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Lautsprecher-
Handbuch
Theorie und Praxis des Boxenbauens
Pflaum
Vorwort
Schon vor Jahren hat sich das Boxenbauen als faszinierendes und vielseitiges Hobby
in allen Bevölkerungskreisen etabliert. Und das aus gutem Grund. Denn wohl nur
auf diesem Gebiet kann man sich zugleich als Rechenkünstler, Designer, Tischler
und Akustikerbetätigen.
Und doch sind die Motive zum Boxenhauen ganz unterschiedlich. Der eine will
durchs Selbermachen einfach nur Geld einsparen, der andere ist bestrebt, ein ganz
individuelles Gehäuse zu realisieren, das optimal in seine Wohnung passt. Und ein
Dritter ist bemüht, ein spezielles Klangbild zu erreichen, fernab von all den
Sachzwängen einer Massenproduktion wohlklingenden möchte zum Beispiel
Lautsprecher miteinander kombinieren, die in keiner Fertigbox zu finden sind.
Um jedoch zu wohlklingenden Ergebnissen zu kommen, müssen alle auf ein
weitgefächertes Grundwissen zurückgreifen können über Lautsprecher, Gehäuse,
Frequenzweichen und Wohnraumakustik. Dieses Grundwissen bereitzustellen, ist
Aufgabe und Ziel des vorliegenden Lautsprecher-Handbuchs.
Um auch Anfängern einen Einstieg in die Materie zu ermöglichen, wurde Wert auf
eine allgemeinverständliche Sprache und auf eine
Erläuterung der wichtigsten Fachbegriffe gelegt. Hierbei mag das Sachregister am
Ende des Buches eine Hilfe sein.
Wesentliche grundlegende Textstellen sind mit einer Tonfläche hinterlegt.
5
Vorwort zur 7. Auflage
Rund eineinhalb Jahrzehnte ist es her, dass das Lautsprecher-Handbuch erstmals in
Druck ging, und über 20000 Exemplare wurden seitdem verkauft. Anlass genug, dem
Pflaum Verlag und vor allem den zahlreichen Lesern des Handbuchs an dieser Stelle
meinen herzlichen Dank auszusprechen. Anlass aber auch, das Handbuch zur hiermit
vorliegenden 7. Auflage noch einmal gänzlich neu zu schreiben.
Nicht dass sich die Akustik inzwischen so sehr verändert hätte. Doch nach all der Zeit als
Lautsprechertester und professioneller Entwickler war es mir ein Anliegen, einige Inhalte
zu straffen und ein paar neue Akzente zu setzen. Wer eine der früheren Auflagen las und
schätzte, dürfte aber nichts vermissen.
Berndt Stark
Hinweis
Die Schaltungen in diesem Buch werden ohne Rücksicht auf die Patentlage mitgeteilt.
Eine gewerbliche Nutzung darf nur mit Genehmigung des etwaigen Lizenzinhabers
erfolgen.
Trotz aller Sorgfalt, mit der die Abbildungen und der Text dieses Buches erarbeitet und
vervielfältigt werden, lassen sich Fehler nicht völlig ausschließen. Es wird deshalb
darauf hingewiesen, dass weder der Verlag noch der Autor eine Haftung oder
Verantwortung für Folgen welcher Art auch immer übernimmt, die auf fehlerhafte
Angaben zurückzuführen sind. Für die Mitteilung möglicherweise vorhandener Fehler ist
der Verlag dankbar.
6
Inhalt
1 Grundlagen 11
1.1 Wie dynamische Lautsprecher funktionieren 11
1.2 Piezoelektrische Lautsprecher und andere Exoten 13
1.3 Frequenz, Wellenlänge, Amplitude, Schalldruck 15
3.1 Bändchenhochtöner 71
3.2 Kalottenlautsprecher 75
Exkurs: Magnetofluide 78
3.3 Druckkammer-Hornlautsprecher 80
3.3.1 Hochtonhörner 81
Exkurs: Akustiklinsen 85
3.3.2 Mitteltonhörner 86
3.3.3 Ringstrahler-Hochtöner 92
3.4 Konuslautsprecher 95
3.4.1 Die Parameter eines Konuslautsprechers 97
3.4.2 Klangentscheidende Details 105
7
Lautsprecher-Gehäuse können mehr sein als simple Holzkisten. Oben:
Bandpaß-Subwoofer; darunter: Eckhorn; rechts: Transmissionline.
Inhalt
4 Lautsprechergehäuse 107
4.1 Geschlossene Gehäuse 108
4.2 Bassreflex-Gehäuse 117
4.3 Bandpass-Gehäuse 125
4.4 Transmissionline-Gehäuse 128
4.5 Exponential-Gehäuse 133
4.6 Expo-Reflex-Gehäuse 142
4.7 Expo-Transmissionline-Gehäuse 144
4.8 Gehäuseresonanzen, Stehwellen und Dämm-Material 146
4.9 Frontverkleidungen 151
5 Frequenzweichen 155
5.1 Elektrische Filter für Lautsprecher 155
5.2 Die Auswahl der Bauteile 170
5.3 Pegelanpassung 173
5.4 Der Aufbau von Frequenzweichen 175
6 Wohnraumakustik 177
6.1 Reflexionen im Hörraum 177
6.2 Räumliche Wiedergabe 183
6.3 Bassverstärkung von den Wänden 187
6.4 Stehende Wellen im Hörraum 189
Exkurs: Helmholtzresonatoren 194
8 Bauvorschläge 202
8.1 Einstieg in die Praxis 202
8.2 Baupläne 206
9
Die Verbreitung des mehrkanaligen Surround-Sounds erforderte magnetisch geschirmte
Lautsprecher, die Monitore und TV-Geräte nicht stören. Hier magnetisch gekapselte
Exemplare von Monacor und Visaton.
Lautsprecher können nicht nur laut sprechen, wie ihre Bezeichnung zunächst
vermuten lässt. Sie können auch flüstern, singen, kreischen und alle denkbaren
Instrumente nachahmen. Selbsttätig sind sie dazu allerdings nicht fähig, denn
sie sind bloß Energie-Umwandler. Auf sich allein gestellt, können sie nicht
einmal brummen oder rauschen.
11
1.1 Wie dynamische Lautsprecherfunktionieren
Membranbewegungen
Die Wirkung des Magnetismus ist leicht nachzuvollziehen, indem man den
Pluspol einer Batterie (+) mit dem Plusanschluss eines Lautsprechers
verbindet und den Minuspol mit dem Minusanschluss. Die mit der
Schwingspule verbundene Membran saust dann unverzüglich vorwärts.
Vertauscht man beide Zuleitungen und verbindet (+) der Batterie und des
Lautsprechers, schnellt die Membran zurück, statt nach vorn. Dieser Vorgang
ist auf das Anziehen bzw. Abstoßen von Elektro- und Permanentmagnet
zurückzuführen. Allerdings erhält der Lautsprecher gewöhnlich
niederfrequenten Wechselstrom statt Gleichstrom vom angeschlossenen
Verstärker. Folge:
13
1 Grundlagen
Interessanter, für den Selbstbau von Boxen aber kaum geeignet, sind zum Beispiel
elektrostatische Lautsprecher: Hier vibriert eine elektrisch leitende Folienmembran zwischen
zwei schalldurchlässigen Gittern, die mit Hochspannung vorgeladen sind. Die über die
gesamte Fläche angetriebenen Folienmembranen sind recht leicht und reagieren flink auf
musiktypische Signaländerungen, nur neigen manche von ihnen zu einem „flatterhaften“
Arbeitsstil, wenn sie älter werden und erschlaffen.
Über eine etwas festere Membran verfügt der Air-Motion-Wandler. Sie ist wie ein Vorhang
gefaltet und von kleinen Leiterbahnen überzogen. Mitten im Energiefeld eines sehr starken
Permanentmagneten bewegt sich dieser Vorhang im Takt des Wechselstroms und wird auf
diese Weise zur schallerzeugenden Membran.
14
1.3 Frequenz, Wellenlänge, Amplitude, Schalldruck
Die Frequenz wird in Hertz (Hz) angegeben, wobei 1Hz eine Schwingung pro Sekunde
bedeutet. Überträgt ein Lautsprecher Schwingungen von 15 000 Hz, also von 15 Kilohertz (=
15 kHz), so saust seine Membran 15000 Mal pro Sekunde vor- und zurück. 15 kHz
entsprechen einem sehr hohen Ton. Tieftöne haben es weniger eilig. Doch:
Bei einer Temperatur von 20 °Celsius beträgt die Schallgeschwindigkeit in der Luft 344 Meter
pro Sekunde. Der Frequenz 50Hz entspricht demnach eine Wellenlänge von:
15
1 Grundlagen
Bei 1000Hz (1kHz) beträgt die Wellenlänge 34,4 cm und bei 20kHz noch 1,7 cm. Und
wozu muss man das alles wissen? Sobald die Abmessungen einer Membran, einer
Lautsprecherbox oder eines Hörraums in die Nähe der Wellenlängen der
wiedergegebenen Frequenzen kommen, treten Schwierigkeiten auf, von denen noch oft
die Rede sein wird. Davon ist insbesondere die Lautstärke betroffen bzw. der
Schalldruck. Als Schalldruck wird der von Luftschwingungen hervorgerufene
Wechseldruck bezeichnet, der sich dem normalen Luftdruck überlagert. Er ist als
Schalldruckpegel objektiv messbar, im Gegensatz zur subjektiv empfundenen
Lautstärke.
Abb. 7 (3) und (4) haben eine unterschiedliche Wellenlänge, aber die gleiche Amplitude. Grob
vereinfachend könnte man sagen: Signal 3 und Signal 4 sind gleichlaut, jedoch entspricht Signal 4
einem höheren Ton.
16
2. Eigenschaften dynamischer Lautsprecher
Lautsprecher haben eine unvergleichliche Begabung: Füttert man sie mit
entsprechendem Wechselstrom, singen sie wie eine Diva, klimpern zur
Begleitung eine fröhliche Melodie und hauen zwischendurch noch mächtig auf
die Pauke. Nur scheuen sie sich auch nicht vor unschönen Missklängen, vor
Verzerrungen, die in lineare und nichtlineare unterteilt werden. Zunächst zur
erstgenannten
Spezies:
17
2 Eigenschaften dynamischer Lautsprecher
Schwingungen unter 60Hz und oberhalb von 12 kHz spielen bei der Sprach- und
Musikwiedergabe keine maßgebliche Rolle. Und weil viele Wohnzimmer tiefe Töne
aufblähen, da ihre Abmessungen den Wellenlängen tiefer Frequenzen entsprechen, darf die
Schalldruckkurve unterhalb von 80 Hz sogar allmählich absinken, ohne dass
Bassinstrumente gleich völlig unterbelichtet wirken. Andererseits sind kräftige Tiefbässe
(Schwingungen unter 80 Hz) ein Luxus, der den Musikgenuss beträchtlich steigern kann.
18
2.1 Der Frequenzgang
Diagramm 2: A: Noch akzeptabler Frequenzgang auf Achse einer preiswerten Regalbox in einem sehr
großen reflexionsarmen Messraum.
B: Praktisch alle Messgeräte ermöglichen eine Glättung des Frequenzgangs für Werbezwecke (Katalog
etc.).
Abweichungen in Höhe von 2 dB vom Mittelwert eines Lautsprechers sind noch relativ
unkritisch, 4 dB dagegen nicht - zumindest, wenn sie sich über eine halbe Oktave oder mehr
erstrecken. Eine Oktave umfasst eine Frequenzverdoppelung oder -halbierung, wie z.B. den
Bereich von 50Hz bis 100 Hz oder von 18kHz bis 9kHz.
Leider sind Frequenzgang-Messungen von Lautsprechern selten miteinander vergleichbar.
Denn neben der Position des Mikrofons haben die Eigenheiten des Messraums und der
verwendeten Geräte einen großen Einfluss auf das Ergebnis. Insofern sind Messdiagramme mit
Portraits vergleichbar, die ein und dieselbe Person ganz unterschiedlich wirken lassen. Doch
wie sich eine große Nase auf einem Foto kaum verbergen lässt, bleiben auch signifikante Fre-
quenzgang-Fehler in der Schalldruckkurve meist zu erkennen. Wie sich solche Schwächen auf
den Klangcharakter auswirken, erläutert Diagramm 4.
Übrigens sollte der Frequenzgang nicht mit dem Frequenzumfang verwechselt werden. Sogar
kleine Billigboxen werden oftmals mit einem Frequenzumfang von 30 Hz bis 25 kHz
angepriesen. Die
19
2 Eigenschaften dynamischer Lautsprecher
Diagramm 3: Wie Diagramm 2A, Messposition aber 20° seitlich der Hauptachse bei stehender
(A) und bei liegender Box (B)
20
2.1 Der Frequenzgang
Schwankungen betragen dabei aber häufig mehr als 10 dB, und ein
ausgewogener Klang ist damit von vornherein ausgeschlossen.
Ganz gleich, ob man analoge oder digitale Messgeräte verwendet und von
welcher Art das Messsignal ist: Von großen Reflexionsflächen wie Fußboden,
Decke, Wänden, Schränken etc. sind immer einige Meter Abstand
einzuhalten, sonst sind die Ergebnisse im Bassbereich unbrauchbar. Für
Schalldruck-Messungen unterhalb 200 bis 300 Hz muss man Box und
Mikrofon notfalls unter freiem Himmel auf den Boden legen. Ein Abstand
von 2 m zwischen Lautsprecher und Mikro kompensiert dann die
bassverstärkende Bodenreflexion, so dass das Ergebnis einer reflexionsfreien
Messung in im Abstand entspricht.
21
2 Eigenschaften dynamischer Lautsprecher
22
2.1 Der Frequenzgang
bran, wird der Schall nicht mehr rundherum oder kugelförmig verteilt, son-
dern etwas nach vorn gerichtet. Tieftöner mit 31 cm Außendurchmesser
bündeln den Schall daher schon bei 400 Hz, 13-cm-Chassis bündeln ab rund
1000Hz, und selbst kleine Hochtönermembranen mit nur 1,9 cm Durchmes-
ser richten den Schall schon bei 5 kHz. Anderenfalls wäre in einem Rund-
strahl- oder Polardiagramm auch noch bei 6kHz ein perfekter Kreis zu sehen
(vergl. Diagramm 5).
23
2 Eigenschaften dynamischer Lautsprecher
Diagramm 7 : Axialer Frequenzgang eines sehr guten Mitteltöners (Vifa P13 MH) auf
unterschiedlichen Schallwänden. A : auf,, unendlicher Schallwand“ (Wandeinbau); B:
mittig auf typischer Schallwand (25 cm Breite); C:
Differenz zwischen „unendlicher“ und normaler Gehäuse-Schallwand. Hersteller
Messungen werden fast immer auf einer sehr großen Schallwand vorgenommen (z.B.
DIN- oder IEC - Schallwand).
24
2.1 Der Frequenzgang
25
2 Eigenschaften dynamischer Lautsprecher
2.1.2 Interferenzen
26
2.1Der Frequenzgang
27
2 Eigenschaften dynamischer Lautsprecher
Abb. 11 :Der größte Teil des Schalls am Hörplatz kommt nicht direkt vom Lautsprecher,
sondern wurde bereits von Wänden oder Möbeln (mehrfach) reflektiert.
Sowohl sehr laute als auch um weniger als zwei Millisekunden verzögerte
Reflexionen kann das Gehör nicht vom Direktschall unterscheiden, so dass
sich alles zu einem unpräzisen Klanggemisch vermengt.
Da 2 ms einer Laufzeitdifferenz von 70 cm entsprechen, ist es leicht, für
einen ausreichenden Wandabstand zu sorgen, damit tonale Ausgewogenheit
(Frequenzgang), Präzision (Impulsverhalten), sowie Räumlichkeit und
Ortbarkeit nicht hörbar darunter leiden. Diese Phänomene sollten nicht
unterschätzt und als vernachlässigbar abgetan werden.
Doch genug ist nicht genug: Im oberen Frequenzbereich mit seinen kurzen
Wellenlängen erzeugen schon die Kanten der Hochtöner und die der Gehäuse
scheinbar neue, parasitäre (Stör-)Schallquellen, die sich ebenfalls in Form
linearer Verzerrungen Gehör verschaffen. Dagegen sind es im untersten
Frequenzbereich vorwiegend Überlagerungen aufgrund von Vielfach-
Reflexionen bzw. ste-
28
2.1 Der Frequenzgang
Abb. 12: Stehen Lautsprecher zu nahe an den Wänden, so werden Überlagerungen von
lauten und zeitlich nicht ausreichend verzögerten Reflexionen die Wiedergabe
erheblich beeinträchtigen.
29
2 Eigenschaften dynamischer Lautsprecher
Abb. 14: Interferenzen zwischen nebeneinander montierten Mittel- und oder Hoch
tönern fördern lineare Verzerrungen und vermindern den Abstrahlwinkel.
