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1
Der Vortragscharakter ist beibehalten, doch wurde der Beitrag für den Druck durch eine
ausführlichere Dokumentation erweitert.
2
Eine für uns tröstliche Anmerkung sei vorweg gestattet. Auch eine vorbildliche Edition
aus der Zeit der Heroen unserer Wissenschaft hatte nicht immer eine rundweg vorbild-
liche Vorgeschichte, so stellt es sich jedenfalls aus der Sicht von Schwartz dar, die
allerdings von unnötigen Vorurteilen nicht frei war. In seinem 1932 verfaßten wissen-
schaftlichen Lebenslauf behauptete er zwar, daß erst mit dem Eintritt von Wilamowitz
in die Kirchenväterkommission der Preußischen Akademie im Jahre 1907 „die Philolo-
gen vom Fach zugezogen wurden und ich die Kirchengeschichte des Eusebius zugewiesen
erhielt“ (E. Schwartz, Gesammelte Schriften 2, Berlin 1956, [1-21] 6), doch arbeitete er
bereits seit Jahren im Auftrag der Kommission an dieser Edition und wurde auch bei
dieser Arbeit finanziell gefördert, wie die erhaltenen Briefe zeigen. Nachvollziehen kann
man den Ärger von Schwartz darüber, daß Theodor Mommsen und ihm folgend die
übrigen Kommissionsmitglieder darauf beharrten, die Rufinsche lateinische Übersetzung
dem griechischen Originaltext in der GCS-Ausgabe gegenüberzustellen, da diese Über-
setzung für das Abendland so große Bedeutung gehabt habe. Schwartz dagegen wollte
ganz richtig in GCS nur die griechische Edition zum Abdruck bringen und die lateinische
Übersetzung in TU veröffentlichen, so wie es auch mit den gleichfalls kulturhistorisch
wichtigen syrischen und armenischen Übersetzungen geschehen war (E. Nestle, Die
Kirchengeschichte des Eusebius aus dem Syrischen übersetzt, TU.NF VI/2, Leipzig 1901;
E. Preuschen, Eusebius’ Kirchengeschichte. Buch VI und VII aus dem Armenischen
übersetzt, TU.NF VII/3, Leipzig 1902). Schwartz interessierten sie alle nur als Vorarbei-
ten für die Textgestaltung des griechischen Originaltextes. Das alles braucht hier nicht
weiter ausgeführt zu werden, da Stefan Rebenich, Theodor Mommsen und Adolf Harnack.
Wissenschaft und Politik im Berlin des ausgehenden 19. Jahrhunderts, Berlin 1997, 199-
1.
Die Arbeit an einer kritischen Edition von Eusebs Kirchengeschichte gehörte
zu den frühesten patristischen Interessen von Schwartz. Denn schon seit den
achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts hatte er daran gearbeitet und dann
bereits im Jahre 1890 von Rostock aus einen genauen Plan für die Ausgabe
dieses Werkes an Theodor Mommsen gesandt. Zur richtigen Einordnung
dieser Daten rufe ich in Erinnerung, daß Schwartz im Jahre 1880 mit 22
Jahren in Bonn promovierte und anschließend zu Handschriftenstudien in
Italien weilte3. Die 1891 gegründete Kirchenväterkommission nahm das
Projekt auf. Mehr als zwanzig Jahre seines Lebens hatte Schwartz dieser
Aufgabe gewidmet, denn erst 1909 brachte er mit dem als letztes publizier-
ten Prolegomenaband die Edition zu einem Abschluß. Dieser Band erschien
also erst einige Jahre nach den beiden Bänden der Edition des Textes, die
bereits in den Jahren 1903 und 1904 veröffentlicht wurden4. Es zeugt von
Schwartzens verantwortungsbewußter Gewissenhaftigkeit und Akribie, daß
er sich die notwendige Zeit zur Reife dieser Arbeit ließ. Gut Ding braucht
eben seine Zeit. Auch im Nachdruck haben wir diese Anordnung der Bände
nicht verändert, obwohl jeder gut daran tut, zuerst den Prolegomenaband
zu studieren, ist er doch mehr als nur ein nebensächlicher Anhang. Es ist ein
stattlicher Band entstanden, der ausführliche Rechenschaft ablegt. Auch das
sollte ein Vorbild für alle Editoren bleiben.
