V i P

Finite Elemente Methode (FEM) Analyse in

der Vakuummechanik
FEM-basierte Optimierung mechanischer Vakuumkomponenten
René Bauer, Stephan Wolfgramm, Michael Flämmich, Ute Bergner

Die Finite-Elemente-Methode (FEM),

eine numerische Berechnungsme-
thode zur Lösung komplexer physikali-
scher Fragestellungen, hat sich beson-
ders im Ingenieurwesen zur Simulation
strukturmechanischer Gegebenheiten
ein breites Anwendungsfeld erschlos-
sen. Der Einsatz FEM-basierter Werk-
zeuge eröffnet Entwicklern die Mög-
lichkeit, selbst komplexe mechanische
Baugruppen bereits während der Kon-
struktionsphase hinsichtlich ihrer me-
chanischen Eigenschaften virtuell zu
optimieren. Insbesondere für die Struk-
turanalyse gewinnen FEM-basierte Op-
timierungsstrategien zunehmend an
Bedeutung. Moderne FEM Programm-
systeme werden meist vom Konstruk-
teur eingesetzt, um das ideale Verhält-
nis zwischen Gewicht und Steifigkeit
mechanischer Strukturen zu finden [1].
In der Vakuummechanik, die alle
mechanischen Vakuumkomponenten
wie Kammern, Flanschsysteme (Abb.1),
Ventile, Membranbälge, Schrauben
etc. beinhaltet, ergeben sich eine Viel-
zahl an Fragestellungen, die mit einem
FEM-Werkzeug untersucht werden
können. Bei der Konstruktion von Va-
kuumbehältern sind Anforderungen
bezüglich ihrer mechanischen Stabilität
sowohl gegenüber dem äußeren Luft-
druck als auch gegenüber am Behälter
angebrachter Lasten wie Pumpen, Ma-
nipulatoren oder sonstiger Anbauten
zu berücksichtigen. Flanschanschlüsse
müssen derart gestaltet sein, dass die
geforderte Leckdichtheit auch bei zu-
sätzlichen Belastungen gewährleistet
ist. Der klassische Ansatz zur Umsetzung
einer solchen Konstruktionsaufgabe ist
das Zurückgreifen auf Erfahrungswerte
zur Dimensionierung der Wandstärken
und zur Auslegung der notwendigen
Verschweißungen. Besonders bei der
Fertigung von Vakuumbehältern aus
nicht rostenden Edelstählen wird dieser
Ansatz in den meisten Fällen verfolgt.
Abbildung 1: vollständiges CAD-Modell (links) und reduziertes sowie berechnetes FEM-Modell einer
bei VACOM entwickelten QCF-Flanschverbindung.
Häufig erhält man dabei einen vielfach
überdimensionierten Behälter, der mit
sehr großer Sicherheit alle nötigen Sta-
bilitätskriterien erfüllt.
In einigen Fällen ist es sinnvoll, hö-
here Ansprüche an einen Vakuum-
behälter zu stellen. Diese Ansprüche
können sich zum Beispiel aus Aspekten
der Energieeffizienz ergeben. In vielen
Vakuumanwendungen ist es notwen-
dig, die gesamte Vakuumanlage durch
Zusammenfassung
Die Finite-Elemente-Methode (FEM)
ist als Standardwerkzeug zur Festkör-
persimulation in den Ingenieurwissen-
schaften etabliert. Moderne FEM-Pro-
gramme ermöglichen in Verbindung
mit einem CAD-System schon in der
virtuellen Entwicklungsphase ein für
die spätere Anwendung optimiertes
Design mechanischer Systeme. In der
Vakuummechanik befähigt FEM den
Konstrukteur, Vakuumbehälter auf
spezifische mechanische und thermi-
sche Eigenschaften anzupassen. Der
Einsatz der im Vakuumbehälterbau
noch wenig verbreiteten, im UHV /
Ausheizprozesse zu konditionieren.
Dazu wird die Anlage auf Temperatu-
ren von 200 bis 400 °C, aufgeheizt und
für mehrere Stunden bis Tage gehalten.
