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Thomas Bernhard
Personal Performance
Seit einigen Jahren wird an einer bekannten Privatuniversität in Nordrhein-Westfalen für alle Absolventen
(besonders Juristen, Mediziner, Wirtschaftsfachleute) ein intensiver Schauspielkurs mit mehreren Aufführun
gen angeboten. – Wozu?
Inwiefern profitieren diese Studienrichtungen von der Schauspielkunst?
Wie kommt es, dass sich immer mehr Manager Tools aus dem Schauspieltraining aneignen?
Um auf diese Fragen einzugehen, müssen wir erst einmal einen Blick auf die Schauspielausbildung werfen:
Was muss eigentlich ein Schauspieler können, um auf der Bühne überzeugend eine Rolle zu verkörpern?
Ein Schauspielschüler lernt zunächst, sein Instrumentarium zu beherrschen, d.h. seine Stimme und seinen
Körper. Er lernt, seine eigenen Körpersignale wahrzunehmen und bewusst zu steuern, er trainiert die Nuan-
cen der Stimmführung. Ziel ist, die höchstmögliche Deckung zwischen inneren Gedanken und Gefühlen
und den geäusserten Worten und Gesten herzustellen. Diese Übereinstimmung zwischen «Innen» und
«Aussen» nennt man Kongruenz oder auch Authentizität. 1
7%
Sprachinhalt
38%
Stimme 55% Mehrabian-Kreis
Körpersprache
93% der Kommunikation läuft ohne Worte ab – damit ist nicht nur die Gestik und Mimik, sondern auch der 2
Tonfall gemeint. Nur 7% der Informationen werden auf der rein verbal-inhaltlichen Ebene vermittelt.
Der Tonfall z.B., in dem eine Bitte vorgetragen wird, das Lächeln, das sie begleitet, oder der unsicher abge-
wandte Blick – sie beeinflussen denjenigen, an den die Bitte herangetragen wird, in grösserem Masse, als
der Inhalt der einzelnen Worte.
Wie jemand nach aussen hin wirkt und was wir von einem Menschen
erinnern, hängt nur zu 7% vom Inhalt seiner Worte ab.
Dazu ein Beispiel von Samy Molcho (Pantomime und Trainer für Körpersprache):
Der Plan für eine Besprechung oder Verhandlung lässt sich mit dem Plan für die Fahrt zum Büro vergleichen:
Wir kennen unser Auto und den Weg und fahren los. Plötzlich treffen wir auf eine rote Ampel, die wir
nicht eingeplant haben. Ignorieren wir die Ampel, ist uns ein Strafmandat sicher. Die Fahrt geht weiter und
wir gelangen an eine Umleitung. Sparen wir uns diese Umleitung, landen wir in einer Sackgasse.
Ähnlich läuft es im Gespräch: Wir beginnen zu argumentieren. Plötzlich presst der andere die Lippen
zusammen oder zieht sich zurück: rote Ampel. Übersehen wir das Signal, kommt die Strafe früher oder
später. Der andere wird sich bewusst oder unbewusst für die Missachtung seines Gefühls rächen. Beachten
wir das Signal, müssen wir klären, warum der andere «auf rot geschaltet hat». Eventuell müssen wir jetzt
eine «Umleitung» benutzen, um ans Ziel zu gelangen. Mit anderen Worten: «Durchzufahren» ist immer
ein Risiko! Eingehen auf die Signale hilft uns, ans Ziel zu gelangen.
Nur wenn wir auf die Signale des Gesprächspartners eingehen, haben wir
eine Chance, ihn zu überzeugen.
Ein geschultes Körperbewusstsein hilft uns, sowohl eigene, als auch fremde Signale wahrzunehmen.
Wie wir eine andere Person wahrnehmen, hängt von vielen Faktoren ab: Von unseren «eingebauten Wahr-
nehmungsfiltern». Wir nehmen nämlich unbewusst ständig alles wahr, was sich um und in uns abspielt.
Wenn wir alles bewusst mitbekommen würden, wären wir durch diese ständige Reizüberflutung völlig
überfordert. Deshalb gibt es ein «eingebautes, automatisches Filtersystem». Dieser Filter wählt für uns die
Reize aus, die wir wahrnehmen.
3
Welche Reize wir auswählen und wie wir sie wahrnehmen, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab:
Meine Ansicht ist, dass Körper und Seele miteinander in Beziehung sind.
Johann Caspar Lavater
Diese drei Komponenten sind vollständig auf die persönliche Authentizität eines jeden Menschen übertragbar.
Der Kommunikationswissenschaftler Carl Rogers beschreibt dies in etwa so:
4
Es gibt drei Bereiche der Persönlichkeit, die übereinstimmen sollten, damit derjenige authentisch ist:
1. Inneres Erleben (was ich fühle)
2. Bewusstsein (was ich davon bewusst mitkriege) und
3. Kommunikation (was ich davon nach aussen hin sichtbar werden lasse).
Sie sollten bedenken: Der Körper äussert sich schneller, als wir es mit unseren Worten tun. Die Körpersprache
zeigt etwa eine Sekunde vor dem gesprochenen Wort unseren inneren Zustand.
Deshalb ist es häufig effektiver, am inneren Erleben zu arbeiten, also tatsächlich eine wertschätzende Hal-
tung gegenüber dem Kollegen einzunehmen. Der Körper drückt dies sofort entsprechend aus, ohne dass
Sie alles unter Kontrolle haben müssen.
Die überzeugendste Form der Authentizität erreichen Sie, wenn Sie Ihr
inneres Erleben ungefiltert nach aussen tragen können.
Oder:
Die überzeugendste Wertschätzung ist die, die von innen kommt.
Doch diese Form der Authentizität ist nicht immer möglich. Häufig müssen wir uns zurückhalten oder auch
in grösserem Mass kontrollieren. Hierbei nutzen wir die «Selektive Authentizität».
Selektive Authentizität bedeutet, dass wir nicht alles zeigen und «herauslassen», was (an Gefühlen) in uns
ist, sondern vorher auswählen oder abmildern. Mit anderen Worten:
«Nicht alles, was echt ist, will ich sagen. Doch was ich sage, soll echt sein.» (Ruth Cohn, Kommunikations-
wissenschaftlerin)
Unsere Körpersignale nach aussen werden also sehr stark von unserem inneren Erleben bestimmt. Was
jedoch für viele neu ist: Es geht auch umgekehrt.
Haben Sie schon einmal versucht, sich in jemanden anderen hineinzuversetzen? Auch hier ist der Körper ein
wichtiger Schlüssel zur anderen Person. Schon die Sprache drückt das aus: Mit ein und demselben Begriff
«Haltung» ist im Deutschen sowohl die innere Einstellung, wie auch die Körperhaltung gemeint.
Um die Haltung, die innere Einstellung des anderen zu verstehen, begebe ich mich in seine Körper-Haltung
und ich erhalte nicht nur Informationen über seine Befindlichkeit, sondern verbessere insgesamt die Kom-
munikations-Situation. Näheres erfahren Sie im nächsten Abschnitt.
Ein Geheimnis des Erfolges ist, den Standpunkt des anderen zu verstehen.
Henry Ford
Status-Spiele
Wir werden uns im folgenden intensiver mit Körpersignalen befassen, die – in dieser Weise aufbereitet
und benannt – in kaum einem Buch oder Seminar zum Thema Körpersprache zu finden sind, denn sie sind
ursprünglich von einem Theatermann aufgedeckt und in sein Theatertraining eingebaut worden:
Es geht um bestimmte – non-verbale – Signale von Selbstsicherheit, Überlegenheit, Macht und Arroganz
– und auf der anderen Seite um die Signale von Verbindlichkeit, Sympathie bis hin zur Unsicherheit und
Unterlegenheit. Keith Johnstone, der Begründer des «Theatersports», einer kompetitiven Form von Improvi-
sationstheater, nennt diese körpersprachlichen Zeichen «Status-Signale» und hat den Begriff der «Status-
spiele» geprägt.
Ein Beispiel:
Wenn wir uns vorstellen, wie die Queen von ihrem Balkon aus das Volk grüsst und wir dann einen Vergleich
ziehen zu Tante Frieda, die auf dem Balkon steht und einer Nachbarin zuwinkt, dann fallen uns einige
Unterschiede auf.
Die Queen wird sich langsamer, «majestätischer» bewegen und eventuell huldvoll nicken, während Tante
Frieda vielleicht noch «Hu hu!!» ruft und heftig mit der Hand wedelt.
Tante Frieda signalisiert also einen anderen «Status» als die Queen.
7
Auch die Stimme hat eine Status-Wirkung. Derjenige, der eher langsam mit klarer, sonorer Stimme spricht,
erzeugt eine deutlich andere, «höhere» Status-Wirkung, als derjenige, der leise, hastig und undeutlich
nuschelt.
Dies sind natürlich Extrem-Erscheinungen. Johnstone nennt sie «Hochstatus» und «Tiefstatus». Die Über-
gänge zwischen Hoch- und Tiefstatus sind fliessend.
Johnstone schreibt:
«Heute bin ich sicher, dass jeder Mensch einen bevorzugten Status hat; der eine will tief sein, der andere
hoch. Jeder versucht, sich in die bevorzugte Position zu bringen. Ein Mensch, der Hochstatus spielt, signalisiert:
‹Komm mir nicht näher, ich beisse.›
Jemand, der Tiefstatus spielt, signalisiert: ‹Beiss mich nicht, ich bin der Mühe nicht wert.› In beiden Fällen
ist der gespielte Status eine Abwehr, die im allgemeinen funktionieren wird. (…) Man wird zu einem
Status-Spezialisten, der den einen Status sehr gut spielen kann, den anderen jedoch nur sehr ungeschickt
spielt.»
In seiner Extremform wirkt der Hochstatus kaltherzig, anmassend und arrogant, der Tiefstatus verunsichert,
unterlegen und desorientiert.
In der gemässigten Form können wir mit Hochstatus-Signalen deutlich Autorität, Stärke und Durchsetzungs-
kraft ausdrücken, mit einem gemässigten Tiefstatus Verbindlichkeit, Sympathie und Entgegenkommen.
Deshalb gibt es auch keine Wertung. Beide Statusrichtungen sind – in ihrer gemässigten Form – je nach
Situation angemessen und berechtigt.
Nun sind unsere Statussignale zum grössten Teil unbewusst.
Beispielsweise mag sich jemand, der ständig «Hochstatus-Signale» aussendet, wundern, warum er von
vielen für arrogant gehalten wird.
Darüber hinaus gibt es auch Statussignale gegenüber Räumen, Einrichtungsgegenständen und Tieren. 8
Wenn Sie sich z.B. vorsichtig auf einen wertvollen Museums-Sessel aus der Zeit von Louis XV setzen, sieht
das anders aus, als wenn Sie sich zu Hause in Ihren Lieblingssessel fallen lassen. Im ersten Fall besitzen Sie
gegenüber dem Möbelstück «Tiefstatus», im zweiten Fall «Hochstatus».
Johnstone hat diese «Status-Spiele» vor allem für sein Improvisationstheater aufdeckt und weiterentwickelt,
um so die Szenen noch differenzierter und kreativer zu gestalten.
Und damit sind wir beim nächsten Thema: Improvisation.
Sei phantasievoll!
Reagiere schnell!
Greife das Angebot deines Mitspielers auf!
Führe es weiter oder verändere es! 9
Hier sind Flexibilität, schnelles Handeln und neue Einfälle gefragt, damit sich die Improvisationsszene publi-
kumswirksam entfalten kann.
Die weiteren Übungen sollen Ihnen Lust machen, Ihren aktiven Wortschatz und Ihre Reaktionsfähigkeit
auszubauen, um in Zukunft schlagkräftiger, gewandter und kreativer zu reagieren. Zusammen mit anderen
machen die Übungen am meisten Spass.
