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Byzantinisches Ägypten
Der Beitrag der Papyri zur Geschichte des
frühbyzantinischen Reiches
Version 01
September 2014
Abstract: This paper examines the scope and possibilities of papyrological evidence for
Byzantine Egypt as well as its relevance for the history of the Eastern Roman-Byzantine
Empire.
Die papyrologische Evidenz zur frühbyzantinischen Geschichte ist bislang noch nie
systematisch zusammengetragen und aufbereitet worden. Verglichen mit ihrem Potenzial als
Quellen haben die fast ausschließlich aus Ägypten stammenden Papyri bislang wenig
Aufmerksamkeit bei den Historikern gefunden, die sich mit dem Östlichen Mittelmeerraum
zwischen dem 3. und dem 8. Jh. beschäftigen. Die dokumentarischen Texte – also die
schriftlichen Hinterlassenschaften des Alltags in Abgrenzung gegenüber dem literarischen
Schrifttum – stellen ein außerordentliches Quellenmaterial dar, das geeignet ist, um Ägypten
als Modellfall für weiter greifende historische Studien zu betrachten 1. Im folgenden Beitrag –
der eine adäquate Auswertung selbst natürlich nicht leisten kann – wird einerseits auf
wichtige Ansätze und Ergebnisse der papyrologisch-historischen Forschungen zum
byzantinischen Ägypten und auf deren Relevanz für die Geschichte des oströmischen-
frühbyzantinischen Reiches eingehen; sein der Papyri zur gehen; andererseits gilt es,
Aussagekraft und Möglichkeit der Papyri für künftige Studien auszuloten. Die auf Papyrus
überlieferten Texte sind jedoch nach Inhalt und Kontext sehr verschiedenartige Schriftstücke,
und der Historiker tut gut daran, sich die Zufälle, Gewichtungen und anderen Mechanismen,
die diese keineswegs homogene Quellengattung prägen, zu vergegenwärtigen, um sowohl die
Möglichkeiten als auch die Bedingtheiten und Grenzen der historischen Auswertung des
umfangreichen, im Regelfall jedoch fragmentarischen Materials in Rechnung zu stellen 2.
Die Zitate der papyrologischen Editionen folgen den Abkürzungen von John F. OATES, Roger S. BAGNALL,
Sarah J. CLACKSON, Alexandra A. O’BRIEN, Joshua D. SOSIN, Terry G. WILFONG und Klaas A. WORP, Checklist
of Editions of Greek, Latin, Demotic amd Coptic Papyri, Ostraca and Tablets, Atlanta 52001 (Bulletin of the
American Society of Papyrologists, Supplement 9). Eine aktualisierte elektronische Version der Checklist ist
über das Internet abzufragen: http://scriptorium.lib.duke.edu/papyrus/texts/clist.html
1 Einen Überblick über Ägypten in der Spätantike vermitteln: R. S. Bagnall, Egypt in Late Antiquity,
Princeton 1993; J. G. Keenan, Egypt, in: Averil Cameron, B. Ward-Perkins, M. Whitby (Hg.), The Cambridge
Ancient History, XIV: Late Antiquity: Empire and Successors, AD 425–600, Cambridge 2000, 612–637; und J.
Gascou, L’Egypte byzantine (284–641), in: C. Morrisson (Hg.), Le monde byzantin, I: L’empire romain
d’Orient (330–641), Paris 2006, 403–436.
2 R. S. Bagnall, Reading Papyri, Writing Ancient History, London - New York 1995; eine Reihe wichtiger
Aspekte studiert anhand ausgewählter Beispiele R. S. Bagnall, Everyday Writing in the Graeco-Roman East,
Berkeley - Los Angeles - London 2011, bes. Kapitel 2: The Ubiquity of Documents in the Hellenistic East, S.
27–53; Palme Fragmente.
3 Einen Überblick über den aktuellen Stand der papyrologischen Forschungen auf den diversen Gebieten
geben Dieter HAGEDORN, Papyrologie, in: Heinz-Günther NESSELRATH (Hg.), Einleitung in die griechische
Philologie. Stuttgart-Leipzig 1997, 59–71 und R. S. Bagnall, Oxford Handbook of Papyrology.
4 P.Dura, P.Euphr.
5 P.Murabba’ât, P.Hever, P.Masada, P.Jud.Des.Misc., P.Babatha = P.Yadin I, P.Yadin II.
6 P.Petra.
7 O.Chers.
8 O.BuDjem.
9 T.Vindol. I–III, T.Vindon.
10 Zu den Papyrusfunden außerhalb Ägyptens Hannah M. COTTON, Walter E. H. COCKLE, Fergus G. B.
MILLAR, The Papyrology of the Roman Near East: A Survey, Journal of Roman Studies 85 (1995) 214–235
haben über 600 Papyri von außerhalb Ägyptens zusammengestellt. Seither sind folgende Corpus-Bände
hinzugekommen P.Euphr., P.Petra I und III, O.Cret.Chers. Vgl. dazu die Überlegungen von Jean GASCOU, The
Papyrology of the Near East, in: BAGNALL (Hg.), Handbook (wie Anm. 1) 473–494.
11 Palme, Oxford Handbook
12 Zur Papyrus-Dokumentation der byzantinischen Zeit s. Roger S. BAGNALL und Klaas A. WORP, Papyrus
Documentation in Egypt from Constantine to Justinian, in: Rosario PINTAUDI (Hg.), Miscellanea Papyrologica
(Papyrologica Florentina 7). Firenze 1980, 13–23; Roger S. BAGNALL und Klaas A. WORP, Papyrus
Documentation in the Period of Diocletian and Constantine. Bulletin of the Egyptological Seminar 4 (1982) 25–
33. Roger S. BAGNALL und Klaas A. WORP, Papyrus Documentation in Egypt from Justinian to Heraclius.
Bulletin of the Egyptological Seminar 1 (1979) 5–10.
Oberägypten. Andere Fundplätze, wie Kynopolis, Lykopolis oder Syene sind jeweils nur mit
geringen Stückzahlen vertreten. Aus Alexandria, wo – auch abgesehen von der berühmten
Bibliothek – alle Fäden der Verwaltung zusammenliefen und umfangreiche staatliche Archive
standen, liegt kaum eine Handvoll Texte vor. Ebenso ungleich ist die zeitliche Verteilung der
Papyri, wobei zu berücksichtigen ist, dass die publiziert vorliegende Evidenz nicht nur durch
die Zufälle der Überlieferung, sondern auch die Interessenslage und Vorlieben der Editoren
geprägt ist 13.
Seit der Pionierzeit der Papyrologie im ausgehenden 19. Jh. standen die griechischen
Texte im Mittelpunkt der Aktivitäten, während die für den byzantinischen Zeitabschnitt
gleichfalls sehr wichtigen Dokumente in koptischer Sprache in wesentlich geringerem
Umfang bearbeitet wurden 14. Die riesige Zahl arabischer Texten wird und wurde seit jeher
nur von einem sehr kleinen Kreis von Spezialisten bearbeitet, so dass die Zahl der ediert
vorliegenden Texte in einem krassen Missverhältnis zu den tatsächlich erhaltenen Papyri
steht. Aber sogar bei den griechischen Dokumenten hat die ‘klassische’ Ausrichtung vieler
Papyrologen bewirkt, dass Texten der hellenistischen und römischen Zeit der Vorzug
gegenüber solchen der byzantinischen Zeit gegeben wurde – aber auch, dass man späte
Urkunden ohne exaktes Datum lieber noch der byzantinischen als der arabischen Epoche
zuordnete 15. Ein zahlenmäßiger Einbruch der Dokumentation im 5. Jh. wurde zwar seit
langem beobachtet, aber noch nicht befriedigend erklärt 16. Vermutlich liegt die geringere Zahl
von Texten aus dem 5. Jh. daran, dass aus dieser Zeit – anders als im 4. und 6. Jh. – keine
großen Fundkomplexe erhalten sind.
Hinzu kommt, dass die byzantinische Papyrologie noch stärker als die der
ptolemäischen und römischen Zeit von sog. Archiven geprägt ist, also Textkonvoluten mit
inhaltlichem Zusammenhang, die in der Regel um eine zentrale Person kreisen 17. Zu nennen
13 Wolfgang HABERMANN, Zur chronologischen Verteilung der papyrologischen Zeugnisse, Zeitschrift für
Papyrologie und Epigraphik 122 (1998) 144–160, erstellt auf der Basis des Heidelberger Gesamtverzeichnisses
(HGV): http://aquila.papy.uni-heidelberg.de
14 Zum ungleichen Bearbeitungsstand s. Palme, Fragmente, bei Fn. 13–14. Dies liegt nicht zu
dass die Mehrzahl der Koptologen sich mit literarischen und theologischen Schriften, insbesondere jenen des
Schenute, befassten.
15 Vgl. dazu die Beobachtungen von Federico MORELLI, CPR XXII, introduzione S. 1–13, der überzeugend
für einen späteren, in die 2. Hälfte des 7. Jh. oder erste Hälfte des 8. Jh. fallenden Datierungsansatz plädiert.
16 Papyrusdokumentation im 5. Jh.: Vgl. schon die Beobachtungen von Roger RÉMONDON, L’Égypte au 5e
siècle de notre ère: les sources papyrologiques et leur problèmes, in: Atti dell’XI Congresso Internazionale di
Papirologia, Milano, 2–8 settembre 1965, Milano 1966, 135–148.
