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Video-

Die Zahl audiovisueller Abrufdienste (Video-on-Demand, VdD) in Europa hat erheblich


Video- zugenommen. Videoabrufdienste, Catch-up-TV-Dienste und Videoportale konkurrieren
um die Gunst der Verbraucher und sehen sich gleichzeitig mit dem Problem der Internet-
on-Demand Piraterie konfrontiert. Die audiovisuelle Landschaft ist stark zersplittert und entwickelt
sich sehr schnell weiter, Geschäftsmodelle kristallisieren sich heraus und verschmelzen
und
on-Demand
teilweise miteinander. Die Krise des Werbemarkts und die Grenzen, auf die die Ent-
wicklung der Gratisangebote der öffentlich-rechtlichen Sender stößt, erhöhen das Inter-
Catch-up-TV esse an kostenpflichtigen Angeboten. Allerdings wird die Entwicklung kostenpflichtiger
Modelle durch die Piraterie beeinträchtigt und eine volle Entfaltung scheint erst dann
in Europa möglich, wenn Abrufdienste uneingeschränkt auf dem Fernseher abrufbar sind und nicht

und
mehr nur auf Computerbildschirmen oder Handys. Die Bereitstellung von VoD-Diensten
auf Fernsehegeräten stellt damit eine große Herausforderung dar, die Gerätehersteller
und Netzbetreiber gleichermaßen mobilisiert.

Video-on-Demand und Catch-up-TV in Europa


Dieser Bericht bietet eine vollständige und aktuelle Übersicht über die verschiedenen

Catch-up-TV
Arten audiovisueller Abrufdienste und darüber, wie diese Dienste in die Strategien der
verschiedenen Akteure eingebunden werden. Dieser zusammenfassende und gleichzeitig
ausführliche Bericht richtet sich an alle diejenigen, die die Komplexität eines Bereichs
zu verstehen versuchen, der sich gerade voll entfaltet.

Europäische
Im Dezember 1992 in Straßburg eingerichtet, hat die Europäische Audiovisuelle Infor-
mationsstelle zur Aufgabe, Informationen über den europäischen audiovisuellen Sektor
in Europa
zu sammeln, aufzubereiten und zu veröffentlichen. Als öffentliche europäische Einrich-
Audiovisuelle tung umfasst sie derzeit 36 Mitgliedstaaten sowie die Europäische Gemeinschaft, die
durch die Europäische Kommission vertreten wird. Die Informationsstelle ist ein Teil
Informationsstelle des Europarats und arbeitet mit diversen Partnern, Berufsverbänden und einem Kor-
Oktober 2009
respondentennetzwerk zusammen. Zu ihren Tätigkeitsschwerpunkten gehört neben Kon-
ferenzbeiträgen die Erstellung von Publikationen, Datenbanken und eine umfassende
Internetseite: http://www.obs.coe.int

Die Direction du développement des médias (DDM) (http://www.ddm.gouv.fr) ist die


Direction du französische Behörde, die für die Entwicklung der Medien zuständig ist. Hierzu zählen
neben den Printmedien und dem klassischen audiovisuellen Bereich auch die neuen For-
développement men der Online-Kommunikation. Sie gilt innerhalb der Branche als bevorzugter Ansprech- Ein Bericht der
partner und ihre Aufgaben konzentrieren sich im Wesentlichen auf drei Bereiche:
des médias • Modernisierung im Rahmen der Aufsicht über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk;
Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle
• Anpassung des Systems staatlicher Beihilfen für Printmedien und deren Entwicklung und der
im Multimedia-Bereich;
• Vorbereitung notwendiger rechtlicher Entwicklungen in Bezug auf Pressefreiheit,
Direction du développement
Kommunikationsfreiheit und Online-Dienste. Dieser Bereich bezieht sich in zuneh- des médias (DDM)
mendem Maße auf ein europäisch und international geprägtes Umfeld.
in Zusammenarbeit mit NPA Conseil

Video-on-Demand und Catch-up-TV in Europa


ISBN 978-92-871-6742-2 (Druckausgabe), € 329
ISBN 978-92-871-6743-9 (Elektronische Ausgabe), € 445
Video-on-Demand und Catch-Up-TV
in Europa
Eine Studie der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle und
der Direction du développement des médias,
in Zusammenarbeit mit NPA Conseil
Video-on-Demand und Catch-Up-TV in Europa

Eine Studie der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle und der Direction du


développement des médias (Frankreich) in Zusammenarbeit mit NPA Conseil

Verantwortlich für die Publikation:

Wolfgang Closs, Geschäftsführender Direktor der Europäischen Audiovisuellen


Informationsstelle
Laurence Franceschini, Direction du développement des médias (DDM)

Unter der wissenschaftlichen Leitung von:

Frédéric Bokobza (DDM), Alexandre Joux (DDM), Laure Kaltenbach (DDM), Cloe Korman
(DDM), André Lange (Europäische Audiovisuelle Informationsstelle).

Ausführung der Studie:

André Lange (Europäische Audiovisuelle Informationsstelle), in Zusammenarbeit mit Nathalie


Benhamou (Europäische Audiovisuelle Informationsstelle), Alexandre Joux (DDM), Hélène
Gros (NPA Conseil) und Jean-Marie Le Guen (NPA Conseil).

Marketing: Markus Booms(Europäische Audiovisuelle Informationsstelle)


markus.booms@coe.int

Verlagsassistentin: Valérie Haessig (Europäische Audiovisuelle Informationsstelle)

Übersetzung: Renate Weissenfels (Mobiler Fremdsprachen-Service, Großrosseln-


St. Nikolaus, Deutschland); Ralf Pfleger (Dialogos, Strassburg, Frankreich); Sonja Schmidt
(Namborn, Deutschland).

Verlag:

Europäische Audiovisuelle Informationsstelle - Europarat


76 Allée de la Robertsau – F – 67000 Strasbourg
Tel.: 33(0)3 90 21 60 00 – Fax: +33(0)3 90 21 60 19
obs@obs.coe.int – http://www.obs.coe.int

Die Analysen, die in den Beiträgen gemacht werden, basieren auf den Meinungen der
jeweiligen Autoren und spiegeln nicht die Auffassung der Direction du développement des
médias, der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle oder ihrer Mitglieder oder des
Europarats wider. Die Daten, die von externen Quellen erhoben worden sind, werden zur
Information zitiert. Die ihnen zu Grunde liegende Erhebungsmethodik und Stimmigkeit
konnten von den Autoren dieser Studie nicht überprüft werden.

© Europäische Audiovisuelle Informationsstelle und Direction du développement des médias,


Oktober 2009.
INHALT

TEIL 1. EINFÜHRUNG: DIE TECHNISCHEN UND ÖKONOMISCHEN


PARAMETER AUDIOVISUELLER ABRUFDIENSTE ................................11
1.1. DEFINITIONEN UND UMFANG DER STUDIE........................................................................................... 13
1.1.1. Technische Definition der ITU ....................................................................................... 13
1.1.2. Rechtliche Definition gemäß der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste ............. 14
1.1.3. Allgemein gebräuchliche Definitionen ........................................................................... 14
1.1.4. Umfang dieser Studie: Video-on-Demand, Catch-up-TV und Videoportale.................. 14
1.2. TECHNISCHE MODALITÄTEN AUDIOVISUELLER ABRUFDIENSTE ........................................... 16
1.2.1. Audiovisuelle Abrufdienste im Internet ......................................................................... 17
1.2.1.1. Download und Streaming .......................................................................................... 17
1.2.1.2. Vielfalt der Mediaplayer ............................................................................................. 17
1.2.1.3. Territoriale Begrenzung ............................................................................................. 19
1.2.1.4. Computer als bevorzugtes Empfangsgerät................................................................ 19
1.2.1.5. Peer-to-Peer-Architekturen........................................................................................ 19
1.2.2. Audiovisuelle Abrufdienste in DSL-Netzen.................................................................... 22
1.2.3. Audiovisuelle Abrufdienste in digitalen Kabelnetzen..................................................... 23
1.2.4. VoD-Dienste mit Glasfaser bis nach Hause (FTTH) ..................................................... 25
1.2.5. VoD-Dienste über digitales terrestrisches Fernsehen und Satellit ................................ 26
1.2.6. Hybriddienste................................................................................................................. 26
1.2.7. VoD-Dienste für Mobiltelefone....................................................................................... 27
1.2.7.1. Download von Inhalten in kompatiblen Formaten über einen an das Internet
angeschlossenen PC................................................................................................. 27
1.2.7.2. Mobile Internetverbindungen und Abruf im Streamingverfahren................................ 27
1.2.7.3. Direkter Download ..................................................................................................... 27
1.2.7.4. 4G: die nächste Generation mit LTE-Technologie ..................................................... 28
1.2.8. Mobilfernsehen (PMT) im DVB-H Modus für VoD-Dienste ungeeignet ........................ 28
1.2.9. PVR-Dienste .................................................................................................................. 29
1.2.10. Verfügbarkeit von Abrufdiensten auf Fernsehgeräten................................................... 30
1.2.10.1. Das Ziel der Verfügbarkeit von Abrufdiensten auf Fernsehgeräten ........................... 30
1.2.10.2. Media Center PC, spezielle Spielkonsolen und Geräte ............................................. 31
1.2.10.3. "Side-Loading"-Systeme ............................................................................................ 32
1.2.10.4. Direkte Anbindung des Fernsehers an das Internet .................................................. 32
1.2.10.5. Anschlüsse über DVD- und Blu-ray-Player und über "Home Theater"-Systeme ....... 34
1.2.10.6. Ein vielversprechender Markt .................................................................................... 34
1.2.11. Die HbbTV-Initiative....................................................................................................... 35
1.3. WELCHE NETZE WERDEN BEI DER KÜNFTIGEN ENTWICKLUNG AUDIOVISUELLER
ABRUFDIENSTE EINE ROLLE SPIELEN? - BESTANDSAUFNAHME UND
PROGNOSEN ........................................................................................................................................................ 37
1.3.1. Breitbandnetze............................................................................................................... 37
1.3.2. Ausbau von Glasfasernetzen ........................................................................................ 41
1.3.3. Prognosen zur Entwicklung von Online-Videos ............................................................ 45
1.3.3.1. Prognosen von Cisco über den weltweiten Internettraffic .......................................... 45
1.3.3.2. Prognosen zum Online-VoD-Markt ............................................................................ 47
1.3.4. Übertragungsnetze für digitales Fernsehen .................................................................. 49
1.3.4.1. Kabel ......................................................................................................................... 49
1.3.4.2. IPTV........................................................................................................................... 50
1.3.4.3. Satellitendienste ........................................................................................................ 51
1.3.4.4. Digitales terrestrisches Fernsehen ............................................................................ 53
1.3.4.5. VoD-Dienste für Mobiltelefone ................................................................................... 54
1.3.4.6. Fazit: Kabel, ein begünstigtes VoD-Übertragungsmedium? ...................................... 54
1.4. DIE KOSTEN FÜR DIE TECHNISCHE BEREITSTELLUNG UND DIE AUSSTRAHLUNG
VON VOD-DIENSTEN......................................................................................................................................... 57
1.4.1. Betriebskosten ............................................................................................................... 57
1.4.2. Kostenstruktur................................................................................................................ 58
1.4.3. Modelle zur Kostenkontrolle .......................................................................................... 61
1.5. PIRATERIE ............................................................................................................................................................. 62
1.5.1. Formen der Internetpiraterie .......................................................................................... 62

3
1.5.2. Statistische Daten zur Piraterie ..................................................................................... 65
1.5.2.1. Befragung mittels Fragebögen .................................................................................. 65
1.5.2.2. Elektronische Beobachtung der Peer-to-Peer-Netze und der Videoportale............... 70
1.5.3. Ausmaß der Piraterie..................................................................................................... 72
1.5.3.1. Wirtschaftliches Ausmaß der Piraterie....................................................................... 72
1.5.3.2. Wissenschaftliche Studien......................................................................................... 73
1.5.3.3. Rückläufige Kinobesuche und Krise des Videomarkts............................................... 73
1.5.4. Legale VoD-Angebote als Antwort auf Piraterie ............................................................ 74
1.5.5. Neufestlegung der Verwertungsfenster als Antwort auf Piraterie.................................. 75
1.5.5.1. Neue Regelung der Verwertungsfenster in Frankreich .............................................. 75
1.5.5.2. Die laufenden Diskussionen in anderen europäischen Ländern................................ 76

TEIL 2. VOD IM RAHMEN DER EUROPÄISCHEN AUDIOVISUELLEN


POLITIK ......................................................................................................79
2.1. ERARBEITUNG EINES EUROPÄISCHEN RECHTSRAHMENS FÜR AUDIOVISUELLE
ABRUFDIENSTE .................................................................................................................................................. 81
2.1.1. Die Verabschiedung der EU-Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste ................... 81
2.1.2. Definition einer europäischen Politik zur Förderung kreativer Online-Inhalte ............... 83
2.1.2.1. Die Rechteinhaber zur Verbreitung von Inhalten ermutigen ...................................... 84
2.1.2.2. Gebietsübergreifende Lizenzen ................................................................................. 84
a. VoD-Dienste als Bestandteil des freien Warenverkehrs innerhalb des
gemeinsamen Marktes ....................................................................................... 84
b. Die Vorschläge der Kommission......................................................................... 85
c. Gegensätzliche Reaktionen................................................................................ 85
d. Gesprächsrunde mit Konsumenten und Industrievertretern über Aussichten
und Schranken beim Internethandel im Europäischen Binnenmarkt .................. 90
e) Die Problematik der Einstufung .......................................................................... 91
2.1.3. Einführung von Vorschriften zur Transparenz und Interoperabilität der
verschiedenen Systeme digitaler Rechteverwaltung..................................................... 91
2.1.4. Einen angemessenen Urheberrechtsschutz der Werke sicherstellen........................... 91
2.2. EINE ERNEUERTE EUROPÄISCHE FÖRDERPOLITIK MIT BERÜCKSICHTIGUNG DER
NEUEN MEDIEN ................................................................................................................................................... 95
2.2.1. Das Programm MEDIA 2007: Ausdehnung der Beihilfen der Europäischen Union
zur Online-Verbreitung und zur Einrichtung professioneller digitaler Plattformen......... 95
a. Bewahrung und Stärkung der kulturellen Vielfalt ................................................ 95
b. Verbesserte Verbreitung der Werke ................................................................... 96
c. Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit .................................................................... 98
2.2.2. Das vom Parlament vorgeschlagene Projekt einer europäischen pädagogischen
Website .......................................................................................................................... 99
2.2.3. Eurimages...................................................................................................................... 99
2.2.4. Nationale Initiativen zur Förderung von VoD............................................................... 100
2.2.5. Vorschläge der Think Tank on European Film and Film Policy................................... 100

TEIL 3. VIDEOABRUFDIENSTE IN EUROPA......................................................107


3.1. ZÄHLUNG DER VERFÜGBAREN DIENSTE ........................................................................................... 109
3.1.1. Problematik einer rechtsverbindlichen Definition ........................................................ 109
3.1.1.1. Der Begriff des audiovisuellen Mediendiensteanbieters .......................................... 109
3.1.1.2. Nichteinbeziehung nutzergenerierter Inhalte ........................................................... 110
3.1.1.3. Definition audiovisueller Sendungen........................................................................ 111
3.1.1.4. Der Begriff Hauptzweck ........................................................................................... 111
3.1.2. Berücksichtigte Grundsätze bei der Zählung der Dienste in dieser Studie ................. 111
3.1.2.1. Berücksichtigte Arten von Diensten ......................................................................... 111
3.1.2.2. Unterschiede zwischen den verschiedenen Varianten gleichnamiger Angebote ..... 113
3.1.2.3. Unterscheidung zwischen einem Dienst und dem in einem Dienst enthaltenen
Katalog .................................................................................................................... 113
3.1.2.4. Erfassung grenzüberschreitender Dienste............................................................... 113
3.1.3. Auffinden der Dienste .................................................................................................. 114
3.2. 696 ERFASSTE DIENSTE IM DEZEMBER 2008.................................................................................... 115
3.2.1. Aufgliederung der VoD-Dienste nach Vertriebsnetz.................................................... 115

4
3.2.2. Die verschiedenen Akteure, die VoD-Dienste anbieten .............................................. 118
3.2.2.1. Einordnung der Herausgeber der Dienste nach ihrem ursprünglichen
Geschäftsfeld........................................................................................................... 118
3.2.2.2. Vertriebe für VoD-Dienste........................................................................................ 122

TEIL 4. DIE STRATEGIEN DER AKTEURE .........................................................127


4.1. DIE INTERNATIONALEN STRATEGIEN DER GERÄTEHERSTELLER UND IT-
DIENSTLEISTER ................................................................................................................................................ 129
4.1.1. Apple und die iTunes Stores........................................................................................ 129
4.1.1.1. Audiovisuelle Sendungen und Filme im iTunes Store der USA ............................... 130
4.1.1.2. In Europa: Zentrale Organisation aber territorial begrenzte Verkäufe...................... 133
4.1.1.3. Audiovisuelle Sendungen und Filme in den europäischen iTunes Stores ............... 134
4.1.1.4. Audiovisuelle Sendungen und Filme in den iTunes Stores in Kanada, Australien
und Neuseeland....................................................................................................... 137
4.1.1.5. Audiovisuelle Dienste für iPhone ............................................................................. 137
4.1.1.6. Ungenaue Finanzdaten ........................................................................................... 138
4.1.1.7. Beherrschende Position von Apple auf den Online-Filmmarkt................................. 140
4.1.2. Microsoft: Vorreiter auf dem VoD-Markt ...................................................................... 140
4.1.2.1. Windows Media Player, das führende Medienabspielprogramm ............................. 141
4.1.2.2. Von Microsoft angebotene technische Lösungen für VoD ....................................... 142
4.1.2.3. Kostenloser VoD-Dienst von MSN Deutschland ...................................................... 142
4.1.2.4. VoD auf Xbox Live ................................................................................................... 142
4.1.2.5. Zune, die Konkurrenz zum iPod .............................................................................. 146
4.1.2.6. Der wachsende Anteil des Entertainment-Segments innerhalb des
Geschäftsfelds von Microsoft................................................................................... 147
4.1.3. Sony............................................................................................................................. 148
4.1.3.1. VoD auf der Playstation 3 in den Vereinigten Staaten und in Japan ....................... 148
4.1.3.2. VoD-Dienste für PSP und PS3 in Europa ................................................................ 149
4.1.3.3. Erste Bilanz der VoD-Dienste auf PSP .................................................................... 150
4.1.3.4. Musik- und VoD-Dienste für Mobiltelefone .............................................................. 150
4.1.3.5. An das Internet angeschlossene Fernseher ............................................................ 151
4.1.4. Nintendo....................................................................................................................... 152
4.1.5. Vudu............................................................................................................................. 153
4.1.6. Archos.......................................................................................................................... 155
4.1.7. Nokia............................................................................................................................ 157
4.1.8. Motorola ....................................................................................................................... 160
4.1.9 Samsung...................................................................................................................... 160
4.1.10. LG Electronics ............................................................................................................. 161
4.1.11. Netgem ........................................................................................................................ 161
4.1.11.1. Technische VoD-Lösungen ..................................................................................... 161
4.1.11.2. Übernahme von Glowria.......................................................................................... 161
4.1.11.3. Ausdehnung auf den Bereich audiovisueller Inhalte ................................................ 162
4.1.12. Sonstige IT-Dienstleister.............................................................................................. 164
4.1.12.1. Arts Alliance Media Ltd ............................................................................................ 164
4.1.12.2. 7digital Ltd ............................................................................................................... 164
4.1.12.3. SaT - Satellite and Transfer GmbH.......................................................................... 164
4.1.12.4. MC&C GmbH........................................................................................................... 165
4.1.13. Zusammenfassung – Bedeutung der neuen Geschäftsfelder und der
Interoperabilität für die Wettbewerber auf dem VoD-Markt ......................................... 167
4.1.13.1. Bedeutung der neuen Geschäftsfelder .................................................................... 167
4.1.13.2. Das Projekt Digital Entertainment Content Ecosystem: Neue Etappe in der
Diskussion über die Interoperabilität oder Isolationsstrategie von Apple? ............... 169
4.1.13.3 Neue Fragen zur Interoperabilität und Öffnung der Systeme* ................................. 169
4.2. DIE STRATEGIEN DER TELEKOMMUNIKATIONS- UND KABELNETZBETREIBER ............ 174
4.2.1. Die Betreiber von Telekommunikationsnetzen ............................................................ 174
4.2.1.1. Die Bedeutung von „Triple-play-Diensten“ für die Netzbetreiber ............................. 174
4.2.1.2. Vom Fernsehanbieter zum Fernsehveranstalter...................................................... 175
4.2.1.3. Die Abrufangebote der Telekommunikationsbetreiber............................................. 176
4.2.1.4. Investitionen in die Produktion von Inhalten und in Videoaustauschbörsen ............ 177
4.2.1.5. Übernahme der YouTube- und Hulu-Modelle .......................................................... 177
4.2.1.6. VoD-Angebote für Mobiltelefone.............................................................................. 177
4.2.1.7. Bemühung um Exklusivvereinbarungen .................................................................. 178
4.2.2. Die Kabelnetzbetreiber ................................................................................................ 179

5
4.3. DIE STRATEGIEN DER SATELLITENPLATTFORMBETREIBER................................................... 182
4.3.1. Einrichtung von Abrufdiensten im Internet................................................................... 182
4.3.2. Push VoD über Satellit................................................................................................. 184
4.3.3. Nutzung von Hybridtechnologiemodellen .................................................................... 185
4.4. VOD IM RAHMEN DES DIGITALEN TERRESTRISCHEN FERNSEHENS – DER
EINZELFALL TOP UP TV ANYTIME .......................................................................................................... 186
4.5. DIE STRATEGIEN DER FILMPRODUZENTEN UND -VERLEIHE ................................................... 188
4.5.1 Hollywood-Majors ........................................................................................................ 188
4.5.1.1. Das gemeinsame Movielink-Projekt......................................................................... 188
4.5.1.2. Annäherung an den europäischen Markt................................................................. 189
4.5.1.3. Warner Bros. ........................................................................................................... 189
4.5.1.4. The Walt Disney Company ...................................................................................... 192
4.5.1.5. Sony Pictures .......................................................................................................... 195
4.5.1.6. Twentieth Century Fox............................................................................................. 196
4.5.1.7. Universal Studios (Universal NBC) .......................................................................... 197
4.5.1.8. Paramount Pictures (Viacom-Gruppe)..................................................................... 197
4.5.2. Unternehmen der europäischen Filmbranche ............................................................. 198
4.5.2.1. SF Anytime .............................................................................................................. 199
4.5.2.2. Nordisk Film: Sputnik............................................................................................... 200
4.5.2.3. MK2 ......................................................................................................................... 200
4.5.2.4. Filmax Entertainment SA ......................................................................................... 200
4.5.2.5. Andere im VoD-Bereich tätige Unternehmensgruppen............................................ 201
4.5.3. Unabhängige Produzenten .......................................................................................... 202
4.5.3.1. Le meilleur du cinéma français: UniversCiné........................................................... 203
4.5.3.2. The Filmmakers’ Independent Digital Distribution: Movieurope ............................... 204
4.5.4. Unabhängige Verleihe ................................................................................................. 204
4.5.4.1. Filmladen ................................................................................................................. 205
4.5.4.2. Cinemalink ............................................................................................................... 205
4.5.4.3. Belanski ................................................................................................................... 205
4.5.4.4. Wild Bunch .............................................................................................................. 205
4.5.4.5. Filmklik..................................................................................................................... 206
4.5.4.6. Curzon Artificial Eye ................................................................................................ 206
4.5.4.7. Manga...................................................................................................................... 206
4.5.5. Videoverlage................................................................................................................ 207
4.5.6. Einzelhandelsunternehmen ......................................................................................... 207
4.5.6.1. Amerikanische Beispiele: Netflix, Amazon, Blockbuster .......................................... 207
4.5.6.2. Europäische Unternehmen ...................................................................................... 208
4.5.6.3. Lovefilm ................................................................................................................... 210
4.5.6.4. Glow Entertainment Group ...................................................................................... 211
4.5.6.5. Video Buster Entertainment GmbH.......................................................................... 211
4.5.6.6. Kulturkaufhäuser...................................................................................................... 212
4.5.6.7. Amazon vor der Einführung von VoD-Diensten in Europa?..................................... 212

TEIL 5. STRATEGIEN DER BETREIBER VON FERNSEHSENDERN ................215


5.1. KOSTENPFLICHTIGE VOD-DIENSTE DER FERNSEHVERANSTALTER................................... 217
5.1.1. Internetdienste ............................................................................................................. 217
5.1.2. Beispiele für kostenpflichtige VoD-Angebote der Fernsehsender............................... 220
5.1.2.1. Maxdome................................................................................................................. 220
5.1.2.2. CanalPlay ................................................................................................................ 221
5.1.2.3. TF1 Vision ............................................................................................................... 222
5.1.2.4. Rivideo..................................................................................................................... 222
5.1.2.5. Kostenpflichtige VoD-Dienste der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten.............. 223
5.2. STRATEGISCHE FRAGEN FÜR DIE FERNSEHVERANSTALTER ................................................ 225
5.2.1. Rückkehr der Inhalte auf den Fernsehbildschirm........................................................ 225
5.2.2. Beziehungen zwischen Fernsehsendern und Geräteherstellern................................. 225
5.3. CATCH-UP-TV..................................................................................................................................................... 227
5.3.1. Einführung – Die Trivialisierung von Catch-up-TV ..................................................... 227
5.3.1.1. Definition von Catch-up-TV...................................................................................... 228
5.3.1.2. Ähnlichkeit der angebotenen Inhalte........................................................................ 229
5.3.1.3. Territoriale Begrenzung ........................................................................................... 229
5.3.1.4. Unzureichend definierte Vertragsverhältnisse mit den Rechteinhabern .................. 230

6
5.3.1.5. Werbung als Haupteinnahmequelle......................................................................... 230
5.3.2. Der britische Markt....................................................................................................... 231
5.3.2.1. BBC iPlayer ............................................................................................................. 231
5.3.2.2. ITV Player ................................................................................................................ 236
5.3.2.3. 4oD .......................................................................................................................... 238
5.3.2.4. Demand Five ........................................................................................................... 239
5.3.2.5. Sky Player ............................................................................................................... 240
5.3.2.6. Weitere Catch-up-TV-Dienste britischer Fernsehveranstalter ................................. 240
5.3.2.7. Das Kangaroo-Projekt ............................................................................................. 240
5.3.2.8. Das Canvas-Projekt................................................................................................. 241
5.3.3. Der französische Markt................................................................................................ 242
5.3.2.1. Öffentlich-rechtliche Sender .................................................................................... 242
5.3.3.2. ARTE ....................................................................................................................... 243
5.3.3.3. Canal+ à la demande .............................................................................................. 243
5.3.3.4. M6 Replay ............................................................................................................... 244
5.3.3.5. TF1: kostenloses Catch-up-TV als Kernstück des Webportals................................ 245
5.3.3.6. Wegweiser für Catch-up-TV .................................................................................... 246
5.3.4. Der deutsche Markt ..................................................................................................... 247
5.3.4.1. Die privaten Sender ................................................................................................. 247
5.3.4.2. ZDF Mediathek ........................................................................................................ 248
5.3.4.3. ARD ......................................................................................................................... 249
5.3.5. Der italienische Markt .................................................................................................. 250
5.3.6. Der schwedische Markt ............................................................................................... 251
5.3.7. Archive ......................................................................................................................... 252
5.3.7.1. Rechtliche Hürden ................................................................................................... 252
5.3.7.2. Teche RAI................................................................................................................ 252
5.3.7.3. Der Dienst "Archives pour tous" von l’INA ............................................................... 252
5.3.7.4. Der Ooit Gemist-Dienst der VRT ............................................................................. 253
5.3.7.5. Das Video Active-Projekt ......................................................................................... 253

TEIL 6. DER WACHSENDE ERFOLG DER VIDEOTAUSCHBÖRSEN UND


SEINE AUSWIRKUNG AUF DIE STRATEGIE DER
TRADITIONELLEN AKTEURE.................................................................257
6.1. GENERELLE EIGENSCHAFTEN VON VIDEOTAUSCHBÖRSEN .................................................. 259
6.1.1. Definition: Portale mit nutzergenerierten Inhalten oder Videotauschbörsen? ............. 259
6.1.2. Sozio-ökonomische Charakteristika der Videotauschbörsen ...................................... 262
6.1.2.1. Klub-Effekt ............................................................................................................... 262
6.1.2.2. Eigener Raum.......................................................................................................... 262
6.1.2.3. Geschäftsmodell erschwert die Vermarktung von Werbeflächen ............................ 262
6.1.2.4. Erfassung der Plattformnutzung .............................................................................. 263
6.2. YOUTUBE ............................................................................................................................................................. 264
6.2.1. Geschäftsmodell von YouTube ................................................................................... 264
6.2.2. Verringerung des Konfliktrisikos .................................................................................. 265
6.2.3. Kommerzieller Neustart erforderlich: das Spaghetti-Projekt ....................................... 268
6.2.4. Verbesserung der Qualität der Dienstleistung............................................................. 269
6.2.5. Abschluss von Vereinbarungen mit den wichtigsten Produzenten von Programmen. 270
6.2.6. Die Möglichkeit für unabhängige Regisseure, mit ihren Werken Geld zu verdienen .. 274
6.2.7. Schwierige Verhandlungen mit den Verwertungsgesellschaften ................................ 275
6.2.8. Profitabilität von YouTube in Frage gestellt................................................................. 277
6.2.8.1. Schwankende Schätzungen der Werbeeinnahmen ................................................. 278
6.2.8.2. Bewertung der wirtschaftlichen Vorteile von YouTube für Google ........................... 280
6.2.9. Konkurrenz zwischen YouTube und Hulu ................................................................... 281
6.3. ENTWICKLUNG EUROPÄISCHER VIDEOTAUSCHBÖRSEN ......................................................... 283
6.3.1. Territorialisierung und länderspezifische Versionen.................................................... 283
6.3.2. Partnerschaften mit klassischen Akteuren .................................................................. 283
6.3.3. Welche Inhalte werden angeboten? ............................................................................ 284
6.4. DAILYMOTION.................................................................................................................................................... 286
6.4.1. Lösungen für die Identifizierung und die Filterung von Werken .................................. 286
6.4.2. Abschluss von Verträgen mit Produzenten, Themensendern und
Verwertungsgesellschaften ......................................................................................... 287

7
6.4.2.1. Verträge mit Produzenten........................................................................................ 287
6.4.2.2. Verträge mit Themensendern .................................................................................. 287
6.4.2.3. Verträge mit Verwertungsgesellschaften ................................................................. 288
6.4.2.4. Interesse für Sportveranstaltungen.......................................................................... 288
6.4.2.5. Die Anerkennung der beschränkten Haftung des Portalbetreibers .......................... 288
6.4.3. Dailymotion startet international durch ........................................................................ 289
6.4.4. Dailymotion setzt auf die aktive Teilnahme der Nutzer ............................................... 290
6.4.5. Besondere Angebote für Kinder .................................................................................. 290
6.4.6. Die Nutzer-Community wächst international ............................................................... 291
6.4.7. Suche nach Lösungen, um VoD auf Mobiltelefonen anbieten zu können................... 292
6.4.8. Übergang zu HD-Qualität ............................................................................................ 292
6.4.9. Verbreitung über Fernsehbildschirme ......................................................................... 293
6.4.10. Finanzierung über Werbung ........................................................................................ 293
6.4.11. Finanzielle Situation..................................................................................................... 293
6.5. DIE RÜCKKEHR DER TRADITIONELLEN AKTEURE ZU KOSTENLOSEN MODELLEN ..... 295
6.5.1. Hulu.............................................................................................................................. 295
6.5.2. Crackle......................................................................................................................... 296
6.5.3. Der Start von Video-Sharing-Websites durch die traditionellen Akteure in Europa .... 297
6.5.4. Terra TV....................................................................................................................... 298
6.5.4.1. Eine Hybridformel: Sowohl professionelle Inhalte als auch Amateurinhalte ............ 298
6.5.4.2. Ein Geschäftsmodell, das dem von Hulu ähnelt ...................................................... 299
6.5.4.3. Programme.............................................................................................................. 299
6.5.4.4. Schutz und Vergütung der Rechteinhaber............................................................... 300
6.5.4.5. Erfolg des Dienstes.................................................................................................. 300
6.5.5. Orange Vallée.............................................................................................................. 301
6.6. KOSTENLOSES VOD AUF ALLEN PAY-PLATTFORMEN................................................................ 302
6.7. DAS SCHEITERN DER UNABHÄNGIGEN CONTENTANBIETER.................................................. 303

TEIL 7. REICHWEITENMESSUNG AUDIOVISUELLER ABRUFDIENSTE .........305


7.1. HINTERGRUND UND HERAUSFORDERUNGEN ................................................................................. 307
7.2. MESSUNG DER ENTWICKLUNG DES NUTZERVERHALTENS..................................................... 308
7.2.1. Vereinigte Staaten ....................................................................................................... 308
7.2.2. Europa ......................................................................................................................... 312
7.2.2.1. Fehlen einer umfassenden Untersuchung ............................................................... 312
7.2.2.2. Deutschland............................................................................................................. 314
7.2.2.3. Frankreich................................................................................................................ 317
7.2.2.4. Vereinigtes Königreich............................................................................................. 318
7.3. ENTWICKLUNG NEUER SPEZIELLER MESSVERFAHREN FÜR DIE NEUEN
PLATTFORMEN UND NUTZUNGSFORMEN .......................................................................................... 320
7.3.1. Messung der zeitversetzten Fernsehnutzung ("Time-Shifting") .................................. 320
7.3.2. Reichweitenmessung von Abrufdiensten in digitalen Kabelnetzen............................. 320
7.3.3. Reichweitenmessung von Abrufdiensten in DSL-Netzen im Rahmen von IPTV-
Angeboten ................................................................................................................... 321
7.4. REICHWEITENMESSUNG IM INTERNET, INSBESONDERE DER ABRUFDIENSTE
(VOD UND CATCH-UP-TV IM INTERNET, ONLINE-VIDEOTAUSCHBÖRSEN)........................ 322
7.4.1. Reichweitenmessung im Internet: Stellungnahmen des Internet Advertising Bureau
(Verein zur Förderung der Online-Werbung)............................................................... 323
A. Reichweitenmessung im Internet: Warum? ...................................................... 323
B. Reichweitenmessung im Internet: Wie? ........................................................... 323
C. Indikatoren und Nutzerquoten .......................................................................... 325
7.4.2. Initiativen zur Bestimmung der Methoden und der Zuverlässigkeit der
Reichweitenmessung................................................................................................... 327
7.4.2.1. Rolle des IAB ........................................................................................................... 327
7.4.2.2. Zertifizierungsstellen................................................................................................ 328
7.4.2.3. Andere Foren........................................................................................................... 330
7.4.3. Akteure im Bereich der Online-Reichweitenmessung ................................................. 330
7.4.3.1. International tätige Messinstitute ............................................................................. 330
7.4.3.2. Das Alexa-Ranking von Webseitenzugriffen............................................................ 331

8
7.4.3.3. Nationale Institute für Online-Reichweitenmessung ................................................ 344
7.4.3.4. Google Analytics...................................................................................................... 346
7.5. BELIEBTHEIT DER VIDEOPORTALE........................................................................................................ 355
7.5.1. Internationale Ausrichtung der Videoportale ............................................................... 355
7.5.2. Messung der Online-Videonutzung in den Vereinigten Staaten ................................. 356
7.5.3. Messung der Online-Videonutzung in Europa............................................................. 363
7.5.3.1. Großbritannien......................................................................................................... 364
7.5.3.2. Frankreich................................................................................................................ 366
7.5.3.3. Deutschland............................................................................................................. 368
7.5.3.4. Polen ....................................................................................................................... 370
7.6. REICHWEITENMESSUNG VON ONLINE-DIENSTEN AUF MOBILTELEFONEN ..................... 371
7.6.1. Deutschland................................................................................................................. 371
7.6.2. Vereinigtes Königreich................................................................................................. 372
7.6.3. Frankreich .................................................................................................................... 372
7.6.4. Reichweitenmessung im Internet und auf Mobiltelefonen........................................... 373

TEIL 8. DIE MARKTANTEILE DER VIDEO-ON-DEMAND-DIENSTE ..................381


8.1. VEREINIGTE STAATEN .................................................................................................................................. 383
8.2. FRANKREICH...................................................................................................................................................... 384
8.3. VEREINIGTES KÖNIGREICH........................................................................................................................ 385
8.4. SPANIEN ............................................................................................................................................................... 386
8.5. ITALIEN.................................................................................................................................................................. 387

TEIL 9. SYNTHESE ..............................................................................................389

ANHANG 1. NOMENKLATUR UND STATISTISCHE INDIKATOREN.................397


LISTE DER TABELLEN............................................................................................................................................... 411
LISTE DER ABBILDUNGEN...................................................................................................................................... 413

9
TEIL 1.

EINFÜHRUNG: DIE TECHNISCHEN UND ÖKONOMISCHEN


PARAMETER AUDIOVISUELLER ABRUFDIENSTE
1.1. DEFINITIONEN UND UMFANG DER STUDIE
In den vergangenen Jahren war das Thema der audiovisuellen Abrufdienste in der
audiovisuellen Branche, aufgrund der Schwierigkeit des Gebiets, war einer begrenzten Zahl
von Experten vorbehalten. Trotz der zunehmenden Beliebtheit der Dienste fühlt sich der
Großteil der Branche weiterhin von dem Thema ausgeschlossen, das häufig als
undurchdringlich wahrgenommen wird. Ziel dieser Studie ist es daher, dem breiten, nicht
spezialisierten Fachpublikum einen Überblick über die Entwicklung der VoD-Dienste in
Europa zu geben. Dazu sollen die weit verstreuten Informationen zu einem strukturierten
Überblick zusammengefasst werden; weniger geht es darum, neue Daten über einen
explosionsartig wachsenden Markt bereitzustellen. Täglich gehen neue Informationen,
zumeist technischer Art, aus den verschiedensten Quellen ein, deren strategische
Bedeutung für das allgemeine Verständnis des Bereichs beurteilt werden will. Daher
erschien es uns nützlich, diese systematisch gesammelten Informationen aus Primärquellen
zusammenzustellen, und diese wenn nicht in einen erschöpfenden dann aber doch
weitgehend vollständigen und genauen Überblick einfließen zu lassen.