Gleichnisse finden/vervollständigen
Vervollständigen Sie die folgenden, auf die Liebe bezogenen Gleichnisse:
«Liebe ist wie Feuer…
…wenn erst einmal entzündet, wird sie schnell zur Flamme.» (H. Fielding)
• Liebe ist wie die Masern…
• Liebe ist wie der rankende Wein…
• Liebe ist wie der Husten, …
• Liebe ist wie der Mond…
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• Liebe ist wie ein Kind…
• Liebe ist wie ein Pirat…
• Liebe ist wie Medizin…
• Liebe ist wie…
Schlagzeilen finden
Erfinden Sie 10 Schlagzeilen, die aus mindestens drei Worten bestehen, die mit demselben Buchstaben beginnen.
z.B. «Ansturm auf Augustusturm» oder «Besuch beim Bäckermeister Biermann»
Bei diesen Übungen ist es wichtig, den Druck, originell sein zu müssen, loszulassen – und erst dadurch zu
einer wahren Originalität zu gelangen.
Kommt Ihnen das nicht bekannt vor? Sobald wir uns unter Druck setzen, uns z.B. an einen bestimmten
Namen zu erinnern, passiert nichts. Wenn wir aber loslassen, fällt uns in dieser entspannten «Absichtslosigkeit»
plötzlich das Vergessene ein.
Deshalb sind diese kleinen Vorübungen des «Loslassens» eine gute Vorbereitung für improvisierte Theater
szenen.
Schlagfertigkeit
Dieselbe Methode funktioniert auch sehr gut wenn Sie auf verbale Angriffe reagieren, die Sie durch Auf-
greifen und Weiterführen/Verändern unschädlich machen:
Angreifer: Wenn Sie mein Mann wären, dann würde ich Ihnen Gift geben.
Angegriffener: Wenn ich Ihr Mann wäre, dann würde ich es glatt nehmen!
Angreifer: Sie sind ja nichts weiter als ein Durchschnittsmensch!
Angegriffener: Mein Lieber, unser Gott scheint Durchschnittsmenschen zu bevorzugen, denn sonst hätte
er nicht so viele davon geschaffen.
Angreifer: Sie sagen ja nur die halbe Wahrheit.
Angegriffener: Ja, aber dafür die richtige Hälfte.
Weitere Schlagfertigkeits-Tools
1. Abwarten Angriff: Sie haben ja schon wieder alles verbockt.
• bei Wutausbrüchen Entgegnung: (Blick-Kontakt, Schweigen)
• bei pauschalen Vorwürfen
2. Unpassendes Sprichwort/ Angriff: Vegetarier sind immer so übervorsichtig!
Verwirrung erzeugen Entgegnung: Tja, wie heisst es so schön: Zu viele Meister
• bei dummen Sprüchen und Sticheleien verderben den Kleister…
• bei Provokationen
3. Dolmetscher Technik Angriff: Sie haben ja keine Ahnung!
• bei Vorwürfen Entgegnung Sie können also meinem Vorschlag nicht 12
• bei Beleidigungen und unsachlicher Kritik (Angriff versachlichen): zustimmen?!
Angriff: Ich habe kein Handy. Für so wichtig halte ich mich
nicht.
Entgegnung Sie halten mich also für einen aufgeblasenen
(Angriff übertreiben): Wichtigtuer?
4. Gegenfrage Angriff: Wenn Sie immer schon um sechs gehen müssen,
• bei provokanten Fragen ist es ja klar, dass unsere Umsätze zurückgehen.
• bei Unterstellungen Mögliche Gegenfragen: Wie bitte?/Was meinen Sie?
Woher wissen Sie das?
Wer sagt das?
Worauf wollen Sie hinaus?
Wie meinen Sie das?
5. «Gerade…»-Technik Einwand: Was, das gibt es nicht in Grün?
• bei Einwänden Entgegnung: Gerade, weil dieses Produkt so hochwertig ist,
• bei berechtigter Kritik gibt es dies nur in drei Farben.
6. Instant-Sätze Mögliche Instant-Sätze: Schön für Sie…
• wenn Ihnen nichts Besseres einfällt Wenn es Ihnen dadurch besser geht: Sie haben Recht.
«Soso!» + Pause/«Aha!» + Pause
7. Konfrontation/Grenzen zeigen Angriff: Sie sind doch wirklich ein absoluter Idiot!
• bei aus Ihrer Sicht klaren Grenz- Entgegnung: Moment! Das war eine Beleidigung! (+ Pause!)
Überschreitungen
Zur Beachtung:
In den meisten Situationen, nämlich dann, wenn es um längerfristige Beziehungen und Kooperationen geht,
ist nicht Schlagfertigkeit angesagt, sondern eine Klärung der Beziehungs-Ebene.
Hier noch ein paar Sprichworte (zu verwenden in möglichst unpassenden Situationen):
• Hoffen und Harren macht manchen zum Narren.
• Das dicke Ende kommt zuletzt.
• Zu viele Meister verderben den Kleister.
• Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer.
• Die Bratwurst sucht man nicht im Hundestall.
• Das Wasser hat keine Balken.
• Wer den Teufel an die Wand malt, spart die Tapete.
• Ende gut, alles gut.
• Zur Not frisst der Teufel Fliegen.
• Lieber breit grinsen als schmal denken.
• Lieber Glück im Unglück als Pech in der Strähne.
• Lieber Arm dran als Arm ab.
Richtig interessant wird es, wenn wir Rückmeldung von anderen bekommen, wie sie uns in unserer Rolle/
unserem Verhalten erleben. Denn oftmals erzeugen wir eine andere Wirkung, als wir eigentlich beabsich-
tigen.
Auch der Schauspieler ist erst durch die Reaktion des Publikums bzw. des Regisseurs in der Lage, seine
Wirkung zu überprüfen und zu verbessern.
Was geschieht also, wenn wir eine Rolle ausfüllen sollen, die uns völlig fremd erscheint?
Wir schauen zunächst einmal – so wie es jeder Schauspieler tut – an welchen eigenen Erfahrungen und
Verhaltensweisen wir anknüpfen können. Je mehr Lebenserfahrung wir haben, desto leichter fällt es uns,
Anknüpfungspunkte zu finden. Dann geht es darum, die Handlungs-Motivation dieser darzustellenden
Figur zu ergründen und das Beziehungsgeflecht, in dem sie verwoben ist, zu begreifen. Wir versuchen, uns
auch körperlich einzustimmen: Wie bewegt sich die Figur? Welche Gesten macht sie häufig?
Dabei geht es nicht nur um die Kommunikation mit Kunden und Besuchern von aussen, sondern vor allem
um die unternehmensinterne Kommunikation, also das Verhalten, das jeder im Kontakt mit Kollegen, Vor-
gesetzten und Mitarbeitern an den Tag legt. Herrscht hier ein respektvoller und höflicher Ton, strahlt das
positiv nach aussen ab – und kein Unternehmen kann es sich heutzutage leisten, ein schlechtes Bild nach
aussen hin abzugeben.
Umgangsformen sind sozusagen das Öl im Getriebe der Kommunikation, damit es möglichst ohne Knirschen
und Krachen abgeht. Hätten wir keine Umgangsformen, würde das Recht des Stärkeren gelten. Wirklich
höfliche, souveräne, gebildete Menschen behandeln alle ihre Mitmenschen gleichermassen freundlich.
Gutes Benehmen heisst also eigentlich nichts anderes als: sich gegenseitig achten und respektieren. Es heisst
auch, Rücksicht gegenüber Schwächeren zu zeigen.
Die Maxime lautet: Ich handle dir gegenüber so, wie ich wünsche,
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dass du es mir gegenüber tust.
Bevor wir uns nun den Regeln der Etikette zuwenden, machen wir uns klar, dass Herzlichkeit, Taktgefühl
und Einfühlungsvermögen viel bedeutsamer sind.
Viel wichtiger als der perfekte Gebrauch der Hummerzange ist ein Gespür
für die Stimmungen und Bedürfnisse des anderen.
Taktgefühl bedeutet, sich auf den «Takt», den Rhythmus des anderen einzustellen, zu merken, was mit dem
anderen los ist und entsprechend zu reagieren. Jemand ohne Taktgefühl spürt oft nicht, wann er anderen
auf die Nerven geht oder zu nahe tritt.
Schlechtes Benehmen kann man also durchaus auch bei Menschen antreffen, die grossen Wert auf die
Einhaltung der Etikette legen. Negativ fällt ebenfalls auf, wenn jemand seine guten Manieren als bewusste
und aufgesetzte Strategie einsetzt. Da gibt es feine Unterschiede, die wir sofort wahrnehmen.
Gute Umgangsformen werden nur dann als positiv aufgenommen, wenn sie glaubwürdig und verinnerlicht
sind.
Im Folgenden schauen wir uns die wichtigsten «Regeln» und «Formen» des Umgangs miteinander etwas
genauer an. Höflichkeitsregeln sind natürlich situationsgebunden und rollenabhängig. Was in einem noblen
Restaurant angemessen ist, würde in der Betriebskantine merkwürdig wirken.
Begrüssen/Vorstellen/Bekanntmachen
Empfang von Geschäftsbesuchern:
Der persönliche Stil, mit dem Sie Geschäftsbesucher empfangen, ist eine erste Visitenkarte des Unternehmens.
Betritt ein Gast während eines Telefonats Ihr Büro, nicken Sie ihm zu, bitten Sie um etwas Geduld, oder
bieten Sie ihm einen Platz an – wie auch immer: Reagieren Sie auf ihn.
Im Normalfall stehen Sie auf und reichen dem Besucher die Hand. Fragen Sie ihn, ob er seinen Mantel
ablegen möchte, bieten Sie ihm etwas zu Trinken an – seien Sie Gastgeber.
Begrüssung am Telefon
Gibt es in Ihrem Unternehmen eine Telefonzentrale, die alle Anrufe entgegennimmt, genügt es, wenn
Sie sich nur mit Ihrem Namen melden. Haben Sie jedoch eine direkte Durchwahlnummer, so nennen Sie 15
zusätzlich den Firmennamen.
Ein Hinweis: Obwohl es gut gemeint ist, wirken lange Begrüssungsfloskeln à la «Einen schönen guten Mor-
gen. Sie sprechen mit Anja Müller von der Abteilung Kundenservice und Reklamationsabwicklung. Was
kann ich für Sie tun?» oft nervig und rauben allen Beteiligten die Zeit.
Nichts ist kundenfeindlicher als eine lange Warteschleife mit penetranter «Dudel-Musik».
Lassen Sie Ihren Apparat nicht zu lange klingeln und formulieren Sie Absagen möglichst höflich und positiv:
«Herr Schmitt kennt sich hier sehr gut aus. Darf ich Sie weiter verbinden?»
Konzentrieren Sie sich während des Telefonats auf den Anrufer. Dass Sie nicht nebenher essen, trinken,
rauchen, am Computer arbeiten, lesen, versteht sich für einen höflichen Menschen von selbst. Haben Sie
keine Zeit für den Anrufer, schlagen Sie ihm vor, zurückzurufen.
In allen privaten gesellschaftlichen Zusammenhängen setzen diese Rangfolgen auch berufliche Hierarchien
ausser Kraft.
Im beruflichen Umfeld ist in der Regel der in der Hierarchie höher Stehende auch der Ranghöhere.
Der Händedruck
• Die Hand zum Gruss wird grundsätzlich von der/der Ranghöheren dem Rangniederen gereicht.
• Herren stehen immer, Damen vor allem beim beruflichen Handschlag auf.
• Die andere Hand hängt locker herab und wird nicht in die Hosentasche gesteckt.
