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Kantonsspital St.Gallen

Schlaganfallzentrum/ CH-9007 St.Gallen


NIPS Tel. 071 494 17 03
www.kssg.ch

Leitfaden für die Behandlung des ischämischen Schlaganfalles


Akutbehandlung

Inhaltsverzeichnis:
1. Triage und Erstversorgung der Schlaganfallpatienten auf der ZNA…………………….. 2
2. Akute Revaskularisation beim ischämischen Schlaganfall ……………………………… 3
2.1. Indikation ………………………………………………………………………………….3
2.2. Ausschlusskriterien seitens der Computer- oder Kernspintomotomographie ……. 4
2.3. Ausschlusskriterien für eine intravenöse oder intraarterielle Thrombolyse ………. 4
2.4. Ausschlusskriterien für eine intravenöse Thrombolyse …………………………….. 4
2.5. Keine Ausschlusskriterien für eine intravenöse Thrombolyse …………………….. 5
2.6. Kein Auschlusskriterium für eine endovaskuläre mechanische Behandlung
(Thrombektomie) …………………………………………………………………………….. 5
3. Information des Patienten und der Angehörigen …………………………………………. 5
4. Intravenöse (systemische) Thrombolyse ………………………………………………….. 5
5. Intraarterielle Thrombolyse …………………………………………………………………. 5
5.1. Thrombolyse bei Zentralarterienverschluss …………………………………………. 6
5.2. Thrombolyse im Stromgebiet der A. carotis interna und im vertebrobasilären
Stromgebiet …………………………………………………………………………………... 6
6. Sekundärprophylaxe nach akuter Revaskularisation ……………………………………. 6
6.1. Nach i.v./i.a. Thrombolyse ………………………………………………………………6
6.2. Nach endovaskuärer Behandlung…………………………………………………….. 6
7. Überwachung nach Lyse ……………………………………………………………………..6
7.1. BD - und Pulskontrollen ………………………………………………………………… 7
7.2. BD Grenzen/Therapie ………………………………………………………………… 7
7.3. Bei hämodynamischer Insuffizienz (Wasserscheideninfarkt) ……………………… 7
7.4. Überwachung der Punktionsstelle nach endovaskulärer Behandlung ……………. 7
7.5. Pupillen und Bewusstsein …………………………………………………………… 8
7.6. Kontrolle der Respiration und der O2 – Sättigung ………………………………… 8
7.7. Körpertemperatur ………………………………………………………………………. 8
7.8. Detaillierter Neurostatus und NIHSS ………………………………………………… 8
7.9. Neuroradiologische Kontrollen ……………………………………………………… 8
7.10. Laborkontrollen ……………………………………………………………………… 8
8. Dekompressive Kraniektomie …………………………………………………………… 9
8.1. bei raumforderndem Mediainfarkt …………………………………………………… 9
8.2. bei raumforderndem Kleinhirninfart …………………………………………………… 9
9. Referenzen ……………………………………………………………………………………. 10
10. Anhänge ………………………………………………………………………………………11
10.1. Anhang 1: Dosierungsschema systemische (i.v.) Thrombolyse …………………. 11

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1. Triage und Erstversorgung der Schlaganfallpatienten auf der ZNA