Durch Physisorption oder Chemisorp-
tion an der Kammerinnenoberfläche
gebundene Atome oder Moleküle er-
halten durch das Ausheizen thermische
Energie, lösen sich aus der Bindung
und desorbieren in das „freie“ Volumen
des Vakuumsystems. Von dort werden
XHV jedoch äußerst vorteilhaften Alu-
miniumwerkstoffe wird mittels FEM
anwendungssicher erschlossen. Bei
der Neu- und Weiterentwicklung von
Vakuumflanschsystemen trägt die FEM
wichtige Erkenntnisse zur Funktions-
weise bei, woraus Montageparameter
und zulässige Betriebsbedingungen
abgeleitet werden können.
Der vorliegende Artikel gibt Einblick
in die grundlegenden Prinzipien einer
FEM-Analyse und zeigt die Vorgehens-
weise an praktischen Beispielen aus
der Vakuummechanik.

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sie über die Vakuumpumpen aus dem
System entfernt. Abhängig von der Aus-
heiztemperatur und der Ausheizdauer
werden so das häufig den Endddruck
begrenzende Wasser oder sogar lang-
kettige Kohlenwasserstoffe von der
Oberfläche entfernt. [2] Im Resultat ver-
ringert sich die Ausgasrate der Behälte-
rinnenwände bei Raumtemperatur, es
wird ein niedrigerer Enddruck erreicht
und die Desorption prozessschädlicher
Stoffe wird vermindert [3]. Um einen
Vakuumbehälter aus rostfreiem Edel-
stahl bei den nötigen Temperaturen
homogen und vollständig auszuheizen
ist wegen der schlechten Wärmeleitfä-
higkeit und der vergleichsweise hohen
Wärmekapazität des Stahls ein sehr ho-
her Energieaufwand nötig. Durch eine
konsequente Optimierung der Behäl-
terkonstruktion hinsichtlich geringst-
möglichen Materialeinsatzes kann der
Energieverbrauch für die Ausheizvor-
gänge drastisch reduziert werden. Als
positiver Nebeneffekt wird eine deutli-
che Gewichtsersparnis erreicht, was be-
sonders bei großen Behältern eine nicht
mehr zu vernachlässigende Rolle spielt.
Um weiterhin die oben genannten me-
chanischen Stabilitätskriterien zu er-
füllen, kann die Dimensionierung des
Behälters nicht mehr „intuitiv“ erfolgen.
Die Nutzung eines FEM-Werkzeuges ist
für solche Fälle geradezu prädestiniert.
Es erlaubt eine hinsichtlich des Mate-
rialeinsatzes optimierte Konstruktion
des Behälters unter Vermeidung später
auftretender, unzulässiger Deformatio-
nen und daraus resultierender Beschä-
digungen bzw. Vakuumlecks.
Summary
Finite element method analysis in vacuum mechanics
In engineering sciences the finite ele-
ment method (FEM) is widely accepted
as standard for the simulation of solid
body characteristics. Modern FEM-
Software, used with a CAD-system,
enables the optimization of mechani-
cal systems in an early development
stage. Vacuum-mechanic engineers
can use FEM to adapt vacuum vessels
on specific mechanical and thermal
requirements. The use of aluminum
alloys for vacuum components, espe-
cially vessels for UHV / XHV, needs to
consider the mechanical properties of
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Abbildung 2: FEM-optimierte, vollständig aus
Aluminium gefertigte Kammer mit 800 mm
Kantenlänge.
Beim Einsatz von Aluminium als
Werkstoff für Rezipienten (Abb. 2) kön-
nen die Stärken einer FEM-basierten
Konstruktion besonders gut ausge-
spielt werden. Aluminiumlegierungen
erfahren wegen ihrer guten Verarbeit-
barkeit, der geringen Dichte und ihres
allgemein günstigen Beschaffungsprei-
ses eine stetig steigende Verbreitung im
Anlagenbau. In der Vakuumtechnik fin-
det dieser Werkstoff üblicherweise eher
für Komponenten im Grob- und Hoch-
vakuumbereich Verwendung. „Neuere
Anwendungen stellen UHV-Bauteile
aus Aluminiumlegierungen dar“ [2].
Getrieben von Bedürfnissen besonders
beim Bau von Teilchenbeschleunigern
gewinnt der Einsatz von Aluminium-
werkstoffen seit einigen Jahren zuneh-
mend in der Vakuummechanik an Be-
deutung. Die Gründe dafür liegen z. B.
in der extrem niedrigen magnetischen
Permeabilität (µr < 1,0001) und der gu-
ten thermischen Leitfähigkeit. Darüber
hinaus sind beim Einsatz in sehr tiefen
aluminum. FEM is an easy to use me-
thod to enable this, regarding safety
and low cost aspects. In the context of
the new development and advance-
ment of vacuum-flange-systems, FEM
can be conducive to gain important
insight to their functionality. Assembly
parameters and operating conditions
can be derived with such investiga-
tions.
