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Faust. Eine Tragödie (auch Faust. Der Tragödie erster Teil oder Faust I) von
Johann Wolfgang Goethe gilt als das bedeutendste und meistzitierte Werk der
deutschen Literatur.
Die 1808 veröffentlichte Tragödie greift die Geschichte des historischen Doktor
Faustus auf und wird in Faust II zu einer Menschheits-Parabel ausgeweitet.
Inhalt
Die Handlung spielt zu Lebzeiten des historischen Faust (ca. 1480–1538), also
während der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit. Die Handlungsorte liegen in
Deutschland, beispielsweise in Leipzig oder im Harz.
Heinrich Faust, wie der historische Faust (ca. 1480–1538) ein angesehener
Forscher und Lehrer zu Beginn der Neuzeit, zieht die Bilanz seines Lebens und
kommt zu einem doppelt niederschmetternden Fazit: Als Wissenschaftler fehle es
ihm an tiefer Einsicht und brauchbaren Ergebnissen, und als Mensch sei er
unfähig, das Leben in seiner Fülle zu genießen. In dieser verzweifelten Lage
verspricht er dem Teufel seine Seele, wenn es diesem gelingen sollte, Faust aus
seiner Unzufriedenheit und Ruhelosigkeit zu befreien. Der schließt mit Faust
einen Pakt, verwandelt ihn zurück in einen jungen Mann, nimmt ihn mit auf eine
Reise durch die Welt und hilft ihm, die Liebschaft mit der jungen Margarete,
genannt Gretchen, einzufädeln.
Figuren
ferner: Chor der Engel, Chor der Weiber, Chor der Jünger, Spaziergänger aller Art,
Bauern, Geister, Lustige Gesellen, Hexentiere, Böser Geist, Walpurgisnacht-
Figuren, Stimme von oben, ein Pudel
Einleitung
Zueignung
Satan wettet mit Gott.
Szene aus der Hiobslegende auf einem Fresko im Campo Santo di Pisa, von
Taddeo Gaddi (um 1290–1366)
Bei dem Gedicht „Zueignung“ handelt es sich inhaltlich um eine Elegie, formal
um eine Stanze. Goethe spricht darin die Personen des Dramas selbst an,
berichtet vom Erwachen des Schaffensprozesses und gibt die Gefühle wieder, die
sich seiner dabei bemächtigt haben. Er trauert den vergangenen Zeiten nach,
seiner Jugend, seiner ersten Liebe und Leidenschaft und den verlorenen
Gefährten dieser Zeit.
Ein Theaterdirektor, ein Dichter und die Lustige Person (gemeint ist ein
Schauspieler) streiten über Sinn und Zweck eines gelungenen Theaterspiels. Der
Direktor betont dessen unternehmerische, der Dichter die künstlerische, die
Lustige Person die unterhaltende Absicht. Ihr Kompromiss sei das nun folgende
Universalstück, der Faust: So schreitet in dem engen Bretterhaus | den ganzen
Kreis der Schöpfung aus | und wandelt mit bedächt'ger Schnelle | vom Himmel
durch die Welt zur Hölle!
Prolog im Himmel
Der Prolog im Himmel ist an die Hiobswette im Alten Testament angelehnt. Der
Herr bringt die Sprache auf Doktor Faust, seinen Knecht, der ihm bisher nur
verworren diene. Mephisto wettet, er könne Faust verführen, vom rechten Weg
abzuweichen. Der Herr nimmt die Wette an und sagt voraus, dass Mephisto
verlieren werde: Ein guter Mensch in seinem dunklen Drange | ist sich des
rechten Weges wohl bewusst.
Fausts lerneifriger Famulus Wagner ist der Typus des auf reine Buch-
Gelehrsamkeit bauenden, dabei optimistischen und fortschrittsgläubigen
Wissenschaftlers. (Er wird im zweiten Teil des Faust als Professor und
Reagenzglas-Genetiker auftreten und die nüchtern wissenschaftliche Position
gegenüber dem Faustschen Schwärmertum vertreten. Durch die Erschaffung
eines künstlichen Menschen (Homunculus) erweist aber auch er sich als Visionär.)
Ein seltsamer schwarzer Pudel folgt den beiden Spaziergängern; Faust nimmt ihn
mit in sein Studierzimmer.
Unterdessen wird der zugelaufene Pudel unruhig und entpuppt sich, von Faust
mit Zaubersprüchen beschworen, als der Teufel Mephisto, der sich vorstellt als
ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft und als
Geist, der stets verneint.
Faust hat vom derben Treiben bald genug, aber Mephisto bittet um Geduld: Gib
nur erst acht, die Bestialität wird sich gar herrlich offenbaren. Der Wein
verwandelt sich plötzlich in Feuer und die Trinkenden wollen Mephisto mit
Messern ans Leder. Dank seiner magischen Kräfte gelingt es diesem jedoch, mit
Faust aus dem Trubel zu fliehen. Die Studenten bleiben verstört zurück: Nun sag
mir eins, man soll kein Wunder glauben!
Hexenküche
Mephisto führt Faust in eine Hexenküche, in der ihm ein Zaubertrank verabreicht
wird, der ihn verjüngt und ihm jede Frau begehrenswert erscheinen lässt. Faust
wehrt sich zunächst, fügt sich dann aber doch, überrumpelt von Mephistos
schmeichelnden Worten und der verwirrenden Umgebung in diesem Wust von
Raserei. Er trinkt das Zaubergebräu.
