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kleinen Schein
im Zivilrecht
22 Originalklausuren
Stand: vor dem Sommersemester 2017
Gesamtausgabe
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Vorwort
Zu beachten ist, dass es sich bei den abgedruckten Klausuren um von Studierenden ge-
schriebene Originalklausuren handelt, also nicht um Musterlösungen! Es sind also unter
Umständen durchaus andere als die gezeigten Lösungswege möglich. Die Randbemer-
kungen der Korrigierenden weisen zum Teil auf solche Möglichkeiten hin.
Wir danken allen, die uns ihre Klausuren zum Abdruck zur Verfügung gestellt haben.
Für Anregungen und Hinweise sind wir natürlich immer dankbar.
Wenn Ihr selbst gute Klausuren schreibt, bringt sie uns, damit auch
nächstes Jahr wieder eine aktualisierte Neuauflage erscheint!
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Inhalt
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2. Klausur für Anfänger im Strafrecht 2010 ........................................................................................................ 73
Prof. Dr. Oliver Fehrenbacher ............................................................................................................................. 73
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1. Klausur für Anfänger im Strafrecht 2002 (05.06.2002)
Jurastudent J und Architekturstudentin A bilden eine Wohngemeinschaft. J sitzt gerade an seiner ersten Hausar-
beit im Bürgerlichen Recht. Der Abgabetermin rückt näher und J benötigt dringend Literatur. Daher bittet J die
A, für ihn bei Buchhändler B das Lehrbuch zum neuen Schuldrecht von Lorenz/Riehm zu kaufen. Weiterhin
möge sie ihm ein gängiges Lehrbuch zum Staatsorganisationsrecht besorgen. B werde ihr sicher ein Werk emp-
fehlen können, das sich für die bevorstehende Übung im Öffentlichen Recht eignet. Schließlich bittet J die A,
eine passende Tintenpatrone für seinen Drucker zu kaufen.
Im Buchladen des B erkundigt sich A im Namen des J nach den beiden Büchern. Da der Lorenz/Riehm gerade
vergriffen ist, bietet B der A die kürzlich erschienene Einführung in das neue Schuldrecht von Schwab/Witt zum
Preis von 19 Euro an. A nimmt an, dass J auch mit diesem Werk einverstanden sein werde. Zum Staatsorganisa-
tionsrecht übergibt B der A das Lehrbuch von Christoph Degenhart zum Preis von 20,50 Euro. Vereinbarungs-
gemäß teilt A dem B mit, J werde die Bücher nach Fertigstellung seiner Hausarbeit bezahlen, womit B einver-
standen ist.
Auf dem Heimweg trifft A ihren 16-jährigen Bruder M, der gerade auf dem Weg zum Computerladen C ist. A
bittet den M, eine Druckpatronen für den J zu besorgen. Im Geschäft des C wählt M ein zum Sonderpreis von 30
Euro angebotenes Produkt aus und teilt dem C mit dass J in den nächsten Tagen bezahlen werde. C übergibt die
Patrone dem M, der sie wiederum an A weitergibt.
Als A mit beiden Büchern und der Druckerpatrone nach Hause kommt, hält sich die Begeisterung des J in Gren-
zen. Das Buch von Schwab/Witt hatte J bereits am Tag seines Erscheinens erworben und schon in seiner Haus-
arbeit berücksichtigt. Es fällt ihm nun auf, dass er sich versprochen hat und zum Öffentlichen Recht eigentlich
ein Buch zu den Grundrechten hätte kaufen wollen. Daher erklärt er gegenüber A, er könne mit den Büchern
nichts anfangen und wolle sie auch nicht haben.
A ist der Auffassung, dass müsse J mit B regeln. J teilt dem B daraufhin mit, dass er die beiden Bücher nicht
gebrauchen könne und nicht behalten wolle. Mit der Druckerpatrone ist J indes zufrieden. Einige Wochen später
erinnert C den J an die offene Rechnung bezüglich der Druckerpatrone, die M für ihn gekauft habe. J entgegnet,
er habe M niemals beauftragt.
B verlangt von J Zahlung von 19 Euro für das Buch von Schwab/Witt und 20,50 Euro für das Werk von Degen-
hart. Für den Fall, dass J nicht zahlen muss, fragt er, ob er Zahlung von A verlangen kann. C verlangt von J
Zahlung der 30 Euro für die Druckpatrone. Sollte J nicht zahlen müssen, fragt er, ob er sich an A oder M halten
kann.
Zu Recht?
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Gutachten
Es ist günstiger die Ansprüche A.) Anspruch auf Zahlung der Bücher von B
sofort zu trennen I.) Anspruch aus § 433 I
B könnte einen Anspruch auf Zahlung des vereinbarten Kaufpreises
gemäß § 433 II gegen den J haben. Dazu müssten zwei übereinstim-
mende Willenserklärungen vorliegen, die in Bezug aufeinander ab-
gegeben werden sind und inhaltlich übereinstimmen, Angebot und
Annahme gemäß §§ 145 ff.
1.) Angebot
Es müsste ein Angebot vorliegen. Dieses müsste inhaltlich so be-
stimmt sein, dass es lediglich einer Zustimmung bedarf, um es an-
zunehmen. Und es müsste mit rechtlichen Bindungswillen erklärt
werden. Demnach liegt in der bloßen Erkundigung der A nach den
Büchern keinesfalls ein Angebot [vor]. Der B erklärt die bestimm-
ten Bücher Lorenz/Riehm und Schwab/Witt zu einen jeweils be-
stimmten Preis als verkäuflich. Alle essentialia negotii, Kaufsache
und Kaufpreis, sind somit eindeutig mit rechtlichen Bindungswil-
len erklärt. Somit liegen die Angebote bzgl. der Bücher
Schwab/Witt (S/W) und Lorenz/Riehm (L/R) vor.
2.) Annahme
a) Annahme bzgl. S/W
Der J müsste das Angebot auch angenommen haben. Der J war hier
jedoch gar nicht zugegen. Die A äußerte sich lediglich. Die A
müsste also den J wirksam vertreten haben, so dass ihre Äußerung
dem J zuzurechnen ist. Eine wirksame Stellvertretung liegt gemäß
§ 164 I dann vor, wenn der Vertreter eine eigene Willenserklärung
im Namen des Vertretenen mit Vertretungsmacht abgibt. Die A
müsste also eine eigene Willenserklärung abgegeben haben. Hier
ergibt sich die Abgrenzung von Botenmacht und Stellvertretung.
Während der Bote lediglich Überbringer einer fremden Erklärung
ist, gibt der Stellvertreter eine eigene Willenserklärung ab. Der
Stellvertreter entscheidet im Gegensatz zum Boten über das “ob”
und “wie” des Geschäfts. Die A hatte hier von dem J den genauen
Sehr gut Auftrag bekommen den L/R zu kaufen. Diese Willenserklärung des
J sollte die A lediglich überbringen. Es oblag ihr nicht zu entschei-
den, ob sie das wolle oder wie sie es wolle. Ein Bestimmungsspiel-
raum ist bei Büchern mit Listenpreisen nicht gegeben, wenn der
genaue Titel genannt ist. Dies war hier der Fall. Somit war die A
bzgl. des Kaufs des L/R lediglich Botin des J.
Nun kann es dem Vertretenen egal sein, wie sein Rechtsgeschäft
zustande kommt, also ob der Vertreter als Bote oder der Bote als
Vertreter auftritt, solange er innerhalb seiner Vertretungs- oder Bo-
tenmacht handelt. Die A wählte hier jedoch ein anderes Buch als
Welchem Vertreter? den L/R aus. Somit überschritt die A ihre Botenmacht. Entschei-
dend ist nun, ob sie dies bewusst oder unbewusst tat. Bei einer un-
bewussten Übertretung der Botenmacht würde die Willenserklä-
rung dem Vertreter gemäß § 120 analog zugerechnet werden. Der J
hätte dann lediglich ein Recht zur Anfechtung gemäß § 120.
Hier war die A sich aber bewusst ein anderes Buch zu kaufen. So-
mit wird die Erklärung dem J nicht zugerechnet und es gelten die
§§ 177 ff. analog.
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Eigentlich wird in solchen Fäl- Der J könnte also gemäß § 177 analog den Kauf genehmigen. Dies
len erwartet, dass Sie begrün- hat er jedoch nicht getan, wie seinen Worten, er könne mit den Bü-
den, warum Sie die §§ 177 ff. chern nichts [anfangen] zu entnehmen ist.
analog anwenden. Somit liegt keine Annahme des Angebots von J bzgl. des S/W vor.
Ergebnis: Es besteht kein Anspruch auf Zahlung der 19 Euro für
den S/W gegen den J.
a) Zulässigkeit
Eine Anfechtung einer Vollmacht muss grundsätzlich wie jede An-
Sehr gut fechtung einer Willenserklärung zugelassen sein. Fraglich ist je-
doch, ob es zulässig ist eine bereits gebrauchte Vollmacht anzu-
fechten.
Dieses ist streitig, da gemäß § 166 I der Vertretene eben genau so
gestellt werden soll als hätte er das Rechtsgeschäft (RG) selbst ab-
geschlossen. So würde er gestellt werden, da er ein bereits abge-
schlossenes vom Erklärenden nicht mit einem Irrtum behaupteten
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müsste der Dritte auf dem Rechtsschein einer wirksamen Voll-
macht vertrauen dürfen. Hier bietet sich der Vergleich zur An-
scheinsvollmacht an, wobei diese sogar im Gegensatz zu einer an-
gefochtenen Vollmacht ja nicht einmal wirklich besteht.
Andererseits kommt es gemäß § 166 II auf die Person des Vertre-
tenen an, wenn der Vertreter auf Weisungen des Vertretenen han-
delt und der Vertretene dem Vertreter lediglich bestellt um seine
Bösgläubigkeit zu vertuschen. Hier also die Weisung vorgenom-
men, dass es auf die Interessenlage desjenigen ankommt, der den
Abschluss des Geschäfts ausschlaggebend beeinflusst. Demnach
erscheint es auch gerechtfertigt, wenn ein Vertretergeschäft ange-
fochten wird, bei dem der Vertreter auf Weisung des Vertretenen
Sehr schöne Argumentation gehandelt hat und der Irrtum des Vertreters sich auf das Vertreter-
geschäft durchschlägt. Hätte er diesen nämlich selbst abgeschlos-
sen, könnte er selbst anfechten. Somit erscheint die Anfechtung der
benutzten Vollmacht gerechtfertigt.
b) Anfechtungsgrund
Es müsste also ein Anfechtungsgrund vorliegen. J könnte sich in
einem Irrtum gemäß § 119 I befunden haben. Er erklärte etwas, was
er gar nicht erklären wollte. Somit befand er sich gemäß § 119 I 2.
Alt. in einem Erklärungsirrtum.
c) Anfechtungserklärung
Es ist weiterhin umstritten, wem gegenüber die Erklärung ange-
fochten werden muss. Wird die Erklärung gegenüber dem Vertreter
angefochten, würde dieser rückwirkend seine Vertretungsmacht
verlieren und das Vertreter ohne Vertretungsmacht gemäß § 179 II
dem Dritten gegenüber zu Ersatz des Vertrauensschadens ver-
pflichtet sein. Der Vertreter könnte den Ersatz wiederum von dem
Vertretenen gemäß § 122 I verlangen. Wenn der Vertreter jetzt aber
Insolvent oder beschränkt geschäftsfähig ist, trifft den Dritten die-
ses Risiko und der Vertreter trägt das Insolvenzrisiko des Vertrete-
nen. Dies erscheint jedoch nicht interessengemäß, da sich der Ver-
tretene ja irrte.
Somit muss hier gegenüber dem Dritten angefochten werden, so-
dass der Vertreter dem Dritten gegenüber aus § 122 I schadenser-
satzpflichtig wird, die Vertretungsmacht zwar auch rückwirkend
ungültig wird, sich dieses aber erübrigt, da der Vertrauensschaden
bereits durch die Haftung des Vertretenen gemäß § 122 I abgegol-
ten ist. Der J müsste also gegenüber dem B angefochten haben. Dies
Wieder sehr gut argumentiert hat er getan, indem er erklärte, er könne mit den Büchern nichts
anfangen.
d) Anfechtungsfrist
Der J müsste gemäß § 121 I unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes
Zögern angefochten haben. Dies hat er laut Sachverhalt direkt nach
Kenntnis des Anfechtungsgrundes getan. Somit ist die Frist erfüllt.
Folglich wurde wirksam angefochten.
Ergebnis: Ein Anspruch auf Zahlung der 20,50 Euro für den D be-
steht nicht.
II.) Anspruch auf Zahlung der 19 Euro für den S/W aus § 179 I
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Der B könnte einen Anspruch auf Zahlung gemäß § 179 I gegen die
A haben. Dann müsste die A als Vertreter ohne Vertretungsmacht
gehandelt haben. Dies hat sie (siehe oben).
Weiter dürfte der J das Geschäft nicht genehmigt haben. J versucht
von dem Geschäft loszukommen, hat es also nicht genehmigt.
Demnach haftet die A dem B auf Erfüllung oder auf Ersatz des Er-
füllungsschadens. Aus der Fallfrage ergibt sich, dass der B Erfül-
lung verlangt.
Ergebnis: B kann Erfüllung des Kaufvertrages gemäß § 179 II von
A verlangen, also Zahlung von 19 Euro für den S/W.
1.) Angebot
a) Es könnte ein Angebot des C in dem Ausstellen und Kenntnis-
machung des Kaufpreises der Patrone liegen. Hier liegen zwar die
essentialia negotii vor, jedoch ist es fraglich, ob ein Rechtsbin-
dungswille des C besteht. Es ist zwar nicht nötig an eine bestimmte
Person das Angebot zu richten (offerte ad incertas personas), je-
doch läge ein rechtlicher Bindungswillen vor, könnten mehrere die-
ses Angebot annehmen und der C nur einen Vertrag erfüllen, so
dass er sich schadenersatzpflichtig machen würde gegenüber denen
er nicht erfüllen kann.
Somit liege hier kein Angebot vor, sondern lediglich eine Auffor-
derung ein Angebot zu machen, eine invitatio ad offerendum.
b) Weiter könnte der J ein Angebot gemacht haben. Hier hat jedoch
nicht J gehandelt, sondern der M. Dann müsste dem J das Verhalten
des M zuzurechnen gewesen sein. Dies wäre der Fall, wenn der M
Stellvertreter des J gewesen wäre. Stellvertreter ist gemäß § 164 I
wer im fremden Namen eine eigene Willenserklärung abgibt, die
innerhalb der Vertretungsmacht liegt.
aa) Der M gab hier eine eigene Willenserklärung ab. Es ist hier auch
nicht entscheidend, dass der M minderjährig ist, vgl. § 165.
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(b) Sie müsste auch im Namen des J gehandelt haben. Sie hat den
M gebeten eine Patrone für den J zu kaufen. Somit hat sie auch ihre
Person als Vertreterin offengelegt.
2.) Annahme
Das Angebot wurde duch den Verkauf seitens des C konkludent
angenommen. Somit ist ein Kaufvertrag gemäß § 433 zwischen J
und K zustandegekommen.
Ergebnis: Ein Anspruch seitens des C auf Zahlung der 30 Euro
von J für die Patrone ist begründet.
Eine Arbeit, an der es fast nichts anzusetzen gibt. Durchdachter Aufbau, Gutachtenstil sicher beherrscht, alle
Probleme gesehen und die verschiedenen Ansichten sehr ordentlich diskutiert.
Einzige Kritikpunkte:
1. Schwerpunktsetzung, hin und wieder schreiben Sie sehr viel zu Prüfungspunkten, auf denen erkennbar kein
Schwerpunkt hat (Angebot + Annahme, invitatio ad offerendum, etc.). Versuchen Sie, den Sachverhalt zu inter-
pretieren: Worauf will der Klausurenersteller hinaus, was interessiert ihn weniger...
2. Schrift: gegen Ende wird’s wirklich unleserlich!
Dennoch
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2. Klausur für Anfänger im Strafrecht 2002 (26.06.2002)
Die 17-jährige A möchte ihren Sommerurlaub mit einer Jugendgruppe in der Eifel verbringen. In Begleitung
ihrer Eltern kauft A bei V einen Rucksack zum Preis von 300 €, den sie erst nach ihrem Urlaub bezahlen muss.
Am folgenden Tag holt A den Rucksack bei V ab und vereinbart mit ihm, dass er die Kaufpreisforderung nicht
an einen Dritten abtreten darf, wovon die Eltern der A nichts wissen.
In der Eifel geht A das Geld aus. Daraufhin bietet sie dem bereits volljährigen Mitreisenden B einen Fotoapparat,
den ihr C, der 20-jährige Freund ihrer Schwester, für die Dauer des Urlaubs geliehen hatte, zum Kaufpreis von
100 € an. A erzählt B, sie habe den Fotoapparat von C geschenkt bekommen. A und B werden einig, die Kamera
wechselt den Besitzer und A erhält sofort einen 100 €-Schein.
Während des Urlaubs der A tritt V die Kaufpreisforderung an seinen Lieferanten D ab, der von A nach ihrer
Rückkehr Zahlung von 300 € verlangt.
2. Muss A an D zahlen?
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Gutachten
1. Frage
I. Eigentum an der Kamera
1. Ursprünglich war laut Sachverhalt C Eigentümer der Kamera.
2. C hatte den Fotoapparat an A verliehen gemäß § 5982. C hatte
folglich den Besitz an A übergeben (für die Dauer des Urlaubs).
Jedoch fand keine Einigung über den Eigentumsübergang statt. Das
Eigentum ist also nicht gem. § 929 S. 1 an A übergegangen. C ist
weiterhin Eigentümer.
bb.) Der Wortlaut des § 107 bezeichnet nur die lediglich rechtlich
vorteilhaften Geschäfte als nicht einwilligungsbedürftig. Daher
müsste ein rechtlich neutrales Geschäft der Einwilligung bedürfen.
Es ist der Sinn des § 107 (wie der gesamten Regelungen des Min-
Gut derjährigenrechts), den Minderjährigen zu schützen. Ein Mj. bedarf
aber nicht des gesonderten Schutzes in dem Falle, dass er gar kei-
nen rechtlichen Nachteil erleitet. Dies lässt sich dem § 165 entneh-
men. Die Stellvertretung stellt für den Vertreter den klassischen
Fall eines rechtl. neutralen Geschäfts dar. Nach § 165 ist Stellver-
tretung durch einen Mj. möglich auch ohne Einwilligung des ge-
setzl. Vertreters. Folglich darf § 107 dahin ausgelegt werden, dass
auch rechtl. Neutrale Geschäfte ohne Einwilligung – der Eltern in
diesem Fall (§§ 1626 I, 1629 I) – vorgenommen werden können.
Der Eigentumsübergang der Kamera ist für A rechtlich neutral. Sie
kann die Einigung also ohne elterliche Zustimmung vornehmen. B
hat das Angebot angenommen. Sie waren sich einig, dass das Ei-
gentum übergehen soll.
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hatte; sie also Nichtberechtigte (NB). Daher scheitert der Eigen-
tumsübergang nach § 929 S. 1.
2. Frage
A. Anspruch des D gegen A auf Kaufpreiszahlung
I. A hat mit V einen Kaufvertrag abgeschlossen (§ 433). Der Ver-
tragsschluss erfolgte im Beisein der Eltern (§§ 1626 I, 1629 I), so-
dass von deren Zustimmung (§ 182) auszugehen ist. Der Kaufver-
trag ist also wirksam zustande gekommen.
Das ist für die Frage der Wirk- II. Am folgenden Tag finden gleichzeitig Übergabe und Einigung
samkeit des Kaufpreisan- über den Eigentumsübergang statt. V ist auch berechtigt, über das
spruchs unerheblich Eigentum am Rucksack zu verfügen. Nach § 929 S. 1 ist A also
Eigentümerin des Rucksacks geworden.
III. Ohne Kenntnis der Eltern vereinbart sie mit V, dass der Kauf-
preiszahlungsanspruch nicht abgetreten werden darf. Trotzdem tritt
V die Forderung an D am gemäß § 398.
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eines veräußerlichen Rechts hindert eine Veräußerung des Rechts
nach § 137 in Anwendung des Abstraktionsprinzips nicht.
Gut erkannt
2. Fraglich ist, ob dieser Grundsatz auf die Abtretung von Forde-
rungen anwendbar ist. Nach § 399 ist die Abtretung einer Forde-
rung nicht möglich, sofern Gläubiger und Schuldner einen Aus-
Die Abtretung vollzieht sich schluss der Abtretungsbefugnis vereinbart haben (2. Alt.). Im Un-
nach § 398 terschied zu § 137, der rein schuldrechtliche Wirkung hat, erstreckt
sich die Wirkung des § 399 gerade auch auf die dingliche Ebene,
sodass eine Abtretung gemäß § 931 oder §§ 931, 934 im Falle einer
solchen Vereinbarung nicht möglich ist. A und V haben vereinbart,
dass die Forderung nicht abgetreten werden dürfe.
3. Fraglich ist aber, ob die Minderjährigkeit der A von Bedeutung
ist. Die Vereinbarung ist als Rechtsgeschäft anzusehen. Nach § 107
wäre dies zustimmungsbedürftig durch die Eltern, wenn es einen
rechtlichen Nachteil für den Mj. hervorrufen würde. Durch die Ver-
einbarung entsteht für A weder ein rechtlicher Vorteil noch ein
Nachteil. (Behandlung des rechtl. neutralen Geschäfts s.o.). Folg-
lich konnte die Vereinbarung wirksam vorgenommen werden und
ist gem. § 399 2. Alt. wirksam. Daher konnte V die Forderung nicht
wirksam an D abtreten. V bleibt also weiterhin Inhaber der Kauf-
preisforderung.
Ergebnis: D ist nicht Inhaber der Forderung geworden. Also muss
A nicht an D leisten. (Ihre Zahlungspflicht besteht vielmehr weiter-
hin gegenüber V.)
Schön haben Sie erörtert, weshalb auch rechtlich neutrale Geschäfte nach § 107 zustimmungsfrei sind. Ebenfalls
gut dargestellt haben Sie die Bedeutung des § 137 bei einem vereinbarten Abtretungsverbot.
Lediglich nicht bearbeitet haben Sie die (von der h.M. abweichende) Meinung von Medicus im Rahmen des
gutgläubigen Erwerbs. Medicus lehnt die Möglichkeit in solchen Fallgestaltungen mit folgender Begründung ab.
Die Gutglaubensvorschriften sollen den Erwerber nur so stellen, wie er bei Richtigkeit seiner Vorstellung stehen
würde. Wäre die Annahme des B richtig und A wäre tatsächlich Eigentümerin, so könnte er wegen § 107 kein
Eigentum erwerben. Daher ist ein gutgläubiger Erwerb ausgeschlossen.
15 Punkte (Gut)
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1. Klausur für Anfänger im Strafrecht 2003
M erhält zwei Monate vor ihrem 18. Geburtstag einen Golf-Jahreswagen geschenkt. Diesen möchte sie jedoch
insgeheim loswerden und von dem Erlös ein Klavier kaufen. Sie geht daher alsbald, ohne mit ihren Eltern zu
sprechen zum Gebrauchtwagenhändler G und bietet ihm einen Wagen an. Zufällig ist F, ein Freund des G, auf
dessen Betriebsgelände. F hofft, günstig an einen neuen Golf zu gelangen, und gibt sich daher als Sachverstän-
diger für gebrauchte Autos aus. Er erklärt der unwissenden M, der Golf sei allenfalls noch 7000€ wert; wenn M
so viel von G erhalte, sei sie gut bedient. Bevor G mit M redet, klärt F den G noch über seinen Trick auf. G und
M werden sodann über 7000 € einig, G holt das Kfz am nächsten Tag bei M ab; die Eltern der M sind nicht
anwesend. Nun verlangt F, dem G seit langem 7500e schuldet, Übereignung des Autos, dann sei man quitt. Wi-
derwillig gibt G dem F die Schlüssel sowie die Fahrzeugpapiere. Kurze Zeit später gerät F selbst in Geldnöte,
inseriert den Wagen und veräußert ihn an A. In den Fahrzeugpapieren ist immer noch M eingetragen.
M sieht erst nach ihrem 19. Geburtstag in der Zeitung Angebote über Golf-Jahreswagen, die viel höher liegen,
und ärgert sich über das schlechte Geschäft. Sie geht zu G und erklärt ihm, sie betrachte das Geschäft als hinfällig.
M verlangt von A Herausgabe des Wagens. Abwandlung: A schickt auf das Inserat des F hin seinen volljährigen
Sohn S u F, mit dem Auftrag, den Wagen für höchstens 10.000 € zu kaufen. S einigt sich mit F jedoch auf einen
Preis von 11.000€. Zudem vergisst S, den A überhaupt zu erwähnen. Als F tags darauf von S Zahlung verlangt,
meint dieser, er wolle mit dem Geschäft nichts zu tun haben, F solle sich doch an A halten.
15
Gutachten
M gegen A
I § 985 BGB
M könnte gegen A einen Anspruch auf Herausgabe des PKW ge-
Ihnen fehlt hier die Überle- mäß § 985 haben.
gung V gegen M. Dann müsste M Eigentümerin des Golfs sein. M war Eigentümerin
des Wagens. Sie könnte jedoch ihr Eigentum durch Übereignung
des PKWs gemäß § 929 an G verloren haben.
a) Einigung
Dann müssten M und G sich über Eigentumsübergang einig gewe-
sen sein. Unter einer Einigung versteht man zwei übereinstim-
mende Willenserklärungen darüber, dass das Eigentum übergehen
soll. G holt den PKW bei M ab. Durch die Übergabe des PKW hat
M konkludent eine Einigungserklärung abgegeben. Fraglich ist je-
doch, ob diese Willenserklärung auch wirksam ist.
Gemäß § 107 bedarf der Minderjährige zu einer Willenserklärung,
durch die er nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, der
Einwilligung seiner gesetzlichen Vertreter.
M ist 17 Jahre alt also, nach Maßgabe der §§ 2, 106 minderjährig.
M würde sich nach der Einigungserklärung verpflichten, dem Ei-
gentum an dem PKW zu übertragen.
Hinsichtlich dieses Eigentumsverlustes ist die Einigung nicht ledig-
lich rechtlich vorteilhaft für M. M bedarf also für ihre Einigungser-
klärung der Einwilligung ihrer gesetzlichen Vertreter (in casu der
Eltern gem. § 1626) Als G den Golf bei M abholt sind die Eltern
der M nicht anwesend, auch für eine evt. Vorher erteilte Einwilli-
gung bietet der Sachverhalt keine Anhaltspunkte Es fehlt an einer
Einwilligung.
Gemäß § 108 hängt die Wirksamkeit der Einigung von der Geneh-
migung des Vertreters ab.
§ 108 III b) Die Einigung ist schwebend unwirksam. Durch die schwebend
unwirksame Einigung ist auch die Übereignung bis zur Genehmi-
Gibt es nicht (§ 929 S. 1) gung schwebend unwirksam. Es liegt (noch) keine Übereignung
gem. § 929 I 1 vor.
M hat ihr Eigentum nicht an G verloren.
Einigung Dennoch könnte M ihr Eigentum an dem Golf durch Übereignung
gem. §§ 929 I, 932 von G an F verloren haben. Dann dürfte nach §
Übergabe? 935I der Wagen nicht abhandengekommen sein. M hat den Wagen
freiwillig aus der Hand gegeben, der PKW ist nicht abhandenge-
kommen.
Weiter dürfte F zum Zeitpunkt des Erwerbs nicht im bösen Glauben
gewesen sein, d.h. es dürfte ihm nicht bekannt oder in Folge grober
Fahrlässigkeit unbekannt gewesen sein, dass die Sache nicht G ge-
Gut gesehen! hört (§ 932 II). In Betracht kommt die Kenntnis des F eines Wil-
lensmangels wegen arglistiger Täuschung gem. § 123II.
F hatte der unwissenden M wider seines Wissens erklärt, der Golf
Definition? sei allenfalls noch 7000 € wert. E hat M also durch arglistige Täu-
schung zur Abgabe der Einigung mit G bestimmt. Zusätzlich hat er
Gut! G von seiner Täuschung benachrichtigt, so dass eine Anfechtung
§ 142 II! der Einigung zwischen M und G gemäß §123 II 1 möglich ist. F
wusste um den Einigungsmangel zwischen M und G und war dem-
nach nicht in gutem Glauben an das Eigentum des G als G ihm den
Schlüssel sowie die Fahrzeugpapiere übergab.
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F hat nicht gemäß §§929 I, 932 Eigentum vom Unberechtigten er-
worben. Trotzdem könnte M Eigentum an dem PKW durch Über-
eignung gem. §§ 929 I, 932 von F an A verloren haben.
Der Golf ist nicht abhanden gekommen (s.o.). Fraglich ist jedoch,
ob A zum Zeitpunkt des Erwerbs wusste, bzw. in Folge grober
Fahrlässigkeit nicht wusste, dass F nicht Eigentümerin des PKW ist
(§ 932). In den Fahrzeugpapieren ist immer noch M eingetragen.
Nach der h.M. ist beim Erwerb eines gebrauchten PKWs als grob
Schön! fahrlässig anzusehen, sich nicht den Fahrzeugbrief zeigen zu lassen
und sich so zu vergewissern, dass der Veräußernde auch gleichzei-
tig der Eigentümer des PKW ist.
A hat sich nicht die Fahrzeugpapiere zeigen lassen, sonst hätte er
erkennen können, dass M immer noch dort eingetragen ist und nicht
F. Die Unkenntnis des A vom Eigentumsmangel des F ist grob fahr-
lässig. A war im bösen Glauben. Er hat gem. § 932 I 1 kein Eigen-
tum am PKW erworben.
M ist immer noch Eigentümerin des Wagens.
Demnach kann sie gem. § 985 vom Besitzer Herausgabe des PKWs
verlangen.
