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Jimi Hendrix
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INHALT
– Story - Meilenstein 1968: Jimi Hendrix
& Electric Ladyland

– Story - Hendrix & Eddie Kramer: Jimi´s


Sound

– Transkription - The Jimi Hendrix Experi-


ence: Hey Joe

– Testbericht - Dunlop-The Jimi Hendrix


Wah-Wah
GB_Download_Jimi_Hendrix_Special _GB_Download_Jimi_Hendrix_Special 01.04.14 12:04 Seite 2

Eine Zusammenstellung aus nachfolgenden Ausgaben:


titel 1113_v2.qxp_Layout 1 04.10.13 14:35 Seite 1
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S D A S M U S I K E R - F A C H M A G A Z I N D A S M U S I K E R - F A C H M A G A Z I N
D A S M U S I K E R - F A C H M A G A Z I
S T E V E VA I * N I C K PA G E I N T E R C E P TO R R OM EO & J U L I A

2005 2002
➜ Steve Lukather & Toto : Coldplay : Joe Satriani : Flea
2013
10 11 Avril Lavigne : Roger Glover : Nguyên Lê : Noel Redding
11 STEVE VAI OKTOBER NOVEMBER Yngwie Malmsteen : Motorpsycho : Hiram Bullock : Jeff Beck
NOVEMBER INTERVIEWS & WORKSHOPS ➜ Paul McCartney
The Subways
Keith Richards
Dave Stewart
Earth Wind & Fire
B.B. King & Lucille
Portugal . The Man Eric Clapton
Triggerfinger Jim Hall
Hillbilly Deluxe Nguyên Lê
Big Bill Broonzy Stevie Ray Vaughan
Black Sabbath Tim Commerford
Charlie Christian Billy Cox
Jimi Hendrix Eddie Kramer
Mark Tremonti Jimi Hendrix
& Alter Bridge Steve Vai
Disturbed
ROMANTIC WARRIOR!
NICK PAGE INTERCEPTOR
test
test ➔ Godin Flat Five E-Gitarre ➔ Orange Custom Shop Amps
IM TEST ➔ Gibson Les Paul Jimmy Page E-Gitarre ➔ Genz-Benz Shenandoah Acoustic Pro ➔ Framus Tennessee Custom ➔ SWR 350x/750x Bass-Tops
5 Fretless Bässe unter € 500 ➔ Taylor 410-CE Akustik-Gitarre ➔ Warwick Corvette $$5 E-Bass ➔ Takamine Santa Fe Acoustic ➔ Boss CE-20 Chorus-Pedal
2013

Fender Satin Series Strat & Tele E-Gitarren ➔ Toneworks AX3000G Multieffekt ➔ SWR WorkingPro 700 Bass-Top ➔ Warwick FNA Jazzman 2002 E-Bass ➔ Zoom MRS-4 Multitrack Recording Studio
Randall RD20H + RD112V30-D Röhren-Stack ➔ Crate VTX200S Gitarren-Combo ➔ Zoom G2 Pedal-Effektgerät
OVEMBER

B LU E S B LU E S B LU E S B LU E
Mesa Engineering: Traditional PowerHouse Bass-Boxen
Ortega Lizzy Ukulelen-Bässe
13 Mooer Mini-Effektpedale u v m
thejimihendrixspecial
11/2013 10/2005 11/2002 07/1988

... ... ... ...

... ... ... ...


MEILENSTEIN HENDRIX_MEILENSTEIN HENDRIX 04.10.13 09:18 Seite 32

MEILEN-
MEILENSTEIN 1968
THE JIMI HENDRIX EXPERIENCE:
ELECTRIC LADYLAND

lerweile 45 Jahre alt. Die am 25. Oktober 1968 veröffentlichten Auf-


nahmen entstanden allerdings schon früher in mehreren Produk-
tionsphasen im Juli und Dezember 1967, weiter ging’s im Januar ’68
und von April bis August 1968 wurde dann fertiggestellt.
Es kracht und du hast Angst um deine Boxen. Jetzt blubbert dir eine Aufgenommen wurde ,Electric Ladyland‘ in den Olympic Studios,
verfremdete Alien-Stimme entgegen, spitze, scharfe Geräuschfetzen London, außerdem im Record Plant, NYC und den Mayfair Studios,
fliegen dir rechts und links um die Ohren ... und dann: „Have you Manhattan. Und verantwortlich für diese Produktion war erstmals der
ever been to Electric Ladyland?“ fragt Jimi Hendrix. „Nein“, antworte Künstler selbst: Jimi Hendrix hatte anscheinend in den wenigen
S T O R Y LOTHAR TRAMPERT F O T O S EXPERIENCE HENDRIX, POLYDOR