Faust bietet dem von der Beichte kommenden Gretchen seine Begleitung an. Das
aus einfachen Verhältnissen stammende Mädchen weist ihn zurück. Faust ist von
Gretchens Aussehen und Wesen eingenommen: So etwas hab ich nie gesehn.
Mit der Drohung, andernfalls den Pakt zu brechen, fordert Faust von Mephisto,
ihm Gretchen noch am gleichen Tag als Geliebte zu verschaffen. Mephisto, der
die Beichte belauscht hat, wendet ein, er habe keine Gewalt über das
unschuldige Mädchen. Faust entgegnet: Ist über vierzehn Jahr doch alt. Mephisto,
Fausts Lüsternheit verspottend (Ihr sprecht schon fast wie ein Franzos!), mahnt,
man müsse mit Geduld und List vorgehen.
Vorerst soll Faust sich damit begnügen, Gretchens verwaistes Zimmer zu sehen.
Faust verlangt von Mephisto, ein Geschenk für das Mädchen zu besorgen.
Abend
Zu Hause angekommen, fragt sich Gretchen, wer wohl der Herr gewesen sei, der
sie auf der Straße angesprochen hat. Aufgrund seiner stattlichen Erscheinung
und seines kecken Auftretens hält sie Faust für einen Edelmann.
In Gretchens Abwesenheit führt Mephisto Faust in deren Zimmer und lässt ihn
allein. An diesem Ort spürt Faust süße Liebespein. Er malt sich Gretchens
bisheriges Leben aus und erfreut sich an der Vorstellung eines „reinen“, in seiner
ärmlichen, aber ordentlichen Umwelt verwurzelten Mädchens. Hier möcht ich
volle Stunden säumen, erklärt er beim Betrachten ihres Bettes.
Unversehens erkennt Faust sein Eindringen als Frevel und ist von seinem eigenen
Vorgehen befremdet: Armselger Faust, ich kenne dich nicht mehr! Mephisto
drängt wegen Gretchens baldiger Rückkehr zur Eile. Er versteckt ein von ihm
gestohlenes Schmuckkästchen im Schrank und macht sich über Fausts Bedenken
lustig.
Gretchen kommt zurück, entkleidet sich und singt dabei das Lied vom König in
Thule. Sie findet das Kästchen und rätselt über dessen Herkunft. Sie legt den
wertvollen Schmuck um und posiert damit vor dem Spiegel.
Spaziergang
Ein tobender Mephisto berichtet Faust, Gretchen habe den Schmuck ihrer Mutter
gezeigt, die daraufhin einen Pfarrer einschaltete. Der habe den verdächtigen
Schatz prompt für die Kirche eingezogen und himmlischen Lohn dafür
versprochen. Mephisto verhöhnt die Bereitwilligkeit, mit der die Kirche Güter
einstreiche, ohne sich um deren Herkunft zu scheren.
Mephisto erzählt, Gretchen denke ans Geschmeide Tag und Nacht, Noch mehr an
den, ders ihr gebracht. Faust verlangt umgehend ein neues, noch wertvolleres
Geschenk. Außerdem soll Mephisto Gretchens Nachbarin zu seiner Komplizin
machen.
Nachbarin Marthe Schwerdtlein denkt an ihren verschollenen Mann, der sie auf
dem Stroh allein zurückgelassen habe. Sie will ihn in seiner Abwesenheit nicht
betrügen, hätte nur gern, falls er tot sei, eine amtliche Bestätigung dafür.
Gretchen kommt und zeigt Marthe den neuen Schmuck. Diese rät ihr, ihn vor der
Mutter zu verbergen und einstweilen nur heimlich in Marthes Haus zu tragen.
Mephisto bringt Marthe eine Nachricht: Ihr Mann ist tot und lässt Sie grüßen. Der
Verstorbene liege in Padua begraben. Zu einem abendlichen Treffen in Marthes
Garten will er den für einen Totenschein benötigten zweiten Zeugen für diesen
Sachverhalt mitbringen. Nachdem er Gretchen zuvor bereits geschmeichelt hat,
reif für einen vornehmen Verehrer zu sein, beschreibt er diesen Zeugen als
feinen Gesellen, der Fräuleins alle Höflichkeit erweist. Marthe sichert zu, auch
Gretchen werde beim Treffen zugegen sein.
Mephisto flirtet mit Marthe, zieht sich aber schnell zurück, als die
frischgebackene Witwe darauf einzugehen scheint: Die hielte wohl den Teufel
selbst beim Wort.
Straße 2
Faust erkundigt sich bei Mephisto nach den Fortschritten der Werbung um
Gretchen. Mephisto hofft hier auf Marthes Hilfe, im Gegenzug müsse Faust aber
den Tod ihres Gatten bezeugen. Zunächst will Faust dies nur tun, wenn er zuvor
das Grab in Padua in Augenschein nehmen könne.
Garten
Faust und Gretchen kommen einander näher. Sie beschreibt ihre Gefühle bei der
ersten Begegnung, er spricht von der Möglichkeit, sich hinzugeben ganz und eine
Wonne zu fühlen, die ewig sein muss.
Faust und Gretchen küssen sich, ein Glücksmoment, den Mephisto stört, indem er
Faust zum Aufbruch drängt. Das zurückbleibende Gretchen versteht nicht, was
der gebildete Faust an ihr findet (Bin doch ein arm unwissend Kind), erwidert
aber voller Naivität seine Zuneigung.
