erfüllen, was der damaligen Zeit
unerhört schien. Von diesen Zuständen können wir das klarste Bild
bekommen, wenn wir die betreffenden Justinianischen Bestimmungen
durchsehen.

1. Verfassung des Klerus im engeren Sinne.


Zunächst reden wir von der kirchlichen Verfassung im engeren Sinne.
Bei den Bestimmungen über Bischöfe und Synoden ist schon
oben erwähnt, was die bischöfliche (hierarchische) Jurisdiktion angeht,
so daß die Verordnungen zur Verfassung und zwar der niederen Kleriker
ergänzungsweise erwähnt werden dürfen.
— 74 —

Die verschiedenen Bischöfe konnten in ihren Diözesen frei und


von den
anderen unabhängig die Kirche regieren. Doch veranlaßte
diese bischöfliche Selbständigkeit Justinian, selbst in Dinge, die den
Bischof allein angingen, einzugreifen, da manche Bischöfe aus vielen
Gründen ihre Pflicht vielfach vernachlässigten.
Ein solcher Eingriff in Angelegenheiten der einzelnen Diözesen
ist die durch staatliche Gesetze bewirkte Ordnung der niederen Kleriker
in den verschiedenen Diözesen. Die Bischöfe hatten ihre Kirchen durch
Simonie mit Klerikern verschiedenen Justinian Standes überhäuft.
mahnte die Bischöfe in verschiedenen überflüssigen Erlassen, keine
Kleriker zu ordinieren, was aber meist unbeachtet blieb. In Novella 6
vom 16. März 535 warnt er die Patriarchen, Metropoliten und Bischöfe
ernst vor jener schlechten Gewohnheit. Sie durften die bestimmte Zahl
der Kleriker sondern im Gegenteil die Ordinationen
nicht überschreiten,
|iij bnkp tyjv SaTtavrjV xwv
xXyjptxwv TtoteTa9-at.1) Der Hauptgrund
dieser Verfügungen war, daß alle diese Kleriker, wie wir noch sehen
werden, von den Kirchen, in denen sie angestellt waren, bezahlt wurden;
wegen der großen Menge der Kleriker also verarmten viele Kirchen
und gerieten in Schulden.2) Daß man die Kirchen mit Ordinationen
überlud, ist oöx eöaeße; oöSe Eepewv ä£tov.3) Die Bestimmung der
Zahl der Kleriker war dem überlassen, der die Kirche baute und ein
richtete;4) und diese Zahl, die den Mitteln der Kirche angemessen war,
durfte nicht überschritten werden.
Am ausführlichsten handelt hierüber die Novella 3 vom 16. März
535. 5) Am eingehendsten bespricht die Vorrede dieser Novelle die
finanzielle Lage der Kirchen und besonders jener der Hauptstadt, im
Anschluß daran die Verarmung der Kirchen durch zu viel Ordinationen.
So waren nicht nur die Kirchen verarmt und in Schulden geraten
(xaT; exeövwv [twv ttXyjptxwvj aTOaxpocpat; ttjv ÄYtwxaxrjv ^eyaXyjV
Ix^Xyjatav elc,
Saveta|iaxwv i|nuTrtetv xpetav u.e-[«Xwv |itxpöv xcd xata
etc; xrjv ia/axrjV
aTtoptav xaxacpepea9-at),6) sondern es mußten auch
die Geistlichen selbst finanziell leiden, denn das Kirchenvermögen
reichte nicht zur Bezahlung aller angestellten Kleriker.T)

*) N. 6 Bd. I S. 56, 57.


ydp Saat xtöv dytwxdxwv exxXTgatüjv Sta -toäxo 5rj xö xtöv xstp0"
--)

ta|isv
tovou|jivcöv xs xai xrjj äXXrjj 8aTidv»jj exxsxu|iiV0V riTtöprjaav, xai öxt xtvdj ig
aüxtbv |iöXtj |isv Ttsp<sacboa|isv Ss 5|itoj, xtvsj 8s Ixt xaxaTiscpopxta|isvat xstvxat,
sx xtjj xotauxrjj dvsvsptstv axsvoxwptaj oü Suvd|isvat. ibid. S. 57.
ibid. 56. — N. Bd.
S.

56.
S.

6
5) 3)

4)

N. Bd. 67 ff. — N. Bd. 68.


S.

S.
3

3
")

I
I

HrjTtoxs xat ot xax- aüxdj ispo>|isvot Ttpöj TiXrj9-oj IxTüiixovxsj ä|isxpov


T)

xai xouj Tipoatövxaj aüxotj Ttapa tä>v süasßouvxwv Ttöpouj |isptJö|isvot, xdxsWsv
— 75 —

Was die Zahl der Presbyter, Diakonen, Hypodiakonen, Diakonissen,


Psalten, Anagnosten, Pyloren usw. der übrigen Kirchen betrifft, so sollte
sie bleiben, wie sie einmal von den Stiftern der Kirchen festgesetzt
war, durfte xö axatoöxov nicht überschreiten.1)
Speziell aber bei der \izya.\r\ ixxXipia. Konstantinopels soll die
Zahl der Kleriker nicht größer als 425 sein; darunter 60 Presbyter,
100 Diakonen, 40 Diakonissen, 90 Hypodiakonen, 110 Anagnosten,
25 Psalten und 100 Pyloren.2) Wenn die Zahl der Kleriker, nach dem
Erlaß dieses Edikts, schon übergroß war, so sollte man gar keine
Ordination mehr vornehmen, die alten Kleriker aber ruhig im Amte
lassen, um das Ansehen der Kleriker nicht zu gefährden.3)
Von dieser Maßregel hofft Justin ian eine Besserung der kirchlichen
Lage, und, wie er selbst sagt, vouf^ovxe;, xö
t^v ayuj>xaxYjv |ieyaXrjv
ixxXrjatav i8s.lv u.Vjxe Savet^o|iivrjv ^tjte axevoxwpou|ieVrjv |jlyjte Strjvexw;
iXXefrauaav, dXXä Sta Ttdvxwv eö9-rjV&u|ievrjv.4)
Als Ergänzung dieses Gesetzes kann die bald darauf erlassene
Novella 16 vom 16. Juli 535 gelten,5) die hauptsächlich von der Ver
setzung der Kleriker spricht. Stirbt ein Kleriker, dann soll nach dieser
Verfügung einer der überflüssigen Geistlichen der Kirche an seine Stelle
treten; hatte Überfluß
diese Kirche keinen dann sollte
an Geistlichen,
doch keine Ordination stattfinden, sondern überflüssige Geistliche einer
andern Kirche die leere Stelle ausfüllen, damit eine Analogie und
Ordnung in den Priesterstand komme.6)
Eng hängen die Bestimmungen über den Unterhalt der Kleriker
damit zusammen, von dem schon kurz die Rede war.
Die Kirchenstifter hatten die Verpflichtung, die von ihnen gebaute
und einzurichtende Kirche zu ihrer Erhaltung und zur Belohnung der
Kleriker mit dem nötigen Vermögen auszustatten.T)
Die Kirchenstifter hatten nach der Novelle 57 vom 18. Oktober
nicht nur das Recht, die Zahl der Kleriker der von ihnen gestifteten

Ttpoj xo |isxpov aüxtöv oüx dpxoövxaj öpövxsj, slj lisYdXrjv axsvoxtopiav i|iiuTtxotsv.
N. 3 Bd. 1 S. 72.

1) xoö 8s Xomon |irjSsva -y_s.tpoxövsZa9-a.t, Ttplv äv slj xö xaXouusvov axaxouxov


ixdaxrjj ixxXrjaiaj, STisp ig dpx^jj c«ptaxat Ttapd xtöv xaöxaj olxo8o|irjaa|isvtov,
6 xöv Ttpsaßuxspwv xs xai Staxövtov dppiv<ov xs xai 3ijXsttöv xai üTto8taxovtov

-
xai dvaYvtoaxSv xai ^aXxfiv xai TtuXwpöv dpt9-|ioj Ttsptaxaiij. N. 3 Bd. I S. 72.

2) ibid. S. 70 f.
5) N. 16 Bd. I S. 219 ff. e) N. 16-
3) N. 3 Bd. 1 S. 69 ff.
Bd. I.
4) N. 3 Bd. I S. 73.
S. 220.

T) ü xtj süxxTfjptov xai $GuXr)&sir\ iv aüxtp xXrjptxouj


otxov xaxaaxsudast,
si xdj SaTtdvaj aöxoi xotj xXrjptxotj
TipoßdXXsa9-at rj aüxoj r) oE xouxou xXrjpovö|iot,
XoprjYrjaouat xai dgiouj övo|idaouat, xoüj övo|iaa9-svxaj xstp0x0VsT-a®-aL N. 123
Bd. II S. 309; N. 3 Bd. I S. 70; N. 57 Bd. I. S. 437; N. 3 Bd. I. S. 68.

--"
— 76 —

Kirchen zu bestimmen, sondern konnten auch ihnen beliebige Personen


als Geistliche einsetzen; doch mußten sie diese vorher dem Patriarchen
bzw. den Bischöfen vorstellen, damit diese untersuchen, ob sie des
Priesteramts würdig seien und, wie er sagt, waxe |irj ßeJjrjXoöaßm xa
Syta toö -9-eou,aAX- ä\hxxd xe aöxa xal Äpprjxa xal cpptxxa xa9-e-
axwxa 6afü>; xal 8-socptXtö:; xal aytw;
Die Kleriker Staxetp^eoftat. 1)
teilten die von den Stiftern ausgesetzten Gelder untereinander, wie auch
die von andern Christen dargebrachten Gaben (xou; Ttpoawvxai auxot;
Ttapä xöv eöaeßoüvxwv Ttöpou; |iept^ö|ievot). ^
Justinian will auf keinen Fall Kleriker, die nicht bezahlt werden:
guSe yäp exeTvo TiavxaTtaac yevea9-ai xö cpaaxetv, &>; äSeta
dve£öu.e9-a
eaxat yetpoxovelv |iiv, oö |jlyjv sTttStSövat xpocpa;.3)
Was die Jurisdiktion der einzelnen Bischöfe anbetrifft, so hat der
Ortsbischof bei Zwistigkeiten zwischen den Klerikern die erste Ent
scheidung. Vermag seine Entscheidung die Ruhe nicht zu bringen,
dann mußte sich der Metropolit der Sache annehmen und wenn auch
dessen Entscheidung den Frieden nicht wieder herstellen konnte, mußte
der Patriarch endgültig entscheiden. Gegen die patriarchalische Ent
scheidung gab es keinen Widerspruch und keine Berufung an einen
andern Patriarchensprengel ohne die nötige Erlaubnis.4)
Was das gerichtliche Verfahren gegen Kleriker und Mönche an
betrifft, so sich die staatlichen Gerichte (TraXtxtxa Stxaaxrjpta)
hatten
mit kirchlichenVergehen nicht zu befassen, und die Anklagen konnten
nur vom Bischof untersucht werden. Nur wenn ein schwerer Fall, ein
Verbrechen vorlag, konnten die politischen Richter eingreifen, die den
Respekt gegen die Kleriker nicht vergessen durften. Ein Prozeß von
Klerikern vor den staatlichen Gerichten sollte höchstens zwei Monate
dauern.5)
Was die Absetzung der Patriarchen anbetrifft, so ergibt es sich aus
der Novella 42 vom 6. August 536, 6) daß diese durch eine xotoxyj auvoSo;,
an der der ganze Klerus und andere Patriarchen teilnehmen, ab
gesetzt wurden.

N. 57 Bd. — N. Bd. 72. — N. Bd.


S.

S.

1 S. 437 73.
ß-.

^)

3
3)
3

1)
I

sl 5s olrj9-sirj ßsßXacp9-at, xrjvtxaäxa STUxaXsta9-at xov |iaxapcwxaxov


4)

Ttaxptdpxrjv xrjj Stotxrjastoj sxsivrjj, xai xotj Ttap* auxoö xptvo|isvotj Ttdvxwj
s|i|isvstv, räaavsi sxuxsv s£ dpx^j aüxöj ^pr^iiVoQ Stxaaxrjj. Kaxd yap 8tj xtöv
xotouxwv eTitaxoTuxtöv dTto,pdjswV oüx slvat xo'pav 4xxMjxcp xotj Ttpö rj|itöv
vsvo|io9-sxyjxat. Tö yap sü9"jj xaj alxtdastj dTioxi9-sa3-at Ttapd xotj aYttoxdxotj
Ttaxptapxatj xai xoüj alxtu|isvouj slj sxspav dTtaysa3-at xö>pav T^avxsXöj dTta-
Yopsio|isv, TiXrjv sl |irj xrjv alxtaatv xtj iTiI xoüxq> 9-sirj ... C.
4.

29 (vom
1.

18. Oktober 530) 67


-
S.

S. f.

N. 83 Bd. 46 ff. Vgl. N. 42 Bd.


S.

367
ff

.
II
6)

6)

I
— 77 —

Diese und ähnliche sind die Einzelfragen der kirchlichen Ver


fassung,die durch Justinians Bestimmungen in Ordnung gebracht
wurden.
Hat man diese Bestimmungen Justinians vor Augen, so erstaunt
man über die Unordnung, die im Klerus herrschte. Man kann natürlich
nicht sagen, daß sie zu Justinians Zeit entstand, denn schon lange vorher
(man denke an Chrysostomus und frühere Zeiten) lagen die Dinge nicht
anders; und selbst diese Maßregeln Justinians, könnte man nicht ohne
Grund glauben, änderten Ehe wir aber den
die Verhältnisse nicht.
Grund suchen, dem wenden wir uns zu
diese Unordnung entsprang,
Justinians Bestimmungen für ähnliche Verhältnisse, die das Bild der
klerikalen Unordnung noch viel deutlicher machen.
Nicht nur die Verfassung litt unter der Unordnung, auch die
klerikalen bzw. liturgischen Funktionen des Klerus wurden mit großer
Lässigkeit vollzogen.

2. Liturgische Funktionen des Klerus.


Die Gottesdienste wurden von den Klerikern selbst vernachlässigt,
oft verzichteten die Laien auf die Betätigung der Geistlichen, so daß
verschiedene Gottesdienste selbst ohne die Anwesenheit der Kleriker
abgehalten wurden. Alles dies hat den Kaiser veranlaßt, auch hier
gesetzlich einzugreifen und zu versuchen, ob sich die alte Ordnung
wieder herstellen lasse.
Schon in dem Gesetze März 5281) wird
Cod. I. 3.41 vom 11.

bestimmt, daß Kleriker


die Kirchen in und alle andern
den singen
gottesdienstlichen Pflichten pünktlich erfüllen sollten; Kleriker, die das
versäumten, seien keine wahren Kleriker.2) Den Klerikern wurde streng
befohlen, die geistlichen Lieder zu singen (Ttavtt xpÖTtw tou; xXr\ptxouc,
tjjaXXetv xeXzüo\iev).3) Wer das nicht tat, sollte vom Bischof und zwei
Protopresbytern daran gemahnt werden und e£w toö xXyjpou xa9-t-axaa-
9-at.4) Die bei Gründung neuer Kirchen oder Klöster üblichen Gottes
dienste wurden, wie es scheint, versäumt, darum verordnete die Novella 131
vom 18. März 545, 5) man dürfe keinen Kirchen- oder Klosterbau mehr

1) C. S. 43 ff.
2) Ixt 9-saTil£o|isv Tidvxaj xouj xXijptxouj xouj iv ixdaxTjj ixxXrjaiqc 8t-
sauxröv tJjaXXstv xa xs vuxxsp<va xai xd öp9-ptvd xai xd iaTisptvd xai ij-ifj |iovov iv
xtp Soraaväv xd ixxXrjataaxtxd Ttpay|iaxa xXrjptxoüj cpaivsa9-at, övo|ia |jiv sxovxaj
xXrjptxtöv, pij sTuxsXoDvxaj Sä xö TipäYim xoö -nXtiptxon Tipoj xrjv XstxoupYiixv
xoö SsoTtoxoo 9-soö. C. S. 45.
8) ibid. — 4) ibid. — 5) N. 131 Bd. II S. 266 ff.

..'
— 78 —

anfangen, wenn nicht erst der Bischof die Gebete lese und ein Kreuz
aufstelle, wo die Kirche stehen solle.1)
Daß die Leute viele Gottesdienste ohne die Gegenwart der
Geistlichen abhielten, zeigen die Bestimmungen mehrerer Novellen, wo
diese Sitte streng verboten wird. So wird in Novella 131 bei Ent
ziehung des Vermögens und Ausweisung aus dem Lande verboten, in
einem Privathause oder in seiner Umgebung oder in einem Dorfe
irgendeinen Gottesdienst ohne Kleriker abzuhalten.2) Ähnliche Strafen
verhängt Novelle 123 über die Laien, die in Abwesenheit der Kleriker
eine Fürbitte an Gott tun, und zwar in- Form der üblichen Litanie
(= Prozession). Keineswegs wird geduldet, daß die Laien ohne die
Kleriker die heiligen Insignien (Kreuz, Fahnen usw.) aus den Kirchen
wegtragen, um eine solche Prozession ohne Kleriker zu veranstalten.3)
In Novelle 58 vom 30. Oktober 5374) wird bei schweren Strafen die
Feier der heiilgen Messe xyj; iep&c, u.uoxaYwyfa; und anderer Gottes
dienste tyj; tepa; Xei/toupyca; in Privathäusern verboten, wenn dort
auch eine Privatkapelle vorhanden war. Selbst eine solche Kapelle wird
verboten, kaum wird eine Gebetsstätte geduldet, denn Justinian fürchtet,
daß in solchen Kapellen ketzerische Gottesdienste gehalten werden
xtx.1 brzsxj%-si yivea&od xtva xyj; xafl-GXtxyJ;xiapa- xe xal dtraaxoXHdj;
Söcjew; dXXöxpta. Die Privatkapellen mußten also zerstört werden und
niemand durfte solche mehr im Hause haben. Eine Frist von drei
Monaten war den Besitzern solcher Privatkapellen gegeben, sich nach
dem Wortlaut dieses Ediktes zu richten, sonst wurde ihnen Haus und
Vermögen zugunsten der Staatskasse entzogen. Bischöfe wie Eparchen
und Staatsbeamte werden beauftragt, bei Strafe quinquaginta librarum auri
genau hierauf zu achten, damit auch hier die Ordnung wiederkehre.5)
Was die Zelebrierung der Messe und anderer Hauptgottesdienste
betrifft, so scheint auch im Orient die abendländische Sitte eingeführt

1) st xij Ss ßouXrj9-cirj olxo5o|ifjaat asßda|itov s-jxxrjptov rj |iovaax^ptov, |irj


äXXtoj dp/sa9-to xoö oixo8o|ir,|aaxoj, si|irj 6 xwv xöTttov öatraxaxoj sTuaxoTto:; süyrjv
sxstas Ttotrjast xai xov xt|itav mjjsc axaupöv. N. 131 Bd. II S. 269.
2) N. 131 Bd. II S. 260.
8) Iläat Ss xotj XaV'xotj dTtaYopsüo|isv Xtxdj Tiotstv Siv_a xtöv oanoxdxtov
xäv xöTitov sTttaxöTitov xai xöv Ürc- aüxoüj süXaßsaxdxtov xXrjptxfiv (Ttoia ydp saxt
Xtxifj, sv -q ispstj oüx supiaxovxat xai xdj auvrj9-stj Ttotoüatv sü/dj;) dXXd xai
xoüj xt|i-louj axaupouj, |is9-- tov xatj Xtxatj sgspxovxat, |irj dXXaxöas Tt^rjv si |ifj
sv süaysat xtJTtotj dTioxi3-sa9-at. xai sütoxs Xpsta xaXiaot xoö Xtxdj iTttxsJ.sta9,at,
xöxs |iövov xoüj aüxoüj dytouj oxaupoüj Xa|ißdvstv xoüj si<o9-oxaj auxouj ßaaxd-
£stv, xai |isxa xoö sTttaxöTiou xai xöv xXrjptxcöv xdj Xcxdj sTitxsXstj9-at. N. 123
Bd. II S. 318 Xß-.
4) N. 58 Bd. I S. 439 ff.
— 5) N. 58 Bd. I S. 440 f.
— 79 —

worden zu sein, wonach der Priester allein fungiert, ohne daß das Volk
am Gottesdienst teilnahm. Viele Priester lasen nach abendländischer Sitte
die Messe und andere gottesdienstliche Texte in der Kirche ganz leise
für sich, ohne Rücksicht auf die Teilnahme des Volkes. Das litt Justinian
keineswegs und verbot in Novella 137 vom 26. März 565 1) den Bischöfen
und .Presbytern, die priesterlichen Gebete leise und für sich zu lesen,
fordert im Gegenteil, Liturgie, Taufgebete und anderes der Art laut zu
sprechen, damit auch das Volk an diesen Gebeten teilnehmen könne.2)
Sein Gebot gründet Justinian auf 1. Kor. 14. 16 und auf Römer 10. 10.
Kleriker, die auf solche Weise die Gottesdienste zelebrierten, sollten
vor den Provinzialsynoden angeklagt und von ihnen abgesetzt werden.
Den Bischöfen aber und den höheren Klerikern, wie auch den Staats
beamten wurde bei schweren Strafen (xat; iaxdxat; xtu.wptat;) die Be
aufsichtigung der Kleriker in dieser Richtung anbefohlen.3)
Diese und ähnliche Bestimmungen machen auf den heutigen
Leser der Gesetze Justinians einen schlechten Eindruck, man kann aus
ihnen den üblen Zustand des damaligen Klerus herauslesen. Doch
wäre es übertrieben, wie wir noch sehen werden, zu behaupten, daß
alle Kleriker in dieser Zeit solcher Art waren, diese Betrachtung wäre
einseitig. Wir müssen, um den Klerus von dieser Seite völlig kennen
zu lernen, noch Justinians Bestimmungen zur Sittlichkeit und zum Leben
der Kleriker überblicken.
Aus diesen kann man entnehmen, daß der Klerus moralisch
keineswegs auf der Höhe stand. Der Klerus gab sich ohne Widerstand
der Simonie und anderen schlechten Sitten hin, die Justinian mit aller
Entschiedenheit zu bekämpfen beharrte. Gelang ihm das auch nicht
ganz, so stand doch, wie wir sehen werden, immerhin ein großer Teil
des damaligen Klerus auf der sittlichen Stufe, die seiner Würde entsprach.

3. Sittlichkeit und Leben des Klerus.


In vielen Justinianischen Gesetzen spüren wir den Eifer und die
Sorge des Kaisers um die Reinheit des Priesterstandes, dem er wieder
holt Worte gibt. Justinian fühlt sich verpflichtet, für die Moralität des

1) N. 137 Bd. II S. 406 ff.


2) xsXsuo|isv Ttdvxaj JTttaxöTiouj xs xai Tipsaß-jxspouj |jltj xaxa xo asatw-
Tirj|isvov, dXXd |isxa cptovrjj xqj Tuaxoxax<p Xaä> i;;ax0uo|isvrjj xtjv 3-siav Tipoaxo-
|itärjv xai xtjv sTti xtj> dyiqi ßarcxia|iaxt Ttpoasuxr,v Tiotcta9-at, Tipöj xö xdvxsü3-sv
-tdj xüv dxouövxtov cJjuXaj sij TiXsEova xaxavujtv xai xrjv Tipöj xöv SsaTitJxrjv
6söv 8tavtoxaa*at SojoXortav. N. 137 Bd. II S. 412 f.
3) N. 137 Bd. II S. 413.

r
— 80 —

Klerus zu sorgen, denn dieser hört auch nicht auf, für den Kaiser und
das Reich zu beten, und man hat, wie er glaubt, von Reinheit und
Anstand der Priester viel Gutes zu erwarten. Nicht ohne Interesse ist
hier die Vorrede zur 6. Novelle: Meytaxa xwv iv dv9-pwTtot; eaxl Swpa
9-eoö Ttapa xfj; dvw9-ev SeSouiva cptAav9-pwTtfa; Eepwauvrj xe xat
ßaatA$Ea, xot; fl-efot; ÖTfrjpexou|iivrj Se xwv dv9-pwTuvwv
-?j

-?j
u.iv
e£dpxouad xe xat eTttueAou|ieVrj, xal ix |jLta; xe xal x% aöxrj; dpxrj;
exaxepa TtpoVoöaa xal xöv dv9-pwTuvov xaxaxoauoöaa ßt-ov, waxe göSev
oüxwc; dv etrj ßaatAeöatv w; xwv Eepewv aeuvöxyj;,

-?j
TteptaTtouSaaxGV
ye xat ixetvwv

eE
auxwv
del yap
o?

xöv 9-eov Exexeuouatv,

-?j
(JTtep u.ev
ä|jie|Mixoc el-rj Ttavxaxö3-ev xat xrj; Ttpö; xöv ©eöv u.etIxot Ttapprjata;,
Se öp9-w; xe xal Ttpoarjxö-vxw; xyjv TtapaSo9-etaav
-?j

aöx^xaxaxoau.otrj
TtoXtxetav, laxat dyaftVj,
auuq3WvEa xt xprjaxöv xw dv9-pw-
xt; TCäv et

m-vw xapt^o|jtivrj yevet. -?juet; xofvuv |ieyfaxrjV lxop-ev cppovxESa Ttept


xe xa dArj9-rj xoö 6eoö Söy|iaxa Ttepf xe x9jv xwv Eepewv aeu.VÖxrjxa,
ixetvwv
dvxexou.evwv Ttemaxeüxau.ev w; St- auxrj; ^eydXa -?j|itv
-fj;

dya^-ä So9--rjaexat Ttapä 9-eoö, xat xä ovxa ßeßat-io; läjo|isv xd xe oüTiw


xal xä vöv dcpty^eva Ttpoaxxrjaö^efta,1) und in der Vorrede zum Gesetz
Cod. 34 sagt er: ScpöSpa w; xwv Eepewv xa9-apöxrj;
4.