The following article describes the
basic principles of an FEM-analysis
and presents the respective procedure
using examples of vacuum mechanics.
www.vip-journal.de Vol. 25  Nr. 3   Juni 2013
vakuumtechnologie
Druckbereichen die Ausgaseigenschaf-
ten der Materialien von entscheidender
Bedeutung [3]. Es ist bekannt, dass Alu-
minium, abhängig von der angewen-
deten Oberflächenbehandlung, eine
niedrigere Ausgasrate als Edelstahl auf-
weisen kann [4].
Diese Eigenschaften zusammen
mit der Möglichkeit, durch Extrudie-
ren auch komplizierte Formen und
Rohre herzustellen, erlaubten die Ver-
wendung in Hochenergie-Teilchenbe-
schleunigern wie SPEAR, PETRA, PEP,
DCI, CESR, SRS, NSLS, Photon Factory,
etc. [5].
Ersetzt man den im Vakuumbehäl-
terbau bewährten Edelstahl durch Alu-
minium müssen wegen der typischer-
weise geringeren Festigkeit im ersten
Ansatz wesentlich dickere Wandstärken
beim Bau der Behälter gewählt werden.
Ein Gewichts- und Preisvorteil durch
niedrigeren Werkstoffeinsatz entsteht
dadurch zunächst nicht. Erst durch die
oben geschilderte Geometrieoptimie-
rung können diese Vorteile effizient er-
schlossen werden.
Die FE-Methodik kurz erklärt
Im Gegensatz zu Berechnungsansät-
zen der klassischen Mechanik, die mit-
tels analytischer Verfahren eine exakte
Lösung strukturmechanischer Frage-
stellungen verfolgt, stellt die Finite-
Element-Methode eine Möglichkeit
zur numerischen, näherungsweisen
Berechnung dar. Entwickelt wurde die-
ser Berechnungsansatz in seiner heuti-
gen Form in den 1960er Jahren [6]. Die
zugrunde liegende Idee, eine Gesamt-
funktion höherer Komplexität durch die
bereichsweise Anwendung einfacher
Funktionen zu ersetzen und so eine
hinreichend genaue Näherungslösung
zu erhalten, wurde jedoch schon vor
mehr als 2000 Jahren durch Archime-
des von Syrakus beschrieben. Beim ver-
geblichen Versuch, das Verhältnis zwi-
schen Durchmesser und Umfang eines
Kreises, also die Zahl Pi, analytisch zu
bestimmen, bediente sich Archimedes
schließlich eines Näherungsansatzes.
Er ersetzte den Kreis zunächst durch ein
Vieleck und beschrieb so die Kreislinie
durch eine begrenzte Anzahl benach-
barter, gleichlanger und einfach zu be-
rechnender Strecken, also quasi durch
finite Elemente. Durch das Anlegen
ViP 21
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eines innen und eines außen den Kreis
begrenzenden Vielecks konnte er eine
obere und eine untere Grenze der ge-
suchten Funktion finden. Durch stetige
Verfeinerung dieses Näherungsansat-
zes gelang es ihm auf diese Weise, ganz
ohne Taschenrechner, die Zahl Pi auf die
vierte Nachkommastelle genau zu be-
stimmen.
Die Zerlegung eines mechanischen
Systems in eine endliche Anzahl finiter
Elemente ist eine dazu äquivalente Vor-
gehensweise. Es wird nicht mehr auf
das gesamte System eine analytische
Berechnungsgleichung, sondern es
werden einfache Ansatzfunktionen auf
die endlichen Elemente des Systems
angewendet. Die Ansatzfunktionen
beschreiben die Reaktion der Elemente
auf äußere Einflussgrößen, die sich aus
der zu untersuchenden Fragestellung
ergeben. Über physikalisch zwingende
Stetigkeitsbedingungen an den Kop-
pelstellen der Elemente, den Knoten,
werden die einzelnen Ansatzfunktio-
nen miteinander verknüpft.
