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E F F E C T I V E M A N A G E M E N T T R A I N I N G

Die Welt ist tatsächlich, wie schon


so oft gesagt, eine Probebühne, auf
der ununterbrochen geprobt wird.

Thomas Bernhard

Personal Performance
Seit einigen Jahren wird an einer bekannten Privatuniversität in Nordrhein-Westfalen für alle Absolventen
(be­sonders Juristen, Mediziner, Wirtschaftsfachleute) ein intensiver Schauspielkurs mit mehreren Aufführun­
gen angeboten. – Wozu?
Inwiefern profitieren diese Studienrichtungen von der Schauspielkunst?
Wie kommt es, dass sich immer mehr Manager Tools aus dem Schauspieltraining aneignen?
Um auf diese Fragen einzugehen, müssen wir erst einmal einen Blick auf die Schauspielausbildung werfen:
Was muss eigentlich ein Schauspieler können, um auf der Bühne überzeugend eine Rolle zu verkörpern?
Ein Schauspielschüler lernt zunächst, sein Instrumentarium zu beherrschen, d.h. seine Stimme und seinen
Körper. Er lernt, seine eigenen Körpersignale wahrzunehmen und bewusst zu steuern, er trainiert die Nuan-
cen der Stimmführung. Ziel ist, die höchstmögliche Deckung zwischen inneren Gedanken und Gefühlen
und den geäusserten Worten und Gesten herzustellen. Diese Übereinstimmung zwischen «Innen» und
«Aussen» nennt man Kongruenz oder auch Authentizität. 1

Je authentischer ein Darsteller wirkt, desto überzeugender und


bewegender kommt seine Botschaft an.
Um diese beiden Aspekte geht es uns im Wesentlichen bei der Konzeption dieses besonderen Trainings für
Manager: Um die Wirkung und die Überzeugungskraft – gepaart mit einer hohen Reaktionsfähigkeit und
Schlagfertigkeit, die durch entsprechendes Improvisationstraining erworben werden kann.
Sie als Teilnehmer unseres Personal-Performance-Trainings lernen einerseits, Ihre Wirkung bewusster zu
steuern und andererseits, die Signale Ihrer Gesprächspartner genauer wahrzunehmen – um insgesamt mit
grösserer Sicherheit und Souveränität auftreten zu können.
Denn ein solches Training ist eine hochgradige Sensibilisierung für die non-verbale Ebene der Kommunika-
tion – und damit für die persönliche Wirkung und Ausstrahlung.
In den Seminarunterlagen finden Sie all das, was Sie im praktischen Training erlebt haben. So können Sie
durch die Lektüre auch noch nach Wochen Ihr Gedächtnis auffrischen und sich den einen oder anderen
Tipp wieder vergegenwärtigen.
Unser Ziel ist es, in Ihnen ein neues Bewusstsein für die verschiedenen Aspekte Ihrer persönlichen Wirkung
und Ausstrahlung zu wecken und Ihnen Werkzeuge an die Hand zu geben, die Ihnen eine ganz andere
Souveränität ermöglichen.

Lydia Thea Blau


Berlin im Januar 2008

Management School St.Gallen  |  Personal Performance  |  Lydia Thea Blau


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Körperbewusstsein und Körpersprache


Wer sich seines Körpers bewusst ist, kann gut an seiner persönlichen Wirkung arbeiten, denn der Körper
und seine Signale sind die wesentlichen Faktoren für die individuelle Ausstrahlung.
Warum werden manche Menschen als «graue Mäuse», andere aber als faszinierende, gewinnende Persön-
lichkeiten beurteilt?
Umfangreiche Experimente des Sozialpsychologen Albert Mehrabian haben ergeben, dass die eigentliche
Wirkung eines Menschen durch die non-verbalen Signale (Körpersprache und Stimme) zustande kommt –
und nicht durch den Inhalt seiner Worte.

Komponenten der persönlichen Wirkung und Ausstrahlung.

7%
Sprachinhalt

38%
Stimme 55% Mehrabian-Kreis
Körpersprache

93% der Kommunikation läuft ohne Worte ab – damit ist nicht nur die Gestik und Mimik, sondern auch der 2
Tonfall gemeint. Nur 7% der Informationen werden auf der rein verbal-inhaltlichen Ebene vermittelt.
Der Tonfall z.B., in dem eine Bitte vorgetragen wird, das Lächeln, das sie begleitet, oder der unsicher abge-
wandte Blick – sie beeinflussen denjenigen, an den die Bitte herangetragen wird, in grösserem Masse, als
der Inhalt der einzelnen Worte.

Dazu eine kleine Übung:


Überlegen Sie einmal genau, woran genau Sie sich noch bei Ihren Lehrern in der Schule erinnern. Sicher
an einige Sprüche und Sätze, die oft von den Lehrern wiederholt wurden. Wahrscheinlich aber erinnern
Sie sich bei den meisten Lehrern eher an die Art des Humors oder der Ernsthaftigkeit, mit der Ihr Lehrer
kommuniziert und gesprochen hat.
Möglicherweise können Sie auch noch den Stimmklang oder die Sprechmelodie erinnern, oder die Art zu
lachen oder zu schimpfen. Aber an die einzelnen Sätze und Worte? Wahrscheinlich wird die Liste der non-
verbalen Erinnerungen länger als die der verbalen.
Das liegt daran, dass unser Erinnerungsvermögen hauptsächlich in der rechten Gehirnhälfte liegt – und
diese Gehirnhälfte speichert von allem Bilder, Emotionen und Sinneseindrücke. So bleiben uns besonders
die Worte im Gedächtnis, die bei uns Empfindungen und innere Vorstellungsbilder hervorrufen.

Wie jemand nach aussen hin wirkt und was wir von einem Menschen
erinnern, hängt nur zu 7% vom Inhalt seiner Worte ab.

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Die Wahrnehmung von Signalen


Für die persönliche Überzeugungskraft ist es nicht nur wichtig, die eigenen Signale zu steuern, sondern
auch, die Signale unserer Gesprächspartner zu erkennen und darauf zu reagieren.

Dazu ein Beispiel von Samy Molcho (Pantomime und Trainer für Körpersprache):
Der Plan für eine Besprechung oder Verhandlung lässt sich mit dem Plan für die Fahrt zum Büro vergleichen:
Wir kennen unser Auto und den Weg und fahren los. Plötzlich treffen wir auf eine rote Ampel, die wir
nicht eingeplant haben. Ignorieren wir die Ampel, ist uns ein Strafmandat sicher. Die Fahrt geht weiter und
wir gelangen an eine Umleitung. Sparen wir uns diese Umleitung, landen wir in einer Sackgasse.
Ähnlich läuft es im Gespräch: Wir beginnen zu argumentieren. Plötzlich presst der andere die Lippen
zusammen oder zieht sich zurück: rote Ampel. Übersehen wir das Signal, kommt die Strafe früher oder
später. Der andere wird sich bewusst oder unbewusst für die Missachtung seines Gefühls rächen. Beachten
wir das Signal, müssen wir klären, warum der andere «auf rot geschaltet hat». Eventuell müssen wir jetzt
eine «Umleitung» benutzen, um ans Ziel zu gelangen. Mit anderen Worten: «Durchzufahren» ist immer
ein Risiko! Eingehen auf die Signale hilft uns, ans Ziel zu gelangen.

Nur wenn wir auf die Signale des Gesprächspartners eingehen, haben wir
eine Chance, ihn zu überzeugen.
Ein geschultes Körperbewusstsein hilft uns, sowohl eigene, als auch fremde Signale wahrzunehmen.
Wie wir eine andere Person wahrnehmen, hängt von vielen Faktoren ab: Von unseren «eingebauten Wahr-
nehmungsfiltern». Wir nehmen nämlich unbewusst ständig alles wahr, was sich um und in uns abspielt.
Wenn wir alles bewusst mitbekommen würden, wären wir durch diese ständige Reizüberflutung völlig
überfordert. Deshalb gibt es ein «eingebautes, automatisches Filtersystem». Dieser Filter wählt für uns die
Reize aus, die wir wahrnehmen.
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Welche Reize wir auswählen und wie wir sie wahrnehmen, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab:

1. Von der Art der Reize


Beispiel: Ich fahre U-Bahn und lese in der Zeitung einen spannenden Artikel. Obwohl meine Station laut
und deutlich angesagt wird, «überhöre» und verpasse ich sie. Der Reiz des Artikels wirkte so stark auf mich
ein, dass alles andere ausgeblendet wurde.

2. Von den Motiven, die zur gegebenen Zeit im Spiel sind,


d.h. von unseren aktuellen Bedürfnissen, Wünschen und Interessen, aber auch Abneigungen.
Beispiel: Wenn ich hungrig durch eine Fussgängerzone gehe, werden mir sicher die verschiedenen Imbiss-
möglichkeiten und Restaurants auffallen. Fragt mich daraufhin jemand, ob ich an einem bestimmten Schuh-
geschäft vorbeigekommen bin, kann ich ihm keine Antwort geben – die Schuhläden sind nicht bis in mein
Bewusstsein gedrungen.

3. Von den eigenen persönlichen Erfahrungen und Lernprozessen,


die sich auf unsere Erwartungen auswirken.
Beispiel: Meine ungeliebte Deutschlehrerin, die ich sechs Jahre ertragen musste, hatte eine leicht heisere,
tiefe Stimme. Meine neue Arbeitskollegin kommt aus derselben Gegend, spricht also mit derselben Dialekt-
färbung und hat einen ähnlich heiseren, tiefen Stimmklang. Es fällt mir schwer, einen guten Kontakt zu ihr
herzustellen, was sie auch bemerkt.

Oft ist es wichtig, unsere Wahrnehmung zu überprüfen, indem wir andere


nach deren Eindrücken befragen und diese mit unseren vergleichen.

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Wie Authentizität entsteht:


!
Von innen nach aussen
Das innere Erleben und unsere entsprechende Körperreaktion, die sich nach aussen überträgt, sind kaum zu
trennen. Deshalb spüren wir auf unterschwellige Weise, wenn uns jemand ablehnt. Emotionen übertragen
sich auf den Körper: Vielleicht haben Sie schon bemerkt, dass Sie spannende Sportveranstaltungen oder
bewegende Kinovorführungen nicht nur emotional, sondern auch körperlich miterleben. Schon die Sprache
signalisiert die Verbindung: Muskeln werden angespannt und bewegt.
Wenn wir uns innerlich sicher und ruhig fühlen, wird sich das entsprechend auf unsere Mimik und Gestik
auswirken.
Der Schauspielschüler lernt in der Ausbildung, dieses Innen und Aussen bewusst miteinander in Einklang
zu bringen, d.h. in seinem Auftreten stimmig und flexibel zu sein. «Bewusst» bedeutet hier, dass er eine
beobachtende Distanz zu seinem Agieren bewahren muss – um jederzeit seine Wirkung korrigieren zu
können.

Meine Ansicht ist, dass Körper und Seele miteinander in Beziehung sind.
Johann Caspar Lavater

Diese drei Aspekte müssen in Übereinstimmung gebracht werden:


1. das innere Erleben (Gefühle) der Rollen-Figur,
2. das Bewusstsein des Schauspielers dafür und
3. die Kommunikation nach aussen (was der Darsteller davon wie nach aussen mitteilt).

Diese drei Komponenten sind vollständig auf die persönliche Authentizität eines jeden Menschen übertragbar.
Der Kommunikationswissenschaftler Carl Rogers beschreibt dies in etwa so:
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Es gibt drei Bereiche der Persönlichkeit, die übereinstimmen sollten, damit derjenige authentisch ist:
1. Inneres Erleben (was ich fühle)
2. Bewusstsein (was ich davon bewusst mitkriege) und
3. Kommunikation (was ich davon nach aussen hin sichtbar werden lasse).

Inneres Kommunikation nach außen


Erleben

Überzeugende Wirkung durch


Übereinstimmung
(Kongruenz)
Bewusstsein

Je kongruenter ein Mensch kommuniziert, desto klarer und eindeutiger


ist die Nachricht für den Zuhörer zu verstehen. Inkongruente Nachrichten
dagegen rufen schnell Misstrauen und Unsicherheit hervor.
Wenn Sie also eine deutliche Abneigung gegenüber einem Kollegen haben, können Sie freundliche Worte
und Gesten wählen – Ihr Kollege wird trotzdem spüren, dass Sie nicht ganz authentisch sind, vielleicht
merkt er sogar Ihre Ablehnung. Ob Sie es wollen oder nicht, Ihr inneres Erleben teilt sich nach aussen hin –
bis zu einem gewissen Grad – mit.

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Sie sollten bedenken: Der Körper äussert sich schneller, als wir es mit unseren Worten tun. Die Körpersprache
zeigt etwa eine Sekunde vor dem gesprochenen Wort unseren inneren Zustand.
Deshalb ist es häufig effektiver, am inneren Erleben zu arbeiten, also tatsächlich eine wertschätzende Hal-
tung gegenüber dem Kollegen einzunehmen. Der Körper drückt dies sofort entsprechend aus, ohne dass
Sie alles unter Kontrolle haben müssen.

Die überzeugendste Form der Authentizität erreichen Sie, wenn Sie Ihr
inneres Erleben ungefiltert nach aussen tragen können.
Oder:
Die überzeugendste Wertschätzung ist die, die von innen kommt.
Doch diese Form der Authentizität ist nicht immer möglich. Häufig müssen wir uns zurückhalten oder auch
in grösserem Mass kontrollieren. Hierbei nutzen wir die «Selektive Authentizität».
Selektive Authentizität bedeutet, dass wir nicht alles zeigen und «herauslassen», was (an Gefühlen) in uns
ist, sondern vorher auswählen oder abmildern. Mit anderen Worten:
«Nicht alles, was echt ist, will ich sagen. Doch was ich sage, soll echt sein.» (Ruth Cohn, Kommunikations-
wissenschaftlerin)
Unsere Körpersignale nach aussen werden also sehr stark von unserem inneren Erleben bestimmt. Was
jedoch für viele neu ist: Es geht auch umgekehrt.

Von aussen nach innen


Genauso, wie unsere innere Haltung unseren Körperausdruck beeinflusst,
kann auch ein von aussen wirksamer Körperausdruck unsere innere 5
Haltung beeinflussen.
In der Schauspielausbildung macht man sich dieses Phänomen zunutze, indem man in vielen Fällen von
aussen nach innen vorgeht. Dazu ein Beispiel:
Einem Schauspielschüler, der einen wütenden Satz hervorstossen sollte, gelang dies nur mässig überzeugend.
Auch als ihm der Lehrer klar machte, warum diese Figur in der Situation so wütend war, bzw. ihn an sein
eigenes Wutgefühl heranführen wollte («Erinnere Dich an eine Situation, in der du richtig wütend warst!»)
kam kein besseres Ergebnis zustande.
Erst als der Lehrer, den Schüler anwies, nichts weiter zu tun, als die Fäuste mit aller Kraft zu ballen und den
Satz aus zusammengebissenen Zähnen hervorzustossen, gelang der gewünschte Ausdruck – und nicht nur
das! Der Schüler empfand plötzlich eine Wut, die er zuvor nie in dem Masse verspürt hatte.

Es gibt viele Mittel, trübe Gedanken zu vertreiben.


Eines der effektivsten ist der eigene Körper.
Wolf W. Lasko

Auch körpertherapeutische Ansätze gehen von aussen nach innen vor.


Tai Chi und Qi Gong sind Möglichkeiten, über Körperübungen eine innere Ausgeglichenheit zu erlangen.
Wolf W. Lasko schlägt folgenden Trick vor, um sich von einer schlechten in eine positive Stimmung zu
versetzen:
«Wenn Sie demnächst in einer negativen Stimmung sind, machen Sie einfach folgendes: Kopf hoch, Brust
raus, tief durchatmen, lächeln, kraftvoll stehen, die Arme weit auseinander, die Handflächen nach oben
und eine Minute in dieser Haltung verharren. (…) Ohne dass Sie etwas daran ändern können, wird sich
Ihre Stimmung heben. Wenn Sie sich jetzt noch vorstellen, auf einem Trampolin zu springen, können Sie
den ganzen Prozess noch beschleunigen.»

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Haben Sie schon einmal versucht, sich in jemanden anderen hineinzuversetzen? Auch hier ist der Körper ein
wichtiger Schlüssel zur anderen Person. Schon die Sprache drückt das aus: Mit ein und demselben Begriff
«Haltung» ist im Deutschen sowohl die innere Einstellung, wie auch die Körperhaltung gemeint.
Um die Haltung, die innere Einstellung des anderen zu verstehen, begebe ich mich in seine Körper-Haltung
und ich erhalte nicht nur Informationen über seine Befindlichkeit, sondern verbessere insgesamt die Kom-
munikations-Situation. Näheres erfahren Sie im nächsten Abschnitt.

Ein Geheimnis des Erfolges ist, den Standpunkt des anderen zu verstehen.
Henry Ford

Wie kommt man auf eine Wellenlänge?


Die Grundlage eines jeden guten Gespräches ist der «gute Draht» zum anderen, der Rapport. Ob Sie in
Gesprächen einen «guten Draht» zu Ihrem Gesprächspartner herstellen können, ist u.a. auch eine Willens-
entscheidung, denn Sie können wählen, ob Sie betonen, was Sie von anderen unterscheidet, oder was Sie
mit ihnen gemeinsam haben. Sie können verbindende Brücken bauen oder trennende Gräben ausheben.
Wenn zwei Menschen «in Rapport sind», scheint die Kommunikation zu fliessen. Sowohl ihre Körper als
auch ihre Worte sind aufeinander abgestimmt.
Achten Sie einmal darauf, wie enge Freunde in einer Kneipe zusammensitzen und welche Haltung sie ein-
nehmen. Oft stellen wir fest, dass sie eine ähnliche Sitzhaltung eingenommen haben, wenn sie im Einklang
miteinander sind.
Menschen, die einen guten Kontakt miteinander haben, tendieren dazu, sich gegenseitig zu spiegeln, sich
also in Körperhaltung, Gestik und Augenkontakt einander anzugleichen. Dieses Spiegeln oder auch Pacing
ist kein Nachmachen, kein Nachäffen, sondern meist eine unbewusste Reaktion.
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Dieses Phänomen können Sie sich aktiv zunutze machen. Gerade dem, der über eine geschulte Wahrneh-
mungsfähigkeit und ein gutes Körpergefühl verfügt, gelingt es schnell, allein über die Körperhaltung einen
guten Kontakt zum Gesprächspartner aufzubauen. Passen Sie sich möglichst einfühlsam und mit Respekt
an die Körpersprache Ihres Gegenübers an.
Erkennen Sie das Prinzip?

Wenn wir von aussen Übereinstimmung mit einem Gesprächspartner


herstellen, erleichtern wir so die «innere» Übereinstimmung.
Wir pacen verschiedene non-verbale Verhaltensweisen:
• die Körperhaltung
• d ie Gestik – achten Sie darauf, bei welchen Gelegenheiten Ihr Gesprächspartner welche Gestik verwendet
und setzen Sie bei ähnlichen Gelegenheiten eine ähnliche Gestik ein.
• die Stimme: also die Intonation, das Tempo, die Lautstärke, den Rhythmus, etc.
• den Atemrhythmus: Das bedeutet, vor allem in der Ausatemphase unseres Gegenübers zu sprechen.
Testen Sie einmal, welche Wirkung das hat.
• das Blickverhalten – Wie lange hält Ihr Gesprächspartner Blickkontakt?

Es gibt noch einige weitere Möglichkeiten, Rapport aufzunehmen:


• Stimmungen und Emotionen
• Aussehen, Auftreten, Kleidung
• Erwartungen, Interessen
• Meinungen, Überzeugungen, Wertorientierungen
• etc.

Rapport ist wie eine Brücke zu einer anderen Person.

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Das ABC der Körpersignale


Wenn wir Körpersignale deuten wollen, müssen wir sie in ihrer Gesamtheit und in ihrem Kontext erfassen.
So, wie ein einzelner Ton noch keine Melodie ergibt, kann uns ein einzelnes Signal noch nicht vollständige
Informationen über den inneren Zustand des Senders übermitteln. z.B. können verschränke Arme vieles
bedeuten – u.a. auch, dass derjenige sich von Kälte schützt. Erst, wenn wir seine Mimik und die restliche
Körperhaltung in Betracht ziehen, sind differenziertere Rückschlüsse auf seine innere Haltung möglich.

Status-Spiele
Wir werden uns im folgenden intensiver mit Körpersignalen befassen, die – in dieser Weise aufbereitet
und benannt – in kaum einem Buch oder Seminar zum Thema Körpersprache zu finden sind, denn sie sind
ursprünglich von einem Theatermann aufgedeckt und in sein Theatertraining eingebaut worden:
Es geht um bestimmte – non-verbale – Signale von Selbstsicherheit, Überlegenheit, Macht und Arroganz
– und auf der anderen Seite um die Signale von Verbindlichkeit, Sympathie bis hin zur Unsicherheit und
Unterlegenheit. Keith Johnstone, der Begründer des «Theatersports», einer kompetitiven Form von Improvi-
sationstheater, nennt diese körpersprachlichen Zeichen «Status-Signale» und hat den Begriff der «Status-
spiele» geprägt.

Ein Beispiel:
Wenn wir uns vorstellen, wie die Queen von ihrem Balkon aus das Volk grüsst und wir dann einen Vergleich
ziehen zu Tante Frieda, die auf dem Balkon steht und einer Nachbarin zuwinkt, dann fallen uns einige
Unterschiede auf.
Die Queen wird sich langsamer, «majestätischer» bewegen und eventuell huldvoll nicken, während Tante
Frieda vielleicht noch «Hu hu!!» ruft und heftig mit der Hand wedelt.
Tante Frieda signalisiert also einen anderen «Status» als die Queen.
7
Auch die Stimme hat eine Status-Wirkung. Derjenige, der eher langsam mit klarer, sonorer Stimme spricht,
erzeugt eine deutlich andere, «höhere» Status-Wirkung, als derjenige, der leise, hastig und undeutlich
nuschelt.
Dies sind natürlich Extrem-Erscheinungen. Johnstone nennt sie «Hochstatus» und «Tiefstatus». Die Über-
gänge zwischen Hoch- und Tiefstatus sind fliessend.

Johnstone schreibt:
«Heute bin ich sicher, dass jeder Mensch einen bevorzugten Status hat; der eine will tief sein, der andere
hoch. Jeder versucht, sich in die bevorzugte Position zu bringen. Ein Mensch, der Hochstatus spielt, signalisiert:
‹Komm mir nicht näher, ich beisse.›
Jemand, der Tiefstatus spielt, signalisiert: ‹Beiss mich nicht, ich bin der Mühe nicht wert.› In beiden Fällen
ist der gespielte Status eine Abwehr, die im allgemeinen funktionieren wird. (…) Man wird zu einem
Status-Spezialisten, der den einen Status sehr gut spielen kann, den anderen jedoch nur sehr ungeschickt
spielt.»

In seiner Extremform wirkt der Hochstatus kaltherzig, anmassend und arrogant, der Tiefstatus verunsichert,
unterlegen und desorientiert.
In der gemässigten Form können wir mit Hochstatus-Signalen deutlich Autorität, Stärke und Durchsetzungs-
kraft ausdrücken, mit einem gemässigten Tiefstatus Verbindlichkeit, Sympathie und Entgegenkommen.
Deshalb gibt es auch keine Wertung. Beide Statusrichtungen sind – in ihrer gemässigten Form – je nach
Situation angemessen und berechtigt.
Nun sind unsere Statussignale zum grössten Teil unbewusst.
Beispielsweise mag sich jemand, der ständig «Hochstatus-Signale» aussendet, wundern, warum er von
vielen für arrogant gehalten wird.

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Derjenige, der bewusst und flexibel mit seinen Statussignalen umgehen


kann, hat die besten Voraussetzungen, erfolgreiche Gespräche zu führen.
Zum einen kann er die Signale der andern besser erkennen, zum anderen
kann er seinen Status flexibel auf jede Gesprächssituation einstellen.

Übersicht der Status-Signale: Allein die Gesamtwirkung ist entscheidend.

«Status-wirkung» Körperausdruck Stimme Blick


Hoch (Extremform) • langsame Bewegungen • deutliche Artikulation • fester Blickkontakt
• raumgreifende Gesten • eher tiefere Stimmlage oder
• Haltung aufrecht • Stimme hat Resonanz • genauso entschiedener
• Kopfhaltung gerade und • Sprache eher langsam Nicht-Kontakt
ruhig
• Territorialgrenzen von
anderen werden eher
­überschritten
Tief (Extremform) • fahrige schnelle Gesten • Stimme eher hoch • unsicherer Blick
• Kopf wackelt beim ­Sprechen • undeutliche Artikulation • Blickkontakt wird nur
• Hände fummeln ständig • Stimme eher leise kurz gehalten,
an etwas herum • Sprache eher schnell, dann Blick nach unten
• Haltung eher gebeugt sich verhaspelnd
• Füsse nach innen gedreht
• Territoriumsgrenzen
von ­anderen werden
mit ­höchster Vorsicht
­eingehalten

Darüber hinaus gibt es auch Statussignale gegenüber Räumen, Einrichtungsgegenständen und Tieren. 8

Wenn Sie sich z.B. vorsichtig auf einen wertvollen Museums-Sessel aus der Zeit von Louis XV setzen, sieht
das anders aus, als wenn Sie sich zu Hause in Ihren Lieblingssessel fallen lassen. Im ersten Fall besitzen Sie
gegenüber dem Möbelstück «Tiefstatus», im zweiten Fall «Hochstatus».
Johnstone hat diese «Status-Spiele» vor allem für sein Improvisationstheater aufdeckt und weiterentwickelt,
um so die Szenen noch differenzierter und kreativer zu gestalten.
Und damit sind wir beim nächsten Thema: Improvisation.

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Schlagfertigkeit und Improvisation

Das Spiel fördert die Spontaneität.


Viola Spolin

Improvisation – was ist das?


Improvisation steht häufig für Gestaltungs- und Erfindungsprozesse, als Ausdruck von Spontaneität und
Kreativität. Andererseits bezeichnet Improvisation im Sprachgebrauch auch etwas Unvollkommenes und
dient zur Entschuldigung: «Na ja, nur so improvisiert.»
Als die Fähigkeit, frei (ohne erschöpfende Vorbereitung) zu agieren, ist die Improvisation ein äusserst vitales
­Ele­ment. Das lateinische Wort «improvisus», von dem es abgeleitet ist, bedeutet «unvorhergesehen», auch «un­­
vermutet», «überraschend», «nicht-geplant». Das englische Wort «improve» heisst «verbessern, verfeinern».
Besonders schlagfertigen und einfallsreichen Menschen wird die Gabe der Improvisation zugesprochen.
Schauspieler brauchen diese Fähigkeit, um Szenen und Figuren zu entwickeln. Vor allem die Theatergruppen,
die sich dem reinen Improvisationstheater verschrieben haben, dem sogenannten «Theatersport», sind in
der Lage, aus Publikumsbemerkungen schlagkräftige Szenen zu entwickeln.

Oberste Gebote bei der Improvisation sind:

Sei phantasievoll!
Reagiere schnell!
Greife das Angebot deines Mitspielers auf!
Führe es weiter oder verändere es! 9

Hier sind Flexibilität, schnelles Handeln und neue Einfälle gefragt, damit sich die Improvisationsszene publi-
kumswirksam entfalten kann.

Improvisationstraining erhöht die Phantasie und Reaktionsfähigkeit.

Reaktions- und Schlagfertigkeitsübungen


Gute Einstiegsübungen für das eigentliche Improvisationstraining bestehen in körperlichem und verbalem
Reaktionstraining.
Eine typische Übung aus dem körperlichen Reaktionstraining sieht so aus:
Ein Spieler steht mit dem Gesicht zur Wand. Bei «jetzt» muss er sich schnell umdrehen und einen farbigen
Ball auffangen, der ihm zugeworfen wird. Je nach Farbe des Balls hat er eine andere körperliche Auf-
gabe zu lösen. z.B. muss er sich bei einem roten Ball einmal um die eigene Achse drehen und laut einen
bestimmten Satz rufen – bei blau muss er einmal in die Luft springen und dabei in die Hände klatschen
o.ä.. Je schneller er reagiert, desto besser.
Eine verbale Übung ist das «Kreuzverhör».
Dabei steht der Spieler in der Mitte, die anderen stehen im Kreis um ihn herum und bombardieren ihn
mit Fragen, die er wie aus der Pistole geschossen beantworten muss. Als Variante kann er auch von den
Mitspielern angefangene Sätze zu Ende sprechen.