Tttaxeuo|jtev, -?j
I

xe xal eöxoa|iia xal Ttpö; xöv 9-eöv xal awxyjpa


-?j

SeaTtöxirjv -?juwv
-Iyjaouv Xptaxöv auvxovt-a xal at Ttap- aöxwv dvaTte|i/7iöuevat Strjvexet;
eöxal Tigaayjv eö|iivetav x^j xa9-- -?j|jLdc; TOAtxet-a xat au£rjatv Ttape~
/övxat, St- wv laxtv ^j|itv xal ßapßdpwv xpaxelv xal yivza&a.t. xuptot;
ixetvwv, oöx Kal öawTtep av xa xyj$ aöxwv aöljrjxat
d

Ttpöa9-sv el-xo^iev.
ae|tvöxyjxö; xe xal xoa|itöxrjxo;, xoaouxw xal xyjv ^|Jtexlpav TtoAtxet-av
eTttStSövat Tttaxeüou.ev . . Auch anderswo in seinen Gesetzen spricht
.2)

er den Wunsch aus, den Klerus auf einer hohen sittlichen Stufe stehen
zu Um dies Ziel schneller zu
sehen. erreichen, erließ Justinian
verschiedene Edikte, die im geistlichen Leben Ordnung schaffen
sollten.
Viele Geistlichen lebten zu dieser Zeit, wie auch vorher, in sehr
weltlicher Weise, interessierten sich für allerlei Sport, für das Wetten
in der Rennbahn, betätigten sich auch lebhaft in der Gesellschaft und
hatten selbst am Theater große Freude. All das widersprach nicht nur
dem strengen Begriff des Geistlichen, sondern hielt auch
damaligen
die Geistlichen von ihren verschiedenen Pflichten ab: das veranlaßte
Justinian, diese Geistlichen privatim zu mahnen, sich von diesen Ver
gnügungen fernzuhalten; da aber auch eine Wiederholung dieser pri
vaten Mahnungen nicht half, sah sich Justinian genötigt, seine öffent
lichen Bestimmungen gegen jenes unziemliche Benehmen der Kleriker

N. Bd. 44 — C.
S.

70
S.
=)
f.
1)

f.
I
— 81 —

zu erlassen.1) In diesem Gesetze Cod. I. 4. 34 vom 4. Nov. 534 2) ver


bietet er allen Klerikern, namentlich Presbytern, Diakonen und niederen
Klerikern, aber auch den Bischöfen, wenn es zu glauben sei, daß es
solche Bischöfe gebe (xö yap Sri rcoppwx^pw xoüxou xal eteeiv ipu-
frpit5|iev, cpauiv oYj xö xöv freocpiXöv Imaxömuv), das Würfel und Brett
spiel streng (xußwv ä-rcxeafrai xai xaßX^eiv), selbst die bloße An
wesenheit der Presbyter und Kleriker bei solchen Spielen wird streng
verboten, denn durch solche xaxeyvwauivoi; xai dTnjYopeuouivoi;
Ttaiyvfoi; u.oXuvouaf xe xä; §auxwv ^£^PaS x*S x£ ^päaei; xä; xe axoa;.
Auch in den Zirkus und in die Rennbahn durften die Kleriker nicht
mitgehen und keineswegs an der Rennbahnwette teilnehmen; ebenso
streng wird bei den Klerikern der Theaterbesuch untersagt.3) Die
Kleriker, die durch solche Unziemlichkeiten dem Priesterstande Schande
machten, sollten zunächst von den Bischöfen und Synoden kirchlich
bestraft werden und, wenn sie sich nach diesen Strafen tatsächlich nach
dem Gesetze richten, wieder in ihre Stellungen eingesetzt werden, ändern
sie ihre Lebensführung nicht, so müssen sie abgesetzt und vom Kleriker
stand entfernt werden (xwv Eepaxixwv e^wfrefao xaxaXöywv rcavxaTtaaiv
aöxöv xafraipwv).4) Ähnliche Bestimmungen gegen die Kleriker, die
xaßXf£eiv oder xa xaaüxa Tta^ouai, haben wir in der Novelle 123 i'.5)
Die gesetzlichen Bestimmungen gegen die Kleriker, die eine zeit
lang ihre Stellung verließen, um sich in eine andere meist große Stadt
zu begeben, was hauptsächlich auf Geldgier zurückging, haben wir
oben gesehen. Hier genügt, die Bestimmung der 57. Novella vom
18. Oktober 537 6) zu erwähnen, die verordnet, daß, wenn Kleriker ihre
Stellung ohne genügende Gründe (SC <£<; aöxoi ywäaxouaw a.hia.c,)

1) IloXXdxij |iiv aüxoij xd xoiaöxa qjuXdxxsa8-ai Ttporjyopsüaa|isv opwvxsj


8s auxvr]v xr]v Ttspi xouxwv ysvo|isvrjv f]|iiv TtpoaayysXiav sie; ävai-xyjv rjX9-o|isv
eTtl xov Ttapövxa vö|iov 8id xrjv ÜTtsp syasßiaj dtpixsa9-ai aTtouSrjv xai a|ia |isv
öTtsp xrjj isptoauvrjj aüxrj£, a|ia 8s öTtsp xs xoü xoivrj xrj TtoXixsia au|itpspovxoj.
C. S. 71.
2) C. S. 70 f.

3) o£ 8s xai dTtapaxaXuTtxwj r\ xaij xööv irnttov ä|iiXXaie; rj TtapaßdXXouaiv


Yj xai TtpoxaXoövxai xivej ÜTtsp xrjs xöv iratwv rjxxrjj rj vixrj£, rj Si* sauxöv tj
5id xivtov sxspwv oüx süax,rj|iövtoj xd xoiaöxa Ttaitjovxsj, yj xöv sv axrjvrj xai
9-u|isXouj freaxai ylvovza.i Ttaiyvitov, Yj xaij iv frsdxpoi£ xwv p.axonevwv Ttpoj xd
9-rjpia |idxaij Ttapa-j'ivovxai xai oüx sv oöaiv, t&j xai xoij dpxi |uiou|isvoit; xai
xffiv Ttpoaxuvrjxüiv d£iou|ievoij |iuaxrjpiti>v auxoi Ttpoaxrjpuxxouaiv dTtoxdxxsafrai x^j
xoö dvxixsi|isvou 8ai|iovoj Xaxpsia xs xai Ttdarj Tto|iTtrj, fjj oüx eXdxiaxov |ispoj
xd xoiaöxa xafrsaxrjxs. C. S. 71.
4) C. S. 72. — 5) N. 123 Bd. II S. 304.
") N. 57 Bd. I S. 436 ff.
Alivisatos, Gesetzgebung Justinians I.
— 82 —

verlassen, die Bischöfe, damit das nicht xwXu|jta xrj %-eia., xat Eepä Xet-
xoupyta ytvexat, andere Kleriker einsetzen sollen, die dann von den
ersten nicht vertrieben werden die ihre Stellung
konnten. Wenn die,
verlassen hatten, zurückkehrten, sollte man sie nicht annehmen,
sondern
ihren Lohn den eingesetzten Vertretern geben; sie sollten, falls sie auf
ihrem Verlangen beharrten, sogar mit schwerer Geldbuße bestraft werden
(ixet-vou; uiv sTtav:övxa; (jlyj npoaMy_ead-at, xol; S1 ^exa xYjv dvaxw-
prjOtv xöv Ttpoxepwv iyaaxaaxäcjtv auxot; SfSoaS-at xa^ cnxrjaet;, oOSevö;
xipdou^ ivxeOftev xoT; xoprjyouat Ttpoaytvouivou). Die neueingesetzten
Kleriker mußten sogar aus dem Vermögen der ersten bezahlt werden.1)
Die Kleriker sollten auf immer an ihren Priesterstand gebunden
sein und keineswegs zum Militär oder einem andern Staatsdienst über
gehen, selbst wenn sie abgesetzt waren. Werden Kleriker in einem
solchen Dienst entdeckt, so mußten sie ihm sofort entrissen werden
und den politischen Strafen übergeben werden.2)
Novella 137 vom 26. März 565 bestimmt, man brauche im Interesse
der kirchlichen Ordnung bei Klerikern, die Ttepi maxew; yj Tiept ataxpoö

ß.t-ou rj
w; T^apä xobc, %-eiouc, xavöva; xt StaTtpaxxö|ievot angeklagt werden,
nicht die jährliche Provinzialsynode zu erwarten, sondern habe sie vor
eine sofort zu berufende Synode zu bringen, die ihnen die nötige
Strafe auferlege.3)
Justinian wußte nun, daß diese verschiedenen Bestimmungen sehr
streng waren und wollte die Kleriker vor den Sykophanten schützen,
die sehr leicht einen ihnen unbeliebtenKleriker anklagen konnten, darum
enthält das Gesetz vom 4. Nov. 5344) die Bestimmung,
Cod. I. 4. 34
daß Sykophanten, die eine falsche Anklage gegen einen Kleriker erheben,
ebenso schwer bestraft werden, wie die Kleriker selbst, falls sich die
Anklage als nicht wahr erweist. 5)

1) sx xrjj sauxröv Tisptouaiaj xotj Ttap- sauxwv iY"


Ttdvxtoj TtapsXövxtov
xaxaaxäat xdj cüxtjjslj; xai Ttdaaj xaj xoprjTiaj
cöj sl xai |isxa
- - - si8öxtov

xaüxa dTtoaxsprjaatsv, pV/xyj xtfjotj dcpopcaiHjasxat sx xtjj aüxüv Tispcouaiaj xotj


8-siotj rj|itöv Ttptßdxotj, wtts ivxsü9-sV xrjv xoprjYtav aüxotj ytvsa3-at. N. 87
Bd. I S. 436 f.
2) Cod. I 3. 52.
f.)

(C. S. 53
N. Bd. S. 412 s-. — C. 70 ff.
S.
V

137
4)
3)

töaTtsp 8s xaüxa rj|üv St- oüSsv ixspov Std xrjv xoö SsaTtöxou
s)

tj

vsvo|io9-sxrjxat 9-spaTisiav, otix» xdxstvo


Tipoaxi9-s|isv, töaxs xdj sgsxdastj
aüv dxptßsta Ytvsa9-at xai |i^Siva auxo:pdvxrjv sTiaviaxaa9-ai xtat xai cJjs-jSo-
xaxrjYopstv ^suSo|iapxupstv sv totj xotoüxotj. Ka9-dTisp ydp xotj ispsuatv, st
ij

xtj xo<oöxo Tipdgatsv, xrjXtxauxaj eTis9-r|xa|isv Ttotvaj, otixo1 xai xotj auxo,pavxstv
aüxoüj Ttstp<oHsVouj xaj oüpavoö xai xtöv rj|isxspuv vÖ|jlcjOV Tiotvdj ETitxsta9-at

-
ßouXö|is9-a, si TipoaaYysiXavxsj stxa sTtsgsX9-stv |irj ßouXrj9-stsv, auaxrjvat xatj
rj
— 83 —

All diese Bestimmungen, die das


Kleriker ordnen, Leben der .

zeigen, wie gesagt, einerseits die Mängel des damaligen


Klerus, anderseits
die Sorge des Kaisers, den Klerus auf ein höheres Niveau zu heben.
Wenn diese Bestimmungen die damaligen schlimmen Zustände
durchblicken lassen, so dürfen sie uns auch nicht irre machen und uns
das Resultat aufdrängen, der Klerus sei zu Justinians Zeit ganz ver
dorben gewesen.
Wir haben schon oben gesagt, wo der Grund liegt, aus dem die
Unordnung im Klerus entsprang, und es ist sicher, daß die schlechten
Elemente, die in ihm Aufnahme
ihre Hanptursache waren.
fanden,
Außerdem bedenke man, groß war, daß man nicht
daß das Reich
überall dieselben Mittel zur Erziehung und zur Bildung hatte. Es lag
also in der Natur der Sache, daß der Klerus besonders aus den ent
fernten Provinzen mit wenigen Ausnahmen auf keiner höheren Stufe
stand noch stehen konnte. Einerseits war der Klerus der Hauptstädte
vom großstädtischen Leben halb verdorben, anderseits der Klerus der
Provinzen wegen ungenügender Bildung- und Erziehungmittel nicht
fähig genug, seine Pflichten durchaus zu erfüllen. Nimmt man dazu
das hohe Ansehen des Klerus und die Tatsache, daß er, wie wir noch
sehen werden, auf so hohem Posten stand, daß er nicht die ent
sprechende Fähigkeit und Kraft hatte, so kann man aus diesen drei
Gesichtspunkten diese strengen Gesetze Justinians und die sich aus
ihnen ergebenden Unregelmäßigkeiten verstehen, die bei dem damaligen
Klerus vorkamen. Und doch stand der Klerus in dieser Zeit auf einer
Höhe, die er später nicht mehr ganz erreichte. Wenn wir außerhalb der
Gesetzgebung Justinians einen Blick auf die damalige Geschichte werfen,
so werden wir sofort erkennen, daß, was man geistiges Leben in dieser
Zeit nennen kann, rein vom Klerus ausging. Die großen Theologen,
die eigentlichen und einzigen Wissenschaftler der Zeit, waren die Kleriker,
und die Ehren, die sie am kaiserlichen Hofe wie in der höheren Ge
sellschaft und beim Volke genossen, waren meist wohl verdient. Die
Zeit war aber für die Kirche nicht nur die Zeit der Theologie, sondern
ebensogut der Tat. Wenn man fragt, wo in der Zeit Justinians das
liebestätige Christentum zu sehen war, so ist die Antwort nur in der
Kirche. Die ganze Sozialarbeit, wie man die Leistungen der Wohl
aller Art bezeichnen
tätigkeitsanstalten kann, lag in den Händen der
Kirche und der Kleriker. Die Kleriker waren nicht nur große Theologen,
sondern auch große Arbeiter in dem tätigen Christentum. Nun zeigen

-
-totaüxatj xaxrjYoptatj oüx iaxuaatsv TiavxaxÖ9-sv xrjc iaöxrjxoj xai Stxatoauvrjj,
-S^v 8td Tidarjj xt|j,<ö|isv Ttpd&stoj xii |idXttrra iv xfj 9-sast ttöv vö|i<öv, dvxsxö|isvot.
CS. 73.

'
— 84 —

eben diese letzten Punkte, daß das Bild, das man aus Justinians letzt
erwähnten Bestimmungen von den Klerikern gewinnt, nicht als maß
gebend für den ganzen Klerus der damaligen Zeit aufgefaßt werden darf.
Aber selbst die Gesetzgebung Justinians zeigt uns den Klerus von
der andern Seite.
Aus vielen der kirchlichen Gesetze Justinians spricht nämlich eine
große Sorge für die Kirchengebäude, ihr Vermögen und ihre Wohl
tätigkeitseinrichtungen. Man kann sagen, daß des Kaisers große Sorge
für Schutz und Wachstum des Kirchenvermögens nur der Liebesübung
der Kirche galt. Manche Ausdrücke in diesen Gesetzen erwecken den
Eindruck, der Kaiser habe dieses große Interesse für die Erhaltung und
das Wachstum des Kirchenvermögens nur aus Aberglauben gezeigt, wie
es damals auch sonst vorkam, aber wieder zeigt uns vieles klar, daß
nicht der Aberglaube, sondern die Sorge um die richtige Benutzung jenes
Vermögens im christlichen Sinne den Kaiser bewegte. Wie überall hatte
auch hier der Klerus diese ganze Arbeit in Händen, und eben dies
zeigt, daß wir vom Klerus kein treues und maßgebendes Bild ge
wannen.
Die Bestimmungen, die wir hier zu überblicken haben, gelten
den Kirchengebäuden bzw. Kirchengemeinden, deren Vermögen und den
ihnen untrennbar angeschlossenen Wohltätigkeitsanstalten. Wenn sich
aber diese Bestimmungen auch rein auf Vermögen und äußere Dinge
beziehen, lassen sie uns doch die Sozialarbeit der Kirche und der
Kleriker erkennen, lehren uns auch die praktische Seite der Kirche
genauer kennen.

C. Kirchen und Kirchenvermögen.


Eine Kirchenstiftung bedeutete in dieser Zeit nicht nur die Ein
richtung eines Betraumes, sondern meist und hauptsächlich die Bildung
einer Gemeinde in ganz modernem Sinne. Die neu gegründete Ge
meinde („Kirche") hatte bald nach ihrer Gründung verschiedene Auf
gaben, die hauptsächlich mit der sozialen Arbeit verbunden waren.
Darum erforderte die ErstellungKirche als etwas selbst
einer
verständlich Dazugehöriges die Schaffung eines Kirchenvermögens, das
je nachdem kleiner oder größer war, und dann die Errichtung einer
Reihe von Wohltätigkeitsanstalten, die den Armen und Bedürftigen
Hilfe bieten sollten.
erstreckten sich auf jedes Gebiet
Diese Wohltätigkeitseinrichtungen
des sozialenLebens, von der Armen- und Krankenpflege jeder Art bis
in der Sorge für Arbeitslose und ähnliches. Wir haben Kirchen, denen
nicht nur verschiedene Hospitäler und ähnliche Anstalten gehörten,
— 85 —

sondern selbst eine Reihe von Fabriken, wo die Arbeitslosen Arbeit und
Heimat finden konnten. Im großen und ganzen erstaunt man über die
großen sozialen Leistungen der Kirche, deren Bild uns vorliegende
Gesetzgebung zeigt. Nicht übertrieben wäre es, zu behaupten, wenn
man die heutigen und die damaligen Verhältnisse vergleicht, daß die
Kirche damals ungeheuer viel mehr geleistet hat als jetzt. Vier Haupt
punkte ziehen am meisten die Aufmerksamkeit auf sich: 1. Die Ent
stehung der Kirchen und Wohltätigkeitsanstalten. 2. Die Schaffung
ihres Vermögens. 3. Die Verwaltung dieses Vermögens und 4. der
Schutz des Kirchenvermögens durch den Staat. So können wir die
zahlreichen Gesetzesbestimmungen gliedern, die hierher gehören.
Wie wir noch sehen werden, handelt es sich eigentlich bei allen
vier Punkten nur um das Vermögen,1) doch sind diese Verord
nungen für das Kirchenvermögen von großer Bedeutung für das
Verständnis der damaligen Kirche.

1. Entstehung der Kirchen und der kirchlichen Anstalten.


Wie wir oben justinianischen Gesetzen ersehen haben,
aus den
aber auch anderswo erfahren können, wurden die Kirchengebäude haupt
sächlich von Stiftern gebaut. Der Kaiser und die Glieder der kaiser
lichen Familie, wie auch andere angesehene Personen bauten gern eine
Kirche, nicht nur aus Pietät, sondern, wie ein Ausdruck Justiniäns sagt
(d uivxoi ye . . xi;, . . . övöu.axo; faw; iTt^upiöv tgu x*t aurä; v.xLavqc,
ixxAYjaia; xaXelafrai) 2) auch aus Vornehmheit und Ruhmbegier.
In der Novelle 3 vom 16. März 535 3) werden solche Kirchen in
Konstantinopel erwähnt wie die x%c, ayia; ivSö£ou Ttapfrevou xai
-9-eoTOxou Mapia;, von der verstorbenen BrjpfvYj gebaut, und die xoü
dytou |lapxupo; OeoSwpou, von Hcpupaxio; gebaut usw.4) Wie die
Kirchen selbst wurden auch ihre -itapapxYjpYju.a-ta bzw. die Wohl
tätigkeitsanstalten von verschiedenen frommen Leuten gestiftet. Beides
gehört zusammen, obschon es nach seinem Zweck verschiedene Namen
trägt. Die ersten eöywxYjpioi olxoi, die zweiten ebcx.y£lc, olxoi.
Die Novelle 131 vom 18. März 545 5) bestimmt, daß, wer einen
neuen Kirchenbau oder die Renovierung einer alten Kirche unternahm,
selbst oder für den Fall seines Todes seine Erben die Kirche fertig
zustellen hatten, und Bischof und Staatsbeamten wurden beauftragt, für

1) Vgl. „Kirchengut von Mejer (Schling) in Real-Enzyklopädie 3, Bd. 10


387, wo auch die betreffende Literatur.

N. 67 Bd. I S. 489 N.
-
ß'.

Bd.
S.

67 ff. .
3
3)

2)
I

N. Bd. N. Bd.
S.

S.

70. 266 ff.


II

131
5)
3
*)

I
—.86 —

genaue Erfüllung der von solchen Leuten übernommenen Pflichten


Sorge zu tragen.1)
Öfter kam vor, daß Leute in ihrem Testament eine gewisse Summe
Geld zum Bau einer Kirche oder einer Wohltätigkeitsanstalt bestimmten;
Bischof und staatlichen Beamten war die Sorge für die genaue Er
füllung des letzten Willens des Verstorbenen übertragen. Handelte es
sich um eine Kirche, dann war den Erben des Verstorbenen eine Frist
von fünf Jahren für den Bau dieser Kirche gewährt; war es aber eine
Wohltätigkeitsanstalt, so hatten sie nur eines Jahres Frist. War diese
Zeit um, so mußten die Erben, bis sie die Anstalt selbst bauten, Häuser
mieten oder kaufen, damit die Liebestätigkeit, die der Verstorbene ins
Werk setzen wollte, nicht verhindert werde.2)
Wer eine Kirche oder eine Wohltätigkeitsanstalt baute, galt, wie
oben gesagt, als besonders fromm, war aber auf eine solche Tat auch
stolz. Vfele bauten nun, um den angesehenen Titel xxfaxYj; xwv
ixxXYjaiwv3) zu bekommen, eine einfache Kirche (yuu.vol; oExoSou//ju.aai),
ohne das nötige Geld zu geben für die Xu^oxaiav, xyjv [epav Xeixoupyiav,
xYjv dSiacpikipov xoü oixou auvxyjpYja:v xal xyjv xwv upoa£Speuövxwv
cbtoxpocpYjv, daher diese Kirchen entweder keine Liturgie hatten oder ganz
xaxotXuooiva;
(Yj

verfielen TtaaYj; hpäc, Xeaoupyia.c, IcxepYjuiva;).


Yj

Novella vom
67 Mai 5384) bestimmt, daß, wer gern Kirchenstifter
1.

genannt werden wolle, statt eine solche Kirche zu bauen, besser mit
bischöflicher Erlaubnis eine alte und verarmte Kirche renovieren
solle, worauf er sich Kirchenstifter nennen könne, ohne daß er
Geld zur weiteren Ausstattung der Kirche zu geben brauche, da
solche Kirchen ein gewisses Vermögen von ihren Stiftern her haben
(oüxw yap laxai aöxw xal fepoö oixou xxiaxYjv xÄYjfrYjvai xai uYjSev
oixofrev TtpoaSarcavfjaai, xwv e^s'frou; acpopiauivwv t^Syj Ttepi xobxo
SaTtavYju.axwv imSiSouivwv Ttapa xwv xal Ttpöxepov xaöxa ^opYjyouvxwv.)5)

Kirchenvermögen.
2.

Die so entstandenenselbständigen Kirchen mußten eigenes Ver


mögen Jede Kirche und jede Wohltätigkeitsanstalt,
haben. sofern sie
keiner Kirche angehörte, war nach den justinianischen Gesetzen eine
juristische Person, sie hatte ihr Vermögen in Selbstverwaltung, sie

N. Bd. S. 269. — N. 131 Bd. 270.


S.
II

131
II
2)
1)

Z'

i'

Es handelt sich nicht um einen amtlichen Ehrentitel, sondern um


3)

eine bloße Bezeichnung der Frömmigkeit.