ich. „Aber jetzt bin ich angekommen ...“ und höre diese coole Monaten seiner erfolgreichen Karriere extrem viel gelernt. Er konnte
Begleitgitarre mit wunderbaren Curtis-Mayfield-Licks, dahinter ein umsetzen was ihm im Kopf umherschwirrte, ganz sicher aber auch,
paar singende Melodielinien, die sich langsam nach vorne schwin- weil er sich auf die Hilfe der Ton-Ingenieure Garry Kellgren und Eddie
gen. Und dann: ,Crosstown Traffic‘, die beste Rock/Rap/Funk-Cross- Kramer verlassen konnte.
over-Nummer der 60er-Jahre. Das konnte Hendrix mindestens so Ob die Auswahl der Singles – ,Burning Of The Midnight Lamp‘, das
gut wie ein verzerrtes WahWah-Solo mit Feedback- und Whammy- Dylan-Cover ,All Along The Watchtower‘, das bereits erwähnte ,Cross-
Traktierung, Stilmittel mit denen er oft ausschließlich belegt wird. town Traffic‘ und zuletzt ,Voodoo Child (Slight Return)‘ Hendrix’ erste
Nach dem Applaus kommt der Blues – aber der Hendrix-Blues: avant- Wahl war, könnte man bezweifeln; dass er sich die Cover-Gestaltung
gardistisch, virtuos, jazzig, formal absolut ungewöhnlich, extrem im komplett anders vorgestellt hatte, ist belegt und wird u.a. im Booklet
Ausdruck ... was für eine Musik! Heute wissen wir: ,Voodoo Chile‘ hat der empfehlenswerten ,40th Anniversary Collector’s Edition‘ dieses
die Rock-Welt verändert und die Jazz-Welt über den Hendrix-Fan Albums dokumentiert, das ursprünglich als Vinyl-Doppel-LP im
Miles Davis absolut revolutioniert. Klapp-Cover erschien. Hendrix wollte dar-
Wir sprechen über The Jimi Hendrix Expe- auf weder den nackten Damen-Fan-Club
rience, eine Band, die mit einer Cover- der britischen Veröffentlichung, noch die
Nummer einen Single-Hit hatte, danach pseudopsychedelische Porträt-Alternative
mit ,Are You Experienced‘ (1967) einen aus dem brüstefeindlichen Amerika, er
modernen, psychedelischen Blues-Rocker hatte sich eine hippieske Idylle mit Musi-
geschaffen hatte, um mit dem Nachfolger ker-Kollegen und spielenden Kindern
,Axis: Bold As Love‘ noch im selben Jahr gewünscht. In den USA landete ,Electric
die durch den Debüt-Erfolg gewonnene Ladyland‘ auf Platz 1 der US-Billboard-
künstlerische Bewegungsfreiheit für wun- Charts, in England immerhin auf Position
derbare Klangexperimente und Spiele- 6 der Verkaufslisten.
reien zu nutzen, die weit über ,Hey Joe‘ Wo „Experience“ draufstand, war mit die-
hinausgingen – und um dann mit ,Electric sem Album nicht mehr nur Experience
Ladyland‘ (1968) komplett zu explodie- drin: Denn die Credits verraten neben
ren. Ja, diese Musik und dieses Album, mit Jimi Hendrix („lead vocals, guitar, piano,
dem noch heute jeder Künstler zum Genie percussion, comb and tissue paper kazoo,
erhoben werden würde, egal ob Jazzer, electric harpsichord, bass on ,Have You
Rocker, Progger oder Alternativer, ist mitt- Ever Been ...‘, ,Long Hot Summer Night‘,

3233 11.13 gitarre & bass


MEILENSTEIN HENDRIX_MEILENSTEIN HENDRIX 04.10.13 09:18 Seite 33

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,Gypsy Eyes‘, ,1983‘, ,House Burning Down‘, and ,All Along
The Watchtower‘“) und seinen beiden Mitmusikern Noel
Redding („backing vocals, bass, acoustic guitar and lead
vocals on ,Little Miss Strange‘“) und Mitch Mitchell („backing
vocals, drums, percussion, lead vocals on ,Little Miss
Strange‘“) noch Kollegennamen wie Jack Casady (er spielt
den Bass auf ,Voodoo Chile‘), Brian Jones, Al Kooper, Dave
Mason, The Sweet Inspirations, Steve Winwood, Buddy Miles
u.v.a. Das klingt nach erster Liga, und vor allem hatte der im
britischen Exil zum Star gewordene Amerikaner Hendrix hier 7KH
auch mal wieder ein paar Kollegen aus der alten Heimat im
Studio.
Und was für eine Musik ist da entstanden: Der frisierte Rock
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& Roller ,Come On‘, das hyperexotische ,Gypsy Eyes‘, das LROA>QBKø€ˆ¥€ˆ‚ø“
klassisch inspirierte ,Burning Of The Midnight Lamp‘, und †’ˆ’ø A>Oø?BOPQBFK—ø€…’øIRBPKFDEQ ˆƒ’€’ø L@ERJ—øEC’ø >KDBKAOBBO
dann ,Hot Summer Night‘, eine extrem funky rockende Pop- ‡’ˆ’ø TFPQ—øBFJ>QE>RP ˆ„’€’ø PK>?Ov@H—øLPBKELC
€ƒ’ˆ’ø ¦LIW>KL—øQBFKBDDøIRBPKFDEQ ˆ…’€’ø BIIFKDERPBK—øIJBKELCP@ERIB
Nummer, Hippie-kompatibel und für Gitarristen ein einziger
€„’ˆ’øIIBOPQ>AQ—ø FPPFLKøFKøIRBPøBPQFS>I €ˆ’€’ø OCROQ—øPøBTBOHP@E>CQPE>RP
Vergnügungspark dank der erstmals wirklich exzessiv genutz- ˆ’ˆ’øOBPABK—ø>KQBø
 €’€’ø LOMPTBAB—ø RPF@ø>II
ten Mehrspur-Aufnahmetechnik plus regelmäßig auftau- ’ˆ’ø BFABIPQBQQBK—øAIBO ˆ’ˆ’ø L?IBKW—ø>Cgø>EK
chender Stereo-Spielereien. Die Kinder hatten Spaß! ˆ€’’ø BQWI>O—øO>KWFP ˆ‚’ˆ’ø>O@EFKD—ø>PQE>RPøWRJøO_R
Noch einen Schritt weiter ging das jazzige Hörspiel ,Rainey ˆ†’’ø CCBK?>@E—ø G ø>KAD>PPB ˆƒ’ˆ’øOBF?ROD—ø
>WWE>RP
ˆ‡’’ø >O@EFKDø¥ø vK@EBK—øvODBOE>RP ˆ’ˆ’ø BOIFK—øR>PFJLAL
Day, Dream Away‘, das im Grunde genommen manchen „’’ø IBKP?ROD—øLUV ’ˆ’ø CC>IQBO—ø FKAB
KQ>QFLKø
HipHop-Track der 80er-Jahre skizziert hat, nur in Hand- und ‡’’ø ?BOP?>@E—ø  „’ˆ’ø LKK—ø>OJLKFB
€’’ø BFMWFD—øMFWW …’ˆ’ø BKPEBFJ—øBU ¦O_PB ø QFJBš
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FDEKAFQ>OOBK¦RKA
Saitenarbeit. Gegen Ende wird das Album immer abgedreh- KPQORJBKQBKH>?BIFJFKQ>DB¦QVIB
ter, trippiger, fantasievoller – solche Sounds hatte man
zumindest in der Popmusik noch nie gehört. Und so virtuose,
bluesige und trotzdem extrem moderne, soulful & funky
gespielte Gitarren, die kannte zumindest der weiße Mittel-
europäer überhaupt nicht.
Beendet wird der Trip durchs Electric Ladyland dann mit dem
Bob-Dylan-Song ,All Along The Watchtower‘, einem Meister-
werk im Single-Format – da stimmte einfach alles. Aber Hen-
drix wäre nicht Hendrix, wenn er nach der Pop-Single nicht
noch mal als Soundscaper & Improvisator auf die Bühne IBUF?IBRKAOL?RPQB
käme, als der Mann den wir, solange es noch laute Musik úvEKBK¦ FHOLCLKH>?BI
gibt, immer mit einer Wand aus Marshall-Stacks, einer Stra-
tocaster und zwei, drei Effekt-Sounds in Verbindung bringen
– plus noch viel, viel mehr, wie dieses geniale Album belegt:
,Voodoo Chile (Slight Return)‘ ist nämlich nicht von Stevie
Ray Vaughan, nein auch dieser Song stammt vom genialen
Sänger, Gitarristen, Songwriter, Produzenten, Performer
Jimi Hendrix, der mit allem kreativ umgehen konnte, außer
mit Schlaftabletten und Alkohol. Hendrix erstickte am
18. September 1970 an seinem Erbrochenen. Er wurde nur
27 Jahre alt. n >Q>ILDø‚…„øBFQBKø ø>KCLOABOK
øø øøùú øJ?
gitarre & bass 11.13 øRAFLNFABLNOL>A@>PQN BAFBKQB@EKFHNFF
FKCLµPLJJBO@>?IB’@LJNTTT’PLJJBO@>?IB’@LJ
Jimi’s Sound Man
EDDIE KRAMER text: markus setzer
fotos: universal