Je häufiger wir solche Übungen machen, desto mehr entwickeln wir so


etwas wie «Vordenken» oder Vorausahnen, das uns eine schnelle und
phantasievolle Reaktion erheblich erleichtert.
Der Wert dieser Übungen besteht auch darin, die Reflexe ein wenig mehr zu kontrollieren und ihnen nicht
nur ausgeliefert zu sein. Reflexe produzieren meist nur Klischees. Wachheit und Direktheit jedoch ermöglichen
Reaktionen, die neu, spannend und voller Energie sind.

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Die weiteren Übungen sollen Ihnen Lust machen, Ihren aktiven Wortschatz und Ihre Reaktionsfähigkeit
auszubauen, um in Zukunft schlagkräftiger, gewandter und kreativer zu reagieren. Zusammen mit anderen
machen die Übungen am meisten Spass.

Übung: Sätze zu Ende sprechen


Sprechen Sie möglichst spontan folgende Sätze zu Ende:
• Gestern haben wir den Fehler gesucht wie eine Stecknadel im Heuhaufen, heute…
• «Mehr Licht», waren die letzten Worte von Goethe, aber eigentlich meinte er…
• Wenn es in einer lauen Frühsommernacht nach Jasmin duftet, dann…
• Das Plätschergeräusch von Wasser erinnert mich immer an…
• Kaum hatten die Bergsteiger den Gipfel erreicht, da…
• Wer sich einen Butler leisten kann, der sollte…
• Sessel und Stühle haben folgenden entscheidenden Unterschied:
• In bin immer misstrauisch, wenn…
• Der Friseur-Beruf ist deshalb so spannend, weil…
• Frisches Obst mag ja sehr gesund sein, aber…
Erfinden Sie selbst Satzanfänge – oder lassen Sie sich von Ihren Mitspielern unfertige Sätze vorgeben.

Gleichnisse finden/vervollständigen
Vervollständigen Sie die folgenden, auf die Liebe bezogenen Gleichnisse:
«Liebe ist wie Feuer…
…wenn erst einmal entzündet, wird sie schnell zur Flamme.» (H. Fielding)
• Liebe ist wie die Masern…
• Liebe ist wie der rankende Wein…
• Liebe ist wie der Husten, …
• Liebe ist wie der Mond…
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• Liebe ist wie ein Kind…
• Liebe ist wie ein Pirat…
• Liebe ist wie Medizin…
• Liebe ist wie…

Übung: Ja, aber…


Finden Sie auf den Vorwurf: «Bist du nicht die/der, …» «Ja, aber…» – Antworten
«Bist du nicht der, der mir gestern ein Bein gestellt hat?»
«Ja, aber sonst wärst du bei ROT über die Ampel gelaufen.»
Bist du nicht der, der mir meine Freundin ausgespannt hat?
Ja, aber…
Bist du nicht der, dessen Hund mich ins Bein gebissen hat?
Ja, aber…
Bist du nicht der, der mir die Parklücke vor der Nase weggeschnappt hat?
Ja, aber…
Bist du nicht die, die sich immer am Telefon verleugnen lässt?
Ja, aber…
Bist du nicht die, die mir gestern mein Fahrrad geklaut hat?
Ja, aber…
Bist du nicht die, die mir immer noch 1000 EUR schuldet?
Ja, aber…
Bist du nicht die, die gestern Nacht ununterbrochen laut gesungen hat?
Ja, aber…
Bist du nicht der, der seinen Wellensittich zum Kampfvogel abgerichtet hat?
Ja, aber…
Bist du nicht der, der immer das Essen anbrennen lässt?
Ja, aber…
Bist du nicht die, die immer eine Stunde zu spät kommt?
Ja, aber…

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Übung: Begriffe einbauen:


Sie benötigen für diese Übung mehrere kleine Zettel mit Begriffen (Substantiven).
Es geht darum, möglichst schnell einen gezogenen Begriff in einen sinnvollen Satz einzubauen.
Bei drei Mitspielern geht die Übung so:
A zieht einen Begriff und baut diesen in eine Frage ein, die er an B stellt.
Spieler B zieht einen Begriff und baut diesen in eine halbwegs sinnvolle Antwort ein.
Spieler C zieht einen Begriff und kommentiert das Ganze.

Übung: Der erfolgreiche Dienstag


Finden Sie mindestens 10 Gründe, warum an Dienstagen mehr wichtige Geschäftsabschlüsse getätigt wer-
den als an anderen Wochentagen.

Übung: Was wäre, wenn…


Erfinden Sie «Was wäre, wenn…»-Frage-Sätze und mindestens 10 Antworten auf jede Frage.
z.B.: «Was wäre, wenn jeder so viele Partner heiraten könnte, wie er wollte?»

Schlagzeilen finden
Erfinden Sie 10 Schlagzeilen, die aus mindestens drei Worten bestehen, die mit demselben Buchstaben beginnen.
z.B. «Ansturm auf Augustusturm» oder «Besuch beim Bäckermeister Biermann»

Neue Management-Techniken erfinden (nicht ganz ernst gemeint)


Erfinden Sie zehn neue Management-Techniken, z.B.:
• Management by Känguru: Mit leerem Beutel grosse Sprünge machen.
• Management by Babysitter: Man kümmert sich immer um die Angelegenheit, bei der jemand am lautesten
schreit.
• Management by Champignon: Die Mitarbeiter im Dunkeln lassen, gelegentlich mit Mist bestreuen und 11
sobald sich ein heller Kopf zeigt: abschneiden!

Bei diesen Übungen ist es wichtig, den Druck, originell sein zu müssen, loszulassen – und erst dadurch zu
einer wahren Originalität zu gelangen.
Kommt Ihnen das nicht bekannt vor? Sobald wir uns unter Druck setzen, uns z.B. an einen bestimmten
Namen zu erinnern, passiert nichts. Wenn wir aber loslassen, fällt uns in dieser entspannten «Absichtslosigkeit»
plötzlich das Vergessene ein.
Deshalb sind diese kleinen Vorübungen des «Loslassens» eine gute Vorbereitung für improvisierte Theater­
szenen.

Blockieren versus Kooperieren


Wenn wir uns nun an eine komplette Improvisationsszene heranwagen, besteht die erste Aufgabe darin,
die Angebote des Spielpartners aufzugreifen – egal wie abwegig sie erscheinen mögen. Dabei müssen die
eigenen Ideen mit denen des Partners verknüpft werden, damit die Szene weitergehen kann.

Hierzu ein Beispiel:


A und B werden gebeten, sich auf die Bühne zu begeben und sich auf den Boden zu setzen, ohne sich
abzusprechen. Der Spielleiter bittet A, mit irgendeiner Szene zu beginnen. B darf auf keinen Fall A’s Angebot
mit einem «Nein» oder einer ähnlich abweisenden Reaktion abblocken. Dieselbe Regel gilt für A. Aufgabe
ist, alle Angebote aufzugreifen und weiterzuführen.
A (beginnt): Nun gib es endlich zu. Du hast den Kleinen umgebracht!
B (steigt drauf ein): Mein Gott, ja. Du bist aber auch empfindlich! Jetzt gibt’s eben einen Käfer weniger
auf der Welt. Ja und?
A (greift auf): Ja, aber es war ein Mistkäfer, ein ganz seltener. Guck mal, hier ist noch seine Mistkugel!
B (nimmt an): Tatsächlich. Aber warte mal, da blinkt doch was, in der Mistkugel… (usw.)

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Schlagfertigkeit
Dieselbe Methode funktioniert auch sehr gut wenn Sie auf verbale Angriffe reagieren, die Sie durch Auf-
greifen und Weiterführen/Verändern unschädlich machen:
Angreifer: Wenn Sie mein Mann wären, dann würde ich Ihnen Gift geben.
Angegriffener: Wenn ich Ihr Mann wäre, dann würde ich es glatt nehmen!
Angreifer: Sie sind ja nichts weiter als ein Durchschnittsmensch!
Angegriffener: Mein Lieber, unser Gott scheint Durchschnittsmenschen zu bevorzugen, denn sonst hätte
er nicht so viele davon geschaffen.
Angreifer: Sie sagen ja nur die halbe Wahrheit.
Angegriffener: Ja, aber dafür die richtige Hälfte.

Durch Improvisationstraining erhöhen wir die Schlagkraft und Originalität


unserer Reaktionen.

Weitere Schlagfertigkeits-Tools
1. Abwarten Angriff: Sie haben ja schon wieder alles verbockt.
• bei Wutausbrüchen Entgegnung: (Blick-Kontakt, Schweigen)
• bei pauschalen Vorwürfen
2. Unpassendes Sprichwort/ Angriff: Vegetarier sind immer so übervorsichtig!
Verwirrung erzeugen Entgegnung: Tja, wie heisst es so schön: Zu viele Meister
• bei dummen Sprüchen und Sticheleien verderben den Kleister…
• bei Provokationen
3. Dolmetscher Technik Angriff: Sie haben ja keine Ahnung!
• bei Vorwürfen Entgegnung Sie können also meinem Vorschlag nicht 12
• bei Beleidigungen und unsachlicher Kritik (Angriff versachlichen): zustimmen?!
Angriff: Ich habe kein Handy. Für so wichtig halte ich mich
nicht.
Entgegnung Sie halten mich also für einen aufgeblasenen
(Angriff übertreiben): Wichtigtuer?
4. Gegenfrage Angriff: Wenn Sie immer schon um sechs gehen müssen,
• bei provokanten Fragen ist es ja klar, dass unsere Umsätze zurückgehen.
• bei Unterstellungen Mögliche Gegenfragen: Wie bitte?/Was meinen Sie?
Woher wissen Sie das?
Wer sagt das?
Worauf wollen Sie hinaus?
Wie meinen Sie das?
5. «Gerade…»-Technik Einwand: Was, das gibt es nicht in Grün?
• bei Einwänden Entgegnung: Gerade, weil dieses Produkt so hochwertig ist,
• bei berechtigter Kritik gibt es dies nur in drei Farben.
6. Instant-Sätze Mögliche Instant-Sätze: Schön für Sie…
• wenn Ihnen nichts Besseres einfällt Wenn es Ihnen dadurch besser geht: Sie haben Recht.
«Soso!» + Pause/«Aha!» + Pause
7. Konfrontation/Grenzen zeigen Angriff: Sie sind doch wirklich ein absoluter Idiot!
• bei aus Ihrer Sicht klaren Grenz- Entgegnung: Moment! Das war eine Beleidigung! (+ Pause!)
Überschreitungen

Zur Beachtung:
In den meisten Situationen, nämlich dann, wenn es um längerfristige Beziehungen und Kooperationen geht,
ist nicht Schlagfertigkeit angesagt, sondern eine Klärung der Beziehungs-Ebene.

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Hier noch ein paar Sprichworte (zu verwenden in möglichst unpassenden Situationen):
• Hoffen und Harren macht manchen zum Narren.
• Das dicke Ende kommt zuletzt.
• Zu viele Meister verderben den Kleister.
• Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer.
• Die Bratwurst sucht man nicht im Hundestall.
• Das Wasser hat keine Balken.
• Wer den Teufel an die Wand malt, spart die Tapete.
• Ende gut, alles gut.
• Zur Not frisst der Teufel Fliegen.
• Lieber breit grinsen als schmal denken.
• Lieber Glück im Unglück als Pech in der Strähne.
• Lieber Arm dran als Arm ab.

Rollenflexibilität und Ausdrucksspektrum


Mit dem Improvisationstraining üben wir auch, immer wieder in andere Rollen zu schlüpfen und unter-
schiedliche Sichtweisen einzunehmen.
Dies ist sehr hilfreich für die «Bühne des Lebens», auf der Sie ebenfalls verschiedene Rollen situations- und
personengerecht auszufüllen haben.
Ein Manager verhält sich in der Rolle als Führungskraft anders, als dem eigenen Vorgesetzten gegenüber
und dort wieder anders, als in der Rolle, die er z.B. seinem besten Freund gegenüber einnimmt.
Manchmal werden von uns Reaktionen und Verhaltensweisen gefordert, die wir gar nicht im Repertoire –
oder bisher immer ausgeklammert haben.
Das eigene Rollenspektrum zu erweitern, heisst immer, das eigene Verhaltensspektrum auszubauen – und
auch fremde Verhaltensweisen von anderen nachvollziehen zu können. 13

Richtig interessant wird es, wenn wir Rückmeldung von anderen bekommen, wie sie uns in unserer Rolle/
unserem Verhalten erleben. Denn oftmals erzeugen wir eine andere Wirkung, als wir eigentlich beabsich-
tigen.
Auch der Schauspieler ist erst durch die Reaktion des Publikums bzw. des Regisseurs in der Lage, seine
Wirkung zu überprüfen und zu verbessern.

Die ganze Welt ist Bühne,


Und Schauspieler nur all die Fraun und Männer.
Sie treten auf und gehen auch wieder ab,
Und mit der Zeit spielt einer viele Rollen…
William Shakespeare, Wie es Euch gefällt

Was geschieht also, wenn wir eine Rolle ausfüllen sollen, die uns völlig fremd erscheint?
Wir schauen zunächst einmal – so wie es jeder Schauspieler tut – an welchen eigenen Erfahrungen und
Verhaltensweisen wir anknüpfen können. Je mehr Lebenserfahrung wir haben, desto leichter fällt es uns,
Anknüpfungspunkte zu finden. Dann geht es darum, die Handlungs-Motivation dieser darzustellenden
Figur zu ergründen und das Beziehungsgeflecht, in dem sie verwoben ist, zu begreifen. Wir versuchen, uns
auch körperlich einzustimmen: Wie bewegt sich die Figur? Welche Gesten macht sie häufig?

Je mehr verschiedene Rollen wir gespielt haben, desto schneller und


flexibler können wir auch in unerwarteten Situationen reagieren
Zum guten Ausfüllen unser «alltäglichen Rollen» gehören auch die Umgangsformen, um die es im Folgenden
gehen wird.

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Umgangsformen und Etikette


Wer überzeugend auftreten möchte, sollte mit den wichtigsten Do’s und Don’ts im Umgang miteinander
vertraut sein. Höflichkeit und angemessene Umgangsformen werden zu Recht als ein Zeichen für persönliche
Souveränität angesehen.
Untersuchungen haben ergeben, dass die Tätigkeit von Führungskräften zu 70% bis 90% aus Gesprächen
besteht. Die Qualität dieser Gespräche wird in erheblichem Mass durch die Umgangsformen der Beteiligten
bestimmt.

Höflichkeit und korrektes Auftreten sind Kommunikationsleistungen,


die für Unternehmen jeglicher Art unverzichtbar sind.
Rosemarie Wrede-Grischkat

Dabei geht es nicht nur um die Kommunikation mit Kunden und Besuchern von aussen, sondern vor allem
um die unternehmensinterne Kommunikation, also das Verhalten, das jeder im Kontakt mit Kollegen, Vor-
gesetzten und Mitarbeitern an den Tag legt. Herrscht hier ein respektvoller und höflicher Ton, strahlt das
positiv nach aussen ab – und kein Unternehmen kann es sich heutzutage leisten, ein schlechtes Bild nach
aussen hin abzugeben.
Umgangsformen sind sozusagen das Öl im Getriebe der Kommunikation, damit es möglichst ohne Knirschen
und Krachen abgeht. Hätten wir keine Umgangsformen, würde das Recht des Stärkeren gelten. Wirklich
höfliche, souveräne, gebildete Menschen behandeln alle ihre Mitmenschen gleichermassen freundlich.
Gutes Benehmen heisst also eigentlich nichts anderes als: sich gegenseitig achten und respektieren. Es heisst
auch, Rücksicht gegenüber Schwächeren zu zeigen.

Die Maxime lautet: Ich handle dir gegenüber so, wie ich wünsche,
14
dass du es mir gegenüber tust.
Bevor wir uns nun den Regeln der Etikette zuwenden, machen wir uns klar, dass Herzlichkeit, Taktgefühl
und Einfühlungsvermögen viel bedeutsamer sind.

Viel wichtiger als der perfekte Gebrauch der Hummerzange ist ein Gespür
für die Stimmungen und Bedürfnisse des anderen.
Taktgefühl bedeutet, sich auf den «Takt», den Rhythmus des anderen einzustellen, zu merken, was mit dem
anderen los ist und entsprechend zu reagieren. Jemand ohne Taktgefühl spürt oft nicht, wann er anderen
auf die Nerven geht oder zu nahe tritt.
Schlechtes Benehmen kann man also durchaus auch bei Menschen antreffen, die grossen Wert auf die
Einhaltung der Etikette legen. Negativ fällt ebenfalls auf, wenn jemand seine guten Manieren als bewusste
und aufgesetzte Strategie einsetzt. Da gibt es feine Unterschiede, die wir sofort wahrnehmen.
Gute Umgangsformen werden nur dann als positiv aufgenommen, wenn sie glaubwürdig und verinnerlicht
sind.
Im Folgenden schauen wir uns die wichtigsten «Regeln» und «Formen» des Umgangs miteinander etwas
genauer an. Höflichkeitsregeln sind natürlich situationsgebunden und rollenabhängig. Was in einem noblen
Restaurant angemessen ist, würde in der Betriebskantine merkwürdig wirken.

Wir unterscheiden mehrere Bereiche:


• Begrüssen/Vorstellen/Bekanntmachen
• Smalltalk – die Kunst des Kontakt-Knüpfens
• Europäische Esskultur
• Kleidung und Erscheinungsbild

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Begrüssen/Vorstellen/Bekanntmachen
Empfang von Geschäftsbesuchern:
Der persönliche Stil, mit dem Sie Geschäftsbesucher empfangen, ist eine erste Visitenkarte des Unternehmens.
Betritt ein Gast während eines Telefonats Ihr Büro, nicken Sie ihm zu, bitten Sie um etwas Geduld, oder
bieten Sie ihm einen Platz an – wie auch immer: Reagieren Sie auf ihn.
Im Normalfall stehen Sie auf und reichen dem Besucher die Hand. Fragen Sie ihn, ob er seinen Mantel
ablegen möchte, bieten Sie ihm etwas zu Trinken an – seien Sie Gastgeber.

Was könnte Ihrem Besucher sonst noch auffallen?


• Ist Ihr Schreibtisch chaotisch?
• Stehen überall ungespülte Kaffeetassen herum?
• Besucherstühle, die erst von Papierstössen befreit werden müssen?
• Schmutzige Aschenbecher?
• Schlechte Luft?
• Unappetitlich wirkendes oder angeschlagenes Geschirr und Gläser?
• Verblühte, schlecht riechende Blumen oder verstaubte Blumen aus Plastik?
• Ein renovierungsbedürftiger Raum ohne Wandschmuck?
•…

All das gehört zur Visitenkarte Ihres Unternehmens.


Eine weitere Visitenkarte für Ihr Unternehmen ist die Art und Weise, wie Sie Telefonanrufe entgegennehmen.

Begrüssung am Telefon
Gibt es in Ihrem Unternehmen eine Telefonzentrale, die alle Anrufe entgegennimmt, genügt es, wenn
Sie sich nur mit Ihrem Namen melden. Haben Sie jedoch eine direkte Durchwahlnummer, so nennen Sie 15
zusätzlich den Firmennamen.
Ein Hinweis: Obwohl es gut gemeint ist, wirken lange Begrüssungsfloskeln à la «Einen schönen guten Mor-
gen. Sie sprechen mit Anja Müller von der Abteilung Kundenservice und Reklamationsabwicklung. Was
kann ich für Sie tun?» oft nervig und rauben allen Beteiligten die Zeit.
Nichts ist kundenfeindlicher als eine lange Warteschleife mit penetranter «Dudel-Musik».
Lassen Sie Ihren Apparat nicht zu lange klingeln und formulieren Sie Absagen möglichst höflich und positiv:
«Herr Schmitt kennt sich hier sehr gut aus. Darf ich Sie weiter verbinden?»
Konzentrieren Sie sich während des Telefonats auf den Anrufer. Dass Sie nicht nebenher essen, trinken,
rauchen, am Computer arbeiten, lesen, versteht sich für einen höflichen Menschen von selbst. Haben Sie
keine Zeit für den Anrufer, schlagen Sie ihm vor, zurückzurufen.

Exkurs: Das nervige Handy


Jemand, der Taktgefühl und gutes Benehmen hat, weiss auch ohne «Benimmregeln», dass lautes Telefonie-
ren in unmittelbarer Nähe von unbeteiligten Personen stört.
Daraus ergeben sich folgende Hinweise:
• Das Mitführen eines eingeschalteten Handys sollte auf das unbedingt notwenige Mindestmass beschränkt
werden.
• Zum Telefonieren zieht man sich zurück: Ins Foyer, in den Nebenraum, nach draussen…
• Im Zug geht man zum Telefonieren auf den Gang!
• Es ist eine strikte Regel der guten Manieren, niemals Unbeteiligte an einem Telefonat teilhaben zu lassen.

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Kommen wir nun zur den wichtigsten Umgangsformen der Begrüssung:


Für die Begrüssung ist zunächst der Rang der Personen entscheidend.
Die korrekte Rangfolge lautet:
• Eine Dame ist stets die Ranghöhere gegenüber einem Herrn.
• Die/der Ältere ist stet ranghöher gegenüber der/dem Jüngeren.
• Die/der Fremde ist stets ranghöher gegenüber der/dem Verwandten.
• Ausländer rangieren vor Inländern gleichen Ranges.

In allen privaten gesellschaftlichen Zusammenhängen setzen diese Rangfolgen auch berufliche Hierarchien
ausser Kraft.
Im beruflichen Umfeld ist in der Regel der in der Hierarchie höher Stehende auch der Ranghöhere.

Das Grüssen im Vorbeigehen:


• Heute grüsst derjenige zuerst, der den anderen zuerst sieht.
• Wer einen Raum betritt, in dem sich bereits andere befinden, grüsst grundsätzlich zuerst.

Der Händedruck
• Die Hand zum Gruss wird grundsätzlich von der/der Ranghöheren dem Rangniederen gereicht.
• Herren stehen immer, Damen vor allem beim beruflichen Handschlag auf.
• Die andere Hand hängt locker herab und wird nicht in die Hosentasche gesteckt.

Das Vorstellen
• Vorgestellt werden ist immer dem Sich-selbst-vorstellen vorzuziehen.
• Der Ranghöhere hat zuerst den Namen des Rangniederen zu erfahren.
• Also muss derjenige zuerst die Initiative und das Wort ergreifen, der den Ranghöheren kennt und somit
auch ansprechen darf.
16
• Das heisst, in offizieller Gesellschaft wird ein Herr immer einer Dame vorgestellt und ein Älterer erfährt
immer zuerst den Namen des Jüngeren.
• Akademische Titel werden bei der Vorstellung durch andere immer genannt, zusammen mit dem Namen.
Bei der Selbstvorstellung dagegen wird der Titel nicht genannt.
• Auch hier wartet der Rangniedere grundsätzlich, bis der Ranghöhere ihm die Hand zur Begrüssung
reicht.

Die Umgangsformen erfüllen im Zusammenleben der Menschen wichtige


Funktionen: sie sind Signale des Respekts und der Rücksichtnahme.
Rosemarie Wrede-Grischkat

Anrede
• Akademische Titel sind stets gemeinsam mit dem Namen zu nennen: Herr Doktor Müller.
• Bei mehreren Titeln nur den ersten verwenden: Frau Professor Meier
• Bei Adelstiteln erscheint der Titel nach dem Vornamen: Armin Graf von Heidesieck.
• Die direkte Anrede lautet: Graf Heidesieck. Ein Freiherr von Schönborn wird mit Herr von Schönborn
angesprochen.

Smalltalk – die Kunst des Kontakt-Knüpfens


Der kurze Ausflug in die Kunst der leichtfüssigen Konversation soll Sie mit den vier wirksamsten Tipps und
Tricks vertraut machen.
Zunächst ist auch hier eines wesentlich, um ein gutes Gespräch zu führen: das Taktgefühl. Es ist wichtig, ein
Gefühl für den Gesprächspartner und die Situation zu entwickeln, um nicht wie ein Elefant im Porzellan­
laden zu wirken.

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Der erste Tipp lautet:

1. Egal, in welcher Smalltalk-Situation Sie sich befinden, knüpfen Sie an etwas Vorhandenes an!
Beschreiben Sie, was Sie sehen, hören, riechen…, den Eingangsbereich, den Sie soeben durchschritten
haben, die Baustelle vor der Tür, den Kaffeeduft im Hause, das Bild, das an der Wand hängt, die frische
Urlaubsbräune Ihres Gegenübers…
Wichtig ist, dass Sie (zunächst) nichts Negatives von sich geben, vermeiden Sie z.B. «Ich kann mit dieser Art
von Kunst überhaupt nichts anfangen…» Ähnlich wie bei der Improvisation gilt es hier, nicht abzublocken,
sondern auch dem anderen Angebote zu machen, worauf er einsteigen kann.
Nutzen Sie z.B. auch die Visitenkarte des Gegenübers. Sie können beispielsweise nachfragen, welche Nennung
von Titel und akademischen Grad angemessen ist. Sie können auch das Logo kommentieren, etc.
Hören Sie Themenangebote aus Aussagen heraus und nutzen Sie sie – stellen Sie Fragen oder/und erzählen
Sie eigene Erlebnisse.

Am besten ist es, wenn Sie sich aufrichtig für Ihren Gesprächspartner
interessieren.
2. Stellen Sie Fragen.
Auch hier können Sie Äusserungen Ihrer Gesprächspartner aufgreifen und nachfragen. Achten Sie aber
darauf, dass die Fragen nicht zu persönlich ausfallen. Manchmal sind auch indirekte Fragen angenehmer,
z.B. «Ich frage mich oft, wie eine voll berufstätige Frau Beruf und Familie unter einen Hut bekommt.»
Haben Sie es mit einem Spezialisten zu tun, der gern über sein Steckenpferd spricht, brauchen Sie nur noch
interessiert nachzufragen
Ein gutes Gespür hilft Ihnen, an welcher Stelle Sie nachfragen können und wo besser nicht. Und das Wich-
tigste: Hören Sie zu und nehmen Sie auf, was Ihr Gesprächspartner erzählt. 17

Übrigens: Besser noch, als mit einer Frage zu beginnen («Woher kennen Sie die Gastgeberin?»), ist, selbst
etwas zu erzählen und dann die Frage anzuschliessen: «Ich bin die Schwester von Brigitte, und woher
kennen Sie Brigitte?»

3. Machen Sie selbst Themenangebote,


z.B. aus aktuellen Ereignissen, die Sie der Tagespresse entnommen haben, Ihren Erlebnissen in verschie-
denen Bereichen, die Sie interessieren und auch für andere interessant sein könnten. Musik, Theater, Kino,
Sport und Hobbys sind häufig gute Anknüpfungspunkte.
Spüren Sie auch hier genau, of Ihnen echtes oder nur höfliches Interesse entgegengebracht wird und fassen
Sie sich entsprechend kurz.

Je mehr Themen Ihnen (ein wenig) vertraut sind, desto mehr können Sie
sich mit anderen darüber austauschen.
Und ein letzter Tipp:

4. Seien Sie sparsam mit Kritik.


Stellen Sie sich auf den Standpunkt Ihres Gesprächspartners. Damit hat das Gespräch eine grössere Chance,
sich zu entwickeln. Wenn Ihr Gesprächspartner Ihnen vom letzten Grillabend und den hervorragenden Steaks
vorschwärmt, lassen Sie nicht gleich heraushängen, dass Sie strikter Vegetarier sind, sondern unterstützen ihn
vielleicht, indem Sie von ähnlich angenehmen Veranstaltungen in lauen Sommernächten erzählen (bei Erd-
beerbowle und Gemüsespiessen). Und dann wechseln Sie das Thema …z.B. in Richtung Bowle-Rezepte.
Da wir gerade beim Thema Essen sind…

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Europäische Esskultur
Wer sich bei Tisch nicht zu benehmen weiss, erzeugt sowohl ein schlechtes Bild von sich persönlich als auch
von dem Unternehmen, das er vertritt. Deshalb sollten Führungskräfte schon aus Unternehmensinteresse
mit den wichtigsten Regeln der Tischmanieren vertraut sein.