Was nun bewog Schwartz zur Beschäftigung gerade mit diesem Werk
und mit diesem christlichen Schriftsteller? Der Prolegomenaband gibt die
zur Beantwortung dieser Frage notwendigen Hinweise. Es ist natürlich
zuerst Schwartzens Interesse an der ungemein reichen und interessanten
5
Adolf von Harnack hatte schon 1893 in seiner Geschichte der altchristlichen Literatur,
I 2, Leipzig 1893, 561-563, 36 ihm bekannte Handschriften aufgeführt und eine Ord-
nung versucht.
6
E. Schwartz, Art. Eusebios 24), PRE VI/1, München 1907, (1370-1439) 1406 = E.
Schwartz, Griechische Geschichtschreiber, hg. von der Kommission für spätantike Re-
ligionsgeschichte bei der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Leipzig
1957, (495-598) 548f.
7
Schwartz, GCS Eusebius II/3, IX.
8
Schwartz, GCS Eusebius II/3, CXLVI.
9
Schwartz, GCS Eusebius II/3, IX.
10
Ich nenne hier die umfangreichen Untersuchungen: Die Königslisten des Eratosthenes
und Kastor, AGWG 40, 1894, 1-96; Christliche und jüdische Ostertafeln, AGWG.PH
NF 8, 6, 1905; Die Aeren von Gerasa und Eleutheropolis, NGWG.PH 1906, 340-395;
Zur Chronologie des Paulus, NGWG.PH 1907, 262-299. Dazu treten Artikel in PRE
über Chronographen: Art. Apollodoros von Athen, PRE I/2, München 1894, 2856-2886
= Schwartz, Geschichtschreiber (wie Anm. 6), 253-281; Art. Dexippos, PRE V/1,
München 1903, 287-293 = Schwartz, Geschichtschreiber, 282-290; Art. Chronicon
Paschale, PRE III/2, München 1899, 2460-2477 = Schwartz, Geschichtschreiber, 291-
316, und Eusebs Chronik im Art. Eusebios (wie Anm. 6), 1376-1384 = Schwartz,
Geschichtschreiber, 504-516.
11
Schwartz, GCS Eusebius II/3, CCXV-CCXLVIII und 3-10 (Kaiserlisten und Bischofs-
listen).
2.
Widmen wir uns nun als erstes den philologischen Aspekten der Edition.
Die herausragende Qualität der Erforschung der Textüberlieferung und
der Konstituierung des Textes dieser Ausgabe der Eusebschen Kirchenge-
schichte wurde schon von den zeitgenössischen Rezensenten betont12. Als
Beispiel seien hier nur einige Zitate Harnacks, dessen Meinung ja als einem
in der Sicht von Schwartz nicht besonders wohlwollenden Gutachter be-
sonderes Gewicht beizumessen ist, aus seiner Besprechung des ersten Ban-
des gegeben: „Es ist nur Weniges, was ich anzumerken habe. Der Heraus-
geber möge aus den wenigen Bemerkungen, noch mehr freilich aus der
stillschweigenden Zustimmung den Dank erkennen. Der Text, wie ihn
Schwartz vorgelegt hat, hält sich streng – bei sorgfältigster Beobachtung
des Syrers und Rufin’s – an die Überlieferung der griechischen Handschrif-
ten. … Der besondere Werth der neuen Ausgabe liegt in den kritischen
Winken, welche in den Noten gegeben sind. Sie erweisen, mit welchem
Scharfsinn und mit welcher Sorgfalt und Umsicht der Text durchgearbeitet
ist, und offenbaren zugleich die ausbündige Kunst des Herausgebers, in
wenigen Worten viel zu sagen.“13
Das kann man nur unterstreichen. Die Angaben über die Lesarten sind
zuverlässig, wie ich bei Nachkollationen feststellen konnte, die Textüber-
lieferung ist von Schwartz vorzüglich durchleuchtet worden, und er hat sehr
wohlüberlegt und keinesfalls schematisch seine jeweiligen Textentschei-
dungen getroffen, so wie er es in dem vorhin zitierten Grundsatz als Regel
empfahl, von dem ich nur den Satz in Erinnerung rufe: „Man muß vielmehr
immer darauf gefaßt sein, auch in einem abgelegenen Winkel eine gute
Variante zu entdecken.“14 An einer besonders eindrücklichen Stelle, auf die
vor einiger Zeit Hans Georg Thümmel in einem Aufsatz hingewiesen hat15,
sei das demonstriert. Ich bitte Sie aber um Ihre Geduld, da das Problem nicht
mit einigen wenigen Worten zu umreißen und zu erledigen ist.