Da gleiche Begriffe verschiedene Bedeutungen haben können, je nachdem, ob sie in einem


technischen, juristischen oder allgemeinsprachlichen Kontext gebraucht werden, scheint es
uns vorab angebracht, einige Definitionsprobleme zu erläutern.

1.1.1. Technische Definition der ITU

Die von der ITU 2004 empfohlene technische Definition für Video-on-Demand (VoD)
Transmission lautet wie folgt: “Program transmission method whereby the program starts
playing after a certain amount of data has been buffered while receiving subsequent data in
the background, where the program is completely created by the content provider.”1
Übersetzt bedeutet dies "Videoübertragung auf Abruf": “Methode zur Übertragung von
Programmen, die abgespielt werden sobald eine bestimmte Datenmenge im
Zwischenspeicher ist, während gleichzeitig die fehlenden Daten im Hintergrund weiter
empfangen werden, wobei das Programm vollständig vom Anbieter des Inhaltes erstellt
wird."

Abbildung 1: VoD gemäß ITU

Quelle: ITU (2004)

1
ITU, J.127 (04), 3.3

13
Vor diesem technischen Hintergrund spielen weder juristische Aspekte noch Nutzungsarten
oder die Art der Inhalte eine Rolle. Diese Definition umfasst sowohl Dienste, wie Filme und
Fernsehsendungen, die in der Regel auf Servern professioneller Anbieter bereitgestellt
werden, als auch Dienste, bei denen die Sendungen von Einzelnutzern zur Verfügung
gestellt werden (User Generated Content), im Besonderen die Video-Sharing-Sites.

1.1.2. Rechtliche Definition gemäß der Richtlinie über audiovisuelle


Mediendienste

Die im November 2007 verabschiedete europäische Richtlinie über audiovisuelle


Mediendienste definiert den Begriff „audiovisueller Mediendienste auf Abruf“ wie folgt:
„Audiovisueller Mediendienst, der von einem Mediendiensteanbieter für den Empfang zu
dem vom Nutzer gewählten Zeitpunkt und auf dessen individuellen Abruf hin aus einem vom
Mediendiensteanbieter festgelegten Programmkatalog bereitgestellt wird." Diese Definition
ist restriktiver als die technische Definition, da sie alle Formen von Videoabruf ausschließt,
die nicht als Teil der eigentlichen Dienstleistungsaktivität angeboten werden oder Fälle, bei
denen der Einsatz von Videoabruftechniken nicht dem Hauptanliegen des Dienstes
entspricht. Insbesondere fallen die von Nutzern bereitgestellten Inhalte nicht unter die
Definition der Richtlinie.

1.1.3. Allgemein gebräuchliche Definitionen

In der letzten Studie, die von der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle und der
DDM veröffentlicht wurde, definierte NPA Conseil den Begriff wie folgt:„Mit dem Begriff
„Video-on-demand“ (VoD) wird eine breite Palette von Technologien zusammengefasst, die
eines gemeinsam haben: Sie stellen Videoinhalte auf zentralen Speicherplätzen zur
Verfügung, die zu beliebiger Zeit „auf Verlangen“ abgerufen werden können. Der Nutzer
kann die Videodatei entweder zeitgleich oder zeitversetzt ansehen, er kann sie ausleihen
oder kaufen und auf unterschiedlichen Geräten (PC, Fernseher,Telefon, tragbarer Player
usw.) während einer bestimmten Dauer oder unbegrenzt abspielen."

Auch diese Definition enthält bestimmte Einschränkungen, da sie voraussetzt, dass


audiovisuelle Abrufdienste gegen ein Entgelt verkauft oder zeitlich begrenzt bereitgestellt
werden. Eine der großen Entwicklungen der Jahre 2007 und 2008 besteht allerdings in der
erheblichen Zunahme kommerzieller oder öffentlich-rechtlicher Dienste, die keine Zahlung
voraussetzen, sondern anders finanziert werden (Werbung, Gebühren, Sponsoring...) und
damit den Nutzern den kostenlosen Zugriff auf die Sendungen ermöglichen. In diesem Fall
spricht man von Gratis-VoD, oder auch wie im Englischen von FoD ("Free on Demand").
Gleichzeitig erleben wir seit 2008 eine starke Polarisierung zwischen Videoabrufdiensten, die
Archivsendungen (überwiegend Kinofilme) zum Kauf oder zur zeitlich begrenzten Nutzung
anbieten und Catch-up-TV- oder Pay-per-View-Diensten, bei denen der Nutzer die
Möglichkeit hat, Sendungen nach ihrer Ausstrahlung im Fernsehen – teilweise sogar vorher–
abzurufen. Auch wenn es sich bei diesen beiden großen Kategorien von Diensten durchaus
um Abrufdienste im Sinne der Richtlinie handelt, wird der Gegensatz zwischen dem
eigentlichen Videoabruf und dem Catch-up-TV immer deutlicher (insbesondere bei
handelsrechtlichen Verträgen über literarische und künstlerische Eigentumsrechte).

1.1.4. Umfang dieser Studie: Video-on-Demand, Catch-up-TV und


Videoportale

Im Rahmen dieser Studie geht es im Wesentlichen um die in der Richtlinie über audiovisuelle
Mediendienste definierten audiovisuellen Dienste auf Abruf (also kostenlose oder

14
kostenpflichtige kommerzielle Abrufdienste, Catch-up-TV-Dienste und Pay-per-View-
Dienste). Videoportale (wie YouTube, Dailymotion usw.) werden im Rahmen dieser Studie
nur berücksichtigt, soweit sie professionelle Beiträge der klassischen Akteure der Branche
(Fernsehsender, Filmproduzenten) anbieten und deren Erfolg bei den Nutzern so groß ist,
dass eine zusätzliche Analyse hinsichtlich der Strategie der Akteure erforderlich ist.

Die Studie stellt die Entwicklung der audiovisuellen Dienste in Europa dar. Allerdings
erschien es in einigen Fällen aufgrund der international geprägten Strategie verschiedener
Akteure erforderlich, den US-amerikanischen und japanischen Markt miteinzubeziehen.

Der Umfang der Studie wurde dadurch komplex, was hier erläutert werden soll. Die Studie
basiert sowohl auf einer umfangreichen dokumentarischen Arbeit, bei der die Primärquellen
der Informationen systematisch angegeben und dem Leser durch einen entsprechenden
genauen Verweis zugänglich gemacht werden, als auch auf einer Ersterfassung der in
Europa angebotenen audiovisuellen Abrufdienste und auf regelmäßigen Kontakten mit der
Branche.

15
1.2. TECHNISCHE MODALITÄTEN AUDIOVISUELLER
ABRUFDIENSTE
VoD-Datenströme werden über mehrere Netzwerke wie Internet, DSL-Telefonnetz, IPTV,
Kabel, digitales terrestrisches Fernsehe, Satellit und Mobilfunknetze der dritten Generation
(3G) bereitgestellt. Die verschiedenen Anbieter von Abrufdiensten haben sich jeweils in
einem oder mehreren Netzen positioniert. Die Entscheidung für das eine oder andere Netze
hängt von strategischen und kommerziellen Überlegungen ab und natürlich auch vom
Entwicklungsstand dieser Netze im jeweiligen Zielland.
Das Verständnis der verschiedenen technischen Methoden, die bei der Vermarktung der
Dienste genutzt werden, ist unerlässlich, um die Strategien der Anbieter und die Vielfältigkeit
der nationalen Märkte zu verstehen. 2008 und 2009 ist dies noch wichtiger geworden, da mit
dem Vertrieb audiovisueller Abrufdienste in HD-Qualität ein neuer Bereich hinzukam. Die
2006 erfolgte Einführung der ersten HDTV-Dienste in Europa und die rasante Zunahme der
Zahl der in HD-Format ausgestrahlten Sender, die gesunkenen Anschaffungskosten für
HDTV-Receiver, die deren Beliebtheit erhöhten2 und die auf dem HD-Videomarkt im Januar
2008 getroffenen klare Entscheidung, der Blue-ray-Disc gegenüber HD-DVD den Vorzug zu
geben, konnten die Diensteanbieter natürlich angesichts der wachsenden Nachfrage der
Verbraucher nach HD-Qualität bei Abrufdiensten nicht gleichgültig lassen.

Abbildung 2: Übertragungsnetze für audiovisuelle Abrufdienste


ADSL
 Unterschiedliche Architekturen möglich; die Server befinden sich
im Idealfall so nahe wie möglich beim Teilnehmer.
 Die Videoinhalte können entweder über eine STB oder über
einen Anschluss an ein ADSL-Multifunktionsmodem auf den
Fernseher übertragen werden.

Internet
 Die Übertragungswege für die Videoströme sind durchlässig, nur
die Geschwindigkeit des Teilnehmeranschlusses schränkt die
Kapazität des Dienstes ein.
 Es gibt zwei Übertragungsarten: das Streaming- und das
Downloadverfahren.

Kabel
 Breitband, in beide Richtungen
 Server am Kopf des Netzwerks
 Die Anfrage geht im Server ein, der daraufhin einen MPEG-2-
codierten Datenstrom mit hoher Bildqualität an den digitalen
Empfänger sendet.

Satellit
 Per Satellit können Filme in einer Schleife ausgestrahlt werden,
so dass man sich alle 15 oder 30 Minuten in den Stream eines
Films einwählen kann (Near-VoD).
 Abruffunktionen sind zwar möglich, aber dafür muss beim
Kunden eine Speichermöglichkeit vorhanden sein: Eine
hochwertige STB kann einen Titelkatalog speichern, die
Auswahl bleibt jedoch begrenzt.

DVB-T
 Kein Rückkanal, außer bei Verbindung mit einem
Breitbandanschluss.
 Abruffunktionen sind zwar möglich, aber dafür muss beim
Kunden eine Speichermöglichkeit vorhanden sein: Die
Quelle: NPA Conseil Übertragung erfordert eigene Kanäle und eine hochwertige STB

2
Nach Angaben von Screen Digest gab es Ende 2008 in 4,6 Mio. Haushalten, also in 2 % aller Haushalte,
HD-Bildschirme. Das britische Institut schätzt, dass sich diese Zahl bis Ende 2013 auf mehr als 50 Mio.
Haushalte, also um ungefähr 20 %, erhöhen wird. High-definition Television in Europe: A clearer picture
emerged during the past year", Screen Digest, März 2009, S..77-84.

16
1.2.1. Audiovisuelle Abrufdienste im Internet 3

Zahlreiche audiovisuelle Dienste auf Abruf sind über das Internet zugänglich. Die
Videosignale können dabei direkt über einen PC mit DSL-Anschluss, über Kabel oder jede
andere Internetzugangstechnologie empfangen werden.

Die Videoübertragung ist dank der Übertragungskapazitäten des internationalen Netzes und
des Netzes der Internetprovider möglich. Der Betreiber des audiovisuellen Abrufdienstes ist
nicht für das bei der Übermittlung der Inhalte verwendete Netz zuständig, so dass er sein
Angebot weitgehend frei gestalten kann.

Die Kapazitäten der Dienste sind nur durch die Datenübertragungsrate des
Internetanschlusses beim Kunden begrenzt.4

1.2.1.1. Download und Streaming

Bei den meisten audiovisuellen Abrufdiensten werden die Programme auf einem zentralen
Server gespeichert. Die Videos können wahlweise abgerufen werden:
- als Download mit Speicherung auf der Festplatte des PC des Nutzers (oder einem
anderen Gerät). Je nach Modell kann die Nutzung eines heruntergeladenen Inhalts
zeitlich begrenzt oder unbegrenzt erfolgen. Im letzten Fall spricht man von Download-
to-own.
- oder als Streaming (was teilweise auch als "progressiver Download" bezeichnet
wird). In diesem Fall wird die Sendung nicht auf dem Gerät des Nutzers gespeichert:
die Audio- oder Video-Streams werden dabei gleichzeitig übertragen und
wiedergegeben. In den meisten Fällen ermöglichen die Streaming-Dienste keinen
Download. Allerdings kann der Dienstbetreiber den Download als Option anbieten5.
Darüber hinaus gibt es inzwischen viele Software-Programme, mit denen der Nutzer
eine Streaming-Datei einfangen und auf seinem Rechner speichern kann.

Audiovisuelle Abrufdienste im Internet umfassen eine breite Palette kostenloser und


kostenpflichtiger Dienste. Video-Sharing-Dienste wie YouTube oder Dailymotion nutzen
größtenteils Streaming-Verfahren. Das Ausstrahlungsprinzip ist dasselbe, allerdings haben
die Nutzer die Möglichkeit, selbst Videos hochzuladen (Upload), die sie freigeben möchten.

1.2.1.2. Vielfalt der Mediaplayer

Die Internetangebote können in der Regel mit einem klassischen Medienabspielgerät


(Mediaplayer) abgespielt werden, das der Nutzer kostenlos herunterladen kann (Microsoft

3
Genauere und vollständigere technische Informationen können in speziellen Veröffentlichungen nachgelesen
werden. Zum Beispiel: Y. DONY, Video-on-Demand over Internet, A Survey of Existing Systems and
Solutions, Facultés Universitaires Notre-Dame de la Paix, Namur, 2008,
http://www.fundp.ac.be/pdf/publications/66101.pdf
4
Beispielsweise hat eine von der Ofcom durchgeführte Studie ergeben, dass im September 2008 die
durchschnittliche Datenübertragungsrate in Breitbandnetzen bei 3,6 Mbit/s lag, was nur der Hälfte der von
den Internetanbietern angegebenen Übertragungsrate entspricht. Diese Geschwindigkeit reicht zwar aus, um
den größten Teil der Online-Dienste wie Musik und Standardfernsehen, Dienste wie YouTube und BBC
iPlayer zu nutzen, nicht aber für HD-Dienste. OFCOM Pressemitteilung, 8. Januar 2009,
http://www.OFCOM.org.uk/media/news/2009/01/nr_20090108
5
Dies gilt beispielsweise für das Videoportal Vimeo: hier werden die Sendungen als Streaming angeboten,
können aber gleichzeitig - wenn der jeweilige Rechteinhaber diese Möglichkeit einräumt -auch
heruntergeladen werden.

17
Media Windows Player, Microsoft Silverlight, QuickTime von Apple, Flash Player von Adobe,
Real Player von RealNetworks International, DivX von DivX Inc., …).

Laut Nielsen Online dominiert der Windows Media Player weiterhin den Markt (mit einem
Marktanteil von 50,7 % im Januar 2009). iTunes von Apple positionierte sich Ende 2007
hinter Microsoft an zweiter Stelle der Beliebtheitsskala, wobei sich die Beliebtheit 2008 weiter
erhöhte, so dass iTunes im Januar 2009 einen Marktanteil von 27,8 % erreichte6. Sollte sich
die Zuwachsrate weiter in diesem Tempo erhöhen, wird Apple (ebenfalls Herausgeber von
QuickTime) den Marktanteil Microsofts laut WebsiteOptimization.com im ersten Quartal
2012 überholen.

Anzumerken ist noch, dass zahlreiche DRM-Systeme für Windows Media Player im
Gegensatz zu Flash Player von Adobe, iTunes und Silverlight von Microsoft nicht mit Apple-
oder Linux-Betriebssystemen kompatibel sind und damit de facto die Universalität von
Abrufdiensten, die auf dem Windows Media Player basieren, einschränken.

Tabelle 1: Mediaplayer - Unique Users (in Tausend) (2004-2009)


Windows Media
iTunes Apple QuickTime RealPlayer
Player
Jan-04 1 118 15 458 28 593 51 056
Jan-05 5 370 13 136 28 182 60 782
Jan-06 18 568 12 817 28 687 71 112
Jan-07 27 396 13 934 31 309 72 510
Jan-08 35 269 12 531 25 800 75 810
Jan-09 44 764 13 832 20 709 81 795
Quelle: Nielsen Online

Abbildung 3: Mediaplayer - Unique Users (in Tausend) (2004-2009)

90 000

80 000

70 000

60 000
Windows Media Player
50 000
iTunes
RealPlayer
40 000
Apple QuickTime
30 000

20 000

10 000

0
2004 2005 2006 2007 2008 2009

Quelle: NielsenOnline

6
“iTunes Player Hits a High Note, Passes RealPlayer - US Broadband Penetration Increases to 86.79%
Among Active Internet Users - Januar 2008 Bandwidth Report”, Optimization Week Issue #92, 22. Januar
2008, http://www.websiteoptimization.com/bw/0801/ ; “Apple Streaming Media Players Target Microsoft”,
WebSiteOptimization.com, März 2009, http://www.websiteoptimization.com/bw/0903/
Der Artikel “Comparaison des lecteurs multimedia” auf Wikipedia erfasst Anfang Dezember 2008 26
Mediaplayer für Videodateien, http://fr.wikipedia.org/wiki/Comparaison_de_lecteurs_multim%C3%A9dia

18
Interessant ist außerdem der zunehmende Erfolg der Flash-Plattform von Adobe, der darauf
zurückzuführen ist, dass sie von kostenlosen Diensten wie YouTube, Hulu, Vimeo und BBC
iPlayer genutzt wird. Adobe beansprucht die Marktführerposition unter dem Hinweis, dass
die Penetrationsrate von Adobe Flash 7 auf den weit entwickelten Märkten (USA, Europa
und Japan) bei über 98 % und die der neuesten Version, des Flash Player 10, im Juni 2009
bei über 85 % lag.7

Einige Anbieter audiovisueller Abrufdienste nutzen ein eigenes Abspielprogramm, wobei es


sich zumeist um eine abgewandelte Version eines bereits vorhandenen Abspielprogramms
handelt8.

1.2.1.3. Territoriale Begrenzung

In den meisten Fällen ist der Online-Zugang zu den audiovisuellen Abrufdiensten weltweit
möglich, nur einige Webseiten nehmen eine territoriale Begrenzung vor, die entweder für alle
Dienste oder für bestimmte Titel des Katalogs gilt. Die territoriale Begrenzung erfolgt in der
Regel über die Identifizierung der IP-Adresse des Nutzers (Geolokalisierung), kann aber bei
kostenpflichtigen Diensten auch über die Identifizierung des Wohnsitzlandes geschehen (vor
allem durch die Kreditkartennummer).

1.2.1.4. Computer als bevorzugtes Empfangsgerät

Die über das Internet heruntergeladenen Bilder können zunächst direkt auf dem PC
angesehen werden und, falls der Nutzer sein Fernsehgerät mit dem PC verbunden hat, auch
auf dem Fernsehbildschirm. Die Verbindung zwischen Internet und Fernsehgerät stellt heute
eine der größten technischen Herausforderungen für die künftige Marktentwicklung dar. (Vgl.
1.2.7)

1.2.1.5. Peer-to-Peer-Architekturen

Zu den klassischen Übertragungslösungen Download oder Streaming, die auf einem


zentralen Server basieren, kam die Peer-to-Peer-Technologie (P2P) hinzu. Diese
Technologie wird zum Austausch von Dateien (Musik-, Video-, Software-, Fotodateien und
andere) zwischen verschiedenen, gleichzeitig mit dem Internet verbundenen, Nutzern
eingesetzt. Peer-to-Peer entspricht einer sogenannten Verbindung "von gleich zu gleich",
d.h. die verschiedenen Geräte fungieren gleichzeitig als Server und Client. Peer-to-Peer-
Dienste erfordern die Nutzung einer auf Protokollen wie BitTorrent9, GNUtella, WinMX, Ares,
Kazaa, eDonkey, eMule und Kademlia basierenden Software.10 Mit Peer-to-Peer-Systemen
können Daten zwischen entfernten, mit dem Internet verbundenen, Rechnern verschiedener
Nutzer direkt übertragen werden. Die ausgetauschten Dateien werden auf den Rechnern der
verschiedenen Nutzer gespeichert, und somit direkt von einem PC auf einen anderen
übertragen. Es gibt keinen Server, der alle Dateien zentral sammelt.

7
"Adobe Flash Player Version Penetration” , Adobe System website, Juli 2009,
http://www.adobe.com/products/player_census/flashplayer/version_penetration.html
8
Beispiele: iPlayer von BBC, Video Manager von FNAC, das Abspielprogramm des österreichischen Dienstes
Filmladen und das Abspielprogramm Filmkey des Schweizer Dienstes Artfilm.
9
"About us", Website von BitTorrent, aufgerufen am 26. Juli 2009. (http://www.bittorrent.com). Genauere
Informationen können nachgelesen werden bei G. de MENTEN, "BitTorrent, le chaînon manquant des
protocoles peer to peer ? ", Faculté d’informatique, Namur,
http://www.info.fundp.ac.be/~ven/CISma/FILES/40b3681836cb72004_dementen_gaetan.pdf
10
Kademlia ist ein Overlaynetzwerk, das eingeführt wurde, um P2P-Dateien in einem verteilten Netzwerk zu
speichern. Vgl. Artikel "Kademlia", http://fr.wikipedia.org/wiki/kademlia, aufgerufen am 3. August 2009.

19
Die Peer-to-Peer-Architektur wird von Internetanwendern häufig genutzt, um Inhalte
unerlaubt, oder sogar illegal, freizugeben. Diese Technologie kann aber genauso gut zur
Übertragung umfangreicher herkömmlicher Dateien oder für legale Angebote genutzt
werden, ein Trend der im Jahr 2007 aufkam. Beispiele hierfür sind:
- der kostenlose Videoabrufdienst Joost, der 2007 eingeführt wurde und eine Peer-to-
Peer-Architektur nutzt,11
- der in der Schweiz angesiedelte VoD-Dienst Clickmovies, der die von der
französischen Firma Djingle entwickelte "Push2Peers"-Lösung nutzt,12
- der nordische VoD-Dienst film2home, der in Partnerschaft mit dem Anbieter Ameibo
im Juni 2009 den Dienst "film2home P2P " einführte,13
- in Norwegen nutzt der öffentlich-rechtliche Sender NRK ein auf der Software
Opentracker (die auch von The Pirate Bay genutzt wird) basierendes BitTorrent-
System zur Online-Übertragung von Fernsehsendungen,14
- in den Vereinigten Staaten nutzt das Videoportal Vuze15 ebenfalls eine Peer-to-Peer-
Architektur.

BitTorrent, das Peer-to-Peer-System für Filesharing, ist wahrscheinlich das am häufigsten


genutzte Protokoll: Etwa fünfzig verschiedene Anwendungen, die das BitTorrent-Protokoll
("BitTorrent-Client") nutzen, wurden entwickelt.16 Laut Angaben von BitTorrent wurde das
Programm weltweit 160 Millionen Mal installiert. Ein Fachforum, das sich auf Daten von
BitTorrent stützt, schätzt, dass es monatlich 50 bis 70 Mio. aktive Clients gibt, dies entspricht
5 % der Internetnutzer weltweit.17 Nach einer von PC Pitshop18 veröffentlichten Studie ist
uTorrent der beliebteste BitTorrent-Client in Europa. Der Marktanteil wurde Anfang 2008 auf
11,6 % aller Rechner geschätzt. In den Vereinigten Staaten ist LimeWire die beliebteste
Software.

11
“BitTorrent, Joost put download tech to legal use”, Reuters, 25. Februar 2007,
http://www.reuters.com/article/musicNews/idUSN2518922420070228
12
http://www.djingle.fr/index.php?tree_id=8 .
13
film2home Pressemitteilung, 9. Juni 2009,
http://www.film2home.se/se/press/pdf/film2home_b%C3%B6rjar_med_fildelning_v1_juni_2008_2_.pdf
14
"Norwegian Broadcaster Corporation sets up its own bittorrent tracker", NRKbêta, 8. März 2009.
http://nrkbeta.no/2009/03/08/norwegian-broadcasting-corporation-sets-up-its-own-bittorrent-tracker/
15
http://www.vuze.com
16
Artikel "Comparison of BitTorrent clients" auf Wikipedia.com, abgerufen am 27. Juli 2009,
http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_BitTorrent_clients
BitTorrent wird vor allem von der Datenpriraterie-Community außerordentlich geschätzt, da es Filesharing
ermöglicht und damit eine Antwort auf das free Riding darstellt, bei dem das Angebot ohne Gegenleistung
genutzt werden kann. Es ist allerdings anzumerken, dass bestimmte "BitTorrent-Clients" für Downloads
genutzt werden können, ohne selbst einen Beitrag zu leisten. Dies gilt für BitThief, ein von der Distributed
Computing Group der ETH Zürich entwickelter "Free Rider-Client" (http://dcg.ethz.ch/projects/bitthief/).
17
http://forums.techarena.in/web-news-trends/1093373.htm, Mai 2008, aufgerufen am 27. Juli 2009.
18
Studie zitiert in “Filesharing Report Shows Explosive Growth for uTorrent”, TorrentFreak, 26. April 2008,
http://torrentfreak.com/p2p-statistics-080426/

20
Abbildung 4: Weltweite Marktanteile der BitTorrent-Client-Software zum 1. Januar 2008

Quelle: Torrentfreaks nach Angaben von PC Pitshop

Abbildung 5: Die Nutzung der Peer-to-Peer-Technik für den Vertrieb von VoD-Titeln

Teil-
Teil-
datei
datei

Jede Station, die


eine Datei
herunterlädt, wird
herunterlädt, wird
automatisch zum
automatisch zum
neuen
neuen Server.
Server.

Quelle: The Computer Language Co.

21
Abbildung 6: Schematische Darstellung der Push2Peers-Lösung von Djingle

Quelle: Djingle

1.2.2. Audiovisuelle Abrufdienste in DSL-Netzen

Immer mehr Telekommunikationsbetreiber (etablierte Telefongesellschaften und


Internetanbieter) bieten zumeist im Rahmen eines Triple-Play-Angebotes (Internet, Telefon,
Fernsehen) Abrufdienste über Telefonnetze an. Die Video-Streams werden dabei je nach IP-
Protokoll über die DSL-Telefonnetze auf einen speziellen Teil des Breitbandnetzes geleitet,
der nicht für Internet-Datenströme genutzt wird Die Übertragung der Inhalte auf das
Fernsehgerät erfolgt dabei über eine Set-Top-Box, die sowohl Fernsehdienste als auch
Abrufdienste übertragen kann. Da diese, über DSL-Netze übertragenen Fernseh- und
Abrufdienste IP-Protokolle nutzen, werden sie üblicherweise als IPTV bezeichnet. Allerdings
ist die Nutzung von Internetprotokollen kein spezifisches Merkmal von DSL-Netzen, da sie
ebenso in FTTH-Netzen (Glasfaserkabel bis in die Wohnung) und in einigen Fällen über
Satellit genutzt werden können.

Verschiedene Betreiber bieten Abrufdienste über IPTV auch außerhalb von Triple-Play-
Angeboten an. In diesem Fall muss der Nutzer eine Set-Top-Box erwerben, die speziell für
Abrufdienste vorgesehen ist.19

19
Beispielsweise die weiter unten beschriebenen Dienste wie Vudu in den Vereinigten Staaten, Netgem/FNAC
in Frankreich, TV-Version der Dienste Maxdome und Video Buster in Deutschland.

22
Abbildung 7: Schematische Darstellung eines Fernseh- und VoD-Dienstes in ADSL-
Netzen

Quelle: Wallu

Die Verbreitung der ADSL-Netze und deren Qualität stoßen auf gewisse Grenzen, die im
Allgemeinen mit dem territorialen Ausbau zusammenhängen. In Frankreich beispielsweise
können mit der verfügbaren Länge der Kupfer-Doppelader ungefähr zwei Drittel der
Haushalte mit Fernsehdiensten versorgt werden.Das Angebot beschränkt sich aber im
Allgemeinen auf die "zones dégroupées", also die Gebiete, in denen France Télécom kein
Monopol hat. Tatsächlich waren Mitte 2009 in 50 % der französischen Haushalte
audiovisuelle Dienste über ADSL verfügbar. Einige Betreiber - wie beispielsweise Orange
seit Sommer 2008 - ergänzen die Verbreitung ihres ADSL-Netzes in nicht angebundenen
Gebieten durch Satellitenübertragung.20

1.2.3. Audiovisuelle Abrufdienste in digitalen Kabelnetzen

Die Umrüstung der Kabelnetze in Hybridnetze mit Glasfaser und Koaxialkabel begann Mitte
der 90-er Jahre. Während es früher nur Netze mit Koaxialkabeln gab, beschränkt sich heute
der Koaxialkabelanteil auf jeweils einige hundert Meter zwischen Netz und Haushalten.
Aufgrund der verbesserten Netze konnten die Kabelnetzbetreiber neue Dienste anbieten,
auch solche, die einen Rückkanal erfordern wie Internetzugang, Telefon und audiovisuelle
Abrufdienste.

20
ARCEP, Rapport relatif à l’état du marché français des services de diffusion audiovisuelle. Dem Parlament
vorgelegt am 30. Juni 2009,
http://www.arcep.fr/uploads/tx_gspublication/rapp-march-audiov-parlemt-170709.pdf

23
Unter Federführung von Cable Europe, dem Verband der Kabelnetzbetreiber, definiert Cable
Europe Labs die technischen Spezifikationen für die Digitalisierung der Netze. Die neueste
im August 2006 angenommene Spezifikation EuroDOCSIS 3.0. umfasst VoD ("Entertainment
Video").21

Tabelle 2: Entwicklung der EuroDOCSIS-Spezifikationen für europäische


Kabelnetze

Quelle: CableLabs

Abbildung 8: Architektur eines EuroDOCSIS 3.0 Kabelnetzes

Quelle: CableLabs

21
“EuroCableLabs Integrates European Requirements Into DOCSIS® 3.0”, Pressemitteilung, 29. August 2006,
http://www.cableeurope.eu/uploads/MediaRoom/documents/pub-30_en-060828_td_ecl_pr_docsis3-
0_final.pdf

24
1.2.4. VoD-Dienste mit Glasfaser bis nach Hause (FTTH)

Es ist allgemein bekannt, dass die Leistung der Telefon- und Koaxialnetze langfristig keine
ausreichende Qualität für alle Dienste gewährleistet (Breitbandinternet, Telefon, Fernsehen
und audiovisuelle Abrufdienste). Dies gilt insbesondere in Zusammenhang mit der
Entwicklung von HD-Fernsehen und HD-Videoabrufdiensten. Daher müssen Netze mit sehr
hoher Bandbreite (symmetrische Datenübertragungsrate zwischen 50 und 100 Mbit/s)
eingerichtet werden. Der Ausbau der Glasfasernetze bis in die Wohnung (auf englisch: Fibre
to Home – FTTH) oder bis ins Gebäude (Fiber to Building – FTTB), die für die zunehmende
Datendurchflussmenge geeignet sind, ist damit eine der größten Herausforderungen der
verschiedenen Betreiber von VoD-Diensten. Die ADSL-Pioniere (seit 2000 FastWeb in
Italien22 und Bredband Bolaget in Dänemark sowie seit 2006 Free in Frankreich) richteten als
erste Betreiber FTTH-Netze ein. In den Jahren 2007 und 2008 haben immer mehr klassische
Telekommunikationsbetreiber die Einführung dieser Netze angekündigt. Große
Kabelnetzbetreiber wie Virgin Media im Vereinigten Königreich und Numéricable in
Frankreich interessieren sich ebenfalls für die FTTH- und FTTB-Technologie.23

Laut FTTH European Council sind FTTH-Glasfasernetze ausgesprochen konkurrenzfähig, da


sie sowohl Videodienste (insbesondere IPTV, VoD und RF-Overlay) als auch
Telefoniedienste ermöglichen.24 Eine Studie von Yankee Group ergab, dass Fernsehen und
audiovisuelle Abrufdienste das Herzstück der Strategie der Betreiber darstellen, die in Fiber-
to-the-Home-Anschlüsse investieren. Die Hälfte der untersuchten Betreiber bietet HDTV-
Dienste teilweise als kostenpflichtige Option an, 50 % stellen Dienste für digitale
Festplattenrecorder (PRV) bereit, mehr als die Hälfte bieten VoD-Dienste und einige wenige
Catch-up-TV-Dienste an. Alle Anbieter sind sich einig, dass HDTV-Angebote ein Argument
für ein Abonnement darstellen.25. Eine von OVUM durchgeführte Studie hat ergeben, dass es
bei den Haushalten mit Glasfaseranschlüssen außer im Bereich Unterhaltung keine großen
Unterschiede in Bezug auf die Nutzung gibt. Allerdings steht hier die Nutzung von Online-
Videos an erster Stelle (30%) und rangiert damit vor der Heimarbeit am Computer (20 %).
Die Trafficanalyse zeigt zudem, dass die Glasfasernetz-Kunden häufiger Dateien
austauschen.26

22
Im Mai 2009 umfasste der Katalog des VoD-Dienstes FastWeb mehr als 5 000 Titel. Quelle: Trade Home
Entertainment, September 2009.
23
Auch wenn das von Virgin Media am 10. Dezember 2008 angekündigte Breitband-Netz mit 50 MBit/s im
Prinzip leistungsstärker ist als die von den Konkurrenten - insbesondere von British Telecom- angebotene
Datenübertragungsgeschwindigkeit von 25 MBit/s, handelt es sich dabei genau genommen nicht um FTTH-
Technik, sondern vielmehr um eine Kombination von Koaxialbkabel und FTTC (Fibre to Street Cabinets).
Interessanterweise hat die Advertising Standard Authority in Großbritannien den Kabelnetzbetreiber Virgin
Media aufgrund der Klage von BSkyB aufgefordert, die Fiber to Street cabinets-Technologie nicht mit der
Fiber to the Home-Technologie zu verwechseln, wie dies in der Werbung geschehen ist, wo bei den
Verbrauchern der Eindruck erweckt wird, dass sie nicht auf die Einrichtung des FTTH-Netzes der BT warten
müssten und es vorteilhafter sei, direkt ihren Dienst zu abonnieren. ASA Adjudication, 4. Februar 2009,
http://www.asa.org.uk/asa/adjudications/Public/TF_ADJ_45720.htm
Mit der gleichen Begründung klagte der klassische Telekommunikationsbetreiber PT in Portugal gegen den
Kabelnetzbetreiber ZON wegen irreführender Werbung. ZON hatte nämlich eine Werbekampagne gestartet,
die den Begriff Glasfaser in irreführender Weise nutzte. Die portugiesische Regulierungsbehörde JCAP
verlangte von ZON eine Änderung der Kampagne. Vgl. "Guerra PT-ZON vai chegar aos tribunais", Expresso,
1. August 2009.
24
Eine technische Beschreibung von Fiber-to-the-Home (FTTH) kann im FTTH Handbook nachgelesen
werden, das im Juni 2009 vom FTTH European Council veröffentlicht wurde: http://www.ftthcouncil.eu/
resources/newsroom/studies/studies/ftth_handbook_2009/?cid=31&nid=317&catid=4
25
Yankee Group, “Next Generation Access Services. Analysis of Portofolios” Presentation, 2007,
http://www.ftthcouncil.eu/documents/studies/Analysis_of_Service_Portfolios.pdf
26
OVUM, “Fibre: the socio-economics benefits”, 2007, http://www.ftthcouncil.eu/documents/studies/Socio-
Economics_Study.pdf

25
1.2.5. VoD-Dienste über digitales terrestrisches Fernsehen und Satellit

Digitales terrestrisches Fernsehen und Satellit haben beide den Nachteil, dass sie nicht
(oder nur in begrenztem Umfang) über einen Rückkanal verfügen. Um dieses Manko
auszugleichen, muss das Gerät vorübergehend an die Telefonleitung angeschlossen
werden, damit Dienste angeboten werden können, die ein Minimum an Interaktivität
erfordern (Registrierung bei Pay-per-View-Bestellungen im Rahmen von Near-Video-on-
Demand-Diensten – NVOD). Zur Bereitstellung richtiger Abrufdienste speichern die Betreiber
dieser Netze Dateien auf dem digitalen Festplattenrecorder (PVR) des Kunden. Für die
Übertragung von VoD sind separate Übertragungskanäle und eine Set-Top-Box mit
Festplatte erforderlich, auf die ein Videokatalog lokal (beim Nutzer) gespeichert werden
kann. Dies wird auch als Push-VoD bezeichnet. Die Auswahl der Titel ist durch die
Speicherkapazität der Festplatte(n) der Set-Top-Box begrenzt.