Körperhaltung
Die richtige Sitzhaltung ist aufrecht, mit etwa einer Handbreite Abstand vom Tisch.
Die Hände dürfen nur bis etwa zum Handgelenk auf dem Tisch liegen. Die Arme bewegen sich nach vorne,
nicht zur Seite.
Man darf sich grundsätzlich nie zu seinem Teller beugen. Die Bissen werden mit Hilfe einer Gabel oder eines
Löffels zum Mund transportiert. Der Kopf neigt sich dabei nur leicht.

Gebrauch der Serviette


Die Serviette wird, auf ihre Hälfte entfaltet, auf den Schoss gelegt. Vor dem Trinken tupft man sich damit
die Lippen ab. Nach dem Essen wird die Stoff-Serviette links neben dem Teller abgelegt, die Papierserviette
wird zerknüllt auf den Teller gelegt.

Gedeck, Besteck und Gläser


In der Mitte des Gedecks steht meist der Platzteller, der den anderen Tellern als Unterteller dient. Links
daneben steht der kleine Brotteller mit einem kleinen Messer für die Butter. Liegen mehrere Messer und
Gabeln bereit, geht man von aussen nach innen vor.
Legt man das Besteck offen auf dem Teller ab (Messer und Gabel kreuzen sich mit den Spitzen) bedeutet das:
Ich esse noch. Legt man Messer und Gabel parallel auf dem Teller ab, heisst das: Ich bin fertig. Benutztes
Besteck darf nicht auf den Tisch gelegt werden – es sei denn, es liegen Messerbänkchen bereit.
18
Die Gläser werden so angeordnet, dass man sie von rechts nach links gebraucht.
Langstieliege Gläser werden am Stiel angefasst, wobei alle Finger der Hand den Stiel berühren.
Beim allgemeinen Toast hebt man sein Glas bis etwas unterhalb der Kinnhöhe, schaut erst sein Gegenüber
und dann seine Nachbarn an – dann trinkt man. Anschliessend nickt man mit erhobenem Glas wieder den
anderen zu und stellt erst dann sein Glas ab. Man trinkt sich gegenseitig nicht mit Bier zu! Das Zuprosten
mit alkoholfreien Getränken ist jedoch erlaubt.

Allgemeine Tischsitten
• Ein Herr setzt sich in Begleitung einer Dame nie zuerst, sondern wartet, bis sich die Dame gesetzt hat,
bzw. rückt ihr den Stuhl zurecht.
• Es ist absolut tabu, mit dem Essen zu beginnen, obwohl noch nicht alle am gleichen Tisch Sitzenden ihr
Essen vor sich haben.
• Es ist kein guter Stil, als Gast Teller zusammenzustellen oder seinen Teller unaufgefordert dem Serviceper-
sonal anzureichen.
• Bei allen offiziellen Anlässen und gegenüber Fremden ist es tabu «Guten Appetit» zu wünschen, weil es
als zu familiär empfunden wird.
• Spaghetti werden nur mit der Gabel gegessen, auf die man jeweils drei bis vier Nudeln am Tellerrand
aufwickelt.

Umgang mit Brot


Das Brot, das zum Essen gereicht wird, darf nur in mundgerechte Stücke gebrochen werden, die man dann
mit Butter bestreicht und sofort verzehrt. Es ist ein Fauxpas, eine ganze Scheibe Brot oder ein Brötchen-
hälfte zu bestreichen und dann davon abzubeissen. Das ist ausschliesslich beim Frühstück erlaubt.
Auch beim Kaviar bricht man von dem dazu gereichten Toast ein Stückchen ab, bestreicht es mit etwas
Butter und legt sich mit dem Messer etwas Kaviar drauf, den man mit Zitronensaft beträufelt und dann in
den Mund schiebt.
Das Abendbrot (Brot mit Käse/Wurst/Schinken) wird mit Messer und Gabel gegessen.

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Beim Buffet verstösst es gegen die Regeln, wenn man…


…sich zwei Gänge gleichzeitig auf den Teller lädt, z.B. Vorspeise und Hauptgericht
…seinen Teller zu voll lädt
…im Gehen oder Stehen noch oder schon wieder kaut
…im Stehen oder Gehen trinkt
…benutztes Besteck für den nächsten Gang erneut verwendet
…mit benutzten Tellern herumläuft

Auftreten im Restaurant
• Vor dem Betreten eines Restaurants wird ein Herr sein Jackett schliessen, weil man niemals mit offenem
Jackett ein gehobenes Lokal betreten sollte.
• Man betritt ein Restaurant etwas zögerlich, um jemandem vom Servicepersonal die Chance zu geben, die
Gäste zu einem Tisch zu geleiten.
• Der Herr hilft seiner Begleiterin stets selbst aus dem Mantel und beim Weggehen auch wieder hinein.
• Wenn man mit einer Gruppe von Leuten gemeinsam isst, sollte man am besten gleich bei der Bestellung
den Kellner darauf hinweisen, dass von dieser Gruppe jeder für sich bezahlt.

Kleidung und Erscheinungsbild


Früher diente Kleidung immer auch dazu, Unterschiede in der Schichtzugehörigkeit äusserlich sichtbar zu
machen. Es gibt eine Menge Aufzeichnungen darüber, welche Kleidung für Nicht-Adelige zu tragen verboten
war! Auch heutzutage ist Kleidung ein wichtiger Faktor, sich von anderen zu unterscheiden oder auch eine
bestimmte Gruppenzugehörigkeit zu signalisieren.

Herren und Damen sollten nicht…


…während sie jemanden begrüssen, eine Hand in der Jacken- oder Hosentasche haben.
…die Arme hinter dem Rücke zusammenlegen. 19
…die Hände in einer «Fussball-Mauer»-Haltung vor sich halten.
…beide Hände gleichzeitig in die Taschen stecken.
…im Sitzen die Beine von sich strecken.
…einen Fuss auf das andere Knie legen.

Formelle BusinessKleidung für Herren:


• Gedeckter dunkler Anzug; je dezenter der Anzug umso vornehmer das heisst: nicht zu auffällig oder zu
modisch
• Oberhemd mit Kragen und Manschetten
• Doppelmanschetten mit Schmuck-Manschettenknöpfen trägt man heutzutage seltener, sie gelten aber
nach wie vor als elegant
• Krawatte, die nicht zu «laut» sein sollte, eventuell auch Einstecktuch, eine akzeptierte «persönliche
Note»
• Die gebundene Schleife (=Fliege) hat den gleichen Rang wie die Krawatte, sie wirkt etwas individualis-
tischer
• Dunkle Socken, passend zum Anzug (eher dunkler als heller)
• Saubere, blank geputzte, dunkle Schuhe, passend zum Anzug. Hellere Schuhe sind höchstens zu einem
hellen Sommeranzug während des Tages erlaubt
• Am Abend trägt ein Herr zum offiziellen Anzug ausschliesslich schwarze Schuhe

Kleider machen Leute.

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Nützliche Tipps zur Herrenbekleidung:


Ein kombinierter Anzug wirkt zwar sportlicher, er ist jedoch international verpönt, und deswegen für die
Führungsebene nicht geeignet. Gleichermassen als Business suit für die oberen Ränge nicht geeignet sind
Anzüge in hellen Farben.
Korrekterweise sind bei allen Anzügen, die ohne Weste getragen werden, die erforderlichen Knöpfe zu
schliessen, sobald ein Herr sich erhebt, steht oder geht. Bei Anzügen mit Weste muss das Jackett nicht
geschlossen werden.
Sind bei Konferenzen oder Besprechungen Kolleginnen anwesend, ist es ein Gebot des Respekts, die
Dame/n um ihre Erlaubnis zu fragen, das Jackett ablegen zu dürfen.
Bei extrem hohen Temperaturen können zwischen den Anwesenden Sonderregelungen vereinbart werden.
Dieses Thema ist aber so heikel, dass es stets dem Ranghöchsten vorbehalten ist, diese Frage zu stellen oder
als erster das Zeichen dafür zu geben, dass eine legerere Kleiderordnung angesagt ist.
Das ästhetisch aussehende, gebügelte Stofftaschentuch gehört nach wie vor zur korrekten Herrenausstattung.
Papiertaschentücher sind zusätzliche Utensilien für allerlei praktische Zwecke.
Die Krawatte, resp. Schleife, muss täglich neu gebunden werden, weil ihr Aussehen sonst dramatisch leidet.
Eine wertvolle Krawatte sollte mindestens 36 Stunden ausruhen dürfen, bevor sie wieder gebunden wird.
Es gilt nach wie vor als ein Fauxpas, in einer nichtprivaten Umgebung die Krawatte zu lockern und den
Kragenknopf zu öffnen oder sonstige «Erleichterungen» in Anspruch zu nehmen!

Freizeitkleidung darf nicht mit offizieller Bekleidung verwechselt oder


kombiniert werden.
Formelle Business-Kleidung für Damen:
• Dezentes Kostüm oder sehr gut sitzender Hosenanzug
20
• Schultern stets bedeckt, also mindestens ein kleiner Ärmel an Bluse oder Kleid
• Altersgemäss in Schnitt und Aufmachung
• Unerlässlich: stets mit Strümpfen «bekleidete» Beine
• Sehr ordentliche, gepflegte Schuhe, im Stil passend zur Bekleidung.

Nützliche Tipps zur Damenbekleidung:


Das Kleid oder das Kostüm sollte in Schnitt und Aufmachung der Position entsprechen. Grundsätzlich gibt
es keinen stilistischen Unterschied zwischen einem Kostüm und einem Hosenanzug. Deswegen ist es uner-
heblich, ob eine Dame zu einem Blazer eine Hose oder einen Rock trägt.

Den Stil der Kleidung bestimmen Faktoren wie zum Beispiel:


• die Qualität des Stoffes
• die Klasse von Schnitt und Verarbeitung
• ob es sich um einen sportlichen, einen eleganten, einen sehr femininen oder einen alternativen Naturlook
handelt
• die Länge eines Rockes
• die Herstellungsart ob der Rock aus Strickware besteht oder handgewebt ist usw.

Kleidung und Schuhe sollten stets einen sehr gepflegten Eindruck machen.
Schmuck
Im beruflichen Alltag gehen Führungsfrauen mit Schmuck äusserst sparsam um.
Grössere, schwingende Ohrgehänge und klimpernde Armbänder sollten im Büro vermieden werden.

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Die Kunst des wirkungsvollen Sprechens

Ich glaube, dass ein mittelmässiger Inhalt unter der Gewalt eines
vollendeten Vortrags mehr Eindruck macht, als der vollendetste Gedanke,
bei dem der Vortrag mangelt.
Quintilian

Zu den nonverbalen Signalen, die unsere Wirkung auf andere ausmachen, gehört nicht nur das Outfit und
die Körpersprache, sondern auch die Stimme – die uns die Stimmung des Sprechers vermittelt.

Die Stimme ist untrennbar mit dem Erscheinungsbild und dem Auftreten
des Menschen verbunden.
Wir unterscheiden dabei zwischen dem Stimmklang und dem Sprechausdruck.
Der spezifische Stimmklang einer Stimme (rau, hell, heiser, nuschelnd, etc.) wird beeinflusst durch die
Resonanzräume, die Atmung, Körperhaltung und Artikulation. Durch Training kann der Stimmklang ent-
scheidend verändert und auch die Belastbarkeit der Stimme erhöht werden.
Der abwechslungsreiche Sprechausdruck eines Sprechers ist wichtig, damit das Interesse des Publikums
bestehen bleibt, bzw. immer wieder neu geweckt wird. Auch die stimmlichen Ausdrucksmöglichkeiten
können durch intensives Training erweitert und differenziert werden.
Beginnen wir zunächst mit dem Klang der Stimme.

Der Klang der Stimme 21

Der Stimmklang hängt von vielen Faktoren ab, unter anderem vom Geschlecht, vom Alter, von der aktuellen
Stimmungslage und dem gesundheitlichen Zustand des Sprechers. Durch Stimmbildungs-Übungen kann
der Stimmklang entscheidend verbessert werden.
Bei dünnen Stimmen, die keine Tragfähigkeit besitzen, empfiehlt sich dieses Training, wenn derjenige häufig
in der Öffentlichkeit auftritt.

Resonanz und Klang durch richtiges Atmen


Durch die richtige Atemtechnik können wir den Klang unserer Stimme erheblich verbessern. Nicht zu emp-
fehlen ist die Hochatmung. Hier heben sich die Schultern beim Einatmen – Verspannungen sind oft die
Folge. Vor allem, wenn wir unter Stress oder starken Emotionen stehen, neigen wir zur Hochatmung.
Bei der Bauchatmung dagegen dehnt sich der Bauch, macht den inneren Organen Platz und ermöglicht
so der Lunge, sich nach unten auszudehnen und dadurch mehr Luft aufzunehmen. Die Flankenatmung
erlaubt der Lunge, zusätzlich an den Seiten Raum einzunehmen.

Die effektivste Atmung ist die kombinierte Bauch- und Flankenatmung, da


sich hier die Lungen am besten ausdehnen können.
Die Bauchatmung spüren Sie am besten im Liegen, wenn Sie einfach nur ruhig atmen und die Hände auf
den Bauch legen.
Oder Sie stellen sich auf dem etwas angehobenen Arm fünf Kerzen vor, die Sie nacheinander kräftig aus-
pusten. Wenn Sie die andere Hand dabei auf den Bauch legen, spüren Sie deutlich die Bewegungen des
Zwerchfells.
Hier ein paar weitere Übungen zur Sensibilisierung für die Bauchatmung:

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Überprüfen Sie bei den folgenden Aktionen mit einer Hand auf dem Bauch die Impulse des Zwerchfells
• schnüffeln
• Suppe kalt blasen
• hecheln
• «p t k» mehrmals wiederholen
• «psst» mehrmals wiederholen
• «pscht» mehrmals wiederholen

Die Flankenatmung spüren Sie, wenn Sie sich wie ein Skifahrer bei der Abfahrt mit gebeugtem Rücken
hinstellen und die Hände vorne oder hinten an die untere Seite der Rippen legen.

1. Übung zur Bauch und Flankenatmung


Stehen Sie mit leicht gegrätschten Beinen aufrecht, legen Sie beide Hände aufeinander auf den Nabel,
pressen Sie die Luft in mehreren Stössen durch Einziehen des Bauches aus den Lungen und helfen Sie dabei
durch Händedruck nach. Dann lockern Sie den Druck und lassen die Bauchdecke wieder in die Normallage
zurückschnellen. Dadurch wird etwas Luft in die Lungen gesogen. Aus- und Einatmen geschieht dabei
durch den Mund.
Wiederholen Sie die Übung drei bis fünfmal.
Diese Übung dient dazu, typischen «Hochatmern» ein Gefühl dafür zu vermitteln, wie die Atembewegung
vom Zwerchfell aus gesteuert werden kann.

2. Übung zur Bauch und Flankenatmung


Wie bei der ersten Übung, doch versuchen Sie diesmal, beim Einatmen zunächst vorsichtig, später stärker,
den Gürtel zu dehnen. Die Bauchdecke schiebt sich weiter nach vorne, die Flanken dehnen sich seitwärts,
erst dann kommt es zu einem Anheben des Brustkorbes, keinesfalls aber zu einem Heben der Schulterpar-
tie!
22

So du zerstreut bist, lerne auf den Atem achten


Buddha

3. Übung zur Bauch und Flankenatmung


Legen Sie sich auf den Rücken und atmen Sie bei leicht angezogenen Beinen aus, machen Sie eine kurze
Pause, atmen Sie durch die Nase duftsaugend wieder ein (Zwerchfell-Flankenbewegung). Halten Sie den
Atem 5 bis 10 Sekunden lang an, atmen Sie dann langsam, gleichmässig und behaglich wieder aus; Pause,
dann wieder einatmen. Wiederholen Sie diese Übung bis zu zehnmal, am besten abends vor dem Einschlafen
und morgens nach dem Erwachen.
Bitte beachten Sie: Das Anhalten des Atems geschieht ohne Verschluss der Stimmritze (Glottis) allein
dadurch, dass wir die Einatmungsspannung der Muskeln aufrecht erhalten.

4. Übung zur Bauch und Flankenatmung


Setzen sie sich auf einen Stuhl, verteilen Sie Ihr Gewicht auf beide Sitzknochen, die Arme sind entspannt,
die Hände liegen zwanglos auf den Oberschenkeln, der Oberkörper ist etwas nach vorn gebeugt. Atmen
Sie durch den Mund aus, wobei sich Rumpf, Hals und Kopf senken;
Atmen Sie durch die Nase wieder ein, bei starker Zwerchfell-Flankenbewegung und allmählicher Aufrichtung
des Oberkörpers; Anhalten und Ausatmen wie in Übung 3.
(Nach: Zehetmeier, S. 29f)
Je tiefer der Atem kommt, desto freier schwingen die Stimmbänder und desto klangvoller und angenehmer
wirkt die Stimme.
Um eine besonders harmonisierende Tiefatmung zu erreichen, gibt es eine Reihe von zentrierenden Atem-
übungen aus dem Qi Gong:

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1. Atem-Übung zur Zentrierung


(Die Phase des Einatmens ist kursiv gedruckt.)
Stehen Sie aufrecht, die Füsse hüftbreit auseinander, Knie sind weich und nicht durchgedrückt.
Verschränken Sie die Hände vorne ineinander. Die Arme hängen dabei locker.
Wenn Sie nun einatmen, führen Sie den Armkreis über den Kopf, die Handrücken zeigen nach oben.
Drehen Sie die verschränkten Hände, so dass die Handflächen nach oben zeigen und strecken Sie sich ein
wenig.
Drehen Sie die Hände wieder zurück in die Ausgangsposition und lassen Sie die Arme wieder nach unten
sinken. Dabei atmen Sie wieder aus.
Wiederholen Sie diesen Bewegungsablauf fünfmal.

2. Atem-Übung zur Zentrierung


Sie stehen wie zu Beginn der ersten Übung, die Hände vorne ineinander verschränkt.
Sie heben die verschränkten Hände bis in Brusthöhe – Handflächen zeigen weiter nach oben, wie wenn
Sie etwas darauf tragen würden. Dabei atmen Sie ein.
Dann drehen Sie die verschränkten Handflächen nach unten, als wenn Sie die Luft nach unten drücken
wollten. Dabei atmen Sie aus.
Führen Sie nun den Armkreis nach oben über den Kopf. Dabei atmen Sie wieder ein.
Lösen Sie oben die Hände voneinander und lassen Sie die Arme seitwärts wieder nach unten sinken. Dabei
atmen Sie aus.
Wiederholen Sie diesen Bewegungsablauf fünfmal.

3. Atem-Übung zur Zentrierung 23


Sie stehen mit geschlossenen Beinen, so dass sich die Fussknöchel leicht berühren.
Sie heben beide Arme in einem seitlichen Halbkreis bis über den Kopf und atmen dabei ein. Über dem
Kopf legen sie beide Handflächen aneinander (wie beim Gebet) und strecken sich ein wenig.
Beim Ausatmen senken Sie die (wie zum Gebet) zusammengelegten Hände vor dem Gesicht herab. Die
Fingerspitzen zeigen dabei immer nach oben. Wenn die Fingerspitzen in Höhe der Nase sind, sollten Sie die
Ausatmung beendet haben.
Lassen Sie die Hände einen Moment in dieser Position und atmen Sie langsam ein.
Bei der darauffolgenden Ausatmung trennen sich die Hände und sinken in die Ausgangsposition zurück,
d.h. sie hängen wieder entspannt an den Körperseiten herab.
Wiederholen Sie diesen Bewegungsablauf achtmal.

Körperhaltung und Energiefluss


Damit sich die Stimme frei entfalten kann, benötigt sie den ganzen Körper als Resonanzraum, d.h. es ist
wichtig, dass wir mit dem Brustkorb aufrecht und beweglich bleiben und der Atem leicht und tief fliessen
kann.
Die ideale Haltung beim Sprechen ist eine aufrechte, ausbalancierte Haltung: Der Kopf ist aufrecht, ganz
leicht geneigt, die Schultern entspannt, das Gewicht gleichmässig auf beide Füsse verteilt, die Knie weich
und beweglich – nicht durchgedrückt.
Der Bereich, der bei den meisten Menschen am schnellsten verspannt, ist der Hals/Nacken/Schulter-Bereich,
der jedoch für den freien Fluss des Atems und damit auch für den Stimmklang sehr wichtig ist.
Eine wunderbare Übung, die enorm zur Entspannung dieser Partie beiträgt, wenn sie in Ruhe und Konzen-
tration ausgeführt wird, ist diese:

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Übung zur Entspannung der Schultern


Setzen Sie sich bequem und aufrecht auf Ihren Stuhl, stellen Sie die Füsse flach auf den Boden, und legen
Sie lhre Hände mit den Handflächen nach unten auf Ihren Schreibtisch. Schliessen Sie Ihre Augen.
Können Sie spüren, welche Schulter dem Ohr näher ist?

Die menschliche Haltung ist ein dynamisches Gleichgewicht.


Moshe Feldenkrais

Stellen Sie sich eine kleine Seidenraupe auf Ihrer rechten Schulter vor, die einen Seidenfaden zwischen Ihrer
Schulter und Ihrem rechten Ohrläppchen spinnt. Spüren Sie, wie lang dieser Faden ist.
Legen Sie eine andere Seidenraupe auf Ihre linke Schulter, und stellen Sie sich einen Faden zwischen Ihrer
linken Schulter und Ihrem linken Ohrläppchen vor. Welcher Faden fühlt sich länger an?
Halten Sie Ihre Augen weiter geschlossen, und heben Sie Ihre rechte Schulter ein paar Zentimeter Ihrem
rechten Ohr entgegen, und lassen Sie sie dann wieder herunter. Achten Sie darauf, dass die Bewegung
klein und gleichmässig ist. Versuchen Sie nicht, die Bewegung so gross wie möglich zu machen. Ruhen Sie
sich aus.
Spüren Sie eine Veränderung in Ihrer Schulter?
Senken Sie Ihre Schulter ein wenig, lassen Sie sie dann wieder zurückkommen, und bewegen Sie die Schulter
weiter auf diese Weise, langsam und gleichmässig, auf und ab. Achten Sie darauf, wie weit sich Ihre Schulter
auf und ab bewegt. Ruhen Sie sich aus.
Bewegen Sie jetzt Ihre rechte Schulter nach vorn und wieder zurück in die neutrale Position. Ruhen Sie sich
aus.
Schieben Sie die Schulter dann zurück, ungefähr so weit, wie Sie sie eben nach vorn geschoben haben, und
lassen Sie die Schulter einfach weiter vor- und zurückgehen, während Sie auf das Ausmass der Bewegung 24
achten.
Welche Strecke ist am längsten die Bewegung nach oben, nach unten, nach vorn oder nach hinten? Ver-
gleichen Sie das Gefühl in Ihrer rechten Schulter mit dem Gefühl in Ihrer linken Schulter.
Bewegen Sie Ihre Schulter jetzt in kleinen Kreisen, und achten Sie darauf, welcher Teil des Kreises sich am
gleichmässigsten anfühlt. Ruhen Sie sich aus.
Wiederholen Sie dann die Bewegung, und ändern Sie dabei die Richtung des Kreises. Spüren Sie die Höhe
der Schulter, die Länge des seidenen Fadens auf dieser Seite, und spüren Sie, wie entspannt und beweglich
sich die rechte Schulter im Vergleich zur linken anfühlt.
Wiederholen Sie diese Schritte auf der anderen Seite.
Achten Sie darauf, dass Sie so aufrecht sitzen, wie es ohne Anstrengung möglich ist, und dass Sie Ihre
Augen geschlossen halten, damit Sie die Bewegung besser spüren können. Die Wirkung dieser Lektion
wird verstärkt werden, wenn Sie die Bewegungen langsam, gleichmässig und präzise ausführen, Schnelle
und flüchtige Kreisbewegungen werden Ihnen nicht dabei helfen, die Anspannung zu verringern. (Aus:
Wildman, S. 28ff)

Eine der schönsten Übungen zur Nackenentspannung beschreibt Robert Schleip in seinem Buch: «Der
aufrechte Mensch».
Dabei geht es auch hier um ganz achtsame Bewegungen, die offensichtlich eine tiefgreifende energetische
Wirkung auf unseren Körper ausüben.
Je konzentrierter und einfühlsamer wir diese Übung ausführen, desto wirkungsvoller ist sie.

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Übung zur Entspannung des Nackens


Beschäftigen Sie sich zwei bis drei Minuten mit dieser Vorstellung und erlauben Sie Ihren Muskeln, begleitend
ganz feine Bewegungen zu machen:

Stellen Sie sich vor


Ihr Kopf ist ein Ball,
der auf einer
Springbrunnen-Fontäne
balanciert wird.

Wie fühlt sich nun Ihr Kopf an, wie Ihr Nacken?
Fühlt sich Ihr Kopf jetzt leichter an?
Oder Ihr Nacken freier?
Vielleicht kommt es Ihnen auch vor, als wären Sie grösser oder als sei nur Ihr Hals länger.
Es ist nicht notwendig, dass Sie einen – oder etwa alle – der beschriebenen Effekte bei sich wahrnehmen!
Sie dienen nur als Anregung, um Ihre innere Achtsamkeit zu verfeinern.

Wie beeinflusst diese Vorstellung


• Ihre Mimik?
• Ihr optisches Blickfeld?
• Ihre gefühlsmässige Stimmung?
25

Diese Übung wirkt sich vor allem auf die Muskeln des oberen Nackens aus, direkt unterhalb der Schädel-
basis. Sie sind von zentraler Bedeutung für
• die allgemeine Grundspannung der Körpermuskulatur,
• die Steuerung grösserer Körperbewegungen,
• unsere emotionale Befindlichkeit,
• die Regulation der Körperhaltung.

Ein Grossteil aller Kopfschmerzen wird beispielsweise unwissentlich durch anhaltende Anspannung der
Nackenmuskulatur erzeugt.

Experimentieren Sie jetzt mit der Vorstellung des Springbrunnen-Balls auch


• im Gehen und Laufen
• beim Tanzen
• bei Ihrer Arbeit

Die nächste Übung dient der inneren Aufrichtung, die wesentlich zu einem guten Klang der Stimme beiträgt.

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Übung: Der Akrobat


Auch für diese Vorstellung nehmen Sie sich zwei bis drei Minuten Zeit und erlauben Sie Ihren Muskeln
dabei, begleitend ganz feine Bewegungen zu machen:

Stellen Sie sich vor,


Sie balancieren auf einem Stab,
der vom Mittelpunkt der Erde
bis unter Ihre Füsse reicht.
Spüren Sie Ihre Füsse
als balancierende Kontaktpunkte
und beobachten Sie,
wie Ihre Balance
sich ständig verlagert.

Spüren Sie, wie Ihr Körper etwas von der Leichtigkeit und der Aufrichtung eines Seiltänzers bekommt?
Akrobaten haben oft deshalb eine so anmutige und gerade Haltung, weil sie ihre Aufmerksamkeit intensiv
auf den Einfluss der Schwerkraft richten – so wie Sie jetzt in dieser Übung.
Die Erdanziehungskraft (oder Schwerkraft) ist die mächtigste physische Kraft, die uns beeinflusst. Wir sind
uns ihrer nur deshalb so wenig bewusst, da sie immer präsent ist und sich nie verändert.
Wenn Sie die Schwerkraft nicht als Feind betrachten, sondern als Verbündeten und wie ein Seiltänzer mit
ihr spielen und balancieren, können Sie ihre aufrichtende Wirkung deutlich spüren.

Einige interessante Übungsvariationen:


26
• Stellen Sie sich mit beiden Beinen auf einen weichen nachgiebigen Boden, etwa ein Kissen,
Bett, Sofa etc.
• Balancieren Sie gleichzeitig ein gefaltetes Handtuch oder Kleidungsstück auf dem Kopf.
• Probieren Sie all dies auch einmal mit geschlossenen Augen.