„ Fo r m e , h e’s t h e b e s t s o u n d m a n e ve r “ , s a g t B a s s i s t B i l l y C ox

ü b e r E d d i e K ra m e r. K ra m e r i s t s e i t m e h r a l s v i e r D e k a d e n i m

Ro c k - ’ n’ - Ro l l - B u s i n e s s z u H a u s e u n d h a t m i t v i e l e n G r ö ß e n Hello ...?
Hello! Am I speaking with Eddie
z u s a m m e n g e a r b e i t e t , d a r u n t e r d i e Ro l l i n g St o n e s , C a r l o s S a n t a n a , Kramer?
Ähm ... Guten Morgen! (erklingt es in fast
Le d Ze p p e l i n , T h e B e a t l e s u n d n a t ü r l i c h J i m i H e n d r i x & B i l l y C ox . akzentfreiem Deutsch aus dem Telefonhörer)
Oh, du sprichst deutsch?
S e i n j ü n g s t e s Pro j e k t g e s t a l t e t e s i c h a b e r re c h t s c h w i e r i g . (Eddie spricht dann doch lieber in Englisch
weiter). Nur ein ganz bisschen. Mein Bruder
E r h a t a u s d e n A u f n a h m e n d e s , J i m i H e n d r i x L i ve ist Deutsch-Professor und lebt in Hamburg.
Aus Hamburg rufe ich an.
A t Wo o d s t o c k ‘ - G i g s , a u s s i e b e n M o n o - S p u re n e i n e r a l t e n Ja, ich weiß. Deswegen wollte ich dich über-
raschen.
O n e - I n c h - B a n d m a s c h i n e , e i n 5 . 1 S u r ro u n d - S o u n d - E r l e b n i s k re i e r t . Gelungen! Eddie, du bist jetzt schon
eine ganze Zeit dabei: Wie kann ich
Wi r w o l l t e n m e h r d a r ü b e r w i s s e n u n d r i e f e n M r. K ra m e r a n . mir deine Arbeit heutzutage vorstel-
len? Sitzt du jetzt auch vor einem

6896 10.05 gitarre & bass


Computer und arbeitest mit Logic Und wie hast du es hinbekommen aus Wie hast du das ganzes Material ver-
oder ProTools? Oder verlässt du dich sieben Spuren einen funktionierenden arbeitet? Erst mal analog oder direkt
auch noch auf älteres bzw. bewährtes Surround-Sound zu basteln? digital?
Equipment? Ja, zurück zum Mix, der hier das eigentlich Du musst wissen, dass ich immer nur analog
Gezwungermaßen arbeite ich mit ProTools. Schwierige war. Zu versuchen, diese sieben mixe. Ich mische die Spuren in einer ana-
Es ist nicht gerade meine Lieblings-Software Spuren so klingen zu lassen, als ob der Zuhö- logen Konsole, mit allem, was man so
aber ich benutzte halt das, was angeboten rer in der Mitte des Feldes so 10, 12 Meter braucht, Kompressoren, Reverb, usw. Erst
der allerletzte Output
geht dann in ProTools.
Erst wenn der kom-
plette Mix abgeschlos-
sen ist, benutze ich
also ProTools, um Film
und Musik zusammen-
zubringen, also zum
Schneiden usw. Das ist
das einzige digitale
Hilfmittel, was ich
benutze. Für mich ist
dies die organischste