In seiner Kirchengeschichte16 berichtet Euseb, daß Konstantin nach sei-
nem Sieg über Maxentius befahl, seinem in Rom zu errichtenden Standbild
das trÒpaion toà swthr…ou p£qouj (832,6 Sch.) in die Hand zu geben. Und
er ordnete an, daß sein an einem der belebtesten Plätze Roms errichtetes
12
Die umfassenden und gehaltvollsten Rezensionen habe ich schon im Geleitwort zum
Nachdruck der Edition (GCS Eusebius II/1, Berlin 21999, V) aufgezählt.
13
A. v. Harnack, Einige Bemerkungen zum 5. Buch der Kirchengeschichte des Eusebius
nach der neuen Ausgabe von Eduard Schwartz, SDAW.PH 1903, (200-207) 200.202 =
ders., Kleine Schriften zur Alten Kirche. Berliner Akademieschriften 1890-1907, Leipzig
1980, (630-637) 630.632.
14
Schwartz, GCS Eusebius II/3, CXLVI.
15
H.G. Thümmel, Die Wende Constantins und die Denkmäler, in: Die Konstantinische
Wende, hg. v. E. Mühlenberg, Gütersloh 1998, (144-185) 158-165.
16
H.e. IX 9,10f. (832,3-14 Schwartz).
17
GCS Eusebius I/1, 36,11-37,2 Winkelmann.
18
Schwartz, GCS Eusebius II/3, XXII.
19
Schwartz, GCS Eusebius II/3, LXXXIII-LXXXV (Aufzählung der Stellen).
20
Schwartz, GCS Eusebius II/3, CXLIV.
21
Schwartz, GCS Eusebius II/3, CXLVI.
22
Schwartz, GCS Eusebius II/3, CIV (Aufzählung von Stellen).
Tr.“23 Dann zitiert er die syrische Übersetzung. Der Übersetzer müsse „das
Wort staurÒj in seinem Text gefunden haben; in welcher Form, läßt sich
nicht mehr feststellen“.
Schwartz führte also eine ganze Reihe von Gründen für seine Text-
entscheidung an. Zum einen verwies er darauf, daß das Adjektiv swt»rioj
typischer Sprachgebrauch Eusebs ist, wie viele Stellen der Kirchengeschich-
te und die Parallelstelle in der Vita Constantini belegen. Zum anderen
erweise sich der Bezug auf staurÒj als späteres erläuterndes Glossem, als
ein späterer Zusatz oder eine Korrektur. Das scheint mir beweiskräftig zu
sein.
Die Entscheidung von Schwartz läßt sich noch durch weitere Aspekte
stützen:
Auch über die genannte VC-Stelle hinaus wird in der Vita Constantini
das Adjektiv swt»rioj oft gebraucht und erweist sich als typisch eusebia-
nisch24.
Für Eusebs Stil sind Umschreibungen charakteristisch, vor allem, wenn
von ihm Begriffe zu gebrauchen waren, die ihm nicht genehm waren. Zu
den Themen, die er zu umgehen trachtete, da sie seiner universalistisch-
soteriologischen Konzeption nicht entsprachen, gehörte die Kreuzestheo-
logie, soweit man das aus den erhaltenen Schriften Eusebs entnehmen
kann25. Den stellenweise unpräzisen Stil bedauern wir heutigen Leser ja
gerade bei ihm. Schwartz selbst charakterisierte Eusebs Stil in der Kirchen-
geschichte mit den zutreffenden Worten: „Eusebs salopper Stil schreckt vor
Wiederholung desselben Wortes und pleonastischer Häufung durchaus
nicht zurück, wie die im Index unter ‚Pleonasmus‘ und ‚Wiederholungen‘
angeführten Stellen bezeugen.“26 Man sollte zu Eusebs Stil in seiner Kir-
chengeschichte den gesamten Syntaktischen Index vergleichen27 und dabei
bedenken, daß Schwartz in ihm nur eine Auswahl bot.
Erich Dinkler und Erika Dinkler-von Schubert haben die Vielschich-
tigkeit der Kreuzsymbolik und christlichen Kreuzesinterpretation und den
langen Prozeß seiner Aufnahme in den staatlich-kultischen Bereich heraus-
23
Schwartz, GCS Eusebius II/3, LXXXIVf.
24
Vgl. im Register zu GCS Eusebius Werke I/1, Berlin 21991, 222.