Im Dezember 2008 gab es in Europa nur ein Abrufangebot über digitales terrestrisches
Fernsehen: den Dienst Top Up TV Anytime der britischen Gesellschaft Top Up TV Ltd, der
im Wesentlichen aus Catch-up-TV-Angeboten verschiedener Themensender besteht.
Weitere Projekte sind jedoch in Frankreich (von TDF, dem Betreiber des terrestrischen
Netzes), Finnland und Norwegen geplant.

1.2.6. Hybriddienste

Ein neuer Trend, der die eingeschränkte Kapazität der xDSL-Netze einerseits und die
gemeinsamen Schwachpunkte von Satellitenübertragung und DVB-T ausgleichen soll, sind
sogenannte "Over-the-Top"-Hybridsysteme (OTT). Hierbei werden Fernsehdienste per
Satellit oder DVB-T übertragen, während Abrufdienste über ein Breitbandnetz oder ADSL-
Netz im IPTV-Modus übertragen werden.

Dieses System nutzt beispielsweise die British Telecom, deren Dienst BT Vision digitales
terrestrisches Fernsehen (für die Fernsehsender) mit der Nutzung von Telefonleitungen für
die Verbreitung von Abrufdiensten und "Over-the-Top"-Diensten verknüpft.

Auch einige Satellitenplattformbetreiber haben solche Mischsysteme eingerichtet:


- In den Vereinigten Staaten wurden gemischte Breitband/Satelliten-Dienste 2007 vom
Betreiber Dish Network und 2008 von DirecTV eingeführt.27
- In Fankreich hat Canal+ im September 2008 eine Hybridversion seines VoD-Dienstes
Canal+ à la demande für die Besitzer einer Set-Top-Box der neuesten Generation
Dual S eingerichtet.28
- Im März 2009 startete das skandinavische Unternehmen Viasat, das Inhalte über
Satellit verbreitet, ein kombiniertes System aus Satellitenübertragung und IPTV.
Bereitgestellt wird dieser Dienst für alle Kunden, die über die Set-Top-Box
ViasatPlusHD PVR (von Pace) und einen Breitband-Internetzugang verfügen. Mit
dem elektronischen Programmführer (EPG) der Box haben die Kunden Zugriff auf
das VoD-Portal und die Inhalte werden über eine Breitbandverbindung auf die
Festplatte des PVR heruntergeladen. Das Abspielen beginnt, sobald eine
ausreichende Datenmenge auf die Festplatte heruntergeladen wurde, während der

27
“DirecTV takes on video-on-demand”, CNET News, 13. März 2008,
http://news.cnet.com/8301-10784_3-9893052-7.html
28
Pressemitteilung Groupe Canal+, 9. September 2008, http://media.canal-plus.com/file/11/8/118118.pdf

26
Download im Hintergrund weiterläuft. 24 Stunden nach Abspielbeginn wird der Inhalt
gelöscht.29

Wie ein von Rapid TV News organisiertes Seminar ergeben hat, könnte diese Lösung künftig
von den Betreibern von IPTV-Diensten genutzt werden, um sich besser von den
Kabelnetzbetreibern abzuheben.30

1.2.7. VoD-Dienste für Mobiltelefone

Die technischen Modalitäten von VoD-Diensten für Mobiltelefone unterliegen einer rasanten
Entwicklung.

1.2.7.1. Download von Inhalten in kompatiblen Formaten über einen an das Internet
angeschlossenen PC

Die erste Methode die aufkam, bestand ganz einfach darin, Inhalte über das Internet
herunterzuladen, in Formaten, die von Mobiltelefonen unterstützt werden (insbesondere das
AVI-Format). Mit dieser Methode können ebenso Dateien auf verschiedene tragbare
Abspielgeräte, die für Videodateien geeignet sind (iPod, Archos-Tablet....), heruntergeladen
werden. Genau genommen handelt es sich hierbei aber nicht um Videoabrufdienste für
Mobiltelefone.

1.2.7.2. Mobile Internetverbindungen und Abruf im Streamingverfahren

VoD-Dienste für Mobiltelefone können in UMTS-Mobilfunknetzen (3G) bereitgestellt werden


und zwar entweder über den Browser oder über spezielle Anwendungen, die schnelle
Internet-Verbindungen ermöglichen (WAP, i-Mode, Apps für l’iPhone von Apple,…). Hierbei
können audiovisuelle Abrufdienste entweder im Rahmen kostenpflichtiger Angebote der
Mobilfunkbetreiber bereitgestellt werden, die zusätzlich lineare Fernsehdienste anbieten, oder
in Verbindung mit speziellen Anwendungen. Zudem sind kostenlose werbefinanzierte
Angebote möglich31.

1.2.7.3. Direkter Download

Mit dem iPhone 3GS führte Apple am 19. Juni 2009 ein Smartphone ein, das über ein 3G-
Netz oder eine WLAN-Verbindung (ohne dabei das Handy an den PC anschließen zu
müssen) einen direkten Zugang zum iTunes Store und zum direkten downloaden ermöglicht.
Dieser direkte Zugang wird mit dem neuen App aus dem iTunes Store möglich, aber auch
durch die Schnelligkeit des iPhone 3GS, das deutlich schneller ist als die erste iPhone-
Generation und alle anderen marktgängigen Smartphones.32

29
NDS Pressemitteilung, 24. März 2009, http://www.nds.com/press_releases/Viasat_PDL_240309.html;
Screen Digest, Mai 2009, S.153.
“Carriers See Over-The-Top Video as Way to Fill Holes in Offerings”, ABI Research Pressemitteilung, 24.
November 2008, http://www.abiresearch.com/press/1310-Carriers+See+Over-The-
Top+Video+as+Way+to+Fill+Holes+in+Offerings
30
C. FORRESTER, “IPTV must offer hybrid services”, Rapid TV News, 5. März 2009.
http://www.rapidtvnews.com/index.php/200903153371/iptv-must-offer-hybrid-services.html
31
Beispielsweise kostenlose VoD-Kanäle mit Sportsendungen oder die von der britischen Gesellschaft Yamgo
angebotenen ökologischen oder musikalischen Inhalte: http://yamgo.tv
32
http://www.anandtech.com/weblog/default.aspx, "iPhone 3GS Performance: A Significant Performance
Bump", AnandTech, 19. Juni 2009, http://www.anandtech.com/gadgets/showdoc.aspx?i=3587

27
1.2.7.4. 4G: die nächste Generation mit LTE-Technologie

Die Entwicklung der VoD-Dienste für Mobiltelefone dürfte durch die Einführung der neuen
Netze der vierten Generation (4G) gestärkt werden. Im Juli 2009 folgten die EU-
Mitgliedstaaten dem Europäischen Parlament und genehmigten den Kommissionsvorschlag,
die GSM-Richtlinie von 1987 zu aktualisieren und das 900 MHz-Band für andere
Technologien, auch für LTE (Long Term Evolution) zur Verfügung zu stellen, mit der der
mobile Internetzugang bis zu hundertmal schneller wird als mit dem derzeitigen 3G-Netz. Für
die Branche ist LTD die erste Wahl für Mobilfunknetze der nächsten Generation – auch dank
der erheblichen Fördermittel, die die EU seit 2004 bereitgestellt hat. Diese neue Technologie
wird derzeit von europäischen Betreibern in Finnland, Deutschland, Norwegen, Spanien,
Schweden und im Vereinigten Königreich getestet. Mit ihrer kommerziellen Vermarktung wird
im ersten Halbjahr 2010 in Schweden und Norwegen gerechnet.

Am 18. August 2009 kündigte die Europäische Kommission an, dass die EU 18 Mio. EUR in
Forschungsarbeiten für die vierte Generation von Mobilfunknetzen investieren werde.33 Mit
der LTE-Technologie sollen Mobilfunkgeräte zu leistungsstarken mobilen Computern
werden. Millionen neue Nutzer werden unabhängig von ihrem Standort mit ihren mobilen
Geräten von dem Ultra-Hochgeschwindigkeits-Internetzugang profitieren. Dies schafft
ungeheure Möglichkeiten und ein enormes Wachstumspotenzial für die digitale Wirtschaft.

Die Europäische Kommission ist der Auffassung, dass die LTE- und LTE-Advanced-
Technologie über ein enormes Potenzial verfügt.
- LTE bringt den Netzbetreibern einen enormen Kapazitätszuwachs, so dass sie mehr
Nutzer mit einem schnelleren mobilen Breitbandzugang zu niedrigeren Preisen
versorgen können – eine Revolution für den europäischen Mobilfunkmarkt.
- LTE-Advanced beschleunigt den mobilen Breitbandzugang auf 1 Gbit/s (1000 Mbit/s),
so dass Nutzer unterwegs in den Genuss uneingeschränkter und anspruchsvoller
Online-Dienste, wie etwa qualitativ hochwertiges Fernsehen oder Video auf Abruf,
kommen können.
- LTE nutzt das Funkspektrum effizienter, so dass Mobilfunknetze von der
sogenannten „digitalen Dividende“ profitieren und die Frequenzen nutzen können, die
bei der Umstellung von analogem zu digitalem Fernsehen frei werden.
- Mit LTE können auch bevölkerungsschwache Regionen mit mobilem
Breitbandzugang versorgt und die digitale Kluft zwischen ländlichen und städtischen
Gebieten verringert werden. Ende 2008 hatten 23% der ländlichen Bevölkerung in der
EU noch keinen Breitband-Internetzugang.

1.2.8. Mobilfernsehen (PMT) im DVB-H Modus für VoD-Dienste ungeeignet

Das mobile Fernsehen im DVB-H Standard entwickelt sich nur langsam in Europa. Dieser
Standard soll Near-Video-on-Demand-Dienste (eventuell als Pay-per-View) ermöglichen, ist
aber für Downloads und damit richtige VoD-Dienste ungeeignet.34 Zudem leidet TMP unter
dem gleichen Nachteil wie das digitale terrestrische Fernsehen und die
Satellitenübertragung: dem fehlenden Rückkanal. Da darüber hinaus die Nutzung in

33
Europa Press Release Rapid, 18. August 2009,
http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/09/1238&format=HTML&aged=0&language=FR
&guiLanguage=en
34
ETSI TR 102 377v.1.3.1, (2009-03), Digital Video Broadcasting (DVB); DVB-H Implementation Guidelines,
EBU, März 2009, http://www.dvb-h.org/PDF/tr102377.V1.3.1.p.pdf

28
Verbindung mit einem PVR Kompatibilitätsprobleme mit sich bringt, ist nur schwer
vorstellbar, wie Push VoD-Dienste bereitgestellt werden sollen.

Außerdem hat der unerwartete Erfolg der Dienste, die Apps für das iPhone von Apple
nutzen, die Entwicklung des mobilen Fernsehens zugunsten der 3G-Verbreitung gebremst.

Das Institut Strategic Analytics schätzte 2006 das Marktvolumen für Mobilfernsehen für das
Jahr 2010 auf 5,4 Mrd. USD, hat aber zwischenzeitlich seine Prognose auf 280 Mio. USD
nach unten korrigiert.35 Nach Ansicht von Screen Digest leidet der Bereich der Übertragung
auf Mobiltelefone unter zu geringen Investitionen in Plattformen zur Bereitstellung von
Inhalten, zusätzlich werden die Dienste zu stark von den Telekommunikationsbetreibern
kontrolliert. Das britische Institut geht davon aus, dass sich die Einnahmen im Bereich TMP
in den kommenden vier Jahren um das Zehnfache erhöhen und bis 2012 900 Mio. EUR
erreichen, und damit nur 25 % des Weltmarktvolumens im Bereich mobiles Fernsehen36

1.2.9. PVR-Dienste

Die Entwicklung audiovisueller Abrufdienste muss vor dem Hintergrund eines Marktes
betrachtet werden, bei dem die Fernsehzuschauer bereits mit der zeitversetzten Nutzung
über analoge Videorecorder und digitale Videorecorder (DVR, PVR) vertraut sind. Bei den
neuesten Modellen kann der Nutzer anhand des elektronischen Programmführers
Aufnahmen programmieren oder auch - wie beim TiVO-System - a priori die von ihm
bevorzugten Programmsparten eingeben. Solche Dienste erfüllen den gleichen Zweck wie
richtige Abrufdienste, da sie dem Nutzer die Möglichkeit bieten, Inhalte nach Belieben
abzurufen.37.

Der Markt für PVR-Dienste ist in Europa weniger entwickelt als in den Vereinigten Staaten. In
Europa sind auf diesem Markt bisher überwiegend Fernsehanbieter (Sky, Canalsat, IPTV-
Betreiber usw.) aktiv, die mit diesem Argument für den Kauf ihrer technisch hochwertigen
Decoder werben.

In jüngster Zeit sind sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in Europa Anwendungen
hinzugekommen, mit denen der Nutzer Aufnahmen programmieren oder aus der Ferne
starten kann. Nachfolgend einige Beispiele:
- Ferngesteuerte Aufnahmen auf PVR bieten in den USA der RS-DVR-Recorder des
Kabelnetzbetreibers Cablevision38 oder auch spezielle Anwendungen für mobile
Geräte, mit denen der DVR TiVo (DVR Remote)39, der DVR von AT&T40 oder der von
DirectTV gesteuert werden können.41
- Das hochwertige von Canal+ und Canalsat angebotenen Gerät +LE CUBE, ein HD-
Mischdecoder für Satellit und IP, bietet die Möglichkeit, Aufnahmen aus der Ferne zu

35
“Apps could be a nail in the coffin for broadcast mobile television”, Taipei Times, 12. Juli 2009.
http://www.taipeitimes.com/News/bizfocus/archives/2009/07/12/2003448480
36
“Mobile TV Boost as Recession Bites”, Screen Digest, Januar 2009, S.3.
37
Vgl. insbesondere: GOLDMITHS – University of London, Easy to use digital television receivers: remote
control buttons and functions used by different types of consumer prepared for OFCOM, März 2007,
http://www.OFCOM.org.uk/research/tv/reports/dso.pdf
38
Die Fernsehveranstalter klagten in den Vereinigten Staaten gegen die, durch diese Anwendung verursachte
Copyright-Verletzung.Der Oberste Gerichtshof wies den Fall aber in letzter Instanz ab und erlaubte
Cablevision damit die Einrichtung des Systems. "Cablevision remote DVR stays legal: Supremes won't hear
case", Ars Technica, 29. Juni 2009, http://arstechnica.com/tech-policy/news/2009/06/cablevision-remote-dvr-
stays-legal-supremes-wont-hear-case.ars
39
http://www.stutsmansoft.com/dvrremote/
40
http://www.att.com/Common/iptv/files/dvrMiniSite/
41
http://www.directv.com/DTVAPP/global/contentPageNR.jsp?assetId=3460014

29
starten.42 Sobald der Kunde den Dienst auf seinem an das Internet angeschlossenen
+LE CUBE-Decoder aktiviert hat, kann er von jedem beliebigen Standort aus - über
PC oder MAC - die Aufnahmeeinstellungen aus der Ferne über die Webportale canal-
plus.fr oder canalsat.fr steuern.
- Das Sky Remote Record-System von BSkyB.43
- Die iPhone-Anwendung des VoD-Dienstes VUDU (in den Vereinigten Staaten), mit
der der Download eines Films über die Set-Top-Box ferngesteuert programmiert
werden kann.44

1.2.10. Verfügbarkeit von Abrufdiensten auf Fernsehgeräten

1.2.10.1. Das Ziel der Verfügbarkeit von Abrufdiensten auf Fernsehgeräten

Herrschte in der Anfangszeit audiovisueller VoD-Dienste noch der Eindruck, dass sich die
Zukunft dieser Dienste im Internet abspielt, also auf dem Computerbildschirm, konzentrierte
sich bereits 2008 die Aufmerksamkeit aufgrund des iPhone-Erfolgs auf Smartphones. 2009
lautet die größte Frage der Betreiber, wie Abrufdienste auf Fernsehgeräten genutzt werden
können. Verschiedene Beispiele verdeutlichen diesen Trend:
- In Frankreich beispielsweise, wo VoD-Angebote im Rahmen von IPTV-Diensten
weiter verbreitet sind als anderswo, hat sich gezeigt, dass sich der VoD-Markt mehr
auf den Fernseh- als auf den Computerbildschirmen abspielt. Laut einer von CNC im
Jahr 2008 veröffentlichten Statistik erfolgten 90,7 % aller kostenpflichtigen VoD-
Transaktionen im Rahmen von IPTV-Diensten (gegenüber 85,2 % im Jahr 2007). Die
Zahl kostenpflichtiger Transaktionen bei IPTV-Diensten hat sich 2008 um 76,2 %
erhöht, während die Transaktionen im Internet nur um 3,9 % zunahmen.45
- In Deutschland, wo der IPTV-Markt insgesamt wenig entwickelt ist, lässt sich der
Erfolg des Maxdome-Dienstes wahrscheinlich damit erklären, dass er nicht nur im
Internet, sondern auch über eine spezielle Set-Top-Box verfügbar ist.
- Im Vereinigten Königreich hat die BBC zur Stärkung des Erfolgs ihres Online-
Dienstes BBC iPlayer zahlreiche Anstrengungen unternommen, um den Dienst auf
Fernsehbildschirmen bereitzustellen (Vereinbarungen mit Nintendo zum Abspielen
auf der Wii-Konsole, das Canvas-Projekt mit BT Vision für eine Ausstrahlung im
Rahmen von IPTV, Vereinbarung mit dem Hersteller der Fetch-TV-Box über einen
Anschluss über die Fetch TV Smartbox ...).

Die fortschreitende Digitalisierung der Kabelnetze und der Ausbau der DSL-Netze oder der
Glasfasernetze ermöglichen eine zunehmende Verbreitung audiovisueller Dienste auf
Fernsehgeräten, stellen aber nicht die einzige Perspektive dar. Die seit langem
versprochene direkte Verbindung zwischen Fernsehgerät und Internet bleibt weiterhin das
Ziel der meisten Gerätehersteller und der wichtigsten Diensteanbieter.

42
Pressemitteilung von Canal+, Dienstag, 16. Juni 2009, http://media.canal-plus.com/file/56/8/145568.pdf
43
http://www.sky.com/portal/site/skycom/skyhelpcentre/producthelp?nodeId=79e7d1fc-1e2c-4dc7-a586-
d2b31e634752&articleId=11374503
44
"Introducing the VUDU iPhone App", http://www.vudu.com/product_iphone.html
45
CNC, Bilan 2009, CNC, Paris, Mai 2009, S.117

30
1.2.10.2. Media Center PC, spezielle Spielkonsolen und Geräte

Unter bestimmten Voraussetzungen kann das Fernsehgerät an einen Rechner


angeschlossen werden, der über einen Internetzugang verfügt. Verschiedene sogenannte
"Media-Center-PC"-Lösungen wurden als Software oder Zwischengeräte angeboten. Solche
Lösungen sind für technisch versierte Nutzer interessant, stoßen aber insgesamt nicht auf
breites Interesse und stellen keine „salonfähige“ Lösung dar, die zum Erfolgsschlager
werden könnte. Selbst wenn technisch gesehen eine Verbindung zwischen PC und
Fernsehgerät möglich ist, bestehen zahlreiche praktische Probleme, die verhindern, dass
sich diese Lösung in den Haushalten durchsetzt.

Auch ausgereifte Spielkonsolen (Wii von Nintendo, Xbox 360 von Microsoft, PSP3 von Sony)
können als Schnittstelle zwischen Breitbandnetz und Fernsehgerät genutzt werden. Diese
Lösung kommt in der Regel für ein jüngeres Publikum in Frage, stellt aber auch noch keine
„salonfähige“ Lösung für das breite Publikum dar.

Daher haben die Hersteller Geräte auf den Markt gebracht, die eine einfachere und
gleichzeitig universellere Verbindung zwischen den verfügbaren audiovisuellen Angeboten
im Internet und dem Fernseher herstellen.

In den USA waren Geräte wie Apple TV und Apple TV Take 2 (die über den
Fernsehbildschirm den Zugriff auf iTunes Store ermöglichen), Roku Digital Video Player (für
die VoD-Dienste Netflix und Amazon on Demand), Vudu (für den Zugriff auf den VoD-Dienst
von Vudu), die neuesten Modelle von TiVo, etc. und in Europa spezielle VoD-Boxen wie die
in Frankreich von Netgem und in Großbritannien von Fetch TV angebotenen, nur begrenzt
erfolgreich. Trotz Einführung des neuen Apple TV Take 2 und Verdreifachung der Verkäufe
im vierten Quartal 2008 gegenüber dem vierten Quartal 2007,46 bezeichnete Steve Jobs,
Vorstandsvorsitzender von Apple , die Apple TV-Box seit Mai 2007 mehrfach als ein
„Hobby“47, eine Einschätzung, die auch Tim Cook, der Generaldirektor von Apple, im Januar
2009 wiederholte.

Das Unternehmen HP präsentierte im Januar 2008 den HP MediaSmart, der seit Juni 2008
vermarktet wird und die Media Center Extender Technologie von Microsoft nutzt. Dieses
technisch ausgereifte Gerät ermöglicht es, den Fernseher an das Internet und verschiedene
Speichermedien anzuschließen. Die interne Verbindung erfolgt über kabellose Netze. Mit
diesem System kann auf den VoD-Dienst CinemaNow48, das Fotoportal Snapfish und
YouTube zugegriffen werden. In Kombination mit Windows Vista haben die Nutzer
außerdem Zugriff auf Dienste wie Vongo, MovieLink und FOX Sports. Windows Media
Center umfasst außerdem den Internet-Dienst TV Bêta mit mehr als 100 Programmstunden
von MSN, mit Nachrichten der Sender A&E, Bio, CNBC, DIY, Fine Living, Food Network,
FOX Sports, HGTV, History Channel, iFilm, MSNBC, National Geographic, NBC News und
StupidVideos.

Verschiedene Studien von Park Associates haben ergeben, dass sich die Verbraucher eine
Set-Top-Box wünschen, die Inhalte aus verschiedenen Quellen anzeigen kann. Nach einer
Studie sind Amerikaner und Briten bereit, für einen solchen Service 5,99 USD bzw. 4 GBP
zu zahlen. Zu den Anwendungen, die sie sich am meisten wünschen gehören: Fotos
ansehen, gefolgt von Premium-Inhalte abspielen und Musik hören. Der Zugriff auf YouTube

46
"Apple TV sales up threefold, will see continued investment”, AppleInsider, 21 Januar 2009.
http://www.appleinsider.com/articles/09/01/21/apple_tv_sales_rise_300_will_see_continued_investment.html
47
Erstmals in D 2007, Vgl. "Steve Jobs live from D 2007", Engadget, 30. Mai 2007,
http://www.engadget.com/2007/05/30/steve-jobs-live-from-d-2007.
48
HP Pressemitteilung, 7. Januar 2008, http://www.hp.com/hpinfo/newsroom/press/2008/080107xa.html ;
17 June 2008, http://www.hp.com/hpinfo/newsroom/press/2008/080617xb.html?jumpid=reg_R1002_USEN

31
wird zwar durchaus geschätzt, aber die Verfügbarkeit von Premiumdiensten kann den
entscheidenden Unterschied ausmachen.49

1.2.10.3. "Side-Loading"-Systeme

Sogenannte "Side-Loading"-Verbindungen stellen eine Alternative zuVerbindungen über Set-


Top-Box dar. Hierbei lädt der Nutzer über seinen Rechner eine Datei herunter und überträgt
sie auf ein anderes Gerät, das an das Fernsehgerät angeschlossen werden kann:
- 2007 führte Apple ein Component AV Kabel ein, mit dem iPod und iPhone an den
Fernseher angeschlossen werden können. Da dieses Kabel keine HD-Qualität
zulässt, war die Resonanz eher zurückhaltend.50 Im April 2009, einige Wochen vor
Einführung des neuen iPhone 3GS, sprach die Presse von einem neuen HD-
kompatiblen Kabel.51
- Ein weiteres „Side-Loading“-System auf Speicherkarte wurde im Januar 2009 von
MOD Systems in Zusammenarbeit mit Warner, Paramount und verschiedenen
unabhängigen Produzenten angeboten. Hierbei kann der Nutzer Inhalte von einem
öffentlichen Server herunterladen, diese auf einer Speicherkarte speichern, auf DVD
brennen und auf dem Fernsehgerät ansehen.52

1.2.10.4. Direkte Anbindung des Fernsehers an das Internet

Seit 2008 rückt nun endlich die seit langem angekündigte Direktverbindung zwischen
Fernsehgerät und Internet in greifbare Nähe. Im Januar 2007 präsentierte Sony mit Bravia
Internet Video Link eine Schnittstelle53, die in den USA seit März 2008 im Handel ist. Sie
ermöglicht den Zugriff auf die VoD-Dienste von Amazon und Netflix sowie den Zugang zu
Google und YouTube.54 Die angebotenen Inhalte wurden zwischenzeitlich ergänzt und
umfassen nunmehr auch Dienste von Yahoo!, AOL, Sports Illustrated, blip.tv, Conde Nast’s
Style.com, Men.Style.com, Crackle von Sony Pictures, The Minisode Network und Inside
Sony Pictures. Das Echo der Fachpresse war jedoch eher geteilt.55

49
TV 2.0 : The Consumer Perspective, Park Associates, 3Q2008,
http://www.parksassociates.com/research/reports/tocs/pdfs/Parks-TV2.pdf
Global Digital Living. Entertainment 2.0. in Europe, Park Associates, 2008,
http://www.parksassociates.com/research/multiclients/global_multiclients.htm
From Boob Tube to YouTube, Consumers and TV, Park Associates, März 2009,
http://newsroom.parksassociates.com/article_display.cfm?article_id=5139
50
Vgl. Kritiki von J. HOROWITZ, "Apple component AV Cable", ilounge.com, 29. Oktober 2007,
http://www.ilounge.com/index.php/reviews/entry/apple-component-av-cable-ipod-iphone
51
"Apple Consolidating AV Cables Ahead of iPhone HD LaunchApple Consolidating AV Cables Ahead of
iPhone HD Launch", Phonenews, 18 April 2009, http://www.phonenews.com/apple-consolidating-av-cables-
ahead-of-iphone-hd-launch-7648/
52
MOD Systems, http://www.modsystems.com/
53
“Bravia Internet Video Link brings online video to Sony TVs”, CNET News, 7. Januar 2007,
http://news.cnet.com/8301-17938_105-9672957-1.html
Präsentation und Beschreibung des BRAVIA® Internet Video Link Module auf der Website von Sony Style:
http://www.sonystyle.com/webapp/wcs/stores/servlet/CategoryDisplay?catalogId=10551&storeId=10151&lan
gId=-1&identifier=S_BrandShowcase_BIVL
http://www.sonystyle.com/webapp/wcs/stores/servlet/ProductDisplay?catalogId=10551&storeId=10151&langI
d=-1&productId=8198552921665090966
54
"YouTube content now available on Sony Bravia Internet link”, Sony Electronics USA Pressemitteilung, 5.
Juni 2008, http://news.sel.sony.com/en/press_room/consumer/television/release/35397.html
55
"Sony Bravia Internet Video Link lacks luster”, CNET Review, 6. Oktober 2009, http://news.cnet.com/8301-
17938_105-10059147-1.html

32
Fernsehgeräte mit Internetanschluss über einen Ethernet-Anschluss ("Web-enabled TV Set")
stellen eine technisch ausgereiftere Lösung dar. Hierbei werden die Inhalte aus dem Internet
auf dem Bildschirm als Widgets angezeigt und können das Fernsehbild im Vollbildmodus
oder als Split-Screen überlagern. 2008 wurden verschiedene Fernsehgeräte, die über einen
solchen Anschluss verfügen, auf den Markt gebracht, wobei sich die Gerätehersteller im
Allgemeinen mit Diensteanbietern zusammenschließen:
- Panasonic brachte im Mai 2008 den Panasonic Viera PZ850 HD56 mit tru2way-
Technologie auf den Markt. Entsprechend einer Vereinbarung mit Google können mit
dem Vieracast-System Webseiten wie YouTube oder Picasa Photos direkt über die
Fernbedienung des Fernsehers aufgerufen werden. Nach Abschluss einer
Vereinbarung mit Amazon bietet Panasonic seit April 2009 auf allen Receivern der
Viera-Serie nun auch Zugriff auf den VoD-Katalog von Amazon on Demand.57
- Sharp brachte im September 2008 das Fernsehgerät Aquos LCD TV auf den Markt.
Dank einer Vereinbarung mit NBC Universal können die Nutzer auf verschiedene
Inhalte der Firmengruppe zugreifen. Spezielle Anwendungen, die den Zugriff auf
Inhalte der Sender NBC und CNBC ermöglichen, wurden angekündigt.58
- Philips präsentierte im Februar 2009 seine Fernseher der 9700-Reihe mit integriertem
Net TV-System. Mit Net TV kann vom Fernsehbildschirm schnell auf verschiedene
Webseiten zugegriffen werden. Es wurden Partnerschaften mit verschiedenen
Diensteanbietern wie YouTube, eBay, TomTom, MeteoGroup, Netlog, Funspot und
MyAlbum, sowie mit verschiedenen nationalen Partnern geschlossen. Die
entsprechenden Partner-Webseiten müssen angepasst werden, damit sie auf dem
Fernsehbildschirm abgerufen werden können. Zum Abruf sind weder Set-Top-Box
noch zusätzliche Abonnements erforderlich, sondern lediglich eine Fernbedienung. 59
- Sony stellte im März 2009 die neuen Bravia-Fernsehmodelle mit integriertem
Internetanschluss60 vor, die Zugang zu den VoD-Diensten von Amazon, YouTube,
Sony Music und NBC Universal ermöglichen und seit Juli 2009 zum VoD-Dienst von
Netflix.61
- Im Januar 2009 präsentierte LG Electronics seine neuen Receiver-Modelle mit
NetCast Broadband-System, das in den USA den Zugriff auf YouTube, Netflix und
das Fotoportal Flickr von Yahoo! Inc. ermöglicht.62
- Im Januar 2009 kündigte Yahoo! Inc. für das Frühjahr 2009 die Einführung von
Widgets an, die für internetfähige Fernseher der Hersteller Samsung, Sony, Vizio und
LG Electronics Internetdienste bereitstellen.63

56
http://www2.panasonic.com/consumer-electronics/learn/televisions/whats-hot-pz850.jsp
57
Panasonic USA, Pressemitteilung, 22. April 2009,
http://www2.panasonic.com/webapp/wcs/stores/servlet/prModelDetail?storeId=11301&catalogId=13251&item
Id=344245&modelNo=Content04212009051957124&surfModel=Content04212009051957124
58
Sharp Pressemitteilung, 4. September 2008,
http://www.sharpusa.com/products/FunctionPressReleaseSingle/0,1080,831-34,00.html
59
Philips, Presseinformation, 19. Februar 2009,
http://www.search.philips.com/search/jsp/clickout.jsp?clicklocation=1&type=searchhit&text=%22net%20TV%
22&section=all&locale=global&url=http://www.digitalnewsroom.philips.com/press/net-tv_pr.doc
60
“Sony debuts more networked Bravia HDTV”, Sony Electronics USA Pressemitteilung, 2. März 2009,
http://news.sel.sony.com/en/press_room/consumer/television/release/39206.html
Optische Präsentation: http://reviews.cnet.com/2300-6482_7-10000836-
1.html?s=0&o=10000836&tag=mncol;page
61
“Netflix streaming coming to Net-enabled Sony Bravia TVs”, CNET News, 9. Juli 2009,
http://news.cnet.com/8301-17938_105-10282740-1.html
62
LG Electronics Pressemitteilung, 7. Januar 2009, http://www.lge.com/us/press-release/article/lg-electronics-
launches-broadband-hdtvs-with-netcast-entertainment-access.jsp
63
Yahoo Pressemitteilung, 7. Januar 2007,
http://yhoo.client.shareholder.com/press/releasedetail.cfm?ReleaseID=358066

33
- Im Juli 2009 kündigte Samsung an, dass in den USA der VoD-Dienst von Blockbuster
in Samsung HDTV-Receiver, in Home Theater Systems und in Blu-ray-Player
integriert werde.64
- Verschiedene Analysten gehen davon aus, dass sich Apple ebenfalls auf diesem
Markt positionieren wird.65

1.2.10.5. Anschlüsse über DVD- und Blu-ray-Player und über "Home Theater"-Systeme

Eine Internetverbindung ist auch mit bestimmten DVD- und Blu-ray-Playern möglich. In den
Vereinigten Staaten bieten der DVD-Player Toshiba XDE500 und, seit August 2009, die Blu-
ray-Player der Serie Veira Cast von Panasonic66 Zugang zum Video-on-Demand-Dienst von
Amazon. Daneben sind auch einige Blu-ray-Player und Home Theater-Systeme (wie
LHB953 und LHB977 von LG Electronics) und die Geräte HT-BD1250 und HT-BD7200 von
Samsung internetfähig.

LG Electronics hat sich mit Sonic Solutions zusammengeschlossen, um den VoD-Dienst


Roxio CinemaNow auf seinen Blu-ray-Playern BD370 und BD390 und den "Home Theater"-
Systemen LHB953 und LHB977 verfügbar zu machen.67 Das Gerät BD390 bietet eine
WLAN-Verbindung sowie "Download-to-own"- und "Pay-per-View"-Optionen, mit denen der
Nutzer den Katalog von Roxio CinemaNow mit einem Klick erreicht. Mit den Geräten BD 370
und 390 ist zudem ein Zugriff auf YouTube- und Netflix-Seiten möglich.

