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Unterrichtspraxis

Reihe Hanser in der Schule

Christiana Engelmann
Claudia Kaiser
Möglichst Schiller
Reihe Hanser 62196

ab Klasse 10
Erarbeitet von:
Christoph Hellenbroich

Thematik
»Ein Lesebuch« zu Person und Werk Friedrich
Schillers: Lebensstationen, Werkkontext und
Ideenwelt Schillers, in thematischen Schwerpunk-
ten für heutige Leserinnen und Leser erzählt;

Integration von Werkanalyse und Biografie im


Unterrichtmaterial
Inhaltliche Überlegungen
„Ich liebe Schiller“, bekennt Marcel Reich-Ranicki. Peter Härtling „Möglichst Schiller“ ist
empfand schon als 15-Jähriger, dass Schillers Sätze „einen ge- ein Lesebuch, das zent-
waltigen Sog entfalten“ und in eine eigene Welt entführen, die rale Fragen zu Leben
gleichzeitig fremd und faszinierend ist. und Werk Schillers
Schillers Werke haben von jeher einen hohen Stellenwert im themenorientiert in 11
Literaturunterricht und sind immer rezipiert worden; man frage Kapiteln aufarbeitet.
nur die Großeltern nach Gedichten, die sie noch auswendig
können – es sind sicher Balladen Schillers darunter. Und selbst- Umfangreiche Werk-
verständlich kennt jeder Zitate aus Schillers Dramen, ohne frei- auszüge verknüpfen
lich die Quelle genau zu wissen. In einer Untersuchung des Originaltexte und bio-
Freiburger Projekts „Klassikerwortschatz“ zur Lektürefrequenz grafische Zusammen-
im Deutschunterricht und zu Leselisten an deutschen Universitä- hänge.
ten erreichte „Kabale und Liebe“ unter den Dramen (vor Lessing
und Goethe) den ersten Rang; Schillers Gedichte kamen (mit Die Autorinnen ermuti-
Heine, Goethe, Hölderlin, Novalis und Eichendorff) auf vordere gen mit thematischer
Plätze. Das zeigt: Schillers Schauspiele und Gedichte, vor allem Konzentration und ihrer
seine Balladen, sind auch im Unterricht lebendig und gehören in modernen Sprache zu
den Lektürekanon der deutschen Literatur. einer eigenständigen
Auseinandersetzung mit
Gleichwohl hat die Beschäftigung mit Friedrich Schiller und sei-
Friedrich Schiller und
nem literarischen Werk merklich nachgelassen. Der „gewaltige
seinem Werk.
Sog“, den Schillers Sprache nicht nur bei Peter Härtling entfal-
tet, setzt nicht unerhebliche Lesekompetenz voraus und die Be-
Die pointierte Darstel-
reitschaft, sich auf das glühende Pathos und die zugespitzten
lung erlaubt eine geziel-
Situationen menschlicher Grenzerfahrung einzulassen, die meist
te individuelle Beschäf-
nicht von Handlung, sondern gedanklicher Auseinandersetzung
tigung mit Schillers Ge-
beherrscht werden und einer „coolen“ Grundhaltung befremdlich
dankenwelt, seinem
erscheinen.
Leben und seinen Wer-
Ein Schüler, der sich mit der Bedeutung der „Räuber“ Schillers ken auf hohem Niveau.
für heutige Oberstufenschüler beschäftigte, wunderte sich, dass
seine Urgroßeltern, Großeltern und Eltern „übereinstimmend
bekundeten, sich in ihrer Jugend mit dem Drama auseinander-
gesetzt und davon profitiert zu haben“, und er fasste seine Beo-
bachtungen so zusammen: „Diese Thematik verbindet Genera-
tionen und stellt einen Lernwert dar, der in jede Realität über-
tragbar ist. Vielleicht wird diese Aussage demnächst von meinen
Kindern überprüft und auf das Jahr 2030 bezogen?“
Wer sich auf dieses faszinierende Werk einlässt, wer sich dem
widersprüchlichen Menschen Schiller nähert, wird in seinen
Bann gezogen und reich beschenkt. Hilfestellung zum Ver-
ständnis von Werk und Biografie Schillers bietet die als Lese-
buch für heutige junge Menschen konzipierte Werkbiografie
„Möglichst Schiller“ der Autorinnen Christiana Engelmann und
Claudia Kaiser bei dtv, Reihe Hanser.
Dieses Arbeitsheft möchte dazu anregen, sich in Verbindung mit
diesem Buch auf unterschiedliche Weise mit Schiller auseinan-
derzusetzen, seine Werke zu lesen, Zusammenhänge zu erkun-
den und in Einzel- oder Gruppenarbeit zu erschließen. Dazu gibt
das vorliegende Unterrichtsmaterial vielfältige Anregungen zu
Lebenszusammenhängen des Autors sowie zu seinem Werk.
Sie können im Unterricht eingesetzt werden, ebenso aber auch

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als Hausarbeit oder Hausaufgabe, für Gruppenvorträge oder
einfach als unterrichtsbegleitende Lese- und Arbeitshilfen ge-
nutzt werden.
Alle Materialien beziehen sich – illustriert durch Zeichnungen
Schillers zum 30. Geburtstag seines Freundes Christian Gott-
fried Körner – auf das biografisch-literarische Lesebuch und die
Werkausgabe Schillers bei dtv. Sie ermuntern (über das Ge-
denkjahr 2005 hinaus) zum (wieder)entdeckenden Umgang mit
Friedrich Schiller unter dem Motto: „Möglichst Schiller“.

Didaktisch-methodische Überlegungen
„Möglichst Schiller“ verstehen die Autorinnen als „Lesebuch“. Die Arbeitsmaterialien
Wenn Biografien auch kaum als „Ganzschrift“ Unterrichtsge- ermöglichen vielfältige
genstand sind, bietet die hier verfolgte Verbindung von biografi- individuelle Zugänge.
schen, literarischen und ideengeschichtlichen Zusammenhän-
gen eine Chance zu einer eindringlichen Annäherung an das Die Konzentration auf
Phänomen Schiller. vier bedeutsame Le-
Dem Konzept dieses Unterrichtsmaterials liegen daher die fol- bens- und Werkakzente
genden didaktisch-methodischen Annahmen zugrunde: ist pragmatisch und ef-
• Ausgangspunkt: die Aktualität Schillers im Gedenkjahr fektiv.
• Anknüpfung an Interessen von Schülerinnen und Schülern
und Anreiz zur eigenständigen Auseinandersetzung Schwerpunkt ist
Deutsch; fächerverbin-
• Einsatz zur Unterrichtsbegleitung, u.a. in eigenständiger dende Beziehungen
Vorbereitung: Hausarbeiten, (arbeitsteilige) Gruppenarbei- sind leicht zu erstellen.
ten) und Präsentation; ab Jahrgangsstufe 10
• gemeinsames Lesen von Werkzusammenhängen Kopierfähige Themen-
• Darbietung als offenes Materialangebot, das im konkreten blätter erleichtern den
Arbeitszusammenhang ergänzt, reduziert oder umformuliert Einstieg.
wird, in Form von Themenblättern
• Vielfalt der Texte und Themen, der Fragestellungen und Me- Offene Aufgaben for-
thoden (auch im Fächerverbund) dern zur Eigentätigkeit
auf.
• Orientierung an den Kapiteln von „Möglichst Schiller“, indivi-
duell erweiterbar und auf weitere Zusammenhänge/Bezüge
übertragbar
• Anbindung an themenrelevante Unterrichtsvorhaben der Fä-
cher Deutsch und Literatur (u.U. Philosophie)
• Möglichkeit unterschiedlicher Schwerpunktsetzungen in den
jeweiligen Unterrichtszusammenhängen
• Verweis auf Zusatzmaterial und weitere Quellen
• Variation der Intensität der Ausarbeitung (offene, teiloffene
und vorstrukturierte, z.T. ausgearbeitete Module)
• Reduktion auf vier Themenschwerpunkte:
• Lebenszusammenhang unter ausgewählten Aspekten
• das Erstlingsdrama „Die Räuber“
• ausgewählte Balladen
• Aspekte der Theatertheorie und Rezeption
• Aspekte eines fächerübergreifenden Projekts

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Anregungen zur Texterschließung und
-bearbeitung im Unterricht
Zentraler Gegenstand der Erarbeitung im Unterricht ab Jahr-
variabler Lese-Einsatz
gangsstufe 10 werden meist Werkausgaben Schillers sein.
je nach unterrichtlicher
„Möglichst Schiller“ legt die eigenständige Erschließung be-
Konzeption
stimmter Zusammenhänge von Werk und Biografie nahe. Ideal
wäre es, wenn jeder Schüler über ein Arbeitsexemplar des Bu-
ches verfügen könnte. Denkbar ist aber auch ein Klassensatz in
der Ausleihbibliothek; dort kann dann auf entsprechende Werk-
passagen ohne weiteres zugegriffen werden.
Sinnvoll erscheinen mir folgende Verfahren:
• arbeitsteiliges Lesen: Konzentration auf Schwerpunkte des
jeweiligen Unterrichtsvorhabens; Absprache mit Einzelnen
oder Gruppen zu Hausarbeiten oder Gruppenarbeiten mit
Präsentation der Ergebnisse,
• begleitende Privatlektüre: Vertiefung von Unterrichts-
schwerpunkten ohne konkrete Absprache von Ergebnissen,
• erweiternde Lektüre: Auszüge aus „Möglichst Schiller“ wer-
den im Rahmen eines Unterrichtsvorhabens, z.B. Balladen,
mit zusätzlichen Quellentexten und thematisch oder biogra-
phisch ergänzendem Material gelesen und erarbeitet;
• „Steinbruch-Lektüre“: Einsatz des Buches zur Vertiefung
thematischer oder biographischer Aspekte, die vom Unter-
richt her bekannt sind – im Sinne eines Werklexikons – zur
Sicherung von Prüfungswissen.

Beispiele für einen produktiven Umgang mit


dem Buch
Natürlich dient „Möglichst Schiller“ zunächst der rezeptiven Be- „Möglichst Schiller“ er-
gegnung mit Neuem oder in dieser Zusammenstellung noch laubt verschiedene pro-
Unbekanntem. Diese Aspekte berücksichtigt diese Arbeitshilfe duktionsorientierte Ver-
zentral. Gleichrangig gibt es daneben aber Anregungen, die – fahren. Das Unter-
z.T. ausgehend von analytischen Fähigkeiten – im engeren Sin- richtsmaterial gibt -
ne handlungs- und produktionsorientiert sind: neben analytischen An-
• Verfassen einer Collage zu „Mein Schiller“, geboten – verschieden-
• eines Zitaten-Puzzles, artige Anregungen hier-
• eines Biografierätsels nach dem Muster: „Tratschke fragt“, zu.
• einer Rollenbiografie/Figurenbefragung zu Dramenfiguren,
• eines Info-Flyers zu einem Drama,
• eines Merkzettels nach Rebus-Art zum Balladen-Lernen oder
• eines Kommentars zur Einschätzung einer Balladenhand-
lung.
Weitere Anregungen lassen sich aus diesen Vorschlägen vielfäl-
tig ableiten und kombinieren.

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Fächerverbindende Aspekte
Ohne Zwang lassen sich aus „Möglichst Schiller“ fachübergrei-
Die Person Schillers
fende und fächerverbindende Anregungen ableiten. Schiller, der
bietet wie sein Werk
Schriftsteller, Jurist, Mediziner, Philosoph und Historiker, ist ja
viele Facetten zu ei-
selbst ein überzeugender Beweis dafür, dass denkende Ausei-
ner fachübergreifen-
nandersetzung mit der Welt in den engen Grenzen einer Diszip-
den Auseinanderset-
lin unbefriedigend, ja letztlich unmöglich ist.
zung.
Die Ansatzpunkte für einen Thementag oder ein Projekt zu
„Schiller heute“ Ideen und Materialien zusammenzustellen
(Kunst – Deutsch – Religion – Geschichte – Philosophie), müs-
sen hier wohl kaum einzeln benannt werden.
Die Schülerinnen und Schüler selbst werden nach der Lektüre
des Buches (und bei Verwendung dieser Arbeitsmaterialien)
Ideen genug entwickeln.