N. 67 Bd. S. 488 ff. — N. 67
S.

488.
5)

ß'
*)

I
— 87 —

konnte, wie wir noch sehen werden, anklagen und angeklagt werden
und war von den Gesetzen als selbständig anerkannt.
Die Mittel zur Erwerbung kirchlichen Vermögens waren ver
schieden, hauptsächlich aber Stiftungen bzw. Schenkungen und Erb
schaften. Gerade beim Erwerb des Kirchenvermögens durch Erb
schaften herrschte aber die größte Unordnung, so daß Justinian in
einer langen Reihe von Gesetzen und Erlassen Ordnung zu schaffen
versuchte.
Was die Kirchenstiftungen betrifft, so finden wir außer dem schon
Gesagten in Novella 67 die Bestimmung, wer eine Kirche bauen wolle,
solle zunächst mit dem Bischof darüber sprechen und die Summe
nennen, die er für die Erbauung und Erhaltung der Kirche (Liturgie,
Klerus usw.) bestimmte. Reichten nun die für die Erhaltung der Kirche
zur Verfügung gestellten Mittel nicht, dann konnte der Spender keine
Kirche bauen, sondern höchstens eine alte und verfallene Kirche unter
bischöflicher Genehmigung mit diesem Gelde renovieren, wenn er eine
solche Ehre begehrte.1)
Außer den Stiftungen konnte das Kirchenvermögen zweitens durch
Schenkungen vermehrt werden. Schon oben sahen wir, daß die
Kleriker, die so streng vor jeder Simonie gewarnt werden, Lob emp-
pfangen, wenn sie ihr Vermögen der Kirche oder der Wohltätigkeits
anstalt schenken wollten, an der sie angestellt waren. Auch die Gläu
bigen hatten die Freiheit, der Kirche verschiedene Gaben darzubringen
(donationes super piis causis factae).2) Schenkungen, die über 500 Du
katen (quingentas solidas) betrugen, mußten gerichtlich angekündigt
werden (sin vero amplioris quantitatis donatio sit, excepta scilicet im-
periali donatione, non aliter valeat, nisi actis intimata fuerit.3)
Länger beschäftigt Justinian die Erhöhung des kirchlichen Ver
mögens durch Erbschaften. Aus Frömmigkeit vermachten viele ihr
Vermögen oder einen Teil den Kirchen oder den Wohltätigkeits
einrichtungen. Die verschiedenen Fassungen dieser Testamente riefen
aber im Kirchenvermögen hervor. Viele setzten
sehr große Unordnung
bestimmte Heiligen oder Engel oder selbst Jesus zu Erben ein, ohne
daß eine Kirche zu deren Verehrung vorhanden war, andere hinter-

J) ("ETtsixa |ir] äXXtoj aüxöv exxXrjaiav ky. v4ou olxo8o|isiv, Ttpiv äv 8ia-
Xsxfrstfj rcpöj xov 9-eo:piXsaxaxov &niav.onov, xai dpiasis xö |iexpov, bmp ätpopi£si
Ttpöj xs xfjv Xuxvoxatav . . . xai eiTtsp aüxdpxtoj exeiv Sögeis, Ttoietafrai aüxöv

Ttpöxspov Stopsav xöv ä^opi£ea9-ai |ieXX0vxwv, ouxto xs xöv oixov oixo8o|ieiv si


|isvxoi ys oüx äpxoirj . . Epaxai aüxip |iiav xöv xoiouxwv [rcaXaiü>v) EXxXr]aiü>v

dTtoXaßövxi xauxrjv otxoSonrjaaa8-ai, xävxaöfra yvtb|iig xoö 9-so:piXoö£ xöv öpfro-


8ö£o>v STuaxöTtou xoö Ttpdyliaxoj Ttvoliivou-) N. 67 Bd. I. S. 489.
2) C. S. 25. — 3) C. S. 25 I 2. 19.
— 88 —

ließen ihr Vermögen den Armen, Kranken, der Loskaufung der Ge


fangenen usw., ohne bestimmte Wohltätigkeitsanstalten zu nennen.
Andere wieder ließen der Kirche nur einen Teil ihres Vermögens zu
kommen, dessen Größe meist vom Willen der übrigen Erben abhing.
All das bewirkte, daß das Vermögen der Kirchen öfter verloren ging
oder beeinträchtigt wurde. Justinian versuchte nun, mit folgenden Be
stimmungen in diese Sache Ordnung zu bringen.
Das Gesetz Cod. I. 2. 25 vom 20. Oktober 530 1) bestimmt, daß,
wenn ein Testament Jesus Christus als Voll- oder Teilerben nenne,
ohne eine bestimmte Kirche anzugeben, die Ökonomen der Kirchen
und Wohltätigkeitsanstalten in der Stadt, wo der Erblasser starb, An
spruch erheben und das vererbte Gut an sich nehmen können zugunsten
der Armen- und Waisenpflege. Wird ein Heiliger oder einer von den
Erzengeln genannt, dann erbt das Vermögen die Kirche der Stadt, die
des Heiligen Namen trägt; wenn dort aber keine solche Kirche war,
dann sollte man nachforschen, ob dort eine für sich allein bestehende
oder zu einer Wohltätigkeitsanstalt gehörige Kapelle den Namen dieses
Heiligen trug, der dann das vererbte Vermögen zukam. Bestand dort
aber keine solche, dann erbten alle Kirchen der Stadt gleich. Waren
dagegen am selben Ort viele Kirchen und Heiligtümer mit dem Namen
des Heiligen oder Erzengels vorhanden, dann kam das Vermögen der
Kirche zu, die der Verstorbene am liebsten besuchte; war das nicht
mehr festzustellen, dann bekam das vererbte Vermögen die ärmste
Kirche des Namens, der im Testament als Erbe genannt wurde.2)
Eine andere Unordnung in den Erbschaftssachen bestand darin,
daß die Erben den Willen des Verstorbenen nicht genau erfüllten,
sofern dieser einer Kirche oder einer Wohltätigkeitsanstalt etwas hinter
ließ. Wir haben im Gesetz Cod. I. 3. 45 vom 18. Oktober 530 3) Be
stimmungen, die sich damit beschäftigen. Die Erben werden auf
gefordert, den Willen des Verstorbenen 1% Ttävtö; xp6nou zu erfüllen.
Wenn der Verstorbene in seinem Testament die Mittel zum Bau einer
Kirche oder einer Wohltätigkeitsanstalt hinterließ, sollte die erste binnen
drei Jahren, die zweite binnen eines Jahres fertiggestellt werden.4) Und
wenn irgendwelche Gaben St- eöaeßeT; ahiac, bestimmt wurden, sollten
die Erben sofort nach Eröffnung des Testaments (u.exa ttjv xtj; Sta\hfj-
xr\c, i|icpavrjatv) den Willen des Verstorbenen erfüllen. Hinterließ zum
Beispiel jemand in seinem Testament zum Loskauf von Gefangenen
und ernannte er Gefangene zu Miterben, so sind diese nach dem
Gesetz Cod. I. 3. 48 vom 22. August 531 5) keine incertae personae,

1) C. S. 27 f. — 2) C. S. 28. — 3) C. S. 48 ff. - ") C. S. 48.


5) ibid. S. 51 ff.
— 89 —

sondern das Testament gilt und die Bischöfe haben das Geld anzu
nehmen und des Verstorbenen Willen zu erfüllen. Und wenn Geld
für Arme und Kranke hinterlassen war, aber in etwas unbestimmter
Weise, dann kam das Geld einem der bedürftigsten Hospitäler der
Stadt zu.1) Die Bischöfe und die Kleriker wurden beauftragt, bei
Verlust ihrer Stellungen die Erfüllung dieser Bestimmungen zu über
wachen.2) Wenn die Erben des Verstorbenen nach der Aufforderung
der Bischöfe immer noch die Erfüllung des Testaments verzögern,
dann mußten die Erben gewaltsam gezwungen werden, das Doppelte
der bestimmten Summe zu bezahlen. Dieselben Bestimmungen gelten
für die Erben der Erben, falls die ersten in der Zwischenzeit starben.
Ebenso streng sollte man auf genaue Bezahlung töv ivvaXtwv achten,
d. h. des Geldes für Seelenliturgien zugunsten der Gestorbenen.3)
Hatte jemand Geld zur Befreiung von Gefangenen oder zur Armen-
und Krankenpflege hinterlassen, dann sollte dies schnell tinoj.ai xpöTtot;
den Bischöfen oder den sonst dafür Eingesetzten gegeben werden.4)
Wenn die Erben die et; eüoefele, atxt-a; %axaXeXet|iuiva nicht
bezahlen und behaupten, das ihnen hinterlassene Vermögen reiche nicht
aus, dann sollte unter Aufsicht - des Bischofs des
1/i
des Reinertrags
vererbten Vermögens erhoben werden. Sechs Monate Frist werden
6m6 xyj; i|i:pavvjaew; x% StaSWjxrj; gegeben, damit die Erben das
St- eöaejkt; atxt-a; hinterlassene XiQYäxov5) abgeben. Wenn die zum
Erben eingesetzte Kirche oder Wohltätigkeitsanstalt entfernt liegt, kann
das geerbte Gut zugunsten der Kirche verkauft oder vertauscht werden.6)
Durch diese und mehrere ähnliche Bestimmungen hat Justinian
versucht, das Vermögen der. Kirchen und Wohltätigkeitsanstalten zu
sammenzubringen und zu vergrößern.

Schutz und Vorrechte des Kirchenvermögens.


3.

Diese Sorge zeigte sich aber noch deutlicher in den gesetzlichen


Bestimmungen, die das so entstandene Vermögen vor jedem Schaden
schützen sollten, damit es nützlich gebraucht werden könne, wiederum
nach den gesetzlichen Bestimmungen über die Verwaltung des Kirchen
vermögens. Was nun die Bewahrung des Kirchenvermögens betrifft,
so haben wir eine lange Reihe von Gesetzen, die den Weiterverkauf
und den Tausch kirchlicher Güter streng verbieten. Justinian versucht,

C. - C. — C. S..50.
S.

48
S.

51.
f.

3)
1)

2)

N. Bd.
S.
II

131 271
f.
6) 4)

JirjYäxov = x6 iv Sta3-rjxatj Xt|iTtavö|isvc3v. Suidas (Lexikon),


N. Bd. 272.
S.
II
tY-

131 tß-
o)

'
— 90 —

um dem Gesetz die Wirkung zu sichern, den Begriff der Heiligkeit


auf Gegenstände
verschiedene des Kirchenvermögens
übertragen, zu
was durchaus glückte. Man betrachtete ein Gut oder eine Geldsumme,
irgendetwas Äußerliches, ebensogut als heilig wie die heiligen Geräte
und Bilder u. dgl. Darum hatte jeder einen natürlichen Respekt vor
dem heiligen Vermögen der Kirchen. Die Bestimmungen selbst zeigen
diese Sorge des Kaisers am deutlichsten.
Z. B. im Gesetz Cod. I. 2. 20 von 529 wird verordnet, daß kein
Befehl (auch kein königlicher) befolgt werden dürfe (u.yjSe ämb frefoi>
töTtou Yj apxixrj; Ttpoaxa£ew;), der die Erhaltung von Soldaten oder
Klerikern von Kirchen oder Klerikern verlange (axpaxiwxixYj afrtiai;). J)
Heilige Gefäße, Gewänder und Geräte, die man zum Gottesdienst
brauche, dürfen keinesfalls zum gewöhnlichen Gebrauch entnommen,
verkauft usw. werden und höchstens dann verkauft oder als Hypotheken
verwendet werden, wenn aus Geldmangel keine Gefangenen losgekauft
werden können, denn, wie der Kaiser sagt: „non absurdum est animas
hominum quibuscumque causis vel vestimentis praeferi". Die Bischöfe
und Kleriker aber, die solche Gegenstände ohne Not im öffentlichen
Gebrauch finden, haben das Recht, sie ohne weiteres zurückzunehmen.1)
Alle Gaben, die der Kirche oder ihren Wohltätigkeitsanstalten irgend
wie dargebracht werden, bleiben frei von jeder Erwerbssteuer, damit
man zwischen Weltlichen und Heiligen unterscheide.2) Erbschaften,
Schenkungen u. dgl. an Kirchen oder Wohltätigkeitsanstalten und
Klöster und selbst Gelder, die dem Loskauf von Gefangenen ver
sprochen waren, konnten zu jeder Zeit eingetrieben werden. Damit
sich solche Dinge aber nicht ewig fortziehen, sollten die Kirchen
100 Jahre nach der Ankündigung der Schenkung usw. keine Ansprüche
mehr erheben können, wenn die Gelder innerhalb dieser Frist nicht
erlegt waren. Innerhalb dieser 100 Jahre hatten aber die Kirchen usw.
das Recht der Klage gegen die Erben der Spender.3) Kirchengut war
unveräußerlich. Zuwiderhandlung hatte keine juristische Gültigkeit, die
entäußerten Gegenstände mußten der Kirche zurückgegeben werden,
wobei Geber und Empfänger um 20 Pfund Gold gestraft wurden.
Die Kirchengüter durften kaum auf 20 Jahre verpachtet werden; nur
wohlhabende Leute (eöTtopoi) konnten sie pachten; sie waren für jeden
Schaden verantwortlich.4)
Im selben Gesetz und in einer Reihe anderer Gesetze5) verbietet

1) C. I. 2. 21 von 529 S. 25.


2) C. I. 2. 23 vom 27. 528 S. 26. — 8) C. S. 26.
März
f.;

C. I. 2. 24 von 530 S. 26 C. 55 12. Sept. 534 57.


3.

S.
I.

*)
N. 40 vom 18. Mai 536; N. 43 vom 17. Mai 536; N. 46 v. 19. August
5)

537; N. 54 vom 18. August 537 etc. etc.


— 91 —

Justinian,kirchliche Güter irgendwelcher Art weiter zu verkaufen oder


zu verschenken, erlaubt aber in Novella 46 vom 19. August 537, 1)
wenn die Kirchen oder Wohltätigkeitsanstalten ein Sirjuöatov 5cpXrj|ia
haben, sollte nach genauer Entscheidung der Bischöfe, Kleriker und
Archonten ein Teil der kirchlichen Güter zur Schuldentilgung verkauft
werden; höchstens konnte bei der Auflösung einer solchen Kirche eine
Privatperson, die von der Kirche Geld zu empfangen hatte, ein Gut
vom Kirchenvermögen an sich nehmen.2) Nach Novella 54 vom
18. August 537 3) sollte der Umtausch von Gütern zwischen Kirchen
und Wohltätigkeitsanstalten nach Entscheidung der Ortsmetropoliten
vollzogen werden, so daß beide Teile von diesem Tausch Nutzen
hatten. Der Tausch bedurfte keiner besonderen Erlaubnis.4)
Novella 55 vom 18. Oktober 537 5) bestimmt, daß Güter der
Kirche, die in den Besitz des Königs gekommen sind, nicht weiter an
Privatpersonen verkauft oder vertauscht werden.6) Nur zum Loskauf
von Gefangenen und SklavenT) konnte die Kirche ihr Gut veräußern.
Durch diese und ähnliche wurde das kirchliche Vermögen
Gesetze
recht gut geschützt, so daß man von nun an sehr gewissenhaft vor
ging. Dasselbe erfahren wir aus der Novella 67 vom 22. Mai 538, 8)
wo erzählt wird, der Bischof Martinus von Clissinata habe trotz dringen
der Not wegen der genannten strengen Bestimmungen nicht gewagt,
kirchliches Vermögen zum Loskauf von Gefangenen zu brauchen, son
dern sei nach Konstantinopel gekommen, um die kaiserliche Erlaubnis
dafür zu erhalten.9)

4. Verwaltung des Kirchenvermögens.


Ebenso zahlreich waren nun die Bestimmungen für die gute Ver
waltung des Kirchen Vermögens, das oft sehr hoch war. Die Verwaltung
(Stohajac;) des Vermögens der Kirchen- und Wohltätigkeitsanstalten
lag in den Händen der niedrigen Kleriker (Orphanotrophen, Noso-
komen usw.) und hauptsächlich der Ökonomen (otxovöuot). Diese
Kleriker waren, wie wir schon sahen, keine unbedeutenden Personen.
Aber ihre Bildung und Befähigung zur richtigen Verwaltung des
Kirchen Vermögens genügte noch nicht: wir haben eine große Masse
von gesetzlichen Bestimmungen, die die genaue Anweisung zur rich
tigen Verwaltung geben.

1) N. 46 Bd. I S. 399 ff. — 2) N. 46 Bd. I. a' ß- S. 401—402.


3) N. 54 Bd. I S. 422 ff. — ") ibid. S. 424 und N. 55 ß- Bd. I S. 435 f.
5) N. 55 Bd. I. S. 433 ff. — 6) N. 55 a- Bd. 1. S. 434 f. . .
T) N. 67 Bd. I. S. 482 f. —8) N. 67 Bd. I. S. 4S0f.
9) N. 67 Bd. I. S. 481.

S
— 92 —

Nach dem Gesetz Cod. I. 3. 41 vom 1. März 5281) stehen die


Ökonomen der Kirchen- und Wohltätigkeitsanstalten unter Aufsicht der
Bischöfe (xyjv otohojatv aöxwv JTtoTlxeuetv), und sie mußten den Bischöfen
über ihre Verwaltung Rechenschaft geben (Xöyou; ötooxeTv xfj; £auxwv
StotxVjaew;).--) Neben den Ökonomen stehen die Notare und Schreiber,
die die Ein- und Verkaufsverträge anfertigten. Jede Diözese hatte ein
axptvtov, d. h. eine Kasse, an der diese Schreiber (xapxouXdtptot) an
gestellt sind. Die Zahl der Chartularier ist bestimmt, für den Orient
15, für Asien 16, Pontus 15, für die Vermietungen 15, für Thracien 8,
für Antiochten 6, für Colapodien 6, für die Ausgaben 10, für die Testa
mente 9. Die Chartularier werden -kraft schriftlicher Ernennungsurkunden
angestellt, die die Unterschrift des Patriarchen und des Kirchenverwalters
tragen. Sollte ein von den Chartulariern angefertigter Vertrag gelten,
so mußte er die Unterschrift des Patriarchen mit dem Wort aveyvwv
tragen. Als Lohn bekamen die Chartularier je nachdem 2 oder 1 vom
Hundert. Man durfte Chartularier über die bestimmte Zahl nicht an
stellen, sonst wurden sie abgesetzt und mußten sogar 15 Pfund Gold
bezahlen, ihr Vorgesetzter aber 20 Pfund.
Die Ökonomen sollten jeden Monat oder höchstens jeden zweiten
Monat (u.rjxtatov xaxa Süo u.fjva;) außer den Bischöfen auch den
apxaptoi (= Vorstehern der Schätze, axptvfa>v) Rechenschaft geben
(Ttotetaft-at xoü;
Xoytau.ou;).:') Das Gesetz Cod. I. 3. 41 vom 1. März
5284) bestimmte, daß die Ökonomen jedes Jahr den Bischöfen über
ihre Verwaltung Rede stehen; hatten sie in etwas gefehlt, so mußten
sie den Mangel aus ihrem eigenen Vermögen ersetzen ; falls sie starben,
ehe sie Rechenschaft gegeben hatten, mußte das Fehlende ihrem
Ver
mögen entnommen werden.5)
Die Bischöfe sollten die Stotxrja^ den Ökonomen und den andern
Verwaltungsklerikern überlassen und nur die Aufsicht führen.6)
Die Verwalter der Kirchen unterlagen strengen Strafen, falls sie
bei ihrer Verwaltung etwas gewinnen wollten.T)
Was die Pflege der Kirchengüter betrifft, so bestimmt die Novella 7
vom 15. April 535, 8) Kirchengüter dürften längstens auf 2 Menschen
alter verpachtet werden; jedes Jahr mußte V« des Einkommens für die
Kirche erhoben werden.11) Eine dauernde Verpachtung (Siyjvextj;
i|icpLixeuat;) wird bei schweren Strafen verboten.10) Die Zinsen der
Verpachtung eines wertvollen Guts- sollen sich nicht nach dem Ein-

1) C. S. 43 ff. — 2)ibid. S. 44.


8) C. S. 27. — 4) C. S. 43 f. — 5) C. S. 44. — 6) C. S. 48.
T) C. S. 52.
— 8) N. 7 Bd. I. S. 75 ff. — 9) N. 7 Bd. I. S. 84.
I0) N. 7 Bd. 1. S. 88.
— 93 —

kommen, sondern nach dem Preis des Guts selber richten, da es vor
kommen könne, daß dieses Gut nicht wohl gepflegt werde.1) Ein Gut
durfte nur von den Patriarchen bzw. den Bischöfen und den Chartu-
lariern, wenn es solche gab, in Pacht gegeben werden, und zwar
haben sie und der Pächter einen Eid auf die Heilige Schrift zu leisten.2)
Ein kirchliches Gut durfte nicht länger als ein Menschenalter in
Nießbrauch gegeben werden, und zwar nur, wenn der Ersatz den Wert
des Gutes erreichte oder überstieg. Nach dem Tode des Pächters
mußte das Gut der Kirche zurückgegeben werden.3)
Wer den Kirchen Geld oder sonst etwas lieh, durfte kein iv^upov
nehmen, sonst verfiel sein Geld der Kirche.4) Selbst Notare, die dazu
oder zu irgendeiner Entäußerung kirchlichen Gutes die Verträge an
fertigten, verloren ihre Stellung und verfielen schweren Strafen. Selbst
Grundstücke, worauf früher Kirchen oder Klöster standen, durften von
Privatleuten nicht gekauft werden; solche Erwerbungen hatten keine
Gültigkeit.5)
Hatte Kirche oder eine Wohltätigkeitsanstalt Schulden, so
eine
sollten ihre SioixYjxaf auf einem öffentlichen Platz eine Auktion ab
halten; die Güter, die zu verkaufen waren, fielen dem Meistbietenden
zu, der bar bezahlen mußte, damit die Kirche ihrer Schulden ledig
werde. Die Akten mußten dann genau geführt und zwar uefr' Spxou
x^j wviaxyj auyypa^ eingetragen werden. Meldete sich während der
zwanzigtägigen Versteigerung kein Käufer und blieben die Güter un
verkauft, dann sollte sie eine andere Kirche oder Wohltätigkeitsanstalt
kaufen, um die Schulden der ersten zu bezahlen.6)
War eine Kirche oder eine Anstalt die öffentliche Steuer (SYju.öaiov
cpöpov) schuldig, dann mußte der Bischof und die Kleriker eine Be
ratungssitzung abhalten; konnte die Steuer nur mit unbeweglichen
Gütern bezahlt werden, so mußte das geschehen, damit die eüzyeic, oIkoi
dem Gesetz nicht zuwiderhandeln. Eine solche exnoir\aic, sollte mit
großer Scheu vollzogen werden, denn, wie Justinian sagt, %-ebc, ircöcjjexai
xa yevöu.eva.T) Die Akte über den Verkauf eines Kirchenguts (Sexpexov)
mußte von dem Metropoliten und zwei Bischöfen seiner Diözese ab
gefaßt werden, damit eine solche Synode Zeuge der Verhandlungen
sei.8) In Novella 115 vom 1. Februar 542°) finden wir alle genannten
Bestimmungen in bezug auf die Verwaltung des Kirchenvermögens mit
kleinen unbedeutenden Abänderungen zusammengestellt.

>) N. 7 Bd. I. S. 84. — 2) N. 115, 7. Mai 544, Bd. II. S. 249.


3) N. 7 Bd. I. S. 85 f. — *) N. 7 Bd. I. S. 87 f. — 5) N. 7 S. 70.

6) N. 115 Bd. II. S. 252 f. — T) N. 46 Bd. I. S. 401.


a) N. 67 Bd. I. S. 490 f. — 9) N. 115 Bd. II. S. 245—259.

f
— 94 —

All diese Bestimmungen betrafen natürlich alle Kirchen und


Kirchenanstalten. Nur für drei Kirchen finden wir manche Ausnahmen
dieser Bestimmungen: die Auferstehungskirche in Jerusalem, die u^aXYj
ixxXyjat-a in Konstantinopel und die Kirchen Afrikas.
Was die erste anbetrifft, so werden durch die Novella 40 vom
18. Mai 536 1) der heiligen Stadt die Vorrechte gegeben, daß die Ver
waltung des Kirchenvermögens von den gesetzlichen Bestimmungen
ganz frei sei, die die Entäußerung kirchlicher Güter verbieten; dies
sollte ein Privilegium der heiligen Grabeskirche und zugleich ein Aus
weg aus der Not sein, in der diese Kirche sich öfters befand, weil sie
für die Erhaltung der Millionen Pilger zu sorgen hatte, die die heilige
Stätte besuchten.2) Doch mußte auch hier der Verkauf eines Kirchen
guts vor und von der patriarchalischen Synode geschehen, damit man
sicher sei, daß ein solcher Akt tatsächlich nottat.3)
Ganz besondere Privilegien aber erhielt die große Kirche Kon
stantinopels, ^j |ieyaXrj ixxXrjai-a, die Justinian -?juexepav xal Ttdvxwv
|jwjxepa xat xetpdXatov xöv äXXwv aTtaawv (ixxXvjatwv) nennt.4) Fast
in allen genannten Bestimmungen finden wir die gesetzliche Ausnahme
stellung der großen Kirche Konstantinopels: i£atpoöuev Si xal xoüxou
xoö vöu-ou xtjv dytwxdxrjv u.eydXrjv ixxXrjafov, waTtep xat xoö Ttpöa9-ev.8)
Diese Kirche war außerordentlich reich an Besitz und an Wohltätigkeits
anstalten, und die verschiedenen Privilegien trugen zur Vergrößerung
dieses Vermögens bei. Wir nennen nur eines dieser Privilegien. Die
Novella 43 vom 17. Mai 5376) bestimmt, daß die 1010 Fabriken
(epYaaxVjpta), die dieser Kirche gehörten, von jeder Steuer frei blieben,6)
die andern ipyaaxrjpta der konstantinopolitanischen Kirche dagegen nicht.
Ähnliche Privilegien verschafften der u.eydXiq ixxXyjata Macht und
Ansehen.
Endlich wird der Kirche Afrikas durch Novella 37 vom 1. August
535 T) die Erlaubnis erteilt, für den Loskauf von Sklaven und Gefangenen
Kirchengüter zu verkaufen.

1) N. 40 Bd. I. S. 349 ff. — 2) N. 40 B. I. S. 349 f.


s) N. 40 Bd. I. S. 352 f. und N. 120 Bd. II. S. 256.

4) C. I. 2. 24 von 530 S. 26.


5) N. 54 vom 1. Sept. 537 Bd. I. S. 424. Unter dem Namen „fisrtUrj
ixyArjaia" ist nicht die ganze Kirche Konstantinopels zu verstehen, wie man
aus dem Zusammenhang und der Benennung anderer konstantinopolitanischen
Kirchen ersieht. Der Name gilt nur der Kathedrale und aller Wahrschein
lichkeit nach der -Ayia Sotpia, obschon sie nirgends mit Namen genannt wird.
Der Name \isy&Xri ixxXrjaia ist später auf die ganze Kirche Konstantinopels
übertragen worden.

