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Die Unternehmensführung befasst sich mit der übergeordneten Steuerung des Gesamtunter-
nehmens. Dabei sind Grundsatzentscheidungen von strategischer Reichweite zu treffen so-
wie die nachgeordneten Planungen der einzelnen Funktionsbereiche des Unternehmens zu
koordinieren. Die wesentlichen Teilbereiche der Unternehmensführung, die in den nachfol-
genden Abschnitten behandelt werden, sind das strategische Management, das Technologie-
management, das Personalmanagement, das Qualitätsmanagement sowie das Umwelt- und
Risikomanagement.
auf einen Teilbereich beschränken lassen, ist die strategische Planung als umfassende
Planung organisiert.
Grundsatzentscheidungen
• Unternehmensphilosophie
Strategische Planung
• Geschäftsfelder
• Unternehmensstruktur
Gestaltungsaufgaben
• Technologie
Taktische Planung • Personal
• Qualität
• Umwelt
Ausführungsebene
• Güterwirtschaft
Operative Planung
• Finanzwirtschaft
• Informationswirtschaft
Feedforward-Informationen
Feedback-Informationen
Die taktische Planung ist mittelfristig ausgerichtet, ihr Horizont umfasst in der Regel ein
Jahr, d.h. er entspricht einem Saisonzyklus der Geschäftstätigkeit. Im Rahmen der Vor-
gaben aus der strategischen Planung befasst sich die taktische Planung mit der Gestaltung
der Abläufe in den einzelnen Unternehmensbereichen sowie mit der Beschaffung und
dem effektiven und effizienten Einsatz von Ressourcen. Die Gestaltungsaufgaben umfas-
sen neben den betrieblichen Funktionen insbesondere die Bereiche Technologie, Perso-
nal, Qualität und Umwelt. Die taktischen Entscheidungen dienen wiederum als Vorgaben
für die anschließende operative Planung.
Gegenstand der operativen Planung sind konkret umsetzbare Ausführungsentscheidungen
für das operative Tagesgeschäft. Dabei sind die von der taktischen Planung strukturierten
Abläufe und die bereitgestellten Ressourcen zu berücksichtigen. Die operative Planung
ist kurzfristig ausgerichtet, ihr Planungshorizont beträgt weniger als ein Jahr.
Zwischen den Planungsebenen fließen Informationen in beide Richtungen: Die von oben
nach unten gerichteten Feedforward-Informationen stellen die Vorgaben dar, die die strategi-
sche und die taktische Planung für die jeweils nachfolgende Planungsebene setzen. In umge-
1. Marktorientierung
Wesentliches Kennzeichen der Marktorientierung ist die Konzentration auf die Herausforde-
rungen in der Umwelt des Unternehmens. Eine marktorientierte Unternehmensführung zielt
darauf ab, für die relevanten Märkte geeignete Produkte anzubieten und dabei komparative
Wettbewerbsvorteile zu erreichen. Ein komparativer Wettbewerbsvorteil liegt vor, wenn das
Unternehmen ein gleichwertiges Produkt zu einem geringeren Preis oder zu einem gegebe-
nen Preis ein qualitativ besseres Produkt anbietet. Ein solcher Wettbewerbsvorteil ist von
strategischer Bedeutung, wenn er sich auf eine für die Kunden wichtige Eigenschaft bezieht,
von den Kunden tatsächlich wahrgenommen wird und sich dauerhaft gegenüber der Konkur-
renz behaupten lässt.
In Anlehnung an Porter (1980) lassen sich die folgenden, auf die Schaffung und Erhaltung
von strategischen Wettbewerbsvorteilen ausgerichteten Wettbewerbsstrategien unterschei-
den:
Bei der Strategie der Kosten- bzw. Preisführerschaft versucht das Unternehmen, seine
Stückkosten und damit auch seine Angebotspreise unter die der Wettbewerber zu senken,
um dadurch seinen Umsatz und seinen Marktanteil zu steigern. Diese Strategie eignet
sich vor allem für Märkte mit homogenen Massenprodukten, bei denen der Wettbewerb
im Wesentlichen über den Preis läuft. Maßnahmen zur Erzielung der Kostenführerschaft
sind vor allem die Automatisierung und Rationalisierung der Produktionsprozesse, um
das Gesetz der Massenproduktion auszunutzen und große Stückzahlen günstig herstellen
zu können.
Die Strategie der Differenzierung bzw. Qualitätsführerschaft zielt darauf ab, dass das
Unternehmen seine Produkte mithilfe der Marketinginstrumente Produktpolitik, Distribu-
tion und Kommunikation (vgl. Abschnitt 2.3.3) von dem Angebot der Konkurrenten ab-
hebt und für sie eine Einzigartigkeitsposition schafft. Aufgrund stärkerer Präferenzen der
Kunden für diese Produkte lassen sich höhere Preise durchsetzen, so dass die Kostenseite
an Bedeutung verliert. Eine Differenzierungsstrategie eignet sich vor allem für heteroge-
ne Produkte in oligopolistischen Märkten. Allerdings besteht die Gefahr, dass die Wett-
bewerber die differenzierenden Produkteigenschaften imitieren und dadurch der Wettbe-
werbsvorteil verloren geht.
Einen grundsätzlich anderen Weg geht die Nischenstrategie, bei der das Unternehmen
versucht, durch Verzicht auf den Vertrieb in Massenmärkten und durch Spezialisierung
seiner Produkte hinsichtlich der Bedürfnisse jeweils einer bestimmten Kundengruppe
Wettbewerbsvorteile gegenüber den breiter angelegten Wettbewerbern zu erzielen. In-
nerhalb der Nische kann zusätzlich eine Konzentration auf die Kosten- bzw. die Quali-
tätsführerschaft erfolgen. Diese Strategie eignet sich vor allem bei stark differenzierten
Produkten und segmentierten Märkten und wird angesichts der Tendenzen zur stärkeren
Individualisierung von Leistungsangeboten (mass customization) in Zukunft noch größe-
re Bedeutung erlangen.
Generell gilt, dass sich ein Unternehmen entweder auf die Kosten- oder die Qualitätsführer-
schaft konzentrieren sollte. Der Versuch, diese beiden Strategien miteinander zu kombinie-
ren, führt dazu, dass beide Ziele nur unzureichend erreicht werden (stuck in the middle).
Lediglich in innovativen Märkten ist es den Pionierunternehmen zumindest in der Anfangs-
phase möglich, im Rahmen einer hybriden Strategie Kostenführerschaft und Differenzierung
miteinander zu verbinden.
Bietet ein bereits besetzter Markt auf lange Sicht keine Aussicht auf eine zufrieden stellende
Rentabilität, so ist eine Rückzugsstrategie angezeigt, die entweder als sofortiger Ausstieg
oder als langfristig angelegtes Abschöpfen des noch erzielbaren Cashflow ausgestaltet wer-
den kann.
2. Ressourcenorientierung
Die ressourcenorientierte Unternehmensführung stellt mit den Ressourcen unternehmensin-
terne Faktoren in den Mittelpunkt ihrer Strategien. Wettbewerbsvorteile lassen sich mit der
spezifischen Ressourcenausstattung eines Unternehmens begründen. Als Ressourcen werden
sämtliche Sachverhalte bezeichnet, die zu den spezifischen Stärken und Schwächen des Un-
ternehmens beitragen, z.B. die Maschinenausstattung, die Fertigungstechnologie, das Know-
how der Mitarbeiter, die Lieferantenbeziehungen, der Zugang zu bestimmten Märkten, der
Kundenstamm, die Produkte und deren Markennamen, die Finanzierungsmöglichkeiten usw.,
d.h. zu den Ressourcen zählen sowohl Sachgüter als auch immaterielle Güter. Ressourcen
lassen sich durch folgende Eigenschaften charakterisieren:
Wertgenerierung: Die Nutzung einer Ressource muss einen Beitrag zur Wertschöpfung
des Unternehmens leisten, d.h. ihr Ertrag muss die zugehörigen Aufwendungen überstei-
gen. Bei einer strategischen Ressource muss zudem die Wertgenerierung dauerhaft erfol-
gen.
Einzigartigkeit: Wettbewerbsvorteile lassen sich in erster Linie durch unternehmensspezi-
fische Ressourcen erzielen, über die die Wettbewerber nicht verfügen und die sich auch
nicht problemlos in ein anderes Unternehmen transferieren lassen.
Nicht-Imitierbarkeit: Ressourcen sind weiter nur dann von strategischer Bedeutung, wenn
sie sich durch die Wettbewerber in absehbarer Zeit nicht imitieren lassen.
3. Prozessorientierung
Der prozessorientierte Ansatz der Unternehmensführung baut auf dem marktorientierten und
dem ressourcenorientierten Ansatz auf, indem er deren externe und interne Orientierung
zusammenführt. Im Mittelpunkt der prozessorientierten Unternehmensführung stehen die im
Unternehmen ablaufenden Wertschöpfungsprozesse, in denen die im Unternehmen vorhan-
denen Ressourcen in spezifischer Weise kombiniert werden, um am Markt verwertbare Leis-
tungen zu erstellen, durch die letztlich der Unternehmenserfolg generiert wird. Unter einem
Prozess versteht man eine zielgerichtete Abfolge von Tätigkeiten, die einen bestimmten
Input in einen bestimmten Output transformieren.
Das Analyseinstrument des prozessorientierten Managementansatzes ist die in Abb. 5.2 dar-
gestellte Wertkette, die sämtliche zur betrieblichen Wertschöpfung beitragenden operativen
Leistungserstellungs- und -verwertungsprozesse entlang des Leistungsflusses von den Liefe-
ranten über das Unternehmen bis hin zu den Kunden sowie die zu ihrer Unterstützung erfor-
derlichen Aktivitäten in den hierarchisch übergeordneten Managementebenen umfasst. Die
Wertkette erfordert eine an bereichsübergreifenden Prozessen ausgerichtete Ablauforganisa-
tion. Weiter müssen die betrieblichen Abläufe in strategisch relevante Tätigkeiten strukturiert
werden, um deren Kostenverhalten und ihren Beitrag zur Wertschöpfung besser analysieren
zu können.
Die Wertkette besteht aus primären und sekundären Aktivitäten. Primäre Aktivitäten sind die
operativen Prozesse, die direkt zur Wertschöpfung und damit zum Kundennutzen beitragen.
Dies sind die bei der Leistungserbringung sukzessiv durchlaufenen güterwirtschaftlichen
Funktionen Beschaffung, Produktion, Absatz und Entsorgung sowie in der außerhalb des
Unternehmens angesiedelten Produktverwendungsphase der Service und die Wartung. Se-
kundäre Aktivitäten sind Managementprozesse, die die primären Aktivitäten unterstützen
und damit einen indirekten Beitrag zur Wertschöpfung leisten. Hierzu zählen in erster Linie
die in den nachfolgenden Abschnitten behandelten Aktivitäten des Technologie-, Personal-,
Qualitäts- sowie Umwelt- und Risikomanagements. Der Unternehmenserfolg resultiert aus
dem koordinierten Zusammenspiel sämtlicher primären und sekundären Aktivitäten, die über
geeignete Schnittstellen koordiniert werden müssen.
Technologiemanagement
Sekundäre
Aktivitäten
Personalmanagement
Qualitätsmanagement
Entsorgung
Beschaffung
verwendung
Produktion
Produkt-
F
Absatz
O
L
G
Primäre Aktivitäten
5.1.2 Managementinstrumente
Die langfristige Entwicklung eines Unternehmens hängt nicht nur von seiner Ressourcenaus-
stattung und seiner Fähigkeit zur effektiven und effizienten Gestaltung von Wertschöpfungs-
prozessen ab, sondern auch von der Lage der Gesamtwirtschaft, der Marktsituation, dem
Verhalten der Wettbewerber und anderen Umweltfaktoren. Im Folgenden werden einige
Instrumente des strategischen Managements behandelt, die es der Unternehmensführung
ermöglichen, die derzeitige Position und die zukünftigen Chancen des Unternehmens auf den
relevanten Märkten abzuschätzen und geeignete Maßnahmen zur Sicherung eines dauerhaf-
ten Erfolgs zu entwickeln. Die Ausführungen konzentrieren sich auf die bekanntesten klassi-
schen Management-Instrumente, da neue Trends im strategischen Management häufig recht
kurzlebig sind.
1. Gap-Analyse
Gegenstand der Gap-Analyse ist die Fortschreibung der Entwicklung des Unternehmens, die
durch den Umsatz oder eine andere Erfolgsgröße gemessen wird, auf Basis verschiedener
Szenarien. Durch den Vergleich dieser Entwicklungspfade sollen zukünftige Chancen und
Probleme rechtzeitig erkannt und Maßnahmen zu ihrer Nutzung bzw. Vermeidung ergriffen
werden.
Zum einen wird die Entwicklung des Basisgeschäfts prognostiziert, die erwartet wird, wenn
das Unternehmen keine wesentlichen Veränderungen seiner Strategien vornimmt. Wie Abb.
5.3 zeigt, steigt der Umsatz aus dem Basisgeschäft typischerweise zunächst noch an, fällt
jedoch ab einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft recht stark ab. Eine weitere Prognose
erfolgt für das potenzielle Basisgeschäft, das sich erreichen lässt, wenn das Unternehmen
operative Maßnahmen wie das Ausschöpfen von Kapazitätsreserven, zusätzliche Qualitäts-
kontrollen oder eine Motivation der Mitarbeiter zu besseren Leistungen ergreift. Diese Kurve
liegt zwar über der des Basisgeschäfts, jedoch wird auch hier in Zukunft ein Umsatzrück-
gang erwartet. Den Abstand zwischen dem Umsatz des potenziellen Basisgeschäfts und dem
des Basisgeschäfts bezeichnet man als operative Lücke, da er sich durch operative Maßnah-
men schließen lässt.