Das Vorstellen
• Vorgestellt werden ist immer dem Sich-selbst-vorstellen vorzuziehen.
• Der Ranghöhere hat zuerst den Namen des Rangniederen zu erfahren.
• Also muss derjenige zuerst die Initiative und das Wort ergreifen, der den Ranghöheren kennt und somit
auch ansprechen darf.
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• Das heisst, in offizieller Gesellschaft wird ein Herr immer einer Dame vorgestellt und ein Älterer erfährt
immer zuerst den Namen des Jüngeren.
• Akademische Titel werden bei der Vorstellung durch andere immer genannt, zusammen mit dem Namen.
Bei der Selbstvorstellung dagegen wird der Titel nicht genannt.
• Auch hier wartet der Rangniedere grundsätzlich, bis der Ranghöhere ihm die Hand zur Begrüssung
reicht.
Anrede
• Akademische Titel sind stets gemeinsam mit dem Namen zu nennen: Herr Doktor Müller.
• Bei mehreren Titeln nur den ersten verwenden: Frau Professor Meier
• Bei Adelstiteln erscheint der Titel nach dem Vornamen: Armin Graf von Heidesieck.
• Die direkte Anrede lautet: Graf Heidesieck. Ein Freiherr von Schönborn wird mit Herr von Schönborn
angesprochen.
1. Egal, in welcher Smalltalk-Situation Sie sich befinden, knüpfen Sie an etwas Vorhandenes an!
Beschreiben Sie, was Sie sehen, hören, riechen…, den Eingangsbereich, den Sie soeben durchschritten
haben, die Baustelle vor der Tür, den Kaffeeduft im Hause, das Bild, das an der Wand hängt, die frische
Urlaubsbräune Ihres Gegenübers…
Wichtig ist, dass Sie (zunächst) nichts Negatives von sich geben, vermeiden Sie z.B. «Ich kann mit dieser Art
von Kunst überhaupt nichts anfangen…» Ähnlich wie bei der Improvisation gilt es hier, nicht abzublocken,
sondern auch dem anderen Angebote zu machen, worauf er einsteigen kann.
Nutzen Sie z.B. auch die Visitenkarte des Gegenübers. Sie können beispielsweise nachfragen, welche Nennung
von Titel und akademischen Grad angemessen ist. Sie können auch das Logo kommentieren, etc.
Hören Sie Themenangebote aus Aussagen heraus und nutzen Sie sie – stellen Sie Fragen oder/und erzählen
Sie eigene Erlebnisse.
Am besten ist es, wenn Sie sich aufrichtig für Ihren Gesprächspartner
interessieren.
2. Stellen Sie Fragen.
Auch hier können Sie Äusserungen Ihrer Gesprächspartner aufgreifen und nachfragen. Achten Sie aber
darauf, dass die Fragen nicht zu persönlich ausfallen. Manchmal sind auch indirekte Fragen angenehmer,
z.B. «Ich frage mich oft, wie eine voll berufstätige Frau Beruf und Familie unter einen Hut bekommt.»
Haben Sie es mit einem Spezialisten zu tun, der gern über sein Steckenpferd spricht, brauchen Sie nur noch
interessiert nachzufragen
Ein gutes Gespür hilft Ihnen, an welcher Stelle Sie nachfragen können und wo besser nicht. Und das Wich-
tigste: Hören Sie zu und nehmen Sie auf, was Ihr Gesprächspartner erzählt. 17
Übrigens: Besser noch, als mit einer Frage zu beginnen («Woher kennen Sie die Gastgeberin?»), ist, selbst
etwas zu erzählen und dann die Frage anzuschliessen: «Ich bin die Schwester von Brigitte, und woher
kennen Sie Brigitte?»
Je mehr Themen Ihnen (ein wenig) vertraut sind, desto mehr können Sie
sich mit anderen darüber austauschen.
Und ein letzter Tipp:
Europäische Esskultur
Wer sich bei Tisch nicht zu benehmen weiss, erzeugt sowohl ein schlechtes Bild von sich persönlich als auch
von dem Unternehmen, das er vertritt. Deshalb sollten Führungskräfte schon aus Unternehmensinteresse
mit den wichtigsten Regeln der Tischmanieren vertraut sein.
Körperhaltung
Die richtige Sitzhaltung ist aufrecht, mit etwa einer Handbreite Abstand vom Tisch.
Die Hände dürfen nur bis etwa zum Handgelenk auf dem Tisch liegen. Die Arme bewegen sich nach vorne,
nicht zur Seite.
Man darf sich grundsätzlich nie zu seinem Teller beugen. Die Bissen werden mit Hilfe einer Gabel oder eines
Löffels zum Mund transportiert. Der Kopf neigt sich dabei nur leicht.
Allgemeine Tischsitten
• Ein Herr setzt sich in Begleitung einer Dame nie zuerst, sondern wartet, bis sich die Dame gesetzt hat,
bzw. rückt ihr den Stuhl zurecht.
• Es ist absolut tabu, mit dem Essen zu beginnen, obwohl noch nicht alle am gleichen Tisch Sitzenden ihr
Essen vor sich haben.
• Es ist kein guter Stil, als Gast Teller zusammenzustellen oder seinen Teller unaufgefordert dem Serviceper-
sonal anzureichen.
• Bei allen offiziellen Anlässen und gegenüber Fremden ist es tabu «Guten Appetit» zu wünschen, weil es
als zu familiär empfunden wird.
• Spaghetti werden nur mit der Gabel gegessen, auf die man jeweils drei bis vier Nudeln am Tellerrand
aufwickelt.
Auftreten im Restaurant
• Vor dem Betreten eines Restaurants wird ein Herr sein Jackett schliessen, weil man niemals mit offenem
Jackett ein gehobenes Lokal betreten sollte.
• Man betritt ein Restaurant etwas zögerlich, um jemandem vom Servicepersonal die Chance zu geben, die
Gäste zu einem Tisch zu geleiten.
• Der Herr hilft seiner Begleiterin stets selbst aus dem Mantel und beim Weggehen auch wieder hinein.
• Wenn man mit einer Gruppe von Leuten gemeinsam isst, sollte man am besten gleich bei der Bestellung
den Kellner darauf hinweisen, dass von dieser Gruppe jeder für sich bezahlt.
Kleidung und Schuhe sollten stets einen sehr gepflegten Eindruck machen.
Schmuck
Im beruflichen Alltag gehen Führungsfrauen mit Schmuck äusserst sparsam um.
Grössere, schwingende Ohrgehänge und klimpernde Armbänder sollten im Büro vermieden werden.
Ich glaube, dass ein mittelmässiger Inhalt unter der Gewalt eines
vollendeten Vortrags mehr Eindruck macht, als der vollendetste Gedanke,
bei dem der Vortrag mangelt.
Quintilian
Zu den nonverbalen Signalen, die unsere Wirkung auf andere ausmachen, gehört nicht nur das Outfit und
die Körpersprache, sondern auch die Stimme – die uns die Stimmung des Sprechers vermittelt.
Die Stimme ist untrennbar mit dem Erscheinungsbild und dem Auftreten
des Menschen verbunden.
Wir unterscheiden dabei zwischen dem Stimmklang und dem Sprechausdruck.
Der spezifische Stimmklang einer Stimme (rau, hell, heiser, nuschelnd, etc.) wird beeinflusst durch die
Resonanzräume, die Atmung, Körperhaltung und Artikulation. Durch Training kann der Stimmklang ent-
scheidend verändert und auch die Belastbarkeit der Stimme erhöht werden.
Der abwechslungsreiche Sprechausdruck eines Sprechers ist wichtig, damit das Interesse des Publikums
bestehen bleibt, bzw. immer wieder neu geweckt wird. Auch die stimmlichen Ausdrucksmöglichkeiten
können durch intensives Training erweitert und differenziert werden.
Beginnen wir zunächst mit dem Klang der Stimme.
Der Stimmklang hängt von vielen Faktoren ab, unter anderem vom Geschlecht, vom Alter, von der aktuellen
Stimmungslage und dem gesundheitlichen Zustand des Sprechers. Durch Stimmbildungs-Übungen kann
der Stimmklang entscheidend verbessert werden.
Bei dünnen Stimmen, die keine Tragfähigkeit besitzen, empfiehlt sich dieses Training, wenn derjenige häufig
in der Öffentlichkeit auftritt.
Überprüfen Sie bei den folgenden Aktionen mit einer Hand auf dem Bauch die Impulse des Zwerchfells
• schnüffeln
• Suppe kalt blasen
• hecheln
• «p t k» mehrmals wiederholen
• «psst» mehrmals wiederholen
• «pscht» mehrmals wiederholen
Die Flankenatmung spüren Sie, wenn Sie sich wie ein Skifahrer bei der Abfahrt mit gebeugtem Rücken
hinstellen und die Hände vorne oder hinten an die untere Seite der Rippen legen.
Stellen Sie sich eine kleine Seidenraupe auf Ihrer rechten Schulter vor, die einen Seidenfaden zwischen Ihrer
Schulter und Ihrem rechten Ohrläppchen spinnt. Spüren Sie, wie lang dieser Faden ist.
Legen Sie eine andere Seidenraupe auf Ihre linke Schulter, und stellen Sie sich einen Faden zwischen Ihrer
linken Schulter und Ihrem linken Ohrläppchen vor. Welcher Faden fühlt sich länger an?
Halten Sie Ihre Augen weiter geschlossen, und heben Sie Ihre rechte Schulter ein paar Zentimeter Ihrem
rechten Ohr entgegen, und lassen Sie sie dann wieder herunter. Achten Sie darauf, dass die Bewegung
klein und gleichmässig ist. Versuchen Sie nicht, die Bewegung so gross wie möglich zu machen. Ruhen Sie
sich aus.
Spüren Sie eine Veränderung in Ihrer Schulter?
Senken Sie Ihre Schulter ein wenig, lassen Sie sie dann wieder zurückkommen, und bewegen Sie die Schulter
weiter auf diese Weise, langsam und gleichmässig, auf und ab. Achten Sie darauf, wie weit sich Ihre Schulter
auf und ab bewegt. Ruhen Sie sich aus.
Bewegen Sie jetzt Ihre rechte Schulter nach vorn und wieder zurück in die neutrale Position. Ruhen Sie sich
aus.
Schieben Sie die Schulter dann zurück, ungefähr so weit, wie Sie sie eben nach vorn geschoben haben, und
lassen Sie die Schulter einfach weiter vor- und zurückgehen, während Sie auf das Ausmass der Bewegung 24
achten.
Welche Strecke ist am längsten die Bewegung nach oben, nach unten, nach vorn oder nach hinten? Ver-
gleichen Sie das Gefühl in Ihrer rechten Schulter mit dem Gefühl in Ihrer linken Schulter.
Bewegen Sie Ihre Schulter jetzt in kleinen Kreisen, und achten Sie darauf, welcher Teil des Kreises sich am
gleichmässigsten anfühlt. Ruhen Sie sich aus.
Wiederholen Sie dann die Bewegung, und ändern Sie dabei die Richtung des Kreises. Spüren Sie die Höhe
der Schulter, die Länge des seidenen Fadens auf dieser Seite, und spüren Sie, wie entspannt und beweglich
sich die rechte Schulter im Vergleich zur linken anfühlt.
Wiederholen Sie diese Schritte auf der anderen Seite.
Achten Sie darauf, dass Sie so aufrecht sitzen, wie es ohne Anstrengung möglich ist, und dass Sie Ihre
Augen geschlossen halten, damit Sie die Bewegung besser spüren können. Die Wirkung dieser Lektion
wird verstärkt werden, wenn Sie die Bewegungen langsam, gleichmässig und präzise ausführen, Schnelle
und flüchtige Kreisbewegungen werden Ihnen nicht dabei helfen, die Anspannung zu verringern. (Aus:
Wildman, S. 28ff)
Eine der schönsten Übungen zur Nackenentspannung beschreibt Robert Schleip in seinem Buch: «Der
aufrechte Mensch».