17 Zum Begriff "Archiv" in der Papyrologie: Zu den terminologischen Schwierigkeiten vgl. Alain MARTIN,
Archives privées et cachettes documentaires, in: Adam BÜLOW-JACOBSEN (Hg.), Proceedings of the 20th
International Congress of Papyrologists, Copenhagen 23—29 August 1992. Copenhagen 1994, 569–577; Andrea
JÖRDENS, Papyri und private Archive. Ein Diskussionsbeitrag zur papyrologischen Terminologie, in: Eva
CANTARELLA und Gerhard THÜR (Hg.), Symposion 1997. Vorträge zur griechischen und hellenistischen
wären (in chronologischer Abfolge) das Dossier der Grundbesitzerin Aurelia Charite aus einer
Buleutenfamilie 18, das Archiv des Kavallerieoffiziers Abinnaeus 19, das Familienarchiv des
Soldaten Flavius Taurinus, seines Sohnes und Enkelsohnes 20, sowie vor allem das um-
fangreiche, insgesamt sieben Generationen umspannende, aus hunderten Texten bestehende
Archiv der sog. Apionen – einer Dynastie von Grundbesitzern, deren Protagonisten bis in die
höchsten Ränge der Reichsaristokratie aufstiegen 21. Aus dem 6. Jh. liegen das ebenfalls
hunderte Texte umfassende Archiv des Dioskoros von Aphrodite, der als Notar und Dichter
tätig war 22, sowie das Patermuthis-Archiv aus Syene 23 und einige kleinere Dossiers wie etwa
das Archiv des Ölmüllers Sambas 24 vor. So einmalig und wichtig die vielfältigen Aufschlüsse
über die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse vor allem des 6. Jh. sind, die wir
namentlich dem Apionen- und Dioskoros-Archiv verdanken, so bedenklich ist es in
methodischer Hinsicht, dass diese beiden Archive allzu einseitig unser Bild von den
Verhältnissen und Entwicklungen insgesamt formen, obwohl beide Archive bekannter Maßen
außergewöhnliche Situationen repräsentieren. Eine zentrale, aber noch keineswegs
abschließend beantwortete Frage ist demnach, wie repräsentativ das Bild ist, das wir aus der
bislang vorliegenden papyrologischen Evidenz gewinnen können. Trotz der Fülle an Texten
fehlt adäquates Material außerhalb der Archive, um eine korrekte Gewichtung unserer
Quellen und ihrer Aussagen sicherzustellen.
Was können also die Papyrusbriefe, Rechtsurkunden, Steuerquittungen,
Abrechnungen etc. aus der vergleichsweise ruhigen Ecke der Oikumene – trotz aller
Zufälligkeit und Kleinteiligkeit – zur Kenntnis der ereignisreichen Geschichte des
frühyzantinischen Reiches beitragen? Der Beitrag liegt zum einen im exakten Detail: Das
Funktionieren des staatlichen Apparates – der Steuererhebung, des Gerichtswesens, des
Militärs – und der Herrscherchronologie, wie sie sich in den Datierungsklauseln
widerspiegelt. Zum anderen lassen sich soziale Phänomene und langfristig wirkende
ökonomische Entwicklungen dank der Materialfülle der Papyri in Ägypten wesentlich
konkreter greifen und die Zusammenhänge besser einordnen als in irgendeinem anderen Teil
des Reiches. Dritten können diese Quellen doch, zumindest indirekt, auch für einzelne
Ereignisse der Reichsgeschichte zum Sprechen gebracht werden.
Territorium trat an die Stelle des nomós und seiner metropolis. Ihr Stadtrat (bulé) war
verantwortlich für Verwaltung und Steueraufkommen der Stadt und aller Dörfer ihres
Territoriums. Die Münze in Alexandria prägte seit Diokletian keine lokalen Sondermünzen
mehr, sondern Reichsmünzen. So zeigte Ägypten ab dem frühen 4. Jh. exakt dieselbe
administrative Struktur, wie sie auch in den anderen Provinzen des Reiches üblich war 25.
Obwohl seit Diokletian kein Kaiser das Land mehr persönlich betreten hatte, war es
für die Regierung in Konstantinopel von außerordentlicher Wichtigkeit. Vor allem Alexandria
war ein integraler Bestandteil des mediterranen Handelsnetzes, eine Münz- und
Produktionsstätte ersten Ranges. Ägyptens Steuerleistung machte wahrscheinlich 30 Prozent
der Gesamtleistung der Prätorianerpräfektur Oriens aus 26. Die Kornlieferungen aus Ägypten
waren maßgeblich für die Versorgung der Hauptstadt; als um 619 die Sassaniden kurzfristig
Ägypten besetzten, musste Kaiser Heraclius die Getreidezuweisungen aussetzen 27. Die
militärische Besatzung des Landes belief sich (wie schon im frühen Prinzipat) auch in der
Spätantike auf 25.000 bis 30.000 Mann, eine sehr hohe Zahl für eine Provinz, die seit der
kurzen Besetzung durch die Palmyrener 269–273 für Jahrhunderte keine ernste Bedrohung
mehr gesehen hatte und stets im Windschatten der turbulenten Ereignisse an Donau und
Euphrat stand 28. Nur die Thebais, die südlichste Provinz der Diözese Aegyptus war
gelegentlich Ziel von Plünderzügen der Blemmyer oder Nobaden in das Niltal und die Oasen,
insbesondere im Verlaufe des 5. Jh. So schlimm diese Einfälle für die betroffene
Zivilbevölkerung waren, stellten sie aber keine ernsthafte Bedrohung des Reichsgebietes dar.
Solche Plünderzüge wurden von den Byzantinern mit gelegentlichen Strafexpeditionen Nil-
aufwärts beantwortet 29. Zudem scheint der von Justinians General Narses geführte
25 Die Phasen der Provinzialeinteilungen und die Kompetenzen der wichtigsten Amtsträger sind dargestellt
in: J. Lallemand, L’administration civile de l’Égypte de l’avènement de Dioclétien à la création du diocèse,
Bruxelles 1964 und B. Palme, The Imperial Presence: Government and Army, in: Bagnall (Hg.), Egypt in the
Byzantine (o. Anm. 2) 244–270.
26 Constantin Zuckerman, Du village à l'Empire. Autour du registre fiscal d'Aphroditô (525/526), Centre de
Recherche d'Histoire et Civilisation de Byzance, Monographies, 16, (Paris 2004), esp. pp. 194–212; Gascou
2006 (note 8), pp. 420f.
27 As the Persians conquered Egypt, Emperor Heraclius had to interrupt the distribution of the grain dole in
618: Chronicon Paschale (ed. L. Dindorf, CSHB, Bonn, 1832), 711 (164 ed. M. and M. Whitby, Translated
Texts for Historians, 7, Liverpool 1989); Nikephoros, Short History (ed., transl. Cyril Mango, Washington,
1990), 12.4–8, cf. Walter E. Kaegi, Heraclius, Emperor of Byzantium, (Cambridge, 2003), p. 88 with discussion
in note 120.
28 Für die militärischen Dispositionen s. B. Palme, Akten Lyon , und ders.,Imperial
presence
Truppenstärke: Fritz Mitthof, Annona militaris. Die Heeresversorgung im spätantiken Ägypten, Papyrologica
Florentina, 32, (Florence, 2001), I, pp. 217–231 calculates the total strength of the army in Egypt in the fourth
century to be 22,000 soldiers.
29 FHN III 318, 328–9. R. Rémondon, (1965b), ‘Militaires et civils dans une campagne égyptienne au temps
de Constance II,’ JS: 132–143; (1961), ders., ‘Soldats de Byzance d’après un papyrus trouvé à Edfou,’
Recherches de Papyrologie 1: 41–94, Palme, Imperial Presence
Gegenschlag 535–537 die Lage auch an der Südgrenze stabilisiert zu haben. Nach einem
neuerlichen Feldzug des dux et Augustalis Thebaidis, Flavius Athanasius, gelang es um 570,
einen dauerhaften Friedensvertrag abzuschließen.
Erst das frühe 7. Jh. sah kriegerische Auseinandersetzungen auf ägyptischem Boden:
610 die Kämpfe zwischen den Truppen des Kaisers Phocas und den beiden usurpierenden
Heraclii, 619 die sassanidische Eroberung unter Chosrau II, der das Land bis 629 besetzt hielt.
Die byzantinische Reconquista brachte Ägypten aber nur für kurze Zeit wieder unter
kaiserliche Herrschaft, denn ab 639 eroberte der arabische Feldherr Amr ibn Al-Ash das
Land. Ein Versuch des Kaisers, 645/6 Alexandria und Ägypten mittels eines
Expeditionsheeres wieder unter Kontrolle zu bringen, scheiterte 30.
Die Konzentration der Wirtschaftskraft und der Verwaltung in Alexandria hatte dazu
geführt, dass die Großstadt am Mittelmeer eine deutlich andere Dynamik an den Tag legte als
der Rest von Ägypten 31. Alexandria und die chora waren auch in der Spätantike zwei sehr
unterschiedliche Welten: Auf der einen Seite die pulsierende Metropole von Handel und
Gewerbe, intellektuellem Leben und Bürokratie, mit mehreren hunderttausend Einwohnern
eine der größten Städte der Antike und Spätantike 32; auf der anderen Seite die agrarisch
geprägte chora, wo die civitates sich mit Agora und Säulenhallen zwar ein hellenisches
Aussehen gaben, aber inmitten bäuerlicher Produktionsflächen lagen, wo ein von der
Nilschwelle bestimmter Rhythmus des Lebens sich seit pharaonischer Zeit wenig verändert
hatte 33. Man schätzt, dass die zu einem beträchtlichen Teil zweisprachige Bevölkerung
Ägyptens in der Spätantike etwa 4,5 Millionen Menschen betrug und damit etwas geringer
war als in der frühen Kaiserzeit 34 – vermutlich eine Folge der Antoninischen Pest, die um
170–180 n. Chr. in Ägypten wütete, und der mindestens ebenso verheerenden Epidemie der
Justinianischen Zeit, die ab 541 die Bevölkerung weiter Teile des byzantinischen Reiches und
auch Ägyptens dezimierte. Dennoch blieb Ägypten eines der am dichtesten besiedelten
Länder des Reiches, das verlässlich einen Überschuss an Nahrungsmitteln produzierte. Das
Naturalsteueraufkommen Ägyptens ging als Verpflegung und Sold an die Soldaten und
30 An effort by the eunuch Manuel to recover Egypt with assistance of naval forces brought Alexandria
again under Byzantine rule in 645, but in summer 646 the city was reconquered by the Arabs, cf. Butler 1978
(note 1), pp. 465–483.