Stimmresonanz und Indifferenzlage


Nicht nur die Körperhaltung beeinflusst den Stimmklang, sondern auch die verschiedenen Resonanzräume,
die zur Verfügung stehen.
Je mehr Resonanzräume (vor allem im Kopf) geöffnet sind, desto weiter trägt die Stimme. Man nennt
solche Stimmen auch «obertonreich», da durch die geöffneten Resonanzräume begleitende Tonschwin-
gungen miterzeugt werden.
Durch einfache Übungen, wie Seufzen und Staunen (ohne Anstrengung) über das ganze Klangspektrum
der Stimme hinweg, können die Resonanzräume allmählich geöffnet und erweitert werden.
Die beste Methode ist natürlich ein professioneller Gesangsunterricht.
Die Tragfähigkeit der Stimme hängt also nicht nur von der Lautstärke ab, sondern – in nicht zu unterschät-
zender Weise – gleichzeitig von den geöffneten Resonanzräumen, d.h. vom Stimmklang.
Auch die Belastbarkeit der Stimme hängt eng mit dem Klang zusammen. Menschen, die mit zu hoher und
gepresster Stimme sprechen, werden in der Regel schneller heiser als andere, die einen eher weichen und
tieferen Stimmklang haben.
Jeder kann seine eigene «Indifferenzlage» herausfinden, die individuell bequemste Sprechstimmlage.
Sie befindet sich im unteren Drittel des jeweiligen Stimmumfangs. Dazu brummen Sie nachdenklich ein
«Mmmh» ohne sich anzustrengen. Das tun Sie mehrmals, bis Sie aus diesem «Mmmh» heraus einen Satz
sprechen, der genau diese Tonlage treffen sollte.
Die meisten stellen dabei fest, dass sie in der Regel etwas zu hoch sprechen.

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In dieser tieferen angenehmen Lage ist es Ihnen jedoch eher möglich, lange und ausdauernd zu sprechen,
ohne dabei heiser zu werden.

Wer das Ohr beleidigt, dringt nicht zur Seele vor.


Quintilian

Stützen der Stimme


Zusätzlich sollten Sie Ihre Stimme durch das Zwerchfell «stützen». Diese Stützfunktion übt man erst einmal
mit der sogenannten «Atem-Stütze»: Sie gewährleistet, dass wir unseren Atem in kleinen Portionen abgeben
und ihn so länger halten können – d.h. längere Phrasen sprechen oder singen können, ohne gleich atemlos
zu werden.

Folgende Übungen helfen Ihnen dabei:

1. Übung zur Atemstüze


Sie holen durch die Nase Luft, wie in einer der vorangegangenen Übungen, halten sie bei offenem Mund
an und lassen sie dann gleichmässig ausfliessen:
a) auf «f», «s» (stimmlos), «sch»; Dauer der Einatmung hierbei 3 bis 6 Sekunden, Dauer des Anhaltens 2 bis
3 Sekunden, Dauer der Ausatmung 8 bis 14 Sekunden;
b) auf «h» mit 10 bis 15 Sekunden Ausatmungsdauer.
Dabei spüren Sie deutlich, wie Sie durch das geweitete Zwerchfell und die Flanken die Luft daran hindern,
gleich völlig auszustömen. (Nach: Zehetmeier, S.31)

2. Übung zur Atemstütze


27
Halten Sie eine Kerzenflamme zehn Zentimeter vor Ihren Mund und singen Sie ein Lied. Die Kerze darf
flackern, aber nicht ausgehen. Jetzt stimmt der Atemdruck, der im Idealfall ziemlich gering ist. (Nach:
Coblenzer, S. 74)
Der nächste Schritt besteht darin, die Stimme mit Hilfe des Zwerchfells zu stützen:

Übung zur Stimm-Stütze


Stellen Sie sich mit dem Rücken zur Wand und stützen Sie sich gut mit dem Kreuzbein ab. Dabei werden
die Bauchmuskeln (Zwerchfell) leicht angespannt. Die Beine können ruhig etwas beweglich und weich sein,
aber den Oberkörper sollten Sie dabei aufrecht halten.
Wenn Sie nun folgende Laute/Worte rufen, drücken Sie bewusst mit dem Kreuzbein gegen die Wand und
spannen Sie Ihre Bauchmuskeln leicht an – Sie unterstützen damit die Stimmbänder, die dadurch vom Druck
entlastet werden.
Rufen Sie vokalreiche Worte oder Laute, die mit W, S oder M beginnen und dehnen Sie die Vokale:
z.B. Siiiii, seeee, saaaa, soooo, suuuu
Waaaaansiiiiiiiiiin

Artikulation
Sie entlasten Ihre Stimmbänder weiterhin durch eine klare Artikulation. Je klarer und verständlicher Sie die
Worte aussprechen, desto weniger Lautstärke benötigen Sie. Hierbei gilt: Deutlich und weniger laut ist
immer noch besser als laut und undeutlich.
Eine Artikulationsübung – wohl die bekannteste – soll an dieser Stelle vorgestellt werden.

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Die Korkenübung:
Die Vorteile: Sie aktiviert den hinteren und unteren Teil des Resonanzraumes, sie fördert die präzise Aus-
sprache bestimmter Konsonanten und sie erhöht die allgemeine Geschmeidigkeit der Sprechmuskulatur.
Anwendung: Nehmen Sie einen Flaschenkorken oder auch einen Stift und legen Sie diesen zwischen die
Schneidezähne. Lesen Sie nun einen Text möglichst laut und versuchen Sie,
so deutlich wie möglich zu artikulieren.
Dann wiederholen Sie den Text ohne Korken/Stift. Sie werden über den Unterschied überrascht sein.

«Es genügt nicht, dass man rede, man muss auch richtig reden!»
Shakespeare, Sommernachtstraum

Stimm-Warm up
Folgendes Stimm-Warm-up können Sie tun, um sich aufzuwärmen und sich stimmlich fit zu halten.

Lockerung des Körpers • Bewegen Sie sich frei (zu Musik), schütteln Sie Arme und Beine aus, kreisen Sie mit
den Hüften, hüpfen Sie, lockern Sie Schultern und Brustkorb.
Atem und Zwerchfell • Nehmen Sie eine aufrechte Haltung ein und beobachten Sie Ihren Atem. Wo können
Sie Ihren Atem spüren, wo weitet sich der Körper? Geben Sie Ihrem Atem immer mehr
Raum. Zwerchfell und Flanken dürfen sich ausdehnen.
• Wie lange können Sie auf einem leise zischenden «ssssssss» ausatmen? Behalten Sie
dabei Ihre aufrechte Haltung.
• Hecheln Sie einmal eine Runde und atmen Sie dann tief aus.
Öffnen der Resonanzräume/Lippen • Flattern Sie mit Ihren Lippen (wie ein Kind, das Motorengeräusch nachahmt) und
und Zungenlockerung bewegen Sie die Zunge schnell vorwärts und rückwärts bei leicht geöffnetem Mund.
28
• Jetzt aktivieren Sie die Resonanzräume. Summen Sie eine Melodie in einer Ihnen
angenehmen Tonlage.
• Versuchen Sie (mit Ihren Händen) wahrzunehmen, wo die Resonanzräume liegen.
Beginnen Sie nun, beim Summen genüsslich zu kauen.
• Seufzen Sie nun ganz weich, ohne Druck zu geben, auf «uuuhh» oder «ooooh»
von oben nach unten und von unten nach oben, so wie es Ihnen angenehm ist.
Zwischendurch immer wieder in Ruhe einatmen.
• Variieren Sie die Lautstärke auf «wwww» und auf einem stimmhaften «ssssss».
Geben Sie dazu mehr Luft und Weite in den Klang hinein.
Artikulation • Nun trainieren Sie Ihre Artikulationsmuskeln: Sagen Sie so schnell wie möglich:
«gelingen gelangen gelingen gelangen» mehrmals hintereinander.
• Sprechen Sie im Kauderwelsch eine Fantasiesprache und bewegen Sie dabei möglichst
alle Gesichtsmuskeln, vor allem aber natürlich die Zunge und die Lippen.
• Singen Sie eine Melodie auf «bla bla bla bla…» Der Unterkiefer sollte sich dabei
locker auf und ab bewegen.
• Wählen Sie nun einen Zungenbrecher aus, den Sie mehrmals hintereinander, erst
langsam und übertrieben (eventuell mit Stift oder Korken im Mund) und dann
allmählich immer schneller sprechen.

Tipps zur Stimmpflege:


Der Feuchtigkeitshaushalt des Körpers ist auch für die Sprechwerkzeuge entscheidend:
• Trinken Sie mindestens zwei Liter Flüssigkeit täglich. Meiden Sie nach Möglichkeit Kaffee, Tee, Cola, denn
koffeinhaltige Substanzen wirken austrocknend.
• Rauchen ist Gift für die Stimme: Nach nur einer Zigarette braucht Ihr Körper mehrere Stunden, um einen
optimalen Schleimhautzustand im Sprechapparat wieder herzustellen.
• Sorgen Sie für ausreichend Luftfeuchtigkeit, bzw. trinken Sie regelmässig Wasser, wenn Sie lange und viel
reden müssen.

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Wenn Sie heiser sind:


Nicht flüstern, das verstärkt den Druck auf die Stimmbänder.
Räuspern Sie sich nach Möglichkeit nicht. Trinken von Flüssigkeit oder Lutschen von Halsbonbons ist besser.

Der Sprechausdruck
Neben dem Stimmklang gibt es eine Reihe sprecherischer Ausdrucksmittel, die dem Zuhörer wesentliche
Informationen und Eindrücke vermitteln. Gute Sprecher bleiben fit in der Stimme und im Ausdruck – und
das überträgt sich auf das Publikum, das ebenfalls über lange Zeit aufmerksam zuhören kann.
Gute Sprecherinnen beherrschen das Einmaleins des Sprechausdrucks – die Kunst, die Spannung bei den
Zuhörern zu erhalten. Und das geschieht durch folgende Techniken:

Stimmsenkungen – «Auf den Punkt sprechen!»


Am Ende eines Gedankens ist es notwendig, mit der Stimme deutlich herunterzugehen. So signalisiert man
dem Hörer: «Gedankenende»; er kann sich auf den nächsten Gedanken einstellen. Fehlen deutliche Stimm-
senkungen, so leidet die Verständlichkeit erheblich.
Es ist keinesfalls selbstverständlich, dass wir die Sätze auf den Punkt sprechen. Achten Sie einmal darauf.
Falls Sie auch zu denjenigen gehören, die am Ende des Satzes mit der Stimme nach oben gehen und auf
diese Weise gerne Bandwurmsätze produzieren, versuchen Sie es einmal mit folgender Übung:

Übung: Sätze auf den Punkt sprechen


Lesen Sie den folgenden Text laut vor und zwar mit der Vorstellung, dass Sie einen verschlüsselten Brief
erhalten und die eigentliche Bedeutung der merkwürdigen Sätze nicht verstehen. Dadurch sensiblilisieren
Sie sich für das Heben der Stimme am Ende von Fragesätzen. Sie setzen also hinter jeden Satz ein Fragezeichen
und sprechen mit dem Unterton: «Was mag das wohl heissen?» 29

Im alten China mussten Leute, die in den Staatsdienst wollten, Prüfungen machen. Diese Prüfungen waren
viel ganzheitlicher als unsere heutigen Eintrittsexamen für eine Beamtenlaufbahn. Jemand, der beispiels-
weise Ingenieur im Staatsdienst werden wollte, musste auch in Poesie, Kunst, Malerei und Kalligraphie
gute Noten haben.
Ein solcher Prüfling ging in den Tempel, um zu beten. Er kniete vor der Statue des «roten Richters» nie-
der, einer Götterfigur mit einem Pinsel in der Hand, welcher Erfolg in Kalligraphie, Poesie und Dichtkunst
symbolisierte.
Zu diesem roten Richter betete er: «Ich bin ganz verzweifelt, morgen beginnen die Prüfungen, die über
drei Monate laufen werden. Kannst du mir helfen?»
Auf einmal wurde die Statue lebendig. Der rote Richter beugte sich herunter und sagte mit donnernder
Stimme: «Hier, nimm meinen Pinsel! Einen Monat nach Abschluss der Prüfungen bringst du ihn mir ­wieder!»
Überglücklich eilte der Prüfling von dannen… und bestand alle Prüfungen summa cum laude. Er wurde
sogar ein geachteter Poet durch die Gedichte, die er in diesen Prüfungs-Wochen schrieb. Er begann, ausser-
halb der Prüfungsaufgaben Gedichte und kurze Texte zu schreiben… Aber nun ging diese Zeit zu Ende,
denn er musste diesen «magischen» Pinsel zurückbringen.
Nun ging er an dem Schicksalstag wieder in den Tempel. Nachdem er sich beim roten Richter bedankt
hatte, sagte er: «Ach, ich würde so gerne deinen Pinsel noch länger benutzen. Es fliesst nur so aus mir
heraus, es entwickeln sich so grossartige Dinge. Kann ich den Pinsel nicht noch ein Weilchen behalten?»
Wieder kam Leben in die Statue.
Wieder sprach der rote Richter mit donnernder Stimme: «Du Narr! Hast du es denn noch immer nicht
begriffen? Jetzt kannst du mit jedem Pinsel schreiben!»
(nach: Birkenbihl, Vera: Rhetorik)

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Nun lesen Sie diesen Text ein zweites Mal laut – und zwar geben Sie sich nun gewissermassen selbst die
Antwort auf die vorherigen Fragen. Bei jedem Satz denken Sie: «Ja, so ist es.» Und mit diesem Untertext
(«Ja, genau, das stimmt.») lesen Sie jeden weiteren Satz laut vor. Nun müssten alle Sätze «auf dem Punkt»
landen.

Angemessene Sprechgeschwindigkeit
Sprechen Sie nicht so schnell, dass alles ineinandergeht, aber auch nicht so langsam, dass die Sätze aus-
einanderfallen. Stattdessen sind deutliche und ausreichend lange Pausen notwendig. Gerade durch den
geschickten und kunstvollen Einsatz von Pausen gelingt es dem Schauspieler, Spannung und Wirkung zu
erzeugen (Vgl. S. 52, Funktion von längeren und kürzeren Pausen).

Sinnvolle Betonung
Ein häufiger Fehler ist, zu deutlich sprechen zu wollen – und deshalb zu viel zu betonen. Man merke sich
eine Faustregel: In einem Satz haben immer nur ein bis zwei Worte den Hauptakzent. Zu viele Betonun­
gen lassen das Wesentliche nicht mehr erkennen – die Verständlichkeit sinkt. Hier hilft uns ebenfalls die
Schauspielkunst, auch einmal längeren Sätzen mit gut gesetzten Betonungen zu einem klaren Ausdruck
zu verhelfen. Es ist interessant, sich einmal bewusst zu machen, wie sehr die Betonung eines Wortes die
Bedeutung der Äusserung verändert:
Der Satz: «Willst Du mich heiraten?» erhält, je nachdem, welches Wort man betont, unterschiedliche
Bedeutungen.
Aus den Pausen und Betonungen ergibt sich:

Die Phrasierung
Ein Satz wird selten in einem Zug gesprochen. Beim freien Sprechen zwingt uns allein schon die Notwendig­
keit, den nächsten Gedankenschritt vorausplanen zu müssen, zum längeren und kürzeren, oft auch nur
unmerklichen Innehalten. Dieses Innehalten nutzen wir, um die Satzteile voneinander abzugrenzen und 30
den Satz zu strukturieren.
Beim Vorlesen müssen wir also den Satz in seinen einzelnen Teilen schrittweise für den Zuhörer entwickeln,
damit er ihn auch erfassen kann und die Wörter nicht einfach an ihm vorbei fliessen. Die Satzzeichen geben
uns wichtige Anhaltspunkte – aber nicht jedes Komma muss automatisch zu einer Pause führen.

Übung zur Phrasierung;


Finden Sie eine klare Phrasierung für folgende Geschichte, d.h. finden Sie heraus, was Sie wie betonen
müssen, wie lange Sie wo innehalten müssen, um den Inhalt optimal zu vermitteln.

Das Rätsel
«Ein junger Doktor der Rechte und eine Stiftsdame, von denen kein Mensch wusste, dass sie miteinander
in Verhältnis standen, befanden sich einst bei dem Commendanten der Stadt, in einer zahlreichen und
ansehnlichen Gesellschaft. Die Dame, jung und schön, trug, wie es zu derselben Zeit Mode war, ein
kleines schwarzes Schönpflästerchen im Gesicht, und zwar dicht über der Lippe, auf der rechten Seite des
Mundes. Irgendein Zufall veranlasste, dass die Gesellschaft sich auf einen Augenblick aus dem Zimmer
entfernte, dergestalt, dass nur der Doktor und die besagte Dame darin zurückblieben. Als die Gesellschaft
zurückkehrte, fand sich zum allgemeinen Befremden derselben, dass der Doktor das Schönpflästerchen im
Gesicht trug; und zwar gleichfalls über der Lippe, aber auf der linken Seite des Mundes.»
(Heinrich von Kleist)

Insgesamt lautet die Devise: Abwechslungsreich sprechen!


Langweiliges, monotones Sprechen verleitet zum Abschalten. Darüber hinaus ist der Hörer gar nicht in
der Lage, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden. Ein wesentliches Merkmal des verständlichen
Sprechers ist deshalb, variationsreich sprechen zu können: mal lauter, mal gedämpfter; mal schneller, mal
langsamer; mal lange, mal kurze Pausen; je nachdem was wichtig ist.

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Die Steigerung
Ein wirkungsvolles Ausdrucksmittel ist dabei die Steigerung, die sich im Tempo, in der Lautstärke, in der
immer stärker werdenden Emotion äussern kann. Eine schöne Übung dazu besteht darin, sich als «Markt-
Schreier» zu versuchen:

Übung: Die Steigerung/Sprechspannung durchhalten:


Sprechen Sie diesen Werbetext, indem Sie die Aussagen in verschiedenen Varationen (z.B. Tempo, Laut-
stärke, Emotion) immer weiter steigern:
«Elegante Herrenanzüge – Wollsiegelqualität – mit zwei Hosen – für nur 499 EURO – ja, da muss man
doch zu Kleider-Müller.»
Sprechen Sie den Text ein zweites Mal ohne Steigerung und erfahren Sie den Unterschied.
Das Durchhalten der Sprechspannung heisst: Über das Satzende hinaus bleibt die Spannung noch einen
Moment erhalten – wie der Hundertmeterläufer, der über die Zielgerade hinaus durchzieht und nicht schon
vorher stoppt.

Die Emotion
Auch die Gefühlslage, in der ein Satz gesprochen wird, ist entscheidend für die Bedeutung: «Es hat geklin-
gelt!» kann freudig, ungeduldig, erschrocken, genervt etc. geäussert werden. Es ist nicht der Satz selbst,
sondern der Tonfall und die Mimik, die die Bedeutung vermitteln. Man spricht auch vom «Subtext»,
dem Untertext, also dem, was zwischen den Zeilen gesagt wird. Wenn z.B. ein Kollege mit missmutigem
Gesichtsausdruck und genervtem Tonfall sagt: «Heute geht es mir blendend!» – dann nehmen wir ihm
nicht ab, dass es ihm gut geht. Sein Subtext lautet: «Mir geht es schlecht!» Das bedeutet:

In den meisten Fällen ist die non-verbale Botschaft stärker als die verbale.
Der Subtext kann sehr schnell variieren, z.B. innerhalb von zwei direkt aufeinander folgenden Sätzen: 31

1. Satz (bittender Tonfall) Subtext:


«Holst du mich heute ab?» «Es wäre so schön, wenn Du das tun würdest!»
2. Satz (ungeduldiger Tonfall) Subtext:
«Ich habe Dich was gefragt!» «Jetzt hör mir endlich zu!»

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Präsenz und Darstellungskraft


Die Präsenz eines Darstellers zeigt sich darin, wie es ihm gelingt, die Aufmerksamkeit des Publikums zu
fesseln. Das kann er, wie wir gesehen haben, durch abwechslungsreiches Sprechen erreichen.
Es gibt hierbei noch weitere Möglichkeiten, Spannung und Interesse bei den Zuschauern zu erzeugen:

Die Kraft des inneren Bildes


Ein zentraler Faktor, der die Kraft der Präsenz eines Menschen ausmacht, ist die Energie des inneren Bildes,
das hinter dem gesprochenen Wort steht. Man könnte auch von dem gedanklich-emotionalen «Subtext»
sprechen, der gleichzeitig bei jeder Äusserung mitläuft und mitschwingt.
Gesten und Worte leben nämlich von den dahinterstehenden Bildern und Emotionen. Rein mechanische
Bewegungen und Worte haben wenig Ausdruckskraft.
Das bedeutet: Je mehr es dem Darsteller gelingt, – durch eine intensive Vorstellungskraft – seine Bilder
und seinen Subtext auf das Publikum zu übertragen, desto mehr wird es in den Bann gezogen.
Schauspielarbeit heisst, den «zu übertragenden» Text Satz für Satz und Abschnitt für Abschnitt mit Bildern/
Gedanken/Gefühlen zu hinterlegen und so eine Art kleine Dramaturgie, eine Dynamik zu entwickeln, die
beim Publikum das Interesse an der Figur und die Aufmerksamkeit aufrechterhält. Je stärker das innere Bild
und die Vorstellungskraft des Darstellers, desto intensiver wird der Sprechausdruck und desto mehr über-
trägt sich schliesslich auch auf das Publikum.

Hintergrund
Innere Bilder, Gedanken,
Vorstellungen, Gefühle (Subtext)
32
Gesprochene Worte, geäußerte Gesten und Mimik

Vordergrund

Spannung und Timing


Möchte ein Darsteller erhöhte Spannung auf der Bühne erzeugen, zögert er eine anstehende Aktion oder
einen zu sprechenden Satz(teil) so lange hinaus, wie es gerade noch auszuhalten ist – und hält dabei gleich-
zeitig die Energie, d.h. die Körperspannung aufrecht.
Diese Energie ist vergleichbar mit der des Kunstspringers auf dem Zehnmeter-Brett, der sich in Pose stellt
– und sammelt – und sammelt – und konzentriert… bevor er endlich losspringt. Würde er auf dem Brett
gelangweilt in der Gegend herumschauen, bevor er springt, wäre die Energie verpufft.
Aktionen können gedehnt, gerafft oder auch angehalten werden. Es kommt auf das richtige Timing an:
Wie lange kann ein Darsteller auf einem Stuhl sitzen und nur so viel an seiner Haltung ändern, wie nötig
ist, das Publikum weiter zu interessieren?
Oder: Wie lange gelingt es einem Redner, eine Pause im Satz zu machen und die Spannung zu halten,
ohne die Aufmerksamkeit des Publikums und damit seine eigene Präsenz zu verlieren?

Es ist unwichtig, ob eine Aktion fünf Minuten oder eine Stunde braucht, entscheidend ist, ob die Zeit mit
Energie ausgefüllt ist oder nicht.
Diese Energie, die ein Darsteller auf das Publikum überträgt, nennt man Präsenz.

Die absolute Präsenz ist das Erleben einer Aktivität, die ablenkende
Gedanken, Zeit und Raum vergessen lässt.
Wolf W. Lasko

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Sie erhöhen die Spannung beim Publikum, indem Sie geschickt Verzögerungen und Pausen einbauen und
dabei die Spannung aufrechterhalten.

Brüche und Pointen


Ein weiteres Mittel, das Publikum in Atem zu halten, ist der «Bruch», der etwa mit der Pointe eines Witzes
gleichzusetzen ist.
Gute Zauberer, Kabarettisten und Komiker beherrschen Brüche wie das kleine Einmaleins. Das Grundprinzip
ist immer dasselbe: Bestimmte Erwartungen werden hervorgekitzelt, Spannung entsteht, alles deutet darauf
hin, dass die Erwartung sich erfüllt, – da kommt völlig überraschend der Break und alles läuft anders.
Brüche müssen sorgfältig aufgebaut werden, entweder durch Steigerung und Forcierung des Geschehens
oder durch eine Vorankündigung
Die grösste Schwierigkeit ist das «timing», d.h. der Bruch darf nicht zu früh (der Höhepunkt der Spannung
ist noch nicht erreicht) und nicht zu spät (die Spannung lässt bereits nach) kommen.

Ein typisches Beispiel für eine non-verbale Aktion mit Bruch:


Der Darsteller nimmt grossartige Aktions-Posen ein, um ein tonnenschweres Gewicht zu heben, das vor ihm
auf dem Boden liegt. Er reibt sich vorbereitend die Hände ein, lässt die Muskeln spielen etc. Jetzt geht er
endlich in die Knie und streckt seine Hände nach dem Gewicht aus. Doch in diesem entscheidenden Moment
bricht er ab – vielleicht, weil sein Handy klingelt oder er plötzlich dringend eine Fliege jagen muss o.ä.
Wie lange gelingt es ihm, die Spannung aufrecht zu erhalten?
Wie lange gelingt es ihm, präsent zu sein, ohne dass eigentlich etwas Wesentliches geschieht?

Beispiel für einen verbalen Bruch:


Ein Abteilungsleiter bei einem Vortrag über das Thema Führung:
«Herr Schmidt machte einen gravierenden Fehler und liess drei seiner kreativsten Leute gehen. Natürlich 33
verlor er seinen Job – (Pause)… nicht.»

Gut plazierte und getimte Brüche und überrraschende Wendungen


garantieren Ihnen ein Publikum, das an Ihren Lippen hängt.

Dramaturgie – Markieren und Hervorheben


Jeder Krimi, jeder Roman, jeder gute Film hat eine Dramaturgie – so auch jeder gute Vortrag und jede
überzeugende Präsentation.
Es gibt mindestens einen Höhepunkt – der entsprechend verbal und non-verbal markiert werden sollte.

Entscheiden Sie sich von vornherein, worin der Höhepunkt Ihrer


Präsentation bestehen soll und wie Sie ihn markieren – sowohl verbal, als
auch non-verbal
So können Sie wichtige Inhalte non-verbal herausheben, markieren.
• Markieren durch längere Pausen:
(Nehmen Sie sich Zeit, sich zu sammeln und in Ruhe Atem zu holen):
– kündigen etwas Neues an – kündigen etwas Besonderes an.
– schliessen etwas Altes ab
• Markieren durch kürzere Pausen (kurzes Innehalten, meist ohne Luftholen)
– teilen Gesagtes in sinnvolle Abschnitte – unterbrechen aber nicht den Gesamtbogen
• Markieren durch Emotionalität:
– Beispiel: «Wir haben verzweifelt gesucht, bis wir die Lösung hatten…»
• Markieren durch eine veränderte Stimmlage:
– z.B. lauter und akzentuierter: «Nur durch diese Kombination ist eine technische Lösung möglich!»

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• Markieren durch Positionswechsel:


– Beispiel: «Und ich komme jetzt zum entscheidenden Punkt: Was ist die Antwort auf diese – unlösbar
erscheinende – Frage?» (Sie wechseln nun den Standort und bringen die Antwort)
• Markieren durch besondere Gesten
– durch eine unerwartete Form der Ansprache
– durch eine überraschende Aktion
–…
Lassen Sie Ihrer Phantasie freien Raum.

Nonverbale Tipps für den Auftritt:


• Nehmen Sie erst ausgiebig Blick-Kontakt auf, bevor Sie beginnen zu sprechen.
• Probieren einmal eine alte Bühnenregel aus:
Erst agieren, dann reden oder: langsam agieren und dabei reden.
Agieren heisst hier: z.B. gehen, Folien auflegen, etwas in die Hand nehmen etc.
Mit Agieren ist nicht die begleitende Gestik beim Sprechen gemeint.
• Sobald das Publikum Sie von vorn oder von der Seite sehen kann, sollten Sie Blickkontakt aufnehmen –
es sei denn, Sie müssen Hindernissen ausweichen oder Ihre Unterlagen auf dem Rednerpult sortieren.
• Probieren Sie es aus: Für jedes neue Argument gehen Sie auf einen anderen Platz innerhalb Ihres Auftritts-
bereichs.
• Gestikulieren Sie generell nur bis in den Schulterbereich hinein – nicht ins Gesichtsfeld.
• Wenn Sie Kontakt zu einer grösseren Zuhörerschaft aufnehmen wollen, gehen Sie mit Ihrem Blick spiral-
förmig im Uhrzeigersinn vor: Der Blick beginnt vorne links, geht dann nach hinten links, hinten rechts,
vorne rechts, endet in der Mitte.
• Generell: Eher ruhige Bewegungen, Raum und Zeit in Anspruch nehmen
• Setzen Sie bewusst Pausen, auch um inhaltliche Abschnitte voneinander abzusetzen.
34
• Bleiben Sie in Kontakt mit Ihrem Publikum: Sind noch alle dabei? Gibt es Müdigkeitserscheinungen?
Ablehnung? Zustimmung?