Zudem dürfte A kein Recht zum Besitz gem. § 986 I 1 haben. A hat
weder unmittelbares, noch abgeleitetes Besitzrecht, demnach be-
sitzt er unrechtsmäßig.
M kann gem. § 985 von A Herausgabe des Wagens verlangen.
Abwandlung
F gegen A
I § 433 II
F könnte gegen A einen Anspruch aus § 433 II auf Zahlung des
Kaufpreises haben. Dann müsste ein wirksamer Kaufvertrag zu-
stande gekommen sein. Ein Vertrag besteht aus zwei übereinstim-
menden, aufeinander bezogenen Willenserklärungen, die die essen-
tialia negotii beinhalten. In der Einigung auf einen Preis von 11.000
€ ist die Annahme des F zu sehen. Fraglich ist jedoch, ob A ein
Angebot abgegeben hat. Nicht A sondern S hat sich mit F geeinigt.
Demnach könnte S Angebot für und gegen A wirken, wenn S der
Stellvertreter von A ist.
Dann müsste A gem. § 167 eine Vollmacht für das Rechtsgeschäft
erteilt haben. A schickt den S zu F um den Wagen zu kaufen. Die
Abgrenzung zum bloßen Boten erübrigt sich, da S Ermessensspiel-
raum im Preis bis 10.000 € hat. Es liegt eine interne Vollmacht i.S.d
§167 I 1 vor.
Fraglich ist jedoch, ob S auch als Stellvertreterin des A handelte.
Dann müsste er zunächst eine eigene Willenserklärung abgegeben
haben und zwar im fremden Namen (gem. § 164 I 1). S hat als er
sich mit F auf 11.000 € einigte, eine eigene Willenserklärung abge-
geben; er hat jedoch vergessen, den A überhaupt zu erwähnen. So-
mit hat S nicht im fremden Namen gehandelt. Die Voraussetzungen
des § 164 I sind nicht erfüllt. Die Vertretung des A ist unwirksam
und wirkt somit nicht für oder gegen ihn. Es ist kein Kaufvertrag
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gem. § 433 zwischen A und F zustande gekommen. F hat keinen
Zahlungsanspruch gegen A.
F gegen S
I §433 II
F könnte gegen S einen Anspruch auf Zahlung der 11.000€ haben.
Dann müsste zunächst ein wirksamer Kaufvertrag zwischen F und
S vorliegen. Ein Vertrag besteht aus zwei übereinstimmenden, auf-
einander bezogenen Willenserklärungen, Angebot und Annahme.
Durch Einigung auf den Preis von 11.000€ nimmt F das Angebot
konkludent an. Fraglich ist jedoch ob S selbst ein Angebot abgege-
ben hat. S könnte in Vertretung für A gehandelt haben, sodass sein
Angebot unmittelbar für und gegen A wirkt (§164 I).
S hat nicht ersichtlich im fremden Namen gehandelt (s.o.).
Er handelte also im eigenen Namen. Ein Vertrag ist zustande ge-
kommen.
Fraglich ist, ob der Anspruch des F auf Kaufpreiszahlung durch
Anfechtung des S nichtig wird. Gem. § 164 II kommt der Mangel
des Willens in fremden Namen zu handeln nicht in Betracht, wenn
der Wille in fremden Namen zu handeln nicht erkennbar hervortritt
Ja! (§ 164 II) S kann nicht nach § 142 anfechten. Der Vertrag bleibt
wirksam. F hat gegen S einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung gem.
§ 433 II.
Sowohl im Ausgangsfall als auch in der Abwandlung werden alle Probleme erkannt und sauber gelöst.
Lediglich die Kollision zw. §§ 138, 134 u. §123 II im Verhältnis G-F hätte noch kurz angesprochen werden
müssen.
Mit Bedenken!
13 Punkte (Gut)
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1. Klausur für Anfänger im Strafrecht 2004
Der 16-Jährige K befindet sich mit einer Jugendgruppe auf einer Ferienreise in den Allgäuer Alpen. Am zweiten
Tag bricht sich sein volljähriger Freund F bei einer Klettertour das rechte Fußgelenk und wird in eine Klinik
gefahren. F, der angesichts seines Gipsbeines nie wieder etwas von Kletterurlaub wissen will, bietet dem K seinen
neuen Rucksack zu einem „echten Freundschaftspreis“ von 75 € an. Er selber hatte ihn vor Antritt der Reise für
150 € gekauft.
K ist sowohl von dem Rucksack, als auch von dem Angebot begeistert und stimmt sofort zu. Da er nur 25 €
Taschengeld bei sich hat, gibt er diese als Anzahlung und verspricht F den Rest, sobald sie wieder zuhause sind
und er seine Eltern um Geld bitten kann. Die Eltern sind aber beim abendlichen Telefonat keineswegs vom
„Schnäppchen“ des K begeistert und befehlen ihm, den Rucksack sofort wieder zurückzugeben. K legt trotzig
auf und erzählt niemandem von diesem Gespräch.
Nach der Rückkehr aus dem Ferienlager wird F unsicher, ob die Eltern des K auch mit dem Kauf des Rucksacks
einverstanden waren und er den Rest des Geldes erhalten wird. Auf seinen Anruf hin erklären die Eltern des K,
die sich inzwischen entschieden haben, den Rucksack als Geburtstagsgeschenk zu verwenden, es sei alles in
Ordnung.
Als F einige Tage später von K die restlichen 50 € verlangt, erklärt dieser, der Rucksack gefalle ihm nun doch
nicht mehr und außerdem hätten seine Eltern schon während des Urlaubs ihre Einwilligung verweigert. Zudem
erkläre er die Anfechtung des Kaufvertrages, weil der Rucksack am Rücken drücke. Er sein dem F daher zu
nichts mehr verpflichtet, vielmehr fordere die bereits von ihm gezahlten 25 € zurück.
19
Gutachten
A. Der F könnte einen Anspruch aus § 433 II gegen K auf Zahlung
des Restpreises von 50 € haben.
Sehr schöne Prüfung d) Der K könnte jedoch seine Willenserklärung wirksam angefoch-
ten haben, sodass seine Annahme und somit der Kaufvertrag als ex
tunc nichtig anzusehen wären gemäß § 142 I.
21
einem Rucksack, der frei von Mängeln ist. Auch ist es für den Ab-
schluss eines Vertrages ausschlaggebend, ob ein Rucksack drückt
Vertretbar oder nicht. Der Eigenschaftsirrtum war somit verkehrswesentlich.
Der K hätte einen drückenden Rucksack bei Kenntnis der Sachlage
und verständiger Würdigung auch sonst nicht gekauft.
bb) Der K müsste die Anfechtung zudem nach § 143 dem F erklärt
haben. Der K hat diesem gegenüber laut Sachverhalt die Anfech-
tung erklärt.
Fraglich ist, wie sich die Minderjährigkeit des K auf die Wirksam-
keit einer Anfechtungserklärung auswirkt. Die Anfechtungserklä-
rung ist ein einseitiges empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft. Ge-
Ob eine Einwilligung erforder- mäß § 111 ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, welches der Minder-
lich ist richtet sich nach § 107 jährige ohne die Einwilligung der Eltern vornimmt unwirksam.
Eine Einwilligung der Eltern lag nicht vor, sie wollten den Kauf-
vertrag ja. Die Anfechtungserklärung ist somit unwirksam
Eine wirksame Anfechtung liegt nicht vor.
aaa) Der F wollte das Geld an sich nehmen. Somit hat er eine wirk-
same Willenserklärung abgegeben.
bbb) Fraglich ist, wie sich die Minderjährigkeit des K auf die Eini-
gungserklärung des K auswirkt. Gemäß § 107 bedarf ein Minder-
jähriger für ein Geschäft, das nicht lediglich rechtlich vorteilhaft
ist, die Einwilligung der Eltern. Eine Übereignung bedeutet den
Verlust des Eigentums und ist somit nie lediglich rechtlich vorteil-
22
haft. Auch lag bei Vornahme des Rechtsgeschäfts keine Einwilli-
gung zur Übereignung des Geldes vor. Somit ist der Einigungsver-
trag schwebend unwirksam.
Die Eltern könnten jedoch nach § 108 genehmigt haben. Sie haben
K gegenüber am Telefon die Genehmigung des Kaufvertrags und
somit konkludent auch der Einigungserklärung verweigert. Folg-
lich könnte der Einigungsvertrag endgültig unwirksam sein. Der F
kann aber gemäß § 108 II zur Genehmigung auffordern. Eine vor-
her erteilte Verweigerung wird unwirksam. Zwar sind nach dem
Abstraktionsprinzip Verpflichtung und Verfügung getrennt zu be-
trachten, doch könnte in der Genehmigung des Kaufvertrages dem
F gegenüber auch eine Genehmigung des Einigungsvertrages bzgl.
der Übereignung des Geldes liegen. Die Eltern wollten, dass der
Schön Kaufvertrag zustande kommt, also wollen sie auch die daraus re-
sultierenden Verfügungen über den Rucksack und das Geld.
Somit haben sie die Einigungserklärung des K konkludent gemäß §
108 II genehmigt. Die Willenserklärung des Minderjährigen ist also
wirksam.
Die Einigung zwischen K und F ist zustande gekommen.
II. K kann aus § 985 nicht die Herausgabe des Geldes von F verlan-
gen.
II. Der K kann auch nicht aus § 812 I S. 1 1. Alt. die 25 € zurück-
verlangen.
23
D. Endergebnis
K kann seine Anzahlung nicht zurückverlangen. F hingegen hat aus
§ 433 II den Anspruch gegen K auf Zahlung des Restpreises von
50 €.
Eine wirklich schöne Klausur. Tolle Prüfung der Ansprüche und sehr schöne Gliederung.
Lediglich die Erfüllungswirkung der Anzahlung nach § 362 I hätte noch problematisiert werden können, wenn
auf einen Zahlungsanspruch i.H.v. 75 € abgestellt worden wäre.
15 Punkte (Gut)
Gratuliere!
(P. Reiff)
24
2. Klausur für Anfänger im Strafrecht 2004 (11.06.2004)
K aus Trier bestellt bei der Firma „Action Film“ des V in Wittlich telefonisch 20 Videos von Arnold Schwar-
zenegger („Terminator I – 20“) zum Gesamtpreis von 250 €. Da K ein alter Stammkunde ist, wird vereinbart,
dass V die Filme bei ihm in Trier anliefern wird. Auch soll K keine Kosten für diesen Transport tragen müssen.
Am 24.09.2003 verpackt V in Wittlich die 20 Videokassetten in einen Karton und sagt sich telefonisch bei K für
den späten Nachmittag an („zwischen 17:00 und 18:00 Uhr“). Als er um 17:15 Uhr bei K eintrifft, ist dieser
aufgrund einer Vollsperrung der Luxemburger Autobahn nach Verkehrsunfall nicht zu Hause und erscheint auch
in der nächsten Stunde nicht. Entnervt gibt V das Warten auf.
Damit der Weg nach Trier nicht völlig sinnlos war, beschließt V, den Kunden B in Konz aufzusuchen. Dieser
hatte auch die Schwarzenegger-Videos bestellt, sollte allerdings erst in der nächsten Woche beliefert werden. V
ist sicher, dass B ihm die Filme auch jetzt schon abnehmen wird. Auf der Konzer Dorfstraße springt dem kurz-
zeitig unaufmerksamen V plötzlich eine ausgewachsene Dogge vor den Wagen. Sein Kompaktwagen schwäbi-
scher Herkunft kippt beim nachfolgenden Ausweichmanöver um und brennt vollständig aus.
Kann K den Kaufpreis für die verbrannten Videofilme in Höhe von 250 € verlangen?
Abwandlung:
V und K haben vereinbart, dass K die Videofilme in Wittlich abholt. Am 29.04.2003 ruft V bei K an, um ihm
mitzuteilen, dass die 20 Filme verpackt, an K adressiert und zur Abholung bereit im Regal stünden. D a K wieder
im Stau steht und der Babysitter aufgrund des in voller Lautstärke dröhnenden Fernsehers nichts hört, geht der
3-jährige Sohn des K ans Telefon. Auf die Mitteilung „Papa is nis da!“ erklärt V dem Filius, der Papa solle
morgen Nachmittag nach Wittlich kommen und seine Filme abholen. Wie nicht anders zu erwarten, vergisst S,
diese Information an seinen Erzeuger weiterzugeben. Am 26.09.2003 wird bei V eingebrochen und es werden
unter anderem auch die für K bestimmten Videos gestohlen.
K verlangt Lieferung der 20 Filme. V dagegen will den Kaufpreis von 250 €, ohne nochmals leisten zu
müssen. Welche Ansprüche hat V gegen K, welche K gegen V?
25
Gutachten
A. V könnte gegen K einen Anspruch aus § 433 II auf Zahlung des
Kaufpreises in Höhe von 250 € haben.
cc. Die aus dem Vertrag resultierende Leistung ist also unmöglich
geworden.
27
aa. Fraglich ist, ob die Voraussetzungen des Annahmeverzugs ge-
mäß §§ 293 ff. vorliegen. Annahmeverzug ist die Nichtannahme
trotz Erfüllbarkeit des möglichen Leistung und ordnungsgemäßen
Angebots.
bbb. Zudem müsste der Schuldner zur Leistung bereit gewesen sein
(§ 297). V hat mit den Videos eine Stunde bei K gewartet. Er war
demnach zur Leistung bereit.
fff. Eine Ausnahme könnte sich aus § 299 ergeben. Dies setzt je-
doch voraus, dass eine Leistungszeit nicht bestimmt oder der
Schuldner keine angemessene Frist gesetzt hat, in dem Falle, dass
er berechtigt war, vor der bestimmten Zeit zu leisten. Zwar war die
Leistungszeit noch nicht von Anfang an bestimmt. Doch kann da-
von ausgegangen werden, dass aufgrund des regelmäßigen ge-
schäftlichen Kontakts und der kurzen Entfernung Trier-Wittlich
eine Fristvereinbarung für den späten Nachmittag durchaus ange-
messen ist. Sonst hätte K am Telefon Einwände aufbringen können.
28
könnte sich aus § 300 ergeben. Danach haftet der Schuldner wäh-
rend des Annahmeverzugs grundsätzlich nur für Vorsatz und grobe
Fahrlässigkeit. K befand sich im Annahmeverzug (s.o.). V hat die
Unmöglichkeit durch unachtsames Fahren und den daraus resultie-
renden Unfall leicht fahrlässig herbeigeführt. Er hat die Unmög-
lichkeit somit nach § 300 nicht zu vertreten.
III. Fraglich ist, ob der Anspruch auch durchsetzbar ist. Eine Ein-
rede gemäß § 320 scheidet aus, da K kein eigener Anspruch – weder
aus Vertrag aufgrund Unmöglichkeit noch aus Schadensersatz – zu-
steht. Der Anspruch des K ist somit auch durchsetzbar.
IV. V hat gegen K einen Anspruch auf Zahlung von 250 € gemäß §
433 II
Abwandlung:
A. K könnte einen Anspruch gemäß § 433 I S. 1 auf Übereignung
der Filme gegen V haben.
29
Vereinbart war, dass K die Videos abholt, also eine Holschuld. Zur
Konkretisierung der Holschuld ist erforderlich, dass der Schuldner
die geschuldete Sache aussondert, bereitstellt und den Schuldner
benachrichtigt.
V hat die Videos laut Sachverhalt verpackt und an K adressiert zur
Abholung bereitgestellt. Fraglich ist jedoch, wie es sich auswirkt,
dass V lediglich den 3-jährigen Sohn des K benachrichtigt hat.
Zwar handelt es sich bei der Benachrichtigung nicht um eine Wil-
lenserklärung, doch muss auch hier der Benachrichtigende die
Nachricht in Richtung des Empfängers auf den Weg bringen, so-
Ihre Ausführungen sind hier dass mit einem Zugang gerechnet werden kann. Ansonsten hätte
letztlich zutreffend! Sie hätten der Gläubiger keine Möglichkeit der Kenntnisnahme. Vorliegend
allenfalls etwas genauer zwi- hat V zwar nicht wissen können, dass der Sohn erst drei Jahre alt
schen Empfangs- und Erklä- ist und somit die Nachricht nicht unbedingt weitergeben könnte. Er
rungsboten unterscheiden sol- hätte es aber an der kindlichen Stimme und Sprache vermuten müs-
len! sen und zur Sicherheit noch einmal anrufen müssen. Denn es ist
eher wahrscheinlich, dass ein kleines Kind eine Mitteilung vergisst,
als dass es sie an den Vater weitergibt. V hat K also nicht benach-
richtigt. Es fehlt an der Konkretisierung. Die Leistung des V ist
nicht unmöglich nach § 278 I.
(4) Zudem müsste er die Einrede erheben. Dann wäre der Anspruch
des V zwar weiter durchsetzbar, jedoch nur Zug um Uug gegen
Übereignung der Videos.
30
IV. V hat einen Anspruch gemäß § 433 II auf Zahlung des Kauf-
preises Zug um Zug.
Im Rahmen des ersten Teils der Klausur erkennen Sie, dass das Schwerpunktproblem in der möglichen Entkon-
kretisierung seitens des V liegt. Ebenso erkennen Sie, dass es umstritten ist, ob eine solche Entkonkretisierung
überhaupt möglich ist. Auch die Darstellung der hierzu vertretenen Ansichten gelingt Ihnen durchaus gut. Ihre
Entscheidung erfolgt in vertretbarer Weise. Auch dir Prüfung der Ausnahmevorschrift des § 326 II S. 1 erfolgt
zutreffend. Eine insgesamt erfreuliche hervorragende, ganz ausgezeichnete Bearbeitung dieses Teils der Klausur.
Im Rahmen des zweiten Teils erkennen Sie das Schwerpunktproblem und lösen dieses auch im Ergebnis zutref-
fend und nachvollziehbar. Lediglich stellenweise hätten Sie noch etwas genauer arbeiten können und beispiels-
weise eine explizite Unterscheidung zwischen Empfangs- und Erklärungsbote vornehmen können. (Es fehlten
letztlich die Begriffe Empfangs- und Erklärungsbote. Insgesamt jedoch eine erfreuliche gute Bearbeitung des
zweiten Teils.
Insgesamt handelt es sich bei Ihrer Klausur um eine überdurchschnittliche Leistung, die lediglich an kleineren
Ungenauigkeiten leidet.
Daher
14 Punkte (Gut)
Eine hervorragende Klausur, deren zweiter Teil jedoch nicht so überzeugt wie die erste.
Gleichwohl
14 Punkte (Gut)
Gratuliere! Die beste Klausur von 215 Arbeiten! Der erste Teil der Klausur ist nahezu nicht besser zu machen
und der zweite ist „gut“. Daher insgesamt die Ausnahmenote:
(P. Reiff)
31
2. Klausur für Anfänger im Strafrecht 2005
M ist Mieterin einer Wohnung des V. Durch einen Defekt der Stromleitung in der Küche kam es bei M immer
wieder zu Stromausfällen.
Der Vermieter (V), dem M die Mängel sofort nach dem ersten Auftreten angezeigt hatte, betraute den Elektroun-
ternehmer E mit der Reparatur der beschädigten Leitung. V war bekannt, dass E in seinem Betrieb zehn Mitar-
beiter beschäftigt. E entsandte daraufhin den bei ihm angestellten und bisher stets zuverlässigen Elektrogesellen
G in die Wohnung der M.
Infolge einer Unaufmerksamkeit des G kam es bei dem Versuch die reparierte Leitung auf Funktionsfähigkeit zu
testen, zu einem Spannungsüberschlag, wodurch der Einbauherd der M (Wert: 500,- €) irreparabel beschädigt
wurde.
G, der aufgrund dieses Vorfalls völlig verunsichert war, genehmigte sich daraufhin erst einmal einen kräftigen
Schluck Cognac aus einer in der Küche stehenden edlen Glaskaraffe (Wert: 200,- €). Diese entglitt allerdings
seinen zittrigen Händen und ging auf den Bodenfliesen zu Bruch.
M fragt, ob ihr gegen V, E und G Ansprüche wegen des Herdes und der Glaskaraffe zustehen. V fragt, ob
er gegebenenfalls Schadensersatzansprüche gegen E und G hat.
32
Gutachten
A: Ansprüche der M gegen V
A1: bezüglich des Herdes
I. aus § 280 I
M könnte gegen V einen Anspruch auf Schadensersatz für den zer-
störten Herd aus § 280 I 1 haben.
1. Schuldverhältnis
Dazu müsste zunächst ein Schuldverhältnis zwischen M und V be-
stehen. Laut Sachverhalt ist V der Vermieter der M; es besteht also
ein Mietvertrag gem. § 535. Somit liegt ein Schuldverhältnis vor.
2. Pflichtverletzung
V müsste nunmehr eine Pflicht aus diesem Schuldverhältnis ver-
letzt haben. Gemäß § 535 I 2 muss der Vermieter die Wohnung in
geeignetem Zustand bewahren. Folglich könnte eine Pflicht aus
dem Mietvertrag selbst betroffen sein. Auf alle Fälle liegt aber eine
und damit keine Schutzpflicht gemäß § 241 II vor: V hat auf die Rechtsgüter der M
Hauptpflicht aus dem – hier ihr Eigentum am Herd – Rücksicht zu nehmen. Diese Pflicht
Mietvertrag sondern müsste ferner verletzt worden sein. Durch V selbst geschah dies
Nebenpflicht. nicht. Allerdings könnte ihm das Handeln des G nach § 278 zuge-
rechnet werden.
Dazu müsste G Erfüllungsgehilfe des V sein. Dazu müsste er mit
Wissen und Wollen des Schuldners in dessen Tätigkeitskreis ein-
gesetzt worden sein. V wusste, dass Elektromeister E Mitarbeiter
Pflichtenkreis! beschäftigt. Bei Tätigkeiten wie dem Reparieren einer defekten
Leitung ist nicht von einer persönlichen Ausführung durch den
Meister auszugehen; V hat also zumindest konkludent den Einsatz
des G in seinem Tätigkeitskreis „Instandhalten der Wohnung“ ge-
wollt. G war somit Erfüllungsgehilfe des V.
muss nicht § 823 I sein, Dieser (G) müsste M ferner einen Schaden i.S.d. § 823 I zugefügt
Vermögensschaden reicht haben. G verletzte ein absolutes Rechtsgut der M, namentlich ihr
hier aus! Eigentum am Herd, in kausaler Weise. Dabei handelte er auch
rechtswidrig. Somit wurde M ein solcher Schaden beigebracht.
Zudem verlangt die h.M. dass dies bei Erfüllung der Pflicht gesche-
hen sei. Die Gegenmeinung lässt die Schadenszufügung bei Gele-
genheit der Erfüllung genügen (Medicus). Hier ist die strengere
Meinung erfüllt: G zerstörte den Herd beim Reparaturversuch.
Somit kann ein Streitentscheid hier dahinstehen, die Bedingung ist
erfüllt.
Der Schaden müsste nunmehr von G verschuldet worden sein. Wie
der Schuldner selbst hat er hier Vorsatz und Fahrlässigkeit zu ver-
treten, § 276 analog. G handelte hier nicht mit Vorsatz. Jedoch
könnte er fahrlässig gehandelt haben. Dies tut, wer die im Verkehr
erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt, § 276 II. Laut SV handelte
G unaufmerksam, mithin also gegen die erforderliche Sorgfalt.
Fahrlässigkeit liegt als Verschuldensform vor.
Letztlich müsste ein Schaden entstanden sein. Der Herd der M ist
nicht mehr funktionsfähig. Mithin liegt ein Schaden ebenfalls vor.
Somit hat der V die Pflichtverletzung des G zu tragen.
33
3. Vertretenmüssen
Gemäß § 280 I 2 muss V die Pflichtverletzung ferner zu vertreten
haben. Der Schuldner haftet gem. § 276 I für Vorsatz und Fahrläs-
sigkeit; in casu ist ihm das Handeln des G wie eigenes zuzurechnen
s.o. (§ 276 I i.V.m. § 278, s.o.).
5. Ergebnis
Somit besteht der Anspruch der M gegen V aus § 280 I 1 i.H.v.
500 €.
1. Schuldverhältnis (s.o.)
2. Pflichtverletzung (s.o.)
34
B: Ansprüche der M gegen E
B1: bezüglich des Herdes
I. aus § 280 I
Zwischen M und E bestand kein vertragliches Schuldverhältnis. Al-
lerdings könnte ein vorvertragliches Schuldverhältnis gemäß § 311
II vorliegen. Jedoch wurden weder Vertragsverhandlungen aufge-
nommen, noch bahnte sich ein Vertrag an, noch liegen ähnliche ge-
schäftliche Kontakte, die auf einen Vertragsschluss hinführen kön-
nen, vor. Somit scheidet der Anspruch aus § 280 I aus.
35
III. aus § 823 I (s.o.)
C: Ansprüche der M gegen G
C1: bezüglich des Herdes
I. § 823 I
M könnte gegen G einen Schadensersatzanspruch aus § 823 I ha-
ben. Dazu müsste er ein Rechtsgut der M in kausaler und wider-
rechtlicher Weise verletzt haben. Dies ist der Fall. Dies müsste er
ferner verschuldet haben, d.h. mit Vorsatz oder fahrlässig gehandelt
haben. Gem. § 276 II handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erfor-
derliche Sorgfalt außer Acht lässt. Durch seine Unachtsamkeit bei
der Reparatur des Herdes tat G dies. Somit handelte er schuldhaft.
Des Weiteren müsste ein Schaden entstanden sein. Gemäß § 249
hat er die M so zu stellen, wie sie bei Nichteintritt der Rechtsguts-
Formulierung verletzung stünde. Somit hat M gem. § 823 I einen Anspruch auf
Ersatz des Wertes des Herdes gegenüber G i.H.v. 500 €.
36
II. aus § 831
G zerstörte die Vase nicht „in Ausführung“ der Tätigkeit. Somit
Genau! besteht kein Anspruch aus § 831 gegen E.
Der Verfasser erkennt die entscheidenden Fallfragen in der Prüfung M – V und bejaht § 280 I zutreffend
bezüglich des Herdes und lehnt ebenso zutreffend bzgl. der Karaffe ab.
Bei M – E wird die Möglichkeit des VSD nicht gesehen, jedoch § 831 sehr gut geprüft mit unterschied-
lichen Scheiternsgründen bei Herd und Karaffe.
Die Prüfung V – E + G ist indes weniger gelungen, was evtl. auch an Zeitmangel liegen könnte.
37
1. Klausur für Anfänger im Strafrecht 2006
Der 17 jährige Jonas (J) ist Gitarrist in der Schülerband „Pumpkin Park“. Mit seinem Instrument, einem
billigen Stratocaster-Nachbau, ist er allerdings nicht zufrieden. Als er im Internet auf ein Inserat des
Musikers Hendricks (H) stößt, der dort eine gebrauchte Gitarre „Gretsch Rancher“ für € 500 feil bietet,
ist J begeistert. Er schickt H eine E-Mail, dass er als Heavy-Metal- Gitarrist die Gitarre gerne kaufen
wolle.
Nachdem er wochenlang nichts von H hört, denkt J, die Sache habe sich erledigt. Zu seiner Überra-
schung erhält er nach 2 Monaten doch noch eine Antwort. H erklärt darin, J könne die Gitarre zum
vereinbarten Preis haben. J spricht daraufhin mit seinen Eltern, die mit dem Geschäft einverstanden sind.
Er schreibt an H, dass er die Gitarre in den nächsten Tagen abholen werde. Ohne Wissen seiner Eltern
stellt er die alte Gitarre bereits zum Sperrmüll auf die Straße. Dort entdeckt sie der 15 jährige Marvin
(M), der sie mitnimmt, um sie zu behalten. Als J zu H kommt, stellte er enttäuscht fest, dass es sich nicht
um eine elektrische, sondern um eine akustische Gitarre handelt. J erklärt dem H ohne Wissen der Eltern,
dass er unter diesen Umständen von dem Erwerb nichts mehr wissen möchte. H besteht jedoch auf
Erfüllung des Geschäfts. Als J am Abend den Eltern von dem Vorfall berichtet, heißen diese sein Ver-
halten gegenüber H ausdrücklich gut.
38
Gutachten
A) H könnte gegen J einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung und Ab-
nahme der Kaufsache gemäß § 433 II haben.
40
a) Zunächst müsste ein Anfechtungsgrund vorliegen. In Betracht
kommt hier § 119 II. Dann müsste ein Irrtum des J über eine ver-
kehrswesentliche Eigenschaft vorliegen. Eine Eigenschaft ist ein
Zustand einer Sache, der nicht nur vorübergehend ist und als wert-
bildender Faktor angesehen wird. Der Preis selbst ist jedoch keine
Eigenschaft. Dass es sich bei einer Gitarre um eine akustische Gi-
tarre handelt, ist ein nicht nur vorübergehender Zustand. Auch kann
dieser Zustand als wertbildender Faktor der Gitarre angesehen wer-
den, da E-Gitarren im Allgemeinen einen höheren Wert haben als
akustische Gitarren. Also ist es Eigenschaft einer Sache zu bezeich-
nen, wenn diese akustisch ist. Verkehrswesentlich ist eine Eigen-
schaft, wenn sie erheblichen Einfluss auf das Zustandekommen ei-
nes Rechtsgeschäfts hat, vertragswesentlich ist. J wollte eine E-Gi-
tarre erwerben. Wenn er Kenntnis davon gehabt hätte, dass die feil-
gebotene Gitarre eine akustische war, hätte er den Kaufvertrag gar
nicht schließen wollen, da er die Gitarre für seine Tätigkeit als
„Heavy-Metal-Gitarrist“ erwerben wollte. Mithin ist die Eigen-
schaft der Gitarre akustisch zu sein, verkehrswesentlich. Über diese
P Wirksamkeit der Erklärung verkehrswesentliche Eigenschaft war J im Irrtum. Mithin liegt ein
des J? Anfechtungsgrund gemäß § 119 II vor.
