Uwe-Karsten Plisch
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Mon Jul 30 11:51:03 2007
DIE PERIKOPEN UBER JOHANNES DEN TAUFER IN
(CODEX SCH0YEN)
von
UWE-KARSTEY PLISCH
Berlin
0. Der Text
' Ein Ausschnitt dieses Beitrages wurde auf dem Seventh International Congress of
Coptic Studies, Leiden, 27. August - 2. September 2000, als Vortrag gehalten.
Der Text des Matthäus-Evangeliums im Codex Schayen wird gegenwärtig von
Hans-Martin Schenke zur Edition vorbereitet. Eine erste Einführung in den Text hat
er außerdem in einem Aufsatz für Enchona gegeben (erscheint voraussichtlich 2000).
' H.-M. Schenke, Das Matthäusmangelium im mittelagptischen Dialekt des Koptischen (Codex
Sclzeide) ( T U 127; Berlin: Akademie 1981).
hlt im Codex Schmyen an einer iiberschaubaren Anzahl von Perikopen. Daß für diese
Demonstration die Perikopen gewahlt wurden, die in irgendeiner h'eise mit Johannes
dem Taufer zu tun haben, hangt mit meinem aktuelien Interesse an der Gestalt des
Taufers zusammen. Der zweite Aspekt dieses Aufsatzes ist daher die Eigenart des
Tauferbildes im hlt-Text des Codex Schayen.
370 LWE-KARSTEN PLISCH
.14
. [ T O T H ~ A Y Y ]üJAPAY N X H M M A B H T H C N T H
I U e A N [ N H C Jl€X€]Y N€Y G€ €TB€ O Y A N A N M€N
N€$[&plCAlOC T € N ] N H C T € Y H N€KMA&HTHC N T A Y
N [ C € N H C T € Y H ] € N 15 J l [ € X € IHCN&]Oy X € NN€Y
NYH WH MJlNYM]$WN [ N N € Y N € ] y€PeH0 H eOCON
[JtNyMC@lO]C €YN[€MM€OY] € Y € J N X H g € N ' e r A O y ( -
NyM]$lOC [ -
14 P a kamen] zu ihm die Jünger von Johannes (und) sie [sagten] zu
ihm: Warum fasten wir und die [Pharisäer] (und) deine Jünger [fas-
ten] nicht? 13 Wesus sagte zu] ihnen: Die Kinder [des Brautlgemachs
können nicht trauern, solange [der Bräutigam bei ihnen ist]. Tage wer-
den kommen [-] Bräutigam [-]
!' Text (hier wie auch sonst) nacli Schenke, s. Anm. 5. Das supralineare Punktsystem
der koptisclien Handsclirift wurde aus drucktechnisclien Grunden und weil Sprache und
Schiift des Textzeugen hier nicht naher untersuclit werden. unherucksichtigt gelassen.
"' \'gl. aher hlt 21:Z.
Eberlieferung insgesamt." Die Wendung oi 6E paeq.sai oou in Vers
14 übersetzt mae2I2 mit NCKMABHTHC N T A Y . Vers 15 beginnt
in mae2 wie im Codex Scheide ohne Aquivalent zu ~ a i Mit . der
Verwendung des negativen energetischen Futurs zeigt der koptische
Ubersetzer, daß er seine Vorlage offensichtlich nicht als Frage, son-
dern als Aussage verstanden hat - man kann also immerhin fragen,
ob seine Vorlage nicht auch tatsächlich 06 66vav.sa~(und nicht: pq
66vav.sai) gelautet haben könnte. Einen griechischen Zeugen für eine
solclle Lesart gibt es freilich nicht. NüJHPH MJlNYMd$tlN ent-
spricht dem griechischen Text (oi uioi .so< vup<povo~).
Damit steht mae2
wiederum gegen den mittelägyptischen Text des Codex Scheide (dort:
NüJHPE MJlATUJEhHT) sowie gegen die bohairische und Teile
der sahidischen Uberlieferung, die jeweils die varia lectio oi uioi .so<
vupqiou uiedergeben.'"benfalls gegen den größten Teil der gesam-
ten koptischen Uberlieferung einscl~ließlicl~ m ael bezeugt mae2 die
Lesung des griechischen Textes nev0eiv (= € P e H B H ) anstelle der
varia lectio vqo~e6eiv.