Umsatz
Potenzielles
Basisgeschäft Entwicklungsgrenze
Neugeschäft Strategische
Lücke
Operative
Basisgeschäft
Basisgeschäft Lücke
Zeit
Ein stetiges Wachstum des Umsatzes kann nur erreicht werden, wenn das Unternehmen
zusätzlich zum Basisgeschäft geeignete strategische Maßnahmen ergreift, um neue Ge-
schäftsfelder zu erschließen. Die strategische Lücke zwischen dem Volumen des gesamten
Basisgeschäfts und des Neugeschäfts lässt sich z.B. durch die Entwicklung neuer Produkte,
durch den Eintritt in neue Märkte oder durch die Investition in neue Technologien schließen.
Bei der Auswahl der geeigneten Maßnahmen zur Schließung der strategischen Lücke greift
die Gap-Analyse auf weitere Instrumente des strategischen Managements, z.B. die Ansoff-
Matrix oder das Stärken/Schwächen-Profil, zurück.
2. Ansoff-Matrix
Die Ansoff-Matrix gliedert die potenziellen Strategien des Unternehmens anhand der beiden
Dimensionen Produkt und Markt, die jeweils die Ausprägungen „alt“ und „neu“ annehmen
können. Daraus lassen sich vier strategische Alternativen ableiten, deren Umsetzung in der
genannten Reihenfolge immer größere Anforderungen an das Unternehmen stellt (vgl. Abb.
5.4):
Bei der Marktdurchdringung bzw. Penetrations-Strategie wird versucht, den Marktanteil
der bereits eingeführten Produkte auf den bisherigen Absatzmärkten zu erhöhen. Hierzu
lassen sich vor allem absatzpolitische Maßnahmen einsetzen bzw. intensivieren.
Produkt
alt neu
Markt
Markt- Produkt-
alt
durchdringung entwicklung
Markt-
neu Diversifikation
entwicklung
Bei der Strategie der Marktentwicklung sollen für die alten Produkte neue Märkte er-
schlossen werden, indem zusätzliche Käufergruppen angesprochen oder neue regionale
Absatzgebiete besetzt werden. Diese Strategie erfordert zusätzliche Kenntnisse über die
Bedürfnisse und Strukturen der neuen Märkte sowie die Entwicklung einer geeigneten
Absatzstrategie.
Die Strategie der Produktentwicklung nutzt hingegen den bestehenden Vertriebsapparat
und die bereits vorhandenen Marktkenntnisse und Kundenkontakte aus, um neu entwi-
ckelte Produkte auf den bereits bedienten Märkten einzuführen. Hier liegen die wesentli-
chen Risiken darin, wie die neuen Produkte auf den bekannten Märkten angenommen
werden.
Bei der Diversifikationsstrategie richtet das Unternehmen seine zusätzlichen Aktivitäten
vollständig neu aus, es tritt mit neuen Produkten in neue Märkte ein. Diese Strategie
bringt die meisten Risiken, aber auch die größten Chancen mit sich, denn im Unterneh-
men ist weder Know-how für die neuen Märkte vorhanden noch lässt sich auf Erfahrun-
gen aus der vorhandenen Produktion zurückgreifen. Erfolgt die Diversifikation in Pro-
dukte derselben Fertigungsstufe, z.B. in neue Konsumgüter, so bezeichnet man dies als
horizontale Diversifikation. Nimmt das Unternehmen jedoch Produkte von vor- oder
nachgelagerten Fertigungsstufen in sein Produktionsprogramm auf, z.B. indem der Bezug
eines Bauteils vom Fremdbezug auf Eigenfertigung umgestellt wird, so liegt eine vertika-
le Diversifikation vor. Liegt kein erkennbarer Bezug zu dem bisherigen Produktionspro-
gramm des Unternehmens vor, so spricht man von lateraler Diversifikation. Da der Auf-
bau neuer Geschäftsfelder und der Erwerb des dafür erforderlichen Wissens viel Zeit be-
anspruchen, erfolgt eine Diversifikation häufig durch Übernahme von Unternehmen, die
bereits über das erforderliche Know-how verfügen. Dadurch entstehen dann horizontale,
vertikale oder laterale Konzerne (vgl. Abschnitt 1.4.5). Eine Diversifikationsstrategie
kann auch sinnvoll sein, wenn ein Unternehmen über liquide Mittel verfügt, für die es auf
den alten Märkten und bei den alten Produkten keine lohnenden Investitionsmöglichkei-
ten sieht. Weiter lässt sich durch eine Diversifikation das unternehmerische Risiko ver-
ringern, da eine Risikostreuung über die unterschiedlichen Bereiche stattfindet.
Die in der Ansoff-Matrix zusammengestellten Strategien lassen sich einsetzen, um die in der
Gap-Analyse festgestellte strategische Lücke zu schließen. Dabei wird empfohlen, zunächst
das Potenzial der beiden Entwicklungsstrategien auszuschöpfen, bei denen auf vorhandene
Kenntnisse und Erfahrungen zurückgegriffen werden kann, und sich erst dann der riskante-
ren Diversifikationsstrategie zuzuwenden.
3. Stärken/Schwächen-Profil
Das Stärken/Schwächen-Profil ist ein Analyseinstrument, das die Position des Unternehmens
hinsichtlich seiner kritischen Erfolgsfaktoren im Vergleich mit der Konkurrenz aufzeigt.
Dabei werden die für eine solche Analyse wichtigsten Unternehmensbereiche anhand geeig-
neter Kriterien untergliedert und für jedes Kriterium wird die Position des Unternehmens
selbst sowie des wichtigsten oder eines typischen Wettbewerbers auf einer Ordinalskala
festgehalten. Die Erfassung der Unternehmenssituation erfolgt mithilfe von Checklisten und
stellt eine Momentaufnahme dar, aus der sich Ansatzpunkte und Strategien für die zukünftige
Unternehmensentwicklung ableiten lassen.
Abb. 5.5 zeigt ein Beispiel für ein Stärken/Schwächen-Profil. Die Beurteilungen werden vom
Management des Unternehmens hinsichtlich der als relevant angesehenen Bereiche und
Kriterien auf einer 9-Punkte-Skala vorgenommen, wobei niedrige Punktzahlen eine schlechte
und hohe Punktzahlen eine gute Bewertung bedeuten.
Offensichtlich liegen die Stärken des Unternehmens in den Bereichen Produktqualität, Pro-
duktionskapazität, Qualifikation und Erfahrung des Personals sowie bei der Kostensituation.
Deutliche Schwächen sind in den Bereichen Aktualität des Produktionsprogramms, techni-
scher Stand der Anlagen, Liquidität und beim Führungssystem erkennbar. Im Vergleich zum
Wettbewerber werden überwiegend schlechtere Bewertungen erreicht, wobei die Abwei-
chungen bei den soeben genannten Schwächen besonders groß ausfallen. Deutlich bessere
Bewertungen als das Vergleichsunternehmen erhält das betrachtete Unternehmen bei den
Kriterien Produktivität und Qualifikation des Personals.
Die zukünftigen Unternehmensstrategien sollten sich auf den Ausbau der Stärken und die
Beseitigung der Schwächen konzentrieren, wobei nicht nur die absoluten Stärken von Bedeu-
tung sind, sondern vor allem die relativen Stärken und Schwächen, d.h. die Kriterien, bei
denen der Abstand zum Wettbewerber besonders ausgeprägt ist. Für die so ermittelten Akti-
onsfelder sind jeweils geeignete Maßnahmen zu formulieren, durch die das Unternehmen
langfristig seine Wettbewerbsposition verbessern soll.
Ein Problem bei der Durchführung der Stärken/Schwächen-Analyse stellt die Informations-
beschaffung dar. Während die Beurteilung der Ausprägungen der einzelnen Kriterien beim
eigenen Unternehmen noch relativ leicht möglich ist, sind die entsprechenden Informationen
hinsichtlich des Wettbewerbers zum Teil schwierig oder gar nicht zu beschaffen. In diesem
Fall ist das Unternehmen auf Einschätzungen angewiesen, von deren Qualität die Ergebnisse
wesentlich abhängen. Eine andere Möglichkeit besteht darin, die Analyse durch einen exter-
nen Berater durchführen zu lassen, der einen besseren Einblick in die Situation der Wettbe-
werber hat.
Erfolgsfaktoren 1 2 3 4 5 6 7 8 9
Produktionsprogramm
- Aktualität
- Qualität
-F&E
Anlagen
- Kapazität
- technischer Stand
Produktionsprozesse
- Produktivität
- Effektivität
Vertriebspotenzial
- Marktabdeckung
- Servicequalität
Einkaufspotenzial
- Lieferantenstruktur
- Abhängigkeiten
Personal
- Qualifikation
- Motivation
- Erfahrung
Finanzielles Potenzial
- Rentabilität
- Liquidität
Standort
- Kostensituation
- Infrastruktur
Führungssystem
Unternehmen selbst
Wettbewerber
Eine Erweiterung der Stärken/Schwächen-Analyse ist die SWOT-Analyse, bei der neben den
Stärken (strengths) und Schwächen (weaknesses) des Unternehmens auch die aus seiner
aktuellen Umweltsituation resultierenden Chancen (opportunities) und Risiken (threats)
systematisch untersucht werden.
4. Benchmarking
Eine Weiterentwicklung der Stärken/Schwächen-Analyse ist das Benchmarking, das eben-
falls aus dem Vergleich des eigenen Unternehmens mit anderen Unternehmen Anhaltspunkte
für strategische Maßnahmen zur Verbesserung der Wettbewerbsposition gewinnen will. Der
Begriff Benchmark stammt aus dem Vermessungswesen und bedeutet dort Landmarke. Bei
der vorliegenden ökonomischen Anwendung ist ein Benchmark ein Vergleichs- bzw. Vorga-
bewert, anhand dessen das Unternehmen beurteilt wird bzw. an dem es sich ausrichtet. Das
Ziel des Benchmarking besteht darin, von besonders erfolgreichen Unternehmen möglichst
viel und möglichst schnell zu lernen. Durch das Benchmarking wird ein kontinuierlicher
Verbesserungsprozess angestoßen, um in den strategisch wichtigen Bereichen des eigenen
Unternehmens nachhaltige Erfolgspotenziale zu entwickeln. Der Ablauf eines Bench-
marking-Prozesses ist in Abb. 5.6 dargestellt.
Festlegen der
Benchmarking-Bereiche
Gewinnung von
Benchmarking-Partnern
Durchführung der
Analysen
Erarbeitung von
Maßnahmen
Überprüfung des
Erfolgs
Unternehmen aus
Unternehmen aus
indirekte
direkte
Internes Benchmarking
Abteilungen
Geschäftsbereiche
Externes Benchmarking Externes Benchmarking
Wettbewerber
Wettbewerber
vor- und nachgelagerten
Branchen
anderen Branchen
Generell gilt, dass bei einem eng gefassten Benchmarking die erforderlichen Daten leichter
beschafft werden können und die Ausgangsbedingungen der Partner besser vergleichbar
sind. Bei einem weit angelegten Benchmarking hingegen lassen sich in der Regel strengere
Benchmarks ermitteln, so dass die Effektivität des Benchmarking größer ist. Bei einem bran-
chenübergreifenden Benchmarking unterscheiden sich allerdings die Prozesse häufig so sehr,
dass keine vergleichbaren Kennzahlen gewonnen werden können. So ist die Personalintensi-
tät in Dienstleistungsunternehmen viel höher als in Industrieunternehmen, während dort der
Kapitaleinsatz dominiert.
In manchen Fällen stellt die Gewinnung von Benchmarking-Partnern ein Problem dar. Wäh-
rend das suchende Unternehmen direkt von der Durchführung des Benchmarking-Prozesses
profitiert, ist der Nutzen für das überlegene Unternehmen nicht unmittelbar erkennbar, viel-
mehr muss es befürchten, dass es durch die Aufdeckung seiner Geschäftsprozesse Wettbe-
werbsvorteile einbüßt. Andererseits können dadurch, dass man sich beim Benchmarking
intensiv mit Prozessen auseinandersetzt, die bei der Abwicklung des Tagesgeschäfts keine
große Beachtung finden, auch beim überlegenen Unternehmen Verbesserungspotenziale
aufgedeckt werden, so dass dieses ebenfalls vom Benchmarking profitiert. In den USA wird
der Wissenstransfer von überlegenen zu anderen Unternehmen dadurch begünstigt, dass die
Gewinner des jährlich vergebenen Malcolm Baldridge National Quality Award verpflichtet
sind, ihre Erfahrungen auch im Rahmen des Benchmarking an andere Unternehmen weiter-
zugeben.
5. Produktlebenszyklus
Das Konzept des Produktlebenszyklus geht davon aus, dass der Umsatz und der Gewinn
eines Produkts im Zeitablauf einen idealtypischen Verlauf aufweisen. Die Dauer eines Pro-
duktlebenszyklus hängt von der Art des Produkts ab, sie reicht von wenigen Monaten bei
Modeartikeln oder elektronischem Spielzeug bis zu vielen Jahren bei langlebigen Investiti-
onsgütern. Anhand charakteristischer Punkte der Umsatz- bzw. Gewinnkurve lässt sich der
Produktlebenszyklus in mehrere Phasen einteilen (vgl. Abb. 5.8):
Umsatz
Gewinn
Entwick- Einfüh- Wachs-
lung rung tum Sättigung Degeneration
Umsatz
Gewinn
Zeit
Vor der Markteinführung des Produkts liegt die Entwicklungsphase, in der noch kein
Umsatz und kein Gewinn anfallen, vielmehr entstehen hohe Aufwendungen für die Pro-
duktentwicklung und die Vorbereitung der Markteinführung.