Schön! d) Ein Ausschluss der Anfechtung gemäß § 144 I liegt nicht vor.
41
bb) Die Erklärung, die sich auf die unwirksame Anfechtung des J
bezieht, ist so auszulegen, dass sie für den objektiven Empfänger
(§§ 133, 157) als Anfechtungserklärung der Eltern des J als dessen
gesetzlicher Vertreter (§ 1629 I) anzusehen ist.
II. Es besteht also ein Anspruch des H gegen J auf den Ersatz des
Vertrauensschadens.
Zusatzfrage
J könnte gemäß § 985 einen Herausgabeanspruch gegen M haben.
42
b) B müsste Besitzer der Gitarre sein. Besitz ist die tatsächliche
§ 812 I 1 2. Alt. (+) Sachherrschaft. M hat die Gitarre an sich genommen. Also hat M
die tatsächliche Sachherrschaft, den Besitz erlangt.
c) M dürfte kein Recht zum Besitz an der Gitarre haben. Hier ist
kein dingliches, rechtsgeschäftliches oder sonstiges Recht ersicht-
lich, weshalb M die Gitarre besitzen dürfte.
Sie arbeiten die Schwerpunkte des Falles gezielt heraus und lösen die Rechtsprobleme zutreffend! Auch
haben sie den Gutachtenstil verstanden und arbeiten sprachlich mängelfrei!
Allein fraglich bleibt, worin Sie die Anfechtung der Eltern sehen! Hierfür fehlt die Anfechtungserklä-
rung, § 143 I!
Daher
13 Punkte (gut)
43
2. Klausur für Anfänger im Strafrecht 2006
Winzer Werner (W) ist Eigentümer eines Weinbergs an der Mosel. Weil ihm die Weinlese auf Dauer zu
mühsam ist, beschließt er, diesen gegen ein anderes Grundstück einzutauschen. Im Internet stößt er auf
ein Inserat des Eifelbauern Erwin (E). Dieser ist Eigentümer eines Obstgartens, den er gerne veräußern
möchte. W gelingt es, dem E den Weinberg schmackhaft zu machen, indem er auf den besonders guten
Jahrgang verweist, der dieses Jahr zu erwarten sei. W und E suchen daraufhin einen Notar auf und lassen
den Tausch der beiden Grundstücke am 1. September ordnungsgemäß beurkunden. Gleichzeitig wird
die Übereignung des Obstgartens beurkundet, welche kurz darauf im Grundbuch eingetragen wird. W
erhält auch schon den Schlüssel für den Obstgarten. Weil für die Übereignung des Weinbergs noch
einige Dokumente erforderlich sind, wird dafür ein gesonderter Notartermin am 14. September, 15 Uhr,
vereinbart. Dann soll auch die Übergabe stattfinden.
Zum vereinbarten Termin erscheint W, nicht jedoch E, der unverschuldet in einem Stau steckt. Unver-
richteter Dinge verlässt W um 16 Uhr das Notarbüro und fährt zurück in seinen Weinberg, um dort die
Reben mit einem Schädlingsbekämpfungsmittel zu behandeln. Durch ein leichtes Versehen verwendet
er dabei eine zu hohe Dosierung, wodurch die Rebstöcke samt Trauben eingehen. Als E am nächsten
Tag davon erfährt, ist er enttäuscht, denn er hatte sich schon auf das Keltern des Jahrgangs eingerichtet.
Er ruft W an, erklärt ihm, der Tauschvertrag sei für ihn hinfällig geworden und verlangt seinen Obstgar-
ten zurück. W hingegen besteht auf der Durchführung des Vertrages.
Abwandlung:
E ist zum Termin erschienen, beide Grundstücke wurden formgerecht übereignet und übergeben. Nach
einem Monat erklärt E den Rücktritt, welchen er sich vertraglich vorbehalten hatte. Nun stellt W fest,
dass E die Weinernte unterlassen hat und sämtliche Trauben von Vögeln und Wanderern verzehrt wor-
den sind. E meint, dass W dadurch keine Einbuße entstanden sei, denn hätte er, E die Trauben geerntet,
wären diese ja auch weg gewesen. Ein weitergehender Schaden sei – was zutrifft – am Weinberg nicht
eingetreten.
44
Gutachten
I. E könnte gegenüber W einen Anspruch auf Rückübereignung sei-
nes Obstgartens haben, aus § 346 I i.V.m. § 323 I, IV, § 480, § 437
Nr. 2, § 434 BGB.
Dazu müsste E wirksam von seinem Tauschvertrag mit W zurück-
getreten sein. Der Rücktritt als Gestaltungsrecht setzt einen Rück-
trittsgrund und eine Rücktrittserklärung voraus.
a) Rücktrittsgrund
Zunächst müsste zwischen E und V ein Schuldverhältnis bestehen.
§ 311 b E und W haben hier einen Tauschvertrag geschlossen, welcher ord-
nungsgemäß notariell beurkundet wurde. Ein Schuldverhältnis ist
somit zunächst entstanden.
Weiterhin müsste eine Nicht- oder Schlechtleistung vorliegen. (Das
Verfügungsgeschäft zur Übereignung des Weinbergs wurde hier
noch nicht geschlossen, jedoch wurde das Verpflichtungsgeschäft
– Tauschvertrag – geschlossen). Der noch zu übereignende Wein-
berg könnte hier gem. § 434 einen Mangel aufweisen.
Gut! Fraglich ist, ob die Vorschriften des Kaufrechts hier Anwendung
finden. Gem. § 480 gelten die Vorschriften des Kaufrechts auch für
den Tausch. Folglich ist nun zu prüfen, ob der Weinberg gem. §
434 BGB einen Mangel aufweist, was den E gem. § 437 Nr. 2 zum
§ 434 I S. 2 Rücktritt berechtigen würde. Hier könnte es sich gem. § 434 Nr. 2
exakt zitieren BGB um einen objektiven Sachmangel handeln. Die Rebstöcke und
Trauben des Weinbergs sind hier eingegangen. Eine Kelterung der
Trauben ist nicht mehr möglich. Mithin eignet sich der Weinberg
nicht mehr zur gewöhnlichen Verwendung und weist auch nicht die
Beschaffenheit auf, welche andere Weinberge besitzen. Ein Sach-
mangel liegt somit vor. Dieser müsste jedoch gem. § 434 I S. 1 bei
Gefahrübergang vorgelegen haben. Nach § 446 geht die Gefahr mit
Gut gesehen! der Übergabe einer Sache auf den Gläubiger über. Der Sachmangel
müsste also bei Übergabe bereits vorgelegen haben. Gem. § 446
S. 3 steht es einer Übergabe gleich, wenn der Käufer (hier Gläubi-
ger = E) im Annahmeverzug ist. Der E könnte such hier im Annah-
Voraussetzungen des Annah- meverzug befunden haben. Gem. § 293 kommt der Gläubiger in
meverzugs lückenhaft! Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Hier
hatten E und W vereinbart, sich am 14. September um 15 Uhr bei
dem Notar zu treffen, um die Übereignung des Weinbergs („die ihm
angebotene Leistung“) vorzunehmen. Der E kommt gem. § 295
durch ein wörtliches Angebot in Verzug, wenn eine Handlung sei-
nerseits erforderlich gewesen war. Hier war eine Leistung des
Gläubigers (hier E) erforderlich, nämlich das Erscheinen im Büro
des Notars und das Mitwirken bei der Übereignung des Weinbergs.
Folglich genügt gem. § 295 ein wörtliches Angebot, um den E in
Annahmeverzug zu bringen. Hier ist jedoch kein wörtliches Ange-
bot von W gem. § 295 ist jedoch kein wörtliches Angebot von W
gem. § 295 erfolgt. Dieses könnte jedoch gem. § 296 entbehrlich
sein. Der E hat hier die erforderliche Handlung (Erscheinen und
Mitwirkung im Notarbüro) nicht vorgenommen. Damit ist das An-
gebot gem. § 296 entbehrlich, da eine Zeit nach dem Kalender be-
45
stimmt war. Der Annahmeverzug ist nicht gem. § 299 ausgeschlos-
Hier hätten Sie noch kurz da- sen. Folglich hatte der E gem. § 293 die ihm angebotene Leistung
rauf eingehen können, warum nicht angenommen. Er befand sich mithin im Annahmeverzug.
nach Ihrer Lösung die §§ 323 Die Gefahr ging somit auch auf den E über, § 446 S. 3. Bei Gefahr-
I, 326 V (ohne § 437) nicht übergang war der Weinberg also frei von Sachmängeln. Eine
mehr anwendbar sind. Stich- Schlechtleistung liegt also nicht vor. Es fehlt für einen wirksamen
wort: Sperrwirkung des § 437 Rücktritt bereits an dem Tatbestandsmerkmal der Schlechtleistung.
ab Gefahrübergang Folglich ist E nicht wirksam von seinem Tauschvertrag mit W zu-
rückgetreten.
b) Ergebnis:
E hat keinen Anspruch auf Rückübereignung seines Obstgartens
gem. § 346 I i.V.m. § 323 I, IV, § 480, § 437 Nr. 2, § 434.
Abwandlung:
W könnte gegen E einen Anspruch auf Rückübereignung und Wer-
tersatz der Nutzungen haben aus §§ 346, 323 I i.V.m. § 347 I. Zu-
nächst müsste ein Rückgewährschuldverhältnis vorliegen. E ist hier
Gut gesehen! auf Grund seines vertraglich vorbehaltenen Rücktrittsrechts zu-
rückgetreten, gem. § 346 I, womit sich der Vertrag in ein Rückge-
währschuldverhältnis verwandelte. W hat also einen Anspruch auf
Rückübereignung des Weinbergs. Fraglich ist, wie sich auswirkt,
dass E die Trauben des Weinbergs nicht geerntet hat.
Gem. § 347 muss der Schuldner dem Gläubiger Wertersatz leisten,
Hier hätten Sie noch kurz wenn er Nutzungen entgegen den Regeln einer ordnungsgemäßen
herleiten sollen, dass es sich Wirtschaft nicht zieht. Die Weinernte entspricht einer solchen Re-
bei den Trauben um Nutzun- gel einer ordnungsgemäßen Wirtschaft. Da E die Weintrauben nicht
gen des Weinbergs handelt. geerntet hat, obwohl dies den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirt-
schaft entspricht, ist er dem W also gem. § 347 I zum Wertersatz
verpflichtet.
Gut! Der Ausschluss gem. § 347 I S. 2 scheitert bereits daran, dass die
Parteien ein vertragliches Rücktrittsrecht vereinbart hatten.
Ergebnis:
W hat gegenüber E einen Anspruch auf Rückübereignung des
Weinbergs und Wertersatz hinsichtlich der nicht erfolgten Ernte
aus § 346, § 323 I i.V.m. § 347 I.
46
Ausgangsfall:
Sie haben gut erkannt, dass die §§ 437 ff BGB Anwendung finden. Deren Prüfung ist nicht zu bean-
standen. Der Gefahrübergang nach § 446 S. 3 BGB wurde ebenfalls gesehen und zu Recht bejaht. Die
Prüfung des Annahmeverzugs des E ist etwas lückenhaft und unstrukturiert. Im Anschluss hätten Sie
noch problematisieren sollen, dass nach Ihrer Lösung der in Annahmeverzug geratene Käufer gegen
vom Verkäufer vor Übergabe grob fahrlässig verursachte Mängel schutzlos ist. Aus diesem Grund hät-
ten Sie im Anschluss an die Ablehnung des Rücktritts nach § 437 Nr. 2 noch auf §§ 323, 326 V BGB
eingehen können (vgl. Bespr.).
Abwandlung:
Die Abwandlung wurde zutreffend gelöst, vgl. Randbemerkungen.
13 Punkte (gut)
47
1. Klausur für Anfänger im Strafrecht 2007
I. Das norwegische Kühlschiff „Jessica“ hat u.a. 100 Tonnen Haifischfleisch (vom Grönlandhai, auf
Norwegisch håkjerring) in den Hamburger Hafen gebracht. Diese sollen durch den Schiffseigener, den
in Hamburg mit einer Niederlassung vertretenen Norweger V, vertrieben werden. V bietet seinen 25
Hamburger Stammkunden – darunter K, der in seiner kleinen Fabrik feine Fischfilets herstellt – darauf-
hin ein Fax „Håkjerring zur sofortigen Abholung“; hierbei denkt er jedoch, håkjerring sei das norwegi-
sche Wort für Thunfisch. V erwidert per Fax „Einverstanden“. K erscheint alsbald danach bei V und
holt die für ihn bereitgestellten Paletten mit einem Kühllastwagen ab; gleichzeitig übergibt er an V 10
Eintausend-Euro-Scheine, die dieser in einem ansonsten leeren Tresor seines Büro verschließt. Wieder
in der Fabrik angekommen, wird die Ladung in den Kühlraum des K gebracht, um am nächsten Tag
weiterverarbeitet zu werden. Am nächsten Morgen entdeckt K bei der routinemäßigen Qualitätskon-
trolle, dass es sich keineswegs um Thunfischfleisch, sondern um Haifischfleisch handelt. K protestiert
daraufhin bei V gegen die Lieferung. V erklärt, håkjerring, also Haifischfleisch, sei sowohl bestellt als
auch geliefert worden; er müsse deshalb leider auf Vertragsdurchführung bestehen, zumal er Ware, die
sein Kühlschiff einmal verlassen habe, nach Rücknahme nur noch zum halben Preis als Tierfutter ver-
kaufen könne (was zutrifft). Demgegenüber erklärt K, er könne kein Norwegisch, er habe Thunfisch und
nicht Hai kaufen wollen, er wolle das Haifleisch nicht haben, sondern wolle die bereits gezahlten 10.000
Euro zurückhaben.
II. (Abwandlung:) K kennt die Bedeutung des Wortes håkjerring und entschließt sich, es auch einmal
mit Haifischfleisch zu versuchen. Er ordert um 12 Uhr per Fax an V „10t Håkjerring zur sofortigen
Abholung“, wobei er um Antwort bis 15 Uhr bittet, da er sich sonst zur Auslastung seiner Produktion
anderweitig mit Rohfisch eindecken müsse. V verschickt um 13 Uhr ein Fax mit der Erklärung: „Ein-
verstanden“ an K; dieses wird jedoch, was sich aus dem durch das Faxgerät des V erstellten Sendebe-
richts nicht erkennen lässt, durch das Faxgerät des K aufgrund Papiermangels nicht ausgedruckt. Um
15:30 Uhr deckt sich K, wie angekündigt, anderweitig mit Rohfisch für die nächsten Produktionstage
ein. Als um 16 Uhr V bei K anruft und fragt, warum K den Fisch nicht abhole, sieht dieser sich mangels
rechtzeitiger Antwort des V zur Abnahme und Bezahlung des Haifischfleischs nicht verpflichtet.
Hat K Recht?
48
Gutachten
Teil I
A) K gegen V
I. K hat gegen V einen Anspruch auf Herausgabe der 10.000 Euro
gem. §§ 985, 986*, wenn K Eigentümer der 10.000 Euro und V
nichtberechtigter Besitzer ist.
5) Ergebnis
K hat keinen Anspruch gem. § 985 auf Herausgabe der 10.000 Euro
gegen V.
50
K benutzt das norwegische Wort Hakjerring, was Haifischfleisch
bedeutet. Ein objektiver Dritter hätte K’s Willenserklärung nur so
auffassen können, dass K Haifischfleisch meine. K hat also ein An-
gebot über Haifischfleisch gemacht. Dieses hat K auch willentlich
entäußert und es ist dem V auch zugegangen, so dass ein wirksames
Gut! Angebot von Seiten des K vorliegt.
Zwischenergebnis:
Ein wirksamer Kaufvertrag wurde also zwischen V und K über 10t
Haifischfleisch geschlossen, so dass eigentlich ein Rechtsgrund zur
Leistung des K bestünde.
Gut!
b) Anspruch untergegangen
Fraglich ist aber, ob K diesen nicht wirksam gem. § 142 I rückwir-
kend angefochten hat.
Zwischenergebnis:
51
Sehr ordentliche Prüfung! K hat den Kaufvertrag mit V wirksam angefochten, sodass der
Kaufvertrag rückwirkend nichtig ist, §142 I und als Rechtsgrund
zur Leistung im Sinne des § 812 I S. 1 Alt. 1 nicht in Betracht
kommt.
Ergebnis:
K hat also gegen V einen Anspruch auf Rückübereignung der
10.000 Euro gem. § 812 I S. 1 Alt. 1.
B) Ansprüche des V
I. V könnte einen Anspruch gegen K gem. §§ 985, 986 auf Heraus-
gabe der 10t Haifischfleisch haben.
Dazu müsste V der Eigentümer der 10t Haifischfleisch sein. V hat
jedoch sein Eigentum am Haifischfleisch gem. § 929 S. 1 an K
Die Einigung wird durch K an- durch wirksame Übertragung verloren, da V und K sich über den
gefochten Eigentumswechsel einig waren, das Haifischfleisch übergeben
K „will den Fisch nicht haben“ wurde und V dazu berechtigt war. V war somit nicht mehr Eigen-
muss geprüft werden tümer der 10t Haifischfleisch.
Ergebnis:
V hat keinen Anspruch gegen K gem. §§ 985, 986 auf Herausgabe
der 10t Haifischfleisch.
II. Ein Anspruch aus § 861 scheidet mangels verbotener Eigen-
macht aus, da V dem K den Besitz am Haifischfleisch willentlich
übertrug.
Ergebnis:
V hat also einen Anspruch gegen K auf Rückübereignung der 10t
Haifischfleisch gem. § 812 I S. 1 Alt. 1.
IV. V könnte gegen K einen Anspruch auf Zahlung von Schadens-
ersatz gem. § 122 I i.H.v. 5.000 Euro haben. Dies setzt eine wirk-
same Anfechtung voraus und dass der entstandene Schaden vom
Anwendungsbereich des § 122 I umfasst wird.
52
2) § 122 I ersetzt den Schaden, den der andere erleidet, weil er auf
die Gültigkeit der Erklärung vertraute. Es wird also der Vertrauens-
schaden ersetzt. Dabei ist der Vertragspartner so zu stellen, als hätte
Ausdruck er nie von dem Geschäft gewusst. Hätte V nichts von dem Geschäft
gewusst, hätte die Ware sein Kühlschiff nicht verlassen und er hätte
Das negative Interesse wird in das Fleisch an einen anderen Kunden zum Preis von 1.000 Euro je
der Höhe durch das positive Tonne verkaufen können. Jetzt kann er es nur noch zum halben
Interesse begrenzt. Darauf hät- Preis, also für 500 Euro je Tonne verkaufen. Er hat also einen Scha-
ten Sie noch hinweisen kön- den in Höhe von 5.000 Euro erlitten.
nen!
Ergebnis:
V hat gegen K einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz
i.H.v. 5.000 Euro, § 122 I.
Teil II
V könnte gegen K einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung i.H.v.
10.000 Euro nach § 433 II haben, wenn zwischen den beiden ein
wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen ist.
Ein wirksamer Kaufvertrag setzt zwei übereinstimmende Willens-
erklärungen, Angebot und Annahme, §§ 145 ff. voraus. Zudem
muss das Angebot innerhalb der Annahmefrist angenommen wor-
den sein.
I. Angebot
K könnte vorliegend das Angebot gemacht haben, indem er 10t
Hakjerring zur sofortigen Abholung per Fax um 12 Uhr bestellt. Er
hat den nötigen Rechtsbindungswillen und sein Angebot enthält
alle essentialia negotii in Bezugnahme auf die vorhergehenden Ver-
handlungen. Eine Willenserklärung des K liegt somit vor. Dieser
entäußert sich auch willentlich und sie geht dem V auch zu. Damit
liegt ein wirksames Angebot des K vor.
II. Annahme
V könnte das Angebot angenommen haben. V verschickt um 13
Uhr ein Fax mit der Erklärung: „Einverstanden“. Eine Annahme ist
das vorbehaltlose Einverständnis mit dem Angebot. Diese müsste
als empfangsbedürftige Willenserklärung auch abgegeben und dem
K zugegangen sein.
2) Problematisch ist aber der Zugang bei K, weil K dem V eine Frist
bis 15 Uhr setzte und K aufgrund Papiermangels im Fax, von der
Annahme überhaupt keine Kenntnis nahm. Eine verkörperte Wil-
lenserklärung ist aber bereits dann zugegangen, wenn sie so in den
Machtbereich des Empfängers gelangt, dass er unter gewöhnlichen
Umständen von ihr Kenntnis nehmen kann. Die Willenserklärung
Gut! ist also in den Machtbereich des K gelangt, in dem Moment, als es
auf seinem Fax ankam. Dass er davon keine Kenntnis nehmen
konnte, weil sein Faxgerät diese nicht ausdrucken konnte, ist für
53
Der Zugang als solches oder den Zugang unschädlich, da jemand, der Geschäftsverhandlungen
die Rechtswidrigkeit? per Fax führt, auch dafür zu sorgen hat, dass es stets funktionstüch-
Problem schön aus dem Sach- tig ist. Dazu gehört auch für genügend Papier zu sorgen. Unter nor-
verhalt herausgearbeitet. malen Umständen hätte er also kurz nach 13 Uhr von der Annahme
Kenntnis nehmen können, so dass ihm zu diesem Zeitpunkt die An-
i.E. vertretbar, Begründung et- nahme zugegangen ist. V hat also eine wirksame Annahme abge-
was knapp geben.
3) Frist
K hat hier eine Frist bis 15 Uhr bestimmt, § 147 II. Die Annahme
ist ihm kurz nach 13 Uhr zugegangen, sodass die Frist ebenfalls
Rechtszeitigkeitsfiktion eingehalten wurde.
Ergebnis:
V hat gegen K einen Anspruch zur Abnahme des Haifischfleisches
und Kaufpreiszahlung gem. § 433 II. K hat also kein Recht.
54
2. Klausur für Anfänger im Strafrecht 2007
Der verwitwete V betreibt einen Laden für Spielwaren und Geschenkartikel, sein Sohn, der 17jährige
Gymnasiast G, geht ihm hierbei regelmäßig zur Hand. Bereits zweimal hat G in der jüngeren Vergan-
genheit bei dem Großhändler H, von dem V die Mehrzahl seiner Waren bezieht, angerufen, sich als
Sohn des V vorgestellt und im Namen des V einzelne Posten von Spielwaren bestellt. Dies hatte V dem
G zwar keineswegs gestattet; jedoch wurden die hierüber von H ausgestellten Rechnungen anstandslos
durch V bezahlt, da V, der mit dem Aufbau einer Filiale in der Nachbarstadt beschäftigt ist, gar nicht
aufgefallen war, dass die Bestellungen nicht von ihm selbst stammten. Als jedoch eines Tages 50 bisher
nicht im Sortiment enthaltene Bausätze für Flugzeugmodelle angeliefert werden – die G zum Preis von
je EUR 40,- wiederum telefonisch im Namen des V bestellt hatte -, wird V aufmerksam. Er ruft H an
und erklärt, G sei zu derartigen Bestellungen nicht ermächtigt gewesen, er verweigere deshalb die Be-
zahlung.
Frage 1: Hat H einen Anspruch auf Zahlung von EUR 2.000,- gegen V und/oder G?
Am gleichen Tag kommt die gleichfalls verwitwete Frau M in den Laden des V. Sie erwirbt zunächst
für EUR 50,- eine Blumenvase von V. Diese ist für ihre Mutter O bestimmt, die die Vase am Vorabend
im Schaufenster des V gesehen und ihre Tochter (M) gebeten hatte, diese für sie mitzubringen; dabei
hatte O der M bereits einen 50-Euro-Schein übergeben. Ferner kauft M für EUR 20,- eine Puppe, die
sie ihrer 6jährigen Tochter T schenken will, die auf dem nahen Spielplatz wartet. Am Spielplatz ange-
kommen, übergibt sie die Puppe mit den Worten „hier, die schenke ich Dir, weil Du so liebe warst“, der
T. T sagt artig „danke“ und nimmt die Puppe entgegen. Kurzdanach –T spielt gerade an der Schaukel –
kommen mehrere jungendliche Randalierer, darunter der 18jährige R, auf das Spielplatzgelände und
pöbeln die anwesenden Eltern und Kinder an. R nimmt sich die Puppe und die noch eingepackte Vase,
die mittlerweile neben der verängstigten M auf der Bank liegen, und zerstört diese mit einigen Fußtritten
vollständig.
Frage 2: Welche Ansprüche haben O, T und/oder M wegen der zerstörten Puppe bzw. Vase gegen R?
G beichtet derweil seinem Vater, dass er vor 14 Tagen von seinem Taschengeld (EUR 100,- pro Monat)
ein Los des staatlich konzessionierten Lotterieveranstalters L zum Preis von 5,- EUR erworben und
damit 1.000,- EUR gewonnen habe, die er auch schon bei L abgeholt habe. Mit den hierbei erhaltenen
zwei 500-Euro-Scheinen habe er am heutigen Vormittag von seinem Freund F dessen gebrauchtes Mo-
torrad gekauft; hierbei handelt es sich um ein Motorrad, das mit dem von G kurz vorher (mit Einver-
ständnis des V) erworbenen Führerschein der Klasse AM gefahren werden darf. V erklärt, damit sei er
im Hinblick auf die zunehmenden Eigenmächtigkeiten des G nicht einverstanden. Zusammen mit dem
widerstrebenden G schafft V das Motorrad wieder zu F, fragt diesen, ob das Geld noch da sei (was dieser
bejaht) und verlangt sodann Herausgabe der Geldscheine gegen Rückgabe des Motorrads, was F jedoch
verweigert.
55
Gutachten
Frage 1:
H könnte gegen V einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung in Höhe
von 2.000 Euro gem. § 433 II haben, wenn zwischen beiden ein
wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen ist. Ein wirksamer
Unschön Kaufvertrag besteht aus zwei übereinstimmenden Willenserklärun-
gen, Angebot und Annahme, §§ 145 ff.
Ergebnis:
H hat einen Anspruch auf Zahlung von 2.000 Euro gegen V gem. §
433 II.
Frage 2:
I. O könnte einen Anspruch auf Schadensersatz gem. § 823 I in
Höhe von 50 Euro gegen R haben. Dazu müsste dieser vorsätzlich
oder fahrlässig das Eigentum der O widerrechtlich verletzt haben
und ihr müsste dadurch ein Schaden in Höhe von 50 Euro entstan-
den sein.
57
prinzip greift, wenn es sich nämlich um ein sog. verdecktes Ge-
schäft für den, den es angeht, handelt. Bei diesen muss der Vertreter
ausnahmsweise nicht im Namen des Vertretenen handeln, da es
Nein, das war gerade nicht ent- dem Geschäftspartner egal ist, mit wem er das Geschäft schließt.
behrlich! Dies ist bei den sog. Bargeschäften des täglichen Lebens der Fall,
bei dem die Geldschuld sofort beglichen wird. Dies ist hier gerade
der Fall, da die M die Vase bereits bezahlt hat. Somit handelte M
auch im Namen der O.
Ergebnis:
O hat einen Anspruch auf Schadensersatz i.H.v. 50 Euro gem. § 823
I gegen R.
a) Einigung
- Einigung (+)
- fraglich, ob wirksam, weil T als Geschäftsunfähige gem. § 105 I
keine Willenserklärung abgeben kann
- möglicherweise M als gesetzliche Vertreterin
Üben Sie unbedingt Ihre Zeit - Problem § 181, da M als Vertreterin der T ihr eigenes Angebot
zum Schreiben wie vorgege- zur Eigentumsübertragung annehmen würde
ben einzuteilen, denn Stich- - Insichgeschäft grds. nicht wirksam
punktartige Ausführungen - Ausnahme lediglich rechtlicher Vorteil für Minderjährigen, da Ei-
werden u.U. nicht berücksich- gentumserwerb
tigt! - Teleologische Reduktion des § 181, weil bei lediglich rechtlichem
Vorteil kein Interessenskollision stattfinden kann
- wirksame Übereignung
- § 929 S. 1 (+)
- R widerrechtlich vorsätzlich Eigentum der T verletzt
- § 823 I (+)
58
Frage 3:
I. G könnte (vertreten durch seinen Vater V gem. § 1629 I) einen
Für die Frage, ob G den An- Anspruch auf Herausgabe der zwei 500-Euro-Scheine gem. §§ 985,
spruch „hat“, ist das egal 986 gegen F haben. Dazu müsste G der Eigentümer der zwei 500-
Euro-Scheine (1.000 Euro) und F ihr nichtberechtigter Besitzer
sein.
b) Des Weiteren hat L das Geld auch an G übergeben und war fer-
ner auch dazu als Eigentümer berechtigt. L hat sein Eigentum an
den 1.000 Euro also wirksam an G übertragen.
59
sein kann, dass ein Minderjähriger über einen hohen Geldbetrag
frei verfügen kann und unter Umständen einfach weggibt. Die
1.000 Euro sind somit kein Taschengeld, sodass die Willenserklä-
rung des G nicht gem. § 110 wirksam werden konnte.
Seine Willenserklärung gerichtet auf die Eigentumsübertragung ist
somit gem. § 108 schwebend unwirksam, aber durch die Verwei-
gerung des Vaters endgültig unwirksam geworden. Es lag folglich
keine wirksame Einigung vor, sodass G noch Eigentümer der 1.000
Euro ist.
3) Zudem müsste F der Besitzer der 1.000 Euro sein, also die tat-
Schön gesehen sächliche Sachherrschaft darüber haben. F hat die tatsächliche
Sachherrschaft über sie und ist insofern Besitzer der 1.000 Euro.
Ergebnis:
G hat einen Anspruch auf Herausgabe der 1.000 Euro gem. §§ 985,
986 gegen F.
60
1) Zunächst müsste F etwas erlangt haben. Etwas ist jede vermö-
genswerte Rechtsposition. Hier hat F den Besitz an den 1.000 Euro,
also etwas erlangt.
