Kunststofftechnologie
Produktentwicklung
SS 2019
▪ Vorlesung
− Prof. Dr.-Ing. Reinhard Schiffers
− Kontakt: reinhard.schiffers@uni-due.de
Tel.: 0203 379 2500
− Termin: Donnerstags, 8:15 – 10:45 Uhr in MB144
▪ Organisatorische Betreuung
− Marius Janßen, M.Sc.
− Kontakt: marius.janssen@uni-due.de
Tel.: 0203 379 2721
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Organisatorisches
▪ Moodle-Kurs:
− Kursname: Kunststofftechnologie
− Passwort Moodle-Kurs: student_KuTe2_2019
▪ Hausaufgabe:
− Die Hausaufgabe ist freiwillig
− Zusatzpunkte für eine bestandene Klausur
− Pro Gruppe max. 3 Personen
− Anfertigung eines Posters (siehe Aufgabenbeschreibung)
− Abgabe per E-Mail bis zum 09.07.2019 als pptx und pdf jeweils
original und anonymisiert an marius.janssen@uni-due.de
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Literatur (I)
▪ Titel: Kunststofftechnik
(2., aktualisierte Auflage, 2016)
▪ Autor: Christian Bonten
▪ Verlag: Carl Hanser Verlag, München
▪ ISBN: 978-3-446-44674-8
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Literatur (II)
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Terminplan Kunststofftechnologie
Vorlesung Übung
Woche
Donnerstag, 08:15 – 10:45 Uhr, MB 144 Donnerstag 08:15 – 11:45, MB 144/262
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Struktur der Vorlesung
▪ Produktentwicklung
▪ Simulation
▪ Verbindungstechnik Teil 1
▪ Verbindungstechnik Teil 2
▪ Konstruieren mit Kunststoffen Teil 1
▪ Konstruieren mit Kunststoffen Teil 2
▪ Werkzeugbau
▪ Galvanische Oberflächenveredelung
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Vorlesungsinhalt: Produktentwicklung
▪ Produktentwicklung im Allgemeinen
▪ Anforderungen an Kunststoffprodukte
▪ Werkstoff- und Verfahrensauswahl
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Phasen der Produktentwicklung
▪ Ziel: Bauteil, welches (bei bestimmungsgemäßem Gebrauch) seine
Funktion während der geplanten Lebensdauer erfüllt
▪ Nach der VDI-Richtlinie 2222 teilt sich die Produktentwicklung in die
[Bonten, Christian: Kunststofftechnik : Einführung und Grundlagen. M: Carl Hanser Verlag GmbH Co KG, 2016. S. 385]
folgenden vier Phasen:
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Kundenanforderungen
▪ Die Anforderungen der Kunden an ein Produkt sind vielfältig und lassen
sich unterscheiden in:
[nach: Bonten, Christian: Produktentwicklung : Technologiemanagement für Kunststoffprodukte. München: Hanser, 2002, S. 8]
− Notwendige Anforderungen (Basisanforderungen)
− Anforderungen, die erfüllt werden müssen
− Grundlegende Anforderung an das Produkt ist, dass dieses seine Funktion
erfüllt
− Wunschanforderung (Zusatzanforderung)
− Marktimage oder Prestige bei bestimmten Gütern, wobei man zugunsten
dieser Ziele auf andere Präferenzen (niedriger Preis) verzichten würde
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Aspekte zur Kaufentscheidung
▪ Die Kaufentscheidung über ein Produkt fällt auch zunehmend aufgrund
von:
[nach: Bonten, Christian: Produktentwicklung : Technologiemanagement für Kunststoffprodukte. München: Hanser, 2002, S. 10]
− Flexibilität des Anbieters im Service
− Zuverlässigkeit des Produktes
− Pünktlichkeit der Lieferung
− Garantieleistung
▪ In der freien Marktwirtschaft entspricht der Preis, den der Kunde bereit ist,
zu zahlen, exakt dem Wert des von ihm präferierten Nutzens.