Story-Telling
Kommen wir nun zu einer der meistgenutzten Möglichkeiten, das Interesse der Zuhörer zu fesseln.
Das Story-Telling ist das freie, lebendige Erzählen von Geschichten – eine Kunst, mit der schon viel erreicht
worden ist. Einer der bekanntesten «Geschichten-Erzähler» ist Jesus gewesen. Seine Geschichten werden
heute immer noch erzählt und entfalten nach wie vor ihre Wirkung.
Geschichten zu erzählen – das ist die einfachste und gleichzeitig wirkungsvollste Art, andere zu überzeugen.
Geschichten erreichen nicht nur den Verstand, sondern wirken direkt über unser Gefühl – deshalb sind
Geschichten in der Regel wirkungsvoller als die Nennung von trockenen Fakten. Ausserdem können wir uns
viel leichter an sie erinnern – sie erreichen eben direkt unsere rechte Gehirnhälfte.
Wenn Sie eine gute Geschichte erzählen, zeigen Sie den anderen eine Art «Dokumentar-Film» und lassen
die Zuhörer direkt am Geschehen teilhaben. Dadurch erreichen Sie tiefere Schichten des Bewusstseins – die
emotionale Ebene. Und hier findet die eigentliche Überzeugungsarbeit statt. Untersuchungen haben bestätigt,
dass die meisten Entscheidungen nicht rational, sondern emotional getroffen werden. Geschichten sind hier
eine wirkungsvolle «Entscheidungshilfe».

«Wer-ich-bin»-Geschichten
Ein Handwerker sagt zum Beispiel nicht einfach: «Ich bin zuverlässig und leiste gute Arbeit», sondern
erzählt eine Geschichte, wie er einen Kunden trotz widriger Umstände nicht nur zufriedengestellt, sondern
sogar begeistert hat.
Wenn Sie möchten, dass andere Ihnen Vertrauen entgegenbringen, erzählen Sie eine entsprechende
Geschichte über Ihre Vertrauenswürdigkeit.

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Als Redner können Sie das Publikum davon überzeugen, dass Sie humorvoll und unterhaltsam sind, indem
Sie mit einer Geschichte beginnen. Sofort haben Sie die Zuhörer auf Ihrer Seite. Ein Statistiker begann z.B.
mit den Worten: «Ich bin Statistiker, und Sie werden nun die langweiligste Stunde Ihres Lebens verbringen.»
Dann machte er Witze darüber, wie seine letzte Zuhörerschaft wiederbelebt werden musste…und alle im
Saal amüsierten sich köstlich.
Wenn Sie sich als neuer Abteilungsleiter Ihren Mitarbeitern vorstellen, können Sie mit einer passenden
Geschichte das Vertrauen und die Kooperation der Mitarbeiter gewinnen. z.B. erzählte ein neuer Teamleiter
seinem Team die Geschichte von seinem ersten Job in einer Führungsposition, als er den Leuten dort perma-
nent sagte, was sie zu tun hätten, bis er schliesslich zurechtgewiesen wurde. Eine Führungskraft, die diese
Selbsterkenntnis zeigt, beweist, dass sie ein offenes Ohr für die Mitarbeiter und die eigenen Fehler hat.

Lehrreiche Geschichten
Geschichten sind hilfreich, jemanden etwas «durch die Blume» mitzuteilen, statt ihn direkt zurechtzuweisen.
Annette Simmons: «Wenn Sie der neuen Dame am Empfang zeigen, welche Tasten sie drücken muss,
zeigen Sie ihr damit nicht, wie eine gute Empfangsdame arbeitet. Wenn Sie aber die Geschichte von Frau
Ardi aus der Türkei erzählen, der besten Empfangsdame, die Sie je gesehen haben, die gleichzeitig einen
wütenden Kunden beruhigen, den Chef auffinden und dem Boten ein Lächeln schenken konnte, dann
umreissen Sie die Fähigkeiten, die Sie von ihr erwarten, viel schärfer.»

Das Einzige, was Menschen Ewigkeit verleiht, ist nicht die Geschichte,
sondern eine Geschichte, die man erzählt.
Aus dem Gilgamesch-Epos, 12. Jh. v. Chr.

Bei einer festgefahrenen Besprechung zwischen Abteilungsleitern könnte z.B. folgende Geschichte hilfreich
sein:
«Ich haben einen kleinen Hund, der Napoleon heisst – er hat nie gelernt, dass wir nicht weiterkommen,
35
wenn wir auf verschiedenen Seiten an einem Laternenmast vorbeigehen. Napoleon schaut mich dann mit
seinen treuen Hundeaugen fragend an und scheint sich zu wundern, dass wir nicht vorwärts kommen. Ich
könnte ihm den lieben langen Tag erzählen, dass er um den Mast herumlaufen soll, aber er tut es nicht,
und so muss ich auf seine Seite herüberkommen. Nur so entwirren wir die Leine und können weiterlaufen.»
(Quelle: Simmons)

Geschichten über «gelebte Werte»


Wenn Sie möchten, dass jemand einen bestimmten Grundsatz beachtet, dann erzählen Sie eine Geschichte.
Zum Beispiel diese, zum Thema «Machen Sie doch dieses eine Mal eine Ausnahme!»

Die 101. Kuh


In einem Dorf lebten hundert Bauern. Es gab dort eine grosse Gemeindewiese, die jeder von ihnen nutzen
durfte. Dabei waren die Bauern übereingekommen, dass jeder von ihnen täglich eine seiner Kühe auf die
Gemeinschaftsweide treiben durfte. Lange Zeit ging die Sache gut, doch eines Tages sah ein Bauer, wie sein
Nachbar nicht nur eine Kuh, sondern zwei auf die Weide liess. Der Bauer war empört. Am nächsten Morgen
stellt er seinen Nachbarn zur Rede. «Was regst du dich so auf?», gibt dieser zurück. «Ich mache das schon
eine Weile, ohne dass es irgend jemand gemerkt hat. Und keiner hat einen Schaden davon. Alle Kühe
bekommen genug zu fressen. Die Wiese ist gross genug. Eine Kuh von dir hätte da sicher auch noch Platz.»
Da musste der Bauer seinem Nachbarn Recht geben. Am nächsten Tag grasten 102 Kühe auf der Weide.
Das bemerkte ein dritter Bauer, der nun ebenfalls zwei Kühe auf die Weide trieb. Und so ging es fort. Jede
Woche grasten mehr Kühe auf der Gemeindewiese, die hundert Kühen reichlich Nahrung gegeben hatte,
doch von 120, 130 und schliesslich 150 Kühen schnell abgeweidet war. Eines Tages war die Weide vollkommen
kahl gefressen. Es war nicht einmal mehr genügend Gras für eine einzige Kuh vorhanden.
«Es waren einfach zu viele Kühe auf der Weide», erklärte einer der Bauern. «Oh, nein», erwiderte ein
anderer. «Nicht die Menge der Kühe war die Ursache, dass unsere Gemeindewiese jetzt zerstört ist. Es war
die 101. Kuh.»

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Erzählen gehört genauso zur Natur des Menschen wie das Atmen und der
Blutkreislauf…
A. S. Byatt

Wie findet man eine gute Geschichte?


• Sammeln Sie: Schneiden Sie interessante Artikel aus der Zeitung aus, recherchieren Sie nach Themen im
Internet, fragen Sie Menschen in Ihrem Umfeld nach eigenen Erlebnissen… etc. (vgl. auch: NÖLLKE,
Matthias: Anekdoten, Geschichten, Metaphern für Führungskräfte)
Kurz: Legen Sie sich eine Geschichts-Sammlung zu.
• Vor einer Präsentation/einem Vortrag fragen Sie sich: Was ist meine Hauptbotschaft? Was möchte ich
meinen Zuhörern klarmachen? Was sollen sie sich am Ende merken?
• Suchen Sie nach einer passenden Story, die genau die Botschaft transportiert, die Sie übermitteln wollen.
• Bereiten Sie nun Ihren Vortrag/Ihre Präsentation vor und überlegen Sie, an welcher Stelle Sie gut diese
Geschichte erzählen können. Manchmal wirkt eine Geschichte auch gut als Aufhänger oder Schluss.
• Proben Sie mehrmals laut, holen Sie sich Anregungen von anderen, wie Sie die Geschichte noch packender
und pointierter erzählen können.
Und jetzt die Frage – wie erzählt man eine gute Geschichte?

Den Zuhörer verführen…


Eine Geschichte sollte nicht vorgelesen, sondern frei und lebhaft erzählt werden. Nur dann können Sie
wirklich die Aufmerksamkeit Ihrer Zuhörer steuern.

Steigen Sie in die unterschiedlichen Figuren Ihrer Geschichte ein.


• Variieren Sie Ihre Stimme – je nach der Person, die Sie gerade darstellen.
• Setzen Sie bewusst die «direkte Rede» vom Erzähltext ab! 36
• Beispiel: «Wo ist hier die Tür»? fragte mich der Verkäufer.
• Die direkte Frage des Verkäufers wird in einem völlig anderen Tonfall gesprochen, als der restliche Text.
• Verändern sie Ihre Körperhaltung, Gestik, Mimik – entsprechend der Situation, in der sich Ihre Figur
gerade befindet.
• Geben Sie die Emotionen Ihrer Figuren wieder.

Stellen Sie sich vor, Sie leben diese Geschichte vor, statt sie nur zu
erzählen.
Timing – machen Sie Pausen.
• Achten Sie auf die Länge der Pausen – die Spannung muss bestehen bleiben.
• Setzen Sie direkte Rede und Zwischentexte voneinander ab.

Variieren Sie in der Darstellung


• im Tempo – je nach Dramatik des Geschehens.
• in der Lautstärke
• im Atem- und Stimmdruck
• in den Emotionen

Rufen Sie beim Zuhörer Empfindungen hervor, indem Sie alle Sinne ansprechen:
• Beschreiben Sie visuelle Details (Adjektive!), Gerüche, …imitieren Sie Geräusche…

Verwenden Sie «sinnliche» Details, um Ihrem Publikum die Geschichte


schmackhaft zu machen.

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Wirkung erzeugen durch «Bild-Sprache»


Wählen Sie zwischendurch immer wieder eine bildhafte Sprache, um direkt die rechte (emotionale/intuitive)
Gehirnhälfte Ihres Publikums anzusprechen.
Je emotionaler und bildhafter die Sprache, desto eindringlicher die Wirkung.
Gerade die Werbung hat sich dieses Prinzip zunutze gemacht – sie spricht in emotional gefärbten, schnell
wechselnden Bildern. Dieses visuelle Prinzip lässt sich auch auf die gesprochene Sprache übertragen. Dazu
ein Beispiel:
Ein schwülheisser Sommertag. Mittags um 13 Uhr im Büro. Es ist stickig, obwohl die Fenster weit offen
sind. Meine Kollegin gähnt: «Wir werden das nicht schaffen!» – «Klar, schaffen wir das!» Ich versuche
optimistisch zu wirken…
Diese Art des Sprechens versetzt den Zuhörer sofort in eine andere Welt. Mit jedem Satz entsteht ein neues
Bild – oder es wird eine kleine Facette hinzugefügt. Die Sätze sind kurz und werden – wenn es passt – emotio-
nal gesprochen. Die direkte Rede lässt die Figuren lebendig erscheinen. Mit dieser Form des Sprechens wird
jeder Zuhörer sofort aufmerksam – denn seine rechte Gehirnhälfte wird unmittelbar angesprochen.

Das sind die Techniken der «Bild-Sprache»:

Die Technik SO NICHT! Beispiel:


Kurze, einfache, auch ungrammatikalische Es war gestern Abend um 18.00 Uhr, Gestern Abend, 18.00 Uhr.
Sätze in Umgangs-Sprache. als es an der Haustür klingelte Es klingelt an der Haustür.
Keine Nebensätze Ich mache auf und mein Nachbar Ich mache auf. Da steht mein Nachbar.
steht da.
Gegenwartsform erhöht die Dynamik. Ich schaute mich vorsichtig um Vorsichtig schaue ich mich um.
Verwendung von wörtlicher Rede Er sagt mir, dass er über wenig Zeit Er sagt: «Ich hab’ nur wenig Zeit!»
verfüge. 37
Verwendung von Verben. Der Weggang von Herrn X Wir sind empört: Herr X geht einfach!
verursachte Empörung.
Keine Weichmacher, Im Prinzip denke ich, wir könnten Wir versuchen das so
keine vagen Ausdrücke das so versuchen. oder noch stärker:
Wir machen das so.
Adjektive für die Sinne Die Frau mit dem Schal… Die Frau mit dem roten Schal…

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Auftreten bei Präsentationen und Vorträgen


Wenn Sie die letzten Trainingsschritte absolviert haben, müssten Sie inzwischen ein Gespür dafür entwickelt
haben, was Sie brauchen, um bei (öffentlichen) Auftritten überzeugend und sicher zu wirken.
Erinnern Sie sich an die kleine Übung aus der ersten Trainingseinheit? Wenn ja, wissen Sie, dass das mensch-
liche Gedächtnis hauptsächlich die nonverbalen Eindrücke speichert.
Übertragen auf eine Vortrags- oder Präsentationssituation – oder noch extremer: einen Auftritt in den
Medien – bedeutet das:

Was Sie inhaltlich gesagt haben, vergisst ihr Publikum schneller als die
Gesamtwirkung, die Sie erzeugt haben.
Und diese erzielen Sie in erster Linie durch die non-verbalen Aspekte Ihres Auftritts.
Bei Präsentationen spielt natürlich ausserdem die Form der Visualisierung eine Rolle und bei Medienauf-
tritten der Rahmen der Sendung, die Verhaltensweise und Äusserungen Ihrer Gesprächspartner und Ihr
Umgang damit.
Wie auf dem Theater, sollten überzeugende Auftritte vorher geprobt und inszeniert werden. Probieren Sie
also Ihren Auftritt laut entweder von einem imaginären oder aber – besser noch – einem realen ausgewählten
Publikum.

Nur wer sich selbst bewegt, kann auch andere bewegen.


Emil Hierold

Was müssen Sie – an nonverbalen Aspekten – bei einem Vortrag 38


oder einer Präsentation bedenken?
Auftritt:
• Wie sieht der Raum aus?
• Gibt es ein Rednerpult? Brauchen Sie das überhaupt?
• Wie gehen Sie zu Ihrem Rednerplatz? Wie halten Sie Ihre Unterlagen, die Sie mitnehmen?
• Wie nehmen Sie Kontakt zum Publikum auf?
• Wie lautet der «Untertext» – die begleitenden inneren Bilder und Vorstellungen – Ihrer ersten Sätze?
• Wie stehen Sie – haben Sie genug Lockerheit und Platz für Ihre Gestik?
• Wie schauen Sie? Offen entspannt und lebendig?

Dramaturgie/Spannungsbögen:
• Mit welchen sprecherischen und darstellerischen Mitteln bauen Sie Spannung auf? Wo halten Sie inne –
lassen Worte wirken?
• Wie kennzeichnen Sie den Höhepunkt Ihres Vortrags?
• Wie bewegen Sie sich? Bleiben Sie immer am selben Punkt stehen – oder erlaubt es die Akustik und der
Raum, auch einmal auf das Publikum zuzugehen?
• Welche Visalisierungsmittel nutzen Sie? Wie und wann genau?

Abschluss und Abgang:


• Wie lautet der «Untertext» Ihrer letzten Sätze?
• Welchen Eindruck möchten Sie beim Publikum hinterlassen?
• Wie verabschieden Sie sich vom Publikum und verlassen den Rednerplatz?
Achtung! Auch der Abgang gehört noch zur Inszenierung.
Soweit zu den non-verbalen Aspekten Ihres Auftritts.

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Natürlich wollen Sie vor allem inhaltlich etwas übermitteln. Sie wissen:

Je überzeugender Ihr nonverbaler Ausdruck wirkt desto besser kommt Ihr


verbaler Inhalt an.
Es versteht sich von selbst, dass Sie auch über die entsprechenden verbalen Fähigkeiten verfügen und souverän
und prägnant in Ihrer Rhetorik sein sollten.
Hier werden Ihnen sicher die üblichen rhetorischen Tipps weiterhelfen.
Die wichtigsten seien hier noch einmal genannt:

Verbale Aspekte/Der sprachliche Ausdruck


• kurze, einfache, abwechslungsreiche, positive, aktive Sätze
• Wiederholung sichert Einprägung
• mehr Tätigkeits- als Hauptwörter
• bildhafte Vergleiche
• pro Satz ein Gedanke
• Vorsicht vor Weichmachern:
– keine Konjunktivformen («Das würde heissen…»)
– keine Passivformen («Es wurde festgestellt..»)
– keine unpersönlichen Konstruktionen («Dazu kann man sagen,…»)
– keine einschränkenden Floskeln («Eigentlich…»)
– keine Polsterwörter («Möglicherweise, wahrscheinlich…»)

Inhaltliche Aspekte
Auch der Inhalt sollte gut vorbereitet sein. Sie sollten ihn verständlich gestalten, gut strukturieren und
genau auf Ihre Zielgruppe zuschneiden. Da auch eine überzeugende Präsentation zur Personal Perfor- 39
mance gehört, erhalten Sie an dieser Stelle die wichtigsten Checklisten für eine inhaltlich gut vorbereitete
Präsentation

Checklisten für die Vorbereitung


Vorbereitung der Präsentation

Zielgruppe
• Erwartungen/Innere Einstellung der Zielgruppe
• Interessen
• Fachlicher Hintergrund/Vorwissen
• Funktion/Entscheidungskompetenz
• Ängste/Vorurteile (akzeptieren und berücksichtigen)
• Fragen, die möglicherweise gestellt werden

Präsentationsziel:
Was sollten die Teilnehmer danach tun/fühlen/denken…?
Ich erreiche mit der Präsentation, dass…
Das Ziel sollte…
…realistisch
…erreichbar
…positiv
…konkret
…im Präsens…formuliert werden.

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Main Message:
Meine Hauptbotschaft lautet:…

Persönlicher Auftritt/Mentale Vorbereitung


• Outfit
• Körpersprache
• Ausstrahlung/Wirkung

Ablauf:
• Wer ist vorher/nachher – mit welchen Inhalten?
• Einleitung/Eröffnung
• Aussagen festlegen/strukturieren/bebildern
• Abschlussformulierung: Main Message

Medieneinsatz planen:
• Hilfsmittel
• Technik einrichten und prüfen
• Material für die Zielgruppe

Vorbereitung auf mögliche Fragen und Einwände


Solche Fragen könnten sein:
• Was wollen wir erreichen?
• Was soll geschehen? Wie soll es funktionieren?
• Wieviel kostet das Ganze/die einzelnen Teile?
• Wer wird es mit wem durchführen?
• Welche Hilfsmittel/Ressourcen sind dazu notwendig?
• Warum kann ich mich darauf verlassen? 40
• Welche Alternativen wurden geprüft?
• Wann wird begonnen? Wann ist es fertig?
• Welchen Nutzen hat die Firma/mein Bereich/ich selbst davon?
• Was soll JETZT konkret geschehen, damit es weitergeht?

Checkliste: Zielgruppenorientierung
Was Ihre Zuhörer schätzen:
• bedürfnisorientierte Präsentation
• gute Sicht- und Hörverhältnisse
• Hinweise auf die Struktur und den «Fahrplan»
• Zusammenfassungen und Wiedereinstiegshilfen
• einfache, gut verständliche Informationen
• neue, interessante Fakten und Gedanken
• mit Fakten untermauerte Aussagen
• notwendige Fachausdrücke mit Erklärungen
• knappe, präzise Informationen
• klare Entscheidungsgrundlagen oder Vorschläge
• emotionale Anregung und Inspiration
• ehrliche Wertschätzung

Es gibt keine zweite Chance für den ersten Eindruck.

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Mögliche Strukturen von Präsentationen


Struktur: Überzeugungspräsentation
Schlagzeile (Start): «Worum geht es heute?»
Situation: «Wie sehen die Tatsachen/das Problem aus?»
Negative Folgen: «Was passiert, wenn nicht gehandelt wird?»
Allgemeiner Vorschlag: «In welche Richtung soll etwas passieren?»
Vorschlag konkretisieren: «Ich/Wir schlagen deshalb vor…»
«Und das heisst im einzelnen…»
Positives Ergebnis: «Was bringt Ihnen dieser Vorschlag?»
Nächste Schritte: «Der erste Schritt zur Realisierung ist…»
Fazit (in Bezug auf die Schlagzeile): «Wie verändert sich/Wie beantworten wir daher…»
«Das Fazit heisst…»

Struktur: Informationspräsentation
Eröffnung/Thema: konkrete Frage stellen oder Schlagwort
Bedeutg./Hintergr.: Wieso ist die Frage für die Zuhörer wichtig?
Menü (Überblick): «Dazu untersuchen wir folgende Punkte:»
Kern-Info 1: «Der erste Punkt…»
Kern-Info 2: «Jetzt zum zweiten Punkt…» (Deutliche Abgrenzung)
Kern-Info 3: «Der letzte Punkt…» (max. drei Kerninfos)
Fazit: Was folgt aus diesen Informationen?
Auflösung: Beantwortung der Ausgangsfrage

41
Kurz-Strukturen
Im Folgenden eine Auswahl von Kurz-Strukturen, die Sie beliebig in Statements oder auch Präsentationen
nutzen können:

Einleitung Einleitung Einleitung Einleitung Einleitung


Tatsache Ist Risiken Vergangenheit Position 1
Ursache Soll/Ziel Chancen Gegenwart Gegenpos.
Folgerung Weg Pläne Zukunft 3. Mögl.keit
Schluss Schluss Schluss Schluss Schluss

Einleitung Einleitung Einleitung Einleitung


Alternative A Im Allgemeinen… Problem Drei Fragen…
Alternative B Im vorliegenden Fall… Vision …formulieren…
Empfehlung Das bedeutet… Appell u. beantworten
Schluss Schluss Schluss Schluss

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Gesellschaftlicher Anlass
Einleitung Einleitung Anlass (Wir sind hier…)
(Heute…)
Eigene Position Aspekt 1 Freude (Ich freue mich besonders…)
Begründung Aspekt 2 Lob und Würdigung (Hauptteil)
Fazit Aspekt 3 Dank für bestimmte Leistungen, Überreichen von Urkunden und
Geschenken
Schluss Schluss Hoffnung/Ausblick/Appell
(Ich hoffe, dass…)
(Möge dieser Tag…)

Tipps bei Blackouts während eines Vortrags


Helfen Sie sich, wenn Sie sehr nervös sind, durch tiefes Atmen. Eventuell machen Sie täglich vorbeugend
zentrierende Atemübungen.
Während Sie vortragen, können Sie sich an den interessierten und wohlwollenden Gesichtern in Publikum
orientieren, um mehr Sicherheit zu gewinnen.
Bedenken Sie, dass die Zuhörer kleinere Störungen und Versprecher sofort vergessen haben, wenn der
Vortrag ansonsten interessant und spannend ist.
Sie selbst sind meist der einzige, der sich noch an die kleinen Fehler erinnert.
Aber was tun, wenn Ihnen plötzlich der rote Faden abhanden kommt und Sie nicht mehr weiter wissen?

Überspielen Sie diese Situation, indem Sie z.B.


• den letzten Gedanken wiederholen
• das gesamte Thema noch einmal zusammenfassen 42
• sich ans Publikum wenden: «Haben Sie noch Fragen dazu?»
• nach einer äusseren Störung ruhig fragen: «Wo war ich stehengeblieben?»
• in Ruhe auf Ihren Stichwortzettel schauen
• …

«Was tun, wenn…» – der Umgang mit Störungen


Bevor wir uns Situationen im Einzelnen anschauen, gehen wir einmal davon aus, dass die Hälfte der Störungen
bereits durch eine gute «Störungs-Prophylaxe» vermieden werden können.

Störungs-Prophylaxe
• Zielgruppen-Orientierung (vgl. S.63f)
dazu gehört auch die Frage, ob Sie bei umstrittenen Themen bereits alle beteiligten Personen im Vorfeld
schon informieren und ins Boot holen konnten.
• Falls nicht, dann: Bereiten Sie sich auf die Fragen/Einwände von möglichen Störern, wie z.B. notorischen
Fragestellern, Profilneurotikern, Gegnern des Projekts etc. vor.
• Zeigen sie eine interessante, gut strukturierte und abwechslungsreiche Präsentation.

Störer-Radar:
• Wer hat in Ihren früheren Präsentationen schon gestört?
• Wer hat eine Profilneurose, die er wahrscheinlich ausleben wird?
• Welche Erfahrungen haben Kollegen mit Ihrer Zielgruppe gemacht?
• Wer hat sich bereits im Vorfeld zu Ihrem Thema kritisch geäussert?
• Wer könnte aus politischen Gründen etwas gegen Teile Ihres Themas haben?
(nach Cornelia Topf: Präsentations-Torpedos)

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Tipps bei Störungen (in überschaubaren Gruppen):


• Beziehen Sie Störungen nicht auf sich, sondern auf den Verständigungsprozess.
• Fragen Sie bei Unruhe freundlich nach, was im Moment unklar ist, oder was Ihr Publikum benötigt, um
wieder aufmerksam bei der Sache zu sein.
• Gehen Sie nicht gegen die Störung selbst vor, sondern gegen die Ursache der Störung
• Fragen Sie bei penetranten Nebengesprächen nach, ob Sie bei der Klärung einer Frage behilflich sein
können.
• Behandeln Sie Störer immer freundlich und sachlich. Mit Zynismus und Ironie laufen Sie Gefahr, weitere
Störungen zu provozieren.
• Bei Pauschalkritik fragen Sie nach: «Wie meinen Sie das? Warum vermuten Sie, dass das nicht funktioniert?»
• Bei pauschalen Angriffen «Wo haben Sie denn dieses Konzept aufgelesen?» können Sie ebenfalls nach-
fragen: «Was stört Sie konkret an diesem Vorgehen?»
• Lassen Sie sich von persönlichen Angriffen «Wenn Sie unser Unternehmen besser kennen würden,
wüssten Sie, das das nicht hinhaut!» nicht provozieren.
• Bereiten Sie sich lieber auf solche Situationen vor, indem Sie sich passende Antworten zurecht legen, z.B.:
«Wenn man so lange im Unternehmen ist wie Sie, übersieht man leicht, dass vieles heute möglich ist, was
zu Ihrer Zeit eben nicht möglich war.»
• Achtung! Rechtfertigen Sie sich nicht, das wirkt schwach.

Umgang mit Lampenfieber


Es gibt viele Möglichkeiten, wie man sein Lampenfieber in den Griff bekommen kann. Einige sollen Ihnen
hier vorgestellt werden:
• Bereiten Sie sich auf alle Eventualitäten vor, dann fühlen Sie sich sicher.
• Wenn Sie Angst haben, analysieren Sie genau, wovor Sie Angst haben. Ist es vor kritischen Bemer-
kungen, oder dass Ihr Beamer ausfällt, oder dass Sie den Faden verlieren könnten? Setzen Sie sich mit
diesen Befürchtungen auseinander und ergreifen Sie Massnahmen, um ihnen entgegenzuwirken. z.B. 43
indem Sie sich genau auf kritische Fragen vorbereiten, indem Sie sich einen zweiten Beamer organisieren,
indem Sie sich Ihren roten Faden auf ein Kärtchen notieren oder ein Flipchart mit der AGENDA aufhängen,
minimieren Sie Ihre Ängste soweit wie möglich.
• Sagen Sie sich z.B. folgende Formel, die Sie innerlich in einen guten Zustand bringt:
Ich freue mich, dass Sie hier sind.
Ich freue mich, hier zu sein
Ich bin für Sie da
Ich bin gut vorbereitet.
• Atmen Sie bewusst in den Bauch, um in einen entspannteren Zustand zu gelangen.
• Nutzen Sie den «Moment of Excellence» (S.81)
• Üben Sie mehrmals den Anfang Ihrer Präsentation, um sich sicher zu fühlen.
• Nutzen Sie Stressbewältigungs-Techniken (z.B. Mudras, MET, Kinesiologie)
• Eine der ältesten Tipps: Stellen Sie sich vor, alle Ihre Zuhörer sässen im Pyjama vor Ihnen.
• Schauen Sie während der Präsentation immer mal wieder jemanden an, der wohlwollend guckt.
• Besänftigen Sie Ihren «inneren Kritiker» oder Ihr «inneres ängstliches Kind.»

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Der Medienauftritt
Auch ein überzeugender Interview-Auftritt bedarf einer ausführlichen Vorbereitung.
Müssen Sie häufiger Ihr Unternehmen in der Öffentlichkeit vertreten, empfiehlt sich ein spezielles mehr-
tägiges Medientraining. Denn wenn Sie in den öffentlichen Medien auftreten, ist es sehr wichtig, souverän
und sicher zu wirken. Insbesondere brauchen Sie möglichst klare, prägnante, vor allem kurze Formulie-
rungen und Statements. Und diese verbale und non-verbale Sicherheit erlangen Sie nur durch Übung.