Im April 2009 präsentierte Sony den internetfähigen Sony S560 BD-Player mit
Internetanschluss über WLAN, der genauso leistungsstark ist wie die PSP3. Das Gerät ist
seit August 2009 auf dem amerikanischen Markt.68

1.2.10.6. Ein vielversprechender Markt

Laut Angaben von Kurt Scherf, Analyst bei Parks Associates, verfügten 2008 1 % aller in den
USA verkauften Fernsehgeräte über einen Internetanschluss, 2009 waren es 2% und bis
2012 dürfte dieser Anteil auf 14 % steigen (und somit zwischen 26 und 28 Mio. liegen). Im
Jahr 2013 sollen es dann bereits 20 % sein.69

64
“Blockbuster, Samsung set on-demand video pact”, Reuters, 14. Juli 2009,
http://www.reuters.com/article/technologyNews/idUSTRE56D0RD20090714
65
Dies gilt für Gene Munster, von der Investitionsbank Piper Jaffray. Vgl.: “Is Apple planning a DVR and web-
enabled TV set?”, TechRadar.com, 2 March 2009, http://www.techradar.com/news/computing/apple/is-apple-
planning-a-dvr-and-web-enabled-tv-set--559416
66
Panasonic USA Pressemitteilung, 4. August 2009,
http://www2.panasonic.com/webapp/wcs/stores/servlet/prModelDetail?storeId=11301&catalogId=13251&item
Id=364494&modelNo=Content08032009060037268&surfModel=Content08032009060037268
67
Sonic Solutions Pressemitteilung, 7. Juni 2009, http://www.sonic.com/about/press/news/2009/06/lg-instant-
access.aspx
68

http://www.sonystyle.com/webapp/wcs/stores/servlet/ProductDisplay?catalogId=10551&storeId=10151&langI
d=-1&productId=8198552921665791068
69
K. SCHERF, “Hot Topic for 2009: Web-enabled TV”, Parks Associates,Research Analyst Blog, 31. Dezember
2008, http://parksassociates.blogspot.com/2008/12/hot-topic-for-2009-web-enabled-tvs.html. Ebenfalls zitiert
in “Internet-Ready TVs Usher Web Into Living Room”, The Wall Street Journal, 5. Januar 2009.
http://online.wsj.com/article/SB123111603391052641.html

34
Abbildung 9: Verkaufsprognosen für internetfähige Fernsehgeräte (2008-2013)

Quelle: Park Associates

Nach Einschätzung von Yankee Group werden 2013 50 Mio. US-Haushalte internetfähige
Fernsehgeräte und 30 Mio. internetfähige Blu-ray-Player besitzen und weitere 11 Mio. sollen
bis dahin einen entsprechende Adapter erworben haben.70 ABI Research schätzt, dass bis
2011 weltweit 20 Mio. Fernsehgeräte über eine WLAN-Verbindung verfügen werden.71

Die Verfügbarkeit von Online-Videodiensten auf Fernsehgeräten hat außerdem den


Wettbewerb auf dem Markt der Media Player-Plattformen belebt. Im April 2009 startete
Adobe mit Adobe Flash Platform for the Digital Home eine spezielle Version seiner Plattform
Flash, über die online HD-Videos bereitgestellt werden und erweiterte Anwendungen für
Fernsehgeräte, Set-Top-Boxen, Blu-ray-Player und andere anschließbare Geräte.72 Auf
diesem Markt konkurriert Adobe mit Microsoft und deren Silverlight-Plattform. Außerdem hat
Adobe im Mai 2008 das Open Screen Project gestartet, das Hersteller, Mobilfunkbetreiber
und Diensteanbieter unter einem Hut vereint und die Verbreitung der Flash-Lösung fördern
soll. Im April 2009 kündigte Adobe an, dass die ersten entsprechend ausgerüsteten
Fernsehgeräte im zweiten Halbjahr 2009 auf den Markt kommen sollen. Der Herausgeber
unterzeichnete Vereinbarungen mit Chipherstellern (Intel, NXP Semiconductors und
STMicroelectronics) und Inhaltevertreibern (Disney Interactive, Netflix, etc.), denen zufolge
Internetinhalte und HD-Videos direkt auf Fernsehgeräte, Set-Top-Boxen und Blu-ray-Player
übertragen werden können.73

1.2.11. Die HbbTV-Initiative

Ende August 2009 kündigte ein europäisches Unternehmenskonsortium (dem insbesondere


SES Astra, Philips, Canal+, France Télévisions, TF1, das deutsche Institut IRT, ANT, Kaon
Media und OpenTV angehören) den Start der HbbTV (Hybrid Broadcast Broadband TV)-

70
“Big Growth Ahead for Connected HDTVs, Blu-ray Players and Digital Media Adapters”, The Yankee Group,
Pressemitteilung, 1. Juni 2009,
http://www.yankeegroup.com/pressReleaseDetail.do?actionType=getDetailPressRelease&ID=2456
71
ABI Research, Pressemitteilung, 20. Juli 2009, http://www.abiresearch.com/press/1456-
20+Million+Wireless+Networked+TVs+To+Ship+in+202011
72
Adobe Pressemitteilung, 20. April 2009,
http://www.adobe.com/aboutadobe/pressroom/pressreleases/200904/042009AdobeNABUmbrella.html
73
http://www.openscreenproject.org/

35
Initiative an, um die Modalitäten für die Bereitstellung audiovisueller Inhalte im Fernsehen
und über Breitbandnetz zu harmonisieren. Diese Spezifikationen umfassen Elemente
bestehender Normen und Web-Technologien, insbesondere von Open IPTV Forum, CEA,
DVB und W3C. Die HbbTV-Produkte und -Leistungen sind über die Fernbedienung auf
Hybridgeräten zugänglich (enabled TV, Set-Top-Box) und werden für verschiedene
Übertragungsformen entwickelt (Satellit, Kabel, terrestrische Netze).74 Das System wird als
Weiterentwicklung des deutschen Teletext-Systems SD präsentiert, das in Deutschland
täglich von 14 Millionen Nutzern verwendet wird.

Abbildung 10: Schematische Darstellung des HbbTV-Systems

Quelle: HbbTV

Das System wurde erstmals bei der IFA2009 in Berlin von den öffentlich-rechtlichen
Fernsehsendern ARD und ZDF präsentiert. Die Tätigkeit des HbbTV-Konsortiums in
Deutschland hat sich vor dem Hintergrund der Einführung von HDTV-Diensten durch
Sender, die gleichzeitig Videotext-Dienste in HD-Qualität, interaktive Programmführer und
verbesserte Rundfunkdienste bereitstellen, entwickelt.75

74
HbbTV Pressemitteilung, 27. August 2009, http://www.hbbtv.org/news.htm
75
"Forget Cnvas and Hulu: Read HbbTV”, Rapidtvnews, 27. August 2009,
http://www.rapidtvnews.com/index.php/200908274567/forget-canvas-and-hulu-read-hbbtv.html

36
1.3. WELCHE NETZE WERDEN BEI DER KÜNFTIGEN
ENTWICKLUNG AUDIOVISUELLER ABRUFDIENSTE EINE
ROLLE SPIELEN? - BESTANDSAUFNAHME UND PROGNOSEN

Die technischen Möglichkeiten der Netze sind eine Sache, der Ausbau der Netze eine
andere. Der Ausbaustand der Breitbandnetze, der DSL-Netze, optimierter Kabelnetze, der
Glasfasertechnik, des digitalen terrestrischen Fernsehens und des Satellitenfernsehens setzt
in jedem Land spezielle Empfangsstrukturen voraus. Die in Bezug auf die geltenden
Regelungen, die Aufteilung des Markts zwischen den verschiedenen Herstellern und die
unterschiedlichen soziokulturellen Strukturen der Nutzer verschiedenartig geprägten
nationalen audiovisuellen Systeme erfordern unterschiedliche Modalitäten bei der
Einrichtung audiovisueller Abrufdienste. Im vorliegenden Bericht geht es darum, den Stand in
den verschiedenen Ländern zu beschreiben.76 Wir möchten hier nur die großen
europäischen Trends darstellen, die einschlägige Forschungsinstitute und die öffentlichen
Einrichtungen einiger großer europäischer Länder festgestellt haben.

1.3.1. Breitbandnetze

Die Wahrnehmung audiovisueller Abrufdienste durch die Öffentlichkeit und


Entscheidungsträger hängt in hohem Maße von ihrer Präsenz im Internet, also von den
Breitbandnetzen ab. Verglichen mit anderen Formen der Verbreitung verfügt das Internet
über einen entscheidenden Vorteil: Es ist weltweit verfügbar und dazu prädestiniert,
langfristig eine fast hundertprozentige Penetrationsrate zu erreichen, wie dies beim Telefon
und analogen Fernsehen in den 60-er Jahren der Fall war. Aber der Weg bis dahin ist noch
recht weit.

Es liegen zahlreiche statistische Daten über die Breitbandpenetration weltweit und in Europa
vor.

Abbildung 11: Geschätzte Entwicklung der Breitbandanschlüsse weltweit (2006-


2008)

Quelle: Park Associates

76
Hierzu beziehen wir uns auf Veröffentlichungen wie den Band 1; "Fernsehen in 36 europäischen Staaten"
aus dem Jahrbuch der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle, Straßburg, 2009 (noch nicht
erschienen); European Broadband Cable, 2009, Screen Digest, 2009.

37
Nach Schätzung von Park Associates verfügten 2008 mehr als 400 Mio. Haushalte weltweit
über einen Breitbandanschluss (Zuwachs von 18 % gegenüber 2007), wobei sich diese Zahl
bis Ende 2013 auf mehr als 640 Mio. Haushalte erhöhen soll.77

Nach Angaben der OECD waren im Dezember 2008 263,9 Mio. Haushalte in den 30
Mitgliedstaaten an das Breitbandnetz angeschlossen.78 Danach verfügten durchschnittlich
22,4 von hundert Einwohnern über einen Internetzugang. Die höchsten Penetrationsraten
wurden in fünf europäischen Ländern registriert (Dänemark, Niederlande, Norwegen,
Schweiz und Island). Aber auch unter den fünf letztplatzierten befinden sich vier europäische
Staaten (Griechenland, Slowakei, Polen und die Türkei). Mit Penetrationsraten zwischen
27,4 und 28,5 % liegt die Breitbandpenetration in Deutschland, Frankreich und
Großbritannien etwas höher als in den Vereinigten Staaten (25,8 %), aber unter der von
Südkorea (32 %) und Kanada (29 %).

Die von EUROSTAT veröffentlichten Statistiken79, die nach anderen Kriterien (Prozentsatz
der Haushalte und nicht der Einzelpersonen) erstellt werden, ergeben ebenfalls sehr
unterschiedliche Ergebnisse innerhalb Europas: In den nordischen Ländern sind
Breitbandanschlüsse am weitesten verbreitet, während die Abdeckung in den Ländern Süd-
und Osteuropas im Allgemeinen geringer ist.

Das amerikanische Institut Strategic Analytics legt wesentlich optimistischere Zahlen vor als
EUROSTAT: Danach verfügten Ende Dezember 2008 61,4 % der europäischen Haushalte
über einen Internetanschluss und die Penetrationsrate dürfte sich bis Ende 2013 auf 82,9 %
erhöhen.80

77
“Parks Associates forecasts over 640 million broadband households worldwide by 2013“, Pressemitteilung, 7.
Juli 2009, http://newsroom.parksassociates.com/article_display.cfm?article_id=5167
78
OECD Broadband Portal, s.d., 2009,
http://www.oecd.org/document/54/0,3343,en_2649_34225_38690102_1_1_1_1,00.html
79
EUROSTAT database, last update 22. Juli 2009,
http://epp.eurostat.ec.europa.eu/portal/page/portal/product_details/dataset?p_product_code=TIN00089
Alle von EUROSTAT veröffentlichten Daten über Breitband können hier nachgelesen werden:
http://epp.eurostat.ec.europa.eu/portal/page/portal/product_results/search_results?mo=containsall&ms=broa
dband&saa=&p_action=SUBMIT&l=us&co=equal&ci=,&po=equal&pi,
80
“Two Thirds Of Europe's Homes To Have Broadband By End 2009”, Strategy Analytics, Pressemitteilung, 10.
Juni 2009, http://www.strategyanalytics.com/default.aspx?mod=PressReleaseViewer&a0=4744

38
Tabelle 3: Breitbandpenetration in den OECD-Ländern nach Zugangstechnologie
– Anzahl der Kunden pro hundert Einwohner (Dezember 2008)

ISO-
Gesamt
Kode Gesamtzahl der
Rang DSL Kabel Glasfaser/LAN Sonstige von Quelle
des Kunden
100
Landes
1 DK 22,6 9,9 3,6 1,1 37,2 2 021 404 Regierungsquelle
2 NL 21,8 13,4 0,6 0,0 35,8 5 855 000 Regierungsquelle
3 NO 23,8 6,9 3,1 0,7 34,5 1 607 750 Regierungsquelle
4 CH 23,2 9,7 0,4 0,3 33,5 2 533 643 Regierungsquelle
5 IS 31,6 0,0 0,6 0,6 32,8 99 883 OECD Schätzung
7 SE 19,1 6,2 6,5 0,2 32,0 2 905 000 Regierungsquelle
8 FI 25,9 4,1 0,0 0,7 30,7 1 616 900 Regierungsquelle
9 LU 25,6 4,2 0,1 0,0 30,0 141 584 OECD Schätzung
11 GB 22,4 6,1 0,0 0,1 28,5 17 275 660 Regierungsquelle
12 BE 16,4 11,4 0,0 0,3 28,1 2 962 450 Regierungsquelle
13 FR 26,6 1,4 0,1 0,0 28,0 17 725 000 Regierungsquelle
14 DE 25,4 1,9 0,0 0,0 27,4 22 532 000 Regierungsquelle
19 AT 13,9 7,2 0,1 0,5 21,6 1 792 408 Regierungsquelle
20 ES 16,5 4,0 0,1 0,2 20,8 9 156 969 Regierungsquelle
21 IE 15,1 2,4 0,1 2,9 20,6 896 346 Regierungsquelle
22 IT 18,5 0,0 0,5 0,1 19,2 11 283 000 Regierungsquelle
23 CZ 6,8 3,7 0,7 6,0 17,2 1 769 684 Regierungsquelle
24 HU 7,9 7,6 0,5 0,9 16,8 1 696 714 Regierungsquelle
25 PT 9,4 6,3 0,0 0,2 16,0 1 692 306 Regierungsquelle
26 GR 13,5 0,0 0,0 0,0 13,5 1 506 614 Regierungsquelle
27 SK 6,6 1,2 2,1 1,6 11,5 618 871 Regierungsquelle
28 PL 7,2 3,1 0,0 0,1 10,5 3 995 458 Regierungsquelle
29 TR 7,7 0,1 0,0 0,0 7,8 5 736 619 Regierungsquelle

6 KR 7,7 10,5 13,8 0,0 32,0 15 474 931 Regierungsquelle


10 CA 13,0 15,6 0,0 0,4 29,0 9 577 648 OECD Schätzung
15 US 10,3 13,7 1,0 0,9 25,8 77 437 868 OECD Schätzung
16 AU 19,9 4,3 0,0 1,2 25,4 5 368 000 Regierungsquelle
17 JP 9,1 3,2 11,3 0,0 23,6 30 107 327 Regierungsquelle
18 NZ 19,5 1,3 0,0 1,0 21,9 914 961 Regierungsquelle
30 MX 5,1 1,9 0,0 0,2 7,2 7 604 629 Regierungsquelle
OECD 13,3 6,4 2,2 0,4 22,4 263 906 627 OECD

Quelle: OECD

39
Tabelle 4: Anzahl der Haushalte von hundert, die in Europa über einen
Breitbandinternetanschluss verfügen (2003-2008)

2003 2004 2005 2006 2007 2008


AT 10 16 23 33 46 54
BE k.A. k.A. 41 48 56 60
BG k.A. 4 k.A. 10 15 21
CH 11 k.A. k.A. k.A. k.A. k.A.
CY k.A. 2 4 12 20 33
CZ 1 4 5 17 28 36
DE 9 18 23 34 50 55
DK 25 36 51 63 70 74
EE k.A. 20 30 37 48 54
ES k.A. 15 21 29 39 45
FI 12 21 36 53 63 66
FR k.A. k.A. k.A. 30 43 57
GB 11 16 32 44 57 62
GR 1 0 1 4 7 22
HU k.A. 6 11 22 33 42
IE 1 3 7 13 31 43
IS k.A. 45 63 72 76 83
IT k.A. k.A. 13 16 25 31
LT 2 4 12 19 34 43
LU 7 16 33 44 58 61
LV k.A. 5 14 23 32 40
MK k.A. k.A. k.A. 1 k.A. k.A.
MT k.A. k.A. 23 41 44 55
NL 20 31 54 66 74 74
NO 23 30 41 57 67 73
PL k.A. 8 16 22 30 38
PT 8 12 20 24 30 39
RO k.A. k.A. k.A. 5 8 13
SE k.A. k.A. 40 51 67 71
SI k.A. 10 19 34 44 50
SK k.A. 4 7 11 27 35
TR k.A. 0 2 k.A. k.A. k.A.

EU 27 k.A. 15 23 30 42 49
CA 36 k.A. k.A. k.A. k.A. k.A.
US 20 k.A. k.A. k.A. k.A. k.A.
Quelle: Eurostat

40
Tabelle 5: Prognosen zur Entwicklung des Breitbandmarktes in Westeuropa
(2004-2013)

1.3.2. Ausbau von Glasfasernetzen

Der Ausbau der Fiber-to-the-Home- (FTTH) oder Fiber-to-the-Building-Anschlüsse (FTTB) ist


ein wichtiger Faktor für die Entwicklung audiovisueller Abrufdienste. Nach einer von IDATE
im Auftrag von FTTH European Council erstellten Studie war im Dezember 2008 der Ausbau
dieser Netze in Europa in den 31 untersuchten Ländern allerdings nicht weit fortgeschritten.
Insgesamt verfügten zwar 11,2 Mio. Haushalte über einen FTTH/B-Anschluss, aber nur 1,7
Mio. hatten einen entsprechenden Nutzungsvertrag abgeschlossen. Dennoch betrug der
Zuwachs im zweiten Quartal 2008 bei den Anschlüssen 278 % und bei den Abonnements
25 %.81

Abbildung 12: FTTH/B-Anschlüsse in Europa, nach Ländern

Quelle: IDATE

81
IDATE, FTTH European Panorama Dezember 2008, FTTH Council Europe Conference, Copenhagen, 11.
Februar 2009, http://www.ftthcouncil.eu/documents/studies/Market_Data-December_2008.pdf

41
Tabelle 6: Glasfaserpenetration (FTTH) in Europa zum 30.6.2008 – In Tausend

Angeschlossene Haushalte Wachstum 2008/07 Penetrationsrate (1)


Land Zahl der Haushalte
30.06.2007 30.06.2008 % 30.06.2008
CZ 4 176 k.A. 15,2 k.A. 0,36%
DE 39 447 7 41,5 492,90% 0,11%
DK 2 377 40 75,5 87,00% 3,17%
EE 549 k.A. 5,8 k.A. 1,05%
FI 2 424 17 39,7 128,30% 1,64%
FR 25 985 k.A. 137,8 k.A. 0,53%
IE 1 500 k.A. 4 k.A. 0,27%
IS 110 k.A. 4,2 k.A. 3,79%
IT 24 013 272 291,5 7,40% 1,21%
LT 1 212 k.A. 13,2 k.A. 1,09%
LV 859 k.A. 7,9 k.A. 0,92%
NL 7 218 92 98,5 7,70% 1,36%
NO 2 050 72 141,6 97,50% 6,91%
PL 12 902 k.A. 15,3 k.A. 0,12%
SE 4 441 307 367,5 19,70% 8,28%
SI 768 0,5 32,3 6368,00% 4,21%
SK 1 734 k.A. 11 k.A. 0,64%
Quelle EUROSTAT/OBS FTTH European Council FTTH European Council OBS OBS
(1) Die von uns geschätzten Penetrationsraten unterscheiden sich leicht von denen, die der FTTH European Council veröffentlicht hat, da wir bei der Anzahl der Haushalte
pro Land unterschiedliche Daten verwendet haben.

Quelle: Europäische Audiovisuelle Informationsstelle nach Angaben von IDATE / FTTH European Council
Nach einer von Heavy Reading82 durchgeführten Studie verläuft der Glasfaserausbau in
Europa langsamer als vorgesehen (aufgrund des langsamen Starts bei den etablierten
Telekommunikationsbetreibern, des unklaren rechtlichen Rahmens, des verschlechterten
wirtschaftlichen Klimas und zurückhaltender Kreditvergaben), zusätzlich lässt sichdie
künftige Entwicklung nur schwer vorhersagen (gerade entstehender Markt in den meisten
Ländern, erhebliche Unterschiede zwischen den Ländern, schwer einschätzbare
Entwicklungsfaktoren). Verschiedene Faktoren deuten auf eine positive Entwicklung hin,
insbesondere die Tatsache, dass sich in den letzten Monaten des Jahres 2008 gezeigt hat,
dass der Markt für elektronische Unterhaltungsgüter weiterhin sehr aktiv ist, wobei sich
allerdings die meisten der Ende 2008 noch positiven Indikatoren im Jahr 2009 vor dem
Hintergrund der Wirtschaftskrise verschlechtern können. Die Berechnungsgrundlage dieser
Studie unterscheidet sich von der Grundlage der IDATE-Studie: Die Heavy Reading-Studie
ergab, dass Ende 2008 2,4 Mio. Haushalte an ein FTTH-Netz angeschlossen waren; diese
Zahl soll sich bis Ende 2013 auf 20,5 Mio. erhöhen. Russland, Frankreich83 und Deutschland
werden den Markt 2013 in Bezug auf die Gesamtzahl der Anschlüsse anführen. Schweden,
Slowenien und Norwegen werden dann die höchste FTTH-Penetration aufweisen. Die
wenigsten Anschlüsse gibt es in der Türkei, im Vereinigten Königreich und Irland.

82
G. FINNIE, "European FTTH Forecast, 2008-2013", Heavy Reading, Presentation FTTH Council Conference,
Copenhagen, 10. Februar 2009, http://www.ftthcouncil.eu/documents/studies/Market_Forecast.pdf
83
In Frankreich kündigten die Regierung und die Regulierungsbehörde ARCEP im Juni 2009 Maßnahmen zum
schnellen Ausbau der Glasfasernetze an. Laut ARCEP "stellt der Ausbau neuer Hochgeschwindigkeitsnetze
in Frankreich eine große Herausforderung wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und raumpolitischer Art dar. Die
Wettbewerbsdynamik auf dem französischen Markt für Hochgeschwindigkeitsnetze und der Wunsch der
Marktakteure, im Teilnehmerbereich in die Fiber-to-the-Home (FTTH)-Technik zu investieren, sind eine
einmalige Konstellation in Europa und begünstigen den Ausbau der Hochgeschwindigkeitsnetze im Land.".
Communiqué de presse et dossiers ARCEP, 25. Juni 2009,
http://www.arcep.fr/index.php?id=8571&tx_gsactualite_pi1[uid]=1177&tx_gsactualite_pi1[annee]=&tx_gsactu
alite_pi1[theme]=&tx_gsactualite_pi1[motscle]=&tx_gsactualite_pi1[backID]=26&cHash=a72424f18f
Am 20. Juli 2009 verabschiedete der Senat den Gesetzesvorschlag des Senators Xavier Pintat zur
Verminderung der digitalen Kluft. Dieser Text soll die Entwicklung des Glasfasernetzes begünstigen,
insbesondere indem mehrere Anschlüsse pro Wohnung zugelassen werden. Der Gesetzestext muss von der
Nationalversammlung geprüft werden. Vgl. http://www.senat.fr/dossierleg/ppl08-394.html

43
Abbildung 13: Prognosen über die Zahl der Haushalte, die bis 2013 über Fiber-to-
the-Home-Anschlüsse (FTTH) verfügen

Quelle: Heavy Reading

Abbildung 14: Prognosen zur Penetration von Fiber-to-the-Home-Anschlüssen in


Europa bis 2013 – In % der Haushalte

Quelle: Heavy Reading

44
1.3.3. Prognosen zur Entwicklung von Online-Videos

1.3.3.1. Prognosen von Cisco über den weltweiten Internettraffic

Der vom IT-Unternehmen Cisco herausgegebene Cisco Visual Networking Index gilt im
Bereich der Messung des weltweiten Online-Traffics allgemein als vorsichtige Quelle. In
seinem letzten, im Juni 2009 veröffentlichten Index84 geht Cisco davon aus, dass Online-
Videos (außer Austausch von Videodateien im Peer-to-Peer-Verfahren) im Jahr 2009 etwa
ein Drittel des gesamten Online-Traffics der Verbraucher ausmachen (Consumer Internet
Traffic). Cisco schätzt, dass 2013 alle Videoformen zusammen genommen (TV, VoD,
Internet und Peer-to-Peer) 91 % des Online-Traffic ausmachen werden. Der Anteil von
Online-Videos an der gesamten Internetnutzung soll danach 2013 bei 60 % liegen.85 Weltweit
dürften VoD-Dienste auf PC ("Internet Video to PC") den Austausch von Dateien im Peer-to-
Peer-Verfahren übersteigen.

Abbildung 15: Prognosen zur Entwicklung des Videoanteils bei der weltweiten
Internetnutzung (2008-2013) – In Petabytes pro Monat

14000

12000
Internet Video to PC
10000
File Sharing
8000
Ambient Video
6000
Internet Video to TV
4000
Internet Video
2000 Communications

0
2008 2009 2010 2011 2012 2013

Quelle: Cisco VNI, 2009

In Westeuropa wird Filesharing nach Einschätzung von Cisco erst im Jahr 2013 von VoD-
Diensten auf PC überholt. In Mittel- und Osteuropa wird der Austausch von Dateien im Peer-
to-Peer-Verfahren innerhalb des betrachteten Zeitraums die Hauptnutzungsform von Videos
bleiben.

84
Cisco Visual Networking Index: Forecast and Methodology 2008-2013, Juni 2009,
http://www.cisco.com/en/US/solutions/collateral/ns341/ns525/ns537/ns705/ns827/white_paper_c11-
481360_ns827_Networking_Solutions_White_Paper.html
85
Nach Schätzung von Cisco macht der Austausch von Videodateien 2009 zwischen 70 und 80 % des
gesamten Traffics im Peer-to-Peer-Verfahren aus. Die Kategorie "Internet-Video" umfasst Video-
kommunikationen, Video auf PC, Video auf Fernsehbildschirmen über Set-Top-Boxen oder Spielkonsolen.
Die Kategorie "Ambient-Video" umfasst "Nannycams", "Petcams", "Home Security Cams" und andere
konstante Videostreams.

45
Abbildung 16: Prognosen zur Entwicklung des Videotraffics im Internet in
Westeuropa (2008-2013) – In Petabytes pro Monat

3000

2500

2000
Internet Video to PC
1500 File sharing
Internet Video to TV
1000

500

0
2008 2009 2010 2011 2012 2013

Quelle: Cisco VNI, 2009

Abbildung 17: Prognosen zur Entwicklung des Videotraffics im Internet in Mittel-


und Osteuropa (2008-2013) – In Petabytes pro Monat

300

250

200
File sharing
150 Internet Video to PC
Internet Video to TV
100

50

0
2008 2009 2010 2011 2012 2013

Quelle: Cisco VNI, 2009

46
1.3.3.2. Prognosen zum Online-VoD-Markt

Allgemein besteht Einigkeit darüber, dass sich der Online-VoD-Markt in zwei Segmente und
fünf Untersegmente gliedert:
- das kostenpflichtige Segment (paid Video online) mit:
 Verkauf (electronic Sell-through und Download-to-own),
 Verleih (Rental)
 Abonnement (Subscription)
- das kostenlose Segment (free Video online) mit:
 werbefinanzierten Diensten,
 Diensten öffentlich-rechtlicher Sender, die von der öffentlichen Hand (mit
Gebühren, Subventionen) finanziert werden

Nach Angaben von Strategy Analytics belief sich 2007 das weltweite Volumen des Online-
Videomarkts auf 2 Mrd. USD. Die Hälfte dieser Einnahmen wurde mit werbefinanzierten
Diensten und 6% mit Geldmitteln der öffentlich-rechtlichen Sender finanziert. Die restliche
Summe resultierte aus Verkäufen (500 Mio. USD) und VoD-Verleih (knapp 400 Mio. USD).86
Nach Schätzungen von Strategy Analytics wird das Weltmarktvolumen 2008 4,7 Mrd. USD
und 2009 7,3 Mrd. USD betragen, wobei 3,8 Mrd. USD auf die kostenpflichtigen Dienste
(Verkauf, Verleih, Abonnement) und 3,5 Mrd. USD auf kostenlose Dienste entfallen. Damit
würden die Einnahmen aus kostenpflichtigen Diensten erstmals die aus kostenlos
angebotenen Diensten übersteigen. Strategy Analytics prognostiziert bis 2012 eine jährliche
Wachstumsrate von durchschnittlich 38 %, wobei die kostenpflichtigen Dienste gegenüber
den kostenlosen Diensten, die von der Krise auf dem Werbemarkt betroffen sind, schneller
wachsen werden.87

Abbildung 18: Prognosen zur Entwicklung des weltweiten Online-Videomarkts


(2008-2012)

Quelle: Strategy Analytics (2008)

86
D. MERCER, “Assessing the online threat”, DVD and beyond, 10th Anniversary edition, 2009, http://www.dvd-
intelligence.com/display-article.php?article=152
87
Paid Video to Overtake Free Video on the Web in 2009”, Strategy Analytics, Pressemitteilung, 13. Juli 2009,
http://www.strategyanalytics.com/default.aspx?mod=PressReleaseViewer&a0=4764

47
Tabelle 7: Verbreitung des digitalen Fernsehens in Europa zum 31.12.2007 – In
Tausend TV-Haushalten (Schätzung)

Anzahl digitaler TV-Haushalte


Anzahl der
Gesamtzahl Gesamt- Anteil
Direkt- Kunden für
Land DVB-T digitaler TV- zahl TV- digitaler TV-
empfang TV Dienste
Kabel (Juni Haushalte Haushalte Haushalte
über über DSL
2007)
Satellit
AL k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A.
AT 237 1 304 141 21 1 703 3 431 49,6%
BE 719 60 k.A. 305 1 084 4 460 24,3%
BG 0 370 0 0 0 2 684 k.A.
CH 401 470 265 60 1 196 3 148 38,0%
CY 0 53 0 0 0 263 k.A.
CZ 150 474 390 80 1 094 3 901 28,0%
DE 2 585 9 023 3 661 190 15 459 36 981 41,8%
DK 126 410 500 35 1 071 2 443 43,8%
EE 261 0 17 51 0 500 k.A.
ES 939 2 065 8 599 575 12 178 15 919 76,5%
FI 877 70 1 318 6 2 325 2 369 98,1%
FR 1 444 6 000 8 224 5 142 20 810 26 495 78,5%
GB 3 261 8 860 9 690 172 21 983 25 500 86,2%
GR 0 347 551 27 925 3 667 25,2%
HR 65 60 0 44 169 1 401 12,1%
HU 62 480 80 6 628 3 881 16,2%
(1)
IE 269 535 0 12 816 1 459 55,9%
IS 12 13 0 0 67 110 60,9%
IT 0 4 400 5 734 299 10 433 23 907 43,6%
LI k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A.
LT 12 0 0 17 29 1 338 2,2%
LU 112 0 4 0 116 180 64,4%
LV 40 80 0 87 207 890 23,3%
MK k.A. 41 0 0 0 473 k.A.
MT 40 0 25 0 65 128 50,8%
NL 1 560 600 500 111 2 771 7 139 38,8%
NO 315 340 101 75 831 1 996 41,6%
PL 197 2 900 30 48 3 175 13 782 23,0%
PT 283 455 0 47 785 3 765 20,8%
RO 65 2 000 0 1 2 066 7 383 28,0%
RU 2 000 2 500 100 100 4 700 49 592 9,5%
SE 726 930 709 389 2 754 4 368 63,0%
SI 20 0 0 71 91 737 12,3%
SK 15 247 7 20 289 1 938 14,9%
(1)
TR k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. 17 640 k.A.
EUR 27 13 948 41 663 40 155 7 546 102 857 199 508 51,6%
EUR 35 16 793 45 087 40 646 7 991 109 820 273 868 40,1%

(1) Stand zum 01.01.2007


Quelle: Europäische Audiovisuelle Informationsstelle

48
1.3.4. Übertragungsnetze für digitales Fernsehen

Es gestaltet sich teilweise schwierig, den Entwicklungsstand der Übertragungsnetze für


digitales Fernsehen, die in Bezug auf die Übertragung von VoD-Diensten eine Alternative
zum Breitbandnetz sind, festzustellen. Dies ist auf die unterschiedlichen Quellen und
Methoden sowie den schnellen Ausbau des digitalen terrestrischen Fernsehens und der
IPTV-Angebote auf DSL-Netzen oder über Fiber-to-the-Home-Anschlüsse (FTTH)
zurückzuführen. Nach Schätzungen der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle
empfingen Ende Dezember 2007 mehr als 50 % der EU-Haushalte digitales Fernsehen in
der einen oder anderen Form.88

Für 2008 liegen noch keine vollständigen Daten für Europa vor, aber die ersten verfügbaren
Informationen deuten darauf hin, dass die Digitalisierung der Kabelnetze im Jahr 2008 weit
fortgeschritten ist und sich die Zahl der Kunden für IPTV-Dienste beträchtlich erhöht hat.

Das Institut Strategy Analytics prognostiziert für 2009 trotz Wirtschaftskrise eine erstaunlich
hohe Zuwachsrate von über 46 % bei den TV-Haushalten, die einen digitalen Fernsehdienst
abonniert haben.89 Dieses Wachstum sei im Wesentlichen auf den Ausbau des digitalen
terrestrischen Fernsehens (+21,5 Mio. Haushalte) und digitalen Kabelnetzes (+11,6 Mio.
Haushalte) zurückzuführen, wobei die IPTV-Dienste den höchsten Zuwachs (+69 %)
verzeichnen.

Tabelle 8: Anzahl der digitalisierten Haushalte nach Hauptübertragungsart – In


Millionen (2008-2009)

Neu
2008 2009 hinzugekommene Wachstum
Haushalte
Digitales Satellitenfernsehen 40 48,2 8,2 20,5%
Digitales Kabelfernsehen 17,1 28,7 11,6 67,8%
Digitales terrestrisches Fernsehen 36,1 57,6 21,5 59,6%
IPTV 10 16,9 6,9 69,0%
Gesamtzahl Digitalkunden 103,2 151,4 48,2 46,7%
Quelle: Strategy Analytics, "Western Europe Digital Television Forecast: 1H'09"

1.3.4.1. Kabel

Nach den von Screen Digest ermittelten und von Cable Europe veröffentlichen Zahlen gab
es 2008 4 Mio. digitale Haushalte in der Europäischen Union. Danach hat sich der Anteil der
Haushalte, die digitales Fernsehen über Kabel empfangen 2008 um 33 % erhöht. 29 % der
Kabelhaushalte der Europäischen Union, also 18 Millionen, haben demnach Zugang zu
digitalem Kabelfernsehen.90 Die Gesamteinnahmen der europäischen Kabelnetzbetreiber
belaufen sich 2008 laut dieser Untersuchung auf 18,8 Mrd. EUR, haben sich also gegenüber
2007 um 5,4 % erhöht.91

88
Europäische Audiovisuelle Informationsstelle, Jahrbuch 2008, Band 2. Trends im europäischen Fernsehen,
Straßburg, 2008.
89
“Western European Digital TV Breaks Through 100 Million Mark in 2008”, Strategy Analytics,
Pressemitteilung, 12. März 2009,
http://www.strategyanalytics.com/default.aspx?mod=PressReleaseViewer&a0=4605
90
"Digital Cable TV Switchover", Cable Europe, Pressemitteilung, 18. März 2009,
http://www.cableeurope.eu/uploads/090723_Latest%20Industry%20Figures%20and%20Outlook.pdf
91
Screen Digest, Pressemitteilung, 27. Juli 2009,
http://www.screendigest.com/press/releases/pr1_27_07_2009/view.html

49
Abbildung 19: Anzahl der Kunden für digitales Kabelfernsehen
in der Europäischen Union (2000-2008)

Quelle: Screen Digest / Cable Europe

1.3.4.2. IPTV

Nach Einschätzung von Parks Associates hat sich die Zahl der IPTV-Kunden weltweit
zwischen 2007 und 2008 verdoppelt und liegt Ende 2008 bei etwa 40 Mio. Bis 2013 dürfte
demnach die 100-Millionen-Grenze überschritten werden.92 Laut einer Studie von Pyramid
Research wird sich die Wirtschaftskrise in den europäischen Ländern unterschiedlich auf die
Einnahmen der IPTV-Betreiber auswirken. Diese Studie geht davon aus, dass die IPTV-
Abonnements Ende 2008 nur einen Anteil von 8,2 % an den Gesamtausgaben für
kostenpflichtiges Fernsehen in Europa darstellen und damit einem Umsatz von 2,1 Mrd. EUR
entsprechen. Trotz Wirtschaftskrise prognostiziert Pyramid bis 2014 eine Verdopplung des
Umsatzes und eine Verdopplung des Marktanteils von IPTV auf dem Markt für
kostenpflichtiges Fernsehen.93

Abbildung 20: Zunahme der IPTV-Kunden weltweit (2005-2009)

Quelle: Strategy Analytics

92
“Over 100 million households worldwide to have telco IPTV services by 2013”, Parks Associates, 12. März
2009, http://newsroom.parksassociates.com/article_display.cfm?article_id=5141; “Telco/IPTV subscribers to
total almost 40 million households worldwide in 2009, with significant implications to digital home
development”, Parks Associates, Pressemitteilung, 21. Juli 2009,
http://newsroom.parksassociates.com/article_display.cfm?article_id=5170
93
Pyramid Research, Pressemitteilung, 9. Juni 2009, http://www.pyr.com/pr_prlist/PR060909_INEUR1.4.htm

50
Nicht alle Haushalte, die über ein DSL-Netz Zugriff auf das Internet haben, abonnieren
zwangsläufig einen audiovisuellen Dienst. Dennoch zeigt sich am Beispiel Frankreichs, dass
sich mit der fortschreitenden Ausbreitung der DSL-Anschlüsse, die Zahl solcher
Abonnements und der DSL-Haushalte immer mehr annähern. Nach Einschätzung von
ARCEP weist Fernsehen über die DSL-Leitung in Frankreich, im Bereich des
kostenpflichtigen Fernsehens, das höchste Wachstumspotenzial auf. Die Zahl der Haushalte,
die solche Dienste abonniert haben, hat sich 2008 um 37 % erhöht und lag zum 31.
Dezember bei 6,7 Mio.94

Abbildung 21: Frankreich - IPTV-Kunden (2006-2008)

Quelle:

1.3.4.3. Satellitendienste

Einer der Hauptfaktoren für die langsame Entwicklung audiovisueller Abrufdienste ist die
Vorrangstellung des Satellitenfernsehens und des digitalen terrestrischen Fernsehens auf
dem Markt für kostenpflichtiges Fernsehen. Wie wir jedoch gesehen haben, ermöglichen
diese beiden Übertragungsformen nur Near-Video-on-Demand (nVoD) oder Push-VoD,
wobei die Dateien auf einem Festplattenrecorder (PVR) gespeichert werden.