Dass sich Interferenzen bei der Musikwiedergabe nicht vermeiden lassen, ist
zwar ärgerlich, aber kein Grund, die Flinte gleich ins Korn zu werfen. Nur
Kopfhörer sind dagegen gefeit, doch wer will schon Musik ausschließlich über
„Ohrlautsprecher“ genießen? Klanglich lässt es sich durchaus mit
Interferenzen leben, wenn man nur vor den gemeinsten Nervensägen die Tür
verschließt. Dazu ein paar Faustregeln:
30
2.1 Der Frequenzgang
31
2 Eigenschaften dynamischer Lautsprecher
2.2 Phasenverschiebungen
Der Begriff „Phase“ bezieht sich allgemein auf
Zustandsformen. In der Akustik charakterisiert er z. B.
zeitliche Differenzen zwischen Signalen oder Signalteilen,
des Schalls.
Beim Lautsprecher entstehen derartige Zeitunterschiede oder
Phasenverschiebungen bereits beim Einschalten eines Signals und des erst
minimal später darauf folgenden Membranbewegung. In deil Schwingspulen
sowie den Frequenzweichen, die den Tief- und Hochtönern ihre Anteile
zuweisen, treten Zeitverschiebungen zwischen dem Strom und der Spannung
des zugeführten Signals auf. Auch Biegeschwingungen der Membranen drehen
an der Phase Und Beugungseffekte sowie Reflexionen torpedieren den direkten
Schall vom Lautsprecher mit umgeleiteten und daher ebenfalls verzögerten
Schallwellen.
32
2.2 Phasenverschiebungen
33
2 Eigenschaften dynamischer Lautsprecher
34
2.2 Phasenverschiebungen
35
2 Eigenschaften dynamischer Lautsprecher
Links: Abb. 18 Tonburst. Ein „Schwingungspaket“, ein sehr kurzes Signal mit beliebiger
Frequenz, wird dem Lautsprecher zugeführt. Im Idealfall würde es der Lautsprecher
unverändert reproduzieren.
Rechts: Abb. 19 Aufgrund von Resonanzen der Membran und ihrer Bestandteile verfälscht
jeder Lautsprechermehr oder weniger das Eingangssignal, hier den Tonburst. E =
Einschwingen; Ü = Überschwingen beim Einschwingvorgang; A = Ausschwingen.
Das Ein- und Ausschwingen eines Lautsprechers kann man z. B. mit Tonbursts
messen. Dazu benötigt man einen Burst-Generator, der fünf bis zehn
Sinusschwingen einer bestimmten Frequenz erzeugt und sie über einen Verstärker
zum Lautsprecher schickt. Zusätzlich ist ein Mikrofon und ein Speicher-
Oszilloskop oder Messcomputer erforderlich, um die Burst-Wiedergabe des
Lautsprechers sichtbar zu machen.
36
2.3 Das Impulsverhalten
Sind die Bässe zu laut und / oder befinden sich Boxen und
Hörer nahe den Zimmerwänden, wirken tiefe Töne
schwammig und unpräzise. Beugungseffekte und
übermäßige Reflexionen schwächen dagegen die
subjektive Präzision im Hochtonbereich. Auch deshalb
klingen stark bündelnde Hochtöner wie Elektrostaten und
Hornlautsprecher, trotz mäßiger Burstwiedergabe, oft sehr
präzise.
37
Abb. 2:
Tonburstwiedergabe eines
sehr guten Konus-
mitteltöners (Vifa P
13MH) bei 900Hz im
leeren Gehäuse (13cm Ø
20cm lang).
Auch wenn Burstmessungen nicht viel über den Klang im Bass- und
Hochtonbereich aussagen, zwischen rund 200 Hz und 3 kHz können sie sich
als sehr nützlich erweisen. Denn sie helfen, sowohl Stehwellen im Gehäuse
als auch Eigenschwingungen von Teilen einer Membran zu erkennen, zu
beseitigen oder wenigstens zu reduzieren.
38
2.3 Das Impulsverhalten
39
2 Eigenschaften dynamischer Lautsprecher
Diagramm 11: Wie Diagramm 10, aber Gehäuse mit Dämmmaterial gefüllt, das die
Reflexionen im Gehäuse absorbiert. Nur äußerst geringes Nachschwingen nahe 1,5
kHz und oberhalb von 3 kHz erkennbar. Die oberste Messkurve entspricht jeweils dem
Nahfeld-Frequenzgang, die weiteren Messlinien kennzeichnen den Ausschwingvor-
gang.
40
2.3 Das Impulsverhalten
41
2 Eigenschaften dynamischer Lautsprecher
Immerhin geben Verstärker bei der Wiedergabe von Musik kurzfristig das zehn-
bis fünfzigfache ihrer Durchschnittsleistung ab. Elektrisch bzw. thermisch
können Lautsprecher diese Leistungsspitzen durchaus verkraften — ihre
Schwingspulen brennen also nicht gleich durch. Doch mit der Leistung steigen
Temperatur und elektrischer Widerstand, so dass die Schwingspulen weniger
Strom fließen lassen. Je kleiner die Spule ist und je dünner ihr Draht, desto eher
ist mit einer Aufheizung zu rechnen. Als Folge liegt z. B. der Schalldruck eines
Mitteltöners bei zehn Watt Verstärkerleistung lediglich 7 dB oder 8 dB höher
als bei nur einem Watt, dabei sollten es eigentlich 10 dB sein.
An der Dynamikkompression beteiligt sich die Schwingspule noch auf andere
Weise. Denn mit zunehmender Verstärkerleistung wird ihr magnetisches Feld
stärker und bringt das Energiefeld des Dauermagneten durcheinander. Wird eine
Spule mit äußerst vielen Windungen (z. B. 4-Lagen-Spule) mit einem eher
schwachen Dauermagneten kombiniert, ist mit einer sehr hohen
Dynamikkompression zu rechnen.
Leider machen zusätzlich mechanische Faktoren vom Vetorecht gegen zu hohe
Pegel Gebrauch: Die Membranen verformen sich, und / oder Randaufhängung
sowie Zentrierung ziehen die Notbremse. Lineare und nichtlineare
Verzerrungen setzen dabei prompt zum Höhenflug an.
42
2.4 Partialschwingungen und Membranresonanzen
43
2 Eigenschaften dynamischer Lautsprecher
Randaufhängung
Frequenz: f ~ fmax
Auch als überlegen deklarierte Membranen aus Leichtmetall oder aus Spezial-
Kunststoff tendieren zu Extremen: Entweder sind sie steif und resonanzanfällig
oder resonanzarm und träge. Gewöhnliche Papiermembranen, ggf. mit
Kunststoffbeschichtung, ermöglichen nach wie vor einen guten Kompromiss.
Neben dem Material kann aber auch die Membranform helfen,
Partialschwingungen im Zaum zu halten.
44
2.4 Partialschwingungen und Membranresonanzen
Äußerst knifflig ist bei allen Lautsprechern die Verbindungsstelle zwischen der
Membran und der Randaufhängung (Sicke). Sie erfordert bei der Entwicklung von
Tief-, Mittel- und Hochtönern großes Feingefühl und oft eine Menge Zeit. Für ein
gutes Gesamtergebnis verlangt die Verbindungsstelle ebenso viel Aufmerksamkeit
wie die Membran und die Sicke selbst. Bei hohen Frequenzen sind einer
Optimierung allerdings Grenzen gesteckt:
45
2 Eigenschaften dynamischer Lautsprecher
Tabelle 2: Bei der Kreisfrequenz des effektiven Membranradius (fkr) beginnen die
Schallbündelung und oft auch die Partialschwingungen. Ist die Wellenlänge kleiner
als der Membrandurchmesser (f > fmax), werden Frequenzgang, Schallbündelung
und Impulsverhalten für die HiFi-Wiedergabe fast immer unbrauchbar.
wobei c für die Schallgeschwindigkeit steht (34 400 cm / s) und d für den
effektiven Membrandurchmesser in cm. Aber: Um den effektiven Wert zu
erhalten, muss die Hälfte der Randaufhängung zum tatsächlichen
Membrandurchmesser addiert werden, da sie mitschwingt.
Natürlich zeigen sich Partialschwingungen und Membranresonanzen nicht nur
bei Konusmembranen, sondern bei allen Membranen. Sie unterscheiden sich
lediglich in ihrer Stärke und in ihren Auswirkungen. Bei einigen Lautsprechern
sind Partialschwingungen sogar beabsichtigt, nämlich bei „Biegeschwingern“
und „Biegewellenschwingern“, die beide viel Geld kosten, da es beträchtlichen
Aufwand erfordert, ihre Teilschwingungen unter Kontrolle zu halten und ihnen
gute Messwerte und einen wirklich sauberen Klang anzuerziehen.
Typische Partialschwinger sind z. B. Breitband-Lautsprecher, die alle hörbaren
Frequenzen übertragen sollen. Bei vielen von ihnen vibriert ein kleiner Kegel
als Hochton-Resonator im Zentrum der
46
2.5 Der Klirrfaktor
41
2 Eigenschaften dynamischer Lautsprecher
48
2.5 Der Klirrfaktor
Diagramm 15: Frequenzgang (oben) und Klirrverzerrungen (— : K2, ---: K3) eines
nagelneuen, aber offensichtlich defekten 17-cm-Mitteltöners aus Fernost. Vermutlich
waren die schwingenden Teile nicht korrekt verklebt.
Diagramm 16:
Klirrspektrum desselben
Lautsprechers bei 380
Hz und nur einem Watt
Verstärkerleistung.
49
2 Eigenschaften dynamischer Lautsprecher
Diagramm 17: Anderer Frequenzgang und geringere Verzerrungen bei einem zweiten Exemplar
gleichen Typs. Größere Membranauslenkungen (unter 150Hz), Partialschwingungen des
Membranrands (nahe 1,5kHz) und der Membran (ab 2,5 kHz) schlagen sich hier kaum in den
Messungen nieder.
50
2.6 Intermodulations-Verzerrungen
2.6 Intermodulations-Verzerrungen
Dabei steht d für die Verzerrungen (%)‚ H für den Membranhub (cm) und f2 für
die höhere der beiden übertragenen Frequenzen (Hz).
51
2 Eigenschaften dynamischer Lautsprecher
Außer mit FM-Verzerrungen beglücken Lautsprecher nun aber noch mit AM-
Verzerrungen. Amplituden-Modulation wird, wie auch der Klirr, von
Nichtlinearitäten des Antriebs, der Membran und ihrer
52
2.6 Intermodulations-Verzerrungen
a)
b)
Wiedergabe mit Klirr und
Intermodulationsverzerrungen
eines großen Mittelton-Horns.
c)
Wiedergabe mit nichtlinearen
Verzerrungen eines
minderwertigen Konus-
Mitteltöners (20 cm Ø)
53
2 Eigenschaften dynamischer Lautsprecher
v=H. .f
wobei v für die Schnelle (in cm / s), H für den Membranhub (in cm) und f für
die Anzahl der Schwingungen pro Sekunde steht.
v = 1 . 3.14 . 50 = 157 cm / s
v 157 cm / s
T= = = 0,0045 bzw. 0,45 %
c 34400 cm / s
54
2.7 Der Wirkungsgrad
Ein Lautsprecher mit 100 % Wirkungsgrad würde bei nur einem Watt
Eingangsleistung einen mittelgroßen Wohnraum mit 104 dB Schalldruck
auffüllen. Beim üblichen Mess- bzw. Mikrofonabstand von einem Meter
entspricht das einem rundum verteilten Schalldruck von etwa 112 dB. Selbst die
kräftigsten Hornlautsprecher erreichen solche Werte lediglich scheinbar, denn
sie bündeln den Schall wie Scheinwerfer das Licht. Bei einem Wirkungsgrad
von 10 % wären in einem Meter Abstand rund um die Schallquelle immerhin
noch 102 dB zu messen, und bei 1 % Wirkungsgrad wären es noch 92 dB
Schalldruck.
Statt des Wirkungsgrads in Prozent wird bei Lautsprechern zumeist der
Schalldruck in einem Meter Abstand bei einem Watt Verstärkerleistung
(1 W / 1 m) aufgeführt. Oder es wird die Betriebsleistung genannt, die
erforderliche Verstärkerleistung für 90 dB Schalldruck im Abstand von einem
Meter. Tabelle 3 verdeutlicht die Verhältnisse.
Genau genommen gilt der Wirkungsgrad in Prozent allerdings nur für
gleichmäßig rundum abstrahlende Lautsprecher. Außerdem wird bei
Schalldruckangaben in Prospekten und Katalogen gern geschummelt, und die
Messwerte liegen tatsächlich meist um 3 dB, oftmals sogar 6 dB unter den
Katalogdaten. Immerhin bedeutet ein Unterschied von 3 dB, dass der leisere
Lautsprecher doppelt soviel Leistung (Watt) für die gleiche Lautstärke
verschlingt, bei 6 dB ist es schon die vierfache Verstärkerleistung und bei 10 dB
die zehnfache. Da aber selbst preisgünstige HiFi-Verstärker 50 Watt oder mehr
abgeben können, wird ein geringer Wirkungsgrad der Boxen kaum zum
Problem anwachsen. Falsche Angaben erschweren jedoch die Auswahl
zueinander passender Chassis für eine komplette Box.
55
2 Eigenschaften dynamischer Lautsprecher
Tabelle 3
f (3 dB ) 3 • VG
W max = ;%
10 7
Dabei steht f(3dB) für die untere Grenzfrequenz (in Hz), bei der der Schalldruck
bereits um 3 dB gesunken ist, und VG für das Innenvolumen des geschlossenen
Gehäuses in Litern.
56
2.7 Der Wirkungsgrad
Beträgt die untere Grenzfrequenz einer geschlossenen Box (f3dB) 50 Hz und ihr
Nettovolumen 40 Liter, so ergibt sich daraus für den maximalen Wirkungsgrad:
50 • 50 • 50 • 40
W max = % = 0,5 %
10 000 000
51
2 Eigenschaften dynamischer Lautsprecher
Doch alle Theorie ist bekanntlich grau; nur die Praxis malt bunte Bilder. Auch
im Lautsprecherbau treibt es die Praxis manchmal bunt. So muss von dem
ernüchternd geringen errechneten Wirkungsgrad im Bass noch ein Abschlag in
Höhe von bis zu 3 dB gemacht werden - für schwer vermeidbare Verluste in
Gehäusen und Frequenzweichen. Dafür können Partialschwingungen und Reso-
nanzen den Schalldruck im Mitteltonbereich in die Höhe treiben - allerdings nur
zum Preis eines verfärbten Klangs. Selbst billige Hornlautsprecher bieten selten
einen echten Vorteil. Im oberen Mitteltonbereich sind viele von ihnen zwar
penetrant laut, jenseits von 2 bis 4 kHz sinkt ihr Druck aber nicht selten auf das
Niveau kräftiger Kalottenlautsprecher.
Eine gebräuchliche Möglichkeit, mehr Schalldruck zu erzeugen, besteht darin,
zwei gleiche Lautsprecher parallel zu schalten (Pluspol an Pluspol und Minus
an Minus). Dabei halbiert sich die Impedanz, d. h. der Wechselstrom-
Widerstand, während sowohl der mittlere als auch der maximale Schalldruck
um 6 dB ansteigen. Im Bass klappt das nahezu problemlos, bei mittleren und
hohen Tönen mit ihren kurzen Wellenlängen machen Interferenzen die Vorteile
allerdings großenteils wieder zunichte. Doch welche Vorteile überhaupt?
58
2.8 Belastbarkeit und maximale Lautstärke
2.8 Belastbarkeit und maximale Lautstärke
Wie der Wirkungsgrad, so sagt auch die Belastbarkeit eines Lautsprechers
wenig über dessen Klangqualität aus. Beträgt die Nenn- oder Dauer-
Belastbarkeit einer Box 60 Watt, so heiß das nur, dass ihr höhere Leistungen
nicht für Minuten oder gar Stunden zugemutet werden dürfen. Die
Impulsbelastbarkeit nennt dagegen die kurzfristig von einem Lautsprecher
verkraftete Verstärkerleistung.
Clipping ist ein Symptom der Überlastung eines Verstärkers, der dabei
gigantische Gleichspannungssprünge und hochfrequente Verzerrungsprodukte
in die Lautsprecher schickt. Fängt ein 30-Watt-Verstärker an zu clippen, kann er
sogar einer 60-Watt-Box den Garaus machen. Ein 150-Watt-Verstärker dagegen
wird der 60-Watt-Box weniger gefährlich. Denn bei kurzen, aber sauberen
Musikimpulsen vertragen fast alle Lautsprecher weit mehr als das Doppelte
ihrer Nennbelastbarkeit.
Eine 60-Watt-Box darf aber nicht bei jeder Frequenz mit 60 Watt belastetet
werden. Allein der Versuch könnte die Schwingspulen in Sekunden zerstören.