6) N. 43 Bd. I. S. 389 ff. T) N. 37 Bd. I. S. 207 ff.
— 95 —

5. Benutzung des Kirchenvermögens.


Aus all diesen Bestimmungen über die Verwaltung des Kirchen
vermögens geht am auffallendsten Justinians große Sorge für Schutz
und ehrliche Verwaltung des Kirchenvermögens hervor. Es mag sein,
daß diese große Ängstlichkeit Justinians, die man aus der Lektüre dieser
Gesetze entnimmt, auch ein Motiv hatte; es
gewisses abergläubisches
wäre aber durchaus eine Verkennung dieser Gesetze, wenn man als ihren
Grund einfach nur Aberglauben annähme. Denn wenn man die Zwecke
bedenkt, denen das große Vermögen diente, wenn man an die un
geheure soziale Arbeit im modernen Sinne denkt, die die Kirche mit
ihrem Vermögen leistete, wenn man an den Segen denkt, den die Kirche
damit spendete, dann findet man in der Tat, daß die große Ängstlichkeit
Justinians um das Kirchenvermögen eine viel größere Basis als den
Aberglauben hatte, vollständig berechtigt und verständlich ist. Ebenso
wäre es aber verkehrt zu glauben, daß Justinian nur den Nutzen oder besser
die Verwendung der Kirche zu sozialen Leistungen im Auge hatte.
Justinians große Sorge fußt vielmehr auf der der damaligen Zeit ent
sprechenden Pietät vor den kirchlichen Dingen und auf seinem guten
Willen, der Kirche zu helfen, ihr soziales Werk in Ordnung weiter "zu
treiben. Dies Werk trieb die Kirche nicht erst unter Justinian, sondern
von Anfang an, Justinian hat nur durch seine Gesetze mehr Ordnung
geschafft. Justinians Gesetze lassen uns aber die riesige soziale Arbeit
erkennen, die die damalige Kirche vollbrachte.
In erster Linie steht die Armen-, Kranken-, Waisen-, Alten- und
Fremdenpflege und der Loskauf von Gefangenen und Sklaven. Mit
jenem Vermögen wurden die großen £evoSoxeta, voaoxoue£a, öpcpavoxpo-
cpeTa, fipzyoxpoyzia. usw. erhalten.1) Weiter wurde das kirchliche Ver
mögen zur Erhaltung und Belohnung der Kleriker und der kirchlichen
Beamten überhaupt benützt.2) Den Staat hat die Erhaltung der Kirche
nicht nur nicht belastet, sondern ihm selbst in dieser sozialen Not Hilfe
gebracht. Wie wir weiter aus der Novella 43 vom 13. Mai 537 3) er
fahren, war die Sorge für die Arbeitslosen der Kirche übertragen worden,
darum läßt Justinian auch die kirchlichen Fabriken unbesteuert, er sagt:
t{ yap flcxoTtwxepov äv elr\, ävSpa; ix xwv olxetwv ipya^o|jtevou; /etpöv
xal aTtoxplcpovxa; yau-exa; te xal raclSa; xat xyjv äXXyjv xoö ßfou
Stoixrjatv ivxeö9-ev Ixetv ^etyouivou;, ßapyvetv |iei^ouat xD-eat, xat
8gci> n\dw> xa xwv iXaippuvouivwv
yt-vea9-at, xogoüxm u.e:^ü> xa ixel9-ev
-
dTtoxeXeTafl-at Ttdfl-rj ; xat eoj xt ßapo; döptaxov, Ttlpa; oöS öxtoöv lxetv

1) C. I. 2. 22 S. 25 f. - ') N. 56 Bd.- 1 S. 438 f. und G. S. 45.


8) N. 43 Bd. I S. 387 ff.
— 96 —

Suva|jtevov.1) Er sagt, mit der Befreiung dieser kirchlichen ipYaanfjpta


von jeder Steuer wolle er xa. xotva Ttpovoetv.2)
Selbst die Armenbegräbnisse wurden aus dem kirchlichen Ver
mögen bezahlt. Diese ipyaaxrjpta sollten die zum Begräbnis nötigen
oexavo: (-^aßSoüxot) und Xexxtxdptot (-Sargträger) und alle andern Leute,
die man zu einem Begräbnis brauchte, stellen, wie auch das zum Be
gräbnis nötige Geld erlegen.3) Damit daraus keine Unordnung entstehe,
wurde sogar der Lohn der Begräbnisbediensteten festgestellt. Die
Sexavot sollten monatlich 182 vGfiia|iaxa bekommen, die Asketrien 90,
die Akoluthen 91, die Kanoniker 36. 4) Die Bischöfe hatten die Kontrolle
über die genaue Bezahlung. Und die Ökonomen sollten aus eigenen
Mitteln mit Zinsen (\izxa. xöxou) Ersatz leisten, falls sie die Leute nicht
genau nach diesen Bestimmungen bezahlten. Verzögerte sich die Be
zahlung der Begräbnisleute über ein Jahr, dann hatten die Bischöfe das
Recht, das Geld zu verlangen und die Ökonomen wegen dieser Nach
lässigkeit abzusetzen.5) Die Genauigkeit in der Bezahlung dieser Leute
geht so weit, daß die Belohnung mit der Entfernung des Begräbnis
ortes steigt.0)
Solche und mehrere ähnliche Bestimmungen finden wir in den
justinianischen Gesetzen inbezug auf das Kirchen vermögen, seine Ver
waltung und Benutzung. Aus allem diesem ergibt sich zweierlei:
1. daß Justinian ein großer Gesetzgeber auch im kirchlichen Sinne
war, da er mit seinen genialen Gesetzen der Kirche in ihrem sozialen
Werke so wunderbar half; 2. daß der Klerus in Justinians Zeit doch nicht so
verdorben war, wie es die Gesetze über das geistliche Leben erscheinen
ließen. Die Kirche in der Zeit Justinians und unter ihm war nicht
nur das Institut, worin man seiner Seele Seligkeit durch unbedingt
gehorsamen Glauben finden konnte, sie sorgte nicht nur für die aus
theoretischem Glauben kommende Seligkeit, war auch nicht nur der
Ort der ewigen wissenschaftlich -theologischen Kontroverse, sondern
ebensogut und vielleicht viel mehr die Stätte des tätigen Glaubens, die
tatsächliche Zuflucht alles menschlichen Elends, das damals, wenn
nicht größer, doch ebenso groß war, wie heute. Dem großen kirch
lichen Apparate gegenüber, der zur Seligkeit verhalf, stand der andere
kirchliche Apparat, womit die Kirche ihre Weltarbeit durch die Liebes
tätigkeit wunderbar ausübte. Die lange Reihe der Wohltätigkeitsanstalten
von den Säuglingsanstalten (j5pecpoxou.eta) bis zu den Greisenanstalten.

i) N. 43 Bd. I S. 390f.
2) N. 43 Bd. I S. 391. — 3) N. 59 vom 1. Nov. 537 Bd. I S. 443 f.
4) N. 59 Bd. I S. 445. — 5) N. 59 Bd. I S. 446.
6) N. 59 Bd. I S. 447 ff.
— 97 -
(yepovroxo^ela), die das Leben der Armen und Bedrückten erleichterten,
sind von der größten Bedeutung und verhältnismäßig viel größer und
wichtiger als heute.
Der Überblick über die Gesetze, die sich auf diese praktische
Seite der Kirche beziehen, genügt, um die Bedeutung der kirchlichen
Gesetzgebung Justinians darzutun und die großartige Stellung der
damaligen Kirche mitten im Leben zu zeigen.
Die Kirche blühte in dieser Zeit wissenschaftlich und praktisch,
und Justinian hat ihr auf beiden Seiten durch seine große Persönlichkeit
einen mächtigen Impuls gegeben, wie es selten ein Kaiser getan hat.
Gerade diese Ordnung in finanziellen Sachen ist von außerordentlicher
Bedeutung, denn dadurch wurden allererst die Kleriker finanziell un
abhängig, dies aber ist gewiß wenigstens eine der Grundlagen der
Erhöhung des Klerus zu der ihm gehörenden Stellung. Aber auch die
Stellung der Kirche wurde durch jene finanzielle Ordnung erhöht, denn
dadurch legte man ihr gerade wie im Urchristentum die Liebestätigkeit
nach allen Seiten des Lebens hin in die Hände und vertraute ihr die
Besorgnis für das soziale Leben und seine Pflege an. Und so war die
Kirche nach außen und innen möglichst vollendet. Die Kirche wirkte
durch Glauben und Hoffnung für das Jenseits, durch Liebe und Sorge
für das Diesseits. Und Justinian war nach beiden Seiten, wie wir aus
seinen Gesetzen ersehen, ein großer und starker Faktor dieses mächtigen
kirchlichen Lebens in seiner Zeit und auch noch in späteren Zeiten.
Neben der Kirche, um sie und in ihr, bestand aber eine große
Korporation, die wegen ihres starken Zusammenhangs und Anschlusses
an die Kirche einen großen Einfluß auf sie übte: das Mönchtum.
Justinians kirchliche Gesetzgebung wäre unvollendet, wenn er durch
seine Gesetze auch in das Mönchtum nicht Ordnung gebracht hätte.
In der Tat aber hat Justinian das Mönchtum ebensogut beschäftigt wie
der übrige Klerus, und wir versuchen jetzt, das Bild der kirchlichen
Gesetzgebung Justinians durch die Betrachtung der auf das Mönchtum
bezüglichen Gesetze zu vervollständigen.

Alivisatos, Gesetzgebung Justinians I.


Kapitel IV.

Mönchtum.')

Wie wir kurzen Darstellung der dogmatischen Streitig


aus der
keiten ersehen haben, hatte das Mönchtum in Justinians Zeit immer
noch eine große Kraft. Und eben jene dogmatischen Kämpfe zeigen,
daß das Mönchtum auf einer Höhe der geistigen Bildung und Wissen
schaft stand. Wir können aber schon in dieser Zeit beobachten, daß
das Mönchtum nach dem Aussterben der dogmatischen Interessen all
mählich von der Wissenschaft zurücktritt, wenn auch nicht ganz, und
seine ursprüngliche Lebensweise durch bloße Askese wieder aufnimmt.
Diese Vernachlässigung der Wissenschaften und die Beschränkung auf
einfache Askese aber brachte mönchischen Leben vieles, was zu
dem
seiner Entartung beitrug. Schon Justinian suchte, wenn auch meist aus
bloßer Besorgnis, durch gesetzliche Bestimmungen das Leben der
Mönche zu regeln. Und wir haben zahlreiche Gesetze von ihm, die
sich auf Sitten und Sittlichkeit der Mönche beziehen wie auf die Ver
fassung der Klöster und die nützliche Anwendung des Klostervermögens.
Die Mönche sollten nach dem Lieblingsausdruck Justinians in Wissen
schaft und Leben amouSatot sein. Vor allen Dingen hatten Justinians
Gesetze die Sittlichkeit des Mönchtums im Auge, sodann die Verfassung
der Klöster und das mönchische Leben überhaupt.
Es gab nicht nur männliches, sondern auch weibliches Mönch
tum, und sofern die Klerikermönche unter den oben betrachteten Be
stimmungen stehen, fallen alle übrigen Bestimmungen über männliches
und weibliches Mönchtum zusammen, da auch keine verschiedenen
Mönchs- oder Nonnenorden bestanden.
Verfassung und Lebensführung in männlichen und weiblichen
Klöstern war ziemlich dieselbe, so daß beide zusammen betrachtet
werden können. In Justinians Bestimmungen über das Mönchtum

1) Vgl. „Mönchtum" von Qrützmacher; Real-Enzyklopädie 3, Bd. 13,


S. 214f., wo auch zahlreiche Literatur.
— 99 —

kommen vier Hauptpunkte in Betracht: die Entstehung der Klöster,


ihre Verfassung, das Klostervermögen und das mönchische Leben. Die
vier Punkte entsprechen ähnlichen im Leben des Weltklerus, darum
werden sie kürzer als jene behandelt.

1. Über die Entstehung der Klöster und über die Mönche.


Von Interesse ist die Definition des Mönchtums, die Justinian in
Novella 1331) vom
März 539 gibt: cO novVjprj;
16. ßfo; xal tj xax-
aöxöv 9-ewpfa laxw
Eepöv xat avdyov aöx<59-ev
Ttpay|i,a xa; cJ>ux*b e-;
-9-eöv, xat oö |jlövov wcpeXouv aöxoü; xou; eJ; toöxo Ttaptövxa:;, aXXa
xal xot; äXXot; äTtaot Stä xyj$ aöxoö xa9-apöxrjxo; xat xfj; Ttpö; 9-eöv
Exexefo; TOxpexöu.evov xtjv TtplTtouaav w^lXetav.s)
Novella vom 17. März 535 3) gibt als apx*j ™v eöaywv |iova-
5

axrjpfwv überhaupt die Bestimmung, wer ein Kloster bauen wolle, müsse
zuerst mit dem Ortsbischof über die Mittel einig sein, die er für das
neue Kloster zur Verfügung stellt. Sodann mußte der Ortsbischof
durch Gebete den bestimmten Ort Gott weihen und dort ein Kreuz
aufstellen,damit solle die Grundlegung des Klosters anfangen.4)
Mehrere Bestimmungen über die Klostereinrichtung und ähnliches
mehr werden wir im Zusammenhang mit den Bestimmungen über das
Mönchsleben betrachten.
Wir kommen gleich auf das Klosterpersonal zu sprechen.
Mönch konnte jeder werden; da aber das Mönchtum als eine Art
höh^ren_L^bjms_galt, wie aus folgenden Worten Justinians hervorgeht:
6 iv dcaxrjaet u.ovaytxö; ßfo; oöxw; iaxt ae|ivd;, oüxw; otxetoöv oISe
9-ew xöv eE; xoüxo Ipyö\ievov äv9-pümov, waxe Ttavxa uiv dv9-p(JiTt:vc/v
aöxoö onCXov aTto£uetv, xa9-apöv Se aTiocpatvetv xal x^ Xoytx^j npi-
TOvxa cpüaet xal xa TtoXXa xaxa voOv ivepyoövxa xat xwv dvftpwTtfvwv
cppovxtöwvÖTilpxepov,*) ja da das Mönchtum manchmal gleich, wenn
nicht höher als das Priestertum gestellt wurde: gab der Kaiser ver-

1) N. 133 Bd. II S. 18 ff. — 2) N. 133 Bd. II S. 18 ff.

3) N. 5 Bd. I S. 59 ff.
4) . . o 8s [imaxoTi0j] y^stpdj xs dvaxstvstv *lj oüpavöv xai 8:a xfjj sCiyjj:
xöv xoTiov dvtspwasts t<t, Bsiö, Tirjj;d|isvoj sv aüxcjj xö xrjj rj|isxspaj au|ißoXov
aioxrjptaj (cpa|isv 8s xöv Ttpoax-jvrjx6v xai xl|itov övxtoj axaupöv), ouxto xs äpjhgxat
xrjj oixoSo|itaj xaXöv 8rj xtva xoäxov xai TtpsTtovxa 9-c|jiXtov d*o3-i|isvoj. a-jxrj
|isv oüv xrjj süasßoöj xtöv süaYÖv |iovaaxr,pitov Ttonrjastoj
dpxrj saxw. N. 5a'
Bd. I S. 60. Was die Einsteckung des Kreuzes betrifft, die in dieser Novelle
erwähnt ist, so hat sie mit den sogenannten axaupoTtr,Ytaxa |iovaoxrjpta, die
von den Bischöfen unabhängig sind, nichts zu tun.
->)

N. Bd.
S.

59.
5

I
— 100

schiedene Bestimmungen, die sich auf erforderliche Eigenschaften der


Mönche beziehen.
Wer Mönch werden wollte, mußte der heiligen Schriften kundig
sein, wie auch eine
strenge Askese leisten.1) Wer ein solches Leben
führte und führen wollte, konnte ungehindert ins Kloster eintreten, selbst
wenn er Sklave war. War dies der Fall und behauptete der Herr des
Sklaven, er habe ihn bestohlen, so mußte die Sache genau untersucht
werden; erwies sich die Anklage als wahr, dann mußte er die Sachen
zurückgeben und in die Sklaverei zurückkehren; war die Anklage aber
falsch, so konnte der Sklave im Kloster bleiben und sogar von der
Sklaverei losgesprochen werden, damit das Mönchtum nicht an An
sehen verlor. Da aber viele Sklaven den Ausweg ergreifen konnten,
sich zu befreien und dann das Kloster zu verlassen, wurde weiter be
stimmt, wer nach seiner Befreiung aus dem Kloster austrete, müsse in'
die Sklaverei zurückgeführt und bestraft werden, da er das Mönchtum
mißbraucht habe.2)
Das Gesetz Cod. I. 3. 52 vom 27. November 531 3) verordnet, daß
selbst Eheleute (avYjp Yj ywq), wenn sie den Ehestand verlassen wollten,
um ins Kloster einzutreten, dazu volle Freiheit hatten, sie durften sogar
ihr Vermögen, Geschenke usw. mitnehmen,4)
Mitgift, da das Privat
vermögen wie wir
der Mönche, noch sehen werden, sobald sie ins
Kloster eintraten, dem Klostervermögen einverleibt wurde. Die Eltern
hatten kein Recht, ihre Kinder zu enterben, wenn sie ins Kloster ein
treten wollten, sie sollten ihnen ein Viertel ihres Vermögens hinter
lassen,5) das eben, wie gesagt, ins Klostervermögen überging. Falls
sie wieder aus dem Kloster austraten, dann blieb das Vermögen dem
Kloster.0) Damit aber dieser Zwang nicht zu groß erscheine, war be
stimmt, jeder, Mann oder Frau, der ins Kloster eintreten wollte, habe
sein Vermögen vorher zu ordnen, denn nach dem Eintritt ins Kloster
hatten sie darauf kein Recht mehr, da es dem Klostervermögen ge
hörte. T)
Damit die Kinder solcher Eheleute nicht zu Schaden kämen,
wurden sie aufgefordert, das vöu.i|jiov \iipoc, (ein Viertel) ihres Vermögens
ihren Kindern zuzuweisen, sonst hatten die Kinder das Recht, ein
Viertel des Vermögens vom Kloster zu verlangen, wie auch die Frau,

J) el xoivov |isXX0i etj Iasa9-ai |iovaxoj dbiPiMd &ei xal x^j x®v frsiwv
aOxffiXoyitov TtaiSsiaj xai äaxrjastoj öbipißoöj, wats x^Xr/auxrjj ägiou yevsa9-ai

nexaßoX^£. N. 5 Bd. 1 S. 59.


— 3) C. S. 53 ff. —
2) N. 5 Bd. I S. 60 ff. 4) C. S. 54, 57.
5) N. 76 vom 15. Oktober 538 Bd. 1 S. 526 ff., vgl. N. 123 Bd. II
S. 323. J
N. Bd. — N. Bd. I S. 63 f.
6) 5 1 S. 62 f. T 5
101

deren Mann ins Kloster eintrat, das Recht hatte, ihre Mitgift zu ver
langen. 1)
Die Eheleute, die ins Kloster eintreten wollten, konnten ohne
Scheidebrief (St/a £erauSfou = Sia^uyfou) auseinandergehen. Jedes
sollte das andere als gestorben betrachten, und das Vermögen stand
unter denselben Bestimmungen, als wäre eines von beiden tatsächlich
gestorben. Die Frau nahm nämlich ihr Vermögen zurück und soviel
von dem Vermögen des Mannes, als er ihr im Ehekontrakt versprochen
hatte, und umgekehrt der Mann von der Mitgift der Frau, falls diese
ins Kloster eintrat. Wollten beide Eheleute ins Kloster gehen, dann
sollte ihr Vermögen, selbst die Schenkungen, die sie einander gemacht
hatten, geteilt werden und dem Vermögen des Klosters, wo sie ein
traten, einverleibt werden.2)
Die Leute nun, die ihre weltlichen Verhältnisse auf solche Weise
in Ordnung gebracht hatten, konnten doch nicht
ins Kloster eintreten,
sofort Mönche oder Nonnen werden. Sie sollten vielmehr drei Jahre
im Kloster TtpooxapxepeTv mit Laientonsur und -kleidung (äXXa. xoupä
te xcd lo\l-^n xij xöv xaXou|isvov /prjaftou Xal-xwv StSaaxöu.evov xA
xoö Beoö Xoyta.3) Während dieser drei Jahre hatte der yjyouu.evo;
den bisherigen Lebenslauf des Eingetretenen genau zu untersuchen,
ebenso, ob er Freier oder Sklave war, ob er mit eigenem Willen ins
Kloster eintrat usw. War all dies in Ordnung und sein Leben ohne Tadel,
zeigte er sich außerdem während der drei Jahre unter den Mönchen
äpiaxov y.%1 xapxeptxwxaxov, dann erst sollte man ihn xtj; |iova/txY);
axoXfj; xe xat xoupa; a£toöv.4)
Dies sind die Hauptbestimmungen zur Aufnahme eines neuen
Mönchs ins Kloster, wenige andere werden wir im Zusammenhang mit
den übrigen dem Mönchtum geltenden Bestimmungen bemerken.

2. Verfassung der Klöster.


Was die Klosterverfassung betrifft, so hat sie Justinian wesentlich
unverändert gelassen, nur einige Unregelmäßigkeiten beseitigt. Nach
dem Gesetz Cod. I. vom 17. Nov. 530r') werden die Mitglieder
3. 46
des Klosters (u.ovaxot oder u.ovaxaf) von dem T)You|isvoi; bzw. der
%ouuivrj geleitet (%eu.oveuetv). Ein solcher Vorsteher des Klosters
wurde von den Mönchen oder Nonnen gewählt.
Als erste und unbedingte Eigenschaft des yjyou|i,eVo; (der rjyou|iivyj)
wird verlangt sittliches und ehrwürdiges Leben (ayaftö; ßfo; xat ae|ivö;

1) N. 123 Bd. II S. 321 f. — 2) N. 123 Bd. II S. 323.


3) N. 5ß' Bd. I S. 60 ff. — 4) N. 5ß' Bd. I S. 60 f. — 5) C. S. 50 ff.

-
,
— 102 —

-tpÖTOc) und strenge Askese (daxYjaew; auvxovfa);1) er soll x% ra'axei


dpfröv xal tw ßiw awcppova xai xyj; SioixVjaew; S£iov, xai Suvau.evov
xYjv xwv u-ova^öv irciaxYju.yjv xai Ttäaav tYjv xoü [iovaaxYjpfou xaxaaxaaiv
XpYjaf|iü>; qjuXa£ai.2) Starb der alte -?jyou|i£vo; und besaß der Seuxepo;
xYjv xa£iv alle jene Eigenschaften, dann sollte er zum Abt (aßßä;,
apx^avSpfxYj;, %ouu.evo;) gewählt werden; hatte er solche Eigen
schaften nicht, dann sollte er vom Rang abgesehen und irgendein
würdiger Mönch (oEouSyjtoxe av elr\ ßafriioO), wenn er auch von den
untersten war, gewählt werden.3)
Diese Wahl sollte der .Ortspatriarch bzw. Bischof nicht nur be
stätigen, sondern auch prüfen, ob die Wahl in Ordnung war, ob der
Gewählte die genannten Eigenschaften hatte, denn die Wahl sollte nicht
durchs Los oder irgendwie anders, sondern nach den persönlichen
Vorzügen erfolgen.4) War nun die Wahl nach den vorgeschriebenen
Bestimmungen vollzogen, dann erst sollte der Bischof den Betreffenden
ITd xYjv xoü fyou\ihou xa£iv Ttpoayeiv.5) Demgemäß brauchte ein
fjyoi>uevo; kein Geistlicher zu sein, sondern konnte auch einfacher
Mönch sein. Genau dieselben Bestimmungen gelten für die Wahl
einer Vorsteherin (-?jyou|jievYj).6)
Durch diese Bestimmungen standen also die Klöster unter un
mittelbarer Aufsicht der Bischöfe, aber nicht nur das, die Bischöfe
hatten auch die Jurisdiktion über die Klöster. Durch die Novella 79
vom 10. März 539 T) wurde nämlich streng verboten, daß Mönche bzw.
Nonnen vor irgendeinem weltlichen Gericht gerichtet werden. Die
Mönche wurden vielmehr vom ^■foiu.evo; oder seinen dbtoxpiaiäpioi
gerichtet, in schweren Fällen vom Bischof selbst.8) Die Bischöfe
wurden gemahnt, aeu.vös xai Eepaxixö; xpfveiv, damit
■?j

aeu.vöxYj; der
Mönche äfrixxo; bleibe.9) Weltliche Richter, die sich erlauben würden,
in einen Mönchsprozeß einzugreifen, wurden mit Verlust ihrer xa£i;
und einer Buße von 10 Pfund Gold bestraft.10)
Kein Abt durfte zugleich zwei Klöster unter seiner Aufsicht haben,
nur eins, damit die Mönche unter dem Abt, der Abt und das Kloster
unter dem Bischof stünden und auf diese Weise Ordnung herrschte.11)

C. — N. 123 Bd. S. 318. — C. 50.


S.

S. 50
II
f.

3)
l)

-)

Ttpoarjxov Sv Ttäaav äpxvjv xai Ttdaav dvfrpü>Ttü>v iTtiaxaaiav oüx ix


4)

ix ix imXoyfa xai ix
ig

^povwv oü8£ xMjpwv oü8e xuxJJpöv Ttepiaxdasfyv, äXX'


xoö xaXXiovoj yivea&ai xai xrjv Ttapa Ttavxtov napxupiav sivai xtp xdy|iaxi xdgiv.
C. S. 50 v. 34
f.

C. 50 v. 39. — C. — N. 79 Bd.
S.

50 v. 44
S.

S.

ff.
II
f.
5)

6)

8
T)

— —
10)

N. 79 Bd. N. 79 Bd. S. N. 79 Bd.


S.

9.
II

S.