Die Entwicklung von VoD-Diensten im Rahmen der Angebote der Satellitenplattformbetreiber


hängt von der Ausstattung der Haushalte mit solchen Recordern ab (wobei die betreiberseits
angebotenen Lösungen natürlich erheblich zur Erhöhung der Ausstattung mit PVR beitragen
können). Allerdings ist der PVR-Bestand in Europa im Vergleich zu den Vereinigten Staaten
eher mäßig entwickelt. In einer 2007 von Global Business Insights veröffentlichen Studie95
heißt es, dass 2006 20 % der amerikanischen Haushalte einen Festplattenrecorder besaßen
und dass bis 2010 mehr als 50 % der Haushalte damit ausgerüstet sein werden. Danach
besaßen in Europa im Jahr 2006 weniger als 5 % der Haushalte einen Festplattenrecorder

94
ARCEP Rapport relatif au développement du marché français des services de diffusion audiovisuel, remis au
Parlement le 30 juin 2009,
http://www.arcep.fr/uploads/tx_gspublication/rapp-march-audiov-parlemt-170709.pdf
95
Business Insights, The Future Digital Home, 2007.
http://www.globalbusinessinsights.com/content/rbtc0096m.pdf

51
und auch 2010 soll der Anteil dieser Haushalte weiter unter 15 % liegen. Diese Schätzung ist
pessimistischer als die von Screen Digest, die davon ausgeht, dass 2008 15 % der
europäischen Haushalte mit einem PVR ausgestattet sind und sich dieser Anteil bis 2012 auf
30 % erhöhen wird. Screen Digest schätzt, dass die Einnahmen der klassischen Pay-per-
View-Dienste (als nVoD) durch das Hinzukommen richtiger VoD-Dienste nicht beeinträchtigt
werden, da die angebotenen Inhalte dieser Dienste oftmals attraktiver sind als die der
richtigen VoD-Dienste.96

Abbildung 22: Entwicklung des PVR-Bestands in Europa und


den Vereinigten Staaten (2006-2010)

Quelle: Global Business Insights – The Future Digital House (2007)

Laut einer Studie von Park Associates besaßen Ende 2008 35 % der britischen Haushalte
mit Breitbandanschluss einen digitalen Festplattenrecorder. In Frankreich, Italien,
Deutschland und Spanien sind diese Geräte weniger stark verbreitet. Die Studie zeigt, dass
ein DVR nicht zwangsläufig die direkte Fernsehnutzung ersetzt, auch nicht bei jungen
Nutzern.97

96
“Video-on-Demand yet to develop”, Screen Digest, Januar 2009, S. 13-20.
97 “Parks Associates research shows U.K. the Leading European Nation for DVRs”, Parks Associates,
Pressemitteilung, 2. Dezember 2008,
http://newsroom.parksassociates.com/article_display.cfm?article_id=5117

52
Abbildung 23: Ausstattung der Breitbandhaushalte mit DVR (2008)

Quelle: Park Associates

1.3.4.4. Digitales terrestrisches Fernsehen

Obwohl der Markt für kostenpflichtiges Fernsehen, insbesondere für die in diesem Netz
bereitgestellten VoD-Dienste eher schwach, wenn nicht sogar angeschlagen zu sein scheint,
wie einige Verantwortliche der Sender bestätigen, hält Europa, in Bezug auf das digitale
terrestrische Fernsehen, am Ziel der Abschaltung des Analogsignals im Jahr 2012 fest. . Es
ist daher wenig wahrscheinlich, dass der Ausbau des digitalen terrestrischen Fernsehens in
naher Zukunft durch VoD-Dienste begünstigt wird.

In Großbritannien98, dem einzigen europäischen Land, in dem VoD-Dienste im digitalen


terrestrischen Fernsehen angeboten werden, erhöhte sich die Zahl der DVB-T-Haushalte
2008 um 1,7 % und im ersten Halbjahr 2009 um 7 % gegenüber dem ersten Halbjahr 2008.
Gleichzeitig ist die Zahl der Kunden, die das einzige kostenpflichtige DVB-T-Angebot mit
Abrufdiensten abonniert haben, von 400.000 im ersten Halbjahr 2008 auf 200.000 im ersten
Halbjahr 2009 gesunken, was auf einen deutlichen Rückgang hinweist oder zumindest auf
fehlende signifikante Zuwachsraten im Bereich digitales kostenpflichtiges Fernsehen. Auch
in Frankreich ist der Erfolg des kostenpflichtigen digitalen terrestrischen Fernsehens „mehr
als mäßig“, wie aus einem Bericht der ARCEP hervorgeht. Zwei große
Unternehmensgruppen im audiovisuellen Bereich, ABSat und Lagardère, haben ihre
diesbezüglichen Projekte aufgegeben.99 In Italien bietet der kostenpflichtige DVB-T-Dienst
Mediaset Premium im Rahmen eines Abonnements über Smartcards Pay-per-View-Dienste
(Sport und Fernsehserien), aber keine Videoabrufdienste an. 3,5 Mio. Kunden hatten diesen

98
Ofcom, Digital Television Update – 2008 – Q4, http://www.ofcom.org.uk/research/tv/reports/dtv/dtu_2008_04/
Ofcom, Digital Television Update - 2009 Q1, http://www.ofcom.org.uk/research/tv/reports/dtv/dtu_2009_01/ ;
“TV viewers taking greater control as nine million digital video recorders sold”, Ofcom, 26. Juni 2009,
http://www.ofcom.org.uk/media/news/2009/06/nr_20090629
99
"La télévision numérique terrestre payante dans l'impasse", Les Echos, 15. Januar 2009 ; ARCEP, op.cit.,
S.9

53
Dienst zum 30. Juni 2009 abonniert, wobei 2,2 Mio. Abonnements zu diesem Zeitpunkt
abliefen.100

1.3.4.5. VoD-Dienste für Mobiltelefone

Obwohl Angebot und Nutzung auf diesem Markt begrenzt sind, entwickelt er sich schnell in
Kombination mit anderen neuen Entwicklungen wie:
- vergrößerte Bildschirme mobiler Geräte und verbesserte Bildqualität,
- höhere Datenübertragungsraten bei den neuesten Netztechnologien,
- erhöhte Nutzung audiovisueller Angebote auf Mobiltelefonen.

Dieser Markt, der sich noch im Anfangsstadium befindet, hat großes Entwicklungspotenzial,
zumindest in bestimmten Marktsegmenten (Sportsendungen, Jugendprogramme,
Nachrichtensendungen), und könnte zur Entstehung eines neuen Marktes für
Verwertungsrechte führen. Rechte zur Übertragung von Sportereignissen, die bereits heute
besondere Rechte für die Übertragung auf mobile Geräte umfassen, zeigen das Potenzial
des neuen Marktes für Produzenten und TV-Rechteinhaber.

Einer Studie von comScore zufolge haben im August 2008 6,5 Mio. Amerikaner Videoinhalte
auf Mobiltelefonen abgerufen. Am beliebtesten waren dabei Amateurvideos (von
Videoportalen), Musikvideos, Comedys und Trailer.101 Allerdings ist laut Nielsen die Zeit, die
die Amerikaner durchschnittlich pro Monat mit dem Ansehen von Videos auf Mobiltelefonen
verbringen von 3 Stunden und 37 Minuten im 2. Quartal 2008 auf 3 Stunden und 15 Minuten
im 2. Quartal 2009 gesunken, was einem Rückgang von 10 % entspricht.102

1.3.4.6. Fazit: Kabel, ein begünstigtes VoD-Übertragungsmedium?

Das Internet spielt weiterhin eine Rolle bei der Verbreitung audiovisueller Abrufdienste, aber
die weitere Entwicklung wird davon abhängen, wie schnell Schnittstellen zum Fernsehgerät
eingerichtet werden. Das oftmals angeführte Argument, Internet sei das von Jugendlichen
favorisierte Netz, muss, wie wir sehen, relativiert werden. Darüber hinaus verfügt das junge
Publikum über relativ wenig Kaufkraft und tendiert eher zu kostenlosen Angeboten, sodass
ihm beim Aufbau eines richtigen Marktes nur wenig Bedeutung zukommt.

Digitale Kabelnetze, DSL-Netze und FTTH/B-Netze sind höchstwahrscheinlich die Netze, die
aufgrund ihrer Datenübertragungsrate, die auch für HDTV geeignet ist, und des einfachen
Anschlusses an den Fernseher am meisten zur Entwicklung audiovisueller Abrufdienste
beitragen werden.

Aus dem bereits erwähnten Cisco Visual Networking Index103 geht hervor, dass die
Kabelnetze mit MPEG-2-Standard weiterhin weltweit den größten Anteil am IP-Videotraffic

100
Analysten spekulieren über die Verlängerung dieser Abonnements. Laut Paolo Calvani, Dir. Comunicazione
Mediaset, sind 500 000 der 2,2 Mio. Abonnements zum 21. Juli 2009 verlängert worden. "Le tessere attive
Mediaset Premium", La Repubblica, 22. Juli 2009,
http://ricerca.repubblica.it/repubblica/archivio/repubblica/2009/07/22/le-tessere-attive-mediaset-premium.html
101
“comScore Reports 6.5 Million Americans Watched Mobile Video in August”, comScore, Pressemitteilung, 31.
Oktober 2008, http://www.comscore.com/Press_Events/Press_Releases/2008/10/Mobile_Video
102
Nielsen, Three Screen Report 2Q 2009, September 2009,
http://blog.nielsen.com/nielsenwire/online_mobile/three-screen-report-media-consumption-and-multi-tasking-
continue-to-increase/
103
Nach Schätzung von Cisco macht der Austausch von Videodateien 2009 zwischen 70 und 80 % des
gesamten Traffics im Peer-to-Peer-Verfahren aus. Die Kategorie "Internet-Video" umfasst
Videokommunikationen, Video auf PC, Video auf Fernsehbildschirmen über Set-Top-Boxen oder
Spielkonsolen. Die Kategorie "Ambient-Video" umfasst "Nannycams", "Petcams", "Home Security Cams" und
andere konstante Videostreams.

54
außerhalb des Internets (also bei geschlossenen VoD-Diensten über Kabel oder IPTV-
Netze) haben werden.

Abbildung 24: Prognosen zur Entwicklung des weltweiten IP-Traffics der Nutzer,
außerhalb des Internets (2008-2013) – In Petabytes pro Monat

8000

7000

6000

5000
Cable MPEG-2 VoD
4000 IPTV VoD
Cable MPEG-4 VoD
3000

2000

1000

0
2008 2009 2010 2011 2012 2013

Quelle: Cisco VNI, 2009

Nach Ansicht von Screen Digest liegt der Schlüssel zur Entwicklung von VoD in Europa eher
in den Kabelnetzen als in den IPTV-Netzen. Obwohl die IPTV-Dienste über DSL-Netze
zwischen 2005 und 2006 VoD-Dienste in Europa einführten, geht Screen Digest davon aus,
dass die Einnahmen aus VoD-Diensten, die über Kabel angeboten werden, bereits 2006 die
Einnahmen aus IPTV überstiegen, und dass sich der Abstand in den kommenden Jahren
weiter vergrößern wird: 2012 dürften die Einnahmen der Kabelnetze aus VoD bei knapp über
500 Mio. EUR liegen gegenüber knapp unter 400 Mio. EUR bei IPTV-Diensten über die DSL-
Leitung.104 Damit wären die Kabelnetze der Schlüssel zur künftigen Entwicklung von VoD.

Die Prognosen von Screen Digest beruhen auf soliden Kenntnissen der gegenwärtigen
Infrastrukturen und den Kundenzahlen der verschiedenen Dienste in den europäischen
Ländern, sowie auf regelmäßigen Kontakten mit den Betreibern. Da die Betreiber keine
Angaben zu ihren Einnahmen aus Abrufdiensten veröffentlichen, schätzt Screen Digest
diese auf Grundlage der durchschnittlichen Ausgaben eines Kunden für VoD-Dienste. Das
britische Institut führt drei Argumente an, die diesen Ansatz rechtfertigen:
- Die durchschnittlichen Ausgaben für VoD sind bei den Kabelkunden höher als bei den
IPTV-Kunden, die als Nutzer definiert werden, die dem kostenpflichtigen Fernsehen
typischerweise zurückhaltend begegnen.
- Kabeldienste wären danach erfolgreicher als IPTV-Dienste, da sie interessantere
Inhalte bereitstellen. Sie könnten von den Anbietern eher Zugang zu kostenlosen
Inhalten erhalten und wären besser in der Lage, für Abrufdienste zu werben. Kleine
Betreiber von IPTV-Diensten hätten Mühe ihre Kunden für Abrufdienste zu gewinnen.
- Auch wenn die Einrichtung von VoD-Diensten bei den Kabelnetzbetreibern langsamer
vonstatten geht als bei den Betreibern von IPTV-Diensten, können sie doch auf eine
deutlich höhere Zahl von Kunden zurückgreifen.

104
“Video-on-Demand yet to develop”, Screen Digest, Januar 2009, S. 13-20.

55
Über die Stichhaltigkeit dieser Argumente kann gestritten werden:
- Ist es wirklich erwiesen, dass die Ausgaben für VoD in einem IPTV-Haushalt niedriger
sind als in einem Kabel-Haushalt? Gilt diese Aussage für alle europäischen Länder?
Insbesondere in Frankreich ist die große IPTV-Verbreitung wahrscheinlich darauf
zurückzuführen, dass die Kabelnetze nur wenig entwickelt sind und ein negatives,
wenig überzeugendes Image haben, nachdem sich in den vergangenen zwanzig
Jahren die rechtlichen Vorschriften und die Eigentumsverhältnisse ständig geändert
haben. Die Betreiber von IPTV-Diensten setzten auf eine Marketingstrategie, die den
innovativen Aspekt in den Mittelpunkt stellte, und konnten damit das Publikum der
early Adopters an sich binden. Diese sind im Allgemeinen in den wohlhabenden
Bevölkerungsschichten angesiedelt und habeneigentlich keinen Grund, in diesen
Netzen weniger für VoD auszugeben als in Kabelnetzen, zumal die angebotenen
Dienste in der Regel ähnlich sind.
- Auch über einen Vergleich der finanziellen Möglichkeiten der Betreiber, VoD-Inhalte
zu erwerben, lässt sich streiten: Die größten IPTV-Dienste werden von den großen
klassischen Telekommunikationsbetreibern angeboten, die verglichen mit den
Kabelnetzbetreibern über größere Finanzmittel verfügen, um in den Kauf (oder gar
die Produktion, wie bei Orange in Frankreich) von Inhalten investieren zu können.

Zudem weist Screen Digest auf die Besonderheit der Märkte Mittel- und Osteuropas hin: dort
ist kostenpflichtiges Fernsehen weniger entwickelt, die Digitalisierung der Kabelnetze beginnt
gerade und die Satellitenplattformbetreiber bieten weniger Pay-per-View-Dienste (nVoD).
Hier besteht also grundsätzlich die Möglichkeit, VoD-Dienste einzuführen, ohne mit
bestehenden Diensten zu konkurrieren, aber gleichzeitig ist die Bezahlkultur noch relativ
wenig entwickelt und es ist daher a priori schwieriger, das Publikum für neue Dienste zu
gewinnen. Die IPTV-Dienste wurden im Wesentlichen auf Initiative von Tochterunternehmen
der großen westlichen Telekommunikationsbetreiber (Telefónica, France Télécom/Orange,
Deutsche Telekom, TeliaSonera) eingeführt, wobei neue Marktakteure auf kleinen Märkten
(SIOL in Slowenien, O2TV in der Tschechischen Republik) durchaus beachtliche
Durchbrüche verzeichnen konnten. Für den Kabelbereich hat die europaweit agierende
Unternehmensgruppe UPC, die in diesem Teil Europas äußerst aktiv ist, ihre Absicht
angekündigt, VoD-Dienste einzurichten. Sie setzt dieses Vorhaben aber vorzugsweise auf
seinen Hauptmärkten (Niederlande und Belgien) um. Die Satellitenplattformbetreiber
beobachten die Entwicklung der Push-VoD-Variante auf Festplattenrecorder. Dieses Modell
setzt allerdings große Märkte voraus und wurde bisher nur in Polen (Cyfra+ und N) und
Russland (NTV+) umgesetzt.

56
1.4. DIE KOSTEN FÜR DIE TECHNISCHE BEREITSTELLUNG UND
DIE AUSSTRAHLUNG VON VOD-DIENSTEN

Eine umfassende Analyse der verschiedenen Aspekte von VoD und der Zweckmäßigkeit der
verschiedenen Geschäftsmodelle erfordert zunächst eine nähere Betrachtung der Schritte
zur Einrichtung einer Plattform und der damit verbundenen Kosten.

1.4.1. Betriebskosten

Voraussetzung für die Einrichtung einer VoD-Plattform ist zunächst der Erwerb der Rechte
für die Inhalte, die angeboten werden sollen. Dieser Rechteerwerb ist bereits mit einer ersten
Problemstellung verbunden:
- Die Rechte müssen generell für Zeiträume erworben werden, die mit anderen
Verwertungsfenstern vereinbar sein müssen;
- Der Rechteerwerb ist mit Transaktionskosten105 verbunden, selbst wenn der
Rechteinhaber bekannt ist;
- Sollte(n) der oder die Rechteinhaber unbekannt sein, entstehen dem Betreiber der
VoD-Plattform zusätzliche Kosten, da er verpflichtet ist, dessen Identität festzustellen,
um die Verwertung regeln zu können.

Aufgrund der Tatsache, dass der VoD-Markt noch jung ist, kann sich die Identifizierung und
Klärung dieser VoD-Rechte als recht schwierig erweisen. Die Plattformbetreiber könnten
daher versucht sein, dies zu vermeiden, indem sie die Rechte an in ihrem Besitz befindlichen
Filmen als erworben betrachten, was eine Einbuße für die Produzenten und Rechteinhaber
bedeuten würde.

Nach erfolgtem Rechteerwerb müssen die Inhalte:


- digitalisiert werden,
- mit Metadaten versehen werden, die Angaben über die Art des Programms, die
Sparte, die Dauer, die verschiedenen Rechteinhaber und die Dauer der
Verwertungsrechte enthalten, sowie alle weiteren Informationen, die im Hinblick auf
die Rechteverwertung und die kommerzielle Aufbereitung des Werks nützlich sind,
- komprimiert werden, d.h. entsprechend bearbeitet werden, um eine optimale
Dateigröße und –qualität zu erhalten,
- für die digitale Rechteverwaltung aufbereitet werden, um die spätere Online-Nutzung
der Inhalte verfolgen zu können,
- auf einem Videoserver gespeichert werden.

105
In der Wirtschaftstheorie sind Transaktionskosten die Kosten, die u.a. durch Informationsbeschaffung, die
Anbahnung und Vereinbarung der Transaktion entstehen.

57
Abbildung 25: Auswertungskette für VoD

Verschlüsselungs-
software

Video-
inhalte Video
Kodiergerät server
Zum Netz
Kodierung/ (Streaming oder
Übertragung Download-
Komprimierung
Verfahren)

Middleware Billing
Zugangsverwaltung

Quelle: NPA Conseil

Kauft ein Kunde Inhalte, kommen eine Reihe von Software- und Hardware-Tools zum
Einsatz, mit deren Hilfe der Käufer identifiziert, der Betrag für den Kauf des Inhalts
abgebucht (bei einem Abonnement vom Konto des Kunden), die Rechnungsstellung
verwaltet und die ausgewählte Datei bereitgestellt und übertragen wird, wobei diese
Übertragung meist verschlüsselt erfolgt, um Piraterie zu verhindern. Die übertragenen
Dateien müssen zudem gemäß den Normen des verwendeten Übertragungsnetzes
(beispielsweise IP) eingebunden werden, damit die Wiedergabequalität des übertragenen
Videos beim Kunden zufriedenstellend ist.

Beim Käufer liest das Endgerät (PC oder Set-Top-Box) mit Hilfe der installierten
Lesesoftware die vom Videoserver erhaltenen Datenpakete und setzt diese in eine
idealerweise kontinuierliche Videosequenz um. Anschließend erstellt der Dienstebetreiber
seine Rechnung und zieht den entsprechenden Betrag ein.

Ein Plattformbetreiber, der dem Verbraucher seinen Katalog anbieten möchte, benötigt ein
„Schaufenster“. Dies kann entweder ein elektronischer Programmführer oder eine Website
sein, über die eine Auswahl von Programmen angeboten werden, so dass der Nutzer
zwischen verschiedenen Angeboten wählen kann.

1.4.2. Kostenstruktur

Angesichts der verschiedenen VoD-Plattformen (Internet, IPTV, Kabel, Satellit, DVB-T,


mobile Geräte), der verschiedenartigen Akteure (Betreiber, Internetakteure, Videovertriebe,
Fernsehsender) und der bei den Hauptkostenstellen bestehenden Preisdifferenzen in den
europäischen Ländern, kann keine allgemeingültige Kostenstruktur für die europäischen
VoD-Plattformen ermittelt werden.

Allerdings lassen die auf nationaler Ebene durchgeführten Studien Rückschlüsse zu. So
ergibt sich beispielsweise aus der in Frankreich vom Centre National de la Cinématographie,
CNC, veröffentlichen Studie "l’économie de la VoD en France"106 folgende Kostenverteilung
im Bereich des VoD-Verleihs:

106
http://www.cnc.fr/CNC_GALLERY_CONTENT/DOCUMENTS/publications/etudes/Etude_Vod_180308.pdf

58
Abbildung 26: Aufteilung der Kosten bei der Vermietung von Videos in Frankreich –
Pro Titel, in EUR (2008)

4,50 €

4,00 €
0,53 € Vertriebskosten
3,50 € 0,98 €

3,00 € 0,86 €
Vertriebskommission
2,50 € 0,86 € IPTV
Gebühren und Urheber
2,00 €
1,57 € ht
1,50 €
1,57 € Zahlungen an Rechte
1,00 € inhaber

0,50 € 1,04 € Roherlös Betreiber


0,58 €

PC IPTV

Quelle: CNC/Media Consulting Group 2008

Die Hauptkostenstelle des Betreibers sind - unabhängig von der Vertriebsart - die Zahlungen
an die Rechteinhaber. Abhängig von der gewählten Zugangsart (Online-Vertrieb oder IPTV)
entstehen dem Betreiber unterschiedliche Kosten: entweder Vertriebskosten
(Übertragungskosten und Einzugsgebühr) oder die vom IPTV-Anbieter erhobene Gebühr für
die Nutzung seiner technischen Ressourcen. Es ist darauf hinzuweisen, dass bei den
Diensten, die direkt von den IPTV-Betreibern angeboten werden, diese Kosten intern
entstehen und weiterberechnet werden. Auf der Grundlage eines Kaufpreises von 3,99 EUR
beträgt demnach die Gewinnspanne des Betreibers ohne Steuern 1,04 EUR für ein Online-
Angebot und 0,58 EUR für ein IPTV-Angebot.

Die Analyse der in der CNC-Studie untersuchten Fälle ergibt folgendes:


- Die Kosten für die Einrichtung der Plattform liegen unabhängig von der Größe der
Plattform bei etwa 0,50 EUR pro Katalogtitel.
- Die Kosten für den Erwerb der Inhalte betragen etwa 1,20 EUR pro Katalogtitel für
gewöhnliche Inhalte, während Katalogtitel mit großem Zuschauerpotenzial etwa
4,30 EUR kosten.
- Die Kosten für die Digitalisierung der Inhalte belaufen sich einheitlich auf etwa
0,20 EUR pro Katalogtitel.
- Die Vertriebskosten hängen ganz stark von der Anzahl der Kunden ab, insbesondere
von der Anzahl der Kunden, die möglicherweise gleichzeitig Inhalte abrufen. Sie
betragen etwa 2,60 EUR pro Kunde. Laut Studie variieren die Übertragungskosten
sehr stark je nach Endgerät, auf das die Programme übertragen werden
(Fernsehgerät oder PC).
- Die Kosten für die redaktionelle Aufbereitung liegen bei etwa 0,50 EUR pro
Katalogtitel und hängen stark vom Werbeaufwand der Betreiber der VoD-Plattformen
ab.
- Die Fixkosten betragen etwa 1,30 EUR pro Katalogtitel.

59
Tabelle 9: Geschätzte Kosten auf drei unterschiedlichen VoD-Plattformen – In EUR

Plattform Plattform Plattform


Durchschnitt
A B C
Kosten für die Einrichtung und
0,40 0,40 0,60 0,47
Entwicklung der Plattform pro Titel
Kosten für den Erwerb von Inhalten pro
0,84 1,41 4,28 2,18
Titel
Kosten für die Digitalisierung und
0,18 0,22 0,20 0,20
Speicherung pro Titel
Vertriebskosten pro Kunde 3,14 2,30 2,31 2,59

Aufbereitungs- und Werbekosten pro Titel 0,30 0,27 0,83 0,46

Fixkosten pro Titel 1,20 1,49 1,11 1,27


A: 50Titel, Marktanteil 0,2%, B: 500 Titel, Marktanteil 3%, C: 1000 Titel, Marktanteil 20%, C:
Quelle: NPA Conseil auf der Grundlage von Daten der CNC/ Media Consulting Group 2008

Die Kosten für den Erwerb der Inhalte machen etwa 30 bis 35 % des Umsatzes der
Plattformen aus und die Vertriebskosten (Digitalisierung, Kodierung, Übertragung und
Abbuchung) 25 bis 30 %. Die Rechteinhaber tragen, wie bereits weiter oben erwähnt, einen
Teil der Transaktionskosten im Rahmen der Rechteverhandlung.

Vergleichsweise liegen verschiedenen Schätzungen zufolge107 die Datenübertragungskosten


eines Videoportals für nutzergenerierte Inhalte (UGC), wie beispielsweise YouTube,
zwischen 0,50 und 1 USD für 1000 angesehene Videos. Der Anteil der Datenübertragungs-
kosten variiert je nach Art des Akteurs. So nutzen die Telekommunikationsbetreiber die
verfügbare Ressource und können die entstehenden Kosten auf verschiedene Dienste
verteilen (Stimme, Daten usw.), während die unabhängigen Akteure die Nutzung dieser
Ressource bezahlen müssen.

Die Kosten für den Zugang zum Dienst trägt der Kunde durch Anschaffung der
Empfangsausrüstung (Dekoder, PC, Software) und durch Abschluss eines Abonnements für
die kostenpflichtigen Netze (IPTV, Kabel und Satellit außer Antennenbereitstellung,
kostenpflichtiges DVB-T).

Eine vom Europäischen Parlament veröffentlichte Studie108 beziffert die Bereitstellung eines
(in 27 Sprachen verfügbaren) europaweiten VoD-Portals für die Förderung des europäischen
kinematografischen Erbes (mit zunächst 24 bis 27 Filmen aus jedem Mitgliedstaat der EU)
auf 900.000 bis 1,7 Millionen EUR. Bei dem angenommenen Höchstbetrag von 1,7 Mio. EUR
werden die Personalkosten mit 330 000 EUR veranschlagt, die Kosten für die Entwicklung
der Plattform mit 370 000 EUR, von denen 16 200 EUR auf die Erstellung digitaler Master
entfallen, 5 400 EUR auf die Kodierung, jeweils 2 700 EUR auf das Hinzufügen der
Metadaten, das Anbringen des digitalen Wasserzeichens109 und die digitale
Rechteverwaltung (DRM), 20 000 EUR für die Einrichtung eines Verwaltungssystems und
65 000 EUR für die Einrichtung der Website für den Vertrieb (Design, Programmplanung,
redaktionelle Aufbereitung).

107
http://spreadsheets.google.com/pub?key=pYFPEp3S18PRcVZwuNLlGfA
http://archives.i.canblog.com/2006/09/21/youtube_bandwidth.html
108
KEA, “European Cinema Online-past and present”, September 2008,
http://www.europarl.europa.eu/activities/committees/studies.do?language=en
109
Siehe unten.

60
1.4.3. Modelle zur Kostenkontrolle

Das erste Hindernis, mit dem sich zahlreiche unabhängige Akteure, die auf dem VoD-Markt
aktiv werden möchten, konfrontiert sehen, sind die Kosten für den Erwerb des erforderlichen
Know-how und der Technologien.

Dieses Problem kann durch die Heranziehung spezialisierter Dienstleister gelöst werden, die
bestimmte Schritte zur Einrichtung von Plattformen übernehmen können. Unternehmen wie
Kewego, Dailymotion oder La Banque Audiovisuelle bieten Akteuren, die mit den
technischen Aspekten der Einrichtung einer Plattform nicht vertraut sind, schlüsselfertige
Lösungen an.

Teil eines großen Telekommunikationsunternehmens oder einer Firmengruppe im


Fernsehbereich zu sein, ist ebenfalls eine gute Lösung für dieses Problem. Die technischen
Kosten des VoD-Dienstes fallen dann unter die allgemeinen Betriebskosten des
Unternehmens. Dies gilt beispielsweise für das VoD-Angebot der Kindersender von
Lagardère110, das die technischen Infrastrukturen des TV-Kernbereichs des Konzerns nutzt.

Peer-to-Peer-Architekturen im Dienste legaler Angebote

Weiter unten in der Wertschöpfungskette haben die hohen Vertriebskosten dazu geführt,
dass zahlreiche VoD-Akteure, insbesondere im ADSL-Bereich, ihre Dienste unter Nutzung
einer Peer-to-Peer-Netzwerkarchitektur anbieten, wo der PC der Nutzer gleichzeitig als
Server für die gespeicherten Inhalte genutzt wird. Die Peer-to-Peer-Architektur, die vor allem
im Rahmen von Internetpiraterie genutzt wird, kann nämlich auch für legale Angebote
genutzt werden. Auf diese Weise werden die Speicher- und Verbreitungskosten teilweise auf
die Kunden abgewälzt. Außerdem kann das Vertriebsnetz in Abhängigkeit von der
Nutzerzahl dimensioniert werden. Dieses Modell hat die BBC für eine Version seines iPlayer-
Dienstes gewählt, das sich an der Funktionsweise der Filesharing-Software BitTorrent oder
Headweb in Schweden orientiert.

Für Akteure, die über kein eigenes Netz verfügen, können sich im Zusammenhang mit VoD
besondere Probleme ergeben. So wurde die BBC von den Netzbetreibern aufgefordert, sich
finanziell an der Einrichtung von Netzen mit sehr hoher Bandbreite zu beteiligen, da durch
den Erfolg des Catch-up-TV-Angebotes iPlayer111 von BBC zusätzliche Ressourcen benötigt
wurden. Auch wenn sich die Regulierungsbehörde gegen dieses Anliegen112 ausgesprochen
hat, könnte sich die Frage der Finanzierung der Netze durch die Betreiber der audiovisuellen
Dienste künftig erneut stellen. Die Entscheidung in dieser Frage wird immer schwieriger: zum
einen im Zusammenhang mit der vorgesehenen Abschaltung des analogen Fernsehens, die
die Haushalte zwingt, sich für ein digitales Vertriebsnetz zu entscheiden und zum anderen im
Zusammenhang mit den Pflichten, die Betreibern audiovisueller Dienste auferlegt werden, im
Fall der BBC die Pflicht, dem öffentlichen Interesse zu dienen.113

110
Canal J, TiJi, Gulli, Filles TV.
111
http://www.independent.co.uk/news/business/news/internet-groups-warn-bbc-over-iplayer-plans-461167.html
112
http://uk.gizmodo.com/2008/04/26/ofcom_backs_the_bbc_against_is.html - comments
113
Die britsche Medienaufsichtsbehörde Ofcom hat außerdem BBC Trust aufgefordert, die Fragestellung des
Datenübertragungsbedarf bei der Bewertung des Gemeininteresses ("Public Value") der von BBC auf dem
iPlayer angebotenen HD-Inhalte zu berücksichtigen,
http://www.guardian.co.uk/media/2007/sep/18/bbc.television2.

61
1.5. PIRATERIE
Innerhalb der Branche ist man sich allgemein einig, dass massiv praktizierte Piraterie eines
der Haupthindernisse für die Entwicklung legaler VoD-Dienste, insbesondere
kostenpflichtiger VoD-Dienste, darstellt.

1.5.1. Formen der Internetpiraterie

Es gibt technisch gesehen verschiedene Formen von Piraterie im Internet, die verschiedenen
juristischen Tatbeständen entsprechen und unterschiedliche Methoden der Beobachtung:

- das Versenden von Videodateien als Anhang einer E-Mail ist die einfachste Form,
kann aber nur für kleine Dateien genutzt werden, die Auszüge, Kurzfilme oder
Musikvideos enthalten;

- die Nutzung der Peer-to-Peer-Technik. Diese Form ist sicherlich am weitesten


verbreitet und ihr gilt die größte Aufmerksamkeit von Anti-Piraterie-Organisationen
und Gesetzgebern. Die Internetpiraten nutzen Protokolle oder Programme vom Typ
BitTorrent, GNUtella, Grokster114, WinMX, Ares, Kazaa, eDonkey, eMule115,
Kademlia116 usw., denen jeweils verschiedene Netze entsprechen, die die Dateien zur
Verfügung stellen. Die „Torrents“ der von den Nutzern zur Verfügung gestellten
Inhalte werden auf Indexierungsseiten (beispielsweise BitTorrent-Tracker) erkannt,
wobei The Pirate Bay und Mininova in Europa am bekanntesten sind, während
weltweit Superfundo am beliebtesten sein soll.117 Der Nutzer kann auch per RSS-

114
Grokster wurde im März 2005 vom Obersten Gerichtshof nach einer Klage von MGM verurteilt.
115
Polizeiaktionen gegen Server, die eMule-Technik nutzen, wurden in Belgien (21. Februar 2006) und in
Deutschland (September 2007) durchgeführt.
116
Kademlia ist ein Overlaynetzwerk, das eingeführt wurde, um P2P-Dateien in einem verteilten Netzwerk zu
speichern. Vgl. Artikel "Kademlia", http://fr.wikipedia.org/wiki/kademlia, aufgerufen am 3. August 2009.
117
Zu den anderen bekannten Webseiten gehören: Torrentz, TorrentPortal, Seedpeer, Fomdb, MovieRumor,
Pullmylink, RapidShare und Megaupload.
Die MPAA erreichte im Dezember 2007, dass TorrentSpy in den USA zur Offenlegung seiner Nutzer
verurteilt wurde, was die Firmenleitung zur Schließung der Website im März 2008 bewog. Vgl. “TorrentSpy
ordered to start tracking visitors”, CNET News, 8. Juni 2007, http://news.cnet.com/TorrentSpy-ordered-to-
start-tracking-visitors/2100-1030_3-6189866.html, “TorrentSpy shuts down”, CNET News, 27. März 2008,
http://news.cnet.com/8301-10784_3-9904496-7.html ; http://www.torrentspy.com/
The Pirate Bay wurde am 17. April 2009 vom Bezirksgericht in Stockholm verurteilt. (Vgl. M. PLOGELL und
E. ULLBERG, "Urteil gegen Tauschbörse The Pirate Bay", IRIS 2009-6 :17/29,
http://merlin.obs.coe.int/iris/2009/6/article29.en.html.
The Pirate Bay wurde außerdem am 3. August 2009 in den Niederlanden vorübergehend verboten. Im
August 2009 war die Website allerdings immer noch im Netz. Am 30. Juni 2009 kaufte die Gesellschaft
Global Gaming Factory die Website The Pirate Bay in der Absicht, diese Seite in eine legale Plattform zu
verwandeln. Dieses Vorgehen stößt auf sehr viel Skepsis, insbesondere seitdem die Global Gaming Factory
am 9. September 2009 von der Stockholmer Börse ausgeschlossen wurde,
http://www.aktietorget.se/NewsItem.aspx?ID=52569
Mininova verfügt über keinen eigenen BitTorrent-Tracker, bietet aber eine Torrent-Suchmaschine für Filme,
Musik, Bücher und Spiele. Im August 2009 registrierte die Website insgesamt mehr als 9 Milliarden
Downloads und 8,8 Millionen Downloads pro Tag (http://www.mininova.org/statistics). Die niederländische
Gesellschaft Mininova B.V., die für 2007 einen Umsatz von 1 Mio. EUR meldete, versucht sich in Richtung
eines legalen Geschäftsmodells zu entwickeln und ermöglicht es den Rechteinhabern, die Links zu Torrents
mit geschützten Inhalten abzufragen. Diese Maßnahme wird von Arda Gerkens, der Vorsitzenden des
niederländischen Parlamentsausschusses für Piraterie, als unzureichend betrachtet. Die Betreiber der
Website sind der Ansicht, dass BitTorrent eine Vertriebsmöglichkeit für Künstler und unabhängige Labels ist
und will dieser Zielgruppe die Nutzung dieser Plattform ermöglichen Nachdem Mininova bereits einen
Vertriebsdienst für kostenlose legale Inhalte seiner Partner eingeführt, Streaming für MP3-Dateien von
Partnern angeboten und die Finanzierung von Inhalten über Werbung getestet hatte, führten die Betreiber

62
Feeds über die Verfügbarkeit neuer Torrents informiert werden. Dies wird als
Broadcatching118 bezeichnet. In den Ländern, in denen es Hochgeschwindigkeits-
netze gibt (insbesondere in den nordischen Ländern) werden außerdem der
Filesharing-Client DC++ mit Direct Connect-Network- oder ADC-Protokollen für
illegale Downloads genutzt;

Abbildung 27: Daily Reach von Mininova, The Pirate Bay und Superfundo (2008-2009)

Quelle: Alexa119

- Austausch von Dateien im Intranet oder im Rahmen spezieller Foren, mit


eingeschränktem Zugriff, unter Nutzung des Usenet-Protokolls;
- Nutzung von Videoportalen im Internet, die nicht zum Hochladen und Ansehen
nutzergenerierter Inhalte verwendet werden, sondern für geschützte, nicht autorisierte
Inhalte (vgl. Teil 6).
- Nutzung von Sharehoster-Diensten für den Austausch vertraulicher Dateien oder die
Verbreitung hochgeladener Dateien. Der populärste Dienst dieser Art ist der (von
einer deutschen Gesellschaft kontrollierte) Schweizer Dienst RapidShare
(http:/www.rapidshare.com)120.

eine neue Funktion ein, mit der die Autoren den Nutzern Premium-Inhalte verkaufen können. Mininova hat
sich zur Zusammenarbeit mit der MPAA bereit erklärt, um eine System zum Filtern von Serien wie Lost und
Prison Break einzurichten. Die niederländische Anti-Piraterie-Vereinigung BREIN hat jedoch einen Prozess
gegen Mininova angestrengt, wobei der erste Verhandlungstag im Juni 2009 stattfand. Vgl. "Mininova aide
les artistes à gagner de l'argent grâce à BitTorrent", Numerama, 31. März 2009,
http://www.numerama.com/magazine/12490-Mininova-aide-les-artistes-a-gagner-de-l-argent-grace-a-
BitTorrent.html ; "Mininova Denied Rectification From Dutch Government", TorrentFreak, 9. Juli 2009,
http://torrentfreak.com/mininova-denied-rectification-from-dutch-government-090709/ ; "Mininova : le filtrage
du site de liens BitTorrent devant la justice", Numerama, 3. Juni 2009, http://www.numerama.com/magazine/
13062-Mininova-le-filtrage-du-site-de-liens-BitTorrent-devant-la-justice.html
Die 2007 eingerichtete kalifornische Website Superfundo.org ist eine Indexierungsseite für BitTorrent-Links,
die laut Alexa wesentlich beliebter ist als The Pirate Bay oder Mininova.. In Europa scheint sich die Nutzung
von Superfundo auf Großbritannien zu beschränken. Die Website isoHunt bietet vergleichende Statistiken
über die am häufigsten genutzten Indexierungs-Seiten: http://isohunt.com/stats.php
118
Artikel “Broadcatching” de Wikipedia.com, aufgerufen am 27. Juli 2009,
http://en.wikipedia.org/wiki/Broadcatching
119
Informationen zur Definition und den methodisch bedingten Einschränkungen der von Alexa bereitgestellten
Daten könnten unter 7.4.3.2 nachgelesen werden.
120
Im Januar 2007 gewann die GEMA, die deutsche Gesellschaft für die kollektive Verwertung von
Urheberrechten, gegen RapidShare einen Prozess, in dem es um die Veröffentlichung von Links zu Dateien
mit geschützten Inhalten ging. RapidShare erklärt, dass Links zu Inhalten, die von den Nutzern öffentlich
zugänglich gemacht werden, kontrolliert werden, nicht aber Inhalte, die vertraulich hochgeladen werden.
"RapidShare will not control Uploads", RapidShare newsletter, 26. Oktober 2008.
http://rapidshare.com/news.html

63
- die Umgehung von Geofiltern durch die Nutzung von Proxys (Kommunikations-
schnittstellen), um die IP-Adresse des Rechners zu verbergen.121 Diese Technik
ermöglicht den Zugriff auf Dienste, die auf ein bestimmtes Gebiet begrenzt sind, und
grundsätzlich in dem Land, in dem sich der Nutzer befindet, nicht zugelassen sind.
Europäische Nutzer bedienen sich dieser Technik (die insbesondere das Programm
Hotspot Shield d'Anchor Free bietet), um Zugang zum amerikanischen Dienst Hulu
oder zum BBC iPlayer zu erhalten, sodass sie Fernsehserien vor ihrer Ausstrahlung
außerhalb der USA oder des Vereinigten Königreichs abrufen können. Seit Mai 2009
verbietet Hulu den Zugang zu anonymen Proxys und Nutzer, die Inhalte abrufen
möchten, müssen in den USA einen Partner finden, der bereit ist, Ihnen einen Proxy
zur Verfügung zu stellen oder den Hotspot Shield d’Anchor Free nutzen.