Denn die Belastbarkeit bezieht sich nicht auf Sinustöne oder andere
schmalbandige Signale, sondern auf breitbandiges Rauschen. Nur die Summe
aller Signale des Rauschens kann bei dieser Box bedenkenlos bis zu 60 Watt
betragen. Das Rauschen wird von der Frequenzweiche der Box in mehrere Be-
reiche aufgeteilt, z. B. Tief-, Mittel- und Hochtonbereich. Die einzelnen
Lautsprecher der 60-Watt-Box müssen somit nur einen Bruchteil der
Gesamtleistung verarbeiten können - beim Hochtöner sind das vielleicht bloß 5
Watt. Sind die Anteile des Rauschens gleichmäßig auf jedes Intervall verteilt,
sind also die Signale zwischen 50 Hz und 100 Hz gleichstark vertreten wie die
zwischen 400 und 800 Hz oder 6kHz und 12 kHz, spricht man vom „rosa
Rauschen“. Das Rauschen des UKW-Tuners, „weißes Rauschen“, enthält
dagegen
59
2 Eigenschaften dynamischer Lautsprecher
weit mehr Energie bei hohen Frequenzen und klingt daher heller. Mit rosa
Rauschen lässt sich die Belastbarkeit ermitteln, die die Tief-, Mittel- und
Hochtöner einer Kombination aufweisen sollten. Nur ergibt sich bei der
Musikwiedergabe eine etwas andere Leistungsverteilung. Außerdem sind Pop-
und Rockmusik spektral etwas anders zusammengesetzt als klassische Musik,
der die Kurve B in Diagramm 20 weitgehend entspricht.
Kurve C ist der Leistungsanteil zu entnehmen, den Tief-, Mittel- und Hochtöner
einer Kombination in den meisten Fällen aufnehmen werden. Bei
Übergangsfrequenzen von 600 Hz und 4 kHz entfallen z.B.:
60
2.8 Belastbarkeit und maximale Lautstärke
Statt der Einzelbelastbarkeit eines Lautsprechers wird normalerweise aber nur
die Kombinations-Belastbarkeit angegeben - oft sogar ohne Hinweis auf das
zugrunde liegende Messverfahren. So wird ein 100-Watt-Hochtöner z. B.
Dauertöne von 4 Watt überstehen oder von 8 Watt, wenn nicht sogar 12 Watt -
je nachdem, ob die angegebene Belastbarkeit von 100 Watt mit rosa Rauschen
oder DIN-Rauschen (entspricht dem IEC-Rauschen) ermittelt wurde, und je
nachdem, ob die untere Trennfrequenz bei 3 kHz, 4 kHz oder gar bei 6 kHz lag.
Zwei Faktoren sind für die mechanische Belastbarkeit eines Tieftöners von
Belang. Das sind zum einen die Rückstellkräfte der Zentrierung und der
Randaufhängung. Sie bewirken, dass die Membran genau im Zentrum des
Lautsprechers bleibt, dass sie nur vor- und
61
2 Eigenschaften dynamischer Lautsprecher
Links Abb. 28 a: Misst die Wickelbreite der Spule 1 6 mm und die Höhe des
Luftspalts 8 mm, bereiten Membranauslenkungen von bis zu ± 4mm kaum
Probleme.
Rechts Abbildung 28 b: Bei größeren Amplituden ( 5 mm) verlässt die Schwingspule
jedoch das Magnetfeld im Luftspalt, und der Lautsprecher verzerrt.
62
2.8 Belastbarkeit und maximale Lautstärke
auch als „DC-Offset“ bezeichnete Phänomen wird von einer Unsymmetrie des
permanenten Magnetfelds ausgelöst, wobei es den Elektromagneten, die
Schwingspule, immer zur schwächeren Seite des Permanentmagnetfelds zieht.
Diagramm 20:
Maximaler verzerrungsarm
produzierter Schalldruck
typischer Tieftöner in
geschlossener Box und im
Abstand
Außen-Ø Hub
A:38cm 6mm 92,5(1dB
SPL W / 1 m) 150 Watt
Belastbarkeit
B: 31cm 6mm 90,5dB 90 Watt
C: 26cm 6mm 88,5dB 55 Watt
D: 21 cm 5mm 86,5dB 35 Watt
E: 13 cm 5mm 83,5dB 20 Watt
63
2 Eigenschaften dynamischer Lautsprecher
Schallquelle verdoppelt, nimmt der Schalldruck im Freifeld (draußen) um sechs
Dezibel ab. Bei einem Hörabstand von 4 Metern wären die Lautsprecher
demnach schon 12 dB leiser. Aufgrund der vielen Reflexionen sind es im
Wohnraum aber nur rund 8 dB, die bei dem üblichen Hörabstand von 4 bis 6
Metern abgezogen werden müssen.
Zur Berechnung des Schalldrucks eines Lautsprechers im Tiefbass:
c = 344 (= Schallgeschwindigkeit in m / s)
Strahlungswiderstand: Zs =
3,14³ • 1,18 . 0,1024 . 60² = 0,041
344
akustische Leistung: Pak = 0,041 . 1,28 = 0,052 Watt
64
2.8 Belastbarkeit und maximale Lautstärke
Der höchste Schalldruck, den ein normaler 26-cm-Tieftöner in einer
geschlossenen Box und einem Meter Abstand relativ verzerrungsarm erzeugen
kann, beträgt bei 60 Hz also rund 99 dB. Bringt dieser Tieftöner bei 1 W / 1 m
und 60 Hz bereits 86 dB Schalldruck zustande, erreicht er sein Maximum bei
nur 13 dB mehr Leistung. Dem entsprechen 20 Watt vom Verstärker. Diese 20
Watt markieren die Grenze der mechanische Belastbarkeit des Tieftöners - ganz
gleich, ob seine Schwingspule 100 oder gar 200 Watt verträgt, bevor sie glüht.
Mutet man ihm bei 60 Hz mehr als 20 Watt zu, erhöht sich der Schalldruck
kaum noch - im Gegensatz zu den Verzerrungen.
Mit Exponential- und Bassreflexgehäusen lässt sich das mechanische Limit
jedoch weit verschieben, denn sie produzieren lautere Bässe bei zugleich
verringerten Membranhüben. Darüber hinaus kann der maximale Schalldruck
durch Verdoppelung der Membranfläche um 6 dB erhöht werden. Bei vier
gleichen Tieftönern sind es sogar 12 dB.
65
2 Eigenschaften dynamischer Lautsprecher
Tabelle 5 : Theoretischer Einfluss der zugeführten Leistung auf den Schalldruck
eines Lautsprechers. Als mittlerer Schalldruck (SPL) bei 1 W / 1 m wurden 90 dB
angenommen.
1 Watt SPL+ 0 dB = 90 dB
2 Watt SPL+ 3 dB = 93 dB
3 Watt SPL+ 4,8dB 95 dB
4 Watt SPL+ 6 dB = 96 dB
5 Watt SPL+ 7 dB = 97 dB
6 Watt SPL + 8 dB = 98 dB
8 Watt SPL + 9 dB = 99 dB
10 Watt SPL+ 10 dB = 100dB
15 Watt SPL+ 12 dB = 112dB
20 Watt SPL + 13 dB = 113 dB
30 Watt SPL+ 15 dB = 115dB
50 Watt SPL+ 17 dB = 117dB
100 Watt SPL + 20 dB = 120 dB
66
2.9 Die Impedanz
Da die kräftige Beschallung großer Räume eine Mindestleistung von einem
akustischen Watt erfordert (entspricht 112 dB / 1 m), wird verständlich, warum
sich übliche HiFi-Lautsprecher dafür weniger eignen.
Allerdings bleibt die Impedanz eines Lautsprechers fast nie über den gesamten
Frequenzbereich konstant. Die meisten Exemplare weisen je nach Frequenz
mehr oder weniger hohe Abweichungen vom Nennwert auf. Diagramm 21 (5.
67) veranschaulicht das anhand eines Beispiels.
Ein Maximum im Impedanzverlauf entsteht fast immer bei der Grundresonanz,
wo Lautsprecher besonders heftig schwingen. Dabei erzeugt das magnetische
Feld des Dauermagneten elektrische Spannungen in der Schwingspule, die der
Verstärkerspannung entgegengesetzt sind (elektromagnetische
Gegeninduktion). Die Gegenspannung erhöht die Impedanz im Bereich der
Grundresonanz. Und je kräftiger der Magnet ist, desto höher treibt er den
Widerstand, so dass er bisweilen noch über das Zehnfache der Nennimpedanz
klettert. Folge:
67
2 Eigenschaften dynamischer Lautsprecher
68
2.9 Die Impedanz
Umpolen des Magnetfelds scheinen sich Schwingspulen also zu wehren.
Zwischen dem Maximum bei der Grundresonanz und dem Anstieg zu hohen
Frequenzen zeigen sich oft noch kleine Welligkeiten im Impedanzverlauf. De-
ren Ursachen sind Eigenresonanzen und Partialschwingungen, die sich aber
nicht immer in der Impedanzkurve offenbaren.
69
2 Eigenschaften dynamischer Lautsprecher
70
3. Die verschiedenen
Lautsprecherarten
3.1 Bändchenhochtöner
Das Urprinzip des Bändchenhochtöners ist schon viele Jahrzehnte alt. Anstelle
einer Schwingspule mit angeklebter Membran nutzt diese Art einen leicht
gefalteten Aluminiumstreifen, der gleich beide Funktionen übernimmt. Die
geringe Impedanz des Alustreifens erfordert allerdings einen trafo-ähnlichen
Überträger, und der eher bescheidene Wirkungsgrad legt die Verwendung eines
Trichters vor der Membran nahe.
Kleiner und etwas praxisfreundlicher als ihre Vorfahren sind magnetostatische
bzw. isodynamische Hochtöner, die ebenfalls als Bändchen bezeichnet werden.
Anstelle des Aluminiumstreifens schwingt bei ihnen eine hauchdünne
Kunststofffolie mit leiterbahnähnlicher Schwingspule im Energiefeld eines
starken Permanentmagneten. Einige weisen Magnete mit runder, andere mit
eckiger Bauform auf - falls sie nicht als Stäbchen in direkter Membrannähe
angebracht sind. Magnetostatische Bändchen benötigen weder Überträger noch
schallbündelnde Trichter, doch klingen sie ebenso flink und präzise wie ihre
Ahnen.
Das hohe Auflösungsvermögen und den Detailreichtum verdanken
Bändchenhochtöner in erster Linie der geringen bewegten Masse von weit unter
100 Milligramm. Und superfeines Dämmmaterial, das ihre Membran leicht
berührt, gibt garstigen Eigenresonanzen keine Chance. Das verleitet zu dem
Glauben, Bändchenlautsprecher seien ideale Hochtöner. Aber das stimmt nicht
ganz, da ihre Membranen nur winzigste Hübe ausführen können, ohne hörbar zu
ver-
71
3 Die verschiedenen Lautsprecherarten
zerren. Manche Exemplare sind daher nur oberhalb von 6kHz, andere
frühestens ab 4kHz einsetzbar. Das ist eine große Einschränkung, wenn man
bedenkt, dass es kaum Mitteltöner gibt, die bis 4 kHz oder gar 6 kHz ähnlich
detailverliebt musizieren und klanglich mit Bändchenhochtönern vollendet
harmonieren. Hinzu kommt, dass mit steigender Trennfrequenz auch die
Interferenzprobleme zwischen Mittel- und Hochtönern zunehmen.
Größere Membranen können zwar helfen, die untere Einsatzfrequenz zu
verringern, sie treiben andererseits aber die Preise von Magnetostaten bzw.
Bändchenlautsprechern in geradezu schwindelnde Höhen, da das Magnetfeld
gleichmäßig über die gesamte Membran verteilt werden muss. Außerdem ist
die Schallverteilung großer Membranen bei hohen Frequenzen
unzufriedenstellend. Selbst kleinere, schmale Ausführungen bündeln in
vertikaler Richtung oft wie Hörner, und nur ihr horizontaler Abstrahlwinkel ist
relativ groß und daher unkritisch.
72
3.1 Bändchenhochtöner
73
3 Die verschiedenen Lautsprecherarten
74
3.2 Kalottenlautsprecher
3.2 Kalottenlautsprecher
Abb.30
(1) Membran aus weichem
Kunststoffgewebe (,‚soft
dome“), aus Kunststofffolie
(Polyamid oder Poly-
carbonat), aus Metall
(Aluminium, Titan,
Beryllium) und manchmal
auch aus speziellem
Papiergemisch.
75
3 Die verschiedenen Lautsprecherarten
76
3.2 Kalottenlautsprecher
77
3 Die verschiedenen Lautsprecherarten
Exkurs: Magnetofluide
Seit vielen Jahren wird fleißig versucht, mit Hilfe von Magnetofluiden einen
positiven Einfluss auf die Schwingspulen zumeist von Kalotten auszuüben.
Magnetofluide sind ölige, mit magnetischen Partikeln versehene Flüssigkeiten,
die in den Luftspalt des Permanentmagneten gegossen bzw. gespritzt werden.
Dieses Ölbad wirkt auf die Schwingspule eines Lautsprechers tatsächlich
beruhigend und kühlend, da es unkontrollierte Schwingungen mindert und
Wärme besser als Luft zur Magnetkonstruktion ableitet. Auch dämpft das Fluid
die Grundresonanz und verkleinert das Luftvolumen hinter der
Kalottenmembran. So steigt die Resonanzfrequenz zwar deutlich an, ist aber
weniger ausgeprägt. Gegebenenfalls wird der Polkern des Magneten durchbohrt,
um das Volumen wieder zu vergrößern und die Grundresonanz zu senken.
Magnetofluide unterscheiden sich in ihrer Dickflüssigkeit und in der Zahl der
magnetischen Partikel pro Kubikzentimeter. Werden beide Qualitäten auf den
Lautsprecher abgestimmt, können die Fluids ihn tatsächlich beherrschter und
stimmiger klingen lassen und zugleich seine elektrische bzw. thermische
Belastbarkeit erhöhen.
Doch in der Praxis müssen Chassishersteller zwei Übel bekämpfen:
zum einen den Unwillen der Fluids, sich gleichmäßig im Luftspalt zu verteilen
und auch später nicht wieder zu entweichen, zum zweiten die sich nicht selten
verändernde Konsistenz des magnetischen Öls. In der Praxis hat das weit
reichende Folgen. Eine ungleichmäßige Verteilung erhöht die Gefahr
unkontrollierter Schwingungen, und mancher angeblich flüssigkeitsgekühlte
Hochtöner birgt lediglich einen halben Tropfen des kostspieligen Öls irgendwo
im Luftspalt, während andere gebefreudig die Polplatte baden, statt die erhitzte
Schwingspule. Und selbst wenn Chassis-Hersteller die Verteilung im Luftspalt
ernst nehmen, sind sie gegen das zweite Übel nicht gefeit: Magnetofluide
können teilweise verdunsten, zähflüssiger werden oder gar verharzen. Dann
muss der Luftspalt gereinigt und neu gefüllt werden, doch kaum ein Hersteller
bietet seinen Kunden diesen Service.
Das Verharzen des Fluids führt dazu, dass die Schwingspule mehr oder weniger
festsitzt, so dass der Lautsprecher verzerrt und weni-
78
3.2 Kalottenlautsprecher
ger Schalldruck erzeugt. Dieses Risiko lässt sich anscheinend nicht ein für
allemal ausschalten, auch wenn die Erzeuger regelmäßig beteuern, endlich ein
Mittel entwickelt zu haben, das wirklich problemlos ist.
79
3 Die verschiedenen Lautsprecherarten
3.3 Druckkammer-Hornlautsprecher
Abb. 31:Schematischer
Aufbau eines
Hochtonhorns
A: magnetischer Antrieb
M: Membran
T: Trichter oder Horn
P: Phasenkorrektur Element
D: Druckkammer
80
3.3 Druckkammer-Hornlautsprecher
und bewirkt, dass die Wegstrecken von allen Punkten der Membran bis zum
Trichter annähernd gleich sind. Ungehörige Pegelschwankungen bei hohen
Frequenzen lassen sich dadurch minimieren.
3.3.1 Hochtonhörner
81
3 Die verschiedenen Lautsprecherarten
oberhalb von 6 kHz deshalb kaum lauter spielen als kräftige Kalotten. Zudem
erfordern sie eine Begradigung der Schalldruckkurve per Frequenzweiche.
Sehr kleine Trichter, die weniger bündeln, schaffen auch nur bedingt Abhilfe,
da sie erst ab 5 kHz bis 6 kHz einsetzbar sind. Trotzdem kann sich die
Anschaffung eines Hochtonhorns durchaus rentieren. Denn Akustik-Linsen
vergrößern in der Regel nur den horizontalen Abstrahlwinkel. In vertikaler
Ebene bleibt die Bündelung bestehen, lässt weniger Schall zu Fußboden und
Zimmerdecke gelangen und sorgt auf diese Weise für schwächere Reflexionen
und damit für mehr Wiedergabepräzision.
