Definition
Diagnostik
Anamnese
Anfallsartige Atemnot, Brustenge, (trockener) Husten und pfeifendes
Atemgeräusch allein oder in Kombination, ggf. allergische Diathese.
2 Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Asthma
Körperlicher Untersuchungsbefund
– Giemen und Brummen.
– Verlängerte Dauer der Exspiration.
– Atemsynchrone thorakale Einziehungen bei Kindern.
Lungenfunktionsdiagnostik
– Erforderlich zur Diagnose, die auf dem Nachweis einer reversiblen
Atemwegsobstruktion basiert.
– Spirometrie: FEV1 und VK, Quotient FEV1/VK.
– Reversibilitätstest mit raschwirksamem Beta2-Sympathomimeti-
kum: 15 – 30 Minuten nach Inhalation.
– Reversibilitätstest entweder mit ICS (vier Wochen ICS mit einer ho-
hen Dosis (s. Tabelle 5)) oder mit systemischen Glucocorticosteroi-
den (z. B. 0,5 mg Prednisolon pro kg KG über 14 Tage).
– Zirkadiane PEF-Variabilität (Minimaler PEF-Morgenwert bei Mes-
sungen über 7 Tage in % des PEF-Bestwertes.) Schwankungen ⬎ 20%
sind typisch für (unzureichend kontrolliertes) Asthma. Bei schwe-
rem Asthma mit stark eingeschränkten PEF -Werten kann die Vari-
abilität vermindert sein.
– Ganzkörperplethysmographie: Weniger mitarbeitsabhängig als die
Spirometrie. Indiziert bei unklarer Obstruktion, ungenügender Mit-
arbeit, bei unklarer Atemnot. Messwerte: Raw, ITGV, sRaw.
* Beispiel: FEV1 steigt nach Salbutamol DA von 2500 auf 3000 ml an, Reversibilität 20%.
Diagnostik 3
Allergologische Stufendiagnostik
– Anamnese (einschließlich häusliche und berufliche Allergene).
– Hauttests mit Soforttyp-Allergenen.
– Spezifisches IgE im Serum.
4 Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Asthma
Anamnese, körperliche
Untersuchung
Spirometrie
FEV1/VK < 70 %
Reversibilitätstest: Inhalatives
Beta2-Sympathomimetikum
ja
) FEV1 Å 15 % ? ja nein
nein
Reversibilitätstest: Inhalatives/
systemisches Glucocorticosteroid
) FEV1 Å 15 % ? ja
nein
weiterführende Diagnostik
Asthma weiterführende Diagnostik Asthma
(Differentialdiagnosen)
Ziel
Bestmögliche Asthma-Kontrolle durch Reduktion der asthmatischen
Entzündung.
– Symptomfreiheit (Anfälle, Atemnot, Husten, nächtliches Erwachen).
– Keine Exazerbationen.
– Keine Notfallbehandlungen.
– Kein Bedarf an zusätzlichen raschwirksamen Beta2-Sympathomi-
metika zur Symptomlinderung.
– Keine Einschränkung der psychischen und physischen Leistungsfä-
higkeit.
– Normale Lungenfunktion und zirkadiane PEF-Variabilität ⬍ 20%.
– Keine Nebenwirkungen durch die Medikamente.
– Keine krankheitsbedingte Beeinträchtigung der physischen, psy-
chischen und geistigen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen.
Prävention
Meidung von Asthmaauslösern:
– Aktives und passives Rauchen.
– Allergene bei bestehender aktueller Sensibilisierung.
– Exposition gegenüber beruflichen Allergenen und Schadstoffen.
Medikamentöse Therapie
– Dauermedikation zur Langzeitkontrolle („Controller“).
– Bedarfsmedikation („Reliever“).
Stufentherapie:
– Nach Schweregrad (unbehandeltes Asthma) (Tab. 1 a und b, Tab. 2,
Tab. 3 a und b).
– Nach Symptomen, die unter Behandlung noch bestehen (Tab. 4).
raschwirksames Theophyllin*
Anmerkungen
– Systemische Glucocorticosteroide sind mit hohem Nebenwirkungs-
risiko in der Langzeittherapie behaftet.
– Nur Patienten mit intermittierendem Asthma, mit seltenen Be-
schwerden, zum Beispiel bei versehentlichem Allergenkontakt,
benötigen keine antientzündliche Basistherapie. Cave: Auch bei
intermittierendem Asthma können schwere Exazerbationen auftre-
ten.
– Das schwere persistierende Asthma kann in der Regel nicht voll-
ständig kontrolliert werden. Hier ist die bestmögliche Asthmakon-
trolle das Therapieziel.
– Bei persistierenden nächtlichen Anfällen kann die Tagesdosis des
Glucocorticosteroids (2/3 morgens, 1/3 um 15 Uhr) geteilt verabreicht
werden. Cave: Nebennierenrindeninsuffizienz beim Absetzen.
– Montelukast kann bei Patienten mit schwerem persistierenden
Asthma additiv wirksam sein. Das Präparat ist in dieser Indikation in
anderen Ländern zugelassen.
Beim Nichtansprechen auf die Therapie sind vor Einleitung einer oralen
Glucocorticosteroid-Dauertherapie zu überprüfen:
– Therapietreue.
– Inhalationstechnik.
– Diagnose (COPD? Zentrale Atemwegsstenose? Churg-Strauss-Syn-
drom? Vocal-Cord-Dysfunction? Angstzustände? Rezidivierende
Lungenembolien? etc.).
