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Gewaltlose Strafmaßnahmen gegen die Besatzer: Vor fünf
Jahren haben palästinensische Gruppen eine Initiative
zum Boykott israelischer Waren gestartet
Von Karin Leukefeld
Als Israel kürzlich die Blockade des Gazastreifens lockerte, ging ein Aufatmen durch die
israelische Unternehmerwelt. 1,5 Millionen eingesperrte Palästinenser brauchen Kühlschränke
und Waschmaschinen, Spülmittel und Kleidung, Schuhe und Nahrungsmittel; und Israel
liefert es ihnen, endlich wieder, nach vier Jahren Blockade. Die Regale in palästinensischen
Geschäften in Gaza und der Westbank sind voll mit israelischen Produkten. Sogar der Fisch
kommt aus Israel zu den Einwohnern von Gaza, obwohl der Küstenstreifen direkt am
Mittelmeer liegt, die Palästinenser gute Fischer sind und mit eigenem Fang nicht nur die
eigenen Familien ernähren, sondern auch ihren Lebensunterhalt verdienen und damit die
palästinensische Wirtschaft wieder in Fahrt bringen könnten. Doch genau das will Israel nicht,
denn es geht ja darum, den attraktiven palästinensischen Markt exklusiv für die eigenen
Unternehmer zu nutzen. Darum bleibt nicht nur die Einfuhr von Rohstoffen für die
palästinensische Produktion verboten, auch die Seeblockade wird nicht aufgehoben und den
palästinensischen Fischern wird lediglich in einem schmalen, völlig überfischten Streifen das
Arbeiten erlaubt. »Das ist doch pervers«, sagt ein Palästinenser in die Kamera eines
Filmteams und hält ein Spülmittel made in Israel in den Händen. »Wir sollen die Produkte
unserer Unterdrücker kaufen und ihnen auch noch Profit bescheren?«
Damit das aufhört, drängen Organisationen der palästinensischen Zivilgesellschaft auf einen
Boykott Israels. Vor fünf Jahren, am 9. Juli 2005, veröffentlichten 171 Gruppen einen
entsprechenden Aufruf (www.bdsmovement.net). Vom Rat der nationalen und islamischen
Kräfte in Palästina über Frauenorganisationen bis hin zur Zahnärztevereinigung und
palästinensischen Flüchtlingsorganisationen in aller Welt fordern die Unterzeichner, einen
»breiten Boykott, Entzug von Investitionen (Desinvestment) und Sanktionen gegen Israel zu
verhängen, wie es das früher gegen den Apartheidstaat Südafrika« gegeben hat. Der
Einladung an Israelis, sich dem Aufruf anzuschließen, sind mittlerweile etliche israelische
Organisationen gefolgt. »Diese gewaltlosen Strafmaßnahmen sollten aufrechterhalten bleiben,
bis Israel seiner Verpflichtung nachkommt, das unveräußerliche Recht des palästinensischen
Volkes auf Selbstbestimmung anzuerkennen und das Völkerrecht einzuhalten«, heißt es in
dem Aufruf der sogenannten BDS-Kampagne. Nie gab es unter palästinensischen
Organisationen aller Couleur eine größere Übereinstimmung als bei dieser Erklärung.
In Anlehnung an den erfolgreichen Boykott gegen den Apartheidstaat Südafrika soll die
palästinensische BDS-Kampagne Israel auf allen Ebenen unter Druck setzen. Waren aus
Israel sollen nicht gekauft und gehandelt, in Israel nicht investiert, Kultur- und
Sportereignisse, Bildungsprogramme und Tourismus sollen abgesagt werden. Unter dem
Eindruck des dreiwöchigen israelischen Krieges (2008/09) gegen die Palästinenser im
Gazastreifen unterstützten die Teilnehmer des neunten Weltsozialforums im brasilianischen
Belém Anfang 2009 die BDS-Kampagne. Weltweit entstanden Aktionsgruppen und
Netzwerke, die mit gründlichen Recherchen dazu beitrugen, daß israelische Produkte
international ans Licht der Öffentlichkeit gezogen wurden.
Quelle:
http://www.jungewelt.de/2010/07-09/019.php