wird und auf der ganzen Welt gebräuchlich vor der Bühne steht und zur Bühne
ist. Aber ich persönlich bevorzuge das Arbei- schaut, das war mein Ziel. Also
ten mit einer Bandmaschine. Erst danach optimale Publikumsbedingungen,
benutze ich den Computer. das war das, was ich kreieren
Was hattest du im Fall des Woodstock- wollte. So dass man das Publikum
DVD-Projekts an Ausgangsmaterial, um einen herum wahrnehmen
und wie hast du es gemischt? kann und den Sound einmal mit
Du musst bedenken, dass es sich um Mate- aller Power von vorne von der
rial handelt, was 1969 auf einer One-Inch-8- Bühne hört, ihn aber auch reflek-
Track-Maschine aufgezeichnet wurde. Aber tiert von den Bergen hinter einem
leider hatten wir davon nur sieben Audio- wahrnimmt. Es ist also ein einzigar-
Spuren zur Verfügung, weil die achte als tiges Projekt was wir da umgesetzt
Puls-Sync. für die Kamera herhalten musste. haben. Und es ist einfach richtig
Diese Spur war also nicht zu gebrauchen. gut geworden ... Es klingt so, als
Nun kommt noch erschwerend hinzu, dass wenn du dabei wärst. Wir haben auch in lie- Art beide Technologien miteinander zu
seitdem 35 Jahre vergangen sind und wir bevoller Kleinarbeit alle Kratzer des Films verbinden.
irgendwie diese Informationen übertragen bearbeitet, das Rauschen entfernt usw. Alle Bietet die digitale Technik beim Auf-
mussten. Ich hatte damals auch schon das Farben sind digital noch einmal nachbear- nehmen nicht noch mehr Möglich-
Album gemischt. Ebenfalls von diesen sie- beitet worden. Also es klingt nicht nur gut, keiten?
ben Spuren. (lacht) Damals habe ich aber für es sieht auch fantastisch aus. Das Großartige Nein, ich glaube für mich nicht; weil der
den Endmix noch kein ProTools benutzt. war dann eine Entdeckung ... Sound für mich immer im Vordergrund
Wie waren diese sieben Spuren aufge- Eine verborgende Botschaft? steht. Und früher, als Billy Cox, Mitch
teilt? Nein, viel besser: Als wir uns den Film ange- Mitchell und Jimi im Studio waren, haben sie
Es waren die originalen sieben Spuren, ganz sehen haben, haben wir einen Mann ent- halt so lange einen Track gespielt, bis Jimi
roh und unbehandelt und natürlich alles in deckt, der die ganze Zeit an der Seite der zufrieden war. Danach gab es dann ganz
Mono. Eine Spur Schlagzeug, eine der Bass, Bühne gestanden und gefilmt hat. Aber kei- klassisch die Overdubs und Punch-Ins.
die zweite Gitarre, Jimis Stimme, seine Gitarre, ner kannte ihn. Er gehörte also nicht zur Also habt ihr damals auch die Spuren
Percussion und eine das Publikum. Jetzt hatte Film-Crew. Wir rätselten wer das sein bei Bedarf geändert oder überspielt
ich sieben einzelne Spuren und sollte daraus könnte. Er hatte so eine Kamera, die aussah bis ihr zufrieden wart?
einen 5.1-Surround-Sound machen. Es war wie die ganz frühen Sony-Video-Cams. Er Ja klar. Fehler zu beseitigen und Overdubs zu
wirklich schwierig, aber es klingt einfach stand also den ganzen Tag im Schatten, an spielen war ganz normal und üblich.
phantastisch. Ich habe es gestern zu Ende der Seite der Bühne und filmte. Und wir Lass uns doch bitte auch über die
gemastert und es klingt als wärst du mitten haben ihn tatsächlich ausfindig gemacht – Anfänge sprechen. Wann und wie hast
unter ihnen. So als wärst du direkt dabei. Ich 35 Jahre später! Und er hatte noch das du Jimi kennen gelernt?
habe es bei Bernie Grundman gemischt ... gesamte Filmmaterial. Das haben wir eben- Im August 1966 kam Jimi nach London und
Kennst du Bernie Grundman? falls überarbeitet und es ist teil dieser DVD stellte seine Band zusammen. Ich glaube
Ich weiß nur, dass er ein beliebtes geworden. Es gibt also zwei Teile: Der eine Ende September, es mag auch Oktober
Mastering-Studio hat. ist in Farbe, der andere zeigt Jimi’s kom- gewesen sein, da nahmen sie ihre erste
Das Bernie Grundman Mastering House ist plette Performance aus einer ganz anderen Single auf. Das war ,Hey Joe‘ (und die Auf-
wohl das beste in Kalifornien, wenn nicht Perspektive. Also noch nie vorher gesehenes nahme fand am 23. Oktober 1966 statt. Die
sogar das beste weltweit. bzw. gezeigtes Material. B-Seite ,Stone Free‘ wurde am 2. November

gitarre & bass 10.05 0769


eingespielt; d. Red.). Sie waren aber mit Nein das stimmt nicht ganz. Wir haben es geht nichts über einen richtigen Amp.
ihrem Studio unzufrieden und kamen zu eigentlich immer zwei Signale gehabt: eins Schau mal: Ich glaube es gibt genau zwei
uns. Ich arbeitete damals im Olympic Stu- aus der D.I. Box. Also direkt vom Bass in die richtig gute Amps. Der beste von allen ist
dio. Der Studio-Chef sagte damals zu mir: D.I. und dann ins Pult. Das zweite Signal der Dumble, ein handgemachter Verstärker.
„OK, Kramer, we got that crazy american kam von einem Mikro, das wir vor den Und der Typ baut nur dann ein Exemplar für
guy with the big hair. It’s your job, cause you Speaker der Bass-Box gestellt haben. Ich dich, wenn er dich mag. Es dauert dann drei
did the wild shit anyway.“ Zuerst dachte ich: habe den Bass nie nur direkt aufgenommen. oder vier Monate bis er ihn gebaut hat.
„Na gut, es ist halt mein Job.“ Aber als wir Du brauchst immer den Amp-Sound dazu. Carlos Santana z.B. hat ein paar davon. Die
uns trafen, waren wir uns eigentlich gleich Du kannst im Grunde auch den Bass so auf- haben einfach einen unglaublichen Klang!
sympathisch. Ich fand die Musik gleich nehmen, klar, aber ich finde das nicht so toll. Die dem am nächsten kommen heißen
klasse und er war mit meinem Sound ein- Ich habe immer beide Spuren gemischt. Budda, und auch sie klingen großartig. Der
verstanden. Der Rest ist Geschichte. Hast du beide Signale auf eine Spur Sound, der Punch, das alles steckt einfach in
Wie kann ich mir deine Zusammenar- gemischt? den Röhren. Und das ist digital einfach nicht
beit mit Jimi vorstellen? Er hatte die Nein, wir hatten damals schon 16 Spuren im zu machen. Diese echten Röhren-Amps sind
Sound-Idee und du hast sie umgesetzt? Studio zur Verfügung. Deswegen hatten wir unschlagbar.
Du darfst nicht vergessen, dass er ja schon eigentlich immer zwei Bass-Spuren. Und wie nimmst du heute einen Bass
einen tollen Sound hatte. Er hörte in seinem Ich dachte immer, dass ihr nur acht auf? Hat sich da etwas geändert?
Kopf wie es klingen sollte. Er versuchte es Spuren hattet. Nein, absolut nicht. Einmal direkt und ein
mit seiner Gitarre und dem Amp umzuset- Nein, in der letzten Phase von Mai bis gut positioniertes
zen. Ich konnte dann mit dem, was er mir August 1970, als wir das ,Cry Of Love‘- Mikrofon. Am besten
anbot und mit Worten erklärte, arbeiten. Ich
habe also versucht, seine Vorstellungen auf
das Tape zu bringen. Er beschrieb seine
Sounds oft mit Farben: Lila, Grün oder Rot.
Wir hatten ja auch nicht diese Tools, die man
heute zur Verfügung hat. Wir hatten einen
Kompressor, EQ und Reverb. Das war’s.
Damit mussten wir kreativ sein.
Wie oft haben euch verstimmte Gitar-
ren eine Aufnahme versaut?