25
Zur Orientierung über die Theologie Eusebs sei hier nur auf die folgenden Untersuchun-
gen verwiesen: H.-G. Opitz, Euseb von Caesarea als Theologe, ZNW 34, 1935, 1-19;
J. Sirinelli, Les vues historiques d’Eusèbe de Césarée durant la période prénicéenne, Paris
1961; G. Ruhbach, Apologetik und Geschichte. Untersuchungen zur Theologie Eusebs
von Caesarea, Diss. theol. Heidelberg 1962; C. Lubheid, Eusebius of Caesarea and the
Nicene Creed, IThQ 39, 1972, 299-305; F. Winkelmann, Euseb von Kaisareia, Berlin
1991, 116-138; W. Kinzig, Novitas Christiana. Die Idee des Fortschritts in der Alten
Kirche bis Eusebius, Göttingen 1994, 517-568; J. Ulrich, Euseb von Caesarea und die
Juden, PTS 49, Berlin/New York 1999, 160-201; A.M. Ritter, in: C. Andresen/A.M.
Ritter (Hgg.): Handbuch der Dogmen- und Theologiegeschichte 1, Göttingen 21999,
151-155 (dort weitere Literaturhinweise).
26
Schwartz, GCS Eusebius II/3, C.
27
Schwartz, GCS Eusebius II/3, 209-216.
28
E. Dinkler (†)/E. Dinkler-von Schubert, Art. Kreuz I, RBK 5, Stuttgart 1991, 1-219. Von
den Aufsätzen seien hier nur genannt: E. Dinkler-von Schubert, Nomen ipsum crucis
absit (Cicero, Pro Rabirio 5, 16). Zur Abschaffung der Kreuzigungsstrafe in der Spät-
antike, JbAC 35, 1992, 135-146; dies., Stauros. Vom „Wort vom Kreuz“ (1. Kor. 1,18)
zum Kreuz-Symbol, in: D. Mouriki/Ch. Moss (Edd.), Byzantine East, Latin West. Art-
historical Studies in honor of Kurt Weitzmann, Princeton 1995, 29-38.
29
Thümmel, Die Wende Constantins (wie Anm. 15), 160.
3.
Aus der Prüfung der Handschriften erwuchs die These, daß sowohl aus der
handschriftlichen Überlieferung als auch aus inneren Indizien auf mehrere,
von Euseb selbst veranstaltete Ausgaben des Werkes zu schließen sei. Die
ausführliche Beweisführung ist ein weiterer Schwerpunkt der Prolegomena.
30
Gestatten Sie mir noch zwei kurze Bemerkungen zum Sprachgebrauch Eusebs in seiner
Vita Constantini: 1) In der Fortsetzung der genannten Stelle VC I 41 (37,3f. W.) ist die
Rede von des Kaisers Ðmolog…a toà nikopoioà stauroà, so bietet der größte Teil der
Handschriften den Text, nur der Cod. Vatic. gr. 149 (V) schreibt Ðmolog…a toà nikopoioà
swtÁroj. Ich sehe jetzt, daß ich mich in meiner Vita Constantini-Edition dafür hätte
entscheiden sollen. 2) In VC I 28-32 (29,23-32,8 W.) wird über die Kreuzeserscheinung
des Kaisers berichtet. Hier wird von Euseb einige Male der Begriff staurÒj gebraucht,
doch ist dabei zu beachten, daß Euseb einen Bericht des Kaisers wiedergibt. Und er
macht einleitend (I 28,1 [29,23-30,5 W.]) sehr deutlich, daß dieser Bericht von ihm nicht
vorbehaltlos akzeptiert werden kann.
30b
Zu den auf S. 64-66 aufgeführten Argumenten übermittelt mir Frau PD Dr. Karin
Metzler noch die folgende Ergänzung:
„Daß Schwartz die richtige textkritische Entscheidung getroffen hat, kann man außer
durch die Werk-Parallelen dadurch bekräftigen, daß man die Genese der Lesart erklärt,
wozu ich die mündlich mitgeteilten Vorschläge zweier Wissenschaftler anführen möchte.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten: als Schreiberkonjektur im M (so Schwartz S.
LXXXIV: ‚Ebenso befreit M 832,7 von einem Glossem‘), als Bewahrung einer guten
alten Lesart (wie Schwartz sie S. LXXXIIIf. für M. aufführt und Sie auch für diese Lesart
bevorzugen) oder durch Zufall.