Die Einführungsphase beginnt mit der Markteinführung und endet mit dem Erreichen der
Gewinnschwelle, d.h. zu dem Zeitpunkt, in dem der Umsatz erstmals die Kosten abdeckt.
In dieser Phase ist der Umsatz bereits positiv, der Gewinn jedoch aufgrund von Anlauf-
verlusten noch negativ.
In der anschließenden Wachstumsphase durchdringt das Produkt den Markt mehr und
mehr, sie ist durch ein starkes Wachstum von Umsatz und Gewinn gekennzeichnet. Sie
beginnt mit der Gewinnschwelle und endet in dem Zeitpunkt, in dem das Umsatzwachs-
tum sein Maximum bzw. die Umsatzkurve ihren Wendepunkt hat.
Die Sättigungsphase ist durch weiterhin steigende Umsätze gekennzeichnet, jedoch ver-
langsamt sich das Umsatzwachstum aufgrund zunehmender Marktsättigung. Sie endet
mit dem Erreichen des Umsatzmaximums. In der Regel liegt in dieser Phase auch das
Gewinnmaximum.
Die Degenerationsphase als letzte Phase des Produktlebenszyklus weist sinkende Umsät-
ze und Gewinne auf, da das Produkt immer weniger gekauft wird. Sie beginnt beim Um-
satzmaximum und endet spätestens dann, wenn das Produkt keinen Gewinn mehr erwirt-
schaftet.
In den einzelnen Phasen sind unterschiedliche Entscheidungen zu treffen: Stellt sich in der
Einführungsphase heraus, dass das Produkt nicht den erwarteten Erfolg haben wird, da z.B.
das Erreichen der Gewinnschwelle länger als geplant dauert, so sollte es frühzeitig wieder
vom Markt genommen werden. In der Wachstums- und Reifephase muss sich das Unterneh-
men auf die Ausweitung des Marktanteils und die Verteidigung der erreichten Wettbewerbs-
position konzentrieren. Weiter sollte die Reifephase z.B. durch regelmäßige Aktualisierung
des Produkts möglichst lange ausgedehnt werden, um die dort erzielten Gewinne bzw. Cash-
flows abschöpfen zu können. Innerhalb der Degenerationsphase muss das Unternehmen die
Entscheidung treffen, wann es das Produkt vom Markt nehmen will. Eine frühzeitige Pro-
duktelimination erfolgt z.B. dann, wenn das Produkt durch ein Nachfolgemodell ersetzt wer-
den soll oder wenn die Produktionskapazitäten für andere, erfolgversprechendere Produkte
benötigt werden.
Der Produktlebenszyklus für dauerhafte Konsumgüter lässt sich mithilfe von Diffusionspro-
zessen durch die verschiedenen Käuferschichten begründen: Nach der Markteinführung wird
ein neues Produkt z.B. aus der Unterhaltungselektronik zunächst von der Gruppe der Innova-
toren gekauft, die über eine große Kaufkraft verfügen und aufgeschlossen für Produktinnova-
tionen sind. In der Wachstumsphase folgt dann die Gruppe der frühen Anwender, die den
Lebensstil der Innovatoren nachahmen wollen und daher ebenfalls die von diesen als aktuell
angesehenen Produkte kaufen. In der Reifephase verbreitet sich das Produkt aufgrund von
sozialen Ansteckungsprozessen immer weiter, bis es die Mehrheit der potenziellen Kunden,
die nur ausgereifte Produkte kaufen wollen, erworben hat. Käufe in der Degenerationsphase
werden durch die Gruppe der Nachzügler getätigt, die ein Produkt erst dann kaufen, wenn sie
es kaum noch umgehen können.
Im Rahmen der strategischen Planung wird der Produktlebenszyklus eingesetzt, um die zu-
künftigen Absatzchancen eines Produkts zu beurteilen. Dabei ist allerdings zu berücksichti-
gen, dass in der Realität zum einen der Verlauf der in Abb. 5.8 angegebenen Kurven sich
nicht ex ante bestimmen lässt, so dass keine Wendepunkte und Maxima berechnet werden
können, und zum anderen auch die Bestimmung der aktuellen Position eines Produkts inner-
halb des Produktlebenszyklus große Schwierigkeiten bereitet.
Die Grundidee des Produktlebenszyklus, dass die Entwicklung des Absatzvolumens eines
Produkts im Zeitablauf charakteristischen Schwankungen unterliegt, lässt sich auch auf
Märkte und Technologien übertragen. Der Marktlebenszyklus beschreibt die Entwicklung
eines gesamten Markts anhand der Veränderung seiner Wachstumsrate im Zeitablauf, man
Leistungsfähigkeit
der Technologie
Zeit
6. Erfahrungskurve
Die Erfahrungskurve beschreibt die Entwicklung der Kostenstruktur eines Produkts im Zeit-
ablauf. Dabei lässt sich feststellen, dass die Stückkosten aufgrund der bei der Produktion
gewonnenen Erfahrungen eine fallende Tendenz aufweisen. Empirische Untersuchungen, die
bereits in den 1930er Jahren in der amerikanischen Flugzeugindustrie durchgeführt wurden,
haben gezeigt, dass die Stückkosten mit jeder Verdopplung der kumulierten Produktions-
menge um 20% bis 30% zurückgehen (vgl. Abb. 5.10). Dieses auch in anderen Branchen
feststellbare Kostensenkungspotenzial kann als Basis für strategische Entscheidungen heran-
gezogen werden.
Stück-
kosten
Kumulierte
Menge
Grundlage der in Abb. 5.10 dargestellten Erfahrungskurve sind Lernvorgänge, die bewirken,
dass die Mitarbeiter die einzelnen Verrichtungen bei der Produktion immer schneller und
besser durchführen. Aufgrund der sinkenden Ausführungszeiten und einer geringeren Aus-
schussquote sinken auch die Kosten je produzierter Einheit.
Die Erfahrungskurve lässt sich wie folgt formalisieren: Wenn sich eine Ausgangsmenge x 0
mit Stückkosten in Höhe von k 0 produzieren lässt, dann belaufen sich bei einer Lernrate
von 1 % die Stückkosten einer Produktionsmenge x, die das 2 n -fache von x 0 beträgt,
auf:
x 2n x0 k x 1 n k 0
k n n log 2 1 log 2 k 0
Die angegebene Form der Erfahrungskurve basiert somit auf einer linearen Lernhypothese.
Auch wenn sich dieser strenge Zusammenhang von Ausbringungsmenge und Stückkosten in
der Regel nicht exakt nachweisen lässt, ist die Tendenz zur Verringerung der Stückkosten
mit wachsender Ausbringungsmenge vielfach festzustellen. Als Begründung kann man ne-
ben den bereits erläuterten Lernvorgängen eine Reihe anderer Effekte heranziehen (vgl. Abb.
5.11):
Erfahrungskurve
Lerneffekte Skaleneffekte
Lernvorgänge Degressions-
Betriebsgrößen- effekt
effekt Preiseffekt
Technischer
Fortschritt
einer moderat angesetzten Lernrate von z.B. 95% und koppelt deren Einhaltung mit einem
Anreizsystem, so ist die Motivationswirkung ungleich höher.
Allerdings ist zu beachten, dass die Erfahrungskurve kein allgemeingültiges Gesetz darstellt,
aus dem sich automatisch Kostensenkungen ergeben, sondern lediglich Kostensenkungspo-
tenziale anzeigt. Um diese Potenziale vollständig zu erschließen, muss das Unternehmen
sämtliche sich bietenden Rationalisierungs- und Innovationsmöglichkeiten ausnutzen und
zum Teil auch Reorganisationsmaßnahmen einleiten.
7. Portfolio-Konzepte
Unter einem Portfolio versteht man im strategischen Management eine zweidimensionale
Matrix, in der der Zusammenhang zwischen einer vom Unternehmen direkt beeinflussbaren
Größe (interne Dimension) und einer nicht direkt beeinflussbaren Größe (externe Dimensi-
on) dargestellt wird. Durch Einordnung der jeweils relevanten Objekte (Produkte, Anlagen,
Standorte, Investitionsprojekte usw.) in die Matrix kann man erkennen, in welchen Feldern
das Unternehmen gut positioniert ist, und Strategien hinsichtlich der weiteren Entwicklung
ableiten.
Eines der bekanntesten Portfolio-Konzepte ist das Marktanteils/Marktwachstums-Portfolio
der Boston Consulting Group (BCG), einer großen amerikanischen Unternehmensberatungs-
gesellschaft. Dieses Konzept greift auf die zuvor behandelten Instrumente des Produktle-
benszyklus und der Erfahrungskurve zurück, um die derzeitige Position und die zukünftigen
Strategien für die strategischen Geschäftseinheiten des Unternehmens zu bestimmen. Unter
einer strategischen Geschäftseinheit versteht man eine Produkt/Markt-Kombination, d.h. eine
betriebliche Einheit mit Absatz- und Kostenverantwortung, die ein bestimmtes Produktbün-
del auf einem bestimmten Markt anbietet.
Die beiden Dimensionen der BCG-Matrix sind das Marktwachstum als externe und der rela-
tive Marktanteil als interne Dimension, die jeweils die Ausprägungen „hoch“ und „niedrig“
annehmen können. Das Marktwachstum gilt als hoch, wenn es größer als das durchschnittli-
che Wachstum der Gesamtwirtschaft ist, als langjähriger Mittelwert werden hierfür vielfach
5% angesetzt. Ein hohes Marktwachstum liegt häufig bei neu eingeführten Produkten vor,
die sich in der Einführungs- oder Wachstumsphase ihres Produktlebenszyklus befinden,
während Märkte für Produkte in der Sättigungs- oder Degenerationsphase eher unterdurch-
schnittlich wachsen.
Der relative Marktanteil ist definiert als Quotient aus dem eigenen Marktanteil und dem
Marktanteil des stärksten Konkurrenten:
eigener Marktanteil
relativer Marktanteil
Marktanteil des stärksten Konkurrenten
Er wird als hoch angesehen, wenn das Unternehmen mit seinem Produkt auf einem Markt
der Marktführer ist, d.h. bei Werten über eins. Der relative Marktanteil nimmt zu, wenn die
eigene Absatzmenge stärker steigt als die der Wettbewerber. Ein solcher Anstieg kann insbe-
sondere auf Preissenkungen zurückgehen, die aus Kostensenkungen aufgrund der Erfah-
rungskurve resultieren.
Durch Kombination der jeweils zwei Ausprägungen der beiden Kriterien Marktwachstum
und relativer Marktanteil ergibt sich eine 4-Felder-Matrix. Die verschiedenen strategischen
Geschäftseinheiten des Unternehmens werden entsprechend ihren Kriterienausprägungen in
die in Abb. 5.12 angegebene Portfolio-Matrix eingetragen, die Größe der Kreise gibt den
jeweils erzielten Umsatz an.
Question Stars
Marks
hoch
Marktwachstum
niedrig hoch
Relativer Marktanteil
Tritt das Produkt in seine Sättigungsphase ein, ohne dass die Marktführerschaft verloren
geht, so wird der Star zur Cash Cow. Aufgrund des nunmehr geringen Marktwachstums
reichen die bereits aufgebauten Kapazitäten aus und weitere Investitionen sind nicht er-
forderlich. Vielmehr können durch diese strategischen Geschäftseinheiten finanzielle
Überschüsse generiert werden, die sich für die bei den Question Marks und den Stars er-
forderlichen Investitionen einsetzen lassen.
Dogs sind Produkte in der Degenerationsphase, die bei stagnierendem Marktwachstum
nur über einen geringen relativen Marktanteil verfügen. Solange das Marktvolumen aus-
reicht, sollte hier der Cashflow abgeschöpft werden, andernfalls sollte sich das Unter-
nehmen aus dem Markt zurückziehen.
Das Ziel des Unternehmens besteht darin, jederzeit über ein ausgewogenes Portfolio von
strategischen Geschäftseinheiten zu verfügen, bei dem der Cashflow der reifen Produkte
ausreicht, um den Finanzbedarf der zukunftsträchtigen Produkte abzudecken. Dazu ist es
erforderlich, einerseits ständig neue Produkte zu entwickeln, die das Potenzial haben, sich zu
Stars und Cash Cows zu entwickeln, und andererseits die Produkte in der Dog-Position
rechtzeitig vom Markt zu nehmen.
Das Marktanteils/Marktwachstums-Portfolio lässt sich nicht nur zur Bestandsaufnahme hin-
sichtlich der Situation des Unternehmens in einem bestimmten Zeitpunkt einsetzen, sondern
auch zur Beurteilung der Unternehmensentwicklung im Zeitablauf, indem die geplanten und
die tatsächlich realisierten Positionen der einzelnen strategischen Geschäftseinheiten mitei-
nander verglichen werden. Seine wesentliche Bedeutung liegt in der Beschreibung der relati-
ven Wettbewerbssituation eines Unternehmens und der Ableitung von strategischen Maß-
nahmen.
Nach dem Grundprinzip des Marktanteils/Marktwachstums-Portfolios der Boston Consulting
Group wurde für das strategische Management eine Reihe anderer Portfolio-Konzepte ent-
wickelt, die sich hinsichtlich der Bezeichnung und Messung der Dimensionen sowie bei der
Anzahl der Merkmalsausprägungen voneinander unterscheiden, einige werden in den nach-
folgenden Abschnitten vorgestellt. Trotz ihrer weiten Verbreitung stoßen diese Portfolio-
Konzepte auch auf Kritik. Als problematisch werden vor allem folgende Punkte angesehen:
Die Aggregation der vielfältigen realen Einflussgrößen auf zwei Dimensionen ist zu
undifferenziert.