E D D I EJimi’sKSound
R AManM E R
Ja, das war wirklich ein Problem. Die alten
Fender-Gitarren haben sich ständig ver-
stimmt. Aber Jimi ist da clever mit umge-
gangen. Schau dir mal die neue DVD an, da
sieht man, dass er Akkorde spielt und gleich-
zeitig seine Gitarre stimmt. Im Studio war es
so, dass er nach jedem Song seine Gitarre Album aufgenommen haben, mit Billy und vor einen Ampeg SVT mit einer 8x10-Box.
stimmen musste. Er entschuldigte sich Mitch, da hatten wir schon 16. Das ist für mich die beste Bass-Anlage aller
immer dafür (Eddie macht Jimi’s Stimme Welche Rhythmusgruppe fandest du Zeiten. Aber der alte Ampeg B-15, das ist
nach): „Oh, sorry. Cowboys go out of Tune, denn am besten? Noel Redding/Mitch auch ein toller Verstärker. Da ist irgendwas
you know?“ Mitchell, Billy Cox/Buddy Miles oder mit den Vintage-Verstärkern – ich weiss nicht
Vor ein paar Tagen habe ich mit Billy Billy Cox/Mitch Mitchell? was es ist, aber das ist nur sehr schwer zu
Cox gesprochen. Ganz eindeutig Billy und Mitch. Du musst schlagen.
Oh, Billy is great! aber wissen, dass Jimi bei der Band of Was ich in unserem Interview nicht
Er sagte mir, dass du für ihn der beste Gypsys ... vergessen möchte zu erwähnen, ist,
Tontechniker der Welt bist. ... die doch eigentlich nur zwei Gigs dass du neben den Stones, Santana
Oh god, he is crazy of course! gemacht hat, oder? usw. auch ,All You Need is Love‘ mit
Was war Billys Rolle in Jimi’s Band? Ja, stimmt: Einmal den Gig im Fillmore East den Beatles aufgenommen hast.
Er ist einfach ein wundervoller Mensch! Der für die Live-LP und noch eine weitere Per- Mit den Beatles zu arbeiten war einfach
Grund warum Jimi ihn dazu geholt hat, war formance. Und Jimi hatte da eine ganz wunderbar. Ich war so was von nervös!
erstens, weil er ein alter Freund war. Zwei- bestimmte Idee für die Band of Gypsys: Es Unglaublich. Ich habe ja schon mit vielen
tens war er zuverlässig und drittens ein sehr sollte vor allem mehr funky sein. Und dafür großen Stars gearbeitet, aber: Hey, das sind
guter Musiker. Jimi fühlte sich mit Billy in der war Buddy Miles der Richtige. Er hatte einen die Beatles, die sind für mich vergleichbar
Band einfach gut. Billy verstand es, sehr starken Backbeat und das war das Spezielle mit Königen. Die waren so cool im Studio
bodenständig und rockend zu spielen, und für diesen besonderen Moment. Aber Buddy und auch so effizient, einfach fantastisch.
gut zusammen mit der Bass-Drum zu wollte sich ständig in den Vordergrund spie- Was ist dein aktuelles Projekt an dem
drücken. Gerade mit Mitch Mitchell. Die bei- len. Das mochte Jimi nicht. du arbeitest?
den waren einfach tight. Und wenn die Wir haben vorhin über die Möglichkeit Im Moment arbeite ich mit einer Band aus
Rhythmus-Gruppe stand, konnte Jimi wun- der digitalen Aufnahme gesprochen. Norwegen zusammen. Sie heißen Hangface
derbar darüber spielen. Billy war nicht nur Was hältst du eigentlich von der neuen und touren gerade durch Amerika. Sie sind
als Person, sondern auch als Bassist sehr Generation von digitalen Modellern eine wirklich sehr gute Rock-‘n‘-Roll Band.
zuverlässig. und Gitarren-Verstärkern? Die finde ich wirklich klasse!
Billy sagte mir ihr hättet den Bass Oh, die mag ich überhaupt nicht. Ich denke, Vielen Dank für das Gespräch!
damals immer direkt aufgenommen? das ist Unsinn, und ich kenne sie alle. Aber Besten Dank. Auf Wiedersehen! Cheers! ■