Es kann mechanischer Zufall am Werk sein, wie D. Reinsch vorschlägt. Man muß
davon ausgehen, daß früh in der Überlieferung tÕ swt»rion am Rand durch die Glosse
stauroà erläutert wurde; beide Substantive wurden sicher als Nomina sacra geschrie-
ben. Durch diese Glosse lassen sich alle Lesarten als Ersatz oder Addition erklären, auch
die von T1BD: kaˆ d¾ stauroà shme‹on. Wenn die Vorlage von M den Text KAI DH TO
STROU SRION SHMEION aufwies, könnte M die ähnlichen Nomina sacra STROU und
SRION verwechselt haben, so daß durch Zufall wieder der ursprüngliche Text entstand
(KAI DH TO SRION SHMEION): Die richtige Lesung in M ist unter dieser Annahme eine
zufällig richtige Korruptele.
Es kann aber auch, wie M. Kohlbacher erkannte, die ursprüngliche Randglosse
STROU in der Weise in den Text eingedrungen sein, daß beide Nomina sacra überein-
ander standen:
STROU
KAI DH TO SRION SHMEION
Auch aus dieser Form lassen sich ebenfalls alle Lesarten erklären. M kann das
Glossem STROU bewußt (als Konjektur; wie Schwartz annahm) oder aus Versehen
weggelassen haben; der ursprüngliche Wortlaut stammte jedenfalls aus alter Überliefe-
rung. Auf jeden Fall ist Eduard Schwartz zu danken, daß er nicht aus einer zu kurz
greifenden stemmatischen Überlegung die M-Lesart verworfen hat.“
31
Vgl. Schwartz, GCS Eusebius II/3, XLVIIf.: Nr. 2, 5, 6, 7, 8, 9.
32
Vgl. Schwartz, GCS Eusebius II/3, XLVIII: Nr. 10.
33
Vgl. Schwartz, GCS Eusebius II/3, XLIX: Nr. 11.
34
Vgl. Schwartz, GCS Eusebius II/3, XLVII: Nr. 1.
35
Vgl. Schwartz, GCS Eusebius II/3, XLIX, Nr. 12. – Dazu nannte Schwartz als Nr. 3 und
4 (XLVII) noch zwei Bemerkungen, die ATER bewahrten, die aber in BDM und
Übersetzungen gestrichen worden seien, da sie mit dem späteren Bild des Christen-
freundes Konstantin nicht mehr übereingestimmt hätten.
36
Schwartz, GCS Eusebius II/3, LI.
37
Schwartz, GCS Eusebius II/3, L. Mit dieser Katastrophe ist die Besiegung des Licinius
durch Konstantin am 3. Juli 324 bei Adrianopel und endgültig am 18. September 324
bei Chrysopolis und die wohl zu Beginn des Jahres 325 erfolgte Ermordung des Licinius
mit folgender damnatio memoriae gemeint.
38
Schwartz, GCS Eusebius II/3, L.
39
Schwartz, GCS Eusebius II/3, LII.
40
Schwartz, GCS Eusebius II/3, LII-LIX.
41
Schwartz datierte den Tod, wie zu seiner Zeit allgemein üblich, auf das Jahr 316. Vgl.
dazu A. Demandt, Die Spätantike, HAW III 6, München 1989, 59 Anm. 68. T.D. Barnes
vertritt neuerdings das Jahr 311 oder 312 als Todesjahr, vgl. ders., Lactantius and
Constantine, JRS 63, 1973, (29-46) 32-34, und ders., The New Empire of Diocletian and
Constantine, Cambridge, Mass. 1982, 32.
42
Siehe dazu oben Anm. 37.
43
326 ist das Jahr des großen Familiendramas, nämlich der Ermordung von Crispus,
Fausta und anderer Verwandten. – Eigentümlicherweise erwähnte Schwartz nicht, daß
Harnack bereits im Jahre 1904 aus inneren Indizien auf mehrere Ausgaben des Werkes
geschlossen hatte, und setzte sich auch nicht mit dessen Beweisführung auseinander.