10.
II

II
9
8)

9)

|irjSiva fjysiafrai |iovaaxrjpitov, sivai |iiv xaöxa üTtö


n)

9-saTti£o|iev 8üo ä.XX'


xöv x^j ivopiaj, xa9-' tjv 8idyouai, freo<piXsaxaxciv iwiaxoTtov, ixaaxov 8i -Jjyou|jievov
- 103 —

Der Ttpoeaxw; oder ifloti\i&voz (— des Klosters sollte die Mönche

rj)
beaufsichtigen, ob sie ein ordentliches Leben führen, und hatte das
Recht, sie nötigenfalls zur Ordnung zurückzuführen. Auch sollte der
l£apxoc (= imftewprjxrj; u.ovaaxrjpfa>v, apx^avopfxrj;, hauptsächlich
der Vorsteher Orte sich in einem

d.
h.
eines \iex6y_iov, eines anderen
befindenden Filialklosters) wenn sie einen solchen
der Klöster,
hatten,
seine draxptatdptot öfters zu den Nachbarn schicken, um zu erfahren,
ob die Mönche ein ordentliches Leben führen.1) Demnach gehörte zur
Verfassung der Klöster eine strenge Aufsicht seitens der Vorsteher
und Leiter.
In jedem Kloster mußten unter dem f\you\ievoc, die sogenannten
dTOxptatdptot, Vertreter oder Geschäftsführer des Abtes, stehen, die
sein sollten ävSpa; YeYyjPax^xa; xat ^^rj x° ^Crvaxtxöv dywvtaauivou;
xal od £aSfo; xa.c, o»uaxtxa; 1-izr\peia.c, ucptaxa|iivouc,

o-i
xol$ Ttpay^aac
xal xa!; aöxöv [xwv |isvaxwv] dTtrjaxo-Xrjvxai /pefat;.2) Durch diese
Leute konnten also die Mönche ihre Privatangelegenheiten besorgen;
ebenso hatten die Nonnenklöster zwei oder drei solcher Apokrisiarier,
womöglich Eunuchen (eüvoüypuc, Weitere Bestimmungen
ei

Suvaxöv).3)
über die Apokrisiarioi wie über die Beaufsichtigung der Mönche und
Nonnen werden wir bei der Betrachtung der Bestimmungen über Sitten
und Sittlichkeit der Mönche finden.
Indirekt gehörte zur Klosterverfassung noch das schon anfangs
genannte Privilegiendekret für das Kloster des Sinaiberges: XpuaößouXov
xoO dotS{|iou ^aatXew; -Iouaxtvtavoö iowpVjaaxo et; xöv xoö 2tva
8

öpou; -?jyouu.eVoV.4)

sXstv Iva, icp- xai xolj Ttap- aüxoö ytvo-


<jj

xs xy |iiv x0ü yjy^|i^vou xaxaaxdast


|isvotj iYxtv8uvsustv xöv sTtioxoTtov, xrj 8s xä>v |iovaxtov xöv tjyo6|jlsvov xai xaxd
toötov xöv xpöTtov Ttäaav sixaftav -^uXdxxsa9-at xal |irjdsva xoö XotTioö xaxd crf"
Xuotv sTirjpstav |idXtaxa Ttapd xöv xö süaYsj xoüxo aXr,|ia iisp<ßsßXrj|isvtov
t)

C. 39 S. 42.
3.
I.

rivsa9-at.
xöv xaxd xatpöv sxdaxo-j |iovaaxrjpiou Ttposaxöxa auvsX»>j
. . 9-saTtt£0|isv,
1)

itcotcwüstv aüxoüj [xoüj fiovaxoüj] xai 3isp«pYd£sa9-at xtjv sxdaxo-j TioXtxsiav xs


xai xaxdaxaatv, xai st Ttoü xt ßpax« Yivrjxal Tiapd tö TtpsTtov, xoöxo sü9-üj sTta-
vop9-oöv, xai |irj ouYXwpslv Hs-Sw Yivsa3-at xöv 5Xta9-ov lir/Ss dTtoXsa3-at ^uXr,v

Ttpöj xr,v ix tr,j daxr,astoj awxrjptav xaxacps6yo-jaav. Ss xtöv |iovaaxrjpiwv


ö

Igapxoj (st Ys strj xaxd xöv xiTtov, ÄaTtsp sTti xaüxrjj saxi xrjj süSai|iovoj TtoXswj),
r xaöxa TtsptspYajsxw xai oxsXXsxw xoüj xaXou|isvouj dTtoxptatapiouj xoüj aüxoö
xaxd xd |iovaaxrjpta, xai Tiuv9-avsa9-u> xai sx xtöv Ystxövtov, |if;Ttou xt Ttovrjpöv
iTti xtvoj xtov |iovaaxrjpiu>v xtöv iyydfov ybtzxot.1, xai xaüxa aTtavxa ato^>povt£sxto
xai xrjj Ttpoarjxoüarjj djtoüxto Ttpovoiaj. N, 123 vom 16. März 539
8'

Bd.
S.

24.
II

N. 133 Bd. — N. 133 Bd. 25.


S.

S.

25.
II

II
s'

s'
3)
-)

PO. 86 col. 1149 B-1152.


I.
')
— 104 --

Justinian gibt mit diesem Dekret dem Sinaikloster eine hervor


ragende Stellung und gewährt ihm völlige Unabhängkeit wegen der
großen Ereignisse, die auf dem Berge geschahen. Außerdem verlieh
Justinian dem yjyouu.evG<; dieses Klosters den Rang eines Erzbischofs
mit der besonderen Erlaubnis, ähnliche priesterliche Gewänder zu tragen
wie der Bischof. ') Bis heute ist das Sinaikloster fast unabhängig und
sein Vjvoij|ievc; 'st e'n Erzbischof, obschon aus dem Gesagten hervor
geht, daß der r^o6\ievQq zwar erzbischöflichen Rang besitzt und ent
sprechende Kleidung trägt, doch nicht Bischof oder Erzbischof ist.
Vielleicht entwickelte sich die Stellung des Abtes mit erzbischöflichem
Rang von selbst zum tatsächlichen Erzbistum.
Das sind die hauptsächlichsten
Bestimmungen Justinians über die
Klosterverfassung.Der Grund ihrer Beschränkung ist einfach der, daß
alle Bestimmungen über die Klöster wesentlich dieselben bleiben wie
vorher, was der Kaiser auch in dem Dekret Cod. I. 3. 46 sagt: TYj-
XoiTtYj:; lepa.xtxf\q xä£etü; a.rAot]^ xfj; tGü HeoO XeiroupyiaLs v.zxx xouq
eauifj; npoioüvq- x*l ouSev ex xoö rcapövxo; Yj|iwv xevi^ouivyj;
,ria1)-nGu;
vö|jiou.2) Wenige Worte genügen jetzt über das Klostervermögen.

3. Klostervermögen.
Die verschiedenen
Bestimmungen über das Kirchenvermögen, die
wir oben erwähnten, gelten ganz genau auch für das Klostervermögen.
Wo von den Kirchen und Wohltätigkeitsanstalten die Rede ist, werden
auch die u.ovaaxYjpia nebenbei ausdrücklich genannt, darum ist längeres
Verweilen nicht nötig. Wir haben schon gelegentlich gesehen, daß
die Quellen des Klostervermögens einerseits die Schenkungen waren,
anderseits die große Bereicherung durch das Privatvermögen der ins
Kloster eintretenden Mönche oder Nonnen.
Hier muß die Bestimmung der Novella 5 bzw. 123 erwähnt
werden, wonach, wenn ein Mönch das Kloster verließ, in das er ein
getreten war, um in ein anderes überzutreten, sein Vermögen dem
ersten blieb.3)
Die Verwaltung des Kirchenvermögens wurde wie die des Kirchen-

J) xai auvxi|idj9-ai ev xotj TtpoöSoij, xa&s8pa:j, axdassi x£ xai Tr/sXs'Jassiv,


ä|i:p:evvua8-ai Se xai ä|itpia önolot. xai xtöv äp^ispitov, öTtoaoi xr]v xoiaüxrjv xi|it,v
kv. xujv ixa9-ev ypövwv xai vöv äTtsXaßov. PG. 86 1. col. 1152 B.

2) C. S. 50 f.
3) El 8s ~iz äTtoXiTträv x» |iOvaaxifjpiov xa9-' öTtsp xrjv äaxrjaiv sly,sv sij
Ixspov |isxaßaivoi |iovaaxrjpiov, xai oüxto |isv yj auxoö Ttspiouaia |ievsxw ts Kai
exSixsEa9-w üuo xoö Ttpoxspou |iovastrjpiou, svfra dTtoxa£d|isvoj xoöxo xaxsXircs.
N. 5 Bd. I S. 65; 123 S. 323.
— 105 —

und Wohltätigkeitsanstaltenvermögens von den Ökonomen unter Auf


sicht des Ortsbischofs geleitet.
Novella 111 vom 1. Juni 541 1) begünstigte das Kirchen- und
das Klostervermögen, sie Kirchenvermögen ab
verlängerte die über
geschlossenen Verträge um 10 und Klöster in
Jahre, damit die Kirchen
dieser Zeit andere, nebensächliche Fragen ordnen könnten. Die Akten
über solche Hypotheken, Verpachtungen, Verpflanzungen usw. brauchten
zwar nicht vor dem Ortsbischof, wohl aber vor dem Abt und dem
größten Teil der Mönche abgefaßt zu werden. Diese sollten ta auu.-
ßöXaia uefr' Spxou machen.2)
Alle übrigen Bestimmungen für Schutz, Erhaltung, Vermehrung
und Verwaltung des Klostervermögens fallen mit den entsprechenden
Bestimmungen für das Kirchenvermögen zusammen, so daß sie be
sonderer Erwähnung nicht bedürfen.

4. Klosterleben im allgemeinen.
Was das Klosterleben betrifft, so zieht die Hauptaufmerksamkeit
Justinians die Sittlichkeit der Mönche auf sich. Schon bei der Ver
fassung haben wir gesehen, mit welcher Besorgnis die hierarchische
Beaufsichtigung der Mönche bzw. Nonnen geordnet ist, und die
folgenden Bestimmungen, die hier in Betracht kommen, gelten fast nur
der Aufrechterhaltung der Askese und der Sittlichkeit.
Diese Sorge Justinians bemerken wir sofort bei den Bestimmungen
über die Einrichtung des Klostergebäudes.
Jedes Kloster sollte von einer Mauer umschlossen sein, damit
man es nicht leicht verlassen könne (lrjia> Sc ixpißel frpiyxftp
TtepiTtecppayl^ov ^ |iovaanfjpiov, waxe iiYjSe|jiav si£oSov dXXa^öfrev
tcXiqv rj 5:ä xwv ^uXfowv.3) Diese Mauer dürfte höchstens zwei kleine
Türen haben (u.Yj TtoXXii; elva.i xa; dc, xg u.ovaaxf(ptsv eiaöSouc, dXXä

|u'av yj Süo [TtuXtoa;] vjyöv).4) An diesen Türen sollten alte und


angesehene.Männer stehen, die einerseits den Ausgang der Mönche
ohne die Erlaubnis des Abtes verhindern, anderseits während der
Nacht oder des Tages Leuten, die den Mönchen keine Ehre machten,
den Eingang verwehren sollten.5)

1)N. 111 Bd. II S. 157 ff. — 2) ibidem.


*\N. 133 Bd. II S. 21. — *) N. 133 Bd. II S. 21.
5) eysaxavai ts xrj rcuXiSi ävSpaj Ysyrjpaxöxaj xai arä^povaj xai
|is|aapxUpyj|Ji£vouj Sg dtrcdvxwv, oiTtsp oöxs xoij süXaßsaxdxoij |iovaxoij auY^<,>PrjJ0uai

^lopij xrj£ xoö fjyou|isvou Yvö>|iyj; sxtpoixäv ix xoö |iovaaxr]piou, &XX' siaw
xoüxouj xafrsgouai xa Ttpoj 9-sqv CjjXotmaj xai |irj SiaaTtwvxaj sauxc'>s |irjxs xdj
— 106 —

Die Mönche mußten immer im Kloster bleiben und durften nie


zu Spaziergängen oder ähnlichen unerlaubten Unternehmungen das
Kloster verlassen. Hatte das Kloster keine eigene Kirche, so durfte
doch kein Mönch allein zur Kirche ausgehen, wenn nicht alle Mönche
zusammen mit ihrem Abt oder Vorsteher hingingen; gleich nach der
Kirche mußten sie zum Kloster zurückkehren, um zu beten und sich
mit den heiligen Schriften zu beschäftigen.1) Damit die Mönche ihrer
religiösen Pflicht frei bleiben, werden sie, selbst wenn sie keine Geist
lichen sind, von jeder Vormundschaft und Kuratel befreit.2) Entziehung
des Vermögens und schwere Strafen sollten die Mönche treffen, die
ihr Kloster verließen, um in einen Militär- oder Staatsdienst einzutreten.3)
Jeder Aufenthalt der Mönche in der Stadt wird streng verboten, sobald
er irgend verdächtig scheint.4) Wurde ein Mönch in einer Wein
schenke gefunden, so mußte er sofort dem städtischen Defensor über
geben werden und durch ihn dem Klostervorsteher, damit er ihn aus
der dyyeXixY] xataxa^; verstoße.5)
Alle Klöster sollten y.oivößia sein, d. h. alle Mönche des Klosters
sollten zusammen essen und schlafen, jeder auf einem niedrigen Bett.0)

Justinian gibt den Grund dieser Einrichtung an: wate näpxupa; xfj;
dXXVjAwv yfveafrai y.oantrixYjxö; xe xal awtppoauvrj;, xal nVjSe xöv örcvov
aöxöv pafru|jiov £^£'v ^Xä |ie/Uxövxa xYjv eöxoaufav Z:% xyjv xöv ö<J»o-
uivwv iTuxf|iYjaiv.T) Wir finden sogar die Bestimmung, nicht einmal
alle durften schlafen, sondern ein Teil habe zu wachen, um zu beten,

Ttpdgsij |irjxs xdj ircixyj8süasij, ouxs exspouj xivd£ yevsa9-ai xaxd xö |iovaaxrjpiov
vüxxwp xai \ie& rj|ispav sdacjaiv, oüTtep oüx öp9ijv ||ievsiv| xf,v xöv süXaßsaxdxwv
|iovox<Sv Ttapaaxeudaouai 8ö£av. N. 133 Bd. II S. 21.
J) xav si |irjxij sxxXrjaia xaxd xö |lovaaxrjpiov slij, |irjis oüxwj Ttpotpdasi
xöv sxxXrjaiü>v ix^oixäv d8sü>j, r\ xai TtspwtdxGuj exstas Ttoistafrai xai svxuyx*-
veiv xiaiv otj oü8s Ttpoaf,xov, dXXd Ttapayivsa9-ai |jiv sv xfi xaipw xrjj iepaj
Xeixoupyiaj d|ia xö rj-j-ounivw rj xotj aüxöv TtptOxsöouai xs xai ysyrjpaxöai, xrjj
8e Xsixoupyi<»j TtXrjpw9-siarjj xö |isv |iovaxixöv arcav aiihj sij xö xoivößiov xo>pstv
xäxstae xa9-^a9-ai, xai xöv xs lisyav ixsxsueiv frsöv xaij xs 9-siaij evxuyxdvsiv
ypatpaij. 133 ß' Bd. II S. 21 f.
N.
-) C. I 3. 51 vom 1. Nov. 531 S. 52 f. — 3) N. Bd. I S. 64 f.
4) C. I 3. 52 vom 27. Nov. 531 S. 54. — 5) N. 133 Bd. II S. 27.

ßouXö|isfra yaP 1lij 8i sv |Jiovaaxrjpiov xöv eTti xrjj üotjxöou xafreaxibj,


li)

sixs TtXsiövwv dv9-pti>Tttov saxiv sixs sXaxxövtov, xoüj sv aüxö |iovaxoü£ xsxwpia-
|isvouj dTt' äXXrjXrov ixeiv xai iSioij olxrj|iaai xP^^evouj, dXXd xoiv^j |isv aüxoijj
eaxiäafrai frsaTu£o|isv, xa9-s'J8siv 8s obtavxaj ev xoivö, sxdaxou |isv lui xivoj
t8iago'Jayjj xoi^teüvrjj xei|isvou, sv oixtp 8s svi xaxaxXivo|isvcjj, srasp oüx
rj

dpxoirj xäv |iovaxöv oixoj slj,


Ttpöj xö TtX^ä-oj sv 80o xuxöv xai TtXsioaiv, oü
rj

|irjv i8ia xai xafr' iauxoüj dXX' sv xoivö. N. Bd.


S.

63.
y'
5

N. v' Bd. 63.


S.
5
-)

I
— 107 —

damit das Gebet im Kloster nicht aufhöre, und um die Schlafenden zu


beaufsichtigen.1)
Von wurden nur zwei Ausnahmen gemacht, einmal
dieser Regel
für die Anachoreten und Hesychasten (ctvaxwprjxd; xe xat ^auxaaxa;),-
die ein ohcrju£xtov bekamen, um dort ihrer Askese zu leben, dann für
die Greise und Kranken, die auch eine Zelle im Kloster selbst
bekommen konnten und das mit Erlaubnis des Abtes.2) All diese
Bestimmungen galten für Männer- und Frauenklöster (xouxwv ctTtdvxwv
xat nepi xa u.ovaaxrjpta xal ctaxrjxrjpta xwv yuvaixöv TtapaipuXaxxo-
uivwv).3)
Justinian bestimmt nun die Arbeit der so im Kloster bleibenden
Mönche in einem Paragraphen der erwähnten Novelle 133. Zweifach
war das Werk der Mönche. Erstens sie sollten sich lange mit den
heiligen Schriften beschäftiigen, denn bei ununterbrochener Beschäftigung
mit der Schrift könne man nicht auf weltliche Sorgen kommen.4)
Zweitens sie sollten die gewöhnlichen Mönchshandwerke treiben, um
nicht träge zu werden.5) Nur vier oder fünf von den ältesten Mönchen
sollten Kleriker werden, die den Gottesdienst leiten und den jungen
Mönchen den rechten Weg zeigen sollten.6)
Da nun die Mönche auch Priester und Kleriker werden durften,
diese sich aber verheiraten durften, so gab Justinian manche
Bestimmungen, die hier ein Mißverständnis ausschließen sollten.

. 1) . . . Ö.XX- iv xotvö £rjv vjxxtop xs xai |is9-- fyispav, tva ai vjxxsj a&xotj
-
xrjV aüxrjv xatj fj|ispatj sxotsv Ttapaxifjprjatv ob ya.p xaü-suSouatv äTtavxsj dsi,
ccXXd Ttpö5yjXov, cbj 01 |isv iv xw xa9-süSstv slotv, oi 8s iYprji,oprjaav, xat Ttdvxtoj
iaovxai xtvsj ot xobj xa9-suSovxaj sTtoTtxsuovxsj. N. 133 Bd. II S. 20, N. 123
Bd. II S. 320.
2) TiXrjv si |irj xtvsj ij aüxüv rj Sta xrjv xp0V'av iv |iovaaxrjpuj> äaxrjatv
fja6xwj ßooXö|isvot £fjv yj yrjpfoj t) ato|iaxtxfjj da9-svsiaj Xaptv iv iStaS0uac
xsXXlotj svSov xoö |tovaaxrjpiou xuYx^vouai 8tatxtövxat - xoüxo 8s |isxa sIStjoswj
xa-t Yvto|irjj xoö rjyou|isvou Yivsa3-at. N. 123 X- Bd. II S. 320. — N. 133 Bd. II
S. 20f. — N. 5 Bd. I S. 62f.
3) N. 123 Bd. II S. 320.
4) aTtsp |ispd Xöyta] sl auvsxtöj dvaytvcbaxotsv, oüx äv Ti0xs a,jaXstsv, oüSs
slj dv3-pwTitvaj xaxsVsx&stsv |ispi|ivaj. N. 133 ß' Bd. II S. 22.
5) Sst Yap SraXoöv xoDxo spYov xotj |iovaxotj xa3-saxdvou, tj xotj 9-siatj
ivaaxoXsta9-at Ypaipatj rj xotj |iovaxotj TtpsTtovxa öiTisp xaXsiv slci>9-aatv ipYöxstp«
-
|isXsxäv xs xai ipyd£sa3-at Stdvota jap |idxrjv axoXd£ouaa oüSsv äv xtöv dYa~
.3-ßv fotoxixot. N. 135 j- Bd. II S. 27 f.
6) xsaaapag 8s rj Tisvxs Ttpsoßüxaj sx xrjj aüxr;j |iovfjj stvat xaxd xrjV iv
xqi Hovaaxrjpicij xa9-saxtöaav dYKoxdxrjv IxxXrj aiav, olj rj8yj Ttaj dy<bv fjvuaxat xaxd
xrjv äaxrjatv, xai otTtsp xstp0x0Vtaj rj£itovxat xrjj iv xcp xXTfjpcp Ttpsaß-jxipwv xuxov
-
fj Staxövtov tj xöv icpsgrjj Ixovxsj axr;|ia ouxot Ydp xai xotj dcptxvou|isvotj
- 108 -
Wurde ein Mönch Kleriker, dann mußte er erst recht im Zölibat
bleiben, und die Ehe wurde den Mönchen ausdrücklich verboten, die
die kleinen Klerikergrade annahmen (ty&Xxa.i, avayvwaxai usw.), obwohl
diesen Graden sonst die Ehe offen stand. Und Mönche, die trotzdem
heirateten, mußten aus dem Mönchtum gestoßen und den bestimmten
Strafen übergeben werden.1)
Schon oben sahen wir, daß die Mönche bzw. Nonnen ihre Privat
angelegenheiten durch die sogenannten Apokrisiarier zu ordnen hatten.
Damit aber auch so kein Mißverständnis entstehe, sollten die Apokrisi
arier, wenn sie einer Nonne etwas zu sagen hatten, es der Pförtnerin
des Klosters oder der Vorsteherin mitteilen; hatten sie der f/youptevYj
selbst etwas zu sagen, dann kam sie aus der Wohnung herunter und
empfing den Apokrisiarier, der nach Beendigung der Geschäfte den
Ort verließ.2) Jeder Eintritt einer Frau in ein Männerkloster und eines
Mannes in ein Frauenkloster war völlig verboten. Höchst mißtrauisch
verbot Justinian auch eine einmalige Zusammenkunft der Mönche und
xä; xcaijxa; eiaöSou;
SYj

Nonnen, er sagt: xi yäp xa.i jJouA0u.evoi


xi twv
d

TOiYjaoivto, u/?j pouXovxa.i Ttpärteiv arcYjYop£i>G|jtivü>v.3) Jede


Begegnung der Mönche und Nonnen, selbst die von Geschwistern und
nahen Verwandten, wurde streng verboten. Nicht einmal die Leiche
einer Nonne durfte in einem Männerkloster begraben werden und
umgekehrt.4)
Starb ein Mönch, so konnten die Mönche leicht die zum Begräbnis
nötigen Dinge besorgen (xb v:px-([ia. eöxoÄov laxw). Da aber, wenn
eine Nonne stirbt, die Nonnen nicht den Sarg tragen und das Grab
öffnen können, ist die Anwesenheit von Männern und zwar Mönchen
nötig, die die genannten Geschäfte erledigen. In diesem Fall sollten
die Nonnen zu Hause bleiben (xccc, u.ev eöXaßeaxaxa; yuva-'/ag ^v xV
Gixefq> uiveiv xaxaywyfw), und nur die Pförtnerin und, wenn sie
wollte, auch die Äbtissin, konnte dem Begräbnis beiwohnen, die Männer
aber, die die genannten Funktionen verrichteten, sollten sofort nach der
Schließung des Grabes, ohne die anwesenden Nonnen anzusehen
(!),

weggehen.5)
Auch bei dem Gedächtnistag des Verstorbenen dürfen keine
Männer in Frauenklöster eintreten und umgekehrt.5)

ivte'3E;0vxa-' wi x:* sx ~Sv O-siü>v SiaXsjovxai ypatpröv, xai vo|u£eafrai udvxaj


slvai xoioüxouj Ttapaaxeudaaisv, xai <puXdgaisv xiv ispov olxov, xrjv vsöxrjxa 8s
9-paauvo|±ivrjv xai xröv otxeEwv öptov l^isvai ßouXo|i»vyjv brö xrjj xapxspia£
N. Bd. 22.
II

sTtex0vxsj. 133
S
ß'

65. —
-
N. 5yj' Bd. N. Bd. 26.
S.

S.
II

133
2)
") 3) 1)

N. 133 Bd. N. 133y' Bd.


S.

S.

22. 23.
II

II
y'

*)

jiöVTjv 8s x^v 9"jpwpöv xaj 9-upwpouj xai xrjv rj-fo'->|isvrjv iaroj aOxr]v
f/
- 109 —

Ist das bloße Zusammenkommen der Mönche und Nonnen so


streng verboten, so ist es erst recht das Zusammenleben von Mönchen
und Nonnen in demselben Kloster.
Es gab nämlich in Justinians Zeit Klöster, in denen Frauen und
Männer zusammenwohnten, dies war von nun an durch das Gesetz
Cod. I. 3. 43 vom 18. Januar 529 ]) nicht mehr erlaubt. Die Mönche
und die Nonnen sollten je für sich in getrennten Klöstern wohnen.
Wenn die Zahl der Nonnen eines derartigen Klosters die größere
ist, dann sollen sie im Besitz des Klosters bleiben und die Mönche
vom Bischof in ein anderes Kloster versetzt werden. Waren dagegen
die Männer in der Überzahl, dann sollten sie in Besitz des Klosters
bleiben und die Nonnen von dem Bischof in ein anderes Kloster ver
setzt Auf diese Weise konnte jeder Verdacht, der sich aus
werden.
dem Zusammenwohnen ergab, behoben werden. Es bleiben trotzdem
notwendigerweise außer den Apokrisiariern noch zwei Männer im
Dienste eines Nonnenklosters, nämlich der Presbyter und der Diakon,
die kirchlichen Funktionen vollziehen sollten, aber auch diese
die
durften nicht mehr im Kloster wohnen, sondern nur ihre priesterlichen
Funktionen ausüben.2)
Solchen strengen Bestimmungen in bezug auf die Reinheit des
Mönchtums gegenüber scheint die Bestimmung gegen unmoralische
Mönche nicht überstreng.
Die Männer (Mönche oder nicht), die eine gottgeweihte Jungfrau
verführt haben, wie auch die, die zu einer solchen Missetat half,
wurden mit dem Tode (sofort, wenn die Missetäter bei der Tat ertappt
wurden) und Entziehung des Vermögens zugunsten des Klosters oder
der Kirche, der die verführte Nonne oder Diakonisse gehörte, bestraft,
und die Todesstrafe wird auch über die verhängt, die etwas davon
wußten, ohne es mitzuteilen.3) Die Frau aber, die in solche Sünde
gefallen war, sollte man in strenger Klosterhaft bewahren, damit sie
sich nicht zum zweitenmal versündige.3)
Die sonst sündigen Mönche und Nonnen sollten gemahnt und
gestraft werden; je nach der Bedeutung ihrer Schuld und je nach ihrer
Reue sollten sie wieder angenommen werden; führten alle Strafmittel
zu nichts, dann mußten sie aus dem Kloster geworfen werden, damit

el fouXrfteir\ Ttapeivai xotj yivo|isvoij, xai fröxxov exsivouj rcpd£avxaj xd Ttspi


xrjv öaiav vevo|ua|ieva xai xöv xd^pov öpü£avxsj xal xö atb|ia xaX'V^avxsj eü9-U£
ävaxwp£iv, pirj xs9-sa|isvouj xivotj x<yv süXaßsaxdxwv yuvaixäv |irjxs Ttapd xivwv
II,

aüxöv N. 133 y'. Bd.


