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SICHER IS ( S ) T

SICHER

Interaktionen zwischen
Arzneimitteln und Lebensmitteln
Eine Information für das Apothekenteam zum Tag der Apotheke 2014
INHALTSVERZEICHNIS I. EINLEITUNG

I. Einleitung.................................................................................... 3 Die Wirkung von Arzneimitteln kann durch gleichzeitige Nahrungs­


aufnahme verstärkt oder abgeschwächt werden oder es können
II. Mechanismen der Interaktionen zwischen unerwünschte Wirkungen auftreten. Der Wirkeintritt kann be­
Arznei- und Nahrungs­mitteln.................................................... 4 schleunigt oder verzögert sein. Art und Umfang des Nahrungs­
einflusses auf die Arzneimittelwirkung hängen von der chemischen
III. Vor, zum oder nach dem Essen – Allgemeine Struktur des Arzneistoffes und seiner Darreichungsform sowie
Einnahmehinweise in Bezug zur Nahrungsaufnahme............... 6 von der Zusammensetzung und dem zeitlichen Abstand zur
Mahlzeit ab.
IV. Übersicht über spezifische Interaktionen zwischen
Arznei- und Nahrungsmitteln.................................................... 9 Oft lassen sich Interaktionen zwischen Arzneimitteln und Nah­
rungsmitteln schon durch einfache Maßnahmen effektiv vermeiden.
Klinisch relevante Interaktionen ........................................ 10 So reicht es häufig aus, den richtigen zeitlichen Abstand zwischen
der Arzneimittel­einnahme und einer Mahlzeit einzuhalten. Zum Teil
Alkohol.......................................................................... 20 sollte auf das interagierende Nahrungsmittel bzw. den Nahrungs­
bestandteil aber ganz verzichtet werden.
Tabakrauch................................................................... 24
Informationen zu Interaktionen mit Nahrungsmitteln und zu Ein­
Interaktionen ohne, mit geringer oder unklarer Relevanz... 26 nahmezeitpunkten sind somit wichtiger Bestandteil der Patienten­
beratung. Diese Broschüre möchte das Apothekenteam hierbei
Impressum.................................................................................. 30 unterstützen.

In dieser Broschüre geben wir einen Überblick über Interaktionen


zwischen Arznei- und Nahrungsmitteln. Relevante Interaktionen,
die eine Beratung des Patienten erfordern, werden mit Beratungs­
hinweisen erläutert. Häufig diskutierte Interaktionen ohne oder mit
unklarer Relevanz sind zur Einordnung der Bedeutung ebenfalls
aufgeführt. Hinweise zum richtigen Einnahmezeitpunkt in Bezug
auf die Nahrungsaufnahme vervollständigen den Überblick zu
dieser Thematik. Ein Literaturverzeichnis finden Sie online unter
www.abda.de.

Zusammengestellt wurde diese Broschüre im April 2014 durch


den Geschäftsbereich Arzneimittel der ABDA und die Arzneimittel­
kommission der Deutschen Apotheker (AMK).

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II. MECHANISMEN DER INTERAK TIONEN und Tee und mit Calciumionen in Milchprodukten und Mineral-
ZWISCHEN ARZNEI- UND NAHRUNGS­ wässern auf. Hier ist ein zeitlicher Abstand zwischen der Einnahme
MIT TELN von Arznei- und Nahrungsmitteln zur Vermeidung der Interaktion
notwendig. Die Aufnahme einiger Arzneimittel in die Dünndarm­
Die Bandbreite der möglichen Wechselwirkungen mit Nahrungs- wand ist an das Vorkommen spezifischer Aufnahmetransporter
mitteln reicht von leichten Resorptionsverzögerungen über gekoppelt, die den Transport in das Zellinnere steuern. Ähnlich
Wirkungsverlust bis zum Auftreten von schweren Nebenwirkungen. wie bei den metabolisierenden Enzymen können Transport-
Bei den Mechanismen unterscheidet man pharmakokinetische proteine inhibitiert oder induziert werden. Sowohl Induktion als
und pharmakodynamische Interaktionen. Beide Ebenen spielen auch Inhibition haben einen Einfluss auf die Resorption der
auch bei Interaktionen mit Nahrungsmitteln eine Rolle. betroffenen Arzneistoffe. Nicht nur Arzneimittel, sondern auch
Nahrungsbestandteile wie Inhaltsstoffe von Fruchtsäften können
diese Transporter induzieren bzw. hemmen.
Pharmakokinetische Interaktionen
Pharmakokinetische Interaktionen betreffen die Freisetzung,
Resorption, Verteilung, Metabolismus und Ausscheidung von Folgenden in dieser Broschüre genannten Interaktionen liegt eine
Wirkstoffen. Als Resultat können der Zeitpunkt des Wirkeintritts, Veränderung bei der Freisetzung und Resorption zugrunde:
die Wirkdauer sowie die Wirkstärke verändert sein oder Neben-
wirkungen auftreten. Die Zusammensetzung der Nahrung wie auch »» Calcium-haltige Nahrungsmittel und Bisphosphonate, einige
der Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme beeinflussen vor allem die Antibiotika und Schilddrüsenhormone (Seite 10)
Freisetzung und Resorption, zum Teil auch die Metabolisierung von »» Fruchtsäfte und einige Antihypertensiva und Fexofenadin (Seite 13)
Arzneistoffen. »» Gerbstoffe und Eisen (Seite 14)
»» Gerbstoffe und Neuroleptika (Seite 27)
Interaktionen bei der Freisetzung und Resorption »» Grüner Tee und Nadolol (Seite 28)
Die meisten Arzneimittel werden per os eingenommen und über die
Schleimhäute des Gastrointestinaltrakts resorbiert. Die Freisetzung Interaktionen bei der Metabolisierung
eines Arzneistoffs aus der Arzneiform hängt zum einen von seiner Die chemischen Veränderungen, denen der Wirkstoff auf seinem
Galenik und seiner Löslichkeit, zum anderen von den physiologischen Weg durch den Körper bis hin zur Ausscheidung unterworfen ist,
Lösungs- bzw. Freisetzungsbedingungen im Gastrointestinaltrakt nennt man Metabolismus oder Biotransformation. Der Großteil der
wie pH-Wert, Magen- und Darmpassagezeit und Magenfüllung ab. Metabolisierung läuft über Enzyme der Leber und der Darmwand.
Häufig sind Cytochrom-P450-(CYP) Enzyme an der Metabolisierung
beteiligt. Interaktionen können dann auftreten, wenn ein Substrat
Die Freisetzung und Resorption eines Arzneistoffs durch Nahrung
zusammen mit einem Inhibitor bzw. Induktor des jeweiligen
wird insbesondere durch folgende Effekte beeinflusst:
CYP-Enzyms gegeben wird. Auch eine Konkurrenz um die
Enzymbindungsstelle kann zu einer Interaktion führen.
»» Verzögerung der Magenentleerung
»» Erhöhung des pH-Wertes des Magensaftes Bei Hemmung von Cytochrom-P450-Enzymen kann es zu einer
»» Komplexbildung und Adsorptionseffekte Verlängerung der Halbwertszeit, erhöhten Plasmakonzentrationen
»» Beeinflussung von Transportproteinen sowie verstärkten Nebenwirkungen kommen. Die Ursache der
»» vermehrte Gallesekretion. Enzyminhibition ist häufig eine kompetitive Hemmung des Abbaus.
Der Mechanismus der Enzyminduktion beruht in den meisten Fällen
Der empfohlene Einnahmezeitpunkt eines Arzneimittels in Bezug
auf einer vermehrten Bildung von Enzymen. Als Folge kann es zu
auf eine Mahlzeit ergibt sich vor allem aus dem Einfluss von Ma­
einer Verringerung der Plasmakonzentration und damit zu einer
gen-pH, Galleproduktion und Füllungszustand des Magens auf die
verminderten Wirkung kommen. Neben dem vermehrten Abbau
Freisetzung und Resorption von Arzneimitteln (siehe III, Seite 6).
der Arzneistoffe kann eine Induktion auch zu einer vermehrten
Komplexbildung, Adsorptionseffekte sowie eine Beeinflussung von
Überführung eines Prodrugs in die eigentliche Wirkform führen.
Transportproteinen sind meist auf bestimmte Nahrungsbestandtei­
Hierbei kann es zu einer Verstärkung der Wirkung kommen.
le zurückzuführen. Hier muss zum Teil ganz auf diese Nahrungs-
bestandteile verzichtet werden oder es ist ein zeitlicher Abstand
zu diesem Nahrungsbestandteil einzuhalten. Komplexbildung und Folgenden in dieser Broschüre genannten Interaktionen liegt eine
Adsorptionseffekte treten zum Beispiel mit Gerbstoffen in Kaffee Veränderung bei der Metabolisierung zugrunde:

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»» Alkohol und verschiedene Arzneistoffe (Seite 20) Arzneistoffs durch den Kontakt mit Nahrung beeinträchtigt. Bei
»» Koffein und Clozapin (Seite 11) Arzneimitteln, die schnell wirken sollen, ist daher häufig eine nüchterne
»» Koffein und Gyrasehemmer (Seite 12) Einnahme sinnvoll. Beispiele für nüchtern einzunehmende Arznei­
»» Grapefruitsaft und verschiedene CYP3A4 Substrate (Seite 16) stoffe sind das Antibiotikum Phenoxymethylpenicillin, Schilddrüs­
»» Rauchen und verschiedene Arzneistoffe (Seite 24) enhormone oder das Diuretikum Furosemid. Eine Einnahme zum
»» Grillgerichte und Theophyllin sowie weitere Arzneistoffe (Seite 29) Essen oder nach dem Essen ist besonders wichtig, wenn die Arz­
»» Cranberry und Vitamin K-Antagonisten (Seite 26) neimittel dadurch besser verträglich sind. Beispiele hierfür sind das
Antidiabetikum Metformin, das Antibiotikum Nitrofurantoin oder
Pharmakodynamische Interaktionen das Antidepressivum Venlafaxin. Durch die Einnahme mit Nahrung
Pharmakodynamische Interaktionen sind durch Änderung von kann insbesondere bei lipophilen Arzneistoffen die Resorption
Wirkung oder Nebenwirkung gekennzeichnet, ohne jedoch zu einer optimiert werden. Dies erklärt, warum das Retinoid Isotretinoin und
wesentlichen Änderung der Plasmaspiegel zu führen. Sie können das Antimalariamittel Atovaquon zum Essen und das Parkinson-
auftreten, wenn sich Arzneistoffe und Nahrungsbestandteil durch Therapeutikum Selegillin direkt nach dem Essen eingenommen
Wechselwirkungen an einem Rezeptor, an einem Erfolgsorgan werden sollen.
oder in physiologischen Regelkreisen in ihrer Wirkung verstärken
oder abschwächen. Pharmakodynamische Interaktionen treten bei Auch die Pharmakologie kann den Einnahmezeitpunkt bestimmen.
Nahrungsmitteln eher selten auf. Für eine optimale pharmakologische Wirkung im Darm werden
Arzneistoffe wie Acarbose oder Orlistat, die die Resorption von
Folgenden Interaktionen der Broschüre liegt eine pharmakodynamische Nahrungsbestandteilen hemmen, idealerweise unmittelbar vor oder
Interaktion zugrunde: zum Essen eingenommen.

»» Alkohol und verschiedene Arzneistoffe (Seite 20) Sonderfall Magensaftresistenz


»» Goji-Beeren und Vitamin K-Antagonisten (Seite 15) Aufgrund ihrer Größe bleiben magensaftresistent überzogene,
»» Lakritze und Antihypertensiva, insbesondere kaliuretische monolithische Arzneiformen längere Zeit im gefüllten Magen.
Diuretika (Seite 17) Dies verzögert den Wirkungseintritt und kann bei gleichzeitiger
»» Rauchen und hormonelle Kontrazeptiva (Seite 24) Nahrungsaufnahme aufgrund der Erhöhung des Magen-pH-Wertes
»» Tyramin-haltige Nahrungsmittel und MAO-Hemmer (Seite 18) einen unerwünschten Zerfall im Magen provozieren. Teilchen über
»» Vitamin K-haltige Nahrungsmittel und Vitamin K-Antagonisten 2 mm können erst dann in den Darm abgegeben werden, wenn
(Seite 19) der Magen leer ist oder wenn der restliche Inhalt in den Dünndarm
abgegeben wird. Da im nüchternen Zustand kräftige Kontraktionen
III. VOR, ZUM ODER NACH DEM ESSEN – des Magens in größerem zeitlichen Abstand auftreten, sollten
ALLGEMEINE EINNAHMEHINWEISE IN magensaftresistente, monolithische Arzneiformen mindestens
BEZUG ZUR NAHRUNGSAUFNAHME eine Stunde, besser jedoch zwei Stunden vor einer Mahlzeit
eingenommen werden.
Aufgrund der unterschiedlichen Effekte durch Nahrungsmittel gibt
es Arzneimittel, die nüchtern, vor dem Essen, zum Essen oder Für Parkinson-Therapeutika mit dem Wirkstoff Levodopa wurde
nach dem Essen eingenommen werden müssen. Die Angaben zu gezeigt, dass die Wirksamkeit durch die gleichzeitige Einnahme mit
Einnahmezeitpunkten im Beipackzettel sind für Patienten häufig eiweißreicher Kost (Fisch, Fleisch, Milchprodukte) vermindert sein
schwer verständlich (siehe Seite 8). Daher benötigen sie eine ent­ kann. Der Grund liegt in der strukturellen Ähnlichkeit von L-Dopa
sprechende Beratung hierzu in der Apotheke. Grundsätzlich sollten mit den Aminosäuren als Bestandteil der Proteine, wodurch es
Arzneimittel möglichst bei aufgerichtetem Oberkörper mit Leitungs­ zu Konkurrenz an Transportern im Magen-Darm-Trakt und an der
wasser (200 ml, d.h. etwa ein Glas) eingenommen werden, da so Blut-Hirn-Schranke kommt. Die Folge sind verringerte Blutspiegel,
ein Anhaften der Arzneiform in der Speiseröhre mit der Gefahr von Wirkungsschwankungen oder auch Wirkungsverlust. Die Einnah­
Ulzerationen vermieden werden kann. mehinweise, die auch in der Patientenleitlinie des Berufsverban­
des Deutscher Neurologen und der deutschen Gesellschaft für
Nahrung verzögert die Magenentleerung und kann dadurch den Neurologie formuliert sind, lauten daher, L-Dopa mit ausreichend
Wirkeintritt von Arzneistoffen verzögern. Durch Komplexbildung Abstand zu Mahlzeiten einzunehmen, das heißt mind. ½ Stunde
bzw. Bindung an Nahrungsbestandteile kann zudem die Resorp­ vor oder 2 Stunden nach dem Essen. Manchmal kann auch eine
tion vermindert sein. In anderen Fällen wird die Stabilität des eiweißarme Diät die Wirkung von L-Dopa verstärken.