Allein in der Natur dankt Faust dem Erdgeist, der ihm alle Wünsche erfüllt habe.
Statt sie mit der kühlen Distanz des Wissenschaftlers nur zu betrachten, könne er
die Natur nun direkt erfassen und in ihre tiefe Brust schauen. Doch Faust beklagt
auch seine wachsende Abhängigkeit vom Zyniker Mephisto und den von ihm
offerierten Verlockungen.
Die Meditation wird von Mephisto gestört, der über Fausts Begeisterung an der
öden Natur spottet (Dir steckt der Doktor noch im Leib!) und dessen Seligkeit mit
Selbstbefriedigung vergleicht. Derweil, so Mephisto, warte Gretchen sehnsüchtig
auf den Geliebten.
Faust verdammt Mephisto, weil dieser seine Begierde wieder anstachelt (Und
nenne nicht das schöne Weib!), kann sich des Sogs der Gedanken an Gretchen
aber nicht erwehren. Sei die Verführung des Mädchens durch höllischen Einfluss
schon unvermeidlich, mags gleich geschehn, auch wenn Gretchen dann mit ihm
zugrunde gehn werde.
Gretchens Stube
Gretchen spürt, wie distanziert Faust der Kirche gegenübersteht, und stellt ihm
daher die „Gretchenfrage“: Nun sag, wie hast du’s mit der Religion?
Widerstrebend und ausweichend erläutert Faust, wie unzulänglich ihm
traditionelle Religiosität erscheine. An feste Begriffe wie „Gott“ oder „Glauben“
will er seinen Pantheismus nicht binden: Ich habe keinen Namen / Dafür! Gefühl
ist alles; / Name ist Schall und Rauch / Umnebelnd Himmelsglut. Gretchen
akzeptiert zwar Fausts Antwort, hält ihm aber vor, kein Christentum zu haben. In
diesem Zusammenhang erwähnt sie ihre starke Abneigung gegen Mephisto, der
ihr ein heimlich Grauen einflöße. Zum Abschied klagt Faust: Ach kann ich nie / Ein
Stündchen ruhig dir am Busen hängen / Und Brust an Brust und Seel in Seele
drängen? Er gibt Gretchen ein angeblich harmloses, letztlich jedoch tödliches
Schlafmittel, das sie ihrer Mutter am nächsten Abend verabreichen soll, damit er
Gretchen unbemerkt aufsuchen kann.
Am Brunnen [Bearbeiten]
„Ach neige,
Du Schmerzensreiche,
Dein Antlitz gnädig meiner Not!“
Gretchen vor der Mater dolorosa, von Wilhelm von Kaulbach
Beim Wasserholen trifft Gretchen auf Lieschen. Diese klatscht, eine gemeinsame
Bekannte, Bärbelchen, sei von ihrem Liebhaber geschwängert und dann
verlassen worden. Gretchens Mitleid mit dem Mädchen teilt Lieschen nicht.
Bärbelchen habe sich ihr Geschick aufgrund von Eitelkeit und Koketterie selbst
zuzuschreiben: War doch so ehrlos, sich nicht zu schämen, Geschenke von ihm
anzunehmen.
Wieder allein, bereut Gretchen, früher ähnlich den Stab über gefallene Mädchen
gebrochen zu haben. Nun sei sie selbst eine Sünderin: Doch – alles, was dazu
mich trieb, Gott! war so gut! ach, war so lieb!
Zwinger [Bearbeiten]
Vor einem Andachtsbild ruft Gretchen die Mater Dolorosa an, ihr in ihrer Not
beizustehen und sie vor Schmach und Tod zu bewahren, denn nur sie, die um
ihren gekreuzigten Sohn trauernde Maria, könne Gretchens Leid nachvollziehen.
Nacht [Bearbeiten]
Gretchens Bruder Valentin, Soldat und einst stolz auf die Tugend seiner
Schwester, hat von ihrem Fehltritt erfahren. Er fürchtet die ihm deswegen
drohenden Sticheleien. Vorm elterlichen Hause wartet er auf den nahenden
Verführer. Dieser soll nicht mit dem Leben davonkommen.
Faust und Mephisto schmieden Pläne, den Kirchenschatz zu stehlen. Faust hofft,
ein Halsband für Gretchen zu finden, die er ungern ohne Geschenk besuche.
Mephisto bietet an, Gretchen einstweilen durch ein Lied auf eine weitere Nacht
mit Faust einzustimmen.
Valentin tritt hervor und zerschlägt die Zither des singenden Mephisto.
Angestachelt von Mephisto und mit dessen Hilfe, ficht Faust mit Valentin. Als
Letzterem die Hand erlahmt, nutzt Faust nach Mephistos Aufforderung Stoß zu!
die Gelegenheit und ersticht Gretchens Bruder. Faust und Mephisto fliehen vor
dem drohenden Blutbann aus der Stadt.
Gretchen wird vom sterbenden Valentin vor aufgeschreckten Bürgern der
Zuchtlosigkeit beschuldigt. Er prophezeit der Schwester ein Ende als gewöhnliche
Hure. Marthes Ermahnung, sich nicht im Tode noch zu versündigen, kontert er
mit Vorwürfen an die Kupplerin. Er selbst sterbe als Soldat und brav.