– Anhaltende Exposition gegenüber Schadstoffen und Allergenen.
12 Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Asthma
– Optimale Atemmanöver:
– Dosieraerosol (mit/ohne Spacer): Langsame tiefe Inspiration,
Atem anhalten.
– Pulverinhalator: Rasche tiefe Inspiration.
– Vernebler: Langsame tiefe Inspiration mit kurzer Pause.
Anstrengungsasthma
– Als einzige Asthmamanifestation: Prophylaxe und Therapie s. Tab. 6.
– Häufig ist anstrengungsinduziertes Asthma Ausdruck einer inadä-
quaten Asthmakontrolle. Gegebenenfalls ist die Dauertherapie zu
intensivieren (Tab. 4).
Prophylaxe ja ja ja ja ja
Anstrengungsasthma (Fortsetzung):
– Bei ausreichend kontrolliertem Asthma: Prophylaxe und Therapie s.
Tab. 7.
Bei der Behandlung des (Anstrengungs)asthmas von Leistungssport-
lern ist der Doping-Vorbehalt zu berücksichtigen
(s. http://www.wada-ama.org/).
Saisonales Asthma
Folge einer saisonalen Allergen-Exposition (z. B. Pollen).
– Außerhalb der Saison keine Symptome, Lungenfunktion normal.
Behandlung: Nach den aktuellen Symptomen (Pollenflug abhängig).
Idealerweise keine Behandlung nach Ende der Pollensaison mehr
erforderlich.
– Auch als saisonale Verschlechterung eines perennialen Asthmas: In-
tensivierung der laufenden Dauerbehandlung nach Tab. 4.
– Indikation zur allergenspezifischen Immuntherapie prüfen.
Der Asthma-Anfall beim Erwachsenen 17
Berufsasthma
Diagnostik
– „Daran denken“.
– Arbeitsanamnese sowie Lungenfunktion mit/ohne Exposition am
Arbeitsplatz longitudinal dokumentieren.
– Überweisung zum qualifizierten Facharzt bzw. zur qualifizierten
Einrichtung.
– Im Vorfeld einer vermuteten Berufskrankheit Prävention prüfen.
– Verdacht auf Berufskrankheit an Landesgewerbearzt oder Unfall-
versicherungsträger melden (Formular unter www.hvbg.de/).
– Cave: Voreilig ausgestellte Atteste führen oft zum Verlust des
Arbeitsplatzes.
Initialtherapie (ambulant)
– 2 – 4 Hübe eines raschwirksamen Beta2-Sympathomimetikums, z. B.
Fenoterol, Salbutamol, bzw. Formoterol (hier Höchstdosis pro 24
Stunden: 72 µg beachten) (DA + Spacer); ggf. nach 10 – 15 min wie-
derholen.
18 Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Asthma
Initialtherapie ambulant
– Sauerstoff 2 – 4 l/min über Nasensonde (Atmung beachten).
– 2 – 4 Hübe eines raschwirksamen Beta2-Sympathomimetikums, z. B.
Salbutamol, Fenoterol, bzw. Formoterol (hier Höchstdosis pro 24
Stunden: 72 µg beachten) (DA + Spacer); ggf. nach 10 – 15 min wie-
derholen.
– 2 – 4 Hübe Ipratropium.
– 50 – 100 mg Prednisolonäquivalent oral oder intravenös.
– Atemerleichternde Lagerung (sitzend, Unterarme unterlagert), Lip-
penbremse.
– Beta2-Sympathomimetikum parenteral: z. B.
– Terbutalin 0,25 – 0,5 mg s. c. (ggf. Wiederholung in 4 Stunden)
oder
– Reproterol 0,09 mg (= 1 ml Amp.) langsam i. v. (Wiederholung
nach 10 min möglich).
– Theophyllin i. v.: nicht empfohlen.
– Notarzt bzw. umgehende Einweisung in ein Krankenhaus mit ärztli-
cher Begleitung in Intubationsbereitschaft.
– Während des Transportes: Sauerstoffgabe und Beta2-Sympathomi-
metika-Inhalation mittels Vernebler.
Der Asthma-Anfall beim Erwachsenen 19
Weitere Therapieformen
– Bei mangelndem Ansprechen frühzeitig und wiederholt zusätzlich
Ipratropiumbromid zur Inhalation (20 µg/Hub (DA) oder 250 µg/Do-
sierung als Fertiginhalat zusammengemischt mit dem Beta2-Sym-
pathomimetikum-Inhalationslösung).
– Theophyllin i. v. bei leichtem bis mittelschwerem akuten Asthma-
Anfall nicht indiziert.
Der Asthma-Anfall beim Kind 21
Stationäre Notfallaufnahme
Wenn sich der Zustand nach Gabe eines Beta2-Sympathomimetikums
nicht sofort deutlich gebessert hat, ist die stationäre Aufnahme erfor-
derlich.
– Während des Transportes: Sauerstoffgabe (SaO2 ⬎ 92%) und
Beta2-Sympathomimetika-Inhalation.
Behandlung
Bronchodilatatoren
2 – 4 Hübe eines raschwirksamen Beta2-Sympathomimetikums, DA mit
Spacer und Maske (keine orale Gabe). Bei schwereren Verläufen in
Kombination mit Ipratropiumbromid 2 – 4 Hübe (20 µg/Hub).
Glucocorticosteroidtherapie
Frühzeitig erwägen. Intravenöse Applikation bis zu 3 Tage.
Nichtmedikamentöse Maßnahmen 23
Nichtmedikamentöse Maßnahmen