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Häufige Hinweise zu Einnahmezeitpunkten in Beipackzetteln IV. ÜBERSICHT ÜBER SPEZIFISCHE
INTERAK TIONEN ZWISCHEN ARZNEI-
»» Unabhängig von den Mahlzeiten UND NAHRUNGSMIT TELN
(z. B . Clopidogrel, Torasemid)
Die Einnahme kann entweder vor, zu oder nach dem Essen Die Apotheke ist der Ort, an dem alle Arzneimittel, die ein Patient
erfolgen. anwendet, durch Speicherung der Daten in der Patientendatei
zusammen erfasst werden können. Daher sind Apotheken beson­
»» Nüchtern ders dafür geeignet, potenziell relevante Interaktionen zu erkennen
(z. B . Furosemid, Phenoxymethylpenicillin) sowie den Patienten und gegebenenfalls den Arzt darüber zu
Die Einnahme sollte mindestens 30, besser 60 Minuten vor informieren.
dem Essen oder frühestens 2, besser 3 Stunden nach dem
Essen erfolgen.
Im folgenden Teil sind spezifische Interaktionen eines Arzneistoffs
bzw. einer Arzneistoffgruppe mit einem Nahrungsmittel bzw. einem
»» Vor einer Mahlzeit Nahrungsbestandteil aufgeführt. Die aufgeführten Interaktionen
(z. B . Glibenclamid, Atenolol, Sotalol)
wurden zur einfacheren Einordung für die Beratung den folgenden
Das Arzneimittel sollte bei dieser Angabe meist 30 (z. B. Gli­
Kategorien zugeordnet:
benclamid) bis 60 Minuten (z. B. Atenolol und Sotalol) vor dem
Essen eingenommen werden, zum Teil wird eine Zeitangabe
in den Beipackzetteln explizit aufgeführt z. B. bei Repaglinid: Kategorie 1 Klinisch relevante Interaktion
15 min. Beratung bei Erstverordnung bzw.
Erstabgabe erforderlich

»» Mit der Mahlzeit Kategorie 2 Interaktion ohne, mit geringer oder


(z. B . Cefpodoximproxetil, Haloperidol) unklarer Relevanz
Bei dieser Angabe ist das Medikament während des Essens Nach aktueller Datenlage kein standardisierter
oder kurz nach dem Essen einzunehmen. Hinweis bei Erstverordnung bzw. Erstabgabe
erforderlich
»» Nach einer Mahlzeit
(z. B . Selegilin und Moclobemid direkt nach dem Essen)
Klinisch relevante Interaktionen, bei denen eine Beratung bei
Direkt nach der Mahlzeit oder mit größerem Abstand, wenn mit
Erstverordnung bzw. Erstabgabe erforderlich ist, werden mit den
einer präzisen Zeitangabe verknüpft, z. B. „zwei Stunden nach
entsprechenden Beratungshinweisen erläutert. Häufig diskutierte
dem Essen“
Interaktionen ohne oder mit unklarer Relevanz sind ergänzend zur
Einordnung der Bedeutung aufgeführt. Nicht berücksichtigt wur­
den Interaktionen mit Nahrungsergänzungsmitteln und Arzneimit­
teln der traditionellen chinesischen Medizin (TCM).

Der Interaktions-Check mithilfe der ABDA-Datenbank ist das


wichtigste Instrument, um potenziell relevante Interaktionen zu
erkennen. In der ABDA-Datenbank sind zum einen Monographien
zu Interaktionen zwischen verschiedenen Arzneimitteln und zum
anderen zwischen Arzneimitteln und Lebens- oder Genussmitteln
aufgeführt. Daher werden mithilfe der ABDA-Datenbank nicht nur
Interaktionen zwischen Arzneimitteln, sondern auch Interaktionen
zwischen Arznei- und Nahrungsmitteln von der Apotheken-Soft­
ware angezeigt. Die Klassifikation einer Interaktion in der ABDA-
Datenbank ist zur besseren Einordnung mit aufgeführt.

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Kategorie 1:
Klinisch relevant, Hinweis bei Erstverordnung
bzw. Erstabgabe notwendig

Nahrungsmittel Arzneistoff / Arzneistoffgruppe Nahrungsmittel Arzneistoff / Arzneistoffgruppe

Calcium-haltige Nahrungsmittel: Bisphosphonate wie Alendronat; Koffein-haltige Lebensmittel: Clozapin (atyp. Neuroleptikum)
Milch und Milchprodukte, Gyrasehemmer: Ciprofloxacin Kaffee, Tee, Cola, Mate,
Calcium-angereicherte Frucht­ und Norfloxacin; Energy Drinks, größere Mengen
säfte und einige Calcium-reiche ­Schilddrüsen­hormone wie Bitterschokolade
Mineralwässer ­Levothyroxin;
Tetracycline wie Doxycyclin

Klassifikation Vorsichtshalber überwachen


ABDA-
Klassifikation Überwachung bzw. Anpassung notwendig Datenbank
ABDA-
Datenbank Mechanismus Die Metabolisierung von Koffein und Clozapin er­
folgt über CYP1A2. Koffein selbst wirkt zudem als
Mechanismus Calciumionen bilden mit den Arzneistoffen der oben schwacher CYP1A2-Inhibitor. Hierdurch kann der
aufgeführten Arzneistoffgruppen schwer resorbier­ Clozapin-Plasma­spiegel erhöht werden. Nach 5
bare Komplexe. Als Folge der Komplexbildung kann Tagen Koffein­karenz kann der Clozapin-Plasma­
es zu einer verminderten Resorption des Wirkstoffs spiegel aufgrund der nicht mehr vorhandenen
kommen. Bei den Gyrasehemmern ist eine klinisch Enzyminhibition laut Fachinformation um etwa
relevante Komplexbildung mit Calciumionen nur für 50% sinken.
Ciprofloxacin und Norfloxacin beschrieben.
Effekt Koffein kann die Wirkung und Nebenwirkungen
von Clozapin verstärken. Bei einer Koffeinkarenz
Effekt Eine verminderte Resorption kann eine Beeinträch­ nach längerem Koffeinkonsum kann dagegen
tigung der Wirkung in klinisch relevantem Ausmaß eine verminderte Wirksamkeit auftreten.
nach sich ziehen. Folgen dieser Interaktion können
sein: Schilddrüsenhormone: Symptome einer
Fazit
Hypothyreose wie Müdigkeit, Gewichtszunahme
und Kälteintoleranz. Bisphosphonate: Je nach Ein­ »» Vorsichtshalber sollten Patienten während der Clozapin-Therapie auf
satzgebiet zum Beispiel verminderte Knochendichte konstanten Koffeinkonsum achten, um Schwankungen des Clozapin­
und Hypercalciämie. Gyrasehemmer und Tetracy- spiegels zu vermeiden.
cline: Verminderte anti­mikrobielle Wirksamkeit und »» Abrupte Veränderungen des Koffeinkonsums sollten
damit Therapieversagen Patienten im Vorfeld mit dem behandelnden Arzt abstimmen, da eine
Dosisanpassung notwendig werden kann.

Fazit

»» Die aufgeführten Arzneistoffe dürfen nicht zusammen mit Milch, Milch­


produkten oder anderen Calcium-reichen Nahrungsmitteln eingenom­
men werden. Der Abstand zu Calcium-reichen Nahrungsmitteln sollte
mindestens 2 bis 3 Stunden betragen.
»» Da auch Mineralwässer erhebliche Mengen an Calcium- und Magnesiu­
mionen enthalten können, sollten diese Arzneistoffe mit Leitungswasser
eingenommen werden.
»» Levothyroxin wird 30 bis 60 Minuten vor dem Frühstück eingenommen.
Der regelmäßige Verzehr von Milchprodukten beim Frühstück ist auf­
grund der regelmäßigen Überprüfung und der Dosierung der Schilddrüs­
enwerte nach dem TSH-Blutspiegel unproblematisch.