Ein einfaches und anschauliches Bei-
spiel für diese Vorgehensweise ist ein
ebenes Fachwerk, das aus mehreren an
den Enden miteinander verbundenen
Balken besteht. Die zu lösende Frage-
stellung besteht in der mechanischen
Stabilität gegenüber auf das Fachwerk
einwirkender Kräfte. Die Balken reprä-
sentieren die finiten Elemente des ge-
samten mechanischen Systems Fach-
werk. Für jeden Balken werden aus den
Grundgleichungen der technischen
Mechanik unter Einsetzen der geome-
trischen Kenngrößen des Balkens und
der mechanischen Kenngrößen des
Balkenwerkstoffes die Ansatzunktio-
nen gebildet. Sie beschreiben, wie sich
der Balken unter Einwirken einer Kraft
deformiert, genauer gesagt, wie sich
die den Balken begrenzenden Knoten
verschieben. Eine zwingende Stetig-
keitsbedingung ergibt sich aus der
Verbindung der Balken untereinander.
Verschiebt sich der Endknoten eines
Balkens, so muss diese Verschiebung
für den benachbarten Balken ebenso
wirken. Daraus ergeben sich die alge-
braischen Verknüpfungen der Ansatz-
funktionen. Die Verschiebungen der
Knoten werden durch die Ansatzfunkti-
onen zunächst innerhalb eines lokalen,
nur den Balken betreffenden Koordi-
natensystems dargestellt. Um eine Lö-
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sung der Fragestellung für das gesamte
Fachwerk zu erhalten muss noch eine
geometrische Verknüpfung der Knoten
erfolgen. Erreicht wird das über eine
Transformation der Knotenkoordinaten
von den lokalen in ein globales Koor-
dinatensystem. Aus der algebraischen
Verknüpfung der Ansatzfunktionen
und der Koordinatentransformation
entsteht die globale Steifigkeitsmatrix
des gesamten Fachwerks, die dessen
strukturmechanische Eigenschaften,
also die Reaktion auf einwirkende
Kräfte, beschreibt. Alle auf das Fach-
werk einwirkenden Kräfte werden im
sogenannten Lastvektor zusammenge-
fasst. Aus der Kombination von Lastvek-
tor und Steifigkeitsmatrix entsteht ein
symmetrisches Gleichungssystem in
Matrixform, dass zunächst vereinfacht
und anschließend durch einen geeig-
neten Algorithmus gelöst werden kann.
Die entstandene Lösung enthält
sämtliche Informationen darüber, wie
das Fachwerk auf die äußeren Belas-
tungen reagiert. Es kann zum Beispiel
abgeleitet werden, welche Knoten-
verschiebungen sich ergeben, welche
mechanischen Spannungen an den
Elementen anliegen oder welche Re-
aktionskräfte an den Außenknoten des
Fachwerks zu erwarten sind. Die ge-
wonnenen Informationen müssen zur
Bewertung der mechanischen Stabilität
des Fachwerks nun entsprechend klug
interpretiert werden. Zur Beurteilung
der mechanischen Integrität, also der
Feststellung ob die Dimensionierung
für die Aufnahme der Lasten ausrei-
chend ist, werden die ermittelten me-
chanischen Spannungen heran gezo-
gen. Diese sollten an keinem Punkt des
Fachwerks, die für den vorgesehenen
Werkstoff maximal zulässigen Zug-
bzw. Druckspannungen überschreiten.
Ist das der Fall, so muss die Geometrie
an den betreffenden Stellen angepasst
werden. Dabei kann eine Vergrößerung
Abbildung 3: für eine FEM-Berechnung vollständig vernetztes CAD-Modell eines QCF-Flansches –
die Schneidkante ist feiner vernetzt als der Rest des Flansches.
der Balkenquerschnittsfläche erfolgen,
die Form des Balkenquerschnitts kann
geändert werden oder die Anzahl der
Balken wird erhöht. Auch eine Ände-
rung des Werkstoffes ist denkbar, in den
meisten Fällen aber nicht praktikabel.
Das Fachwerk kann nun so angepasst
werden, dass es in jedem Fall und unter
Berücksichtigung der vorgeschriebe-
nen Sicherheitsfaktoren den einwirken-
den Lasten standhält. Die Optimierung
muss an diesem Punkt aber noch nicht
abgeschlossen sein. Wird beispiels-
weise zusätzlich noch Wert darauf ge-
legt, möglichst wenig Material zu ver-
brauchen, kann die Geometrie auch
unter diesen Gesichtspunkten weiter
verfeinert werden. So kann mithilfe der
FEM das Fachwerk unter Berücksichti-
gung verschiedenster Anforderungen
optimal auf die zu erfüllende Aufgabe
designt werden.