7017 10.05 gitarre & bass


JIMI ROCK CLASSIXX
HENDRIXHEY JOE und gut: Ich hatte mein Idol und meine von
nun ab erstrebte Lebensform gefunden.
Das Entsetzen all meiner Erziehungsberech-
tigten war entsprechend groß, doch mit zu-
nehmender Reifung meinerseits – wer hat da
gesagt „älter werden ...?!“ – beginne ich
dieses bewegende Erlebnis, dieses erste
Hören von ,Hey Joe‘ nüchterner und sachli-
cher zu betrachten, wenngleich ich bis heu-
te immer wieder aufs Neue der Faszination
dieser speziellen Aufnahme erliege.
Schauen wir uns also diesen mittlerweile
über 35 Jahre alten und immer noch so vita-
len Track mal etwas genauer an. Ich darf
wohl davon ausgehen, dass jeder von uns
Saitenarbeitern diesen Song schon einmal
gehört hat und die meisten vermutlich auch
bereits gespielt haben. Bis heute ist er auf
dem Album ,Jimi Hendrix Smash Hits‘ zu ha-
ben, außerdem ist der Song natürlich auf ei-
ner Vielzahl von Best-Of-Oldies-Compilati-
ons vertreten. Und wer sich schon einmal
auf die Suche nach dem Titel ,Hey Joe‘
macht, wird bald erstaunt feststellen kön-
nen, dass dieses Stück mehr als nur einmal
und nicht nur von Jimi Hendrix eingespielt
worden ist: Abgesehen von über 300 offizi-
ell registrierten Cover-Versionen gibt es min-
destens noch einmal doppelt so viele Live-
Mitschnitte, die oft nur als Bootlegs kursie-
ren oder als Bonus-Tracks auf irgendwelchen
Single-Auskopplungen zu finden sind. Die
Liste der Interpreten ist dementsprechend
lang wie bunt und vielfältig: Deep Purple,
Cher, The Byrds, Ralf Bendix (!) und Willy de
Ville finden sich da ebenso wie Axel Rudi
Pell, Bad Company oder Led Zeppelin. Ganz
abgesehen von den vielfältigen Party- oder
unzähligen Jam-Sessions, in denen ,Hey Joe‘
story & transkription: volkmar kramarz

von hunderttausenden Amateuren und


Möchte-gern-wie-Jimi-spielen-Gitarristen
(also Leuten wie du und ich) aufgeführt wor-
den ist.
Auch wenn dieser besagte Song zunächst
Es scheint mir noch gar nicht so lange her zu ,Hey Joe‘ zum ersten Mal in Kontakt mit die- recht simpel und überschaubar ist, beim ge-
sein, dass ich irgendwann abends und fast sem wilden, schwarzen Sänger & Gitarri- naueren Hinsehen offenbaren sich hier eine
schon zu müde, um mein kleines Kofferradio sten, der dann in den üblichen Pop-Gazet- interessante Historie und eine Menge ver-
zum Schweigen zu bringen – es ist fest abon- ten, die sich bis heute in Bezug auf Image- blüffender spielerischer Details.
niert auf das englischsprachige Radio Lu- Bildung von Künstlern interessanterweise Beginnen wir ganz vorne bei Adam und Eva
xemburg, (Radio 208) Mittelwelle 1440 kHz nur unmaßgeblich geändert haben, mit be- und stellen die schlichte Frage: Wer hat ei-
– plötzlich hochschrecke und wieder hell- tont laszivem Unterton vorgestellt wurde. Ja- gentlich ,Hey Joe‘ geschrieben? Damit sind
wach bin: Dieses Intro, dieser Gesang, die- wohl, dieser Herr, genannt Jimi Hendrix, ist wir schon mitten drin in einer Diskussion, die
ses Solo, dieser Band-Sound! Hallo, das war eindeutig mehr als nur ein Gitarrist in einer Dank Internet und entsprechenden Chat-Fo-
für mich damals wahrlich umwerfend, so et- Band, heißt es da, nein, er steht als Sinnbild ren schon die Dimensionen von anderen po-
was hatte ich bis dahin noch nicht gehört. für Drogen aller Art, jede Menge Groupies pulären Verschwörungstheorien anzuneh-
Und so kam ich Anfang 1967 über den Song und psychedelische Samt-Uniformen. Kurz men beginnt. Ob Paul McCartney irgend-

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wann bereits in den 60ern gestorben ist
oder wer John F. Kennedy beziehungsweise
John Lennon wirklich umgebracht hat, wird
dort etwa genau so emotional diskutiert, wie
die Frage nach den wahren Urhebern von
,Hey Joe‘. Zu dieser Legenden- und Theorie-
bildung hat übrigens Jimi Hendrix höchst-
persönlich auch seinen Anteil geleistet: Die-
ser Song – der angesprochene Joe ist übri-
gens ein im Nachkriegsamerika häufig
gebrauchtes Synonym für US-Amerikaner –
wird nämlich auf dem Original-Polydor-
Cover von ,Smash Hits‘ in Bezug auf die Ur-
heber als Traditional geführt, arrangiert von
Jimi Hendrix. ,Hey Joe‘ ist aber definitiv kein
traditionelles Volkslied oder Folk-Ableger wie
beispielsweise ,Whiskey In The Jar‘ (das spä-
ter Thin Lizzy verrocken sollten) sondern of-
fensichtlich ein „geschriebener“ Song.
Gleichzeitig taucht verwirrenderweise schon
bald als Komponistenangabe ein gewisser
Billy Roberts auf, sogar bei später veröffent-
lichten Jimi-Hendrix-Tonträgern.
Doch wer ist dieser Billy Roberts? Nun, mitt-
lerweile ist nachgewiesen, dass wirklich ein
William Moses Roberts Jr. 1962 einen Song
namens ,Hey Joe‘ urheberrechtlich schützen
ließ, und dann ein Leben lang darum kämpf-
te, die ihm zugehörigen Tantiemen ausge-
zahlt zu bekommen. Das gelang ihm wohl
erst lange nach Hendrix’ Tod, und da verlor
er das Geld denn auch gleich wieder an die
Rechtsanwälte, die ihn bei dem Rechtsstreit
vertreten hatten. So far so bad, könnte man
sagen, wäre da nicht der Umstand, dass kei-
ner diesen Herrn Roberts wirklich kennt: Die
heutigen Internet-Detektive sind sich einig,
dass dieser Mann, wenn überhaupt existent,
nur als Strohmann vorgeschoben wurde und
in Wirklichkeit jemand völlig anderes als
Komponist verantwortlich ist. Aber ob es der
Sänger der Westcoast-Psychedelic-Rocker
Quicksilver Messenger Service, ein Mann na- auftretenden Textvarianten sind übrigens ty- Post-Hendrix-Phase. Der Song hat also jetzt
mens Dino Valenti, war oder Chet Powers pische Blues-Elemente, wobei die Akkorde eine Reihe von nahezu verbindlich auftre-
oder ein gewisser Jesse Oris Farrow, wobei so vorher nicht im weiten Feld des Blues zu tenden Elementen:
diese Namen neuesten Theorien nach auch finden sind und schon als eigenständige • Allen voran ist da das Gitarren-Intro, das so
noch alle für dieselbe Person stehen, das Komposition gelten dürfen. Der Song ent- effektiv den Doppelklang leere Saite/gegrif-
wird im Moment noch heftig diskutiert. wickelt sich dann von Interpret zu Interpret fener Ton nutzt (Beispiel 1). Die Idee dazu
Unbestritten aber ist, dass es von ,Hey Joe‘ mit immer wieder frei angepasstem und ver- stammt übrigens zweifelsohne aus dem
vor und nach der Hendrix-Aufnahme reich- ändertem Text, Tempo und Tonart, bis sich Song ,Summertime‘ von Ricky Nelson, wo
lich Einspielungen gibt. Und es ist sehr be- der besagte James Marshall Hendrix, von Ex- sich Hendrix das Intro, das dort noch in ei-
merkenswert, wie sich diese Aufnahme- Animals-Bassist, Entdecker und Manager ner ganztaktigen verlängerten Form auftritt
Gruppen, also vor und nach der Hendrix-In- Chas Chandler von „Jimmy Ja-
terpretation, jeweils unterscheiden. In der mes“ in „Jimi Hendrix“ umge-
Pre-Hendrix-Phase entwickelt sich über die tauft, der Sache annimmt. Jimi
Versionen von den Byrds, Love, The Leaves hat dabei wohl vor allem die ak-
oder The Music Machine ein sehr schneller, tuelle Tim-Rose-Version als Vor-
fast Rap-artig gesungener Song im typi- bild. Doch die Änderungen, die
schen Beat-Gewand, der die Macho-Story im Vergleich zu allem Bisheri-
nach dem Muster „Ich sah meine Lady mit gen von nun ab zu verzeichnen
anderen Männern, schoss sie nieder und sind, werden praktisch fest als
muss mich jetzt verdrücken“ als Frage-Ant- Struktur-Bestandteil von ,Hey
wort-Stück mit jeweils verdoppelten Versen Joe‘ eingebrannt und bilden ty-
erzählt. Die Wiederholungen und die dabei pische Elemente aller Songs der