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Lebensphasen von Produkten (I)
▪ Produktplanung und Konzeption: €
Gewinnbeitrag ab
Break-even
▪ Erste konzeptionelle Beitrag zur Deckung
der Vorleistungskosten
[nach: Bonten, Christian: Produktentwicklung : Technologiemanagement für Kunststoffprodukte. München: Hanser, 2002, S. 18-19]
Erlös
Erlös, Kosten
(pro Periode)
Lösungsansätze
▪ Erfordert Investitionen Vorleistungskosten
Produktionsmittelentwicklung: 0
Zeit
▪ Konkrete Lösungsvorschläge
Vorleistungskosten
Break-even
(pro Periode)
€ Produkt- Produkt- Marktein- Wachstum Reife Sättigung Abstieg
Erprobung (FEM) planung und führung
und Produktions-
▪ Prototypen und Konzeption mittelent-
entwicklung
Marktlebenslauf des Produktes
Produktion
Prototypenwerkzeuge
Produktdefinition
▪ Erfordert Investitionen
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Lebensphasen von Produkten (II)
▪ Markteinführung: €
Gewinnbeitrag ab
Break-even
▪ Serienstart → Erster Umsatz Beitrag zur Deckung
der Vorleistungskosten
[nach: Bonten, Christian: Produktentwicklung : Technologiemanagement für Kunststoffprodukte. München: Hanser, 2002, S. 18-19]
Erlös
Erlös, Kosten
(pro Periode)
▪ Wachstum:
▪ Produkt wird von Abnehmern Vorleistungskosten
akzeptiert Kosten
Vorleistungskosten
Break-even
(pro Periode)
Erlöses wieder abnimmt
€ Produkt-
▪ Reife: planung
Produkt-
und
Marktein-
führung
Wachstum Reife Sättigung Abstieg
und Produktions-
▪ Verkaufszahlen steigen weiter Konzeption mittelent-
entwicklung
Marktlebenslauf des Produktes
Produktion
aber der Erlös stagniert
Produktdefinition
(Kostendruck durch
Wettbewerber)
▪ Spätestens hier sollten die Vorleistungskosten überstiegen werden
▪ Sättigung:
▪ Konstante Verkaufszahlen → größtmögliche Marktanteil erreicht
▪ Wettbewerbsprodukte erfordern eine Senkung des Preises → Erlös sinkt
▪ Abstieg:
▪ Verkaufszahlen und Erlös nehmen stark ab
▪ Produkt sollte vom Markt genommen werden
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Fehlerkosten
▪ Zehnerregel: Je später ein Fehler eines Produktes oder eines Prozesses
entdeckt wird, desto höher sind die Kosten zur Behebung des Fehlers.
Die Kosten steigen von Stufe zu Stufe um den Faktor 10.
[Lindemann, Udo: Handbuch Produktentwicklung. M: Carl Hanser Verlag GmbH Co KG, 2016. S. 190-191]
▪ In 70 % der Fälle mit Produktmängeln liegt die Ursache bereits in der
Entwicklung, Konstruktion und Arbeitsvorbereitung.
▪ Zuverlässigkeitsanalyse weist einen höheren Nutzen in früheren
Produktentwicklungsphasen auf.
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Organisationsformen (I)
[nach: Wöhe, Günter ; Döring, Ulrich ; Brösel, Gerrit: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre. München: Vahlen Franz GmbH, 2016., S. 110]
Einliniensystem Mehrliniensystem
Unternehmensleitung Unternehmensleitung
Material- Material-
Produktion Marketing Produktion Marketing
wirtschaft wirtschaft
A1 A2 B1 B2 C1 C2 A1 A2 B1 B2 C1 C2
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Organisationsformen (II)
Stablinienorganisation mit Zentralstellen
[nach: Wöhe, Günter ; Döring, Ulrich ; Brösel, Gerrit: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre. München: Vahlen Franz GmbH, 2016., S. 111]
Unternehmensleitung Strategische Planung
Legende Rechnungswesen
Linienstelle
Informationswirtschaft
Zentralstelle
Stabsstelle Personalabteilung
Material- Arbeits-
Produktion Marketing Marktforschung
wirtschaft vorbereitung
A1 A2 B1 B2 C1 C2
Vorteile Nachteile
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Vorteile eines Projektmanagements
[nach: Bonten, Christian: Produktentwicklung : Technologiemanagement für Kunststoffprodukte. München: Hanser, 2002, S. 33-35]
Regelkreisen, wobei nur ein Projektleiter anweisen und steuern kann
▪ Ein projektorientiertes Unternehmen kann dynamischer auf
Marktanforderungen reagieren als Unternehmen mit klassischer
Organisationsform.