 Jeder Schlaganfall mit Symptomen, die weniger als 6-(8) Stunden bestehen oder mit nicht klar
definiertem Symptombeginn, kommt je nach den vorliegenden Bedingungen für eine systemische
Thrombolyse resp. für eine endovaskuläre Revaskularisation in Betracht. Bei Verdacht auf
Basilaristhrombose kann sich das Zeitfenster jedoch bis 12 h erstrecken. Im Rahmen des Notfall-
Algorithmus werden die involvierten Stellen auf der ZNA bereits beim Hertransport des Patienten
via „Lyse Call“ informiert (Dienstarzt der Klinik für Neurologie, „Lyse-Assistenzarzt“ Neurologie,
Radiologie, Schichtleitung Pflege ZNA, Gerinnungslabor).
 Der Patient wird bei Spitaleintritt unverzüglich in einen separaten Behandlungsraum
aufgenommen. Der Neurostatus wird soweit ausgeführt, dass das funktionelle Ausmass der
Ausfälle ersichtlich ist und der Score der NIH Stroke-Scale [NIH SS] bestimmt werden kann. Die
Anamnese wird problemorientiert, inkl. prä-mRS (geschätztes Score in der modifizierten Rankin
Skala vor dem Schlaganfall), erhoben. Der Patient wird raschmöglichst an ein Monitoring
(Blutdruck [BD], Puls [P], EKG, O2-Sättigung) angeschlossen.
 Ein venöser Zugang wird an der nicht gelähmten oberen Extremität angelegt und mit 0.9%-NaCl-
oder Ringerlösung offengehalten. Für die akute Diagnostik (CT-Angiographie, Perfusions-CT)
wird vorübergehend eine separate Infusion an der gelähmten Extremität mit einer 16-G-Kanüle
angelegt.
 Blutentnahme, Stroke Labor
 Schädel-CT, inkl. Angio-CT (in der Regel: Angio-CT, Perfusions-CT bei unklarem Befund oder
unklarem Zeitfenster; bei besonderen Fragestellungen MRI mit T1,T2, Flair, SWI-, DWI- und PW
Sequenzen)
 Nach Prüfung der Einschluss- und Ausschlusskriterien (2.1-2.6) wird der Entscheid, ob eine
akute Revaskularisation durchgeführt wird, gefällt. Falls eine endovaskuläre Behandlung
durchgeführt werden muss, werden frühzeitig der interventionelle Neuroradiologe und
anästhesiologische Dienst beigezogen. Der Abklärungsrhythmus muss unabhängig von der
Latenz seit den ersten Symptomen in gleicher Intensität erfolgen. Die angestrebte „Door to
Needle Time“ liegt unter 30 Minuten. Bei endovaskulärer Behandlung ist unsere Zielvorgabe
Beginn CT bis Leistenpunktion kleiner 60 Minuten. Wenn eine systemische Thrombolyse
durchgeführt wird, Überwachung des Patienten auf der NIPS oder bei vitalen Problemen
(instabiler Kreislauf, Atemprobleme) auf der MIPS.
 Wenn keine Thrombolyse durchgeführt wird, Überwachung des Patienten auf der NIPS. Bei
Platzmangel auf der NIPS und minor stroke mit verhältnismässig tiefem Rezidivrisiko (ABCD-
3I,Score<3) und ohne akute internistische Probleme, Überwachung auf der Bettenstation mit
unverzüglicher Einleitung der Sekundärprophylaxe.

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2. Akute Revaskularisation beim ischämischen Hirninfarkt

2.1. Indikation:
Primär werden Patienten zwischen 16 und 90 (*)1 Jahren mit einem akuten ischämischen
Hirninfarkt, die anhand der NIH SS einen mittelschweren bis schweren Schlaganfall (NIH SS –
Score 4 – 25 Punkte)* haben, eine Symptomdauer von < 4.5 Stunden aufweisen sowie keine
signifikante Besserung der Symptomatik klinisch resp. anhand der NIH SS während der
Beobachtungsperiode zeigen, eingeschlossen. Aber auch isolierte nichtmotorische Ausfall-
symptome wie z.B. eine isolierte Aphasie oder Hemianopsie mit einem NIH SS < 4 Punkte
indizieren wegen der potenziell schwerwiegenden funktionellen Einbussen für eine i.v.-
Thrombolyse. Es ist zu beachten, dass ca. ein Drittel der Patienten mit einer Besserung auf ein
Score <4 sich im Rahmen einer fluktuierenden Symptomatik sekundär verschlechtern.
Bei systemischen Thrombolysen älterer Patienten ergab eine Metaanalyse, dass auch über
80jährige unabhängig von der schwere des Schlaganfalles von einer systemischen Thrombolyse
innerhalb des 4,5-Stunden Zeitfensters profitieren. Deshalb ist die Thrombolyse-Indikation bei über
80-Jährigen auf Grund des prämorbiden Zustands (modified Rankin Scale, mRS <3) zu stellen. Bei
über 90-jährigen Patienten sind die Erfolgsaussichten basierend auf der aktuellen Datenlage
unsicher.
Bei proximalen Verschlüssen der Hirnarterien sowie auch bei ACI Verschluss, soll sorgfältig die
Möglichkeit eines endovaskulären oder kombinierten Ansatzes (systemisch, endovaskulär) geprüft
werden. Die endovaskuläre Behandlung kann noch innerhalb von 6-(8) Stunden nach
Symptombeginn durchgeführt werden. Basilarisverschlüsse können u. U. bis zu einer
Symptomdauer von 12 (- 18 Stunden), sofern das Bewusstsein nicht länger als 3 h gestört ist,
endovaskulär behandelt werden; bei Koma nach > 3 Stunden wird in der Regel keine akute
Revaskularisationstherapie mehr durchgeführt. Hier empfiehlt sich jedoch die Durchführung eines