Harnack hatte die folgenden Ausgaben und Datierungen unterschieden: 305-312/3
Buch I-VII; 312/3 + Buch VIII 1-VIII 13,7; 313/4 + Buch VIII 13,8-VIII 16 und Buch
IX; 324/5 + Buch X. Es sei hier die ganze Beweisführung zitiert: „Eusebius schloß nun
(im J. 312, als er in Ägypten weilte; denn in diesem Jahr befinden wir uns höchst
wahrscheinlich) Buch VIII, c. 1 – 13,7 an die sieben ersten Bücher unmittelbar an; denn
hier ist ein deutlicher Einschnitt. Hierauf verfaßte er die Schrift über die palästinensi-
schen Märtyrer, unmittelbar nach dem großen Umschwung im J. 313. Er gedachte zuerst
sein kirchengeschichtliches Werk dadurch zu ergänzen, daß er einen Auszug aus jener
Schrift ihm beigab, und verfuhr so. Aber das genügte ihm nicht; er entschloß sich, die
Kgeschichte fortzuführen, indem er VIII, 13, 8 – VIII, 16 und IX hinzufügte. … Dies
geschah nicht später als im Jahr 313/4; denn am Schluß von Buch IX erscheinen
Konstantin und Licinius noch im tiefsten Frieden. Nach c. elf Jahren endlich fügte
Eusebius auf den Wunsch des Paulinus von Tyrus noch das 10. Buch hinzu. Welche
Diorthosen bei diesen Zusätzen in bezug auf den Text der älteren Bücher vorgenommen
worden sind und wie sich in der Zeit des Wachstums der Kgeschichte Neubearbeitung
und Edition verhalten haben, kann nicht mehr ermittelt werden“ (A.v. Harnack, Ge-
schichte der altchristlichen Literatur, Teil II 2, Leipzig 1904, 114).
44
Schwartz, GCS Eusebius II/3, LIX.
45
R. Laqueur, Eusebius als Historiker seiner Zeit, Berlin/Leipzig 1929.
46
Siehe oben Anm. 43.
47
Vgl. dazu den Forschungsbericht von T.D. Barnes, The Editions of Eusebius’ Ecclesias-
tical History, GRBS 21, 1980, (191-201) 192-196 = ders., Early Christianity and the
Roman Empire, London 1984, Nr. XX. Mit drei Auflagen rechnen für die Chronik R.W.
Burgess, Studies in Eusebian and Post-Eusebian Chronography, Hist.E 135, Stuttgart
1999, 66, für die Märtyrer in Palästina R. Laqueur/H. Emonds, Zweite Auflage im
Altertum. Kulturgeschichtliche Studien zur Überlieferung der antiken Literatur, KPS 14,
Leipzig 1941, 41-45.
48
Verwiesen sei hier nur auf Barnes, Editions (wie Anm. 47), 191-201 (mit weiteren
Literaturangaben).
49
Schwartz ging von der Datierung 323 aus, die nach heutigen Erkenntnissen überholt ist.
Zeitgenossen Euseb selbst. Das könnte zwar durch die Beobachtung ge-
stützt werden, daß Euseb auch in seiner Vita Constantini (I 49-56), also am
Ende seines Lebens, ein negatives Bild des Licinius gezeichnet hatte. Doch
hat er andererseits in seiner Kirchengeschichte (X 8,2) sehr deutlich ge-
macht, daß ein Wandel in der Haltung des Licinius zu konstatieren sei. Er
sei Mitkaiser und Verwandter Konstantins gewesen, dann aber durch
Satans Einfluß vom guten Weg zum schlechten abgeirrt. Damit war eigent-
lich eine Streichung der vorhergehenden positiven Erwähnungen dieses
Kaisers im achten und neunten Buch (VIII 17,5; IX 9,1.12; IX 10,3; IX
11,7; X 5-7) nicht notwendig. Ja, die Dramatik der Entwicklung dieses
Kaisers vom Guten zum Schlechten ist ja in der von ATER überlieferten
Version viel größer. So wäre doch wohl durchaus auch der Schluß möglich,
daß BDM eine später gereinigte Form bieten, die auf einen nacheuse-
bianischen Redaktor zurückgeht. Denn den späteren Redaktoren traute
Schwartz ja große Eingriffe zu, wie wir gesehen haben.
Auch der Hypothese, Euseb habe nachträglich sein Urteil über Galerius
geändert, indem er der konstantinischen Propaganda folgte, die sich in der
Schuldfrage allein auf Diokletian konzentriert habe, und daß aus diesem
Grunde auch die Streichung der Passage VIII 16,3 in BDM und der
syrischen Übersetzung und die Streichung der Appendix des achten Buches
in BDMT sowie syrischer und lateinischer Übersetzung auf Euseb zurück-
gehe, könnte man entgegenhalten, daß auch noch in der Vita Constantini
(I 56,2 [44,18 W.]; I 57 [44,20-45,7 W.]) Galerius als prwtost£thj tîn
kakîn, der als erster „seine Seele mit dem Blute der Gerechten und Gottes-
fürchtigen befleckte“, bezeichnet und das Strafgericht Gottes, das ihn mit
schrecklichem Leiden traf, geschildert wird.