▪ Eine geeignete betriebliche Organisationsform für ein effizientes, „starkes“
Projektmanagement ist die Matrixorganisation.
▪ Charakteristisch für die Matrixorganisation sind die Prozess-
Weisungsbefugnisse der „starken“ Projektleiter und Fach-
Weisungsbefugnisse der Linienvorgesetzten.
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Matrixorganisation
Unternehmensleitung
[nach: Bonten, Christian: Produktentwicklung : Technologiemanagement für Kunststoffprodukte. München: Hanser, 2002, S. 35]
Bereich
Bereich Bereich Bereich Bereich
Projekt-
Entwicklung Produktion Verkauf Controlling
Management
Projekt A
Projekt-(Ziel) Verantwortung
P-Manager
Projekt B
P-Manager
Projekt C
P-Manager
Projekt D
P-Manager
Teammitglieder
P-Manager Projektmanager
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Charakteristika einer Linien- und
Matrixorganisation
Klassische Linienorganisation Projektorientierte Matrixorganisation
mit „starkem“ Projektleiter
[nach: Bonten, Christian: Produktentwicklung : Technologiemanagement für Kunststoffprodukte. München: Hanser, 2002, S. 36]
Entscheidung auf dem Dienstweg Teamentscheidung
Klare Kompetenz- und Kompetenz- und
Verantwortungsabgrenzung Verantwortungsabgrenzung immer
wieder neu
Kontrolle und Koordination auf Klare Koordination auf Projektziel
„Abteilung“ ausgerichtet ausgerichtet
Sicherheit bei Vorgesetzten und Leitung durch evtl. fachfremde
Mitarbeitern durch „klare Verhältnisse“ Projektleiter, Gleichberechtigung der
Teammitglieder
Lange Kommunikationswege Großer Kommunikationsbedarf
Bürokratisch, teils starre Atmosphäre Unbürokratisch, lockere Atmosphäre
Schwerfällig, unflexibel Flexibel
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Produktentwicklung mit simultanen, integrierten
Arbeitsabläufen
▪ Vergleich von sequentiellen und parallelen Arbeitsabläufen:
Konventionell: sequentieller Projektablauf
[nach: Bonten, Christian: Produktentwicklung : Technologiemanagement für Kunststoffprodukte. München: Hanser, 2002, S. 39]
Einmalige, vollständige
Konzept Info-Übertragung
Planung
Konstruktion
Prozessplanung
Konstruktion
Produktions-Konzept Prozessplanung
Marketing / Logistik-Konzepte Reduktion „Time-to Market“
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Beispiel Spritzgießprodukt
▪ Vergleich einer sequentiellen und einer simultanen Produktentwicklung
am Beispiel eines Spritzgießproduktes
[nach: Bonten, Christian: Produktentwicklung : Technologiemanagement für Kunststoffprodukte. München: Hanser, 2002, S. 40]
Material Kerngieß- Spritzgieß-
Konzept Innenmaße Außenmaße
bestellen werkzeug werkzeug
Entwicklungsabteilung Werkzeugbau
Innenmaße Außenmaße
Konzept
Team
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Entwicklung eines Kunststoffproduktes
▪ Hauptprozesskette für die Entwicklung eines Kunststoffproduktes
[nach: Bonten, Christian: Produktentwicklung : Technologiemanagement für Kunststoffprodukte. München: Hanser, 2002, S. 31]
Ende der
Prozesskette:
Fertiges Teil
Produkterprobung
Verarbeitung
Weiterverarbeitung /
Werkzeugbau Montage
Prototypenfertigung
und -erprobung
Simulation
Ausgangspunkt Konstruktion
der Prozesskette:
Modell des
Auftraggebers Konzeptdarstellung mit Werkstoffvorauswahl, Wahl
des Verarbeitungs- und Weiterverarbeitungsprozesses
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Anforderungen an Produkte und Funktionen
[Bonten, Christian: Kunststofftechnik : Einführung und Grundlagen. M: Carl Hanser Verlag GmbH Co KG, 2016, S. 398]
− Funktionen: „Lösungsneutral beschriebene Beziehungen zwischen
Eingangs-, Ausgangs- und Zustandsgrößen eines Systems. (…)“
▪ Grundanforderung: Erfüllung der Hauptfunktion des Produktes
▪ Um einen Werkstoff auswählen zu können, der den Anforderungen an das
Produkt gerecht wird, müssen die Anforderungen in Werkstoffkennwerte
„übersetzt“ werden
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Anforderungen an Produkte und Funktionen
[Bonten, Christian: Kunststofftechnik : Einführung und Grundlagen. M: Carl Hanser Verlag GmbH Co KG, 2016, S. 398]
die Hauptfunktion erfüllt wird.
