Sie sind auf Seite 1von 2

Acta Eruditorum – Ausgabe 1

Vorwort des Kanzlers Toran Dur, Erzmagus des Ita'Glur:

Ehre sei den Göttern und der Krone.

Es ist mir eine besondere Freude hier das Vorwort zur ersten Ausgabe der Acta Eruditorum der
Ersonter Reichsuniversität zu Falkensee verfassen zu dürfen. Besonderer Dank gilt hier Herrn
Nicholas Roth, welcher den regen Schriftverkehr mit den Gelehrten Falandriens aufrecht erhält
und uns so erlaubt, Einblick in die dortigen Diskussionen zu nehmen. Zusätzlich dazu werden wir
auch besondere Ergebnisse der Forschung aus der Reichsuniversität in diesem Blatt der Insel kund
tun. In diesem Zuge möchte ich auch alle Gelehrten der Insel einladen an diesem Werk
mitzuwirken zur Glorie Astraels und zur Verbreitung des Wissens.

Erklärung des Endes des Universalienstreits durch den Naturphilosophen Stordian Tucher:

In diesem Astrael erklärte der Ersonter Naturphilosoph Stordian Taucher, bekannt für seine
exakten Beschreibungen des Linsenschleiferhandwerks, eigenhändig den jahrhundertealten Streit
zwischen Semantikern und Syntaktikern für beendet. Der Streit geht auf die Frage nach einer
unabhängigen Existenz von Ideen und Konzepten zurück und lässt sich bis zum Anbeginn der
Ideenlehre zurückverfolgen, die in heutiger Zeit zu beeindruckender Blüte gelangt ist und auch
Ungelehrten in der Form vom Gleichnis der Höhle oder vom Gleichnis der Wolken bekannt ist.

Während Syntaktiker der festen Überzeugung sind, dass solche Ideen und Konzepte, die auch
weithin als Universalien bezeichnet werden, reine Begriffsbildungen sind und ihr Inhalt allein
durch den Verstand projektiert wird und daher durch Sprache, Logik und Kultur eines Betrachters
bestimmt wird, sind Semantiker von der absoluten und unabhängigen Existenz solcher
Universalien überzeugt. Überzeugte Syntaktiker finden sich vornehmlich in der arkanen
Gesellschaft, die tief von der Erfahrung der beliebigen Manipulierbarkeit der Umwelt geprägt ist,
während Semantiker vor allem durch einen tiefen Glauben geprägt werden, durch den sie die
absolute Existenz aller abstrakten Ideen in der himmlischen Sphäre Astraels verankern. Die Frage
der Existenz von Universalien ist seit Anbeginn der Philosophie ungeklärt und wird inzwischen
vornehmlich als Glaubensfrage behandelt, jedoch im ernsthaftem Diskurs meist schamhaft
vermieden.

Stordian Tucher gehört zu einem Zirkel von Naturphilosophen, die von der Unzulänglichkeit
menschlicher Betrachtungen ausgehen und sich den Verstand als gefangen in einem Käfig aus
minderwertigen Sinneswerkzeugen vorstellen. Mit Hilfe eines fähigen Anatomens aus Papin hat
Tucher mit Experimenten an seinem eigenen Auge begonnen. In seinen Briefen beschreibt er
genau und ausführlich, verschiedenste Werkzeuge, welche er durch den Anatom erfinden ließ, mit
denen er sein eigenes Auge bei lebendigem Leibe zusammen stauchte, während ihm ein
Handlanger die Zeichnung eines perfekten Kreis vor die Augen hielt. Tucher beschreibt bis in die
kleinste Einzelheit seine Empfinden während der Manipulation seines Auges, wodurch seine Briefe
für Ungelehrte nur schwer lesbar werden und ein flaues Gefühl im Magen hinterlassen könnten.
Jedoch erklärt er ebenfalls jede Veränderung seiner Sicht von den Abbildungen, die ihm vorgeführt
wurden, und konnte sogar den Grad und die Richtung der Verstauchung seines Auges mit der
Verstauchung der ihm vorgeführten Bilder in mehreren Formeln in Verbindung bringen.