Ergebnis:
G hat gegen F einen Anspruch auf Herausgabe der 1.000 Euro gem.
§ 812 I S. 1 Alt. 1.
Zu Frage 2: Oberpunkte sind Erkennbar, ordentliche und zutreffende Prüfung. Leider den Schluss nur
Stichpunktartig geprüft. Die Probleme werden aber alle erkannt!
Zu Frage 3: Insgesamt recht ordentliche und zutreffende Prüfung. Die Probleme werden erkannt und
zutreffend geklärt.
Daher
61
1. Klausur für Anfänger im Strafrecht 2008
V sammelt alte Armbanduhren. Da sie sich von Teilen ihrer Sammlung trennen möchte, aber nicht will,
das die Stücke, die sie sehr liebt, in die falschen Hände geraten, beschließt sie, eine kleine Versteigerung
für geladene Gäste durchzuführen. Sie lädt daher etwa zwanzig Sammler aus ihrem engeren Freundes-
kreis ein, mit denen sie folgende Modalitäten vereinbart:
Die Auktion wird für jedes Stück zeitlich begrenzt. Nach Vorstellung der jeweils zur Versteigerung
anstehenden Uhr wird eine Stoppuhr gestartet. Die Bieter haben fünf Minuten Zeit. ihre Gebote abzu-
geben. Mit demjenigen, der bei Ablauf der Zeit das höchste Gebot abgegeben hat, kommt ein verbind-
licher Vertrag zustande. Gebote werden durch Heben der Hand abgegeben. Dies bedeutet Jeweils eine
Erhöhung des vorherigen Gebots um € 20,-. Die Versteigerung läuft gut, doch bei einigen gibt es Prob-
leme:
Als erste Uhr hat V eine Timeco Timeless von 1950 aufgerufen, die sich in schlechtem Zustand befindet.
V hat einen Anfangspreis von € 100,- vorgegeben. Nachdem ein erster Bieter den Anfangspreis geboten
hat, erhöhte B das Gebot durch Handzeichen auf € 120,-. Im Nachhinein ärgert sich B dass er für das
nicht besonders wohlerhaltene Stück geboten hat. Er weist V (wahrheitsgemäß) daraufhin, dass er sein
Gebot in dem Glauben abgegeben hat, das Handzeichen bedeute eine Erhöhung des Gebots um € 10,-.
Daher könne er das Geschäft nicht gelten lassen. V, die froh ist, für die Uhr überhaupt einen Abnehmer
gefunden zu haben, erklärt dem B, sie sei bereit ihm die Uhr für € 110,- zu überlassen. B will die Uhr
aber auch
zu diesem Preis nicht abnehmen.
Als nächstes bietet V eine Tempofuga 300 von 1930 an. Bei der Benennung des Startpreises unterläuft
V ein Fehler. Statt - wie geplant € 500 nennt V einen Startpreis von € 100,-. Die Gebote kommen nur
schleppend. Nach Ablauf der fünfminütigen Frist liegt das höchste Gebot bei € 250,-. Es wurde von C
abgegeben. V erklärt C, sie könne ihm die Uhr unmöglich für €250,- geben. Sie sei mindestens €900,-
wert. Obgleich V ihren Fehler bei der Nennung des Startpreises gleich nach Ende der Auktion erkennt,
erwähnt sie davon nichts, weil ihr peinlich ist, auf diesen "Aussetzer" hinzuweisen. Zunächst gehen V
und C auseinander, ohne sich zu einigen. Nach zwei Wochen fordert C die V nochmals auf die Uhr
gegen Zahlung von € 250,- an ihn zu liefern.
Schließlich kommt eine Tiempolegero Y200 von 1912 zur Versteigerung. Um sicherzustellen, dass sie
für diese Uhr einen guten Preis erzielen kann, hat V mit ihrer Freundin F ausgemacht, dass diese notfalls
ein Gebot abgibt, um andere zu Geboten anzuregen. V hat F zugesichert, dass sie ihre Freundin keines-
falls an ihren Geboten festhalten will. - Nur wenige Bieter interessieren sich für die Tiempolegero Y200.
Kurz vor Ende der Versteigerung liegt D mit einem Gebot von €600,- in Führung. Da der Marktwert der
Uhr bei mindestens € 800,- liegt, greift F ein und bietet € 620,-. Daraufhin bietet D € 640,-. Bei diesem
Gebot endet die Auktion. Als D kurz darauf noch vor Übergabe der Tiempolegero Y200, von der Ab-
sprache zwischen V und F erfahrt, weigert er sich den Kaufpreis von € 640,- zu bezahlen. Das letzte
Gebot habe er ja nur gemacht, um die F zu überbieten.
Frage 1: Kann V von B die Bezahlung von €120 oder €110 für die Timeco Timeless verlangen?
Frage 2: Kann C von V die Überlassung der Tempofuga 300 für €250 verlangen?
Frage 3: Kann V von D oder F die Zahlung von €640, €620 oder wenigstens € 600 für die Tiempolegero
Y 200 verlangen?
62
Gutachten
Frage 1:
Anspruch der V gegen B
V könnte gemäß § 433 II einen Anspruch auf Zahlung von 120 €
haben, wenn zwischen beiden ein wirksamer Kaufvertrag entstan-
den ist.
1 Anspruch entstanden
Ein Kaufvertrag gemäß § 433 kommt durch zwei übereinstim-
mende Willenserklärungen, Angebot und Annahme, zustande.
1. Angebot der V
V müsste ein Angebot nach § 145 zum Verkauf gemacht haben. Ein
Angebot ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die alle
wesentlichen Vertragsinhalte (essentialia negotii) enthalten muss
und durch Abgabe und Zugang wirksam wird. Bei einem Kaufver-
trag gemäß § 433 sind die wesentlichen Vertragsinhalte die Kauf-
sache, der Kaufpreis und die Vertragsparteien. Fraglich ist, ob die
V, indem sie zu Geboten aufgerufen hat, bereits ein verbindliches
Sehr schön hergeleitet Angebot gemacht hat. V hat ihre engsten Freunde zur Versteige-
rung eingeladen und nie darauf hingewiesen, dass nach Ablauf der
Zeit von 5 Minuten ein verbindlicher Vertrag mit dem Höchstbie-
tenden zustande kommt. Ein Angebot könnte also vorliegen, wenn
die V alle wesentlichen Vertragsinhalte ausreichend bestimmt hat.
V hat den beteiligten Personen die Timeco Timeless für 100 € vor-
gestellt. Kaufsache und Kaufpreis sind also bekannt. Die Vertrags-
parteien ergeben sich aus dem Zusammenhang. V hat damit ein
wirksames Angebot gemacht. Mangels gegenteiliger Angaben ist
auch von einer Abgabe und einem Zugang auszugehen.
2. Annahme des B
B müsste das Angebot der V auch angenommen haben. Eine An-
Weil es vorher schon so ver- nahme ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die inhaltlich
einbart wurde, kann die An- mit dem Angebot übereinstimmen muss. Fraglich ist, ob B das An-
nahme auch nur auf 120 Euro gebot angenommen hat. B hat durch Handzeichen das Gebot für die
verstanden werden Uhr auf 120 Euro erhöht. Diese Handlung des B muss ausgelegt
werden. Die Auslegung gemäß §§ 133, 157 zielt darauf ab zu er-
mitteln, wie ein objektiver Empfänger die Bewegung aufgefasst ha-
ben könnte. Nach Auslegung gemäß § 133, 157 kann ein objektiver
Empfänger, die Handbewegung nur als Äußerung auffassen, 120
Euro für die Uhr zu bieten. Eine Annahme des B liegt also vor. Von
Abgabe und Zugang ist auszugehen.
3. Ergebnis V hat einen Anspruch auf Zahlung von 120 Euro gemäß
§ 433 II gegen B.
II Anspruch untergegangen
Fraglich ist, wie die Äußerung des B aufzufassen ist, dass dieser
das Geschäft nicht gelten lassen könne. In dieser Aussage könnte
eine Anfechtung zu sehen sein. Eine Anfechtung nach § 142 I ist
ein Gestaltungsrecht, das es einem der Vertragsparteien ermöglicht,
sich einseitig von dem Geschäft zu lösen. Voraussetzungen einer
63
Anfechtung nach § 142 I sind das Vorliegen eines Anfechtungs-
grundes, die Anfechtungserklärung nach § 143 I und die Beachtung
der Anfechtungsfrist nach § 121 I.
1. Anfechtungsgrund
B müsste einen Anfechtungsgrund haben. In Betracht kommt eine
Anfechtung nach § 119 11. Alt. Bei diesem sog. „Inhaltsirrtum" irrt
der Anfechtende über die rechtliche Bedeutung seiner Aussage. Der
Irrende erklärt, was er erklären wollte, irrt aber über den Inhalt sei-
ner Erklärung. Fraglich ist, ob B sich in einem Inhaltsirrtum befand.
Das ist kein Gutachtenstil, sub- B hat bei Abgabe eines Gebots für 120 Euro gewusst, dass er rechts-
sumieren Sie bitte. geschäftlich tätig wird. B hatte allerdings in den Glauben gehandelt,
dass ein Gebot jeweils nur eine Erhöhung von 10 Euro bedeutet.
Er hat also über die rechtliche Bedeutung geirrt und befand sich in
einem Inhaltsirrtum.
2. Anfechtungserklärung
B müsste die Anfechtung auch gemäß § 143 I erklärt haben. Dies
hat er durch die Aussage, dass er das Geschäft nicht gelten lassen
wolle, getan. Die Anfechtungserklärung braucht nämlich nur den
Willen erkennen lassen, nicht mehr an seinen Willen gebunden zu
bleiben.
3. Anfechtungsfrist
B müsste weiterhin die Anfechtungsfrist des § 121 I beachtet haben.
§ 121 I verlangt, dass unverzüglich nach Kenntnis des Irrtums ge-
Schön dargestellt. handelt wird. B erklärt sofort nach Zuschlag die Anfechtung. Die
Frist wurde also gemacht.
4. Ergebnis
Aufgrund der wirksamen Anfechtung ist B nicht verpflichtet 120
Euro an V zu bezahlen. Fraglich ist allerdings, ob B nun gar nichts
mehr bezahlen muss. Gemäß § 242 muss B sich an seinen wahren
Willen festhalten lassen. Dieser bezog sich auf 110 Euro. B ist also
verpflichtet 110 Euro an V zu zahlen. Er kann sich durch die An-
fechtung von seinem Willensmangel, nicht von seinem wahren
Willen lösen.
Frage 2
C könnte von V die Überlassung der Uhr gemäß § 433 I verlangen,
wenn zwischen beiden ein Kaufvertrag geschlossen wurde.
I Anspruch entstanden
Es müsste ein Kaufvertrag entstanden sein. Gemäß § 433 I kommt
ein Kaufvertrag durch 2 übereinstimmende Willenserklärungen zu-
stande.
1. Angebot der V
V müsste ein Angebot (Definition siehe oben) gemacht haben. V
hat die Uhr als Tempofuga 300 zum Preis von 100 Euro angeboten.
Die essentialia negotii sind also bekannt.
64
2. Annahme des C
C müsste das Angebot auch angenommen haben. Eine Annahme ist
eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die inhaltlich mit dem
Angebot der V übereinstimmen muss. Fraglich ist, ob C die An-
nahme erklärt hat. C hat nach Ablauf der fünfminütigen Versteige-
rungsfrist das höchste Gebot abgegeben haben. Gemäß den Verstei-
gerungsregeln kommt damit ein verbindlicher Vertrag zustande.
Die Annahme der C liegt also vor.
3. Ergebnis
Gemäß § 433 1 kann C von B die Überlassung der Sache verlangen.
II Anspruch untergegangen
Fraglich ist, wie die Äußerung der V aufzufassen ist, dass diese dem
C die Uhr unmöglich für 250 Euro übergeben kann. In dieser Aus-
sage könnte eine Anfechtung zu sehen sein. Voraussetzungen einer
Anfechtung nach § 142 I sind das Vorliegen eines Anfechtungs-
grundes, die Anfechtungserklärung nach § 143 I und die Beachtung
der Anfechtungsfrist nach § 121 I.
1. Anfechtungsgrund
V müsste einen Anfechtungsgrund haben. In Betracht kommt eine
Anfechtung nach § 119 I 2. Alt. Dieser sog. Erklärungsirrtum setzt
voraus, dass der Anfechtende die Erklärung überhaupt nicht abge-
ben wollte. Besonders umfasst vom Erklärungsirrtum sind die Fälle
des Verschreibens und Versprechens. Fraglich ist, ob dieser An-
fechtungsgrund in Betracht kommt. V hat sich bei der Nennung des
Startpreises versprochen und statt 500 Euro nur 100 Euro gesagt.
Ein Versprechen und damit ein Fall des § 119 I 2. Alt. liegt also
vor.
2. Anfechtungsgrund
V müsste die Anfechtung auch nach § 143 I erklärt haben. Die Er-
Der Grund muss auch Tagetre- klärung braucht nicht das Wort „Anfechtung" zu enthalten. Es ge-
ten „Der Irrtum muss offenge- nügt, wenn der Wille zum Ausdruck kommt, nicht mehr an das Ge-
legt werden“ schäft gebunden zu sein. V hat dem C erklärt, dass sie ihm die Uhr
nicht übergeben könne. Eine Anfechtungserklärung des § 143 I
F liegt vor.
3. Anfechtungsfrist
Gemäß § 121 I müsste die Anfechtung der V unverzüglich nach
Kenntnis eines Anfechtungsgrundes erfolgen. Fraglich ist, ob V die
Frist des § 121 I gewahrt hat. V hat nach Aufdeckung ihres Ver-
sprechens nicht unverzüglich gehandelt, auch nicht nach Aufforde-
rung. Die Frist des § 121 I wurde missachtet.
4. Ergebnis
Aufgrund der unwirksamen Anfechtung der V kann C die Liefe-
rung der Uhr gemäß § 433 1 verlangen.
65
Frage 3:
A. Anspruch der V gegen D
V könnte gegen D einen Anspruch auf Zahlung von 640 Euro für
die Uhr verlangen, wenn zwischen beiden ein wirksamer Kaufver-
trag zustande gekommen ist.
1 Anspruch entstanden
Ein Kaufertrag kommt durch zwei übereinstimmende Willenserklä-
rungen, Angebot und Annahme, zustande.
1. Angebot der V
V müsste ein Angebot mit allen wesentlichen Vertragsinhalten ge-
macht haben. Fraglich ist, ob V ein Angebot gemacht hat. V hat die
Tiempolegro Y200 angeboten.
2. Annahme des D
D müsste das Angebot der V auch angenommen haben. Eine An-
nahme muss inhaltlich mit dem Angebot übereinstimmen. Fraglich
ist, ob D die Annahme erklärt hat. Dies ist durch Auslegung gemäß
§§ 133, 157 zu ermitteln. Fraglich ist wie ein objektiver Empfänger
die Handlung des D aufgefasst hat. D hat die Modalitäten der Ver-
steigerung gekannt und gewusst, dass bei Ablauf der Zeit von fünf
Minuten das höchste Gebot zu einem Vertrag mit der V führt. Ein
objektiver Empfänger kann die Handlung des D nur als Gebot von
640 Euro verstehen. Eine Annahme liegt also vor.
Sie hätten hier die Anfechtung
wegen arglistiger Täuschung 3. Ergebnis
prüfen müssen. V kann von D gemäß § 433 II die Zahlung von 640 Euro verlangen.
II Anspruch untergegangen
Fraglich ist, ob die Verpflichtung des D durch Anfechtung unterge-
F! gangen ist. Voraussetzung einer Anfechtung ist das Vorliegen einer
Anfechtung und das Vorliegen eines Anfechtungsgrundes, die An-
fechtungserklärung nach § 143 I und die Beachtung der Anfech-
tungsfrist nach § 121 I.
1) Anfechtungsgrund
D müsste einen Anfechtungsgrund gehabt haben. Fraglich ist, ob D
anfechten kann, weil er sein letztes Gebot nur gemacht hat, um die
F zu überbieten. D hat über einen Umstand geirrt, der ihn zur Ab-
F! gabe einer Willenserklärung beeinflusst hat. Es könnte ein Moti-
virrtum vorliegen, der grundsätzlich nicht zur Anfechtung berech-
tigt. D hat das letzte Gebot über 640 Euro nur gemacht, um die F
zu überbieten und ihr damit die Uhr wegzuschnappen. Bei D lag zu
diesem Zeitpunkt, als er das Gebot abgegeben hat, folglich ein un-
beachtlicher Motivirrtum vor. D kann nicht anfechten.
4. Ergebnis
V kann von D die Zahlung von 640 Euro gemäß § 433 II verlangen.
66
B. Anspruch der V gegen F
V könnte gemäß § 433 II einen Anspruch auf Zahlung des Kauf-
preises gegen F haben, wenn zwischen beiden ein wirksamer Kauf-
vertrag zustande gekommen ist.
1 Anspruch entstanden
Ein Kaufvertrag kommt durch zwei übereinstimmende Willenser-
klärungen, Angebot und Annahme, zustande.
1. Angebot der V
Wie oben geprüft hat V ein Angebot gemacht.
2. Annahme der F
F müsste das Angebot auch angenommen haben. Eine Annahme ist
eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die inhaltlich mit dem
Angebot übereinstimmen muss. F hat bei Ablauf der Bieterfrist
nicht das höchste Angebot abgegeben. Folglich liegt keine An-
nahme vor.
3. Ergebnis
V hat keinen Anspruch auf Zahlung gemäß § 433 II gegen F.
Herr X,
Frage 1 lösen Sie tadellos. Sie erkennen als einer der Wenigen, dass die V das Angebot abgibt. Sehr
schön. Auch die Anfechtung gelingt gut. § 138 BGB sehen Sie bei Frage 2 leider nicht. Frage 3 vermag
Ihnen nicht mehr so gut zu gelingen. Sie sehen den § 123 BGB nicht mehr.
Trotzdem...
12 Punkte (Vollbefriedigend)
67
2. Klausur für Anfänger im Strafrecht 2008
Frau K möchte ein Grundstück kaufen, das im Eigentum von Herrn V steht, um darauf ein Eigenheim
zu errichten. Allerdings zögert— noch, den Kaufvertrag abzuschließen, weil sie befürchtet, dass der
Boden des Grundstücks, das zu einem stillgelegten Fabrikgelände gehört, mit Schwermetallen belastet
sein könnte. V erklärt sich daher bereit, die Frage möglicher Belastungen abzuklären und gegebenenfalls
für den Austausch belasteten Erdreichs zu sorgen. Im Auftrag von V und K entwirft Notar N einen
Kaufvertrag. Danach übernimmt V die Verpflichtung, durch einen Sachverständigen prüfen zu lassen,
ob das Grundstück mit Schwermetallen belastet ist, für die Beseitigung der Belastung zu sorgen und,
sobald das Grundstück von Schadstoffen frei ist, der K eine schriftliche Bestätigung dieses Sachverhalts
durch den Sachverständigen vorzulegen. Der Kaufpreis soll erst zur Zahlung fällig sein, wenn die Be-
stätigung vorliegt. Nach Zahlung des Kaufpreises soll V das Grundstück an K übergeben und übereig-
nen. - Hinsichtlich des Kaufpreises unterläuft N ein Fehler: Statt des von den Parteien festgesetzten
Kaufpreises von € 54.000,- schreibt N versehentlich „€ 45.000,2 in der Vertragsurkunde.
K und V erscheinen zur Beurkundung des Kaufvertrages im Büro des N. N liest die von ihm entworfene
Vertragsurkunde den Parteien vor. Dabei fällt das Versehen hinsichtlich des Kaufpreises nicht auf, weil
N selbst bei der Verlesung den Schreibfehler übersieht und als Kaufpreis den vereinbarten Betrag von
€ 54.000,- nennt. Nachdem N den Text vorgelesen hat, unterschreiben V und K die Vertragsurkunde,
ohne sie selbst durchzulesen. Der Fehler in der Preisangabe bleibt unbemerkt. Im Übrigen entspricht der
Kaufvertrag den gesetzlichen Vorgaben und den Verabredungen der Parteien. Kurz nach dem Beurkun-
dungstermin untersucht die von V beauftragte Sachverständige 5 das Grundstück und stellt (zutreffend)
fest, dass der Boden nicht mit Schwermetallen belastet ist. 5 teilt V mit, es sei nicht erforderlich, das
Erdreich auszutauschen. Die gewünschte schriftliche Bestätigung werde sie alsbald an V senden, damit
dieser sie an K weiterleiten kann. Wegen anderer beruflicher Verpflichtungen kommt jedoch lange Zeit
nicht dazu, die Bestätigung auszustellen.
K wartet ungeduldig auf die Bestätigung, die V nach dem Kaufvertrag vorlegen soll. Als sie nach einigen
Monaten immer noch nichts von V gehört hat, beschließt K, eine Frist zu setzen. Da K den V dessen
Telefonnummer nickt im Telefonbuch steht und der K nur seine Postadresse mitgeteilt hat, nicht anders
erreichen kann, schreibt Sie Ihm einen Brief, mit dem Sie V auffordert, die geforderte Bestätigung bin-
nen eines Monats vorzulegen. Um die Kosten für ein Einschreiben zu sparen und beweisen zu können,
dass ihr Schreiben dem V zugegangen ist, beschließt K, den Brief in Begleitung ihrer Freundin F als
Zeugin persönlich bei V einzuwerfen, der ganz in der Nähe ihrer Wohnung zu Hause ist. Als K und F
an der Adresse des V ankommen, stoßen sie auf eine unerwartete Schwierigkeit: Die Wohnung des V
gehört zu einer Wohnanlage. Der Zugang zur Anlage ist durch ein schweres Eisentor versperrt. Die
Briefkästen befinden sich hinter dem Tor. So hat keine Möglichkeit, ihren Brief in den Briefkasten des
V einzuwerfen. Sie steckt den Brief daher gut sichtbar zwischen die Stangen des Eisentores. Da der
Brief kurze Zeit später zu Boden fällt und von der Straßenreinigung entsorgt wird, erfährt V nichts vom
Schreiben der K.
Nach Ablauf der gesetzten Frist erklärte dem Y'J in einem eingeschriebenen Brief, sie sei im Hinblick
auf die eingetretene Verzögerung nicht mehr am Erwerb des Grundstücks interessiert und trete vom
Vertrag zurück. Dieses Schreiben wird dem V. ohne Probleme zugestellt. Die Hausverwaltung in der
Wohnanlage sorgt dafür, dass der Briefzusteller der Post täglich vom Hausmeister eingelassen wird und
die Post in die Briefkästen der Bewohner einlegen kann.
V bittet um Auskunft, ob er trotz des erklärten Rücktritts von K die Zahlung des Kaufpreises verlangen
kann - und welcher Betrag ihm gegebenenfalls zusteht.
Aufgabe: Erstellen Sie das gewünschte Gutachten! Alle aufgeworfenen Probleme sind - gegebe-
nenfalls in einem Hilfsgutachten - zu erörtern.
68
Gutachten
Ansprüche des V
Anspruch des V gegen K aus § 433 II
V könnte gegen K einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises ha-
ben wenn zwischen V und K ein Kaufvertrag gem. § 433 geschlos-
sen wurde und zwar aus § 433 II.
1. Anspruch entstanden
aa) Kaufvertrag § 433
Dazu müsste ein Kaufvertrag gern. § 433 geschlossen worden sein.
Ein Kaufvertrag kommt durch zwei übereinstimmende aufeinander
bezogene Willenserklärungen, Angebot und Annahme, §§ 145 ff.,
zustande. Hier haben sich V und K über den Verkauf des Grund-
stücks geeinigt, allerdings ist problematisch, zu welchem Preis.
ab) Problem: Irrtum des N
Gemäß § 311 b muss bei Verkauf eines Grundstücks ein Notar den
Vertrag beurkunden. Notar N hat den Vertrag zwischen V und K
Schön, dass Sie das hier kurz
aufgesetzt und beurkundet, aber er hat sich beim Preis verschrieben.
halten
Folglich könnte der Vertrag gern. § 142 aufgrund eines Erklärungs-
irrtums nach § 119 1 Alt. 2 anfechtbar sein. Es ist jedoch zu unter-
suchen, ob es dieser Anfechtung überhaupt bedarf. Der Anfechtung
geht nämlich immer die Auslegung des Vertrags gern. §§ 133, 157
vor. Diese Auslegung soll den wirklichen Willen der Parteien er-
Nein, es geht um die Ausle-
forschen. Der wirkliche Wille von V und K war, das Grundstück
gung nach dem Empfängerho-
für 54000 € und nicht wie vom Notar verschrieben 45000:E zu ver-
rizont
kaufen. Aus §§ 133, 157 folgt also, dass ein Vertrag über 54000 €
zustande gekommen ist.
ad) Zwischenergebnis
Ein Kaufvertrag ist zustande gekommen, der Anspruch entstanden.
ac) Zwischenergebnis
70
Folglich war die Leistung fällig und durchsetzbar. K hatte mehrere
Monate gewartet und die Leistung (das Gutachten) war immer noch
nicht erbracht worden, weshalb von einer Nichtleistung ausgegan-
gen wird. Dem steht nicht entgegen, dass sie noch erbracht werden
kann.
ad) Fristsetzung
V müsste eine angemessene Frist gesetzt haben.
Eine Fristsetzung ist eine bestimmte Aufforderung an den Schuld-
ner zu leisten, mit einem angemessenen Zeitraum, in dem er diese
Leistung noch erbringen kann. Eine Fristsetzung ist keine Willens-
erklärung, was aus ihrer Entbehrlichkeit zu schließen ist, jedoch
sind die Vorschriften über Willenserklärungen der § § 130 ff anzu-
wenden. Folglich wird eine Fristsetzung mit Abgabe und Zugang
wirksam. Dies ist auch dem Wortlaut des § 323, „dem Schuldner ...
bestimmt hat", zu entnehmen.
(1) Abgabe
Die Abgabe ist erfolgt, denn die WE hat den Machtbereich der K
mit Willen verlassen. Es ist jedoch fraglich ob sie alles mögliche
getan hat, damit sie dem V ohne ihr weiteres Zutun zugehen konnte.
Das Problem liegt hier darin, dass die K dem V die Fristsetzung
nicht übergeben konnte da sie nicht in das Haus konnte. Außerdem
konnte sie weder telefonischen Kontakt zu V aufnehmen, noch auf
andere Weise in das Haus gelangen. Aus den Anstrengungen der L
ist aber zu entnehmen, dass sie doch alles getan hat, denn schließ-
lich muss V dafür sorgen, dass er mit seinen Vertragspartnern auch
Kontakt halten kann. So ist es K nicht vorzuwerfen, dass sie den
Brief zumal gut sichtbar am Tor anbrachte und dieser dann verloren
ging.
(2) Zugang
Gemäß § 130 1 I wird eine Willenserklärung wirksam, wenn sie
dem Erklärungsempfänger zugeht und dieser nach h.M. nach den
Umständen von ihr Kenntnis nehmen kann oder mit seiner Kennt-
Schön, das ist ein Problem der nisnahme nach dem normalen Verlauf der Dinge gerechnet werden
Zugangsvereitelung von V kann. Auf die Fristsetzung ist diese Vorschrift anzuwenden. Der
aber vertretbar, da es letztend- Zugang ist erfolgt, wenn die WE in den Machtbereich des Empfän-
lich auf die Abgrenzung von gers gelangt, bzw. der Erklärende davon ausgehen darf, dass sie
Risikofaktoren ankommt, ist dies tut. In diesem Fall hat K alles dafür getan, damit sie mit dem
Ihr Aufabu ok, vielleicht hät- Zugang rechnen konnte, aus den oben genannten Gründen. Für den
ten Sie auch Gegenargumente Zugang kommt es auf die tatsächliche Kenntnisnahme nicht immer
aufzeigen können an, wenn diese durch den Empfänger verzögert wird, gilt die WE
schon als zugegangen.
(3) Zwischenergebnis
Deshalb ist die Fristsetzung zugegangen und es ist aufgrund fehlen-
der Anhaltspunkte im Sachverhalt davon auszugehen, dass sie an-
gemessen war.
71
Nachdem K die Frist gesetzt hat konnte V innerhalb dieser Frist
noch leisten und K durfte dann nicht zurück treten. K hat auf den
Ablauf der Frist gewartet und V hat auch innerhalb dieser Frist
nicht geleistet. Dies ist zwar nur nicht geschehen, weil in Wirklich-
keit dem V die Fristsetzung nicht zugegangen war. Jedoch ist, wie
oben beschrieben von einem Zugang auszugehen. Im Übrigen wäre
es, wenn V gleich geleistet hätte nicht zum Rücktrittsgrund gekom-
men. V hat die Pflicht das Gutachten zu beschaffen nicht erfüllt.
b) Rücktrittserklärung
Schließlich müsste K dem V den Rücktritt gem. § 349 erklärt ha-
ben. Dies hat sie getan.
c) Zwischenergebnis
Somit ist K vom Vertrag mit V wirksam zurückgetreten. Die Aus-
schließungsgründe des § 323 VI liegen nicht vor.
3. Ergebnis
Daraus folgt gern. § 346 I, dass der Vertrag aus § 433 nichtig ist
und der Anspruch des V gegen K auf Bezahlung des Kaufpreises
gern. § 433 II untergegangen ist.
Erfreulich ist u.a., dass sie sämtliche Probleme des Falles erkennen. Sie gehen darauf ein, dass der ge-
wollte Preis nicht beurkundet ist und kennen den Meinungsstreit, der die Nebenpflichten in § 323 be-
trifft. An diesen Stellen, wie auch bei dem Zugang der Fristsetzung, führen sie viele Argumente an und
begründen ihre Lösung sehr ausführlich. Ebenso positiv hervorzuheben ist, dass sie alle Tatbestands-
merkmale der § 323 ansprechen und sorgfältig subsumieren. Sie definieren viel, so dass ihr Gutachtenstil
grds. Sehr ordentlich ist.