Dom [Bearbeiten]
Gretchen nimmt an einem Gottesdienst teil. Ein böser Geist erinnert sie
angesichts jener Schuld, die sie nun am Tod von Mutter und Bruder trägt, an die
verlorenen Tage ihrer kindlichen Unschuld und bestätigt Gretchens Ahnung,
schwanger zu sein.
Als der Chor den Hymnus Dies irae intoniert, der auf das Jüngste Gericht
vorausweist, fällt Gretchen in Ohnmacht.
Walpurgisnacht [Bearbeiten]
„Ein bißchen Diebsgelüst, ein bißchen Rammelei. So spukt mir schon durch alle
Glieder, die herrliche Walpurgisnacht.“
Kupferstich von W. Jury nach Johann Heinrich Ramberg (1829)
Faust wird von Mephisto zum Hexentanz der Walpurgisnacht auf den Brocken
gelockt. Sie geraten in eine Windsbraut, ein Gewimmel von Hexen, die zur
Bergspitze hinauf reiten, wo der Teufel Hof hält. Faust wünscht sich, selbst zum
Gipfel vorzudringen: Dort strömt die Menge zu dem Bösen; Da muss sich
manches Rätsel lösen. Mephisto überredet Faust, stattdessen an einer Hexenfeier
am Hang teilzunehmen. Er bietet an, dort als Fausts Kuppler zu fungieren. Bald
ergehen sich beide im Tanz und anzüglichem Wechselgesang mit zwei lüsternen
Hexen.
Faust bricht den Tanz ab, als er sich vor seiner Partnerin ekelt (ihr springt ein
rotes Mäuschen aus dem Mund) und ihm ein blasses, schönes Kind erscheint, das
ihn an Gretchen erinnert und ein rotes Schnürchen um den Hals trägt (ein
Vorverweis auf Gretchens Hinrichtung). Um Faust von dem Zauberbild
abzulenken, führt Mephisto diesen auf einen Hügel, wo ein Theaterstück
aufgeführt werden soll.
Walpurgisnachtstraum [Bearbeiten]
Der Walpurgisnachtstraum ist ein auf dem Blocksberg zur goldenen Hochzeit des
Elfenkönigspaares Oberon und Titania aufgeführtes Theaterstück, ein „Stück im
Stück“ mit zahlreichen zeitgenössischen Anspielungen (vor 1808).
Faust hat erfahren, dass Gretchen in ihrer Verzweiflung ihr neugeborenes Kind
ertränkt hat, dafür zum Tode verurteilt worden ist und nun ihre Hinrichtung
erwartet. Er macht Mephisto Vorhaltungen, ihm dies verheimlicht und ihn mit den
Ausschweifungen der Walpurgisnacht abgelenkt zu haben. Mephisto verhöhnt
Fausts Reaktion als typisch für einen Menschen, der sich zwar mit teuflischen
Mächten einlasse, aber die Konsequenzen nicht tragen könne: Drangen wir uns
dir auf, oder du dich uns?
Faust fordert von Mephisto, Gretchen zu retten, andernfalls sei dieser auf
Jahrtausende verflucht. Auf Mephistos Erinnern an Fausts eigene Verantwortung
(Wer war’s, der sie ins Verderben stürzte? Ich oder du?) weiß dieser nichts zu
entgegnen.
Trotz der schweren Strafe, die ihn wegen Valentins Tod in der Stadt erwartet, will
Faust zu Gretchen in den Kerker gebracht werden. Mephisto erklärt, er könne
zwar den Wächter einschläfern und Zauberpferde für die Flucht stellen, befreien
müsse Faust Gretchen aber selbst.
„Dein bin ich, Vater! Rette mich! Ihr Engel! Ihr heiligen Scharen, lagert euch
umher, mich zu bewahren! Heinrich! Mir graut's vor dir.“
Gretchen empfiehlt sich Gott, Mephisto zieht Faust mit sich. Lithografie von
Wilhelm Hensel nach den Angaben des Fürsten Radziwill (1835)
Faust dringt in den Kerker ein. Das verwirrte und von Schuldgefühlen gequälte
Gretchen hält ihn zunächst für ihren Henker. Als sie ihn schließlich erkennt,
schwankt sie zwischen ihrer Liebe und ihrer Angst, noch tiefer ins seelische
Verderben gezogen zu werden. Faust will sie zur Flucht überreden, doch sie
weigert sich: Von hier ins ewige Ruhebett und weiter keinen Schritt! Als Gretchen
Mephisto hinter Faust auftauchen sieht, erschrickt sie und empfiehlt sich Gott:
Gericht Gottes! dir hab ich mich übergeben!
Mephisto drängt Faust aus dem Gefängnis: Sie ist gerichtet. Doch eine Stimme
von oben offenbart Gretchens Erlösung: Ist gerettet. Mephisto und Faust fliehen.
(Das Drama ist damit noch nicht abgeschlossen. Im Faust II wird die Tragödie
fortgesetzt und in andere dramaturgische Dimensionen überführt.)
Gliederung [Bearbeiten]
Nach der Zueignung und dem Vorspiel auf dem Theater, die nicht bei jeder
Aufführung des Faust gespielt werden, gehört der Prolog im Himmel bereits zur
Handlung, da die Wette zwischen dem Herrgott und Mephisto den Anlass für
Fausts Schicksal gibt.
Die beiden Haupthandlungsstränge sind die Tragödie des verzweifelten
Wissenschaftlers, der sich dem Teufel verschreibt, sowie die daraus erwachsende
Tragödie des verführten und ins Unglück gestürzten Mädchens Gretchen. Man
unterscheidet daher zwischen „Gretchentragödie“ und der „Gelehrtentragödie“.