Illustration von Peter Schössow zu „Möglichst Schiller“

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Inhaltsübersicht „Möglichst Schiller“ Arbeitsmaterial
I. Friedrich Schiller – ein Zeitgenosse? 13 Einleitung
II. »Was sie ersticken sollte, fachte sie an« - Dichtung aus Leidenschaft
Heimliches Schreiben 19
Der Räuber Karl Moor: Schillers böser Bruder? 26 Arbeitsbereich 2: Die Räuber
III. »Eines Freundes Freund zu sein« Arbeitsbereich 1: Leben
Freundschaften 37
Schulfreunde 40
Karlos und Roderich, Marquis von Posa 48
»Wenige Sterbliche haben mich so interessiert« 74
Das Projekt »Klassik« 83 Arbeitsbereich 1: Leben
Für das Gespräch »ganz eigentlich geboren« 88
IV. »Wer wagt es . .?« - Schillers Balladen
»Der Taucher« 95 Arbeitsbereich 3: Balladen
»Der Handschuh« 104 Arbeitsbereich 3: Balladen
»Der Ring des Polykrates« 107
V. »Daß Euch die Schuppen fielen vom Auge!« - Tödliche Täuschung
»Die Verschwörung des Fiesko zu Genua« 115
»Geschichte des Dreißigjährigen Krieges« und »Wallenstein« 124
»Der Geisterseher« 137
»Die Räuber« 142 Arbeitsbereich 2: Die Räuber
»Die Braut von Messina« 147
»Der Verbrecher aus verlorener Ehre« 155
»Die Kindsmörderin« 160
VI. Von der »Feder« leben - Schiller, einer der ersten freien Autoren
»Das verfluchte Geld« 167
»Ich muß von Schriftstellerei leben« 176
»Nichts als die Tätigkeit, die das Leben erträglich macht« 187
»Hat der Verstand seine Wache von den Thoren zurückgezogen« 191
VII. »Und mein Geschöpf mußt Du sein« - Frauen bei Schiller Arbeitsbereich 1: Leben
»Maria Stuart« 197
»Die Jungfrau von Orleans« 208
»Kabale und Liebe« 217
»Würde der Frauen« und »Das Lied von der Glocke« 227 Arbeitsbereich 3: Balladen
»Wären wir beide nur gesund...« - Schiller wird Ehemann 238
VIII. »Ein Mensch, der so von seinem Körper abhängt, wie ich« - Schiller, Experte im Kranksein
Beerdigung dritter Klass 253
»Daß ich jeden Lebensgenuß mit wochenlangem Leiden büßen muß« 255
»Leidliche Gesundheit bis zum fünfzigsten Jahr« 259
»Das genaue Band zwischen Körper und Seele« Schillers medizinische Schriften 261 Arbeitsbereich 1: Leben
»Körperliche Phänomene verraten die Bewegungen des Geistes« 266
IX. »Der König beschließt seines Sohnes Verderben« - Väter und Söhne
»Kabale und Liebe« 275
»Don Karlos« 284
»Wallenstein« 292
»Wilhelm Tell« 299
Der Tyrann als Freund »Die Bürgschaft« 306 Arbeitsbereich 3: Balladen
»Mein bester Vater, der so viel auf mich rechnet« Schiller als Sohn und Vater 311
X. Der »ganze Mensch« - »Über die ästhetische Erziehung des Menschen« Arbeitsbereich 4: Kunsttheorie
Ein neuer Lehrer 319
Besser als Kant 321
»Der Weg zu dem Kopf durch das Herz« 326
»Ohne das Schöne würden wir unsre Menschheit versäumen« 329
»Er bedarf eines Übersetzers« 330
»In einigen wenigen auserlesenen Zirkeln« 331
Das Kunst- und Bildungsprogramm der ästhetischen Erziehung
»Fast ein Grieche« 334
Die »beschränkten Alten 337
Schiller als Erzieher 339
Die Musterknaben 344
XI. »Die Muse schweigt« - Schiller benutzt und parodiert Arbeitsbereich 3: Balladen
Schiller im Dritten Reich 353
»Dumm ist mein Kopf und schwer wie Blei...« 358 Zeichnungen Schillers

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Arbeitsbereich 1: Biografische Zusammenhänge

Freundschaft – ein Zauberwort (auch) des 18. Jahrhunderts

„Was ich Gutes haben mag, ist durch einige wenige vortreffliche Menschen in mir ge-
pflanzt worden. Meine Bekanntschaften sind auch die Geschichte meines Lebens.“
Schiller an Charlotte von Schimmelmann, 23.11.1800 (Möglichst Schiller, S. 39)

Schiller hat Bekanntschaft und Freundschaft Zeit seines Lebens als Grundlage seiner
Existenz betrachtet. Er hatte Freunde, die ihm bei der Flucht halfen (Andreas Streicher
1782), Freunde, die ihn berieten, aufbauten und „managten“ (Christian Gottfried Körner),
Freunde, die ihm Geld liehen (Ferdinand Huber, der Prinz von Augustenburg, Graf
Schimmelmann), Freunde, mit denen er eine Wohngemeinschaft bildete (der Leipziger
Freundeskreis), nicht zuletzt Goethe (Bekanntschaft 1788) als Partner und Freund im
Klassik-Projekt (seit 1794).
In diesem Baustein geht es:
• um Ihr Verständnis von Freundschaft
• um eine Definition von Freundschaft
• um Schillers Verständnis von Freundschaft
• um Beispiele von Freundschaften in Schillers Leben.

Was ist Freundschaft? Was erwarten wir von jemandem, den wir „Freund“ oder „Freun-
din“ nennen? Welche Eigenschaften zeichnen ihn aus?

n Skizzieren Sie Ihre persönlichen Erwartungen zu „Freundschaft“:

o Untersuchen Sie, welche (zusätzlichen/übereinstimmenden/abweichenden) Merkmale


in der folgenden Lexikon-Definition gegeben werden:

Freundschaft,
persönliche, von Vertrauen und Zuneigung geprägte Beziehung zweier Menschen. Unter Freunden und
Freundinnen gibt es oft gemeinsame Interessen und ein gemeinsames Streben nach Zielen, wie z.B. einen
gemeinsamen Urlaub oder den Besuch sportlicher oder kultureller Ereignisse. Immer kann von einer starken
5 Gefühlsbindung, einer Seelenverwandtschaft, ausgegangen werden. Einander Freund oder Freundin sein
bedeutet, ehrlich und offen zueinander zu sein, füreinander da zu sein, Frohes und auch Trauriges miteinan-
der zu teilen.
Vor allem in jungen Jahren zeichnet sich Freundschaft nach außen hin dadurch aus, dass man sich häufig
sieht und viel gemeinsam unternimmt. Wesentliche Merkmale einer Freundschaft sind Vertrautheit und
10 gegenseitige Achtung im Umgang miteinander. In einer ausgewogenen Freundschaft ist es, wie nur in we-
nigen anderen Beziehungen, möglich, ohne große Scham oder Ängste von eigenen Problemen, Nöten,
Wünschen oder Vorstellungen zu sprechen, denn Freundschaft bedeutet, den anderen so anzunehmen, wie
er ist. Aufgrund dieser Vertrautheit sowie der gemeinsamen Erfahrungen ist es in einer Freundschaft auch
möglich, Hilfestellungen zu leisten beziehungsweise Kritik zu üben.
15 Freundschaften, wie Liebesbeziehungen, sind oft zeitlich begrenzt, wobei aber nie zu bestimmen ist, wie
lange sie dauern. So unmerklich wie eine Freundschaft gekommen ist, so unmerklich kann sie sich auch

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wieder verabschieden, wobei Umzug, Schulwechsel und dergleichen äußere Gründe, Einstellungswechsel
oder Persönlichkeitsveränderungen innere Gründe sein können.
Eine Freundschaft ist Entwicklungen unterworfen und kann auch in Krisen geraten. Wohnortwechsel oder
20 erste Partnerschaften können räumliche wie innere Ferne aufkommen lassen, die zum Ende der Freund-
schaft führen können, wenn sich die Freunde nicht bemühen, sie zu erhalten. Ohne die Pflege der Freund-
schaft, das Bemühen um den anderen, ohne Konstanz und eventuelle Beharrlichkeit ist eine dauerhafte
Freundschaft nicht denkbar und lebbar.
Auch wenn eine Liebesbeziehung des Freundes/der Freundin zu Beginn oft als Konkurrenz gesehen wird,
25 so halten echte Freundschaften auch dieser Probe stand.
Für die Freundschaft ist es unerheblich, ob sie zwischen gleich- oder gegengeschlechtlichen Partnern be-
steht. Eine Tendenz der Liebe wohnt der Freundschaft inne, die sich durch eine körperliche Nähe (Umar-
mung, Küsse) ausdrücken kann, die aber mit einem sexuellen Begehren nicht gleichzusetzen ist. Aus
Freundschaft kann dennoch Liebe werden. Wenn der Wunsch nach einer Liebesbeziehung nur bei einem
30 der beiden Partner besteht, kann dies zu einer harten Probe für die Freundschaft werden.
Quelle: Brockhaus multimedial 2002

Merkmale von Freundschaft (aus dem Lexikontext):


intensive persönliche Beziehung zwischen Menschen

Streben nach...

Entstehung/Entwicklung von Freundschaft:

p Schillers Verständnis von Freundschaft (ÆMöglichst Schiller, Kap. III.)


„Schiller hatte in der Tat ein wahres Talent zur Freundschaft“ (Möglichst Schiller,
S. 40)
Im folgenden Brief an den Meininger Bibliothekar Wilhelm Friedrich Reinwald macht
Schiller deutlich, was er unter Freundschaft versteht und was er von einem Freund erwar-
tet.
• Arbeiten Sie (in Anlehnung an die Aufgaben 1-3) heraus, was Schiller an Freundschaft
wesentlich ist,
• welche „Schlüsselqualifikationen“ von Freundschaft er benennt,
• mit welchen (sprachlichen) Signalen er arbeitet, um seine Werbungsabsicht zu vermit-
teln.

8
Bauerbach d. 9. Juny, 83. Montag.
Ich reisse mich aus einer sehr angenehmen Zerstreuung, um mich für Sie, liebster Freund, zu sammeln. Sie
sind, wie ich höre, auf einige Tage nach Römhild gereißt, wo sie vielleicht noch sind. Wolte der Himmel
daß Ihr Weeg Sie über Bauerbach geführt hätte, so hätte ich Sie doch wenigstens auf eine Viertelstunde
35 genoßen. Tausend Ideen schlafen in mir, und warten auf die Magnetnadel, die sie zieht. – Unsre Seelen
scheinen, wie die Körper, nur durch Friction Funken zu geben. Wie sehr wünschte ich mein Herz an dem
Ihrigen wieder zu erwärmen!
Sie reisen nun bald ab, und werden über so vielen vortreflichen Köpfen, Ihren armen Bauerbachischen
Freund vergeßen. Sie werden mich mit Wieland, Göthe und andern meßen, und einen ungeheueren Abstand
40 gewahr werden. Sie werden wieder kommen voll der gesammelten Ideale, geblendet von so viel schim-
mernden Genies und den malten Flimmer eines Johanniswurms nicht mehr bemerken. Sie werden kälter
gegen mich seyn – Sehen Sie! So könnte ich mich mit Besorgnißen quälen, wenn ich es Ihnen nicht zutrau-
te, daß ein warmes und redliches Herz weniger glänzende Gaben bei Ihnen entschuldigen werde. Wenigs-
tens bin ich ein guter Mensch – und Ihr Freund. Grose Geister finden Sie immer – aber nicht immer diesen.
45 Was hilft Ihnen auch der Mann, deßen Genie eine Welt umspannt, deßen Herz aber für Ihre Freuden und
Leiden zu eng – deßen Auge für Ihre Schiksale troken ist? – Unterwerfen Sie besonders Wielanden dieser
Probe. Den Dichter kennen wir schon. Studieren Sie den Menschen in ihm.
(Quelle: Möglichst Schiller, S. 59)

Einige Aspekte, die bei der Lösung helfen können:


• was opfert das Brief-Ich, um die Nähe des Freundes zu erreichen?
• wie wird die (vorweggenommene) Nähe des Freundes beschrieben?
• welche Bilder benutzt das Ich für die Nähe der beiden?
• wie wird die Eifersucht artikuliert?
• wie kompensiert Schiller seine Minderwertigkeitsgefühle?
• welche Rolle spielt der Begriff „Herz“ für die dargestellte Beziehung?

q Freundschaften in Schillers Leben


• Entwickeln Sie eine kurze Darstellung einer wichtigen Freundschaft in Schillers Leben,
z.B. der zu Christian Gottfried Körner (vgl. die „Telemach“-Zeichnungen Schillers in
diesem Heft). Beziehen Sie sich dabei auf die Ausführungen in „Möglichst Schiller“,
S. 59-82 oder Schiller-Handbuch, S. 12-18. Ziehen Sie, wenn möglich, weitere Infor-
mationen heran. Sie können sich in der Darstellung auf das Info-Blatt „Freundschaft“
beziehen.
• Die „Klassikermarke Weimar“ von 1999 zeigt Schiller, Goethe, Wieland und Herder.
Untersuchen Sie, welche Rolle Wieland und Herder für Schiller spielten.

9
Info-Blatt „Freundschaft mit Schiller“

Person:
____________________________________________________________________________________

Merkmal Fundstelle(n)

Vorname, Name:

Wohnort:

Familienstand:

Beruf/Tätigkeit:

besondere Bedeutung
für Schiller:

Zeitpunkt der Bekannt-


schaft

Beginn der Freund-


schaft

Dauer der Freund-


schaft

Krisen

gemeinsame Tätigkei-
ten, Leistungen

Ende der Freundschaft

Auffällige Besonderhei-
ten

lesenswerte Dokumen-
te der Freundschaft

10
Goethe und Schiller – eine schwierige Freundschaft
„Menschen mit solchem Gehalt wirst du nicht häufig finden, und Dich mit ihm reiben zu
können, ist doch gewiß ein beträchtlicher Vortheil.“
Chr. G. Körner über Goethe

Die Beziehung zwischen Schiller und Goethe war nicht ungetrübt. Bevor Schiller Goethes
Freundschaft erwarb, musste er mit Selbstzweifeln und Vorurteilen fertig werden.
• Erstellen Sie ein „Freundschaftsprotokoll“ anhand der Daten in „Möglichst Schiller“,
S. 74-88.
• Entwerfen Sie anhand der Bilder eine kurze Darstellung, welche Bedeutung die Be-
ziehung zwischen Goethe und Schiller für die Öffentlichkeit hatte und hat.