Schwächen zeigen sie im Wesentlichen lediglich bei der Prüfung des Vertragsabschlusses: Sie meinen,
dass für die Auslegung die wirklichen Willen wesentliche sind und gehen deswegen nicht auf die falsa
demonstratio ein. Auch im Aufbau ist ihre Prüfung nicht ganz sauber. Bei § 323 sind in der Fälligkeit
zunächst die maßgebliche Frist nicht richtig identifiziert worden. Gehen sie also immer so sorgfältig
und problemorientiert vor, wie sie das im übrigen Teil der Arbeit erfreulicherweise gemacht haben.
15 Punkte (Gut)
72
2. Klausur für Anfänger im Strafrecht 2010
Am 16.11.2009 bestellte Apfel Computer (A) zur Neuausstattung ihrer Büroräume bei Bastian Bürohaus
(B) 30 Lampen vom Typ „Art Nouveau 1905“. Im Rahmen der telefonischen Verhandlungen wurde
zwischen A und B ein Kaufpreis von insgesamt 15.000 Euro vereinbart. Dieser sollte bei Abholung der
Lampen durch A gezahlt werden. B hatte den bestellten Typ nämlich nicht in genügender Anzahl vor-
rätig, was eine entsprechende Bestellung seinerseits bei seinem Lieferanten X notwendig machte. Nach
Eingang von 100 Lampen des bestellten Typs im Lager der B setzte sich L, ein Angestellter der B, am
12. Dezember 2009mit A in Verbindung und teilte mit, dass die Lampen nunmehr eingetroffen seien.
Außer dieser Mitteilung durch den Angestellten unternimmt B indes nichts. In der Nacht vom 12. Auf
den 13. Dezember 2009 stehlen unbekannte Einbrecher große Teile des Bestandes aus dem Warenlager
des B (inklusive aller Lampen des vom A bestellten Typs), ohne dass B insoweit ein Vorwurf gemacht
werden kann. Als der Angestellte T der A am 13. Dezember 2009 bei B erscheint, kann eine Übergabe
der Lampen daher nicht stattfinden. In einem Schreiben vom 8 Januar 2010 forderte B den A auf, den
Kaufpreis zu bezahlen. „ Man habe ja schließlich einen Vertrag geschlossen und er habe die Ware in
seinem Lager gehabt sowie den A davon benachrichtigt“. Die A lässt der B am gleichen Tag noch mit-
teilen, dass sie nicht bereit sei, die 15.000 zu zahlen. Wer nicht liefern könne, dürfe auch keinen Kauf-
preis verlangen. Damit wäre die Sache wohl dann erledigt. Im Übrigen weist A darauf hin, dass B ihr
„aus einer älteren Geschichte“ sowieso noch 2.500 € schulde und sie daher niemals den gesamten ver-
einbarten Betrag gezahlt hätte und zahlen werde.
A und B hatten in früherer Zeit bereits mehrfach miteinander Geschäfte gemacht. Im Sommer 2006 war
es zu einem Zwischenfall gekommen, der ihre Geschäftsbeziehungen schlagartig zum Erliegen brachte:
Anfang Mai 2006 hatte A bei B zum Preis von 5.000 € eine aufwendig gestaltete Halterung für mehrere
Beamer und Scheinwerfer bestellt. Einerseits wollte A damit die firmeneigenen Präsentationen aufwer-
ten, andererseits aber auch etwaige Kunden mit der für die Fußball WM 2006 geplanten Live –Übertra-
gungen der Spiele beeindrucken. Der Kaufpreis sollte nach der Lieferung, welche für den 22. Mai ver-
einbart war, bezahlt werden. Als die Lieferung ausblieb, wurde B von A aufgefordert, innerhalb der
nächsten zehn Tage zu liefern. Nach zehn Tagen ohne Reaktion des B wurden die gleichen Halterungen
bei einem anderen Händler bestellt. Dort betrug der Kaufpreis allerdings 7.500€. A forderte B damals
zwar nur zur Zahlung der Preisdifferenz auf, unternahm aber weiter nichts, als die Zahlung ausblieb.
Sowohl A als auch B hatten seit dieser Zeit bis zur Bestellung der Lampen nichts mehr voneinander
gehört.
B wendet sich bezüglich der Angelegenheit nun nochmals an A und teilt ihm mit, diese alte Geschichte
habe jedenfalls mit der Kaufpreiszahlung in Höhe von 15.000€ wegen der Lampen überhaupt nichts zu
tun. So eine „ alte Kamelle“ könne A nun auch nicht mehr vorbringen.
Hat B einen Anspruch gegen A auf Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 15.000 €?
73
Gutachten
B könnte gegen A einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises in
Höhe von 15.000 € gemäß § 433 II BGB haben. (die §§ ohne An-
gabe sind solche des BGB)
I) Anspruch entstanden
Zunächst müsste der Anspruch entstanden sein. Ein Kaufvertrag
kommt durch 2 übereinstimmende Willenserklärungen, Angebot
und Annahme (§§ 145ff.) zustande. Das Angebot muss die essenti-
alia negotii enthalten. Dies sind bei einem Kaufvertrag der Kaufge-
genstand, die Vertragsparteien und der Kaufpreis. Vorliegend hat
A bei B 30 Lampen für 15.000€ bestellt. Folglich hat A den B ein
Angebot gemacht. Am Telefon (§147 I S.2) wurden sich A und B
einig. Folglich hat B das Angebot auch angenommen. Weiterhin
sind auch keine rechtshindernden Einwendungen ersichtlich. Mit-
hin ist der Anspruch des B entstanden.
1) gegenseitiger Vertrag
Zunächst müsste dafür ein gegenseitiger Vertrag zwischen A und B
vorliegen. Bei einem gegenseitigem Vertrag stehen wenigstens ein-
zelne Leistungspflichten in einem synallagmatischen Verhältnis
zueinander (do ut des). Bei einem Kaufvertrag sind die Hauptleis-
tungspflichten – Zahlung des Kaufpreises und Übergabe der Sache
– miteinander verbunden. Folglich lieht ein gegenseitiger Vertrag
vor.
74
derliche getan haben. Bei einer Holschuld (269 I) muss der Schuld-
ner die Ware aussondern und den Gläubiger benachrichtigen, damit
Konkretisierung eintritt. Vorliegend hat L (der Angestellte des B)
den A benachrichtigt, dass die Lampen da sind. Es wurde jedoch
noch keine Lampen für A ausgesondert. Folglich hat der Schuldner
noch nicht das seinerseits Erforderlich getan. Somit liegt keine
Konkretisierung gemäß § 243 II vor.
Schön!
c) Zwischenergebnis
Folglich ist der Anspruch auf Lieferung gemäß § 433 I 1 nicht we-
§ 300 II gen Unmöglichkeit gemäß § 275 I ausgeschlossen.
Somit besteht der Anspruch auf Zahlung der 15.000€ gemäß § 433
II weiterhin.
d) Aufrechung
Der Anspruch könnte aber gemäß § 389 untergegangen sein, falls
die Vorrausetzungen der Aufrechnung vorliegen.
i) Aufrechnungserklärung
Zunächst müsste A dem B die Aufrechnung erklärt haben. Dies ge-
schieht gemäß § 388 S.1 durch eine einseitig empfangsbedürftige
Willenserklärung. Vorliegend hat A den B darauf hingewiesen,
dass ihm aus einem anderen Geschäft noch Geld zustehe. Durch
Auslegung gemäß § 133, 157 ist dies als Aufrechungserklärung zu
werten.
ii) Aufrechnungslage
Weiterhin müsste eine Aufrechungslage gemäß § 387 vorliegen.
Dafür müsste zunächst Gegenseitigkeit gegeben sein. Der Aufrech-
nende müsste Gläubiger der Gegenforderung und Schuldner der
Hauptforderung sein. Der Aufrechnungsgegner müsste Gläubiger
der Hauptforderung und Schuldner der Gegenforderung sein. Vor-
liegend hat B gegen A einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises
gemäß § 433 II (wie oben geprüft).
Folglich ist jedoch ob A auch einen Anspruch gegen B hat. Dieser
könnte sich aus §§ 280 I, III, 281 ergeben.
Gut! Zunächst müsste ein Schuldverhältnis i.S.v. § 311 I vorliegen. Im
Mai 2006 haben B und A einen Kaufvertrag gemäß § 433 über eine
Halterung für den Preis von 3.000€ geschlossen. Folglich liegt ein
Schuldverhältnis vor.
Weiter müsste B eine Pflicht aus diesem Schuldverhältnis verletzt
haben. Eine Pflichtverletzung ist jede objektive Abweichung von
der, durch das Schuldverhältnis begründeten Pflicht.
Vorliegend kommt die Pflichtverletzung in Form der Nichtleistung
trotz Fälligkeit und Durchsetzbarkeit in Betracht. Zunächst müsste
der Anspruch des A fällig sein. Die Fälligkeit bestimmt sich gemäß
§ 275 I zunächst nach der Parteivereinbarung. Vorliegend haben
sich B und A auf Lieferung am 26. Mai 2006 geeinigt. Somit ist der
Anspruch am 22.Mai fällig.
Weiterhin müsste der Anspruch auch durchsetzbar sein. Es dürften
also keine Einreden bestehen. Vorliegend kommt § 320 in Betracht.
Allerdings haben A und B vereinbart, dass A erst nach Lieferung
zahlen muss. Folglich war B zur Vorleistung verpflichtet. Somit
75
scheidet § 320 aus und der Anspruch ist auch durchsetzbar. Schließ-
lich müsste B trotz Fälligkeit und Durchsetzbarkeit nicht geliefert
haben. Laut Sachverhalt ist dies der Fall. Folglich liegt keine
Pflichtverletzung vor.
Weiterhin müssten die zusätzlichen Voraussetzungen des § 281 er-
füllt sein.
A müsste dem B eine angemessene Frist gesetzt haben, die erfolg-
los abgelaufen ist. Eine Fristsetzung meint das Auffordern zur Leis-
tung nach Fälligkeit binnen einer hinreichend bestimmten Zeit-
raums. Vorliegens hat A dem B eine Frist von 10 Tagen gesetzt. In
dieser Zeit wäre es problemlos möglich gewesen die Leistung zu
erbringen. Es muss darauf abgestellt werden, dass B genug Zeit hat
eine Leistung zu erbringen, die er eigentlich schon hätte erbringen
müssen. Folglich war die Frist angemessen. Schließlich müsste sie
erfolglos abgelaufen sein. Dabei kommt es auf den Leistungserfolg
an. Vorliegend hat A nach 10 Tagen immer noch nicht Besitz und
Eigentum an der Halterung erlangt. Folglich ist die Frist erfolglos
abgelaufen und die zusätzlichen Voraussetzungen des § 281 liegen
vor. Weiterhin müsste B die Pflichtverletzung gemäß § 280 I 2 auch
zu vertreten haben. Grundsätzlich hat der Schuldner gemäß § 276 I
Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten. Fahrlässig handelt, wer die
im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt, § 276 II. Vor-
liegend steht nichts im Sachverhalt daher kann man zumindest von
Fahrlässigkeit ausgehen.
Aufgrund der Beweislastumkehr in § 280 I 2 wird das Vertreten-
müssen jedoch ohnehin vermutet, falls der Schuldner nicht exkul-
pieren kann. Für eine Exkulpation gibt er keine Anhaltspunkte.
Folglich hat B die Pflichtverletzung auch zu vertreten.
Schließlich müsste dem A ein Schaden entstanden sein, der kausal
auf der Pflichtverletzung beruht.
Ein Schaden ist jedes unfreiwillige Vermögensopfer. Weil B hier
nicht geliefert hat, musste A sich anderweitig eine Halterung besor-
gen. Diese kostete ihn jedoch 2.500€ mehr. Der Schaden wird nach
der Differenzhypothese bestimmt. Es werden zwei Güterlagen ver-
glichen, die tatsächlich entstandene Lage durch das schädigende
Ereignis und die hypothetisch gedachte Lage ohne schädigendes
Ereignis. Jetzt hat A zwar eine Halterung, jedoch 7.500€ dafür aus-
gegeben. Ohne das schädigendes Ereignis hätte A ebenfalls eine
Halterung, aber nur 5.000€ ausgegeben. Die Differenz beträgt
2.500€. Folglich ist dem A ein Schaden in Höhe von 2.500€ ent-
standen.
Folglich steht dem A ein Schadensersatzanspruch gegen B aus §§
280 I, III, 281 zu. Fraglich ist jedoch ob der Anspruch des A nicht
schon verjährt ist. Gemäß § 214 ist der Schuldner dann berechtigt,
die Leistung zu verweigern. Gemäß § 194 können nur Ansprüche
verjähren. Dies ist hier der Fall. Die regelmäßige Verjährungsfrist
beträgt gemäß § 195 3 Jahre und beginnt gemäß § 199 I mit Schluss
des Jahres in dem der Anspruch entstanden ist und wenn der Gläu-
biger von den Zuständen Kenntnis erlangt hat. Vorliegend ist der
Anspruch des A 10 Tage nach dem 22. Mai 2006 entstanden. Auch
hat B Kenntnis davon erlangt. Folglich beginnt die Verjährungsfrist
mit dem Ablauf des Jahres 2006. Gemäß § 195 beträgt die Frist hier
76
3 Jahre. Folglich endet die Frist mit Ablauf des Jahres 2009. Vor-
liegend hat A dem B am 8. Januar 2010 die Aufrechnung erkärt.
Folglich wäre die Frist schon abgelaufen und der Anspruch ver-
jährt. Jedoch regelt § 215 dass die Aufrechnungslage entscheidet ist
und nicht die Aufrechungserklärung. Vorliegend hätte A bereits im
§ 390 Dezember 2009 aufrechnen können. Folglich ist die Aufrechungs-
lage bereits im Dezember gegeben und die 3 Jahres Frist ist doch
§ 215 gut gesehen noch nicht abgelaufen. Mithin ist der Anspruch des A gegen B auf
Schadensersatz in Höhe von 2.500€ gemäß §§ 280, I, III, 281 nicht
verjährt und somit durchsetzbar.
Demzufolge ist A Gläubiger der Gegenforderung und zugleich
Schuldner der Hauptforderung und B ist Gläubiger der Hauptforde-
rung und Schuldner der Gegenforderung. Folglich liegt Gegensei-
tigkeit vor. Weiterhin müsste auch Gleichartigkeit vorliegen. Dies
ist bei Gattungsschulden über vertretbare Sachen im Sinne von §
91und bei Geldschulden der Fall. Vorliegend handelt es sich um
Geldschulden. Gleichartigkeit liegt mithin vor. Schließlich müsste
die Gegenforderung durchsetzbar und die Hauptforderung erfüllbar
sein. Wie bereits oben geprüft ist der Anspruch des A (Gegenfor-
derung) sowohl fällig als auch durchsetzbar. Weiterhin müsste die
Hauptforderung erfüllbar sein. Erfüllbarkeit meint ab wann der
Schuldner die Leistung bewirken darf. Diese ist gemäß § 271 so-
fort. Folglich ist Erfüllbarkeit auch gegeben.
iii) Zwischenergebnis
Die Vorraussetzungen der Aufrechungslage liegen mithin alle vor.
Schließlich dürfte die Aufrechnung nicht ausgeschlossen sein. Vor-
liegend ist dafür nichts ersichtlich. Folglich gelten die Forderungen
gemäß § 389 als erloschen, soweit sie sich decken.
Vorliegend kann B von A 15.000€ verlangen und A von B 2.500€.
Somit bleibt dem B eine Forderung gegen A in Höhe von 12.500€.
e) Zwischenergebnis
Der Anspruch des B gegen A ist durch Aufrechnung untergegan-
gen, jedoch nur soweit sich die Forderungen decken.
III) Ergebnis
B hat gegen A einen Anspruch auf Zahlung von 2.500€ gemäß §
433 II.
77
Ihre Klausur stellt eine sehr erfreuliche Leistung dar. Sie sehen nahezu alle Probleme der Klausur und
lösen diese zutreffend. Ihre Argumentationsweise überzeugt. Sie übersehen leider das Problem um §
300 II und den möglichen Rücktritt, der jedoch mangels Fristsetzung, nicht wirksam ist.
Sehr schön! Bestätigung der ersten Klausur auf sehr hohem Niveau! Glückwunsch!
15 Punkten (gut)
bewertet.
78
1. Klausur für Anfänger im Strafrecht 2011
Der in Nürnberg ansässige V möchte sich eine neue Musikanlage anschaffen und deshalb seine alten
Lautsprecherboxen der Marke „A & O Typ 620“ verkaufen. Er inseriert daher auf einer Internetplatt-
form, auf der registrierte Nutzer Waren zum Verkauf anbieten können. In dem Inserat heißt es:
„Verkaufe 2 Boxen Marke „A & O Typ 620“. Preis Verhandlungssache. Standort der Ware: Nürnberg.
Bei Abholung Übergabe gegen Barzahlung vor Ort. Versendung innerhalb Deutschlands mit Paket von
Deutscher Paketdienst AG (DPD) möglich. Versandkosten 11,50 €. Versendung erfolgt 3 Tage nach
Zahlungseingang.“
Auf das Inserat meldet sich der Musikliebhaber K aus Köln, der zwar leidenschaftlich gerne Musik hört,
jedoch nur über ein begrenztes Budget verfügt. Er interessiert sich sofort für das Angebot. Beide einigen
sich darauf, dass V dem K die Boxen zum Preis von 450 € verkauft. Da K sich die Fahrt nach Nürnberg
ersparen möchte, bittet er den V, die Ware – wie im Inserat angeboten – an seinen Wohnort nach Köln
zu versenden. V erklärt sich hierzu zu den angegebenen Konditionen bereit. Nachdem K 461,50 € (Preis
für die Boxen zzgl. Versandkosten) auf das Konto des V überwiesen hat, verpackt V die Boxen ord-
nungsgemäß und gibt sie als an K adressiertes Paket bei der Annahmestelle des DPD ab.
Auf dem Transport gerät das Fahrzeug des DPD aufgrund einer leichten Unaufmerksamkeit des Fahrers
X von der Fahrbahn ab und stürzt eine Böschung hinunter. Während X nur leichte Verletzungen erleidet,
werden die Boxen irreparabel beschädigt.
Frage 1: K möchte wissen, ob er von V Erfüllung des Vertrages verlangen kann. Insbesondere möchte
er wissen, ob er einen Anspruch darauf hat, dass V ihm andere Boxen der Marke A & O 620 liefert.
Schließlich wisse er, dass solche Boxen am Markt verfügbar seien. Hat K einen solchen Anspruch?
Frage 2: Falls K von V nicht die Lieferung anderer Boxen verlangen kann, möchte er wenigstens den
Kaufpreis von 450 € erstattet haben. Kann er dies verlangen?
Frage 3: Der DPD leistet an V im Rahmen der Transportbedingungen einen Ersatz für die Beschädigung
der Boxen in Höhe von 500 €. Kann K verlangen, dass V diesen Betrag an ihn auszahlt?
79
Gutachten
Frage 1: Anspruch des K gegen V aus § 433 I 1 BGB auf Übereig-
nung der Boxen.
K könnte gegen V einen Anspruch auf Übereignung der Musikbo-
xen aus § 433 I 1 haben.
Dazu müsste zwischen K und V ein wirksamer Kaufvertrag gemäß
§ 433 zustande gekommen sein.
I. Vertragsschluss
Ein Vertrag kommt durch zwei inhaltlich übereinstimmende und
aufeinander gerichtete Willenserklärungen (WE) zustande, gemäß
§§ 145 ff Angebot und Annahme.
In der Anzeige des V auf der Internetplattform könnte ein Angebot
zu sehen sein. Ein Angebot ist eine einseitige empfangsbedürftige
WE, die die wesentlichen Vertragsbestandteile enthält, indem sie
Richtig, aber angesichts des die Vertragsschließung anbietet. Vorliegend wird angegeben, dass
unproblematischen Vertrags- der Preis Verhandlungssache ist. Der Vertrag ist damit nicht be-
schlusses zu ausführlich, eine stimmt genug. Indem der V sich durch diese Anzeige i.Ü. auch
knappe Zusammenfassung nicht jedem Interessenten gegenüber rechtlich binden will, fehlte es
hätte genügt (richtige Schwer- dazu am nötigen Rechtsbindungswillen. Folglich liegt darin keine
punktsetzung) Willenserklärung.
Im Weiteren heißt es, dass V dem K die Boxen zu 450 € verkauft.
Eine Einigung, in Form von Angebot und Annahme gemäß §§ 145
ff, liegt damit vor. Folglich ist ein wirksamer Kaufvertrag zustande
gekommen. Der Anspruch des K ist damit zunächst entstanden.
III. Ergebnis
K hat gegen V keinen Anspruch auf Übereignung der Boxen aus §
433 I 1.
I. Gegenseitiger Vertrag
Zunächst müsste es sich bei dem Vertrag um einen gegenseitigen
handeln, wie sich aus der systematischen Stellung des § 326 ergibt
(Titel 2, Buch 2). Ein gegens. Vertrag begründet Pflichten, die im
Sehr schön Synallagma stehen und die nur begründet werden, weil und damit
der andere leistet („do ut des“). Vorliegend haben K und V einen
Kaufvertrag gemäß § 433 geschlossen (s.o.). Diesen schließen sie
nur, damit K den Preis zahlt und V diesem das Eigentum an den
Boxen verschafft. Folglich liegt ein gegenseitiger Vertrag vor.
1. gemäß § 326 II
Die Preisgefahr könnte gemäß § 326 II auf ihn übergegangen sein.
Dazu müsste K die Unmöglichkeit alleine oder weitüberwiegend zu
81
verantworten haben. Dies ist jedoch nicht ersichtlich. Auch dass K
sich gemäß §§ 293 ff in Verzug befunden hat, ist nicht ersichtlich.
Folglich ist die Preisgefahr nicht gemäß § 326 II auf K übergegan-
gen.
2. gemäß § 447 I
Jedoch könnte er gemäß § 447 I zur Zahlung verpflichtet sein. Dazu
Ok, war aber in dieser Aus- müsste V die Ware an einen anderen Ort als den Erfüllungsort auf
führlichkeit nicht erforderlich Verlangen des K versendet haben.
82
Erfüllungsgehilfe ist, wer mit Wissen und Wollen des Geschäfts-
herren in dessen Pflichtenkreis zur Erfüllung einer diesem oblie-
genden Verbindlichkeit tätig wird. Hier will und weiß der V, dass
X für ihn tätig wird. Indem der V mit der Übergabe der Sache an X
bei der Schickschuld seine Leistungshandlung vollzogen hat, wird
er nicht mehr im Pflichtenkreis des V tätig. Somit ist er kein Erfül-
lungsgehilfe. Das Verschulden des X kann ihm nicht gemäß § 278
zugerechnet werden. Sonst verpackt V die Ware auch ordnungsge-
Genau, gut gesehen (erst- mäß Eine Verantwortlichkeit des K für den Untergang der Sache ist
recht-Argument aus § 269 III) auch nicht ersichtlich. Keine der beiden hat damit die Unmöglich-
keit zu vertreten. Somit ist die Leistung zufällig untergegangen.
e) Übergabe an Frachtführer
Dazu müsste der V die Sache an das Transportunternehmen über-
geben haben. Hier gibt er es bei der DPD Annahmestelle ab. Folg-
lich hat V die Sache an das Transportunternehmen übergeben.
g) Zwischenergebnis
Folglich ist die Preisgefahr mit Übergabe an das Transportunter-
nehmen an K übergegangen. Folglich bleibt er gemäß § 447 I zur
Kaufpreiszahlung verpflichtet.
V. Ergebnis
K hat gegen V keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises
(450 €) aus §§ 326 I 1, IV, 346 I.
Frage 3:
Anspruch des K gegen V aus § 285 I auf Herausgabe der 500 €.
K könnte gegen V einen Anspruch auf Herausgabe der 500 € aus §
285 I haben. Dazu müsste V infolge des Umstandes, auf Grund des-
sen er die Leistung nach § 275 nicht zu erbringen braucht, einen
Ersatz oder Ersatzanspruch erlangt haben.
I. Schuldverhältnis
Dazu müsste zw. V und K zunächst ein Schuldverhältnis bestehen.
Ein solches kommt gemäß § 311 I durch Vertrag oder Gesetz zu-
stande. Hier haben beide einen Vertrag gemäß § 433 geschlossen
(s.o.). Ein Schuldverhältnis liegt folglich vor.
83
II. Leistungsausschluss gemäß § 275 I-III
Die Leistung des V müsste gemäß § 275 I-III ausgeschlossen sein.
Richtig, aber etwas zu knappe Indem die Boxen zerstört werden, ist ihm die Leistung unmöglich
Ausführung an dieser Stelle. geworden. Folglich ist die Leistung gemäߧ 275 I ausgeschlossen
(s.o.)
V. Identität
Zwischen der unmöglich gewordenen Leistung und dem Ersatz
Etwas zu knapp müsste eine Identität bestehen. Der Ersatz müsste die Leistung ge-
rade nach wirtschaftlicher Betrachtung ersetzen. Hier erhält V die
500 € gerade für die Zerstörung der Boxen. Die 500 € sollen den
Verlust der Boxen gerade wirtschaftlich ersetzen. Die notwendige
Identität liegt folglich vor.
84
Ihre Arbeit ist sehr gut gelungen! Sie sehen alle Probleme und lösen diese ansprechend. Den Gutach-
tenstil beherrschen Sie mühelos und Sie setzen zudem genau die richtigen Schwerpunkte.
Schön ist bei der Frage 1, dass Sie zügig und übersichtlich prüfen. Die Leistungspflicht des V wird
genau herausgearbeitet.
Auch die Bearbeitung der Frage 2 kann rundum überzeugen. Besonderes Systemverständnis zeigen Sie,
indem Sie § 326 II BGB und § 447 BGB als Ausnahme zur Grundregel des § 326 I 1 BGB darstellen
und genau subsumieren. Positiv fällt zudem auf, dass Sie auf § 474 BGB eingehen.
Auch die Prüfung des § 285 BGB iRd Frage 3 enthält die wesentlichen Elemente. Zu ergänzen gewesen
wären noch Überlegungen zu der Frage, ob K auch dann den vollen Betrag verlangen kann, wenn die
Boxen nur den Kaufpreis wert sind. Auch § 326 III BGB hätte erwähnt werden können.
Fazit: Frage 1 und Frage 2 sind geradezu mustergültig gelöst. Die kleinen Einschränkungen bei Frage 3
können am rundum positiven Gesamteindruck kaum etwas ändern. Insgesamt handelt es sich um eine
besonders hervorragende Leistung.
85
1. Klausur für Anfänger im Zivilrecht (04.05.2012)
Janina Juppie (J) hat ihr Jurastudium nach einem Semester geschmissen und will nun in Trier ein Ge-
schäft für Tischdekoration und Tafelsilber mit dem Namen „Janina Juppie – Elegant Speisen“ eröffnen.
Da sie jedoch der festen Überzeugung ist, dass man als junge Unternehmerin auch Angestellte braucht,
stellt sie die Soziologiestudentin (S) und die Politikstudentin (P) ein.
Obwohl S von J die vollen Befugnisse einer Verkäuferin erhält, steht in ihrem Arbeitsvertrag, dass sie
in ihrer Probezeit (6 Monate ab Geschäftseröffnung) keine Geschäfte im Wert von über 500 € hinaus
tätigen darf. P hingegen soll lediglich im Lager arbeiten.
Am Eröffnungstag kommt der lokale Nachtklubbesitzer (N) mit einem Fernsehkamerateam in den La-
den. N teilt der hinter dem Tresen stehenden S mit, dass er bei der Fernsehsendung „Das perfekte Din-
ner“ teilnehme und gerne für seine Tischdekoration noch Serviettenringe kaufen würde. Nachdem S
dem unentschlossenen N einige Exemplare gezeigt hat und die Ladentheke von Serviettenringen über-
säht ist, einigen sich beide auf 6 Edelstahlserviettenringe zu je 10 €. Vor lauter Nervosität, dass sie nun
ins Fernsehen kommt, vergreift sich S jedoch beim Einpacken und packt statt der 6 edelstahlservietten-
ringe 6 Silberserviettenringe zum Preis von 50 € das Stück für N ein.
Erst nach einer Stunde bemerkt sie ihr Versehen und bricht, weil sie sowieso schon nah am Wasser
gebaut ist, in einen lauten Weinkrampf aus. P, die das Geheul bis ins Lager hört, beruhigt S und meint,
dass sie das schon regeln werde. P, die die Telefonnummer des n im Telefonbuch ausfindig macht, ruft
bei diesem an. Am Telefon meldet sich P als P, eine Kollegin der Verkäuferin S aus dem Tischdekora-
tionsgeschäft. Dann berichtet sie N von dem Missgeschick der S, das sie (P) gerade erst festgestellt habe,
und verlangt die Silberserviettenringe aus diesem Grund im Namen der Geschäftsinhaberin Janina Jup-
pie zurück. N sagt jedoch, dass das nicht sein Problem sei und er nichts dergleichen beabsichtige.
Als P mittags der zuvor im Laden nicht anwesenden J von ihrem Telefonat mit N und dem Missgeschick
der S erzählt, äußert J der P ihren Dank und meint, dass sie sich nun bzgl. der Serviettenringe an einen
Anwalt wenden werde. Dann verschwindet sie wieder aus dem Laden.
S, die am Nachmittag wieder zu Kräften gekommen ist, begrüßt jetzt im Laden die nächste Kundin.