Mit Gretchens Hinrichtung und der Errettung ihrer Seele endet der erste Teil des
Faust; die Gelehrtentragödie findet ihre Fortsetzung und Erfüllung im zweiten
Teil.
Die Szene Walpurgisnachtstraum oder Oberons und Titanias goldne Hochzeit ist
im Untertitel als Intermezzo gekennzeichnet und wird ebenfalls nicht bei jeder
Aufführung des Faust gespielt.
Sprache [Bearbeiten]
Mit Ausnahme der Szene Trüber Tag. Feld ist der Faust in Versen geschrieben.
Goethe verwendete den am Versende reimenden Knittelvers, wie er in ähnlicher
Form schon zu Lebzeiten des historischen Doktor Faust, etwa von Hans Sachs
benutzt wurde, und den Madrigalvers. Das Versmaß des Faust passt also nicht
nur gut zum historischen Hintergrund, es ermöglicht auch eine lebensechte
Sprache der Personen.
Ein bekanntes Beispiel für einen unreinen Reim im Faust weist auf die
mundartliche Prägung des Verfassers hin („dialektischer Reim“). Gretchens
Anrufung Mariens, Ach, neige, | Du Schmerzenreiche (3587–3588), reimt sich
nicht in der Standardsprache, aber im Frankfurter Hessisch, in dem Goethe
aufwuchs.
Ort der Handlung ist Deutschland, unter anderem Leipzig und der Harz. Die Zeit
ist etwa die Lebenszeit des historischen Faust (ca. 1480–1538), also die Wende
vom Mittelalter zur Neuzeit.
Goethes Tragödie steht in einer Reihe von literarischen Bearbeitungen des Faust-
Stoffes, und es lassen sich entsprechende Bezüge zu den Vorgängertexten
herstellen. Durch die Übernahme des Hiob-Motivs ist die Szene Prolog im Himmel
eine Neugestaltung der Bibel-Stelle Buch Hiob 1, 6 – 12.
Interpretationen [Bearbeiten]
Faust I ist (im Unterschied zu Faust II) auf den ersten Blick kein schwieriger Text,
Sprache und Handlung sind bei der ersten Lektüre oder dem ersten Besuch einer
Aufführung unmittelbar zugänglich.
Die Sprache ist zuweilen poetisch überhöht, etwa in Gretchens Klagen, jedoch
niemals kompliziert. Zum Beispiel lässt Fausts großer Monolog zu Beginn der
Handlung an Klarheit nichts zu wünschen übrig; so spricht ein frustrierter
Intellektueller: „Habe nun ach! Philosophie, Juristerei und Medizin, und leider
auch Theologie! durchaus studiert mit heißem Bemühn. Da steh ich nun, ich
armer Tor! und bin so klug als wie zuvor; heiße Magister, heiße Doktor gar, und
ziehe schon an die zehen Jahr herauf, herab und quer und krumm meine Schüler
an der Nase herum – und sehe, dass wir nichts wissen können! Das will mir schier
das Herz verbrennen!“ (354–365)
Handlungsverlauf und Charaktere geben ebenfalls keine Rätsel auf: Ein nicht
mehr junger Wissenschaftler ist beruflich und privat durch und durch
unzufrieden. Als sich ihm eine Gelegenheit bietet, seiner verzweifelten Situation
zu entkommen, nimmt er sie rücksichtslos wahr und verschreibt sich dem Teufel.
Der Teufel Mephisto, dem neben Zauberkräften auch Humor und Charme zu
Gebote stehen, ist bestrebt, Faust vom rechten Weg abzubringen. Ein von
Mephisto besorgter Zaubertrank bewirkt, dass Faust sich spontan in Gretchen,
ein sehr junges und naives Mädchen, verliebt. Seine Liebe zu ihr erscheint zwar
aufrichtig, dennoch richtet er das Mädchen zugrunde, indem er es verführt,
schwängert und dann nicht vom Wahnsinn erretten kann.
Ein anderes Beispiel (1335–1336): Mephisto stellt sich selbst vor als „ein Teil von
jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft“. Das lässt sich
zunächst so verstehen, dass auch aus Unfällen, Irrtümern und sogar böswilligen
Taten etwas Gutes entstehen kann. Doch wer oder was ist „die Kraft“, von der
Mephisto ein Teil ist? Der Zufall, das Schicksal, Gott? Ist Mephisto überhaupt frei,
etwas zu wollen, noch dazu etwas, was ihm „stets“ ins Gegenteil umschlägt?
Oder ist er nur ein Werkzeug, wie der Prolog es nahelegt? Aber warum sollte sich
ein allmächtiger Gott eines Teufels bedienen, um über den Umweg des Bösen
zum Guten zu gelangen? Kann das Gute nicht ohne das Böse existieren und
umgekehrt, weil sich beides (vgl. Strukturalismus, 2. Abschnitt) nur im Kontrast
zueinander "definieren", also voneinander abgrenzen lässt?
Zum Beispiel war lange Zeit die Auffassung verbreitet, Fausts Charakter, sein
grüblerischer, teils introspektiver, furchtlos auf letzte Dinge gerichteter
Erkenntnisdrang, sei spezifisch deutsch. Dies führte zu aus heutiger Sicht so
befremdlichen Überzeugungen wie etwa der, die deutschen Soldaten des Ersten
Weltkrieges seien „mit dem Faust im Tornister“ in den Kampf gezogen. Auch
Thomas Mann schrieb 1943 seinen Roman Doktor Faustus nicht nur über einen
durch und durch deutschen Helden, sondern auch als Gleichnis auf den
Teufelspakt, den das deutsche Volk mit den Nationalsozialisten eingegangen war.