diese näher bestimmt würden. Der Kontext (Kap. 10) wie der abso-
lute Gebrauch des Jüngerbegnffs legen freilich nahe, daß hier noch
von den Jesusjüngern die Rede ist und noch nicht von den Jüngern
des Johannes." Am Ende von Vers 1 fehlt ein Aquivalent für mp6ooeiv
im griechischen Text. Der Akzent liegt nun ganz auf dem Lhren (6i6ao-
~ e i v= .fCfiW) Jesu, das nach unserem neuen mittelägyptischen Zeugen
nicht in ihren Städten (Ev ~ a i z6heoiv
< a6t6v), sondern in ihren $nagogen
stattfindet (vgl. Mt 4:23, wo die entsprechende griechische Wendung
Ev t a i ~ouvayoyaic a6tGv erscheint). Ein verstärkt jüdisches Kolorit
läßt sich - wie hier - auch sonst im Mt-Text des Codex Schayen be-
obachten.15 In Vers 2 finden wir keine koptische Entsprechung für T&
'+ \lläre hier schon auf die Junger des Johannes abgehoben, wäre immerhin deut-
licher, wie Johannes im Gefangnis (Vers 2) von Jesu Wirken erfahren hat (vgl. Lk 7:18).
Der befehlende Jesus erwiese sich so auch als Herr uber die Johannesjunger. Bezuglich
der unklaren (verunklarten?) Zugehörigkeit von Jüngern läßt sich auch A l t 14:12 mae2
zum \-ergleich heranziehen, wo die Jünger den Leichnam des Johannes nehmen und
anschließend Jesus Bericht erstatten.
" Jesus als Lehrer (FiFao~aho</paßßi) ist ohnehin typisch fur hlt.
DER NEUENTDECKTE MITTELÄGYPTISCHE MATTHÄUS 373
Epyu TOG Xp~o~oU,'6 so daß der Eindruck des (in ihren Synagogen)
ausschließlich lehrenden Jesus' sich weiter verstärkt. Vers 3 beginnt
unmittelbar mit der Frage des Johannes, ohne vorhergehende Ent-
sprechung zu ~ ? n e vUUT@.Der koptische \Yortlaut der Frage entspricht
der des griechischen Textes, die Frage selbst erscheint allerdings, vor
allem wegen der in Vers 2 nicht erwähnten Werke des Christus, nun
schlechter motiviert." In Vers 4 entspricht die Reihenfolge von sehen
und hören der lukanischen Parallele (Lk 7:22). Ebenso entspricht das
Tempus (Koptisch: Perfekt) dem lukanischen Aorist (gegenüber dem
Präsens des griechischen Mt-Textes). Damit deckt sich der mittelägyp-
tische Zeuge des Codex Schoyen hinsichtlich Reihenfolge und Tempus
mit der bohairischen Uberlieferung des Mt, während die sahidische
wie auch die mittelägyptische Uberlieferung des Codex Scheide dem
griechischen Mt-Text entsprechen. Das Ende von Vers 5, griechisch
rc~w~oi ~.jayyeÄicov~ai,wird in mae2 mit N l e H [KH CEIKHPYCCH
N A Y wiedergegeben. ~.jan~Äicoyai, das im pechischen Mt-Text nur
an dieser Steile erscheint, ist hier in der koptischen Ubersetzung mögli-
cherweise durch ein geläufigeres griechisches Lehnwort ersetzt worden.
Denkbar ist aber natiirlich auch, daß der koptische Ubersetzer q p u o o ~ i v
bereits in seiner pechischen Vorlage gefunden hat.18
l 6 Einzelne griechische Zeugen (D, 0233, 1424) lesen 'IqooG statt XpioroG, Zeugen
ohne die gesamte Wendung bietet der Apparat von NA" jedoch nicht. (Einen absolu-
ten Gebrauch von der Chlijtuj - ohne Jesus - gibt es vor dieser Stelle in Mt nur ein-
mal, in Mt 1:27). Von besonderem Interesse ist hier vielleicht die Minuskel 1424, in
der es 10 explizite Verweise auf Lesarten des 'IouFuYK~v, der judenchristlichen Variante
des hlatthäusevangeliums [gewöhnlich mit dem Nazaräerevangelium identifiziert, vgl.
W. Schneemelcher, Neutestamentliche Apokyphen I (Tubingen: Mohr-Siebeck, 997) 126-
127, 1341 gibt.
"
I' Wenn es richtig ist, daß der gescliichtliche Johannes mit dem Kommenden Gott
selbst verkündigt hat, ist die Frage im Munde des geschichtlichen Johannes sclilicht-
weg unvorstellbar.