11
Schiller und die Frauen

Schillers Verhältnis zu Frauen war


kompliziert – das gilt für die
Frauengestalten in seinem Leben
noch mehr als für die (wenigen) in
seinen Dramen und Balladen.

Stellen Sie auf der Basis der beiden


Bilder dieses ambivalente Verhalten
Schillers dar. Stützen Sie sich dabei
auf das Kapitel 7 in „Möglichst Schil-
ler“!

50
oben: „Der Anblik beim Koffeetisch“
„Körner stellt einer Gesellschaft von
Damen, die er bei sich zum Koffee hat,
seinen besten Freund vor“ (Zeichnung
55 Schillers aus „Avanturen des neuen Te-
lemachs, 1786)

60

65

70

links: Illustration von Peter Schössow in


„Möglichst Schiller“ (S. 195)

75

12
„Mein Schiller“
„Ich bin ein Jüngling von feinerem Stoff als viele“. Fried-
rich Schiller
Schiller – das war – und ist – für mich das „Evangelium
der Freiheit“ (Goethe). Ulla Hahn, Lyrikerin und Roman-
autorin
Schillers Dramen entfalten einen gewaltigen Sog und tra-
gen mich fort. Peter Härtling, Schriftsteller und Biograph
Ich liebe Schiller. Marcel Reich-Ranicki, Literaturkritiker
An den Schillerschen Dramen interessiert mich die
Sprech-Wut der Personen. Elfriede Jelinek, Literatur-
Nobelpreisträgerin
Mit Schiller gelangt man in das unvergessliche goldene
Zeitalter des deutschen Geistes. Rüdiger Safranski, Philo-
soph und Schiller-Biograph
Friedrich Schiller wäre uns ein seltsamer Zeitgenosse.
Christiana Engelmann und Claudia Kaiser, Autorinnen
(„Möglichst Schiller“)
Schiller hat sich ein persönliches Theater-Idiom erfunden, unverwechselbar nach Tonfall, Gebärde und Me-
lodie. Thomas Mann
Alles zielt darauf ab, Begeisterung zu erwecken, mitzureißen, zu entzücken, moralisch wie ästhetisch. Hoch-
gesinnte Charaktere, spannende Verwicklungen, rhetorische Explosionen. Bertolt Brecht, Dramatiker
Ich schreibe als Weltbürger, der keinem Fürsten dient. Frühe verlor ich mein Vaterland, um es gegen die gro-
ße Welt auszutauschen. Schiller, Ankündigung der Rheinischen Thalia.

• Lesen Sie in den Kapiteln III, VI und VII von „Möglichst Schiller“ nach, was Zeitgenos-
sen, Freunde und Bekannte über (ihr Verhältnis zu) Friedrich Schiller sagten. Gestal-
ten Sie einige dieser Aussagen in Ich-Form.
• Notieren Sie, was Sie selbst über Schiller und Ihnen bekannte Schiller-Texte denken.
• Befragen Sie andere (Eltern, Großeltern, Bekannte, Freunde, Mitschüler) über ihre
Meinung, ihren Bezug zu Schiller.
• Formulieren Sie (in Form eines Briefes – einer Mail – eines Stichwortzettels für ein
Interview) Fragen, die Sie an Schiller haben. Überlegen Sie, wie Sie möglicherweise
Antworten erhalten können (aus Büchern, durch Experten, von anderen Schiller-
Leserinnen).
• Entwerfen Sie mit Hilfe dieser Aussagen eine Plakatpräsentation „Mein Schiller“.
• Führen Sie eine Umfrage unter Schülerinnen/Schülern bzw. Eltern/Bekannten durch.
Gestalten Sie mit diesen Äußerungen zu Schiller eine Stellwand oder ein Plakat.
• Informieren Sie sich im Internet über persönliche Äußerungen zu Schiller (z.B. auf
Schul-Homepages, in Foren oder Linkseiten der Bildungsportale.
• Erstellen Sie eine Collage zum Thema „Schiller“. Nutzen Sie dazu Prospekte, Internet-
Material oder Kopien aus Büchern und Zeitschriften.
• Organisieren Sie zusammen mit anderen Schülerinnen oder einer Lehrerin eine kleine
Buchausstellung zum Thema „Schiller“ mit Material der Schülerbibliothek (vielleicht
bietet sich auch eine Kooperation mit einer Buchhandlung oder Bibliothek an).
• Erarbeiten Sie eine bebilderte Zeittafel, in der wichtige Lebensstationen erläutert und
illustriert werden (ÆMöglichst Schiller, S. 367ff.)

Weitere Informationen finden Sie in „Möglichst Schiller“, Kap. 1


Zeichnung: Selbstdarstellung Schillers in „Avanturen des neuen Telemachs“ (für seinen Freund Körner, 1786)

13
Schiller-Collage Man muss können, was
man will!
Schneiden Sie diesen
Schiller aus (oder kopieren
Sie ihn) und erstellen Sie eine
Collage, die an seine Dar-
stellung anknüpft und wichtige
Aspekte mit Text- oder Bild-
Zitaten kommentiert
(z.B. seine Haltung,
seine Kleidung,
die Attribute ...
Das „Original“
und ein Foto
des Weimarer
Denkmals,
von dem
die Ab- Leidenschaft für die
bildung Dichtkunst ist feu-
stammt, rig und stark, wie
finden die erste Liebe.
Sie
im dtv-
Prospekt
„Schiller“.

14
Er war verwegen, hart und mehr er warb, desto mehr zog sich der andere, der
sonst nicht gerade kontaktarm war, zurück; ihm war
bescheiden. der Jüngere nicht sympathisch – dessen Arbeiten
nicht, die ihm zu gewollt, zu verkrampft und in
Seit seinem vierzehnten Lebensjahr
vielem einfach zu wirr erschienen, und auch dessen
besuchte er die beste Schule des
Äußeres und seine Lebensweise nicht: dass er so
Landes. Nur die Begabtesten wurden
viel rauchte und schnupfte und Kaffee trank, störte
dort aufgenommen und, je nach Wunsch und
ihn und ebenso, dass sein Tagesablauf so unregel-
Neigung, für einen Beruf ausgebildet, zum Beispiel
mäßig war, weil er meist bis tief in die Nacht hinein
als Jurist, Finanzsachverständiger, Mediziner,
arbeitete und dann erst gegen Mittag aufstand, und
Kaufmann, Offizier, Architekt, Maler, Bildhauer,
vor allem, dass er nicht gesund war.
Musiker, Schauspieler, Tänzer – insgesamt gab es
Dennoch kam es schließlich zu einer Annäherung,
siebzehn verschiedene Ausbildungswege. Die
ja zu einer Zusammenarbeit zwischen ihnen. Nur
meisten Lehrer waren jung und immer bereit, mit
Freundschaft wurde es nie, mag es auch immer
den Schülern über alle möglichen Probleme zu
wieder so bezeichnet worden sein. Bei aller ge-
diskutieren. Trotzdem ist jene Schule – was vor
genseitigen Anerkennung blieben die Gegensätze,
allem auf Äußerungen von ihm zurückzuführen ist
die Unterschiede, die „stillen Reserven“ zu groß.
– als despotisches Institut, als „Folteranstalt“ und
Das ist nicht weiter verwunderlich. Eines aber ist
„Zwangsjacke“ in die Geschichte eingegangen. Und
wohl doch überraschend, nämlich dass der Jüngere,
der Landesherr, der jene Schule ins Leben gerufen
der immer für ein freieres Leben eingetreten war,
hatte, erscheint noch heute als ein Tyrann.
sich daran stieß, dass der andere mit einer Frau
Nach sieben Jahren wollte er seine Studien beenden
zusammenlebte und ein Kind mit ihr hatte, ohne mit
und reichte eine Abschlussarbeit ein, mit der seine
ihr verheiratet zu sein.
Professoren jedoch nicht einverstanden waren.
Und seltsam: Seinen Unmut darüber zeigte er nicht
[...] eigentlich dem Mann, sondern vielmehr der Frau,
indem er nämlich in all den Jahren jener angebli-
Aber auch dann war er nicht frei. Und eines Tages
chen Freundschaft – sei es nun in Briefen oder auch
verließ er sein Vaterland, als Flüchtling, um wirk-
bei häuslichen Besuchen – so tat, als gäbe es jene
lich frei zu sein und als freier Mann für die Freiheit
Frau gar nicht Für ihn war sie einfach Luft. Dabei
kämpfen zu können. Sein Einsatz für die Freiheit ist
hatte er einige Jahre zuvor ernsthaft daran gedacht,
ihm nicht leicht gemacht worden. Nicht nur, dass er
mit einem Schwesternpaar eine Art Ehe zu dritt
ihn zunächst in eine fast ausweglose finanzielle
einzugehen, weil er beide Mädchen gleichermaßen
Misere brachte (die sich erst gegen Ende seines Le-
zu lieben glaubte!
bens bessern sollte), schlimmer schien ihm – und
Wer war's?
zwar über viele Jahre hin –, dass ihm ein anderer,
den er bewunderte und zugleich beneidete, ja Quelle: Tratschke fragt (Zeit-Magazin)
manchmal geradezu hasste, überall im Wege stand.
Zwar hatte auch er selber schon bald große Erfolge,
aber die Anstrengung musste ihm umso größer
vorkommen, als dem anderen alles in den Schoß zu
fallen schien. Jener andere erinnerte ihn ständig
daran, dass – so schrieb er – „das Schicksal mich
hart behandelt hat; wie leicht ward sein Genie von
seinem Schicksal getragen, und wie muss ich bis • Recherchieren Sie anhand „Möglichst
auf diese Minute noch kämpfen.“ Schiller“, S. 261-271 die Schwierigkeiten
Es verdross ihn, dass der andere es verstand, alle Schillers mit seiner Doktorarbeit.
Menschen zu bezaubern, ohne eigentlichen Einsatz • Ergänzen Sie die Lücke des Personen-
– „wie ein Gott, ohne sich selber zu geben“, und das
rätsels entsprechend im Stil Tratschkes.
schien ihm „eine konsequente und planmäßige
Handlungsart, die ganz auf den höchsten Genuss • Entwerfen Sie zu einer literarischen Figur
der Eigenliebe kalkuliert ist“. Ja in seinem an Hass Schillers ein knappes Rätsel in diesem
grenzenden Ärger meinte er einmal: „Ein solches Stil!
Wesen sollten die Menschen nicht um sich herum
aufkommen lassen.“
Aber hinter dieser Abneigung verbarg sich sein
Wunsch nach Anerkennung gerade von diesem
einen, und immer wieder warb er um ihn. „Ich
betrachte ihn wie eine stolze Prüde, der man ein
Kind machen muss“, schrieb er einem Freund. Je
15
Arbeitsbereich 2: Werkzusammenhang: „Die Räuber“

Die „Räuber“ – Genie, Rebell, Verbrecher: Selbstanalyse Karl Moors

„Ich darf meiner Schrift, zufolge ihrer merkwürdigen Katastrophe1, mit Recht einen Platz
unter den moralischen Büchern versprechen; das Laster nimmt den Ausgang, der seiner
würdig ist. Der Verirrte tritt wieder in das Geleise der Gesetze. Die Tugend geht siegend
davon. Wer nur so billig gegen mich handelt, mich ganz zu lesen, mich verstehen zu wol-
len, von dem kann ich erwarten, dass er – nicht den Dichter bewundere, aber den recht-
schaffenen Mann in mir hoch schätze.“
Schiller im Vorwort zur Erstausgabe (Ostern 1781)

Überprüfen Sie die folgenden Selbstaussagen Karl Moors. Stellen Sie dann einen Be-
zug zu Schillers Vorwort her:
Phase 1:
Karl v. Moor (legt das Buch weg). Mir ekelt vor diesem Tintenklecksenden Sekulum2, wenn ich in mei-
nem Plutarch3 lese von großen Menschen. [I, 2]
Moor. Nein, ich mag nicht daran denken! Ich soll meinen Leib pressen in eine Schnürbrust und meinen
Willen schnüren in Geseze. Das Gesez hat zum Schneckengang verdorben, was Adlerflug geworden wäre.
Das Gesez hat noch keinen großen Mann gebildet, aber die Freyheit brütet Kolosse und Extremitäten aus.
Sie verpallisadiren sich ins Bauchfell eines Tyrannen, hofiren der Laune seines Magens, und lassen sich
klemmen von seinen Winden. – Ah! daß der Geist Herrmanns4 noch in der Asche glimmte! – Stelle mich
vor ein Heer Kerls wie ich, und aus Deutschland soll eine Republik werden, gegen die Rom und Sparta5
Nonnenklöster sein sollen. (Er wirft den Degen auf den Tisch und steht auf.) [I, 2]
Moor. Wer blies dir das Wort ein? Höre, Kerl! (indem er Rollern hart ergreift) das hast du nicht aus dei-
ner Menschenseele hervorgeholt! Wer blies dir das Wort ein? Ja, bey dem tausendarmigen Tod! das wol-
len wir, das müssen wir! der Gedanke verdient Vergötterung – R ä u b e r und M ö r d e r ! – So wahr meine
Seele lebt, ich bin euer Hauptmann!
Alle (mit lärmendem Geschrei). Es lebe der Hauptmann!
Spiegelberg (aufspringend, vor sich). Bis ich ihm hinhelfe!
Moor. Siehe, da fällts wie der Staar von meinen Augen, was für ein Thor ich war, daß ich ins Keficht
zurückwollte! – Mein Geist dürstet nach Thaten, mein Athem nach Freyheit, – R ä u b e r , M ö r d e r ! –
mit diesem Wort war das Gesez unter meine Füße gerollt – Menschen haben Menschheit vor mir verbor-
gen, da ich an Menschheit appellirte, weg denn von mir, Sympathie und menschliche Schonung! – Ich
habe keinen Vater mehr, ich habe keine Liebe mehr, und Blut und Tod soll mich vergessen lehren, daß mir
jemals etwas theuer war! – Kommt, kommt! – Oh ich will mir eine fürchterliche Zerstreuung machen – es
bleibt dabei, ich bin euer Hauptmann! und Glück zu dem Meister unter euch, der am wildesten sengt, am
gräßlichsten mordet, denn ich sage euch, er soll königlich belohnet werden – tretet her um mich ein jeder,
und schwöret mir Treue und Gehorsam zu bis in den Tod! – schwört mir das bei dieser männlichen Rech-
te! [I, 2]