Überhaupt liegt in der Schallbündelung und ihrer reflexionsmindernden
Wirkung einer der Hauptvorteile von Hornlautsprechern, die oft weitaus
präziser klingen als es die Messergebnisse vermuten lassen. Denn die
Messungen werden von Trichterreflexionen beeinflusst, die sich klanglich
kaum auswirken, im Gegensatz zu den erst später beim Hörer eintreffenden
Hörraumreflexionen. Übliche Messungen erfassen zwar die Reflexionen im
Horn, nicht aber die des Hörraums, sonst hätten Kalottenhochtöner bei
Impulsmessungen zweifellos das Nachsehen.
82
3.3 Druckkammer-Hornlautsprecher
Diagramm 27: A: wie Diagramm 26, jedoch mit Akustiklinse. Ganz nebenbei senken
die Linsen übrigens auch die untere Grenzfrequenz. B: mit Frequenzweiche.
Von Vorteil ist auch die relative Verzerrungsarmut guter Hörner bei hohen
Lautstärken: Sie lassen Töne selbst bei extremen Pegeln mit einer Lässigkeit
und Souveränität sprudeln, die regelrecht „hornkrank“ machen kann. D. h. die
Gewöhnung an Hörner lässt gewöhnliche HiFi-Lautsprecher schlapp und fahl
erscheinen, obwohl sie in der Regel weniger verfärben und die weitaus
größere Stereoperspektive bieten.
Dennoch können Hochtonhörner nicht uneingeschränkt empfohlen werden.
Nicht optimal konstruierte und mit penibler Genauigkeit gefertigte
Hornlautsprecher neigen zu lästigen Verzerrungen und Verfärbungen und sind
oft nur im oberen Mitteltonbereich wirklich laut. Die Katalogdaten sind in
solchen Fällen eher als Zielvorgaben zu betrachten, die in der Praxis leider
verfehlt wurden. Ziemlich viele Hörner gehören in diese Gruppe und sind zur
HiFi-Wiedergabe vollkommen ungeeignet. HiFi-taugliche Hörner kosten
erheblich mehr als gute Kalotten, und sie sind anspruchsvoller, wenn sie
messtechnisch und klanglich auf Tief- und Mitteltöner abgestimmt werden
müssen.
83
3 Die verschiedenen Lautsprecherarten
a)
Starke Bündelung bei Frequenzen, deren
Wellenlänge kleiner ist als der
Horn durchmesser.
b)
Eine ovale oder rechteckige Form verringert die
horizontale Bündelung, wenn die lange Seite
senkrecht steht.
c)
Kleine Hörner (Mundöffnung 3,5 cm) bündeln
nur wenig, können jedoch nicht unterhalb von
5kHz eingesetzt werden.
d)
Auch mit einer akustischen Linse lässt sich der
horizontale Abstrahlwinkel vergrößern.
84
3.3 Druckkammer-Hornlautsprecher
Exkurs: Akustiklinsen
85
3 Die verschiedenen Lautsprecherarten
her, bei welcher Frequenz eine Schallstreuung einsetzt und wie wirksam sie
ist. Linsen mit großer Lamellenlänge und spitzem Öffnungswinkel, wie z. B.
der Schallverteiler von Isophon oder die Monacor AL-250, streuen reichlich
breit (ca. 90° bei Schalldruckabweichungen von 3 dB). Daher sinkt der axiale
Schalldruck mit ihnen um rund 6 dB. Akustik-Linsen mit kleinen Lamellen
und stark abgerundeten Öffnungswinkel (z. B. die Alu-Akustiklinse von Con-
rad Electronic oder die Monacor AL-120) verteilen den Schall weniger groß-
zügig (ca. 50°). Dafür begnügen sie sich mit etwa 3 dB Schalldruckverlust auf
Achse und erfordern bloß eine kleine Schalldruckkorrektur in der Frequenz-
weiche.
Bei linearisiertem Frequenzgang werden Hochtonhörner mit Kalotten-
membran allerdings höchstens 95 dB Schalldruck bei 1W / 1 m in das Mikro
pusten, auch wenn der Werbeprospekt weit über 100 dB vorgaukelt. Doch
selbst 95 dB sind schon mächtig laut.
Auf den vertikalen Abstrahlwinkel nehmen Akustiklinsen übrigens nur gerin-
gen Einfluss. Deshalb sollten Hochtonhörner grundsätzlich auf Ohrhöhe aus-
gerichtet werden, ob mit oder ohne Linse vor dem Horn. Und bei der Montage
ist darauf zu achten, dass die Linsen bündig an den Trichter anschließen. Sie
dürfen nicht verkautet werden, und ihre Höhe (in aller Regel 8 bis 10 cm)
sollte nicht kleiner sein als die Mundöffnung des Horns.
3.3.2 Mitteltonhörner
Keine andere Lautsprecherart wird in Bezug auf Wirkungsgrad bzw. Empfind-
lichkeit (1 W / 1 m) und maximale Lautstärke sorgfältig konstruierte Mittel-
tonhörner übertreffen. In Bezug auf Impulsfreude, Dynamik und Gelassenheit
bei hohen Pegeln kommen sie echten Instrumenten am nächsten, die nur sie in
Originallautstärke wiedergeben können.
Doch diese Fähigkeit hat ihren Preis. Denn Hörner neigen prinzipiell zu Reso-
nanzen, wie man sie von ähnlich geformten Blasinstrumenten kennt. Je nach
Formgebung des Trichters beeinflussen die Resonanzen den Frequenzgang
und das Impulsverhalten. Bei hohen Tönen ist das unkritisch, aber im Mittel-
tonbereich reagiert das Gehör auf Resonanzen sehr empfindlich - insbesondere
bei der Stim-
86
3.3 Druckkammer-Hornlautsprecher
Abb. 35: Aufbau eines Treibers mit Horn für den Mitteltonbereich. Fast alle
Mitteltontreiber sind mit Adaptern an unterschiedliche Hörner schraubbar, um sie den
jeweiligen Anforderungen anpassen zu können.
(1) Exponentialhorn (Trichter) aus Aluminium, Kunststoff oder Holz.
(2) Magnetkapsel aus Eisen.
(3) Magnet (Ferrit- oder Alnicomaterial).
(4) Polplatte aus Stahl. Sie leitet das magnetische Feld zum Luftspalt.
(5) Gehäuse, meist aus Aluminium.
(6) Schalldämpfendes Material.
(7) Randaufhängung, meist aus Kunststoff.
(8) Schwingspulenträger mit Schwingspule.
(9) Membran aus Aluminium, Titan oder mit Kunstharz getränktem Gewebe.
(10) phasenkorrigierende Elemente aus Druckguss. Sie bilden gleichzeitig die
Druckkammer vor der Membran.
87
3 Die verschiedenen Lautsprecherarten
Größe und Form des Horns beeinflussen neben der Klangfarbe und dem
Abstrahlwinkel auch die untere Grenzfrequenz, ab der es seine volle Wirkung
erreicht. Bei rechteckigen Mundöffnungen errechnen sich der akustisch
effektive Umfang (Ueff) und die Grenzfrequenz (f0) zu:
B • H c
U eff = • 2 π ; cm fo = ; Hz
π Ueff
Wobei B für die Breite, H für die Höhe der Mundöffnung (in cm) steht und c
für die Schallgeschwindigkeit (34 400 cm / s).
Eine Öffnung von 30 cm Breite und 9 cm Höhe hat somit nur einen effektiven
Umfang von 58 cm und eine Grenzfrequenz von 590 Hz. Jedoch sollte dieses
Horn erst ab etwa 1000 Hz eingesetzt werden. Denn die Wiedergabe im
Bereich der Grenzfrequenz ist nicht ganz unproblematisch, da sich die
Druckverhältnisse für den Schall schlagartig verändern, sobald er das Horn
verlässt. Der plötzliche Druckabfall wirkt auf die nachfolgenden Schallwellen
im Horn wie eine „negative Wand“, die einen Teil des Schalls reflektiert. Eine
große Schallwand hinter der Hornöffnung mildert diesen Effekt spürbar.
Natürlich bestimmt der Trichter oder das Horn nicht allein den Klang eines
Druckkammer-Mitteltöners. Die eigentliche Schallquelle stellt ja der
Horntreiber dar, d. h. die Magnetkonstruktion mit
88
3.3 Druckkammer-Hornlautsprecher
(1) Schraubgewinde38 mm Ø
(2) Schallöffnung
(3) phasenkorrigierendes Element
(4) Membran
89
3 Die verschiedenen Lautsprecherarten
die Halsöffnung passender Trichter gedreht. Doch muss bei ihnen darauf
geachtet werden, dass die Schallöffnung des Treibers und die Halsöffnung des
Horns denselben Durchmesser aufweisen (19 bis 25 mm), um die
Verzerrungen nicht unnötig zu erhöhen. Allerdings verfügen zahlreiche
Treiber mit Schraubgewinde über eine mäßige Phasenkorrektur und zeigen
daher eine unschöne Senke im Frequenzgang zwischen 4 kHz und 6 kHz.
Was spricht überhaupt für Hornlautsprecher für die HiFi-Wiedergabe? Ihrer
primären Stärke, explosive Pegel erzeugen zu können, stehen ja zumindest im
Mitteltonbereich gewisse Verfärbungen gegenüber, die an ähnlich geformte
Blasinstrumente erinnern. Auch kann eine klangliche Härte hinzukommen, die
aber vorwiegend bei minderwertigen Ausführungen zum echten Problem
anwächst.
Auf der Habenseite steht zum einen ihr absolut überlegener Umgang mit
Dynamiksprüngen. Feinste, sehr kurze Änderungen der Lautstärke sind beim
Einschwingen zahlreicher Musikinstrumente keinesfalls die Ausnahme,
sondern die Regel. Doch eben diese musikalischen Feinheiten unabhängig von
der Lautstärke realistisch und „livehaftig“ zu reproduzieren und nicht zu
verhüllen oder zu
90
3.3 Druckkammer-Hornlautsprecher
Größe und Formgebung eines Horns beeinflussen den Frequenzgang und die Schallbündelung.
Biradial- und Exponential-Horn mit Treiber von JBL
91
3 Die verschiedenen Lautsprecherarten
3.3.3 Ringstrahler-Hochtöner
Abb.37
Auch Ringstrahler setzen auf Druckkammer und Horn zur Maximierung des
Schalldrucks. Nur hat ihre Membran nicht die Form einer Kuppel, sondern die
eines großen flachen Rings, der zur Verwendung äußerst kleiner
Druckkammern verleitet. Bis zu 112 dB bei 1 W / 1 m können gute
Ringstrahler auf Achse hervorbringen. Sie haben daher weitaus mehr Pfeffer
als ihre Kollegen mit Kalottenmembran.
92
3.3 Druckkammer-Hornlautsprecher
Diagramm 30: Schalldruck- und Impedanzverlauf des Ringstrahlers 2405H von JBL
mit schlitzförmiger Hornöffnung(1 W / 1 m).
93
3 Die verschiedenen Lautsprecherarten
Ringstrahler von JBL. Oben links: Biradial-Horn für breite Abstrahlung; rechts:
schalldruckstarkes Expo-Horn für Beschallungsanlagen.
94
3.4 Konuslautsprecher
3.4 Konuslautsprecher
95
3 Die verschiedenen Lautsprecherarten
96
3.4Konuslautsprecher
3.4.1 Die Parameter eines Konus-Lautsprechers
Tabelle 7: Technische Daten des Visaton W 200 S 030
1 Außendurchmesser 23 cm
2 effektive Membranfläche, Sd 211 cm2
3 effektive Kreisfrequenz der Membran, fkr 660 Hz
4 obere Grenzfrequenz, fmax 2,1 kHZ
5 Freiluftresonanzfrequenz, fs 31,5 Hz
6 Compliance der Aufhängung, Cms 0,82 mm / N
7 dynamische Masse, Mms 31 g
8 Äquivalentvolumen, Vas 51 1
9 mechanischer Q-Faktor, Qms 4,72
elektrischer Q-Faktor, Qes 0,52
totaler Q-Faktor, Qts 0,47
10 Gleichstromwiderstand, Re 6,3 Ohm
11 lmpedanz, Z 8 Ohm
12 Schwingspulen-Durchmesser, Dc 38 mm
13 Wickelhöhe der Spule, Hc 12 mm
14 Luftspalthöhe, he 6 mm
15 Luftspaltinduktion, B 1,0 Tesla
(= 10 000 Gauß)
16 magnetischer Fluss, 0,70 Milliweber
(=70 000 Maxwell)
17 Kraftfaktor, BL 8,6 Txm
18 Referenz-Wirkungsgrad, 0 0,3 %
19 Referenz-Schalldruck (1 W / 1 m), SPL0 87 dB
20 elektrische Belastbarkeit 75 Watt
97
3 Die verschiedenen Lautsprecherarten
Zu den technischen Daten von Tabelle 7:
98
3.4 Konuslautsprecher
9) Die Q-Faktoren geben Aufschluss über die Ausprägung bzw. über die
Dämpfung der Grundresonanz und den dort zu erwartenden Schalldruck.
Hohe Werte stehen für eine schwache Resonanzdämpfung, niedrige Werte
für eine starke. Die gesamte oder totale Dämpfung (Qts) setzt sich aus
mechanischen (Qms) und aus elektromagnetischen (Qes) Einflussfaktoren
zusammen.
10)Der Gleichstromwiderstand einer Schwingspule liegt fast immer geringfügig
unter ihrem Wechselstromwiderstand, und er wird zur Berechnung der Q-
Faktoren herangezogen.
11)Nennscheinwiderstand / Impedanz eines Lautsprechers nennen dessen
durchschnittlichen Wechselstromwiderstand, der je nach Frequenz
geringfügig unter-, jedoch erheblich überschritten werden kann. Üblich sind
Lautsprecher mit 4 und 8 Impedanz.
12)Mit dem Spulendurchmesser wächst die elektrische Belastbarkeit eines
Lautsprechers. Zudem wirken Tieftöner mit großen Schwingspulen oft
straffer im Bass und weniger anfällig für lästige Resonanzen im oberen
Übertragungsbereich. Für Mitteltöner sind allerdings kleinere (25mm Ø) und
leichtere Spulen vorzuziehen.
13)Die Differenz zwischen der Wickelhöhe oder -breite einer Spule und der
Luftspalthöhe entscheidet, welche Membranauslenkungen relativ
verzerrungsarm möglich sind. Da mit den Windungen des Kupferdrahts
Verluste, Induktivität und dynamische Masse zunehmen, sind Wickelhöhen
von über 18 mm ungebräuchlich.
14)Luftspalte von HiFi-Tieftönern sind fast immer 6 mm oder 8 mm hoch, je
nach Abmessungen und Stärke des Permanentmagneten. Mit einer Spalthöhe
von 6 mm und einer Wickelhöhe von 12 mm kann der Visaton W 200S z.B.
Amplituden von ± 3 mm ausführen, bevor die Verzerrungen deutlich
ansteigen werden.
15)Die Luftspaltinduktion kennzeichnet die Stärke des Magneten, bzw. die
Dichte der magnetischen Feldlinien nahe der Schwingspule. Werte zwischen
0,9 und 1,2 Tesla (9 000 bis 12 000 Gauß) gelten bei Konuslautsprechern als
durchschnittlich.
16)Multipliziert man die Induktion mit der Luftspaltfläche, erhält man den
magnetischen Fluss, die Dichte der Feldlinien im Spalt. Kleine
Lautsprechermagnete erreichen weniger als 0,3 mWb (Milliweber),
Kraftprotze bringen es auf 3 mWb und mehr. Nach alter Terminologie sind
das 30 000 bzw. 300 000 Maxwell.
99
3 Die verschiedenen Lautsprecherarten
17) Nicht der Permanentmagnet allein treibt die Membran an, sondern die
Wechselwirkung mit dem Elektromagneten, der Schwingspule. Je mehr
Windungen sich im Luftspalt befinden, desto stärker ist der Elektromagnet.
Das Produkt aus der Luftspaltinduktion (B) und der Länge des Spulendrahts
im Spalt (L) ergeben somit den tatsächlichen Kraftfaktor, der auf die
Membran einwirkt.
18) Der Referenzwirkungsgrad gibt an, welcher Anteil der zugeführten
elektrischen Energie vom Lautsprecher in Schallenergie umgewandelt wird.
Tabelle 3 (im Abschnitt 2.7) nennt den entsprechenden Schalldruck.
19) Der Referenzschalldruck eines Lautsprechers ergibt sich aus dem
Referenzwirkungsgrad. Aufgrund von Partialschwingungen,
Schallbündelung und von Membranresonanzen im Mitteltonbereich sind die
errechneten Werte vornehmlich im Bass von Bedeutung.
20) Mit 75 Watt Einzelbelastbarkeit hat der W 200 S genug Potential zur
Erzeugung kräftiger Pegel. In Kombination mit einem Mittel- und einem
Hochtöner beträgt die Belastbarkeit über 100 Watt, und bei kurzen Impulsen
darf es sogar noch weit mehr sein.