Vorgehensweise
In den meisten ingenieurtechnischen
Bereichen wird die FEM zur Optimie-
rung deutlich komplexerer mechani-
scher Systeme als einfacher Fachwerke
verwendet. Üblicherweise liegt dem In-
genieur ein zu untersuchendes Bauteil
oder eine Baugruppe als CAD-Modell
vor, das dessen geometrische Verhält-
nisse exakt beschreibt. Zur Übergabe
an eine FEM-Software wie zum Beispiel
Autodesk Simulation wird das Modell
zunächst vereinfacht. Unwichtige De-
tails mit vernachlässigbarem Einfluss
auf die zu untersuchenden struktur-
mechanischen Eigenschaften werden
unterdrückt. Durch die Nutzung vor-
handener Spiegel- und Rotationssym-
metrien kann die Modellgröße zusätz-
lich drastisch reduziert werden (Abb. 1).
Diese Idealisierungen werden im späte-
ren Verlauf den Berechnungsaufwand
und damit die Berechnungsdauer deut-
lich verringern.
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 vakuumtechnologie

Eine derartige Reduzierung des

CAD-Modells muss bei der nun folgen-
den Eingabe der Randbedingungen
berücksichtigt werden. Sie umfasst
die Festlegung der kinematischen
Freiheitsgrade und der gegenseitigen
Abhängigkeiten aller im Modell befind-
lichen Einzelteile. Dazu zählen neben
geometrischen Beziehungen auch die
Kontaktsteifigkeit sich berührender
Oberflächen und eventuell zu berück-
sichtigende Reibungsparameter. Für
ein vollständiges FEM-Modell sind noch Abbildung 4: Darstellung der berechneten Verformung nach Evakuieren an einer Aluminium-
alle nötigen Materialdaten sowie die Rechteckkammer, links: Ausgangsgeometrie, Masse: 213 kg, rechts: verrippte Geometrie mit opti-
auf das Modell einwirkenden Beanspru- mierter Wandstärke, Masse: 178 kg.
chungen wie Kräfte, Momente, Drücke
und Spannungen, Beschleunigungen
und dergleichen zu definieren.
Vor der Ausführung der eigentlichen
FEM-Berechnung wird nun die Diskre-
tisierung des entstandenen Modells
durchgeführt: es wird in die finiten
(endlichen) Elemente zerlegt. Die dabei
verwendeten finiten Elemente (FE) sind
geometrische Grundformen wie Bal-
ken (1D), Dreiecke (2D) oder Hexaeder
(3D), die über ihre End- bzw. Eckpunkte
miteinander verknüpft sind. Wegen
Abbildung 5: Darstellung der berechne- Abbildung 6: Darstellung der mechanischen
der entstehenden netzartigen Struktur ten Verformung nach Evakuieren an der Spannungen an der Rechteckkammer nach
wird dieser Diskretisierungsvorgang endgültigen Geometrie der Aluminium- Evakuierung.
auch Vernetzung (engl. Meshing) ge- Rechteckkammer, Masse: 163 kg.
nannt. Bei Betrachtung des entstande-
nen Netzes (Abb. 3) erkennt man das im Mechanik, deren Verknüpfung sowie designen, die in den mittleren Berei-
vorherigen Abschnitt beschriebene die Koordinatentransformation und chen der Kammerwände bei möglichst
Fachwerk wieder. Die Wahl geeigneter die Überführung in das numerische geringem Materialeinsatz eine maxi-
Elementformen und -größen ist ent- Gleichungssystem, all das führt die male Deformation von 0,25 mm auf-
scheidend für die spätere Genauigkeit Software für den Anwender automa- weisen sollte. Zunächst wurde in einer
der Berechnungsergebnisse. Ziel ist es tisiert aus. Der eigentliche FEM-Solver CAD-Umgebung die benötigte Grund-
dabei, ein FE-Netz mit möglichst ge- löst schließlich das Gleichungssystem. geometrie entworfen und an das FEM-
ringen Abweichungen zum geometri- Als Ergebnis erhält man die von den System übergeben. Die zu berücksich-
schen Modell zu erstellen, dessen Ele- Beanspruchungen verursachten Verfor- tigende Randbedingung ist der äußere
mente an besonders relevanten Stellen mungen der Bauteile sowie die in den Luftdruck, der im evakuierten Zustand
eine ausreichend kleine Kantenlänge Bauteilen auftretenden Spannungen. als Belastung auf die Kammer wirkt
besitzen (Abb. 3). Mit diesen Informationen kann eine und zu einer Deformation der Wände
Am so vorbereiteten FEM-Modell Beurteilung der Konstruktion bezüglich führt (Abb. 4, links). Ausgehend von den
wird nun die Berechnung ausgeführt, ihrer Stabilität und mechanischer Inte- Ergebnissen wurde eine geeignete Ver-
die mit der Überprüfung der Plausibi- grität erfolgen. In nachfolgenden Opti- rippung an den Kammerwänden ange-
lität des Modells anhand der vorgege- mierungsschritten wird die Geometrie bracht und die nun hervorgerufenen
benen Berechnungskriterien beginnt. derart angepasst, dass die gewünschte Deformationen erneut berechnet (Abb.