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Kategorie 1:
Klinisch relevant, Hinweis bei Erstverordnung
bzw. Erstabgabe notwendig

Nahrungsmittel Arzneistoff/Arzneistoffgruppe Nahrungsmittel Arzneistoff/Arzneistoffgruppe

Koffein-haltige Lebensmittel: Gyrasehemmer: Enoxacin, unter Fruchtsäfte (Apfel-, Orange-, Aliskiren, Celiprolol, Atenolol
Kaffee, Tee, Cola, Mate, bestimmten Voraussetzungen Grapefruitsaft (siehe hierzu auch (Antihypertensiva), Fexofenadin,
Energy Drinks, größere Mengen auch Ciprofloxacin und Interaktionen mit Grapefruit)) Bilastin (H1-Antihistaminika)
Bitterschokolade Norfloxacin

Klassifikation Gleichzeitige Anwendung nicht empfohlen Klassifikation Gleichzeitige Anwendung nicht empfohlen
ABDA- ABDA-
Datenbank Datenbank

Mechanismus Die Metabolisierung von Koffein erfolgt über Mechanismus Die Resorption von Arzneistoffen aus dem Darm
CYP1A2. Einige Gyrasehemmer hemmen CYP1A2. erfolgt in einigen Fällen über aktive Transporter.
Am stärksten interagiert Enoxacin, gefolgt von Cipro­ Hierzu gehören die Organischen-Anionen-Trans­
floxacin und Norfloxacin. Die übrigen Gyrasehemmer porter-Peptide (OATPs). Inhaltsstoffe von Oran­
scheinen nicht zu interagieren. gen-, Apfel- und Grapefruitsaft können OATPs in­
hibieren und so die Resorption von Arzneistoffen
Effekt Die Folge der Wirkverstärkung von Koffein sind vermindern. Gegenwärtig liegen nur für wenige
Erregung, Unruhe, Schlaflosigkeit, Herzklopfen und Arzneistoffe Erkenntnisse aus klinischen Studien
Halluzinationen. zur Bedeutung und dem Ausmaß dieser Wech­
selwirkung vor. Die Dauer der OATP-Inhibition ist
nicht eindeutig geklärt, mit einer Hemmung über
Fazit 2 bis 4 Stunden muss jedoch gerechnet werden.

»» Während der Behandlung mit Enoxacin sollte auf koffeinhaltige


Nahrungsmittel verzichtet werden. Effekt Apfel-, Orangen-, Grapefruitsaft können die
»» Patienten mit Krampfanfällen oder Herzrhythmusstörungen in der Anam­ Wirkung der aufgeführten Arzneistoffe beein­
nese sollten vorsichtshalber auch während der Behandlung mit Cipro- trächtigen.
und Norfloxacin auf Koffeinkonsum verzichten.

Fazit

»» Fruchtsäfte können durch die Inhibition von OATPs die Resorption von
Arzneistoffen vermindern und die Wirkung beeinträchtigen.
»» Bisher wurde nur für eine kleine Zahl an Arznei­stoffen eine klinische
relevante Resorptions­verminderung festgestellt.
»» Die Einnahme der aufgeführten Arzneimittel sollte mit Leitungswasser
mindestens 30, besser 60 Minuten vor dem Genuss von Fruchtsäften
erfolgen.

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Kategorie 1:
Klinisch relevant, Hinweis bei Erstverordnung
bzw. Erstabgabe notwendig

Nahrungsmittel Arzneistoff/Arzneistoffgruppe Nahrungsmittel Arzneistoff/Arzneistoffgruppe

Gerbstoffe Eisenpräparate Goji-Beeren (Bocksdornfrüchte, Vitamin K-Antagonisten


(u.a. enthalten in Kaffee, Tee) Lycium barbarum) und deren (Phenprocoumon, Warfarin)
Zubereitungen

Klassifikation Schwerwiegende Folgen möglich –


Klassifikation Überwachung bzw. Anpassung nötig ABDA- vorsichtshalber kontraindiziert
ABDA- Datenbank
Datenbank
Mechanismus Der Mechanismus ist nicht bekannt. Additive
Mechanismus Die in schwarzem Tee und Kaffee enthaltenen blutgerinnungshemmende Effekte oder eine
Gerbstoffe (Tannine) bilden wahrscheinlich mit Hemmung des Metabolismus der Vitamin K-Ant­
Eisensalzen schwerlösliche Komplexe und vermin­ agonisten kommen in Frage.
dern so die Eisenresorption.
Effekt Wenige Tage nach Genuss von Goji-Beeren
Effekt Durch die verringerte Resorption von oral einge­ kann es während der Behandlung mit Warfarin
nommenem Eisen kann der Eisenmangel mögli­ bzw. Phenprocoumon zu einer Verlängerung
cherweise nicht in gewünschtem Maße ausgegli­ der Prothrombinzeit (Erhöhung der INR) und zu
chen werden. Die unspezifischen Symptome einer Blutungskomplikationen kommen.
Eisenmangelanämie sind z. B. Müdigkeit, Appetitlo­
sigkeit, blasse Haut, Schwindel, Kopfschmerzen.
Fazit

Fazit
»» Wegen der ihnen zugesagten gesundheitsfördernden Effekte wie „Stär­
kung des Immunsystems und Hemmung des Alterungsprozesses“ wer­
»» Empfohlen wird die nüchterne Einnahme von Eisenpräparaten mit Lei­ den Goji-Beeren zunehmend in Deutschland vermarktet, zum Beispiel
tungswasser oder mit sauren Vitamin C-haltigen Fruchtsäften möglichst als Tabletten, Tee, Saft oder Marmelade.
1 Stunde vor dem Frühstück oder zwischen den Mahlzeiten. »» Patienten, die Vitamin K-Antagonisten einnehmen, sollen Zubereitungen
»» Zu Kaffee oder Tee sollte ein 2-stündiger Abstand eingehalten werden. mit Goji-Beeren meiden.
»» Falls Magen-Darm-Probleme auftreten, sollte die Einnahme allerdings
aufgrund der besseren Verträglichkeit zu oder nach den Mahlzeiten
erfolgen.

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Kategorie 1:
Klinisch relevant, Hinweis bei Erstverordnung
bzw. Erstabgabe notwendig

Nahrungsmittel Arzneistoff/Arzneistoffgruppe Nahrungsmittel Arzneistoff/Arzneistoffgruppe

Grapefruit (Citrus CYP3A4-Substrate Lakritze (mit hohem Gehalt an Antihypertensiva, insbesondere


paradisi L.), Früchte Extrakt aus der Süßholzwurzel) kaliuretische Diuretika
und deren Zuberei­ Wirkungsverstärkung: z. B. Calciumantago­
tungen nisten vom Nifedipin-Typ, Cholesterol-Synthe­
se-Enzym-Hemmer (Atorvastatin, Lovavastatin,
Simvastatin), Immunsuppressiva (Ciclosporin, Klassifikation Gleichzeitige Anwendung nicht empfohlen
Tacrolimus, Everolimus und Sirolimus), Ivabra­ ABDA-
din, Ivacaftor, Lomitapid, Ranolazin, Colchicin, Datenbank
Terfenadin
Mechanismus Echte Lakritze enthält einen Extrakt aus Süßholz-
Wirkungsabschwächung: OATP-Substrate:
wurzel (Liquiritiae radix), der relevante Mengen
Aliskiren, Bilastin, Fexofenadin, Celiprolol (evtl.
Glycyrrhizinsäure beinhaltet. Glycyrrhizinsäure
Atenolol); Bioaktivierung durch CYP3A4: Cylo­
hat eine indirekte mineralocorticoide Wirkung,
phosphamid, Ifosfamid
die durch Hemmung des Enzyms 11β-Hydroxy­
steroid-Dehydrogenase (11β-HSD) hervorgerufen
wird. Als Folge kann es zu einem erhöhten renalen
Klassifikation Die Klassifikation von Grapefruit-Interaktionen hängt Verlust an Kalium, einer verstärkten renalen
ABDA- von der therapeutischen Breite und der Schwere der Rückresorption von Kochsalz und Wasser sowie
Datenbank unerwünschten Wirkungen des jeweils betroffenen einem sich daraus ergebenden Blutdruckanstieg
CYP3A4-Substrats ab. kommen.