Dabei geht es auch hier um ganz achtsame Bewegungen, die offensichtlich eine tiefgreifende energetische
Wirkung auf unseren Körper ausüben.
Je konzentrierter und einfühlsamer wir diese Übung ausführen, desto wirkungsvoller ist sie.
Wie fühlt sich nun Ihr Kopf an, wie Ihr Nacken?
Fühlt sich Ihr Kopf jetzt leichter an?
Oder Ihr Nacken freier?
Vielleicht kommt es Ihnen auch vor, als wären Sie grösser oder als sei nur Ihr Hals länger.
Es ist nicht notwendig, dass Sie einen – oder etwa alle – der beschriebenen Effekte bei sich wahrnehmen!
Sie dienen nur als Anregung, um Ihre innere Achtsamkeit zu verfeinern.
Diese Übung wirkt sich vor allem auf die Muskeln des oberen Nackens aus, direkt unterhalb der Schädel-
basis. Sie sind von zentraler Bedeutung für
• die allgemeine Grundspannung der Körpermuskulatur,
• die Steuerung grösserer Körperbewegungen,
• unsere emotionale Befindlichkeit,
• die Regulation der Körperhaltung.
Ein Grossteil aller Kopfschmerzen wird beispielsweise unwissentlich durch anhaltende Anspannung der
Nackenmuskulatur erzeugt.
Die nächste Übung dient der inneren Aufrichtung, die wesentlich zu einem guten Klang der Stimme beiträgt.
Spüren Sie, wie Ihr Körper etwas von der Leichtigkeit und der Aufrichtung eines Seiltänzers bekommt?
Akrobaten haben oft deshalb eine so anmutige und gerade Haltung, weil sie ihre Aufmerksamkeit intensiv
auf den Einfluss der Schwerkraft richten – so wie Sie jetzt in dieser Übung.
Die Erdanziehungskraft (oder Schwerkraft) ist die mächtigste physische Kraft, die uns beeinflusst. Wir sind
uns ihrer nur deshalb so wenig bewusst, da sie immer präsent ist und sich nie verändert.
Wenn Sie die Schwerkraft nicht als Feind betrachten, sondern als Verbündeten und wie ein Seiltänzer mit
ihr spielen und balancieren, können Sie ihre aufrichtende Wirkung deutlich spüren.
In dieser tieferen angenehmen Lage ist es Ihnen jedoch eher möglich, lange und ausdauernd zu sprechen,
ohne dabei heiser zu werden.
Artikulation
Sie entlasten Ihre Stimmbänder weiterhin durch eine klare Artikulation. Je klarer und verständlicher Sie die
Worte aussprechen, desto weniger Lautstärke benötigen Sie. Hierbei gilt: Deutlich und weniger laut ist
immer noch besser als laut und undeutlich.
Eine Artikulationsübung – wohl die bekannteste – soll an dieser Stelle vorgestellt werden.
Die Korkenübung:
Die Vorteile: Sie aktiviert den hinteren und unteren Teil des Resonanzraumes, sie fördert die präzise Aus-
sprache bestimmter Konsonanten und sie erhöht die allgemeine Geschmeidigkeit der Sprechmuskulatur.
Anwendung: Nehmen Sie einen Flaschenkorken oder auch einen Stift und legen Sie diesen zwischen die
Schneidezähne. Lesen Sie nun einen Text möglichst laut und versuchen Sie,
so deutlich wie möglich zu artikulieren.
Dann wiederholen Sie den Text ohne Korken/Stift. Sie werden über den Unterschied überrascht sein.
«Es genügt nicht, dass man rede, man muss auch richtig reden!»
Shakespeare, Sommernachtstraum
Stimm-Warm up
Folgendes Stimm-Warm-up können Sie tun, um sich aufzuwärmen und sich stimmlich fit zu halten.
Lockerung des Körpers • Bewegen Sie sich frei (zu Musik), schütteln Sie Arme und Beine aus, kreisen Sie mit
den Hüften, hüpfen Sie, lockern Sie Schultern und Brustkorb.
Atem und Zwerchfell • Nehmen Sie eine aufrechte Haltung ein und beobachten Sie Ihren Atem. Wo können
Sie Ihren Atem spüren, wo weitet sich der Körper? Geben Sie Ihrem Atem immer mehr
Raum. Zwerchfell und Flanken dürfen sich ausdehnen.
• Wie lange können Sie auf einem leise zischenden «ssssssss» ausatmen? Behalten Sie
dabei Ihre aufrechte Haltung.
• Hecheln Sie einmal eine Runde und atmen Sie dann tief aus.
Öffnen der Resonanzräume/Lippen • Flattern Sie mit Ihren Lippen (wie ein Kind, das Motorengeräusch nachahmt) und
und Zungenlockerung bewegen Sie die Zunge schnell vorwärts und rückwärts bei leicht geöffnetem Mund.
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• Jetzt aktivieren Sie die Resonanzräume. Summen Sie eine Melodie in einer Ihnen
angenehmen Tonlage.
• Versuchen Sie (mit Ihren Händen) wahrzunehmen, wo die Resonanzräume liegen.
Beginnen Sie nun, beim Summen genüsslich zu kauen.
• Seufzen Sie nun ganz weich, ohne Druck zu geben, auf «uuuhh» oder «ooooh»
von oben nach unten und von unten nach oben, so wie es Ihnen angenehm ist.
Zwischendurch immer wieder in Ruhe einatmen.
• Variieren Sie die Lautstärke auf «wwww» und auf einem stimmhaften «ssssss».
Geben Sie dazu mehr Luft und Weite in den Klang hinein.
Artikulation • Nun trainieren Sie Ihre Artikulationsmuskeln: Sagen Sie so schnell wie möglich:
«gelingen gelangen gelingen gelangen» mehrmals hintereinander.
• Sprechen Sie im Kauderwelsch eine Fantasiesprache und bewegen Sie dabei möglichst
alle Gesichtsmuskeln, vor allem aber natürlich die Zunge und die Lippen.
• Singen Sie eine Melodie auf «bla bla bla bla…» Der Unterkiefer sollte sich dabei
locker auf und ab bewegen.
• Wählen Sie nun einen Zungenbrecher aus, den Sie mehrmals hintereinander, erst
langsam und übertrieben (eventuell mit Stift oder Korken im Mund) und dann
allmählich immer schneller sprechen.
Der Sprechausdruck
Neben dem Stimmklang gibt es eine Reihe sprecherischer Ausdrucksmittel, die dem Zuhörer wesentliche
Informationen und Eindrücke vermitteln. Gute Sprecher bleiben fit in der Stimme und im Ausdruck – und
das überträgt sich auf das Publikum, das ebenfalls über lange Zeit aufmerksam zuhören kann.
Gute Sprecherinnen beherrschen das Einmaleins des Sprechausdrucks – die Kunst, die Spannung bei den
Zuhörern zu erhalten. Und das geschieht durch folgende Techniken:
Im alten China mussten Leute, die in den Staatsdienst wollten, Prüfungen machen. Diese Prüfungen waren
viel ganzheitlicher als unsere heutigen Eintrittsexamen für eine Beamtenlaufbahn. Jemand, der beispiels-
weise Ingenieur im Staatsdienst werden wollte, musste auch in Poesie, Kunst, Malerei und Kalligraphie
gute Noten haben.
Ein solcher Prüfling ging in den Tempel, um zu beten. Er kniete vor der Statue des «roten Richters» nie-
der, einer Götterfigur mit einem Pinsel in der Hand, welcher Erfolg in Kalligraphie, Poesie und Dichtkunst
symbolisierte.
Zu diesem roten Richter betete er: «Ich bin ganz verzweifelt, morgen beginnen die Prüfungen, die über
drei Monate laufen werden. Kannst du mir helfen?»
Auf einmal wurde die Statue lebendig. Der rote Richter beugte sich herunter und sagte mit donnernder
Stimme: «Hier, nimm meinen Pinsel! Einen Monat nach Abschluss der Prüfungen bringst du ihn mir wieder!»
Überglücklich eilte der Prüfling von dannen… und bestand alle Prüfungen summa cum laude. Er wurde
sogar ein geachteter Poet durch die Gedichte, die er in diesen Prüfungs-Wochen schrieb. Er begann, ausser-
halb der Prüfungsaufgaben Gedichte und kurze Texte zu schreiben… Aber nun ging diese Zeit zu Ende,
denn er musste diesen «magischen» Pinsel zurückbringen.
Nun ging er an dem Schicksalstag wieder in den Tempel. Nachdem er sich beim roten Richter bedankt
hatte, sagte er: «Ach, ich würde so gerne deinen Pinsel noch länger benutzen. Es fliesst nur so aus mir
heraus, es entwickeln sich so grossartige Dinge. Kann ich den Pinsel nicht noch ein Weilchen behalten?»
Wieder kam Leben in die Statue.
Wieder sprach der rote Richter mit donnernder Stimme: «Du Narr! Hast du es denn noch immer nicht
begriffen? Jetzt kannst du mit jedem Pinsel schreiben!»
(nach: Birkenbihl, Vera: Rhetorik)
Nun lesen Sie diesen Text ein zweites Mal laut – und zwar geben Sie sich nun gewissermassen selbst die
Antwort auf die vorherigen Fragen. Bei jedem Satz denken Sie: «Ja, so ist es.» Und mit diesem Untertext
(«Ja, genau, das stimmt.») lesen Sie jeden weiteren Satz laut vor. Nun müssten alle Sätze «auf dem Punkt»
landen.
Angemessene Sprechgeschwindigkeit
Sprechen Sie nicht so schnell, dass alles ineinandergeht, aber auch nicht so langsam, dass die Sätze aus-
einanderfallen. Stattdessen sind deutliche und ausreichend lange Pausen notwendig. Gerade durch den
geschickten und kunstvollen Einsatz von Pausen gelingt es dem Schauspieler, Spannung und Wirkung zu
erzeugen (Vgl. S. 52, Funktion von längeren und kürzeren Pausen).
Sinnvolle Betonung
Ein häufiger Fehler ist, zu deutlich sprechen zu wollen – und deshalb zu viel zu betonen. Man merke sich
eine Faustregel: In einem Satz haben immer nur ein bis zwei Worte den Hauptakzent. Zu viele Betonun
gen lassen das Wesentliche nicht mehr erkennen – die Verständlichkeit sinkt. Hier hilft uns ebenfalls die
Schauspielkunst, auch einmal längeren Sätzen mit gut gesetzten Betonungen zu einem klaren Ausdruck
zu verhelfen. Es ist interessant, sich einmal bewusst zu machen, wie sehr die Betonung eines Wortes die
Bedeutung der Äusserung verändert:
Der Satz: «Willst Du mich heiraten?» erhält, je nachdem, welches Wort man betont, unterschiedliche
Bedeutungen.
Aus den Pausen und Betonungen ergibt sich:
Die Phrasierung
Ein Satz wird selten in einem Zug gesprochen. Beim freien Sprechen zwingt uns allein schon die Notwendig
keit, den nächsten Gedankenschritt vorausplanen zu müssen, zum längeren und kürzeren, oft auch nur
unmerklichen Innehalten. Dieses Innehalten nutzen wir, um die Satzteile voneinander abzugrenzen und 30
den Satz zu strukturieren.
Beim Vorlesen müssen wir also den Satz in seinen einzelnen Teilen schrittweise für den Zuhörer entwickeln,
damit er ihn auch erfassen kann und die Wörter nicht einfach an ihm vorbei fliessen. Die Satzzeichen geben
uns wichtige Anhaltspunkte – aber nicht jedes Komma muss automatisch zu einer Pause führen.