Fehlen beispielsweise Materialkenn- Funktion bestmöglich erfüllt wird. 4, rechts). Durch die sukzessive Anpas-
werte oder sind finite Elemente zu sung der geometrischen Gestaltung
stark verzerrt, kann die Berechnung und erneute Berechnung der Durchbie-
Beispiele zur Nutzung der FEM in
bereits an dieser Stelle abgebrochen gung wurde schließlich ein Optimum
der Vakuummechanik
werden. Nach erfolgreicher Prüfung zwischen Wandstärke und Durchbie-
erfolgt die Umwandlung des physika- Die Abb. 4 bis 6 zeigen die Optimierung gung gefunden (Abb. 5). Der erfahrene
lischen Modells in ein mathematisches eines Vakuumbehälters. Hier war zu- Ingenieur wirft bei der Interpretation
Gleichungssystem. Die Bildung der ver- nächst die Aufgabe gestellt, eine wür- der Ergebnisse auch einen Blick auf die
einfachten Ansatzfunktionen aus den felförmige Aluminiumkammer mit in den Kammerwänden auftretenden
Grundgleichungen der technischen einer Kantenlänge von ca. 800 mm zu mechanischen Spannungen, um unzu-

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V i P
lässige Spannungsüberhöhungen zu
vermeiden (Abb. 6). Im Ergebnis entsteht
eine auf die Aufgabenstellung opti-
mierte Kammergeometrie die dann zur
weiteren Ausarbeitung der Konstruk-
tion in das CAD-System zurückgegeben
wird (Abb. 2).
Nicht nur beim Bau anspruchsvol-
ler Vakuumrezipienten kann ein FEM-
Werkzeug nützlich sein. Auch bei der
Weiterentwicklung in der Vakuum-
mechanik seit Jahrzehnten etablierter
Technologien können dessen Vorteile
genutzt werden. FEM-basierte Untersu-
chungen an CF-Flanschverbindungen
leisten einen wichtigen Beitrag zum
Verständnis der mechanischen Gege-
benheiten beim Eindringen der CF-
Schneidkante in die metallische Dich-
tung. Solche Untersuchungen wurden
in der Vergangenheit beispielsweise am
Europäischen Forschungszentrum für
Kernforschung CERN durchgeführt, mit
dem Ziel ein besseres Verständnis für
den Dichtmechanismus einer CF-Ver-
bindung zu erlangen. Mit einem 2-di-
mensionalem FEM-Modell wurde die
Verteilung der Flächenpressung unter-
halb einer in die Kupferdichtung einge-
pressten CF-Schneidkante quantitativ
berechnet, um die eigentliche Dichtwir-
kung innerhalb der Flanschverbindung
genau zu lokalisieren. Die für eine vaku-
umdichte Verbindung nötige hohe Flä-
chenpressung zwischen Schneidkante
und Kupferdichtung wurde unterhalb
der flachen CF-Schneidkantenflanke
lokalisiert. Aus den FEM-berechnungen
wurde eine durchschnittlich Flächen-
Autoren
Dipl. Ing. (FH)
René Bauer
ist bei VACOM als
Produktlinienmanager
verantwortlich für die
Produktlinie
Vakuummechanik
M.Sc. Stephan Wolfgramm
fertigte bei VACOM seine Masterarbeit zum
Thema FEM an und führt heute strukturmecha-
nische FEM-Simulationen bei VACOM durch
Dipl. Ing. (FH) René Bauer, VACOM Vakuum Komponenten & Messtechnik GmbH, Gabelsberger-
straße 9, 07749 Jena, Tel. +493641 8734 108, Fax: +493641 8734 349,
E-Mail: rene.bauer@vacom.de
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pressung von 319 MPa ermittelt. Direkt
unter der Schneidkante wurde ein Ma-
ximalwert von 968 MPa identifiziert [7].