Dabei handelt es sich um Tina Tussi (T), die vormals beste Freundin der J. Diese kauft bei S einen
Tischkerzenleuchter im Wert von 600 € für ein romantisches Candle-Light-Dinner mit ihrem neuen
Freund, den sie erst vor einer Woche der J ausgespannt hatte, was S allerdings nicht weiß. Da T erst am
morgigen Tag ihren monatlichen Unterhalt auf ihrem Bankkonto erwartet, teilt sie der S mit, dass sie
den Leuchter auch erst morgen bezahlen und abholen werde. Als T am nächsten Tag in den Laden
kommt, um den Leuchter abzuholen, traut J, die an diesem Tag selber hinter der Kasse steht, ihren Augen
nicht. Auf die Frage der T, ob sie denn nun den Kerzenleuchter bezahlen und abholen könne, erfolgt
eine heftige Schimpfkanonade der J und der Rausschmiss der T aus dem Laden.
Aufgabe 2: Hat T gegen J einen Anspruch auf Übereignung und Übergabe des Kerzenleuchters?
(25 %)
86
Gutachten
J könnte gegen N einen Anspruch auf Herausgabe der 6 Silberser-
viettenringe haben gemäß § 985 .
Hierzu müsste J Eigentümer und N Besitzer der Ringe sein ohne
Recht zum Besitz (§ 986 I). Die Ringe sind körperliche Gegen-
stände und mithin eine Sache im Sinne des § 90.
J müsste Eigentümerin sein. Das Eigentum ist die rechtliche Herr-
schaft über eine Sache. J war mal Eigentümerin. Sie könnte das Ei-
gentum an N verloren haben gemäß § 929. Hierzu bedarf es einer
Einigung sowie der Übergabe der Sache.
Eine Einigung ist ein dinglicher Vertrag, bestehend aus zwei über-
einstimmenden Willenserklärungen. Vorliegend hat jedoch nicht
die J selbst, sondern die S eine Willenserklärung abgegeben. Diese
könnte der S zugerechnet werden, wenn S die J wirksam vertreten
hat (§§ 164 ff.). Hierzu müsste S eine eigene Willenserklärung in
fremden Namen mit Vertretungsmacht abgegeben haben.
Eigene Willenserklärung
Die Abgrenzung zwischen einer eigenen (Vertreter) und einer
fremden (Bote) Willenserklärung bestimmt sich nach dem Ent-
scheidungsspielraum des Erklärenden und wie dieser nach außen
hin erkennbar war. S präsentiert dem N mehrere Serviettenringe
und hat einen freien Entscheidungsspielraum was dies betrifft. Dies
muss für N auch erkennbar sein. Folglich hat S eine eigene Wil-
lenserklärung abgegeben.
Mit Vertretungsmacht
S müsste ebenso mit Vertretungsmacht gehandelt haben. In Frage
kommt eine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht, Vollmacht (§
166 II). Diese wurde der S konkludent mit Einstellung als Verkäu-
ferin erteilt (§ 169 I Alt. 1). Die Vollmacht ist begrenzt auf 500 €.
S übergibt Ringe im Wert von 300 €. Somit handelte S innerhalb
ihrer Vertretungsmacht.
S hat die J wirksam vertreten. Folglich haben sich S und N geeinigt.
Fraglich ist, ob die Einigung nicht rückwirkend unwirksam wird
(ex tunc) gemäß § 142 I.
Hierzu müsste J wirksam angefochten haben (§ 166 I). Vorliegend
hat weder S noch J gehandelt, sondern P. P müsste also als Vertre-
terin der J gehandelt haben. Hierzu müsste sie eine eigene Willens-
erklärung in fremden Namen mit Vertretungsmacht geäußert ha-
Gestaltungsrecht ben. Die Anfechtung ist ein Wahlrecht, folglich hatte P Entschei-
dungsspielraum und eine eigene Willenserklärung abgegeben. Sie
äußert diese auch im Namen der J, also unter fremden Namen. Fer-
ner müsste sie mit Vertretungsmacht gehandelt haben. P wurde als
Lagerkraft eingestellt und ihr wurde keinerlei Vertretungsmacht
eingeräumt. Folglich handelte die P als Vertreter ohne Vertretungs-
macht. Problematisch ist, ob diese überhaupt einseitige Rechtsge-
Gut schäfte, wie die Anfechtung, tätigen können. Grundsätzlich ist dies
87
nicht möglich (§ 180 S. 1). Vorliegend hat N jedoch die Vertre-
Schön! tungsmacht nicht beanstandet und somit finden die Vorschriften
über Verträge Anwendung (§ 180 S. 2).
Für eine wirksame Anfechtung benötigt man einen Anfechtungs-
grund, eine Erklärung innerhalb der Frist.
Anfechtungsgrund
In Frage kommt ein Erklärungsirrtum (§ 119 I Alt. 2). Dieser ist
gegeben, wenn der Erklärende diesen Inhalt gar nicht abgeben
wollte. Er irrt über die Erklärungshandlung. Vorliegend hat zwar
die S und nicht die P sich vergriffen, dies ist allerdings der J zuzu-
schreiben gemäß § 166 I. Das Vergreifen gilt als typischer Erklä-
rungsirrtum. Somit liegt ein Anfechtungsgrund vor.
Anfechtungserklärung
P müsste eine wirksame Erklärung äußern, Diese ist gemäß § 143 I
dem Vertragspartner gegenüber zu äußern und es muss deutlich
werden, dass man am Vertrag nicht mehr festhalten möchte. P for-
dert dem N gegenüber, dass sie die Ringe wieder haben möchte und
somit an der dinglichen Einigung nicht mehr festhalten will.
Anfechtungsfrist
Die Anfechtung muss unverzüglich nach Kenntnis über den Irrtum
erfolgen. Unverzüglich bedeutet ohne schuldhaftes Zögern. P ruft
direkt bei N an. Somit wurde die Frist gewahrt.
Es liegt zwar eine Anfechtung vor, fraglich ist jedoch ob diese auch
wirksam ist. Nach § 199 I i.V.m. S. 2 ist die Anfechtung schwebend
unwirksam bis zur Genehmigung des Stellvertretenen. J äußert P
ihren Dank über den Anruf bei N. Hierin liegt eine konkludente
Genehmigung der Anfechtung. Die Anfechtung wird gemäß § 184 I
rückwirkend wirksam. Die Willenserklärung der S ist rückwirkend
nichtig (§ 142 I).
Somit liegt keine Einigung vor. J hat das Eigentum an den Ringen
nicht gemäß § 929 S. 1 verloren.
Besitzer
N müsste Besitzer der Ringe sein. Der Besitz ist die tatsächliche
Herrschaft über eine Sache. N hat die Ringe bei sich und ist somit
Besitzer.
Sie prüfen § 985 und sehen alle dortigen Probleme. Umfassend am Gesetz arbeitend sehen Sie sowohl
Stellvertretungs- und Anfechtungsprobleme und behandeln diese sehr ansprechend. Der Anspruch nach
§ 812 I Alt. 1 gut geprüft und folgerichtig angenommen.
Im zweiten Teil wird das Problem der Vertretungsmacht gesehen und die Vertretungsmacht der S abge-
lehnt. Folgerichtig wird dann die schwebende Unwirksamkeit des Vertrags und eine Genehmigung
durch J erörtert.
Die Lösung ist durchgehend im Gutachtenstil verfasst und insgesamt sehr gut gelungen. Umfangreiche
Kenntnisse werden sichtbar und an der richtigen Stelle angebracht. Dabei wird sehr nah am Sachverhalt
gearbeitet. Ihre Lösung ist durchgängig strukturiert, logisch und konsequent.
Prima gemacht, weiter so!
14 Punkte (Gut)
Drittbeste Klausur mit zwei anderen von 414 Klausuren! Gratuliere zum dritten Platz!
(P. Reiff)
89
2. Klausur für Anfänger im Zivilrecht (15.06.2012)
K möchte in der Trierer Innenstadt einen neuen Coffee-to-go Shop namens „Coffee Paradise“ eröffnen.
Hierzu kauft er bei Elektrogroßhändler E einen professionellen Kaffeeautomaten Modell „Super Mac-
ciato“ Nr. 1“ zum Preis von 8.200,- €. Im Kaufvertrag verpflichtet sich E, das Gerät auf eigene Kosten
bei K anzuliefern. Als Liefertermin vereinbaren E und K den 31.05. um 15:00 Uhr. Den Kaufpreis soll
K bei Lieferung entrichten. Da die große Eröffnungsfeier des Coffee-Shops für den 01.06. geplant ist,
benötigt K den Kaffeeautomaten dringend zu diesem Zeitpunkt. Jedoch vergisst K dem E dies mitzutei-
len.
Am 31.05. wartet K vergeblich auf die Lieferung des Geräts. Seine Versuche, den E telefonisch zu
erreichen, bleiben erfolglos. K, der die Eröffnung des Coffee-Shops durch mehrere Anzeigen im Trieri-
schen Volksfreund stark beworben hat und einen großen Besucheransturm erwartet, sieht sich deshalb
gezwungen, ab 01.06. eine vergleichbare Kaffeemaschine zum (angemessenen) Preis von 50,- € pro Tag
bei Gastronomiefachhändler G zu mieten.
Als K den E am 02.06. endlich telefonisch erreicht, entschuldigt sich dieser dafür, dass er den verein-
barten Liefertermin aufgrund seiner Auftragslage nicht einhalten konnte. K reagiert sehr aufgebracht
und fordert E auf, so schnell wie möglich zu liefern. E sagt zu K, das Gerät am nächsten Tag um 9:00
Uhr vorbeizubringen.
Am kommenden Tag schickt E seinen Angestellten A mit dem firmeneigenen Transporter rechtzeitig
los, damit dieser den Automat bei K abliefert. Allerdings steht der verdutzte A, als er zum verabredeten
Zeitpunkt bei K eintrifft, vor verschlossener Türe. K hatte aufgrund eines dringenden Termins plötzlich
weg gemusst und nicht mehr an die Lieferung des Kaffeeautomaten gedacht. A macht sich deshalb un-
verrichteter Dinge auf den Rückweg. Unterwegs kommt es infolge eines leichten Fahrfehlers des A zu
einem Unfall. Dabei wird der Kaffeeautomat derart beschädigt, dass er unbrauchbar ist.
K hat, als E ihm von dem Unfall berichtet, endgültig genug von dem Geschäft mit E und ist heilfroh, als
G ihm am nächsten Tag eine vergleichbare Kaffeemaschine zum Preis von 8.500,- € zum Kauf anbietet.
Er nimmt das Angebot dankend an. Am 05.06. wird die neue Maschine geliefert, den vermieteten Kaf-
feeautomaten nimmt G wieder mit.
E verlangt von K Zahlung des Kaufpreises. K verweigert dies und möchte von E Zahlung von 300,- €
wegen der teureren Maschine und 200,- € für die Miete vom 01. – 04.06.
90
Gutachten
A. Anspruch E gegen K aus § 433 II
E könnte gegen K einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises in
Höhe von 8.200 € gemäß § 433 II haben.
I. Anspruch entstanden
Dazu müsste der Anspruch auf Kaufpreiszahlung zunächst entstan-
den sein. E und K haben einen wirksamen Kaufvertrag geschlossen.
Somit ist der Anspruch auf Kaufpreiszahlung entstanden.
1. Wirksamer Vertrag
Ein wirksamer Vertrag muss bestehen. Zwischen E und K besteht
ein wirksamer Kaufvertrag (s.o.).
(1) Stückschuld
Der geschuldete Gegenstand könnte eine Stückschuld sein. Eine
Stückschuld ist ein nur einmal existierender Gegenstand. K ent-
scheidet sich im Laden des E für einen Kaffeeautomaten des Mo-
dells „Super Macciato Nr. 1“. Ein bestimmter Kaffeeautomat des
Modells ist nicht gefordert. Somit handelt es sich um eine Gattungs-
schuld, nicht um eine Stückschuld.
a) Holschuld
Die Schuld könnte eine Holschuld sein, § 269 I . Wenn die Parteien
keine besondere Art der Schuld vereinbart haben, richtet sich die
geschuldete Leistung nach einer Holschuld. K und E haben verein-
bart, dass e die Kaffeemaschine zu K liefern soll. Es liegt somit eine
Absprache vor.
91
b) Bringschuld
Folglich könnte eine Bringschuld vorliegen. Für eine Bringschuld
muss der Schuldner die Ware aussondern, zum Wohn- oder Ar-
beitsort des Gläubigers bringen und diesem die Ware anbieten. E
und K haben vereinbart, dass E die Ware zum Wohnort des K lie-
fern soll. Es besteht somit eine Bringschuld.
Fraglich ist nun, ob E alle Voraussetzungen der Bringschuld erfüllt
hat, um die Ware zu konkretisieren, § 243 II . E hat eine Kaffeema-
schine ausgesondert, indem er diese zur Lieferung fertig gemacht
hat. Außerdem müsste er die Ware zum Wohnort des K geliefert
haben. E selbst hat nicht geliefert, sondern sein Angestellter A.
Fraglich ist, ob A Erfüllungsgehilfe des E war, § 278 . Erfüllungs-
gehilfe ist, wer mit Wissen und Wollen des Auftraggebers dessen
Verbindlichkeiten erfüllt. A wurde von E beauftragt, die Ware zu
liefern. E handelte somit mit Wissen und Wollen des E. Außerdem
Doch, ein Anbieten durch A ist ist er ein Angestellter des E, der die Ware zu einem Kunden liefern
erfolgt. Nach dieser Logik sollte. A handelte somit auch um eine Verbindlichkeit des E zu er-
hätte es der Gläubiger immer füllen. A war folglich der Erfüllungsgehilfe des E. Somit hat E die
in der Hand, ob der Schuldner Ware durch A zum Wohnort des K geliefert. Fraglich ist jedoch, ob
zum Anbieten kommt! Indem E die Ware dem K angeboten hat.
A klingelt bietet er an. Der Erfüllungsgehilfe A des E konnte die Ware dem K nicht anbie-
Die Konkretisierung ist nicht ten, da dieser nicht anzutreffen war. Somit würde es eigentlich an
an Annahmeverzug gebunden, dieser Voraussetzung für die Konkretisierung fehlen. Eine Konkre-
vielmehr treffen sie einfach tisierung könnte dennoch erfolgt sein, wenn K während der Liefe-
zusammen. Der Prüfungsort rung im Annahmeverzug war, § 293 ff. -
für Annahmeverzug ist weiter
unten im Rahmes des § 326 I aa) Fälligkeit der Leistung
S. 1 Alt. 2 Dazu müsste die Leistung des E fällig gewesen sein. K und E hatten
den 03.06. um 09:00 Uhr für die Lieferung bestimmt. Die Leistung
ist demnach fällig
4. Ergebnis
E hat gegen K einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung gemäß § 433
II .
I. Anspruch entstanden
Der Anspruch ist entstanden (s.o.).
b) Pflichtverletzung
Des Weiteren müsste eine Pflichtverletzung des e bestehen. E hat
die Kaffeemaschine nicht an K übereignet, § 929 S. 1 . Folglich hat
Die Pflichtverletzung ist die zu E seine Pflicht aus dem Kaufvertrag verletzt.
vertretene Unmöglichkeit der
Leistung (vergleiche. Bespre- c) Vertretenmüssen
chung) Grundsätzlich hat der Schuldner Vorsatz und jede Fahrlässigkeit zu
vertreten, § 276 . E handelte jedoch nicht selbst. Somit ist § 276 für
ihn nicht einschlägig. Er könnte sich jedoch das Verhalten des A
gemäß § 278 zurechnen lassen. A ist der Erfüllungsgehilfe des E
(s.o.). Folglich muss E sich jedes Verhalten des A so zurechnen
lassen, wie sein eigenes Verschulden.
Fahrlässigkeit gemäß § 276 II meint das außer Acht lassen der im
Verkehr erforderlichen Sorgfalt. A hat während der Fahrt einen
leichten Fahrfehler begangen. Er handelte somit leicht fahrlässig.
Somit müsste E grundsätzlich für die Pflichtverletzung haften. Et-
was anderes gilt jedoch, wenn der Gläubiger sich im Annahmever-
zug befunden hat, §§ 293 ff. . K befand sich im Annahmeverzug
(s.o.). Somit richtet sich die haftung des Schuldners nach § 300 I .
Er hat folglich nur Vorsatz und grobe fahrlässigkeit zu vertreten. A
handelte leicht fahrlässig. Somit hat E die Pflichtverletzung nicht
zu vertreten.
93
4. Ergebnis
K hat keinen Anspruch gegen E auf Zahlung von 300 € aus §§ 280
I, III, 283 S. 1.
b) Fälligkeit
Der Anspruch müsste fällig sein. Grundsätzlich ist ein Anspruch
sofort fällig, § 271 I . Anderes gilt, wenn die Parteien eine Zeit aus-
gemacht haben. Ausgemacht war der 31.05. um 15:00 Uhr. Die
Leistung war somit fällig.
c) Einredefreiheit
Der Anspruch müsste einredefrei sein. E hat keine Einrede erhoben.
Somit ist der Anspruch einredefrei.
d) Mahnung, § 286 I S. 1
K müsste den E gemahnt haben. K konnte den E telefonisch nicht
erreichen. Folglich hat er ihn nicht gemahnt.
f) Vertretenmüssen, § 286 IV
E müsste den Verzug auch zu vertreten haben. Er wusste, dass er
am 31.05. liefern soll und hat dies aber nicht getan. Dass er nicht
wusste, wie dringend die Lieferung ist, ist unerheblich. Somit hat E
den Verzug nach § 276 I zu vertreten.
Die Voraussetzungen der §§ 280 II, 286 sind erfüllt.
b) Pflichtverletzung
E hat die Leistung nicht zur geforderten Zeit erbracht. Somit hat er
seine Pflicht aus dem Vertrag verletzt.
c) Vertretenmüssen, § 276
(s.o.).
94
d) Schaden
Dem K müsste durch das Nichtliefern des E ein Schaden entstanden
sein. K musste sich für die Zeit der Verzögerung eine Ersatzma-
schine von D für 50 e am Tag leihen. Diese braucht der vier Tage
lang. K ist somit ein Schaden von 200 € entstanden. Somit sind die
Voraussetzungen des § 280 I erfüllt.
Der Anspruch gemäß § 433 II wird geprüft. Die Prüfung ist vollständig, wenn auch etwas unglücklich
aufgebaut. Die Ausführungen zur Unmöglichkeit sind richtig und vollständig, ebenso zum Annahme-
verzug.
Anspruch gemäß §§ 280 I, III, 283 gesehen und im Rahmen des Vertretenmüssens auf A abgestellt und
den Annahmeverzug haftungsmildernd berücksichtigt.
Der Gutachtenstil ist gelungen. Sie sollten sich noch mehr bemühen, jeden Teil Ihrer Prüfung einem
Großpunkt zuzuordnen. Beispielsweise kommt man nur zur Prüfung des § 275 , wenn man vorher erör-
tert, ob die Gegenleistungspflicht nach § 326 I entfällt, denn das ist der eigentliche Prüfungsgegenstand,
der der Prüfung des § 275 vorgelagert ist. Wenn Sie einfach so ohne Erläuterung in die Prüfung einstei-
gen wirkt das schnell laienhaft. Sie verfolgen ein Ziel mit der Prüfung – benennen Sie das immer. Sie
müssen außerdem bei der Prüfung der Schadensersatzansprüche den Prüfungsaufbau nacharbeiten: Er
ist immer gleich: Schuldverhältnis – Pflichtverletzung – Vertretenmüssen. Die jeweiligen Besonderhei-
ten, etwa des § 283 oder § 286 werden innerhalb der Punkte abgehandelt. Sehen Sie sich das in einem
Lehrbuch noch einmal an! Ansonsten sind die Ausführungen gut und vollständig.
10 Punkte (Vollbefriedigend)
95
1. Klausur für Anfänger im Zivilrecht 2013
G ist Inhaber eines Forstbetriebs im Hunsrück. Er möchte sich zum Fällen von Bäumen eine neue Ern-
temaschine zulegen. Der renommierteste Hersteller dieser Maschinen, H, hat seinen Sitz in München.
Da G nicht selber dorthin fahren möchte, will er den in München wohnhaften V bitten, ihm die Ernte-
maschine Typ Power205 zu besorgen. Bei der Power205 handelt es sich um ein mittelgroßes Modell
mit dem Listenpreis von 100.000€. G diktiert dazu seiner Sekretärin S einen Brief, indem er den V mit
dem Kauf betraut.
Obwohl G die richtige Bezeichnung der Maschine diktiert, schreibt S jedoch versehentlich Power305 in
den Brief. Die Power305 ist wesentlich größer und leistungsstärker, dafür allerdings auch teurer. G un-
terschreibt den Brief ohne den Fehler zu bemerken. Eine Preisangabe enthält der Brief nicht.
V kauft daraufhin im Namen der G Hersteller H eine Erntemaschine Typ Power305 zum Listenpreis
von 120.000€. Zwei Wochen später wird die Maschine geliefert. Als G bemerkt, dass es sich um das
größere und teurere Modell handelt, ist er entsetzt und erklärt umgehend gegenüber V und H, dass er
wegen des Versehens alles anfechte. H weist den Einwand des G zurück und verlangt Zahlung der
120.000€, zumindest jedoch die Erstattung der Transportkosten i.H.v. 1000€, egal von wem.
Auch privat hat G zur Zeit Probleme zu lösen. Seiner 13- jährigen Tochter T hat er mit Einverständnis
von Mutter M einen 20€ Schein gegeben um der T die Anschaffung eines neuen Füllers für die Schul-
arbeiten zu ermöglichen. T denkt jedoch nicht an die Schularbeiten und Füller, sondern geht lieber in
das Modegeschäft des L, um sich dort die schöne Kette zu kaufen, die sie schon seit Wochen im Schau-
fenster bewundert hat. L händigt der T die ausgesuchte Kette gegen Zahlung der 20€ aus. T bezahlt mit
dem Schein, den ihr G gegeben hat und den L in seine notorisch leere Kaffeekasse legt.
Als G nachmittags von seinem harten Arbeitstag nach Hause kommt, ist er entsetzt, als er von der neus-
ten „Errungenschaft“ seiner Tochter erfährt, mit der er aus grundsätzlichen Erziehungserwägungen nicht
einverstanden ist. Auch M ist schockiert. Sofort fahren G und M mit T zu L, um den Kauf der Kette
rückgängig zu machen und den 20€ Schein zurückzubekommen, der sich noch in der Kaffeekasse be-
findet. L geht jedoch davon aus, dass das Geschäft wirksam ist. Wenn nicht möchte er zumindest die
Kette zurückbekommen.
96
Gutachten
Teil 1:
I. H könnte gemäß § 433 II einen Anspruch auf Zahlung von
20.000 haben, wenn zwischen H und G ein wirksamer Kaufvertrag
zu Stande gekommen ist. Ein Vertrag besteht aus zwei
übereinstimmenden WE, Angebot und Annahme. Wie aus dem
Sachverhalt zu schließen ist, ist ein Kaufvertrag zu Stande
gekommen. Allerdings hat nicht G das Geschäft persönlich
durchgeführt.
V könnte jedoch die Vollmacht von G gemäß §§ 164 ff. Dafür
müsste eine Bevollmächtigung zulässig sein. Bei dem Kaufvertrag
über die Erntemaschine handelt es sich nicht um ein höchstpersön-
liches Geschäft, sodass eine Bevollmächtigung zulässig ist. Im
Sachverhalt sind keine Angaben über die Geschäftsfähigkeit des V,
sodass davon auszugehen ist, dass dieser voll geschäftsfähig ist.
Auch gibt V eine eigene WE ab. Zusätzlich hat V von G gem. § 172
I BGB eine Vollmachtsurkunde erhalten. Mithin hat V die Voll-
macht für G das Geschäft über die Erntemaschine zu schließen.
Nun stellt sich die Frage, ob V auch als Vertreter des G gehandelt
hat. Hierzu muss V dem G bemerkbar gemacht haben, dass er im
Namen des G handelt (Offenkundigkeitsprinzip). Dieser hat von G
eine Vollmachtsurkunde erhalten, sodass H wusste mit wem er den
Vertrag abschließt. V kauft im Namen des G die Erntemaschine.
Ein wirksamer Kaufvertrag ist zustande gekommen, welcher auch
wirksam vertreten worden ist. H hat also einen Anspruch auf Zah-
lung der 120.000 €.
Nun könnte der Anspruch auf Zahlung durch eine wirksame An-
fechtung gem. § 142 I, untergegangen sein. Eine Anfechtung ist
eine empfangsbedürftige WE. Für jene muss erst einmal ein Irrtum
vorliegen, welcher den G berechtigt wirksam anzufechten. Hier
könnte es sich um einen Erklärungsirrtum gem. § 119 II handeln.
Bei einem Erklärungsirrtum irrt der Erklärende bei der Abgabe der
WE, über das Erklärte. Er wollte eine Erklärung diesen Inhalts nicht
abgeben.
Er verspricht oder verschreibt sich. G erklärte genau, das was er
erklären wollte. Ein Erklärungsirrtum ist nicht gegeben.
Ferner könnte es sich um einen Inhaltsirrtum handeln. Bei einem
§ 119 I Alt. 2 Inhaltsirrtum irrt der Erklärende bei Abgabe der Willenserklärung
über deren Inhalt.
Er erklärt zuvor, was er wollte, misst aber seiner Erklärung ab eine
andere Bedeutung zu, als sie in Wirklichkeit hat.
G erklärt genau, was er erklären möchte und ist sich des Inhalts
Vertretbar, möglich auch, dass seiner Erklärung vollständig bewusst.
S als „verlängerter Arm“ des G Ein Inhaltsirrtum liegt nicht vor.
fungiert Verschreiben wird G könnte S als Erklärungsboten eingesetzt haben.
quasi zugerechnet
Ein Erklärungsbote ist eine Person, die vom Erklärenden dazu be-
mächtigt wurde, für ihn eine Erklärung abzugeben. Der Erklärungs-
bote gibt eine eigene Willenserklärung ab. S bringt die Erklärung
§ 119 I 1. Alt.! Normen immer des G zu Papier, was im übertragbaren Sinne einem Erklärungsbo-
nennen! ten gleich kommt.
Jedoch verschreibt sich S bei der Erklärung des Maschinentypes.
Anstatt Power 205 schreibt sie Power 305. G, der diesen Fehler
97
nicht bemerkt, unterschreibt die Vollmachtsurkunde. Darin könnte
sich jedoch ein Erklärungsirrtum verstecken. G wollte niemals eine
Erklärung abgeben, einverstanden mit dem Kauf einer Power 305
zu sein.
Er unterliegt im Wege über die S einem Erklärungsirrtum. Mithin
gebe es einen Anfechtungsgrund.
Dieser müsste jedoch auch kausal sein.
Kausal ist jede Bedingung, die nicht hin weggedacht werden kann,
ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele.
Hätte G von dem Irrtum gewusst, hätte er niemals seine Erklärung
abgegeben.
Kausalität liegt mithin vor.
Weiterhin müsste G seine Anfechtung gem. § 143 I BGB gegenüber
H und V erklärt haben.
Dies tat G, indem er G und V sagte, er fechte an.
Die Anfechtung müsste auch fristgemäß erfolgt sein, § 121 I 1
BGB.
Fristgemäß bedeutet ohne schuldhaftes Zögern.
Sobald G den Fehler erkannt hatte, machte er seine Anfechtung be-
kannt. Die Frist wurde eingehalten.
G hatte erfolgreich angefochten, sodass V ohne Vertretungsmacht
handelte.
Mithin ist der Vertrag zwischen G und H nichtig gem. § 142 I BGB.
Teil 2
War zwar nicht begehrt, aber I. L gegen G, M, T
inhaltlich zutreffend L könnte einen Anspruch auf den 20 € - Scheins haben, indem ein
Kaufvertrag gem. § 433 I BGB zustande gekommen ist.
98
Ein Kaufvertrag besteht aus Angebot und Annahme.
Ein Angebot ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die alle
essentalia negotii enthält. Das Angebot könnte darin liegen, dass T
§ 433 I ist kein Herausgabean- die Kette kaufen möchte.
spruch! bauen Sie Ihr Gut- Eine Annahme ist das Einverständnis mit dem Angebot.
achten nach Rechtsfolgen auf Durch das Aushändigen der Kette und das Annehmen des 20 € -
Scheins könnte L das Angebot angenommen haben.
Problematisch könnte sein, dass T minderjährig ist.
Gem. § 106 BGB ist T aber beschränkt geschäftsfähig. Gem. § 107
BGB darf T Geschäfte führen, die lediglich einen rechtlichen Vor-
teil für sie darstellen.
Ein lediglich rechtlicher Vorteil liegt vor, wenn sich T zu nichts
verpflichten muss.
T muss allerdings die 20 € zahlen.
Somit ist ein lediglich rechtlicher Vorteil nicht gegeben. Der Ver-
trag ist mithin schwebend unwirksam, kann jedoch durch die Ge-
nehmigung der Eltern der T wirksam werden.
Die Genehmigung ist die zeitlich nachträgliche Zustimmung. Als
M und G von dem Kauf der Kette erfahren, sind beide schockiert.
Sie sind mit dem Kauf der Kette nicht einverstanden.
Allerdings könnte der T der Kauf der Kette gem. § 110 BGB erlaubt
sein. Dafür müsste der T der 20 € - Schein frei zur Verfügung ge-
stellt worden sein. Die freie Verfügung setzt voraus, dass T mit dem
20 € - Schein machen kann, was sie will.
G hat ihr den 20 € - Schein jedoch lediglich für den Kauf eines
neuen Füllers gegeben. Eine Bewirkung der Leistung mit eigenen
Mitteln ist somit nicht gegeben.
Mithin ist der Kaufvertrag zwischen L und T unwirksam und L hat
einen Anspruch auf den 20 € - Schein.
II. L könnte jedoch einen Anspruch auf Rückgabe der Kette gem. §
812 I 2 BGB.
Dazu müsste der rechtliche Grund für das Behalten der Kette für T
wegfallen. Der Kaufvertrag ist nichtig, sodass ein rechtlicher Grund
nicht gegeben ist.