1
Katastrophe: der tragische Handlungsschluss im Drama
2
Jahrhundert, Zeitalter
3
der griechische Philosoph und Historiker Plutarch (um 46-um 120) verfasste Beschreibungen der sittlichen Le-
bensführung bedeutender Griechen und Römer
4
der Cheruskerfürst Arminius, Anführer des Aufstandes gegen die Römer (Varusschlacht 9 n. Chr.)
5
Sparta, Rom als Beispiele zweier auf Härte, Disziplin und militärische Macht gegründeter Staaten
16
Phase 2
Moor. Weg von ihm! Wag' es keiner ihn anzurühren! – (Zum Pater, indem er seinen Degen zieht!) Sehen
Sie, Herr Pater! hier stehn neun- und siebenzig, deren Hauptmann ich bin, und weis keiner auf Wink und
Kommando zu fliegen oder nach Kanonen-Musik zu tanzen, und draussen stehen siebenzehnhundert, un-
ter Mousqueten ergraut – aber hören Sie nun! so redet Moor, der Mordbrenner Hauptmann: Wahr ists, ich
habe den Reichs-Grafen erschlagen, die Dominikus-Kirche angezündet und geplündert, hab Feuerbrände
in eure bigotte Stadt geworfen und den Pulverthurm über die Häupter guter Christen herabgestürzt – aber
das ist noch nicht alles. Ich habe noch mehr gethan. (Er streckt seine rechte Hand aus.) Bemerken Sie die
vier kostbaren Ringe, die ich an jedem Finger trage? – Gehen Sie hin und richten Sie Punct für Punct den
Herren des Gerichts über Leben und Tod aus, was Sie sehen und hören werden – diesen Rubin zog ich
einem Minister vom Finger, den ich auf der Jagd zu den Füssen seines Fürsten niederwarf. Er hatte sich
aus dem Pöbelstaub zu seinem ersten Günstling empor geschmeichelt, der Fall seines Nachbars war seiner
Hoheit schemel – Tränen der Waisen huben ihn auf. Diesen Demant zog ich einem Finanzrath ab, der
Ehrenstellen und Ämter an die Meistbietenden verkaufte und nicht traurenden Patrioten von seiner Thüre
sties. – Diesen Achat trag ich einem Pfaffen Ihres Gelichters zur Ehre, den ich mit eigener Hand erwürgte,
als er auf offener Kanzel geweint hatte, daß die Inquisition so in Zerfall käme – ich könnte Ihnen noch
mehr Geschichten von meinen Ringen erzählen, wenn mich nicht schon die paar Worte gereuten, die ich
mit Ihnen verschwendet habe – [II, 3]
Phase 3
R. Moor. O über mich Narren, der ich wähnete die Welt durch Greuel zu verschönern, und die Geseze
durch Gesezlosigkeit aufrecht zu halten! Ich nannte es Rache und Recht – Ich maßte mich an, o Vorsicht
die Scharten deines Schwerts auszuwezen und deine Parteylichkeiten gut zu machen – aber – O eitle Kin-
derey – da steh ich am Rand eines entsetzlichen Lebens und erfahre nun mit Zähnklappern und Heulen,
daß z w e i M e n s c h e n , w i e i c h , d e n g a n z e n B a u d e r s i t t l i c h e n W e l t z u G r u n d
r i c h t e n w ü r d e n . Gnade – Gnade dem Knaben, der Dir vorgreiffen wollte – Dein eigen allein ist die
Rache. Du bedarffst nicht des Menschen Hand. Freilich stehts nun in meiner Macht nicht mehr die Ver-
gangenheit einzuholen – Schon bleibt verdorben, was verdorben ist – was ich gestürzt habe, steht ewig
niemals mehr auf – Aber noch blieb mir etwas übrig, womit ich die beleidigten Geseze versöhnen und die
mißhandelte Ordnung wiederum heilen kann. Sie bedarf eines Opfers – eines Opfers, das ihr unverletzbare
Majestät vor der ganzen Menschheit entfaltet – dieses Opfer bin ich selbst. Ich selbst muß für sie des To-
des sterben. [V, 2]

Q: Friedrich Schiller, Die Räuber. Hrsg. v. J. Kiermeier-Debre. München: dtv 1997


[Bibliothek der Erstausgaben]

Beziehen Sie in Ihre Überlegungen mit ein


• die Vorstellungen von Freiheit, Recht, Gesetz und der Rolle des Einzelnen, v.a. im
ersten und letzten Textauszug
• die Frage, ob geschehenes Unrecht durch Rache („Selbsthelfertum“) wieder gut ge-
macht werden kann (Aspekt der Moralität)
• die Rolle der Religion (in Sprache – „wahr ist“, „ich sage euch“, „Heulen und Zähne-
klappern – und Motiven – v.a. der gleichnishaften Redeweise, dem Erlösungsan-
spruch, der Radikalität, dem gebethaften Appell des Schlusses als Schuldbekenntnis)
• den Wandel im Selbstbild Karls (im Sinne der Überschrift) [vgl. dazu auch die Kom-
munikationsanalyse zu Franz und Moser]
• die zentrale Intention (und damit die angemessene Rezeption), die Schiller (seinem
eigenen Vorwort gemäß) mit den „Räubern“ verbindet
• die Informationen in „Möglichst Schiller“, S. 26-34

17
Franz, Karl, Spiegelberg –
drei „ausserordentliche Menschen“ in einer Rollenbiographie

Schiller betont in der Vorrede zur ersten Auflage davon, dass es ihm um die Darstellung
von »drei ausserordentlichen Menschen« gegangen sei. Damit meint er offenbar neben
dem Räuberhauptmann Karl Moor zwei weitere Gestalten, die sich als Räuber je unter-
schiedlich der geltenden Ordnung widersetzen: Franz und Spiegelberg.
Die folgenden Aufgaben können in Einzelarbeit (Hausarbeit) oder Gruppenarbeit durchge-
führt werden. Denken Sie dabei auch schon an eine ansprechende Präsentation!
• Erarbeiten Sie eine Rollenbiographie zu Franz oder Karl Moor oder zu Spiegelberg.
Beschränken Sie sich dabei (wahlweise) auf die Texte
– I, 1 (S. 26, Z. 30 – Ende der Szene [Franz] oder
– I, 2 (Beginn der Szene – S. 34, Z. 7 [Karl]
– I, 2 (34-40) und I, 3 (93-102)

Dazu
– notieren Sie Hinweise zum Äußeren (Aussehen, Alter, Kleidung), zum Auftreten
(Mimik, Gestik, Bewegungen), zur Sprechweise, zum Charakter sowie zu (erklär-
ten) Absichten und Beziehungen zu anderen Personen.
– prüfen Sie, ob in den Texten auch unausgesprochene Gedanken und Absichten
erkennbar sind.
• Entwerfen Sie eine mögliche Vorgeschichte Ihrer Figur anhand prägender Erlebnisse
und Ereignisse.
• Skizzieren Sie Regieanweisungen im Hinblick auf eine Aufführung der von Ihnen ge-
wählten Szene.

„Die verkehrte Welt“


Freund Körner arbeitet „an der Bildung seines
Vaters“: „Ein vortrefflicher Zug des Künstlers
ist, dass der Superintendent die Räuber
verkehrt in der Hand hält, wahrscheinlich weil
er dabei eingeschlafen ist, und dieser profane
Schlaf rechtfertigt die Rute in der Hand des
Sohnes vollkommen“ (Schiller über Schiller;
Zeichnung Schillers aus „Avanturen des
neuen Telemachs“, 1786)

18
Rollenbiografie:

Prinzip:
Rollenbiografien sind ein Instrument des handlungsorientierten Zugangs zu literarischen
Figuren. Sie begreifen die Figur als Person, in die sich der Leser hineinversetzt. Dabei ori-
entiert sich die Biografie am Material des Textes, aber ebenso an der individuellen Rezepti-
on. Deshalb können Aspekte der Figur, die im Text nur angedeutet werden oder eine „Leer-
stelle“ bleiben, den Rezeptionsvorgaben entsprechend erweitert werden.
Rollenbiografien sind Texte in der Ich-Perspektive. Sie gehen – an einem bestimmten Punkt
ihrer Biografie – von der Subjektivität der Figur aus, wie sie im Handlungszusammenhang
des literarischen Textes erscheint und vom Leser konkretisiert wird. Der Ausarbeitung einer
Rollenbiografie geht deshalb die Ermittlung und Lektüre v.a. der Textpassagen voraus, die
für das Verständnis der Figur (oder eines Aspektes der Figur) wichtig sind.
Leitfragen für die Entwicklung einer Rollenbiografie können sein:

Aussehen, Auftreten:
Wie alt ist die Figur? Wie sieht sie aus? Wie ist sie gekleidet? Wie bewegt sie sich? Welche
Mimik, welche Gesten sind für sie charakteristisch? Wie spricht sie? Versteht sie Spaß? Ist
sie humorvoll, selbstkritisch? Ist sie „glücklich“?

Soziale Situation:
In welcher sozialen Rolle lebt die Figur? Nimmt sie diese Rolle wahr und setzt sich mit ihr
auseinander? Welche Beziehungen sind ihr wichtig? Warum? Unter welcher Rolle leidet
sie? Wem vertraut sie, wen verabscheut/meidet/fürchtet sie? Was erwartet sie von den
Menschen ihrer Umgebung? Welche Erfahrungen haben sie besonders geprägt? Wie
sehen andere die Figur?

Selbstbild, Lebensziel und Weltverständnis:


Was erwartet die Figur vom Leben, was will sie? Ist sie mit ihrer Situation zufrieden? Was
sind ihre Ängste, was ihre Sehnsüchte und Ziele? Welche Auffassung hat sie von der Welt?
An welchen Werten, Lebensstilen, philosophischen Anschauungen orientiert sie sich? Was
ist ihr wichtig? Wie eigenständig geht sie mit ihrem Lebensentwurf um?

Entwicklung der Figur im literarischen Text:


Welchen äußeren Lebensverlauf nimmt die Figur? Welches ist ihre „innere Biografie“? Er-
füllen sich ihre Wünsche und Erwartungen? Gab es Krisen, Entscheidungssituationen, Brü-
che? Welche Erfahrung war besonders prägend?

Tipp: Ein alternatives Verfahren zum Verständnis einer Rollenfigur bietet die Methode der
Figurenbefragung. Sie wird auf der folgenden Seite vorgestellt.

19
Figurenbefragung (nach Christina Jahnen-Foit)
Prinzip: Die Figurenbefragung ist eine Methode des handlungsorientierten Umgangs mit fiktiona-
len Texten. Sie ergänzt das analytische Vorgehen, indem sie die Begegnung mit dem Text durch
die Verlebendigung von Figuren aus der Wahrnehmung der interpretierenden Schüler erweitert.
Die Figurenbefragung richtet sich nur vom Schüler an den Schüler; der Lehrer tritt als Vermittler
zurück und hat allenfalls organisatorische Funktion. Sie ist induktiv und kreativ, indem sie eine
direkte Beziehung zur Figur herstellt und diese so über die Persönlichkeit des Rollenträgers und
mit hoher innerer Beteiligung aller adaptiert.
Die Methode basiert
- auf dem Interesse des Schülers an Hintergründen vom Handeln und Denken anderer
- auf dem Interesse des Schülers an sich selbst
- auf der Fähigkeit der Empathie, der Rollenübernahme
- auf der Fähigkeit zum Verändern seiner eigenen Perspektive
- auf der Fähigkeit zur Rollendistanz
- auf der Fähigkeit, gegenüber der Rolle die eigene Position zu entdecken, zu entwickeln und zu
behaupten
Alle Fähigkeiten werden zugleich geschult. Insbesondere bei Leerstellen des Textes und der Fra-
ge nach dem inneren Geschehen wird das subjektive Textverstehen auf diese Weise authentisch
sichtbar. Das Befragtwerden vor der Gruppe kann den Eindruck stützen, selbst beteiligt und für
das Unterrichtsgeschehen mitverantwortlich zu sein.
Verfahren:
I Textanalyse oder Lesen des Textes
II Rollenwahl
Welche Figur/Haltung beschäftigt am meisten? Jeder formuliert schriftlich drei Fragen an die
Figur, die ihn am meisten interessiert. Die Schülerinnen und Schüler legen das Thema fest und
klären, ob eine offene oder themenzentrierte Befragung stattfinden soll.
Eingangsfrage: Welche Figur sollte zu diesem Thema befragt werden? Was könnte diese Figur
Aufschlussreiches beitragen? Wer vertritt welche Figur, ist neugierig, etwas (aus sich) über
diese Haltung zu erfahren?
III Rollenaneignung
Rollenträger lesen die Texte zu ihrer Figur durch und stellen sich vor.
Rollenverstärkung durch Lehrerinterview sowie Selbstvorstellung durch Rollenbeschreibung.
IV Rollenspiel Figurenbefragung
Fragende stellen ihre Fragen gezielt (10-20 Minuten, alle sollten befragt worden sein).
V Rollendistanzierung
Am Ende der Befragung zur Bewusstmachung einer Rollenübernahme und damit Aufhebung
einer möglichen Identifizierung steht die Frage an jeden Rollenträger, in der sie mit ihrem eige-
nen Namen angesprochen werden: Gab es eine Frage an deine Rolle (Clown...), die du, Na-
me, selbst ganz anders beantwortet hättest? Welche Frage gab es an deine Rolle, die du ge-
nauso wie deine Rollenfigur hättest beantworten können?
VI Rollenreflexion
a) Befragte: Wie ist es mir ergangen (Wie habe ich die Fragen empfunden? unverschämt, nett,
harmlos, zu ...)
b) Was habe ich erfahren über die Figur, die ich gespielt habe? Gab es einen mir bisher unbe-
kannten Zug?
VII Nachbesprechung: Welche neuen Aspekte für die Interpretation haben sich durch die Figu-
renbefragung ergeben? (ÆSchreibanlässe)