Die Auswahl der Dimensionen wird meist gar nicht oder aber nur unzulänglich begrün-
det.
Durch die schematische Zuordnung bestimmter Strategien zu den in den einzelnen Fel-
dern positionierten Objekten lassen sich die Besonderheiten des jeweiligen Falls nur un-
zureichend berücksichtigen.
5.2 Technologiemanagement
Entscheidungen hinsichtlich der Entwicklung und des Einsatzes von Technologien sind von
großer Bedeutung für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit von Industrieunternehmen. Ab-
schnitt 5.2.1 befasst sich mit der Begriffsabgrenzung und der Ableitung der grundsätzlichen
Technologiestrategie, Abschnitt 5.2.2 geht auf die Bestimmung der Kapazitätsstrategie ein
und in Abschnitt 5.2.3 werden strategische Entscheidungen hinsichtlich der Standortwahl
eines Unternehmens behandelt.
5.2.1 Technologiestrategien
Unter einer Technologie versteht man ein bestimmtes Know-how bzw. Problemlösungswis-
sen, d.h. die Kenntnis von naturwissenschaftlichen bzw. ingenieurwissenschaftlichen Wir-
kungszusammenhängen, die als Lösungsprinzipien für Anwenderprobleme dienen können.
Neue Technologien können sich als Produkttechnologien auf die Entwicklung von Produkten
oder als Prozess- bzw. Produktionstechnologien auf die Entwicklung und Anwendung von
Produktionsverfahren beziehen. So erlaubt z.B. die Beherrschung der Brennstoffzellentech-
nologie die Entwicklung entsprechender Energieversorgungs- und Antriebssysteme sowie
der zugehörigen Produktionsverfahren.
Als Technik bezeichnet man hingegen die Anwendung einer Technologie, bei der das Prob-
lemlösungswissen in wirtschaftlich verwertbare Produkte umgesetzt wird. Das Ergebnis der
Entwicklung neuer Technologien bzw. von technischen Anwendungen wird als technischer
Fortschritt bei den zugehörigen Produkten und Produktionsverfahren wahrgenommen. So
weisen Personal Computer aufeinander folgender Generationen unterschiedliche Prozessor-
typen auf, die teilweise auf verschiedenen Technologien basieren, teilweise eine Weiterent-
wicklung der zuvor eingesetzten Technologie darstellen.
Neue Technologien können auf verschiedene Weise in das Unternehmen gelangen: Während
Großunternehmen häufig eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilungen unterhalten, die
systematisch sowohl die technischen Grundlagen als auch neue Anwendungen erforschen, ist
dieser Weg kleinen und mittelständischen Unternehmen in der Regel aus Kostengründen
versperrt. Eine Alternative ist die Kooperation mehrerer Unternehmen bei der Technologie-
entwicklung, wie sie z.B. in Entwicklungszentren erfolgt. Auch staatliche Forschungseinrich-
tungen und Hochschulen können z.B. über auftragsbezogene Drittmittelforschung an der
Technologieentwicklung für ein Unternehmen beteiligt sein. Weiter kann sich ein Unterneh-
men die Rechte an einer neuen Technologie sichern, indem es die zugehörigen Patente oder
Lizenzen erwirbt. Schließlich besteht die Möglichkeit, eine neue Technologie durch den
Erwerb einer Beteiligung an einem anderen Unternehmen, das diese entwickelt oder in Ge-
brauch hat, zu nutzen.
Zur Ableitung einer Technologiestrategie lässt sich die in Abb. 5.13 dargestellte Technolo-
giestrategie-Matrix einsetzen, die analog zur Produkt/Markt-Betrachtung der Ansoff-Matrix
(vgl. Abschnitt 5.1.2) zwischen bekannten und neuen Produkten sowie bekannten und neuen
Produktionsprozessen unterscheidet.
Produkt
bekannt neu
Prozess
Produkt- bzw.
Produkt-
bekannt Prozess-
innovation
intensivierung
Prozess- Technologie-
neu
innovation innovation
ausgereift sind, Prozessinnovationen dominieren. Nach einer anschließenden Phase der Pro-
dukt- und Prozessintensivierung erfolgt dann über eine Technologieinnovation eine Verlage-
rung der Wertschöpfung auf einen neuen Produktionszweig.
Zur Bestimmung der Technologiestrategie gehört weiterhin die Entscheidung, welche der im
Unternehmen vorhandenen oder am Markt verfügbaren Produkt- und Prozesstechnologien in
Zukunft ausgebaut oder zurückgefahren werden sollen. Diese Entscheidung lässt sich durch
das in Abb. 5.14 dargestellte Technologie-Portfolio unterstützen, das die einzelnen Techno-
logien hinsichtlich ihrer Attraktivität und der jeweiligen Ressourcenstärke des Unternehmens
beurteilt.
Investitions-
hoch
strategien
Technologieattraktivität
mittel
Selektive
Strategien
Desinvestitions-
niedrig
strategien
Die Technologieattraktivität ist die externe Dimension dieses Portfolios. Sie hängt vom der-
zeitigen und potenziellen Anwendungsspektrum einer Technologie ab, aus dem sich ihre
Relevanz für die zukünftige Wettbewerbsposition des Unternehmens ergibt. Sie wird in die
drei Kategorien „hoch“, „mittel“ und „gering“ eingeteilt, die sich wie folgt klassifizieren
lassen: Eine Technologie mit hoher Attraktivität weist ein sowohl in quantitativer als auch in
qualitativer Hinsicht breites Anwendungsspektrum sowie die Möglichkeit zur Anpassung an
veränderte Anforderungen auf. Mittlere Technologieattraktivität liegt vor, wenn sich eine
Technologie nur noch beschränkt weiterentwickeln lässt und eine neue Substitutionstechno-
logie bereits absehbar ist. Wenn die Zahl der Anwendungen einer Technologie ständig zu-
rückgeht und keine Möglichkeiten zur Leistungsverbesserung mehr gesehen werden, liegt
eine geringe Technologieattraktivität vor.
Die Ressourcenstärke als interne Dimension des Portfolios beschreibt die spezifischen Stär-
ken und Schwächen des Unternehmens in den als besonders wichtig erachteten Bereichen
der finanziellen Mittel und des Know-hows. Steht beides in ausreichendem Maße für den
derzeitigen und zukünftigen Bedarf zur Verfügung, so liegt eine hohe Ressourcenstärke vor.
Ist eine Komponente nur unzureichend vorhanden, lässt sich diese Lücke jedoch in absehba-
rer Zeit durch Lernprozesse oder zusätzliche Finanzierungsquellen schließen, wird die Res-
sourcenstärke als „mittel“ beurteilt. Eine geringe Ressourcenstärke liegt vor, wenn eine
grundlegende Ressourcenlücke in einem oder beiden Bereichen besteht, die sich auf mittlere
Sicht nicht beseitigen lässt.
Aus der Position der vorhandenen Technologien innerhalb des Portfolios lassen sich folgen-
de Strategieempfehlungen ableiten:
Bei Technologien, die bezüglich einer Dimension eine hohe Position und bezüglich der
anderen Dimension mindestens eine mittlere Position aufweisen, sollten zusätzliche In-
vestitionen in die Produkt- oder Prozesstechnologie vorgenommen werden, um ange-
sichts der attraktiven Marktbedingungen die Ressourcenstärke zu halten oder sogar aus-
zubauen.
Hingegen empfiehlt sich eine Desinvestitionsstrategie für Technologien, die bezüglich
einer Dimension eine geringe und bezüglich der anderen Dimension allenfalls eine mitt-
lere Position aufweisen. Hier sind durch zusätzliche Investitionen keine grundlegenden
Verbesserungen der betrieblichen Leistungsfähigkeit zu erwarten, während die freigesetz-
ten Mittel in attraktiveren Bereichen bessere Verwendung finden können.
Für Technologien, die in den Feldern auf der Diagonale der Matrix positioniert sind, gibt
es keine derart eindeutige Strategieempfehlung, sondern es muss eine gesonderte Beurtei-
lung jeweils angesichts der spezifischen Situation erfolgen. Dies wird als selektive Stra-
tegie bezeichnet.
Von großer Bedeutung für die Technologieposition eines Unternehmens ist, dass es neue
Entwicklungen und Trends rechtzeitig erkennt und aufgreift, um seine zukünftige Wettbe-
werbsposition zu sichern.
5.2.2 Kapazitätsstrategien
Als Kapazität bezeichnet man allgemein das Leistungsvermögen einer wirtschaftlichen oder
technischen Einheit beliebiger Art, Größe und Struktur in einem bestimmten Zeitabschnitt.
Dabei stellt man in der Regel auf die maximale Leistungsfähigkeit ab, da diese technisch
eindeutig determiniert ist. Die Kapazität einer Anlage ergibt sich als Produkt aus ihrer ma-
ximalen Leistungsintensität, ihrem Leistungsquerschnitt und ihrer maximalen Nutzungsdau-
er. Das Verhältnis der während einer Periode tatsächlich abgegebenen Leistung zur maximal
möglichen Leistung einer Anlage bezeichnet man als Kapazitätsnutzungsgrad, dieser ist eine
wichtige Kennzahl in der Anlagenwirtschaft.
tatsächliche Leistung
Kapazitätsnutzungsgrad
maximale Leistung
Kapazitätsstrategie
Kapazitätserweiterung Kapazitätsabbau
es können negative Auswirkungen auf die Motivation des Personals und auf das Unterneh-
mensimage entstehen.
Ein Kapazitätsabbau ohne Belegschaftsverminderung erfolgt durch die zeitliche oder qualita-
tive Freisetzung von Personal, z.B. in Form von Kurzarbeit, der 4-Tage-Woche, Vorruhe-
standsregelungen, Umsetzungen auf andere Arbeitsplätze. Dadurch wird ein Teil der Fixkos-
ten abgebaut, dies ist mit entsprechenden Einkommenseinbußen bei den betroffenen Mitar-
beitern verbunden. Die maschinellen Kapazitäten und damit auch deren Fixkosten bleiben
erhalten, so dass das Unternehmen bei Bedarf kurzfristig wieder zur Normalkapazität zu-
rückkehren kann.
Beim Kapazitätsabbau mit Belegschaftsverminderung wird der Personalbestand dauerhaft
reduziert. Dies kann sozialverträglich, d.h. ohne Entlassungen, erfolgen, indem die natürliche
Fluktuation aufgrund von Pensionierungen oder Kündigungen vonseiten der Mitarbeiter
ausgenutzt wird, ein Einstellungsstopp verhängt wird oder materielle Anreize bei Kündigun-
gen geboten werden. Ist z.B. bei der Schließung eines Werks eine rasche Reduktion des Per-
sonalbestands erforderlich, so sind Entlassungen unvermeidlich, die nach sozialen Kriterien
erfolgen müssen und deren Auswirkungen auf die Beschäftigten durch Sozialpläne abgemil-
dert werden.
In den Bereich der Kapazitätsstrategie gehört auch die Bestimmung der Fertigungstiefe, d.h.
die Entscheidung, welche Teile der Wertschöpfungskette im eigenen Unternehmen erbracht
und welche auf Zulieferer oder nachgelagerte Wertschöpfungsstufen ausgelagert werden
sollen. Die grundsätzliche Kostenstruktur einer solchen Make-or-Buy-Entscheidung wurde
bereits in Abschnitt 2.1.1 behandelt. Während in einigen Branchen noch die Strategie des
Outsourcing von Wertschöpfungsteilen, die nicht zu den eigenen Kernkompetenzen zählen,
vorherrscht, ist andererseits bereits wieder eine Tendenz zur Re-Integration derartiger Aktivi-
täten in das eigene Unternehmen zu beobachten.
5.2.3 Standortstrategien
Zu den wichtigsten strategischen Entscheidungen gehört die Bestimmung des Standorts bzw.
die räumliche Verteilung verschiedener Standorte eines Unternehmens. Da mit einem Stand-
ort regelmäßig hohe Fixkosten verbunden sind, sollte er grundsätzlich so gewählt werden,
dass sich auch auf lange Sicht möglichst günstige Beschaffungs-, Produktions- und Absatz-
bedingungen bieten. Eine Standortentscheidung wird zunächst bei der Gründung bzw. beim
Aufbau des Unternehmens getroffen, muss aber regelmäßig überprüft und gegebenenfalls an
die Bedürfnisse oder an veränderte Rahmenbedingungen der Unternehmensumwelt ange-
passt werden. Weitere Standortentscheidungen sind bei der Erweiterung des Unternehmens
erforderlich. Die Standortstrategie steht in engem Zusammenhang mit der Kapazitätsstrategie
(vgl. Abschnitt 5.2.2) und mit der aus der Marktposition abgeleiteten Produktstrategie (vgl.
Abb. 5.16).
Eine Standortstrategie mit Kapazitätsaufbau ist bei Produkten in der Star-Position angezeigt.
Der Kapazitätsaufbau kann als Ausbau von Produktionsstätten an bereits vorhandenen Stan-
Standortstrategie
on-site-Expansion Kontraktionsstrategie
Räumliche Verdichtung Konzentrationsstrategie
Räumliche
Diversifizierung
Bei Produkten, deren Marktvolumen stagniert oder schrumpft, dies sind vor allem Produkte
in der Dog-Position, ist tendenziell ein Kapazitätsabbau angezeigt, der durch die vollständige
oder teilweise Stilllegung von Standorten erfolgen kann. Bei einer Kontraktionsstrategie
werden die Kapazitäten der vorhandenen Standorte heruntergefahren, bei einer Konzentrati-
onsstrategie erfolgt eine Neuaufteilung der insgesamt reduzierten Produktionsmenge auf die
kostengünstigsten Standorte, die nicht mehr benötigten Standorte werden vollständig ge-
schlossen.