Ein anderes Beispiel für eine historisch bedingte Interpretation bilden die am
Faust festgemachte Wissenschaftskritik bzw. Fragen nach der Ethik des
Wissenschaftlers. Diese Perspektive ergab sich in der zweiten Hälfte des 20.
Jahrhunderts angesichts der sichtbar werdenden Umweltzerstörung und
insbesondere angesichts der entfesselten Nuklearkräfte. So wird in Gustaf
Gründgens Verfilmung des Faust aus dem Jahre 1960 unvermittelt eine
Atombombenexplosion eingeblendet. Unter der Fragestellung: „Wie weit darf ein
Wissenschaftler gehen?“ wird Goethes Faust bis heute im Schulunterricht mit
explizit wissenschaftskritischen Stücken wie Dürrenmatts Physikern oder
Kipphardts In der Sache J. Robert Oppenheimer verglichen.
Entstehungsgeschichte [Bearbeiten]
Die Legenden um Leben, Charakter und Schicksal von Johann Faust waren seit
Erscheinen des Volksbuches 1587 ein bekannter und vielfach bearbeiteter
literarischer Stoff.
Urfaust – Goethe begann die Arbeit an seinem Faust um 1770, angeregt von dem
Prozess gegen die Kindesmörderin Susanna Margaretha Brandt (deren
Hinrichtung Goethe wahrscheinlich miterlebt hat), weshalb in dieser ersten,
Urfaust genannten Fassung die Liebestragödie um Gretchen im Vordergrund
steht. Der Urfaust beginnt mit Fausts Monolog im Studierzimmer. Mephisto tritt
auf, aber der eigentliche Teufelspakt fehlt. Nach der Szene in Auerbachs Keller
nimmt die Gretchentragödie ihren Lauf; die Hexenküche und die Walpurgisnacht
fehlen. Diese Fassung wurde erst 1887 gedruckt.
Faust. Ein Fragment. – Aus dem Urfaust entwickelte Goethe die Fassung Faust,
ein Fragment, die 1788 vollendet war und 1790 gedruckt wurde. Gegenüber dem
Urfaust ist das Faustfragment um einen Dialog mit Mephisto erweitert, in dem der
Teufelspakt jedoch noch unausgesprochen bleibt. Neu hinzugekommen ist die
Szene Hexenküche, dafür fehlt Gretchens Ende im Kerker. Neben der
Liebestragödie um Gretchen wird die Tragödie des zweifelnden und scheiternden
Wissenschaftlers sichtbar.
Faust. Eine Tragödie. – 1797 fügte Goethe dem Fragment die einleitenden
Szenen Zueignung, Vorspiel auf dem Theater und Prolog im Himmel hinzu. Die
endgültige Fassung der bereits im Urfaust und im Fragment enthaltenen Szenen
sowie die Ausführung der Walpurgisnacht erfolgten bis 1806. Das Werk ging als
Faust. Eine Tragödie. für die Ostermesse 1808 in Druck. Aus der Geschichte um
ein unglücklich gemachtes Mädchen und einen verzweifelten Wissenschaftler war
ein Menschheitsdrama zwischen Himmel und Hölle geworden.
Goethe hat von seinem 21. bis 57. Lebensjahr am ersten Teil des Faust
gearbeitet. Die drei Fassungen dokumentieren neben der inhaltlichen
Erweiterung auch eine bedeutende stilistische Entwicklung.
Schon während der Arbeit an Faust I hatte Goethe Entwürfe und Szenen zum
zweiten Teil des Faust angelegt, obwohl er selbst nicht daran glaubte, dieses
Projekt verwirklichen zu können.
„Was ist das für ein erbärmliches Gewäsch über den „Faust“! Alles erbärmlich!