20
Triebkraft „Misstrauen“ –
ein Beispiel der Gesprächs- und Kommunikationsanalyse

„Misstrauen durchzieht fast alle Dramen Schillers wie ein roter Faden.“
Möglichst Schiller, S. 51

Schillers Figuren leben in brüchigen Beziehungen. Ein Brief, eine Äußerung, eine Verhal-
tensabweichung stürzt sie in schwere Selbstzweifel, in Misstrauen gegenüber Freunden
und Geliebten, in eine Sinn- und Existenzkrise. Ausdruck solcher Krisen sind oft Monolo-
ge (Selbstzweifel) oder dialogische „Klärungsgespräche“. Sie lassen sich in einer Ge-
sprächs- und Kommunikationsanalyse erschließen: Wie verläuft das Gespräch, und wel-
che Bedeutung hat das für die Beziehung der Figuren zueinander?
Die Auseinandersetzung zwischen Franz und Pastor Moser, in der es um die Verantwor-
tung des Menschen für sein Handeln, vordergründig um die Rolle der Religion geht, ist
ein gutes Beispiel dafür. Sie zeigt auch, dass Schiller ein „Idealdichter“ ist: das Handeln
des Einzelnen wird letztlich bestimmt durch Ideen, überindividuelle Kräfte – ob in der
Selbstaufopferung Karls oder wie hier im Scheitern Franzens.

Im Einzelnen geht es um
• Thema und Inhalt eines Gesprächs
• die im Gespräch sichtbar werdende Beziehung und die Beteiligung am Gespräch, ab-
lesbar am Verlauf des Gesprächs.

Die Räuber V, I (Abschnitt: Franz und Pastor Moser – Gesprächs- und Kommunikations-
analyse)

Franz

Inhaltsaspekt Beziehungsaspekt

tatsächliches Motiv: Franz holt/bestellt/befiehlt P. Moser zu sich


Franz will ein Problem lösen, = offensichtliche Überlegenheit
das ihn (vgl. das Treffen genanntes Motiv: Langeweile, Lust am Dialog
mit Daniel) beschäftigt:
also: asymmetrische Kommunikation
„Drang der Not“)
(Ungleichgewicht der Rollen; reale Machtver-
teilung; vgl. Redeanteile, sprachliche „Herr-
schaftssignale“.)
Daraus entwickelt sich ein 3-teiliger Phasen-
verlauf des Gesprächs:

Gesprächsthema 1: I. Franz als Überlegener, Verhörender


Bedeutung der Religion für das Leben
Franz

Gibt es Gott? Pastor Moser

Franz: Moser:
kein Gott allwissender Gott
Verunsicherung Franzens, gekennzeichnet
Mensch: Materie Mensch: Geschöpf
durch „schweig“
keine Seele Gottes
Veränderung der Redeanteile
(ÆMaterialismus) unsterbliche Seele

21
II. Franz als Gesprächspartner
Einzelner existiert Einzelner ist Franz Pastor Moser
aus sich „Wurm“ vor Gott
Ablehnung einer Verantwortung des Das Prüfungsgespräch (geradezu ein Ver-
Verantwortlichkeit Einzelnen hör) oder Streitgespräch entwickelt sich mit
des Einzelnen für schwindender Überlegenheit Franz’ (!) zu
seine Taten einem Klärungsgespräch (ausgeglichene
(ÆNihilismus) Redeanteile, Franz fragt, antwortet, gerät
auch inhaltlich in die Defensive)

Gesprächsthema 2:
Anwendung auf eigene Situation von Franz Æ (fiktive) Todessituation als Kriterium für die
Geltungskraft der jeweiligen Position; Ver-
schmelzung von Inhalts- und Beziehungs-
aspekt
Franz befiehlt Moser, zu schweigen und
untersagt ihm eine Fortführung seiner Ar-
gumentation

III. Franz als Unterlegener, Bittender


Moser

Franz
Franz’ Reaktion:
Franz als Gescheiterter (die Auflehnung ge-
• Verlust der eigenen Überzeugung Æ
gen die Ordnung der Welt zerstört den
• Verlust der Lebenssicherheit
hochmütigen Einzelnen)
• Verlust des Lebens (Selbstmord)

Erkenntnis Karls: Die Unterwerfung unter die


als sittlich notwendig erkannte (äußere) Ge-
setzgebung macht den Menschen frei, er-
höht ihn zum vernünftigen und moralischen
Subjekt. Eine Analyse seines letzten Mono-
logs mit dem Verfahren der Strukturanalyse
macht diesen Zusammenhang deutlich.

„Man trifft hier Bösewichter an, die Er-


staunen abzwingen, ehrwürdige Miße-
thäter, Ungeheuer mit Majestät; Geis-
ter, die das abscheuliche Laster reizet,
um der Grösse willen, die ihm anhän-
get, um der Krafft willen, die es erfor-
dert, um der Gefahren willen, die es
begleiten. Man stößt auf Menschen,
die den Teufel umarmen würden, weil
er der Mann ohne seines Gleichen ist;
die auf dem Weg zur höchsten Voll-
kommenheit die unvollkommensten
werden, die unglückseligsten auf dem
Wege zum höchsten Glück, wie sie es
wähnen.“
Schiller, Unterdrückte Vorrede der Erst-
ausgabe

22
Vom „Theaterzettel“ zum „Infoflyer“

Ein Theaterzettel zur


Erstaufführung der „Räuber“
im Jahre 1781 ist erhalten
geblieben. Er enthält auch
Schillers Einführung für das
Publikum seiner Zeit („Der
Jüngling sehe mit Schrecken
dem Ende der zügellosen
Ausschweifung nach“). Heutige
Inszenierungen sehen den
Schwerpunkt anders.

Entwerfen Sie vor dem


Hintergrund Ihres Verständnisses
einen modernen „Infoflyer“, der
sich gezielt an ein (junges)
Publikum wendet und auch
moderne grafische Elemente
einsetzt. Berücksichtigen Sie dabei
neben dem Werbecharakter und
dem Meinungsstil die wichtigen
äußeren Daten!

23
Arbeitsbereich 3: Werkzusammenhang: Balladen
Literarischer Wettstreit mit Goethe – das Balladenjahr 1797
In der Balladenform wird die Grenze des Gedichtes oder des Liedes überschritten, manch-
mal unmerklich überschlendernd, manchmal übersprungen. Ballade – das ist nicht nur Lyrik,
sondern in gleichem Maß auch Theater und Erzählung. Die drei literarischen Grundgattun-
gen sind in der Ballade wieder zusammengeführt oder noch gar nicht voneinander getrennt.
Goethe nennt die Ballade darum das »Ur-Ei« der Dichtung.
Wolf Biermann, Wie man Verse macht und Lieder
Im berühmten „Balladenjahr“ 1797 wetteifern Goethe und Schiller als Freunde in der Bal-
ladenproduktion. Von Juni bis September verfasst Schiller – parallel zur Konzeption des
Dramas Wallenstein – die Balladen Der Taucher, Der Handschuh, Der Ring des Polykra-
tes, Die Kraniche des Ibykus, Ritter Toggenburg, Der Gang nach dem Eisenhammer.
Goethe erkennt die Überlegenheit Schillers hier neidlos an. Sie wurden im Musenalma-
nach für das Jahr 1798 gemeinsam veröffentlicht.
Schiller geht es in seinen Balladen nicht nur um ungeheuerliche Geschichten, sondern
um die Darstellung des Menschen in Grenz- und Entscheidungssituationen. Man hat die-
se Gedichte oft „Ideenballaden“ genannt, weil sie zeigen, wie das Handeln des Einzelnen
von Ideen, Normen, gesellschaftlichen Mustern und Naturgesetzen geprägt ist. Genauso
sind sie Entwicklungs- und Erziehungsballaden: Sie zeigen einen Menschen in einer Situ-
ation, in der er sich über das klar werden muss, was in seinem Leben wichtig ist, worum
es ihm geht – und das schnell, ohne Rücksicht auf seine soziale Stellung und die äußeren
Bedingungen. Der Einsatz ist dabei das eigene Schicksal. Als Sieg winkt die Freiheit: die
von fremden Zwängen und falschen Rücksichten, aber auch die der Einsicht in Gesetze
und eigene Verantwortlichkeit.
Das Sensationelle, die Nachricht von der unglaublichen Geschichte, der Neuigkeitswert
steht für Schiller also nicht im Vordergrund. Sie sind lediglich der Stoff, aus dem die Ein-
sicht erwächst – für die handelnden Figuren der Balladen und für die Leser.
Das folgende Kapitel stellt Muster der Auseinandersetzung mit Balladen Schillers vor:
• die Umformung als Bericht/Nachricht (Der Handschuh, Der Taucher),
• die Untersuchung der Thematik als Blick auf das Interesse Schillers an der Freiheit
(Der Taucher)
• das Auswendiglernen mit Gedächtnisstützen
• die parodistische Nachahmung (Die Bürgschaft).
Aber Schillers Balladen sind natürlich Sprachkunstwerke, die auch gesprochen (und vor-
getragen) sein wollen. Mögliche Verfahren für eine Erarbeitung (auch in Gruppen) :
• das strophische oder rollenbezogene Sprechen des Textes (sodass nicht jeder alles
sprechen muss)
• der Vortrag aus dem „off“ (z.B. vorbereitet auf Kassette oder CD)
• das Anhören und Vergleichen der Realisation durch professionelle Sprecher (auf CD)
und natürlich das „klassische“ Auswendiglernen (von Passagen).

Achtung: Das Pathos, die erhöhte Stimmung und Feierlichkeit der Balladen Schillers muss man
trainieren, sonst erscheint der Text schnell lächerlich! Eine Übersicht über sprecherische Möglich-
keiten, die man beachten sollte, kann den Blick für das eigene Sprechen schärfen. Es lohnt sich,
diese sprecherische Erfahrung mit Schillers Texten zu machen!
Tipps zu einem szenisch-produktionsorientierten Umgang mit Balladen gibt die Zeitschrift
Praxis Deutsch, Heft 169: Balladen in Text, Musik und szenischem Spiel. 9/2001

24
Sprechtechnische Möglichkeiten für die rhetorische Realisation eines Textes

Bereich Mittel
Monolog – Dialog – chorisch-synchrones Sprechen – a-
Sprechform synchrones Sprechen – chaotisches Sprechen – Ein-
wurf/Zwischenruf
gleichmäßig – variierend – mit Zäsur/Sprechpause – mit
plötzlichen Dynamikwechseln – kontinuierlich schneller
Sprechtempo, Rhythmus
oder langsamer werdend – Stakkato – monoton (Roboter-
stimme)
schmeichelnd – neutral – aggressiv – werbend – ironisch
– höhnisch – pathetisch – traurig – unterkühlt – feindlich –
Affektform
gequält – weinerlich – stolz – verächtlich – unbeteiligt –
aufgewühlt
weich – hart – rau – flüsternd – schreiend – rufend – robo-
terhaft – kindlich – greisenhaft – unsicher – markant – ag-
Intonationsart
gressiv – jammernd – flehend – weinend – schluchzend –
entsetzt – cool – majestätisch – arrogant etc.
anschwellend – leiser werdend – plötzliche Lautstärkeun-
Dynamik
terschiede
fließend – stockend – gehämmert – kontinuierlich – dis-
Sprechfluss kontinuierlich – lang angehaltene Silben – monoton – ge-
gliedert
Frauenstimme oder Männerstimme – innerhalb dieser je-
Tonhöhe und Stimmsitz weils hohe/mittlere/tiefe Stimmlage – reine Kopfstimme –
forcierte Bruststimme – verstellte Stimme
natürliche Stimme – nasale Stimme – verzerrte Stimme –
Artikulationsart
spitze Stimme – heiser – Akzente
sehr laut schreiend – sehr laut rufend – laut sprechend –
Lautstärke leise sprechend – ganz leise sprechend – fast flüsternd
(aber immer noch mit Kehlkopfschwingung) – flüsternd
Effekte Echo-Effekt – Hall-Effekt – digitale Effekte (Aufnahme)
in Anlehnung an: Frings/Ludwig, Eiserne Zeiten. Handreichung, Februar 1998 (Lehrerfortbildung Köln)