L hat einen Anspruch auf Rückgabe der Kette.
M, G, T gegen L
M, G, T könnten einen Anspruch auf den 20 € - Schein gem. § 812
I 1 BGB haben.
Dafür dürfte L keinen rechtlichen Grund haben, den 20 € - Schein
zu behalten.
Der Kaufvertrag ist nichtig, somit besteht kein rechtlicher Grund
für L.
M, G, T haben einen Anspruch auf Herausgabe des 20 € - Scheins.
99
Zuwendung ist das Erlangen einer Sache.
T und G waren sich einig, dass T den 20 € - Schein unentgeltlich
zugewendet bekommt, damit T sich einen neuen Füller kaufen
kann.
Allerdings ist die T nur beschränkt geschäftsfähig. Bei der Schen-
Bei genauerer Prüfung müss- kung könnte es sich jedoch um einen nur lediglich rechtlichen Vor-
ten Sie feststellen in welcher teil i. S. d. § 107 BGB handeln, sodass T keine Einwilligung ihrer
Beziehung eine Leistung vor-
Eltern benötigt.
lag T hat Anspruch aus
Bei G handelt es sich um T's Vater. Dieser hat mit Zustimmung der
§ 812. M und G vertreten T
gemäß § 1626, 1629 M der T den 20 € - Schein übergeben. T hat als sowohl die Zustim-
mung ihrer Eltern bekommen, den 20 € - Schein anzunehmen, so-
wie es sich um einen lediglich rechtlichen Vorteil handelt.
Allerdings könnte es sich bei der Schenkung um ein Insichgeschäft
gem. § 181 BGB handeln.
T erleidet durch das Insichgeschäft ihrer Eltern aber keinen rechtli-
chen Nachteil, sodass das Insichgeschäft in diesem Fall genehmigt
werden kann.
T hat einen Anspruch auf den 20 € - Schein.
Endergebnis:
H hat einen Anspruch auf Vertrauensschadenszahlung
i. H. v. 1.000 €, sowie die Rückerstattung der Erntemaschine.
L hat einen Anspruch auf Rückerstattung seiner Kette.
T hat einen Anspruch auf den 20 € - Schein.
Eine äußerst gelungene Klausur! Die Klausur weist einen schönen Gutachtenstil auf und lässt Problem-
bewusstsein erkennen.
13 Punkten (Gut)
100
2. Klausur für Anfänger im Zivilrecht (21.06.2013)
V betreibt seit kurzem ein Motorradgeschäft in der Trierer Innenstadt. Er bezieht die Maschinen von
seinem Lieferanten L. Da V zunächst nicht absehen kann, wie sich sein Geschäft entwickeln wird, be-
stellt er bei L sechs Motorräder des Typs PowerX zu einem Preis von je 3000 €‚ vereinbart aber mit 1,
dass dieser die Maschinen erst auf Abruf binnen sieben Tagen liefern wird.
K möchte bei V eine Maschine des Typs PowerX kaufen, die er dringend für eine Motorradrallye am
10.5. benötigt. Da dem K die Teilnahme an der Rallye so wichtig ist, ist er bereit, einen Preis weit über
dem Marktpreis zu zahlen. Mit Schreiben vom 29.4., zugegangen am 30.4., fordert V bei L daher ins-
gesamt sechs Maschinen des Typs PowerX an, die L erst am 12.5. liefert. K hat mittlerweile verärgert
vom Kauf Abstand genommen und die Maschine am 9.5. bei einem anderen Verkäufer gekauft, um noch
an der Rallye teilnehmen zu können. Dadurch entgeht V ein Gewinn von 1200 € aus dem Geschäft mit
K, weil er nun die Maschine an einen anderen Kunden für 1200 € weniger verkaufen muss. V verlangt
nun von L den Ersatz der 1200 € C, der Chef eines bekannten Trierer Motorradclubs, sucht den V in
seinem Laden auf und erklärt, er würde gerne ein Motorrad des Typs Power2X erwerben. V freut sich
über das Geschäft und macht dem C einen guten Preis von 5.000 €. C ist einverstanden. V erklärt dem
.C, dass er das Motorrad bei L bestellen werde und C es dann am 10.6. im Geschäft des V abholen
könne. C stimmt dem zu und verspricht, den Kaufpreis am Abholtag zu zahlen. Das Motorrad wird
rechtzeitig von L an V geliefert und von V zur Abholung durch C bereitgestellt.
Am 10.06, erscheint C jedoch nicht. Am 12.6. wird die Maschine des Typs Power2X durch einen Brand
im Geschäftsraum des V zerstört. Den Brand hat V leicht fahrlässig verursacht. Als C am 13 6 im Ge-
schäft des V erscheint, erfahrt er von dem Missgeschick des V.
Dieser ist der Meinung, er habe trotz allem einen Kaufpreisanspruch gegen C in Höhe von 5.000 €.
101
Gutachten
Ansprüche V gegen L
V könnte von L Ersatz des entgangenen Gewinns i. H. v. 1.200 €
aufgrund von §§ 280 I, II, 286, 249 I, 252 BGB verlangen.
Dazu müsste V ein Gewinn entgangen sein, weil L eine Pflicht aus
Kaufvertrag gemäß § 433 dem Schuldverhältnis durch Leistungsverzögerung verletzt hat.
Zwischen V und L müsste ein Schuldverhältnis bestehen, nach §
311 I BGB begründen alle Verträge ein Schuldverhältnis.
V und L schließen einen Kaufvertrag über 6 Motorräder, Typ
Power X, zu einem Kaufpreis von je 3.000 €.
Somit besteht ein Schuldverhältnis zwischen den beiden.
L müsste eine Pflicht aus dem Kaufvertrag verletzt haben.
Nach § 433 I 1 BGB ist er dazu verpflichtet, V Eigentum und Besitz
an den Motorrädern zu verschaffen.
L hat V die Motorräder am 12. Mai geliefert, also in Bezug auf
diese Motorräder seine Primärpflichten erfüllt.
Er könnte allerdings eine Sekundärpflicht dadurch verletzt haben,
dass er zu spät leistete und damit in Schuldnerverzug aufgrund von
§ 286 BGB kam.
Der Schuldner kommt dann in Verzug, wenn die Leistung fällig und
einredefrei ist, er aber nicht geleistet hat, die Nichtleistung zu ver-
Gut! treten hat und wenn der Gläubiger ihn gemahnt hat bzw. wenn die
Mahnung nach § 286 II BGB entbehrlich ist.
Seht gut!
Die Leistung müsste also bereits vor dem 12. 5. fällig gewesen sein.
Fällig ist eine Leistung nach § 271 I BGB, grundsätzlich sofort, au-
ßer wenn eine Fälligkeit vertraglich vereinbart ist. Dann gilt diese
nach § 271 II BGB.
V und L haben vertraglich vereinbart, dass die Leistung 7 Tage
nach Leistungsaufforderung fällig sein soll.
V forderte mit seinem Schreiben vom 29. 4. den L zur Leistung auf.
Die Leistungsaufforderung ist eine empfangsbedürftige und einsei-
tige Willenserklärung und wird gegenüber Abwesenden nach § 130
Ok! Aber Fristberechnung I BGB mit dem Zugang (hier: 30. 4.) wirksam.
läuft nach den §§ 187-193! Somit wird die Leistung 7 Tage später (also am 7. 5.) fällig.
Am 7.5. hat L noch nicht geleistet.
Leistungshemmende Einwendungen sind aus dem Sachverhalt
Einrede aus § 320? nicht ersichtlich.
Es steht zwar im Sachverhalt nicht, warum L nicht liefert, da § 286
IV BGB aber negativ formuliert ist, wird das Vertreten des Schuld-
ners vermutet, außer er kann sich exkulpieren.
Er hat sich nicht exkulpiert und muss somit die Nichtleistung ver-
treten.
Nach § 286 I muss der Gläubiger aber auch mahnen.
Eine Mahnung ist die ernsthafte und endgültige Leistungsaufforde-
rung einer fälligen Leistung. V hat L nicht mehr aufgefordert die
fällige Leistung zu bewirken, also nicht gemahnt.
Die Mahnung könnte aber aus § 286 II Nr. 2 entbehrlich sein.
Danach ist eine Leistung entbehrlich, wenn ihr ein Ereignis voraus-
geht, nach dem der Schuldner eine angemessene Zeit zur Erfüllung
hat, die sich nach dem Kalender berechnen lässt.
102
Hier hat der V die L schriftlich zur Leistung aufgefordert, und L
konnte berechnen, dass er nach dieser Aufforderung 7 Tage Zeit
Gut! hatte, zu leisten.
Auch sind diese 7 Tage ausreichend und angemessen. Somit war
die Mahnung nach § 286 II Nr. 2 BGB entbehrlich und L ist in
Schuldverzug gekommen.
V müsste aber noch durch diesen Verzug einen Schaden erlitten ha-
ben.
Schaden meint jede unfreiwillige Einbuße von Vermögen.
Der Abruf ist das i.S.d. § 286 Vermögen selbst hat V zwar keines verloren, allerdings umfassen
II Nr. 2 Schadensersatzansprüche nach § 252 BGB auch entgangenen Ge-
winn.
Laut Sachverhalt entgeht V ein Gewinn von 1.200 €, weil er das
Geschäft mit einem anderen Kunden als K, der mehr zu zahlen be-
reit gewesen wäre, macht. Ihm entgeht der Gewinn auch gerade we-
gen des Verzugs des L, denn hätte der, wie vereinbart geleistet,
hätte V mit K das Geschäft abgeschlossen. V ist also ein Schaden
i. H. v. 1.200 € aufgrund der Leistungsverzögerung des L entstan-
den. V kann gegenüber L einen Schadensersatzanspruch
i. H. v. 1.200 € aufgrund von §§ 280 I, II, 286, 249 I, 252 BGB
Kausalität geltend machen. Der Anspruch besteht.
103
Seine Schuld beschränkt sich nur auf dieses eine Motorrad.
Durch den Brand wurde das Motorrad zerstört und ist für jeder-
mann unmöglich geworden.
Somit muss V nach § 275 I Alt. 2 BGB nicht leisten und die Pflicht
zur Kaufpreiszahlung für C würde entfallen.
Dem Wegfall der Zahlungspflicht könnte allerdings § 326 II 1 BGB
entgegenstehen.
Demnach entfällt die Leistungspflicht nicht, wenn der Gläubiger
Eine Holschuld war vereinbart.
selbst bzw. weit übergehend für das Leistungshindernis (Unmög-
lichkeit) verantwortlich ist, oder das Leistungshindernis erst einge-
treten ist, als er bereits in Annahmeverzug war.
Die Unmöglichkeit hat C nicht zu verantworten, sie könnte jedoch
eingetreten sein, als er im Annahmeverzug war.
Nach den §§ 293 ff. BGB kommt der Gläubiger in Verzug, wenn er
die ihm angebotene Leistung nicht entgegennimmt.
Das Angebot meint, dass der Schuldner seine Bereitschaft zur ver-
traglich vereinbarten Leistung signalisiert (vgl. § 294 BGB).
Er muss seine Bereitschaft nicht extra signalisieren, wenn der Gläu-
biger ebenfalls eine nach dem Kalender bestimmte Handlung zur
Mitwirkung versäumt.
Auch kommt der Gläubiger nach § 297 BGB nicht in Verzug, wenn
der Schuldner die Leistung zur Leistungszeit nicht erbringen kann.
Ausdrücklich hat V C die Übereignung zwar nicht angeboten, je-
doch hätte C hierfür mitwirken müssen und dem Geschäft zustim-
Gut!
men müssen.
Da das Motorrad rechtzeitig von L und V geliefert wurde und am
vereinbarten Abholtag (10.6.) auch noch nicht zerstört war, sondern
zur Abholung bereit stand, war V auch im Stande, das Motorrad zu
übereignen.
C ist im Annahmeverzug und nicht von der Pflicht zur Kaufpreis-
zahlung befreit.
Der Anspruch ist auch nicht untergegangen.
Allerdings könnte C die Zahlung bis zur Gegenleistung nach § 273
I BGB verweigern.
Die Pflicht zur Kaufpreiszahlung müsste hierfür aus demselben
§ 296 Schuldverhältnis stammen wie die Pflicht zur Übereignung des
Motorrades.
Zwar sind beide Pflichten mit dem Kaufvertrag in demselben
Schuldverhältnis begründet, allerdings ist die Pflicht zur Leistung
des V nach § 275 I Alt. 2 BGB wie bereits oben ausgeführt erlo-
schen.
Somit hat C keinen fälligen Anspruch gegen V und kann das Geld
nicht aus § 273 I BGB zurückverlangen.
Denkbar wäre noch, dass C vom Kaufvertrag i. S. d. § 323 I, II Alt.
1 BGB zurückgetreten ist.
Grundsätzlich erfolgt der Rücktritt gem. § 349 BGB durch Erklä-
rung.
C hat den Rücktritt nicht erklärt, allerdings wäre er auch gar nicht
§ 320 ist lex specialis gegen- zum Rücktritt berechtigt.
über § 273 Zum Rücktritt ist der Gläubiger grundsätzlich berechtigt, wenn der
Schuldner in einem gegenseitigem Vertrag eine fällige Leistung
104
nicht oder nicht vertragsgemäß erfüllt und der Gläubiger dem
Schuldner eine angemessene Leistungsfrist gesetzt hat.
Die Leistung war zwar wie oben erwähnt fällig und wurde von V
wie ausgeführt noch nicht erbracht, jedoch hat C keine Frist gesetzt.
Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung
ernsthaft und endgültig verweigert (vgl. § 323 II Br. 1 BGB).
Die Leistung ist dem V unmöglich geworden und er wird sie dau-
Der Rücktritt dient der Ver-
erhaft nicht erbringen können.
tragsrückabwicklung. Ein
Die Frist ist entbehrlich.
Rücktritt käme in Frage, wenn
Sie die Ansprüche des C prü- Die Rücktrittsvoraussetzungen sind erfüllt, jedoch könnte der
fen wollten. Rücktritt nach § 323 VI BGB ausgeschlossen sein.
Beachten Sie auch, dass bei Das ist er dann, wenn der Rücktrittsgrund vom Schuldner allein o-
Unmöglichkeit der Leistung der weit überwiegend zu verantworten ist oder der Rücktrittsgrund
der § 326 V Anwendung fin- dann eintritt, wenn der Gläubiger im Annahmeverzug ist und der
det. Schuldner dies nicht zu vertreten hat.
C selbst hat den Rücktrittsgrund nicht zu verantworten, jedoch ist
er wie oben ausgeführt erst eingetreten, als er bereits in Annahme-
verzug
war. Es ist darum zu prüfen, ob V die Unmöglichkeit zu vertreten
hat.
Der Schuldner hat nach § 276 I BGB grundsätzlich Vorsatz und
Fahrlässigkeit zu vertreten. Laut Sachverhalt hat er nicht fahrlässig
gehandelt, müsste den Rücktrittsgrund als vertreten.
Allerdings könnte ein Vertretenmüssen nach § 300 I BGB vorlie-
gen.
Hiernach vertritt er nur noch den Verzug wegen Vorsatz und grober
Fahrlässigkeit. Damit ist der Rücktritt nach § 323 VI BGB ausge-
schlossen.
V hat gegen C einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung i. H. v.
5.000 €.
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1. Klausur für Anfänger im Zivilrecht (24.04.2015)
Grohmann (G) betreibt einen Großhandel für Weine und Spirituosen. Huppert (H) ist bei ihm als Au-
ßendienstmitarbeiter beschäftigt und damit betraut, im norddeutschen Raum Kunden aufzusuchen und
mit ihnen für G Verträge über die Lieferung von Wein und Spirituosen abzuschließen. Zu diesem Zweck
hat G dem H ein Firmenfahrzeug zur Verfügung gestellt. H seinerseits beschäftigt zeitweise Urzig (U)
als Fahrer. Im Mai 2011 fällt das Fahrzeug wegen einer Reparatur für zwei Tage aus. Für diese Fälle
hält G zwar Ersatzfahrzeuge vor, was H auch weiß. Da H es aber für einfacher hält einen Ersatzwagen
zu mieten, sagt er dem U, er solle bei der Autovermietung Dreis (D) einen dem Firmenwagen entspre-
chenden Mittelklasse-PKW aussuchen und ihn namens des G als Ersatzfahrzeug anmieten. U kommt
dem Wunsch des H nach und erklärt gegenüber D, er komme von H, der bei G als Außenmitarbeiter
eingestellt sei. Vertragspartner sei der G, an den auch die Rechnung gehen solle. Er mietet bei D einen
VW-Mittelklassewagen für zwei Tage zum Preis von 200,- EUR. Als die Rechnung bei G zugeht, wird
sie, ohne dass G hiervon erfährt, von seiner Buchhaltung beglichen.
Als im März 2015 das Firmenfahrzeug wieder ausfällt, beauftragt H den U erneut einen Ersatzwagen zu
beschaffen, diesmal für zwei Wochen. U schließt daraufhin mit D einen Mietvertrag über einen PKW
zum Preis von 1.8000,- EUR und tritt dabei wie beim ersten Mal auf.
Als dieses Mal die Rechnung des D dem G zugeht, weigert dieser sich zu zahlen und trägt vor, er habe
weder H noch U eine Vollmacht zur Anmietung von Ersatzfahrzeugen erteilt und genehmige das Ge-
schäft auch nicht, zumal er über Ersatzwagen verfüge, die bei Ausfall eines Fahrzeugs eingesetzt werden
könnten, was H auch wisse.
D fragt, ob er von G, U und/oder H der Zahlung von 1.800,- EUR verlangen kann. Er verweist wahr-
heitsgemäß darauf, dass er das Fahrzeug zu diesem Preis die gesamte Zeit auch an andere Kunden hätte
vermieten können.
Bearbeiterhinweis: Etwaige Ansprüche aus culpa in contrahendo (§ 311 II, III) sind nicht zu prü-
fen.
107
Gutachten
I. Anspruch des D gegen G gemäß § 535 II
D könnte einen Anspruch gegenüber G haben, die Miete für die
Fahrzeugüberlassung gemäß § 535 II zu zahlen. Hierzu müsste ein
wirksamer Mietvertrag zwischen den beiden Parteien vorliegen.
1. Eigene Willenserklärung
U müsste eine eigene Willenserklärung abgegeben haben. Er hatte
Entscheidungsspielraum bei der Auswahl des PKW (wie bei der
ersten Vermietung durfte er einen Mittelklasse-PKW aussuchen).
Legt man sein Handeln gemäß §§ 133, 157 nach dem objektiven
Empfängerhorizont aus, so hat er aus der Sicht des D eine eigene
Willenserklärung abgegeben und nicht bloß wie ein Bote eine
fremde Willenserklärung überbracht.
2. Im fremden Namen
Ü müsste den Mietvertrag im Namen des G abgeschlossen haben.
Er teilte dem D mit, dass er von H komme und das Fahrzeug na-
mens G miete. Somit hat er die Untervertretung offengelegt und das
Offenkundigkeitsprinzip erfüllt.
3. Vertretungsmacht
G könnte H eine Vertretungsmacht gemäß § 166 II 1 erteilt haben
(Hauptvollmacht), aufgrund deren hat H dem U eine Vollmacht er-
teilt haben könnte (Untervollmacht). H hat U ausdrücklich eine
Vollmacht erteilt, im Namen des G für zwei Wochen einen Ersatz-
wagen zu beschaffen. Diese könnte jedoch unwirksam sein, wenn
er vom G nicht dazu berechtigt wurde.
108
des H kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass in der Be-
zahlung der Rechnung aus 2011 eine Vollmachterteilung zu sehen
ist. Hierbei kann es sich allenfalls um eine Genehmigung nach
§ 177 I, 184 I handeln, nicht aber um eine willentliche Vollmach-
terteilung zukünftiger Geschäfte. Es liegt keine konkludente Voll-
machterteilung des G an H vor.
Es könnte jedoch eine Rechtsscheinsvollmacht vorliegen. In Be-
tracht kommen hier die Duldungs- und die Anscheinsvollmacht.
Bei der Rechtsscheinsvollmacht muss ein Rechtsschein gesetzt
werden, der dem Vertretenen zurechenbar ist und auf den der Ver-
tragspartner nach Treu und Glauben, § 242 vertrauen darf. Eine
Duldungsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene von dem Ge-
schäft (i.d.R. wiederholte Willenserklärungen des „Vertreters“ über
einen gewissen Zeitraum hinweg) weiß und es nicht verhindert, ob-
wohl ihm dies möglich wäre. G weiß nichts von den Mietverträgen.
Eine Duldungsvollmacht liegt daher nicht vor.
Es könnte sich um eine Anscheinsvollmacht handelt. U hatte bereits
Jahre zuvor einen ähnlichen Mietvertrag mit D im Namen des G
abgeschlossen. Die Rechnung, die D an G schickte, wurde von des-
sen Buchhaltung auch bezahlt. Somit wurde der Rechtsschein ge-
schaffen, dass U als Untervertreter des G handeln darf und da die
Rechnung beim letzten Mal bezahlt wurde, kann D nach Treu und
Glauben darauf vertrauen.
Der Rechtsschein müsste G auch zurechenbar sein. Dies ist der Fall,
wenn er bei pflichtgemäßer Sorgfalt von dem Rechtsschein hätte
wissen und dies verhindern können. Fraglich ist, ob er es aufgrund
des Vertrags und der Rechnung aus dem Jahr 2011 hätte wissen
können. Man kann G zur Last legen, dass er seine Mitarbeiter über-
prüfen muss als Geschäftsinhaber und Kaufmann i.S.d. HGB und
er somit spätestens bei Zahlung der Rechnung über 200 € durch
seine Buchhaltung davon Kenntnis erlangen müssen. Diese Über-
prüfung ist jedoch angesichts der Tatsache, dass es sich um einen
Großhandel und nur die Miete eines Fahrzeugs über zwei Tage für
200 € handelt (was nur einmal in vier Jahren vorkam), nicht von G
zu verlangen. Er hätte auch bei pflichtgemäßer Sorgfalt nicht von
dem Mietvertrag in 2011 sowie in 2015 wissen können. Es liegt
also keine Anscheinsvollmacht vor. Da G das Geschäft nicht nach
§§ 177 I, 184 I genehmigt, ist keine wirksame Hauptvollmacht des
G an H vorhanden.
Zu dem gleichen Ergebnis kommt man auch mit der Auffassung,
Dies hätten Sie näher begrün- dass eine Rechtsscheinsvollmacht nicht möglich ist.
den können: Warum soll die Ohne wirksame Hauptvertretung kann auch keine wirksame Unter-
Rechtscheinsvollmacht nicht vertretung erteilt werden. Die Untervollmacht des h an U ist somit
möglich sein? auch nichtig.
Ergebnis
Es ist kein wirksamer Mietvertrag zwischen G und D zustande ge-
kommen. D hat keinen Anspruch auf Zahlung der 1.800 € gemäß
§ 535 II.
109
Vertreter ohne Vertretungsmacht
U müsste als Vertreter ohne Vertretungsmacht gegenüber D aufge-
treten sein. Die Untervertretung an sich wäre wirksam, ist aber
mangels wirksamer Hauptvertretung nichtig (s.o.). U ist trotzdem
im Namen des G aufgetreten und handelte folglich als Vertreter
ohne Vertretungsmacht.
Genehmigung
G hat den Vertrag nicht genehmigt (s.o.). Die Voraussetzungen des
§ 179 I sind damit grundsätzlich erfüllt.
Beschränkung nach § 179 II
Die Haftung des U könnte jedoch nach § 179 II beschränkt sein,
wenn er den Mangel der Vertretungsmacht nicht gekannt hat. U
wusste nicht, dass G Ersatzfahrzeuge hat und daher den H nicht mit
der Beschaffung eines Mietwagens beauftragt hat. Daher ist ein
eventueller Anspruch des D (grundsätzlich Wert des Vertrauens-
schadens = negatives Interesse, § 179 I) auf den Wert des positiven
Interesses beschränkt, also den Betrag, den D erhalten hätte, wenn
der Mietvertrag zwischen ihm und G wirksam geworden wäre. Im
vorliegenden Fall beträgt sowohl das negative Interesse 1.800 € (da
D das Fahrzeug zum gleichen Preis an andere Kunden hätte verlie-
ten können) als auch das positive Interesse 1.800 € (vereinbarter
Mietpreis).
Jedoch ist umstritten, ob bei „fehlerfreier“ Untervollmacht und un-
wirksamer Hauptvollmacht ein Anspruch nach § 179 gegenüber
dem Untervertreter entstehen kann.
Einer Ansicht der Literatur folgend, haftet der Untervertreter, egal
welche der beiden Vollmachten die Unwirksamkeit des Vertrags
hervorruft. Dies dient dem Rechtsschutz des Vertragspartners, da
dieser sich an beide Vertreter nach § 179 wenden kann. Nach dieser
Auffassung haftet U gemäß § 179 I, II.
Eine andere Literaturmeinung besagt, dass der Untervertreter nicht
haftbar ist, wenn nur die Hauptvollmacht Ursache für die Nichtig-
keit des Vertrags ist. Diese Meinung schützt den Untervertreter, da
diesem – abgesehen von dem vielleicht zu hohen Vertrauen in den
Hauptvertreter – nichts vorzuwerfen ist. Nach dieser Meinung haf-
tet U nicht gemäß § 179 I, II.
Der BGH differenziert in solche Fällen: Wird die Untervertretung
offengelegt, so haftet der Untervertreter nicht, wird sie nicht offen-
gelegt, dann haftet der Untervertreter nach § 179. Durch diese Auf-
fassung wird sowohl der Schutz des Untervertreters als auch der
des Vertragspartners gewährleistet. Der Untervertreter haftet nur,
wenn er in fahrlässiger Weise dem Hauptvertreter soweit vertraut,
dass er nicht einmal dessen Namen offenlegt. Der Vertragspartner
hingegen kann selbst entscheiden, wenn ihm der Name des Haupt-
Es scheitert an der Hauptvoll- vertreters offengelegt wird, ob er über diesen Geschäfte machen
macht. D soll sich an H halten, möchte und dadurch Risiken eingeht. Aufgrund dieser ausgegliche-
so wie wenn er unmittelbar mit nen Berücksichtigung der Interessenlagen ist der Auffassung des
ihm zu tun gehabt hätte. BGH zu folgen.
U hat dem D erklärt, er komme von H und wolle im Namen des G
ein Fahrzeug mieten. Somit hat U die Untervollmacht offengelegt.
Ergebnis
D hat keinen Anspruch auf Zahlung der 1.800 € gemäß § 179 I, II
gegenüber U.
110
III. Anspruch des D gegenüber H gemäß § 179 I
D könnte gegen H einen Anspruch auf Zahlung der 1.800 € gemäß
§ 179 I haben.
Vertreter ohne Vertretungsmacht
H hat als Hauptvertreter des G ohne Vertretungsmacht den U als
Untervertreter eingesetzt (s.o.).
Genehmigung
G hat den Vertrag nicht genehmigt (s.o.). Die Voraussetzungen des
§ 179 I sind damit grundsätzlich erfüllt.
Beschränkung nach § 179 II
H wusste, dass G Ersatzfahrzeuge hat und ihm keine Vollmacht für
einen Mietvertrag gegeben hat (s.o.). Er kannte daher den Mangel
der Vertretungsmacht. Die Beschränkung nach 3 179 II ist nicht
einschlägig. D hat einen Anspruch gegenüber H gemäß § 179 I auf
Zahlung von 1.800 €. Ob er sich hierbei auf die Erfüllung des Ver-
trags (vereinbarte Mietpreiszahlung) oder Schadensersatz für den
entstandenen Vertrauensschaden (ebenfalls 1.800 €, s.o.) beruft,
kann dahinstehen.
Die Probleme des Falls werden gesehen und zutreffend bzw. vertretbar gelöst. Stil und Aufbau sind
gekonnt!!
Weiter so!!
111
2. Klausur für Anfänger im Zivilrecht (12.06.2015)
Steuerberater S aus N-Stadt kauft bei L, der in N-Stadt ein Lampengeschäft betreibt, für sein Büro eine
leicht transportable Designer-Schreibtischlampe der Marke „Fiat Lux 2020“ (Wert: 600 €) zum Akti-
onspreis von 555 €. Er bittet L, ihm die Lampe am folgenden Tag bis spätestens 18:00 Uhr in sein Büro
zu liefern. L kommt der Bitte nach, obwohl er – was S auch weiß – über keine Auslieferungsabteilung
verfügt und die Lampen üblicherweise von den Kunden mitgenommen werden. Das Büro des S befindet
sich in N-Stadt in der Schubertstraße 21.
L verpackt am folgenden Tag eine Lampe „Fiat Lux 2020“ aus seinem Bestand und übergibt seinem
Gehilfen G um 17:15 Uhr das Paket; statt der Schubertstraße 1 nennt er dem G die Schumann-Straße 21
als Adresse des S. G stellt dort den Fehler fest und meldet sich per Handy bei L. Da G es nicht mehr
rechtzeitig bis 18:00 Uhr in die Schubertstraße 21 schaffen wird, beordert L ihn ins Lampengeschäft
zurück und schickt gleichzeitig seinen Gehilfen Z mit einer anderen verpackten Lampe „Fiat Lux 2020“
nunmehr in die Schubertstraße 21. Als Z dort um 17:55 Uhr ankommt, trifft er den S nicht mehr an, da
dieser die Lampe vergessen und wegen des schönen Juni-Wetters früher Feierabend gemacht hat.
Als Z sich um 18:05 Uhr unverrichteter Dinge auf den Weg zurück ins Geschäft des L macht, übersieht
er, ebenfalls schon an den Feierabend denkend, eine an sich gut sichtbare Stufe am Eingang des Büro-
gebäudes und stürzt, dabei wird die Lampe irreparabel zerstört.
S besteht weiter auf Lieferung einer Lampe „Fiat Lux 2020“. L verlangt dagegen Zahlung, worauf S
erwidert, wenn L nicht liefere, verlange er Schadensersatz.