Iin Lk, dessen griechischer Text E ~ C Z Y ) ' E ~ ~ < Oweitaus
~U~ häufiger, insgesamt zehn
Mal, bietet, wird in der sahidischen Uberlieferung das Verb sieben Mal mit €)'AC-
C € A l 3 € wiedergegeben, drei Mal mit TdUJ€O€IUJ (TdüJ€O€Iy ist wiederum
ein geläufiges Aquivalent für KIlp600~1~); mael bietet hlt 11:5 € Y d C C € A I 3 € . Die
zweite Annahme, daß also ~ ~ p b o o e ibereits
v in der griechischen Vorlage von mae2
gestanden habe, scheint mir etwas wahrscheinlicher zu sein.
''Im Codex Sclioyen ist Mt l l:7a ein selbstandiger Hauptsatz, der inhaltlich (und
374 UWE-KARSTEN PLISCH
7 N T A Y A € ~ A Y C L J € N € T I [HC e A y ] A p X € C e A l
€[C€]XH N O Y € JiMHüJ€ €TBH I W ~ A N N XH € C
~ A T € T [ N ] I€ B A I €T€PHMOC € N € Y €OY €N€OY €YK€üJ
€P€TITHOY KIM MMAY 8 X € N A ~ A T € T N I€ B A I
€N[€OY] €YPWMH € O Y € N ~ E N ~ AE IY T X HHN e N TIHI
NNIEPOYI 9 X € N ~ A T € N €I B A I € N € Y € Y T I p O g H T H C
€ 2 1 TI€eO [uA € Y ] T I p O g H T H C Y < e > € M ~ ~ I 10M €TB€E
TI€I C e H O Y T [. . . (Anfang der nächsten Seite zerstört bis Mitte
Vers 1 1 ) . . . TIBATITICTHC T I J K O ~ IA € € p A y O y N + [ X
€ P A 9 TI€ e € N ] T M N T E P A NMTIH 12 X]!N N A e A Y h€
N T € I W [ ~ & N N H CTIBAJlTIC]THC ü J A [ e ] O y N € T € N O Y
C X H O Y [ N X A N C N X H ] T M N T E P A NMJlH' A y W
e € N P € q [ X I N ] + w C [ C]€TWPTI MMAC 13 TINOMOC M€[N
.Nl.W€ e] AJ Nl P[ NO Hg ]HC [ T14H €Cü]J Xe €A Y[T€TN]OY€üJLiJAv
J l P O [ $ ] H T € Y O Y H üJA
€PWTN
e H I l + [ C TI€T]NNHOY- F€15 n € T € ] O Y N T Y [M]€ZiH
ECWTM MAp€cj[CW]TM 16 A I N H ~ N T WN
T€]IL'€N€A
€NlM : A Y ~ ' N H N ~ € N K [ O Y ~N]I O Y ' h A O Y [ H € Y e A ] A C
M n m n 21 - r a r O p a eyoy [ € B A I ~ o y n e e y ~ p l1 7
€ y X W A M A C X € e A N X [ W MTIETNXACXC eANP]!MH
MnETNNHeHTI 18 [ e A ] y l üJ[A]Q [WTN N X H I O ~ A ] N N H C
€M€yCW €M€yOYOM J i € [ X € y X € O Y A A l M I O N n € T -
N€MM€y 19 e A y l A N N [ X H TIüJHPH MTIPWIMH
e y o y o ~myo eyco nezrey [XE o y p ~ y o y ~ ~ ]
O < Y > Q € [yC]W TI€ +y(W] yA N ~ B €NIK[€T€IWNHC] H ~
M € N N [ I P € ] Y € [ P N ] + B H e A T C O $ I A TMA[IA € B A I
e l T A ] T O y N[N€CüJHPH]
7 Sie aber entfernten sich. [Jesus] begann, gegenüber der Menge über
Johannes zu reden. "Ihr seid hinausgekommen in die Wüste, um was
zu sehen? Um ein Rohr zu sehen, das der JYind bewegt? 8 Oder seid
ihr hinausgekommen, um einen Menschen zu [sehen], der mit wei-
chen Kleidern bekleidet ist? Siehe, die mit den weichen Kleidern sind
in dem Haus der Könige. 9 Oder seid ihr hinausgekommen, um einen
syntaktisch) den natürlichen Abschluß der vorhergehenden Perikope bildet. Dagegen ist
Mt 11:7a im griechischen Text eine Partizipialkonstmktion (Genetivus absolutus), die
sich vom nachfolgenden Satz nicht loslösen laßt.