Die MPAA verdeutlicht anhand der „Piraterie-Pyramide“, dass zunächst eine begrenzte Zahl
von Anbietern (weniger als hundert)122 die Filme sogenannten Release Groups (wörtlich:
Veröffentlichungsgruppen) zur Verfügung stellen, die über leistungsfähige Hoch-
geschwindigkeitsserver (Topsites) verfügen, die wiederum für Facilitatoren (Unterstützer)
bestimmt sind, die selbst als Relais für die große Masse der Verbraucher, die Inhalte
herunterladen, fungieren. Allerdings können durch Open-Source-Programme (wie
beispielsweise RealDVD123) Kopierschutzsysteme für DVD umgangen werden und damit
immer mehr Nutzern Raubkopien zur Verfügung gestellt werden.

Abbildung 28: Online-Piraterie-Pyramide laut MPAA

Quelle: MPAA

121
Ein Proxy oder Stellvertreter ist ein Server, dessen Funktion darin besteht, die Anfragen zwischen einem
Client und einem Server zu übertragen.
122
Einer der aktivsten Anbieter, aXXo, ist "die" Referenz in der Welt der Raubkopien geworden. Nach Angaben
von BigChampagne geht ein Drittel der als BitTorrent heruntergeladenen Filme weltweit auf aXXo-Torrents
zurück. Vgl. “aXXo”, Wikipedia, aufgerufen am 11. August 2009, http://en.wikipedia.org/wiki/AXXo ; "AXXo
You Are a God", slate, 12. November 2008, http://www.slate.com/id/2204367/pagenum/all ; “Hunting aXXo -
pirate king of the Torrents, enemy of Hollywood”, The NewZeeland Herald, 5. Januar 2009,
http://www.nzherald.co.nz/technology/news/article.cfm?c_id=5&objectid=10550551
123
Im Oktober 2008 erwirkte die MPAA die Verurteilung des Unternehmens RealNetworiks, Herausgeber von
RealDVD. MPAA Pressemitteilung, 7. Oktober 2008, http://www.mpaa.org/press_releases/realdvd statement
tro 10.7.pdf

64
Neben diesen technischen Formen der Online-Piraterie gibt es eine weitere Form, die mehr
in den Rundfunkbereich fällt, nämlich die IPTV-Kunden zur Verfügung stehende Nutzung der
Übertragungs- und Freigabefunktion für Inhalte.124 Der Kunde kann ein Werk „hochladen“,
indem er seinen DVD-Player an das Gerät anschließt. Die verfügbaren Inhalte können dann
mit der Fernbedienung auf dem Fernsehbildschirm abgerufen werden. Eine solche Lösung
ist im Moment eher eine Randerscheinung, da diese Funktionalität wenig verbreitet ist, stellt
aber eine „salonfähige“ Art von Piraterie dar.

1.5.2. Statistische Daten zur Piraterie

1.5.2.1. Befragung mittels Fragebögen

Verschiedene nationale Studien mit Direktbefragung der Verbraucher wurden in dem


Bestreben durchgeführt, die Formen der Piraterie zu verstehen.

Im Vereinigten Königreich führte das Institut IPSOS drei Mal im Auftrag des UK Film Council
eine Studie durch. Auf diese Weise konnte die Entwicklung der Praktiken beobachtet
werden.125 Dieser Studie zufolge hat sich die Zahl der illegal heruntergeladenen Titel in
Großbritannien von 44,1 Mio. im Jahr 2006 auf 52,15 Mio. im Jahr 2007 erhöht. Hinzu
kommen für das Jahr 2007 27,75 Mio. Titel, die über E-Mail versendet und auf eine
Speicherkarte kopiert wurden und weitere 46,8 Mio. Titel, die illegal im Streaming-Verfahren
abgerufen wurden.126

Untersuchungen über Piraterie-Praktiken wurden in Deutschland auf Initiative der FFA127, in


Frankreich auf Initiative des CNC128 und in Italien auf Initiative von Univideo129 durchgeführt.

Auf europäischer Ebene ist die Studie Community survey on ICT usage in households and
by individuals 2008, die von EUROSTAT und den nationalen statistischen Instituten der 27
Mitgliedstaaten der Europäischen Union durchgeführt wurde, die neueste umfangreiche
Studie.130 Diese Studie zeigt, dass 29 % der Personen, die angeben, Inhalte (audiovisueller
Art oder Musik) aus dem Internet heruntergeladen zu haben, dies kostenlos taten, wobei
dieser Anteil in der Altersgruppe von 16 bis 24 auf 60 % ansteigt.

Diese Zahlen müssen aber mit Vorsicht betrachtet werden. Die Personen, die angeben,
nichts bezahlt zu haben, müssen sich nicht zwangsläufig unerlaubterweise Zugang zu
Inhalten verschafft haben: auf zahlreichen Webseiten werden nämlich audiovisuelle Inhalte
oder Musik völlig legal kostenlos bereitgestellt und können entweder heruntergeladen oder

124
Eine solche Funktion bietet beispielsweise der französische Betreiber Free unter dem Label "TV Perso" im
Rahmen seines Dienstes an. (http://www.free.fr/assistance/613-freebox-tv-perso-principe-1.html). Im
Dezember 2008 konnten wir feststellen, dass dieser Dienst neu erschienene französische Filme, indische
Filme und Erwachseneninhalte umfasste. 2007 schritt die französische Medienaufsichtsbehörde CSA ein, um
das Hochladen von Erwachseneninhalten zu unterbinden. Im Unterschied zur Peer-to-Peer-Piraterie ist der
Nutzer, der ein solches Werk verbreitet, leicht identifizierbar. "La TV Perso de Free dans le collimateur de
Canal+ et du CSA", LeJournalduNet, 16. Juli 2007, http://www.journaldunet.com/ebusiness/telecoms-
fai/actualite/0707/070716-canal-plus-tvpero-free-csa.shtml
125
Film theft in the UK. Anti-Piracy Task Force: an analysis and recommendations for action, UK Film Council,
London 2005, sowie "Digital and Physical Piracy in GB”, Presentation IPSOS, November 2007,
http://www.ukfilmcouncil.org.uk/media/pdf/g/m/Ipsos_Piracy_UK_2007.pdf
126
Für Großbritannien vgl. auch das Kapitel "Copyright theft" in BVA Yearbook 2008, BFA, London, 2008,
S.110-111.
127
Brennerstudie 2005, FFA, 2005: http://www.ffa.de/downloads/publikationen/brenner_studie4.pdf
128
La piraterie de films : motivations et pratiques des internautes, CNC, 2004,
http://www.cnc.fr/Site/Template/T1.aspx?SELECTID=1716&ID=1060&t=1
129
Rapporto Univideo 2009 sullo statuto dell’editoria audiovisiva in Italia, Univideo, Roma, settembre 2009,
http://www.univideo.org/cms/attach/editor/Rapporto_completo_Univideo_2009.pdf
130
http://epp.eurostat.ec.europa.eu/portal/page/portal/information_society/introduction

65
als Streaming abgerufen werden (der EUROSTAT-Fragebogen enthält keine technische
Unterscheidung und es wäre sicherlich einem Großteil der befragten Personen schwer
gefallen, eine solche Unterscheidung zu treffen).

Die Studie zeigt vor allem, dass die Altersgruppe der 16- bis 24-Jährigen, die über wenig
Kaufkraft verfügt, eher zur Nutzung kostenloser als kostenpflichtiger Angebote bereit ist; sie
unterstellt nicht, das 60 % der jungen Europäer als illegale Nutzer von Inhalten zu betrachten
sind.

Die Zusatzfrage „Was könnte Sie veranlassen, für audiovisuelle Online-Inhalte zu


bezahlen?“, die nur denjenigen gestellt wurde, die angaben, kostenlose Downloads getätigt
zu haben, ergab darüber hinaus, dass in dieser Personengruppe nur 14 % aller Befragten
nicht bereit sind zu zahlen, wobei sich dieser Anteil in der Altersgruppe der 16- bis 24-
Jährigen auf 28 % erhöhte.

66
Tabelle 10: Art des Zugriffs auf audiovisuelle Online-Inhalte

Antwort auf die Frage „Haben sie in den letzten drei Monaten für audiovisuelle Online-Inhalte gezahlt?“
Diese Frage wurde Personen gestellt wurde, die angaben, in den letzten drei Monaten Musik oder Filme
heruntergeladen zu haben.
Gesamte Bevölkerung 16- bis 24-Jährige
mit Bezahlung ohne Bezahlung mit Bezahlung ohne Bezahlung
EU27 5% 29% 10% 60%

AT 5% 26% 10% 52%


BE 3% 28% 6% 62%
BG 2% 23% 3% 57%
CY 1% 20% 2% 54%
CZ 4% 22% 8% 54%
DE 5% 37% 10% 68%
DK 14% 43% 28% 61%
EE 1% 35% 3% 72%
ES 3% 37% 6% 77%
FI 9% 39% 24% 59%
FR 5% 13% 13% 36%
GB 12% 34% 23% 56%
GR 2% 22% 4% 63%
HR 2% 22% 4% 64%
HU 2% 30% 4% 59%
IE 2% 9% 3% 23%
IS 13% 55% 19% 70%
IT 0% 21% 52%
LT 3% 33% 5% 73%
LU 12% 45% 16% 78%
LV 4% 38% 8% 76%
MT 3% 32% 7% 76%
NL 7% 51% 9% 84%
NO 10% 33% 23% 58%
PL 2% 30% 73%
PT 2% 25% 4% 76%
RO 4% 15% 8% 38%
SE 16% 31% 27% 47%
SI 3% 35% 10% 72%
SK 3% 35% 4% 74%
Quelle: EUROSTAT Community Survey on ICT usage in households and by individuals (2008 - Version
28.4.2009)

67
Tabelle 11: Gründe, die Personen, die Gratis-Inhalte heruntergeladen haben, zur
Bezahlung audiovisueller Online-Inhalte veranlassen könnten
Alle Altersgruppen

Bessere
Das Recht, Qualität der Sonstige
Nicht Größere Nichts -
geschützte Bequemere kostenpflich- Gründe
verfügbare Günstigere Auswahl, Keine
Inhalte Zahlungs- tigen Inhalte (z.B.
kostenlose Preise leichterer Zahlungs-
legal zu methoden gegenüber Unterstützung
Inhalte Zugang bereitschaft
tauschen Gratis- der Künstler)
inhalten
EU27 6% 5% 6% 8% 4% 1% 6% 14 %

AT 6% 4% 6% 10 % 5% 6% 12 %
BE 2% 1% 3% 4% 1% 1% 3% 20 %
BG 3% 1% 4% 2% 2% 0% 2% 13 %
CY 6% 3% 6% 5% 4% 3% 7% 7%
CZ 2% 0% 2% 3% 0% 1% 2% 15 %
DE 5% 6% 6% 9% 4% 2% 5% 17 %
DK 5% 4% 4% 8% 3% 8% 7% 20 %
EE 15 % 9% 16 % 14 % 10 % 4% 15 % 9%
ES 11 % 7% 8% 11 % 8% 1% 9% 19 %
FI 17 % 15 % 11 % 22 % 9% 19 % 12 %
FR 7% 8% 6% 10 % 6% 2% 8% 2%
GB 4% 1% 5% 4% 1% 2% 3% 19 %
GR 2% 2% 3% 3% 2% 1% 3% 14 %
HR 7% 3% 4% 5% 4% 7% 7% 7%
HU 8% 4% 5% 8% 6% 2% 7% 16 %
IE 1% 0% 1% 0% 0% 1% 7%
IS 21 % 19 % 14 % 24 % 19 % 2% 22 % 22 %
IT 7% 4% 5% 8% 6% 0% 7% 10 %
LT 5% 3% 15 % 5% 2% 1% 3% 13 %
LU 18 % 12 % 14 % 18 % 13 % 4% 18 % 15 %
LV 11 % 6% 10 % 11 % 7% 6% 11 % 13 %
MT 3% 0% 3% 4% 0% 1% 2% 23 %
NL 19 % 11 % 10 % 22 % 9% 3% 17 % 18 %
NO 18 % 12 % 14 % 19 % 13 % 1% 18 % 6%
PL 4% 2% 7% 8% 3% 5% 15 %
PT 9% 7% 8% 12 % 7% 9% 8%
RO 2% 1% 2% 2% 2% 1% 1% 10 %
SE 6% 5% 5% 6% 7% 0% 5% 19 %
SI 18 % 14 % 19 % 23 % 17 % 0% 18 % 5%
SK 5% 2% 8% 6% 2% 1% 4% 17 %

Quelle: EUROSTAT Community Survey on ICT usage in households and by individuals (2008 - Version
28.4.2009)

68
Tabelle 12: Gründe, die Personen, die Gratis-Inhalte heruntergeladen haben, zur
Bezahlung audiovisueller Online-Inhalte veranlassen könnten
Altersgruppe 16 bis 24

Bessere
Das Recht, Qualität der Sonstige
Nicht Größere Nichts -
geschützte Bequemere kostenpflich- Gründe
verfügbare Günstigere Auswahl, Keine
Inhalte Zahlungs- tigen Inhalte (z.B.
kostenlose Preise leichterer Zahlungs-
legal zu methoden gegenüber Unterstützung
Inhalte Zugang bereitschaft
tauschen Gratis- der Künstler)
Inhalten
EU27 13% 10% 13% 18% 9% 2% 13% 28%

AT 15% 9% 16% 25% 12% 14% 19%


BE 4% 3% 7% 8% 3% 1% 6% 46%
BG 7% 2% 10% 5% 4% 4% 36%
CY 13% 6% 18% 12% 8% 8% 17% 19%
CZ 5% 1% 5% 8% 1% 3% 5% 35%
DE 10% 12% 13% 18% 7% 10% 29%
DK 12% 7% 10% 17% 7% 9% 11% 26%
EE 29% 16% 31% 28% 18% 9% 31% 20%
ES 21% 14% 16% 22% 14% 2% 18% 42%
FI 27% 25% 19% 36% 16% 31% 13%
FR 19% 18% 14% 24% 15% 21%
GB 6% 10% 9% 29%
GR 6% 6% 8% 10% 5% 3% 8% 39%
HR 19% 7% 12% 10% 11% 13% 20% 20%
HU 15% 9% 11% 15% 11% 4% 13% 31%
IE 2% 20%
IS 35% 30% 25% 39% 32% 37% 18%
IT 17% 8% 12% 19% 13% 1% 17% 26%
LT 12% 6% 35% 11% 3% 3% 8% 29%
LU 41% 25% 31% 41% 32% 9% 36% 18%
LV 22% 13% 22% 23% 14% 12% 24% 24%
MT 8% 1% 7% 10% 1% 2% 7% 53%
NL 37% 19% 19% 43% 18% 6% 33% 25%
NO 31% 19% 26% 34% 24% 2% 31% 10%
PL 10% 6% 17% 20% 7% 2% 13% 37%
PT 27% 23% 24% 36% 23% 26% 26%
RO 3% 3% 6% 4% 4% 2% 3% 24%
SE 11% 8% 9% 11% 12% 2% 9% 25%
SI 36% 34% 40% 53% 36% 1% 41% 7%
SK 10% 3% 14% 12% 2% 3% 8% 40%

Quelle: EUROSTAT Community Survey on ICT usage in households and by individuals (2008 - Version
28.4.2009)

69
1.5.2.2. Elektronische Beobachtung der Peer-to-Peer-Netze und der Videoportale

Eine weitere kostenintensivere Methode besteht darin, mit spezieller Software die tatsächlich
erfolgten Downloads auf den wichtigsten Peer-to-Peer-Seiten zu zählen. Seit 1999 haben
sich verschiedene Unternehmen auf die Entwicklung von Systemen spezialisiert, mit denen
der Austausch von Dateien im Rahmen von Peer-to-Peer-Netzen und/oder Videoportalen
gemessen werden kann.

BigChampagne131 ist ein amerikanisches Unternehmen, das ein System entwickelt hat, mit
dem festgestellt werden kann, wann ein bestimmter Titel in einem Peer-to-Peer-Netz
heruntergeladen wurde. Die von Big Champagne durchgeführten Messungen haben
insbesondere ergeben, dass die 10 am häufigsten heruntergeladenen Filme nicht mit den
Top 10 der amerikanischen Einspielergebnisse (Box-Office) übereinstimmten.132 Nach
Ansicht von Eric Garland, Generaldirektor von BigChampagne, hat die Piraterie von
Fernsehsendungen schneller zugenommen als die von Musik oder Kinofilmen.133

Abbildung 29: Anzahl der illegalen Downloads des Films X-Men Origins: Wolwerine
(März 2009)

Quelle: BigChampagne (zitiert in Crave)134.

Einen internationalen Vergleich des Ausmaßes illegaler Downloads auf den größten Peer-to-
Peer-Plattformen legt der MARC-Dienst der amerikanischen Gesellschaft Nexicon vor.135

131
http://www.bigchampagne.com
132
Wired, 28. Dezember 2007
133
Eric Garland’s statement, 1.Juli 2009, http://bigchampagne.tumblr.com/page/2
134
“Will Wolverine benefit from (Bit)Torrent of publicity?", Crave, 5. Mai 2009,
http://asia.cnet.com/crave/2009/05/05/will-wolverine-benefit-from-bit-torrent-of-publicity-/
135
http://www.nexiconinc.com/meet-marc. Die von MARC angewandten Methoden werden von einigen Anti-
Piraterie-Vereinigungen infrage gestellt.

70
Abbildung 30: Anzahl der von MARC ermittelten illegalen Downloads zwischen dem
26. Juni 2009 und dem 26. Juli 2009

Quelle: MARC / Nexicon (aufgerufen am 27. Juli 2009): http://nexiconinc.com/live-reports-marc

In Frankreich hat die Association de lutte contre le piratage audiovisuel (Anti-Piraterie-


Vereinigung, ALPA)136 in Partnerschaft mit Thomson und Advestigo eine Informationsstelle
für Piraterie137 eingerichtet. Die elektronische Methode der Beobachtung der wichtigsten
Peer-to-Peer-Seiten, die in Frankreich illegale Downloads von Filmen anbieten, kommt zu
dem Ergebnis, dass im ersten Halbjahr 2008 76,5 Mio. Downloads erfolgten. Im gleichen
Zeitraum wurden 100,9 Mio. Kinobesuche verzeichnet, 53,8 Mio. DVD-Verkäufe und 6 Mio.
Downloads im Rahmen legaler VoD-Angebote.

Abbildung 31: Vergleich der Nutzungspraktiken in Frankreich


(1. Halbjahr 2007 und 1. Halbjahr 2008)

120

100
1. Halbjahr 2007
80 1. Halbjahr 2008

60

40

20

0
Kinobesucher Illegale DVD-Verkauf Legale VOD
Filmabrufe (Stück)

Quelle: Europäische Audiovisuelle Informationsstelle nach Angaben von CNC, ALPA, GfK und NPA

136
http://www.alpa.asso.fr/
137
http://www.01net.com/editorial/387589/450-000-films-telecharges-illegalement-chaque-jour/

71
1.5.3. Ausmaß der Piraterie

1.5.3.1. Wirtschaftliches Ausmaß der Piraterie

Im ersten Teil dieses Jahrzehnts veröffentlichte die MPAA Einschätzungen zum Ausmaß der
Piraterie, die die Einbußen der Industrie aufgrund von Produktfälschung aber auch Online-
Piraterie zu belegen schienen.138 Laut einer von der LEK Consulting für die MPAA im Jahr
2006 durchgeführten Studie, verursacht Online-Piraterie bei den Filmstudios Einnahme-
ausfälle in Höhe von 2,3 Mrd. USD, während alle Formen der Piraterie zusammen
genommen Einbußen in Höhe von 6,1 Mrd. USD verursachen. Die Einbußen der Filmstudios
wegen Online-Piraterie belaufen sich in den USA auf 447 Mio. USD und in den restlichen
Ländern auf auf 1,8 Mrd. USD. In der gesamten Filmindustrie weltweit betragen die
Einbußen aufgrund von Online-Piraterie 7,1 Mrd. USD, von denen 918 Mio. auf die
Vereinigten Staaten entfallen und 6,2 Mrd. auf die restliche Welt. Einige europäische Länder
(Frankreich, Großbritannien, Russland, Spanien, Deutschland und Italien) zählen danach zu
den Ländern, in denen die Piraterie am weitesten verbreitet ist. Diese Studie zeigte deutlich
das Ausmaß illegaler Downloads in der Altersgruppe von 16 bis 24 Jahren, der in den 22
untersuchten Ländern 58 % der illegalen Nutzer und 71 % in den USA zuzuordnen sind.

Im Rahmen dieser Studie wurden 20.600 Nutzer von Filmangeboten in den 22 untersuchten
Ländern zur geschätzten Anzahl der illegalen Downloads oder erstellten Raubkopien befragt
sowie zur Anzahl der Kinokarten oder DVD, die sie gekauft hätten, wenn sie keine illegalen
Versionen abgerufen hätten. Über einen solche Fragestellung lässt sich streiten:
Jugendliche, die Raubkopien erstellen oder illegale Downloads nutzen, verfügen natürlich
nicht über die nötigen Geldmittel, sich diese Werke zum Marktpreis zu beschaffen. Der
Nutzen der MPAA-Daten ist auch deswegen relativ begrenzt, da die Organisation, die die
Majors vertritt, keine detaillierten Daten über die offiziellen Märkte veröffentlicht, wodurch die
Auswertung der Daten über Piraterie problematisch wird. Darüber hinaus musste die MPAA
im Januar 2008 vor dem Kongress einräumen, dass die Zahlen der LEK Consulting-Studie
fehlerhaft sind. Die darin ausgewiesenen Einbußen in Höhe von 44 %, die in den USA durch
Piraterie von Studenten verursacht werden, belaufen sich demnach nur auf 15 %.139

Nach Angaben von MPAA nimmt die Online-Piraterie in Europa schneller zu als überall sonst
in der Welt. Dies sei auf die schnelle Breitbandverbreitung, auf gesetzliche
Rahmenbedingungen, die von der MPAA als schwach betrachtet werden, auf eine
nachsichtige öffentliche Wahrnehmung und kulante Behörden zurückzuführen. MPAA
zufolge werden P2P-Systeme überwiegend in Belgien, Großbritannien, Frankreich und den
Niederlanden genutzt, während in Ländern, in denen das Hochgeschwindigkeitsnetz weiter
entwickelt ist (vor allem in den nordischen Ländern), zur Piraterie überwiegend
Direktverbindungen wie DC++, „Swarming“-Systeme wie BitTorrent und einfache FTP-Server
genutzt werden.140

Das Misstrauen gegenüber den von der MPAA veröffentlichten Zahlen eröffnete anderen
Forschungsinstituten die Möglichkeit, sich als Alternative zu positionieren, wobei deren
Methoden zur Bewertung des Umfangs der Piraterie nicht unbedingt aussagekräftiger sind.
Aus einer der neuesten US-Studien, die im Juni 2009 von In-Stat veröffentlicht wurde, geht
hervor dass amerikanische Internetuser jährlich 14 Mrd. Filme und andere audiovisuelle

138
LEK Consulting, 2005 Piracy Data Summary, MPAA, 2005, http://www.mpaa.org/researchStatistics.asp;
MPAA Pressemitteilung, 3. Mai 2006,
http://www.mpaa.org/press_releases/2006_05_03lek.pdfLänderspezifische Daten finden Sie auf dier Website
von International Intellectual Property Alliance: HYPERLINK "http://www.iipa.org" http://www.iipa.org
139
MPAA Pressemitteilung, 22. Januar 2008, http://www.mpaa.org/press_releases/lek college student
data_f.pdf, "MPAA admit error in piracy study", Reuters, 23. Januar 2008.
140
"MPA Europe – Anti Piracy", http://www.mpaa.org/inter_europe.asp, aufgerufen am 12. August 2009.

72
Inhalte herunterladen, bei denen es sich nur zu 15 % um legale Inhalte handelt. Nur bei einer
Minderheit (9 %) sind intensive Download-Praktiken festzustellen, während sich 90 % mit
den von YouTube und Hulu bereitgestellten Videos zufrieden geben.141

1.5.3.2. Wissenschaftliche Studien

Während Musik- und Filmindustrie die negativen Auswirkungen von Piraterie auf den legalen
Markt geltend machen, damit der Staat ihre Rechte besser schützt, verfolgten
wissenschaftliche Studien einen anderen Ansatz bei der Untersuchung der Auswirkungen
von Piraterie auf den Markt.142 Ein Artikel des Wirtschaftswissenschaftlers Sylvain Dejean,
der sich mit den verschiedenen empirischen Studien über die Auswirkung von Peer-to-Peer
auf CD- und DVD-Verkäufe befasst, zeigt, dass ein Vergleich der verfügbaren Studien
aufgrund der Vielfalt der gesammelten Daten und der angewandten Methoden schwierig ist.

Darüber hinaus sei der Einfluss von Peer-to-Peer auf die Nutzung von Filmen nicht
unbedingt mit der Nutzung von Musik vergleichbar. Im Gegensatz zu den klassischen von
Vertretern der Industrie angeführten Thesen ergab eine von Smith und Telang von 2000 bis
2003 durchgeführte Regressionsstudie über den Einfluss von Online-Piraterie auf DVD-
Verkäufe, dass die zunehmende Internetverbreitung zu einem Anstieg der DVD-Verkäufe um
9,3 % beigetragen haben könnte. Die gleichen Autoren untersuchten zwischen 2005 und
2006 über einen Zeitraum von acht Monaten die Verfügbarkeit von Filmen in BitTorrent-
Netzen und kamen zu dem Ergebnis, dass es zwischen Filesharing und DVD-Nutzung
keinen eindeutigen Zusammenhang gibt. Dagegen zeigt eine französische Studie von
Bounie et al. über das Nutzerverhalten von Studenten, dass Peer-to-Peer-Praktiken keine
Auswirkungen auf Kinobesuche aber durchaus auf DVD-Verkauf und -Verleih haben. Diese
Studie scheint ebenso wie neuere in den USA von Rob und Waldfogel durchgeführte Studien
zu belegen, wie wichtig es ist, durch eine Anpassung der Verwertungsfenster den
Lebenszyklus von Filmen zu überarbeiten.

1.5.3.3. Rückläufige Kinobesuche und Krise des Videomarkts

Unabhängig davon, wie genau der Zusammenhang zwischen Piraterie und anderen Formen
der Nutzung audiovisueller Inhalte ist, sollte die Debatte vor dem Hintergrund neuer
Markttendenzen gesehen werden.

141
“Digital: Converting illegal viewers to paying customers to yield $2.5 billion”, Video Business, 7. Juli 2009,
http://www.videobusiness.com/article/CA6669533.html
142
Die ersten Studien betrafen überwiegend die Auswirkungen der illegalen Nutzung musikalischer Werke. Eine
Bibliographie der bis 2005 veröffentlichen Studien kann hier nachgelesen werden: A. LANGE, "Report and
studies of the economic and sociological dimensions of peer-to-peer”, European Audiovisual Observatory,
http://www.obs.coe.int/db/gavis/piracy.html#3
Neuere wissenschaftliche Studien befassten sich mit den Auswirkungen von Peer-to-Peer auf den Film- und
Videomarkt. Vgl. insbesondere
- D. BOUNIE, P. WAELBROECK, M. BOURREAU, “Piracy and the Demand for Films: Analysis of Piracy
Behavior in French Universities”, Review of Economic Research on Copyright Issues, Vol. 3, Nr. 2, S. 15-
27, 2006 http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=1144313 ;
- S. DEJEAN, “What Can We Learn from Empirical Studies About Piracy? CESIfo Economics studies”, April
2009, http://cesifo.oxfordjournals.org/cgi/content/short/55/2/326
- R. ROB and J. WALDFOGEL, “Piracy on the Silver Screen”, Journal of Industrial Economics, 55(3), 2007,
S. 379-95.
- M.D. SMITH and R. TELANG, “Privacy or Promotion? The Impact of Broadband Internet Penetration on
DVD sales” Working Paper, H. John Heinz III School of Public Policy and Management, Carnegie Mellon
University
- D. WATERMAN, S.W. JI and L.R. ROCHET, “Enforcement and Control of Piracy, Copying, and Sharing in
the Movie Industry”, (2007), Review of Industrial Organization, Forthcoming,
http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=1029725

73
Kinobesuche

In der Europäischen Union ist die Zahl der Kinobesuche zwischen 2004 und 2008 um 88,7
Mio. zurückgegangen, wobei dieser Rückgang nicht kontinuierlich erfolgte. Die Gesamtzahl
der Besuche ist von 1012,9 Mio. im Jahr 2004 auf 898,9 Mio. im Jahr 2005 zurückgegangen,
um ein Jahr später wieder auf 931,6 Mio. und 2008 auf 924,2 Mio. anzusteigen. In den
Vereinigten Staaten haben die Kinobesuche 2008 um 2,6 % abgenommen und erreichten
damit ihr niedrigstes Niveau seit 2007.143

Videomarkt

Eine von Screen Digest für die International Video Federation durchgeführte Studie144 ergab,
dass sich die DVD-Verkäufe in Europa im Jahr 2008 auf 778,2 Mio. erhöht haben, was einer
Zunahme von 1,9 % gegenüber 2007 entspricht. Gleichzeitig ist der durchschnittliche Preis
für eine DVD bei festem Wechselkurs um 4,7 % gesunken. Daraus ergibt sich, dass der
Umsatz bei DVD-Verkäufen bei festem Wechselkurs um 2,3 % zurückgegangen ist. Im
Bereich DVD-Verleih gab es zwischen 2007 und 2008 einen Rückgang von 540 Mio. auf 454
Mio., also von 16 %. Bei festem Wechselkurs haben sich die Ausgaben für DVD-Verleih
demnach um 18 % vermindert.

In den Vereinigten Staaten sind die DVD-Verkäufe von 24 Mrd. im Jahr 2006 auf 22 Mrd. im
Jahr 2008 zurückgegangen. Je nach Quelle betrug der Rückgang zwischen 2007 und 2008
8,4 % (NATO), 9 % (Digital Entertainment Group) oder sogar 11 % (Screen Digest).

Laut Adams Media Research sind die DVD-Verkäufe in den Vereinigten Staaten im ersten
Halbjahr 2009 um 14 % gesunken, wobei diese rückläufige Entwicklung nicht durch
zunehmende Verkäufe von Blu-ray-Discs ausgeglichen wurde. Der „Home Entertainment“ -
Markt ist demzufolge im ersten Halbjahr 2009 um insgesamt 5 % geschrumpft.145

Der rückläufige Trend am Videomarkt ist für amerikanische Produzenten sicherlich deutlicher
spürbar (im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass die Studios in diesem Segment 40 -
50 % ihrer Nettoeinnahmen erzielen) als für europäische Produzenten, deren Einnahmen
aus Video anscheinend weniger hoch sind.

1.5.4. Legale VoD-Angebote als Antwort auf Piraterie

Wenn es um die Entwicklung neuer Strategien der Industrie und einer audiovisuellen Politik
geht, wird oftmals eher dem gesunden Menschenverstand vertraut als den methodisch
argumentierten Analysen. Wissenschaftliche Studien, wie die weiter oben aufgeführten,
wecken eher das Misstrauen der Branche, statt in ihren Überlegungen berücksichtigt zu
werden. Die Filmindustrie, die die gleiche Krise auf sich zukommen sieht wie die
Musikindustrie, holt zum Gegenschlag aus, indem sie zum einen versucht, Piraterie durch
die Einführung einer repressiven Politik einzudämmen und andererseits legale Angebote
einrichtet, die eine Alternative zu den kostenlosen Angeboten der Peer-to-Peer-Systeme,
aber auch zu der zunehmenden Bedrohung durch die leichter zugänglichen Streaming-
Angebote darstellen können. So ist die Einrichtung legaler Angebote seit mehreren Jahren
das neue Kredo der Industrie geworden. Es ist noch zu früh zu beurteilen, ob sich diese
Alternative durchsetzen wird oder ob sich die Gratis-Kultur dauerhaft zum Nachteil

143
Detaillierte Zahlen können hier nachgelesen werden: EUROPEAN AUDIOVISUAL OBSERVATORY, FOCUS
2009, World Film Market Trends, Cannes Market, 2009,
http://www.obs.coe.int/online_publication/reports/focus2009.pdf
144
IVF, The European Video Yearbook 2009, Brussels, 2009.
145
Adams Media Research, 31. Juli 2009, http://www.adamsmediaresearch.com/news/news-usvi-073109-
rj/view.html

74
kostenpflichtiger Modelle, auf die die Filmindustrie seit Ende des 20. Jahrhunderts baut,
behaupten wird. In diesem Fall müssten andere Geschäftsmodelle für die Vergütung der
Autoren entwickelt werden.146

1.5.5. Neufestlegung der Verwertungsfenster als Antwort auf Piraterie

Legale Angebote können allerdings nicht eingerichtet werden, ohne den Umfang kostenloser
Angebote im Rahmen von Piraterie zu berücksichtigen. Dieses kostenlose Angebot sorgt bei
den legalen Angeboten für Preisdruck, zwingt die Industrie aber auch, die „zeitliche Abfolge
der Medien“, d.h. die Fristen der Zurverfügungstellung der Werke nach dem Kinostart oder
der Erstausstrahlung im Fernsehen neu festzulegen. Um der Schnelligkeit zu begegnen, mit
der die Piraten neue Inhalte innerhalb kurzer Zeit nach ihrer ersten Verbreitung verfügbar
machen, sieht die Branche letztlich ein, dass eine Verkürzung der Frist für die Bereitstellung
der Werke als kostenpflichtige VoD, die im Allgemeinen zeitgleich mit der Verwertung als
Pay-per-View und dem Erscheinen als DVD erfolgt, notwendig ist.