Auf den nächsten Seiten folgen nun einige Gleichungen, mit denen sich manche
Parameter aus Hersteller-Daten oder aus Eigenmessungen errechnen lassen.
Wer selbst messen will, sollte nagelneue Konuslautsprecher erst einmal
einspielen, und zwar im uneingebauten Zustand. Entweder ein paar Stunden
lang mit bassreicher Musik oder 30 Minuten lang mit einem Tongenerator (20-
Hz-Signal mit 4 bis 6 Volt Verstärkerspannung). Da warme oder gar heiße
Schwingspulen einen höheren Widerstand aufweisen, müssen sie nach dem
Einspielen erst mal zwei Stunden abkühlen, bevor die Messungen beginnen.
100
3.4 Konuslautsprecher
(2) Effektive Kreisfrequenz:
c
fkr = ; Hz
r • 1,1 • π
c
fkr = ; Hz
r • 1,05 • π
(4) Freiluftresonanzfrequenz:
10³ 159
fs = = ; Hz
2 ⋅ π ⋅ Mms ⋅ Cms Mms ⋅ Cms
wobei für Mms die dynamische Masse in Gramm und für Cms die
Compliance in mm / N einzusetzen ist.
außerdem gilt:
714,3 ⋅ Vas
Cms = ; mm / N
SD ²
wobei für Vas das Äquivalentvolumen in Litern und für Sd die effektive
Membranfläche in cm2 einzusetzen ist.
101
3 Die verschiedenen Lautsprecherarten
(6) Dynamische Masse:
m
Mms = 2
; Gramm
fs
−1
f'
25330
Mms = ;g s. hierzu Gleichung (5)
fs ² ⋅ Cms
(7) Äquivalentvolumen
102
3.4 Konuslautsprecher
(8) Q-Faktoren
Z max
r0 = und Z' = r 0 ⋅ Re ; Ohm
Re
103
3 Die verschiedenen Lautsprecherarten
(9) Magnetischer Fluss:
B ⋅ Dc ⋅ π ⋅ He
Φ= ; Mw
10
(10) Luftspaltvolumen:
Ve = Dc ⋅ π ⋅ Be ⋅ He
(11) Luftspaltenergie:
B² ⋅ Ve ⋅ 10³
W= = B² ⋅ Ve ⋅ 39,8 ; mWs
2³ ⋅ π
(12) Kraftfaktor:
2π ⋅ fs ⋅ Re⋅ Mms
BL = ;T ⋅ m
Qes ⋅ 1000
(13) Referenzwirkungsgrad:
SPL 0 = 98 + 10 log π0 ; dB
104
3.4 Konuslautsprecher
3.4.2 Klangentscheidende Details
Die zuvor aufgeführten Daten bzw. Parameter kommen dem Geheimnis des
Lautsprecherklangs lediglich ein Stück weit auf die Spur und müssen z. B.
durch Schalldruck- und Zeitmessungen im Mitteltonbereich ergänzt werden, um
auch Eigenschaften wie Schallbündelung, Partialschwingungen und
Membranresonanzen zu berücksichtigen. Doch selbst nach Messung des
Klirrfaktors bleiben noch klangrelevante Phänomene, die sich nur schwer
erfassen und beherrschen lassen.
So macht es klanglich durchaus einen Unterschied, ob ein satter Tiefbass von
einem langhubigen 20-cm- oder von einem durchschnittlichen 30-cm-Tieftöner
reproduziert wird. Denn für dieselbe Lautstärke muss die kleinere Membran in
der gleichen Zeit doppelt so große Hübe ausführen. Zwar kann man die
Bremskraft der Zentrierung dafür ausreichend gering halten, und mit
genügender Sorgfalt lassen sich auch Taumelbewegungen und
Klirrverzerrungen in den Griff bekommen. Doch dass ein doppelter Hub
unweigerlich zur Verdoppelung der Membranschnelle führt, wird immer einen
klangrelevanten Unterschied ausmachen. Kleinen Membranen mangelt es daher
nicht unbedingt am Schalldruck, wohl aber an der Gefasstheit und Souveränität,
die die großen lässiger und unverkrampfter musizieren lassen.
Und noch ein paar Aspekte: Schwere und steife Konusmembranen haben sich
im Tieftonbereich eindeutig bewährt. Im Mitteltonbereich jedoch kann eine
hohe dynamische Masse dem rasanten Wechsel der Signale bei der
Musikwiedergabe kaum folgen und wirkt relativ träge. Eine hohe Steifigkeit der
Membran zieht zudem oftmals kräftige Abrissresonanzen nahe der oberen
Grenzfrequenz (fmax) nach sich. Andererseits reagiert eine massearme und daher
dünne Membran empfindlicher auf Gehäusereflexionen, die sie von hinten
attackieren. Und eine höhere innere Dämpfung anstelle maximaler Steifigkeit
drosselt zwar eventuelle Membranresonanzen, doch die so realisierte
Verfärbungsarmut wird zumeist mit einer tendenziell weichgezeichneten und
weniger differenzierten Wiedergabe erkauft.
Während des Schwingens mit fix wechselnden Frequenzen und Amplituden
ändern sich sogar Krümmung und Steifigkeit einer
105
3 Die verschiedenen Lautsprecherarten
Membran geringfügig, was ebenfalls hörbar werden dürfte. Der Physiker Oskar
Heil verglich Lautsprecher-Membranen deshalb mit „singenden Sägen“. Das
sind primitiv wirkende Musikinstrumente, deren Tonhöhe vom Druck abhängt,
der auf einen elastischen Metallstab ausgeübt wird.
Doch nicht nur Material und Geometrie der Membranen, sondern auch die der
Magnetkonstruktion lassen von sich hören. Sie diktieren neben der Feldstärke
im Luftspalt auch deren Linearität, d.h. die mehr oder weniger gleichmäßige
Wirkung rings um den Polkern sowie jenseits des Luftspalts, und das bei allen
Pegeln. So endet das Magnetfeld z. B. nicht haargenau mit dem Luftspalt,
sondern wirkt noch ein wenig darüber hinaus. Erfolgt diese Ausdehnung des
Felds nun nicht symmetrisch, steigen die Klirrverzerrungen ebenso an wie bei
einer harten und unsymmetrisch federnden Zentrierung. Im Idealfall werden
beide Unsymmetrien kompensatorisch aufeinander abgestimmt.
Dazu schwächt die Schwingspule als Elektromagnet auch noch den
Dauermagneten im Takt der Musik und induziert kleine Wirbelströme in der
Magnetkonstruktion. Dieser Effekt hat vertrackte Folgen, denn er bewirkt zwar
nur geringe, dafür aber sehr unschöne Klirrverzerrungen höherer Ordnung. Mit
speziell auf den Magneten abgestimmten Kurzschlussringen um den Polkern
lassen sich Wirbelströme weitgehend kompensieren. Die Hersteller Isophon und
JBL haben sich solche Wirbelstrombremsen patentieren lassen und setzen sie
bei den teureren und hochwertigeren Konuschassis auch ein. Hört man einmal
reine Sinustöne abwechselnd über einen gewöhnlichen und über einen
entsprechend optimierten Konuslautsprecher, mag man kaum glauben, dass
beide tatsächlich aus derselben Tonquelle getränkt wurden.
106
4. Lautsprechergehäuse
101
4 Lautsprechergehäuse
108
4.1 Geschlossene Gehäuse
Vas
fc = fs 0,87 ⋅ 1 + ; Hz
Vg
109
4 Lautsprechergehäuse
53
fc = 31,5 ⋅ 0,87 ⋅ 1 + Hz 49 Hz
30
Ersetzt man fc durch Qtc und fs durch Qts, so erhält man den totalen Q-Faktor
des Lautsprechers im 30-1-Gehäuse:
53
Qtc = 0,47 ⋅ 0,87 ⋅ 1 + 0,73
30
Diagramm 32:
Schalldruckpegel eines
Lautsprechers in
Abhängigkeit von
seinem Q-Faktor(f=
Resonanzfrequenz).
110
4.1 Geschlossene Gehäuse
111
4 Lautsprechergehäuse
Mit einer Verringerung der Masse ließe sich die Mitteltonwiedergabe zwar
optimieren, doch die Tiefbässe würden darunter leiden. Denn die
Grundresonanz würde steigen, der Q-Faktor dagegen sinken.
Diagramm 34: Theoretischer Frequenzgang von zwei gleich großen Tieftönern mit
etwa 57 Hz Einbauresonanz, aber unterschiedlich starkem Antrieb. (Kurve A: Qtc 1,5
und Kurve B: Qtc 0,5).
112
4.1 Geschlossene Gehäuse
Diagramm 35:
Membranbewegung nach
dem Abschalten eines
Signals in Abhängigkeit
vom Q-Faktor.
A: Qtc = 0,3
B: Qtc = 0,7
C: Qtc = 1,2
D: Qtc = 2,2
113
4 Lautsprechergehäuse
D: schwere Membran
(M11,. = 45gr.) und mittel harte
Aufhängung.
114
4.1 Geschlossene Gehäuse
115
4 Lautsprechergehäuse
116
4.2 Bassreflex-Gehäuse
4.2 Bassreflex-Gehäuse
Reflexboxen nutzen den rückwärtigen Schall eines Lautsprechers, statt ihn zu
eliminieren. Da er gegenphasig zu dem frontal abgegebenen Schall ist, muss
die Phase gedreht werden, so dass sich beide Anteile nicht mehr gegenseitig
auslöschen, sondern unterstützen. Über eine genau definierte Öffnung gelangt
der rückwärtige Schall aus der Box.
Zur Phasendrehung oder -verschiebung wird die Hohlraumresonanz des
Gehäuses angeregt. Denn nicht nur schwingfähige Gegenstände, sondern auch
luftgefüllte Hohlräume haben eine Grundresonanz. Bei Hohlräumen heißt sie
Helmholtzresonanz. Eine Veränderung des Volumens oder der
schalldurchlässigen Öffnung verschiebt die Resonanz. Das wird deutlich, wenn
man einmal von der Seite gegen die Öffnung verschiedener leerer, oder
teilweise gefüllter Flaschen bläst: Jedes Mal entsteht ein anderer Ton.
Stimmt man Volumen und Reflexöffnung des Gehäuses sorgfältig auf den
eingebauten Tieftöner ab, hat das Bassreflex-Prinzip mehrere Vorteile zu
bieten. Abbildung 43 soll das veranschaulichen: Die starken Luftschwingungen
im Gehäuse drosseln die Membranbewegungen und damit auch den
Schallanteil der Membran (W1)
111
4 Lautsprechergehäuse
118
4.2 Bassreflex-Gehäuse
Bei einem totalen Q-Faktor (Qtc) über 0,6 sollte die Abstimmfrequenz weit
unter der Einbauresonanz liegen (fB 0,6 fc). Sonst beeinträchtigt eine
Resonanzüberhöhung die Neutralität und Präzision. Auch bei einem Q-Faktor
zwischen 0,5 und 0,6 sollte die Abstimmfrequenz noch etwas unter der
Einbauresonanz liegen (fB 0,7 fc). Nur wenn der Q-Faktor im geschlossenen
Gehäuse (Qtc) deutlich unter 0,5 beträgt, darf fB der Einbauresonanz ganz nahe
rücken, ohne eine störende Resonanzüberhöhung zu riskieren (fB 0,9 . fc).
119
4 Lautsprechergehäuse
Nun aber zur Berechnung von Bassreflextunneln. Für eine gebührende
mechanische Stabilität bei Tiefbässen sollte die Abstimmfrequenz (fB) 50 Hz
möglichst nicht überschreiten. Und die Querschnittsfläche des Tunnels (AF) hat
etwa ein Fünftel der Membranfläche zu betragen, zumindest mehr als ein
Zehntel, sonst werden die Strömungsgeräusche und Reibungsverluste im
Tiefbass zu groß. Stehen Gehäuse-Innen-Volumen (VB) Öffnungsfläche (AF)
und Abstimmfrequenz (fB) fest, ist die erforderliche Länge des Tunnels (l)
gemäß Thiele und Small wie folgt zu errechnen:
c 2 ⋅ AF ⋅ 10 π ⋅ AF 30 000 ⋅ AF π ⋅ AF
l= 2 2
− = 2
− ; cm
4π ⋅ fB ⋅ VB 2 fB ⋅ VB 2
fB = 0,6 ⋅ fc = 42 Hz
Eine geeignete Tunnelöffnung für die 220 cm2 große Membranfläche sollte
mehr als 22 cm2 aufweisen. Ein Tunnel mit 6 cm Innendurchmesser könnte
passen. Probe:
AF = 32 ⋅ π = 9 ⋅ 3,14 ≈ 28 cm 2
Der Tunnel muss demnach 14,3 cm lang sein. In der Praxis ist die Länge des
Reflexrohrs allerdings häufig noch um bis zu 25 % gegenüber den
Berechnungen zu kürzen.
Bassreflex-Öffnungen dürfen natürlich auch rechteckig sein, wobei die
Tunnelwände dann z. B. aus Sperrholz angefertigt werden. Für runde Tunnel
eignen sich Rohre aus Kunststoff oder Pappe, und für sehr geringe Längen (z.
B. 6 cm) können kleine Holzbretter einfach hinter die Schallwand geschraubt
werden. Schallwand- und Holzbrettstärke ergeben nach Aussägen der Öffnung
die vollständige Tunnellänge (beispielsweise 22 mm + 19 mm + 19 mm = 60
mm).
120
4.2 Bassreflex-Gehäuse
AF = Öffnungsfläche
1 = Tunnellänge
TT= Tieftöner
TT
121
4 Lautsprechergehäuse
untere Maximum, so ist das ein Indiz für einen zu langen Tunnel bzw. eine zu
kleine Tunnelfläche. Sieht das untere, niederfrequente Maximum andererseits
wie ein steiler Gipfel aus und das höherfrequente bloß wie ein kleiner Hügel, so
ist die Öffnung meist zu groß bzw. der Tunnel zu kurz.
Die Senke bei der Abstimmfrequenz sollte noch geringfügig unter der
Nennimpedanz des Tieftöners (4 oder 8 Ohm) liegen. Steigt sie dort jedoch über
den Nennwert, zeugt das von Druckverlusten in der Box aufgrund eines Fließ-
oder Strömungswiderstands. Mögliche Ursachen dafür sind undichte Gehäuse
bzw. Membranen oder eine ungünstige Füllung mit Dämmmaterial.
Zur Beruhigung der im Gehäuse herumtollenden Schallwellen können auch
Reflexboxen nicht auf Dämmmaterial verzichten. Jedoch unterdrücken
Mineralwolle, Polyesterwatte und Konsorten auch die Hohlraumresonanz und
damit die tiefe Basswiedergabe. Als Kompromisslösung werden aus diesem
Grund lediglich die Gehäusewände einer Bassreflexbox mit Dämmmaterial
versehen. Zumindest bei Zweiweg-Boxen, deren Tieftöner auch einen Teil der
Mitteltöne wiedergibt, empfiehlt es sich hingegen, das Material ein wenig näher
zur Gehäusemitte hin zu platzieren, weil es dort viel wirksamer ist.
122
4.2 Bassreflex-Gehäuse
123
4 Lautsprechergehäuse
Abb. 46: Bei Bassreflexboxen wird das Dämmmaterial meist an den Gehäusewänden
angebracht, nicht jedoch an der Schallwand.
124
4.3 Bandpass-Gehäuse
4.3 Bandpass-Gehäuse
Bandpass-Gehäuse kombinieren das geschlossene mit dem Bassreflex-Prinzip.
Zwar übertragen solche Konstruktionen kaum mehr als eine Oktave, für
Subwoofer unterhalb von 150 Hz eignen sie sich jedoch sehr gut. Ihr Aufbau ist
sogar recht simpel: Eine Membranseite des
Tieftöners erhält eine geschlossene
Kammer und die andere eine mit
Reflextunnel. Nur über diesen Tunnel
gelangt der Schall nach außen.
125
4 Lautsprechergehäuse
Dieses einst von Elipson in Frankreich entwickelte und patentierte
Gehäuseprinzip entsprang dem Wunsch nach gleicher Federwirkung der Luft
auf beiden Membranseiten. Damit hoffte man, nichtlineare Verzerrungen
reduzieren zu können. Und Verzerrungsarmut sowie Dynamik wurden
tatsächlich die Kennzeichen gelungener Bandpass-Subwoofer. Doch nun rein
ins Vergnügen:
Zunächst darf man sich für eine Gehäusekonstante (s) zwischen 0,5 und 0,7
entscheiden, die für die Bandbreite des Übertragungsbereichs und für den
Wirkungsgrad mitverantwortlich ist. Kleinere Konstanten haben einen zu
geringen Schalldruck, größere eine nur geringe Bandbreite zur Folge. Das
deutet sich bereits in Diagramm 42 bzw. 43 an.
fs
f = ; Hz
Qts
wobei für fs die Freiluftresonanz und für Qts der totale Q-Faktor des
vorgesehenen Tieftöners einzusetzen ist.