112
Gutachten
I. Anspruch S gegen L auf Lieferung einer Lampe, § 433 I 1
S könnte gegen L einen Anspruch auf Lieferung einer Lampe „Fiat
Lux 2020“ gemäß § 433 I 1 haben.
1. Anspruch entstanden
Der Anspruch müsste durch einen wirksamen Kaufvertrag zustande
gekommen sein. S und L haben einen Kaufvertrag i.S.d. §§ 145 ff.
mit Angebot und Annahme über eine Lampe der Marke „Fiat Lux
2020“ geschlossen. Der Anspruch des S nach § 433 I 1 ist entstan-
den.
2. Anspruch untergegangen
Definition Unmöglichkeit Der Anspruch könnte aufgrund von Unmöglichkeit der Lieferung
nach § 275 I untergegangen sein. § 275 I gilt ohne weiteres nur für
Stückschulden. Bei Gattungsschulden i.S.d. § 243 kommt § 275 I
nur dann in Betracht, wenn die Lieferung aus der ganzen Gattung
unmöglich ist, beispielsweise wenn die gesamte Gattung unterge-
gangen ist oder wenn bereits Konkretisierung eingetreten ist. S und
Hätte etwas ausführlicher aus- L haben den Kaufvertrag nicht auf eine einzige besondere Lampe
fallen können! einer bestimmten beschränkt, sondern lediglich auf eine Lampe ei-
ner bestimmten Marke. Daher liegt eine Gattungsschuld i.S.d. § 243
vor. Es ist nicht die gesamte Gattung zerstört worden, sondern eine
einzige Lampe. Somit kann Unmöglichkeit nur eingetreten sein,
wenn die Schuld zur Lieferung vor Zerstörung der Lampe auf diese
eine Lampe gemäß § 243 II konkretisiert wurde.
113
c) Zwischenergebnis
Die Lampe, auf die das Schuldverhältnis durch Konkretisierung be-
schränkt wurde, ist irreparabel zerstört. Es ist L nicht mehr möglich,
diese Lampe wie vereinbart ohne Mangel zu liefern (echte objek-
tive nachträgliche Unmöglichkeit). Der Anspruch des S gemäß §
433 I 1 ist gemäß § 275 I untergegangen. Er hat auch keinen An-
spruch auf Lieferung der ersten Lampe, da diese durch die Konkre-
tisierung auf die zweite Lampe nicht mehr vom Schuldverhältnis
erfasst ist).
3. Ergebnis
S hat keinen Anspruch gegen L auf Lieferung einer Lampe „Fiat
Lux 2020“.
1. Anspruch entstanden
Der Anspruch ist durch wirksamen Kaufvertrag zwischen S und L
entstanden (s.o.).
2. Anspruch untergegangen
Der Anspruch könnte gemäß § 326 I 1. Hs untergegangen sein.
a) Unmöglichkeit
Es müsste Unmöglichkeit für die Lieferung der Kaufsache (Lampe)
gemäß § 275 I, II eingetreten sein. Wie oben geprüft liegt eine echte
Unmöglichkeit gemäß § 275 I durch die Zerstörung der Lampe vor.
114
d) Zwischenergebnis
Der Ausschlusstatbestand des § 326 II 1 2. Hs ist gegeben. Die
Prüfung des § 442? Lampe ist erst nach Eintritt des Annahmeverzugs (17:00 Uhr),
nämlich um 18:05 Uhr zerstört worden. Erst dann ist die Unmög-
lichkeit nach § 275 I eingetreten. Der Schuldner L behält somit An-
spruch auf die Gegenleistung (Kaufpreiszahlung in Höhe von 550
€).
Hat L nun einen Anspruch? L hat infolge der Befreiung von der Leistung nichts erspart (die ka-
putte Lampe ist nichts mehr wert). Er hat auch nichts durch ander-
weitige Verwendung seiner Arbeitskraft erworben oder zur Erwer-
bung böswillig unterlassen. Eine Anrechnung gemäß § 326 II 2
kommt daher nicht in Betracht.
1. Schuldverhältnis
Durch den Kaufvertrag § 433 haben S und L ein gegenseitiges
Schildverhältnis begründet.
2. Nachträgliche Unmöglichkeit
E Leistungspflicht müsste gemäß § 283 S. 1 nach § 275 I-III un-
möglich geworden sein. Wie oben geprüft ist Unmöglichkeit der
Leistung durch die Zerstörung der Lampe eingetreten. Die Unmög-
lichkeit müsste nachträglich, also nach Vertragsschluss, eingetreten
sein. Vertragsschluss war bereits einen Tag vor Zerstörung der
Lampe. Daher ist die Unmöglichkeit nachträglich eingetreten.
Prüfungspunkt 2 und 3 gehö-
ren zusammen! 3. Pflichtverletzung
Umstritten ist, ob die Pflichtverletzung im Sinne der §§ 280 I, III,
283 in der Nichtleistung oder im Herbeiführen des Unmöglichwer-
dens der Leistung liegt. Gegen die Nichtleistung als Pflichtverlet-
zung spricht, dass eigentlich keine Leistungspflicht mehr besteht, §
275 I, die verletzt werden könnte. Vom Gesetzgeber gewollt ist aber
die Nichtleistung als Pflichtverletzung. Auch würde sonst die Be-
weislastumkehr des „ 280 I 2 ihre Bedeutung verlieren. Die Pflicht-
verletzung liegt also in der Nichtleistung. L liefert die Lampe nicht
mangelfrei an S. Es liegt also eine Pflichtverletzung vor.
4. Vertretenmüssen
Grundsätzlich hat der Schuldner Vorsatz und Fahrlässigkeit zu ver-
treten, § 276 I 1. Vorsatz bedeutet Wissen und Wollen bezüglich
der objektiven Tatbestandsverwirklichung und der Rechtswidrig-
keit. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt
außer Acht lässt, § 276 II. L handelte fahrlässig, als er G die falsche
Lieferadresse nannte. Jedoch hat dies nur die erste Lampe betrof-
fen. Diese ist wie bereits oben erörtert nicht mehr vom Schuldver-
hältnis umfasst seit Konkretisierung auf die zweite Lampe einge-
treten ist. Es ist nicht von Bedeutung für das Unmöglichwerden der
Lieferung der zweiten Lampe. L hat kein eigenes Verschulden.
Versendungskauf, § 447
§ 447 wird bei Bestimmung, Darüber hinaus könnte die Preisgefahr gemäß § 447 auf den Gläu-
wer die Preisgefahr in der biger S übergegangen sein, da dieser ein Unternehmer i.S.d. § 414
Hauptleistungspflicht trägt, re- ist. Er wird durch den Kauf der Lampe für sein Büro im Rahmen
levant, d.h. § 447 muss auch in seiner gewerblichen Tätigkeit tätig (Für Verbraucherkäufe gilt
diesem Zusammenhang (in § 447 in der Regel nicht, § 474 IV).
Primäransprüchen) geprüft. Umstritten ist, ob § 447 auch bei Einsatz von eigenen Angestellten
als Transportpersonen einschlägig ist. Nach einer Ansicht ist dies
Ferner sagen Sie auf Seite 2 möglich, nach einer anderen nicht. Am überzeugendsten ist wohl
dass § 447 nicht anwendbar die dritte Ansicht, die die Anwendung des § 447 bei eigenen Trans-
ist, da eine Bringschuld vor- portpersonen davon abhängig macht, ob ein Verschulden der Trans-
liegt. Insoweit nicht schlüssig, portperson vorliegt. Dadurch wird ein zu hohes Risiko des Käufers
wenn i.E. auch gefordert, dass vermieden, wenn dieser – wäre er befragt worden, ob er mit der
Sie § 447 prüfen. Wahl der Transportperson einverstanden ist – damit nicht einver-
standen wäre. Dadurch geht die Preisgefahr nur bei einem zufälli-
gen Untergang der Sache des H vor. Die Preisgefahr ist bereits bei
Übergabe der Lampe von L an H auf S übergegangen.
Ergebnis
L hat die Pflichtverletzung nicht zu vertreten. S hat demnach keinen
Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 280 I, III, 283.
116
Ihr Gutachten beginnt recht überzeugend mit Prüfung des § 433 I 1, obwohl Sie entgegen der Lösungs-
skizze und den Hinweisen im Sachverhalt von einer Bringschuld ausgehen. Auch die Darstellung des
Anspruchs aus § 433 II beginnt vielversprechend mit Hinweis auf § 326 I 1 1. Hs. und den Entfall der
Gegenleistungspflicht im Grundsatz. Leider gelingt Ihnen die Darstellung des Annahmeverzugs des S,
v.a. mangels gutachterlicher Prüfung, nicht besonders. Ihr Ergebnis ist sodann aber gut vertretbar. Den
§ 447 I stellen Sie in diesem Zusammenhang nicht dar, sondern prüfen diesen im Rahmen des Anspruchs
aus § 280 I, III, 283 – die ist leider wenig nachvollziehbar und macht deutlich, dass Sie die Bedeutung
des § 447 I noch nicht in vollem Umfang verstanden haben. Auch entspricht Ihre Darstellung des § 447
I nicht den Anforderungen, die erwartet wurden. Insbesondere fehlt die Subsumtion und argumentative
Auseinandersetzung mit den verschiedenen Auffassungen. Die Darstellung des Schadensersatzan-
spruchs gelingt Ihnen, bis auf kleinere Mängel, recht ordentlich. Im Übrigen verweise ich auf meine
Randnotizen sowie die Lösungsskizze und Klausurbesprechung.
11 Punkte (vollbefriedigend)
117
1. Klausur für Anfänger im Zivilrecht 2016 (29.04.2016)
Paul (P) betreibt einen Baumaschinenhandel in Konz. Das Unternehmen hat er von seinem Vater Herbert
(H) übernommen, der sich vollständig aus dem Geschäft zurückgezogen hat. Eines Tages muss P einen
Termin wahrnehmen und betraut H damit, während seiner Abwesenheit Telefonate entgegenzunehmen,
jedoch nur die Anliegen der Anrufer zu notieren und keinesfalls in Verkaufsgespräche einzusteigen.
Während H allein im Büro ist, ruft die Bauunternehmerin Wendy (W) an. Sie erläutert H, dass sie eine
weitere Straßenwalze anschaffen möchte und bittet darum, das P sie aufsuche, um Einzelheiten abzu-
sprechen. Der, in seinem Ruhestand unausgelastete, H möchte die Gelegenheit nutzen, einmal wieder
selbst geschäftlich tätig zu werden. Er berichtet daher niemandem vom Anruf, sondern macht sich selbst
auf den Weg zu W, bei der er sich mit dem Namen P vorstellt. W, die zuvor weder P noch H persönlich
kannte, nimmt daher an, vor ihr stehe P. H berät W kompetent. W entscheidet sich schließlich zum Kauf
der Straßenwalze „Rollo“ mit diversen Sonderausstattungen. H zieht die aus dem Büro des P mitge-
brachten Preislisten zu Rate und teilt W mit, dass er einen Gesamtpreis von 119.000 € errechnet hat,
aber nicht, wie dieser Preis im Einzelnen zustande kommt. Den Gesamtpreis setzt H in ein Vertragsfor-
mular des P ein, das er (unter Verwendung des Namens P) und W anschließend unterzeichnen.
Einige Tage später gesteht H dem P, dass er einen Vertrag mit W geschlossen hat. Er beschreibt genau
die verkaufte Walze, ohne Preise zu nennen. P ist von der Fachkenntnis des H überzeugt und weiß, dass
dieser seine Preislisten benutzt hat. Daher liest er den Kaufvertrag nicht, sondern verlässt sich darauf,
dass die Angaben darin den Preislisten entsprechen (was sich aus den Preislisten ergäbe weiß P auswen-
dig). Er ruft W an und teilt ihr nur kurz mit, dass sich sein Vater wohl einen Spaß erlaubt und mit seinem
Namen (P‘s) Namen vorgestellt habe, die Walze aber selbstverständlich wie bestellt in den nächsten
Tagen geliefert werde.
Als die Walze zur Auslieferung bereit ist, begleitet P persönlich den Transport zu W, gratuliert ihr zum
Kauf und übergibt ihr die Schlüssel und Dokumente zu der Maschine.
Wenige Wochen später bemerkt P, dass H die von W gewünschte Sonderausstattung in der Preisberech-
nung nicht korrekt berücksichtigt hat. Der zutreffende Gesamtpreis der von W bestellten und an sie
gelieferten Maschine beträgt, wovon P auch die ganze Zeit ausgegangen war, 126.000 €. P ruft noch am
selben Tag im Büro der W an und erreicht dort deren Sekretariatsmitarbeiter Bob (B). P erläutert B, dass
er an dem ganzen Geschäft nicht festhalten könne. Insbesondere wäre er – hätte er die falsche Preisbe-
rechnung gekannt – mit dem Handeln des H gegenüber W nie einverstanden gewesen. B versäumt es,
diese Mitteilung des P an W weiterzugeben. W erfährt erst davon, als P einige Wochen später sie selbst
kontaktiert und nachdrücklich die Walze zurückfordert.
W lehnt die Rückgabe der Walze kategorisch ab. Da sie äußerst zufrieden mit der Maschine ist, bietet
sie aber P an, die Differenz von 7.000 € nachzuzahlen. Dies sagt wiederum P nicht zu, da ein anderer
Interessent bei sofortiger Lieferung der walze einen höheren Preis zu zahlen bereit wäre.
118
Gutachten
I. P Eigentümer
Dazu müsste P Eigentümer der Straßenwalze sein. Ursprüng-
lich war P als Inhaber des Baumaschinen-Unternehmens Ei-
Gut gentümer. Er könnte jedoch das Eigentum an der Walze an W
verloren haben, sofern eine wirksame Übereignung stattge-
funden hat, § 929 S.1.
1. Übereignung an W
Dann ist zunächst eine dingliche Einigung erforderlich.
a. Dingliche Einigung
Hierbei ist nicht auf die Verkaufsverhandlungen abzustellen,
Genau
da diese der Übereignungshandlung vorgelagert sind.
cc) Zwischenergebnis
Eine dingliche Einigung liegt also vor.
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c. Berechtigung
Als Eigentümer der Walze war P berechtigt über sie zu verfü-
gen.
d. Zwischenergebnis
Gut
Damit hat eine wirksame Übereignung stattgefunden, P ist da-
mit nicht mehr Eigentümer der Maschine.
II. Ergebnis
P kann nicht nach §§ 985, 986 die Herausgabe verlangen.
I. Etwas erlangt
Gute Definition
Dazu müsste W etwas erlangt haben. Dieses etwas ist jeder
Vermögenswerte Vorteil. W erlangte Eigentum und Besitz an
der Walze, diese Voraussetzung ist somit erfüllt.
a. Willenserklärung des P
Zunächst müsste P eine Willenserklärung gerichtet auf Ab-
Genau
schluss eines Kaufvertrags abgegeben haben. P selbst han-
Gut
delte nicht, die Willenserklärung des H könnte ihm aber zure-
chenbar sein, wenn H den P wirksam vertreten hat, §§ 164 ff.
121
bb. Genehmigung des P nach § 177 I
Genau P müsste die Willenserklärung des H genehmigen, §§ 177 I,
184. P rief bei W an und erklärte die Walze nach wie vor lie-
fern zu wollen. Das ist als Genehmigung auszulegen, Die Wil-
lenserklärung des H ist also als wirksam zu betrachten.
122
2. Anfechtungserklärung
Hier aber einseitiges Rechtsge- Die Anfechtung müsste ferner wirksam erklärt worden sein,
schäft der Genehmigung nach § 143 I muss dies gegenüber dem richtigen Anfechtungs-
§ 143 III gegner geschehen. Dies ist bei einem Vertrag der andere Teil,
§ 193 II, also W. P erklärte die Anfechtung gegenüber B, die
Schön!
Anfechtungserklärung könnte aber mit Zugang bei B Wirk-
samkeit entfalten, wenn B Passivvertreter der W war.
a. Willenserklärung an B
Es kann davon ausgegangen werden, dass P nicht nur die An-
fechtung mit B als Boten an W weiterleiten will, sondern dass
er direkt an B die Anfechtung erklärt.
b. Wirkungen gegenüber W
Sehr gut Die Rechtsfolgen der Erklärung sollten Wirkung für und ge-
gen W entfalten. Davon ist im Rahmen eines unternehmens-
bezogenen Geschäfts auszulegen, denn B ist Sekretariatsmit-
arbeiter der W.
c. Vertretungsmacht
B müsste Vertretungsmacht zur Empfangnahme von Willens-
erklärungen gehabt haben. B ist Sekretariatsmitarbeiter, damit
ist er zum Entgegennehmen von Willenserklärungen bevoll-
mächtigt. Die Willenserklärung des P wird also mit Zugang
bei B wirksam, die tatsächliche Kenntnisnahme der W einige
Wochen später ist irrelevant.
3. Anfechtungsfrist
Die Anfechtung müsste in der erforderlichen Frist, also nach
Ohne schuldhaftes Zögern § 121 I unverzüglich erklärt worden sein. Nach dem Tag der
Erklärung des Irrtums erhielt P die Anfechtung, die Frist ist
somit gewahrt.
5. Ergebnis
Genau P hat daher keinen Anspruch gegen W auf Herausgabe der
Walze nach § 812 I 1 1. Alt.
123
Sehr geehrte Frau X,
an Ihrer Klausur gibt es wirklich wenig auszusetzen. Sie haben alle aufgeworfenen Prüfungspunkte er-
örtert und einer sehr guten Lösung zugeführt.
Einzig Kleinigkeiten wie die nicht angesprochene Möglichkeit einer Anscheinsvollmacht oder der nicht
thematisierte Zugang der Annahmeerklärung der W bei dem P, sind mir „negativ“ aufgefallen.
Ansonsten ist auch Ihr Gutachtenstil größtenteils schon sehr ordentlich für Ihr frühes Stadium. Den
Urteilsstil im letzten Abschnitt schreibe ich mal dem Zeitdruck zu.
Ihre Formulierungen sind weitestgehend schön juristisch und auf den Punkt gebracht.
Weiter so!
124
2. Klausur im Zivilrecht für Anfänger (10.6.2016)
Der Winzer Georg Bendemann (B) aus Trier plant eine Ausstellung Er kauft hierfür von dem Koblenzer
Industriellen Gregor Samsa (S) eine antike Lampe, das letzte Stück aus der berühmten KfK-Kollektion,
für 2.000 €. B und S vereinbaren, dass B die Lampe am 06.11.2015 bei S abholen soll. S wartet allerdings
vergeblich mit der bereitgestellten Lampe auf B. Zwei Tage später brechen Unbekannte bei S ein. Unter
anderem verschwindet dabei auch die antike Lampe unwiederbringlich. Gleichwohl verlangt S den
Kaufpreis.
B ist über dieses Ansinnen empört. Ob denn S vergessen habe, dass er ihm den Schaden aus dem anderen
Geschäft noch nicht ersetzt hat? Das seien schließlich auch 2.000 € gewesen. Das müsse man jetzt ver-
rechnen, sodass man einander wohl quitt sei.
B hatte nämlich von S, der Weinpressen verreibt, am 01.09.2015 eine Weinpresse des beliebten Modells
„Käfer“, von dem S noch zehn Stück auf Lager hatte, gekauft. Der Kaufpreis von 30.000 € sollte eine
Woche nach Bereitstellung der Weinpresse gezahlt werden. B erklärte sich im Gegenzug bereit, die
Weinpresse am 03.09.2015 um 14 Uhr bei S abzuholen.
Am frühen Morgen des 03.09.2015 fuhr S mit dem Gabelstapler in sein Lager, wo alle zehn Weinpressen
„Käfer“ ordentlich in einer Reihe standen. Gerade als er auf eine Weinpresse zusteuerte, um diese für B
bereitzustellen, verlor der die Kontrolle über den Gabelstapler und rammte diese Presse, was zu deren
irreparablen Zerstörung führte.
Als B pünktlich am selben Tag um 14 Uhr bei S erschien, teilte ihm dieser mit, er könne ihm die Wein-
presse nicht geben, da das für ihn vorgesehene Stück zerstört worden sei.
B konnte auf die Schnelle auch keinen geeigneten Ersatz für die Weinpresse finden. Dies führte dazu,
dass er zunächst nicht mit voller Kapazität produzieren konnte. Es gelang ihm deshalb nicht, bis zu dem
mit seinen Abnehmern vereinbarten Zeitpunkt die geplante Menge Wein herzustellen, sodass ihm ein
Gewinn von 2.000 € entging.
Ansprüche aus Deliktsrecht (§§ 823 ff.) sowie Normen des HGB sind nicht zu prüfen.
125
Gutachten
A. Anspruch S gegen B auf Kaufpreiszahlung aus § 422 II (§§ im
Folgenden ohne Gesetzesbezeichnung sind solche des)
Möglicherweise hat S einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung in
Höhe von 2.000 € gegen den B. Voraussetzung dafür ist ein wirk-
samer Kaufvertrag im Sinne der §§ 145 ff., 433.
I. Vertragsschluss
B und S müssten einen Kaufvertrag geschlossen haben. Dieser
kommt zustande durch zwei kongruierende Willenserklärungen,
Angebot und Annahme zustande. Laut Sachverhalt kauft der B vom
S eine Lampe zum Preis von 2.000 €. Mithin liegt ein Kaufvertrag
vor und ein Anspruch ist folglich entstanden.
Obersatz! Voraussetzungen
des § 326 I S. 1 ? Gegenseiti- II. Unmöglichkeit (§ 326 I S. 1 Hs. 1)
ger Vertrag? Der Anspruch könnte aber untergegangen sein, sofern die Leistung
Nein, Unmöglichkeit gemäß § unmöglich geworden ist. Dazu müsste echte Unmöglichkeit gemäß
275 II, III würde auch ausrei- § 275 I vorliegen. Demnach ist eine Leistung unmöglich, wenn der
chen. Erfolg von niemandem oder dem Schuldner nicht mehr herbeige-
führt werden kann. Dazu ist entscheidend, ob es sich um eine Gat-
tungs- oder eine Stückschuld handelte. Bei einer Stückschuld ist
das Stück nicht nach Eigenschaften, sondern nach seiner Identität
bestimmt. B und S hatten sich beim Kauf auf eine antike Lampe,
welche das letzte Stück ihrer Art war, geeinigt. Folglich liegt eine
Stückschuld vor. Das Stück wurde bei einem Einbruch von unbe-
kannten entwendet und ist somit nur für den S untergegangen. Die
Richtig Unbekannten könnten die Leistung erbringen. Folgerichtig liegt ein
Wenn nicht § 326 II eingreift Fall subjektiver Unmöglichkeit vor und die Anspruch ist unterge-
gangen (gemäß § 326 I S. 1 Hs. 1).
a) Schuldverhältnis
Es müsste ein Schuldverhältnis bestehen. B hatte am 1.9.15 eine
Weinpresse bei S gekauft. Mithin liegt ein Schuldverhältnis in
Form eines Kaufvertrages vor (§ 433).
b) Pflichtverletzung
Es müsste auch eine Pflichtverletzung vorliegen. Eine solche be-
steht in einer objektiven Verletzung des Pflichtenprogramms und
nicht eher in deren Herbeiführen. Möglicherweise hat S seine Leis-
Begründung? tungspflicht gemäß § 433 I S. 1 verletzt, diese könnte nämlich un-
möglich geworden sein. Dich hatte S insgesamt 10 Weinpressen
(Gattungsschuld). Diese könnte aber zur Stückschuld geworden
sein, sofern gemäß § 243 II Konkretisierung eingetreten ist. Dies
Gute Prüfung hängt von der Art der Schuld ab. B und S haben vereinbart, dass b
die Weinpresse am 3.9.15 bei S abholt. Leistungs- und Erfolgsort
liegen also beim Schuldner und es handelt sich um eine Holschuld.
Bei einer Holschuld tritt Konkretisierung ein, wenn der Schuldner
den Gegenstand ausgesondert und den Gläubiger zur Abholung
aufgefordert hat. S hatte die Presse aber noch nicht ausgesondert,
sondern diese zerstört, als er dies tun wollte. Es wurde also nicht
konkretisiert und es liegt eine Gattungsschuld vor.. Die Leistung
wurde für S also nicht unmöglich.
Fälligkeit u. Durchsetzbarkeit
Eine mögliche Pflichtverletzung könnte in einer Verzögerung be-
Sie könnten noch ganz kurz stehen. Dazu müsste S trotz Möglichkeit nicht geleistet haben.
prüfen, ob d. Kaufvertrag zu-
stande gekommen ist. aa) B hatte aus § 433 I S. 1 einen wirksamen Anspruch auf Über-
gabe und Übereignung der Weinpresse gegen S.
bb) Der Anspruch müsste auch fällig gewesen sein. Dies ist, soweit
sich nichts anderes ergibt, sofort der Fall (§271 I). Hier haben B
und S aber einen festen Termin vereinbart, den 3.9.15 um 14 Uhr.
Pünktlich um 14 Uhr war B bei S um die Presse abzuholen. Der
Anspruch war auch fällig.
127
cc) Die Einrede des nicht erfüllten Vertrages, § 320 I S. 1 greift hier
Richtig nicht, denn es war vereinbart, dass B den Kaufpreis für die Wein-
presse eine Woche nach Erhalt der Weinpresse zahlen soll, also war
S verpflichtet vorzuleisten. Auch ist der Anspruch durchsetzbar.
dd) S müsste auch nicht geleistet haben. Dies ist der Fall, wenn er
die Leistungshandlung nicht vorgenommen hat. S hat dem B keine
Weinpresse der Marke „Käfer“ übereignet und somit nicht geleis-
tet, obwohl er noch andrer Pressen auf Lager hatte. Es liegt eine
Verzögerung vor.
128
f) Somit hat B gegen S einen Anspruch auf Verzögerungsschaden
in Höhe von 2.000 €. Diese wird auch sofort fällig (§271 I) und der
Sachverhalt lässt keine Zweifel an dessen Durchsetzbarkeit entste-
hen. Der Anspruch ist insbesondere nicht verjährt, denn B rechnet
am 6. 11.15 auf und der Anspruch entstand am 3.9.15. Die Verjäh-
rungsfrist von drei Jahren (§195) ist also keinesfalls verstrichen.
Somit haben B und S gegenseitige wirksame Forderungen.
Diese müsste n auch gleichartig sein. Dazu müssten die Gegen-
stände der Forderungen der gleichen Gattung entstammen. Es han-
delt sich bei den geschuldeten Gegenständen jeweils um Geld. So-
mit sind die Forderungen auch gleichartig und eine Aufrechnungs-
lage besteht.
2. Aufrechnungserklärung, § 388 S. 1
Die Aufrechnung müsste auch erklärt worden sein. Dazu muss eine
Partei der anderen das Aufrechnungsanliegen unmissverständlich
angetragen haben. Als B S Kaufpreiszahlung verlangt macht B klar,
dass er eben auch noch einen Anspruch gegen den S hat und man
diese verrechnen müsse, Folglich wurde die Aufrechnung auch er-
klärt.
129
Sehr geehrter Herr X,
Ihre Klausur übertrifft die durchschnittlichen Anforderungen erheblich. Sie beherrschen den Gutachten-
stil gut, erkennen alle wichtigen Probleme der Klausur und prüfen diese auch größtenteils gut und aus-
führlich. Ihnen unterlaufen nur wenige Fehler und Ungenauigkeiten.
Die Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises durch B prüfen Sie recht gut. Sie erkennen richtig, dass
hier eine Unmöglichkeit der Leistung durch S gemäß § 275 I bestand und dass dies normalerweise zu
einem Entfallen der Gegenleistungspflicht gemäß § 326 I S. 1 führen würde, dass der Anspruch hier
aber gemäß § 326 II S. 1 Alt. 2 erhalten bleibt. Bei der Prüfung des Annahmeverzugs hätten Sie noch
darauf eingehen können, dass hier eine Holschuld vorlag und daher gemäß § 295 S. 1 ein wörtliches
Angebot ausgereicht hätte, wenn dieses nicht ohnehin wegen der Vereinbarung eines Termins für die
Leistung gemäß § 296 S. 1 entbehrlich wäre.
Die Prüfung der Gegenforderung (den Schadensersatzanspruch des B gegen S) gelingt Ihnen ebenfalls
gut. Allerdings hätten Sie bei der Abgrenzung zwischen Schadensersatz statt der Leistung und Scha-
densersatz neben der Leistung noch ansprechen können, dass hier kein Fixgeschäft vorliegt und dass
daher noch die Möglichkeit zur späteren Nachlieferung besteht, die aber den Schaden nicht mehr ent-
fallen lassen würde. Zudem hätten Sie auch noch darauf eingehen können, ob hier Schadensersatz funk-
tional an die Stelle des vorherigen Leistungsanspruchs tritt. Beim Verschulden prüfen Sie zudem, ob B
die Presse fahrlässig zerstörte. Darauf kommt es hier jedoch nicht an, da es entscheidend ist, ob B die
nicht rechtzeitige Lieferung an der Presse zu vertreten hatte. Da er auch nach der Zerstörung noch andere
pressen gehabt hätte, liegt hier sein Verschulden darin, dass er sich weigerte S eine der anderen pressen
zu geben. Auf ein mögliches Aufrechnungsverbot und die Verjährung hätten Sie nicht unbedingt einge-
hen müssen, da hierfür im Sachverhalt keine Anhaltspunkte zu erkennen sind.
Aufgrund des oben Dargestellten und auch unter Verweis auf weitere Ausführungen am Rand Ihrer
Klausur ist die Klausur mit
14 Punkten (gut)
Bewertet.
130
Die Fachschaft sucht weiterhin
Bitte gebt diese bei uns ab – es warten auf euch eine kleine Überra-
schung sowie die Dankbarkeit aller Kommilitonen, die den von euch
absolvierten Schein noch benötigen!
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