31 M. Clauss, Alexandria. Schicksale einer antiken Weltstadt, Stuttgart 2003, bes. S. 220–327 für die
Spätantike.
32 Die oftmals unruhige Situation im spätantiken Alexandria beschreibt Ch. Haas, Alexandria in Late
Antiquity. Topography and Social Conflict, Baltimore, London 1997. E. Watts, Riot in Alexandria
33 Gute beschriebung der byzantinischen Verhältnisse in Rouillard,
34 Bevölkerungszahlen Ägyptens in der Spätantike: Entgegen der konventionellen Annahme von ca. 7
Millionen Einwohnern geht Dominic RATHBONE, Villages, Land and Population in Graeco-Roman Egypt.
Proceedings of the Cambridge Philological Society 216 = N.S., 36 (1990) 103–142 von 4,5 Millionen aus.
35 . A. Ch. Johnson, L. C. West, Byzantine Egypt: Economic Studies, Princeton 1949; Bagnall, Egypt in Late
Antiquity Annona, Embole
36 Diese Epocheneinteilung ist seit Wilcken, Grundzüge allgemein üblich.
37 Ägypten und byzanz in früharabischer Zeit: Grohmann, A. (1964), ‘ Der Beamtenstab der arabischen
Finanzverwaltung in Ägypten in früharabischer Zeit,’ in F. Oertel (ed), Studien zur Papyrologie und antiken
Wirtschaftsgeschichte. Bonn: 120-134; Hugh Kennedy, Egypt as a Province in the Islamic Caliphate, in Petry
(ed.), 1998 (note 1), pp. 62–85 and Sijpesteijn, 2007 (note 3)
aus der Spätantike ebenso wenig wie aus dem Prinzipat. Die Ereignisgeschichte pocht nur
selten an die Türe des Papyrologen. Trotzdem ist der Beitrag der Papyri zur Reichsgeschichte
keineswegs unbedeutend, vor allem, wenn man jene Aktenstücke und Briefe mitberück-
sichtigt, die indirekt bestimmte historische Situationen, bisweilen auch Ereignisse von
überregionaler Bedeutung berühren 38.
Offen zutage liegt der Beitrag der Papyri zur Kenntnis des byzantinischen Ägypten
selbst als Paradigma eines Kerngebietes des Reiches. Gut greifbar sind
Verwaltungsmaßnahmen, weil die entsprechenden Anordnungen in Abschriften zirkulierten.
Die Reformen der Tetrarchenzeit werden beispielsweise durch mehrere wichtige Quelle
erhellt: das Edikt des praefectus Aegypti Aristius Optatus vom 16. März 297 (P.Cair.Isid. 1)
stellt eine begleitenden Maßnahme zur Einführung des neuen Besteuerungssystems (capitatio
– iugatio) dar, in CPR XXIII 20 (Feb.-Okt. 298) ist ein Fragment des Zensusedikts
Diocletians aufgetaucht, und vielfach spiegeln sich die Verwaltungsreformen, wie etwa die
seit 307 nachweisbare pagus-Ordnung oder die Ablösung des Gaustrategen durch den exactor
civitatis in den Papyrustexten wider 39. In P.Panop.Beatty 1 und 2 (298; 300) – dem
Kopialbuch eines Strategen, das Vorbereitungen für die Verpflegung von Diokletians
comitatus festhält – liegt ein einzigartiges Zeugnis für den Feldzug des Kaisers an die
Südgrenze Ägyptens vor.
Die Aufmerksamkeit der Historiker der hohen römischen Kaiserzeit ist schon früh
durch eine Reihe wichtiger Zeugnisse der Herrschaft und des Regierungsstils – epistulae,
edicta, rescripta, decreta der römischen Kaiser und Statthalter – erregt worden. Von über 120
solchen Äußerungen der römischen Herrschaft über Ägypten stehen bezeichnender Weise nur
sechs auf Stein, alle anderen auf Papyrus 40. Für die byzantinischen Kaiser und Statthalter
38 Bowman zur römischen Geschichte; Schubart, Keenan, ‘Papyrology and Byzantine Historiography,’
BASP 30: 137–144. zur byzantinischen. Einige Beispiele auch der hellenistischen und römischen Zeit bei
Bernhard PALME, The Range of Documentary Texts: Types and Categories, in: BAGNALL (Hg.), Handbook (wie
Anm. 1) 358–394 .
39 Maresch
40 Präfekten-Esikte: Ranon KATZOFF, Sources of Law in Roman Egypt: The Role of the Prefect, in:
Hildegard Temporini (Hg.), Aufstieg und Niedergang der Römischen Welt, Band II 13. Berlin 1980, 807–844;
Gérard CHALON, L’édit de Tiberius Julius Alexander. Étude historique et exégétique. (Bibliotheca Helvetica
Romana 5). Olten-Lausanne 1964, 251–256; Gianfranco PURPURA, Gli editti dei prefetti d'Egitto (I sec a.C.–I
sec. d.C.). Annali del Seminario Giuridio della Universitá di Palermo 42 (1992) 485–671. — Zusammen mit den
epigraphischen Zeugnissen bei O. J. H., Greek Constitutions of Early Roman Emperors from Inscriptions and
Papyri. (Memoirs of the American Philosoph. Society. 178.). Philadelphia 1989. Unter letzteren haben besonders
die Caracalla-Erlasse (P.Giss. I 40) mit der Constitutio Antoniniana, sodann die Apokrimata (Rechtsentscheide)
des Septimius Severus (P.Col. VI 123) und der sog. Gnomon des Idios Logos (Sammlung von
Rechtsregelungen) Berühmtheit erlangt. Die umfangreiche Abschrift des Gnomon in BGU V 1210 datiert nach
149 A.D., aber ein in P.Oxy. XLII 3014 erhaltenes Duplikat zu Z. 99–115 stammt schon aus dem 1. Jh.
liegen keine entsprechenden Sammlungen der papyrologischen Belge vor 41. Generell ist die
Zahl der kaiserlichen oder statthalterlichen Äusserungen stark rückläufig, wenngleich
einzelne umfangreiche Texte existieren, wie beispielsweise die Reskripte Justinians aus den
Jahren 548 und 551 42 oder ein bemerkenswertes Papyrusfragment, das ein Bruchstück von
Justinians Edikt XIII vom Jahre 539 zur Neuordnung der dioecesis Aegyptus trägt 43.
Beispiel: Heraclius:
Zahlreich sind jene Dokumente, die indirekt, etwa durch ihre Datierungsformel, beiläufige
Erwähnungen oder ihren Kontext ein Schlaglicht auf historische Ereignisse werfen.
Insbesondere die Chronologie, die Präzisierung von Regierungsdaten, Siegertiteln und
Itinerare vieler Herrscher profitiert. Die Regentschaften mancher Soldatenkaiser des 3. Jh.,
Datum und Ablauf von Usurpationen wie jener des Avidius Cassius unter Marcus Aurelius
oder des Domitius Domitianus unter Diokletian sind dank der exakten Datierungen privater
und öffentlicher Urkunden wesentlich präziser in ihren chronologischen Abläufen fassbar.
Instruktive Beispiele sind die Intitulatio eine Vertrages vom 10. Okt. 641, welche über die
Regentschaft und komplizierten Mitregentschaften gegen Ende der Regierung des Heraclius
aufklärt 44, und die Datumsformel eines Teilpacht-Vertrages über Rebenland, welche die
verworrenen Verhältnisse unmittelbar nach dem Tode des Heraclius illustriert 45.
Bisweilen verändert die Datierung eines einzigen Papyrus sogar die bisherige Sicht
eines historischen Ablaufes. Ein gutes Beispiel dafür ist CPR XXIV 27, auf den ersten Blick
eine normale Gestellungsbürgschaft an den Pagarchen Flavius Strategios Paneuphemos aus
Arsinoiton Polis (heute Medinet el Fayum). Das Hauptinteresse dieses Textes liegt in seiner
Datierungsformel begründet, die Phocas noch am 8. Jänner 610 als regierenden Kaiser
41 Dagegen sind die epigraphischen Testimonien gesammelt bei D. Feissel, Les constitutions des Tétrarques
connues par l’épigraphie: Inventaire et notes critiques, AnTard 3 (1995) 33–53 (wiederabgedruckt in ders.,
Documents, droit, diplomatique de l’Empire romain tardif, (Bilans de recherche 7), Paris 2010, 117–154, und in
D. Feissel, Les actes de l’état impérial dans l’épigraphie tardive (324–610): Prolégomènes à un inventaure, in: R.
Haensch (Hg.), Selbstdarstellung und Kommunikation. Die Veröffentlichung staatlicher Urkunden auf Stein und
Bronze in der Römischen Welt, (Vestigia 61), München 2009, 97–128 (wiederabgedruckt in ders., Documents,
43–70). Die Sammlung der kaiserlichen Reskripte in D. Feissel, Pétitions aux empereurs et formes du rescrit
dans les sources documentaires du IVe au VIe siècle, in D. Feissel, J. Gascou (Hg.), La pétition à Byzance, Paris
2004, 33–52 (wiederabgedruckt in Feissel, Documents, 363–384) enthält auch die papyrologischen Testimonien.