VB = 4 ⋅ s 2 ⋅ VAS ⋅ Qts 2 ; l
Dabei steht s für die Gehäusekonstante und VAS für das Äquivalentvolumen des
Tieftöners.
Vor der Ermittlung der Abstimmfrequenz (fB) des Reflextunnels ist nun mit
Hilfe der Diagramme 42 und 43 die angestrebte Schall-
126
4.3 Bandpass-Gehäuse
druckkurve und der damit verbundene Q-Faktor (Qtc) festzulegen. Dann gilt:
Qtc
fB = ⋅ fs ; Hz
Qts
VAS
VG = 2
;l
Qtc
−1
Qts
127
4 Lautsprechergehäuse
ggf. ganz verzichten und sich zur Abkopplung höherer Frequenzen sogar mit
einer einfachen Spule begnügen. Kleiner Wermutstropfen:
Die große Bremskraft des meist kleinen geschlossenen Volumens dieser
Gehäuseart erfordert für hohe Basspegel äußerst stabile Membranen.
4.4 Transmissionline-Gehäuse
Abb. 48: Von der Vorderseite gelangt der Schall (W1 ) direkt in den Hörraum, von der
Rückseite nur über einen Umweg (W2). Sind beide Anteile am Ende gleichphasig, steigt
der Gesamtpegel (W3).
128
4.4 Transmissionline-Gehäuse
Abb. 49: Beträgt die Wegstreckendifferenz eine oder mehrere ganze Wellenlängen, so
sind frontal und rückwärtig erzeugter Schall zwangsläufig gegenphasig und löschen
einander aus.
Nur bei den Frequenzen erhöht sich der Schalldruck, bei denen der Umweg
der halben Wellenlänge (sowie 3/2 , 5/2 , 7/2 usw.) entspricht. Kommt
der Umweg aber einer ganzen Wellenlänge (sowie 2 , 3 , 4 usw.) gleich,
bekämpfen sich frontal und rückwärtig erzeugte Anteile wieder, und es
gelangt nur wenig Schall zum Hörer.
Folglich ist anzunehmen, dass das Transmissionline-Prinzip einen sehr
unausgeglichenen Frequenzgang zur Folge hat. Tatsächlich legt der Schall
von jedem Punkt der Membranrückseite aber nicht die gleiche Wegstrecke
zurück, bis er die Umwegleitung verlässt. Die Wegstrecken können sogar
recht unterschiedlich sein. So beträgt der kürzeste Weg durch das 1,25 m hohe
TL-Gehäuse nach Abb. 50 ca. 1,65 m, der längste rund 2,75 m. Das benötigte
Dämm-
129
4 Lautsprechergehäuse
Material wird die Wegstrecken später auf vielleicht 1,7 m bzw. 2,9 m verlän-
gern. Das entspricht einem Verhältnis von 1 : 1,7 - einer recht vorteilhaften
Relation für Laufzeitleitungen, bei denen auffällige Welligkeiten im Fre-
quenzgang zu vermeiden sind.
Die mittlere Wegstrecke, die der Schall im Gehäuse zurücklegen muss, beträgt
hier rund 2,3 m. Diagramm 44 zeigt den realisierbaren Einfluss auf den Fre-
quenzgang eines Tieftöners. Unterhalb von 37 Hz mindert der unvermeidliche
akustische Kurzschluss den Pegel mit 6 dB pro Oktave, zwischen 37 und 110
Hz ist aber ein Gewinn zu verzeichnen, und darüber zeigen sich kleine Wel-
ligkeiten im Frequenzgang. Bassreflexboxen benötigen für einen vergleichba-
ren Gewinn nur halb so viel Volumen: Ein schwacher Punkt von Transmissi-
onlines.
Natürlich kann man den Umweg kürzer, und damit das Gehäuse kleiner ma-
chen. Wird die mittlere Länge z. B. auf 1,7 m reduziert, verlagert sich der
Schalldruckgewinn nach 50Hz bis 150 Hz. Doch auch dafür beanspruchen Re-
flexboxen weniger Raum. Nicht einmal eine mehrfache, labyrinthartige Fal-
tung der Laufzeitleitung spart Volumen ein. Höchstens eine Verringerung der
Querschnittfläche der Laufzeitleitung hilft die Box zu verkleinern. Nur wächst
dadurch der ungünstige Einfluss von Stehwellen und Reibungsverlusten im
Gehäuse.
130
4.4 Transmissionline-Gehäuse
131
4 Lautsprechergehäuse
Diagramm 45: Frequenzgang (1 W/ 1 m) des Tieftöners SPP 300 von Monacor in der
Transmissionline nach Abb. 50.
132
4.5 Exponential-Gehäuse
Abb. 52:
Orgelpfeifen- oder Röhrenresonator
4.5 Exponential-Gehäuse
Exponential-Gehäuse sind
schallverstärkende Hörner bzw.
Trichterkonstruktionen für übliche Konus-
oder Flachmembranen. Mit ihnen lassen
sich Wirkungsgrad und Dynamik erheblich
steigern und die nichtlinearen Verzerrungen
zugleich verringern. Andererseits sind
Expo-Boxen groß, schwer sowie
umständlich zu berechnen und zu bauen.
Die Fläche ihrer Halsöffnung (AH) sollte 25
bis 50 % der Membranfläche des Treibers
ausmachen. Mit
Abb. 53: Vier Parameter sind für eine Expo-Box charakteristisch: die Halsöffnung
(AH), die Mundöffnung (AM), die Länge (Xmax) und das Öffnungsmaß (k).
133
4 Lautsprechergehäuse
S = Schallquelle
Kugelförmige Abstrahlung Halbkugelförmige Abstrahlung
Aus diesem Grund braucht die Mundfläche (AM) einer auf dem Boden
stehenden Expo-Box nur noch halb so groß zu sein wie die einer frei im Raum
schwebenden. Befindet sich außerdem eine große Wand neben oder hinter dem
Horn, so halbiert sich die erforderliche Fläche ein zweites Mal. Am kleinsten
aber darf die Mundfläche ausfallen, wenn sich dem Fußboden und der
Zimmerwand noch eine weitere Wand hinzugesellt, wenn die Box also in einer
Raumecke steht. Die erforderliche Mundfläche halbiert sich dann zum dritten
Mal.
134
4.5 Exponential-Gehäuse
Wurden für die Mundöffnung zunächst 6,25 m Umfang gefordert, bzw. 2 m
Durchmesser und 314 000 cm2 Öffnungsfläche, so verlangt die Aufstellung des
Horns in einer Raumecke nur noch 3 900 cm2 für AM. Dem entspricht eine
runde Öffnung mit etwa 70 cm Durchmesser oder eine rechteckige von z. B. 68
cm . 57,4 cm - auch das ist schon recht viel.
Nach der Halsfläche AH und der Mundfläche AM kann nun die Horn- oder
Trichterkonstante (k) festgelegt werden. Sie gibt den Faktor vor, mit dem sich
die Querschnittsfläche allmählich erweitern soll;
4⋅π⋅f0 f0
k= =
c 27,3
wobei für f0 die untere Grenzfrequenz der Expo-Box einzusetzen ist. Eine
Grenzfrequenz in Höhe von 55 Hz ergibt somit die Konstante 2. Danach ist die
erforderliche Länge (Xmax) des Horns zu errechnen:
AM
ln
X max = AH ; m
k
Bei einer Halsfläche von 430 cm2, einer Mundfläche von 3 900 cm2 und einer
Trichterkonstante von 2 wird daraus:
3900
ln
X max = 430 = ln 9 = 2,2 = 1,1 m
2 2 2
Nun muss noch die jeweilige Öffnungsfläche ermittelt werden, die das Horn im
definierten Abstand von der Halsöffnung aufzuweisen hat. Im Bassbereich
genügen dafür 10-cm-Schritte. Für die Querschnittsfläche A1 im Abstand x1 (
0,1 m vor der Halsöffnung) gilt:
Für x2, also 0,2 m vor der Halsöffnung, kommt dann heraus:
A 2 = e 2⋅0,2 ⋅ 430 cm² = 1,49 ⋅ 430 cm² = 641 cm ²
135
4 Lautsprechergehäuse
Für jeden beliebigen Abstand x von der Halsöffnung lässt sich somit die
entsprechende Öffnungsfläche ausrechnen. Der gesamte Verlauf der
Exponentialkurve kann anschließend in ein Diagramm gezeichnet werden. Bei
der üblichen Verwendung ebener Holzplatten als Trichterwände werden
allerdings mehr oder weniger vernachlässigbare Abweichungen von der
runden Kurvenform nicht zu verhindern sein.
Diagramm 46 lässt einen Schönheitsfehler des errechneten Trichterverlaufs
erkennen: Die Länge Xmax wird zwar auf der Mittelachse genau erreicht, am
Trichterrand jedoch müssen die Schallwellen einen längeren Weg
zurücklegen. Dieser Schwäche kann man mit einer kleinen Verkürzung (V)
des Hornendes entgegenwirken. Sinnvoll ist die Verkürzung oder Stauchung
auch deshalb, weil die Zimmerwände (Zi) das Horn effektiv vergrößern, was
die Berechnungen nicht berücksichtigten.
136
4.5 Exponential-Gehäuse
Schraffierte Fläche =
Druckkammer
137
4 Lautsprechergehäuse
Damit sind jedoch nicht alle Eigenschaften von Expo-Boxen erfasst. Nicht nur
nach niedrigen, sondern auch nach hohen Frequenzen sind ihnen nämlich
Grenzen gesteckt. Denn um Trichterlängen von weit über 50 cm zu realisieren,
werden die Hörner in aller Regel geknickt oder gefaltet. Dadurch legen die
Schallwellen grundsätzlich verschiedene Wege von der Membran bis zum
Trichtermund zurück. Doch mit abnehmender Wellenlänge bzw. zunehmender
Frequenz wirkt sich die Faltung spürbar auf die linearen Verzerrungen aus. Der
Einsatzbereich von gefalteten Expo-Boxen sollte daher bei 300 bis 500 Hz
enden.
Eine Druckkammer kann dabei helfen, den Schalldruck oberhalb einer
bestimmten Grenzfrequenz von vornherein »abzuwürgen«. Das Luftvolumen
zwischen Membran und Halsöffnung entscheidet über die Höhe der oberen
Grenzfrequenz (fG) einer Druckkammer:
c ⋅ AH 5,47 ⋅ AH
VD = =
2 ⋅ π ⋅ fG ⋅ 10 f0
Mit einer Halsöffnung (AH) von 430 cm2 und einer Grenzfrequenz (fG)von 500
Hz errechnet sich das Druckkammervolumen (VD) zu:
5,47 ⋅ 430
VD = ; l = 4,7 Liter
500
138
4.5 Exponential-Gehäuse
Viertel der Membranfläche, empfiehlt sich für das erste Drittel des Horns
sogar eine recht große Konstante, um die Verzerrungen gering zu halten.
Darauf folgt ein Bereich mit sehr geringer Konstante, während nur das letzte
Drittel den ursprünglich vorgesehenen Wert aufweist. Das berühmte
Klipschorn und diverse Mitteltonhörner setzen auf solche
„Wechselkonstanten“.
- Um störende Reflexionen und Stehwellen im Trichter abzumildern, ist es
sinnvoll, ihn mit einem Holzbrett zu halbieren. Zumindest in den Kurven
oder Knickstellen, wo der Schall die Richtung ändert, ist so eine Teilung bei
mehr als 50 cm hohen bzw. breiten Basshörnern unbedingt zu empfehlen.
(vergl. Abbildung 57/58)
Wie wirkt sich das hier vorgestellte Horn nun aber auf einen Basslautsprecher
aus? Zunächst einmal wird die Druckkammer die Membranamplituden
verringern und damit auch den Wirkungsgrad sowie die nichtlinearen
Verzerrungen. In der Kammer selbst wird hoher Druck aufgebaut, der zu einer
entsprechend hohen Strömungsgeschwindigkeit im anschließenden Hornhals
führt. Die Geschwindigkeitstransformation steigert letztendlich den
Wirkungsgrad. Arbeitet die Membranrückseite jedoch auf ein geschlossenes
Volumen, um einen akustischen Kurzschluss zu verhindern, wird alles noch ein
wenig verwirrender.
Am Beispiel des 38-cm-Tieftöners SPH-390 TC von Monacor soll die Wirkung
des hier berechneten Eckhorns einmal konkretisiert werden. Als Freiluft-
Parameter wurden zunächst einmal gemessen:
fs = 21 Hz; Mms = 115 g; Sd = 850 cm2; VAS = 505 l; Qes = 0,21; Qts = 0,20; BL =
14,2 T . m; Re = 2,8 ; 0 = 2,1 %. Dieser Tieftöner verfügt über eine
Doppelschwingspule (zwei getrennte 8- -Spulen), die sich für die Messungen
in Parallelschaltung befanden. So gesehen handelte es sich beim SPH-390 TC
also um einen 4- -Tieftöner.
Zählt das geschlossene Volumen hinter der Membran 140 Liter, wäre eine
Einbauresonanz (fc) von 42 Hz und ein Q-Faktor (Qtc) von 0,4 zu erwarten
(vergl. Kapitel 4.1 „Geschlossene Gehäuse“). Die hier errechnete Druckkammer
vor der Membran erhöht jedoch die dynamische Masse um 60 Gramm, so dass
fc bei nur 34 Hz liegt und Qtc bei 0,5.
139
4 Lautsprechergehäuse
140
4.5 Exponential-Gehäuse
2 2
Mms 115g
η0' = ⋅ η0 = ⋅ 2,1% = 0,43 ⋅ 2,1% = 0,91%
Mms ' 175g
Der Referenzschalldruck ist damit von 95,3 dB auf 91,6 dB gesunken, doch der
Trichter wird ihn wieder erhöhen. Und zwar um:
AM
P = 20 log ; dB = 20 log 9,1; dB = 9,6 dB
AH
141
4 Lautsprechergehäuse
Diagramm 47: Schalldruck (2,8 V / 1 m) des hier vorgestellten Eckhorns ohne Fre-
quenzgangkorrektur bzw. Frequenzweiche
4.6 Expo-Reflex-Gehäuse
Exponential- und Bassreflex-Prinzip lassen sich gut miteinander kombinieren.
Unterstützt die Reflexöffnung die Bässe unterhalb von 100 Hz und der Trich-
ter nur die darüber liegenden Frequenzen, wird die Box nicht einmal allzu
sperrig. Zumindest dann nicht, wenn die Halsöffnung genauso groß ist wie die
effektive Membranfläche des Tieftöners und wenn die Mundöffnung für die
Aufstel-
142
4.6 Expo-Reflex-Gehäuse
lung des Horns auf dem Boden und an einer Zimmerwand dimensioniert ist.
In diesem Fall muss der Trichter nicht einmal gefaltet werden. Selbst auf eine
Krümmung des Trichters kann verzichtet werden, ohne dass sich eine
nennenswerte Abweichung vom errechneten Verlauf einstellt.
Für Kombinationen aus Reflex- und Exponential-Prinzip eignen sich
vornehmlich Tieftöner mit mittlerer bis schwerer Membran und eher
schwachem Antrieb. Doch ab 400 bis 500 Hz sollte besser ein lauter
Konusmitteltöner die Wiedergabe übernehmen.
Wie Bassreflex- und Exponential-Gehäuse zu berechnen sind, wurde in
vorangegangenen Kapiteln erläutert, so dass an dieser Stelle nur noch die
Konstruktionsdaten einer leicht nachzubauenden Expo-Reflexbox für einen
30-cm-Tieftöner aufgeführt werden:
143
4 Lautsprechergehäuse
Trichterkonstante: k=4
Mundöffnung: AM = 2020 cm2 (Platzierung auf Fußboden an Wand)
Trichterlänge: Xmax = 0,32 m
Nettoinhalt: VB = 70 1 (effektives Volumen der Reflexkammer)
Abstimmfrequenz: fB < 50Hz
4.1 Expo-Transmissionline-Gehäuse
144
4.7 Expo-Transmissionline-Gehäuse
Zur Meidung von Konflikten mit dem akustischen Kurzschluss erfordert das
Transmissionline-Prinzip eine Rohr- bzw. Hornlänge von 2 m oder mehr und
ein Verhältnis von 1 : 1,5 bis 1 : 2 zwischen dem kürzesten und dem längsten
Weg von der Rück- zur Vorderseite der Membran. Das Exponential-Prinzip ist
allerdings noch ein wenig anspruchsvoller: Die Mundöffnung (AM) sollte für
eine untere Grenzfrequenz von etwa 100 Hz ausgelegt sein. Bei Aufstellung
der Box nahe einer Raumecke sind dazu schon 1 200 cm2 ausreichend. Und ab
etwa 200 Hz sollte eine Druckkammer die Wirkung allmählich reduzieren (f0
200 Hz), um keine Hornverfärbungen im Mitteltonbereich
heraufzubeschwören.
