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© Pardey
Zunächst sind die internen Blitze allesamt ziemlich schwach. Sie hellen perfekt
ein Porträt im Gegenlicht auf und leuchten den abendlichen Restauranttisch
angenehm dezent aus. Aber mit den Sportsfreunden, die tapfer aus dem
Prismengiebel ihrer Spiegelreflex in eine schlecht beleuchtete Turnhalle oder
einen Ballsaal hineinfeuern, kann man nur Mitleid haben. Machen wir das, was
vor Zeiten zu jeder gelungenen Blitzaufnahme gehörte - rechnen wir ein wenig:
Ein durchschnittlicher interner Kamerablitz mag etwa die Leitzahl 12 bezogen auf
eine Empfindlichkeit von ISO 100 haben. Die Leitzahl ist das Produkt aus Blende
und Motiventfernung, oder umgekehrt: Leitzahl durch Blende ergibt, wie weit der
Blitz leuchtet. 12 durch 5,6: na, vielleicht 2,20 Meter. Auf dem Turnhallenbild
werden also gut beleuchtete Zuschauerköpfe in der Nähe vor der dunklen Tiefe
des Raumes zu sehen sein.
Der sehr populäre Mecablitz 58 AF-2 digital des führenden deutschen Herstellers
Metz (auf die Kameraelektronik spezialisiert zu haben für Canon, Nikon/Fujifilm,
Pentax, Sony und Four-Thirds-Kameras von Olympus, Panasonic und Leica) oder
ein Speedlite 580 EX II von Canon als herstellereigenes Pendant haben eine
Leitzahl von 58. Noch mal rechnen: 10,35 Meter, das ist schon eine andere
Reichweite. Vorsicht: Angaben der Leitzahl werden gelegentlich geschönt durch
eine andere Bezugsgröße als ISO 100. Um wirklich vergleichbar zu sein, wird
noch noch der Winkel der Ausleuchtung in Brennweiten-Millimeter genannt. Also:
Leitzahl 58 bei ISO 100 und 105 Millimeter.
Zum Thema
Dafür ist der eingebaute Blitz der Kamera aber immer ein „Systemblitz“: Dieser
Begriff bezeichnet jedoch die externen Geräte, die mit der Elektronik der Kamera
kommunizieren können, um beispielsweise zu erfahren, welche Brennweite am
Objektiv eingestellt wurde, und dementsprechend den eigenen Zoom-Reflektor in
Position zu bringen, damit der Ausleuchtungswinkel passt. Wie umfassend die
Informations- und Steuerungsmöglichkeiten sind, ist von Hersteller zu Hersteller
verschieden. Ein richtiges System entsteht mit mehreren Blitzgeräten, die,
hierarchisch in „Master“ und „Slave“ unterschieden, eine von der Kamera
(und/oder vom „Master“ der Blitzgerätegruppe) kommende Befehlskette an die
untergeordneten Leuchtkörper weiterreichen.
Dabei kann man Blitzgeräte der besseren Art wie das 58 AF-2 zu verschiedenen
Gruppen zusammenfassen, die auf unterschiedlichen Kanälen miteinander
kommunizieren. Einerseits ist das erforderlich, damit sich mehrere in der Nähe
operierende Remote-Gruppen nicht gegenseitig stören. Andererseits lässt sich so
- mit einem nicht unbeträchtlichen Aufwand - echte Lichtregie führen.
Dabei sitzt allenfalls ein Systemblitz auf oder besser an der Kamera: Der zweite
und dritte bis n-te sind im Raum verteilt - ein bisschen dramatisierend wird von
„entfesseltem Blitzen“ gesprochen. Es geht vor allem darum, das Licht gezielt zu
führen, die richtige Menge aus der richtigen Richtung auf das Motiv fallen zu
lassen, um den gewünschten Bildeindruck zu erzielen. Statt zu jedem einzelnen
Blitzgerät im Raum hingehen zu müssen, um es einzustellen und ein- oder
auszuschalten, kommandiert man Einstellungen vom Master aus und wechselt
zwischen verschiedenen Beleuchtungen - bei höherer Zahl von Sklaven - durch
Wechsel der Gruppe.
Wenn da nun eine Sklavenschar - im Falle der obigen Fotos des Götterboten
Hermes arbeitete der Master zunächst allein und bekam dann zwei Knechte zur
Seite gestellt - im üblichen TTL-Betrieb blitzt, ist einiges im Millisekundenbereich
los vor der eigentlichen Aufnahme: TTL heißt „Through the lens“, auf diesem Weg
misst die Kamera die Belichtung. Dafür werden die Sklaven durch den Chef-Blitz
erst einmal in Bereitschaft versetzt, dann schickt der Master seinen - praktisch
nicht zu sehenden - Messblitz los, die Sklaven tun ihrerseits desgleichen, die
Kamera misst und übermittelt die nötigen Einstellungen an den Chef-Blitz, der
instruiert seine Knechte - und Aufnahme mit der befohlenen Lichtmenge, sprich
Leuchtdauer. Dauer des Vorspiels etwa bei Nikons „i-TTL“ und „Advanced
Wireless Lighting“: rund 200 Millisekunden.
Lichtquelle von unten links
Was ein rechter Systemblitz ist, der kann noch eine Menge mehr, als bloß Master
oder Slave im TTL-Betrieb sein. Der Mecablitz 58 AF-2 hat zum Beispiel einen
zweiten Reflektor, der Frontal-Licht liefert, wenn der Hauptreflektor zur Decke
gerichtet ist. Er kann Stroboskop-Blitze zucken lassen, lässt sich natürlich auf den
ersten und zweiten Verschlussvorhang synchronisieren und manuell in 25 Teil-
Lichtleistungsstufen schalten. Und er kann dazulernen: Für Anpassungen der
Firmware hat er eine USB-Buchse.
Text: F.A.Z.
Bildmaterial: Pardey