Als dreizehnjährige Gymnasiasten haben wir Schillers Kraniche des Ibykus, die im
Deutschunterricht gerade »dran« waren, auf dem Schulweg lauthals und mit Vergnügen
vor uns hin-»geleiert«. Unabhängig von Satzrhythmus und Sinn wird dabei stur der metri-
sche Wechsel von Hebungen und Senkungen herausgehoben und derart das Gedicht in
Form und Inhalt zerhackt. Die durchgehend vierhebigen Jamben der Kraniche verleiten
dazu. Die Variationen des Reimschemas kommen gegen die metrische Monotonie nicht
an, und überhaupt provoziert der reimende Schiller häufig zu solchem Geleier. Beim Tau-
cher ist das anders.
Gerhard Kaiser, Sprung ins Bewusstsein.
in: Gedichte von Friedrich Schiller. Interpretationen. Stuttgart: Reclam 1996, S. 201

25
„Den Dank, Dame, begehr ich nicht“ –
Der Handschuh als Ballade der Selbstachtung und Ichstärke

„Diese Ballade gibt uns den nicht zu verachtenden Rat, auszusteigen, wenn man für die
Zwecke anderer missbraucht wird.“
„Möglichst Schiller“, S. 107

• Sichern Sie zunächst ein Grundverständnis der Ballade anhand der folgenden Leitas-
pekte:

Thema
Ort, Figuren und
sozialer Kontext
Inhalt/Handlung
äußerer Konflikt
innerer Konflikt
Ergebnis
Form
• Schiller nennt seine Ballade im Untertitel „Erzählung“. Gleichwohl hat das anekdoten-
hafte Geschehen über den dargestellten Einzelfall hinaus repräsentative Bedeutung.
Wählen Sie die Perspektive einer beteiligten Figur und erzählen Sie das Geschehen
aus ihrer Sicht – die Vorerwartung, das Geschehen, die Reaktion:
• Kunigunde. Hat sie den Handschuh absichtlich fallen lassen? Sie nimmt das Gesche-
hen als Abwechslung, als Mutprobe für Delorges. Ihre Grundhaltung ist „Spott“. Den
Tod des Ritters nimmt sie für ihren Nervenkitzel, ihre Unterhaltung in Kauf.
• Delorges. Ist das Liebe? Warum stürzt er sich in den aussichtslosen Kampf – die bei-
den Leoparden liegen zerfetzt auf dem Platz. Er ist ein Held für sich. Seine Hoffnung
auf eine vertrauensvolle Beziehung zu Kunigunde ist schon mit seinem Entschluss, in
die Arena zu stürzen, beendet. Ist es Stolz und Ruhmsucht, die ihn jetzt leitet? Seine
Antwort geht offenbar darüber hinaus.
• König Franz. Warum inszeniert er diesen Kampf? Offensichtlich geht es um die Zur-
schaustellung von Macht vor den Mächtigen des Reiches. Und um Nervenkitzel – ein
blutiger Tierkampf in der Tradition der antiken Zirkus- und Gladiatorenspiele. Es geht
auch um gesellschaftlichen Luxus. Mit der Zuspitzung der Ereignisse rechnet er nicht.
• Schließlich lässt sich das Ereignis aus neutraler Beobachtersicht in Form einer Zei-
tungsmeldung formulieren. Hier steht das Außergewöhnliche (Erstaunen“ und „Grau-
en“) des äußeren Vorgangs im Zentrum, nicht die innere Erfahrung der Beteiligten.
Das ist eine moderne Erfahrung: Das „Event“ gerät, sozusagen vor laufenden Kame-
ras, außer Kontrolle. Die Zuschauer sind plötzlich Gaffer.
Experimentieren Sie ein wenig mit der Form. Klären Sie zum Schluss: Worin besteht ganz
offensichtlich der Unterschied zwischen der balladesken und der erzählerischen Form der
Darbietung?

26
„Und der Mensch versuche die Götter nicht“ –
Der Taucher als Ballade der Grenzerfahrung und Grenzüberschreitung
„Doch zurück zu jenen jungen Männern, die ihre Grenzen austesteten und denen Schillers
große Sympathie galt. Im „Taucher“ erfahren wir von einer maßlosen Mutprobe eines sol-
chen Mannes. [...] Die Fragen, die die Ballade hier aufwirft, sind noch heute höchst aktuell:
Was ist das Maß, was sind die Maßstäbe für die eigene Selbstverwirklichung?“
„Möglichst Schiller“, S. 97/102

Schiller thematisiert in seiner Ballade Der Taucher – ähnlich wie in Der Handschuh – sei-
ne Vorstellung von menschlicher Freiheit und Bindung. In beiden Balladen geht es um
eine Herausforderung aus Liebe und um die Konfrontation mit Naturgewalten – von au-
ßen angestoßen, aber aus eigenem Antrieb gelöst. Die eine gelingt, die andere scheitert.
Grenzüberschreitungen gehören zur individuellen Entwicklung, bergen aber ein tödliches
Risiko. Dieses durchaus moderne Problem jeder Personwerdung hat Schiller nur äußer-
lich in ein mittelalterliches „Setting“ eingebettet.
• Entwickeln Sie wieder eine Kurzbeschreibung der Ballade anhand des Übersichts-
schemas (s. Arbeitsblatt zu Der Handschuh).
• Klären Sie unbekannte Begriffe und Wendungen (wie „Charybde“ – dem Fels der sa-
genhaften Meerenge, die Odysseus auf seiner Heimkehr fast zum Verhängnis gewor-
den wäre. Auch in seinen mittelalterlich gefärbten Balladen verzichtet der klassische
Schiller nicht auf Anspielungen auf antike Stoffe und Motive)
• Gliedern Sie die Ballade in „Szenen“ als Handlungsabschnitte (der theatralisch-drama-
tische Aspekt der Ballade wird hier besonders deutlich). Achten Sie dabei auf die
Zweiteiligkeit und die Beschleunigung im zweiten Teil.
• Stellen Sie die Darstellung der Naturgewalten und die Motive des jungen Mannes ta-
bellarisch einander gegenüber. Achten Sie dabei auf räumliche, akustische und opti-
sche Qualitäten und die ihnen innewohnende Symbolik („schwarz“ – „schwanenweiß“).
• Markieren Sie die wörtliche Rede im Text. Untersuchen Sie dann den Wechsel von
erzählerischen und dialogischen Passagen und ihre Funktion (der epische Aspekt der
Ballade); es fällt z.B. auf, dass der „Jüngling“ sich der ersten Probe wortlos unterzieht
(nur von einem Stoßgebet wird indirekt gesprochen).
• Welche Rolle spielt der Wechsel vom auktorialen zum personalen Erzähler (z.B. in
Strophe 7 „Und wärfst du die Krone“)? Zu denken wäre an Aspekte der Zeitbehand-
lung, der Psychologisierung, der Verbindlichkeit (Sentenz), der Veranschaulichung.
• Arbeiten Sie exemplarisch heraus, wie die inhaltliche Darstellung durch sprachliche
Mittel unterstützt wird (Schiller macht reichlich Gebrauch von stilistischen Mitteln wie
Alliteration, Anapher, Antithese, Assonanz, schmückendem Beiwort, Chiasmus, In-
version, Klimax, Parallelismus und Polysyndeton).
• Untersuchen Sie den zentralen Aspekt der „Hybris“, des Hochmuts und der Versu-
chung, und ihre Gestaltung durch die dramatische Steigerung (vom Versprechen des
goldenen Bechers zum Eheversprechen).
• Stellen Sie nun eine Verbindung zwischen den Balladen „Der Handschuh“ und der
Taucher“ her. Stützen Sie sich zur Vorbereitung ihres Vortrags auf die Informationen in
„Möglichst Schiller“ (S. 95-107). Versuchen Sie, ihrem Publikum die Zeitlosigkeit der
ins Bild der Ballade gesetzten Gedanken nahe zu bringen.
• Verfassen Sie einen Zeitungskommentar zu dem von Schiller dargestellten ungeheu-
erlichen Ereignis, der auf diesen Zusammenhang hinweist (alternativ).

27
Die Bürgschaft – die Ballade von der Überzeugungskraft der Treue
Schillers Balladen, auch Die Bürgschaft, wurden seit jeher auswendig gelernt – und sie
wurden parodiert. Die folgende „Lernhilfe“ unterstützt das Lernen. Wer mag, kann sie in
diesem Stil fortsetzen – oder auf andere Gedichte übertragen.

© Lorenz Derungs
www.deutschunddeutlich.de

28
Die Bürgschaft – parodistisch gesehen

„Schiller konnte bissig sein. Er verriss Schriftsteller in seinen Rezensionen, er sti-


chelte in Epigrammen gegen Kollegen und lästerte mit Goethe über das dumme
Publikum. Er hat sich auch selbst parodiert.“
„Möglichst Schiller“, S. 358

Parodie, „Gegengesang“, auf eine Vorlage (Einzeltext, Gattung) bezogener Text, der diese
durch Techniken wie stilistische Übertreibung und bewusste Verzeichnung von Thema und
Aussage in komischer oder satirischer Weise beleuchtet oder herabsetzt. Die literarische P. ist
an keine bestimmte Gattung gebunden und eine in allen Literaturen und Epochen bekannte Er-
scheinung. In der dt. Literatur begegnet sie seit dem MA; als Technik der literarischen Kritik er-
lebte sie einen Höhepunkt in der Literatur von Aufklärung, Klassik und Romantik.
Volker Meid, Reclams elektronisches Lexikon der deutschen Literatur, 2002

Die folgende Parodie ist (wie die Abbildung) dem 1999 erschienenen Parodienband „Lite-
radatsch“ des Autors Ulrich Harbecke (geb. 1943) entnommen.
Untersuchen Sie, worin das Parodistische dieses Textes liegt. Beachten Sie dabei Gehalt
(„Idee“) der Ballade, Sprache und Form.
Friedrich von Schiller
Ich finde, am besten du lässt mich jetzt frei,
Der dritte Mann und wir reden nicht mehr darüber.
Zu Dionys, dem Tyrannen, schlich Mir jedenfalls ist es so lieber.
Dämon, den Dolch im Gewande. Ich hol’ meinen Kumpel, dann sind wir schon drei.
Ihn schlugen die Häscher in Bande. Am Ende gibst du sowieso ja klein bei.
»Was wolltest du mit dem Dolche, sprich!« Es siegt doch dein besseres Wesen.
Entgegnet ihm finster der Wüterich: Ich hab meinen Schiller gelesen.
»Die Stadt vom Tyrannen befreien.«
Ich bin da ganz offen. Der größte Hit
»Das sollst du am Kreuze bereuen.«
war’ jetzt, zünftigen Skat zu spielen.
»Ich bin«, spricht jener, »zu sterben bereit, Man muss nicht gleich freundschaftlich fühlen,
doch wäre das eigentlich schade. doch Skat, das geht nun mal nur zu dritt.
Mit etwas Vernunft oder Gnade Vielleicht bring ich auch meine Schwester mit.
begrüben wir den idiotischen Streit Sie kann uns beim Grand mit Vieren
und machten was Besseres mit uns’rer Zeit. ein köstliches Kölsch servieren.«
Man kann seinen Zorn ja auch bänd’gen Hier endlich lenkte der König ein:
und sich in Frieden verständ’gen.« »Alle Achtung, es ist dir gelungen.
Da lächelt der König mit arger List Du hast das Herz mir bezwungen.
und spricht nach kurzem Bedenken: Und wie du ja weißt, ich bin nicht aus Stein.«
»Dein Leben will ich dir schenken, Schon kam auch der Freund mit der Schwester her-
doch vorher vergeht eine längere Frist, ein.
bis eine Art Rallye vollzogen ist. So brauchte man nicht mehr zu warten.
Sonst wird aus uns keine Ballade, Ein Minister brachte die Karten.
und das wäre ebenfalls schade.«
Der andere drauf: »Wozu solcher Stuss ?
Ich find’s – mit Verlaub – übertrieben.
Die Ballade ist längst schon geschrieben.
Was soll ich erst reisen und auch noch zu Fuß:
Die Hitze, der Regen, die Räuber, der Fluss!
Und mach' trotz heroischer Pose
mir heimlich ja doch in die Hose.

29
Arbeitsbereich 4: Kunsttheorie

„Auch die Schönheit muss wie die Wahrheit und das Recht auf ewigen
Fundamenten ruhn“ – Schillers Kunsttheorie

„weil es die Schönheit ist, durch welche man zu der Freiheit wandert.“
Über die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen. 2. Brief

Schiller ist nicht zu verstehen ohne seine Kunsttheorie. In Auseinandersetzung mit


den Prinzipien der klassischen Antike (vor allem der Verbindung von Gutem, Wahrem
und Schönem), im Dialog mit den ästhetischen Vorstellungen Kants, Humboldts und
Rousseaus und in enger Zusammenarbeit mit Goethe entwickelt er seine Theorie des
Schönen. Dabei hat er natürlich immer die durch Literatur und Theater vermittelte „äs-
thetische Erfahrung“ im Blick.
Den Zusammenhang seiner ästhetischen
Theorie vermitteln Christiane Engelmann und
Claudia Kaiser in „Möglichst Schiller“ im
Kapitel X. Hier finden Sie zwei weitere
Schlüsseltexte mit unterschiedlichen
Arbeitsanregungen zum Verständnis der
klassischen Kunstauffassung Schillers.