Propheten zu sehen? Ja, mehr [als ein] Prophet ist hier. 10 Seinetwegen
steht geschrieben [. . . (Anfang der nächsten Seite zerstört bis Mitte
Vers 11) . . . der Täufer. Der] aber kleiner ist als er, [ist] größer [als
er im Königreich der Himmel]. 12 Seit den Tagen aber von Johannes
[dem Täufer] bis jetzt erleidet das Königreich der Himmel [Gewalt],
und Gewalttäter rauben es. 13 Das Gesetz und [die] Propheten haben
prophezeit bis Johannes. 14 Wenn [ihr] es bei euch aufnehmen wollt:
[Er ist] Elia, [der] Kommende. 15 [Wer] Ohren hat zu hören, soll
hören! 16 Mit wem soll ich dieses Geschlecht [vergleichen]? Sie glei-
chen kleinen Kindern, [die] draußen auf dem Marktplatz [sitzen, ihren
Genossen] zuschreien 17 und sagen: "MTir haben gesungen [und ihr
habt nicht getanzt]; [wir haben] geweint und ihr habt nicht getrauert."
18 Johannes kam [zu euch] und trank und aß nicht - [sie sprachen:
"Ein Dämon] ist es, der bei ihm ist." 19 Auch [der Menschensohn]
aber kam und er aß und trank - sie sprachen[: "Ein Fresser], ein
Säufer ist er. p n d ] er ist auch ein Freund der [Zöllner] und der
Sünder." Die Weisheit wurde gerechtfertigt durch [ihre Kinder (?)I.
Da die Grundbedeutung von ~ahaic6<weich ist und T & Pahaic& für sich
weiche Kleider bedeutet, ist es meines Erachtens nicht zwingend notwen-
dig, die IYendung %€N%&ITH € Y X H N in Vers 8 (die sich so
im Prinzip in allen koptischen Mt-Cbersetzungen findet) als Uberset-
zung einer lukanisch beeinflußten vana lectio (Ev pahaicoi< i p a ~ i o i ~ ,
vgl. Lk 7:25) zu interpretieren, wie das der Apparat von NA" mit den
bisher bekannten koptischen Ubersetzungen tut. QENQAITH EYXHN
kann ebensogut die Ubersetzung von bloßem yahaicoi< sein, da sich
paha~oi<schwerlich wortwörtlich im Sinne von weiche Reider ins Kopti-
sche übersetzen läßt. Singulär in der gesamten Textüberlieferung des
Matthäusevangeliums ist die Wiedergabe von Ev ~ o i < olicoi< mit dem
Singular 2 N T I H ~Hier
. liegt vielleicht nur ein koptischer Schreibfehler
\~or.~ODas Ende von Vers 9: Y<e>€M TIEIME entspricht einem
griechischen &SE, wofür es weder im Text noch im Apparat von NA2'
eine Entsprechung gibt. Analoge Satzmuster mit &SE beziehungsweise
MTI€IM€ finden sich aber sehr wohl im Matthäusevangelium, zum
Beispiel zweimal in der Perikope über das Zeichen des Jona (Mt 12:41-
42). Es scheint überhaupt ein typischer Zug dieser Mt-Version zu sein,
Luther: der aber der Kleinste ist im Himmelreich, ist größer als er.
NRSV: yet the least in the kingdom of heaven is greater than he.
? ' Die bohairische Cbersetzung ahmt die griechische \$Tortstellung nach und plaziert
" Es sei denn, man versteht Mt 11: 1 l a als versteckte Anspielung auf die Jungfrauen-
geburt, das ist aber kaum wahrscheinlich.
'' Dibelius, "Worte" 190-191. Dann in der Sache auch bei \Y. ßousset, Kjlios Clz~iths.
uon den Anfingen des Chrictenturns bis Irenaus ( F R M T NF 1);
Geschiclite des Chiistu~~laubens
Göttingen: Vandenhoeck [19 131 ' I 92 1, 43.
?" Vgl. \Y. Trilling, .4rt. apn&<w; ElZrNT I 377.
" Fur eine solche varia lectio unter Einfluß der Lukas-Parallele gibt es im Apparat
von NA" keine Einträge.