Ein unglücklicher Medienauftritt kann nicht nur Ihrer Karriere, sondern


auch Ihrem Unternehmen erheblichen Schaden zufügen.
Folgende Voraussetzungen unterstützen einen überzeugenden Auftritt in den Medien:
• Sie kennen genau die Arbeitsweise der Medien.
• Sie haben ein klares Bild, wie «Ihre» Sendung aussieht und wer das Publikum ist.
• Sie haben sich systematisch vorbereitet und wirken in Ihrem Auftreten ruhig und sicher.
• Sie können Botschaften klar, kurz und verständlich formulieren.
• Sie können auch mit unfairen Manövern von Journalisten umgehen.

Lassen Sie uns die Punkte nacheinander durchgehen:

1. Wissenswertes zur Arbeitsweise der Medien


Die Journalisten, vor allem die Freiberufler, arbeiten unter einem hohen Konkurrenz-, Quoten- und Auflagen-
druck. Deshalb konzipieren die meisten ihre Beiträge so, dass die Einschaltquote hoch ist; mit anderen Worten:
Immer kürzer, oberflächlicher und plakativer. Viele Auftritte von Managern im Fernsehen sind nicht länger
als 10–20 Sekunden. Das bedeutet, dass Sie kaum noch Möglichkeiten haben, etwas genau zu erklären. 44
Es geht eher darum, einen kompetenten und vertrauenswürdigen Eindruck zu hinterlassen und sich gut zu
positionieren.
Die typischen Situationen für einen Medienauftritt sind das Interview und die Talkshow. Wir beschränken
uns hier auf die Interview-Situation, da sie weitaus häufiger auftritt.
Das Statement ist eine Interview-Situation, der sich Manager oft aussetzen müssen. Sie werden gebeten,
zu einem Sachverhalt kurz (20–30 Sek.) Stellung zu beziehen. Dies wird meistens aufgezeichnet und später
in den Gesamt-Beitrag hineingeschnitten. Wenn Ihr Statement zu ausführlich ausfällt, kann es Ihnen pas-
sieren, dass wichtige Passagen herausgeschnitten werden und so Ihre Aussage verzerrt wird.
Etwas länger als das Statement ist das Kurzinterview: es dauert zwischen zwei und drei Minuten und wird
meist aufgezeichnet.

Tipps zum Thema Interview


• Lassen Sie sich nach Möglichkeit die Fragen vorab zukommen, um zu wissen, was der Sinn und das Thema
Ihres Interviews sind.
• Achten Sie darauf, dass die Aufzeichnung nicht wesentlich länger dauert als der eigentliche Sendebeitrag.
Vereinbaren Sie mit dem Interviewer ausdrücklich die Länge des Interviews. Die Gefahr, dass Sie etwas
ungeschickt formulieren, wächst, je länger Sie befragt werden. Oft ist es günstig, sich eine kompetente
Begleitperson mitzunehmen, die die Zeit kontrolliert und entsprechende Signale gibt. Beantworten Sie
kurz die letzte Frage und brechen Sie dann freundlich und bestimmt das Interview ab, wenn die Zeit
abgelaufen ist.
• Achten Sie darauf, ob die Kamera Sie in Augenhöhe aufnimmt – ansonsten wirken Sie verzerrt auf dem
Bild. Auch zu grelles Scheinwerferlicht ist unvorteilhaft.
• Achten Sie auf den Hintergrund Ihres Auftritts – möchten Sie diese Umgebung auch dem Publikum über-
mitteln? Gibt es ungünstige Poster, Unterlagen, Akten?
• Häufig sind Sie gut beraten, wenn Sie selbst das Interview auf Video mitschneiden (lassen). So können Sie –
falls nötig – später belegen, dass Kommentare aus dem Zusammenhang gerissen und verfremdet wurden.
• Achten Sie unbedingt darauf, was Sie in der Nähe von Kamera und Mikrofon sagen – manchmal werden
Plaudereien und Vorgespräche schon aufgezeichnet – ohne dass Sie vorgewarnt werden!

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2. In welcher Sendung treten Sie auf?


In welchem Spiel sollen Sie mitwirken? Ist die Sendung eher scharf und kritisch ausgerichtet? Wie werden
Unternehmensvertreter generell behandelt?
Wie werden Unternehmen dargestellt? Schauen Sie sich nach Möglichkeit diese Sendung an, bevor Sie zum
Mitwirkenden werden.
Analysieren Sie genau, welche Rolle Ihnen womöglich zugedacht ist und welche «Story» erzählt werden soll.
Geben Sie das Interview-Material auch zunächst nur für diese Sendung frei – sonst können Ihre Aussagen
auch für andere Sendungen verwendet werden. Und hier sind wir auch schon beim Thema Vorbereitung.

3. Die systematische Vorbereitung:


• In welcher Sendung treten Sie auf?
– Charakter/Ziel der Sendung
– Publikum/Zielgruppe?
– Sendezeit
• Wie lang ist der Themen-Beitrag insgesamt?
• Wie lange kommen Sie zu Wort?
• Wie verhält sich der Interviewer?
• Wie ist Ihr Beitrag inszeniert?
• Welche Bilder/Informationen werden vorher gezeigt?
• Wer wird noch befragt?

Interview-Setting
• fernsehgerechte Kleidung
– Sie sollten sich darin wohl fühlen 45
– Sie sollte Ihrer beruflichen Stellung angemessen sein
– Mittlere Kontraste wählen (z.B. hellblaues Hemd, dunkelblaues Jackett)
– Keine knalligen Farben, nichts Kleingemustertes
• Möglichst entspannt sitzen oder stehen, natürliche Haltung und ruhige Gestik
• angemessener Hintergrund
• Kameraführung/Lichteinsatz prüfen
• Mikrofone prüfen (erst einschalten unmittelbar vor dem Interview/sofort nach Ende ausschalten)
• auf die Zeit achten

Falls Ihr Interview live im Studio stattfindet, ergeben sich weitere Vorbereitungen:
• Informieren Sie sich über den Aufbau der Sendung und die Einbettung Ihres Interviews: Gibt es Einspiel-
filme? Weitere Studiogäste? Zuschaltungen? Zuschaueranrufe?
• Machen Sie sich vorab mit der Studio-Situation vertraut.
• Achten Sie unbedingt auf die Zeit, so dass Sie Ihre Kernbotschaften rechtzeitig übermitteln können.

Bevor Sie die Zusage für ein Fernseh-Interview geben, sollten Sie sich fragen, ob und warum Ihr Unternehmen
überhaupt teilnehmen sollte und ob Sie der geeignete Vertreter sind, der über alle nötigen Informationen
verfügt.

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4. Klare Botschaften
Gleich die nächste Überlegung ist, welche Kernbotschaften Sie haben und dem Publikum mitteilen wollen.
Und diese sollten so kurz und prägnant wie möglich formuliert werden – sozusagen «schnittfest» im wahrsten
Sinne des Wortes. Die meisten Aussagen werden auseinandergeschnitten, weil sie zu langatmig und unver-
ständlich sind.
Werden sie aufgefordert, ein Statement abzugeben, haben Sie dafür etwa 20–30 Sekunden Zeit.
So ist ein Statement aufgebaut (insgesamt etwa 20–30 Sekunden)
• Klare Position äussern am besten in einem einzigen Satz (etwa 5 Sek.)
• Untermauern des Standpunktes mit 3 Botschaften
zum Beispiel:
– Tatsachen
– Einschätzungen
– persönliche Überzeugungen
– etc.
• Klares Fazit (kurzer Abschluss!)
zum Beispiel:
– Ihre Position
– einen Ausblick
– ein Angebot
– etc.

Das Krisenstatement
Ein Krisen-Statement ist dann angesagt, wenn Sie durch ein unangenehmes Ereignis in Ihrem Unternehmen
mit Fragen bestürmt werden und Sie sofort zur Situation etwas sagen müssen.

Die Struktur eines Krisen-Statements sieht so aus: (nach Kriebel) 46


• Was ist passiert?
• Ist jemand zu Schaden gekommen? Wenn ja, wie?
• Was wissen Sie über die Auswirkungen?
• Was haben Sie bisher unternommen
• Was werden Sie als nächstes tun?

Die wichtigsten Regeln dabei:


• Keine Mutmassungen!
• Wenn Sie etwas nicht wissen, dann sagen Sie, dass Sie es noch nicht wissen.
• Kurze, klare Antworten.

Die Botschaften beim Kurz-Interview


Während eines Kurz-Interviews habe Sie in der Regel etwas mehr Zeit als bei einem Statement. Aber auch
hier gilt: Je ausführlicher und langatmiger Ihre Antworten ausfallen, desto grösser ist die Gefahr, dass Teile
herausgeschnitten und Ihre Aussagen entstellt werden.
Am besten, Sie wählen drei Ihnen wichtige Botschaften aus, die Sie unbedingt im Interview unterbringen
wollen – egal wie das Gespräch verläuft. Allerdings sind Marketing-Aussagen (z.B. «Hier sind wir ja seit 10
Jahren Marktführer!») nicht sehr beliebt bei Journalisten.
Trainieren Sie, auf Fragen nicht länger als 15 Sekunden zu antworten – auch in Kurz-Interviews gibt es keine
Zeit für ausführliche Erklärungen. Sie müssen Ihre wichtigsten Botschaften parat haben und in wenigen
Sekunden verständlich übermitteln.

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5. Unfaire Manöver
Nun gibt es immer wieder die Situation, dass Journalisten mit unfairen Mitteln arbeiten, um den Interviewten
zu verunsichern und in ein schlechtes Licht zu rücken.
Wolf-Hennig Kriebel hat diese dialektischen Tricks in verschiedene Typen eingeteilt. Die häufigsten und
wichtigsten werden hier verkürzt wiedergegeben:

Break:
Der Interviewer unterbricht Sie ständig und dreht Ihnen die Worte im Munde herum.
Ihre Reaktion: Sprechen Sie diese Unterbrechungen an und betonen Sie freundlich, dass Sie gerne die Fragen
beantworten würden: «Ich würde gerne antworten – das geht aber nur, wenn Sie mich lassen.»

Fächer:
Der Interviewer überfällt Sie mit einer Sammlung unterschiedlicher Vorwürfe, bevor die eigentliche Frage
kommt.
Ihre Reaktion: In einem Satz pauschal die Vorwürfe entkräften und dann die Frage beantworten: «Sie
zeichnen da ein völlig falsches Bild – das lasse ich Ihnen nicht durchgehen.»

Speed
Der Interviewer fragt sehr schnell und steigert das Tempo immer mehr.
Ihre Reaktion: Sie bleiben bei Ihrem eigenen Tempo: «Halt, nicht so schnell. Ihre Frage ist wichtig, und ich
möchte sehr sorgfältig antworten.»

Unterstellung mit Folgefrage


Der Interviewer stellt eine falsche Behauptung auf und schliesst daran unmittelbar eine Frage an. 47
Ihre Reaktion: Sie entkräften die Unterstellung und beantworten erst dann die Frage: «Halt! Wir gehen
anständig mit unseren Mitarbeitern um! Ich glaube, dass viele Mitarbeiter diese Sendung sehen, und…»
Erst dann beantworten Sie die Frage.

Nachklapp
Der Interviewer wertet Ihre letzte Aussage ab und schliesst mit seiner Frage an.
Ihre Reaktion: Sie sprechen dies an: «Halt, Herr… ich finde es nicht fair, wie sie meine Worte so abwerten.
Ich meine ernst, was ich sage und möchte damit ernst genommen werden.»

Ebenensprünge
Der Interviewer stellt überraschend eine persönliche Frage (z.B. «Kann man Ihnen das glauben?»)
Ihre Reaktion: Sie antworten auf dieser Ebene: «Ja, das können Sie. Ich mache die Erfahrung, dass die
Leute mir abnehmen, was ich sage.»

Schwarz-Weiss-Frage
Der Interviewer stellt eine Frage, die nur die Antworten «Ja» oder «Nein» zulässt (z.B. Ist Ihre Produktion
sicher?)
Ihre Reaktion: Entweder, Sie antworten über ein erhellendes Praxisbeispiel oder Sie greifen die Fragestel-
lung an: «So kann man diese Frage nicht stellen. Ich wiederhole: Sieben Jahre lang kein ernsthafter Unfall.
Das zählt!»

Die meisten Interviews sind schon gescheitert, bevor das Rotlicht


eingeschaltet wird.
Wolf-Henning Kriebel

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Hier seien noch einmal die wichtigsten Dinge für die eigentliche Vorbereitung genannt:
• Wozu soll ich eine Aussage machen? Bin ich wirklich kompetenter Fachmann für diese Thematik? Bin ich
wirklich der geeignete Gesprächspartner? (Ist das eine passende Rolle für mich?)
• Welche Ziele und Kernbotschaft habe ich? (Was ist meine Hauptmotivation, die Rolle zu übernehmen?
Was möchte ich wie ausdrücken?)
• Welche Art von Sendung ist das? (Auf welcher Bühne, in welchem Theater spiele ich?)
• Welche Intention hat der Sender mit dieser Sendung? (In welchem Stück spiele ich da eigentlich? Habe
ich die Rolle des «Bösen»?)
• Wie lang ist mein Redebeitrag? Wie lange ist überhaupt der gesamte Beitrag, in dem ich auftrete? (Habe
ich eine Hauptrolle oder bin ich nur Stichwortgeber?)
• Wie sieht das «Setting» aus – die Umgebung, in der ich interviewt werde? (Wie passe ich ins Bühnen-
bild?)
• Welches Vorwissen hat mein Publikum? Sendezeit? (Wer sind die Zuschauer? Was erwarten sie?)
• Welche anderen Gäste und Themen gibt es? (Wer sind meine Mitspieler oder Gegenspieler?)
• Wer wird mich interviewen? Welche Fragen wird er stellen? Wie ist sein Stil und seine Haltung zum
Thema? (Wer ist mein Stichwortgeber oder gar Gegenspieler?)
• Wie sieht der geplante Ablauf aus? Gibt es z.B. einleitende Einspielfilme, Zuschaltungen von Experten,
Zuschaueranrufe? (Wie ist die Inszenierung geplant?)

Drei Tipps zum Abschluss:


• Fassen Sie sich kurz. In den meisten Fernsehbeiträgen gibt es keine Zeit für längere Erklärungen.
• Nicht nur das Wie und Was Ihrer Äusserungen macht Ihre Gesamtwirkung aus, sondern auch das Verhalten
Ihres Interviewers – und wie wiederum Sie damit umgehen.
B
 leiben Sie auch bei unangenehmen und unfairen Interviews freundlich und verbindlich im Ton, aber
hart in der Sache – was Ihnen nur gelingt, wenn Sie Ihre Gefühle unter Kontrolle haben. Lassen Sie Ihrem
Interviewer keine unwahren oder negativen Bemerkungen durchgehen.
• Und noch einmal: Bereiten Sie sich mit Hilfe eines professionellen Medientrainers auf zukünftige Auf-
48
tritte vor.

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Souveränität bewahren – auch in schwierigen


Gesprächssituationen
Wie man sich am besten in schwierigen Verhandlungen verhält – dazu gibt es eine umfangreiche Literatur,
die mit den verschiedenen Verhandlungstechniken vertraut macht. Ein Personal-Performance-Training kann
natürlich ein Verhandlungstraining oder ein Stressbewältigungsprogramm nicht ersetzen. Aber es kann in
unterschiedlicher Hinsicht sehr nützlich sein:
Es kann Ihnen helfen,
• die eigenen Emotionen besser zu kontrollieren und zu beherrschen,
• auf die Emotionen der Gesprächspartner gelassener zu reagieren,
• Abstand von der gesamten Situation zu gewinnen und sogar
• auf eine Wellenlänge mit Ihrem Gesprächspartner zu kommen.

Kontrolle der eigenen Emotionen


Es gibt sowohl mentale als auch körperliche Möglichkeiten, die eigenen Emotionen in den Griff zu kriegen.
Zu den mentalen Techniken zählen solche, die empfehlen, sich die beste Alternative vorzustellen, bis Zehn
zu zählen, den Gesprächspartner mit angenehmen Attributen zu versehen o.ä.
Wenn wir allerdings ein ausreichendes Körperbewusstsein entwickelt haben, können auch Körpermethoden,
wie z.B. Atem- und Zentrierungstechniken sinnvoll sein – denn diese haben einen direkten Einfluss auf
unser zentrales Nervensystem und damit auch eine beruhigende Wirkung auf unsere Emotionen.

Zwei Übungen sollen an dieser Stelle genannt werden:

Atemübung:
Grundsätzlich gilt: Es ist anregend und stimulierend, wenn die Luft nach dem Einatmen eine kurze Weile 49
angehalten und dann erst ausgeatmet wird.
Umgekehrt entsteht ein beruhigender Effekt, wenn die Luft nach dem Ausatmen für einen Moment ange-
halten wird. Achten Sie einmal auf den Atem eines Schlafenden: Die Phase des Einatmens ist deutlich
kürzer als die des Ausatmens.
Wenn Sie diese Technik nutzen und gleichzeitig durch die Nase in Ihre Körpermitte atmen, verspüren Sie
bald die beruhigende Wirkung.

Mudra-Übung (Mindestens drei Minuten lang mehrmals täglich wiederholen)


Eine weitere wirksame Technik, die sich die Anfangs- und Endpunkte der Meridiane an den Fingerspitzen
zunutze macht, ist die Mudra-Methode.
Allein durch verschiedene Kontakte zwischen den Fingerspitzen werden Impulse an die Organe geschickt,
um diese zu stimulieren oder auch zu balancieren.
Um die Stressresistenz – auch in akuten Stresssituationen – zu erhöhen, wird folgende Fingerhaltung, am
besten als Vorbeugung, empfohlen:
Rechte Hand: Fingerspitzen von Daumen, Mittelfinger und kleinem Finger werden zusammengelegt. Linke
Hand: Daumen legt sich auf den Nagel des kleinen Fingers.

Es gibt eine ganze Reihe von Schauspielern, die mit diesen Übungen ihr Lampenfieber bewältigt haben.
Und last not least: Wenn alles nichts hilft, dann spielen Sie doch einmal Theater. Spielen Sie jemanden, der
die Situation souverän beherrscht, der flexibel und offen reagiert und sich nicht so leicht aus der Fassung
bringen lässt. Betrachten Sie die Verhandlung als Ihre persönliche Theaterszene.

Ein Geheimnis des Erfolges ist,


den Standpunkt des anderen zu verstehen.
Henry Ford

Treten Sie wie ein Schauspieler neben sich und analysieren Sie Ihre Rolle: Welche Rolle spiele ich gerade?
Ist das die Rolle, die ich wirklich ausfüllen möchte? Was möchte ich verändern?

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Schauen Sie mit Abstand auf die ganze Situation und fragen Sie sich: Welches Spiel wird hier gespielt und
was ist mein Anteil an der ganzen Situation? Manchmal ist das nur in einer Verhandlungspause oder in
einer Beratung mit einer unbeteiligten Person möglich. Etwa so, wie ein unerfahrener Schauspieler eine
Rückmeldung von einem aussenstehenden Beobachter benötigt, um seine Wirkung zu korrigieren.

Abstand von der Situation durch Wahrnehmungsebenen-Wechsel


Wenn Sie Ihr Wahrnehmungs-Vermögen trainieren, haben Sie den Vorteil, dass Sie sich selbst besser im
Griff haben und gleichzeitig über die genaue Wahrnehmung Ihrer Gesprächspartner wichtige Informationen
bekommen, die dann zur Lösung der Situation beitragen können. Mit anderen Worten: sie können Ihre
eigenen Argumente besser auf Ihren Gesprächspartner zuschneiden.

Die fünf Wahrnehmungsebenen sind:


•K
 inästhetisch (Körperempfindungen, Gefühle)
•W
 ie geht es meinem Körper?
•W
 o spüre ich Druck, Anspannung, Schmerzen?
•W
 as tun meine Hände?
•W
 o gibt es Temperaturänderungen, Schweiss?
•W
 as macht meine Stirn? Mein Mund? Meine Zähne?
•W
 as fühle ich an Emotionen? Trauer, Angst, Wut, Hilflosigkeit, Erwartung, Freude…?
•W
 elche Stimmung nehme ich beim anderen wahr?

Olfaktorisch (Geruchsinn) Gustatorisch: (Geschmack)


Was rieche ich? Was schmecke ich?

Auditiv (Gehör)
•W
 elche Geräusche sind zu hören? 50
•W
 ie klingt meine Stimme und die meiner Gesprächspartner?

Visuell
•W
 ie sieht mein Gesprächspartner aus? (Kleidung, Gesichts- und Körperausdruck)
•W
 ie sieht der Raum aus, in dem ich mich befinde?
•D
 er Blick aus dem Fenster?
•D
 ie Wände?
•D
 ie Möbel und Gegenstände?

Wenn Sie bemerken, dass in einer anstrengenden Situation die Wahrnehmung auf einer bestimmten Ebene
Ihnen Stress bereitet, probieren Sie, die Ebene zu wechseln, um den Stress abzumildern.
Diese Technik nennt man «Wahrnehmungsebenenwechsel».
Beispiel: Ihr Gesprächspartner hat eine quäkige, unangenehme Stimme. Konzentrieren Sie sich mehr auf
sein Äusseres.
Dass die Möglichkeit besteht, bestimmte Wahrnehmungsebenen völlig auszublenden, zeigt uns die Situation
in der U-Bahn: Wir lesen ein spannendes Buch und überhören die Stations-Ansage.

Mit Hilfe des Wahrnehmungsebenen-Wechsels können Sie sich selbst


kurzfristig aus dem «Sumpf» nervender Gefühle ziehen und selbst die
Richtung bestimmen, in die Sie denken wollen.

Sich in einen guten, kraftvollen Zustand bringen


Sie lernen im Folgenden eine weitere, noch tiefgreifendere Übung kennen, die Ihnen hilft, sich schnell in
einen guten, kraftvollen Zustand zu versetzen – auch in einer Situation, die Sie als schwierig erleben. Der
kraftvolle Zustand wird auch «Moment of Excellence» genannt.

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Das Ankern
Bevor wir damit beginnen, ist es wichtig, dass Sie sich das Prinzip des Verankerns vergegenwärtigen.
Jedem ist dieses Prinzip bekannt: Wenn wir verschiedene Signale gleichzeitig auf mehreren Wahrnehmungs-
ebenen empfangen, verbinden wir diese Signale unbewusst miteinander. Zum Beispiel hören wir im Urlaub
in Spanien immer wieder einen bestimmten Song im Radio. Läuft dieser Song hier in Deutschland, erinnern
wir uns sofort an den Spanienurlaub: Innerlich haben wir den Song und den Spanienurlaub miteinander
verknüpft – sozusagen den Spanienurlaub in dem Song verankert.
Dieses Prinzip des (Ver-)Ankerns, das ständig unbewusst abläuft, können wir uns auch bewusst zunutze
machen, indem wir z.B. eine Musik-CD einlegen, mit der wir positive Erlebnisse verbinden – und uns so in
einen guten Zustand versetzen.
Aber nicht nur Musik oder Geräusche, sondern auch Bewegungen und Gesten lassen sich mit Gefühlen und
guten Zuständen verbinden:
Nutzen Sie den «Moment of Excellence», um sich in schwierigen Situationen schnell und unauffällig in
einen besseren Zustand zu bringen.

Der kraftvolle Zustand – oder der «Moment of Excellence»


Kennen Sie Situationen, in denen Sie in einer guten, energievollen Stimmung waren, in der Ihnen alles flüssig
und leicht und mit Freude von der Hand ging?

1. Erinnern Sie sich nun an drei solcher Situationen.


2. Finden Sie eine unauffällige Geste/Bewegung, die Sie mit der Situation verbinden wollen. Das sollte eine
Geste sein, die Sie ansonsten nicht machen – die speziell für diese positive Situation reserviert sein soll.
3. Wählen Sie die intensivste dieser drei Situationen aus und erinnern Sie sich genau an alle Wahrneh-
mungsebenen. Was haben Sie gesehen? Was gab es zu hören, eventuell zu riechen, zu schmecken?
Was fühlten Sie genau, als Sie in diesem Zustand waren? Versuchen Sie, so intensiv wie möglich, diese
Situation mit allen Sinnen wieder zu erleben. 51
4. Im intensivsten Moment machen Sie nun Ihre Geste und spüren Sie, wie diese sich mit Ihrem erlebten
guten Zustand verbindet.
5. Lenken Sie sich nun ab, indem Sie die Wahrnehmung auf das Hier und Jetzt richten. Was sehen Sie,
hören Sie jetzt in diesem Moment? Man nennt diese Ablenkung auch Separator.
6. Nun wiederholen Sie die Übung mit anschliessendem Separator (3. bis 5.) so oft (zwei bis drei Mal), bis
Sie nur noch die Geste machen müssen, um automatisch in den guten, kraftvollen Zustand zu gelangen
7. Stellen Sie sich eine zukünftige Situation vor, in der Sie sich an den gesetzten Anker (die Geste) erinnern,
ihn benutzen und sich so in Ihren guten Zustand versetzen können.

Das innere Team


Eine andere Möglichkeit, sich auf schwierige Situationen vorzubereiten und sie mit grösserer Souveränität
zu händeln ist die Beschäftigung mit dem «Inneren Team»:
Wer kennt nicht Fausts Ausspruch: «Zwei Seelen, wohnen, ach! in meiner Brust» – und wer kam nicht
schon selbst in die Situation, zwei unterschiedliche Bestrebungen in sich zu spüren – z.B. auf der einen Seite
ein JA und auf der anderen Seite ein NEIN.
Wenn wir in uns hineinhorchen, finden wir so etwas wie «Innere Stimmen», die ihre (gegensätzliche) Meinung
kundtun.
Dazu ein Beispiel: Die eine Stimme (nennen wir sie Familienmensch) sagt: «Nun mach Deiner Frau und
Deiner Tochter eine Freude, indem Du die Kleine, die heute Geburtstag hat, vom Kindergarten abholst und
mit ihr Eisessen gehst!» Die andere Stimme (nennen wir sie Mister Korrekt) hält dagegen: «Du kannst aber
heute unmöglich früher gehen! Du musst Deine Präsentation noch vorbereiten!» Es könnte sich auch noch
eine dritte Stimme (Gesundheitsberater) melden: «Du bist so kaputt – du solltest heute joggen gehen! Du
bist doch auch so ein Herzinfarkt-Kandidat! Pass bloss auf Dich auf!»
Solche inneren Dialoge sind normal und sinnvoll und bringen uns dazu, Entscheidungen zu überdenken
und abzuwägen.

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Nur wenn sich die Stimmen zu sehr streiten, sich gegenseitig lähmen oder einen chaotischen Haufen bilden,
wird es richtig schwierig. – So wie es auch in äusseren Teams zugehen kann. Deshalb kommt uns die
Aufgabe zu, unser inneres Team erst einmal zu entdecken, zu fördern und zu entwickeln, so dass wir, im
wahrsten Sinne des Wortes alle unsere Kräfte beisammen haben.

Nur wenn ich innerlich klar bin, kann ich auch nach aussen Klarheit zeigen.
Friedemann Schulz von Thun hat in seinem Buch «Miteinander Reden, Bd.3» dieses «Innere Team» von
allen Seiten beleuchtet und hat es für die zwischenmenschliche Kommunikation nutzbar gemacht.
!
!
! Herr Korrekt

Mister Gesundheit
Mach Deine
Arbeit! Geh
joggen!

Der Familienmensch
Kümmere
Dich um Deine
Familie

!
Seine wichtigsten Erkenntnisse könnte man in drei Statements zusammenfassen:
1. Jeder Mensch ist von einer inneren «Pluralität», d.h. es gibt viele unterschiedliche Persönlichkeitsanteile
(«Mitglieder des inneren Teams»), die sich bei unterschiedlichen Gelegenheiten zu Wort melden oder 52
auch ein Schattendasein fristen und in der Verbannung leben. Sie können miteinander aber auch durch-
einander und gegeneinander arbeiten. Dabei gibt es Team-Mitglieder, die nur im Inneren wirken und
andere, die als Wortführer nach aussen treten. Es gibt Mitglieder, die immer wieder gerne im Rampen-
licht stehen und andere, die nur in bestimmten Situationen in den Vordergrund treten.
2. Es bedarf eines «Oberhaupts», der die Aufgabe hat, aus dem inneren «Durcheinander» ein funktionie-
rendes Team zu machen. Dieses «Oberhaupt» ist nichts anderes als wir selbst mit unserem bewussten
«Ich». Besonders herausfordernd wird es, wenn es in unserem inneren Team Konflikte gibt. In diesem
Fall ist eine Art «Inneres Konfliktmanagement» nötigt, um dann nach aussen hin klar und authentisch
kommunizieren zu können.
3. Je nach Gesprächspartner und Situation stellen wir unser inneres Team unterschiedlich auf – dies
geschieht spontan und meist unbewusst.