Die alte Oper in Frankfurt mit der Inschrift:


DEM WAHREN SCHOENEN GUTEN

Friedrich Schiller
Die Schaubühne6 als eine moralische Anstalt betrachtet (1784/1802)
[...] Unsre Natur, gleich unfähig, länger im Zustande des Tiers fortzudauern, als die feinem
Arbeiten des Verstandes fortzusetzen, verlangte einen mittleren Zustand, der beide widerspre-
chende Enden vereinigte, die harte Spannung zu sanfter Harmonie herabstimmte und den
wechselsweisen Übergang eines Zustandes in den andern erleichterte. Diesen Nutzen leistet
überhaupt nun der ästhetische Sinn oder das Gefühl für das Schöne. Da aber eines weisen Ge-
setzgebers erstes Augenmerk sein muss, unter zwei Wirkungen die höchste herauszulesen, so
wird er sich nicht begnügen, die Neigungen seines Volks nur entwaffnet zu haben; er wird sie
auch, wenn es irgend nur möglich ist, als Werkzeuge höherer Plane gebrauchen und in Quellen
von Glückseligkeit zu verwandeln bemüht sein, und darum wählte er vor allen andern die Büh-
ne, die dem nach Tätigkeit dürstenden Geist einen unendlichen Kreis eröffnet, jeder Seelenkraft
Nahrung gibt, ohne eine einzige zu überspannen, und die Bildung des Verstandes und des Her-
zens mit der edelsten Unterhaltung vereinigt. [...].
Die Gerichtsbarkeit der Bühne fängt an, wo das Gebiet der weltlichen Gesetze sich endigt.
Wenn die Gerechtigkeit für Gold verblindet und im Solde der Laster schwelgt, wenn die Frevel
6
Theater

30
der Mächtigen ihrer Ohnmacht spotten und Menschenfurcht den Arm der Obrigkeit bindet,
übernimmt die Schaubühne Schwert und Waage und reißt die Laster vor einen schrecklichen
Richterstuhl. Das ganze Reich der Phantasie und Geschichte, Vergangenheit und Zukunft ste-
hen ihrem Wink zu Gebot. Kühne Verbrecher, die längst schon im Staub vermodern, werden
durch den allmächtigen Ruf der Dichtkunst jetzt vorgeladen und wiederholen zum schauervol-
len Unterricht der Nachwelt ein schändliches Leben. [...] Wenn keine Moral mehr gelehrt wird,
keine Religion mehr Glauben findet, wenn kein Gesetz mehr vorhanden ist, wird uns Medea
noch anschauern, wenn sie die Treppen des Palastes herunter wankt und der Kindermord jetzt
geschehen ist. [-Beispiele-] So gewiss sichtbare Darstellung mächtiger wirkt als toter Buchstab
und kalte Erzählung, so gewiss wirkt die Schaubühne tiefer und dauernder als Moral und Ge-
setze.
Aber hier unterstützt sie die weltliche Gerechtigkeit nur – ihr ist noch ein weiteres Feld geöff-
net. Tausend Laster, die jene ungestraft duldet, straft sie; tausend Tugenden, wovon jene
schweigt, werden von der Bühne empfohlen. Hier begleitet sie die Weisheit und die Religion.
Aus dieser reinen Quelle schöpft sie ihre Lehren und Muster und kleidet die strenge Pflicht in
ein reizendes lockendes Gewand. Mit welch herrlichen Empfindungen, Entschlüssen, Leiden-
schaften schwellt sie unsere Seele, welche göttliche Ideale stellt sie uns zur Nacheiferung aus!
[-Beispiele-]
Ebenso hässlich, als liebenswürdig die Tugend, malen sich die Laster in ihrem furchtbaren
Spiegel ab. [-Beispiele-]
Einen großen Teil dieser Wirkung können wir von der Schaubühne erwarten. [...]

• Entwickeln Sie Thema, Intention und Gedankengang Schillers mit eigenen Worten!
• Grenzen Sie die Erziehungsleistung des Theaters nach Schiller von derjenigen der
Rechtsordnung ab.
• „so gewiss wirkt die Schaubühne tiefer und dauernder als Moral und Gesetze“ –
können Sie diesem Urteil Schillers folgen?

Friedrich Schiller
Über das Pathetische (1793)
Darstellung des Leidens – als bloßen Leidens – ist niemals Zweck der Kunst, aber als Mittel zu
ihrem Zweck ist sie derselben äußerst wichtig. Der letzte Zweck der Kunst ist die Darstellung
des Übersinnlichen, und die tragische Kunst insbesondere bewerkstelligt dieses dadurch, dass
sie uns die moralische Independenz7 von Naturgesetzen im Zustand des Affekts versinnlicht.
[...] Es ist keine Kunst, über Gefühle Meister zu werden, die nur die Oberfläche der Seele leicht
und flüchtig bestreichen; aber in einem Sturm, der die ganze sinnliche Natur aufregt, seine
Gemütsfreiheit zu behalten, dazu gehört ein Vermögen des Widerstandes, das über alle Natur-
macht unendlich erhaben ist. Man gelangt also zur Darstellung der moralischen Freiheit nur
durch die lebendigste Darstellung der leidenden Natur, und der tragische Held muss sich erst
als empfindendes Wesen bei uns legitimiert haben, ehe wir ihm als Vernunftwesen huldigen
und an seine Seelenstärke glauben.
Pathos ist also die erste und unnachlassliche Foderung an den tragischen Künstler, und es ist
ihm erlaubt, die Darstellung des Leidens so weit zu treiben, als es, ohne Nachteil für seinen
letzten Zweck, ohne Unterdrückung der moralischen Freiheit, geschehen kann. Er muss gleich-

7
Unabhängigkeit

31
sam seinem Helden oder seinem Leser die ganze volle Ladung des Leidens geben, weil es sonst
immer problematisch bleibt, ob sein Widerstand gegen dasselbe eine Gemütshandlung, etwas
Positives, und nicht vielmehr bloß etwas Negatives und ein Mangel ist. [...]
Das erste Gesetz der tragischen Kunst war Darstellung der leidenden Natur. Das zweite ist
Darstellung des moralischen Widerstandes gegen das Leiden. [...] Auf der andern Seite sind
aber auch alle diejenigen Grade des Affekts ausgeschlossen, die den Sinn bloß quälen, ohne
zugleich den Geist dafür zu entschädigen. Sie unterdrücken die Gemütsfreiheit durch Schmerz
nicht weniger als jene durch Wollust und können deswegen bloß Verabscheuung und keine
Rührung bewirken, die der Kunst würdig wäre. Die Kunst muss den Geist ergötzen und der
Freiheit gefallen. Der, welcher einem Schmerz zum Raube wird, ist bloß ein gequältes Tier,
kein leidender Mensch mehr; denn von dem Menschen wird schlechterdings ein moralischer
Widerstand gegen das Leiden gefordert, durch den allein sich das Prinzip der Freiheit in ihm,
die Intelligenz, kenntlich machen kann.
Aus diesem Grunde verstehen sich diejenigen Künstler und Dichter sehr schlecht auf ihre
Kunst, welche das Pathos durch die bloße sinnliche Kraft des Affekts und die höchstlebendigs-
te Schilderung des Leidens zu erreichen glauben. Sie vergessen, dass das Leiden selbst nie der
letzte Zweck der Darstellung und nie die unmittelbare Quelle des Vergnügens sein kann, das
wir am Tragischen empfinden. Das Pathetische ist nur ästhetisch, insofern es erhaben ist. Wir-
kungen aber, welche bloß auf eine sinnliche Quelle schließen lassen und bloß in der Affektion
des Gefühlvermögens gegründet sind, sind niemals erhaben, wie viel Kraft sie auch verraten
mögen: denn alles Erhabene stammt nur aus der Vernunft. [...]
Nichts ist edel, als was aus der Vernunft quillt; alles, was die Sinnlichkeit für sich hervorbringt,
ist gemein. Wir sagen von einem Menschen, er handle gemein, wenn er bloß den Eingebungen
seines sinnlichen Triebes folgt, er handle anständig, wenn er seinem Trieb nur mit Rücksicht
auf Gesetze folgt, er handle edel, wenn er bloß der Vernunft, ohne Rücksicht auf seine Triebe,
folgt. [...] Der Kampf mit dem Affekt hingegen ist ein Kampf mit der Sinnlichkeit und setzt
also etwas voraus, was von der Sinnlichkeit unterschieden ist. Gegen das Objekt, das ihn leiden
macht, kann sich der Mensch mit Hülfe seines Verstandes und seiner Muskelkräfte wehren;
gegen das Leiden selbst hat er keine andre Waffen als Ideen der Vernunft. [...]
Der bloß tierische Teil des Menschen folgt dem Naturgesetz und darf daher von der Gewalt des
Affekts unterdrückt erscheinen. An diesem Teil also offenbart sich die ganze Stärke des Lei-
dens und dient gleichsam zum Maß, nach welchem der Widerstand geschätzt werden kann;
denn man kann die Stärke des Widerstandes oder die moralische Macht in dem Menschen nur
nach der Stärke des Angriffs beurteilen. Je entscheidender und gewaltsamer nun der Affekt in
dem Gebiet der Tierheit sich äußert, ohne doch im Gebiet der Menschheit dieselbe Macht be-
haupten zu können, desto mehr wird diese letztere kenntlich, desto glorreicher offenbart sich
die moralische Selbstständigkeit des Menschen, desto pathetischer ist die Darstellung und desto
erhabener das Pathos. [...]

• Beschreiben Sie Schillers Auffassung vom Pathos als einer genuin menschlichen
Möglichkeit.
• Entwickeln Sie eine Mindmap mit seinen zentralen Begriffen.
• Wie würde Schiller die mediale Vermittlung von Katastrophenbildern (z.B. im TV)
bewerten?
• Argumentieren Sie (gegen Schiller) für die Wichtigkeit und Reichweite der „Sinn-
lichkeit“!

32
Arbeitsbereich 5: Aspekte der Rezeption

Werk und Wirkung: Schiller heute

Die Aktualität Schillers zeigt sich nicht nur in zahlreichen Verlagsveröffentlichungen


und Sonderbeilagen der Zeitungen, sondern auch in Lesungen, Theaterinszenierun-
gen und der Präsenz im Internet.

• Recherchieren Sie, welche Aktivitäten rund um Schiller in Ihrer Umgebung stattfin-


den! Nutzen Sie dazu die Möglichkeiten einer Web-Recherche.
• Suchen Sie im Internet gezielt nach weiteren Informationen über Schillers Werk
und Leben, z.B.
– auf den Seiten des Schiller-Nationalmuseums in Marbach
– im Deutschen Literatur-Archiv Marbach
– auf den Seiten der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin
– über die Bildungsserver und Bildungsportale der Länder
– im Netz-Angebot der Verlage
– im Projekt „Klassikerwortschatz“ der Universität Freiburg
– im Gedichtarchiv der „Freiburger Anthologie“
– in den Online-Katalogen der Bibliotheken, z.B. der Deutschen National-
Bibliothek
– in Websites der Schiller-Schulen
– unter den Angeboten der Unterrichtsmaterialien bei Anbietern wie zum und
teachsam
– bei Theatern und Museen
• Stellen Sie ein Plakat mit Informationen zusammen.
• Informieren Sie in der Schülerzeitschrift in Form eines „Schiller-Kalenders“ über
dieses Kulturangebot.
• Organisieren Sie mit Ihren Lehrerinnen und Lehrern Exkursionen und Besuche bei
außerschulischen Lernorten zum Thema Schiller.
• Veröffentlichen Sie Ihre Ergebnisse (in Zusammenarbeit mit dem Webmaster) auf
der Homepage Ihrer Schule.
• Nutzen Sie die Angebote z.B. des Hanser-Verlages /dtv zur Bereitstellung weiterer
Materialien rund um das Thema „Schiller“ – z.B. den Literaturkoffer
• Starten Sie eine Umfrage zur Aktualität Schillers unter Mitschülerinnen und Mit-
schülern, Eltern, Bekannten, auf der Straße...
• Nutzen Sie die Hinweise im Materialteil dieser Arbeitshilfe.
• Viel Erfolg und Vergnügen mit „Möglichst Schiller“!

33
Zitatenpuzzle
Friedrich Schiller heute – Lebendig im Zitat
Auch wenn seine Werke nicht alle und nicht vollständig gelesen werden – im Zitat ist
Schiller lebendig wie kaum ein anderer.
Sie finden hier eine Auswahl von Zitaten aus Texten Schillers.
• Bestimmen Sie den Zusammenhang, in dem das Zitat stehen, worauf es sich be-
ziehen könnte. Schreiben Sie Ihre Vermutung auf.
• Schlagen Sie den Werkzusammenhang nach (in einem Zitatenlexikon [z.B. Büch-
mann, Geflügelte Worte] oder in einer elektronischen Textausgabe, [z.B. der Digi-
talen Bibliothek]) und kontrollieren Sie Ihre Antworten.
• Finden Sie weitere Zitate, indem Sie die Werke durchforsten oder z.B. Ihre Lehre-
rinnen und Lehrer um entsprechende Hinweise bitten. Hilfe bietet z.B. das Büch-
lein Schiller-Zitate von Christel Foerster (Buchverlag für die Frau, 2003).
• Übertragen Sie Frage und Antwort auf Kärtchen. Sie können diese bei einem Wür-
felspiel mit „Ereignisfeldern“ als Quizfragen einsetzen.
• Sie können auch eine Quizuhr bauen (12 nummerierte Felder und einen drehbaren
Pfeil nach Art der Glücksspieluhren) und (den Ziffern zugeordnete) ausgewählte Zi-
tate raten lassen.