S.

9-eafrsvxac. 23
f.

C. 46. — C. 46, N. 123 Bd.


I. S.

S.

S.

320.
II
2)
J)

C.
f.;

53 vom 17. Nov. 533. N.


3.

Bd.
S.
S.

55 123 324.
II
3)
— 110 -
durch sie nicht auch die andern Mönche oder Nonnen verdorben
würden.1)
Zur Beaufsichtigung und zur genauen Durchführung all dieser
Bestimmungen wurden aufgefordert und verpflichtet die Patriarchen und
Bischöfe wie die oberen staatlichen Beamten.2)
Aus dieser kurzen Darstellung der justinianischen Gesetze über
das Mönchtum gewinnen wir nun zweierlei. Erstens nehmen wir hier

Justinians wahre Frömmigkeit wahr. Wenn der Weltklerus Justinian so


viele Sorge gemacht hat, so könnte man glauben, daß sein Werk mehr
dem Staat als der Kirche galt, und es liegt darin allerdings eine ge
wisse Wahrheit. Wenn er aber so ernstlich für das Mönchtum sorgte,
tat er es nur aus Frömmigkeit. Obschon das Mönchtum hie und da
in verschiedene Streitfragen der Zeit verflochten war und, wie schon
gesagt, eine zweite kirchliche Atmosphäre bildete, blieb es doch ganz
geschlossen für sich, die Mönche hatten zu beten und sich nicht um
andere Leute zu sorgen, wie der Weltklerus; das Klostervermögen war
dazu da, das Bedürfnis der Möncheund nicht der sozialen
zu stillen
Not abzuhelfen, wie das Kirchenvermögen. Daher war es im Grunde
nur der Wissenschaft und der Frömmigkeit, aber nicht dem Staat
nützlich. Daß aber Justinian so für das Mönchtum sorgte, zeigt, daß
er aus seiner Frömmigkeit allein gehandelt hat, welche auch das Mit
motiv für die übrige Gesetzgebung war. Folgende Worte aus dem
e-. Kapitel der 133. Novella, die gewiß von ihm selbst stammen und
tief aus seinem Herzen gesprochen sind, zeigen am klarsten, was ihn
zu dieser Gesetzgebung trieb. Er sagt: et yap exetvot [ol |iovayot|
xa9-apat; xat; yzpol xat yuu.vat; [xat; c]jiixat;] xa; öTiep xoö TtoXtxeu-
u.axo; eOya; Ttpoadyotev xö -9-sfl>, np6$-f\Xov w; xat xa axpaxeuu.axa
I£et y.aXGic, xa.1 a.1 TtöXet; eöcjxa\hrjaouac, (9-eoö ?Xew xe) xat eöuevoö;
xa9-eaxwxo; Tiö; oöx laxat Ttavxa u.eaxa Ttdarj; etprjvrj; xe xat eövo-
|iia;: xal
i) y^ xe -?ju.tv olaet xapTtoü; xat [-?j] -9-dXaxxa xa otxeta
Swaet, xfj; exefvwv eöx^; x^v eöuivetav xoö 9-eoö Ttpö; aTtaaav xyjv
ndXtxelav awayouarj;. dXXa. xat aöxö xö xotvöv cf^|ia xöv av9-pwTtwv

aJSeat|iwxepov laxat xat t/ifjaet xaXXtov xyjv exefvwv ataxuvo-u.evov


xaftapoxrjxa, &axe |ita auu-Ttvota Yevrjaexat, Ttavxwv 6uoö Ttpö; xoöxo
auvxpeyövxwv, xat eZopt^ouivrj; xa9-- 8cov olöv xe eaxt xax(a; aTtaarj;,
xat xaXXtövwv xe xat öatwxepwv eTttxrjSeiiu.dxwv etaayouivwv xe xa;
i|iTtpeTtövxü>v xot; Ttpayu.aatv, öuep r}uet; eTu£yjxoövxe; TtpäY|ia
Ttpdxxou.ev &anep meTttaxeüxauev xpyjaxöv. 3)

1) N. 133 Bd. II S. 26.


-) N. 123. Bd. II S. 28, N. 123 Bd. II S. 318 ff. S. 325 f. — C. S. 46 usw.

') N. 133 Bd. II S. 27.


- 111 —

Das zweite, das wir aus der Gesetzgebung Justinians entnehmen


können, ist, daß das Mönchtum zwar hie und da in manchen Aus
nahmefällen im argen lag, doch im allgemeinen auf einer hohen Stufe
der Moral wie der Wissenschaft stand. Alle Bestimmungen Justinians
für das Mönchtum waren sozusagen nur prophylaktisch, man kann
ihnen nicht im mindesten entnehmen, daß die Mönche moralisch ver
fallen waren. Dies merkt man sofort, wenn man einen kleinen Ver
gleich zwischen den Bestimmungen über das „geistliche Leben" und
denen über das Klosterleben zieht, dort fällt sofort ins Auge, daß die
Dinge doch nicht in Ordnung sind; jedesmal wird erwähnt, der Kaiser,
dem diese oder jene Klagen zugekommen waren, sehe sich genötigt,
die betreffenden Gesetze zu erlassen, dagegen findet man in den Be
stimmungen über das Klosterleben nirgends solche Andeutungen. Und
überhaupt zeigt die Art der Sprache ganz deutlich, daß über das
Klosterleben nicht viel zu klagen war.
Das dritte, was wir aus den erwähnten Bestimmungen über das
Klosterleben gewinnen, ist ein Bild der Verhältnisse der damaligen
Mönche. Man erkennt, Mönchtum in dieser Zeit auf einer
daß das
Mittelstufe stand, einerseits pflegte es immer noch die theologische
Wissenschaft eifrig, aber doch nicht mehr mit der Hingabe der ver
gangenen Zeit, jetzt gaben sich nur wenige von den Mönchen mit der
Wissenschaft ab; anderseits waren die Mönche auch nicht ganz auf die
bloße Askese beschränkt, wenn und die asketischen
auch das Beten
Übungen ihr Hauptwerk war. Natürlich überwog von nun an dies
zweite, so daß in späterer Zeit das Mönchtum vielmehr die Askese als die
Wissenschaft interessiert, in dieser Zeit aber können wir den Eindruck
jener Mittelstufe aus Justinians Gesetzen wie aus der Geschichte des
Mönchtums dieser Zeit erhalten.
So sehen wir, daß Justinian versuchte, durch seine Gesetzgebung
die kirchlichen Dinge möglichst nützlich zu reorganisieren. In dem
Begriff dieser Nützlichkeit lag aber nicht nur das bloße Benutzen der
kirchlichen Kräfte, sondern auch der geistige Nutzen durch die Pflege
der Frömmigkeit. Die Weltkirche sollte neben der Frömmigkeit auch
sozial arbeiten, das Mönchtum brauchte dies zweite nicht und war nur
auf Frömmigkeit, Wissenschaft und Moralität hingewiesen.
Doch blieb diese nutzbringende Einwirkung der Kirche auf das
undurchführbar, wenn die Kirche nicht in näheren Beziehungen
TtoXixeuu.a
zum Staat und zum staatlichen Leben stand. Nur dann konnte die
gegebene Gesetzgebung Erfolg haben. Und da nun die Kirche auf
einer höheren Stufe der Wissenschaft wie der Moral stand, so war es
selbstverständlich, daß in jener engeren Beziehung zum Staat die erste
die Oberhand haben sollte. Dies lag nicht nur in der Natur der Sache,
— 112 —

sondern Justinian selbst hat die Dinge so geordnet, daß die Kirche
tatsächlich die Oberhand bekam. Er konnte sich nicht auf sein Staats
beamtentum verlassen und fand ihm in der Kirche einen vorzüglichen
Schutzengel; er selbst hat die Kirche über den Staat gestellt, wenn es
auch im letzten Grunde umgekehrt war, da er das Ganze war und die
führende Hand Justinian hat darum dem Problem Kirche und
hatte.
Staat eine neue Gestaltung gegeben.
Wiefern nun Justinian auf diese Weise wirkte, können wir am
besten aus der Darlegung der verschiedenen gesetzlichen
kurzen Be
stimmungen über das Verhältnis von Kirche und Staat ersehen.
Kapitel V.

Kirche und Staat.

Wie alle Vorgänger Justinians auf dem Thron hat auch er die
christliche bzw. katholische Kirche vielfach begünstigt und mit großen
Privilegien ausgestattet. Wie die andern Kaiser, so empfand aber
Justinian erst recht, die Hilfe der Kirche für seinen unvollkommenen
Staat in Anspruch zu nehmen. Daraus ist ein sehr merkwürdiges Ver
hältnis zwischen Staat und Kirche1) entstanden, das, soviel es auch aus
der Not entstand und gewiß nur als provisorisch gedacht ist, doch im
Lauf der Geschichte allmählich das normale wurde und auf lange Zeit,
ja bis auf unsere Tage (in der römisch-katholischen Kirche) blieb.
Die Frage der Herrschaft der Kirche über den Staat scheint nämlich
in der vorliegenden Gesetzgebung gestellt und zugunsten der Kirche
gelöst. Natürlich haben schon frühere Kaiser zur Entstehung dieses
Verhältnisses beigetragen, Justinian hat aber gewiß durch seine gesetz
lichen Bestimmungen über das Verhältnis von Staat und Kirche der
Macht der Kirche einen starken Impuls gegeben.
Wie gesagt, ist dies Verhältnis nur aus der Not entstanden und
von den verschiedenen Kaisern nur provisorisch gedacht, bis der Staat
zur Selbständigkeit gelangt wäre. Und in der Tat ist es in der griechisch
katholischen Kirche immer als solches betrachtet worden. Die orien
talische Kirche empfand jene Stellung über dem Staat, die sie von den
Kaisern empfangen hatte, nicht etwa als göttliche Weisung zur Be
herrschung des Staats, sondern bloß als eine Pflicht und einen Dienst,
den sie dem Staatsoberhaupt leisten sollte. Die Kirche war von Anfang
an bereit, in diesem Sinn dem Staat zu gehorchen und zu dienen, da
sie auch in kirchlichen Dingen vollständige Autonomie und Authentie
hatte. Es ist nicht unrichtig, zu behaupten, es habe im Geiste der
griechischen Kirche gelegen, immer den Staat anzuerkennen und mit

J) Vgl. „Staat u. Kirche" von O. Mayer in R. Enzyklopaedie3 Bd. 18.


S. 707 ff.wo auch die darauf bezügliche Literatur.
Alivisatos, Gesetzgebung Justinians I. 8
— 114 —

jenem Notverhältnis keinen Mißbrauch zu treiben. Man glaubt den


Grund darin finden zu sollen, daß im Orient die Autorität des Kaisers
immer gegenwärtig war. Eine solche Behauptung ist aber nicht richtig.
Denn es kommen Fälle vor, wo eine unbedeutende Persönlichkeit auf
dem Kaiserthron saß und wo die Kirche von bedeutendsten Kirchen
fürsten geleitet war und doch das Verhältnis zwischen Kirche und
Staat immer korrekt blieb und die Kirchenleiter nie versuchten, den
Staat zu unterdrücken und zu beherrschen, sondern selbst in solchen
Fällen der staatlichen Obrigkeit Gehorsam zeigten, ohne die Gelegenheit
zu benutzen, den Staat zu beherrschen, wie es vielfach im Abendland
geschah. Und daß weiter die Kirche im Orient nicht immer in Ab
hängigkeit vom kaiserlichen Willen stand, zeigt, daß der Wille des
Kaisers öfters dem Willen der Kirche und des Volkes gegenüber keine
Gültigkeit hatte. Die Kirche im Orient hatte ebensogut wie die Kirche
im Occident Gelegenheit, den Staat zu beherrschen, sie wollte es aber
nicht, dennwidersprach ihrem Geist, dagegen setzte es die Kirche
es
im Occident immer durch, wenn sie konnte, und immer noch ist das
das Hauptprinzip der römisch-katholischen Kirche.
Dies sind nun die Hauptpunkte der Gesetzgebung Justinians über
das Verhältnis von Kirche und Staat, die die Stellung der Kirche über
dem Staat zeigen. 1. Die Autorität der Kirche und ihre Macht über
den Staat, ein Verhältnis, das sich in den Beziehungen ihrer Vertreter
spiegelte; 2. Die Aufsicht der Kirche über die staatlichen Funktionen
und 3. Die Sorge der Kirche für das städtische und allgemein das
soziale Wohl des Reiches.

1. Die Autorität der Kirche (bzw. der Bischöfe) dem Staat


(bzw. den Staatsbeamten) gegenüber.
Viele sind die gesetzlichen Bestimmungen, die die Autorität der
Bischöfe den staatlichen Beamten gegenüber festsetzen. Durch die No
velle 8 vom 15. April 535 1) wird bestimmt, daß alle oberen Beamten
(äpXovxe^), wenn sie angestellt wurden, vor den Bischöfen ihren Amts
eid leisten mußten und dann erst ihr Amt antreten konnten.2) Das
Gesetz Cod. I. 4. 21. vom 1. Juli 528a) gibt den Bischöfen richterliche
Macht, in Abwesenheit der Richter Geldsachen zu ordnen, und ebenso

1) N. 8 Bd. I S. 93 ff.

2) sl Ss ttatv
sv xatj eTtapxiatj oOat Ki^iTtotxo xa xyjj dpxrjj aü|ißoXa, im
ts toö 9-sotptXsaxdxou iTttaxöTiou Trjj |irjxpoTiöXswj y.aX xtöv ev aüx^j iipansuövx<iw
xoö Spxou u,psgouat xai olixto xäW xtjj 4pXrJj dvxtXifjt|jovxat Ttpdsswv. N. 8c8'
Bd. 1 S. 110.
3) C. S. 63.
— 115 —

gibt das Gesetz Cod. I. 4. 31 vom 1. Oktober 531 1) den Bischöfen


richterliche Vollmachten in staatlichen Dingen. Durch das Gesetz
Cod. I. 4. 23 vom 21. Januar 529 ^ wird bestimmt, daß nur die Ge
fängnisse bestehen können, die unter bischöflicher Fürsorge stehen,
dagegen sind alle andern in Städten oder Dörfern gänzlich verboten.
Durch dieNovella 86 vom 16. April 5393) wird verordnet, daß Leute, die
in irgend einer Sache bei dem Stadtpräfekten (xqi x?j; Ina.pyia.c, äpxovxt)
ihr Recht nicht finden, zum Ortsbischof gehen sollen, der den Präfekten
mahne, gegen die Leute gerecht zu sein (Ttapaaxeuaaat aöxöv [xöv
äpjoYza. 6 IniuxoTzoc,] ha. TCäat xpöTtot; dxouaig xoö Ttpoatövxo; xal
dTtaXXa£ig aöx<iv Stxat-ou xaxa xoü; -?juexlpou; vö|iou;);
u-exa xoö
wenn der Statthalter auf die bischöflichen Mahnungen hin die
aber
Rechtsprechung verschob oder den Leuten ihr Recht nicht gab, konnte der
Bischof in Briefen an den Kaiser vorschlagen, daß erfürseineUngerechtigkkeit
und seinen Ungehorsam gegen den Bischof bestraft werde.4) Wenn bei einer
gerichtlichen Verhandlung die Leute von dem Archonten direkt ungerecht
behandelt werden, dann soll der Bischof die Sache zwischen ihnen und
dem Archon entscheiden, dieser aber schweren Strafen unterliegen, falls
er nicht nach dem Rechtspruch des Bischofs handelt

(eJ
|iiv eöpotu.ev,
6-xt Stxatw; xoü xaxa xobe, vö|iou; xaxaxpt9-el; Ttapa xoö öawoxaxou emaxtJ-

Ttou xa xpt9-lvxa oöx sTtotrjacxaT; iaxdxat; ÖTtoßXrj\Hjvat xtu.wpfot; xoüxqv

xeXeuo|isv). Jedoch wurden über die Bischöfe kirchliche Strafen ver


5)

hängt, falls sie gegen das Recht urteilten (et uivxot eupotu.ev xtva xwv
äacwxdxwv eTuaxÖTta>V Ttpö; x*Ptv xtVo; TtaptSoVta xö Sfxatov, xavovtxöv
aöxtp aw^>povtau.öv iTtax^vat xeXeuou.ev).6) Wenn in einer Stadt keine
Archonten vorhanden sind, dann sollten die Streitenden zum JxStxo^
(Rechtsanwalt) gehen und, wenn sie wollten, zum Bischof, um sich von
ihm Recht geben zu lassen.T)

C. 69. — C. 64.
S.
S.
4) =>)1)

2)

N. 86 Bd. 42 ff.
S.
II

sl 8s xai xoö öattoxdxou siicaxöTtou sTistyovxoj xov dpxovxa |isxa xoö


StaXüaat xa xüiv äpxwv 5tavaßdXXsxat, xpivsc
-!j

Stxaiou Ttpoatövxwv Ttpay|iaxa


6

|j,sv ttjv ÜTtö9-satv, |irj cpuXdjjst 8s xotj xptvo|iivotj xö Sixatov, eiuxpsTto|isv xtp öa:cö-
xdxtp eraaxÖTt<p sxsivrjj x^j TtöXstoj 5oövat Ttpoj rj|iäj ypd|i|iaxa xcp |irj xux°vxt
xoö 8txaiou, 8rjXoövxa oxt eTtstx9-sij -Tiap- aüxoö äpxtov dvsßdAsxo dxoöaa:
6

xoö Tipoatövxoj xai 8taxptvat xd |isxagu aüxoö xs xal xoü Tiap* aüxoö sv alxtdast
Ysvo|isvou, yvovtsj fj|istj xt|ia>piaj ETidgto|isv xej> xfjj sTtapxiaj apxovxt,
tva xaüxa
sep- olj uapd xoö d8txou|iivoD xai iusty^sxq, Ttapd xoö öatwxdxou
TtpoasXsua9-sij
N. 86 Bd.
a'

43.
S.

-smaxöTtou oü Stsxptvs xd d|icp taßrjxoü|isva.


II

N 86 Bd. 44 ff.
.S.
II
8'
ß-
5)

N. 86 Bd. S. 45.
T) 6)

c'

I. I

N. Bd. 45. ;,
S.

86 ,
C

8*
— 116 --

Eine Verstärkung der bischöflichen Autorität gab auch das Asyl


recht der Kirche.1)
Wenn ein Magistratsmitglied höhere Steuer als die vorgeschriebene
verlangte, sollten ihn die Archonten bestrafen; taten sie es nicht, dann
hatte der Bischof das Recht, sie beide dem Könige zu melden, damit
sie ordentlich bestraft wurden.2)
Kein Archont durfte einen Bischof als Zeugen vor Gericht rufen,
sondern sollte seine Diener zum Bischof schicken, damit er vor der
Heiligen Schrift zeuge.3)
Selbst wenn die Bischöfe sich in etwas verschuldeten, durften die
Archonten keineswegs ohne kaiserliche Erlaubnis den Bischof schriftlich
oder mündlich zitieren. Ein Archon, der einen Bischof in solcher Weise
stört, soll nicht nur 20 Pfund Gold bezahlen und seine Stellung ver
lieren, sondern auch körperliche Strafen dulden und in die Verbannung
geschickt werden.4)
Solche und ähnliche Bestimmungen zeigen die große Macht und
Autorität der Bischöfe bzw. der Kirche den staatlichen Beamten gegen
über, die ihnen Justinian gab; noch deutlicher tritt sie aus den darauf
folgenden Bestimmungen hervor.

2. Die Aufsicht der Bischöfe über die staatlichen Beamten


und ihre Funktionen.
Schon die vorhin genannten Bestimmungen zeigen, wie die Bischöfe
das Recht hatten, die Richter zu beaufsichtigen und sich in richterliche
Geschäfte einzumischen. Wenn wir nun das Gesetz Cod. 1. 4. 26 vom
24. Juni 5305) ins Auge fassen, so sehen wir, daß alle staatlichen und

1) vgl. Zachariä a Lingenthal Novellen I. S. XIII. wie auch Prochiron


Auctum XXXIX 249 „No|io9-saia xoö louaxiviavoö Ttspi xöv Ttpoatpüyo>v,(.

") N. 86 %-• Bd. I. S. 45 f.


3) oüSsvi 8s x<öv äpxövxtov igeaxai xoüj frso^iXsaxdxouj emaxöTtouj dvay-
xd£siv sij Sixaaxrjpiov rca-paysvsa6-ai ÖTtsp xoö vst|iai |iapxupiav, dXX' b 8ixaaxrjj
Tte|iTisxü> Ttpöj aüxoüj xivaj iv. xü>v rcpoatOTtwv xöv ÜTnjpsxou|iivwv aüxip, Iva.
Ttpoxei|±rvü>v xöv äyitov EÜayveXitov xai xö npinov Upsöaiv etrcwaiv, äresp
yiv&axouaiv. N. 123 £' Bd. II S. 302.
4) dXX' oü8e ÜTtsp xivoj xP1liaxi-'t^j V i-PtXrlliaxt,trjj atxiaj eraaxorcov Ttpöj
äpxovxa TtoXixixöv Yj axpaxKoxixöv dxovxa rj 6iaysa9-ai rj rcapiaxaa9-ai Si^a ßaai-
Xixtjj xeXeüaewe auyxuPoö|i£v, dXXd xöv. äpxovxa xöv xoöxo eixs Syypdtpto£
Ttpoaxdfai ToX|irjaavxa |iexa xrjv xrj£ C<i>vrj£ d:paipsaiv x' xPU0i0U Xixpöv Ttoivrjv
xaxaßaXeiv xeXsöo|isv tf
ixxXijata fjj 6 eTtiaxcmej SiaxiWjvai
fj Ttapaaxrjvai repoas-

xdx^J 8o{hjao|isvrjv, xai xoö exßißaaxoö o|ioiwj |iexd xtjv xrjj Cti>vrjj d^aipsaiv
xai ßaadvoij ÜTtoßaXXo|ievou xai ev igopia Tts|iTto|isvou. N. 123 Bd. S. 302.
II
rj'

C. S. 64 ff.
5)
- 117 -
städtischen (Geldeinnahme und -ausgäbe, Bau der
Wirtschaftssachen
Staatsgebäude, Brunnen usw., Straßenbau,
Brücken, Wasserleitungen
und ihre Erneuerung) unter der direkten Aufsicht der Bischöfe standen,
denen die vornehmsten Bürger Hilfe leisten sollten. Der Bischof und
die genannten Bürger hatten die Leute, die die obengenannten Geschäfte
übernahmen, zu beaufsichtigen, damit die Arbeiten gut und schnell
gemacht wurden und die Kosten sich in mäßigen Grenzen halten.1)
Wenn die Unternehmer solcher Arbeiten die Aufsicht der Bischöfe
ablehnen, dann sollen die Staatsbeamten eingreifen und sie zwingen,
dem Bischof einen Rechenschaftsbericht zu geben. Wenn die staat
lichen Beamten in die Orte, wo solche Arbeiten vorgenommen wurden,
ihre Vertreter schickten und für diese Bezahlung verlangten, dann
mußten die Bischöfe, wollten nicht in königliche Ungnade fallen
sie
(jtaatXtxrjv <&pvaxxrjacv dva|ievdxw), dies dem Kaiser bekannt machen,
damit die Archonten bestraft würden; und man durfte weiterhin den
genannten Leuten keinen Pfennig bezahlen (|ayjSi ößoXöv Iva xauxrj;
Ivexa tyj; ahlotic, napiy_ew). Im allgemeinen unterstanden alle staat
lichen und wirtschaftlichen Dinge der strengsten Aufsicht der Bischöfe.
Das Recht stand ihnen zu, jede Ungerechtigkeit zu verhindern und dem
Kaiser zu melden, denn auch die geringste Vernachlässigung ihrer
Pflichten bewirkte, daß sie bestraft wurden und in ßaatXtxrj ayavaxxrjat.$
verfielen.2) Ganz ähnliche Bestimmungen hat das Gesetz Cod. XII.
63. 2 vom 24. Juni 530, 3) welches nur ein Auszug aus dem vorher
genannten Gesetz ist.
Im Gesetz I. 4. 22 vom 18. Januar 5264) wird den Bischöfen das
Recht gegeben, einmal pro Woche, Mittwoch oder Freitag (die Fasten-

*) Ilspi xcöv xa9-- sxaaxov Ixoj xatj TtöXsat Ttpoatouatöv TtoXtxtxtöv Ttpoaö8tov

rj TtöptoV ex 8rj|ioaitov rj e| IS<omxtöv X.pr! lidxtov Ttapd xtvtov aüxatj rj xaxaX<|a-

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eTüaxoTtov xai xobj aüv aüxij> Ttoto-j|isvouj xobj Xoy<apioüj, oTitoj, av xa spya slj
dTtspavxa xrjj SaTtdvrjj dipopta!^, xa9-- Sxaaxov sxoj eTit|isXtoj YsV0lx0 sx xtöv
TtoXtxtxwv dvavsoü|isva Ttöpwv xs xai Tipoaö8tov. C. 64
S.

f.