Das Rätsel
«Ein junger Doktor der Rechte und eine Stiftsdame, von denen kein Mensch wusste, dass sie miteinander
in Verhältnis standen, befanden sich einst bei dem Commendanten der Stadt, in einer zahlreichen und
ansehnlichen Gesellschaft. Die Dame, jung und schön, trug, wie es zu derselben Zeit Mode war, ein
kleines schwarzes Schönpflästerchen im Gesicht, und zwar dicht über der Lippe, auf der rechten Seite des
Mundes. Irgendein Zufall veranlasste, dass die Gesellschaft sich auf einen Augenblick aus dem Zimmer
entfernte, dergestalt, dass nur der Doktor und die besagte Dame darin zurückblieben. Als die Gesellschaft
zurückkehrte, fand sich zum allgemeinen Befremden derselben, dass der Doktor das Schönpflästerchen im
Gesicht trug; und zwar gleichfalls über der Lippe, aber auf der linken Seite des Mundes.»
(Heinrich von Kleist)
Die Steigerung
Ein wirkungsvolles Ausdrucksmittel ist dabei die Steigerung, die sich im Tempo, in der Lautstärke, in der
immer stärker werdenden Emotion äussern kann. Eine schöne Übung dazu besteht darin, sich als «Markt-
Schreier» zu versuchen:
Die Emotion
Auch die Gefühlslage, in der ein Satz gesprochen wird, ist entscheidend für die Bedeutung: «Es hat geklin-
gelt!» kann freudig, ungeduldig, erschrocken, genervt etc. geäussert werden. Es ist nicht der Satz selbst,
sondern der Tonfall und die Mimik, die die Bedeutung vermitteln. Man spricht auch vom «Subtext»,
dem Untertext, also dem, was zwischen den Zeilen gesagt wird. Wenn z.B. ein Kollege mit missmutigem
Gesichtsausdruck und genervtem Tonfall sagt: «Heute geht es mir blendend!» – dann nehmen wir ihm
nicht ab, dass es ihm gut geht. Sein Subtext lautet: «Mir geht es schlecht!» Das bedeutet:
In den meisten Fällen ist die non-verbale Botschaft stärker als die verbale.
Der Subtext kann sehr schnell variieren, z.B. innerhalb von zwei direkt aufeinander folgenden Sätzen: 31
Hintergrund
Innere Bilder, Gedanken,
Vorstellungen, Gefühle (Subtext)
32
Gesprochene Worte, geäußerte Gesten und Mimik
Vordergrund
Es ist unwichtig, ob eine Aktion fünf Minuten oder eine Stunde braucht, entscheidend ist, ob die Zeit mit
Energie ausgefüllt ist oder nicht.
Diese Energie, die ein Darsteller auf das Publikum überträgt, nennt man Präsenz.
Die absolute Präsenz ist das Erleben einer Aktivität, die ablenkende
Gedanken, Zeit und Raum vergessen lässt.
Wolf W. Lasko
Sie erhöhen die Spannung beim Publikum, indem Sie geschickt Verzögerungen und Pausen einbauen und
dabei die Spannung aufrechterhalten.
Story-Telling
Kommen wir nun zu einer der meistgenutzten Möglichkeiten, das Interesse der Zuhörer zu fesseln.
Das Story-Telling ist das freie, lebendige Erzählen von Geschichten – eine Kunst, mit der schon viel erreicht
worden ist. Einer der bekanntesten «Geschichten-Erzähler» ist Jesus gewesen. Seine Geschichten werden
heute immer noch erzählt und entfalten nach wie vor ihre Wirkung.
Geschichten zu erzählen – das ist die einfachste und gleichzeitig wirkungsvollste Art, andere zu überzeugen.
Geschichten erreichen nicht nur den Verstand, sondern wirken direkt über unser Gefühl – deshalb sind
Geschichten in der Regel wirkungsvoller als die Nennung von trockenen Fakten. Ausserdem können wir uns
viel leichter an sie erinnern – sie erreichen eben direkt unsere rechte Gehirnhälfte.
Wenn Sie eine gute Geschichte erzählen, zeigen Sie den anderen eine Art «Dokumentar-Film» und lassen
die Zuhörer direkt am Geschehen teilhaben. Dadurch erreichen Sie tiefere Schichten des Bewusstseins – die
emotionale Ebene. Und hier findet die eigentliche Überzeugungsarbeit statt. Untersuchungen haben bestätigt,
dass die meisten Entscheidungen nicht rational, sondern emotional getroffen werden. Geschichten sind hier
eine wirkungsvolle «Entscheidungshilfe».
«Wer-ich-bin»-Geschichten
Ein Handwerker sagt zum Beispiel nicht einfach: «Ich bin zuverlässig und leiste gute Arbeit», sondern
erzählt eine Geschichte, wie er einen Kunden trotz widriger Umstände nicht nur zufriedengestellt, sondern
sogar begeistert hat.
Wenn Sie möchten, dass andere Ihnen Vertrauen entgegenbringen, erzählen Sie eine entsprechende
Geschichte über Ihre Vertrauenswürdigkeit.
Als Redner können Sie das Publikum davon überzeugen, dass Sie humorvoll und unterhaltsam sind, indem
Sie mit einer Geschichte beginnen. Sofort haben Sie die Zuhörer auf Ihrer Seite. Ein Statistiker begann z.B.
mit den Worten: «Ich bin Statistiker, und Sie werden nun die langweiligste Stunde Ihres Lebens verbringen.»
Dann machte er Witze darüber, wie seine letzte Zuhörerschaft wiederbelebt werden musste…und alle im
Saal amüsierten sich köstlich.
Wenn Sie sich als neuer Abteilungsleiter Ihren Mitarbeitern vorstellen, können Sie mit einer passenden
Geschichte das Vertrauen und die Kooperation der Mitarbeiter gewinnen. z.B. erzählte ein neuer Teamleiter
seinem Team die Geschichte von seinem ersten Job in einer Führungsposition, als er den Leuten dort perma-
nent sagte, was sie zu tun hätten, bis er schliesslich zurechtgewiesen wurde. Eine Führungskraft, die diese
Selbsterkenntnis zeigt, beweist, dass sie ein offenes Ohr für die Mitarbeiter und die eigenen Fehler hat.
Lehrreiche Geschichten
Geschichten sind hilfreich, jemanden etwas «durch die Blume» mitzuteilen, statt ihn direkt zurechtzuweisen.
Annette Simmons: «Wenn Sie der neuen Dame am Empfang zeigen, welche Tasten sie drücken muss,
zeigen Sie ihr damit nicht, wie eine gute Empfangsdame arbeitet. Wenn Sie aber die Geschichte von Frau
Ardi aus der Türkei erzählen, der besten Empfangsdame, die Sie je gesehen haben, die gleichzeitig einen
wütenden Kunden beruhigen, den Chef auffinden und dem Boten ein Lächeln schenken konnte, dann
umreissen Sie die Fähigkeiten, die Sie von ihr erwarten, viel schärfer.»
Das Einzige, was Menschen Ewigkeit verleiht, ist nicht die Geschichte,
sondern eine Geschichte, die man erzählt.
Aus dem Gilgamesch-Epos, 12. Jh. v. Chr.
Bei einer festgefahrenen Besprechung zwischen Abteilungsleitern könnte z.B. folgende Geschichte hilfreich
sein:
«Ich haben einen kleinen Hund, der Napoleon heisst – er hat nie gelernt, dass wir nicht weiterkommen,
35
wenn wir auf verschiedenen Seiten an einem Laternenmast vorbeigehen. Napoleon schaut mich dann mit
seinen treuen Hundeaugen fragend an und scheint sich zu wundern, dass wir nicht vorwärts kommen. Ich
könnte ihm den lieben langen Tag erzählen, dass er um den Mast herumlaufen soll, aber er tut es nicht,
und so muss ich auf seine Seite herüberkommen. Nur so entwirren wir die Leine und können weiterlaufen.»
(Quelle: Simmons)
Erzählen gehört genauso zur Natur des Menschen wie das Atmen und der
Blutkreislauf…
A. S. Byatt
Stellen Sie sich vor, Sie leben diese Geschichte vor, statt sie nur zu
erzählen.
Timing – machen Sie Pausen.
• Achten Sie auf die Länge der Pausen – die Spannung muss bestehen bleiben.
• Setzen Sie direkte Rede und Zwischentexte voneinander ab.
Rufen Sie beim Zuhörer Empfindungen hervor, indem Sie alle Sinne ansprechen:
• Beschreiben Sie visuelle Details (Adjektive!), Gerüche, …imitieren Sie Geräusche…
Was Sie inhaltlich gesagt haben, vergisst ihr Publikum schneller als die
Gesamtwirkung, die Sie erzeugt haben.
Und diese erzielen Sie in erster Linie durch die non-verbalen Aspekte Ihres Auftritts.
Bei Präsentationen spielt natürlich ausserdem die Form der Visualisierung eine Rolle und bei Medienauf-
tritten der Rahmen der Sendung, die Verhaltensweise und Äusserungen Ihrer Gesprächspartner und Ihr
Umgang damit.
Wie auf dem Theater, sollten überzeugende Auftritte vorher geprobt und inszeniert werden. Probieren Sie
also Ihren Auftritt laut entweder von einem imaginären oder aber – besser noch – einem realen ausgewählten
Publikum.
Dramaturgie/Spannungsbögen:
• Mit welchen sprecherischen und darstellerischen Mitteln bauen Sie Spannung auf? Wo halten Sie inne –
lassen Worte wirken?
• Wie kennzeichnen Sie den Höhepunkt Ihres Vortrags?
• Wie bewegen Sie sich? Bleiben Sie immer am selben Punkt stehen – oder erlaubt es die Akustik und der
Raum, auch einmal auf das Publikum zuzugehen?
• Welche Visalisierungsmittel nutzen Sie? Wie und wann genau?
Natürlich wollen Sie vor allem inhaltlich etwas übermitteln. Sie wissen:
Inhaltliche Aspekte
Auch der Inhalt sollte gut vorbereitet sein. Sie sollten ihn verständlich gestalten, gut strukturieren und
genau auf Ihre Zielgruppe zuschneiden. Da auch eine überzeugende Präsentation zur Personal Perfor- 39
mance gehört, erhalten Sie an dieser Stelle die wichtigsten Checklisten für eine inhaltlich gut vorbereitete
Präsentation
Präsentationsziel:
Was sollten die Teilnehmer danach tun/fühlen/denken…?
Ich erreiche mit der Präsentation, dass…
Das Ziel sollte…
…realistisch
…erreichbar
…positiv
…konkret
…im Präsens…formuliert werden.
Main Message:
Meine Hauptbotschaft lautet:…
Ablauf:
• Wer ist vorher/nachher – mit welchen Inhalten?
• Einleitung/Eröffnung
• Aussagen festlegen/strukturieren/bebildern
• Abschlussformulierung: Main Message
Medieneinsatz planen:
• Hilfsmittel
• Technik einrichten und prüfen
• Material für die Zielgruppe
Checkliste: Zielgruppenorientierung
Was Ihre Zuhörer schätzen:
• bedürfnisorientierte Präsentation
• gute Sicht- und Hörverhältnisse
• Hinweise auf die Struktur und den «Fahrplan»
• Zusammenfassungen und Wiedereinstiegshilfen
• einfache, gut verständliche Informationen
• neue, interessante Fakten und Gedanken
• mit Fakten untermauerte Aussagen
• notwendige Fachausdrücke mit Erklärungen
• knappe, präzise Informationen
• klare Entscheidungsgrundlagen oder Vorschläge
• emotionale Anregung und Inspiration
• ehrliche Wertschätzung
Struktur: Informationspräsentation
Eröffnung/Thema: konkrete Frage stellen oder Schlagwort
Bedeutg./Hintergr.: Wieso ist die Frage für die Zuhörer wichtig?