An der Quelle saß der Knabe.

Auf den Brettern, die die Welt bedeuten.

Da rufen sie den Geist an in der Not,


Und grauet ihnen gleich, wenn er sich zeigt.

Da werden Weiber zu Hyänen.

Daran erkenn ich meine Pappenheimer.

Das war kein Heldenstück, Octavio!

Dem Mann kann geholfen werden.

Es wächst der Mensch mit seinen größern Zwecken.

Der kluge Mann baut vor.

Der Not gehorchend, nicht dem eignen Trieb.

Der Wahn ist kurz, die Reu ist lang.

Die Axt im Haus erspart den Zimmermann.

Die Sterne lügen nicht.

Durch diese hohle Gasse muss er kommen.

34
Ernst ist das Leben, heiter ist die Kunst.

Es lächelt der See, er ladet zum Bade.

Es ist der Krieg ein roh, gewaltsam Handwerk.


Man kommt nicht aus mit sanften Mitteln.

Fort musst du, deine Uhr ist abgelaufen.

Freiheit ist nur in dem Reich der Träume.

Früh übt sich, was ein Meister werden will.

Hier wendet sich der Gast mit Grausen.

Ich sei, gewährt mir die Bitte, in eurem Bunde der Dritte!

Jetzt oder nie!

Lasst, Vater, genug sein das grausige Spiel.

Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens.

Raum für alle hat die Erde.

Raum ist in der kleinsten Hütte.

Schwer ist d i e Kunst, vergänglich ist ihr Preis,


Dem Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze.

Und der Mensch versuche die Götter nicht.

Und die Treue, sie ist doch kein leerer Wahn.

Und drinnen waltet die züchtige Hausfrau.

Und ich kann sagen, ich bin besser als mein Ruf.

Und neues Leben blüht aus den Ruinen.

Was ist der langen Rede kurzer Sinn?

„Was tun?“ spricht Zeus.

Wehe, wenn sie losgelassen!

Wo alles liebt, kann Karl allein nicht hassen.

Wos not tut, Fährmann, lässt sich alles wagen.

35
Friedrich Schiller heute – Lebendig im Zitat

Zitatpuzzle – Lösungen

An der Quelle saß der Knabe. (Der Jüngling am Bache)


Auf den Brettern, die die Welt bedeuten. (An die Freunde)
Da rufen sie den Geist an in der Not,
Und grauet ihnen gleich, wenn er sich zeigt. (Wallenstein)
Da werden Weiber zu Hyänen. (Lied von der Glocke)
Daran erkenn ich meine Pappenheimer. (Wallenstein)
Das war kein Heldenstück, Octavio! (Wallenstein)
Dem Mann kann geholfen werden (Räuber)
Denn nur der große Gegenstand vermag
Den tiefen Grund der Menschheit aufzuregen,
Im engen Kreis verengert sich der Sinn,
Es wächst der Mensch mit seinen größern Zwecken. (Wallenstein)
Der kluge Mann baut vor. (Wilhelm Tell)
Der Not gehorchend, nicht dem eignen Trieb. (Die Braut von Messina)
Der Wahn ist kurz, die Reu ist lang. (Wallenstein)
Die Axt im Haus erspart den Zimmermann. (Wilhelm Tell)
Die Sterne lügen nicht. (Wallenstein)
Durch diese hohle Gasse muss er kommen. (Wilhelm Tell)
Ernst ist das Leben, heiter ist die Kunst. (Wallenstein)
Es ist der Krieg ein roh, gewaltsam Handwerk.
Man kommt nicht aus mit sanften Mitteln. (Wallenstein)
Fort musst du, deine Uhr ist abgelaufen. (Wilhelm Tell)
Freiheit ist nur in dem Reich der Träume. (Der Antritt des neuen Jahrhunderts)
Früh übt sich, was ein Meister werden will. (Wilhelm Tell)
Hier wendet sich der Gast mit Grausen. (Ring des Polykrates)
Ich sei, gewährt mir die Bitte, in eurem Bunde der Dritte! (Die Bürgschaft)
Jetzt oder nie! (Wilhelm Tell)
Lasst, Vater, genug sein das grausige Spiel (Der Taucher)
Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens. (Jungfrau von Orleans)
Raum für alle hat die Erde. (Der Alpenjäger)
Raum ist in der kleinsten Hütte. (Der Jüngling am Bache)
Schwer ist die Kunst, vergänglich ist ihr Preis,
Dem Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze. (Wallenstein)
Und der Mensch versuche die Götter nicht. (Der Taucher)
Und die Treue, sie ist doch kein leerer Wahn. (Die Bürgschaft)
Und drinnen waltet die züchtige Hausfrau. (Lied von der Glocke)
Und ich kann sagen, ich bin besser als mein Ruf. (Maria Stuart)
Und neues Leben blüht aus den Ruinen. (Wilhelm Tell)
Was ist der langen Rede kurzer Sinn? (Wallenstein)
„Was tun?“ spricht Zeus. (Die Teilung der Erde)
Wehe, wenn sie losgelassen! (Lied von der Glocke)
Wo alles liebt, kann Karl allein nicht hassen. (Don Karlos)

36
Quellen und Materialien zu Schiller
I Werke Schillers
Friedrich Schiller: Sämtliche Werke (in 5 Bänden). Hrsg. von Peter-André
Alt, Albert Meier und Wolfgang Riedel. München: Hanser, 2004 (Seiteniden-
tische Taschenbuchausgabe bei dtv)
Friedrich Schiller. Werke und Briefe, hg. von Georg Kurscheidt. Frankfurt/M.:
Deutscher Klassiker Verlag. Bd. 11: Briefe
Friedrich Schiller. Schöne Briefe. Hrsg.. von Norbert Oellers
22 Briefe im Faksimile
Friedrich Schiller: Avanturen des neuen Telemachs, hrsg. v. Karl Riha. Frankfurt/M.: Insel, 1987
Schillers Zeichnungen mit Kommentaren zum 30. Geburtstag seines Freundes Körner

II Werke über Schiller

Christiana Engelmann, Claudia Kaiser: Möglichst Schiller. Ein Lesebuch. München: dtv 2004
Das biografisch-literarische Lesebuch für junge Leserinnen und Leser. Mit Zeichnungen
von Peter Schössow
Peter-André Alt: Friedrich Schiller. Leben – Zeit – Werk. Eine Biographie. München: C.H. Beck
2000 (2 Bände)
Rüdiger Safranski: Schiller oder die Erfindung des Deutschen Idealismus. München: Hanser,
2004
Safranskis Biographie stellt Schillers Leben und Werke in den Zusammenhang seiner
Gedankenwelt und zeigt seine erstaunliche Modernität.
Siegrid Damm: Das Leben des Friedrich Schiller. Eine Wanderung. Frankfurt/M.: Insel, 2004.
Eine persönliche Spurensuche der Autorin, die u.a. mit Biographien über Frauengestal-
ten um Goethe und über J.M.R. Lenz hervorgetreten ist.
Peter Härtling: Schiller für Kinder. Mit Zeichnungen von Hans Traxler. Frankfurt/M.: Insel, 2004
Ehrenfried Kluchert: Schnellkurs Schiller. Köln: Du Mont 2003.
Stationen in Leben und Werk Schillers in knappen Kapiteln. Mit 70 Abbildungen.
Schiller-Handbuch, hrsg. von Helmut Koopmann. Stuttgart: Kröner, 1998
Wissenschaftliches Handbuch zur Beschäftigung mit allen Fragen rund um Schiller und
sein Werk. Ausführliches Literaturverzeichnis zur Forschungsgeschichte.
Schiller – Bilder und Texte zu seinem Leben. Hrsg. von Axel Gellhaus u.a. Köln 2004.
Stationen in Leben und Werk Schillers in knappen Kapiteln. Mit 70 Abbildungen.
Schiller
40-seitiges Magazin des Deutschen Taschenbuch Verlag (dtv). Oktober 2004. Zentrale
Lebensstationen, Anschauungen und Werke Schillers. Farbig bebildert; DIN-A-4-Format.
Kostenlos im Buchhandel.
Schillers Dramen. Interpretationen. Hrsg. von Walter Hinderer. Stuttgart: Reclam 1992
Ausführliche Interpretationen zu Die Räuber, Die Verschwörung des Fiesco zu Genua,
Kabale und Liebe, Don Carlos, Wallenstein, Maria Stuart, Die Jungfrau von Orleans,
Wilhelm Tell, jeweils mit weiterführenden Literaturangaben. (z.T. identisch mit: Schillers
Dramen. Neue Interpretationen. Stuttgart: Reclam 21986)

37
Friedrich Schiller: Gedichte. Interpretationen. Hg. von Norbert Oellers. Stuttgart: Reclam,
1996.
Ausführliche Interpretationen zu 15 Gedichten Schillers, darunter Der Taucher (G. Kai-
ser), Die Kraniche des Ibykus, Das Lied von der Glocke. Jeweils mit weiterführenden Li-
teraturangaben.
Deutsche Balladen. Gedichte und Interpretationen. Stuttgart: Reclam, 31996.
Darin Interpretationen zu Der Taucher (W. Segebrecht)

III Web-Sites zu Schiller

http://www.friedrich-schiller.de
Schiller-Portal des Deutschen Taschenbuch Verlag. Mit Verlagsinformationen.
http://www.ub.fu-
berlin.de/internetquellen/fachinformation/germanistik/autoren/multi_pqrs/schiller.html
Die Germanistik-Seite der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin.
Hier viele weitere aktuelle Links zu Biografie, Werken, Projekten, Rezensionen und Spe-
zialthemen.
http://www.dla-marbach.de/index.html
Startseite des Schiller-Nationalmuseums und Deutschen Literatur-
archivs in Marbach.
http://www.teachsam.de/deutsch/d_literatur/d_aut/sci/sci_0.htm
Informationen zu Schiller, eingebunden in das umfassende Wis-
sensnetz von Teachsam.
http://www.lehrerfortbildung-
bw.de/faecher/deutsch/projekte/dramatik/kabale/index.html
http://www.lehrerfortbildung-
bw.de/faecher/deutsch/projekte/dramatik/maria_stuart/index.html
Umfangreiche Unterrichtssequenzen zu „Kabale und Liebe“ und
„Maria Stuart“ mit Online-Material und Arbeitsblättern
Schiller-Nationalmuseum,
Marbach

IV CDs zu Schiller

CD-ROM
Deutsche Literatur von Lessing bis Kafka. Hrsg. von Mathias Bertram. Berlin: Digitale Bibio-
thek, 2000. Basisbibliothek 1 CD-ROM, ca. 109.000 S. Studienausgabe ca. 175.000 S.
Umfangreiche Textsammlung, darin editierbare Texte Schillers – Dramen, Erzählungen,
Gedichte, theoretische Schriften.

Audio-CD, Biografie:
Siegrid Damm: Das Leben des Friedrich Schiller – Eine Wanderung. Gelesen von Eva Garg.
München: der hörverlag. 5 CDs, 368 Min.
Rüdiger Safranski: Schiller oder Die Erfindung des Deutschen Idealismus. München: Random
House. 5 CDs, 368 Min.
Peter Härtling: Schiller für Kinder. München: der hörverlag. 1 CD, 71 Min.
Briefe: Der Götter zweite Jugend. Aus dem Briefwechsel Schiller – Goethe. Gelesen von Gert
Westphal und Will Quadflieg. Hamburg: Deutsche Grammophon/Universal. 2 CDS

38
Gedichte:
Diesen Kuß der ganzen Welt. Gedichte und Balladen. Gesprochen von Katharina Thalbach,
Mara Eggert u.a.: Hamburg: Jumbo. 1 CD, 73 Min.
An die Freude. Gedichte und Balladen Schillers. Gelesen von Gert Westphal. Litraton. 1 CD
Balladen. Gesprochen von Maria Becker und Ernst Ginsberg. Hamburg: Deutsche Grammo-
phon/Universal. 1 CD, 46 Min.
Die Lieblingsgedichte der Deutschen. Gelesen von Katharina Thalbach, Konrad Beikircher,
Ulrich Mühe u.a. Düsseldorf: Patmos, 2000. 1 CD, 72 Min.
48 Gedichte, darunter Die Bürgschaft (Ulrich Mühe)

Zeitschriften und Unterrichtsmaterialien:

Text+Kritik: Friedrich Schiller. Edition Text + Kritik: München 2005


Der Deutschunterricht: Schiller. 6/2004. Seelze: Friedrich/Klett 2004.
„Rund um Schiller“. Berlin: Cornelsen, 2004 (Kopiervorlagen)

39
Engelmann, Christiana / Kaiser, Claudia
Möglichst Schiller
Ein Lesebuch
Mit Abbildungen
384 Seiten
Originalausgabe
208 Seiten

ISBN 3-423-62196-6
Euro 7,50 [D] 7,80 [A]
sFr 13,50 L
Ab 14

© 2004 Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München


Alle Rechte vorbehalten
In neuer Rechtschreibung

Reihe Hanser Unterrichtspraxis

Idee, Konzeption und Redaktion


Marlies Koenen
INSTITUT FÜR IMAGE+BILDUNG, Potsdam

40

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