In den Vereinigten Staaten hängt die zeitliche Abfolge der Ausstrahlung von der Strategie
der Produzenten ab und die Majors haben, wie wir sehen werden, in den letzten Jahren
strategische Entscheidungen in Bezug auf die Verfügbarkeit der Werke als VoD getroffen. In
Europa unterscheidet sich die klassische Festlegung der Verwertungsfenster, insbesondere
in Bezug auf die Fristen für die Ausstrahlung der Filme im Fernsehen, je nach Land: In
einigen Ländern (Frankreich, Portugal und - nur bei subventionierten Filmen - in Deutschland
und Österreich) ist sie gesetzlich geregelt. In der Mehrzahl der Länder ist der Gesetzgeber
entweder in dieser Frage nicht aktiv geworden oder hat sich lediglich darauf beschränkt,
festzustellen, dass diese Frage vertraglich zu regeln ist.147

1.5.5.1. Neue Regelung der Verwertungsfenster in Frankreich

In Bezug auf die Verwertungsfenster für audiovisuelle Abrufdienste, erhielten sogar in


Frankreich Branchenabsprachen Vorrang vor rechtlichen Regelungen. Bezeichnenderweise
wurden die rechtlichen Grundlagen für die Festlegung der Verwertungsfenster im Rahmen
des am 12. Juni 2009 verabschiedeten Gesetzes "Création et Internet" und damit im
Rahmen der Entwicklung einer Politik zur Bekämpfung der Piraterie überarbeitet.148

Danach ist die Mindestfrist für die Verwertung von Videoinhalten gesetzlich festgelegt. Der
neu gefasste Artikel 30-4 des Code de l’industrie cinématographique sieht hierfür eine Frist
von vier Monaten nach dem Kinostart vor, wobei der CNC diese Frist in Ausnahmefällen auf
bis zu drei Monate senken kann. In Bezug auf audiovisuelle Abrufdienste und

146
In Frankreich wurden Patrick Zelnik zusammen mit Jacques Toubon und Guillaume Cerutti vom
französischen Kulturminister Frédéric Mitterrand beauftragt, ein Modell für legale kulturelle Angebote im
Internet und für die Vergütung der Urheber sowie die Finanzierung der Kulturindustrie zu entwickeln. Ziel des
Auftrags ist es, sowohl Verbraucher als auch Urheber von dem durch das Hadopi-Gesetz (vgl. 2.1.4.)
geschaffenen Rechtsrahmen profitieren zu lassen, indem ein attraktives legales Angebot eingerichtet wird
und für die Vergütung und Finanzierung der Künstler und der sie unterstützenden Unternehmen neue
Quellen gefunden werden. Pressemitteilung des Kulturministers, 3. September 2009.
http://www.culture.gouv.fr/mcc/Espace-Presse/Communiques/Frederic-Mitterrand-confie-a-Patrick-Zelnik-
accompagne-de-Jacques-Toubon-et-de-Guillaume-Cerutti-une-mission-sur-l-offre-legale-de-contenus-
culturels-sur-Internet-et-sur-la-remuneration-des-createurs-et-le-financement-des-industries-culturelles
147
Weitere Informationen über die entsprechenden Rechtsvorschriften können nachgelesen werden bei M.
KUHR, Verwertungsfenster im Wandel: Herausforderungen für die Chronologie audiovisueller Medien, IRIS
Plus, Observatoire européen de l’audiovisuel, Strasbourg, April 2008,
http://www.obs.coe.int/oea_publ/iris/iris_plus/iplus4_2008.pdf.fr
148
Wir legen hier die zusammenfassende Präsentation der neuen Regelung zugrunde, die veröffentlicht wurde
in: La lettre du CNC, Juli-August 2009, S.4-5,
http://www.cnc.fr/CNC_GALLERY_CONTENT/DOCUMENTS/Lettre_du_CNC/Lettre66_OK.pdf

75
Fernsehdienste hat der Gesetzgeber Branchenabsprachen vorgesehen. So sehen Artikel 30-
5 und 30-6 des Code de l'industrie cinématographique vor, dass die Frist nach der die
Verwertung eines Kinofilms als audiovisueller Abrufdienst oder im Fernsehen möglich ist,
branchenintern festgelegt werden kann. Auch wenn der Gesetzgeber den Fokus auf
Branchenvereinbarungen legte, hat er zeitliche Rahmenbestimmungen für audiovisuelle
Abrufdienste festgelegt, um die schnelle Einführung der neuen Verwertungsfenster zu
erreichen.

In diesem Rahmen wurde am 6. Juli 2009 nach den unter Federführung des CNC geführten
Verhandlungen eine neue brancheninterne Vereinbarung getroffen zwischen repräsentativen
Organisationen aus dem Filmbereich einerseits und den Diensteherausgebern und den
Organisationen, die den Videosektor, die verschiedenen Kategorien audiovisueller
Abrufdienste und Fernsehdienste, um die es in dieser Vereinbarung geht, vertreten.149 Die
Parteien haben dabei folgende Verwertungsfenster vereinbart:
- Für einzeln bezahlte audiovisuelle Abrufdienste gilt danach die gleiche Frist wie für
Videos auf Datenträgern, d.h. vier Monate nach dem Kinostart, wobei
Sonderregelungen möglich sind, bei denen das Zeitfenster um bis zu vier Wochen
nach vorne verschoben werden kann. Dies ist aber nur bei Filmen möglich, die in der
vierten Verwertungswoche nicht mehr als 200 mal im Kino angesehen wurden;
- Für normale Fernsehdienste und kostenpflichtige Fernsehdienste, die keine Kinofilme
umfassen, variieren die Fristen je nach Art der Beteiligung der Dienstebetreiber an
der Kinoproduktion:
 Eine Frist von zweiundzwanzig Monaten nach dem Kinostart gilt dann, wenn
der Dienstebetreiber Koproduktionsverpflichtungen in Höhe von mindestens
3,2 % seines Umsatzes (einschließlich Fernsehanteil) eingeht;
 In allen anderen Fällen gilt eine Frist von dreißig Monaten;
- Für abonnierte audiovisuelle Abrufdienste ist eine einheitliche Frist von 36 Monaten
ab Kinostart vorgesehen;
- Kinoproduktionen, die der Nutzer kostenlos abrufen kann, dürfen, mit Ausnahme
streng begrenzter Werbeaktionen, erst nach Ablauf einer Frist von achtundvierzig
Monaten nach dem Kinostart erfolgen;
- Die Bereitstellung eines Kinofilms im Rahmen eines Catch-up-TV-Dienstes ist an die
Ausstrahlung im Fernsehen gebunden, da die beiden Vertriebsarten verknüpft sind.

1.5.5.2. Die laufenden Diskussionen in anderen europäischen Ländern

In den anderen europäischen Ländern wird ebenso über eine Neugestaltung der
Verwertungsfenster diskutiert.
- In Deutschland hat die SPIO, die die deutschen Unternehmen der Filmbranche
vertritt, eine fundierte empirische Studie eingeleitet, um die Nutzungsformen besser
kennenzulernen, die je nachdem, ob es sich um amerikanische, deutsche oder
europäische Filme handelt, sehr unterschiedlich sind.
- In Italien schlägt die Coordinamento Nazionale delle Videoteche Associate, die
Interessengemeinschaft der Videotheken, eine schnellere Verwertung von Inhalten
für den Videoverleih vor, um der Konkurrenz durch illegale Download-Seiten und

149
Es ist anzumerken, dass keine umfassende Einigung erzielt wurde: Die kollektiven Verwertungs-
gesellschaften SACD und ARP, die die Urheber bzw. die Regisseure und Produzenten vertreten, haben sich
dieser Vereinbarung nicht angeschlossen, da sie der Ansicht waren, dass die Bedingungen nicht geeignet
seien, einen Aufschwung attraktiver Abrufdienste zu begünstigen. Vgl. Pressemitteilung SACD, 6. Juli 2009,
http://www.sacd.fr/Accord-sur-la-refonte-de-la-chronologie-des-medias.1278.0.html; Pressemitteilung ARP,
6. Juli 2009, http://www.larp.fr/article.php3?id_article)901

76
Streaming-Seiten (wie Megavideo) besser begegnen zu können, die die italienische
Fassung schon knapp drei Monate nach dem Kinostart bereitstellen. Laut dieser
Organisation sollte die Planung der Video-Verwertungsfensters auf der Grundlage der
voraussichtlichen Einspielergebnisse festgelegt werden: so könnten die
Verwertungsfenster für Videoverleih bei Filmen mit eher geringen
Einspielergebnissen verkürzt werden. Die ANEC, die die Betreiberseite vertritt, erklärt
sich gesprächsbereit, ist aber der Ansicht, dass es illusorisch ist davon auszugehen,
dass eine Verkürzung der Verwertungsfenster eine Lösung für Piraterie darstellt und
möchte nicht, dass der Videomarkt den Vertrieb in den Kinosälen bedroht.150 Es muss
nur noch geklärt werden, ob die Verwertungsfenster für Pay-per-View oder VoD-
Verleih mit Videoverleih identisch sein sollen, was von Antonio Allocati, dem Direktor
der Zeitschrift Trade Home Entertainment, die sich auf Fragen im Zusammenhang mit
den traditionellen Videomärkten spezialisiert hat, als gefährlich angesehen wird.151
- In Belgien befürchten die französischsprachigen Anbieter und Betreiber, dass sich
eine Verkürzung des Verwertungsfensters für das Erscheinen als DVD, die gerade in
Frankreich beschlossen wurde, auf den Markt auswirkt: Die nach Frankreich
importierten DVD könnten dann nämlich bereits verfügbar sein, wenn die Filme in die
Kinos kommen.152
- Im Vereinigten Königreich entsprechen die Verwertungsfenster für VoD-Verleih in der
Regel denen für Pay-per-View-Dienste und nVoD, d.h. die Filme sind im Allgemeinen
sechs bis sieben Monate nach dem Kinostart verfügbar. Für VoD-Kauf gilt das gleiche
Verwertungsfenster wie für das Erscheinen als DVD, also vier Monate nach
Erstaufführung. Aufgrund fehlender Regelungen kann es je nach Titel erhebliche
Unterschiede geben.153 Die Vertriebsgesellschaft Curzon Artificial Eye testet
gleichzeitiges Erscheinen europäischer Filme im Kino, als VoD und als Pay-per-View.
(vgl. 1.2.7).

150
"Window, dibattito acceso", Trade Home Entertainment, Juli/August 2009, S.30-31.
151
A. ALLOCATI, "Window, discutiamone seriamente", Trade Home Entertainment, Juli/August 2009, S.9.
152
Beitrag von Eliane Dubois, Direktorin der Vertriebsgesellschaft Cinélibre, anlässlich des European Cinema
Summit, Brüssel, 17. Juli 2009.
153
UK Film Council, Statistical Yearbook 09, UK Film Ccouncil, London, 2009, S.a105.

77
TEIL 2.

VOD IM RAHMEN DER EUROPÄISCHEN


AUDIOVISUELLEN POLITIK
2.1. ERARBEITUNG EINES EUROPÄISCHEN RECHTSRAHMENS
FÜR AUDIOVISUELLE ABRUFDIENSTE154
Die europäischen Institutionen haben verschiedene Maßnahmen zur Unterstützung und
Regelung vorgesehen, die die Entstehung eines europäischen VoD-Marktes ermöglichen
sollen.

2.1.1. Die Verabschiedung der EU-Richtlinie über audiovisuelle


Mediendienste

Die neue Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste155 bildet künftig den gemeinschaftlichen
Rechtsrahmen für Videoabrufdienste. Dieser Rechtsrahmen wird wirksam, sobald die
Mitgliedstaaten die Richtlinie in nationales Recht umgesetzt haben.

Am 29. November 2007 hat das Europäische Parlament den Gemeinsamen Standpunkt des
Rates über den Vorschlag für eine neue Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste ohne
Grenzen in allen Punkten bestätigt. Der Gemeinsame Standpunkt vom 15. Oktober 2007 ist
das Ergebnis interinstitutioneller Verhandlungen während des gesamten
Gesetzgebungsverfahrens: Die informellen Kontakte zwischen dem Parlament, der
Kommission und dem Rat ergaben eine Fassung, die vom Parlament unverändert
angenommen wurde.156

Die Kommission hatte zunächst eine Regelung vorgeschlagen, die aus gemeinsamen
Kernbestimmungen besteht, die für alle audiovisuellen Mediendienste gelten. Diese sollten
durch eine Reihe von Verpflichtungen ergänzt werden, die ausschließlich für den Bereich der
Fernsehtätigkeit gelten sollten. Dies schien die beste Lösung zu sein, zumal es in der
Erwägung 42 der Richtlinie heißt: „Audiovisuelle Mediendienste auf Abruf unterscheiden sich
von Fernsehprogrammen darin, welche Auswahl- und Steuerungsmöglichkeiten der Nutzer
hat und welche Auswirkungen sie auf die Gesellschaft haben. Deshalb ist es gerechtfertigt,
für audiovisuelle Mediendienste auf Abruf weniger strenge Vorschriften zu erlassen, so dass
sie nur den Grundvorschriften dieser Richtlinie unterliegen sollten." Trotz einiger struktureller
Änderungen an der ursprünglichen Fassung (Einfügung neuer Kapitel und Neufassung
bestimmter Artikel), wurde dieser Ansatz schließlich beibehalten. Hinsichtlich der
wesentlichen Änderungen, die der Rat am Wortlaut vorgenommen hat, erklärte die
Kommission, dass die neue Fassung den Zielen der in der ursprünglichen und geänderten
Fassung enthaltenen Vorschläge der Kommission entspreche. Die wesentlichen Punkte
dieser Richtlinie werden nachfolgend zusammengefasst.

Die Richtlinie erläutert die Ausdehnung des Anwendungsbereichs der von der Kommission
vorgeschlagenen Richtlinie. Wie der Rat erklärt, besteht die Grundidee der Richtlinie darin,
dass die künftig berücksichtigten „Abrufdienste“ den gleichen Wettbewerbsbedingungen
unterliegen sollten wie die für das gleiche Publikum bestimmten Fernsehdienste. In der
ersten Lesung hatte das Parlament den Begriff „audiovisuelle Mediendienste“ bereits näher

154
Dieses Kapitel gibt einen kurzen Überblick. Nähere Informationen zum rechtlichen Hintergrund von
Videoabrufdiensten finden sich insbesondere in den Veröffentichungen der Europäischen Audiovisuellen
Informationsstelle zu rechtlichen Aspekten, inbesondere in: Rechtliche Aspekte von Video-on-Demand, IRIS
Special, Straßburg 2007, http://www.obs.coe.int/oea_publ/iris_special/2007_02.html
155
Richtlinie 2007/65/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 11. Dezember 2007
zur Änderung der Richtlinie 89/552/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und
Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit,
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2007:332:0027:0045:DE:PDF
156
Wir verwenden hier Auszüge von Herrn Rossini, EU-Ministerrat / Europäisches Parlament: "Adoption de la
Directive relative aux services de médias audiovisuels", IRIS 2008-1:5/3, Europäische Audiovisuelle
Informationsstelle, Mai 2008.

81
definiert und betont, dass damit weder Internetseiten gemeint seien, die audiovisuelle
Elemente nur als Ergänzung, nicht aber als Hauptzweck anbieten, noch elektronische
Ausgaben von Zeitungen und Zeitschriften. Die Richtlinie beginnt unter Artikel 1 mit einer
Reihe von Definitionen. So werden „audiovisuelle Mediendienste“ definiert als „eine
Dienstleistung im Sinne der Artikel 49 und 50 des Vertrags, für die ein
Mediendiensteanbieter die redaktionelle Verantwortung trägt und deren Hauptzweck die
Bereitstellung von Sendungen zur Information, Unterhaltung oder Bildung der allgemeinen
Öffentlichkeit über elektronische Kommunikationsnetze im Sinne des Artikels 2 Buchstabe a
der Richtlinie 2002/21/EG ist. Bei diesen audiovisuellen Mediendiensten handelt es sich
entweder um Fernsehprogramme gemäß der Definition unter Buchstabe e des vorliegenden
Artikels oder um audiovisuelle Mediendienste auf Abruf gemäß der Definition unter
Buchstabe g des vorliegenden Artikels und/oder die audiovisuelle kommerzielle
Kommunikation“. Gemäß Punkte (e) versteht man unter: „‘Fernsehprogramm‘ (d.h. ein
linearer audiovisueller Mediendienst) einen audiovisuellen Mediendienst, der von einem
Mediendiensteanbieter für den zeitgleichen Empfang von Sendungen auf der Grundlage
eines Sendeplans bereitgestellt wird“ und gemäß Punkt (g) unter „‘audiovisueller
Mediendienst auf Abruf‘ (d.h. ein nicht-linearer audiovisueller Mediendienst) einen
audiovisuellen Mediendienst, der von einem Mediendiensteanbieter für den Empfang zu dem
vom Nutzer gewählten Zeitpunkt und auf dessen individuellen Abruf hin aus einem vom
Mediendiensteanbieter festgelegten Programmkatalog bereitgestellt wird.“157

Die gemäß dieser Richtlinie festgelegten Grundsätze (insbesondere der Grundsatz der
Rechtshoheit, nach dem die Zuständigkeit bei dem Land liegt, in dem der
Mediendiensteanbieter niedergelassen ist) gelten in ähnlicher Weise für lineare und nicht-
lineare Dienste.

In zwei Bereichen wurden die Vorschriften speziell an nicht-lineare Dienste angepasst:


- Schutz Minderjähriger: Der neu eingefügte Artikel 3g sieht vor, dass die Inhalte, die
die körperliche, geistige und sittliche Entwicklung Minderjähriger ernsthaft
beeinträchtigen könnten, nur so bereitgestellt werden dürfen, dass sichergestellt ist,
dass diese audiovisuellen Mediendienste auf Abruf von Minderjährigen üblicherweise
nicht gehört oder gesehen werden können.
- Kulturelle Vielfalt: Laut dem neu eingefügten Artikel 3i müssen die Mitgliedstaaten
dafür sorgen, dass audiovisuelle Mediendienste auf Abruf die Produktion
europäischer Werke und den Zugang zu diesen fördern. Diese Förderung könne in
Form einer finanziellen Beteiligung solcher Dienste an der Produktion und am Erwerb
von Rechten an europäischen Werken erfolgen oder durch einen wesentlichen Anteil
europäischer Werke in den Programmkatalogen.

In den Artikeln, die sich auf die Förderung europäischer audiovisueller Werke beziehen,
werden allerdings die nicht-linearen Dienste gesondert betrachtet. Die Richtlinie fordert die
Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass die nicht-linearen Dienste zur Unterstützung und
Finanzierung europäischer Werke beitragen und damit zur kulturellen Vielfalt innerhalb der
Europäischen Union.

Dieser Beitrag kann unter anderem in folgender Form erfolgen:


- Finanzieller Beitrag zur Produktion europäischer Werke und zum Erwerb der Rechte
an diesen Werken;
und/oder

157
Es ist anzumerken, dass diese Definition, insbesondere der Verweis auf den vom Mediendiensteanbieter
ausgewählten Programmkatalog, die nutzergenerierten Inhalte (UGC) aus dem Anwendungsbereich der
Richtlinie ausschließt.

82
- Mindestanteil europäischer Werke in Katalogen von Videoabrufdiensten;
- Attraktive Präsentation europäischer Werke in den angebotenen Programmkatalogen.

Eine von der Kommission in Auftrag gegebene Studie prüft erstmals die Bekanntheit dieser
neuen Bestimmungen bei den Betreibern und die Probleme, die bei der Umsetzung und
Überwachung dieser Vorschriften entstehen.158

2.1.2. Definition einer europäischen Politik zur Förderung kreativer Online-


Inhalte

Auf der Grundlage einer Studie159 über die interaktiven Inhalte in der EU25, die davon
ausgeht, dass bis 2010 die Einnahmen aus dem Verkauf von Online-Inhalten um 400 %
zunehmen, hat die Europäische Kommission am 3. Januar 2008 eine Mitteilung160
veröffentlicht, in der sie die Mitgliedstaaten zur Einrichtung eines Markts für kreative Online-
Inhalte ermutigt.

In dem Bestreben, die Entwicklung dieser neuen Form des Vertriebs audiovisueller Inhalte
unter Wahrung eines ausgewogenen Wettbewerbs zwischen Telekommunikationsbetreibern
und audiovisuellen Veranstaltern sicherzustellen, hat die EU-Kommissarin für die
Informationsgesellschaft und Medien, Viviane Reding, auf der Grundlage einer 2006
durchgeführten öffentlichen Konsultation vier Hauptanforderungen an die neuen
Geschäftsmodelle für europäische Online-Inhalte formuliert:
- Online-Verfügbarkeit des Inhalts,
- Verbesserung der Lizenzierungsmechanismen durch die Gewährung gebietsüber-
greifender Lizenzen,
- Interoperabilität und Transparenz der DRM-Systeme,
- Entwicklung legaler Angebote und Lösung des Problems der Piraterie.

Die Europäische Kommission hat auf der Grundlage dieser Mitteilung eine neue Konsultation
gestartet. Nahezu 250 Beiträge von öffentlichen Institutionen, Berufsverbänden und
Unternehmen sowie zahlreiche Beiträge von Bürgern gingen ein.161

Die Mitteilung von 2008 schlug außerdem die Einrichtung einer Diskussionsgruppe mit den
betroffenen Akteuren (die „Plattform für Online-Inhalte“) vor, die die künftigen
Herausforderungen untersuchen sollte. Der Abschlussbericht dieser Plattform wurde im Mai
2009 veröffentlicht.162

158
ATTENTIONAL et al., Study on the application of measures concerning the promotion of the distribution and
production of European works in audiovisual media services (i.e. including television programmes and non-
linear services, Draft report, 21. Oktober 2008.
http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/library/studies/art4_5/draft_final_report.pdf
Die endgültige Fassung wurde am 28. Mai 2009 von der Europäischen Kommission veröffentlicht:
http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/library/studies/art4_5/final_report.pdf
159
Von der Generaldirektion Informationsgesellschaft und Medien der Europäischen Kommission in Auftrag
gegebene Studie Interactive Content and Convergence; Implications for the Information Society, die am 25.
Januar 2007 veröffentlicht wurde.
http://ec.europa.eu/information_society/eEurope/i2010/docs/studies/interactive_content_ec2006.pdf
160
Mitteilung SEK(2007) 1710 der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen
Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über kreative Online-Inhalte im
Binnenmarkt. http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:52007DC0836:EN:NOT
161
http://ec.europa.eu/avpolicy/other_actions/content_online/consultation_2008/index_en.htm
162
http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/other_actions/col_platform_report.pdf

83
2.1.2.1. Die Rechteinhaber zur Verbreitung von Inhalten ermutigen

Laut Europäischer Kommission sind die Rechteinhaber derzeit hinsichtlich der Online-
Bereitstellung ihrer Inhalte sehr zurückhaltend. Diese Zurückhaltung lässt sich nicht nur mit
der befürchteten Online-Piraterie erklären, sondern auch mit der Schwierigkeit,
Vereinbarungen zwischen den Rechteinhabern und den Online-Diensteanbietern über die
Bedingungen für die Verwertung kreativer Inhalte zu schließen. Die Kommission hat die
Online-Diensteanbieter aufgefordert, zur Ausarbeitung von Lösungen163 beizutragen,
insbesondere über eine Informationsplattform, die sie für die Beiträge zur Verfügung stellen
will.164 Sie schlägt zudem die Einführung eines zwischen Zugangs- und Diensteanbietern,
Rechtsinhabern und Verbrauchern geltenden „Verhaltenskodex“ vor.

Darüber hinaus möchte die Kommission das Problem der verwaisten Werke165 lösen, das
ebenfalls zur mangelnden Verfügbarkeit kreativer Inhalte beiträgt.

2.1.2.2. Gebietsübergreifende Lizenzen

Nach Ansicht der Europäischen Kommission166 bremst die Tatsache, dass Urheberrechte
territorial gebunden sind, die Entwicklung im Bereich der Verbreitung von Online-Angeboten.
Die europäische Harmonisierung der Systeme von Urheberrechten für kreative Inhalte
müsste die Kosten für eine europaweite Einrichtung von Online-Diensten reduzieren. Ein
Anbieter, der seine Inhalte in verschiedenen Mitgliedsländern der Union anbieten möchte,
muss heute nämlich in jedem einzelnen Mitgliedstaat Verwertungsrechte zahlen. Zur Lösung
dieses Problems schlägt die Europäische Kommission vor, die Einrichtung verschiedener
gebietsübergreifender Lizenzen zu prüfen, je nachdem, ob sie für den Primär- oder
Sekundärmarkt bestimmt sind.

a. VoD-Dienste als Bestandteil des freien Warenverkehrs innerhalb des gemeinsamen


Marktes
Die Verwertungsrechte für Kinofilme und audiovisuelle Werke werden für jedes Land einzeln
verwaltet, d.h. die Urheberrechte sind territorial gebunden oder werden vom Land geschützt.

Gemäß Territorialitätsgrundsatz werden Art und Umfang eines geistigen Eigentumsrechts


von dem Land geregelt, in dem der Urheber sein Werk schützen will. Wird ein Werk in
mehreren Ländern als VoD verwertet, wird der Schutz der Urheberrechte auf die Anzahl der
betroffenen Länder ausgedehnt. Die Rechte werden für jedes Land oder jede Ländergruppe
(wie z.B. Deutschland, Österreich, Schweiz) einzeln gewährt.

Eine Übersicht über die verschiedenen geltenden Regelungen zeigt, dass sich die
Identifizierung der Inhaber von Urheberrechten oder ähnlichen Rechten von Land zu Land
stark unterscheidet.167 Neben diesen Unterschieden bei der Definition der Rechte sind die

163
Kommunikation der Kommission, http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/other_actions/col_annex_de.pdf
164
Ibid
165
Ein verwaistes Werk kann als ein urheberrechtlich oder durch verwandte Schutzrechte geschütztes Werk
definiert werden, dessen Rechteinhaber für eine Person, die für die Nutzung dieses Werks die Zustimmung
benötigt, nicht identifizierbar oder lokalisierbar ist. Vgl. S. VAN GOMPEL, "Audiovisuelle Archive und die
Unklärbarkeit von Rechten an verwaisten Werken", IRIS Plus, 2007-4, Europäische Audiovisuelle
Informationsstelle, 2007.
166
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2007:0836:FIN:FR:PDF
167
Vgl. Kreativität hat ihren Preis. Die Rolle der Verwertungsgesellschaften, IRIS Spezial, Europäische
Audiovisuelle Informationsstelle, 2009, http://www.obs.coe.int/oea_publ/iris_special/2009_01.html

84
Vertrags- und Vertriebspraktiken bei der Verwertung als VoD sehr unterschiedlich. Auch die
Vorschriften für die zeitliche Abfolge der Medien variieren.168

Diese Heterogenität der rechtlichen Regelungen für die Verwertung von Urheberrechten
könnte der Verbreitung dieser Werke innerhalb der Europäischen Gemeinschaft schaden
und insbesondere der Bereitstellung in allen Ländern als VoD. Um diesen Missstand zu
beheben, erwägt die Europäische Kommission die Einrichtung einer gebietsübergreifenden
Lizenz, so dass die VoD-Anbieter die Urheberrechte nicht mehr für jedes Land einzeln
aushandeln müssten.169

b. Die Vorschläge der Kommission


Der Vorschlag der Kommission soll es den Anbietern von VoD-Diensten ermöglichen, die
Verwertung von Kinofilmen oder audiovisuellen Produktionen für das gesamte Gebiet der
Europäischen Gemeinschaft und nicht für jedes Land einzeln auszuhandeln. Nach Ansicht
der Kommission behindern die im Zusammenhang mit dem Aushandeln von
Verwertungsrechten in jedem Mitgliedstaat verursachten Kosten eine Verwertung der Werke
außerhalb des Lands, aus dem sie kommen: „Im Online-Bereich ist es möglich,
Inhaltsdienste im gesamten Binnenmarkt zur Verfügung zu stellen. Das Fehlen
gebietsübergreifender Urheberrechtslizenzen erschwert jedoch die volle Nutzung des
Binnenmarktpotenzials im Bereich der Online-Dienste“.

Die Europäische Kommission schlägt daher die Einführung eines Systems vor, durch das die
Rechteinhaber einen Anreiz erhalten, neben der Hauptlizenz eine zweite
gebietsübergreifende Lizenz zu gewähren. Dies war bereits angeregt worden bei der
Unterzeichnung der „Europäischen Charta für die Entwicklung und Einführung von Film
Online“170 am 23. Mai 2006 anlässlich der Internationalen Filmfestspiele von Cannes unter
der Schirmherrschaft der Europäischen Kommission. Die von Vertretern der Film- und
Inhaltsbranche, von Internet-Diensteanbietern und Telekommunikationsbetreibern
unterzeichnete Charta fördert „europa- oder gebietsübergreifende Lizenzen und
Genehmigungsverfahren, insbesondere für europäische Filme, mit eingeschränkter
Verteilung außerhalb der Hauptregionen“. Dieser Vorschlag fügt sich zudem in die Reihe der
zentralen Aufgaben ein, die die Kommission in ihrer Studie über interaktive Inhalte ermittelt
hat.171

Die Mitteilung der Kommission vom 3. Januar 2008 könnte zur Verabschiedung einer
Mitteilung des Parlaments und des Rates über kreative Online-Inhalte im Binnenmarkt
führen. Eine von der Kommission in Auftrag gegebene Studie prüft zurzeit die Auswirkungen
gebietsübergreifender Lizenzen und deren eventuellen Modalitäten.

c. Gegensätzliche Reaktionen
In vielen Beiträgen zur Konsultation wird der Wunsch der Europäischen Kommission,
grenzübergreifende VoD-Dienste einzurichten, um audiovisuelle Produktionen einem
größtmöglichen Publikum zugänglich zu machen, begrüßt. Allerdings vertreten auch viele die

168
Zur juristischen Analyse der zeitlichen Abfolge der Medien, siehe Beitrag von KUHR, "La chronologie des
médias en pleine évolution", IRIS Plus, Europäische Audiovisuelle Informationsstelle, April 2008.
169
Mitteilung der Kommission über kreative Online-Inhalte im Binnenmarkt, 3. Januar 2008,
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2007:0836:FIN:DE:PDF
170
Europäische Charta für die Entwicklung und Einführung von Film Online, 23. Mai 2006,
http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/other_actions/film_online_de.pdf
171
“Interactive content and convergence: implications for the information society”, 2006,
http://ec.europa.eu/information_society/eEurope/i2010/docs/studies/interactive_content_ec2006.pdf

85
Ansicht, dass das jetzige System gut funktioniere und es vielleicht zu früh sei,
gebietsübergreifenden Lizenzen einzuführen.

Dem Europäischen Regieverband (FERA)172 zufolge gibt es drei Hindernisse, die dem
Bestreben der Kommission entgegenstehen:
- Der unklare kommerzielle Wert dieser neuen Verbreitungswege (was die Festlegung
eines festen Verwertungsrahmens erschwert).
- Die Zurückhaltung der Rechteinhaber gegenüber den digitalen Netzen wegen der
Angst vor Piraterie.
- Das mögliche Auftreten von Konflikten zwischen den Inhabern der Zugangsrechte zu
diesen Netzen und den Inhabern der Zugangsrechte für die herkömmlichen
Verbreitungsdienste.

Die European Film Companies Alliance (EFCA)173 ist der Ansicht, dass gesamteuropäische
Lizenzen ein wesentliches Element der insbesondere wertmäßigen Aufwertung der
Programmkataloge seien. Bei den Produktionsgesellschaften in der EU handele es sich
zumeist um sehr kleine Unternehmen, die am Aushandeln zusammengefasster Rechte (für
mehrere Gebiete und Netze) durchaus verdienen könnten.

Die EFCA hält es allerdings für gefährlich, auf ein gebietsweises Aushandeln zu verzichten,
zumal die unabhängigen europäischen Kinofilme von zahlreichen Finanzierungsquellen
abhängen, was zu einer großen Zersplitterung der Rechte führe. Die Mehrzahl der Filme
richte sich an ein nationales Publikum, was sich in deren Finanzstruktur widerspiegelt.
Außerdem variierten die Verwertungskosten eines Werks (Marketing, Vervielfältigung usw.)
je nach Land, was zu unterschiedlichen Tarifen für diese Rechte führe.

Auf den VoD-Plattformen bestehe die Gefahr der Marginalisierung der europäischen
Produktionen gegenüber den amerikanischen, da die amerikanischen Majors über
umfangreiche Kataloge verfügten und daher gebietsübergreifende Rechte zu ihrem Vorteil
aushandeln könnten. Den europäischen Gesellschaften, von denen die meisten weniger als
zwei Filme pro Jahr produzieren, würde man dagegen aufgrund fehlender Mittel und
Sichtbarkeit „Dumping“-Vereinbarungen anbieten.

Die Berufsverbände, die die Urheber audiovisueller Inhalte und die Produzenten vertreten,
haben in den meisten Fällen ihre Skepsis oder gar Ablehnung in Bezug auf den eventuell
zwingenden Charakter gebietsübergreifender Lizenzen geäußert. Die Société des Auteurs et
Compositeurs Dramatiques, SACD, vertritt in diesem Zusammenhang folgende Ansicht: Die
„Einführung einer gebietsübergreifenden Lizenz setzt voraus, dass die Rechteinhaber vorab
ihr Einverständnis gegeben haben. Folglich kann das System der gebietsübergreifenden
Lizenzen von der Europäischen Union nur unter Verletzung der Bestimmungen des EG-
Vertrags eingerichtet werden. Die Inhaber geistiger Eigentumsrechte müssen weiterhin die
Möglichkeit haben, ihre Rechte an Akteure ihrer Wahl abzutreten und zwar innerhalb der von
ihnen definierten Gebietsgrenzen.“174 Die SACD vertritt darüber hinaus folgenden
Standpunkt: „Hinsichtlich gebietsübergreifender Lizenzen für audiovisuelle Werke muss
zunächst die nicht funktionierende Vergütungsregelung für Drehbuchautoren und Regisseure
in Europa neu geregelt werden, zumal diese fast keinerlei Vergütung erhalten, wenn ihre
Produktionen außerhalb der ursprünglichen territorialen Grenzen und insbesondere als VoD
verbreitet werden. Dies ist ausgesprochen ungerecht und muss auf gemeinschaftlicher
Ebene geklärt werden, bevor neue Geschäftsmodelle für Online-Inhalte festgelegt werden.“
Der Europäische Regieverband (FERA) räumt jedoch ein, dass ein freiwilliges Modell für

172
http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/other_actions/col_2008/ngo/fera_en.pdf
173
http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/other_actions/col_2008/ngo/efca_en.pdf
174
http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/other_actions/col_2008/ngo/sacd_fr.pdf

86
gebietsübergreifende Lizenzen, demzufolge Inhalte, die zunächst nur in einem Land
verbreitet wurden, nach einer bestimmten Zeitraum in anderen Ländern online bereitgestellt
würden, eine interessante Idee sei, die mit den betreffenden Fachleuten diskutiert werden
sollte.175

Die International Federation of Film Producers Associations (FIAPF)176 und die Independent
Film & Television Alliance (IFTA)177 sind der Ansicht, dass es für die Inhaltsbranche
gefährlich wäre, dem Rechteinhaber die Entscheidung über den Verkauf
gebietsübergreifender Rechte zu nehmen. Zahlreiche Faktoren bestimmten die Bedingungen
des Rechteerwerbs: Exklusivität, zeitliche Abfolge der Medien, landesspezifische
Traditionen, Sprachen usw. Die Bedürfnisse und Praktiken hinsichtlich des Konsums von
Inhalten unterscheiden sich je nach Land und es sei durchaus normal, dass sich die
Rechteinhaber diesen flexiblen Bedingungen anpassten. Außerdem werde der kommerzielle
Wert eines Werks durch individuelle Verhandlungen optimiert.