378 UWE-KARSTEN
PLISCH
sie erklärt erstens nicht, was Kinder denn auf dem Markt zu suchen
haben und sie impliziert zweitens Spannungen zu Vers 17, denn die
dort zitierte Wendung ist im Munde von Kindern und an andere
Kinder gerichtet nahezu sinnlos, und sie impliziert drittens Spannungen
von Vers 16-1 7 zu den in 18-19 folgenden Aussagen über Johannes
und Jesus, weshalb sich die moderne Exegese Lielfach mit der Annahme
helfen muß, daß 16 und 17 einerseits sowie 18 und 19 andererseits
. ~ ~Vers 17 geht mae2 in der
ursprünglich nicht z ~ s a m m e n g e h ö r e n In
Ubersetzung von i0pqvfioccpev mit 2ANPIMH mit der bohairischen
Uberlieferung konform - gegen mael und sa (2ANTAEIT bezie-
hungsweise ANTOEIT). Die BevorzuLpng 17on PIMH gegenüber
TA€IT ist wohl a m ehesten als Indiz für die "Nördlichkeit" des
Mittelägyptischen im Codex Schoyen zu werten. In Vers 18 bietet
der Codex S c h ~ y e nmit YAPOTN Z U euclz eine Erweiterung, die im
Apparat von NA" zwar als eine relativ schwach bezeugte varia lectio
ausgewiesen ist (0,f "', sy'.", Eus), in koptischen Zeugen aber bislang
nicht nachgewiesen war. Die Erweiterung YAPOTN kollidiert über-
dies mit dem hier allerdings ergänzten - l l € K € Y sie sagten. Um den
-
Text sowie der von mael Weinsäufer. Keine Entsprechung bietet der
Text für das vorausgehende i606 &vOpwiloc (sa: €IC O Y P O M € , mael:
2 1 O Y P O M € ) , dagegen stellt das K€ vor T C X O N H C eine Erwei-
terung dar. Schenkes Ergänzung der h<nder im letzten Satz von Vers
19 folgt dem Text von mael , eine Ergänzung von Werke ( 2 h H O Y H )
wäre ebenso möglich.
Vermutung richtig ist, daß das Wort vom Zeichen des Jona in Mt
12:39 / Mt 1 6 4 im Grunde auch ein Wort über Johannes den Täufer
ist beziehungsweise - abzüglich seiner Deutung ursprünglich war,
-
T€Ic€N€A] € T e A O y N N [A]€IK C B I N H N C A O ] Y M € I N
€ 0 A n [e]N TJlH A [ u ] O N N ~ [ Y . ~N IM
A O~
Y IAN
MMHTI
n [M]€€IN N I [OINAC JT€ P p O g H T H C
'"Vgl. die Lukas-Parallele Lk 11:29-32, die die mattliäische Deutung auf die drei
Tage und drei Nachte nicht hat.
382 UWE-KARSTEN
PLISCH
Der erste Zusatz, vom Himmel, ist bisher nicht bezeugt und dürfte wie-
derum eine innermatthäische Angleichung an Mt 16:1 darstellen; der
zweite Zusatz, des Propheten, ist aus dem kritischen Apparat von NA'"
wohlbekannt.
1 PHI A€ e € N J I € o y A f ü J [€TMM€OY e A Y ] C O T € M
N X H e H P O A H C p T € [ 7 p A A A P X H C EJICAIT NIE 2
J l € X H y K € Jl€y JI€ I + ~ [ A N N H C N T A y € P T O Y ] N Y
e € N N [ € T ] M A O ~ T €TBH ~ € 1 ] N X A M C[€CO]T€M
N€Y 3 e H W O A H C FAP e A y e l O y H ] N [ ~ ' ] + ~ A N [ N H c ]
€JI€üJT€K[A - - €TB€[ e H ] p + [ A l A C - - (Vers 4 fehlt
ganz) -1 5 +YO N+YOY€üJ e A T € 0 Y J t H 2AY.p [ e A T H
€TB]H J t M H ü J H € J t l A H N A Y X I N I O ~ A N N [ HeCO C
O ] Y J T p O ~ H T e C .6 € T e A J t e O Y M I C H N e H G [ O A H C ]
üJOJIH e A C K A C X C N X H e J I P O A l A C e + C [OK eTHY]
N e H P O A H C 7 e A Y O P K N € C e A Y e O M 0 2 \ O [ C € I €.f
N€C M]JI€TCOY€üJY N T A T Y 8 eAC€püJA<p>Jt JIH
€C [ X I C 0 O N I T A T C NT€CM€OY JtH lJ€K€C N€Y K € M [ A
N ~NT]+JIH
I N I O ~ A N N HJ C I~AJ~TICTHC 21 O Y C + [ n A
9 T O T H e A Y 0 O A K N X H n€pA €TBH N € N O P K A€ [M€N]
N K A O Y H € T N A O Y e € N T O Y O O Y e A Y K € A € Y H 10
[ e ~ yy11 N T A J ~ H < N > I O ~ A N N H C 1 1 2 ~ y . MMAC
f NEC
2 1 o y [ c a ] ~ m2my.f M M m c N T A O Y A O Y emc-rec
N T E C M [ C O Y 12 ~ ] A Y IN K H N M A B H T H C e A Y Y I
MJtCOMA [eAYT]+M€
1 Zu [jener] Zeit aber hörte der [Tetrarch] Herodes [die Kunde von]