42 P.Cair.Masp. I 67024–67029; dabei handelt es sich jedoch teils um Entwürfe, teils um Abschriften, s. C.
Zuckerman, Les deux Dioscore d’Aphroditè ou les limites de la pétition, in: Feissel, Gascou (Hg.), Pétition à
Byzance, 75–92, bes. 79–82.
43 P.Oxy. LXIII 4400 und Addendum, 6. Jh.
44 CPR XXIII 35 mit den Komm. von F. Mitthof ad loc.
45 P.Paramone 18 (Hermupolis, 29. Aug. – 27. Sept. 641?). Zur Datierung des Textes s. F. Morelli, ZPE 173
(2010) 133–137.
nennt 46. Die Urkunde stammt aus der Zeit der Revolte der beiden Heraclii gegen die
unpopuläre Regierung des Kaisers Phocas, die schließlich zum Sturz des Herrschers und zur
Thronbesteigung Heraclius’ des Jüngeren am 5. Oktober 610 führte 47. Die Papyri jener Jahre
bestätigen insgesamt die Darstellung der ansonsten übel beleumdeten Chronik des Johannes
von Nikiu (2. Hälfte 7. Jh.) 48, der zufolge die unter- und mittelägyptische Chora noch länger
an Phocas festhielten, während Heraclius schon Alexandria unter seine Kontrolle gebracht
hatte 49. Im Einzelnen ergibt sich nach den Papyri folgendes Bild:
Der Name des Phocas erscheint in den Datierungsformeln noch mindestens bis Anfang
Juni 60950. Am 11. Juni 609 wird zwar nicht mehr sein Name genannt, aber immerhin noch
nach seinen Regierungsjahren gezählt 51. Danach liegen erst wieder Dokumente aus der
Zeitspanne vom 27. Februar 610 bis zum 23. September 610 vor, in denen die Intitulatio mit
der Nennung des Kaisers samt den Regierungs- und Konsulatsjahren konsequent unterdrückt
ist 52. Sie bezeugen die Unsicherheit der Schreibstuben hinsichtlich der Regierungs-
verhältnisse. Da zwischen dem 11. Juni 609 und dem 27. Februar 610 keine Dokumente
vorlagen, war bisher unklar, wann diese Unsicherheit begann, d. h. bis wann Phocas in der
ägyptischen Chora anerkannt wurde. Diese Lücke wird weitgehend von der vorliegenden
Urkunde geschlossen, die auf den 8. Jänner 610 datiert ist und die vollständige Intitulatio
samt dem Namen des Phocas trägt. Dies zeigt, dass Phocas zumindest bis zum Jahresanfang
46 CPR XXIV 27 1–: „[+ Im] Namen der heiligen und wesensgleichen [Dreifaltigkeit] des Vaters und des
Sohnes und des Heiligen Geistes und unserer Gebieterin, der Gottesmutter, und aller Heiligen. [Im 8. Jahr der
Regierung] unseres Herrschers Flavius Phocas, allzeit Augustus, am 13. Tybi der 13. Indiktion, in Arsinoiton
Polis. usw.
47
Die Ereignisse sind am ausführlichsten geschildert bei A. Pernice, L’imperatore Eraclio, Firenze 1905, 28–
40, W. E. Kaegi, New Evidence on the Early Reign of Heraclius, BZ 66 (1973) 308–330 und Butler, Arab
Conquest 1–41, bes. 14–27; die weiterführende Literatur ist dort auf S. LVIIf. zitiert. Die papyrologischen und
epigraphischen Quel#len hat speziell im Hinblick auf den chronologischen Ablauf der Ereig#nisse Z.
Borkowski, Alexandrie II: Inscriptions des factions à Alexandrie, Varsovie 1981, 137–143 gesammelt und
ausgewertet, vgl. dazu jedoch die wichtigen Bemerkungen in der Rezension von R. S. Bagnall, Al. Cameron,
BASP 20 (1983) 75–84. Kaegi, Heraclius
48 Johannes von Nikiu, Chron. CVII 1–CIX 14. Die nur in einer äthiopischen Version erhaltene Chronik ist
mir zugänglich in der englischen Übersetzung von R. H. Charles, The Chronicle of John (s. o. 2, Anm. 4) 167–
175.
49 Die numismatischen Quellen sprechen dafür, daß Heraclius schon während der 11. Indiktion (607/8) die
Münzstätte Alexandreia kontrollierte: W. Hahn, Moneta Imperii Byzantini II, Wien 1975, 84–87 und III, Wien
1981, 35, 78f.; vgl. dazu ferner M. F. Hendy, Studies in the Byzantine Monetary Economy c. 300–1450,
Cambridge 1985, 415 mit Anm. 188 sowie G. Rösch, Der Aufstand der Hera#kleioi gegen Phokas (608–610) im
Spiegel numismatischer Quellen, JÖB 28 (1979) 51–62 mit Quellen und weiterer Literatur.
50 (am 29. Mai 609 in BGU III 837 [Ars.], am 9. Juni 609 in P.Oxy. LVIII 3948)
51 in SB XII 10798 (Oxy.) Die Diskussion um Lesung und Datierung von SB XII 10798 hat zuletzt J. R. Rea,
P.Oxy. LVIII, S. 61f. zusammengefaßt, wobei der Text im Komm. zu Z. 12 jedoch irrtümlich als SB XII 10978
angegeben wird (richtig jedoch schon in BL X 205). Rea bestätigt die Lesung des 6. Konsulatsahres und datiert
den Text daher auf den 11. Juni 609.
52 Die Eckdaten liefern SB I 5270 = SPP XX 209 (Ars., 27. Feb. 610) und P.Oxy. LVIII 3953 (Oxy., 23.
Sept. 610), vgl. die Liste bei J. R. Rea, P.Oxy. LVIII, S. 87.
610 in Mittelägypten anerkannt wurde. Der Beginn des Interregnum ist folglich zwischen dem
8. Jänner und 27. Februar 610 anzusetzen. Durch ihr Tagesdatum (8. Jan. 610) beweist die
nach Phocas datierte arsinoitische Gestellungsbürgschaft somit, dass der amtierenden Kaiser
Phocas sich in Mittelägypten wesentlich länger gegen den (schließlich siegreichen) Usurpator
Heraclius behaupten konnte, als die (alexandrinische) Münzprägung vermuten ließ. Die
Münzen vermitteln für diese kritische Phase des Regierungswechsels ein propagandistisch
verzerrtes Bild, denn sie sugerieren, Heraclius habe sich schon im Sommer 609 in Ägypten
durchgesetzt – dabei kontrollierte er lediglich Alexandria und die Münzstätte, während der
Bürgerkrieg noch über ein Jahr lang hin und her wogte.
Dieser Befund steht im Einklang mit der Schilderung der Ereignisse bei Johannes
von Nikiu 53. Im 7. Regierungsjahr des Phocas (23. Nov. 608 bis 22. Nov. 609) hatten die
kaisertreuen Truppen, verstärkt durch die aus Palästina herbeigeeilte Streitmacht unter dem
comes Orientis Bonosus, der Armee des Heraclius bzw. seinem General und Neffen Niketas
bei Manuf eine Niederlage zugefügt und das ganze Land bis an die Mauern von Alexandria
wieder unter ihre Kontrolle gebracht. Erst während des 8. Jahres, gewann Niketas nach einem
Ausfall die Oberhand und konnte in einer Schlacht nahe der Stadt die Truppen des Bonosus
entscheidend schlagen. Diese Schlacht ist nach dem vorliegenden Papyrus in den Jänner oder
Februar 610 zu datieren.
Eine Reihe weiterer Beispiele dieser Art ließen sich beibringen. Hervorzuheben wäre
etwa die (erfolgreichen) Petition, die um 425–430 Bischof Appion von Syene an niemanden
Geringeren als den Kaiser übersandte, um Hilfe für seine Kirche gegen die "plündernden
Barbaren" in der Umgebung des Ersten Katarakts zu erbitten, und welche die originale
subscriptio Theodosius II trägt 54. Die letztlich erfolglosen Anstrengungen der byzantinischen
Verwaltung und des berüchtigten Patriarchen Kyros von Alexandria 55, der arabischen
Eroberung durch Kriegsvorbereitungen und Militärlieferungen entgegen zu wirken, sind
Hintergrund der Quittung W.Chr. 8 vom Jahre 639/40. Einige Jahrzehnte später, als Ägypten
schon fest in arabischen Händen ist, begegnen in diversen Abrechnung immer wieder
Requisitionen für die cursus, die Flottenkommandos der Araber gegen die Küsten des
byzantinischen Reiches (etwa CPR XXII 43 und 44 mit genauen Daten). Die angeführten
Beispiele sind nur einige – mehr oder weniger offenkundige – Fälle, wo Papyri, in den
56 Selbstverständlich hatte Ägypten, wie jede Provinz des Reiches, seine natürlichen und bürokratischen
Spezifika, wie insbesondere die Gliederung des Landes in Gaue (νομοί) anstelle der Munizipalstruktur, s. A. K.
Bowman, D. W. Rathbone, Cities and administration in Roman Egypt, JRS 82 (1992) 107–127. Ob dies auch als
verwaltungsrechtlicher Status definiert war, bleibt fraglich: A. Jördens, Das Verhältnis der römischen
Amtsträger in Ägypten zu den ‘Städten’ in der Provinz, in: W. Eck (Hg.), Lokale Autonomie und römische
Ordnungsmacht in den kaiserzeitlichen Provinzen vom 1. bis zum 3. Jahrhundert, München 1999, 141–180; A.
Jördens, Der praefectus Aegypti und die Städte, in: A. Kolb, Herrschaftsstrukturen und Herrschaftspraxis.