Ein Instrument zur systematischen Ableitung von Standortstrategien ist die in Abb. 5.17
dargestellte Standort-Portfolio-Matrix.
Die interne Dimension der Standort-Portfolio-Matrix ist das Erfolgspotenzial der Produkte,
das durch die Entwicklung des jeweiligen Marktes, ihren Marktanteil, ihr Stückgewinnpo-
tenzial usw. gemessen wird. Die externe Dimension gibt die Attraktivität eines Standorts an,
die im Wesentlichen durch die Ausprägungen der nachfolgend behandelten Standortfaktoren
bestimmt wird. In Abhängigkeit von den Ausprägungen dieser beiden Dimensionen lassen
sich den bereits vorhandenen Produktionseinheiten die zuvor genannten Standortstrategien
zuordnen.
Bei geringer Standortattraktivität und geringem Erfolgspotenzial der Produkte ist eine Still-
legung des Standorts angezeigt. Werden Produkte mit hohem Erfolgspotenzial an wenig
attraktiven Standorten hergestellt, so kommt eine Verlagerung auf attraktivere Standorte im
Rahmen einer Konzentrationsstrategie in Betracht. Wenig erfolgreiche Produkte sollten an
sehr attraktiven Standorten nicht produziert werden, sondern aus dem Programm oder an
Expansion
hoch
Konzentration Räumliche
Verdichtung
Teilstilllegung
gering
Stilllegung Produktions-
verlagerung
gering hoch
Standortattraktivität
5.3 Personalmanagement
Die Aufgabe des Personalmanagements bzw. der Personalwirtschaft (Human Resource Ma-
nagement) besteht in der kurz-, mittel- und langfristigen Planung des Personalbedarfs, der
Bereitstellung des Personals in dem zur Erfüllung der anstehenden Aufgaben erforderlichen
Umfang und mit der adäquaten Qualifikation, dem laufenden Einsatz des Personals in den
betrieblichen Funktionsbereichen und der Beeinflussung des Verhaltens der Arbeitnehmer im
Sinne der Unternehmensziele. Unter Personal bzw. Arbeitnehmern versteht man in diesem
Zusammenhang die in einem Unternehmen als Mitarbeiter beschäftigten Menschen, denen
bestimmte, aus dem Sachziel des Unternehmens abgeleitete Aufgaben übertragen werden.
Aus den vielfältigen Aufgaben des Personalmanagements werden im Folgenden zunächst die
Führungsmethoden behandelt, die zur Steuerung des Verhaltens der Arbeitnehmer eingesetzt
werden (Abschnitt 5.3.1), anschließend wird kurz auf die wichtigsten Kernfunktionen der
Personalwirtschaft eingegangen (Abschnitt 5.3.2). In Abschnitt 5.3.3 werden die verschiede-
nen Entlohnungsformen und in Abschnitt 5.3.4 Möglichkeiten zur Gestaltung der Festlegung
der Arbeitszeit anhand von Arbeitszeitmodellen dargestellt.
5.3.1 Führungsmethoden
Die Personalführung dient der Lenkung des Arbeitnehmerverhaltens, um durch den koordi-
nierten Einsatz der Mitarbeiter die arbeitsteilig organisierte Erfüllung der Gesamtaufgabe
effizient und effektiv zu erreichen. In einer hierarchischen Organisation (vgl. Abschnitt
1.1.4) sind die Führungsaufgaben auf mehrere Ebenen mit unterschiedlichen Entscheidungs-
kompetenzen verteilt. Die Leitlinien für das Führungsverhalten werden zentral von der Un-
ternehmensspitze vorgegeben.
Es lassen sich verschiedene Führungsstile unterscheiden, die zwischen den beiden Extremen
einer autokratischen Führung mithilfe von Regeln und Anweisungen und einer kooperativen
Führung, bei der Entscheidungsspielräume an die Mitarbeiter delegiert werden, angesiedelt
sind (vgl. auch Abb. 5.18).
Autokratische
Führung Kooperative
Führung
Anweisungen Delegation
Kennzeichen der autokratischen Führung ist die durch formale Autorität begründete An-
weisungsbefugnis des Vorgesetzten, die durch entsprechende Sanktionsmöglichkeiten ge-
festigt wird. Diese Form der Führung hat sich bei Routineaufgaben bewährt, bei denen
kaum Entscheidungsspielraum besteht.
Der kooperative Führungsstil hingegen ist durch Abstimmungen zwischen den Beteilig-
ten gekennzeichnet. Der Vorgesetzte nutzt das Fachwissen seiner Mitarbeiter, Entschei-
dungen werden gemeinsam gefällt oder auch an die Mitarbeiter delegiert. Die kooperative
Führung erweist sich bei wenig standardisierbaren Aufgaben, die Eigeninitiative und
Kreativität erfordern, als vorteilhaft.
Zur Unterstützung und Standardisierung der Personalführung sind verschiedene Führungs-
methoden entwickelt worden, die das Verhältnis von Vorgesetzten und Mitarbeitern unter-
schiedlich formalisieren.
Management by exception: Bei der Führung nach dem Ausnahmeprinzip werden alle
Entscheidungen, die üblicherweise im Tagesgeschäft zu treffen sind, an die Mitarbeiter
Auftragslage
Derzeitiger Personalbestand
– erwartete Personalabgänge Brutto-Personalbedarf
+ erwartete Personalzugänge – geplanter Personalbestand
= geplanter Personalbestand = Netto-Personalbedarf
0 Einstellungen 0 Entlassungen
Bei der externen Personalbeschaffung werden neue Mitarbeiter von außen gewonnen. Dies
kann durch eher passive Maßnahmen wie die Auswertung von Stellengesuchen, das Führen
einer Bewerberkartei, Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt, Personalberatern oder Zeitar-
beitsfirmen oder durch aktive Maßnahmen wie eigene Stellenanzeigen, Werbemaßnahmen in
Massenmedien, Kontaktaufnahme zu Schulen und Hochschulen oder Abwerbung von Mitar-
beitern aus anderen Unternehmen erfolgen.
Die Auswahl des für einen Arbeitsplatz am besten geeigneten Bewerbers erfolgt in der Regel
in einem mehrstufigen Verfahren, bei dem die Bewerbungsunterlagen hinsichtlich der An-
forderungen ausgewertet und einige als besonders geeignet erscheinende Bewerber eingela-
den werden. Um festzustellen, ob diese tatsächlich über die gewünschte Qualifikation verfü-
gen, werden sie einem Vorstellungsgespräch und häufig zusätzlich einem Einstellungstest
oder einem Assessment Center unterzogen. Den besten Bewerbern wird ein Arbeitsvertrag
angeboten, der in der Regel eine drei- bis sechsmonatige Probezeit vorsieht, innerhalb derer
er von beiden Seiten kurzfristig gekündigt werden kann.
Bei einem negativen Netto-Personalbedarf weist das Unternehmen personelle Überkapazitä-
ten auf, denen durch verschiedene Maßnahmen der Personalfreisetzung zu begegnen ist. Da
die kurzfristige Einstellung und spätere Entlassung von Mitarbeitern in Abhängigkeit von der
Auftragslage (hire and fire policy) durch das deutsche Arbeitsrecht stark beschränkt wird und
darüber hinaus mit hohen Kosten verbunden ist, wird das Unternehmen zunächst versuchen,
durch Kurzarbeit, vorzeitigen Ruhestand, Urlaubsplanung usw. die von den Mitarbeitern
geleistete Arbeitszeit an die Auftragslage anzupassen. Erst wenn diese Maßnahmen nicht
ausreichen, wird zusätzlich Personal abgebaut, wobei soziale Aspekte und Kündigungsfristen
zu berücksichtigen sind.
3. Personalentwicklung
Gegenstand der Personalentwicklung ist die systematische Erweiterung der fachlichen und
persönlichen Qualifikation der Mitarbeiter, damit diese auch die zukünftigen Anforderungen
im Unternehmen, z.B. aufgrund neuer Technologien und Produktionsverfahren, bewältigen
können. Aufgrund der dynamischen Entwicklung der Unternehmensumwelt und der in den
einzelnen Berufen eingesetzten Arbeitsverfahren sind die meisten Arbeitnehmer darauf an-
gewiesen, lebenslang zu lernen und sich immer weiter zu qualifizieren. Auch für das Unter-
nehmen gehen von einer intensiven Personalentwicklung positive Effekte aus: Es wird nicht
nur unternehmensspezifisches Humankapital aufgebaut, sondern auch die Bindung der Mit-
arbeiter an das Unternehmen verstärkt.
Maßnahmen der Personalentwicklung sind einerseits die Berufsausbildung und die betriebli-
che Weiterbildung, durch die den Mitarbeitern die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten
vermittelt werden, andererseits die langfristig angelegte Karriereplanung, die dem Mitarbei-
ter Versetzungs- und Aufstiegsmöglichkeiten in Abhängigkeit von seinen zukünftigen Leis-
tungen aufzeigt.
5.3.3 Lohnformen
Die Zahlung von Lohn oder Gehalt als Entgelt für die geleistete Arbeit zählt zu den wichtigs-
ten Instrumenten, um die Mitarbeiter zu angemessenen Leistungen zu motivieren. Es haben
sich unterschiedliche Lohnformen herausgebildet, die verschiedene Leistungskomponenten
in den Vordergrund stellen.
Beim Zeitlohn erfolgt die Entlohnung ausschließlich anhand der abgeleisteten Arbeits-
zeit, dabei werden weder Menge noch Qualität der geleisteten Arbeit berücksichtigt. Der
Lohn ergibt sich als Produkt aus dem vereinbarten Stundenlohn und der Zahl der Arbeits-
stunden.
Lohn Stundenlohn Arbeitszeit
Der Zeitlohn findet Anwendung, wenn die Arbeitsleistung nicht messbar ist, wenn die
Arbeitsgeschwindigkeit durch den Arbeitnehmer nicht beeinflusst werden kann oder
wenn eine Beschleunigung der Arbeit aufgrund von Unfallgefahren oder Qualitätsan-
sprüchen unerwünscht ist. Die Motivationswirkung des Zeitlohns ist gering, da die Ent-
lohnung auch bei einer geringeren Leistung nicht sinkt.
Der Akkordlohn oder Leistungslohn wird anhand der in einer Periode erbrachten Arbeits-
leistung berechnet. Der Akkordlohn tritt in mehreren Varianten auf. Beim Zeitakkord
wird zur Lohnermittlung die Leistungsmenge mit einer zuvor festgelegten Vorgabezeit,
in der ein durchschnittlich begabter Arbeitnehmer die Leistung erbringen kann, und mit
einem Minutenfaktor, der sich aus dem bei normaler Leistung erzielbaren Stundenlohn
ergibt, multipliziert.
Lohn Leistungsmenge Vorgabezeit Minutenfaktor
Beim Geldakkord hingegen wird der Lohn als Produkt aus der Leistungsmenge und dem
Akkordsatz, der die Entlohnung je Stück bei Normalleistung angibt, berechnet.
Lohn Leistungsmenge Akkordsatz
Letztlich führen beide Berechnungsweisen zum selben Ergebnis. Der Zeitakkord weist
aus abrechnungstechnischer Sicht den Vorteil auf, dass bei Tarifänderungen lediglich der
Minutenfaktor aktualisiert werden muss und die oft aufwändig – z.B. mittels REFA-
Analysen – ermittelten Vorgabezeiten konstant bleiben können.
Eine Sonderform des Akkordlohns ist der Gruppenakkord, bei dem die Entlohnung einer
Arbeitsgruppe anhand der gemeinsam erbrachten Leistung erfolgt. Dadurch werden das
Verantwortungsgefühl für die von der Gruppe erbrachte Arbeit und das gegenseitige Ve-
rantwortungsgefühl gefördert. Die Aufteilung des Lohns auf die einzelnen Arbeitnehmer
kann sich z.B. an Äquivalenzziffern orientieren. Der Gruppenakkord findet vor allem
dann Anwendung, wenn die Arbeit als Gruppenarbeit organisiert ist, wie es z.B. in der
Automobilindustrie vielfach der Fall ist.
Beim Prämienlohn wird zusätzlich zu einem festen Grundlohn eine Prämie gezahlt, wenn
der Arbeitnehmer eine Mehrleistung erbringt. In Abhängigkeit von der Art der Mehrleis-
tung unterscheidet man Mengenprämien für die Überschreitung einer Vorgabemenge,
Qualitätsprämien für die Einhaltung von Fertigungstoleranzen oder für die Unterschrei-
tung eines vorgegebenen Ausschussanteils, Nutzungsprämien für die Erhöhung der effek-
tiven Produktionszeit bzw. die Reduzierung der Maschinenstillstandszeit und Ersparnis-
prämien für Einsparungen beim Verbrauch von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen. Weiter
werden Prämien für Verbesserungsvorschläge im Rahmen des betrieblichen Vorschlags-
wesens gezahlt.
Die genannten Lohnformen lassen sich vielfältig miteinander kombinieren, so dass ein brei-
tes Spektrum an Entlohnungsvarianten zur Verfügung steht. So werden in der Praxis ver-
mehrt der Zeit- oder Akkordlohn mit Prämien für besondere Leistungen oder für die Einhal-
tung der Qualitätsnormen kombiniert.