Jesus. 2 Er sprach: Dies ist Johannes, [der] von den Toten auferstan-
den ist. Deshalb [. . .] gehorchen ihm die Kräfte. 3 p e n n Herodes
hatte] Johannes ins Gefängnis [geworfen - - wegen Herodias - -
wegen] der Volksmenge, weil sie Johannes [für] einen Propheten hiel-
ten. 6 Als der Geburtstag Herodes' kam, tanzte Herodias und sie gefiel
Herodes. 7 Er schwor ihr und versprach, [ihr zu geben], was sie von
ihm wollte. 8 iYie sie zuvor von ihrer Mutter [belehrt worden war],
sprach sie zu ihm: [Gib mir das] Haupt Johannes des Täufers auf
einer Schale! 9 D a zürnte der König. Wegen der Schwüre aber und
der anderen Umsitzenden gab er Befehl. 10 [Er entlhaupete Johaiines.
11 Man gab es ihr auf einer Schale und gab es dem Mädchen. Es
gab es seiner hlutter. 12 Die Jünger kamen, nahmen den Leib und
unterrichteten Jesus.
" Vgl. M t 17:9; 27:64; 28:7. Ähnlicli liegen die Dinge im Codex Scheide, in dem
mit einer .4usnahme (Mt 17:9) die M'endung ebenfalls ohne €BA& auskommt.
384 UWE-KARSTEN PLISCH
'Verwiesen sei hier nur kurz auf die grammatische Besonderheit des Relativsatzes
(€Ted) in der Funktion eines temporalen Nebensatzes zu Eingang des Verses.
" Herodes Antipas verlor erst einen Krieg gegen den Nabataerkönig Aretas IV, sei-
nen ehemaligen Schwiegervater, und schließlicli seine Tetrarchie und uvrde 39 n. Chr.
mit Herodias nach Gallien verbannt.
Auch Vers 7 enthält gegenüber dem griechischen Standardtext etli-
che Abweichungen. Am Satzanfang fehlt eine Entsprechung zu Öeev;
e A Y O P K N€C e A Y e O A O i O t ? € I ist zumindest eine sehr freie
Wiedergabe von FE@'Ö ~ K O VO ~ o h O y r p ~aU.rn.
v Eben dieselbe Wendung
findet sich interessanterweise auch in mael. Die wörtliche griechische
Entsprechung zu e A Y O P K N€C wäre allerdings wpooev aU~9 exakt -
der Wortlaut von Mk 6:23. Die Ubersetzung von o E&v ai.rGoq.rai mit
A J I € T C O Y € Y Y ist zwar etwas ungewöhnlich, eine Ubersetzung von
ai.reiv mit O Y O Y ist aber durchaus möglich (vgl.Joh 4:9sa). N T A T Y
am Ende des Verses ist ein sonst nicht belegter Zusatz, der einem grie-
chischen &X' aU.roG entsprechen dürfte. JI€iC€C N€Y in Vers 8 ent-
spricht wohl e?nev ~ U T @ähnlich
, einigen Apparatlesarten in NA"', die
e?nev (ohne a b @ )lesen und dafür <pqoiv streichen. Für ein Aquivalent
zu &&E (mael liest € J I € f A € ) ist in mae2 kein Platz. Die Wiedergabe
von rrivac mit CA?\& (im Zusammenspiel mit den Wortresten in Vers
1 1 dürfte die Ergänzung sicher sein) ist singulär in der koptischen
Uberlieferung und wirft ein neues Licht auf den Bedeutungsgehalt die-
ses Lexems." Vers 9 beginnt mit TOTH statt AYO (Kai) - nur
eines der zahlreichen Beispiele für das gänzlich anders geartete System
von Konjunktionen und Partikeln in mae2. Das A€ nach N € N O P K
impliziert, daß die Syntax des Satzes der der Apparatvariante in NA"
entsprochen haben muß. N K A O Y H ist ein Zusatz, bei dem sich
allerdings schwer beurteilen läßt, ob er wirklich einen abweichenden
griechischen Text voraussetzt. Der Vers endet mit e A Y K € i € Y H ,
besitzt also kein Aquivalent für 600ijva~( a h n ) . Vers 10 bietet eine
auf die notwendigsten Informationen geschrumpfte Fassung: ol-ine
Entsprechungen für K a i nEpyrac am Anfang und Ev .rg c p v h a ~ 9 am
Schluß. Die auffällige Andersartigkeit von Vers 11 im ersten Teil
dürfte wohl eine Textverderbnis auf Grund von Homoioarkton dar-
stellen, ist mithin keine echte Textvariante. Bemerkenswert ist jedoch
e A C T € C am Ende des Verses, das einem griechischen E&OKEV a 6 . r ~ ~
entsprechen dürfte, wie h4k 6:28 es liest.