− Um diese Hauptfunktion erfüllen zu können, muss das Produkt aber
weitere Anforderungen erfüllen:
− Die Dichtung muss „passen“ und der
Werkstoff dehnfähig genug sein, um
Unebenheiten der zu dichtenden
Bauteile auszugleichen.
− Zudem darf der Werkstoff unter
Druckbeanspruchung im
Einbauzustand durch Kriechen nicht zu
stark ausweichen.
[https://de.wikipedia.org/wiki/Dichtung_(Technik)]
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Anforderungen und Funktionen von Produkten
[Bonten, Christian: Kunststofftechnik : Einführung und Grundlagen. M: Carl Hanser Verlag GmbH Co KG, 2016, S. 399]
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Kunststoffe als Konstruktionswerkstoffe
▪ Dichte:
− Vergleichsweise gering
− Bewegte Produkte mit geringen Massenkräften (Gewichtskraft,
[Bonten, Christian: Kunststofftechnik : Einführung und Grundlagen. M: Carl Hanser Verlag GmbH Co KG, 2016, S. 386-387]
Trägheitskraft) und geringem Energieinhalt
− Dichte kann durch Molekülmasse, Kristallisationsgrad, Temperatur,
Zusatzstoffe und Schäumen beeinflusst werden
▪ Steifigkeit:
− Widerstand gegen Verformung
− Elastitzitätsmodul als Kennwert für die Steifigkeit eines Werkstoffes
(1-2 Zehnerpotenzen kleiner als bei Metallen)
− Niedriger Widerstand gegen Verformung oft unerwünscht →
konstruktive Maßnahmen erforderlich)
− Geringe Steifigkeit erlaubt Funktionselemente wie
Schnappverbindungen
− (Werkstoff-)Steifigkeit kann durch Molekülmasse, Kristallisationsgrad,
Zusatzstoffe, Temperatur, Feuchte, andere Medien und
Beanspruchungsgeschwindigkeit beeinflusst werden
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Kunststoffe als Konstruktionswerkstoffe
▪ Festigkeit:
− Widerstand gegen Rissbildung unter Belastung
− Kennwert: Zugfestigkeit (1 Zehnerpotenz niedriger als bei Metallen)
− Niedrige Festigkeit von Kunststoffen für manche Anwendungen
[Bonten, Christian: Kunststofftechnik : Einführung und Grundlagen. M: Carl Hanser Verlag GmbH Co KG, 2016, S 387]
Ausschlusskriterium
− Festigkeit kann durch Molekülmasse, Kristallisationsgrad, Zusatzstoffe,
Temperatur, Feuchte, andere Medien, Beanspruchungsgeschwindigkeit,
Verarbeitungsprozess und Nachbehandlung beeinflusst werden
▪ Dehnfähigkeit:
− Die sich zurückstellende, elastische Dehnbarkeit ist höher als bei Metallen
− Nur eingeschränkt präzise Kraftübertragbarkeit durch
Formunbeständigkeit
− Höhere Zähigkeit → Abfangen von Stößen
− Anpassungsfähigkeit des Werkstoffes → größere Toleranzen
− Dehnfähigkeit kann durch Temperatur, Zeit,
Beanspruchungsgeschwindigkeit, Zusatzstoffe, Medien,
Verarbeitungsprozess und Nachbehandlung beeinflusst werden
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Kunststoffe als Konstruktionswerkstoffe
▪ Innere Dämpfung:
− Höher als die von Metallen
− Beschreibt das Verhältnis von dissipierter zu eingespeicherter Energie
[Bonten, Christian: Kunststofftechnik : Einführung und Grundlagen. M: Carl Hanser Verlag GmbH Co KG, 2016, S 388]
− Hoher Wert → mechanische Beanspruchung wird stärker in Wärme
umgesetzt
− Gezielte Nutzung bspw. beim Ultraschallschweißen
− Innere Dämpfung kann durch Molekülmasse, Kristallisationsgrad,
Zusatzstoffe, Temperatur, Zusatzstoffe sowie Frequenz der
mechanischen Beanspruchung beeinflusst werden
▪ Gebrauchstemperaturbereich:
− Starke Abhängigkeit der Eigenschaften von der Temperatur
− Einsetzbarkeit von Kunststoffprodukten nur in einem definierten
Temperaturbereich
− Tiefe Temperaturen senken die Zähigkeit, hohe die Festigkeit und
Steifigkeit
− Geringer Energieeinsatz zum Um- und Urformen → Wirtschaftlichkeit
der Kunststoffverarbeitungsprozesse
