Komisch, das hier "gender" als geschlechtslos und "queer" als unbestimmt
ankamen. Die Abkehr vom weiblich pathologisierten Körper in der Kunst,
nach Tracy Emin und Elke Krystufek, ist aber vielleicht auch eine Arbeit an
einem lesbischen "Body of Work".(2) **
Verena Dengler macht 2004 Stickarbeiten, konzentriert sich aber ganz
darauf, sie so aussehen zu lassen, als könnten sie von einer Maschine
hergestellt worden sein. Es geht hier erstmal nicht um ein spezifisches
weibliches Gefühl oder ein besonderes "Gespür" für die Materialität,
sondern grade um ein Wegschneiden dieser Attribute. Es bleibt ein Job, der
gemacht werden kann.
Indem Birgit Megerle vier Jahre früher abrupt ihre lustvollen, phantastischen
Fusionen von Figuren auf großen Formaten hinter sich ließ, um mit sich zäh
angeeigneter Aquarelltechnik und dem Benutzen von realistischen Vorlagen
ihre Inhalte stärker kontrollieren zu können, machte auch sie sich los von
den spezifischen Erwartungen an einen weiblichen "Gefühlshaushalt",
seinen Darstellungen und seiner Unberechenbarkeit. Obwohl sie Themen aus
der Frauenbewegung darstellte, wirkte die Arbeit nicht mehr feminin*. Ein
sehr entschlossener Schritt hin zu einem bürgerlichem Subjekt.
*Die Eigenheiten des Materials in den Vordergrund zu stellen, kann für eine
Frau immer auch bedeuten, selbst im Begriff der Materie gefangen zu
bleiben. Ein Portrait von sich selbst herzustellen ist schon das Gegenteil der
Definition in Wittigs fiktiven Wörterbuch "For Lesbian Peoples": Woman:
(..) Its meaning was, "one who belongs to another".
24 Hours Video
Ich ging während der Eröffnung mit der Info, "das da hinten ein lesbischer
Porno laufen würde" durch den gerüschten Vorhang und sah zwei Frauen
beim Sex. Sofort aufgehoben und gebannt, weil eine bekannte Phantasie,
nämlich Hustler Ledersex mit vom Spanken geröteter Haut und der
Präzision des sadomasochistischen Spiels vorgeführt wurde. Das Interesse
an dem was und wie die Beiden es sich geben, grade weil ihr Begehren dem
ihrer männlichen Kollegen an nichts nachsteht, wird nicht getrübt durch den
objektivierenden, voyeuristischen Blick auf zwei Frauen. Dafür gibt es viel
zu viel "Action." Es ist etwas entschieden anderes, wenn Frauen Pornos
drehen, weil die Doppelung der Frau, ihre Vorstellung als Objekt erledigt.
Besonders in diesem klassischen Pornomuster ist der häufige Wechsel von
Top und Bottom Position.
PorNo
Ende der 90ziger Jahre erlebte ich die anti-pornographische Welle im
Zusammenhang mit Post
Feminismus als eine Sicht jüngerer Kolleginnen und Kollegen, die sowohl
Machismo als auch weibliche, aggressiv vorgetragene Sexualität am Beispiel
von Künstlerinnen und Musikerinnen, ablehnten. Damit auch jede Art von
sadomasochistischen Spielen; Ausnahmen bestätigen die Regel. Männer und
Frauen trugen zu der Zeit gerne die gleichen Haarschnitte und ein wenig
Aufregung schien in einem eventuellen Rollentausch zu liegen. Das Modell
ältere Liebhaberin mit jüngerem Lover fing an sich zu etablieren oder auch
eine Feminisierung der maskulinen Sexualität durch asiatische Vorbilder, in
denen es weniger um "Entladung" als um einen Austausch von Energien
ging.
"Switch/Swich"
Aber auch beim Bondage/Dominance SM bleibt der Film auf keinen Fall
stehen. Es gibt alles. Phantasien, die Räume der Phantasie.. abgelegene
Trailer oder Waldlichtungen. L´après midi d´un Faun. Steckengebliebener
Sex/"Liebe", aus dem/der sich wiederum ein Wunsch entwickelt: eine
Dritte, Andere kommt dazu. Zu den zwanzig Szenen, die sich teilweise
wieder ineinander flechten, gibt es Tracks, die die Choreografie
mitbestimmen. Körper, die gebändigt werden wollen zu „My Pony“ von den
Chicks on Speed; mit Kraft und Härte: „The Bunnies Are Though!“
Während anfangs aus einer Unterhose noch ein wenig Pisse oder Samen
suppt, endet der Film mit einer Ejakulation. Damit gehört der Porno uns! In
einer Carwash Session werden die Wasserspiele noch mal komplett erhöht
und vorgeführt. Die eingeseifte Kamerafrau im Auto sieht vor sich schwarze
Kreise, ein esoterischer Reigen.
Alte und junge Feministinnen finden sich vereint in der Badewanne, das
weibliche Geschlecht als Tool, die Welt in sich aufzunehmen, sie auf
entsprechende Nützlichkeit hin zu untersuchen, das leibliche Wohl in Szenen
zwischen Eater und Feeder..
Das Heft, die "Cliffs Notes" zum Community Action Center, ist in der
Galerie zu haben. Dort ist z. b. der Wikipedia Eintrag zu den Femminist Sex
Wars abgedruckt ist und in vielen Fragmenten werden die Bezüge und
Vorbilder, die kulturelle und intellektuellen Einbindung des Projekts
klargemacht; von Porn Yesterday über Porn Today zu Porno Rama; gut
bebildert! Danke schön!
h.
Anm. (1)
Luce Irgaray arbeitete in Europa, Monique Wittig wanderte nach Kalifornien
aus, wo sich in San Francisco 1978 die "Samois" gründeten, als rein
lesbische BDSM-Gruppe
Anm. (2)
Ein Portrait von sich selbst herzustellen ist schon das Gegenteil der
Definition in Wittigs fiktiven Wörterbuch "For Lesbian Peoples": Woman:
(..) Its meaning was, "one who belongs to another".