Als weiteres Motivationsinstrument setzen viele Unternehmen zusätzlich Erfolgsbeteiligun-
gen ein, durch die der Beitrag der Arbeitnehmer zum Unternehmenserfolg honoriert werden
soll. Neben einem Anreiz zur Mehrleistung bewirken Erfolgsbeteiligungen vor allem eine
höhere Zufriedenheit der Arbeitnehmer und eine stärkere Identifikation mit dem Unterneh-
men. Als Bemessungsgrundlage einer Erfolgsbeteiligung kommen die Unternehmensleistung
(Produktionsmenge, Produktivität), der Ertrag (Umsatz, Wertschöpfung) oder der Erfolg
(Bilanzgewinn, Jahresüberschuss) in Betracht. Die Aufteilung des verfügbaren Betrags auf
die Arbeitnehmer erfolgt meist in Anlehnung an die gezahlten Löhne und Gehälter, bei Füh-
rungskräften kann eine Erfolgsbeteiligung auch an die Erreichung zuvor vereinbarter Kenn-
zahlen gekoppelt sein. Neben der Auszahlung der Erfolgsbeteiligung kommt auch eine Um-
wandlung in Anteile am Unternehmen in Betracht (Kapitalbeteiligung).
5.3.4 Arbeitszeitmodelle
Die Arbeitszeit ist die Zeit, während der ein Arbeitnehmer dem Unternehmen seine Arbeits-
kraft zur Verfügung stellt. Vor allem in kleinen Unternehmen findet man vielfach noch starre
Arbeitszeiten, bei denen Arbeitsbeginn und Arbeitsende für alle Arbeitnehmer einheitlich
fixiert sind. Aus der Notwendigkeit heraus, die Betriebszeit, d.h. die Zeit, in der die kapital-
intensiven Maschinen produktiv genutzt werden, über die Arbeitszeit eines einzelnen Arbeit-
nehmers hinaus auszudehnen, sind verschiedene Arbeitszeitmodelle entwickelt worden, die
eine Flexibilisierung der Arbeitszeit anstreben. Flexible Arbeitszeiten erlauben darüber hin-
aus aus betrieblicher Sicht eine Anpassung an saisonal schwankende Leistungsanforderungen
sowie aus Arbeitnehmersicht eine Anpassung an die individuellen Freizeitbedürfnisse. Die
wichtigsten Formen flexibler Arbeitszeiten sind:
Überstunden und Kurzarbeit: Dies sind die bekanntesten Möglichkeiten zur Anpassung
der Arbeitszeit an wechselnde Anforderungen.
Schichtarbeit: Ist die Betriebszeit wesentlich länger als die Arbeitszeit der Arbeitnehmer,
so lösen sich diese an den Maschinen ab. Im 3-Schicht-Betrieb wird der Arbeitnehmer
abwechselnd in der Früh-, Spät- und Nachtschicht eingesetzt, wobei die notwendige Er-
holung durch Freischichten zu gewährleisten ist.
Teilzeitarbeit: Die Arbeitszeit einzelner Arbeitnehmer ist kürzer als die im Unternehmen
übliche Arbeitszeit.
Gleitzeit: Der Arbeitnehmer kann den Beginn und das Ende seiner täglichen Arbeitszeit
innerhalb bestimmter Spannen selbst bestimmen, eine feste Anwesenheit ist lediglich
während der Kernarbeitszeit erforderlich. Kommt es an einzelnen Tagen zu Mehr- oder
Minderarbeit, so werden diese Zeiten auf einem Gleitzeitkonto festgehalten und sind in-
nerhalb bestimmter Fristen auszugleichen.
Jahresarbeitszeitverträge: Die im Laufe eines Jahres insgesamt zu leistende Arbeitszeit
wird vertraglich festgelegt und variabel auf die einzelnen Monate verteilt. Die Verteilung
kann sich insbesondere am Arbeitsanfall orientieren.
KAPOVAZ: Die kapazitätsorientierte variable Arbeitszeit nimmt eine am Arbeitsanfall
orientierte kurzfristige Verteilung der individuellen Arbeitszeiten vor.
Job-sharing: Ein oder mehrere Vollzeitarbeitsplätze werden auf mehrere Arbeitnehmer
aufgeteilt, wobei sich die Arbeitnehmer untereinander verständigen, wann der Einzelne
arbeitet.
Sabbaticals: Die Mitarbeiter können Mehrarbeitszeiten auf Arbeitszeitkonten ansparen,
um in bestimmten Zeitabständen einen Langzeiturlaub anzutreten.
Arbeitszeit auf Abruf: Die Lage und Dauer der Arbeitszeit eines Arbeitnehmers wird
jeweils kurzfristig in Abhängigkeit von den betrieblichen Notwendigkeiten festgelegt.
Gleitender Ruhestand: Durch eine sukzessive Reduktion der individuellen Arbeitszeit
zum Ende des Arbeitslebens wird dem Arbeitnehmer der Übergang in den Ruhestand er-
leichtert.
Zwischen den genannten Formen der Arbeitszeitflexibilisierung sind zahlreiche Kombinatio-
nen möglich, so dass das Unternehmen durch eine zielgerichtete Auswahl seine Kostensitua-
tion positiv beeinflussen kann.
5.4 Qualitätsmanagement
Die Qualität der von einem Unternehmen angebotenen Produkte und Leistungen wurde be-
reits in Abschnitt 1.1.3 als eine für die Wettbewerbsfähigkeit wesentliche Zielsetzung her-
ausgearbeitet. Das Qualitätsmanagement befasst sich mit der systematischen Planung und
Sicherstellung der Qualität nicht nur der Produkte, sondern auch der Produktionsprozesse. In
Abschnitt 5.4.1 werden zunächst die Grundlagen und die Entwicklung des Qualitätsmana-
gements dargestellt, die anschließenden Abschnitte gehen auf die wichtigsten Instrumente
des Qualitätsmanagements ein.
oder die Opportunitätskosten aus dem Verlust von Kunden und damit von Folgegeschäften
zählen zu den externen Fehlerkosten.
Qualitätskosten
Übereinstimmungs- Abweichungs-
kosten kosten
Fehlerverhütungs-
Prüfkosten Fehlerkosten
kosten
Interne Externe
Fehlerkosten Fehlerkosten
Im Laufe der Zeit hat sich im Qualitätswesen eine Entwicklung vollzogen, bei der die Ab-
weichungskosten zunehmend an Bedeutung verloren haben und die Übereinstimmungskos-
ten in den Vordergrund getreten sind. Dabei lassen sich die folgenden Entwicklungsstufen
identifizieren:
Qualitätskontrolle: Bei der Qualitätskontrolle wird das Ergebnis der Produktion im An-
schluss an den Produktionsprozess auf seine Übereinstimmung mit den Qualitätsanforde-
rungen an das Produkt überprüft. Das Hauptziel dieser nachgeschalteten, reaktiven Stra-
tegie besteht darin, die Auslieferung fehlerhafter Produkte zu verhindern. Die Qualitäts-
kontrolle ist mit hohen Kosten verbunden, da regelmäßige Prüfvorgänge erforderlich
sind, Fehler erst spät erkannt werden und anschließend aufwändig beseitigt werden müs-
sen.
Qualitätssicherung: Da eine vollständige Kontrolle der Endprodukte in der Regel nicht
wirtschaftlich und häufig auch gar nicht technisch möglich ist, bedient sich die Qualitäts-
sicherung statistischer Verfahren, um mithilfe von Stichproben auf die Qualität der ge-
samten Produktion zu schließen und insgesamt ein vorgegebenes Qualitätsniveau zu ge-
währleisten. Werden hierbei systematische Fehler festgestellt, so lassen sich diese an ih-
rer Quelle beseitigen, indem der betroffene Produktionsprozess neu eingestellt oder ver-
bessert wird. Im Mittelpunkt steht somit die Einhaltung von technischen Standards und
Toleranzgrenzen bei den Produkten durch eine entsprechende Einstellung der Prozesse.
Diese Sichtweise wird auch auf vorgelagerte Wertschöpfungsstufen und Lieferanten aus-
geweitet.
Qualitätsmanagement: Aufgrund der zunehmenden Bedeutung der Qualität als Wettbe-
werbsfaktor entwickelte sich das Qualitätsmanagement als eine umfassende Philosophie,
die den Mitarbeiter in den Mittelpunkt stellt. Den Mitarbeitern in einer Produktionsein-
heit wird hierbei die Verantwortung für die Qualität der von ihnen hergestellten Produkte
übertragen. In Qualitätszirkeln soll durch kontinuierliche Verbesserungsprozesse letztlich
eine Null-Fehler-Qualität erreicht werden. Auch der Qualitätsbegriff selbst wandelte sich
von einer technisch orientierten Qualitätsdefinition zu einer kundenorientierten Quali-
tätswahrnehmung.
Beim Total Quality Management (TQM) schließlich wird das Qualitätsbewusstsein auf
allen Wertschöpfungsstufen in die Produktion integriert. Die Prinzipien der Prozessorien-
tierung, Mitarbeiterorientierung und Kundenorientierung werden gleichermaßen verfolgt
und sollen durch den gezielten Einsatz der nachfolgend behandelten Instrumente des
Qualitätsmanagements erreicht werden.
Prozess-
gering hoch hoch
fähigkeit
Prozess-
sicherheit gering gering hoch
Es werden fünf Schüsse auf eine Zielscheibe abgegeben. Die Mitte der Zielscheibe entspricht
der gewünschten Qualität. Im ersten Fall sind die Einschläge (= Messwerte) unregelmäßig
über die Zielscheibe verteilt, d.h. Prozessfähigkeit und Prozesssicherheit sind gering. Im
zweiten Fall liegen sie zwar dicht beieinander, d.h. die Prozessfähigkeit ist hoch, aber sie
befinden sich an der falschen Stelle, so dass die Prozesssicherheit gering ist. Im dritten Fall
erfolgen die Einschläge dicht beieinander und in der Mitte der Zielscheibe, so dass Prozess-
fähigkeit und Prozesssicherheit hoch sind.
Als Hilfsmittel der statistischen Prozessregelung kommen Qualitätsregelkarten zum Einsatz,
die den Verlauf des Produktionsprozesses anhand von ausgewählten Prüfmerkmalen, die zu
bestimmten Zeitpunkten stichprobenartig erhoben werden, darstellen und Informationen über
systematische Entwicklungen sowie Hinweise auf erforderliche Eingriffe in den Prozess
geben. In Abb. 5.22 ist ein Beispiel für eine Qualitätsregelkarte angegeben. Die gemessenen
Ausprägungen des Prüfmerkmals schwanken innerhalb der Eingriffsgrenzen um den Soll-
wert, wobei sich die Abweichungen nach oben und nach unten ungefähr ausgleichen. Einmal
wird die obere Eingriffsgrenze überschritten, d.h. es tritt ein Fehler außerhalb der vorgegebe-
nen Toleranzen auf, der eine Nachjustierung des Produktionsprozesses erfordert.
Prüfmerkmal
Fehler
Obere
Eingriffs-
grenze
Sollwert
Untere
Eingriffs-
grenze
Zeit
Von großer Bedeutung bei der statistischen Prozessregelung ist die Bestimmung der Ein-
griffsgrenzen. Werden sie zu eng definiert, so werden häufig Fehlereignisse festgestellt und
der Prozess muss immer wieder unterbrochen werden; sind sie zu weit definiert, so kann es
trotz regelmäßiger Beobachtung des Prozesses zu fehlerhafter Produktqualität kommen.
Üblicherweise werden die Eingriffsgrenzen so definiert, dass sie das Dreifache der bei dem
Prüfmerkmal auftretenden Standardabweichung betragen. Wenn das Prüfmerkmal einer
Normalverteilung unterliegt, beträgt die Wahrscheinlichkeit eines Fehlers außerhalb dieser
Grenzen 0,3%.
5.4.3 FMEA
Die Failure mode and effects analysis (FMEA) ist eine Methode der präventiven Qualitätssi-
cherung. Ihr Ziel ist die frühzeitige und systematische Vermeidung von Fehlern und den
daraus resultierenden Qualitätsproblemen durch systematische Offenlegung von potenziellen
Fehlerquellen. Dadurch lässt sich nicht nur die vom Kunden wahrgenommene Qualität stei-
gern, sondern auch das Risiko verringern, dass es aufgrund von Produktmängeln zu image-
schädigenden Rückrufaktionen kommt. Das Verfahren wird in erster Linie von Automobil-
herstellern und deren Lieferanten angewendet.
Ausgangspunkt der FMEA ist die Erkenntnis, dass die Kosten für die Suche nach einem
Fehler und für dessen Beseitigung mit dem Fortschritt der Wertschöpfung stark ansteigen.
Tendenziell kostet ein Fehler, der in der Fertigung auftritt, zehnmal mehr als ein Fehler, der
bereits bei der Konstruktion bemerkt wird. Ein Fehler, der erst beim Kunden auftritt, kostet
wiederum zehnmal mehr als ein Fehler, der beseitigt werden kann, bevor das Produkt das
Unternehmen verlässt.
Die FMEA bewertet die potenziellen Fehler in den folgenden Kategorien jeweils mit 1 bis 10
Punkten:
Wahrscheinlichkeit für das Auftreten des Fehlers
Auswirkungen des Fehlers
Wahrscheinlichkeit, dass der Fehler den Kunden erreicht
Dabei erhalten unkritische Fehler niedrige und bedeutende Fehler hohe Bewertungen. Die in
den drei Kategorien erzielten Punkte werden multiplikativ zu einer Kennziffer, der Risiko-
prioritätszahl, verknüpft, die somit Werte zwischen 1 und 1000 annehmen kann. Liegt diese
Risikoprioritätszahl über 100, so sind Maßnahmen zur Beseitigung des Fehlers erforderlich.
In einem weiteren Durchlauf der FMEA wird überprüft, inwieweit die Risikoprioritätszahl
durch die ergriffenen Maßnahmen reduziert wurde, gegebenenfalls müssen weitere Maß-
nahmen eingeleitet werden.