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1
JIMI ROCK CLASSIXX
HENDRIXHEY JOE
(Beispiel 2), aus-
geliehen hat.
• Das Tempo des
Songs ist erheb-
lich langsamer
und getragener
als früher (um ca.
85 bpm), was
sich auch auf die
jetzt viel mehr
„gesungenen“
Vocals auswirkt.
• Die Tonart ist
nicht mehr A- oder C-Dur, sondern nur noch
E-Dur, die progressive Rock-Tonart der da-
maligen Jahre.
• Es wird ein ausdrückliches Solo einge-
bracht, das über der stetig wiederholten
subdominantischen Kette mit der Chord-
Progression C-G-D-A-E als Materialvorrat die
zufällig gut passenden E-Blue-Skala-Töne e,
g, a, b (h), d und wieder e verwendet. Übri-
gens ist es niemand anderes als Fab-Four-
Bassist/Sänger Paul McCartney, ein intimer
Bekannter von Hendrix seit dessen ersten
Londoner Tagen, der exakt die ,Hey Joe‘- Ak-
kord-Folge, wenn auch mit verdoppelten
Notenwerten, bereits Anfang 1967, wenige
Tage nach der Veröffentlichung der Hendrix- eine Idee von Chas Chandler, der neben den Rock ’n’ Roll light gauge, in den Stärken
Single, als zweifaches Bindeglied in das ,Ser- drei Experience-Musikern noch extra an die- .010 bis .038), hinter ihm stehen ein nagel-
geant Pepper‘-Zugabe-Stück ,Day In The sem Tag das Damen-Gesangs-Trio „The neues 100-Watt-Marshall-Stack mit zwei Bo-
Life‘ einbaut. Dass die Beatles kurz darauf Breakaways“ buchte, die sonst eher bei Lulu xen.
auch alle in Phantasieuniformen antreten, ist oder Dusty Springfield zu finden sind. Neben ihm spielt Noel Redding ebenfalls
eine weitere interessante Parallele, die den Prompt ist es auch genau dieses Arrange- über diesen einen Marshall-Turm, außerdem
immensen Einfluss von Hendrix auf das ment-Attribut, das die Nummer zwar glatt, benutzt er einen für seine Verhältnisse riesi-
Swinging London Ende 1966 deutlich ma- gefällig und nicht zuletzt kommerziell gen 1965er Fender Jazz Bass, der für Red-
chen dürfte. erfolgreich macht (im Februar 1967 steigt ding noch recht ungewohnt ist. Immerhin
• Bei der Hendrix-Version tauchen typische ,Hey Joe‘ auf Platz 4 der englischen Charts), wollte Noel sich ein paar Tage zuvor eigent-
Fill-Riffs über E-Dur auf, die als markantes aber von späteren Nachahmern kaum noch lich bei Eric Burdon und dessen New Ani-
Virtuosen-Zeichen dienen und gleichzeitig beachtet wird. mals als Gitarrist bewerben und ist höchst
einen Blue-Note-Charakter (die Töne g und • Nach dem Solo folgen nicht einfach die überraschend bei diesem buntgekleideten
d über E-Dur mit der großen Terz g#) ein- geschlagenen Gitarrenakkorde, sondern ei- Gitarristen als Bassist gelandet. Der wieder-
bringen. Auch diese Licks sind nicht neu, ne von Bass und Gitarre gemeinsam uniso- um ist völlig fasziniert davon, dass ein Gitar-
aber immer gerne gehört: Das Stück ,Tin no gespielte zweitaktige Riff-Figur bildet den rist und nicht ein gestandener Bassist für ihn
Soldier‘ der Small Faces präsentiert ebenfalls Ersatz für die Akkordgebilde. Diese kunst- die tiefen Saiten zupft und sich damit ein
im Intro ein ,Hey Joe‘-Riff (2), während Led volle Substitution mit einigen chromati- völlig neues Spielgefühl auftut. Am Premier-
Zeppelin ihrerseits später das erste Riff schen Tonfolgen findet gerade in Insider- Schlagzeug mit seiner 20"-Bassdrum sitzt
gleich als Grundlage eines ganzen Songs, Musiker-Kreisen große Anerkennung und ist weiterhin John „Mitch“ Mitchell, eigentlich
nämlich von ,Whole Lotta Love‘ verwenden dementsprechend als häufig eingesetztes ein eher Jazz-orientierter Drummer aus West
(alles zu sehen in Beispiel 3), während wie- Element bei den späteren Cover-Versionen London, der wie Hendrix („Jimmy James
derum bei dem Monkeys-Song „I‘m A Belie- zu hören (Beispiel 4). And The Blue Flames“) zufällig zuvor einer
ver‘ das dortige Zwischen-Lick bei Hendrix So viel zu den Elementen der Hendrix-Inter- Band mit einem sehr ähnlichen Namen an-
nahezu identisch unmittelbar nach dem In- pretation, kommen wir zur Entstehung. Alle gehört hatte: „Georgie Fame And The Blue
tro auftaucht (Ende Beispiel 1) – ,Hey Joe’, Beteiligten finden sich am 23. Oktober 1966 Flames“.
ein Sammelplatz von Lick-Zitaten. in den Olympic Studios im herbstlichen Lon- Das Playback auf einer Vierkanal-Maschine
• Speziell die Hendrix-Version wird gestützt don ein. Hendrix, der bereits mit seinem Trio mit den Zoll-breiten Tonbändern bei 38cm/s
und getragen von einem flächigen, sich auf- eine Frankreich-Tournee zum Anwärmen Aufnahmegeschwindigkeit ist schnell im
bauenden Chor, der fast ein Phil-Spector- hinter sich gebracht hat, hält eine Fender Kasten. Jimi selbst spielt einen flockigen
Wall-of-Sound- Feeling einbringt. Das war Stratocaster in der Hand (Saiten: Fender Rhythmus-Gitarren-Part ein, der überwie-