Menü (Überblick): «Dazu untersuchen wir folgende Punkte:»
Kern-Info 1: «Der erste Punkt…»
Kern-Info 2: «Jetzt zum zweiten Punkt…» (Deutliche Abgrenzung)
Kern-Info 3: «Der letzte Punkt…» (max. drei Kerninfos)
Fazit: Was folgt aus diesen Informationen?
Auflösung: Beantwortung der Ausgangsfrage
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Kurz-Strukturen
Im Folgenden eine Auswahl von Kurz-Strukturen, die Sie beliebig in Statements oder auch Präsentationen
nutzen können:
Gesellschaftlicher Anlass
Einleitung Einleitung Anlass (Wir sind hier…)
(Heute…)
Eigene Position Aspekt 1 Freude (Ich freue mich besonders…)
Begründung Aspekt 2 Lob und Würdigung (Hauptteil)
Fazit Aspekt 3 Dank für bestimmte Leistungen, Überreichen von Urkunden und
Geschenken
Schluss Schluss Hoffnung/Ausblick/Appell
(Ich hoffe, dass…)
(Möge dieser Tag…)
Störungs-Prophylaxe
• Zielgruppen-Orientierung (vgl. S.63f)
dazu gehört auch die Frage, ob Sie bei umstrittenen Themen bereits alle beteiligten Personen im Vorfeld
schon informieren und ins Boot holen konnten.
• Falls nicht, dann: Bereiten Sie sich auf die Fragen/Einwände von möglichen Störern, wie z.B. notorischen
Fragestellern, Profilneurotikern, Gegnern des Projekts etc. vor.
• Zeigen sie eine interessante, gut strukturierte und abwechslungsreiche Präsentation.
Störer-Radar:
• Wer hat in Ihren früheren Präsentationen schon gestört?
• Wer hat eine Profilneurose, die er wahrscheinlich ausleben wird?
• Welche Erfahrungen haben Kollegen mit Ihrer Zielgruppe gemacht?
• Wer hat sich bereits im Vorfeld zu Ihrem Thema kritisch geäussert?
• Wer könnte aus politischen Gründen etwas gegen Teile Ihres Themas haben?
(nach Cornelia Topf: Präsentations-Torpedos)
Der Medienauftritt
Auch ein überzeugender Interview-Auftritt bedarf einer ausführlichen Vorbereitung.
Müssen Sie häufiger Ihr Unternehmen in der Öffentlichkeit vertreten, empfiehlt sich ein spezielles mehr-
tägiges Medientraining. Denn wenn Sie in den öffentlichen Medien auftreten, ist es sehr wichtig, souverän
und sicher zu wirken. Insbesondere brauchen Sie möglichst klare, prägnante, vor allem kurze Formulie-
rungen und Statements. Und diese verbale und non-verbale Sicherheit erlangen Sie nur durch Übung.
Interview-Setting
• fernsehgerechte Kleidung
– Sie sollten sich darin wohl fühlen 45
– Sie sollte Ihrer beruflichen Stellung angemessen sein
– Mittlere Kontraste wählen (z.B. hellblaues Hemd, dunkelblaues Jackett)
– Keine knalligen Farben, nichts Kleingemustertes
• Möglichst entspannt sitzen oder stehen, natürliche Haltung und ruhige Gestik
• angemessener Hintergrund
• Kameraführung/Lichteinsatz prüfen
• Mikrofone prüfen (erst einschalten unmittelbar vor dem Interview/sofort nach Ende ausschalten)
• auf die Zeit achten
Falls Ihr Interview live im Studio stattfindet, ergeben sich weitere Vorbereitungen:
• Informieren Sie sich über den Aufbau der Sendung und die Einbettung Ihres Interviews: Gibt es Einspiel-
filme? Weitere Studiogäste? Zuschaltungen? Zuschaueranrufe?
• Machen Sie sich vorab mit der Studio-Situation vertraut.
• Achten Sie unbedingt auf die Zeit, so dass Sie Ihre Kernbotschaften rechtzeitig übermitteln können.
Bevor Sie die Zusage für ein Fernseh-Interview geben, sollten Sie sich fragen, ob und warum Ihr Unternehmen
überhaupt teilnehmen sollte und ob Sie der geeignete Vertreter sind, der über alle nötigen Informationen
verfügt.
4. Klare Botschaften
Gleich die nächste Überlegung ist, welche Kernbotschaften Sie haben und dem Publikum mitteilen wollen.
Und diese sollten so kurz und prägnant wie möglich formuliert werden – sozusagen «schnittfest» im wahrsten
Sinne des Wortes. Die meisten Aussagen werden auseinandergeschnitten, weil sie zu langatmig und unver-
ständlich sind.
Werden sie aufgefordert, ein Statement abzugeben, haben Sie dafür etwa 20–30 Sekunden Zeit.
So ist ein Statement aufgebaut (insgesamt etwa 20–30 Sekunden)
• Klare Position äussern am besten in einem einzigen Satz (etwa 5 Sek.)
• Untermauern des Standpunktes mit 3 Botschaften
zum Beispiel:
– Tatsachen
– Einschätzungen
– persönliche Überzeugungen
– etc.
• Klares Fazit (kurzer Abschluss!)
zum Beispiel:
– Ihre Position
– einen Ausblick
– ein Angebot
– etc.
Das Krisenstatement
Ein Krisen-Statement ist dann angesagt, wenn Sie durch ein unangenehmes Ereignis in Ihrem Unternehmen
mit Fragen bestürmt werden und Sie sofort zur Situation etwas sagen müssen.
5. Unfaire Manöver
Nun gibt es immer wieder die Situation, dass Journalisten mit unfairen Mitteln arbeiten, um den Interviewten
zu verunsichern und in ein schlechtes Licht zu rücken.
Wolf-Hennig Kriebel hat diese dialektischen Tricks in verschiedene Typen eingeteilt. Die häufigsten und
wichtigsten werden hier verkürzt wiedergegeben:
Break:
Der Interviewer unterbricht Sie ständig und dreht Ihnen die Worte im Munde herum.
Ihre Reaktion: Sprechen Sie diese Unterbrechungen an und betonen Sie freundlich, dass Sie gerne die Fragen
beantworten würden: «Ich würde gerne antworten – das geht aber nur, wenn Sie mich lassen.»
Fächer:
Der Interviewer überfällt Sie mit einer Sammlung unterschiedlicher Vorwürfe, bevor die eigentliche Frage
kommt.
Ihre Reaktion: In einem Satz pauschal die Vorwürfe entkräften und dann die Frage beantworten: «Sie
zeichnen da ein völlig falsches Bild – das lasse ich Ihnen nicht durchgehen.»
Speed
Der Interviewer fragt sehr schnell und steigert das Tempo immer mehr.
Ihre Reaktion: Sie bleiben bei Ihrem eigenen Tempo: «Halt, nicht so schnell. Ihre Frage ist wichtig, und ich
möchte sehr sorgfältig antworten.»
Nachklapp
Der Interviewer wertet Ihre letzte Aussage ab und schliesst mit seiner Frage an.
Ihre Reaktion: Sie sprechen dies an: «Halt, Herr… ich finde es nicht fair, wie sie meine Worte so abwerten.
Ich meine ernst, was ich sage und möchte damit ernst genommen werden.»
Ebenensprünge
Der Interviewer stellt überraschend eine persönliche Frage (z.B. «Kann man Ihnen das glauben?»)
Ihre Reaktion: Sie antworten auf dieser Ebene: «Ja, das können Sie. Ich mache die Erfahrung, dass die
Leute mir abnehmen, was ich sage.»
Schwarz-Weiss-Frage
Der Interviewer stellt eine Frage, die nur die Antworten «Ja» oder «Nein» zulässt (z.B. Ist Ihre Produktion
sicher?)
Ihre Reaktion: Entweder, Sie antworten über ein erhellendes Praxisbeispiel oder Sie greifen die Fragestel-
lung an: «So kann man diese Frage nicht stellen. Ich wiederhole: Sieben Jahre lang kein ernsthafter Unfall.
Das zählt!»
Hier seien noch einmal die wichtigsten Dinge für die eigentliche Vorbereitung genannt:
• Wozu soll ich eine Aussage machen? Bin ich wirklich kompetenter Fachmann für diese Thematik? Bin ich
wirklich der geeignete Gesprächspartner? (Ist das eine passende Rolle für mich?)
• Welche Ziele und Kernbotschaft habe ich? (Was ist meine Hauptmotivation, die Rolle zu übernehmen?
Was möchte ich wie ausdrücken?)
• Welche Art von Sendung ist das? (Auf welcher Bühne, in welchem Theater spiele ich?)
• Welche Intention hat der Sender mit dieser Sendung? (In welchem Stück spiele ich da eigentlich? Habe
ich die Rolle des «Bösen»?)
• Wie lang ist mein Redebeitrag? Wie lange ist überhaupt der gesamte Beitrag, in dem ich auftrete? (Habe
ich eine Hauptrolle oder bin ich nur Stichwortgeber?)
• Wie sieht das «Setting» aus – die Umgebung, in der ich interviewt werde? (Wie passe ich ins Bühnen-
bild?)
• Welches Vorwissen hat mein Publikum? Sendezeit? (Wer sind die Zuschauer? Was erwarten sie?)
• Welche anderen Gäste und Themen gibt es? (Wer sind meine Mitspieler oder Gegenspieler?)
• Wer wird mich interviewen? Welche Fragen wird er stellen? Wie ist sein Stil und seine Haltung zum
Thema? (Wer ist mein Stichwortgeber oder gar Gegenspieler?)
• Wie sieht der geplante Ablauf aus? Gibt es z.B. einleitende Einspielfilme, Zuschaltungen von Experten,
Zuschaueranrufe? (Wie ist die Inszenierung geplant?)
Atemübung:
Grundsätzlich gilt: Es ist anregend und stimulierend, wenn die Luft nach dem Einatmen eine kurze Weile 49
angehalten und dann erst ausgeatmet wird.
Umgekehrt entsteht ein beruhigender Effekt, wenn die Luft nach dem Ausatmen für einen Moment ange-
halten wird. Achten Sie einmal auf den Atem eines Schlafenden: Die Phase des Einatmens ist deutlich
kürzer als die des Ausatmens.
Wenn Sie diese Technik nutzen und gleichzeitig durch die Nase in Ihre Körpermitte atmen, verspüren Sie
bald die beruhigende Wirkung.
Es gibt eine ganze Reihe von Schauspielern, die mit diesen Übungen ihr Lampenfieber bewältigt haben.
Und last not least: Wenn alles nichts hilft, dann spielen Sie doch einmal Theater. Spielen Sie jemanden, der
die Situation souverän beherrscht, der flexibel und offen reagiert und sich nicht so leicht aus der Fassung
bringen lässt. Betrachten Sie die Verhandlung als Ihre persönliche Theaterszene.
Treten Sie wie ein Schauspieler neben sich und analysieren Sie Ihre Rolle: Welche Rolle spiele ich gerade?
Ist das die Rolle, die ich wirklich ausfüllen möchte? Was möchte ich verändern?
Schauen Sie mit Abstand auf die ganze Situation und fragen Sie sich: Welches Spiel wird hier gespielt und
was ist mein Anteil an der ganzen Situation? Manchmal ist das nur in einer Verhandlungspause oder in
einer Beratung mit einer unbeteiligten Person möglich. Etwa so, wie ein unerfahrener Schauspieler eine
Rückmeldung von einem aussenstehenden Beobachter benötigt, um seine Wirkung zu korrigieren.