Um in schwierigen Situationen besser bestehen zu können, ist es hilfreich die «Team-Aufstellung» zu über-
prüfen und gegebenenfalls zu ändern.
Unklare Botschaften entstehen häufig dadurch, dass sich gleichzeitig verschiedene Team-Mitglieder mitteilen
wollen.

Ein Beispiel aus dem Lehrerzimmer:


«In Ihrer Klasse ging es ja hoch her in der letzten Stunde!» sagte der Rektor zum Referendar mit eini-
germassen freundlicher Stimme. Der angesprochene Sachinhalt war klar (Turbulenz und Lautstärke im
Klassenzimmer, offenbar bis nach aussen vernehmbar). Aber welche Selbstkundgabe (Entsetzen?), welche
Beziehungsbotschaft (Kritik, Anerkennung?), welcher Appell («Erzähl mal, was los war!» oder «Bitte mehr
Disziplin in Zukunft!») steckte in der Äusserung?
Der Referendar hatte mit einer schnellen Bemerkung geantwortet; erst später drängte sich ihm die Frage
auf: «Was hat er mir damit eigentlich sagen wollen!?»
In einer späteren Metakommunikation stellte sich heraus, dass der Rektor tatsächlich durch den Lärm beun-
ruhigt und genervt war, gleichzeitig aber auch Hoffnung in einen neuen Junglehrer setzte, der mit seiner
frischen Art dem vergreisten Kollegium vielleicht eine Vitaminspritze geben könnte. Und drittens schliesslich
wollte er nicht gleich am ersten Tag als kritische Kontrollinstanz auftreten. (Schulz von Thun, Bd.3, S. 53)

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Das bedeutet: Wenn wir auf allen vier Kommunikationsebenen deutlich kommunizieren wollen, benötigen
wir eine innere Klarheit.
Diese erlangen wir dadurch, dass wir uns mit den verschiedenen Botschaften unserer inneren Team-Mit-
glieder auseinandersetzen und zu einer gemeinsamen Lösung kommen. Das kann ganz schnell gehen –
oder auch einige Zeit in Anspruch nehmen.

Nur, wenn wir «alle beisammen» haben, können wir angemessen und
differenziert reagieren
Schulz von Thun

Umgang mit dem inneren Team


Normalerweise haben wir unsere inneren Stimmen im Griff, und wissen, wie wir in Standard-Situationen
am besten reagieren.
Doch gerade in der Vorbereitung von schwierigen Situationen ist es wichtig, die inneren Stimmen genauer
anzuschauen und eine Art «Innere Teamkonferenz» einzuberufen. Hierbei gilt es, zum Thema jede relevante
Stimme, also jedes dafür bedeutsame innere «Teammitglied» zu hören und schliesslich eine Einigung zu
erzielen. Dabei ist es sinnvoll, jeder Stimme einen charakteristischen Namen und einen typischen Ausspruch
zuzuordnen.

Wie könnte nun so eine «innere Teamkonferenz» aussehen?


1. Schritt: Identifizieren Sie die Teilnehmer: Welche Teammitglieder melden sich in dieser Situation zu
Wort? Geben Sie jedem einen Namen und einen typischen Ausspruch. Achten Sie auch auf die leisen Stim-
men!
2. Schritt: Hören Sie genau zu, was jeder Einzelne zu sagen hat. Gerade die leisen Stimmen leisten oft
wichtige Beiträge zur Lösungsfindung. Geben Sie jeder Stimme genügend Zeit und Raum, sich zu äussern 53
– ohne sie gleich zu bewerten oder zu kommentieren.
3. Schritt: Regen Sie eine freie Diskussion an und ermuntern Sie die einzelnen Stimmen, einander etwas zu
sagen. Dabei kann es ruhig auch etwas stürmisch zugehen.
4. Schritt: Jetzt ist wieder Struktur angesagt. Leiten Sie die Verhandlung, indem Sie den positiven Kern der
einzelnen Beiträge wiederholen und würdigen. Achten Sie dabei auf Gemeinsamkeiten. Fragen Sie jede
einzelne Stimme, was ihr Beitrag zur Situation sein kann.
5. Schritt: Suchen Sie gemeinsam nach einer Lösung. Fragen Sie, was jede Stimme benötigt, um einer
Gesamtlösung zuzustimmen. Sammeln Sie die Vorschläge und Bedingungen, unter denen einzelne Mit-
glieder zu kooperieren bereit sind. Gehen Sie davon aus, dass jedes Mitglied hinter seinen Interessen eine
positive Absicht vertritt, die es zu würdigen gilt.
6. Schritt: Entwerfen Sie nun Ihre Stellungnahme, indem Sie die Beiträge anerkennen und zusammenfassen
und entscheiden, welcher Stimme Sie in dieser Situation den Vorrang geben und wie Sie die Bedürfnisse der
anderen Stimmen mit einbeziehen. Versuchen Sie eine Lösung zu finden, mit der alle (die meisten) Stimmen
einverstanden sind.

Nebenbei bemerkt: So eine innere Team-Konferenz unterscheidet sich mitunter kaum von einer äusseren,
realen Team-Sitzung.

Identifikation und Dis-Identifikation


Als Oberhaupt ist es wichtig, zu jedem inneren Mitglied einen gewissen Abstand einzuhalten, um souverän
entscheiden zu können.
Sobald wir uns zu sehr mit einer unserer Stimmen identifizieren, quasi mit ihr verschmelzen, sind wir gefangen
und neigen dazu, die Gegenstimmen abzuwerten.
Wir erstarren quasi in unserem Selbst-Konzept und verlieren an Kontrolle und an Wahlmöglichkeiten in
unserem Verhaltensspektrum.

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Abgewertete und ausgeschlossene Team-Mitglieder sind eine Gefahr, weil sie sich unserer Kontrolle entzie-
hen, viele Möglichkeiten der Sabotage haben und sogar in unpassenden Momenten ausbrechen und nach
aussen gelangen können.
Ziel ist, jeden inneren Anteil auch als solchen, als einen Teil, zu betrachten und sich selbst eine Wahlmög-
lichkeit einzuräumen, auch andere Teile zu aktivieren.

Die ungeliebten Teammitglieder


Es gibt also auch innere «Teammitglieder», die nicht gemocht und möglichst nicht gehört werden und eher
ein «Schattendasein» fristen.
Wenn wir an das obige Beispiel denken, könnte es vielleicht noch eine vierte Stimme geben, die des
Schwachen, Erschöpften, die sagt: «Ich kann nicht mehr! Es ist mir alles zuviel!», die aber von den anderen
vehement unterdrückt wird. Wenn wir solche unliebsamen Teammitglieder bei anderen entdecken, werden
sie dort oft genauso vehement bekämpft wie in uns. Menschen, die ständig jammern, sie schaffen es nicht,
sind uns dann ein Gräuel – oder auch Kollegen, die die Arbeit schlichtweg liegenlassen, weil ihnen der Feier­
abend und die Erholung am Wochenende wichtiger ist.

Die unterentwickelten Teammitglieder


Andere «Teammitglieder» sind einfach nur vernachlässigt worden wie z.B. der «kreative Gestalter». So sind
wir oft von anderen Personen fasziniert, die dieses innere Teammitglied schätzen und nutzen. Daher kommt
auch der Spruch «Gegensätze ziehen sich an».
Jeder Mensch hat grundsätzlich beide Potenziale einer Qualität/Eigenschaft in sich, also beide «Team-
­Spieler»: z.B. sowohl den verlässlichen, prinzipienfesten als auch den kreativ-chaotischen Anteil (vgl. Werte­
quadrat). Allerdings gibt es ein paar «Stamm-Spieler», die gerne in der ersten Reihe spielen, weil sie bereits
viele Erfolge zu verzeichnen haben – und so die Aussenwirkung eines Menschen ausmachen. Je nach
Situation kann es wichtig sein, auch die Hintermänner zu unterstützen und nach vorne zu lassen. Häufig
verbergen sich hier wertvolle Ressourcen. 54

Wer mit sich selber einig ist, kann der Welt mit vereinten Kräften
begegnen.
Schauen wir nun, welche Möglichkeiten es noch gibt, Stress und Emotionen in den Griff zu bekommen:

Stressbewältigung mit der Meridian-Energie-Technik:


Diese erst seit kurzem entwickelte Therapie eignet sich in der Kurzform hervorragend zur Stressbewältigung.
Die Punkte, die dabei beklopft werden, sind verschiedenen Meridianen (Energiebahnen) zugeordnet, die
durch das Klopfen sofort ausbalanciert werden. Dadurch gelangt auch das ganze emotionale Energiesystem
in eine überraschend schnelle Balance: Sie werden sofort ruhiger, zuversichtlicher, gelassener.

Die Kurzform:
Sie beklopfen mit einem oder zwei zusammengelegten Fingern einer Hand (Zeige- und/oder Mittelfinger)
von oben nach unten jeden Punkt der sechs auf der folgenden Seite markierten Punkte etwa 10–15 mal
ruhig und mit sanftem Druck. Die Punkte Nr. 2 und 3 beklopfen Sie gleichzeitig, indem Sie beide Hände zu
Hilfe nehmen.
Dies wiederholen Sie so oft, bis Sie eine deutliche Erleichterung spüren.

In der ausführlichen Form (14 Punkte) kann man mit dieser Therapie verblüffende Ergebnisse erzielen.
Ängste, Sorgen, Blockaden, Ärger etc. verschwinden häufig schon nach wenigen Sitzungen für immer.

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Die
! sechs Punkte für die Kurzform:
!

1 zwischen den Augenbrauen („Drittes Auge“)


2 an den äußeren Augenwinkeln
3 mittig unter den Augen (auf dem Jochbein)

4 über der Oberlippe

5 unter der Unterlippe

! Schlüsselbeingrube,
6 auf dem Brustbein (unter der
! Thymusdrüse, kein Meridianpunkt)

Kurzbeschreibung der ausführlichen Form:


1. Gefühl identifizieren und Intensität auf Skala (1–10) bestimmen.
2. Heilenden Punkt im Uhrzeigersinn massieren und dabei dreimal sagen:
«Obwohl ich wegen… (Thema)…bin (Gefühl), liebe und akzeptiere ich mich so, wie ich bin.»
3. Punkte 1–14 beklopfen und dabei an das Gefühl/Problem denken.

55

4. Überprüfen, ob die Intensität des Gefühls nachgelassen hat (niedrigerer Skalenwert), bei Bedarf, Klopfserie
wiederholen, bzw. Satz ändern.
5. Zum Abschluss und zur Fixierung die Handrückenserie:
Handrückenpunkt beklopfen, dabei nacheinander
– Augen schliessen
– Augen öffnen, Blick geradeaus
– ohne Kopfbewegung scharf nach unten rechts schauen
– ohne Kopfbewegung scharf nach unten links schauen
– Augen zweimal langsam in eine Richtung kreisen lassen
– dann Augen zweimal in die andere Richtung kreisen lassen
– geradeaus schauen
– irgendein Lied ansummen
– laut von 15 zurück nach 10 zählen
– Lied ansummen

Gefühlsintensität überprüfen
Quelle: Franke, Rainer und Regina: Sorgenfrei in Minuten, Integral 2005

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Sitzordnungen und ihre Bedeutung


Neben der guten inhaltlichen Vorbereitung und Argumentation, einer überzeugenden Rhetorik und einer
belastbaren inneren Befindlichkeit beeinflusst auch die Position am Verhandlungstisch das Ergebnis einer
Verhandlung. Wie die Positionen am Tisch verteilt sind, hängt von verschiedenen Faktoren ab, u.a. von der
Form des Tisches, von der Position des Tisches im Raum und vom sozialen Gefüge der Gesprächsteilnehmer.
Wer glaubt, an einem runden Tisch seien alle gleichberechtigt, der irrt.
Grundsätzlich ist dort, wo die in der Hierarchie ranghöchste Person sitzt, das «Kopfende». Rechts von
dieser Person sitzt meist deren «rechte Hand», links eine weitere wichtige Person, die unterstützend wirkt.
Gegenüber positioniert sich oft derjenige, der das grösste Spannungsverhältnis zur ranghöchsten Person
besitzt.
An einem rechteckigen Tisch sind diese Positionen oft noch deutlicher zu erkennen.

Bei einer konfrontativen Sitzordnung können die Gesprächspartner


nicht dieselbe Perspektive einnehmen.
Eine gute Möglichkeit, diese Situation etwas abzumildern, besteht darin, sich leicht schräg und etwas abge-
wandt hinzusetzen, so dass Ihr eigener Körper nicht frontal zum anderen gewendet ist, sondern Sie Spiel-
raum gewinnen, sich dem anderen zuzuneigen oder sich auch abzuwenden.

Wie sehen nun die Möglichkeiten für zwei Personen an einem rechteckigen Tisch aus?
Bei der konfrontativen Distanz-Sitzordnung

entsteht die grösstmögliche Barriere für


ein konstruktives Gespräch.
56
Die Konfrontations-Sitzordnung

kann ebenfalls eine Einigung erschweren.


Die Nähe wird jedoch nicht gescheut,
die Auseinandersetzung offen ausgetragen.
Die Schulter-an-Schulter-Sitzordnung

ist nützlich, wenn sich beide Gesprächspartner


kennen und vertrauen und gemeinsam an einer
Sache arbeiten.
Die konstruktive Sitzordnung

kann Gesprächssituationen entspannen.


Hier rückt eher die Sache in den Mittelpunkt,
als die Konfrontation.

Distanz-Zonen
Wer ein gutes Gespür für die Distanz-Zonen hat, hat schon viel gewonnen.
Je nachdem, wieviel Raum für Menschen vorhanden ist, verändert sich auch die Toleranz gegenüber dem
Abstand zu den anderen.
Wenn viel Platz besteht (z.B. auf einem leeren Strand) sind die Abstände zwischen den einzelnen Urlaubern
sehr gross. In unseren Breitengraden halten wir mindestens einen Abstand von ca. 4 Metern ein. Sobald wir
näher kommen, müssen wir zumindest einen Blick austauschen, also Signale des gegenseitigen Wahrnehmens
aussenden. Wenn es dann voller wird, akzeptieren wir auch geringere Entfernungen als 4–5 Meter.

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Sehr deutlich wird das in überfüllten öffentlichen Verkehrsmitteln, wo die Fahrgäste dicht gedrängt stehen,
so dass z.T. sogar Körperkontakt nicht zu vermeiden ist. Diese Überschreitung unserer «Intim-Zone» machen
wir dadurch wett, dass wir jede längere Blick-Kontakt-Aufnahme vermeiden und so tun, als nähmen wir die
anderen gar nicht wahr.
Auf diese Weise bewahren wir «innerlich» die Distanz.

So werden die Distanz-Zonen benannt:

Abstand Zone Erläuterungen


0–0,5 m Intimzone Hier haben eigentlich nur nahe Verwandte und vertraute Personen
Zugang – oder Menschen, die aufgrund ihrer Funktion (z.B. Ärzte)
dazu berechtigt sind.
0,5–1,5 m persönliche Zone Das ist der Abstand, der in der Regel bei einem Gespräch mit vertrauten
Personen eingehalten wird.
1,5–2,5 m soziale Zone In diesem Bereich bewegt sich der Umgang mit Menschen, die uns
nicht so «nahe stehen».
2,5–4 m öffentliche Zone Diesen Abstand versuchen wir in öffentlichen «Räumen» möglichst
einzuhalten, wenn der Platz es erlaubt.

57

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Kommunikation und Konflikt


Zur überzeugenden Personal Performance gehört auch ein souveränes und einfühlsames Verhalten in Kon-
fliktsituationen. Deshalb sollen Sie auch zu diesem Thema hier einige wichtige Impulse erhalten. Wenn
Sie häufig konflikthaften Situationen begegnen, ist es ratsam, dazu ein Konfliktbewältigungs-Seminar zu
besuchen.
Bevor wir uns näher mit verschiedenen Möglichkeiten des Konflikt-Verhaltens befassen, sollen Ihnen noch
ein Kommunikations-Modell und einige «Werkzeuge» vorgestellt werden, die Ihre Antennen für die ver-
wendete Sprache schärfen sollen. Es geht hier also um die verbale Ebene der Kommunikation:

Hilfreiche Kommunikations-Tools:
Die Transaktions-Analyse
Die Transaktionsanalyse (TA), die von Eric Berne entwickelt wurde, ist eine wertvolle Unterstützung, andere
Menschen und auch uns selbst besser einzuschätzen und zu verstehen. Berne geht davon aus, dass jeder
von uns sich immer in einem bestimmten Augenblick schwerpunktmässig entweder in einem Kind-Ich-
Zustand, in einem Eltern-Ich-Zustand oder in einem Erwachsenen-Ich-Zustand befindet. Mit diesen drei
Ich-Zuständen erklärt das TA-Modell unsere Persönlichkeitsstruktur.
Konkret heisst das: Wann immer verschiedene Menschen zusammenkommen, können wir beobachten,
dass sie sich unterschiedlich verhalten, wobei sogar ein und derselbe Mensch während einer Besprechung
oder Unterhaltung seinen Verhaltensstil ändern kann: Einmal gibt er sich wie ein Kind, befangen oder unbe-
fangen, dann wie ein Vater kritisierend, herablassend, jovial oder wohlwollend oder aber auch sachlich und
rational auf die Realität bezogen (Erwachsenen-Ich).

stützendes Eltern-Ich kritisches Eltern-Ich


Eltern-Ich 58

Erwachsenen-Ich

Kind-Ich
natürliches Kind-Ich angepasstes Kind-Ich

Das kritische Eltern-Ich


wertet, moralisiert, weist zurecht, kritisiert, befiehlt, beherrscht, tyrannisiert, bestraft, kontrolliert, sorgt für
Ordnung. Charakteristisch sind der erhobene Zeigefinger, zusammengezogene Augenbrauen, furchterre-
gender Blick, Kopfschütteln, Naserümpfen usw. Beim Sprechen aus dem kritischen Eltern-Ich heraus fallen
häufig Worte, wie MÜSSEN, SOLLEN, IMMER, NIE, NEIN, IDIOT usw.

Das unterstützende Eltern-Ich


hört zu, hat Verständnis, lobt, tröstet, pflegt, unterstützt, hilft, umsorgt, nährt, streichelt. Man erkennt
diesen Zustand an der warmen, beruhigenden Stimme, an liebevollen Gebärden, Schulterklopfen sowie an
Worten wie «Kopf hoch», «Du Armer» usw.

Das Erwachsenen-Ich
beobachtet objektiv, sammelt Informationen leidenschaftslos, nüchtern, verarbeitet die Information logisch
und zieht schliesslich daraus die Schlüsse. Charakteristisch ist die sachlich klare Stimme. Mimik und Gestik
sind sparsam.

Das natürliche Kind-Ich


spielt, faulenzt, freut und ärgert sich, erfindet, weint oder lacht. Es kümmert sich nicht um die andern,
verhält sich spontan, geniesst, tanzt, schreit, ist egoistisch und hemmungslos. Es braucht Worte wie «toll»,
«irrsinnig», «juhu» usw. Hier liegt die emotionale Ebene der Kommunikation.

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Das angepasste Kind-Ich


gehorcht, zieht sich zurück, fühlt sich schuldig, zögert, fürchtet sich, ist unsicher, höflich, ohne eigene Mei-
nung und Initiative, richtet sich nach den anderen.

Wenn wir bei uns und bei andern erkennen, aus welchem Ich-Zustand
heraus wir uns verhalten, können wir Gesprächsabläufe bewusst steuern
und gestalten. Problemlösendes Verhalten zeigt sich vorwiegend im
Erwachsenen-Ich.
Eine häufige Schwierigkeit besteht darin, zu unterscheiden, ob eine Äusserung aus dem kritischen Eltern-Ich
heraus oder dem natürlichen Kind-Ich heraus erfolgt.
Meist ergibt sich der Unterschied nicht aus der Formulierung, sondern aus dem emotionalen Gehalt, liegt
also auf der non-verbalen Ebene der Kommunikation.
Wenn der Kunde brüllt: «Ich möchte jetzt endlich die Lieferung haben, verdammt nochmal!» und dabei
noch rot an läuft, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass hier eigentlich ein vierjähriger Junge mit dem Fuss
auf den Boden stampft, weil er seinen Willen nicht bekommt.
In diesem Fall käme eine angemessene Reaktion aus dem unterstützenden Eltern-Ich/bzw. dem Erwachse-
nen-Ich. Das unterstützende Eltern-Ich könnte z.B. geduldig und mitfühlend warten, bis die Wut aus dem
Bauch ist, so dass dann das Erwachsenen-Ich die Möglichkeit hat, zu argumentieren.

Ausprägung der Ich-Anteile


Wenn zum Beispiel eine Mitarbeiterin eine wichtige Arbeitsunterlage nicht finden kann, hätte ihr Vorge-
setzter, je nachdem, welche Ich-Anteile er bevorzugt, mehrere Möglichkeiten zu reagieren. Zum Beispiel:
1. «Warum können Sie nicht einmal in Ihrem Leben eine Sache sorgfältig erledigen, verdammt noch
mal!» 59
2. «Am besten, Sie fragen jeden, der die Unterlage in den letzten Tagen benutzt hat und gehen ihren Weg
durch die Abteilung nach.»
3. «Ich weiss auch nicht weiter, was machen wir denn jetzt?»

Welche Reaktion wäre Ihnen am liebsten?


Je nach Ausprägung unsere Ich-Anteile reagieren wir besonders häufig aus bestimmten, bevorzugten Ich-
Anteilen. Eine repräsentative Befragung von Mitarbeitern ergab folgendes Profil für den Wunsch-Vorge-
setzten:

Quelle: Kälin, Müri

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Einige Beispiele für die Vor- und Nachteile stark oder wenig ausgeprägter Ich-Bereiche

Kritisches Eltern-Ich Stark ausgeprägt Schwach ausgeprägt


Vorteile Kann in Notsituationen rasch entscheiden Wirkt nicht autoritär
Legt Wert auf Traditionen und Normen Flexibel
offen für andere Meinungen
Nachteile Lehnt Neues eher ab Ineffektiv
Intolerant Lädt zu Manipulation ein
Unterdrückend Wenig bestimmt
Überkritisch
Reagiert mit Ärger Macht und Aggression

Stützendes Eltern-Ich Stark ausgeprägt Schwach ausgeprägt


Vorteile Schafft Geborgenheit Fordert Selbständigkeit der Mitarbeiter
Hat viel Verständnis Lässt andere machen
Hört geduldig zu Delegiert viel
Unterstützt
Ist fürsorglich
Nachteile Überfürsorglich Zeigt wenig Verständnis
«Meint es gut mit anderen» Lobt wenig
Macht andere von sich abhängig Auf sich bezogen
Verhindert Selbständigkeit der Mitarbeiter Fühlt sich oft allein

Erwachsenen-Ich Stark ausgeprägt Schwach ausgeprägt


Vorteile Fragt viel Ein schwach ausgeprägtes Erwachsenen-Ich hat
Geht Ursachen auf den Grund keine Vorteile
Legt Wert auf Logik
Löst Konflikte durch kreative Kooperation
Nachteile Zeigt wenig Gefühle Lernt wenig aus der Erfahrung 60
Überkontrolliert Wechselhaft
Roboterhaft Unberechenbar
Hang zu übertriebener Perfektion Geringes Selbstwertgefühl

Natürliches Kind-Ich Stark ausgeprägt Schwach ausgeprägt


Vorteile Phantasievoll Wirkt witzig Wirkt ruhig
Charmant Spontan Bleibt «auf dem Boden»
Offen Zeigt Gefühle
Geniesst das Leben
Nachteile Impulsiv Flippt aus Zeigt kaum Gefühle
Rücksichtslos Chaotisch Zurückhaltend/«Trocken»
Widersprüchlich Cholerisch Tendenz zu depressiven Gedanken
Wirkt «wenig lebendig»

Angepasstes Kind-Ich Stark ausgeprägt Schwach ausgeprägt


Vorteile Nimmt Rücksicht auf andere Sagt, was er/sie denkt
Kann auf Kompromisse eingehen Geht eigene Wege
Hält sich an Normen, Gesetze, Richtlinien Steht zur eigenen Meinung
Lässt sich kaum bestechen
Richtet sich nicht nach den anderen
Nachteile Überangepasst Undiplomatisch
Zeiht sich schnell zurück Geht wenig Kompromisse ein
Hat Angst, etwas falsch zu machen Unhöflich
Resigniert schnell «Die einen kennen mich – die anderen können mich»
Gibt schnell nach Wenig kooperativ

Quelle: Kälin, Müri

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Das WWWW-Feedback
Eine der besten (und bekanntesten) Möglichkeiten, Konflikte zu verhindern, besteht im rechtzeitigen Geben
von bewusst formuliertem Feedback.
Wenn Sie für jemand anderen eine kritische Botschaft haben, ist es oft günstiger, dies mit den vier W’s zu
formulieren. Beherrschen Sie diese Form des Feedbacks, können Sie es je nach Bedarf variieren.
Wichtig ist, dass Sie dabei Ihre Emotionen im Griff haben und nicht warten, bis Ihnen endgültig der Kragen
platzt – sondern heikle Punkte zeitnah ansprechen.
Weiterhin sollten Sie die Deutlichkeit Ihrer Kritik ganz auf den Empfänger abstimmen. Manche Menschen
reagieren schon auf feine Signale, andere benötigen deutlichere Hinweise. Achten Sie auch auf Ihren non-
verbalen Ausdruck – eine noch so zurückhaltende Formulierung kann verletzend sein, wenn Sie in gereiztem
Ton vorgetragen wird.

1. W = Wahrnehmung
Benennen Sie als erstes Ihre Wahrnehmung oder die Fakten, um die es geht:
Achtung! Unterscheiden Sie dabei zwischen Wahrnehmung und Interpretation.
Nicht: «Ständig stören Sie mich!» sondern: «Mehrmals am Tag leihen Sie sich etwas von mir aus.» oder
abgeschwächt: «Mehrmals am Tag leihe ich Ihnen etwas aus.» Probieren Sie, möglichst keine Wertung
abzugeben, was nicht immer einfach ist.

2. W = Wirkung
Als nächstes schildern Sie die Wirkung des Verhaltens des anderen.
Man unterscheidet zwischen der praktischen Auswirkung und der emotionalen Wirkung. Achten Sie darauf,
wann es angemessen ist, auch die emotionale Wirkung zu schildern. Manchmal reicht es, dem anderen nur
die praktischen Auswirkungen darzulegen.
61
Formulieren Sie dabei die Wirkung möglichst als Ich-Botschaft und subjektives Erleben:
z.B.: «Deshalb kann ich nicht in Ruhe arbeiten – und ich muss mich im Moment sehr konzentrieren.» (Die
emotionale Auswirkung könnte so angesprochen werden: «Diese Störungen ärgern mich.»)

3. W = Meine WERTE: Was ist mir WICHTIG?


Im nächsten Schritt sagen Sie, welche Bedürfnisse hinter dem Gefühl stehen. Sie erklären also, wie es zu
diesem Gefühl kommt.
Dadurch übernehmen Sie selbst die Verantwortung für Ihr Gefühl und entlasten den anderen.
Sie sagen also nicht: «Ich ärgere mich, weil Du mich ständig störst!» sondern:
«Ich ärgere mich, weil ich in Ruhe arbeiten möchte.» Spüren Sie den Unterschied?
Sie könnten also zu Ihrem Kollegen, der sich zum dritten Mal etwas ausleiht, sagen: «Weisst du, mir ist
wichtig, dass ich Ruhe zum Arbeiten habe.»
Um in jeder Situation hinter unserem Gefühl das Bedürfnis zu finden, brauchen wir schon eine gute Portion
Selbst-Reflexion. Und wir sollten wissen, auf was wir besonderen Wert legen.

Hinter jedem Vorwurf versteckt sich ein nicht erfülltes Bedürfnis.