Auch der letzte Vers, Mt 14:12, ist um einiges kürzer als der grie-
chische Standardtext: es fehlt ein Aquivalent zu K a i EOavav aU.rbv K a i
Eh06v.rec. Wegen der Ahnlichkeit von e A Y T A A C Y (= E0ayrav a U ~ 6 v )
mit e A Y T A A € IHC könnte hier ein einfacher Zeilenausfall die
'" \V. Westendorf, Ko,htiscizes Handzvortetbuclz (Heidelherg: Carl \+'inter 1965/ 1977) 183:
C A L O , C A A U , C A p O Korb; lY.E. Crum, A Coptic Dictionay (Oxford: Clarendon
1939) 330h: basket
386 LWE-KARSTEN PLISCH
Ursache sein. Bemerkenswert ist der Anfang des Verses: Nicht seine
(d.h.Johannes' des Täufers) Jünger kamen, sondern die Jünger (NMA-
B H T H C , so liest auch mael!). Kann absolut gebrauchtes die Jünger
tatsächlich Jünger Johannes des Täufers bezeichnen?" Oder sind die
Jünger nicht automatisch als die Jünger Jesu zu verstehen? Kümmern
sich hier also bereits die Jünger Jesu fürsorglich um den Leichnam des
Johannes und unterrichten anschließend ihren Meister? Dann träte eine
ja auch im griechischen Standardtext vorhandene Tendenz, nach der
die Johannesjünger nach dem Tode ihres Meisters zu Jesus (über-)gehen
hier noch gewendet und verschärft in Erscheinung: Die Jesusjünger
sind auch für Johannes mikerantwortlich und Johannesjünger im stren-
gen Sinne gibt es eigentlich gar nicht (oder jedenfalls mit dem Tod
ihres Meisters nicht mehr).
" Vgl. den Einleitungsvers der Peiikope von der Tauferanfrage aus dem Gefangnis
Mt 1 1: 1 in der Fassung des Codex Schnyen.
DER NEUENTDECKTE MITTELÄGYPTISCHE MATTHÄUS 387
10 <Die> Jünger fragten ihn und sagen: "Warum sagen die Schrift-
gelehrten, daß es nötig sei, daß Elia zuvor komme?" 1 1 Er antwor-
tete und sa,gte: "Elia wird zwar kommen und er wird alles vollenden.
12 Ich sage euch aber: Elia ist schon gekommen, und sie haben ihn
nicht erkannt, sondern verfuhren mit ihm, wie sie wollten. So wird
auch der Menschensohn eine Vielzahl Leiden durch [sie] empfangen."
13 Da erkannten <die> Jünger, daß er mit ihnen über Johannes den
Täufer redete. (14) Da kamen seine Jünger zu ihm.
'' Wenn mae2 griechisches o6v wiedergibt, dann mit O Y N . Dies geschieht aller-
dings selten und gehört mit zu dem sclion envähriten vöilig anders gearteten Konjunktions-
und Partikelnsystein in mae2, vgl. 4nin. 6.
388 UWE-KARSTEN PLISCH
2. Die Rede vom Kommen des Elia schließt sachlich nicht direkt
an die Verklärungsgeschichte an - durch das Hinabsteigen vom Berge
war ja eine Zäsur markiert - und die in Vers 10 fragenden Jünger
sind bereits alle Jesusjünger. Dann können seine Jünger in Vers 14 nicht
die Jünger Jesu sein, vielmehr müßte es sich um Johannes jünger han-
deln, die aufgrund der Würdigung ihres Meisters durch Jesus zu ihm
kommen.