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Kunststoffe als Konstruktionswerkstoffe
▪ Wärmeausdehnung:
− Wärmeausdehnung von Kunststoffen zehnmal größer als bei Metallen
− Bei Werkstoffverbunden aus Metall und Kunststoff müssen die
[Bonten, Christian: Kunststofftechnik : Einführung und Grundlagen. M: Carl Hanser Verlag GmbH Co KG, 2016, S 388-389]
unterschiedlichen Wärmeausdehnungen berücksichtigt werden
− Wärmeausdehnung wird durch Temperaturbereich, Molekülaufbau
und durch Orientierung der Moleküle beeinflusst.
▪ Wärmeleitfähigkeit:
− Wesentlich geringer als bei Metallen (100 bis 2000 mal)
− Einsetzbarkeit von Kunststoffprodukten als Wärmeisolatoren
− Hinderlich bei verfahrensbedingten Abkühlprozessen
▪ Elektrische Eigenschaften:
− Niedrige elektrische Leitfähigkeit → Einsatz als elektrische Isolatoren
− Gefahr der elektrostatischen Aufladung von Kunststoffprodukten
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Werkstoffauswahl
▪ Viele verschiedene Kunststoffe mit unterschiedlichen Charakteristika
▪ 70 % der Herstellkosten sind durch den gewählten Werkstoff definiert
→ Wahl des richtigen Werkstoffes äußerst wichtig
[Bonten, Christian: Kunststofftechnik : Einführung und Grundlagen. M: Carl Hanser Verlag GmbH Co KG, 2016, S. 391]
▪ Ein für das Anforderungsprofil zu hochwertiger Kunststoff führt zu einem
erhöhten Preis; ein zu niedrigwertiger Kunststoff ist möglicherweise nicht
in der Lage den Anforderungen über die geplante Lebensdauer zu
genügen
▪ Dabei spielt nicht nur der Werkstoff selbst sondern auch die
Weiterverarbeitung eine wesentliche Rolle
▪ Mit einem relativ teuren Werkstoff kann aufgrund seiner guten
mechanischen Eigenschaften sehr dünnwandig konstruiert werden. Durch
die mögliche Werkstoffeinsparung und kürzeren Abkühlzeit des dünneren
Produktes, kann ein im Einkauf teurer Werkstoff sich in der Produktion als
günstiger erweisen.
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Werkstoffauswahl
▪ Methodische Vorgehensweise zur Werkstoffvorauswahl notwendig
▪ Filtermodell:
[Bonten, Christian: Kunststofftechnik : Einführung und Grundlagen. M: Carl Hanser Verlag GmbH Co KG, 2016, S. 391]
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Geometrische Unterteilung von Produkten
▪ Produkte aus Kunststoff zeichnen sich durch ihre Gestaltungsfreiheit aus
▪ Unterteilen lassen sich diese in:
− großflächige,
[Bonten, Christian: Kunststofftechnik : Einführung und Grundlagen. M: Carl Hanser Verlag GmbH Co KG, 2016, S 392]
− gehäuseartige,
− behälterartige,
− komplexe,
− und funktionsspezifische Produkte
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Großflächige Produkte
▪ In der Regel relativ dünnwandig
▪ Anwendungsgebiet: Abdeckungen im Kfz, Schienen- und Luftfahrtzeug-
Innenraum sowie äußere Kfz-Verkleidungen (Stoßfänger)
[Bonten, Christian: Kunststofftechnik : Einführung und Grundlagen. M: Carl Hanser Verlag GmbH Co KG, 2016, S. 392]
▪ Funktion: Abdecken und sich selbst tragen
▪ Geometrie: außen Freiformfläche, innen komplex durch Hinterschneid-
ungen, Verrippungen oder Schnapphaken
▪ Besonderheiten:
− Verrippungen der Innenseite dienen der
Erhöhung der Bauteilsteifigkeit
− Die Rippen erfordern genaue
Prozessführung und Werkstoffauswahl,
um Einfallstellen auf der sichtbaren
Außenfläche zu vermeiden
− Weitere mögliche Anforderungen: Stöße
abwehren und Schall dämmen
− Hohe Verzugsneigung bei großflächigen
Produkten
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Gehäuseartige Produkte
▪ In der Regel dünnwandig
▪ Anwendungsgebiet: Haushaltsgeräte, elektrische Werkzeuge, EDV-.