Konzepte, Prinzipien und Strategien der Administration im römischen Kaiserreich, Akten der Tagung an der
Universität Zürich 18.–20. 10. 2004, Berlin 2006, 191–200.
57Spätestens die Diokletianische Reform bringt auch hier die Angleichung der ägyptischen Verhältnisse: K.
Maresch, Vom Gau zur Civitas. Verwaltungsreformen in Ägypten zur Zeit der Ersten Tetrarchie im Spiegel der
Papyri, in: Haensch, Heinrichs (Hg.), Herrschen und Verwalten (o. Anm. 2), 427–437.
aus dem Hermoupolis, wo ein Register die Grundsteuern (und Grundbesitzverhältnisse) der
städtischen Bevölkerung aus etwa 340 66, ein weiteres die aus dem Jahre 618/9 oder 633/4
verzeichnet 67. Die Steuerleistungen und die Erhebungspraxis auf der dörflichen Ebene erhellt
einerseits ein Steuerkodex der Mitte des 6. Jh. aus den hermopolitanischen Dörfern Temseu
Skordon und Topos Demeou 68, andererseits ein Steuerregister von Aphrodite 69. Der
besondere Wert des Registers aus Aphrodite liegt darin, dass es die Steuerabrechnungen
dieses Dorfes im Jahre 525/6 vollständig auflistet und so einen höchst wichtigen Einblick in
die geforderten Abgaben und deren Höhe sowie in die Verrechnungstechniken bietet.
Ursprünglich war dieses Register keineswegs einzigartig, sondern ein Dokument der
fiskalischen Routine. Sehr wahrscheinlich hat jedes Dorf – nicht nur in Ägypten – ähnliche
Abrechnungen Jahr für Jahr erstellen und abliefern müssen.
Auch der zweite zentrale Aufgabenbereich der staatlichen Autorität wird durch die
Papyri in exemplarischer Weise dokumentiert: die Jurisprudenz. Über 50 Gerichtsprotokolle –
die seit dem Beginn des 4. Jh. in bilingualer Form mit lateinischem Formular-Rahmen und
griechischen Plädoyers erscheinen 70 – geben nicht nur über die richterliche Tätigkeit der
Statthalter, defensores civitatis und anderer hochgestellter Amtsträger Aufschluss, sondern
dokumentieren auch die Entwicklungsschritte der Prozessformen von der klassischen litis
denuntiatio zum Libellprozess, der sich hier schon seit der Mitte des 4. Jh. (und nicht erst seit
Justinian) greifen lässt 71. Zudem wird deutlich, dass sich auch die Rechtsprechung der
Militärkommandanten (duces, comites rei militaris) derselben Formen bediente wie die zivile
(1979) 159–168; A. K. Bowman, Landholdings in Hermopolite nome in the Fourth Century A.D., JRS
75 (1985) 137–155; und (1992b), ‘Landholding in Late Roman Egypt: The Distribution of Wealth,’
Gerichtsbarkeit 72. Eine im 5. und 6. Jh. stetig steigende Zahl von Petitionen, die von den
Amtsträgern im Schnellverfahren mittels Subskription entschieden wurden 73, und vermehrte
Inanspruchnahme privater Schiedsgerichtsbarkeit, die sich in compromissa und Dialysis-
Urkunden manifestiert, bezeugen die wachsende Bedeutung der außergerichtlichen
Streitbeendigung bzw. der Beamtenjustiz als Alternative zu den kostspieligen Prozessen vor
den Gerichten. Im Zusammenhang dieser Entwicklung ist wohl auch das Verschwinden der
Prozessprotokolle seit Justinianischer Zeit – das früher als Zeichen des Niedergangs
staatlicher Gerichtsbarkeit interpretiert wurde 74 – zu verstehen, denn indirekt bezeugen Papyri
nach wie vor Verfahren vor den Statthaltergerichten 75. Bemerkenswert ist, dass die
episcopalis audientia in der papyrologischen Dokumentation so gut wie keinen Niederschlag
gefunden hat. Eine schlüssige Erklärung dafür ist bislang noch nicht gefunden worden, denn
es scheint schwer vorstellbar, dass die Verfahren vor dem Bischof keinerlei schriftliche
Protokollierung erfahren haben sollen 76.
Der seltene Fall, wo durch eine Zusammenschau von normativen und papyrologischen
Quellen eine politisch-administrative Regelung in ihrer praktischen Umsetzung studiert
werden kann, bietet sich durch das Edikt XIII an, mit dem der tatkräftige Kaiser Justinian im
Jahre 539 die Struktur der ägyptischen Diözese neu ordnete 77. Das Gebiet wurde in sieben
Teilprovinzen gegliedert, wodurch die Verwaltungsdichte gesteigert und die Wege zum
Statthalter auch für die einfachen Menschen kürzer wurden. Eine wesentliche Neuerung war
zudem die Zusammenlegung von ziviler und militärischer Gewalt in die Hände eines
Amtsträgers, der nun den Titel dux et Augustalis führte 78. Damit brach Justinian mit dem
Prinzip der Gewaltenteilung und kehrte zu den Verhältnissen der frühen Kaiserzeit zurück, als
militärische Befehlsgewalt, Rechtsprechung und Finanzverwaltung gleichfalls in den Händen
72 Palme, Militärgerichtsbarkeit
73 Zusammenstellung der über hundert Petitionen: J.-L. Fournet, J. Gascou, Liste des pétitions sur papyrus
des Ve–VIIe siècles, in: Feissel, Gascou (Hg.), La pétition à Byzance, 141–196.
74 In diesem Sinne argumentierte Schiller, A. (1971), ‘The Courts Are no More,’ in Studi Edoardo Volterra.
Milano: I, 469–502.
75 Simon, D. (1971), ‘Zur Zivilgerichtsbarkeit im spätbyzantinischen Ägypten,’ RIDA 3e ser., 18: 623–
657, Palme, FS Honoré; auch J. Beaucamp in Bagnall.
76 Episkopalis auditentia
77 Zum Edikt XIII s. zuletzt A. M. Demicheli, L’amministrazione dell’Egitto bizantino secondo l’Editto
XIII, in: S. Puliatti, A. Sanguinetti (Hg.), Legislazione, cultura giuridica, prassi dell’impero d’Oriente in età
giustinianea tra passato e futuro. Atti del convegno, Modena, 21–22 maggio 1998, Milano 2000, 417–456 und A.
M. Demicheli, L’Editto XIII di Giustiniano. In tema di amministrazione e fiscalitá dell’Egitto bizantino, Torino
2000; W. Brandes, Die trapeza/arca der praefectura praetorio per Orientem und die Datierung von Justinians 13.
Edikt, Fontes Minores XI, Frankfurt 2005, 229–234.
78 Palme, Imperial presence
des Statthalters vereint waren 79. Aus den Papyri wird freilich deutlich, dass dieser Schritt
keineswegs revolutionär war, denn schon im 5. Jh. mehrten sich die Beispiele ad hoc
vereinter ziviler und militärischer Autorität. Justinians Edikt XIII hat eine früher schon
gelegentlich geübte Praxis also lediglich permanent etabliert. So stärkte er zwar die Position
der Statthalter beträchtlich, andererseits bedeutete dies aber eine Aufteilung des militärischen
Kommandos auf vier Personen, denen kein übergeordneter Kommandeur vorstand – ein
organisatorischer Nachteil, der Konsequenzen zeitigen sollte.
79 J.-M. Carrié, Separation ou cumul? Pouvoir civil et autorité militaire dans les provinces d’Égypte de
Gallien à la conquête arabe, AnTard 6 (1998) 105–121.
80 Einen Überblick vermitteln J.-M. Carrié, L’Égypte au IVe siècle: fiscalité, économie, société, in:
Proceedings XVI Internat. Congr. Papyrology, Ann Arbor 1981, 431–446 sowie .die Artikel in: I. F. Fikhman,
Wirtschaft und Gesellschaft im spätantiken Ägypten (hgg. von A. Jördens und W. Sperling), (Historia
Einzelschriften 192), Stuttgart 2006.
81 Zur Entwicklung der Städte im spätantiken Ägypten s. R. Alston, The City in Roman and Byzantine
Egypt, London 2002; P. van Minnen, The other cities in later Roman Egypt, in: Bagnall (Hg.), Egypt in the
Byzantine (o. Anm. 2), S. 207–225.
82 Die Entwicklung der Kurien und des Buleutenstandes beschreiben generell J. Durliat, De la ville antique à la
ville byzantine, (CEFR 136), Roma 1990 und J. H. W. G. Liebeschuetz, The End of the Ancient City, in: J. Rich
(Hg.), The City in Late Antiquity, London, New York 1992, 1–49.
83 Diskussion in Ratsprotokollen
84 Speziell für die Städte Ägyptens: P. van Minnen, The Other Cities in Later Roman Egypt, in: Bagnall
(Hg.), Egypt in the Byzantine World (o. Anm. 17), 207–225; R. Alston, The City in Roman and Byzantine
Egypt, London 2002; A. Laniado, Recherches sur les notables municipaux dans l’Empire protobyzantine,
(Travaux et Mémoires, Monographies 13), Paris 2002, bes. S. 4–26 und 71–75.
lässt sich nachvollziehen, wie manche Buleuten der ägyptischen chora es schafften, in der
Ämterlaufbahn der officiales unterzukommen 85. Ein weiterer Aufstieg scheint entweder über
eine Statthalterschaft oder die kaiserliche Domänenverwaltung möglich gewesen zu sein 86;
man erhielt ein Salär, baute soziale und politische Netzwerke auf und konnte eventuell den
eigenen Grundbesitz ausdehnen. Gelang dies nicht, drohte bei wiederholten oder zusätzlichen
Belastungen – etwa durch Katastrophenjahre oder erhöhte Forderungen infolge von Kriegen –
unter Umständen der wirtschaftliche Abstieg oder sogar Ruin. So sah das 5. Jh. eine
ökonomische Polarisierung des Buleuten-Standes, der bislang das Rückgrat der lokalen
Verwaltung und Prosperität gewesen war: Manche Buleuten stiegen zu Großgrundbesitzern
und hohen Amtsträgern auf, andere verarmten und schieden aus dem Gemeiderat aus 87. Diese
für die Sozialgeschichte der Spätantike so folgenreiche Polarisierung der Gesellschaft in
Superreiche und Bettelarme ist anhand einzelner Schicksale nachzuvollziehen 88. Im 6. Jh. war
die Entwicklung so weit fortgeschritten, dass sich in den meisten Städten die bulé als
institutioneller Körper auflöste – die bis dahin häufig bezeugten buleutai verschwinden um
600 aus der papyrologischen Dokumentation – und durch ein weniger formelles Gremium
von Notablen (proteuontes) ersetzt wurde.