C. S. 65 — C. S. 1101 — C. S. 64.
=)

f.

f.
3)

4)
— 118 —

tage) die Sträflinge im Gefängnis über die Ursache ihrer Bestrafung


auszuforschen; fanden sie eine Ungerechtigkeit, so sollten sie es sofort
dem Kaiser kundtun, damit er die Rechtsversäumnis der Statthalter
bestrafe.
Durch das IStxtov YPacpev xo% änavxocjoü y% 9-eo<ytXeaxdxot;

ima-xAnotz xat 6atwxdxot; Ttaxptapxat; vom 18. März 535 1) wird aus
drücklich die allgemeine bischöfliche Aufsicht über alle Staatsbeamten
bestimmt. Dem Wortlaut dieses Ediktes kann man leicht ein Bild der
schlechten Verhältnisse entnehmen, die in Justinians Staatsbeamtentum
herrschten. Alle staatlichen Funktionen sollten rechtlich und ehrlich
vollzogen werden, unter der strengsten Aufsicht der Bischöfe, die dem
Kaiser genaue Kunde geben sollten zur Bestrafung oder Belohnung der
-Staatsbeamten.2)
Solche und mehrere ähnliche Bestimmungen, in die verschiedenen
Gesetze eingestreut, zeigen klar und deutlich, welche Stelle Justinian
der Kirche im staatlichen Leben eingeräumt hat. Man kann wohl sagen,
daß die ordentliche Verwaltung des Staats indirekt in den Händen der
Bischöfe lag. Natürlich stand über den Bischöfen der Kaiser und in
diesem Fall
der mächtige Justinian, so daß im letzten Grunde die
herrschende Macht in der Person des Kaisers der Staat war. Wir haben
oben gesagt, daß der Staat keines so autoritativen Hauptes brauchte,
um seine Rechte zu behaupten. Die Oberhand hatte nach der Lage der
Dinge der Staat, und die Kirche hat niemals, selbst wenn sie konnte,
Ansprüche auf diese Hoheitsrechte des Staats erhoben. Und man
wundert sich, daß die Bischöfe trotz dieser ungeheuren Macht, die
ihnen die genannten Bestimmungen in die Hand gaben, sie niemals
mißbrauchten. Und wir haben kaum Fälle, in denen die Bischöfe den
staatlichen Beamten kraft ihrer Autorität entgegenhandelten.
Justinian wollte aber den Kreis dieser segensreichen Wirkung
seiner besten Kirchen- und Staatsbeamten, der Bischöfe, immer mehr
ausdehnen, so daß er durch ähnliche gesetzliche Bestimmungen viele

i) N. Bd. I S. 111 ff.


2) trjj ouv afjj 9-soijnXiaj -/ai xtöv XotTttöv STuaxÖTttov saxto xaüxa Ttapa-
xr,psiv, xai st xt Tiapagaivotxo Ttapd xtöv dpxövxwv sij rjfiöcj |irjvüs<v, 5Titoj äv
|irj xt Ttapopa3-sqj xtöv öaitoj xs xai Stxaiwj ücp* rj|iuv vo|io3-sxnj9-svxtov . . .

dXXd 8st ü|iäj xfl Xcbp? xai üTtsp aüxtov xai xtöv XotTiüiv dYtoVt<övxaj
Ttapövxaj
ipavspoüj rj|itv xoUkatäv xai xoüj öp3-öj dpxovxaj xai xoi>j Ttapaßaivovxaj xövSs
xöv vö|j,ov, STttoj av sxaxspouj ytvtbaxovxsj xoüj |isv xoXdJto|isv xoüj 8s
....
-Jjlitöv
d|istßw|j,s9-a sasa$s 5s xat xo-j-cou cpüXaxsj Ü|istj, xai tc<dXüovxsj xd Ttapd
xaüxa Ytvö|isva xai |V/jvüovxsj, waxs |irjxs 8taXa3-stv xt xwv d|iapxavo|isvtoV |irj5-
ix xoö Xa9-stv dxt|itbprjxov slvat, dXXd Tiäaav iaöxrjxd xs xai 8txatoaivrjv xoig
rj|isxspotj ÜTirjxöotj sTtaviHjaat. N. Bd. I. 111 ff.
— 119 —

Stücke des rein sozialen Lebens der direkten Aufsicht und Fürsorge der
Bischöfe unterstellte.

3. Die bischofliche Sorge für das soziale Wohl des Reichs.


Die in den zwei letzten Punkten genannten Bestimmungen stellen
im Grunde auch das soziale Wohl der Untertanen Justinians (ÖTtrjxöwv)
unter die Fürsorge der Bischöfe. Noch wenige Bestimmungen bleiben,
die zeigen, daß die Bischöfe auch für die kleinsten Details des Lebens
zu sorgen hatten.
Wie schon waren
gesagt, die Bischöfe und Kleriker überhaupt
von der Vormundschaft und Kuratel der Armen und Waisen u. dgl.
befreit, damit sie sich Gott und ihren Gebeten frei widmen können;1)
dennoch sind die Bischöfe zur Aufsicht über die Kuratoren und die
Erfüllung ihrer Pflichten bestimmt.
Das Gesetz Cod. I. 4. 29 vom 1. September 530 2) verordnet, die
Wahl der Kuratoren für wahnsinnige Kinder solle vor dem Bischof
und mit seiner Bestätigung stattfinden. Nach dem Gesetz Cod. I. 4. 28
vom 1. Oktober 5303) sollten auch die Ortsbischöfe darauf achten,
daß die Kuratoren der Kinder wahnsinniger Eltern bei ihrer Heirat die
Mitgift aus dem Elternvermögen genau bestimmen. Ähnliche Be
stimmungen stehen in dem Gesetz Cod. I. 4. 30 vom 29. Juli 531, 4)
wo für die Ernennung der Kuratoren der auffallend« Ausdruck xetpoTCvt-a
xöv xrjSe|iövwvgebraucht wird. Das Gesetz Cod. I. 4. 24 vom
18. August 529 5) will, daß über die (freie) Erziehung ausgesetzter usw.
Kinder nicht nur die Statthalter, sondern auch die Ortsbischöfe die
Aufsicht führen. Den Bischöfen gab das Gesetz Cod. I. 4. 25 vom
22. September 529") das Recht der Aufsicht über die genaue Erfüllung
der Gesetze gegen die Spielenden und dgl. Das Gesetz Cod. I.
4. 32 von 534 T) gestattet den Bischöfen, in Abwesenheit der Archonten
selbst die Aufrechterhaltung der gesetzlichen Bestimmungen für Grund
besitzer (SeaTtrfxrj;) und Grundarbeiter (i|jnpuxeuxrj;) zu beaufsichtigen.8)
Bischöfen ist durch das Gesetz Cod. I. 4. 33 vom 1. No
Den
vember 534 9) ausdrücklich empfohlen, gegen die aufzutreten, die eine
Frau zwingen wollen, zur Bühne zu gehen, oder, wenn sie austreten
will, zu bleiben; beharrten sie darauf, dann mußten sie aus der Stadt
verbannt und ihr Vermögen eingezogen werden.
Außer diesen Bestimmungen findet man fast in allen staatlichen

— — C. S. 67.
i) C. I. 3. 51 vom 1. Nov. 531 S. 52 f. 2) C. S. 66 f. -)
— — —
4) C. S. 68f. ») C. S. 64. G) C. S. 64. ') C. S. 69f.
*) C. S. 70. — C. S. 70.
9)

r
— 120 —

Gesetzen die Erwähnung der Bischöfe als derer, die für das soziale
Wohl der Untertanen Justinians sorgten.
Denkt man an die Frömmigkeit dieser Zeit, so möchte man
sagen, daß diese Unterwerfung der staatlichen Beamten und ihrer Funk
tionen unter die bischöfliche Aufsicht aus der reinen Frömmigkeit dieser
Zeit entsprang. Wenn man aber die Sache schärfer betrachtet, so er
kennt man sofort, daß, wenn hier auch Frömmigkeit wirkte, doch die
Not eine größere Rolle spielte. Justinian brauchte die Kirche, denn
seine staatlichen Beamten waren lange nicht so weit wie die kirchlichen.
Die ersten brauchten Aufsicht, und diese konnte am besten die Kirche
übernehmen. Nicht nur aus Frömmigkeit sind die staatlichen Funktionen
unter bischöfslche Aufsicht gestellt, sondern auch aus Mangel an einem
möglichst vollkommenen Staatsbeamtentum.
Auffallend ist, daß in den zahlreichen Gesetzen über die Ehe, diese
nicht als in direkter Beziehung zur Kirche erwähnt wird, was zeigt, daß
der spätere Begriff des Sakraments der Ehe noch nicht in Geltung stand.
Aus allen diesen ersehen wir nun, daß Justinian der
Gesetzen
Kirche bzw. den Bischöfen außerordentliche Rechte gab, ihre Stellung
ist bei weitem höher als die der staatlichen Beamten, die sie zu be
aufsichtigen hatten. So groß aber diese Ehren und Rechte auch waren,
hat Justinian doch zugleich in seinen Gesetzen eine ungeheure Leistung
von den Bischöfen verlangt. Wenn man zunächst von den rein bischöf
lichen Pflichten absieht und einen Blick auf ihre sozusagen politischen
Pflichten wirft, so erscheint die Arbeit der Bischöfe in diesem Sinn
ungewöhnlich groß; hat man dazu die mannigfaltigen und unendlich
vielen rein bischöflichen Pflichten vor Augen, so sieht man vollends,
daß die verlangte Arbeit gar nicht klein ist. Daß aber eben die Kirche
durch ihre Organe ihre Arbeit wie die des Staates leisten konnte, zeigt,
daß sie ein mächtiges Leben in sich trug, daß sie fähig war, beides zu
leisten und zu vollenden.
Hiermit ist das große kirchengesetzliche Werk Justinians zu Ende
gebracht. Für und Ordnung der Kirche nach allen
die Verbesserung
Seiten hin ist Vorsorge getroffen, und ebenso ist die so ausgestattete
Kirche nach allen Seiten hin dem Wohl des Reiches dienstbar ge
macht worden.
Justinian hat sich, wie in seiner politischen Gesetzgebung, so auch
in seiner kirchlichen als großer Gesetzgeber und Organisator gezeigt.
Glaube und Disziplin der Kirche hat er in allen Teilen genau
untersucht und durch Gesetze vervollständigt; nimmt man dazu, daß er
auch von früheren Kaisern Gesetze für die Kirche übernommen hat,
so gewinnt seine ganze Gesetzgebung eine außerordentliche Bedeutung
nicht nur an sich, sondern selbst in ihrer Wirkung.
121 —

Was die mittelbare Folge dieser Gesetzgebung war, können wir


nicht sagen, daß sie aber tatsächlich auf die Kirche einen großen Einfluß
hatte, geht daraus hervor, daß viele von Justinians Gesetzen selbst heute
in voller Geltung sind, und daß die neuen kirchlichen Gesetze auf dem
Geiste dieser Gesetzgebung beruhen.
Die Kirche hat viel und Großes für den justinianischen Staat
geleistet, ebensogut verdankt sie ihm aber ihre große Organisation, die
ohne Justinians Gesetzgebung vielleicht ganz verfallen wäre.
Fragt man nach dem Geist dieser Gesetzgebung, so kann man,
wenn einer ihrer Hauptgedanken das Wohl des Staates ist, ihre rein
frommen und religiösen Motive nicht verkennen.
Justinian war aus Überzeugung sowohl Imperator als Pontifex
Maximus, und seine kirchliche Gesetzgebung trägt gewiß die Merk
male dieser beiden Ämter, des staatlich-politischen und des kirchlich
religiösen.
Anhang.

Gesetze zur Versittlichung des Volkslebens.

Eng mit der kirchlichen Gesetzgebung hängen viele gesetzliche


Bestimmungen zusammen, die sich direkt auf das Volksleben und seine
Versittlichung beziehen.
Schon in den vorhin genannten Gesetzen sind hier und da manche
Bestimmungen erwähnt, die die Volkssittlichkeit heben wollen. Andere
ähnliche hat Justinian als Ergänzung der genannten erlassen, und darum
werden sie hier mit kurzen Worten erwähnt.

1. Die Ehe.
Oben haben wir schön erwähnt, daß die Ehe in den zahlreichen
Bestimmungen über sie in keinerlei Beziehung zur Kirche gesetzt wird.
Aus ihnen können wir aber nur jene hier erwähnen, die sich mit der
moralischen Seite der Ehe beschäftigen.
Novella 12 vom 16. März 535 1) verhängt die schwersten Strafen,
(Verlust des Standes und des Vermögens, körperliche Strafen und Ver
bannung) über die, die in unerlaubte Ehen und dgl. eintreten (d\teutxou;
ydu-ou;). Aus folgender Definition der Ehe, die der Kaiser in der 22. No
vella vom 18. März 536 2) gibt, geht hervor, daß er die Ehe nur von der
moralischen Seite betrachtet; er sagt: et yäp 6 ya^o; oöxw; lau aeu.vöv
w; x(ji dv9-pwTuvw yevet Soxetv d9-avaat-av iTZ-.xeyyrprp eiar\yeta9-a.t xal
2x tyj; TtatSoTtotfa; dvaveou|iieva xa yevrj uivet Snrjvexfj xfj; xoö 6eoö
^tXav9-po>Ttöa$, xa9-- öaov iaxl Suvaxov xa9-- -?ju-ä; xo d9-dvaxov xaPt_
x%
^o|iivrj; 9uaet, eExöxw; -?ju.tv TteptaTOuSaaxa xa Ttepl xöv yd|i,ü>v iaxf.3)
Novella 117 vom 18. Januar 542, 4) die besonders von der Auf
lösung der Ehe handelt, erwähnt überhaupt keinerlei Einmischung
der Kirche in Eheangelegenheiten.


l) N. 12 Bd. I S. 147 ff. 2) N. 22 Bd. I S. 290 ff.
N. 22 Bd. 290f. — N. 117 Bd. ff.
S.

S.

211
--)

")

I
I
— 123 —

Im 13. (iy!) Paragraphen derselben Novelle wird verordnet, eine


Frau, die sich ohne die gesetzlich zureichenden Gründe von ihrem Mann
scheiden wolle, könne das zwar tun, verliere aber ihr Vermögen zu
gunsten ihres Mannes oder ihrer Kinder ; sie selbst müsse dem Bischof
übergeben werden, der sie auf Lebenszeit in ein Kloster einschließen
müsse, an das auch ihr Vermögen übergehe, wenn sie keine Kinder habe.1)
Neben anderen Bestimmungen finden wir in § 14 schwere Strafen
und Geldbuße gegen die bestimmt, die ihre Frauen ohne Gründe
schlagen und prügeln2) und andere ähnliche Bestimmungen, die die
Moralität der Ehe fordern.
Die in der Novella 22 § y 3) erwähnte Definition der Eheschließung
zeigt, daß dies ohne die Einmischung der Kirche geschah: Tau.ov uiv
oöv du.oißafa tzois1 = die gegenseitige
Sidtfreai; Neigung macht die
Ehe. Doch finden wir in der Novella 74 vom 5. Juni 5384) eine ein
zige Bestimmung über die Einmischung der Kirche in die Eheschließung,
die allerdings nicht nur eine Ausnahme bildet, sondern gerade zeigt,
daß die Kirche in Sachen der Eheschließung nichts zu sagen hatte.
Diese Bestimmung verordnet, daß, wer keine Ehekontrakte (yauwv
auußöXaia) in bezug auf die Mitgift machen wollte, und zwar Soldaten,
Kaufleute, Handwerker usw. (die oberen Klassen auyyl-f\xixol xai u.eya-
Xonpeniaxa.xoi IXXoüaxpioi mußten solche auu.ßöXaia machen), und
demnach Gültigkeit für die Ehe wünschte
(eE

foüXono vo|uuw; yuvand


auveXfreiv xcd u.tj itoiYjaaafra« yotu.wv auu.ßöXaia), in eine Kirche gehen
mußte (Ttapayiveafrü> Ttpö; tava xwv eöxxYjpiwv otxwv) und vor dem
kirchlichen Vertreter und drei oder vier von ihm erwählten Klerikern
als Zeugen aussprechen, daß sie in eheliche Gemeinschaft treten wollten.
Der kirchliche Vertreter mußte dies dann mit genauer Angabe des
Datum das Kirchenarchivbuch eintragen, womit die Ehe gesetzlich
in

anerkannt war (vöu.t|io;). Die Eheleute konnten sogar, wenn sie


wollten, eine Abschrift dieser Urkunde mit der Unterschrift des kirch
lichen Vertreters und der Zeugen bekommen.5) Dies ist die einzige

si noxe xij
5i^a xiv0» xü>v Ttpoeiprj|isvtov fj|iiv aixiwv povlrftsi-q xöv
yuvyj
J)

Ttpöj töv auvoixoövxa 8iaXöaai yd|iov . . . xeXeuo|isv tt,v |isv Ttpotxa xip ävSpi SoiHjvai
x. t. X., trjv 8e yuvatxa xivSuvtp toö 8ixaaxoö toö xtjj imo9-eastoj äxpoaaa|isvoü
Ttapa8i8oa9-ai xtp xrjj TtöXstoj xa9-' rjv xoiväjj tt,v oixrjaiv elxov- wate
sTuaxÖTtq>
x^j ixsivou iv |iovaaxV]pitp aüxrjv e|ißXijiHjvai ö^siXouaav |isxpi xtjj lSiaj
Tzpovoiq.
£<1>tjc Exstas Ttpoaxapxepstv . . |itjts 8s TtaiStov |irjis yovitov övtoov aürg, Ttäaav
.

ö|ioiwj xijv aüx^j Ttepiouaiav x» |iovaaxrjpUp Ttpoarjxsiv. N. 117 Bd. S. 222f.


I

N. 117 Bd. 224. — N. 22 Bd.


S.

293.
S.
II

3)
-)

N. 74 Bd. S. 517.
*)

xoivtoadaihj> te tt]j xtjj i.y.onä.xr\£ exsivrjj exxXrjaiaj sx8ixq>, lz


5)

rcapaXaßrov xpsij xsaaapaj twv ixetje süXaßeaxixxtov xXrjpixöv sx|iapxupiav


rj
— 124 —

Bestimmung, in der die Einmischung der Kirche und ihre Autorität


in Eheschließungen vorkommt. Da dies aber nur als Ausnahme
für die armen Leute galt und es in diesem Akt keine priesterliche

ja,
Funktionen gab, da es der Zustimmung der genannten Kleriker
nicht einmal bedurfte, kann diese Eheschließung nicht als rein kirch
liche in späterem Sinne angesehen werden, obschon diese letzte hierauf
beruht und sich aus diesen Anfängen entwickelte.1)

2. Sittlichkeit im allgemeinen.
Verschieden sind die Gesetze, denen Justinian seiner direkten

in
Sorge für die Volkssittlichkeit im allgemeinen Ausdruck gibt.
Justinian wollte selbst außerhalb der Kirche durch seine Gesetze
direkt auf die Unsittlichkeit des Volkes einwirken und hat so aus
manchen Gründen verschiedene Gesetze erlassen, die die Sittlichkeit
des Volkes Ordnung zu bringen suchen.
in

In der Novella 77 vom Juni 535,2) die uns sowohl dem


Inhalt wie folgender Vorrede nach wie eine Predigt oder ein Hirten
brief vorkommt (rcäaiv avfrpwTOi; xolc, eo ippovoüai TtpöSrjXov elvai
vou^onev, Sti ndLaa. fyuv laxi aTlouStj xal ebyj] xb xobc, maxeufrsVta;
-?ju.wv rcapa toü SeaTtöxou freoü xadw; ßtoOv xal tYjv a.bxoü eupeiv
xal
■?]

£Ö|jivetav, eTteioYj toö freoü tpiXav9-pwraa oO tyjv aTtwXeiav,


dXXa tYjv STuaxpocpYjv xal tyjv awxYjplav ßotSXexai, xal xobc, Tvxa.iaa.Yza.c,

auviaxdxto, SrjXoSaav k>j eTü xYja5s xrjj eTtivs|±rjastoj xouSs toö |iy^voj äyovxoj
xöarjv r]|ispav, xijj ßaaiXsiaj sxouj xöaou, tmaxsiaj xoiaaSs, rjXil-ov rcap- aüx<j> sv
xqJSs xtp süxxrjpia> oixtp Sstva xai Ssiva xai auvr]p|±öa9"»]aav äXXrjXoij. xai
6

rj

xrjv xoiauxrjv ix|iapxupiav, st |iev exXaßstv ßouXovxai a|iq3öxspoi 0i auviövxsj


rj

xai ixspoj aäxü>v,xai xoöxo Ttpaxxsxwaav xai ÜTtoypatpsxtoaav xs xrjj


Yj

xaüxig
5

äyitoxdxYjj exxXr]aia£ sx8ixo£ xai 0i Xontoi xpsij öaouj av ßouXrj8-sirj (oüx


tj

iXdxxouj |isvxoi xöv ypd|i|iaxa xoöxo arj|ia:vovxa. xai


et S1
2)

xpiüSv) xoSxo|±rj
Ttpdgaitv exsivoi, dXXd xoioöxov äTtoxi9-safrto
xöv xapirjv xrjj asßaa|iiü>xdxrjj
6

exxXrjaiaj exsivrjj IxSixoj sv xoij xrjj aüxrjj äyiMxdxrjj ixxXrjaiaj äpxsioij


(xouxsaxiv iv xqi eÜaysi xsi|iyjXi09uXaxi<p) xaj stprjueva£ imoar]|isitbasij ixovxa,
waxs äTtoxsia9-ai xoij ävfrptimoij xrjv evxsö6-sv äatpdXeiav, xai |ltj äXXtoj Soxsiv
fa|ioqj 8ia&sasi xoüxouj aüxoüj auvsXrjXu9-svai, kXrjv st l^rj xoioöxö xi Ttpax&sirj,
xai öXtoj ex ypa|i|idxtOv xö Ttpäy|ia |iapxupoixo. xcJxwv 6s ouxto yevo|isvtov xai
xöv y^uov xai xaj aüxoö -j,0v*S sTvai vo|ii|iouj. N. 74 Bd.
S.

522
sg

f.
I

In den Gesetzen über die Ehe finden sich verschiedene Bestimmungen


1)

über das Familienleben und die Vorbeugungsmaßregeln gegen die gesetzliche


und die ungesetzliche Ehescheidung, da sie aber hauptsächlich mit den Ver
mögensangelegenheiten verbunden sind, fallen sie aus dem Rahmen dieser
Untersuchung, weshalb sie auch unerwähnt bleiben.
N. 77 Bd. S. 184 ff.
2)

I
-- 125 —

xai Siopfrouuivou; B^etai 6 frei;. Siö rcävxa; TtpoTp£Ttou£v xöv


xoö freoü cpößov xotxä voüv Xau.ßaveiv xai xYjv a&xoü eöuiveiav
iTtixaXeiafrai, xai fou.ev Sxi rcavxe; oE xöv freöv &*(a.n&vzec, xai
xöv aöxoö IXeov Tt£pi|jievovx£; xoüxo rtoioüaiv), 1) werden schwere
Strafen über die unmoralisch leben

(oE
verhängt die, OTtö xYj;
SiaßoXixYj; ivepyefa; auve^öu.evoi xai xai; ßapuxepai; daeXyeiais
iauxoü; evißaXov). Die verschiedenen Statthalter fielen beim Kaiser in
Ungnade, falls sie solche Laster unbestraft ließen. Justinian über
antwortet die so sündigenden Menschen auch den göttlichen Strafen,
und macht darauf aufmerksam, daß alles Übel und alle Not, Hunger,
Pest usw. von solchen schweren Sünden kommt.2)
Es scheint, daß in Justinians Zeit ein außerordentlich großer
Mädchenhandel und viele Hurenwirtschaft betrieben wurden. In der
Novelle 14 vom Dezember 535 wird dieser Zustand mit klaren
1.