Nur am Rande sei noch gesagt, daß die damnatio memoriae des Crispus
nur in der syrischen Übersetzung durchgeführt ist (X 9,4.6) und von keiner
der griechischen Handschriften unterstützt wird. Sie kann also wohl kaum
auf Euseb zurückgeführt werden.
Schwartz hielt Euseb für einen gewissenhaften Gelehrten, der sich um
Genauigkeit bemühte und sich verpflichtet gefühlt habe, sein Werk suk-
zessive zu erweitern, entsprechend den sich überstürzenden neuen Ent-
wicklungen – ein Urteil, das Schwartz vor allem aus dem Studium der
Eusebschen Chronik gewann. Da er zudem in der Kirchengeschichte eine
materialreiche Fortsetzung dieser Chronik sah, die das Christentum als
eine göttliche Institution erweisen sollte und die schließlich auf eine Ver-
herrlichung der Dynastie Konstantins hinauslief, mutete er Euseb auch die
nachträgliche Tilgung in der Darstellung alles dessen zu, was diese Kon-
zeption stören konnte und der konstantinischen Geschichtsdeutung nicht
mehr entsprach50. „Es ist menschlich begreiflich, daß eine dem religiösen
50
Neben den schon genannten Abschnitten der Praefatio (GCS Eusebius II/3) ist hier noch
besonders auf die Ausführungen von Schwartz, Art. Eusebios (wie Anm. 6), und Über
heit, wobei er die Chronik und die Kirchengeschichte als praeparatio und
die Vita Constantini als demonstratio versteht, ähnlich den beiden ge-
schichtstheologischen Werken des Euseb Praeparatio evangelica und De-
monstratio evangelica. So zieht Burgess den Schluß: „history for Eusebius
was an apologetic tool to promote and vindicate the truth of Christianity
and the person and policies of Constantine and his sons, who were the
agents of the Church’s success.“ Daraus ergibt sich dann das Urteil:
„Eusebius followed each of Constantine’s modifications of history to the
letter“55; denn Gott habe sich zu Konstantin bekannt, also tat es Euseb
auch und tilgte folglich in seiner Geschichtsdarstellung alle Feinde Kon-
stantins.
Diese Deutung, die die Vita Constantini als Krönung der Geschichts-
theologie Eusebs und als Abschluß seines historischen Schaffens versteht,
führt sicher in die Irre, zum einen wegen der falschen Interpretation des
Anliegens, das Euseb mit seiner Vita Constantini zum Ausdruck bringen
wollte, zum anderen, weil man die Intentionen des historiographischen
Schaffens Eusebs nicht erfassen kann, wenn man isoliert nur seine histo-
rischen Schriften ins Auge faßt.
Einen wirklichen Zugang zu ihm wird man nur finden, wenn man in
erster Linie seine geschichtstheologischen Konzeptionen ernstnimmt. Nur
von seinen theologischen Grundlagen aus findet man den Weg auch zu
seinen historiographischen Zielstellungen. Man wird also auch seine histo-
rischen Werke in die Gesamtheit seiner vornizänischen Schriften einzuord-
nen und sie in diesem Rahmen zu interpretieren haben. In dieser Richtung
sind schon einige überzeugende Versuche unternommen worden56. Es sei
hier besonders auf die Studie von Dieter Timpe verwiesen, der in der
origenistischen Theologie den Schlüssel zu Eusebs heilsgeschichtlicher Sicht
der Kirchengeschichte findet und dabei zu der für unseren Zusammenhang
sehr wichtigen Feststellung gelangt, daß den Geschehnissen seiner Gegen-
wart keine besondere Bedeutung für die historiographische Motivation
Eusebs zukam. „Es geht [Euseb – W.] in der Kirchengeschichte sicherlich
nicht darum, ihr die entscheidende Erfüllung in politischen Ereignissen der
Gegenwart zuzuschreiben.“57 Sollte es Euseb bei seiner universalistischen
55
Burgess, Studies (wie Anm. 47), 66-90 (hier auch die Hinweise auf die vorhergehende
Forschung); die beiden oben gegebenen Zitate 71 und 67; er nennt die Chronik und die
Kirchengeschichte Eusebs „the twin trunks that support the final Christian vision of the
VConst“ (ebd. 72).