Etwas wahrscheinlicher dürfte hier wohl sein, daß Mt 17:14a in
mae2 ein späterer Zusatz ist, der auf einen Redaktor zurückgeht, der
den Textablauf im Sinne von Interpretation 1 verstanden und durch
den Zusatz einen logischeren Ubergang zur folgenden Perikope her-
zustellen versucht hat.
[23 € ~ e ] + y [ I A € € e O y N € ] J l e i ' € p ~ ~
~ A Y€ pI € T y
€y.fC60 NZsH N + p X I € P € Y C ] M€N N€JIP€CBYT€POC
MJI'AAOC €yZ$C$ MM[AC X € e ] € N € Y N € 3 O y C l A K I P H
NNEI [NIIM JI€P[.f N€K] N T € I € ~ O Y C I A 24 e A y € Q O Y W
NXH € Y X O M[MAC X ] € A N A K 20 .fN€Y€NTHNOY
€ Y C € X H [ € y O J l ] H A T € N y A Z s A y N ~[ AII N A K
.fN€TAM[OTN X ] € A € I P H NNCI e € N [€]Y N C 3 0 Y C I A
25 JIBAJI [71CMA] NIO~ANNHC OYI€BA'A T 0 N J l € OYI
EBA'A [ e € N TJIIH JI€ Zs€N OYCBA'A [e]€N J I K € e H J I H
N T A Y [AC e ] A O y M H O y H e € N v ] € Y e H T € Y Z s 0 MMAC
X[€ E ~ O J I I H A N ~ A N X A C [ z l e o y e ~ m ~ ~ E TJIH
N
JI€ [ y N € X € C ] N € N X € €TBH [O]Y M J I € T € N J I l C T € O Y H
f [ P A y 26 € ] Y O J I H A N AN[Zs]AC X € OYCBA'A e € N
<N>€NpO[MH H€] ? € N A N e A T H [ e A T e H M J i M H y H
O y A N N I M C A P A Y Z s 1 N I W ~ A N N H2 C 0C Oy-
JI]PO@[HTHC] 27 T O T H e A Y Z s H O Y C $ € Y X O MM[AC N
I]HC Zs€ N[7€]NCAOYN €N e A Y X H O Y 0 Jl€ZsHy N A O W
Zs€] A N A K 20 N N A T A M O T C N Zs€ e € N € Y N € 3 0 Y C l A
[ A ] € l p H NN€€I
Bemerkung zu V. 26 Ende: Das hier erganzte 2OC + art. indef. ist kein
Regelverstoß, sondern entspricht in diesem Text der Norm.
++ Vgl. B.hl. Metzger. A Textilnl COininenla~~ 011 tlie Greek hew T e ~ t a m e ~ (UBS
lt 'iYY4)
15: "Tlie tcxtual traiismission of tlie parable of tlie two soiis is vei-) inucli confused."
DER NEUENTDECKTE MITTELÄGWTISCHE MATTHAUS 39 1
dem zweiten. Er redete auch mit ihm so. Er sprach: Nein! Schließlich
aber bereute er und ging. 31 Wer von ihnen ist der, der getan hat,
was ihr Vater wollte?" Sie sprachen: "Der erste." Jesus [sprach] zu
ihnen: "Amen, amen ich sage euch: Die Zöllner und die Hurer wer-
den euch ins Königeich der Himmel vorangehen. 32 Denn Johannes
Fam] zu euch auf einem LVeg [von] Gerechtigkeit und ihr habt ihm
nicht geglaubt. Die [Zöllner] und die Hurer haben ihm geglaubt. Uhr
aber], ihr habt gesehen und [schließlich] nicht bereut, so daß ihr ihm
glaubtet."
'-' \;$I. T7ze Creek ,I.ex~ Teslnmeizt. 4th re\.iscd Edition, ed. B. .Aland. K. ,l\lai~d ct al.
(Stuttgai-t 1993).
I'' Rcsurncc nach hfctzgei-. G111tizenlng 45.
392 ~WE-KARSTEN PLISCH
<'Der , An€y€IUT.
Zeuge mael liest ebenfalls J ~ € ~ I o T sa
''INicht verzeiclinet im Apparat zu NA", aber im Apparat der Sytzopsis Quattuol-
Euangeliontm. ed. K . Aland.