Welches Bedürfnis habe ich, wenn ich sage: «Nie hilfst Du mir!»? Wenn wir den Satz in sein Gegenteil
umkehren, (Du hilfst mir), dann stossen wir auf das dahinterliegende Bedürfnis: Mir ist Deine Unterstützung
wichtig.
Je nach Verhaltensstil, Erziehung, Erfahrung etc. haben wir auch bestimmte Lieblings-Bedürfnisse – d.h. uns
sind bestimmte Dinge und Gegebenheiten besonders wichtig und wertvoll.
Diese Bedürfnisse, Werte und Interessen sind deshalb so wichtig, weil sie es sind, die unser Handeln und
unsere Reaktionen auf die Umwelt bestimmen.

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4. W = W-Frage oder Wunsch


Schliessen Sie Ihr Feedback mit einem Wunsch (wenn angemessen) oder auch einer offenen W-Frage ab.
In vielen Fällen ist eine Frage angemessener, z.B. «Was ist los?» «Wie kommt es, dass…?» «Wie sehen Sie
das?» «Was schlagen Sie vor, um…?»

Kritisches und positives Feedback


Im Folgenden finden Sie Formulierungshilfen für das kritische und auch das positive Feedback.
Sparen Sie sich nach Möglichkeit Bemerkungen, wie «Geht doch, Müller, weiter so!» und achten Sie darauf,
dass Sie ein Lob nicht instrumentalisieren, um jemanden für eine Tätigkeit zu gewinnen: «Herr Müller, Sie
haben beim letzten Mal ja so schön das Protokoll geschrieben, würden Sie das heute wieder überneh-
men?»
Lob sollte möglichst konkret formuliert werden, dann freut es den Empfänger am meisten – und es bestärkt
gleichzeitig die explizit hervorgehobenen Verhaltensweisen.
Am Ende des Lobes steht kein Wunsch sondern ein Dankeschön!

Kritisches Feedback Positives Feedback


1. Wahrnehmung/Fakten: 1. Wahrnehmung/Fakten:
Ich sehe, dass Sie… Ich sehe, dass Sie…
Ich stelle fest, dass Sie… Ich stelle fest, dass Sie…
Sie haben…. Sie haben…
2. Wirkung: 2. Wirkung:
Das hat zur Folge, … Das hat zur Folge, …
Daher… Daher…
Dadurch… Dadurch…
3. Was ist mir wichtig? 3. Was ist mir wichtig?
Mir ist aber wichtig, dass… Und mir ist wichtig, dass…
Ich lege aber Wert darauf, dass… Ich lege ja Wert darauf, dass… 62
4. Frage oder Wunsch 4. Dank und Lob
Wie sehen Sie das? Vielen Dank!
Könnten Sie bitte in Zukunft… Super!
Was halten Sie davon, zukünftig…?

Ein positives Feedback könnte so aussehen.


1. Herr Müller, Sie haben sich hervorragend auf die Präsentation vorbereitet und hatten sogar eine
10-Minuten-Variante parat.
2. Dadurch konnten wir flexibel auf die plötzliche Zeitknappheit reagieren und doch noch alle wichtigen
Argumente herüberbringen. Das freut mich besonders, weil
3. mir wichtig ist, dass das Gremium unserem Projekt zustimmt.
4. Vielen Dank! Super gemacht!

Regeln zum Empfang von Feedback


zuhören – zuhören – zuhören
erst einmal Verständnisfragen stellen
nur wenn notwendig, Fakten richtig stellen und Erklärungen geben
darüber nachdenken, was Sie annehmen und ändern möchten
für ein positives oder als hilfreich empfundenes Feedback bedanken

Wortschatz oder Wortmüll: Was Ihre Wortwahl über Sie aussagt.


Wie Sie vom Gesprächspartner wahrgenommen und eingeschätzt werden, hängt nicht nur von Ihrer Körper­
sprache, sondern auch in hohem Masse von Ihrer Wortwahl ab. Das folgende Beispiel verdeutlicht dies:
Frage des Kunden: «Wo ist denn die Überweisung hängengeblieben?»
Frau Kunze: «Ja, die ist irgendwie hängengeblieben. Aber ich weiss nicht so genau wo. Ich bin mir da
nicht ganz sicher. Ich gehe mal einfach davon aus, dass man die Sache wohl von einer anderen Abteilung
überprüfen lassen sollte. Ich versuche später anzurufen. Äh, wann würde es passen?»

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Frau Weber: «Ich kann die Frage nicht sofort beantworten und möchte zunächst in der Buchhaltung klären las-
sen, ob eine Zahlung eingegangen ist. Ich kann Sie heute nachmittag zurückrufen. Passt es Ihnen um halb zwei?»
Mit welcher Dame möchten Sie lieber zusammenarbeiten? Beide haben auf dieselbe Frage geantwortet. Die
Antworten sind jedoch ganz unterschiedlich ausgefallen, weil unterschiedliche Worte gewählt wurden.

Negativ-Aussagen
«Wir können das Problem jetzt nicht lösen.»
Positiv formulierte Aussagen verstehen wir gewöhnlich rascher als solche, die negative und abweisende
Begriffe enthalten. Sie vermitteln den Eindruck, dass der Sprecher eindeutig Bescheid weiss und klare Lösungen
findet. Streichen Sie Begriffe und Redensarten aus Ihrem Wortschatz, die diesem Eindruck zuwiderlaufen
und sagen Sie eher, was machbar ist und was Sie tun werden:
«Wir tun alles für eine schnelle Lösung.»

«Ich würde Ihnen ungern…»


Statt mit dem abweisenden Ansatz zu sagen, dass Sie ungern eine falsche Auskunft geben würden, drehen
Sie die Sache einfach herum und formulieren Sie es positiv:
«Ich will sicher sein, dass Sie eine richtige Auskunft bekommen.»

Der kraftlose Konjunktiv


«Ich könnte versuchen, Sie später wieder anzurufen. Falls wir dann noch einmal miteinander reden
könnten, wäre das doch eine Möglichkeit.»
Mit dieser Formulierung können Sie gleich aufgeben. Sie machen deutlich, dass Sie gar nicht wirklich mit
einem Zustandekommen des Gesprächs rechnen, und danach handeln Sie auch. Um sicherzustellen, dass
das Gespräch auf jeden Fall stattfindet, sagen Sie lieber:
«Ich werde im Laufe der Woche anrufen, damit wir noch einmal über die Sache sprechen können. Passt
63
Ihnen Donnerstag halb drei, oder ist Freitag morgen günstiger für Sie?»

Weichmacher
«Ich bin nicht sicher…»
…natürlich sind Sie sicher. Sie sind sicher, dass Sie es nicht wissen.
Sagen Sie also besser:
«Im Moment brauche ich noch nähere Informationen. Ich werde so schnell wie möglich alle Infos einholen
und Sie anrufen, sobald ich sie habe.»

«Ich wollte eigentlich sagen…»


«Eigentlich» ist ein Weichmacher ersten Ranges. Die meisten wissen das auch. Benutzen Sie diesen Weich-
macher nur, wenn Sie bewusst Ihre Aussage deutlich abschwächen wollen.

Übersicht über die «Weichmacher»:


Passiv-Formen
«Es wurde festgestellt…»
Unpersönliche Konstruktionen
«Man kann sagen…»
Polsterwörter
«Möglicherweise…»
Konjunktiv-Form
«Wir würden vorschlagen…»
Füllworte
«…sozusagen…»; «…irgendwie…»
Einschränkende Floskeln
«Eigentlich…»

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Die Kraft der Sprache


Nicht nur der Körper, sondern auch die Sprache, die wir verwenden, zeigt sehr deutlich, welches Abbild der
Wirklichkeit wir uns machen. Sie zeigt uns, ob wir Kraft haben, etwas zu verändern, ob wir das Glas eher
als halbleer oder halbvoll empfinden.
Wir können daher auch an unserem Sprachgebrauch ansetzen, um etwas zu verändern.
Denn Wissenschaftler haben inzwischen herausgefunden, dass bestimmte Worte bestimmte innere Pro-
zesse auslösen – und wenn man andere Worte wählt, sich auch die Prozesse ändern. Viele Begriffe lösen
schwächende innere Prozesse aus.
Wie geht es Ihnen z.B., wenn Sie zehnmal hintereinander «STRESS» sagen? Kinesiologen, die sich mit Muskel-
kraft beschäftigen, haben gemessen, dass viele Muskeln schwächer werden, wenn derjenige mehrmals laut
«STRESS» sagt – oder auch nur daran denkt!

Spüren Sie nach, wie unterschiedlich sich folgende Sätze anfühlen:


«Ich hänge an meiner Frau und den Kindern.»
«Ich liebe meine Frau und die Kinder.»

Haben Sie einen Wortschatz?


Oder haben Sie einen Wort-Müll, der Sie und andere schwächt?
Auch über die Sprache können wir Einfluss nehmen, wie wir uns fühlen und die Welt wahrnehmen. Unser
Sprachstil sagt viel über uns aus:

Formulierung: Alternative:
Hoffentlich hast du keinen Ärger! Ich wünsche dir, dass alles gut geht.
Pass auf, dass du den Schlüssel nicht vergisst. Nimm den Schlüssel mit!
64
Das werde ich in Angriff nehmen. Das mache ich.
Mir geht’s gut – ansonsten Stress, wie immer. Danke für die Nachfrage, ich habe viel zu tun.
Wir haben über die Kollegin geredet. Wir haben von meiner Kollegin gesprochen.
Bei mir ist alles im Umbruch. Bei mir ist vieles in Bewegung gekommen.
Wir sollten das Gerät endlich reparieren lassen. Das Gerät ist defekt. Bringst du es zur Reparatur,
oder soll ich es tun?
Eigentlich male ich gern. Ich male gern.
Ich muss noch einkaufen gehen. Ich möchte noch einkaufen gehen,
Wir wollen am Wochenende kochen. damit wir am Wochenende etwas Schönes kochen können.
Sie müssen den Beleg mitbringen. Ich brauche unbedingt den Beleg.
Das können wir Ihnen bis morgen nicht liefern. Das können wir Ihnen frühestens…liefern.
Das kann nicht sein! Wie verhält sich das genau?
Was…? Weshalb…?

Das stimmt nicht! Wir haben da andere Erfahrungen gemacht.


Ich kann Ihnen da nicht weiterhelfen. Das betrifft das Fachgebiet meines Kollegen.
Ich frage nach und rufe Sie dann zurück.

Konfliktverhalten
Zunächst ist es interessant, unterschiedliches Konfliktverhalten zu beobachten und kennen zu lernen –
sowohl bei sich selbst, als auch bei anderen.
Je nach Situation und Konfliktpartner ändert sich unser Verhalten. Es gibt jedoch eine Richtung im Verhalten,
die wir immer wieder gerne einschlagen.

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! Vier Tendenzen im Konfliktverhalten können wir hier ausmachen:


!
Orientierung an
! den Interessen
! des anderen
!
!
! problemlösend
Nachgeben
! kooperativ
!
!
! " $
!
!
! Rückzug,
! # Durchsetzung/Druck
! Vermeidung, Überredung durch
! Verdrängung Tricks
!
!
! Orientierung an
eigenen
! Interessen
!
!
1. Nachgeben
Ich setze mich mit meinem Konfliktpartner auseinander, neige jedoch dazu, nachzugeben, um eine härtere
Konfrontation zu vermeiden.

2. problemlösend, kooperativ
Das ist die klassische «win-win.Methode». Ich spreche mit meinem Konfliktpartner und versuche mit ihm 65
gemeinsam eine Lösung zu finden, die den Interessen beider Seiten gerecht wird.

3. Rückzug, Vermeidung
Der Rückzug bedeutet die absolute Vermeidungsstrategie. Ich gehe dem Konflikt, der mir wohl bewusst ist,
aus dem Weg und vermeide jegliche Konfrontation oder Auseinandersetzung.

4. Durchsetzung
Ich ziehe alle Register und setze mich mit meinen Interessen durch, so dass der andere verliert.

Sie sehen schon, am besten ist die problemlösende Haltung, also die rechtzeitige Auseinandersetzung mit
dem Konfliktpartner, um Interessen zu klären und Lösungen zu finden. Dabei gilt:

Je mehr der Konflikt eskaliert, desto schwieriger wird es, ihn in den
Griff zu bekommen. Konflikte sollten daher schon im Anfangsstadium
bearbeitet werden
Achten Sie beim Gespräch darauf, dass Sie nicht zu «hoch» im non-verbalen Status werden, weil damit die
Gefahr der Eskalation besteht. Wenn Sie zu «niedrig» sind, könnten Sie leicht «untergebuttert» werden.
Versuchen Sie also, genau die richtige Balance zu finden.

Umgang mit aggressiven Gesprächspartnern


Gerade der Umgang mit aggressiven Gesprächspartnern bereitet uns oft Schwierigkeiten. Hierbei geht es
darum,
• den Gesprächspartner zu beruhigen und Aggressionen abbauen,
• Beleidigungen selbstbewusst abzuwehren, und eine möglichst
• sachliche Klärung der Angelegenheit herbeizuführen.

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Tipps für das Gesprächsverhalten mit aggressiven Gesprächspartnern


• Bewusst atmen, versuchen, sich von der Aggression innerlich zu distanzieren.
• Stellen Sie sich vor, Ihr Gesprächspartner spielt in einem Film, der vor Ihnen abläuft.
• Hören Sie genau hin, was er Ihnen sagt, um Informationen zu bekommen, was die eigentliche Ursache
seiner Aggression ist.
• Spiegeln Sie ihm sein Verhalten zurück (Aktives Zuhören, Verbalisieren von Gefühlsinhalten) «Ach du
je, Herr…, Sie sind ja unheimlich sauer, das muss Sie ja schrecklich verärgert haben…». So kann er erst
einmal seinen Ärger loswerden und ist dann für vernünftige Argumentationen offen. Gerade bei unter-
schwelliger Aggression ist es oft wichtig, dass der Ärger herauskommt! Erst wenn der emotionale Knoten
gelöst ist, ist der andere bereit für die sachliche Lösung eines Problems.
• Zeigen Sie ihm Verständnis, vor allem dann, wenn er «nur» aggressiv ist und nicht beleidigend. Denn:
egal woher diese Aggression kommt und «wer sie abbekommt», ob sie berechtigt ist oder nicht – sie ist
nun mal da und wir müssen mit ihr umgehen, um zu einem konstruktiven Gespräch zu gelangen.
• Fragen Sie nach, was ihn genau aufregt, wenn er pauschalisiert.
• Entschuldigen Sie sich auch für Fehler, die andere gemacht haben, sobald die Tatsachen geklärt sind. («Es
tut mir leid, dass mein Kollege das falsch verstanden hat.»)
• Fragen Sie – wenn es passt – Ihr Gegenüber selbst nach Lösungsvorschlägen.

Und wenn nichts hilft…


Senden Sie eine «Ich-Botschaft», mit der Sie Ihrer Betroffenheit und Verletztheit Ausdruck verleihen. Dies
zwingt den Gesprächspartner, sich mit den Folgen seines Verhaltens auseinanderzusetzen und mach ihn in
der Regel gleich viel «zahmer»: «Herr X., also das macht mich wirklich betroffen, in welcher Schärfe Sie
mir diesen Vorwurf machen…».

Konflikthafte Situationen in Meetings


Auch in Meetings und Diskussionsrunden treten immer wieder Konflikte auf. Wenn Sie Moderator sind, ist 66
es Ihre Aufgabe, die Effizienz des Meetings zu gewährleisten und eventuell Konflikte zu bearbeiten.

In Gruppenmeetings sind die Ursachen häufig:


• Missverständnisse
• Unterschiedliche Zielvorstellungen
• (Scheinbare) Unlösbarkeit von Aufgaben
• Persönliche Frustration, z. B. jemand kommt nicht zu Wort
• Unterschiedliche persönliche Bedürfnisse
• Ungünstiges Kommunikationsverhalten
• Persönliche Antipathien und Zwistigkeiten

Viele Konflikte schwelen erst eine Weile unter der Oberfläche, bevor sie ausbrechen.
Manchmal ist es günstiger, sie nicht anzusprechen.
Aber Vorsicht! Oft ist es so, dass die sogenannten verdeckten Konflikte die Gruppe stark in ihrer Arbeits-
fähigkeit beeinträchtigen. Dann ist Klärung angesagt, sonst können keine tragfähigen Beschlüsse gefasst
werden!
Meist gibt es klare Anzeichen für diese latenten Unstimmigkeiten: Teilnehmer wirken desinteressiert und
kaum engagiert oder Argumente werden mit grosser Heftigkeit vorgetragen. Mitglieder sind ungeduldig
miteinander und gehen nicht mehr aufeinander ein. Oft sind auch subtile persönliche Angriffe erkennbar.
Hier gilt es, dass Sie Ihre Wahrnehmung schärfen und schauen, inwieweit die offene Diskussion und
Beschlussfähigkeit beeinträchtigt ist.
Empfangen Sie als Moderator derartige «Signale», und spüren Sie, dass die Gruppe nicht mehr frei und
offen an der gemeinsamen Lösungssuche arbeitet, so sollten Sie die Unstimmigkeit ansprechen. Am besten
tun Sie dies, indem Sie Ihre Beobachtungen/Wahrnehmungen mitteilen und überprüfen, ob Sie mit Ihrer
Interpretation richtig liegen.

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Sie könnten nun folgende Schritte tun, um den verdeckten Konflikt zu bearbeiten:
• Blitzlicht veranstalten: Wie gehen wir mit dieser Situation um?
• Weiteres Vorgehen absprechen, eventuell zusätzliche Regel aufstellen
• Weiterarbeit gemäss Gruppenbeschluss

Falls es zu unsachlichen, emotional heftigen Äusserungen und verletzenden Angriffen kommt, können Sie
zunächst den entsprechenden Beitrag versachlichen.

Beispiel:
Mitglied: «Was Sie sagen, Herr X, ist doch absoluter Unsinn!»
Moderator: «Sie sind also nicht mit dem Vorschlag von Herrn X einverstanden! Was genau macht Sie so
unzufrieden?»

Ziel ist es, den Betroffenen bewusst zu machen, dass es auch andere Formulierungsmöglichkeiten gibt, die
weniger verletzen. Reicht diese Methode nicht aus, können Sie als Moderator:
• in einer Pause den Betreffenden ansprechen, oder auch
• die sachliche Arbeit unterbrechen und mit der Gruppe über die Art des Umgangs miteinander verhandeln

Handelt es sich um einen offen ausgetragenen Streit, müssen Sie als Moderator sofort und entschieden die
Auseinandersetzung unterbrechen.
Im nächsten Schritt muss dafür gesorgt werden, dass jeder der Beteiligten kurz seine Position schildern
kann. Sie achten darauf, dass jeder ausreden darf und der andere zuhört. Manchmal ist es sogar recht
wirksam, wenn der Zuhörende das Gehörte nochmals mit eigenen Worten zusammenfasst, bevor er sein
eigenes Statement bringt.
Im dritten Schritt lassen Sie die Beteiligten als Wunsch an den jeweils anderen formulieren, was der Einzelne
brauchen würde, um das Kriegsbeil wieder begraben zu können. Ziel ist es, eine Vereinbarung zu finden,
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wie jetzt weiter verfahren werden kann.
Abschliessend prüfen Sie durch Nachfragen nochmals ab, ob das Vereinbarte auch so in Ordnung geht.

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Transfer-Fragen Datum: _______________


Bitte beantworten Sie die Fragen, die für Sie wichtig und sinnvoll sind:

Welches waren für mich die wesentlichen Erkenntnisse des Tages?
Wie und wo kann ich diese in der Praxis umsetzen?
Welche Fähigkeiten will ich bei mir verbessern?
Welche konkreten ersten Schritte werde ich gehen?
Wie kann ich das, was ich heute gelernt habe, in anderen Situationen nutzen?
Wie hoch ist die Umsetzungswahrscheinlichkeit?
Welche Umsetzungsschwierigkeiten sehe ich?
Wie werde ich damit umgehen?
Welche Konsequenzen wird die Veränderung für mein Umfeld haben?

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Bitte beantworten Sie die Fragen, die für Sie wichtig und sinnvoll sind:

Welches waren für mich die wesentlichen Erkenntnisse des Tages?
Wie und wo kann ich diese in der Praxis umsetzen?
Welche Fähigkeiten will ich bei mir verbessern?
Welche konkreten ersten Schritte werde ich gehen?
Wie kann ich das, was ich heute gelernt habe, in anderen Situationen nutzen?
Wie hoch ist die Umsetzungswahrscheinlichkeit?
Welche Umsetzungsschwierigkeiten sehe ich?
Wie werde ich damit umgehen?
Welche Konsequenzen wird die Veränderung für mein Umfeld haben?

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Bitte beantworten Sie die Fragen, die für Sie wichtig und sinnvoll sind:

Welches waren für mich die wesentlichen Erkenntnisse des Tages?
Wie und wo kann ich diese in der Praxis umsetzen?
Welche Fähigkeiten will ich bei mir verbessern?
Welche konkreten ersten Schritte werde ich gehen?
Wie kann ich das, was ich heute gelernt habe, in anderen Situationen nutzen?
Wie hoch ist die Umsetzungswahrscheinlichkeit?
Welche Umsetzungsschwierigkeiten sehe ich?
Wie werde ich damit umgehen?
Welche Konsequenzen wird die Veränderung für mein Umfeld haben?

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Transfer-Fragen Datum: _______________


Bitte beantworten Sie die Fragen, die für Sie wichtig und sinnvoll sind:

Welches waren für mich die wesentlichen Erkenntnisse des Tages?
Wie und wo kann ich diese in der Praxis umsetzen?
Welche Fähigkeiten will ich bei mir verbessern?
Welche konkreten ersten Schritte werde ich gehen?
Wie kann ich das, was ich heute gelernt habe, in anderen Situationen nutzen?
Wie hoch ist die Umsetzungswahrscheinlichkeit?
Welche Umsetzungsschwierigkeiten sehe ich?
Wie werde ich damit umgehen?
Welche Konsequenzen wird die Veränderung für mein Umfeld haben?

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Literaturauswahl
Zum Thema Körperbewusstsein und Körpersprache:
CERWINKA, Gabriele; SCHRANZ, Gabriele: Die Macht der versteckten Signale, Ueberreuter 1999
JOHNSTONE, Keith: Theaterspiele, Berlin 1998
JOHNSTONE, Keith: Improvisation und Theater, Alexander Verlag 1995
MOLCHO, Samy: Körpersprache, Mosaik, 1983
MOLCHO, Samy: Körpersprache im Beruf, Goldmann 1997

Zum Thema Schlagfertigkeit und Improvisation:


BATZ, Michael; SCHROTH, Horst: Theater zwischen Tür und Angel, rowohlt 1993
BERCKHAN, Barbara: Die etwas intelligentere Art, sich gegen dumme Sprüche zu wehren, 2001 Heyne-Verlag
BREDEMEIER, Karsten: Provokative Rhetorik? Schlagfertigkeit!, Mosaik 2000
BREDEMEIER, Karsten; NEUMANN, Reiner: Nie wieder sprachlos, 2000 mvg-Verlag
JOHNSTONE, Keith: Improvisation und Theater, Alexander Verlag 1995
JOHNSTONE, Keith: Theaterspiele, Alexander Verlag1998
NÖLLKE, Matthias: Schlagfertigkeit, 2002 Haufe-Verlag
RAUDSEPP, Eugene: Kreativitätsspiele für Manager, München 1994
SPOLIN, Viola: Improvisationstechniken für Pädagogik, Theapie und Theater, Junfermann 1987
VLCEK, Radim: Workshop Improvisationstheater, Pfeiffer 1997

Zum Thema Umgangsformen und Etikette:


BARTELS, Renate: Umgangsformen im Berufsleben, Falken 1996
BEGEMANN, Petra: Der grosse Business-Knigge, Eichborn 2003
BONNEAU, Elisabeth: Safer Talk – Smalltalk ohne Hemmungen, Falken 1999
RUHLEDER, Brigitte: 30 Minuten für exzellente Umgangsformen im Beruf, Gabal 1998
WOLF, Inge: Umgangsformen heute, Mosaik 2003 72
WREDE-GRISCHKAT, Rosemarie: Manieren und Karriere, Gabler 2001

Zum Thema Stimme, Atem, Körperhaltung, Ausdruck:


AMON, Ingrid: Die Macht der Stimme, Ueberreuter 2000
BALSER-EBERLE, Vera: Sprechtechnisches Übungsbuch, Österreichischer Bundesverlag 1992
COBLENZER, Horst: Erfolgreich sprechen, Österreichischer Bundesverlag 1990
DER KLEINE HEY, bearbeitet von Fritz Reusch, Schott Verlag (J. Hey: Die Kunst des Sprechens)
ROSSIÉ, Michael: Sprechertraining, List Verlag 2002
SCHLEIP, Robert: Der aufrechte Mensch. Übungen für eine gelöste Körperhaltung und einen natürlichen
Gang, Hugendubel 2000
SILVA, Kim da; RYDL, Do-Ri: Energie durch Bewegung, München 1995
WILDMAN, Frank: Feldenkrais. Übungen für jeden Tag, Fischer TB 1996
ZEHETMEIER, Winfried: Richtig Sprechen, Verlag R.S. Schulz 1986

Zum Thema Präsenz und Darstellungskraft:


BATZ, Michael; SCHROTH, Horst: Theater zwischen Tür und Angel, rowohlt 1993
NÖLLKE, Matthias: Anekdoten, Geschichten, Metaphern für Führungskräfte, Planegg 2002
PÖHM, Matthias: Vergessen Sie alles über Rhetorik, Landsberg München 2002
RELLSTAB, Felix: Handbuch Theaterspielen, Bd.1, Verlag Stutz +Co, CH-Wädenswil, 1994
SIMMONS; Annette, Story-Faktor, Stuttgart 2002

Zum Thema Präsentation und Vortrag:


BOYLAN, Bob: Bring`s auf den Punkt!, mvg-Verlag, 1996
FEY, Heinrich: Sicher und überzeugend präsentieren, Walhalla, 1996
Hierhold, Emil: Sicher präsentieren, wirksamer vortragen, Ueberreuter, 1994
PÖHM, Matthias: Vergessen Sie alles über Rhetorik, mvg-Verlag,2001
Rogers, Nathlie: Frei reden ohne Angst und Lampenfieber, Ullstein 1996
TOPF, Cornelia: Präsentations-Torpedos, managerseminare 2004

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Zum Thema Medienauftritt:


KRIEBEL, Wolf-Henning: Crashkurs Medienauftritt, Ueberreuter 2000
WACHTEL, Stefan: Überzeugen vor Mikrofon und Kamera, Campus 1999

Zum Thema Souveränität auch in schwierigen Gesprächssituationen:


FISHER, R.;URY, W.;PATTON, B.: Das Harvard-Konzept, Campus 1995
FRANKE, Rainer; SCHLIESKE, Ingrid: Klopfen Sie sich frei. M.E.T. zur Selbsthilfe, BIO-Ritter Verlag 2004
LASKO, Wolf W.:Charisma, Falken 1999
LEWICKI, R. J.; HIAM, A.;OLANDER K. W.: Verhandeln mit Strategie, Midas Verlag 1998
Schulz von Thun, Friedemann: Miteinander reden. Kommunikationspsychologie für Führungskräfte, rowohlt 2000
SILVA, Kim da: Gesundheit in unseren Händen. Mudras. Knaur 1991
URY, William L.: Schwierige Verhandlungen, Heyne Campus 192
WEISS, Josef: Selbst-Coaching, Heyne 2001

Zum Thema Kommunikation und Konflikt:


FISHER, Roger; URY, William; PATTON, Bruce: Das Harvard-Konzept, Campus 1995
Gäde, Ernst-Georg; Listing, Thomas: Gruppen erfolgreich leiten, Grünewald 1995
GLASL, F.: Konfliktmanagement. Ein Handbuch für Führungskräfte und Berater, Haupt 1990
Harris, Thomas A.: Ich bin o.k. Du bist o.k., Rowohlt 1985 (zur Transaktions-analyse)
JIRANEK, Heinz; EDMÜLLER, Andreas: Konfliktmanagment, Haufe 2003
KÄLIN, Karl; MÜRI, Peter: Sich und andere führen, Ott Verlag, CH-Thun 1996, S. 35–102
(sehr empfehlenswert! Kapitel 2 beschäftigt sich mit der Transaktionsanalyse)
REDLICH, Alexander: Konflikt-Moderation, Windmühle 1997
ROSENBERG, Marshall: Gewaltfreie Kommunikation, Junfermann 2004
Seifert, Josef W.: Meetings moderieren, Gabal 1999
Ury William L.: Schwierige Verhandlungen, Heyne Campus 1995
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