Eine zweite folgenreiche Entwicklung lässt sich eher an kaiserlichen Konstitutionen, die
im letzten Drittel des 4. und zu Beginn des 5. Jh. erlassen wurden, erkennen als in einzelnen
Papyrustexten festmachen 89. Es mehrten sich Fälle, in denen Bauern ihr Land und ihren Hof
an einen der expandierenden Grundbesitzer verkauften, um es danach als Pächter weiter zu
bewirtschaften. Dadurch fand eine Umverteilung des Landbesitzes statt, die erheblich zum
Entstehen von Großgrundbesitzungen beitrug 90. Die Regierung versuchte dieser Entwicklung
gegenzusteuern, da die Grundherren nicht selten Sonderkonditionen bei der Steuerzahlung
erwirkten und dadurch sowohl die Steuereinnahmen als auch die Macht der Zentralgewalt in
den Provinzen sanken. Die ältere Forschung war der Ansicht, dass hierin eine zunehmende
Anmaßung staatlicher Gewalt seitens privater Grundherren erfolgte, die auf eine schrittweise
Feudalisierung hinauslief 91. Man sah diese Entwicklung im Zusammenhang einer
reichsweiten Patroziniumsbewegung, bei der die freien Kleinbauern in die Abhängigkeit der
Großgrundbesitzer gerieten und bald als coloni adscripticii mit fast unfreiem Status ihren
Herren ausgeliefert waren. Die Papyri zeigen jedoch, dass diese Vorgänge nicht in allen
Teilen Ägyptens die gleiche Wirksamkeit entfalteten und eine Differenzierung zwischen
einzelnen Bezirken angebracht ist 92. Beispielsweise sind coloni adscripticii (enapographoi
georgoi) nur im Oxyrhynchites nachweisbar 93, und ob die Gestellungsbürgschaften des 5. und
6. Jh. tatsächlich mit der Patrociniumsbewegung in Verbindung zu bringen sind, ist fraglich 94.
Deutlicher als die Entwicklung selbst ist in den Papyri deren Ergebnis zu greifen, wenn etwa
in den Konditionen und Formulierungen der Pacht- oder Darlehensverträgen des späteren 6.
und des 7. Jh. das soziale Gefälle zwischen den geouchoi und georgoi oder anderen ‘kleinen
Leuten’ deutlich wird 95, oder in dem zunehmend wichtigen Amt des Pagarchen, das
regelmäßig von einem örtlichen Grundherrn ausgeübt wurde, staatliche und private
Angelegenheiten kaum noch auseinanderzuhalten sind 96. Dieses Amt hatte sich im Verlauf
des 5. Jh. herausgebildet, wahrscheinlich um diejenigen Gebiete eines Bezirks, die noch nicht
exempte Einheiten eines Großgrundbesitzes waren, unter einer Verwaltung
zusammenzufassen. Im 6. und 7. Jh. erscheinen die Pagarchen dann als die zentralen
Amtsträger der Bezirke, in deren Verantwortung die Steuererhebung liegt 97.
In den Papyri aus dem Arsinoites, Herakleopolites und Oxyrhynchites in Mittelägypten
tritt uns eine Familie entgegen, die den kometenhaften Aufstieg einer Kurialenfamilie bis in
die wichtigsten Ämtern des Reiches und die höchsten Ränge der Aristokratie geschafft hat.
Nach Apion, einem Protagonisten dieser Familie, nennt man sie die Apionen, und die
Geschicke dieser Dynastie sind durch mehrere hundert Papyri über sieben Generationen
91 Patrozinium: M. Gelzer, Studien zur byzantinischen Verwaltung Ägyptens, Leipzig 1909, Hardy, E.R.
(1931), The Large Estates of Byzantine Egypt. New York, Johnson - West.
92 Eine differenzierte Sichtweise betont A. Jördens, Die Agrarverhältnisse im spätantiken Ägypten, Laverna
10 (1999) 114–152.
93 Lit zu coloni adscripticii: I. F. Fikhman (1990), ‘De nouveau sur le colonat du Bas Empire,’ in
Miscellanea Papirologica, (Pap.Flor. XIX), Firenze: 159–179; ders., (1991), ‘Esclaves et colons en Égypte
byzantine,’ AnPap 3: 7–17.
94 Vermutet von Fikhman, Bastianini
95 Pachtzeit im Belieben des Verpächters; Rückzahlung ergo kai dynamei in P.Oxy. I 135.
96 Gascou, Grands domains zum verschwimmen der Grenzen zwischen offiziell und privat. Banaji
97 Genese und Kompetenzen des Amtes untersucht R. Mazza, Ricerche sul pagarca nell’Egitto tardoantico e
bizantino, Aegyptus 75 (1995) 169–242.
hinweg von der Mitte des 5. Jh. bis an den Beginn des 7. Jh. zu verfolgen 98. Mittlerweile lässt
sich Schritt für Schritt nachvollziehen, wie die Protagonisten der Familie die Erfolgsleiter
vom Kurialen zum Verwalter der domus divina in seiner Provinz, dann zum Statthalter, von
dort auf das glatte Parkett der Hofgesellschaft und der palatinen Ämter in Konstantinopel bis
schließlich zum protopatricius des Justinian emporgestiegen sind 99. Die Apionen gelten als
Paradebeispiel für den sozialen und wirtschaftlichen Aufstieg einer ägyptischen
Grundbesitzerfamilie. Der entscheidende Schritt dürfte gewesen sein, dass der ‘Ahnherr’
Strategius mit der Verwaltung der Güter der Arcadia und dann der Kaiserin Eudokia betraut
wurde 100. Über dieses Amt in der Domänenverwaltung des Kaiserhauses gelang der Sprung in
die Provinzialverwaltung und von dort schließlich in die Reichsaristokratie. Unter den
Kaisern Anastasius, Justin und Justinian bekleideten Apionen zentrale Positionen der
Finanzverwaltung und agierten im Senat in Konstantinopel 101. In den Papyri treten sie
nominell immer noch als Vertragspartner von Bauern und Handwerkern in alltäglichen
Geschäften auf, die in Wahrheit längst von lokalen Verwaltern geführt wurden. Im
Oxyrhynchites haben die Apionen so viel Landbesitz erworben, dass um die Mitte des 6. Jh.
ihre Steuerleistung etwa zwei Drittel des Steueraufkommens des gesamten Bezirkes
ausmachte 102.
Ohne Zweifel war diese Dynastie eine Ausnahmeerscheinung, aber ob dies einzigartig
war, oder ob andere Familien in anderen Teilen des Landes bzw. des Reiches eine
vergleichbare Position erlangen konnten, bleibt fraglich, weil unsere Informationen über die
Bewirtschaftung der domus gloriosa der Apionen zur Gänze an den Papyrusfunden hängen,
die uns zufällig das Dossier der Apionen in die Hände gespielt haben, aber keinen
Vergleichsfall bieten. Die Apionen sind auch das einzig Beispiel, das den realen,
grundherrlich-wirtschaftlichen Hintergrund einer Familie der Reichsaristokratie im 6. Jh.
98 Die Dokumentation zu den Apionen ist analysiert bei R. Mazza, L’archivio degli Apioni. Terra, lavoro e
proprietà senatoria nell’Egitto tardoantico, (Munera. Studi storici sulla Tarda Antichità 17), Bari 2001. Sarris,
29–49; Banaji, ; G. Azzarello (Hg.), Potere e ricchezza nell’Egitto bizantino: gli Apioni e le altre casate
aristocratiche ossirinchite, Atti del convegno, Udine 28–29 marzo 2008 (im Druck)..
99 N. Gonis, P.Bingen 135 and Flavius Apion I, ZPE 146 (2004) 175–178; G. Azzarello, P.Oxy. XVI 2039 e
la nascita della domus gloriosa degli Apioni, ZPE 155 (2006) 207–228; dies., Neue Papyruszeugnisse zur
Apionenfamilie, in: K. Strobel, R. Lafer (Hg.), Von Noricum nach Ägypten: Eine Reise durch die Welt der
Antike. Aktuelle Forschungen zu Kultur, Alltag und Recht in der römischen Welt, Klagenfurt 2007, 251–261;
dies., Vecchi e nuovi personaggi (o. Anm. ) 33
–46.
100 Strategios als Verwalter (dioiketes) der Arcadia im Oxyrhynchites: P.Köln XI 459 (436?); P.Med. I 64
(440); P.Oxy. L 3582 (442); als phrontisths der Eudokia in Oxyrhynchos: P.Oxy. L 3584 (Mitte 5. Jh.); LXX
4780 (457?); L 3585 und 3586 (vor 20. Okt. 460); SB XX 14091 (vor 20. Okt. 460) s. Azzarello, Il dossier della
‘domus divina’ 58–61 und 62–65.