145
4 Lautsprechergehäuse
4.8 Gehäuseresonanzen,
Stehwellen und Dämm-Material
Den hörbaren Unterschied zwischen einer hervorragenden und einer
minderwertigen Geige oder Trompete bewirken die schöneren und
angenehmeren Eigenresonanzen des meisterlichen Klangwerkzeugs. Der für
jedes Musikinstrument charakteristische Eigenklang wird von der Form, dem
Material und der Verarbeitung bestimmt. Instrumenten die reizvollsten
Resonanzen in die Wiege zu legen, ist eine große Kunst.
Nicht so bei Lautsprechern. Denn nicht die großartigsten, sondern die
geringsten Eigenklänge zeichnen hochwertige HiFi-Boxen aus.
146
4.8 Gehäuseresonanzen, Stehwellen und Dämm-Material
Sie müssen ja alle nur denkbaren Klänge und Geräusche täuschend echt
nachahmen können. Eigenresonanzen sind dabei nur hinderlich, unerwünscht
und tunlichst zu unterdrücken. Neben Membranen neigen auch Gehäusewände
mehr oder weniger zu Resonanzen, die den Klang beeinträchtigen. Besonders
Schallwände werden von den darauf montierten Chassis heftig zum
Mitschwingen angestachelt und müssen deshalb möglichst resonanzarm sein
und immer beherrscht bleiben.
Mit Hilfe federleichter Beschleunigungsaufnehmer lassen sich
Gehäuseresonanzen messtechnisch erfassen und beseitigen. Doch beachtet man
einige Faustregeln, kann man sich unnötigen Aufwand ersparen. Das Material
selbst (Span-, MDF-, Sperrholzplatte) wird vornehmlich die Tonhöhe der
Resonanzen bestimmen, während die Stärke der Wände auch deren Amplitude
maßgeblich beeinflusst. Zur Verringerung unerwünschter Vibrationen und zu
deren Verteilung auf unterschiedliche Frequenzen sind solide
Versteifungsleisten oder -bretter anzubringen, und zur Vibrationsdämpfung
eignen sich aufgeklebtes Bitumen (,‚Dachpappe“) oder Weichfaserplatten am
besten.
Als recht wirkungsvoll haben sich auch Schaumstoffringe erwiesen, die
zwischen Lautsprecher und Schallwand montiert werden. Sie sitzen in optimaler
Position: an der Kontaktstelle zwischen Chassis und Box. Hier dämpfen sie
nicht nur die unvermeidlichen Resonanzen der Lautsprecherkörbe, sondern auch
die Übertragung aller Vibrationen auf die Schallwand. Denn es ist die
Schallwand, die die anderen Wände zum Mitmachen anregt. Während die
Seitenwände meist verhältnismäßig ruhig bleiben und keine allzu große
Aufmerksamkeit verlangen, gibt sich die Rückwand einer Box wieder kritisch,
denn auch sie schwingt in derselben Richtung wie die Schallwand und die
Membranen. Doch auch als Reflektor, der den Schall wieder zur Membran
zurückschickt, bewirkt die Rückwand eines Gehäuses oftmals
Klangverfärbungen.
Fallen kräftige reflektierte Schallwellen von hinten über eine Membran her, so
wird deren Schwingungsverhalten davon in Mitleidenschaft gezogen: Klarheit
und Präzision lassen erheblich nach. Wirklich dramatisch wird das bei
Frequenzen, deren Wellenlänge genauso bzw. doppelt so groß ist wie der
Abstand zwischen Membran und reflektierender Wand. Denn hier schaukeln
sich die Refle-
147
4 Lautsprechergehäuse
Abbildung 61: Kann sich der Schall endlos ausbreiten, gibt es keine Probleme mit
Reflexionen und stehenden Wellen.
xionen gewaltig auf, und der Schall scheint endlos verharren zu wollen. Man
spricht deshalb auch von stehenden Wellen oder Stehwellen. Eine Membran mit
weitgehend gleichem Abstand zu Gehäusedecke, -seiten, -boden und -rückwand
ist daher bösen Attacken von hinten ausgesetzt.
Stehwellen in Gehäusen treten natürlich nicht nur zwischen Membran und
Rückwand auf, sondern auch zwischen all den anderen Wänden. Am übelsten
sind sie, wenn die Wellenlänge doppelt so groß ist wie der Abstand zwischen
Membran und Reflexionsfläche. Dagegen kann selbst ein Abwinkeln oder -
runden der reflektierenden Fläche kaum etwas ausrichten, wie oft geglaubt wird.
Diagramm 9 und 10 (Kapitel 2.3) verdeutlichen das anhand eines etwa 20 cm
langen, zylinderförmigen Mitteltöner-Gehäuses mit halbkugelförmigem Ende.
Am wirkungsvollsten geht man gegen Stehwellen vor, indem man einer
Konusmembran unterschiedliche Abstände zu den Gehäusewänden einräumt und
die Box zusätzlich mit Dämmmaterial versieht. Nahe der Gehäusemitte sind
solche Materialien wirksamer als an den Wänden, wo zwar der größte Druck der
Luftmoleküle vor-
148
4.8 Gehäuseresonanzen, Stehwellen und Dämm-Material
Links Abb. 62a: Während der Lautsprecher nach W1 eine weitere Schallwelle
produziert, (W2), wird die erste (W1) von der gegenüberliegenden Wand reflek-
tiert (W1‘).
Rechts Abb. 62b: Wieder an der Schallwand angelangt, wird W1 zum zweiten Mal
reflektiert und addiert sich nun zu W3. W3 wird dementsprechendlauter. Wenig
später addiert sich der reflektierte Wellenzug W2’ zum neu produzierten W4.
Dann gelangen die Reflexionen von W3 und W1 wieder zur Schallwand und
addieren sich zu W5. Das geht nun immer so weiter, wobei das ursprüngliche
Signal wesentlich verstärkt wird. Die Welle kann sich nämlich nicht mehr
fortbewegen; sie „steht“.
Abb. 62c:
A1 = Ursprünglich korrekte
Amplitude.
A2 = Tatsächliche Amplitude der
stehenden Welle.
149
4 Lautsprechergehäuse
Rechts Abbildung 64: Unterteilt man die breiten bzw. hohen Öffnungen von Expo-
Boxen, verschieben sich Stehwellen, und ihr Störpotential sinkt.
150
4.9 Frontverkleidungen
4.9 Frontverkleidungen
Diagramm 48: Einfluss von Rahmen und Bespannung auf den Frequenzgang einer
Regalbox. A: ohne, B: mit Frontverkleidung.
151
4 Lautsprechergehäuse
Die Frontbespannung schützt eine Box, indem sie insbesondere Staub und
neugierige Finger von den Chassis fernhält. Das ist auch gut so. Nur muss die
Bespannung, ob aus Metall oder Stoffgewebe, so schallduchlässig wie irgend
möglich sein, um die Wiedergabe nicht unnötig zu beeinträchtigen. Doch selbst
wenn Spezialstoffe aus einem Fachgeschäft Schlimmes verhüten, bleibt ein
minimaler Einfluss bestehen, da selbst 13 mm dünne Bespannrahmen zu Beu-
Mit dem Tacker wird der Bespannstoff auf einem Holzrahmen befestigt. Klettenbänder
halten den Bespannrahmen auf der Schallwandfest.
152
Bauteile für Frequenzweichen. Oben: Glockenkern-Ferritspule (3,9 mH), Luftspulen (3 mH und
0,56 mH). Unten: Widerstände (11 und 5 Watt), Folienkondensator (33 µF) und Elko (68 µF).
154
5. Frequenzweichen
Da ein einzelnes Chassis nicht in allen Tonlagen kompetent und mustergültig
musizieren kann, benötigen HiFi-Boxen wenigstens zwei von ihnen. Der
Tieftöner einer Zweiweg-Kombination zeichnet dann z. B. für die Grundtöne
unter 2 kHz verantwortlich, der Hochtöner für die Obertöne ab 2 kHz. Dreiweg-
Boxen trumpfen noch mit einem zusätzlichen Mitteltöner auf, und Vierweg-
Boxen spalten das gesamte Hörspektrum gar in vier Teilbereiche. Die
Hauptaufgabe einer Frequenzweiche liegt nun darin, die Trennung in mehrere
Bereiche vorzunehmen, so dass dem Tieftöner von vornherein nur tiefe Töne
zugeführt werden und dem Hochtöner nur hohe Töne.
Frequenzweichen nehmen Einfluss auf Frequenzgang, Schallbündelung,
Impulsverhalten, nichtlineare Verzerrungen und Impedanz einer Box und stehen
somit in hoher Verantwortung. Es gibt zahllose Theorien und Konzepte zu ihrer
Optimierung, die ganze Bände füllen könnten. An dieser Stelle werden
stattdessen nur einige wesentliche Grundzüge und Probleme von
Frequenzweichen umrissen, Faustregeln, mit denen man notfalls auch ohne
Messraum und Gerätepark zurecht kommt.
155
5 Frequenzweichen
Diagramm 49: Theoretische Spannungsdämpfung von Filtern erster (1) bis vierter (4)
Ordnung. Die Senke bei der Übernahmefrequenz (hier: fc =1 kHz) zeigt sich später
sich im Schalldruckverlauf der Box, da dieser Bereich ja von zwei Chassis gleichzeitig
wiedergegeben wird.
103 ⋅ Z 160 ⋅ Z
Spuleninduktivität: L= ≈ ; mH
2 ⋅ π ⋅ fc fc
10 6 160 000
Kondensatorkapazität: C= ≈ ; µF
2 ⋅ π ⋅ Z ⋅ fc Z ⋅ fc
Wobei Z für die Impedanz des Lautsprechers und fc für die Trenn- oder
Übergangsfrequenz steht. Millihenry (mH) und Microfarad (µF) sind
Maßeinheiten für handelsübliche Induktivitäten bzw. Kapazitäten.
Für eine Trennung bei 2 kHz und Chassis mit 8 Impedanz muss die Spule
demnach 0,64 mH aufweisen und der Kondensator für den Hochtöner 10 µF.
Für 4- -Lautsprecher wären es 0,32 mH bzw. 20 µF.
Handelsübliche Induktivitäten und Kapazitäten sind indes nach Normreihen
gestaffelt und nicht in beliebigen Werten erhältlich.
156
5.1 Elektrische Filter für Lautsprecher
Normales
Elektrokabel
Zuleitung zum
Verstärker
Statt einer Spule mit 0,64 mH wird man nur eine mit 0,68 mH bekommen, statt
0,32 mH nur 0,33 mH. Dagegen ist 10 µF ein üblicher Standardwert für
Kondensatoren, während man anstelle eines mit 20 µF einen Kondensator mit
22 µF akzeptieren muss. Abweichungen von bis zu 10 % sind noch tolerierbar.
Dafür ist eine andere Hürde zu nehmen:
Weder der Frequenzgang noch der Impedanzverlauf von Tief-, Mittel- und
Hochtönern ist ausreichend linear, um funktionstüchtige Frequenzweichen
derart leicht realisieren zu können. So steigt die Schalldruckkurve eines
Tieftöners aufgrund der Schallbündelung seiner Membran stets zum
Mitteltonbereich hin an, und die Impedanz klettert aufgrund der
Schwingspuleninduktivität mit zunehmender Frequenz immer weiter in die
Höhe. Zur Kompensation dieser Eigenschaften muss die Induktivität vor dem
Basslautsprecher um einiges größer sein als errechnet. Vergleichbares gilt für
157
5 Frequenzweichen
Filter zweiter Ordnung sind praxistauglicher, weil sie mit 12 dB pro Oktave
dämpfen statt mit nur 6 dB. Für eine Butterworth-Charakteristik des Filters mit
-3 dB Schalldruck bei fc gilt:
103 ⋅ Z 225 ⋅ Z
Spuleninduktivität: L= ≈
2 ⋅ π ⋅ fc fc
Tief- und Hochpass bestehen dabei aus je zwei Bauteilen. Ein typisches
Schaltbild zeigt Abbildung 66. Für 4- -Chassis und 3 kHz Trennfrequenz sind
theoretisch Induktivitäten mit 0,3 mH und Kapazitäten mit 9,4 µF erforderlich.
Auch hier muss wieder auf benachbarte Normwerte zurückgegriffen werden:
0,33 mH und 10 µF.
Der zu den Mitteltönen ansteigende Frequenzgang von Tieftönern ist
annäherungsweise durch eine Verdoppelung der errechneten Induktivität
einzuebnen. So werden aus 0,30 mH (Normwert 0,33 mH) für den Tiefpass am
Ende 0,60 mH (Normwert: 0,56 oder 0,68 mH).
158
5.1 Elektrische Filter für Lautsprecher
159
5 Frequenzweichen
Oben: — ohne Weiche, --- mit einfachem Tiefpass (0,33 mH; 10µF)
Unten: — Zielvorgabe, - - - mit modifiziertem Tiefpass (0,68 mH; 15 µF; 1,8 )
160
5.1 Elektrische Filter für Lautsprecher
161
5 Frequenzweichen
3 ⋅103 ⋅ Z 240 ⋅ Z
Tiefpass: L1 = 2
≈ ; mH
2 ⋅ π ⋅ fc fc
103 ⋅ Z 80 ⋅ Z
L2 = 2
≈ ; mH
2 ⋅ π ⋅ fc fc
2 ⋅ 106 212 000
C1 = ≈ ; µF
3 ⋅ π ⋅ fc ⋅ Z fc ⋅ Z
162
5.1Elektrische Filter fürLautsprecher
163
5 Frequenzweichen
Diagramm 51:
A: Axialer Frequenzgang einer 2,5-cm-Hochtonkalotte im Gehäuse
B: Mit kompensierendem Hochpass-Filter von rechnerisch dritter, akustisch aber nur
zweiter Ordnung. Trennfrequenz 3kHz. Oberhalb von 8kHz erhöht die
Wechselwirkung zwischen Kondensatorkapazität und Schwingspuleninduktivität
den Pegel geringfügig.
C: Durchlasskurve bzw. Spannungsdämpfung des Filters
Wer gern mit vielen Bauteilen hantiert, kann natürlich auch eine komplette
Dreiwegbox mit Filtern dritter Ordnung versehen, mit einer aufwendigen
Kombination aus Hoch- und Tiefpass (Bandpass) für den Mitteltöner.
Theoretisch ist der Mitteltöner einer solchen Dreiwegbox umzupolen,
praktisch gelegentlich der Hochtöner oder beide Chassis.
Die in diesem Kapitel dargestellten Faustregeln zur Linearisierung der
Schalldruckkurven von Tief- und Hochtönern setzen voraus, dass die
Lautsprecher nicht zu individuellen bzw. untypischen Anhebungen oder
Senken im Frequenzgang neigen. Tun sie es dennoch, hilft nur eine
messtechnische Anpassung der Weiche.
Doch selbst dann erweisen sich übliche Filter oft als unzulänglich, so dass
spezielle Korrekturschaltungen benötigt werden. Sitzt der Mitteltöner z. B.
mitten auf einer 20 bis 25 cm breiten Schallwand,
164
5.1 Elektrische Filter für Lautsprecher
erhöhen Reflexionen seinen Pegel zwischen 500 Hz und 1,5 kHz. Dazu
gesellen sich häufig noch originelle Eigenresonanzen im Mitteltonbereich.
Zum Ausgleich der Bündelungseffekte von Schallwand und Membran sind
Sperrkreise prädestiniert. Sie bestehen aus Kondensator, Spule und
Widerstand, die vor den Lautsprecher geschaltet werden. Mittels einer
frequenzabhängigen Impedanzerhöhung reduzieren sie die zugeführte
Verstärkerleistung und damit den überschüssigen Schalldruck.
Ein Saugkreis verursacht dagegen eine Art frequenzabhängigen Kurzschluss.
Er liegt parallel zum Lautsprecher und erfordert impe-
165
5 Frequenzweichen
166
5.1 Elektrische Filter für Lautsprecher
Diagramm 52: Ein Sperr- und ein Saugkreis nähern den Frequenzgang eines kleinen
8- -Tieftöners im 20 cm breiten Gehäuse dem Kurven verlauf eines Filters 2.
Ordnung an. Trennfrequenz ca. 3 kHz.
167
5 Frequenzweichen
aber selbst hochwertige Tief-, Mittel- und Hochtöner alle ihre individuelle
Farbe oder Tönung ins Klangbild miteinbringen, lässt eine schroffe akustische
Trennung zwischen ihnen die kompletten Boxen gewöhnlich weniger
harmonisch, homogen und wie aus einem Guss musizieren. Außerdem ist der
Materialaufwand immens, da die Kondensatoren und Spulen im Signalweg,
also in Reihe zum Chassis, hohen Qualitäts-Ansprüchen genügen müssen.