Telekommunikations- und Unterhaltungsprodukte, Kfz-Innenraum
[Bonten, Christian: Kunststofftechnik : Einführung und Grundlagen. M: Carl Hanser Verlag GmbH Co KG, 2016, S. 393]
▪ Funktion: Abdecken, Schalldämmung, elektrische Isolierung, Verbinden
mit anderen Teilen, Positionieren
▪ Geometrie: außen Freiformfläche, innen komplex durch Hinterschneid-
ungen, Verrippungen oder Verbindungselementen → komplexer als bei
großflächigen Produkte
▪ Anforderungen:
− Hohe Steifigkeit, Festigkeit und
Schlagzähigkeit
− Zur Verbindung mit anderen Teilen:
Dimensionsstabilität
− Für elektrische Anwendungen:
Eignung als elektrischer Isolator
− Oberfläche meist glänzend und
kratzfest Innenansicht eines Handhobels
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Behälterartige Produkte
▪ Anwendungsgebiet: Verpackungsbereich, in komplexeren
Haushaltsgeräten, Flüssigkeitsbehälter im Kfz
▪ Funktion: Flüssigkeit behalten, zu tragen und anzudichten
[Bonten, Christian: Kunststofftechnik : Einführung und Grundlagen. M: Carl Hanser Verlag GmbH Co KG, 2016, S. 320/394]
▪ Geometrie: Außen- und Innengeometrie relativ simpel, Hohlraum im
Inneren charakteristisch
▪ Anforderungen:
− Funktionserfüllung auch bei
höheren thermischen und
mechanischen
Beanspruchungen
− Lebensmittelechtheit,
Medienresistenz (abhängig vom
Einsatzgebiet)
− Optische Anforderungen nur bei
hochwertigen Verpackungen
Milchflasche PET-Flasche
www.uni-due.de/kkm SS 2019 35
Komplexe Produkte
▪ Anwendungsgebiete: Einsatz im Fahrzeugbau, Elektro- und
Heizungsindustrie
▪ Funktionen: Kräfte leiten, Fluide leiten und sich selber tragen
[Bonten, Christian: Kunststofftechnik : Einführung und Grundlagen. M: Carl Hanser Verlag GmbH Co KG, 2016, S. 394-395]
▪ Geometrie: Charakterisiert durch eine komplexe Außengeometrie und
komplexe Hohlräume
▪ Anforderungen:
− Widerstand gegenüber hohen Temperaturen und/oder hohen
mechanischen Beanspruchungen
− Hohe Steifigkeit, Festigkeit und Schlagzähigkeit
▪ Besonderheit: häufig schweißbare Thermoplaste
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Funktionsspezifische Produkte
▪ Selten technische Produkte und keine geometrische Ähnlichkeit
▪ Geometrie und Werkstoffeigenschaften auf die Anforderungen an die
Anwendung zugeschnitten
[Bonten, Christian: Kunststofftechnik : Einführung und Grundlagen. M: Carl Hanser Verlag GmbH Co KG, 2016, S. 395]
▪ Beispiele:
− Pralldämpfer
− Antirutschfüßchen oder –matten
− Kabelbinder
− Arretierstifte etc.