Gebt mir jedes Jahr 3000 Thaler, und ich will Euch in drei Jahren einen Faust
schreiben, dass Ihr die Pestilenz kriegt!“
„Da die meisten Volksbücher über Faust aus dem Widmanschen Werke
entstanden, so geschieht darin von der schönen Helena nur kärgliche Erwähnung
und ihre Bedeutsamkeit konnte leicht übersehen werden. Auch Goethe übersah
sie anfänglich, wenn er überhaupt, als er den ersten Teil des Faust schrieb, jene
Volksbücher kannte und nicht bloß in den Puppenspielen schöpfte. Erst vier
Dezennien später, als er den zweiten Teil zum Faust dichtete, läßt er darin auch
die Helena auftreten, und in der Tat, er behandelte sie con amore. Es ist das
Beste oder vielmehr das einzig Gute in besagtem zweiten Teile, in dieser
allegorischen und labyrinthischen Wildnis, wo jedoch plötzlich, auf erhabenem
Postamente, ein wunderbar vollendetes griechisches Marmorbild sich erhebt und
uns mit den weißen Augen so heidengöttlich liebreizend anblickt, daß uns fast
wehmütig zu Sinne wird. Es ist die kostbarste Statue, welche jemals das
Goethesche Atelier verlassen und man sollte kaum glauben, daß eine
Greisenhand sie gemeißelt. Sie ist aber auch viel mehr ein Werk des ruhig
besonnenen Bildens, als eine Geburt der begeisterten Phantasie, welche letztere
bei Goethe nie mit besonderer Stärke hervorbrach, bei ihm ebensowenig wie bei
seinen Lehrmeistern und Wahlverwandten, ich möchte fast sagen bei seinen
Landsleuten, den Griechen. Auch diese besaßen mehr harmonischen Formensinn
als überschwellende Schöpfungsfülle, mehr gestaltende Begabnis als
Einbildungskraft, ja, ich will die Ketzerei aussprechen, mehr Kunst als Poesie.“
– Heinrich Heine
„So ruft der Faust des ersten Teiles der Tragödie, der leidenschaftliche Forscher
in einsamen Mitternächten, folgerichtig den des zweiten Teiles und des neuen
Jahrhunderts hervor, den Typus einer rein praktischen, weitschauenden, nach
außen gerichteten Tätigkeit. Hier hat Goethe psychologisch die ganze Zukunft
Westeuropas vorweggenommen.“
– Oswald Spengler
„Im Grunde genommen ist es die Liebesgeschichte eines Intellektuellen mit einer
Kleinbürgerin. Das muss ja mit dem Teufel zugegangen sein.“
– Bertolt Brecht
„In Goethes Dichtungen dominiert die Natur. Man weiß bei ihm immer welche
Witterung herrscht, welche Tages- und Jahreszeit, unter welchem Himmelsstrich
man sich befindet, auch wo nicht die geringste Andeutung darüber gemacht wird;
die äußere Atmosphäre, in der seine Menschen atmen, ist um sie herum gelegt,
hüllt sie ein wie ein bestimmter Farbton ein Gemälde. Dies gilt selbst von den
abstraktesten Szenen im zweiten Teil des Faust. …Er war immer Amateur,
Liebhaber, Gelegenheitsdichter, Gelegenheitsdenker, Gelegenheitsforscher. … Er
entdeckt heute den Zwischenknochen und schreibt morgen seine
Lebensgeschichte oder Teile des Faust, vielleicht aber auch nur irgendeinen ganz
gleichgültigen Bericht über Bergwerke oder Unterrichtswesen.“
– Egon Friedell
„Ich lasse mir Hände und Füße dafür abhacken, daß der Faust mit der
Grundkomponente des hehren deutschen Denkers nichts zu tun hat und daß man
diese Figur nicht aus einer philosophisch bedeutsamen Grundhaltung heraus
erwischen kann. Das macht dem deutschen Bildungsbürger mit seiner Sucht, die
hehren Werte zu erhalten, Probleme.“
– Helmut Griem
„Aber doch ist alles (besonders im Helena-Teil von Faust II) sinnlich und wird, auf
dem Theater gedacht, jedem gut in die Augen fallen. Und mehr habe ich nicht
gewollt. Wenn es nur so ist, daß die Menge der Zuschauer Freude an der
Erscheinung hat; dem Eingeweihten wird zugleich der höhere Sinn nicht
entgehen, wie es ja auch bei der Zauberflöte und anderen Dingen der Fall ist.“
„Die Deutschen sind übrigens wunderliche Leute! – Sie machen sich durch ihre
tiefen Gedanken und Ideen, die sie überall suchen und überall hineinlegen, das
Leben schwerer als billig. – Ei! so habt doch endlich einmal die Courage, Euch
den Eindrücken hinzugeben, Euch ergötzen zu lassen, Euch rühren zu lassen,
Euch erheben zu lassen, ja Euch belehren und zu etwas Großem entflammen und
ermutigen zu lassen; aber denkt nur nicht immer, es wäre Alles eitel, wenn es
nicht irgend abstrakter Gedanke und Idee wäre! Da kommen sie und fragen:
welche Idee ich in meinem Faust zu verkörpern gesucht? – Als ob ich das selber
wüßte und aussprechen könnte. […] Je inkommensurabler und für den Verstand
unfaßlicher eine poetische Produktion, desto besser.“
„ Der erste Teil ist fast ganz subjektiv; es ist alles aus einem befangenerem,
leidenschaftlicheren Individuum hervorgegangen, welches Halbdunkel den
Menschen auch sowohl tun mag. Im zweiten Teile aber ist fast gar nichts
subjektives, es erscheint hier eine höhere, breitere, hellere, leidenschaftslosere
Welt, und wer sich nicht etwas umgetan und einiges erlebt hat, wird nichts damit
anzufangen wissen. Es sind darin einige Denkübungen, sage ich, und es möchte
auch mitunter einige Gelehrsamkeit erfordert werden. …Ich habe immer
gefunden, sagte Goethe lachend, daß es gut sei etwas zu wissen.“
Wegen seines großen Bekanntheitsgrades und der Bedeutung, die man dem Text
und seinem Autor beimisst, und auch wegen der leichten Reproduzierbarkeit von
Versen, ist Goethes Faust die Quelle zahlreicher geflügelter Worte, die bis heute
oft zitiert werden, vielfach auch, ohne dass dem Zitierenden ihre Herkunft
bewusst ist. Dabei entwickelten die Verse aus ihrem Textkontext
herausgenommen teilweise eine andere als die ursprünglich intendierte
Bedeutung. Ein Beispiel hierfür ist das Zitat Die Botschaft hör ich wohl, allein mir
fehlt der Glaube, das im ursprünglichen Kontext des Osterfestes eindeutig auf
den Zweifel an der Auferstehungsbotschaft bezogen ist, [2] als geflügeltes Wort
aber meist allgemein als Bild für den Zweifel an einer Botschaft/Wahrheit auch
außerhalb des religiösen Bereichs verstanden wird. Büchmann führt über fünfzig
geflügelte Worte aus dem ersten Teil des Faust an.[3] Einige Beispiele:
• Der Worte sind genug gewechselt, lasst mich auch endlich Taten sehn!