Trotzdem werden Aufbau und Gleichungen hier nicht vorenthalten:
300 ⋅ Z 150 ⋅ Z
L1 = ; mH L2 = ; mH
fc fc
100 ⋅ Z 450 ⋅ Z
L1 = ; mH L2 = ; mH
fc fc
168
5.1 Elektrische Filter für Lautsprecher
Auch hier können die Gleichungen wieder nur als Ausgangsbasis dienen. Denn
wegen ungewollter, schwer kalkulierbarer Wechselwirkungen mit den
Lautsprechern sind am Ende oft ganz andere Bauteile nötig, um einen
verwegenen Gesamt-Frequenzgang sowie verstärkerkritische Impedanzminima
zu vermeiden.
Mit zunehmender Ordnung bzw. Flankensteilheit verschlechtert sich im
Übrigen das Impulsverhalten von Filtern. Gegenüber den Auswirkungen von
Membranresonanzen und Stehwellen im Gehäuse sind aber selbst Linkwitz-
Filter 4. Ordnung diesbezüglich harmlose Waisenknaben.
Dennoch sind die frequenzabhängigen Signalverzögerungen von Filtern nicht zu
vernachlässigen. Sie beeinflussen nämlich den Abstrahlwinkel einer Box in der
Nähe der Übergangsfrequenzen. Befinden sich die Chassis übereinander, so
betrifft das vor allem die Schallverteilung nach oben und unten. Eine
unsymmetrische Verteilung kann durchaus hörbar werden: Wenn mehr Schall
zur Zimmerdecke gelangt als zum Fußboden, scheinen Stimmen und
Instrumente eher über den Boxen zu schweben; richten die Lautsprecher
dagegen deutlich nach unten, lassen kräftige Bodenreflexionen die Musiker
scheinbar unter der Bühne spielen. Leider ist eine gleichmäßige
Schallverteilung nur mit Hilfe exakter Schalldruck-Messungen auf, über, unter
und neben der Hauptachse (etwa zwischen Hoch- und Mitteltöner)
sicherzustellen.
Wer über gute Messmöglichkeiten verfügt, kann die oben beschriebenen
Phänomene selbst beeinflussen, indem er die Filter einer Kombination mit
unterschiedlichen Flankensteilheiten ausstaffiert. Klinkt sich der
Mitteltonbereich ab 3 kHz z. B. mit 9 bis 12 dB pro Oktave aus, muss der
Hochtonzweig Frequenzen unter 3 kHz u. U. mit 15 bis 18 dB pro Oktave
sperren, um eine symmetrische vertikale Schallverteilung der Kombination zu
erzielen. Nur hängt das Ergebnis nicht allein von den Filtern ab, sondern auch
von den jeweiligen Lautsprechern und ihrer Position zueinander. Deshalb
kommt der Anzahl oder der Verschaltung der Bauteile nur wenig Bedeutung zu.
Was zählt, ist der endgültige Schalldruckverlauf der Chassis im vorgesehenen
Gehäuse mit der Frequenzweiche.
Für das Ausmaß der Signal-Verzögerung spielt es praktisch keine Rolle, ob
beispielsweise ein Mitteltöner von sich aus hohe Frequenzen leiser wiedergibt,
oder ob er dazu ein Filter erster,
169
5 Frequenzweichen
1,8 + 2,2 =4
8 +8 = 16
10
170
5.2 Die Auswahl der Bauteile
8⋅8 64
Ω= Ω=4Ω
8+8 16
3 ⋅ 1,4 4,2
mH = mH ≈ 0,95 mH
3 + 1,4 4,4
6,8 ⋅ 10 68
µF = µF ≈ 4 µF
6,8 + 10 16,8
Abb. 78: Beispiele zur Verringerung von Bauteilewerten.
171
5 Frequenzweichen
danz, ist sein Einfluss sogar hörbar. Vor allem Spulen in Serienschaltung zum
Lautsprecher sollten deshalb möglichst weniger als 0,8 Ohm (für 8- -Boxen)
in die Waagschale werfen. Wird eine Spule jedoch parallel zum Mittel- oder
Hochtöner geschaltet, sollte ihr Gleichstromwiderstand sogar rund 10 % der
Lautsprecherimpedanz betragen, damit ungewollte Wechselwirkungen mit
anderen Bauteilen gering bleiben.
Der Gleichstromwiderstand einer Spule ist von der Stärke und Länge ihres
Kupferdrahts abhängig. Um Länge einzusparen, kann man magnetisch
leitende Materialien in Spulennähe platzieren, einen Eisenstab also,
Trafoblech, eine Ferritkapsel oder ähnliches. Dadurch lässt sich die
Induktivität beträchtlich steigern - oder die nötige Drahtlänge und damit der
Gleichstromwiderstand senken. Dabei gibt‘s allerdings einen Haken:
Spulenkerne bzw. -ummantelungen geraten mit ansteigender Stromstärke
früher oder später in die Sättigung und produzieren Verzerrungen. Zumindest
große Induktivitäten (> 3 mH) für hohe Leistungen (> 100 Watt an 8 )
verlangen diesbezüglich Achtsamkeit.
Für 4- -Lautsprecher müssen die Induktivitäten nur halb so groß sein wie die
für 8- -Boxen. Da sie dem Verstärker aber doppelt so hohe Ströme entziehen
wie 8- -Varianten, bleiben die Verzerrungen bei gleicher Verstärkerleistung
auf gleichem Niveau. Mit anderen Worten: Gerät eine 4-mH-Spule bei 100
Watt an 8 Ohm in die Sättigung, beginnt ihre 2-mH-Ausführung bereits ab
100 Watt an 4 Ohm zu verzerren. Außerdem verlangen Vierohmer einen rund
20 % dickeren Kupferdraht, um das gleiche Verhältnis zwischen
Gleichstromwiderstand und Lautsprecherimpedanz zu realisieren, denn mit
der Induktivität halbiert sich nicht zugleich auch der ohmsche Widerstand
einer Spule.
Auch bei Kondensatoren können ohmsche und dazu sogar induktive
Nebenwirkungen auf die frequenzabhängige Spannungsdämpfung und somit
auf die hörbare Qualität Einfluss nehmen. Vor allem Elektrolytkondensatoren
(kurz: Elkos) sind diesbezüglich nicht unproblematisch.
Für Frequenzweichen kommen aber ohnehin nur hochwertige ungepolte
(bipolare) Tonfrequenz-Elkos in Frage, die kaum Verdruss bereiten werden.
Für eine Nennbelastbarkeit von bis zu 150 Watt müssen sie 35 Volt
Wechselspannung (= 35 Vac) aushalten können
172
5.3 Pegelanpassung
bzw. 100 Volt Gleichspannung (= 100 Vdc). Wenn die Elkos jedoch parallel
zum Lautsprecher geschaltet werden, genügen schon 23 Vac, und sie dürfen mit
preisgünstiger rauer Folie gewickelt sein, anstelle von glatter. Nur an der
zulässigen Toleranz von 10 % sollte selbst bei der ansonsten anspruchslosen
Parallelschaltung nicht gerüttelt werden.
Im Hochtonbereich mit seinen recht schnellen Signalwechseln scheinen
Folienkondensatoren den Elkos klanglich überlegen zu sein, wobei die
Ausführungen mit Polypropylenfolie offenbar beste Ergebnisse erzielen. Als
Grund für die Überlegenheit dieses Kondensatortyps gilt die geringe
dielektrische Absorption seiner Polypropylenfolie, die eine nahezu trägheitslose
Reaktion auf plötzliche Signaländerungen ermöglicht. Vor allem Elkos
schneiden diesbezüglich weitaus schlechter ab und scheinen höchste
Frequenzen weniger flink zu verarbeiten.
Wer dagegen aus Preisgründen einen Elko im Signalweg bevorzugt, kann ihn
dadurch aufwerten, dass er einen Folientyp parallel dazu schaltet. Schon fünf
Prozent der Elko-Kapazität reichen für den klanglichen Beistand leistenden
Folienkondensator völlig aus.
An ohmsche Widerstände sind bezüglich erlaubter Abweichungen vom
Nennwert dieselben Anforderungen zu stellen wie an Spulen und
Kondensatoren. Mehr als 10 % Toleranz sind unakzeptabel. Ein weiteres
Kriterium ist ihre Nennbelastbarkeit, bei deren Ausschöpfung sie aber schon
verflixt heiß werden. Doch absorbieren sie in der Regel bloß einen kleinen Teil
der zugeführten Energie, so dass eine Belastbarkeit von fünf bis zehn Watt in
den meisten Fällen schon ausreicht. Sollen sie zur Pegelanpassung sehr lauter
Mittel- und Hochtöner sehr viel überschüssige Leistung verheizen, müssen die
Widerstände natürlich mehr Watt aushalten können.
5.3 Pegelanpassung
Die verschiedenen Chassis einer Box sind selten alle gleich laut. Zieht man von
den Schalldruckangaben des Tieftöners 3 bis 6 Dezibel ab, denn sie beziehen
sich ja fast immer auf den Mittelton, statt auf den geringeren nutzbaren
Basspegel, dann sind die gewähl-
173
5 Frequenzweichen
ten Hoch- und Mitteltöner oft zu laut. Dem kann und muss abgeholfen werden.
Eine flexible Möglichkeit bieten speziell für Lautsprecher vorgesehene
Pegelsteller oder Lautstärkeregler. Sie enthalten zwei variable Widerstände,
von denen einer parallel, der andere seriell zum Lautsprecher liegt. Die
Kombination beider Widerstände sorgt für einen weitgehend gleich bleibenden
und von der Reglerstellung unabhängigen Gesamtwiderstand. Lautsstärkeregler
für 8- -Chassis sind mit unterschiedlichen Belastbarkeiten im Fachhandel
erhältlich, manche sogar mit dB-Skala. Mit Festwiderständen ist die
Pegelreduzierung allerdings preisgünstiger zu realisieren. Tabelle 8 informiert
über die dazu benötigten Werte.
114
5.4 Der Aufbau von Frequenzweichen
115
5 Frequenzweichen
116
6. Wohnraumakustik
Selbst teure Superboxen wirken klanglich oftmals eher enttäuschend. Dazu
müssen sie nicht einmal defekt sein, es genügt schon, dass die akustische
Umgebung nicht stimmt. Denn Lautsprechermembranen haben keinen direkten
Draht zu ihren Hörern und können den Schall nur ungefähr in dessen Richtung
stieben. Der weitaus größte Teil des Schalls gelangt jedoch sonst wohin, wird
zwischen Wänden und Möbeln herumgestoßen, bis es ihm vielleicht doch noch
irgendwann gelingt, ins Hörerohr hineinzukrabbeln. Ob er dort freudig
empfangen wird, hängt auch davon ab, wie gut er nach seiner Odyssee noch ins
erträumte (Klang-)Bild passt.
111
6 Wohnraumakustik
Abb. 81: (1) = Direkter Schall; (2) = Erste Reflexion(en); (3) = Nachhall (später
eintreffende Reflexionen).
Eingespeistes Signal
Im Wohnraum messbares
Signal
178
6.1 Reflexionen im Hörraum
Abb. 83a:
Reflexionen in
einem
Konzertsaal.
Abb. 83b:
Reflexionen in
einem
Wohnraum.
Direkter Reflexionen
Impuls
179
6 Wohnraumakustik
quenter Schallwellen, die zwischen den Wänden hin- und hersausen. Die Flat-
terechos sind leider immer noch voll aktiv, wenn der Lautsprecher längst ande-
re Signale in den Hörraum schickt. Das Resultat ist ein halliger und verwa-
schener Klang, der oftmals zu Unrecht den Boxen angelastet wird. Per Hände-
klatschen an verschiedenen Stellen des Hörraums ist den Flatterechos aber
leicht auf die Spur zu kommen.
180
6.1 Reflexionen im Hörraum
a) b)
schalldämpfendes
Material
abgeschwächte
Zeitlich Reflexion
verzögerte
Reflexion.
Es ist jedoch weder nötig noch ratsam, seinen gesamten Hörraum mit Absorbern
auszukleiden - das hätte nur einen stumpfen und leblosen Klang zur Folge. Denn auch
Diffusoren, d.h. kleinere und ungeordnet reflektierende Flächen von Tischen, Sesseln,
Sofas, Kommoden, Sideboards und vor allem auch von Bücherregalen leisten
hervorragende Dienste, weil sie den Schall in unterschiedliche
181
6 Wohnraumakustik
Ampli-
tude
Zeitunterschied in
Millisekunden
Wegstreckenunterschied
in Metern
182
6.2 Räumliche Wiedergabe
183
6 Wohnraumakustik
Nur schein-
bar vorhan-
dene Box
Direkter Schall
Reflektierter
Schall
Abb. 87: Reflexionen beeinflussen
auch die Ortung.
Zimmerwand
Mehr als 50 cm Abstand zwischen Boxen und Wänden bzw. größeren Möbel-
stücken sind auch deshalb zweckvoll, weil Reflexionen nicht vom Direktschall
unterschieden werden können, wenn sie auf ihn innerhalb von nur zwei Milli-
sekunden folgen (2 ms entsprechen einer Wegstrecke von 70 Zentimetern).
Direkter und reflektierter Schall verschmelzen sonst zu einem zeitlich gestreck-
ten, tonal verfärbten und bestenfalls noch vage ortbaren Gesamtsignal.
184
6.2 Räumliche Wiedergabe
2
3
Abb. 88:
Empfehlenswerte
Position für Hörplatz
und Boxen zur HiFi-
Wiedergabe
Auch der Abstand zwischen den Boxen und dem Hörer ist nicht ganzbelanglos.
Zur Reproduktion von Soloinstrumenten und -sängern sollen die Lautsprecher
eher eng beieinander stehen - für die glaubwürdige Wiedergabe großer Bands
oder Orchester besser weit auseinander. Als günstiger Kompromiss hat sich in
Wohnräumen ein Verhältnis von 2 : 3 bis 2 : 4 für die jeweiligen Abstände
bewährt. Wie wichtig ist es aber überhaupt, all diese Spielregeln zu beachten?
Schließlich hat jeder schon einmal gutklingende Boxen gehört, die weder
optimal aufgestellt waren noch in einem akustisch perfektionierten Raum
standen oder lagen. Doch ist fraglich, ob sie sich für alle Musikgattungen
eigneten und ob vielleicht bestimmte akustische Schwächen des Raums genau
entgegengesetzte Fehler der Lautsprecher aufhoben. Gewiefte Fachhändler
wissen z. B. ein Lied davon zu singen, wie man gute Boxen miserabel und
mäßige Boxen blendend klingen lässt. Und auch sie nutzen dazu oftmals ihre
Kenntnisse der Hörraumakustik. Nur geht es ihnen dabei natürlich seltener um
die objektive Qualität als um verkaufsfördernde Verblüffungseffekte.
185
6 Wohnraumakustik
186
6.3 Bassverstärkung von den Wänden
6.3 Bassverstärkung von den Wänden
Direkter
Wellenzu
g
Reflektierter
Wellenzug
Massive Wand
Unterhalb von 200 Hz bis 400 Hz verteilen dynamische Tieftöner den Schall
kugelförmig in alle Richtungen. Steht eine Box auf dem Boden, werden
tieffrequente Schallwellen reflektiert, und ihr Pegel steigt an. Da die
Reflexionen dem direkten Schall allerdings nacheilen, ist ihre Phasenlage
niemals völlig gleich. In einem bestimmten Frequenzbereich ist sogar mit
einer Gegenphasigkeit und Verringerung des Gesamtpegels zu rechnen.
Diagramm 53 macht die bassverstärkende Wirkung einer großen Wand
einigermaßen kalkulierbar.
Beispiel: Das Zentrum (Staubschutzkalotte) einer Tieftönermembran befindet
sich 34,4 cm über dem Fußboden, so dass fx eine ebenso große Wellenlänge
aufweist. Teilt man nun die Schallgeschwindigkeit in der Luft (344 000
cm / s) durch diese Wellenlänge, ergibt sich daraus für fx die Frequenz 1000
Hz. Gemäß Diagramm 53 wird die Bodenreflexion eine kleine Senke im
Frequenzgang zwischen 300 Hz und 450 Hz hervorrufen und unterhalb von
250 Hz eine Anhebung.
Dieser Effekt lässt sich steigern, indem die Bassmembran denselben Abstand
zu einer Zimmerwand erhält: die Senke ist dann -3 dB tief, die Anhebung
rund +6 dB hoch. Die höchste Wirkung kann man jedoch erzielen, wenn eine
dritte große Reflexionsfläche hinzukommt, wenn also die Box in eine Ecke
gestellt wird. Bei jeweils gleichem Abstand bewirkt das eine
Leistungssteigerung wie in Diagramm 54.
187
6 Wohnraumakustik
Diagramm 53 (nach R. F.
Allison): Einfluss einer gro-
ßen Wand auf die
Schallleistung einer Box. Die
Wellenlänge von entspricht
dem Abstand zwischen Bass-
lautsprecher und Zimmer-
wand (bzw. Fußboden).