Mechanismus Grapefruit-Inhaltsstoffe (Naringenin, 6',7'-Dihydroxyber­ Effekt Durch Lakritze kann insbesondere in Kombinati­
gamottin) hemmen irreversibel CYP3A4 in der Darmwand. on mit kaliuretischen Diuretika eine Hypokaliämie
Hierdurch reduziert sich der First-Pass-Metabolismus von hervorgerufen werden. Symptome der Hypo-
Arzneistoffen, die Substrat dieses intestinalen Enzyms kaliämie (Serum-Konzentration <3,5 mmol/l) sind
sind. Als Konsequenz können die Plasmaspiegel der Muskelschwäche, Hyporeflexie, Somnolenz und
betroffenen Substanzen ansteigen und Nebenwirkungen typische EKG-Veränderungen mit der Gefahr
auftreten. Stoffe, die durch CYP3A4 bioaktiviert werden, von Herzrhythmusstörungen. Zudem ist ein
können dadurch weniger wirksam werden. Die Hemmung Blutdruckanstieg möglich.
des intestinalen CYP3A4 beginnt wenige Stunden nach
Einnahme von Grapefruit und kann einige Tage anhalten.
Fazit
Grapefruit-Inhaltsstoffe hemmen außerdem die Organi­
schen-Anionen-Transporter-Peptide (OATP) und damit die »» Der Konsum von Lakritze mit hohem Gehalt an Süßholzwurzelextrakt
Resorption bestimmter Arzneistoffe. kann zu einem relevanten Abfall der Kaliumspiegel und einer Steigerung
des Blutdrucks führen.
Effekt Grapefruit kann die substanzspezifischen Wirkungen vieler
»» Bei Hypertonikern kann der antihypertensive Effekt der Therapie redu­
CYP3A4-Substrate verstärken. Stoffe, die durch CYP3A4 ziert und der kaliuretische Effekt von Diuretika potenziert werden.
bioaktiviert werden, und Substrate des Anionentranspor­
»» Hypertoniker sollten Lakritze nur in Maßen oder gar nicht zu sich neh­
ters OAT2B1 werden in ihrer Wirkung durch Grapefruit men.
beeinträchtigt.

Fazit

»» Während der Behandlung mit den betroffenen Arzneistoffen soll auf den
Konsum von Grapefruits und Grapefruit-Zubereitungen verzichtet werden.
»» Zu Interaktionen mit Pomelo, einer Kreuzung aus Pampelmuse (Citrus ma­
xima) und Grapefruit (Citrus paradisi), liegen nur wenigen Daten vor. Um auf
der sicheren Seite zu sein, sollte auch auf diese Früchte verzichtet werden.
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Kategorie 1:
Klinisch relevant, Hinweis bei Erstverordnung
bzw. Erstabgabe notwendig

Nahrungsmittel Arzneistoff / Arzneistoffgruppe Nahrungsmittel Arzneistoff / Arzneistoffgruppe

Tyramin-haltige Nahrungsmittel: Monoaminoxidase-Hemmer Vitamin K-haltige Nahrungsmittel: Vitamin K-Antagonisten


Tyramin entsteht aus Tyrosin in (MAO-Hemmer): Vitamin K ist in Gemüse wie Blatt­ (Phenprocoumon, Warfarin)
Nahrungsmitteln, die fermentiert, salat, Spinat, Brokkoli und ver­
getrocknet, geräuchert, gepökelt Nicht-selektive MAO-Hemmer: schiedenen Kohlsorten enthalten.
oder über längere Zeit gelagert wer­ Tranylcypromin (Antidepressivum), Eine Liste der Deutschen Herz­
den bzw. überreif oder verdorben Linezolid (Antibiotikum), Procarba­ stiftung mit genauen Angaben zur
sind. Beispiele für Tyramin-reiche zin (Zytostatikum) Vitamin K-Menge in Gemüse und
Nahrungsmittel sind Käse, Salami, Selektive MAO-Hemmer: anderen Lebensmitteln findet sich
alkoholische Getränke sowie Soja- Moclobemid (Antidepressivum), unter: www.herzstiftung.de/pdf/
und anderen Würzsoßen, Suppen­ Rasagilin und Seleglin Vitamin K-in-Gemuese.pdf
würfel und Tütensuppen. (Parkinson-Therapeutika)

Klassifikation Vorsichtshalber überwachen


Klassifikation Nicht-selektive-MAO-Hemmer: Schwerwiegende ABDA-
ABDA- Folgen wahrscheinlich – kontraindiziert Datenbank
Datenbank Selektive MAO-Hemmer: Vorsichtshalber überwachen
Mechanismus Vitamin K wird für die Bildung von Gerinnungsfaktoren
Mechanismus Durch die Hemmung der Monoaminoxidase wird der benötigt. Vitamin K-Antagonisten hemmen die Vitamin
Abbau von Monoaminen (Noradrenalin) in Leber und K-abhängige Carboxylierung von Vorstufen der Gerin­
Darm sowie intraneuronal verhindert. Noradrenalin nungsfaktoren. Eine Vitamin K-reiche Ernährung kann
kann dann nur durch Wiederaufnahme in die präsynap­ die Wirkung der Vitamin K-Antagonisten abschwächen,
tischen Speichervesikel inaktiviert werden, sodass sich da sie als Gegenspieler des Vitamin K bei der Synthese
die Menge des gespeicherten Noradrenalins erhöht. von Gerinnungsfaktoren wirken. Wegen der langen Halb­
Das indirekte Sympathomimetikum Tyramin kann wertszeiten der Gerinnungsfaktoren werden Änderungen
dann große Mengen an Noradrenalin freisetzen. Eine im Vitamin K-Status erst mit Verzögerung manifest.
überschießende sympathomimetische Wirkung ist die
Folge (Cheese-Effekt). Effekt Schwankungen der Blutgerinnung können auftreten,
wenn im Laufe mehrerer Tage im Vergleich zu den Tagen
Effekt Die nicht-selektiven MAO-Hemmer Tranylcypromin zuvor erhöhte oder erniedrigte Mengen an Vitamin K
und Procarbazin: Tyraminreiche Lebensmittel können aufgenommen werden. Die blutgerinnungshemmende
Kopfschmerzen, Fieber, Blutdruckanstieg und hyper­ Wirkung der Vitamin K-Antagonisten kann durch einen
tensive Krisen mit der Gefahr von Hirnblutungen und vermehrten Verzehr von Vitamin K-haltigen Nahrungs­
Organschäden auslösen. Linezolid und Moclobemid: mitteln abgeschwächt werden. Eine ungenügende
Tyraminreiche Lebensmittel können in seltenen Fällen Antikoagulation mit erhöhtem Thromboembolie-Risiko
einen Blutdruckanstieg auslösen. ist möglich. Bei einem reduzierten Verzehr von Vitamin
K-haltigen Nahrungsmitteln kann die blutgerinnungs­
hemmende Wirkung der Vitamin K-Antagonisten
Fazit
verstärkt werden. Eine verstärkte Antikoagulation mit
»» Bei Einnahme der nicht-selektiven MAO-Hemmer Tranylcypromin und Pro­ erhöhtem Blutungs-Risiko ist möglich.
carbazin sollten Nahrungsmittel mit hohem Tyramingehalt gemieden werden
(siehe hierzu auch die Fachinformationen). Frisch zubereitete Speisen aus
Fazit
frischen Zutaten sind ratsam.
»» Bei Einnahme von Linezolid und Moclobemid sollten keine größeren Mengen »» Patienten, die Phenprocoumon oder Warfarin einnehmen, sollten darauf
Tyramin-reicher Nahrung konsumiert werden. achten, jeden Tag eine möglichst ähnliche Menge an Vitamin K zu sich zu
»» Die selektiven MAO-Hemmer Selegilin und Rasagilin interagieren alleine nicht in nehmen.
klinisch relevantem Ausmaß mit Tyramin. In Kombination mit Moclobemid sollen »» Abrupte Veränderungen ihrer Ernährungsgewohnheiten sollten Patienten
vorsichtshalber Tyramin-haltige Nahrungsmittel nicht konsumiert werden. im Vorfeld mit dem behandelnden Arzt abstimmen.
18 19
ALKOHOL Der Genuss von Alkohol während einer Behandlung der Ent­
zugssymptome mit Clomethiazol kann lebensbedrohlich sein:
Alkohol interagiert auf sehr unterschiedliche Weise mit vielen kardiovaskuläre Depression, schwere Hypotonie, Atemdepression,
verschiedenen Arzneimitteln. Es treten pharmakokinetische und Hypothermie und Hypersalivation. Akute Alkoholzufuhr hemmt
pharmakodynamische Wechselwirkungen auf. den First-pass-Metabolismus von Clomethiazol. Darüber hinaus
addieren sich die zentral-depressiven Wirkungen von Alkohol und
Pharmakokinetische Interaktionen Clomethiazol. Bei Leberzirrhose infolge Alkohol-Abusus ist der
First-pass-Metabolismus weiter vermindert.
Veränderung der Kinetik von Ethanol oder seiner Metabolite
durch andere Arzneistoffe Die akute Aufnahme großer Alkoholmengen kann die Metaboli­
Ethanol wird vor allem in der Leber, aber auch im Gastrointestin­ sierung der Vitamin K-Antagonisten (Phenprocoumon, Warfarin)
altrakt durch Alkoholdehydrogenasen zunächst zu Acetaldehyd hemmen und damit deren Wirkung verstärken. Eine chronische
und anschließend durch die Aldehyddehydrogenase zu Acetat Aufnahme schwächt dagegen die Wirkung ab, da in diesem Fall
metabolisiert. CYP2E1 induziert wird.