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gend in Folk- krampft wirkte und daher den Zuschlag für früher, doch ,Hey Joe‘ führt sie allen Londo-
Manier mit ei- die Platte erhielt. ner Musikern vor Augen – und die sind da-
nigen Zusatz- Im Prinzip handelt es sich um eine durch den mals wahrlich beeindruckt, völlig überwäl-
Spielereien gesamten Song gehende Gitarrenspur mit tigt! Noch dazu, wo sich das Hendrix-Solo
ausgeführt ist Einzel-Licks und gelegentlichen Chord- im zweiten Teil (Takte 5 – 8) mit nur wenigen
(typische For- Schlägen auf den E-Dur-Harmonien (siehe Fingerbewegungen, ohne die XII. Lage zu
mel siehe in auch Beispiel 5), auf der dann auch das So- verlassen, noch einmal steigert und leichthin
Beispiel 5). lo aufgezeichnet ist. Dieses Solo ist nicht mal eben geradezu überschlägt (Takt 6).
Doch dann lang, nur zwei Durchgänge von zweimal 4 Pikanterweise endet das Solo (Takte 7 & 8)
kommt nach Takten, die entsprechend den Harmoniefol- dann nicht wie zuvor auf dem Oktav-Grund-
der Stereo- gen auch in zwei große Einheiten aufgeteilt ton e oder der Blue-Note g, sondern auf der
Überspielung sind. E-Dur-Akkord-eigenen Terz g# – ein kleiner
auf eine zwei- Spielerischer Material-Kern des im typischen Kunstgriff, aber ebenfalls etwas, was zu dem
te Vierkanal- Marshall-(Leicht)Overdrive-Sound einge- Mythos „Mein Gott, kann dieser Mann Gi-
Maschine der Gesang, bei dem Hendrix die spielten Solos (Beispiel 6) sind wie im Intro tarre spielen!“ massiv beiträgt. Und das alles
bekannte Story wie üblich frei variiert er- verdoppelte Töne. Allerdings finden wir sie begleitet von den so lässig-schnoddrig da-
zählt. Bei ihm endet die Story mit der Flucht in der XII. Lage, passend zu E-Dur, und ent- hingeworfenen Lyrics und den unablässig
nach Mexiko („Goodbye everybody“), eine sprechend kommen keine leeren Saiten wie aufblitzenden Licks dieses Jimi H. aus den
Textversion, die allerdings von nun an für al- zu Beginn ins Spiel, sondern der hineinge- USA.
le nachfolgenden Nachahmer als praktisch zogene Ton b (h) vom 14. Bund der G-Saite Es ist rückblickend schon fast Ironie des
vorgeschriebener Text gelten wird. kommt in Einklang mit dem auf dem 12. Schicksals, dass Hendrix mit diesem Song,
Fehlt als letztes nur noch die bemerkens- Bund gegriffenen Ton b (Takt 2) der B(H)- den er selbst übrigens nie besonders schätz-
werte Sologitarre, von der es nachweislich Saite, ebenso wie entsprechend das hohe e te (Zitat: „... ein echter kleiner Cowboy-
mehrere Versionen gibt, laut Studio-Log- mit dem vom 15. Bund der B-Saite hochge- Song, der hat nichts mit uns zu tun ...“) und
Buch insgesamt vier. Genommen wird nach zogenenen Ton. (Takt 1). den er nur widerstrebend live aufführte, sei-
kritischen Diskussionen die erste: Vielleicht Eine gleitende, locker ausgeführte Lick-For- ne Weltkarriere startete. Wäre diese Single
war dies nicht die ausgereifteste Version, mel, die daraufhin sofort und nicht zuletzt (oder vielleicht alternativ eine Hendrix-Kom-
doch zweifelsohne wurde sie von Jimi Hen- von den Gitarrenhelden wie Clapton, Beck position als Debüt) damals gefloppt, dann
drix so leicht und locker dahergespielt, dass und Page aufgegriffen und weiter perfektio- würde sich die Rock-Geschichte heute viel-
sie sehr charmant und eben äußerst unver- niert wird. Es gab dieses Klischee schon leicht etwas anders lesen. Glück gehabt! ■

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© 2005 MM-Musik-Media-Verlag GmbH & Co. KG KÖLN
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Datum, Uhrzeit: 16.07.2015, 11:03:43
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