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(*) bedeutet relatives Ausschlusskriterium

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notfallmässigen MRI um das Ausmass der Infarzierung und damit die Prognose beurteilen zu
können.
Die verschiedenen Methoden (systemische, endovaskuläre Revaskularisation) lassen sich
kombinieren (sog. „Bridging“).

2.2. Ausschlusskriterien seitens der Computer- oder Kernspintomotomographie


 Intrakranielle Blutung
 Hypodensität/Schwellung > 1/3 des Mediaterritoriums resp. Zeichen einer ausgedehnten
irreversiblen Ischämie (=Infarktkern) (*)
 Intrakranielle Neoplasie, arteriovenöse Malformation oder Aneurysma (*) [Zufallsbefund, < 5mm]

2.3. Ausschlusskriterien für eine intravenöse oder intraarterielle Thrombolyse


 Symptombeginn nicht eruierbar, z.B. Auftreten im Schlaf (im Zweifelsfall auf Perfusions-CT
abstützen)
 Rasche und spontane Regredienz der Symptome, sodass der Patient bei Behandlungsbeginn
ohne Behinderung ist (in dieser Situation Perfusions-CT empfohlen)
 Ischämischer Schlaganfall oder Schädel-Hintrauma (*) in den letzten 3 Monaten
 Frühere intrakranielle Blutung (innerhalb der letzten sechs Monate)
 Symptome oder Zeichen einer Subarachnoidalblutung
 Schwere Komorbidität
 Medikamentös nicht senk- und kontrollierbarer Blutdruck > 185/110 mmHg bei Therapiebeginn
 Hypoglykämie (<2.7 mmol/l) oder Hyperglykämie (> 22.2 mmol/l) (*)
 Thrombocytopenie < 100'000
 Verlängerte INR (>1.7) oder aPTT über dem Normalbereich
 Epileptischer Anfall zu Symptombeginn (*)
 Schwangerschaft (*)
 Intrakranielle Tumoren (*)
 Einnahme eines DOAK innerhalb der letzten 24 Stunden

i.v.-Lyse möglich, falls Dabigatran Rivaroxaban Apixaban


Letzte Einnahme <24h NEIN NEIN NEIN
Letzte Einnahme >24h TT** <20 sek Quick>60% Quick>60%
Einnahmezeit unklar * Anti-Xa-Aktivität: *
<0,04ug/ml

Eine relevante Niereninsuffizienz muss ausgeschlossen werden (Kreatinin-Clearance >30ml/min)


*Aktivitätsspiegel momentan nicht als 24h-Test verfügbar, keine systemische Lyse empfohlen
**Thrombinzeit

2.4. Ausschlusskriterien für eine intravenöse Thrombolyse


 Dringender Verdacht auf Aortenaneurysma, Endokarditis oder Perikarditis
 Intestinal- oder Harnwegsblutung in den letzten 21 Tagen
 Grössere Operationen in den letzten 14 Tagen (*)
 Lumbalpunktion in den letzten 7 Tagen
 Aktuelle Behandlung mit GPIIb/IIIa-Antagonisten
 Traumatische oder > 10 Min. dauernde Reanimation in den letzten 21 Tagen (*)
 Punktion einer nicht-komprimierbaren Arterie in den letzten 7 Tagen (*)