56
Vgl. die Angaben oben Anm. 25; dazu F. Bovon, L’Histoire Ecclésiastique d’Eusèbe de
Césarée et l’histoire du salut, in: F. Christ (Hg.): Oikonomia, FS O. Cullmann, Hamburg
1967, 129-139; M. Tetz, Christenvolk und Abrahamsverheißung. Zum ‚kirchenge-
schichtlichen‘ Programm des Eusebius von Caesarea, in: JbAC.E 9, 1982, 30-46; D.
Timpe, Was ist Kirchengeschichte? Zum Gattungscharakter der Historia Ecclesiastica
des Eusebius, in: W. Dahlheim (Hg.), FS R. Werner, Xenia 22, Konstanz 1989, 171-204.
57
Timpe, Was ist Kirchengeschichte? (wie Anm. 56), 174. Hier finden wir die Erklärung
auch dafür, daß Euseb in der Fortsetzung seiner Chronik bis zum Jahr 324 zur Verwun-
derung Burgess’ nur wenige historiographische Einträge vornahm.
58
Vgl. nur die yÒgoi im Text, auf die schon G. Pasquali, Die Composition der Vita
Constantini des Eusebius, Hermes 45, 1910, (369-386) 382f.385, aufmerksam machte.
59
Schwartz, GCS Eusebius II/3, L.
60
Vgl. dazu die Literaturangaben oben Anm. 10.
4.
Fassen wir zusammen: Es ist vor allem die philologische Leistung von
Schwartz, die über jeden Zweifel erhaben ist, das heißt die zuverlässigen
Kollationen der Handschriften, die auch in Kleinigkeiten wohlüberlegte
Konstituierung des Textes, die präzisen Apparate zum Text, die vorbildli-
che Prüfung der einzelnen Textzeugen wie auch Textgruppen, die ausge-
zeichneten, durchdachten Register. So ist sie zu der Ausgabe der Kirchen-
geschichte Eusebs geworden und auch bis heute geblieben. Sie wurde in
den fünfziger Jahren von Gustave Bardy lediglich mit ganz geringfügigen
Änderungen in die Sources Chrétiennes übernommen. Und jetzt noch nach
fast hundert Jahren konnte sie in einem unveränderten Nachdruck erschei-
nen. Richtungsweisend war es auch, daß der Editor schon im Jahre 1908
61
Schwartz, GCS Eusebius II/3, CCXVII
62
Schwartz, GCS Eusebius II/3, CCXVI.
63
Schwartz, GCS Eusebius II/3, 3-10 und 11-46.
64
Schwartz, GCS Eusebius II/3, CCXLVIII.
65
A.A. Mosshammer, The Chronicle of Eusebius and Greek Chronographic Tradition,
Lewisburg, P. A. 1979; R.W. Burgess, Studies (wie Anm. 47), 28-45.74-85.
eine editio minor herausgab, die dann noch mehrfach nachgedruckt wurde
(1914 und 1952), die für Studierende und breitere Kreise, die des Griechi-
schen mächtig waren, gedacht war. Damit bewirkte er, daß das Werk nicht
nur elitären Zirkeln von Fachgenossen zugänglich blieb.
Starke Impulse für die weitere Forschung gingen und gehen noch immer
von Schwartzens These mehrerer Ausgaben des Werkes durch den Autor
aus. Auch sein Beitrag zur chronologischen Arbeit Eusebs hat sehr zur
Durchdringung dieser komplizierten Materie beigetragen.
An den Schluß sei ein sehr beherzigenswertes Wort von Eduard Schwartz
gestellt. Er schreibt nämlich im Vorwort zum Prolegomenaband, Eusebs
Kirchengeschichte sei „ein compliciertes Werk, das zwar rasch auf Grund
eines längst gesammelten Materials zusammengeschrieben, aber mit unver-
ächtlicher Kunst aufgebaut ist, welche sorgfältige Vertiefung des Lesers
erfordert; es geschieht ihm Unrecht und führt auch zu verhängnisvollen Irr-
tümern, wenn es nur nachgeschlagen und nicht gelesen wird“66. Schwartzens
Edition der Kirchengeschichte Eusebs ist ein hervorragendes Beispiel dafür,
daß eine vorbildliche und in Buchform veröffentlichte Edition eine sehr lange
Lebensdauer hat und im Informationszeitalter mit allen anderen Informa-
tionsmitteln gut mithalten kann.
ABSTRACT
66
Schwartz, GCS Eusebius II/3, XII.