Das Vorgehen der FMEA wird durch ein standardisiertes Formblatt unterstützt. Im Einzelnen
sind folgende Schritte zu durchlaufen:
Voranalyse:
1. Abgrenzung des zu betrachtenden Systems
2. Zusammenstellung möglicher Fehler
3. Beschreibung der möglichen Fehlerfolgen
4. Analyse der möglichen Fehlerursachen
5. Angabe von Maßnahmen zur Aufdeckung der Fehler und zur Beseitigung ihrer Auswir-
kungen
Risikobewertung:
6. Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines Fehlers
7. Bedeutung des Fehlers
8. Wahrscheinlichkeit der rechtzeitigen Entdeckung des Fehlers
9. Produkt = Risikoprioritätszahl
Abstellmaßnahmen:
10. Erarbeiten von empfohlenen Abstellmaßnahmen
11. Festlegung von Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten
12. Auswahl von Maßnahmen, dabei Vorzug von fehlervermeidenden vor fehlerentdecken-
den Maßnahmen
13. – 16. Wiederholung der Schritte 6. bis 9.
Die FMEA lässt sich auf verschiedenen Ebenen – als System-FMEA, Konstruktions-FMEA
oder Prozess-FMEA – einsetzen, wodurch kritische Schritte und Abläufe bei der Produkt-
entwicklung und in der Fertigung sinnvoll miteinander verknüpft werden können. Ihr konse-
quenter Einsatz kann erheblich dazu beitragen, Fehler bei der Entwicklung, Fertigung und
Nutzung von Produkten zu vermeiden und die daraus resultierenden Kosten zu reduzieren.
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass es sich um eine qualitative Methode handelt. Insbe-
sondere der hohe Grad an Subjektivität bei der Vergabe der Bewertungspunkte in den Schrit-
ten 6. bis 9. führt dazu, dass die Bedeutung eines Fehlers von verschiedenen Personen unter-
schiedlich eingeschätzt werden kann.
Wechsel-
beziehungen
WIE?
Pflichtenheft
WAS? Prioritäten
WAS-WIE der Kunden
Kundenan-
Beziehung
forderungen
WIEVIEL?
Technische Daten
Vergleichsdaten
der Wettbewerber
weisen Vergleich oder Rangreihenverfahren, und nach primären, sekundären und tertiä-
ren Anforderungen geordnet.
2. Weiter werden auf Basis der Kundenanforderungen die bereits im Markt vorhandenen
Konkurrenzprodukte bewertet. Falls es im Unternehmen selbst ein Vorgängerprodukt
gibt, wird dies in einem Stärken/Schwächen-Profil (vgl. Abschnitt 5.1.2) mit den Konkur-
renzprodukten verglichen.
3. Im nächsten Schritt werden die technischen Produkt- und Qualitätsmerkmale definiert,
die zur Erfüllung der Kundenanforderungen erforderlich sind. Auch diese werden in pri-
märe, sekundäre und tertiäre Merkmale eingeteilt. Die technischen Merkmale sollten ope-
rational formuliert sein, aber noch keine bestimmte Lösung des Ausgangsproblems im-
plizieren.
4. Anschließend werden im „Dach“ des Hauses die Wechselwirkungen zwischen den tech-
nischen Qualitätsmerkmalen untersucht. Dabei erhält man Hinweise auf komplementäre
Beziehungen, bei denen die Erfüllung eines Merkmals auch die Erfüllung eines anderen
Merkmals unterstützt, sowie auf Zielkonflikte, bei denen ein Kompromiss gesucht wer-
den muss.
5. Für jedes technische Qualitätsmerkmal wird die Optimierungsrichtung festgelegt. Es
kann sich dabei um Minimierungsziele, Maximierungsziele oder die Vorgabe von An-
spruchsniveaus in Form von Punkt- oder Bereichszielen handeln, die in einem Pflichten-
heft festgehalten werden.
6. Im Zentrum des Hauses steht die Beziehungsmatrix, in der die technischen und die kun-
denbezogenen Anforderungen einander gegenübergestellt werden. Für jedes einzelne
„Zimmer“ des Hauses wird überprüft, ob zwischen den zugehörigen Merkmalen eine Be-
ziehung besteht, und die Intensität der Beziehung durch Vergabe von Punkten oder mit-
hilfe von Symbolen beurteilt.
7. Durch Multiplikation der in Schritt 1. vorgenommenen Bewertung mit dem in Schritt 6.
ermittelten Punktwert und die spaltenweise Addition dieser Werte wird die absolute und
die relative Bedeutung der technischen Qualitätsmerkmale ermittelt. Dieser Schritt liefert
Anhaltspunkte dafür, bei welchen Qualitätsmerkmalen aufgrund ihrer Bedeutung vorran-
gig Veränderungen vorzunehmen sind.
8. Die technischen Merkmale der Konkurrenzprodukte werden – gegebenenfalls wieder im
Vergleich mit einem eigenen Vorläuferprodukt – bewertet und den Kundenbeurteilungen
aus Schritt 2. gegenübergestellt.
9. Für jedes Qualitätsmerkmal werden die technischen Schwierigkeiten beurteilt, die eine
Veränderung in die in Schritt 5. angegebene Optimierungsrichtung mit sich bringt.
10. Abschließend werden für jedes Qualitätsmerkmal endgültige Zielwerte formuliert, in die
letztlich die Kundenanforderungen, die Ergebnisse des Wettbewerbsvergleichs und die
Einschätzung der technischen Schwierigkeiten eingehen. Damit ist eine endgültige Spezi-
fikation des Produkts möglich.
Das House of Quality wird sukzessiv in den verschiedenen Phasen des Produktentwick-
lungsprozesses eingesetzt, um die Kundenanforderungen konsistent auf allen Ebenen bis hin
zur Formulierung von konkreten Verfahrensanweisungen zu berücksichtigen. Zunächst wird
ein Produktkonzept entwickelt, dann werden auf dessen Basis die einzelnen Baugruppen und
Teile geplant, anschließend die zugehörigen Produktionsprozesse konzipiert und schließlich
für die Ausführungsebene detaillierte Arbeits- und Prüfanweisungen formuliert.
Das Quality Function Deployment nimmt eine einfache, aber systematische Analyse der
Beziehungen zwischen Kundenanforderungen und ihrer technischen Umsetzbarkeit vor.
Dadurch lassen sich zahlreiche Qualitätsprobleme bereits im Vorfeld der späteren Serienpro-
duktion vermeiden. Die Vorgehensweise des Verfahrens und seine Ergebnisse sind gut nach-
vollziehbar und geben wertvolle Hilfestellungen bei der Produktentwicklung. Von großer
Bedeutung für den Erfolg der Methode ist die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit der
betroffenen Mitarbeiter.
5.4.5 Qualitätsaudit
Ein Qualitätsaudit ist nach DIN EN ISO 8402 „... eine systematische und unabhängige Un-
tersuchung, um festzustellen, ob die qualitätsbezogenen Tätigkeiten und die damit zusam-
menhängenden Ergebnisse den geplanten Anforderungen entsprechen ...“. Ein Qualitätsaudit
dient somit der Beurteilung der Wirksamkeit des Qualitätsmanagements. Weiter kann es im
Sinne eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses sinnvolle Korrektur- und Verbesse-
rungsmaßnahmen aufzeigen.
Nach dem Umfang bzw. der Durchführung des Qualitätsaudit unterscheidet man folgende
Auditformen:
Ein Systemaudit bezieht sich auf die Aufbau- und Ablauforganisation des Unternehmens.
Ein Verfahrensaudit wird durchgeführt, um die Prozesse im Unternehmen auf ihre
Zweckmäßigkeit und die Einhaltung von Normen zu überprüfen. Bei einem Produktaudit
werden die Produkte bzw. ihre Bauteile auf Übereinstimmung mit den Qualitätsvorgaben
überprüft.
Bei einem internen Qualitätsaudit wird das Qualitätsmanagement durch eigene Mitarbei-
ter überprüft.
Bei einem externen Audit hingegen erfolgt die Überprüfung durch Außenstehende, ent-
weder durch einen Großkunden (Lieferantenbewertung) oder durch neutrale Auditoren.
Mit der Normenreihe DIN ISO 9000:2000 liegt ein bewährtes, universell einsetzbares und
produktunabhängiges Modell eines Qualitätsmanagementsystems vor, das – aufbauend auf
einer 1987 vorgestellten Ursprungsversion – sich in wenigen Jahren international durchge-
setzt hat und zur weltweit meistgenutzten ISO-Norm wurde. Die vier Kernnormen dieser
Normenreihe sind:
DIN ISO 9000:2000 Qualitätsmanagementsysteme Grundlagen und Begriffe
5.5.1 Umweltmanagementsysteme
Das Umwelt- und Risikomanagement zielt darauf ab, die mit der betrieblichen Tätigkeit
verbundenen Risiken frühzeitig zu erkennen und soweit möglich bereits im Voraus zu ver-
meiden bzw. zu gestalten, anstatt eingetretene Schäden im Nachhinein zu begrenzen bzw. zu
kompensieren. Dadurch lässt sich nicht nur das Image des Unternehmens in der Öffentlich-
keit verbessern, sondern es lassen sich letztlich auch die Kosten reduzieren. Als allgemeines
Leitbild des Umweltmanagements gilt heute die Nachhaltigkeit der wirtschaftlichen Aktivitä-
ten (Sustainable Development). Ein aktives Umwelt- und Risikomanagement trägt somit zur
langfristigen Existenzsicherung des Unternehmens bei.
Umwelt- und Risikomanagement ist eine Querschnittsaufgabe, die sich auf sämtliche betrieb-
lichen Funktionsbereiche auswirkt. Es muss auf der obersten Führungsebene, d.h. in der
Unternehmensleitung verankert werden, die nicht nur die strategischen Ziele des Unterneh-
mens und die allgemeine Unternehmenspolitik formuliert, sondern auch für die Umweltpoli-
tik zuständig ist. Aus den Leitlinien der Umweltpolitik werden für die nachgeordneten Pla-
nungsebenen und Bereiche Richtlinien und Arbeitsanweisungen abgeleitet. Einige Beispiele
für die Integration von Umweltaspekten in betriebliche Funktionsbereiche sind im Folgenden
angegeben:
In die Organisation des Unternehmens sind Betriebsbeauftragte für Umweltschutz, z.B.
für Abfall, Gefahrgüter, Gewässerschutz oder Immissionsschutz, an geeigneter Stelle ein-
zubeziehen.
Das Controlling wird durch ein Umweltcontrolling ergänzt, das die Einhaltung der Um-
weltziele und die umweltbezogenen Stoff- und Energieströme sowie die damit verbunde-
nen Geldströme überwacht.
Die Produktentwicklung kann sich verstärkt auf die Konzeption von umweltverträglichen
Produkten konzentrieren, durch die die umweltbewussten Kundensegmente angesprochen
werden. Weiter kann durch die Vermeidung unnötiger Verpackungen und durch die Ver-
längerung der Lebensdauer von Gebrauchsgütern das vom Unternehmen ausgelöste Ab-
fallaufkommen reduziert werden.
Vorhandene Anlagen werden mit additiven Umweltschutzeinrichtungen wie Filtern und
Katalysatoren nachgerüstet, um deren Emissionen zu verringern. Neue Investitionen er-
folgen vorrangig in Anlagen mit integriertem Umweltschutz, die die Entstehung von
Emissionen vermeiden.
Durch eine Umgestaltung der Produktionsprozesse lässt sich vielfach eine Kreislauffüh-
rung von Stoffen und Energie erreichen und damit die Effizienz der gesamtwirtschaftli-
chen Prozesse erhöhen.
Die Beschaffung berücksichtigt bereits bei der Auswahl von Einsatzstoffen deren Um-
weltverträglichkeit und versucht, umweltbelastende Materialien durch umweltverträgli-
chere zu ersetzen.
Die Logistik kann die mit dem Transport von Gütern verbundenen Emissionen durch eine
bessere Auslastung der Transportmittel und einen teilweisen Umstieg auf umweltverträg-
liche Transportmittel reduzieren.
Im Rechnungswesen werden die Kosten des Umweltschutzes und der vom Unternehmen
ausgehenden Umweltbelastungen separat erfasst und ausgewiesen. Durch eine regelmä-
ßige Umweltberichterstattung wird die Öffentlichkeit aktiv über die umweltbezogenen
Maßnahmen des Unternehmens informiert.
Das Informationssystem des Unternehmens wird um ein Umweltinformationssystem
erweitert.
In einem Umweltmanagementsystem werden derartige Maßnahmen koordiniert eingesetzt,
um ihre Wirksamkeit zu erhöhen. In der betrieblichen Praxis werden zwei konkurrierende
Ausprägungen von Umweltmanagementsystemen diskutiert, die beide mit einer externen
Auditierung und der Vergabe eines Umweltzertifikats verbunden sind:
EMAS (Environmental management and audit scheme) beruht auf der 1993 verabschie-
deten EG-Ökoaudit-Verordnung, sein Geltungsbereich ist somit auf die Europäische Uni-
on beschränkt. Ein Kennzeichen dieses Systems ist die an außenstehende Adressaten ge-
richtete Umwelterklärung, in der das Unternehmen seine Umweltpolitik, seine Umwelt-
ziele und seine betrieblichen Umweltwirkungen darstellt.
Die weltweit geltende Norm DIN ISO 14001 wurde 1996 eingeführt und weist zahlreiche
Parallelen zu der in Abschnitt 5.4.5 behandelten Normenreihe DIN ISO 9000 ff. für das
Qualitätsmanagement auf. Dieses System wird wegen seines größeren Einsatzbereichs
von vielen Unternehmen vorgezogen.