Auditiv (Gehör)
•W
elche Geräusche sind zu hören? 50
•W
ie klingt meine Stimme und die meiner Gesprächspartner?
Visuell
•W
ie sieht mein Gesprächspartner aus? (Kleidung, Gesichts- und Körperausdruck)
•W
ie sieht der Raum aus, in dem ich mich befinde?
•D
er Blick aus dem Fenster?
•D
ie Wände?
•D
ie Möbel und Gegenstände?
Wenn Sie bemerken, dass in einer anstrengenden Situation die Wahrnehmung auf einer bestimmten Ebene
Ihnen Stress bereitet, probieren Sie, die Ebene zu wechseln, um den Stress abzumildern.
Diese Technik nennt man «Wahrnehmungsebenenwechsel».
Beispiel: Ihr Gesprächspartner hat eine quäkige, unangenehme Stimme. Konzentrieren Sie sich mehr auf
sein Äusseres.
Dass die Möglichkeit besteht, bestimmte Wahrnehmungsebenen völlig auszublenden, zeigt uns die Situation
in der U-Bahn: Wir lesen ein spannendes Buch und überhören die Stations-Ansage.
Das Ankern
Bevor wir damit beginnen, ist es wichtig, dass Sie sich das Prinzip des Verankerns vergegenwärtigen.
Jedem ist dieses Prinzip bekannt: Wenn wir verschiedene Signale gleichzeitig auf mehreren Wahrnehmungs-
ebenen empfangen, verbinden wir diese Signale unbewusst miteinander. Zum Beispiel hören wir im Urlaub
in Spanien immer wieder einen bestimmten Song im Radio. Läuft dieser Song hier in Deutschland, erinnern
wir uns sofort an den Spanienurlaub: Innerlich haben wir den Song und den Spanienurlaub miteinander
verknüpft – sozusagen den Spanienurlaub in dem Song verankert.
Dieses Prinzip des (Ver-)Ankerns, das ständig unbewusst abläuft, können wir uns auch bewusst zunutze
machen, indem wir z.B. eine Musik-CD einlegen, mit der wir positive Erlebnisse verbinden – und uns so in
einen guten Zustand versetzen.
Aber nicht nur Musik oder Geräusche, sondern auch Bewegungen und Gesten lassen sich mit Gefühlen und
guten Zuständen verbinden:
Nutzen Sie den «Moment of Excellence», um sich in schwierigen Situationen schnell und unauffällig in
einen besseren Zustand zu bringen.
Nur wenn sich die Stimmen zu sehr streiten, sich gegenseitig lähmen oder einen chaotischen Haufen bilden,
wird es richtig schwierig. – So wie es auch in äusseren Teams zugehen kann. Deshalb kommt uns die
Aufgabe zu, unser inneres Team erst einmal zu entdecken, zu fördern und zu entwickeln, so dass wir, im
wahrsten Sinne des Wortes alle unsere Kräfte beisammen haben.
Nur wenn ich innerlich klar bin, kann ich auch nach aussen Klarheit zeigen.
Friedemann Schulz von Thun hat in seinem Buch «Miteinander Reden, Bd.3» dieses «Innere Team» von
allen Seiten beleuchtet und hat es für die zwischenmenschliche Kommunikation nutzbar gemacht.
!
!
! Herr Korrekt
Mister Gesundheit
Mach Deine
Arbeit! Geh
joggen!
Der Familienmensch
Kümmere
Dich um Deine
Familie
!
Seine wichtigsten Erkenntnisse könnte man in drei Statements zusammenfassen:
1. Jeder Mensch ist von einer inneren «Pluralität», d.h. es gibt viele unterschiedliche Persönlichkeitsanteile
(«Mitglieder des inneren Teams»), die sich bei unterschiedlichen Gelegenheiten zu Wort melden oder 52
auch ein Schattendasein fristen und in der Verbannung leben. Sie können miteinander aber auch durch-
einander und gegeneinander arbeiten. Dabei gibt es Team-Mitglieder, die nur im Inneren wirken und
andere, die als Wortführer nach aussen treten. Es gibt Mitglieder, die immer wieder gerne im Rampen-
licht stehen und andere, die nur in bestimmten Situationen in den Vordergrund treten.
2. Es bedarf eines «Oberhaupts», der die Aufgabe hat, aus dem inneren «Durcheinander» ein funktionie-
rendes Team zu machen. Dieses «Oberhaupt» ist nichts anderes als wir selbst mit unserem bewussten
«Ich». Besonders herausfordernd wird es, wenn es in unserem inneren Team Konflikte gibt. In diesem
Fall ist eine Art «Inneres Konfliktmanagement» nötigt, um dann nach aussen hin klar und authentisch
kommunizieren zu können.
3. Je nach Gesprächspartner und Situation stellen wir unser inneres Team unterschiedlich auf – dies
geschieht spontan und meist unbewusst.
Um in schwierigen Situationen besser bestehen zu können, ist es hilfreich die «Team-Aufstellung» zu über-
prüfen und gegebenenfalls zu ändern.
Unklare Botschaften entstehen häufig dadurch, dass sich gleichzeitig verschiedene Team-Mitglieder mitteilen
wollen.
Das bedeutet: Wenn wir auf allen vier Kommunikationsebenen deutlich kommunizieren wollen, benötigen
wir eine innere Klarheit.
Diese erlangen wir dadurch, dass wir uns mit den verschiedenen Botschaften unserer inneren Team-Mit-
glieder auseinandersetzen und zu einer gemeinsamen Lösung kommen. Das kann ganz schnell gehen –
oder auch einige Zeit in Anspruch nehmen.
Nur, wenn wir «alle beisammen» haben, können wir angemessen und
differenziert reagieren
Schulz von Thun
Nebenbei bemerkt: So eine innere Team-Konferenz unterscheidet sich mitunter kaum von einer äusseren,
realen Team-Sitzung.
Abgewertete und ausgeschlossene Team-Mitglieder sind eine Gefahr, weil sie sich unserer Kontrolle entzie-
hen, viele Möglichkeiten der Sabotage haben und sogar in unpassenden Momenten ausbrechen und nach
aussen gelangen können.
Ziel ist, jeden inneren Anteil auch als solchen, als einen Teil, zu betrachten und sich selbst eine Wahlmög-
lichkeit einzuräumen, auch andere Teile zu aktivieren.
Wer mit sich selber einig ist, kann der Welt mit vereinten Kräften
begegnen.
Schauen wir nun, welche Möglichkeiten es noch gibt, Stress und Emotionen in den Griff zu bekommen:
Die Kurzform:
Sie beklopfen mit einem oder zwei zusammengelegten Fingern einer Hand (Zeige- und/oder Mittelfinger)
von oben nach unten jeden Punkt der sechs auf der folgenden Seite markierten Punkte etwa 10–15 mal
ruhig und mit sanftem Druck. Die Punkte Nr. 2 und 3 beklopfen Sie gleichzeitig, indem Sie beide Hände zu
Hilfe nehmen.
Dies wiederholen Sie so oft, bis Sie eine deutliche Erleichterung spüren.
In der ausführlichen Form (14 Punkte) kann man mit dieser Therapie verblüffende Ergebnisse erzielen.
Ängste, Sorgen, Blockaden, Ärger etc. verschwinden häufig schon nach wenigen Sitzungen für immer.
Die
! sechs Punkte für die Kurzform:
!
! Schlüsselbeingrube,
6 auf dem Brustbein (unter der
! Thymusdrüse, kein Meridianpunkt)
55
4. Überprüfen, ob die Intensität des Gefühls nachgelassen hat (niedrigerer Skalenwert), bei Bedarf, Klopfserie
wiederholen, bzw. Satz ändern.
5. Zum Abschluss und zur Fixierung die Handrückenserie:
Handrückenpunkt beklopfen, dabei nacheinander
– Augen schliessen
– Augen öffnen, Blick geradeaus
– ohne Kopfbewegung scharf nach unten rechts schauen
– ohne Kopfbewegung scharf nach unten links schauen
– Augen zweimal langsam in eine Richtung kreisen lassen
– dann Augen zweimal in die andere Richtung kreisen lassen
– geradeaus schauen
– irgendein Lied ansummen
– laut von 15 zurück nach 10 zählen
– Lied ansummen
Gefühlsintensität überprüfen
Quelle: Franke, Rainer und Regina: Sorgenfrei in Minuten, Integral 2005
Wie sehen nun die Möglichkeiten für zwei Personen an einem rechteckigen Tisch aus?
Bei der konfrontativen Distanz-Sitzordnung
Distanz-Zonen
Wer ein gutes Gespür für die Distanz-Zonen hat, hat schon viel gewonnen.
Je nachdem, wieviel Raum für Menschen vorhanden ist, verändert sich auch die Toleranz gegenüber dem
Abstand zu den anderen.
Wenn viel Platz besteht (z.B. auf einem leeren Strand) sind die Abstände zwischen den einzelnen Urlaubern
sehr gross. In unseren Breitengraden halten wir mindestens einen Abstand von ca. 4 Metern ein. Sobald wir
näher kommen, müssen wir zumindest einen Blick austauschen, also Signale des gegenseitigen Wahrnehmens
aussenden. Wenn es dann voller wird, akzeptieren wir auch geringere Entfernungen als 4–5 Meter.
Sehr deutlich wird das in überfüllten öffentlichen Verkehrsmitteln, wo die Fahrgäste dicht gedrängt stehen,
so dass z.T. sogar Körperkontakt nicht zu vermeiden ist. Diese Überschreitung unserer «Intim-Zone» machen
wir dadurch wett, dass wir jede längere Blick-Kontakt-Aufnahme vermeiden und so tun, als nähmen wir die
anderen gar nicht wahr.
Auf diese Weise bewahren wir «innerlich» die Distanz.
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Hilfreiche Kommunikations-Tools:
Die Transaktions-Analyse
Die Transaktionsanalyse (TA), die von Eric Berne entwickelt wurde, ist eine wertvolle Unterstützung, andere
Menschen und auch uns selbst besser einzuschätzen und zu verstehen. Berne geht davon aus, dass jeder
von uns sich immer in einem bestimmten Augenblick schwerpunktmässig entweder in einem Kind-Ich-
Zustand, in einem Eltern-Ich-Zustand oder in einem Erwachsenen-Ich-Zustand befindet. Mit diesen drei
Ich-Zuständen erklärt das TA-Modell unsere Persönlichkeitsstruktur.
Konkret heisst das: Wann immer verschiedene Menschen zusammenkommen, können wir beobachten,
dass sie sich unterschiedlich verhalten, wobei sogar ein und derselbe Mensch während einer Besprechung
oder Unterhaltung seinen Verhaltensstil ändern kann: Einmal gibt er sich wie ein Kind, befangen oder unbe-
fangen, dann wie ein Vater kritisierend, herablassend, jovial oder wohlwollend oder aber auch sachlich und
rational auf die Realität bezogen (Erwachsenen-Ich).
Erwachsenen-Ich
Kind-Ich
natürliches Kind-Ich angepasstes Kind-Ich
Das Erwachsenen-Ich
beobachtet objektiv, sammelt Informationen leidenschaftslos, nüchtern, verarbeitet die Information logisch
und zieht schliesslich daraus die Schlüsse. Charakteristisch ist die sachlich klare Stimme. Mimik und Gestik
sind sparsam.
Wenn wir bei uns und bei andern erkennen, aus welchem Ich-Zustand
heraus wir uns verhalten, können wir Gesprächsabläufe bewusst steuern
und gestalten. Problemlösendes Verhalten zeigt sich vorwiegend im
Erwachsenen-Ich.