101 Gascou und Mazza zu den politisch tätigen Apionen.
102 Beleg für Steuerleistung der Apionen.
anhand hunderter Quittungen, Abrechnungen, Verträge etc. sichtbar werden lässt 103. Die
enormen Vermögensunterschiede zwischen den Apionen und den einfachen Bauern lassen
auch das ganze Ausmaß der Ungleichheit in der Verteilung von Besitz sehr plastisch vor
Augen treten.
Aus der Regierungszeit Justinians stammt ein zweites umfangreiches Papyrusarchiv,
das – neben dem Apionenarchiv – unser Bild vom spätantiken Ägypten maßgeblich prägt: das
Dossier des schon genannten Notars und Dichters Dioskoros aus Aphrodite in Oberägypten.
Es besteht aus den Autographen seiner Gedichte – den einzigen erhaltenen eines antiken
Literaten –, den Urkunden seiner Notarstätigkeit und aus Schriftstücken seiner privaten
Geschäfte 104. Es ist bezeichnend für die nach wie vor zweisprachige Kultur Ägyptens, dass
dieses Dossier Texte in griechischer und in koptischer Sprache enthält. Unter den
Dokumenten befinden sich auch etliche Abschriften oder Konzepte von Petitionen und
amtlichen Schreiben, aus denen hervorgeht, dass Dioskoros als Vorsteher seines Dorfes im
Konflikt mit dem Pagarchen und anderen lokalen Größen stand, weil diese das Recht des
Dorfes auf selbständige Steuererhebung (autopragia) missachteten. Die bitteren Klagen gegen
Übergriffe und Gewaltakte zeichnen ein düsteres Bild von der bedrängten Lage der freien
Bauern im Dorfe Aphrodite 105. Zeitweilig musste Dioskoros das Dorf verlassen und als
Anwalt in der Residenz des Statthalters, Antinoopolis, arbeiten, um vor dem Pagarchen sicher
zu sein 106.
Auf den ersten Blick scheinen die Texte des Dioskoros-Archivs also das Bild von den
übermächtigen, rücksichtlosen Großgrundbesitzern und den bedrängten Kleinbauern zu
bestätigen, doch gilt es zu bedenken, dass wir die einseitige Darstellung einer Partei vor uns
haben 107. Immerhin gab es in der Thebais noch ein freies und selbstbewusstes Bauerntum,
während im Arsinoites und Oxyrhynchites die Bauern schon weitgehend in die Abhängigkeit
mächtiger Grundherrn wie der Apionen gelangt waren. Dies zeigt, dass selbst innerhalb
Ägyptens mit beträchtlichen regionalen Unterschieden zu rechnen ist und die Entwicklung
nicht in allen Gegenden gleichförmig verlief 108. Abgesehen von der stets offenen Frage, wie
repräsentativ das uns vorliegende Quellenmaterial ist, zeigt das differenzierte Bild in jedem
Fall, dass bei Verallgemeinerungen Vorsicht geboten ist. Es ist bezeichnend, dass sich zwar
alle maßgeblichen Studien zur frühbyzantinischen Sozial- und Wirtschaftsgeschichte ganz
überwiegend auf das papyrologische Quellenmaterial stützen, zum Teil aber zu erheblich
abweichenden Ansichten gelangen 109. Genauso charakteristisch ist auch, dass der bislang
erste ernstzunehmende Versuch, die zum methodischen Instrumentarium der
Sozialwissenschaften gehörende Netzwerkanalyse auf eine antike Gesellschaft anzuwenden,
mit papyrologischen Quellen unternommen wurde. Als Ausgangsbasis dienten die über 2500
namentlich bekannten Personen des Dioskoros-Archives, um soziale Dynamik und
persönliche Bindungen im Dorf Aphrodite um die Mitte des 6. Jh. anschaulich und
verständlich zu machen 110. Auch wenn die Rezensenten sich noch nicht einig sind über die
Aussagekraft der Ergebnisse 111, so hat diese neue Herangehensweise doch neue Aspekte
aufgetan.
Weitere prosopographische Forschungen könnten wohl auch die Auswirkungen jener
folgenschweren Regelung von Justinians Nachfolger Justin II (565–578) ermitteln, dass die
Statthalter nicht mehr vom Kaiser, sondern von den Vornehmen (proteuontes) und Bischöfe
der Provinz bestimmt werden sollten und die Provinzialen ihre Beschwerden gegen Statthalter
nicht mehr an den Kaiser richten sollen 112. Vermutlich hat diese Novelle bewirkt (oder
einräumen müssen), dass die Pagarchen und Grundherrn durch die Verflechtung von
staatlicher Gewalt und persönlicher Macht ihre Position weiter ausbauen konnten – auf
Kosten der ‘kleinen Leute’ und der zentralen Regierungsgewalt. Bislang haben sich die
familiären Verbindungen unter den hohen Amtsträgern – die in der Praxis oft zur Vererbung
der Ämter führte – vor allem bei den Pagarchen, aber auch im Falle des dux et Augustalis
Thebaidis Flavius Athanasius auch bei den Statthalterschaften nachweisen lassen 113. Der
Umschwung der kaiserlichen Politik zeigt sich insbesondere im Vergleich zu Justinian, der
die Provinzialen noch ausdrücklich ermutigt hatte, sich bei Amtsmissbrauch lokaler Beamter
direkt an den Kaiser zu wenden 114.
interpretiert worden 120. Im Februar 391 verbot Kaiser Theodosius die Ausübung aller
heidnischen Kulte; wenig später wurde einer der berühmtesten Tempel, das Serapeum in
Alexandria, auf Betreiben des Bischofs vom fanatisierten Mob demoliert. Ob damals die
Christen bereits die Mehrheit der Bevölkerung stellten, ist umstritten. Die fortschreitende
Christianisierung des Landes im Verlaufe des 4. Jh. äußert sich in einer rasch steigenden Zahl
von Gemeinden und mehreren Dutzend Bischofsitzen 121.
Ab der Mitte des 5. Jh. stand die monophysitische Kirche Alexandrias im Gegensatz
zum Dyophysitismus von Konstantinopel, der sich als orthodoxe Richtung bezeichnete 122.
Viele Gemeinden Ägyptens hingen auch dach den Konzilien von Ephesos (431) und
Chalkedon (451) der alexandrinischen Richtung an, die sich weithin auch in der chora
behauptete 123. Ein nationalistischer Aspekt ist hinter der Kirchenspaltung jedoch nicht
auszumachen 124. Die theologischen Auseinandersetzungen waren vor allem in Alexandria
virulent 125, in den übrigen Teilen Ägyptens ist von den Spannungen zwischen Chalkedoniern
und Arianern, Monophysiten und anderen Richtungen wie etwa den Melitianern wenig zu
bemerken. Viele Bischofsitze und bisweilen auch der Patriarchenstuhl in Alexandria waren
doppelt besetzt – von einem Monophysiten und einen Chalkedonier 126. In einigen Fällen
zeigen Papyri, wie selbst Bischöfe in ihre dogmatischen Überzeugungen schwanken oder
Mönche unbefangen von ihrem Wechsel vom melitianischen zum orthodoxen Bekenntnis
120 R. S. Bagnall, Religious conversion and onomastic change in Early Byzantine Egypt, BASP 19 (1982)
105–124. (Reprint: R. S. Bagnall, Later Roman Egypt: Society, religion, economy and administration, Aldershot
2003, VIII). E. Wipszyzcka, La valeur de l’onomastique pour l’histoire de la christianisation de l’Égypte, ZPE
62 (1986) 173–181; R. S. Bagnall, Conversion and Onomastics: A Reply, ZPE 69 (1987) 243–250. (Reprint: R.
S. Bagnall, Later Roman Egypt: Society, religion, economy and administration, Aldershot 2003, IX).
121 Klaas A. Worp, A Checklist of Bishops in Byzantine Egypt, ZPE 100 (1994), pp. 283–318.
122 Annick Martin, Athanase d'Alexandrie et l'Église d'Égypte au IVe siècle (328–373), Collection de l'École
française de Rome, 216, (Rome, 1996), esp. pp. 28–115 and 393–635. Ewa Wipszycka, Les gens du patriarche
alexandrin, in Jean-Yves Empereur and Ch. Décobert (eds), Alexandrie médiévale 3, Études alexandrines, 16,
(Cairo, 2008), pp. 89–113.
123 Zur Geschichte der monophysitischen Kirche s. W. H. C. Frend, The Rise of the Monophysite Movement,
Cambridge 1972.
124 Arguments gainst any nationalist thesis are formulated by Ewa Wipszycka, Le nationalisme a-t-il existé
dans l’Égypte byzantine?, JJP 22 (1992) pp. 83–128 (reprint: Ewa Wipszycka, Études sur le christianisme dans
l'Égypte de l'Antiquité tardive, Studia Ephemeridis Augustinianum, 52, (Roma, 1996), pp. 9–61. Against a
strong nationalistic element in Melitian monasticism – argued by Griggs, 1990 (note 4), p. 122 – cf. Hans
Hauben, Le catalogue mélitien réexaminé, in , Opes Atticae, (Steenbrugge 1990), pp. 155–167.
125 Christopher Haas, Alexandria in Late Antiquity. Topography and Social Conflict, (Baltimore, London,
1997), pp. 278–336; Edward J. Watts, Riot in Alexandria: Tradition and Group Dynamics in Late Antique
Pagan and Christian Communities, Transformation of the Classical Heritage, 46, (Berkeley, Los Angeles,
London, 2010), esp. chapters 6–8 on “defining the Alexandrian bishop“.