Worten beschrieben. Er sagt, daß viele überall umherreisen und junge 3)


Mädchen, oft nur 10 Jahre alt, rauben oder mit Schuhen, Kleidern
oder ein wenig Geld anlocken, um sie nach Konstantinopel und in die
großen Städte zu bringen und mit ihnen Geschäfte zu machen.4) Dies
hat Justinian empört, und in der genannten Novella verbietet er streng,
bei Todesstrafe (xai; ia^axai; roivai;), solchen Handel; die Huren
wirtschaften (Ttopvoßoaxela) mußten sofort aufgehoben werden, und die
Hurenwirte (rajpvoßoaxoi) wie ihre Kuppler (eYfWjxYj;) und die, die in
solchen Häusern Hurerei trieben, wurden mit Verbannung und hohen
Geldsummen bestraft; denn Justinian will seine Städte zu Ehren Gottes

N. 77 Bd.
S.

184
f.
2) 1)

8i8aaxc5|ie9-a yäp 8id xS>v dyitov -j,Pa^,<üv) öx ix xöiv xoiouxtov dasßiöv


rcpdgetov xai TtöXeij xoij dv9-ptoTtoij auvarcti>Xovxo . . . 8id yäp xd xoiaöxa
TtXYj|i|ieXifj|iaxa xai Xipioi xai asia|ioi xai Xoi|ioi yivovxa xai 8id xoözo
,

Ttapaivoöpiev xoij xoioüxoij drcoaxea9-ai xtöv etpYj|±evtov dxoTtrj |idxa>v, <Saie ivfj xdj
N. 77 Bd.
S.

aüxwv dTtoXea9-ai (J'^x^j- 185


f.
I

N. 14 Bd. 230 ff.


S.
s)

Ttspivoaxsiv x^Pa? xai xöTtouj TtoXXoüj xai veaj eXeeivdj 8eXed£eiv


yä.p
*)

Ttpoxsivo|ievouj ÜTto8rj|iaxd xs xai atafrrjxd xiva, xai xoüxoij 9ijpsüeiv aüxdj xai
äysiv elj xrjv euSai|iova xaöxrjv TtoXiv, xai ixsiv xafreipy|jiva£ ev xaij lauxöv
xaxaytoyatj xai xpotp^j aüxaij eXeeivrjj nexa8iSövai xai eathfj|iaxoj, xai evxs89-ev
ex8i8övai rcpöj dssXyeiav aüxdj xoij ßouXo|jivoij xai Ttdvxa Ttöpov d9-Xiov ex
xoö ati>|iaxoj aüxwv Ttpoayivö|ievov aüxoü£ Xa|±ßdveiv, xai Ttoieta9-ai auyyPatP<xj
t!>j erei xpovov 8v aüxoi£ 8ögeie Ttpoas8psüouai xrjv daeßYj xs xai dvoaiav xauxrjv
aüxoi£ Xeixoupyiav TtXrjpoöaai, xivdj 8s aüxöv xai eYyurJx«j dwaixstv . .
.

eviouj 8i ouxtaj dvoaiouj xa9-eaxdvai, &axe xöpaj oü8e xöv 8sxaxov dyouaag
iviauxöv elj eTtixiv8uvov xaxdyeiv xai xivaj
<j>9-opdv, a>axs xPU0i0v 8övxa£ oi
pexpiov (iiXi£ £xet9-ev igwvrjaaa9-ai xdj xaXarawpouj xai y&p1p auvapuöaat
N. 14 Bd.
S.

awtppovi. 231
f.
I
— 126

sittlich rein halten, damit sie nicht durch solche Laster zugrunde
gehen. 1)
Von einem heftigen Erdbeben veranlaßt hat er am 15. März 559,
die 141. Novella8) an die Einwohner Konstantinopels gerichtet. Er klagt,
daß diese göttlichen Strafen von der unnatürlichen Unzucht komme
(xoü; r^ u-usapä xai xw %-sG> |i£|uaYj|jivi(] Sixafa>; avoafa Ttpa£ei
dfrlw;

?jv
SYj
auvaaTtevxa;, XeyOu.ev xwv dppevwv cpfropäv, xoAu.öai
xive; appevej äppeat xYjv da^Yju.oauvYjv xaxepy<*£<$iievoi).3) An Hand
von Bibelstellen versucht er zu zeigen, daß solche Sünden die
Katastrophe gebracht haben, Ent und mahnt seine Untertanen zu
haltsamkeit und Gebet, zugleich aber beauftragt er die Bischöfe und
die Statthalter, die Aufmerksamkeit auf solche Sünder zu lenken, die
dann mit den schwersten Strafen büßen sollen (mxpoxepa; SautoEj
Itz<xE,ouai xiu.wpia; w; oöSeu.ia; xoü lomoü auyyvwu.YjS ä£ich).4)
Selbst leichtere und oberflächliche Sünden werden bestraft, so der
Eid im Namen Gottes oder das Fluchen gegen Gott.5) Hier ist nicht
etwa der offizielle Eid verboten, denn in der Novella von 535 haben

8
wir das Eidformular, welches die Staatsbeamten beim Amtsantritt ver
lesen mußten.6) Der Tcxt dieses Eides ist von Interesse. Es wird
geschworen bei dem dreieinigen Gott, der Muttergottes Maria, den
Evangelien und den Erzengeln, daß man dem Kaiser und der Kaiserin
4

Treue halten, dem katholischen Glauben angehören und in ihm fest


bleiben und das Amt ehrlich und aufrichtig führen werde. Zuletzt
beriefen die Schwörenden Gottes Fluch auf sich herab, wenn sie das
Versprochene irgendwie nicht halten würden.T)

Ttäaav yäp rcopvoßoaxiav xai yivea9-ai xwXöo|iev, xai ysvo\iiy^v


J)

xoXd£o|iev, 8iatpepövttoj |isv iTti xaüxV]j xyjj su8ai|iovoj TtöXetoj . xai ev


.

xotj s£to xöTtoij ömaai . . ßouXö|is$a cpuXdxxsa9-ai xa&apdj Ttdarjj xoiaöxY]j


.

ävdyxr]j . . TtsTuaxsüxa|isv yäp etj xöv 8esTtöxrjv 9-eöv xai ix xaüxrjj fj|iäiv
.

Ttepi xijv ato^poauvrjv aTtouSrjj pieydXrjv laea%-a.i xj rjuexepa TtoXixsia Ttpoa9-»jxrjv,

xoö 9-sou Ttavxa tjhiv ataia 8id xräv xoiouxtov Ttapsxopevou Ttpä£swv. N. 14
Bd. S. 232 ff.
I

N. Bd. 397 ff.


S. S. S.
II II II

141
2)

N. 141 Bd. 398.


3)

N. 141 Bd. 398


f.
5) 4)

eTteiSrj 8s xivsj rcpöj xotj elprj|ievoij xai ßXdatprjpia £ifj|iaxa xai opxou;
Ttspi &soö ö|ivüouai xöv 9-söv Ttapopyi£ovxsj, xai xoüxouj 6|ioEtoj TtapsyTuüllay
äTtpaxio-9-ai xöv xoioüxwv ßXaa^rj|itov p>j|idxtov xai xoö önvüvai xaxa xpixöj xs
xai xai xoüxoij TtapaTtXrjaitOv y<*P ai x*1' äv9-pti>xa>v
el

xs^aX^j xtöv prjudxwv.


yivö|isvai ßXaaiyirj|iiai dvsx8ixijxoi ,oü xaxaXi|j,Ttdvovxai, tzoXXip |iöXXov sij aüxo.
6

N. 77 Bd. 185.
S.

xö 9-stov ßXaa^rj|iöJv ägiöj eaxi xi|itopiaj üTtoax^va:.


I

N. Bd. 122—124. — ibidem.


S.
8
e)

T)
I
127

3. Ordnungsmäßiges Verhalten im religiösen Leben.


Fortsetzung und Ergänzung der Gesetze über die Sittlichkeit sind
die hier zu erwähnenden, die sich zwar nicht auf die Sittlichkeit
beziehen, aber in verschiedene Sachen Ordnung bringen wollten, die
indirekt der Sittlichkeit gefährlich waren. Das war der Respekt vor der
kirchlichen Ordnung und den kirchlichen Einrichtungen. So wird im
|iS'. Kapitel der genannten 123. Novelle verordnet, daß über Laien und
namentlich Theaterleute, die sich erlauben würden, Mönchs- oder
Nonnenkleider anzuziehen und andere klösterliche und geistliche
Gebräuche nachzuahmen, Exil und körperliche Strafen verhängt
werden.1) Ähnliche Strafen werden im Xa'. Kapitel derselben Novella
bestimmt, wenn jemand einen Gottesdienst störte und die fungierenden
Geistlichen beleidigte; selbst die Todesstrafe wird verhängt, wenn diese
Beleidigung direkt auf die heiligen Sakramente und die heiligen
Handlungen selbst geht.2)
Von großem Interesse sind die Bestimmungen inbezug auf ge
richtliches oder privates Vergehen gegen verstorbene Schuldner und
ihre Verwandten. Es scheint, daß Fälle vorkamen, wo die Gläubiger
fern von jedem Respekt vor den Toten entweder das Begräbnis des
verstorbenen Schuldners verhinderten und die Leiche irgendwie be
leidigten, oder sofort nach dem Tode des Schuldners gerichtlich gegen
die Verwandten der Verstorbenen vorgingen. Um diese Mißstände zu
beseitigen, der Kaiser verschiedene Gesetze.
erließ So verbietet er im
e'. Kap. der Novella vom 1. Februar 542 3) streng, das Begräbnis
115.
verstorbener Schuldner zu verhindern: u.yjSevL TtavxeXw; i£eTvat xa töv

1) Ttäot 8s xa9-dTtai; xolj sv xoo|itxtjj avaaxpscpo|isvotj, xai |iaXtaxa xotj


xd axrjvtxa |isxspxo|isvotj dv8pdat xs xai -pvatjji, xai |itjv xai xatj Ttpo-iaxa|isvatj
dTtayopsüo^v xsxpfja9-ac ax^|iax: |iovaxoö tj |iovaaxpiaj rj aaxrjxpiaj rj oicp8ifjiioxs
xoüxo Ttdvxwv xäjv tj
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xotoux<p axig|aaxt r, |it|iTijaaa9-at ^ i|iTtat£at slj oiav8rjTioxs sxxXr,ataaxtxr,v
xaxdaxaatv, 5xt xai aw|iaxtxaj xt|iwpiaj ÜitooxTfjaovxat xai egopia Ttapa8o\H|aovxat.
N. 123 Bd. II S. 325.
2) sX xtj xäjv 9-siojv |iuoxrjpitov rj xti>v ÄXXtov dyloyv XstxoupYtöv
sTuxsXou|isvtov sv dYia slasX9-tnv sxxXrjaia ?j xtü siuoxÖTicp rj xotj xXrjptxotj tj
xotj aXXotj 6Tojpsxatj xfjj exxXrjaiaj üßps<bj xs sTtaYaYot, xsXsüo|isv xoöxov
-
ßaadvouj üTio|isvstv xai sij sgopiav Tts|icpiHjvac sl 8s xai aüxd xd 9-sta |iuaxTijpta
xai xaj 6-siaj XstxoupYiaj xapdgot t) sTuxsXsta9-ac xtoXüaot, xscpaXtxöj xt|ia>psta9-at.
xouxou aüxoö xai sTti xatj Xtxatj sv alj ^ eTtioxoTtot tj xXrjptxoi süpiaxovxat
cj>uXaxxo|iivou, tva sl |isv ößptv |iövov Ttonfjast, ßaaavotj xai sgopia TtapaSo9-Ä,
sl 8s xai xtjv Xtxtjv 8:aaxs8dast, xscpaXtxov xivJuvov üTtoiiivot. N. 123 Bd. II S. 317.
3) N. 115 Bd. II S. 182 ff.
— 128 —

xeXeuxwvxwv aw|iaxa /fleu; övöuaxt. xpaxetv i|iTtoSiaua xy xouxwv

irj
Ttoteta9-at xacp^; selbst die Verwandten der Verstorbenen durfte man
auf keinen Fall irgendwie während der neun ersten Trauertage wegen
der Schulden des Verstorbenen durch gerichtliches Einschreiten stören,
eine Gerichtsverhandlung innerhalb dieser neun Tage war gänzlich un
gültig.1) Diese Strafen scheinen eine Milderung der in der Novella 60
vom Dezember 537 verordneten, in welcher Zeit solche Fälle öfter
1.

*)
vorkamen, wie ihr Prolog andeutet. Die Strafen, die dieser Novella

in
über die Beleidiger eines Toten wegen seiner Schulden, wie über die
Störer der Verwandten im selben Sinne innerhalb der Trauertage ver
hängt waren, sind nicht nur Ungültigkeit des Verfahrens, sondern auch
völliger Rechtsverlust und eine hohe Geldbuße. Blieben Staatsbeamten
gegen ein solches Vorgehen gleichgültig, so wurden sie mit dem Ver
lust ihrer Stellung und einer Geldbuße bis 20 Pfund Gold bestraft.3)
Diese wenigen Bestimmungen genügen, zu zeigen, daß Justinian durch
seine Gesetzgebung bis aufs letzte der öffentlichen Religiosität und Sitt
lichkeit Genüge tat und die Grenze des Privatlebens überschritt. Aus
führlich behandelt z. B. das und S-. Kapitel der 115. Novella die
y'.

Verhältnisse im Leben und das gute Benehmen der Kinder und Eltern
unter sich, wo die Schuld der a/aptaxte (Undankbarkeit) genau unter
sucht und definiert und mit ähnlichen schweren Strafen belegt wird.4)
Seine Gesetzgebung, von dem allgemeinen Begriff des Glaubens
ausgehend, wollte segensreich und mit Erfolg wirken und hat es getan,
indem sie ihn bis auf seine letzten praktischen Ausläufer geordnet und
festgesetzt hat.

9-saTu£0|isv xoivuv, TtavxsXtöj s£stvat xo;jj xXrjpovöfio-jj xoö xsäs-j-


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1)

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eYYÜrjv Tiap-- aüxoö xo|iiaaa9-at, xaüxa Ttdvxa dvtoxupa stvat 9-saTu£o|isv. N. 115
Bd. 195.
S.
II

452 ff. — N. 60 Bd. 453 ff.


S.

N. 60 Bd.
S.

3)
<) *)

I
I

N. 115 Bd. 184 ff.


S.
II
Schluß.

Werfen wir einen Blick auf die genannte kirchliche Gesetzgebung


Justinians zurück, so gewinnen wir ein einheitliches Bild.
Diese Einheit wird klarer durch die gegebene Gruppierung der
verschiedenen Bestimmungen, sonst ließen sich natürlich die Novellen
und die Gesetze leicht in chronologische und sachliche Gruppen anders
zusammenfassen. Wenn man aber die kirchlichen Gesetze Justinians
anders gruppiert und sie selbst unter den politischen Gesetzen ohne
systematische Ordnung heraussucht, dann bekommt man immer noch
das Bild der Einheit, die diese Gesetzgebung charakterisiert.
Die Einheit war der größte Gedanke Justinians; er versuchte ihn
in seinem politischen Reich durchzusetzen wie auch in seiner Kirche;
und die diesem Zwecke dienenden Gesetze tragen dementsprechend
den Charakter der Einheit.
In der Zusammenfassung der Kirchengesetzgebung Justinians hat
man das ganze Glaube einerseits, Disziplin
Kirchenwesen dieser Zeit.
anderseits beschäftigen
Justinian bis inEinzelheiten. In jedem
ihre
Winkel des Kirchenlebens hat Justinian mit seinen Gesetzen Ordnung
geschaffen, so daß man schon aus seinen kirchlichen Gesetzen ein
klares und deutliches Bild der dama ligen Kirche gewinnen kann.
Schon oben haben wir bei den einzelnen Punkten der Gesetzgebung
ihre Bedeutung für die Kenntnis der Kirche der damaligen Zeit hervor
gehoben. Die Bedeutung der Gesetzgebung Justinians
dogmatischen
ist vielfach er- örtert, so daß weiter darüber zu sprechen kaum nötig
ist. Wenn man aber auf den praktischen Teil dieser Gesetzgebung
sieht, so wird man ihn nicht nur bewundern, sondern daraus viel
leicht auch ein besseres Verständnis oder einen richtigeren Maßstab
selbst für die Beurteilung der dogmatischen Gesetzgebung Justinians
gewinnen.
Man hat, wie bekannt, Justinians dogmatische Gesetzgebung nur
auf politische Motive zurückführen wollen, und man muß zugeben,
daß gewiß hinter dieser dogmatischen Richtung des Kaisers auch seine
Alivisatos, Gesetzgebung Justinians I. 9
— 130 —

politischen Gedanken steckten; aber wenn auch die praktisch-kirchliche


Gesetzgebung Justinians indirekt wenigstens politisch orientiert ist, darf
rnan doch nicht verkennen, daß sie aus reiner Sorge für die Ehre und
das Ansehen der Kirche und aus innerlicher Frömmigkeit von rein
politischen Gedanken unabhängig hervorging. Gewiß diente z. B. die
soziale Arbeit der Kirche dem Wohl der Untertanen Justinians und
gewiß hat Justinian selbst diesen Gedanken in einem seiner Gesetze
ausgedrückt, es wäre aber gewiß ebensogut unrichtig, zu behaupten,
daß dies ihr einziges Motiv gewesen sei. Nicht nur die Sprache und
die ganze Situation beweisen das Gegenteil; ein Blick auf die ähnliche
Gesetzgebung für das Mönchtum zeigt deutlich genug, daß Justinians
Gesetzgebung nicht so ganz von politischen Gedanken erfüllt war.
Das Mönchtum war eine Macht für sich, es übte keinerlei Seelsorge
oder Sozialarbeit, und doch galten ihm ungefähr dieselben Gesetze wie
dem Vom Mönchtum erwartete Justinian keinerlei Hilfe
Weltklerus.
für wie von dem Weltklerus, und doch sorgte er für
sein Staatswesen
das eine so gut wie für den andern. Sein Hauptgedanke war nicht
der Nutzen, den die Kirche bringt, sondern die Hebung der Kirche,
aus der dann der Nutzen für Volk und Staat ohne weiteres entsprang,
und zwar wegen der Natur der griechischen Kirche, die von Anfang
an eng mit dem Nationalcharakter des Volkes verwachsen ist. Sobald
die Kirche des Orients imstande war, der Nation bzw. dem Volk zu
helfen, hat sie das von selbst getan. Wenn also der praktische Teil
der kirchlichen Gesetzgebung Justinians nicht aus rein politischen Mo
tiven, sondern zum größten Teil aus rein religiösen und christlichen
entsprang, so ist auch ihr dogmatischer Teil, so sehr er politisch ge
färbt ist, nicht einzig politischen Quellen entflossen. Außer den tat
sächlich vorhandenen Elementen der Politik in der kirchlichen Gesetz
gebung Justinians fand die Vorstellung, daß die einzige Grundlage
dazu seine Reichspolitik gewesen sei, noch eine zweite Stütze an der
Tatsache der Kodifizierung sowohl der dogmatischen wie der prak
tischen Bestimmungen über die Kirche. Justinians bürgerliches Gesetz
buch enthielt politische wie kirchliche Gesetze, beide verpflichteten
jeden, und diese äußere Einrichtung ruft allerdings den Gedanken wach,
all seine Bemühungen für die Kirche seien auf politische Pläne zurück
zuführen. Doch darf dies nicht als maßgebend gelten; denn erstens
haben frühere Kaiser, die die Kirche bewußt und offen zur Durch
führung ihrer politischen Zwecke benutzen wollten, diesen Weg nicht
eingeschlagen, zweitens war die Autorität der Synoden und der Kirche
selbst an sich so groß, daß Justinians Autorität sie schwerlich hätte er
setzen können, wenn sie ganz gefehlt hätte. Was Justinian zu dieser
äußeren Kodifizierung der kirchlichen Gesetze bewog, war sein Haupt
— 131 —

gedanke der Einheit, die allerdings auch die kirchliche Gesetzgebung


zwar äußerlich, doch etwas stark politisch färbt.
Justinian war der große Kaiser, der in seinen Händen die Macht
des ganzen römischen Reichs vereinigte. Das Reich war längst christ
lich geworden, so daß die Kirche nicht als eine zweite Macht neben
dem stand wie vorher und nachher
Reiche (im Abendland). Des Im
perators und Pontifex Maximus- Bestreben war, das Reich zur Einheit
zu fähren und darin zu erhalten, und diesem Willen gibt er in seinem
Gesetzbuch den besten Ausdruck. Daß im großen Gesetzbuch des
Reichs auch die kirchlichen Angelegenheiten des Reiches behandelt
wurden, scheint dann ganz natürlich. Justinian betrachtet die Kirche,,
nicht wie wir es für die damalige Zeit, aber auch für die Gegenwart
Macht neben dem Reiche (das war und ist sie nur
tun, als eine zweite
im Abendland), sondern er hat bloß sein christliches Reich vor Augen,
dessen religiöse Angelegenheit er vom selben Standpunkt betrachtet
wie die andern. Er stellt alles unter den Gedanken der Einheit. Das
tut natürlich der Achtung vor der Religion und der Kirche keinen
Eintrag. Er will wohl die kirchlichen Angelegenheiten den politischen
gleichgestellt wissen; dabei aber läßt er die Autorität der Kirche völlig
unangetastet. Er sagt: „xou; Se 9-efou; xavöva; oöx IXartov xwv v«5u.wv
Eaxüetv xal oE -?j|iixepot ßouXovxat vöu.ot, O-saTtE^o|isv xpaxelv |iiv in*
aöxot; xa xoic, Eepot; Soxoövxa xavtfcuv, w; äv eE xat xote, TtoXtxtxo?:;

iveYiYpaTtxo vö|jtot;," zugleich aber bekennt er: „STtep


yäp gE EepoL
xavöve; xwXuouat, xoüxo xat ^u.el; Stä xwv ^^exipwv etpYo|ieV vö^wv."1)

1) C. I. 3. 44. S. 47.
Literatur.

Von der zahlreichen Literatur erwähnen wir folgende Werke, die auch
hauptsächlich für die Einleitung und den ersten Teil dieser Arbeit in Betracht
kommen. Literatur zum zweiten Teil ist meines Wissens nicht vorhanden,
außer manchen (kurzen) Notizen in den hier erwähnten Werken.
Bruckner, An Justinianus imp. fuerit uxorius? Progr. inaug. Jenae 1705.
Bryce, J., Justinianus I. in Dictionary of Christian Biography b. Smith and
Wace. Vol. III p. 538 sq. sq.
Bury, J. B., A. History of the later Roman Empire. London 1889.
Cauvet, L'empereur Justinien et son oeuvre legislative. Lyon 1880.
Christ, W., et M. Paranika, Anthologia graeca carminum christianorum.
Lipsiae 1871.
Diehl, Justinien et la civilisation byzantine au VI« siede. Paris 1001.
Dickamp, F., Die origenistischen Streitigkeiten im 6. Jahrhundert und das
5. ökumenische Konzil. Münster 1899.
Dupin, Bibliotheque des auteurs ecclesiastiques Bd. IV 1690.
Fabricius, Bibl. Graeca Vol. XII 1724.
Gasquet, De l'autorite imperiale en matiere de religion ä Byzance. Paris 1879.
Gaudentius, De Justiniani saeculo. Florentiae 1637.
— , Liber de Justiniani saeculi moribus nonnullis . . . Justa editionem
Florentinam Argentorati 1654.
Geizer, H., Abriß der Byzantinischen Kaisergeschichte (in Krumbachers
Geschichte der Byzantinischen Literatur) 2. Aufl. München 1897 S. 928 ff.
Gibbon, The
decline and fall of the Roman Empire (ed. b. J. B. Bury)
vol. 4.
London 1898.
Gloizolle, Un empereur theologien. Justinien, son röle dans les contro-
verses, sa doctrine christologique. Lyon 1905.
Guinetus, Justinianus Magnus. Parisiis 1628.
Harnack, Ad., Dogmengeschichte 4. Aufl. II. Bd. Tübingen 1909(10) S. 414 ff.
Hefele, Konziliengeschichte 2-. Freiburg 1875.
Hinschius, Das Kirchenrecht der Katholiken und Protestanten in Deutsch
land. Berlin 1869 f.1)
Holmes, W. G., The age of Justinian and Theodora. 2 vol. London 19057.
Hut ton, W. H., The church of the sixth century. London 1897.
Invernizi, De rebus gestis Justiniani Magni. Romae 1783.

') Weitere Literatur zum Kirchenrecht ist hier, aus wohlberechtigten Gründen nicht
berücksichtigt worden. Eine durchaus eingehende Untersuchung der hierauf bezüglichen
Literatur wird zum zweiten Band dieser Untersuchung folgen.
— 133 —

Isambert, Histoire de Justinien. Paris 1856.


Istok, Imperator Caesar justinianus Magnus slavicae genti vindicatus.
Jörs, P., Die Reichspolitik Kaiser Justinians. Gießen 1893.
Kattenb usch, Lehrbuch der vergleichenden Konfessionskunde. Freiburg
1892, S. 199 ff., S. 262 ff.
Knecht, A., Die Religionspolitik Kaiser Justinians I. Würzburg 1896.
— , System des justinianischen Kirchenvermögens. Stuttgart 1905.
Krüger, P., Codex Justinianus Berol. 1877.
Krüger, G., Justinian I. in der Realenzyklopädie für protestantische Theologie
und Kirchen Bd. 9 S. 650 ff.
Krueger, P., Geschichte der Quellen und der Literatur des römischen
Rechts. Leipzig 1888.
Labbe, Sacrosancta Concilia Vol. IV, V. Paris 1671.
Lebeau, Histoire du Bas-Empire ed. St. Martin Vol. 8, 9. Paris 1827,28.
Loening, Edgar, Geschichte des deutschen Kirchenrechtes: das Kirchen
recht in Gallien von Constantin bis Chlodovech. Strassburg 1878 (S. 77.)
Loofs, Leontius von Byzanz in „Texten und Untersuchungen" 3, Heft 12.
Leipzig 1888.
— , Leitfaden der Dogmengeschichte. Halle 1906.
Ludevvig, Vita
Justiniani Magni atque Theodora nec non Triboniani.
Halae sal. 1731.
Mansi, Scr. Concil. nova collectio Völ VIII, IX. Florentiae 1762.
Migne, Patrologia graeca Vol. 86 I.
— Patrologia latina Vol. 63, 62, 66, 69, 65.
K. Müller, Kirchengeschichte. Freiburg 1892 Bd. 1.
Pfannmüller, Gustav, Die kirchliche Gesetzgebung Justinians. Berlin 1902.
Procopius von Caesarea ed. Dindorf. Bonn und Teubner.
PiXXrj, K. M.: IUp'i äauXias 'A9-?,vai. 1911.
— , Tö ävaTtaXXoxpuoxov xf,j ExxXrjaiaatixr,j Ttspiouaiaj. 'A9-f,vai 1903.
— , Ilspi rtapaix^astoj sTtiaxöTCwv. 'ASHjvai 1911.
— , Ilc.vixöv 8ixaiov trjj 6pfro8i^u ävaxoXixYjj sxxXrjaiaj. 'AiHjva: 1907.
— , Die Klosterklausur nach dem griechischen Kirchenrecht. Abschnitt aus
der Festschrift für Emil Friedberg, Veit et Comp. Leipzig 1908.
Ranke, Weltgeschichte, 4. Teil, 2. Abt. Leipzig 1883.
Rivius, Imperatoris Justiniani defensio adversus Alemannum. Helmstadii 1654.
Rudorff, Römische Rechtsgeschichte. Leipzig 1883.
Schultze, V., Geschichte des Untergangs des griechisch-römischen Heiden
tums. Jena 1887—92.
Seeberg, Lehrbuch der Dogmengeschichte. Leipzig, Bd. I und II (2. Aufl.),
1908/10.
Walch, Entwurf einer vollständigen Historie der Ketzereien usw. Bd. 6—8.
Leipzig 1773-78.
Weiss, Biographie Universelle „Justinian".
Zachariae a Lingenthal, C. Z., Imp. Justiniani P. P. A. Novellae quae
vocantur . . . Tom. 1, 2. Leipzig 1881.

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