Eine häufige Schwierigkeit besteht darin, zu unterscheiden, ob eine Äusserung aus dem kritischen Eltern-Ich
heraus oder dem natürlichen Kind-Ich heraus erfolgt.
Meist ergibt sich der Unterschied nicht aus der Formulierung, sondern aus dem emotionalen Gehalt, liegt
also auf der non-verbalen Ebene der Kommunikation.
Wenn der Kunde brüllt: «Ich möchte jetzt endlich die Lieferung haben, verdammt nochmal!» und dabei
noch rot an läuft, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass hier eigentlich ein vierjähriger Junge mit dem Fuss
auf den Boden stampft, weil er seinen Willen nicht bekommt.
In diesem Fall käme eine angemessene Reaktion aus dem unterstützenden Eltern-Ich/bzw. dem Erwachse-
nen-Ich. Das unterstützende Eltern-Ich könnte z.B. geduldig und mitfühlend warten, bis die Wut aus dem
Bauch ist, so dass dann das Erwachsenen-Ich die Möglichkeit hat, zu argumentieren.
Einige Beispiele für die Vor- und Nachteile stark oder wenig ausgeprägter Ich-Bereiche
Das WWWW-Feedback
Eine der besten (und bekanntesten) Möglichkeiten, Konflikte zu verhindern, besteht im rechtzeitigen Geben
von bewusst formuliertem Feedback.
Wenn Sie für jemand anderen eine kritische Botschaft haben, ist es oft günstiger, dies mit den vier W’s zu
formulieren. Beherrschen Sie diese Form des Feedbacks, können Sie es je nach Bedarf variieren.
Wichtig ist, dass Sie dabei Ihre Emotionen im Griff haben und nicht warten, bis Ihnen endgültig der Kragen
platzt – sondern heikle Punkte zeitnah ansprechen.
Weiterhin sollten Sie die Deutlichkeit Ihrer Kritik ganz auf den Empfänger abstimmen. Manche Menschen
reagieren schon auf feine Signale, andere benötigen deutlichere Hinweise. Achten Sie auch auf Ihren non-
verbalen Ausdruck – eine noch so zurückhaltende Formulierung kann verletzend sein, wenn Sie in gereiztem
Ton vorgetragen wird.
1. W = Wahrnehmung
Benennen Sie als erstes Ihre Wahrnehmung oder die Fakten, um die es geht:
Achtung! Unterscheiden Sie dabei zwischen Wahrnehmung und Interpretation.
Nicht: «Ständig stören Sie mich!» sondern: «Mehrmals am Tag leihen Sie sich etwas von mir aus.» oder
abgeschwächt: «Mehrmals am Tag leihe ich Ihnen etwas aus.» Probieren Sie, möglichst keine Wertung
abzugeben, was nicht immer einfach ist.
2. W = Wirkung
Als nächstes schildern Sie die Wirkung des Verhaltens des anderen.
Man unterscheidet zwischen der praktischen Auswirkung und der emotionalen Wirkung. Achten Sie darauf,
wann es angemessen ist, auch die emotionale Wirkung zu schildern. Manchmal reicht es, dem anderen nur
die praktischen Auswirkungen darzulegen.
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Formulieren Sie dabei die Wirkung möglichst als Ich-Botschaft und subjektives Erleben:
z.B.: «Deshalb kann ich nicht in Ruhe arbeiten – und ich muss mich im Moment sehr konzentrieren.» (Die
emotionale Auswirkung könnte so angesprochen werden: «Diese Störungen ärgern mich.»)
Frau Weber: «Ich kann die Frage nicht sofort beantworten und möchte zunächst in der Buchhaltung klären las-
sen, ob eine Zahlung eingegangen ist. Ich kann Sie heute nachmittag zurückrufen. Passt es Ihnen um halb zwei?»
Mit welcher Dame möchten Sie lieber zusammenarbeiten? Beide haben auf dieselbe Frage geantwortet. Die
Antworten sind jedoch ganz unterschiedlich ausgefallen, weil unterschiedliche Worte gewählt wurden.
Negativ-Aussagen
«Wir können das Problem jetzt nicht lösen.»
Positiv formulierte Aussagen verstehen wir gewöhnlich rascher als solche, die negative und abweisende
Begriffe enthalten. Sie vermitteln den Eindruck, dass der Sprecher eindeutig Bescheid weiss und klare Lösungen
findet. Streichen Sie Begriffe und Redensarten aus Ihrem Wortschatz, die diesem Eindruck zuwiderlaufen
und sagen Sie eher, was machbar ist und was Sie tun werden:
«Wir tun alles für eine schnelle Lösung.»
Weichmacher
«Ich bin nicht sicher…»
…natürlich sind Sie sicher. Sie sind sicher, dass Sie es nicht wissen.
Sagen Sie also besser:
«Im Moment brauche ich noch nähere Informationen. Ich werde so schnell wie möglich alle Infos einholen
und Sie anrufen, sobald ich sie habe.»
Formulierung: Alternative:
Hoffentlich hast du keinen Ärger! Ich wünsche dir, dass alles gut geht.
Pass auf, dass du den Schlüssel nicht vergisst. Nimm den Schlüssel mit!
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Das werde ich in Angriff nehmen. Das mache ich.
Mir geht’s gut – ansonsten Stress, wie immer. Danke für die Nachfrage, ich habe viel zu tun.
Wir haben über die Kollegin geredet. Wir haben von meiner Kollegin gesprochen.
Bei mir ist alles im Umbruch. Bei mir ist vieles in Bewegung gekommen.
Wir sollten das Gerät endlich reparieren lassen. Das Gerät ist defekt. Bringst du es zur Reparatur,
oder soll ich es tun?
Eigentlich male ich gern. Ich male gern.
Ich muss noch einkaufen gehen. Ich möchte noch einkaufen gehen,
Wir wollen am Wochenende kochen. damit wir am Wochenende etwas Schönes kochen können.
Sie müssen den Beleg mitbringen. Ich brauche unbedingt den Beleg.
Das können wir Ihnen bis morgen nicht liefern. Das können wir Ihnen frühestens…liefern.
Das kann nicht sein! Wie verhält sich das genau?
Was…? Weshalb…?
Konfliktverhalten
Zunächst ist es interessant, unterschiedliches Konfliktverhalten zu beobachten und kennen zu lernen –
sowohl bei sich selbst, als auch bei anderen.
Je nach Situation und Konfliktpartner ändert sich unser Verhalten. Es gibt jedoch eine Richtung im Verhalten,
die wir immer wieder gerne einschlagen.
2. problemlösend, kooperativ
Das ist die klassische «win-win.Methode». Ich spreche mit meinem Konfliktpartner und versuche mit ihm 65
gemeinsam eine Lösung zu finden, die den Interessen beider Seiten gerecht wird.
3. Rückzug, Vermeidung
Der Rückzug bedeutet die absolute Vermeidungsstrategie. Ich gehe dem Konflikt, der mir wohl bewusst ist,
aus dem Weg und vermeide jegliche Konfrontation oder Auseinandersetzung.
4. Durchsetzung
Ich ziehe alle Register und setze mich mit meinen Interessen durch, so dass der andere verliert.
Sie sehen schon, am besten ist die problemlösende Haltung, also die rechtzeitige Auseinandersetzung mit
dem Konfliktpartner, um Interessen zu klären und Lösungen zu finden. Dabei gilt:
Je mehr der Konflikt eskaliert, desto schwieriger wird es, ihn in den
Griff zu bekommen. Konflikte sollten daher schon im Anfangsstadium
bearbeitet werden
Achten Sie beim Gespräch darauf, dass Sie nicht zu «hoch» im non-verbalen Status werden, weil damit die
Gefahr der Eskalation besteht. Wenn Sie zu «niedrig» sind, könnten Sie leicht «untergebuttert» werden.
Versuchen Sie also, genau die richtige Balance zu finden.
Viele Konflikte schwelen erst eine Weile unter der Oberfläche, bevor sie ausbrechen.
Manchmal ist es günstiger, sie nicht anzusprechen.
Aber Vorsicht! Oft ist es so, dass die sogenannten verdeckten Konflikte die Gruppe stark in ihrer Arbeits-
fähigkeit beeinträchtigen. Dann ist Klärung angesagt, sonst können keine tragfähigen Beschlüsse gefasst
werden!
Meist gibt es klare Anzeichen für diese latenten Unstimmigkeiten: Teilnehmer wirken desinteressiert und
kaum engagiert oder Argumente werden mit grosser Heftigkeit vorgetragen. Mitglieder sind ungeduldig
miteinander und gehen nicht mehr aufeinander ein. Oft sind auch subtile persönliche Angriffe erkennbar.
Hier gilt es, dass Sie Ihre Wahrnehmung schärfen und schauen, inwieweit die offene Diskussion und
Beschlussfähigkeit beeinträchtigt ist.
Empfangen Sie als Moderator derartige «Signale», und spüren Sie, dass die Gruppe nicht mehr frei und
offen an der gemeinsamen Lösungssuche arbeitet, so sollten Sie die Unstimmigkeit ansprechen. Am besten
tun Sie dies, indem Sie Ihre Beobachtungen/Wahrnehmungen mitteilen und überprüfen, ob Sie mit Ihrer
Interpretation richtig liegen.
Sie könnten nun folgende Schritte tun, um den verdeckten Konflikt zu bearbeiten:
• Blitzlicht veranstalten: Wie gehen wir mit dieser Situation um?
• Weiteres Vorgehen absprechen, eventuell zusätzliche Regel aufstellen
• Weiterarbeit gemäss Gruppenbeschluss
Falls es zu unsachlichen, emotional heftigen Äusserungen und verletzenden Angriffen kommt, können Sie
zunächst den entsprechenden Beitrag versachlichen.
Beispiel:
Mitglied: «Was Sie sagen, Herr X, ist doch absoluter Unsinn!»
Moderator: «Sie sind also nicht mit dem Vorschlag von Herrn X einverstanden! Was genau macht Sie so
unzufrieden?»
Ziel ist es, den Betroffenen bewusst zu machen, dass es auch andere Formulierungsmöglichkeiten gibt, die
weniger verletzen. Reicht diese Methode nicht aus, können Sie als Moderator:
• in einer Pause den Betreffenden ansprechen, oder auch
• die sachliche Arbeit unterbrechen und mit der Gruppe über die Art des Umgangs miteinander verhandeln
Handelt es sich um einen offen ausgetragenen Streit, müssen Sie als Moderator sofort und entschieden die
Auseinandersetzung unterbrechen.
Im nächsten Schritt muss dafür gesorgt werden, dass jeder der Beteiligten kurz seine Position schildern
kann. Sie achten darauf, dass jeder ausreden darf und der andere zuhört. Manchmal ist es sogar recht
wirksam, wenn der Zuhörende das Gehörte nochmals mit eigenen Worten zusammenfasst, bevor er sein
eigenes Statement bringt.
Im dritten Schritt lassen Sie die Beteiligten als Wunsch an den jeweils anderen formulieren, was der Einzelne
brauchen würde, um das Kriegsbeil wieder begraben zu können. Ziel ist es, eine Vereinbarung zu finden,
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wie jetzt weiter verfahren werden kann.
Abschliessend prüfen Sie durch Nachfragen nochmals ab, ob das Vereinbarte auch so in Ordnung geht.
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Literaturauswahl
Zum Thema Körperbewusstsein und Körpersprache:
CERWINKA, Gabriele; SCHRANZ, Gabriele: Die Macht der versteckten Signale, Ueberreuter 1999
JOHNSTONE, Keith: Theaterspiele, Berlin 1998
JOHNSTONE, Keith: Improvisation und Theater, Alexander Verlag 1995
MOLCHO, Samy: Körpersprache, Mosaik, 1983
MOLCHO, Samy: Körpersprache im Beruf, Goldmann 1997