126 Zu den kirchlichen Institutionen vgl. E. Wipszycka, Le istituzioni ecclesiastiche in Egitto dalla fine del
III all’inizio dell’VIII secolo, in: A. Camplani (Hg.), L’Egitto cristiano. Aspetti e problemi in età tardo-antica,
(Studia Ephemeridis Augustinianum 56), Rom 1997, 219–271.
sprechen 127. Indem sie den entspannten Umgang der Menschen in der chora mit
unterschiedlichen Dogmen erkennen lassen, kontrastieren die Papyri den durch die Schriften
der Kirchenväter vermittelten Eindruck, der dogmatische Disput hätte allgegenwärtig das
Dasein aller Menschen in der Spätantike bestimmt.
Vergleichsweise gut dokumentiert ist auch die neue Form christlicher Lebensgestaltung,
die gerade in Ägypten begründet wurde: das Mönchtum 128. Schon vor der Mitte des 4. Jh.
begegnen uns im Archiv des Nepheros die Aktivitäten eines Klosters im Herakleopolites, das
den bemerkenswerten Namen Hathor führt 129. Seit dem 5. Jh. sind die Klöster im
gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und religiösen Leben Ägyptens ein wesentlicher Faktor
geworden, der in den Papyrustexten ebenso wie im literarischen Schaffen (etwa Vita Antonii,
Historia Lausiaca, Apophthegmata Patrum) greifbar ist. Wie dynamisch die spezifisch
ägyptische Komponente des Christentums war, zeigen unter anderem die Schriften aus Nag
Hammadi 130 und das umfangreiche Oeuvre des Schenute (nach 360–466), des Gründers und
Abtes des Weißen Klosters in der Nähe von Panopolis (Achmim) in Mittelägypten, das in
Koptisch verfasst ist und damit die ägyptische Sprache neben dem Griechischen im
theologischen Diskurs etablierte. Die Werke des Schenute sind vor allem aus Manuskripten
bekannt, die aus der Bibliothek des Weissen Klosters stammten 131.
Texte und materielle Kultur lassen erkennen, wie im 5. Jh. das Christentum immer
weitere Bereiche des Lebens durchdrang, wenngleich sowohl Elemente paganer
Volksfrömmigkeit als auch ein intellektuelles, philosophisch orientiertes Heidentum der
Oberschicht und die Gnosis kräftige Lebenszeichen hinterlassen haben 132. Etliche spätantike
Dichter und Philosophen, die auch außerhalb des Landes zu Ruhm und bisweilen sogar zu
einflussreicher Stellung gelangten, waren in Ägypten geboren und tätig, wie Plotin, Hypatia,
127 Bischof von Oxy: Nikolaos Gonis, Dionysius, Bishop of Oxyrhynchus, and His Date, JJP 36 (2006), pp.
63–65; Amin Benaissa, New light on the episcopal church of Oxyrhynchus, ZPE 161 (2007), pp. 199–206.
Melitianer: P.Dublin.
128 Eine detailreiche Darstellung des ägyptischen Mönchtums findet sich bei E. Wipszycka, Moines et
communautés monastiques en Égypte (IVe–VIIIe siècles), (JJP Suppl. 11), Warschau 2009.
129 P.Nepheros: Etwa 50 Texte, z.T. Korrespondenz, Verträge, Quittungen und Abrechnungen, die sich um den
Mönch Nepheros drehen, der in den an ihn gerichteten Briefen bisweilen die Züge eines Heiligen Mannes
annimmt.
130 Nag Hammadi
131 Schenute - Schriften Überblick; zerstreut durch Antikenhandel.
132 Zu diesen Traditionen s. etwa B. A. Pearson, Gnosticism and Christianity in Roman and Coptic Egypt,
New York, London 2003; M. Krause, Heidentum, Gnosis und Manichäismus, ägyptische Survivals in Ägypten,
in: M. Krause (Hg.), Ägypten in spätantik-christlicher Zeit. Einführung in die koptische Kultur, Wiesbaden 1998,
81–116.
Claudian, Pamprepius, Nonnos, Kyros 133. Bemerkenswert ist ferner, dass einige dieser
Literaten (Kyros, Nonnos) aus Panopolis kamen, wo demnach eine Tradition der
„hellenischen Bildung“ lebendig war, obwohl es in unmittelbarer Nachbarschaft des Weißen
Klosters lag. Hellenische Bildung, also die Beherrschung der klassischen griechischen
Literatur und Mythologie, stand noch lange im Verdacht, krypto-heidnisch zu sein. In der
papyrologischen Evidenz finden sich jedoch kaum Spuren von gewalttätigen Ausschreitungen
zwischen Heiden und Christen 134.
Erst allmählich wurde der Gegensatz zwischen hellenisch-heidnischem Lehrkanon und
biblisch-christlichem Bildungsideal überwunden. Im 6. Jh. finden sich dann beide Aspekte
der Bildung harmonisch vereint; ein gutes Beispiel liefern die literarischen Schriften des
Dioskoros von Aphrodite in der Thebais, einem lokalen Notar und Gelegenheitsdichter der
Justinianischen Zeit. Durch einen glücklichen Papyrusfund sind seine Hochzeits- und
Preisgedichte erhalten, in denen Zitate aus Homer und anderen griechischen Dichtern
gleichwertig neben Bibelzitaten erscheinen 135. Spätestens um die Mitte des 6. Jh., nachdem
535 der letzte noch aktive Tempelkult für Isis auf der Insel Philae, an der Südgrenze des
Reiches, eingestellt wurde, präsentiert sich Ägypten als ein durch und durch christliches
Land 136. Im religiösen Leben der Menschen haben sich freilich viele Vorstellungen und
Praktiken des Volksglaubens und der Magie erhalten, oft nur oberflächlich von christlichen
Vorzeichen kaschiert 137.
133 Diese literarischen Aktivitäten im spätantiken Ägypten hat Alan Cameron, Wandering Poets: a Literary
Movement in Byzantine Egypt, Historia, 14 (1965) 470–509; idem, Poets and pagans in Byzantine Egypt, in:
Bagnall 2007, (note 3), pp. 21–46; dargelegt.
134 J. Hahn
135 Zum Werk des Dioskoros s. J.-L. Fournet, Hellénisme dans l’Égypte du VIe siècle. La bibliothèque et
l’oeuvre de Dioscore d’Aphrodité, I–II, Kairo 1999.
136 J. Hahn, Die Zerstörung der Kulte von Philae. Geschichte und Legende am ersten Nilkatarakt, in: J.
Hahn, S. Emmel, U. Gotter (Hg.), From Temple to Church. Destruction and Renewal of Local Cultic
Topography in Late Antiquity, (Religions in the Graeco-Roman World 163), Leiden, Boston 2008, 203–242.
Dijkstra.
137 Krause, Fortleben
138 Die ausfühlichste Darstellung der sassanidischen Eroberung findet sich bei A. J. Butler, The Arab
Conquest of Egypt and the Last Thirty Years of Roman Dominion, 2nd edition, hgg. P. M. Fraser, Oxford 1978
(1st ed. 1902), bes. S. 69–92.
139 Problem der datierung in die sassanidische zeit: Keine Kaiserdaten, nur Indiktion.
140 Altheim-Stiehl, R. (1992), ‘The Sasanians in Egypt,’ BSAC 31: 87–96; Leslie S. B. MacCoull, Coptic
Egypt during the Persian Occupation. The Papyrological Evidence, SCO 36 (1986), pp. 307–313. Patrick Sänger,
Saralaneozan und die Verwaltung Ägyptens unter den Sassaniden, ZPE 164 (2008), pp. 191–201;.P. Sänger, The
Administration of Sasanian Egypt: New Masters and Byzantine Continuity, GRBS 51 (2011) 653–665.
141 Zu den Abläufen bei der arabischen Eroberung Ägyptens s. Butler, The Arab Conquest of Egypt (o.
Anm. 41), bes. S. 194–367; Fred M. Donner, The Early Islamic Conquest, (Princeton/New Jersey, 1981), pp.;
W. E. Kaegi, Egypt on the Eve of the Muslim Conquest, in: C. F. Petry (Hg.), Cambridge History of Egypt, I:
Islamic Egypt, 640–1571, Cambridge 1998, 34–61; H. Kennedy, The Great Arab Conquest, London 2007, bes.
S. 139–68.
142 W.Chr. und CPR XXIII, Eisen.
143 Die Chronologie folgt Walter E. Kaegi, Egypt on the Eve of the Muslim Conquest, in: C. F. Petry (ed.),
Cambridge History of Egypt, vol. i: Islamic Egypt, 640–1571, (Cambridge, 1998), 60–61. Vgl. auch Alexander
D. Beihammer, Quellenkritische Untersuchungen zu den ägyptischen Kapitulationsverträgen der Jahre 640–646,
SB phil.-hist. Kl. 671 ÖAW, (Wien, 2000).
144 Zur Rolle der Kopten bei der arabischen Eroberung Ägyptens s. A. Papaconstantinou, Historiography,
Hagiography, and the Making of the Coptic “Church of the Martyrs” in Early Islamic Egypt, DOP 60 (2005)
65–86.
den Zeitgenossen in Ägypten als epochales Ereignis wahrgenommen worden sein. Vor allem
die Papyri haben dazu beigetragen, dass der Übergang als eine allmähliche, gleichsam
fließende Veränderung verstanden wird, wobei die Beständigkeit der ägyptisch-koptischen
Traditionen der enchorischen Bevölkerung sehr wesentlich zu der bruchlosen Kontinuität
auch nach dem Wegfall des griechischen Elements beigetragen haben. Die Schwierigkeiten
moderner Historiker, konkrete Schritte und Abschnitte in diesem evolutionären Prozess zu
definieren, resultieren wohl aus dieser wenig spektakulären, dafür umso wirkungsvolleren
Verwandlung.
Bibliographie