Bei der im Jahr 2000 vorgenommenen Novellierung der EMAS-Verordnung erfolgte eine
weitgehende Anpassung an die ISO-Norm, um den Unternehmen eine doppelte Zertifizie-
rung zu ermöglichen. Unabhängig von der unterschiedlichen Ausgestaltung dieser beiden
Regelwerke lassen sich einige grundlegende Elemente von Umweltmanagementsystemen
identifizieren (vgl. Abb. 5.24). Von grundlegender Bedeutung ist die Konzeption als Regel-
kreis, mit der eine kontinuierliche Verbesserung beabsichtigt wird.
Ausgangspunkt eines Umweltmanagements ist die Umweltpolitik, deren Gegenstand die
Festlegung von Umweltzielen in Form von grundlegenden Vorstellungen und Handlungs-
leitlinien ist.
Durch die Planung wird die Umweltpolitik in ein Umweltprogramm umgesetzt, das kon-
krete Maßnahmen zur Zielerreichung und die Zuordnung von Verantwortlichkeiten um-
fasst. Das Umweltprogramm wird in einem Umwelthandbuch dokumentiert. Vorausset-
zung für eine Planung von Maßnahmen ist die systematische Erfassung der Stoff- und
Energieströme des Unternehmens, verbunden mit einer Aufdeckung der bestehenden
Schwachstellen.
Kontinuierliche Verbesserung
Umweltpolitik
Bewertung durch
Planung
Unternehmens-
leitung
5.5.2 Prozessrisiken
Risiken entstehen aus der Ungewissheit hinsichtlich des Ergebnisses betrieblicher Abläufe.
Insbesondere mit der Durchführung von Produktionsprozessen sind zahlreiche Schadens-
und Haftungsrisiken sowohl aus dem Umweltbereich als auch aus anderen Bereichen ver-
bunden. So können z.B. bei einer bestimmten Fahrweise der Prozesse die vorgegebenen
Emissionsgrenzwerte aus dem Umweltschutz oder im Bereich der Arbeitssicherheit (MIK-
bzw. MAK-Werte) überschritten werden. Die Aufgabe des Risikomanagements besteht da-
rin, derartige Risiken aufzuzeigen und so zu gestalten, dass sie die Existenz des Unterneh-
mens nicht gefährden.
Generell lässt sich ein Risiko quantifizieren, indem man die erwartete Schadenshöhe mit
seiner Eintrittswahrscheinlichkeit multipliziert. Die Gesamtrisikolage des Unternehmens
ergibt sich durch Aggregation der bestehenden Einzelrisiken. Diese Definition ist allerdings
wenig operational, da in der Regel keine vollständigen Informationen hinsichtlich der benö-
tigten Größen verfügbar sind.
Nach ihren Auswirkungen lassen sich zwei Arten von Risiken unterscheiden:
Systematische Prozessrisiken resultieren aus der zeitweisen Überschreitung von Vorga-
bewerten, die während des regulären Ablaufs der Produktionsprozesse auftritt. Derartige
Überschreitungen sind in der Regel geringfügig und daher tolerierbar. Ihre Ursache kann
z.B. in unvermeidbaren Schwankungen bei der Prozessdurchführung, in Schwankungen
bei der Qualität des Einsatzmaterials oder in Schwankungen bei der Produktionsmenge
oder der Auftragszusammensetzung liegen. Prozessrisiken sind grundsätzlich durch eine
geringe Schadenshöhe und eine relativ hohe Eintrittswahrscheinlichkeit gekennzeichnet.
Sie sollten dennoch soweit wie möglich vermieden werden, um einerseits die natürliche
Umwelt nicht unnötig zu belasten und andererseits Sanktionen vonseiten der Kontrollbe-
hörden zu vermeiden.
Katastrophenrisiken beruhen auf unvorhersehbaren Störfällen, wie Explosionen, Bränden,
Havarien und anderen Unfällen, oder auf Naturkatastrophen, wie Sturm, Hagel, Blitz-
schlag, Erdbeben, und führen zu einer erheblichen, aber in der Regel nur kurzzeitigen Ge-
fährdung von Arbeitnehmern, Anlagen und der Umwelt sowie zu materiellen Folgeschä-
den. Störfälle werden häufig durch technisches oder menschliches Versagen verursacht.
Neben dem materiellen Schaden sind sie vielfach mit einem langfristigen Imageschaden
für das betroffene Unternehmen verbunden. Während das Ausmaß von Katastrophen-
schäden erheblich ist, ist ihre Wahrscheinlichkeit sehr gering. Soweit eine Vermeidung
von Störfällen nicht möglich ist, gilt es, durch ein sorgfältiges Katastrophenmanagement
zumindest ihre negativen Folgen zu begrenzen.
Für das Management von Prozessrisiken kommen verschiedene Instrumente zum Einsatz:
Risikovermeidung und -verminderung: Durch technische und organisatorische Maßnah-
men im Bereich der Technologiewahl, der Standortwahl oder der Sicherheitstechnik lässt
sich sowohl die Eintrittswahrscheinlichkeit als auch die voraussichtliche Höhe eines
Schadens reduzieren. So tragen z.B. Unfallverhütungsvorschriften und Sicherheitsklei-
dung zur Vermeidung von Arbeitsunfällen bei, der Einbau von feuerhemmenden Materia-
lien und Sprinkleranlagen reduziert den bei einem Brand entstehenden Schaden, durch
Sicherheitslager für Gefahrstoffe lässt sich ihre unkontrollierte Ausbreitung in der natür-
lichen Umwelt verhindern.
Risikoausgleich: Da es sich bei den mit der Produktion verbundenen Risiken zum großen
Teil um Ereignisse handelt, die nicht vollständig miteinander korreliert sind, können sich
ungünstige Entwicklungen in einem Bereich und günstige Entwicklungen in einem ande-
ren Bereich gegenseitig kompensieren. Ein solcher interner Risikoausgleich erfolgt z.B.
bei der Aufteilung der Produktion auf mehrere Werke an unterschiedlichen Standorten,
die nicht gleichzeitig von Katastrophenschäden betroffen werden, oder auch durch eine
auf mehrere Stellplätze verteilte Lagerhaltung eines Materials.
Risikoüberwälzung: Durch den Abschluss von Versicherungsverträgen, die exakt defi-
nierte Schäden bis zu einer vereinbarten Summe gegen die regelmäßige Zahlung einer
Versicherungsprämie absichern, wird das Risiko auf das Versicherungsunternehmen ab-
gewälzt. Das Unternehmen ersetzt also das Risiko einer hohen Zahlung im Schadensfall,
die mit geringer Wahrscheinlichkeit anfällt, durch die sichere Zahlung einer relativ gerin-
gen Prämie, die neben dem Erwartungswert des Schadens auch die Verwaltungskosten
und die Gewinnspanne des Versicherungsunternehmens umfasst. Die Versicherung selbst
nimmt dadurch, dass sie sehr viele unterschiedliche Risiken übernimmt, wiederum einen
Risikoausgleich vor.
Die Wahrnehmung und Beurteilung eines Risikos hängt nicht nur von seiner Höhe ab, son-
dern auch von der – häufig individuell unterschiedlichen – Risikobereitschaft der potenziell
Betroffenen. Da sich die mit modernen Technologien verbundenen Risiken nicht auf Null
reduzieren lassen, muss das Risikomanagement auf die gesellschaftlich akzeptierten Restri-
siken abstellen.
5.5.3 Produkthaftung
Als Produkthaftung bezeichnet man die Verpflichtung eines Unternehmens zum Eintreten für
Mangelfolgeschäden, d.h. Personen-, Sach- oder Vermögensschäden, die aufgrund fehlerhaf-
ter Produkte beim Produktbenutzer auftreten. Die allgemeine Regelung zum Schadensersatz
in § 823 BGB setzt ein Verschulden des Herstellers voraus (Verschuldenshaftung). Kann der
Hersteller nachweisen, dass er hinreichende Maßnahmen zur Gefahrenabwehr ergriffen hat,
so liegt kein Verschulden vor. Derartige Maßnahmen sind z.B. die Vermeidung von
Konstruktions- und Fabrikationsfehlern durch ein Qualitätsmanagementsystem oder die
vorbeugende Berücksichtigung von potenziellen Benutzerfehlern in der Gebrauchsanleitung
des Produkts. Unterlässt der Verbraucher eine angemessene Sorgfalt bei der Verwendung des
Produkts, liegt ebenfalls kein Verschulden des Herstellers vor.
Im Gegensatz zur Verschuldenshaftung des BGB stellt das 1990 konzipierte Produkthaf-
tungsgesetz auf die Gefährdungshaftung ab. Der Hersteller haftet nunmehr auch für alle
Schäden, die bei der privaten Nutzung eines Produkts infolge von Produktfehlern entstehen.
Ein Produkt gilt als fehlerhaft, wenn es nicht den jeweils berechtigten Sicherheitserwartun-
gen entspricht. Dies gilt auch für Fehler, die trotz großer Sorgfalt bei der Produktion, der
Qualitätskontrolle und dem Vertrieb entstanden sind. Das Leitmotiv für diese Verschärfung
der Produkthaftung ist der Verbraucherschutz.
Da die aus der Produkthaftung resultierenden Zahlungsrisiken den Bestand eines Unterneh-
mens gefährden können, ist durch vorbeugende Maßnahmen, die in allen Phasen der Wert-
schöpfung ansetzen können, für eine möglichst weitgehende Reduktion von Produktfehlern
zu sorgen:
Bereits bei der Konstruktion von Produkten ist darauf zu achten, dass eine sichere Ver-
wendung gewährleistet ist bzw. absehbare Gefährdungen ausgeschlossen werden. So
weisen z.B. Kappen von Schreibstiften Luftschlitze auf, damit Kinder bei versehentli-
chem Verschlucken nicht ersticken können.
Die Beschaffung kann durch Wareneingangskontrollen darauf achten, dass keine fehler-
haften Materialien in die Produktion gelangen, und dadurch das Risiko fehlerhafter Pro-
dukte reduzieren.
In der Fertigung selbst lässt sich die Qualität der Produkte durch den Einsatz von Instru-
menten des Qualitätsmanagements wie die statistische Prozessregelung (vgl. Abschnitt
5.4.2) sicherstellen. Weiter können durch eine systematische und nachvollziehbare Do-
kumentation des Produktionsgeschehens Haftungsansprüche aus der Verschuldenshaf-
tung abgewehrt werden.
Das Marketing sollte den Einsatz der Produkte regelmäßig beobachten und beim Auftre-
ten von Problemen gegebenenfalls rechtzeitig eine Rückrufaktion einleiten. Durch den
gezielten Einsatz von kommunikativen Maßnahmen in Form von verständlichen Ge-
brauchsanleitungen und Warnhinweisen wird die Sicherheit des Produkteinsatzes vor-
beugend erhöht.
Die Produktgestaltung spielt eine besondere Rolle für die spätere Produktsicherheit. Dabei
kommen folgende Prinzipien zum Einsatz:
Nach dem Redundanzprinzip werden Komponenten, die besonders sicherheitsrelevante
Funktionen übernehmen, so ausgelegt, dass auch bei teilweisem Ausfall der sichere Ge-
brauch des Produkts möglich ist. Ein Beispiel ist der Einbau von zwei unabhängigen
Bremssystemen in Fahrzeugen.
Das Fail-Safe-Prinzip bedeutet den Einbau von zusätzlichen Sicherheitselementen, die
das Produkt bei einem Störfall oder beim Ausfall einer kritischen Komponente automa-
tisch in einen gefahrlosen Zustand überführen. Hierzu zählt z.B. der Einbau von Schutz-
schaltern in elektrischen Anlagen oder die Kraftstoffabschaltung in Kraftfahrzeugen bei
einem Unfall.
Durch eingebaute Produktsicherheit lassen sich Gefahrensituationen vorausschauend
vermeiden, z.B. durch Verwendung hitzebeständiger Zuleitungen bei elektrischen Haus-
haltsgeräten.
Von großer Bedeutung für die Produktsicherheit ist die Orientierung an eindeutig defi-
nierten technischen Standards, die durch die Vergabe von entsprechenden Prüfzeichen
(z.B. GS, VDE, CE) nachgewiesen wird.
Jedoch steigen die Konstruktions- und Fertigungskosten an, wenn umfangreiche Maßnahmen
zur Erhöhung der Produktsicherheit ergriffen werden. Daher gilt es, diese Kosten gegen die
vermiedenen Haftungsrisiken und gegebenenfalls auch die negativen Imageaspekte von feh-
lerhaften Produkten abzuwägen.
Ähnliche Überlegungen gelten für die Maßnahme des Produktrückrufs, die zum Einsatz
kommt, wenn ein fehlerhaftes Produkt bereits in den Markt gelangt ist. Bei einigen Produk-
ten, z.B. bei Arzneimitteln, ist der Hersteller zum Rückruf verpflichtet, wenn Probleme mit
dem Produkt auftreten. Ein freiwilliger Produktrückruf lohnt sich nur dann, wenn die Rück-
rufkosten geringer sind als die durch den Rückruf vermiedenen Haftungsrisiken. Der Pro-
duktrückruf kann offen oder verdeckt erfolgen. Bei einem offenen Produktrückruf werden
die Kunden öffentlich aufgefordert, ihre Produkte zurückzugeben oder nachbessern zu las-
sen. Manche Unternehmen setzen den offenen Produktrückruf bewusst als Marketinginstru-
ment ein, um der Öffentlichkeit ihre umfassende Verantwortung für ihre Produkte zu de-
monstrieren. Bei einem verdeckten Produktrückruf hingegen wird der Fehler z.B. im Rah-
men einer regelmäßigen Wartung beseitigt, so dass der Kunde dies in der Regel nicht be-
merkt.