2.5. Keine Ausschlusskriterien für eine intravenöse Thrombolyse


 TIA in der Anamnese

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 Vertebrobasiläre Symptomatik
 Einnahme von Thrombozytenaggregationshemmern (ausser i.v.-GPIIb/IIIa-Antagonisten)
 Orale Antikoagulation, sofern INR ≤ 1.7

2.6. Kein Auschlusskriterium für eine endovaskuläre mechanische Behandlung


(Thrombektomie):
 Jegliche Art von Antikoagulation (Liquemin, Vitamin K Antagonisten, direkte Antikoagulantien
(DOAK))

3. Information des Patienten und der Angehörigen


Die Thrombolyse erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Hirnblutung (~4%) oder Blutung generell,
aber
1. Bei Thrombolyse in den ersten 4.5 Stunden verbessert sich die Wahrscheinlichkeit für ein
gutes Outcome um bis zu 30% im Vergleich zu ohne Thrombolyse
2. Bei symptomatischen proximalen intrakraniellen Gefässverschlüssen und bei
Internaverschlüssen mit periokklusioneller Embolie in die proximale Media ist die
interventionelle, endovaskuläre Revaskularisation wirksamer als die alleinige iv
Thrombolyse.

Die stattgehabte Information wird in der KG notiert.

4. Intravenöse (systemische) Thrombolyse


 Beginn der Behandlung auf der Zentralen Notfallaufnahme, ZNA. Nach Auflösung der
Substanz entspricht 1ml = 1 mg rt-PA. Die Lösung muss langsam und vorsichtig aufgezogen
werden.
 Actilyse® 0.9 mg/kg KG, maximal 90 mg, 10 % als i.v.-Bolus in 1 Minute, Rest als i.v.
Infusion via Perfusor während 1 Stunde (keine anderen Medikamente über diesen Zugang
geben).
→Dosierungsschema siehe Anhang 1

Nach i.v. Thrombolyse:


 Erste 24 Stunden nach Therapiebeginn keine Antikoagulation oder Plättchenhemmer. 24
Stunden nach Lyse und nach der CT-Kontrolle (s.u.) Aspirin® 300 mg/d oder Plavix® 75
mg/d. Therapeutische Heparinisierung nur in absoluten Ausnahmefällen bei sehr hohem
kardialem Embolierisiko.

5. Endovaskuläre Revaskularisationstherapie
Der Eingriff wird im Institut für Interventionelle Radiologie durchgeführt. Sobald die Indikation
feststeht Avisierung des Dienstoberarztes des Instituts für Anästhesiologie (*81 9102).
Grundsätzlich besteht ein Zeitfenster von 6h (symptoms to treatment)
→siehe 3.1A; Konsensus endovaskuläre Behandlung

5.1. Thrombolyse bei Zentralarterienverschluss:


 Superselektive Injektion von 0,9 mg / kg KG Actilyse® in die A. ophthalmica über eine
Dauer von 1 Stunde oder bis Gefäss wieder eröffnet und Visus normalisiert ist.

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(augenärztliche Überwachung und Visus-/Fundusprüfung). Postinterventionell Aspirin
300mg.

5.2. Endovaskuläre Akuttherapie im Stromgebiet der A. carotis interna und im


vertebrobasilären Stromgebiet:
 Bridging: unter dem Begriff „Bridging“ versteht man die Kombination verschiedener
Revaskularisationstechniken bestehend aus:
1) systemische (i.v.) Thrombolyse (0,9 mg / kg/ KG) Actilyse®.
→Dosierungsschema siehe Anhang 1
Während laufender i.v.-Lyse wird der Patient in den Angioraum für die weitere
endovaskuläre Therapie (mechanische Revaskularisation) gebracht (mit Monitor und
ärztlicher Begleitung). Die Intubation erfolgt auf dem Angiotisch.
2) mechanische Revaskularisation mit Stentretriever, Thrombusaspiration, PTA,
Stent.
3) zusätzliche i.a. Thrombolyse nur in Ausnahmefällen und in Absprache mit
behandelndem Neurologen

6. Sekundärprophylaxe nach akuter Revaskularisation:

So früh wie möglich Beginn mit Statin (i.d.R. 40 mg Atorvastatin) oder weiterführen einer
bereits installierten Statintherapie.