»» Gehemmter Alkoholabbau Auch bei der Interaktion zwischen Paracetamol und Alkohol ist
Verapamil und Gallopamil sowie Ranitidin können den Alkohol­ zwischen chronischem Alkoholkonsum und gelegentlichem,
abbau hemmen. Das Ausmaß der Hemmung ist allerdings von moderaten Alkoholkonsum zu unterscheiden. Bei chronischem
vielen weiteren Faktoren abhängig (Geschlecht, Alter, Alkohol­ Alkoholkonsum kann eine erhöhte Menge lebertoxischer
menge und -konzentration, Tageszeit, Einnahme von Mahl­ Paracetamol-Metabolite gebildet werden. Fallberichte beschreiben
zeiten). Auch die Tuberkulosemittel Isoniazid und Protionamid schwere Leberschädigungen nach Einnahme moderater
hemmen den Alkoholabbau. Bei Isoniazid kann durch regelmä­ Paracetamol-Dosen bei alkoholabhängigen Patienten. Daher ist
ßigen Alkoholkonsum auch dessen Hepatotoxizität verstärkt bei chronischem Alkoholkonsum Vorsicht geboten. Bei NSAR als
werden, bei Protionamid anscheinend auch dessen krampfaus­ alternatives Schmerzmittel ist die Erhöhung des Ulcusrisiko bei
lösende Wirkung. chronischem Alkoholkonsum zu berücksichtigen. Eine akute
moderate Alkoholzufuhr erhöht das Risiko für Paracetamol-bedingte
»» Der Disulfiram-Effekt Lebertoxizität bei Bestimmungsgemäßen Gebrauch nicht.
Während einer Therapie mit Disulfiram (nicht mehr im Handel)
kann es einige Minuten nach Alkoholzufuhr zu Flush, Übelkeit, Pharmakodynamische Interaktionen
Kopfschmerzen, Schwindel, Diarrhö, Atemnot, Tachykardie,
Blutdruckabfall oder -anstieg kommen. Disulfiram, das als Ent­ »» Verstärkung hepatotoxischer Effekte:
wöhnungsmittel bei Alkoholabhängigkeit angewendet werden Methotrexat und Isoniazid erhöhen in Abhängigkeit von der
kann, hemmt die Aldehyddehydrogenase. Hieraus resultieren er­ Dosierung und der Therapiedauer das Risiko von Leberschä­
höhte Acetaldehyd-Plasmakonzentrationen, die für die genann­ den bei regelmäßigem Alkoholgenuss. Dies trifft auch auf das
ten Symptome verantwortlich sind. In geringerem Maße wird Zytostatikum Trabectedin zu.
die Aldehyddehydrogenase auch durch Griseofulvin, Nifuratel,
Nitroimidazole wie Metronidazol sowie wahrscheinlich Procarba­ »» Verstärkte zentraldämpfende Wirkungen:
zin gehemmt. Auch hier kann der Disulfiram-Effekt auftreten. Während einer Behandlung mit zentraldämpfenden Pharmaka
(z. B. sedierende Antiepileptika, Anticholinergika, Cannabinoi­
Veränderung der Kinetik von Arzneistoffen durch Ethanol de, Dopaminantagonisten, Opioidanalgetika, Antidepressiva,
Besonders bei höheren Blutalkohol-Konzentrationen wird Alkohol Benzodiazepine, sedierende Antihistaminika, Neuroleptika,
nicht nur über die Alkoholdehydrogenase, sondern auch durch das Chloralhydrat) ruft Alkohol eine verstärkte Sedierung, Benom­
„mikrosomale Ethanol-oxidierende System“ (MEOS) in der Leber menheit und verminderte Aufmerksamkeit hervor: selten kön­
metabolisiert. Je größer die aufgenommene Menge, desto größer nen lebensbedrohliche Atemdepressionen und kardiovaskuläre
der durch MEOS metabolisierte Anteil. Wesentlicher Bestandteil Effekte auftreten.
des MEOS ist CYP2E1. Dieses ist induzierbar: Langdauernder
Alkoholkonsum in größeren Mengen kann die Aktivität von CYP2E1
auf das Vier- bis Zehnfache erhöhen. Die akute Zufuhr großer
Ethanolmengen kann CYP2E1 kompetitiv hemmen.

20 21
Verstärkung anderer unerwünschter Effekte: Empfehlungen zum Alkoholkonsum während einer
»» Größere Alkoholmengen während der Behandlung mit Metfor­ Arzneimitteltherapie
min erhöhen die Gefahr einer lebensbedrohlichen Laktatazido­
se: Erbrechen, Durchfall und Bauchschmerzen, Muskelschmer­ Es gibt durchaus Arzneimittel, die sich mit moderaten Mengen
zen, Hyperventilation, Durst, Lethargie und Koma. Biguanide Alkohol vertragen. Bei Arzneimitteln, die sich nicht mit Alkohol
vermindern die Gluconeogenese, u. a. aus Lactat. Außerdem vertragen, sollte kein oder nur sehr wenig Alkohol getrunken wer­
entsteht durch vermehrte anaerobe Glykolyse mehr Lactat, das den. Bei diesen Arzneimitteln sollte der Patient bei Erstverordnung
darüber hinaus in der Leber langsamer abgebaut wird. bzw. Erstabgabe in der Apotheke einen entsprechenden Hinweis
erhalten.
»» Sowohl akuter als auch chronischer Alkoholgenuss kann die
ulzerogenen Wirkungen der nicht-steroidalen Antiphlogistika Bei folgenden Arzneistoffgruppen und Arzneistoffen sollten
(NSAR) additiv verstärken und die Neigung zu gastrointestinalen Patienten zu der Interaktion mit Alkohol informiert werden:
Blutungen steigern.