Die Betrachtung solcher theoretisch
gewonnener Erkenntnisse eröffnet
Möglichkeiten, das CF-Flanschsystem
hinsichtlich seiner Dichtwirkung zu op-
timieren oder sogar hinsichtlich Monta-
gezeit und -komfort zu revolutionieren.
Das von VACOM entwickelte Quick-
CF (QCF) Flanschsystem vereint das
voll UHV-taugliche Dichtprinzip der
CF-Flansche mit dem einfachen Mon-
tageprinzip des KF-Flanschsystems [8].
Die Dichtkraft wird nicht, wie bei CF üb-
lich, über Schrauben sondern über eine
VaCFix®-Spannkette auf die konischen
Flanken der QCF-Flansche aufgebracht.
Das erlaubt dem Anwender die Monta-
gezeit um über 90 % zu senken und die
Flanschverbindungen auch bei engen
Platzverhältnissen zu montieren [9].
Wegen der Verwendung der genorm-
ten CF-Schneidkantengeometrie kön-
nen auch bei diesem Flanschsystem
handelsübliche CF-Kupferdichtungen
genutzt werden.
Durch FEM-Berechnungen wurden
die beim Erzeugen der Verbindung ent-
stehenden Deformationen und Span-
nungen im Flanschsystem quantitativ
beurteilt (Abb.  1). Dabei musste einer-
seits die Reibung zwischen der VaCFix®-
Spannkette und dem QCF-Flansch
und andererseits das Fließverhalten
der Kupferdichtung so berücksichtigt
werden, dass die am Modell gewon-
nenen Ergebnisse möglichst exakt die
realen Verhältnisse abbilden. Aus den
Dr. Michael Flämmich
ist Leiter der Abteilung Forschung und
Entwicklung bei VACOM
Dr. Ute Bergner
ist Gründerin und Geschäftsführerin der VACOM
Vakuum Komponenten und Messtechnik GmbH
Ergebnissen der FEM-Berechnungen
konnten sowohl Rückschlüsse auf die
optimalen Montageparameter als
auch auf zulässige Betriebsbedingun-
gen gezogen werden. So kann z. B. das
Verhalten der QCF-Verbindung beim
Aufbringen von externen Lasten zuver-
lässig vorhergesagt werden. Das umfas-
sende Verständnis der mechanischen
Gegebenheiten des QCF-Flanschsys-
tems ermöglicht eine vollständige Be-
schreibung des Systems und eröffnet
dem Anwender eine Nutzung unter
optimalen Bedingungen und damit
eine größtmögliche Sicherheit bei der
Verwendung von QCF-Flanschen mit
VaCFix®-Spannketten. Zur Erweiterung
des technischen Verständnisses der
QCF-Verbindungstechnik werden im
nächsten Schritt thermomechanische
FEM-Untersuchungen der Flanschver-
bindungen erfolgen. Aus diesen Unter-
suchungen können die beim Einsatz in
einer Hochtemperatur- bzw. Kryoum-
gebung auftretenden Auswirkungen
auf die Flanschverbindungen und da-
raus resultierende Montage- und Be-
triebsparameter abgeleitet werden.
Fazit und Ausblick
Der konsequente Einsatz FEM-unter-
stützter Konstruktion ermöglicht eine
auf die Anwendung zugeschnittene
Auslegung mechanischer Vakuum-
komponenten. Der wesentliche Vorteil
strukturmechanischer FEM-Simula-
tionen liegt dabei darin, dass bereits
während der Konstruktion der Vaku-
umkammer oder -komponente, das
Verhalten in der Praxis vorhergesagt,
gegebenenfalls nachjustiert und somit
das Bauteil optimal ausgelegt werden
kann. Das diskutierte Beispiel zur Op-
timierung einer Rechteckkammer aus
Aluminium veranschaulicht, dass eine
Optimierung der Wandstärke durch die
Einbeziehung von Verstrebungen erfol-
gen kann. Dadurch wurde der gesamte
Materialeinsatz verringert und letztlich
wurde eine gewichtsreduzierte, res-
sourcenschonende und, bezogen auf
mögliche Ausheizvorgänge, energieef-
fiziente Umsetzung der gestellten Auf-
gabe erzielt. Die beschriebenen Simu-
lationen mechanischer Komponenten
am Beispiel der der VaCFix®-Spannkette
und dem QCF-Flanschsystem ver-
deutlicht, dass die Montage- und Be-
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triebsparameter mechanischer Kom-
ponenten zuverlässig ermittelt werden
können. Darüber hinaus kann das Ver-
halten von Komponenten und Kam-
mern unter zusätzlicher Einwirkung
externer Lasten vorhergesagt werden
und somit ein wichtiger Beitrag zum si-
cheren Umgang mit Vakuumbauteilen
geleistet werden.