Antirutschmatte [obi.de]
Kabelbinder [obi.de]
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Wahl des Verarbeitungsverfahrens
▪ Neben der Auswahl des Werkstoffes entscheidet die Wahl des
Verarbeitungsverfahrens über die wirtschaftliche Machbarkeit eines
Produktes.
[Bonten, Christian: Kunststofftechnik : Einführung und Grundlagen. M: Carl Hanser Verlag GmbH Co KG, 2016, S. 396]
▪ Bei der Auswahl des Verarbeitungsverfahrens müssen folgende
Einflussgrößen berücksichtigt werden:
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Wahl des Verarbeitungsverfahrens
▪ Manche Verarbeitungsverfahren sind für die Herstellung bestimmter
Geometrien prädestiniert
▪ Keine allgemeingültigen Regeln; Tabelle dient als Orientierungshilfe
[Bonten, Christian: Kunststofftechnik : Einführung und Grundlagen. M: Carl Hanser Verlag GmbH Co KG, 2016, S. 397]
www.uni-due.de/kkm SS 2019 39
Die fertigungs- und werkstoffgerechte
Gestaltung von Kunststoffprodukten
▪ Nur bei Berücksichtigung bestimmter Regeln können die
werkstoffspezifischen Alleinstellungsmerkmale sowie die
[nach: Bonten, Christian: Produktentwicklung : Technologiemanagement für Kunststoffprodukte. München: Hanser, 2002, S. 136]
Formgebungsvielfalt der Kunststoffverarbeitungsverfahren sinnvoll
genutzt werden.
▪ Gestaltung von blasgeformten Produkten:
− Gleiche Wanddicken vorsehen, um gleichmäßiges Abkühlen zu
ermöglichen.
− Ecken und Kanten mit Radien versehen, um das Anlegen des
Materials zu ermöglichen und die Entformung zu erleichtern.
− Großflächige ebene Flächen vermeiden, um Verwerfungen zu
reduzieren.
− Butzen so klein wie möglich halten, um Material zu sparen.
www.uni-due.de/kkm SS 2019 40
Die fertigungs- und werkstoffgerechte
Gestaltung von Kunststoffprodukten
▪ Gestaltung von gepressten Produkten:
− Wanddicke so gering wie möglich, um eine geringe Zykluszeit zu
[nach: Bonten, Christian: Produktentwicklung : Technologiemanagement für Kunststoffprodukte. München: Hanser, 2002, S. 136]
realisieren.
− Gleiche Wanddicken vorsehen, um gleichmäßiges Abkühlen zu
ermöglichen.
− Ecken und Kanten mit Radien versehen, um das Anlegen des
Materials zu ermöglichen und die Entformung zu erleichtern.
− Hinterschneidungen vermeiden, um ein möglichst einfaches Werkzeug
zu ermöglichen.
− Gewinde und Formteile pressgerecht gestalten, um Nachbearbeitung
zu vermeiden.
− Die Positionierung des Materialzuschnitts beachten, um wenig
Bindenähte und geringe Fließwege zu erreichen.
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Die fertigungs- und werkstoffgerechte
Gestaltung von Kunststoffprodukten
▪ Gestaltung von Spritzgießprodukten:
− Wanddicke so gering wie möglich, um eine geringe Zykluszeit zu
[nach: Bonten, Christian: Produktentwicklung : Technologiemanagement für Kunststoffprodukte. München: Hanser, 2002, S. 137]
realisieren. Hierbei muss allerdings die Fließfähigkeit des
einzusetzenden Materials mit berücksichtigt werden.
− Gleiche Wanddicken vorsehen/Massenanhäufungen vermeiden, um
gleichmäßiges Abkühlen und gleichmäßige Schwindung zu erzielen
sowie Lunker und Verzug zu vermeiden.
− Rippen spritzgießgerecht gestalten, damit kein Einfallstellen auf der
Rückseite zu erkennen sind.
− Hinterschneidungen vermeiden, um ein möglichst einfaches
Werkzeugkonzept zu ermöglichen.
− Die Positionierung des Anguss beachten, um wenig Bindenähte,
geeignete Orientierung und gleichmäßige Fließwege zu erreichen.
− Schweißnähte etc. angemessen berücksichtigen.
www.uni-due.de/kkm SS 2019 42
Vi e l e n D a n k f ü r I h r e A u f m e r k s a m k e i t
Lotharstr. 1
47057 Duisburg