Arzneimittel Maßnahme
»» Während einer Behandlung mit Nitraten wie Glyceroltrinitrat
kann Alkohol durch die additive Gefäßdilatation das Risiko von Clomethiazol Alkohol strikt meiden
orthostatischen Blutdruckabfällen mit Kollapsneigung steigern.
Acitretin Frauen im gebärfähigen Alter:
»» Während einer Therapie mit Dopaminagonisten wie Bromocrip­ während der Behandlung und
tin oder anderen Mutterkornalkaloid-Derivaten sowie Amantadin zwei Monate danach Alkohol strikt
kann Alkohol in Einzelfällen Bauchschmerzen, Übelkeit und meiden
Hypotonie oder Hypertonie hervorrufen. Möglicherweise erhöht
Methotrexat, Trabectedin, Alkohol möglichst meiden, vor
Alkohol die Sensibilität der Dopamin-Rezeptoren und damit die
Isoniazid, Protionamid allem aber nicht regelmäßig
entsprechenden unerwünschten Effekte der Dopaminagonisten.
zuführen

»» Bei bis zu 10 % der Neurodermitis-Patienten, die mit Tacroli­ Vitamin K-Antagonisten, nicht- Gelegentlich moderate Alkoholmen­
mus- oder Pimecrolimus-Salben behandelt werden, tritt etwa steroidale Antiphlogistika (NSAR), gen (100–200 ml Wein / 250–500
10 Minuten nach Aufnahme auch geringer Alkoholmengen meist Nitrate ml Bier pro Tag) möglich
im Gesicht eine Hautrötung oder -reizung (Flush) mit Exanthem,
Brennen, Juckreiz oder Schwellung auf, die nach 1 bis 2 Stun­ Griseofulvin, Nifuratel, Imida­ Patienten auf die jeweiligen
den wieder abklingt. Der Mechanismus dieser Wechselwirkung zol-Derivate (z. B. Metronidazol), Unverträglichkeitsreaktionen mit
Procarbazin, Tacrolimus- und Alkohol aufmerksam machen;
ist nicht bekannt.
Pimecrolimus-Salben, Dopamin­ Alkohol möglichst meiden
agonisten (z. B. Bromocriptin,
»» Bei Einnahme von Alkohol während einer Acitretin-Therapie
   

Amantadin)
kann daraus sein Ethylester Etretinat gebildet werden. Etre­
tinat wird auf Grund seiner hohen Lipophilie im Fettgewebe Verapamil, Gallopamil, Ranitidin Patienten auf möglicherweise
gespeichert und daraus sehr langsam freigesetzt, sodass sein erhöhte Blutalkoholkonzentratio­
teratogener Effekt sehr lange anhalten kann. nen hinweisen

»» Alkohol kann Hypoglykämien mit zeitlicher Verzögerung verstär­ Zentraldämpfende Arzneimit­ Patienten darauf hinweisen, dass
ken oder auslösen. Bezüglich des Alkoholkonsums gelten für tel (sedierende Antiepileptika, schon geringe Alkoholmengen
Anticholinergika, Cannabinoide, Benommenheit hervorrufen und
Diabetiker die gleichen Empfehlungen wie für Nicht-Diabetiker.
Opioidanalgetika, Antidepressi­ die Konzentrationsfähigkeit be­
Diabetiker sollten Alkohol allerdings nur zu einer kohlenhydrat­
va, Benzodiazepine, sedierende einträchtigen können; keinesfalls
haltigen Mahlzeit trinken, um Hypoglykämien zu vermeiden.
Antihistaminika, Neuroleptika, größere Alkoholmengen zuführen
Chloralhydrat)

22 23
TABAKRAUCH
Wesentlicher in diesem Zusammenhang sind jedoch die durch das
Tabakrauch kann über pharmakokinetische und pharmakodynami­ Rauchen induzierten Endothel-Schädigungen der Blutgefäße, die in
sche Mechanismen zu Wechselwirkungen mit Arzneimitteln führen. der Summe die Entstehung von Arteriosklerose begünstigen.

Pharmakokinetische Wechselwirkungen Fazit


Es empfiehlt sich, die Rauchgewohnheiten der Patienten bei
Mechanismus Therapiebeginn mit einem der in der Tabelle 1 genannten Arznei­
Der Tabakrauch herkömmlicher Zigaretten enthält unterschiedliche po­ stoffe wie auch bei einer geplanten Tabakentwöhnung zu
lyaromatische Kohlenwasserstoff-Verbindungen, die beim Rauchen berücksichtigen. Die pharmakodynamischen Effekte des Rauchens
resorbiert werden. Diese Verbindungen sind nicht nur für die karz­ sollten bei der Beratung von Patientinnen zu Verhütungsfragen
inogene Wirkung des Tabakrauchs mit verantwortlich, sie induzieren ebenso Berücksichtigung finden wie bei Patienten mit kardio­
auch CYP1A2 und die Uridin-5‘-Diphosphat-Glucuronyltransferase. vaskulären Grunderkrankungen.

Wirkung Arzneistoffe, die mit Tabakrauch interagieren


Infolge der Enzyminduktion können bei Rauchern zur Einstellung bei
Therapiebeginn deutlich höhere Dosen von Arzneistoffen, die über Arzneimittel Kommentar
CYP1A2 verstoffwechselt werden, erforderlich sein. Andererseits
kann es in den Tagen und Wochen nach einer plötzlichen Rauch­ Agomelatin Klinische Relevanz unklar, Wechselwirkung möglich
karenz aufgrund der fehlenden Enzyminduktion zu Plasmaspiegel­
erhöhungen der betroffenen Arzneimittel und infolgedessen auch Chinin Eine Dosisanpassung kann notwendig sein
vermehrt zu Nebenwirkungen kommen. Die betroffenen Arzneistoffe
Clozapin Eine Dosisanpassung kann notwendig sein
sind in der nebenstehenden Tabelle aufgeführt.
Cinalcacet Eine Dosisanpassung kann notwendig sein
Ab wie vielen Zigaretten ist eine Wechselwirkung zu
erwarten? Duloxetin Eine Dosisanpassung kann notwendig sein
Die genaue Anzahl an Zigaretten, die geraucht werden muss,
um eine klinisch relevante Enzyminduktion zu erzielen, ist nicht Erlotinib Wahrscheinlich keine klinische Relevanz

bekannt und variiert voraussichtlich auch interindividuell. Einzelne


Flecainid Wechselwirkung möglich, Bedeutung unklar
Untersuchungen deuten darauf hin, dass bereits bei einer täglichen
Menge von ca. sieben Zigaretten eine relevante Plasmaspiegel- Fluvoxamin Wahrscheinlich keine Dosisanpassung notwendig
veränderung auftreten kann.
Haloperidol Eine Dosisanpassung kann notwendig sein
Pharmakodynamische Interaktionen
Melatonin Klinische Relevanz unklar, Wechselwirkung möglich

Es ist bekannt, dass die Einnahme oraler kombinierter hormoneller Olanzapin Wahrscheinlich keine Dosisanpassung notwendig,
Kontrazeptiva das Risiko für thromboembolische Ereignisse wie tiefe vorsichtshalber überwachen
Beinvenenthrombosen, Herzinfarkt oder Schlaganfall erhöhen kann.
Die Anwendung dieser Präparate bei Raucherinnen führt darüber Rasagillin Eine Dosisanpassung kann notwendig sein
hinaus zu einer additiven Zunahme des Thromboembolierisikos.
Anwenderinnen hormonaler Kontrazeptiva sollte daher dringend Ropinirol Eine Dosisanpassung kann notwendig sein
geraten werden, nicht zu rauchen.
Theophyllin Eine Dosisanpassung kann notwendig sein,
Achtung: enge therapeutische Breite
Rauchen stellt zudem einen zentralen kardiovaskulären Risiko­
faktor dar, der sich negativ auf die Entwicklung von Spätschäden
und die Prognose einer Reihe von Krankheiten wie bspw. Diabetes
mellitus Typ II, Fettstoffwechselstörungen oder Hypertonie auswirkt.
Rauchen verursacht dabei eine leichte, vorübergehende Blutdruck­
erhöhung.
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Kategorie 2:
Interaktion ohne, mit geringer oder unklarer Relevanz

Nahrungsmittel Arzneistoff / Arzneistoffgruppe Nahrungsmittel Arzneistoff / Arzneistoffgruppe

Cranberry (Moosbeere, Vaccini­ Vitamin K-Antagonisten Gerbstoffe Neuroleptika wie Haloperidol,


um macrocarpon) – Früchte und (Phenprocoumon, Warfarin) (u.a. enthalten in Kaffee, Tee) Melperon, Chlorprothixen
deren Zubereitungen

Klassifikation Nicht gelistet Klassifikation In der Regel keine Maßnahmen erforderlich