6.1. Nach i.v./i.a. Thrombolyse:


 Aufnahme auf die NIPS
 24 Stunden nach Thrombolyse Aspirin® 300 mg/d oder Plavix® 75 mg/d sowie
Thromboseprophylaxe
Antikoagulation (Liquemin) in Ausnahmesituationen, z.B. bei künstlichen Herzklappen.

6.2. Nach endovaskulärer Behandlung:


 Da der Patient zumeist intubiert ist während der endovaskulären Behandlung sollte ein
MIPS-Platz oder ggf. ein CHIPS Platz reserviert werden. Falls Patient bereits in Angio
extubiert und stabil; Übernahme auf NIPS.
 Falls ein Stent während der endovaskulären Behandlung eingesetzt wurde, hat der Patient
i.d.R. bereits im Angio 500mg Aspegic bekommen. Falls nicht, sollte dies auf der
nachbehandelnden Station nachgeholt werden. Nach 24 h weiter mit Aspirin 100mg und
75mg Plavix und Thromboseprophylaxe.
 Der Patient wird auf die NIPS aufgenommen. Bei Bettennot kommt eine Verlegung auf die
Medizinische Intensivstation (MIPS) oder Chirurgische Intensivstation (CHIPS) in Frage.
Indiziert ist die Aufnahme in die MIPS bei vitalen Problemen (instabiler Kreislauf,
Atemprobleme).

7. Überwachung nach Thrombolyse auf der Neurovaskulären


Intensiv Pflegestation (NIPS)
Folgende Situationen verlangen besondere Aufmerksamkeit:
 BD syst. > 180 mm Hg, BD diast. > 110 mm Hg
 BD syst. < 120 mm Hg, mit Tendenz zu weiterem Abfall
 GCS < 10
 Verschlechterung (Zunahme) des Mini-NIH SS
 Hirnstamminfarkte mit Schluckstörungen
 Schlafapnoesyndrom mit > 15 Apnoen von > 10 sec Dauer/Stunde
 Gefahr eines raumfordernden Hirnödems, was eine frühzeitige Kontaktierung der Klinik für
Neurochirurgie erfordert (s. Therapieoptionen)
 Angabe von Kopfschmerzen

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7.1. BD - und Pulskontrollen
 alle 15 Minuten während 2 Stunden, in der Regel permanentes Monitoring
 alle 30 Minuten während 6 Stunden
 alle 60 Minuten bis Verlegung auf Bettenstation

7.2. BD Grenzen/Therapie
 Zielbereiche sind syst. 120-180 mm Hg und diast. 80-110 mm Hg. Als Faustregel gilt:
innerhalb der ersten 24 Stunden nicht mehr als um 25% des Ausgangswertes korrigieren.
 Bei anhaltender Erhöhung des BD auf syst. > 180 mm Hg und diast. > 110 mm Hg
Pharmakotherapie:

1. Urapidil (Ebrantil®) i.v.(Bolus) 5 – 10 mg oder Urapidil i.v.(Perfusor) 100 mg/50 ml, 2 – 50


ml/h
→siehe Schema NIPS

2. Metoprolol (Lopresor) Ampulle à 5 mg langsam i.v. (1-2 mg / min) Falls bekannt, sollte
die angestammte perorale Blutdruckmedikation weitergeführt werden.
→siehe Schema NIPS

7.3. Bei hämodynamischer Insuffizienz (Wasserscheideninfarkt)


Progredientes neurologisches Defizit und/oder neurologischen Fluktuationen und anhaltendem
Blutdruck <120 –(140) mmHg, BD-Anhebung mittels Volumengabe (NaCl)) oder Vasopressoren
(Noradrenalin) um 10mmHg. Generell Flachlagerung des Kopfes. Absolute Bettruhe.