Während seinen Experimenten erkannte Tucher ebenfalls die frappierende Ähnlichkeit der
erlebten Verzerrungen der vorgeführten Bilder mit den Verzerrungen durch schlechte oder
krumme Monokellinsen. Doch Tucher geht in seinen Ausführungen weiter und driftet in späteren
Briefen an die gelehrte Gesellschaft ins Philosophische ab, postuliert er doch nicht nur die
Unzulänglichkeit des Auges sondern weist auch darauf hin, dass auch perfekte Formen der
Geometrie ihre Perfektion und Absolutheit durch einfachste mechanische Manipulationen
verlieren. Tucher stellt die Frage, inwieweit ein ihm verzerrt erscheinender Kreis noch mit dem
Konzept eines perfekten Kreises in Verbindung steht und zieht daraus den Schluss, dass ein solches
Konzept als Universalismus nur sinnvoll ist, wenn es durch seine eigenen Sinne bestätigt wird.

Erste Erwiderungen aus gelehrigen Kreisen, die mehr der Idee der Semantiker zugeneigt sind,
weisen darauf hin, dass Tucher zwar keinerlei perfekten Kreise mehr beobachtete, jedoch sowohl
der Diener als auch der Handlanger, dessen Augen noch in einen natürlichen und unmanipuliertem
Zustand waren. Weitere Erwiderungen von einflussreichen Kritikern in verschiedenen Rundbriefen
von Gelehrtenzirkeln und Akademien, die Tuchers Behauptungen für anmaßend und
undurchdacht halten, haben ihn in den letzten Monaten verstummen lassen. Es scheint, dass die
Frage des Universalienproblems damit noch lange nicht beantwortet ist.

Weiteres aus der Gelehrtenwelt vom Festland:

Ein Astraelgeweihter aus Falkenstein hat die bisherige Vorstellung von Unendlichkeit überworfen
und postuliert die Existenz von unterscheidbaren, abzählbaren und orderbaren Formen der
Unendlichkeit. Bisherige Zahlengelehrte und Philosophen sind ob der Schönheit seiner Erklärungen
oder Beweise in heller Aufregung.

Die Hohe Feldscherschule von Drakonis veröffentlichte eine ausführliche Arbeit eines Schülers, der
sich mit den heutigen Methoden des Steinschneidens beschäftigt und zum Schluss kommt, dass
jene bereits vor Jahrhunderten in Endophal bekannt waren und so das siechende Sterben und
furchtbare Leiden früherer Kranker unnötig gewesen wäre, hätte man das alte Wissen aus
Endophal konserviert.

Ein Historiker aus Ventria behauptet eindeutige Beweise für den Mythos des Silberschatzes des
weißen Magierpfades gefunden zu haben. Der berühmte Mondsilberschatz, der angeblich eine
ganze Kutsche hätte füllen können, soll vom weißen Pfad aufgrund der vermeintlichen
Verwendung im Elixier des Lebens oder im Stein der Weisen gehortet worden sein. Laut den
Studien des Historikers ging das Wissen über die mystischen Eigenschaften dieses Silberschatzes in
eine katastrophengeplagten Zeit des Reiches für einige Jahrzehnte verloren und ein unwissender
Landesfürst hat das Silber nach einer Bergung zu Münzen prägen lassen, wobei das Silber mit
allerlei unedlen Stoffen vermischt worden sei und damit den Großteil seiner Reinheit eingebüßt
habe. Interessanterweise vermag der Historiker das vermeintliche Verschwinden des Silbers in den
Geldbeuteln des ganzen Festlandes zeitlich mit einem sprunghaften Anstieg der Lebenserwartung
des einfachen Volkes in Verbindung zu bringen.

Das könnte Ihnen auch gefallen