ABDA- ABDA-
Datenbank Datenbank

Mechanismus Basierend auf einigen Fallberichten wird in den USA Mechanismus Die in schwarzem Tee und Kaffee enthaltenen
vor der gemeinsamen Gabe von Cranberry-Saft und Gerbstoffe (Tannine) bilden in vitro mit Neuroleptika
Warfarin gewarnt. Begründet wird dies mit einem schwer resorbierbare Komplexe. Diese Komplexe
möglicherweise erhöhten Blutungsrisiko. Unstrittig lösen sich jedoch im sauren Magenmilieu wieder.
ist, dass Cranberry-Saft in vitro eine Hemmung von Folglich kann der Wirkstoff resorbiert werden, ohne
CYP3A4 und CYP2C9 zeigt. Die Mehrzahl der dass die Gerbstoffe einen merklichen Einfluss auf die
kontrollierten klinischen Studien konnten jedoch Plasmakonzentration der Neuroleptika haben.
zeigen, dass die gemeinsame Einnahme von Warfa­
rin (CYP2C9 Substrat) und Cranberry-Saft in vivo zu Effekt Da sich die Komplexe im sauren Milieu lösen, tritt
keiner Veränderung der Plasmaspiegel führt. Auch keine verminderte Wirkung der Neuroleptika auf.
ein möglicher additiver pharmakodynamischer Effekt
von Cranberry-Saft auf die blutgerinnungshemmen­
Fazit
de Wirkung von Warfarin konnte mehrheitlich nicht
nachgewiesen werden. »» Der Effekt der Komplexbildung zwischen Gerbstoffen und Neuroleptika
kann in vitro beobachtet werden, ist aber ohne klinische Relevanz.
Effekt Wahrscheinlich keine Wechselwirkung - theoretisch »» Auch wenn einige Fachinformationen vorsichthalber den Verzicht auf Kaf­
denkbar: erhöhtes Blutungsrisiko fee und Tee empfehlen, ist bei der aktuellen Datenlage kein standardisierter
Hinweis bei der Erstabgabe erforderlich.

Fazit
»» Bei Clozapin ist die Interaktion mit Koffein zu beachten (siehe Seite 11)

»» Die Mehrheit der verfügbaren klinischen Studien konnte keine Interaktion


zwischen Cranberry-Saft und Vitamin K-Antagonisten finden, eine zwei­
felsfreie Bewertung ist derzeit aber nicht möglich.
»» Bei den Fallberichten zu Blutungen bei Warfarin-Patienten, die
Cranberry-Saft konsumiert hatten, ist ein kausaler Zusammenhang
zweifelhaft.
»» Ein exzessiv hoher Konsum von Cranberry-Saft sollte bei Einnahme von
Vitamin K-Antagonisten vorsichtshalber vermieden werden, bis umfang­
reichere klinische Daten vorliegen.
»» Eine standardisierte Beratung von Patienten zu dieser potentiell mögli­
chen Interaktion ist bei der Erstabgabe nicht erforderlich.

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Kategorie 2:
Interaktion ohne, mit geringer oder unklarer Relevanz

Nahrungsmittel Arzneistoff / Arzneistoffgruppe Nahrungsmittel Arzneistoff / Arzneistoffgruppe

Grüner Tee oder Präparate mit Substrate von Organo-Anion- Grillgerichte Theophyllin und andere Arzneis­
einem Extrakt daraus Transporter-Proteinen (OATP) (enthalten polyzyklische toffe, die vor allem über CYP1A2
wie Nadolol (Betablocker) Kohlenwasserstoffe) metabolisiert werden (u. a.
Zolmitriptan)

Klassifikation Nicht gelistet


ABDA- (Nadolol ist in Deutschland nicht im Handel) Klassifikation Überwachung bzw. Anpassung notwendig (Mo­
Datenbank ABDA- nographie bezieht sich auf polyzyklische Kohlen­
Datenbank wasserstoffe im Tabakrauch und in Grillgerichten)
Mechanismus Grüner Tee kann offenbar die Resorption von
bestimmten Arzneistoffen aus dem Darm in die
Enterozyten der Darmwand und in Hepatozyten Mechanismus Polyzyklische Kohlenwasserstoffe (Benzpyrene)
vermindern. In einer Studie mit 10 gesunden induzieren CYP1A2. Dieses Enzym ist maßgeb­
Probanden wurde die Plasmakonzentration des lich am Abbau von Theophyllin beteiligt. Eine
Betablockers Nadolol nach 14-tägigem Konsum Induktion von CYP1A2 kann zu erniedrigten
von 700 ml Grüntee täglich untersucht. Nach dem Plasmakonzentrationen von Theophyllin führen.
Grünteegenuss lag der Nadololspiegel im Blut In einer Untersuchung bei Personen, die über 7
der Testpersonen rund 85 Prozent unter dem Ver­ Tage Grillgerichte vom Holzkohlengrill aßen, wurde
gleichswert. In Zellkulturen blockieren Inhaltsstoffe eine im Schnitt um 22 % verminderte Theophyl­
des grünen Tees den Organo-Anion-Transporter lin-Halbwertszeit gefunden. In einer anderen
OATP1A2, der Arzneistoffe vom Darm in die Studie war die Aktivität von CYP1A2 nach Verzehr
Enterozyten transportiert. Nicht geklärt ist, wie von Grillfleisch vom Holzkohlengrill über 7 Tagen
lange die Blockade des Transportsystems durch um das 1,9-fache erhöht.
den grünen Tee anhält.
Effekt Patienten, die exzessiv Grillfleisch vom Holz­
Effekt Nach dem Grünteegenuss lag der Nadololspie­ kohlengrill konsumieren, benötigen eventuell er­
gel im Blut etwa 85 Prozent niedriger als nach höhte Theophyllin-Dosen. Fällt die Induktion von
Trinken von Wasser. Die senkende Wirkung von CYP1A2 durch polyzyklische Kohlenwasserstoffe
Nadolol auf den systolischen Blutdruck war bei weg, kann es zur Theophyllin-Überdosierung mit
Grünteegenuss deutlich vermindert. Herzklopfen, Tachykardie, Erbrechen, Unruhe
und Schwindel kommen. Am Ende der Grillsaison
kann es daher sein, dass die Theophyllin-Dosis
Fazit allmählich vermindert werden muss.

»» Interaktionen mit grünem Tee sind wenig erforscht.


»» Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass grüner Tee auch die Fazit
Aufnahme anderer Medikamente hemmt, dies muss jedoch in weiteren
Studien untersucht werden. »» Zu dieser Interaktion liegen nur wenige ältere Studien mit wenigen
»» Für andere OATP-Substrate liegen gegenwärtig keine Erkenntnisse Probanden vor.
zu einer Interaktion vor. Ein standardisierter Hinweis zur Vermeidung »» Die Wahrscheinlichkeit eines gleichzeitigen exzessiven Genusses von
des Genusses von grünem Tee ist bei der aktuellen Studienlage nicht Grillfleisch vom Holzkohlegrill über längere Zeit und einer chronischen
notwendig. Therapie mit Theophyllin ist relativ gering.
»» Daher erscheint eine standardisierte Beratung von Patienten zu dieser
möglichen Interaktion nicht erforderlich.

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IMPRESSUM

Herausgeber:

ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände


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E-Mail: abda@abda.aponet.de

Vertreten durch:

Geschäftsführender Vorstand der ABDA


Präsident: Friedemann Schmidt, Leipzig
Vizepräsident: Mathias Arnold, Halle

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Dr. Reiner Kern


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Die in der vorliegenden Broschüre wiedergegebenen Informationen


und Empfehlungen wurden nach bestem Wissen und Gewissen
zusammengestellt. Berücksichtigt wurden Interaktionen von mögli­
cher klinischer Relevanz sowie häufig in der Literatur diskutierte.

Für Vollständigkeit und Richtigkeit kann dennoch keine Gewähr


übernommen werden.

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