7.4. Überwachung der Punktionsstelle nach endovaskulärer Behandlung

 4F (F=French)
4h Bettruhe
4h Sandsack
6h Druckverband
Keine Antikoagulation im Normalfall sonst auf Verordnungsblatt vermerkt
Überwachung stündlich bis 4h p. Untersuch

 5F 5h Bettruhe
4h Sandsack
6h Druckverband
Keine Antikoagulation im Normalfall sonst auf Verordnungsblatt vermerkt
Überwachung stündlich bis 5h p. Untersuch

 6F 6h Bettruhe
4h Sandsack
6h Druckverband, je nach Verordnung
Keine Antikoagulation im Normalfall sonst auf Verordnungsblatt vermerkt
Überwachung stündlich bis 6h p. Untersuch

 7-9F 24h Bettruhe


4h Sandsack
24h Druckverband
Keine Antikoagulation im Normalfall sonst auf Verordnungsblatt vermerkt
Überwachung stündlich bis 6h p. Untersuch

 Exoseal / Angio-Seal / Starclose

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2h Bettruhe
Kein Sandsack
Kein Druckverband
Keine Antikoagulation ausser auf Verordnungsblatt vermerkt
Überwachung stündlich bis 2h p. Untersuchung

7.5. Pupillen,Bewusstsein, neurologischer Status (Mini-NIH SS)


 alle 30 Minuten für 2 Stunden
 dann alle 60 Minuten für 4 Stunden
 dann alle 120 Minuten für 18 Stunden
 dann 4 mal pro Tag je bei Schichtübernahme

7.6. Kontrolle der Respiration und der O2 - Sättigung


 falls O2 < 92% Verabreichung von Sauerstoff via Sonde
 bei signifikantem Auftreten von Apnoen Verlegung auf MIPS, evtl. CPAP-Beatmung auf der
NIPS

7.7 Körpertemperatur
Frühzeitige Verabreichung von Antipyretika (Essigsocken, Paracetamol bis 4000 mg/24 Stunden)
und kausale Behandlung bei einer Körpertemperatur >37.5 (38°C). Nicht zögern mit der
Verabreichung von Antibiotika.
2x2 Blutkulturen nach Rücksprache ärztlicher Dienst.

7.8. Detaillierter Neurostatus und NIHSS (s. Course_Score)


 Detaillierter Neurostatus bei interkurrenter Verschlechterung, nach 7 Tagen und dann nach 3
und 12 Monaten in der neurovaskulären Sprechstunde
 NIH SS alle 6h solange der Patient auf der NIPS liegt, nach 7 Tagen, bei Austritt und nach 3
Monaten. Barthel Index und Rankin Scale vor Behandlung, nach 7 Tagen und nach 3
Monaten

7.9. Neuroradiologische Kontrollen


 Routinemässig kraniale Computertomographie (ggf. MRI) innerhalb von 12-24 Stunden nach
jeder akuten Revaskularisation
 Wiederholung nach klinischer Verschlechterung
 MRT i.d.R. nach 3-7 Tagen (entfällt, wenn MRI bereits als Kontrolle zum Blutungsausschluss
in den ersten 24 h durchgeführt wurde)

7.10. Laborkontrollen
12 - 24 Stunden nach Lyse:
 Hb, Lc, Tc
 Gerinnungsstatus, inkl. Quick, INR, PTT, Fibrinogen
 Weitere Laboruntersuchungen individuell

8. Dekompressive Kraniektomie
→siehe 3.1B; Swiss recommendations for decompressive Craniectomy

8.1. Hemikraniektomie bei raumforderndem Mediainfarkt


Die frühzeitige (<24h) Hemikraniektomie ist bei Patienten mit raumforderndem Mediainfarkt häufig
lebensrettend und vermindert bei Überlebenden das Ausmass der Behinderung. Da aufgrund des

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grossen Hirninfarktes von einer bleibenden Behinderung auszugehen ist, bleibt die
Indikationsstellung ein Individualentscheid (gerade bei linkshirnigen Infarkten) und sollte offen mit
den Angehörigen diskutiert werden. Wenn klar ist, dass eine Hemikraniektomie nötig sein wird,
sollte auf die Gabe von Thrombozytenaggregationshemmer verzichtet werden. Schweizerische
Leitlinien haben die Indikationen und Kontraindikatonen einer Hemikraniektomie definiert.