Die im vorliegenden Artikel darge-
stellte Verwendung von FEM-unter-
stützter Konstruktion zur Geometrie­
optimierung von Aluminiumkammern
oder zur Ableitung von Montage- und
Betriebsparametern mechanischer
Komponenten, wie z. B. der VaCFix®-
Spannkette und dem QCF-Flansch-
system, stellen nur zwei Beispiele der
wesentlich umfangreicheren Anwen-
dungsgebiete dar. Moderne FEM-
Softwaresysteme bieten neben der Be-
rechnung reiner strukturmechanischer
Fragestellungen auch Möglichkeiten
zur Betrachtung weiterer physikali-
scher Zusammenhänge. So kann mit
den heute gängigen FEM-Programmen
beispielsweise standardmäßig die Tem-
peraturverteilung in mechanischen Sys-
temen bei Wärmeeintrag bestimmt wer-
den, was weitere Optimierungsschritte
von Vakuumkammern bezüglich des
thermischen Designs ermöglicht. In ge-
koppelten Simulationen können gleich-
zeitig Temperaturverteilung und die
durch Wärmeeintrag hervorgerufenen
Deformationen ermittelt werden.
Die Anwendung von FEM-Simu-
lationen in der Konstruktionsphase
kann darüber hinaus auch völlig neue
Anwendungsfelder erschließen. So ist
es beispielsweise möglich, Vakuumbe-
hälter und komponenten für optische
Anwendungen derart zu designen, dass
die notwendigen optischen Parame-
ter schon während der Konstruktions-
phase des Bauteils berücksichtigt wer-
den [10]. Unzulässige Deformationen
an mechanischen Schnittstellen zu op-
tischen Komponenten sowohl inner- als
auch außerhalb des Behälters können
so im Vorfeld auf einen für die Anwen-
dung unkritischen Wert reduziert wer-
den.
Der Einsatz alternativer Werkstoffe
für verschiedenste Vakuumkomponen-
ten kann durch einen FEM-basierten
Entwicklungsansatz frühzeitig hinsicht-
lich der grundsätzlichen Eignung und
der späteren Einsatzbedingungen der
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vakuumtechnologie
Werkstoffe untersucht werden. Dem
Entwickler ermöglicht das, zunächst
ohne praktische Einschränkungen, ei-
nen theoriegetriebenen Lösungsansatz
für gegebene Aufgabenstellungen zu
verfolgen. Anhand der theoretisch er-
mittelten, notwendigen mechanischen
Eigenschaften kann dann die Auswahl
eines geeigneten Werkstoffs für die je-
weilige Komponente erfolgen.
Die Verwendung numerischer Lö-
sungsverfahren wie der Finiten Ele-
mente Methode beschränkt sich bei der
Technologieentwicklung nicht nur auf
mechanische Fragestellungen. Es exis-
tieren ebenso Werkzeuge, die theoreti-
sche Untersuchungen zum Beispiel auf
dem Gebiet des Elektromagnetismus
ermöglichen. Sie erlauben beispiels-
weise die Simulation der Flugbahnen
geladener Teilchen innerhalb eines Va-
kuummeters und ermöglichen so die
Weiterentwicklung und Optimierung
von Sensoren für die Vakuummesstech-
nik [11, 12].
[1] K.-H. Grote und J. Feldhusen: Dubbel Taschenbuch für
den Maschinenbau, Springer-Verlag
[2] K. Jousten: Wutz Handbuch Vakuumtechnik, Vieweg+
Teubner Verlag
[3] O. Posth, H.Wunderlich, M. Flämmich, U. Bergner:
Reinigung von Vakuumbauteilen für UHV- und UCV-
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www.vip-journal.de Vol. 25  Nr. 3   Juni 2013 ViP 25