(214)
• Da steh ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor! (358) –
selbstironischer Ausdruck von Unverständnis
• Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube. (765) – Ausdruck
des Zweifels an der christlichen Botschaft
• Hier bin ich Mensch, hier darf ich′s sein (940) – Betreten eines persönlichen
Freiraumes, wo die gesellschaftlichen Sittlichkeitsvorschriften nicht
durchgesetzt werden.
• Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust! (1112) – Ausdruck eines
inneren Interessenkonflikts
• Das also war des Pudels Kern! (1323) – In der abgeleiteten Redensart steht
„des Pudels Kern“ für einen wesentlichen Sachverhalt, der lange Zeit
verborgen war und plötzlich aufgedeckt wird.
• Name ist Schall und Rauch (3457)
• 1933 – Max Reinhardt inszenierte die erste Aufführung von Faust I bei den
Salzburger Festspielen als Freiluftspiel in der Felsenreitschule. Clemens
Holzmeister baute hierfür eine bis zu 20 Meter hohe, durch versteckte
Gänge und Treppen verbundene Fauststadt mit Zitaten aus der Architektur
Salzburgs. Auch die Galerien wurden ins Schauspiel einbezogen. Die
Ausstattung war naturalistisch, da Reinhardt eine perfekte Illusion des
ausgehenden Mittelalters erzeugen wollte. Den Schwerpunkt legte er auf
die kleinstädtische Welt Gretchens. Weil alle Szenenorte von Faust I
erstmals gleichzeitig zur Verfügung standen, konnte auf Umbaupausen
verzichtet werden. Eine raffinierte Beleuchtungsdramaturgie betonte die
Simultanität von Ereignissen und durch Farbgebung die Grundstimmung
einer Szene. Bernhard Paumgartner komponierte eine auf akustischen
Realismus ausgerichtete Begleitmusik sowie Lieder, die dem Lokalkolorit
angepasst waren. Die Leitung der Bühnenmusik oblag dem jungen Herbert
von Karajan. Premiere war am 17. August 1933. Ein Teil der Aufführung
musste wegen Regens ins Festspielhaus verlegt werden. Erst am 25.
August gelang eine komplette Vorführung in der Felsenreitschule. Die
Kritiken waren gespalten: Lobten einige Rezensenten die Sinnenfreude der
Inszenierung, bemängelten andere eine opernhafte Melodramatik und eine
Vernachlässigung von Goethes Text gegenüber optischen Effekten. Kritik
an Reinhardt und Mephisto-Darsteller Max Pallenberg hatte dabei auch
antisemitische Untertöne. Einhellig gelobt wurde die ungewohnt
unsentimentale Gretchen-Interpretation Paula Wesselys. Den Faust spielte
Ewald Balser. Die Inszenierung wurde mit wechselnden Mephisto-
Darstellern (Raoul Aslan, Franz Schafheitlin, Werner Krauß) bis 1937
gezeigt, nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Österreich
aber abgesetzt.[6]
• 1939 – Das Burgtheater in Wien setzte Faust I mit Ewald Balser als Faust
ins Repertoire. Diese gefeierte Serie dauerte bis zum Ende des
2. Weltkriegs.
• 1952 – Das Berliner Ensemble unter der Regie von Egon Monk inszenierte
den Urfaust als provokative Neudeutung vor dem Hintergrund spießiger
Inszenierungen in der DDR. Parteischelte war die Folge. Bert Brecht formte
Goethes Vorlage episch um: Im Prolog macht Mephisto den Zuschauer mit
den wichtigsten Dramengestalten bekannt. Da der Urfaust ein Fragment
ist, füllte Brecht diese Leerstellen mit Brückenversen, die dem Zuschauer
aus einem voluminösen Buch vorgelesen werden. Wirkungsgeschichtlich
begann mit dieser Urfaust-Inszenierung die Abkehr vom realistisch-
naturalistischen Bühnenbau, die von Gustav Gründgens und Claus
Peymann fortgesetzt wurde.
• 1984 – Das Berliner Ensemble spielte unter Horst Sagert Faust-Szenen mit
Hermann Beyer (Faust) und Corinna Harfouch (Gretchen). Sagert knüpfte
an die fragmentarische Brecht/Monk-Inszenierung von 1952/53 an und
verwendete für seine Inszenierung Texte aus dem Umkreis der Dichtung,
die zu einer Abrechnung mit dem „Sturm und Drang“ wird. So grenzte er
Fausts Titanismus und den Titan Prometheus gegeneinander ab.
• 2009 - Unter der Intendanz und Regie von Matthias Hartmann, mit Tobias
Moretti als Faust und Gert Voss als Mephisto, werden beide Teile auf die
Bühne des Wiener Burgtheaters gebracht. Die Gesamtspieldauer beträgt 7
Stunden. Premiere war am 4. September. Dies ist die erste
Neuinszenierung des Faust am Haus am Ring seit 1976, und die
Erstaufführung des - allerdings stark gestrichenen- zweiten Teils an der
Burg.[9]