8.1.1. Indikation:
1. Alter < 60 (-70) Jahre
2. Symptombeginn vor weniger als 24 Stunden (in Ausnahmefällen auch
später)
3. Im CT oder MRI Infarktzeichen, die mindestens die Hälfte des
Mediastromgebietes umfassen
4. Einverständnis der Angehörigen mit einem aktiven Vorgehen
5. Keine Kontraindikationen gegen eine Operation
6. Ein erfolgloser Rekanalisationsversuch bzw. eine erfolglose Thrombolyse ist
ein weiteres Argument für eine Hemikraniektomie

8.1.2. Kontraindikation:
Bilaterale, lichtstarre, nicht-medikamentöse Pupillenerweiterung mit Koma
2. Vorliegen von >3 ungünstigen prognostischen Faktoren
a. Alter >50 Jahre
b. Infarkte, die über das Mediastromgebiet hinausgehen
c. Unilaterale Pupillenerweiterung
d. GCS <8

8.2. Kraniektomie bei Kleinhirninfarkt


Die Ausgangslage und Prognose beim raumfordernden Kleinhirninfarkt unterscheidet sich im
Vergleich zum raumfordernden Mediainfarkt. Ein relevanter Unterschied ist die verhältnismässig
geringe Behinderung, wenn der Patient die Akutphase überlebt hat. In der Akutphase ist die
Kraniektomie (kombiniert mit EVD) jedoch lebensrettend aufgrund der Hirnstammkompression und
der Liquorzirkulationsstörung. Aufgrund der günstigeren Prognose bzgl. Outcome gibt es beim
raumfordernden Kleinhirninfarkt keine Altersobergrenze sondern richtet sich nach Komorbiditäten.

8.2.1. Indikation:
1. Neurologische Zeichen einer progressiven Druckerhöhung im Hirnstammbereich
2. Radiologisch sichtbare Raumforderung
3. Einverständnis der Angehörigen mit einem aktiven Vorgehen
4. Keine Kontraindikationen gegen eine Operation

8.2.2. Kontraindikationen für eine Kraniektomie:


1. Zeichen einer klinischen oder radiologischen irreversiblen schwergradigen
Hirnstammischämie
2. Schwere Komorbidität
3. Schwere vorbestehende Behinderung

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10. Anhänge
10.1 Anhang 1: Dosierungsschema systemische (i.v.) resp. kombinierte „bridging“
Thrombolyse

Systemische (i.v.) Thrombolyse bei


ischämischem Hirninfarkt
Gewicht Gesamtdosis Bolus i.v. Perfusor
kg/KG 0.9mg/kgKG 10% in 1 min 90% in 60 min

< 42 36mg = 36ml 4 ml 32 ml/h


43-47 41mg = 41ml 4 ml 37 ml/h
48-52 45mg = 45ml 5 ml 40 ml/h
53-57 50mg = 50ml 5 ml 45 ml/h
58-62 54mg = 54ml 5 ml 49 ml/h
63-67 59mg = 59ml 6 ml 53 ml/h
68-72 63mg = 63ml 6 ml 57 ml/h
73-77 68mg = 68ml 7 ml 61 ml/h
78-82 72mg = 72ml 7 ml 65 ml/h
83-87 77mg = 77ml 8 ml 69 ml/h
88-92 81mg = 81ml 8 ml 73 ml/h
92-97 86mg = 86ml 9 ml 77 ml/h
≥98 90mg = 90ml 9 ml 81 ml/h

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