Dieser Standpunkt wird auch von der Vivendi-Gruppe178 geteilt, die den Markt „reifen lassen“
will. Die Gruppe möchte die Vertragsfreiheit beibehalten, die zum jetzigen Zeitpunkt eine
gebietsübergreifende Verwertung von Inhalten nicht behindere, dem Rechteinhaber aber die
Möglichkeit einräume, selbst zu entscheiden, in welchem geografischen Gebiet er sein Werk
zu verwerten beabsichtigt. Solche Lizenzen seien also „überflüssig“ und „unangemessen“
und nicht mit der Marktrealität vereinbar. Auch die Motion Picture Association (Brüssel) und
die Fox Pathé Europa179 (Vereinigtes Königreich) vertreten die Ansicht, dass
Beschränkungen des bestehenden Lizenzsystems bzw. ein einheitliches
gebietsübergreifendes Lizenzmodell die Rechteinhaber bestrafen würden. Sie befürworten
daher die Beibehaltung der Vertragsfreiheit der Rechteinhaber gegenüber kollektiven
Rechteverwaltungsgesellschaften.

Ein weiterer Faktor ist bei diesen Überlegungen zu berücksichtigen: Zahlreiche Programme
oder Werke werden mit der Beteiligung von Akteuren verschiedener nationaler Märkte
(Gemeinschaftsproduktionen, Kaufverpflichtungen der Fernsehsender) finanziert, die als
Gegenleistung die künftigen Verwertungsrechte für ihr Gebiet erhalten. Für die Vereinigung
Eurocinéma180 ist die Verbreitung von Produktionen nach einer festgelegten zeitlichen
Abfolge der Medien für ein bestimmtes Gebiet nicht nur an die Optimierung der Einnahmen
aus jedem Verwertungsfenster gebunden, sondern auch an die Vorfinanzierung dieser
Werke: Die Exklusivrechte, die den verschiedenen Mediendiensten eingeräumt werden
(Kinofilmvertrieb, Videovertrieb, Fernsehsender), bestimmen die Eignung des Werks,
außerhalb des nationalen Markts verbreitet zu werden.

Außerdem wird angeführt, dass gebietsübergreifende Lizenzen negative Auswirkungen


haben könnten, wie die Konzentration der Rechteverwaltung (das Hinzukommen neuer
Akteure könnte erschwert werden) und den Verlust der Vielfalt der kulturellen Angebote. Der
Club des Producteurs européens vertritt die Ansicht, dass die gebietsübergreifenden
Lizenzen die großen Vertriebsgesellschaften, in diesem Fall die amerikanischen Majors181,
begünstigen. Nach Einschätzung des British Screen Advisory Council182 (GB) haben die
kleinen Plattformen nicht die Mittel (technische Mittel, Marketing), sich in mehreren Ländern
zu entwickeln, was ebenfalls die großen Akteure begünstige. Folglich würden außer einigen
nordischen Plattformen (SF Anytime) und den europaweit agierenden Medienakteuren

175
http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/other_actions/col_2008/ngo/fera_en.pdf
176
http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/other_actions/col_2008/ngo/fiapf_en.pdf
177
http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/other_actions/col_2008/ngo/ifta_en.pdf
178
http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/other_actions/col_2008/comp/vivendi_fr.pdf
179
http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/other_actions/col_2008/comp/mpa_en.pdf
180
http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/other_actions/col_2008/ngo/eurocinema_en.pdf
181
http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/other_actions/col_2008/ngo/epclub_en.pdf
182
http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/other_actions/col_2008/ngo/bsac_en.pdf

87
(ProSiebenSat, RTL Group), die sich bisher mit dem Fehlen solcher Lizenzen abgefunden
haben, vor allem neue, europaweit auftretende Akteure im Bereich der Verbreitung
audiovisueller Inhalte von der Einführung solcher Lizenzen profitieren.

Interessanterweise hält die MPA, die die amerikanischen Majors vertritt, Bestimmungen der
Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments zur Förderung
gebietsübergreifender Lizenzen nicht für erforderlich: Die jetzige Freiheit der Rechteinhaber
räume diesen bereits heute die Möglichkeit ein, solche gebietsübergreifenden Lizenzen zu
nutzen, falls sie dies für zweckmäßig halten.183

Nach Ansicht der französischen Behörden hat sich infolge der neuen VoD-Dienste das
Konsumverhalten im Kinobereich erheblich verändert. Daher sollten die Marktakteure (die
Rechteinhaber und die Vertriebsplattformen) weiterhin frei entscheiden, welches Modell am
besten geeignet ist, den Interessen europäischer Kinofilme zu dienen.

Die Kinofilmvertriebe, die von der FIAD184 vertreten werden, und die vom IVF185 vertretenen
Videovertriebe haben ebenfalls ihre Zurückhaltung geäußert. Aus ihrer Sicht ist die
Möglichkeit, Verwertungsrechte für jedes Land auszuhandeln, das Privileg der
Rechteinhaber, die ihre Werke auf diese Weise optimal aufwerten. Außerdem behindere das
komplexe Lizenzsystem nicht die Verbreitung der Werke.

Auch die Fernsehveranstalter äußern sich sehr zurückhaltend. Nach Ansicht der Association
of Commercial Television (ACT) ist es nicht erforderlich, dass die Kommissiondie Frage
gebietsübergreifender Lizenzen für audiovisuelle Werke stellt, da sich die Fernsehdienste
und Videoabrufdienste weiterhin im Wesentlichen in einem nationalen bzw. sprachlichen
Umfeld entwickeln werden und nicht in einem gesamteuropäischen Kontext.186 Der Sender
BskyB187 in Großbritannien erinnert daran, dass das bestehende System auf jahrelangen
Verhandlungen basiere und sehr gut funktioniere. Im Übrigen sei eine weitere
Lizenzverwaltung auf nationaler Ebene durchaus vereinbar mit der Entwicklung von Werken,
für die ein exterritorialer Vertrieb vorgesehen sei. Der EBU zufolge könne man die
Problematik gebietsübergreifender Lizenzen für online vertriebene Inhalte nicht von der
Problematik anderer Vertriebsformen trennen, wie dem Vertrieb über Kabel und Satellit, der
in der Satelliten- und Kabel-Richtlinie von 1993 geregelt sei.188 Auch wenn die
Kabelnetzbetreiber wie Liberty Global Europe189 oder die Vereinigung Cable Europe190 die
Ziele der Kommission für berechtigt halten, führen sie gleichzeitig an, dass Bestimmungen,
die für die Internetbetreiber vorteilhafter seien, eine Ungleichbehandlung darstellen, zumal
die Kabeldienste verpflichtet seien, die Grundsätze der Satelliten- und Kabel-Richtlinie von
1993 anzuwenden.

Im Gegensatz dazu stehen international agierende Telekommunikationsbetreiber wie


Orange191, Anbieter von Internetdiensten wie Google192 oder Microsoft193 oder auch
Hersteller wie Nokia194 der Einführung gebietsübergreifender Lizenzen eher positiv
gegenüber. Diese würden ihre Verhandlungen mit den Rechteinhabern erleichtern und ihnen
einen leichten und umfassenden Zutritt zum gesamten europäischen Markt gewähren. Es

183
http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/other_actions/col_2008/comp/mpa_en.pdf
184
http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/other_actions/col_2008/ngo/fiad2_en.pdf
185
http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/other_actions/col_2008/ngo/ivf_en.pdf
186
http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/other_actions/col_2008/ngo/act_en.pdf
187
http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/other_actions/col_2008/comp/bskybe_en.pdf
188
http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/other_actions/col_2008/ngo/ebu_en.pdf
189
http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/other_actions/col_2008/comp/liberty_global_en.pdf
190
http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/other_actions/col_2008/ngo/cable_Europe_en.pdf
191
http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/other_actions/col_2008/comp/fto_en.pdf
192
http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/other_actions/col_2008/comp/google_en.pdf
193
http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/other_actions/col_2008/comp/microsoft_en.pdf
194
http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/other_actions/col_2008/comp/nokia_en.pdf

88
erscheint ihnen normal, dass sich die Lizenzen der digitalen Flexibilität anpassen. Nach
Ansicht von Google195 müssen die Rechteinhaber mit den Internetanbietern
zusammenarbeiten, um „flexible, praxisgerechte und kommerziell taugliche
Lizenzmechanismen auf der Ebene der Europäischen Union“ zu entwickeln.

Die meisten Rundfunkbetreiber, die auf die Konsultation geantwortet haben, unterstützen
das Prinzip gebietsübergreifender Lizenzen. Dennoch wurden einige Vorbehalte gegenüber
den Vorschlägen der Kommission geäußert.

Für die Europäische Rundfunkunion (EBU), der eine Vielzahl europäischer


Rundfunkbetreiber angehören (z.B. der Österreichische Rundfunk (ORF)196 und die Sveriges
Television AB (SVT)197) besteht das Ziel gebietsübergreifender Lizenzen in der
Diversifizierung der angebotenen Online-Inhalte. Hierzu sei es erforderlich, dass die
Rundfunkbetreiber ihre Politik im Bereich des Rechteerwerbs, der Vergütung und des
Vertriebs an die Konsumgewohnheiten der Verbraucher anpassen. Außerdem setzt sich die
EBU für das Prinzip der technologischen Neutralität ein. In diesem Zusammenhang vertritt
sie die Ansicht, dass das Ursprungslandprinzip, das sich aus der Satelliten- und Kabel-
Richtlinie von 1993 ergibt, auch auf Online-Dienste angewandt werden sollte. Die BBC198 teilt
diesen Standpunkt und führt aus, dass die Maßnahmen, die die Einführung von
gebietsübergreifenden Lizenzmodellen und Multi-Plattformen erleichtern, das Online-
Angebot der Betreiber vergrößern würden. Die BBC steht der Einrichtung einer einheitlichen
europäischen Anlaufstelle positiv gegenüber.

Die EBU sieht ebenso wie der Danish Public Service Broadcaster (DR)199 und die SVT den
Nutzen der Einführung einer „extended collective Licence“ ECL, die es in Schweden und
anderen skandinavischen Ländern bereits gibt.

Im Hinblick auf das von der Kommission vorgeschlagene Lizenzmodell sind Mediaset200 und
die Association of commercial television in Europe (ACT)201 der Ansicht, dass sich eine
Regelung in diesem Bereich negativ auf den Vertrieb von Online-Inhalten und die
Konkurrenz in diesem Sektor auswirken könnte.

Auf jeden Fall könne, wie die SACD in ihrem Beitrag erinnert202, die Einrichtung solcher
Lizenzen weder ohne Zustimmung der Rechteinhaber noch ohne Garantien in Bezug auf
eine gerechte und angemessene Vergütung dieser Rechte erfolgen.

Allerdings seien die Vergütungssysteme für Autoren im audiovisuellen Bereich in Europa


äußerst unterschiedlich, insbesondere hinsichtlich der Online-Rechte. Dies dürfe nicht dazu
führen, dass die VoD-Plattformen ihren gebietsübergreifenden Lizenzvertrag der
Gesetzgebung unterwerfen könnten, die für die Urheber am ungünstigsten sei, und auf diese
Weise die Möglichkeit erhalten, ihre Dienste innerhalb der gesamten Europäischen
Gemeinschaft anzubieten.

Bevor gebietsübergreifende Lizenzen eingeführt werden könnten, müsste nach Ansicht der
SACD gegebenenfalls eine europäische Harmonisierung erfolgen, um eine einheitliche
Anwendung der Mechanismen hinsichtlich der Vergütung der Autoren im audiovisuellen
Bereich sicherzustellen.

195
http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/other_actions/col_2008/comp/google_en.pdf
196
http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/other_actions/col_2008/comp/orf_de.pdf
197
http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/other_actions/col_2008/comp/swedish_tv_ab_en.pdf
198
http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/other_actions/col_2008/comp/bbc_en.pdf
199
http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/other_actions/col_2008/comp/dr_en.pdf
200
http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/other_actions/col_2008/comp/mediaset_en.pdf
201
http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/other_actions/col_2008/ngo/act_en.pdf
202
http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/other_actions/col_2008/ngo/sacd_fr.pdf

89
Zu diesem Zweck könnte die Entwicklung der Rechteverwaltungsgesellschaften das
Vergütungssystem verbessern und die europäischen Rechtsvorschriften könnten verbindlich
festlegen, dass die Online-Verwertung von Inhalten nur über diese Gesellschaften
abgewickelt werde.

Dies würde der SACD zufolge die Rechte der Urheber gegenüber der Wirtschaftskraft einiger
internationaler Plattformen sicherstellen. Dies verstoße jedoch gegen die auf einigen
Märkten vorherrschende Philosophie vertraglich geregelter Beziehungen.

Das europäische Recht sollte zudem vorsehen, dass Urheber ein Recht auf angemessene
Vergütung haben. Die Vermiet- und Verleihrichtlinie sehe dies bereits für die Vermietung von
Werken vor und auch Urheber wollen hierauf nicht verzichten. Die SACD führt weiterhin aus:
„Die Einführung gebietsübergreifender Lizenzen kann nur nach vorheriger Annahme einer
entsprechenden europäischen Regelung für die Urheber im audiovisuellen Bereich erfolgen.“
Beim Aushandeln gebietsübergreifender Lizenzen könnten sich die Urheber dann auf die auf
europäischer Ebene anerkannten Rechte berufen.

Die Diskussion zur Frage gebietsübergreifender Lizenzen ist also noch lange nicht beendet
und die rechtliche Durchführbarkeit eines solchen Systems ist nicht sichergestellt, zumindest
nicht angesichts der bestehenden unterschiedlichen nationalen Regelungen in Bezug auf
Urheberrechte und einer fehlenden einheitlichen europäischen Regelung.

2008 wurde eine Studie zur genauen Analyse des Rechtemarkts in den verschiedenen
Mitgliedstaaten in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse dieser Studie sollen im Frühjahr 2010
vorliegen.203

d. Gesprächsrunde mit Konsumenten und Industrievertretern über Aussichten und


Schranken beim Internethandel im Europäischen Binnenmarkt
Zwischenzeitlich lud die GD Wettbewerb der Europäischen Kommission am 17. September
2008 zu einer Gesprächsrunde mit Konsumenten und Industrievertretern über Aussichten
und Schranken beim Internethandel im Europäischen Binnenmarkt ein.204 Bei dieser
Gesprächsrunde ging es insbesondere darum, zu prüfen, inwiefern gebietsbezogene
Lizenzen den Handel mit Musik, kinematografischen und audiovisuellen Werken
beeinträchtigen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Kommission die Frage nach der
unterschiedlichen Behandlung je nachdem, ob die Inhalte auf Datenträgern (CD, DVD...)
oder ohne Datenträger (Fernsehen, Online-Vertrieb) verbreitet werden und über die
Legitimität dieser unterschiedlichen Behandlung:

"One issue of concern to Commissioner Kroes is that the online provision of copyrighted
content as digital data files is often limited to the territory in which the consumer requesting the
service is located. The provision of the same content in a physical format is usually not subject
to the same territorial limitation. In addition, the provision of copyrighted content in a physical
format is clearly subject to EU competition rules on Vertical Restraints, but the position for
digital data files is less clear. Put another way, we appear to have a more fragmented
European market for the online sale of copyrighted products available in electronic format,
than we do for the same content in physical format".205

203
Study concerning Multi-territory licensing for the online distribution of audiovisual works in the European
Union- SMART 2008/0002 - Selected contractor: Kern European Affairs (in partnership with Armines)
http://www.keanet.eu
204
Siehe: http://ec.europa.eu/competition/sectors/media/online_commerce.html
Die verschiedenen Dokumente zur Gesprächsrunde werden unter folgender Adresse bereitgestellt:
http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/08/1338&format=HTML&aged=0&language=FR
&guiLanguage=en
205
Auszug aus Issues paper, das als Grundlage für die Gesprächsrunde diente,
http://ec.europa.eu/competition/consultations/2008_online_commerce/online_issues_paper_annex.pdf

90
e) Die Problematik der Einstufung
Die Problematik der Einstufung stellt ein weiteres mögliches Hindernis für die Verbreitung
von Werken innerhalb Europas dar.206 Die in den Mitgliedstaaten verfügbaren Kinofilme und
audiovisuellen Produktionen unterliegen nämlich einer Einstufung. Diese hat das Ziel, den
Zugang Minderjähriger zu Inhalten, die ihre „körperliche, geistige oder sittliche“ Entwicklung
ernsthaft beeinträchtigen könnten, zu beschränken. Allerdings sind diese Einstufungen sehr
stark national geprägt, da sie von Regulierungsorganen oder nationalen Produktionsfirmen
auf der Grundlage eigener Kriterien festgelegt wurden.207

2.1.3. Einführung von Vorschriften zur Transparenz und Interoperabilität der


verschiedenen Systeme digitaler Rechteverwaltung

Die betroffenen Akteure sind mehrheitlich der Ansicht, dass die Systeme der digitalen
Rechteverwaltung (DRM die Bekämpfung von Piraterie ermöglichen. Gleichzeitig
unterstreichen sie aber, dass die Interoperabilität dieser Systeme verbessert werden müsse,
um den Wettbewerb im Interesse des Verbrauchers zu stärken.)208 Außerdem sei es
erforderlich, für die Transparenz der DRM zu sorgen, damit der Verbraucher über
Einschränkungen hinsichtlich der Interoperabilität und der Verwendung der Inhalte informiert
werde.

2.1.4. Einen angemessenen Urheberrechtsschutz der Werke sicherstellen

Die rasant zunehmende Zahl unerlaubter Downloads von Filmen oder Fernsehsendungen,
die im Internet bereitgestellt werden, sind das zentrale Problem, das es im Hinblick auf eine
rentable Entwicklung legaler VoD-Seiten zu lösen gilt. Die verfügbaren Studien belegen das
Ausmaß dieses Phänomens.209

Vgl. insbesondere zu dieser Frage, S. JACQUIER, W. MAXWELL et X. BUFFET DELMAS, "Industries de


contenu : quel avenir pour les licences territoriales ?", Revue Lamy Droit de l’immatériel, Paris, März 2009.
206
C. PALZER "Horizontale Klassifizierung audiovisueller Inhalte in Europa. Eine Alternative zur
Mehrfachklassifizierung?", IRIS Plus, Europäische Audiovisuelle Informationsstelle, Oktober 2003,
http://www.obs.coe.int/oea_publ/iris/iris_plus/iplus10_2003.pdf.de
207
“Empirical Study on the Practice of the Rating of Films Distributed in Cinemas Television, DVD and
Videocassettes in the EU and EEA Member States”, http://europa.eu.int/comm/avpolicy/stat/studi_en.htm
208
Zum rechtlichen Rahmen von DRM, vgl. F.J. CABRERA, "Digital Rights Management Systems (DRMS):
Jüngste Entwicklungen in Europa", IRIS Plus, 2007-1, Europäische Audiovisuelle Informationsstelle, 2007.
Vgl. auch: Ergebnisse des Workshops 3 "vers une interopérabilité concrète" des von der französischen
Ratspräsidentschaft organisierten Kolloquiums "Contenus créatifs en ligne" (Paris, 17-18 September 2008).
209
Es gibt verschiedene Methoden, das Ausmaß illegaler Downloads zu ermitteln: die übliche Methode besteht
in einer Befragung zum Konsumverhalten der Verbraucher. Eine weitere kostenintensivere Methode besteht
darin, die tatsächlich erfolgten Downloads auf den wichtigsten Peer-to-Peer-Seiten mit spezieller Software zu
zählen. In Frankreich hat die Association de lutte contre le piratage (ALPA) in Partnerschaft mit Thomson und
Advestigo eine Informationsstelle für Piraterie eingerichtet. Die elektronische Methode der Beobachtung der
wichtigsten Peer-to-Peer-Seiten, die in Frankreich illegale Downloads von Filmen anbieten, hat ergeben,
dass im ersten Halbjahr 2008 76,5 Millionen Downloads erfolgten. Im gleichen Zeitraum wurden 100,9
Millionen Kinobesuche verzeichnet, 53,8 Millionen DVD-Verkäufe und 6 Millionen Downloads im Rahmen
legaler VoD-Angebote. Die Daten für das Vereinigte Königreich stammen aus "Film theft in the UK. Anti-
Piracy Task Force: an analysis and recommandations for action", UK Film Council, London, 2005, und aus
"Digital and Physical Piracy in GB", IPSOS, November 2007,
http://www.ukfilmcouncil.org.uk/media/pdf/g/m/Ipsos_Piracy_UK_2007.pdf.
Laut dieser Studie ist die Zahl illegaler Downloads in Großbritannien von 44,1 Millionen im Jahr 2006 auf
52,15 Millionen 2007 gestiegen. Hinzu kommen für 2007 27,75 Millionen Titel, die per E-Mail übertragen und
auf eine Speicherkarte kopiert wurden, und 46.8 Millionen Titel die im verbotenen Streaming-Verfahren
angesehen wurden. Die Daten für Deutschland ergeben sich aus der Brennerstudie 2005, FFA, 2005 :
http://www.ffa.de/downloads/publikationen/brenner_studie4.pdf
Diese Studie schätzte die illegalen Downloads in Deutschland im 1. Halbjahr 2005 auf 11,9 Millionen
(gegenüber 60 Millionen Kinobesuchen, 43,6 Millionen DVD-Verkäufen, 55,2 Millionen ausgeliehenen DVD
und 58,4 Millionen kopierten DVD.

91
Zur Bekämpfung der zunehmenden Online-Bereitstellung illegaler Filmkopien und
unerlaubter Downloads strebt die Kommission eine effektive Zusammenarbeit mit
Internetanbietern, Dienstebetreibern, Rechteinhabern und Verbrauchern auf der Grundlage
einer „empfehlenswerten Praxis“ an, um ein vielfältiges und attraktives Online-Angebot,
verbraucherfreundliche Online-Dienste, einen angemessenen Urheberrechtsschutz für die
Werke und eine Sensibilisierung für die Bedeutung von Urheberrechten zu gewährleisten.
Auf diese Weise soll die Verfügbarkeit der Inhalte sichergestellt und die Bekämpfung der
Piraterie sowie des unerlaubten Filesharing unterbunden werden.

Ein erster Schritt in diese Richtung war die Unterzeichnung der „Film Online-Charta“ die auf
eine Initiative der EU-Kommissarin Viviane Reding zurückgeht und die Zustimmung der
Hauptakteure des Sektors gefunden hat.210

Die von der Kommission im Januar 2008 eingeleitete Konsultation forderte insbesondere die
betroffenen Seiten auf, ihre Meinung zu der von Frankreich vorgeschlagenen sogenannten
„abgestuften Reaktion“ zu äußern. In Übereinstimmung mit den Zielen, die von der
eingesetzten Expertengruppe unter Leitung von Denis Olivennes211 festgelegt wurden, haben
die Akteure aus dem audiovisuellen Bereich, dem Kino- und Musikbereich, die
Internetanbieter und der Staat am 23. November 2007 in Frankreich den sogenannten
„Accord de l’Elysée“ (Elysée-Vereinbarung) unterzeichnet, in dem es um die Entwicklung und
den Schutz kultureller Werke und Inhalte in den neuen Netzen - auf die sich im Übrigen die
Mitteilung der Kommission bezieht - geht. Die von 42 Unterzeichnern geschlossene
Vereinbarung enthält 13 Empfehlungen, die von der im September 2007 eingerichteten
Expertengruppe aufgestellt wurden. Sie stellt den ersten wahren Kompromiss zwischen den
Hauptakteuren im Bereich der Schaffung und Verbreitung von Online-Inhalten dar.

In Frankreich mündete das vom „Accord de l’Elysée“ eingerichtete Partnerschaftsverfahren


nach verschiedenen politischen Anläufen und einer leidenschaftlich geführten öffentlichen
Diskussion in den Gesetzestext „Création et Internet“, das sogenannte „Loi Hadopi“, das am
13. Juni 2009 verkündet und im Amtsblatt veröffentlicht wurde.212 Dieses Gesetz versucht
Lösungen für die Probleme zu finden, mit denen sich alle Akteure konfrontiert sehen. Auf
diese Weise sollen die für die Entwicklung eines Marktes für Online-Inhalte, insbesondere
VoD, notwendigen Grundlagen geschaffen werden. Die Diskussion drehte sich hauptsächlich
um den Grundsatz der abgestuften Reaktion (zunächst Abmahnung der Nutzer, die illegale
Downloads praktizieren, dann Sperrung des Internet-Zugangs). Die vom französischen
Verfassungsgericht getadelten Strafmaßnahmen, für die zunächst eine Verwaltungsinstanz
und kein Gericht zuständig sein sollte, hat die Regierung zur Ausarbeitung eines weiteren
Gesetzes, des sogenannten „Hadopi 2“-Gesetzes veranlasst. Die Identifizierung illegaler
Downloads soll durch einen technischen Dienstleister erfolgen, der von den
Rechteverwaltungsgesellschaften beauftragt wird (zwei Dienstleister waren im August 2009
im Rennen: AdVestigo und TMG) und die entsprechenden Meldungen sollen von dem
Dienstleister Exteilis, einem Tochterunternehmen von La Poste, das vom Kulturministerium
ausgewählt wurde, durchgeführt werden.213

Die in Großbritannien im Juli 2007 unter Federführung der Behörden geschlossene


Vereinbarung214 zwischen der British Phonographic Industry stellt ebenfalls einen Schritt in
Richtung einer globalen Antwort zum verbesserten Schutz von Urheberrechten dar. Im
Januar 2009 haben in Irland die IFPI und Eircom, der größte Telekommunikationsbetreiber

210
http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/06/672&format=HTML&aged=1&
language=FR&guiLanguage=en
211
http://www.culture.gouv.fr/culture/actualites/conferen/albanel/rapportolivennes231107.pdf
212
http://www.legifrance.gouv.fr/affichTexte.do?cidTexte=JORFTEXT000020735432
213
Les Echos, 21. Juli 2009.
214
Anhang D der “Consultation on legislative options to address illicit peer-to-peer file-sharing”, Juli 2008,
http://www.berr.gov.uk/files/file47139.pdf

92
des Landes, eine Vereinbarung geschlossen, nach der sich Eircom mit der Einführung eines
Systems der abgestuften Reaktion einverstanden erklärt.215 Die Abmahnungskampagnen
sollen zum großen Leidwesen der Peer-to-Peer-Verfechter im August 2009 beginnen.216

Die Verabschiedung des Hadopi-Gesetzes wurde in den übrigen europäischen Ländern mit
Interesse verfolgt. Der Grundsatz der abgestuften Reaktion könnte auch in anderen
Gesetzesvorschlägen insbesondere in den Niederlanden217 und in Italien aufgegriffen
werden, wobei in Italien die Industrie den Vorschlag zwar unterstützt, aber der Garante per la
Privacy (unabhängige Behörde, die für den Schutz personenbezogender Daten zuständig ist)
Bedenken äußert.218

In Schweden ist das IPRED-Gesetz über die Umsetzung der Gemeinschaftsrichtlinie über
die Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums am 1. April 2009 in Kraft getreten. Mit
diesem Gesetz sollen die illegalen Nutzer beispielsweise durch den nunmehr möglichen
Zugriff auf die IP-Adresse (Internet Protocol) identifiziert werden können. Zur Wahrung des
Gleichgewichts zwischen den Rechten der Rechteinhaber und den Interessen der Nutzer
muss der Antrag auf Mitteilung einer IP-Adresse durch den Internetprovider von einem in
dieser Sache zuständigen Gericht genehmigt werden.219 Den Statistiken des schwedischen
Internetbetreibers Netnod zufolge ist der Online-Traffic gleich am 1. April 2009, also bei
Inkrafttreten des Gesetzes, dramatisch zurückgegangen, hat sich aber anschließend wieder
erholt.220

Der Grundsatz der abgestuften Reaktion ist allerdings sowohl in Frankreich als auch auf
europäischer Ebene äußerst umstritten. Im Rahmen der Überprüfung des „Telekom-Pakets“
am 24. September 2008 hat das Europäische Parlament mit großer Mehrheit (573 Stimmen
dafür, 74 dagegen) den von den Abgeordneten Bono und Cohn-Bendit vorgeschlagenen
Änderungsantrag angenommen. Dieser Änderungsantrag sieht vor, dass die nationalen
Regulierungsbehörden darüber wachen sollen, dass die Meinungs- und Informationsfreiheit
des Bürgers ohne vorherigen gerichtlichen Beschluss in keiner Weise eingeschränkt wird.
Diese Abstimmung wurde von den Befürwortern des französischen Gesetzentwurfs als eine
Bedrohung des Grundsatzes der abgestuften Reaktion gewertet, den die französische
Ratspräsidentschaft im Ministerrat verteidigen will. Der französische Staatspräsident Nicolas

215
“Ireland - P2P infringement case settled”, IFPI Pressemitteilung, 29. Januar 2009.
http://www.ifpi.org/content/section_news/20090129a.htm
216
“Ireland’s Largest ISP Starts Throttling and Disconnections”, TorrentFreak, 25. Juli 2009,
http://torrentfreak.com/irelands-largest-isp-starts-throttling-and-disconnections-090725/
217
“Netherlands looking to French-style crack-down on Internet piracy”, EU Observer, 18. Juni 2009,
http://euobserver.com/871/28331
218
“Pirateria. Sarkozy alle industrie italiane di audiovisivo, editoria e musica: ‘ La nostra Legge sia da esempio
agli altri Paesi Ue’”, Key4Biz, 30. Juni 2009,
http://www.key4biz.it/News/2009/06/30/Policy/pirateria_download_illegale_p2p_peertopeer_nicolas_sarkozy_
siae_Afi_Aie_Anem_Fem.html;
"Lotta alla pirateria: per il Garante Privacy, ‘Il web senza regole favorisce interventi repressivi’", Key4Biz, 9.
Juli 2009, http://www.key4biz.it/News/2009/07/09/Policy/privacy_Francesco_Pizzetti_pirateria_Viviane_
Reding_Hadopi_2.html
219
H. MIKSCHE, "Umsetzung der Durchsetzungsrichtlinie in Schweden", IRIS, Mai 2009,
http://merlin.obs.coe.int/iris/2009/5/article32.fr.html
220
“Swedish ISPs vow to erase users' traffic data“, CNET News, 28 April 2009, http://news.cnet.com/digital-
media/?keyword=IPRED; http://stats.autonomica.se/mrtg/sums/All.html

93
Abbildung 32: Online-Traffic in schwedischen Netzen (September 2007-August 2009)

Quelle: Netnod

Sarkozy hat sich schriftlich an den Präsidenten der Europäischen Kommission gewandt und
die Ablehnung dieses Änderungsantrags gefordert.221 Am 6. Oktober lehnte die Europäische
Kommission den Antrag des französischen Präsidenten offiziell ab, da kein Mitgliedstaat
gegenüber einem anderen bevorzugt werden soll. Auf Initiative Frankreichs, das zu diesem
Zeitpunkt die Ratspräsidentschaft innehatte, wurde allerdings der Änderungsantrag von
Bono zum „Telekom-Paket“ am 27. November 2008 einstimmig vom Rat der
Telekommunikationsminister abgelehnt. Nach verschiedenen neuen Anläufen billigte das
Europäische Parlament am 6. Mai 2009 einen neuen Änderungsantrag, der den
Änderungsantrag von Bono sinngemäß aufgreift und damit die endgültige Verabschiedung
des Telekom-Pakets, das am 29. September 2009 vom Vermittlungsausschuss geprüft wird,
weiter verzögert.

In einer öffentlichen Rede am 9. Juli 2009 skizzierte die EU-Kommissarin Viviane Reding die
aus ihrer Sicht gebotenen „digitalen Prioritäten“ der neuen Europäischen Kommission. An
erster Stelle steht danach eine Politik, die den leichten Zugriff auf digitale Inhalte ermöglicht,
indem sie die Eigentumsrechte durch Ausweitung gebietsübergreifender Lizenzen
modernisiert.222 Sie schließt die strafrechtliche Verfolgung von Piraterie-Delikten nicht aus,
betont jedoch nachdrücklich, dass eine erleichterte legale Bereitstellung von Inhalten die
beste Waffe sei, um die Nutzer von illegalen Angeboten abzubringen.

221
Les Echos, 9. Oktober 2008.
222
Viviane Reding EU Commissioner for Telecoms and Media: “Digital Europe - Europe's Fast Track to
Economic Recovery“, The Ludwig Erhard Lecture 2009 Lisbon Council, Brüssel, 9. Juli 2009,
http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=SPEECH/09/336&format=HTML&aged=0&langua
ge=EN&guiLanguage=en

94
2.2. EINE ERNEUERTE EUROPÄISCHE FÖRDERPOLITIK MIT
BERÜCKSICHTIGUNG DER NEUEN MEDIEN

Die neuen VoD-Dienste bewirken Änderungen in Bezug auf die von den Mitgliedstaaten und
den europäischen Gremien eingeführte Förderpolitik für audiovisuelle und kinematografische
Produktionen.

2.2.1. Das Programm MEDIA 2007: Ausdehnung der Beihilfen der


Europäischen Union zur Online-Verbreitung und zur Einrichtung
professioneller digitaler Plattformen

Das neue von der EU im November 2006 verabschiedete Programm MEDIA 2007223 sieht für
die sieben nächsten Jahren ein Gesamtbudget von 755 Millionen EUR für die europäische
Kinoindustrie vor.

Die Ziele des MEDIA-Programms 2007224 sind:

- Die Bewahrung und Stärkung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt sowie des
kinematografischen und audiovisuellen Erbes, die Gewährleistung des öffentlichen
Zugangs zu diesem Erbe sowie die Förderung des interkulturellen Dialogs.
- Die verbesserte Verbreitung europäischer kultureller Werke innerhalb und
außerhalb der Europäischen Union.
- Die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen audiovisuellen Branche
im Rahmen eines offenen und wettbewerbsfähigen Marktes.

Der Markt für kulturelle europäische Inhalte unterliegt zurzeit einem grundlegenden Wandel,
der von zwei Faktoren bewirkt wird:

- Dem Phänomen der Delinearisierung, das auf die Digitalisierung der Inhalte
zurückzuführen ist.
- Die Erweiterung der EU um Märkte, die in Bezug auf die Schaffung und Verbreitung
audiovisueller Inhalte anders organisiert sind.

Die Kommission hat infolgedessen ihre gesamten Förderstrukturen und –programme


überarbeitet, um über geeignetere Werkzeuge zur Umsetzung ihrer Ziele zu verfügen.

Die 755 Millionen Euro werden für Bereiche verwendet, die vor oder nach der Filmproduktion
angesiedelt sind: Ausbildung (7 %), Entwicklung (20 %), Vertrieb (55 %), Verkaufsförderung
(9 %), horizontale Maßnahmen, um den Zugang kleiner und mittlerer Unternehmen zu
Förderungen zu erleichtern und die Präsenz europäischer Filme auf digitalen Plattformen zu
verbessern (5 %) und Pilotprojekte (Nutzung neuer Technologien bei der Entwicklung, der
Produktion und dem Vertrieb von Filmen: 4 %).

a. Bewahrung und Stärkung der kulturellen Vielfalt


Das erste Ziel entspringt vor allem dem Bedürfnis der europäischen Staaten, ihr kulturelles
Erbe und ihre Vielfalt in einem einheitlichen Markt hervorzuheben, der zur Vereinheitlichung

223
Beschluss Nr. 1718/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. November 2006 zur
Umsetzung eines Förderprogramms für den europäischen audiovisuellen Sektor (MEDIA 2007)
224
http://ec.europa.eu/information_society/media/overview/2007/index_en.htm

95
des kulturellen Angebots neigt. Dieses Ziel der Stärkung der kulturellen Vielfalt entspricht
dem von Frankreich während der GATT- und GATS-Verhandlungen und anlässlich der
Unterzeichnung der Übereinkunft der UNESCO zum Schutz und zur Förderung der
kulturellen Vielfalt geprägten Begriff der kulturellen Ausnahme. Dieser Begriff betont den
besonderen Status kultureller Güter in einem wettbewerbsbestimmten Markt und die
speziellen Maßnahmen zur Förderung der kulturellen Ausnahme. Im audiovisuellen
Rundfunkbereich äußern sich diese Ziele der Stärkung der europäischen Kultur, wie weiter
oben dargelegt, in der Verpflichtung zur Verbreitung nationaler und europäischer Werke.

Auch wenn die neue digitale Technik und die neuen VoD-Angebote ein günstigeres Umfeld
für die Erreichung dieses Ziels bieten, muss festgestellt werden, dass in zahlreichen
europäischen Ländern überwiegend die Kinoproduktionen als VoD abgerufen werden, die in
den Kinos erfolgreich waren, also zumeist außereuropäische Produktionen. Daher sind
spezielle Werkzeuge erforderlich, damit alle Vertriebswege an den digitalen Kontext
angepasst werden und europäische Produktionen innerhalb der angebotenen VoD-Dienste
ihren Platz bewahren.

Für die nationalen sprachlichen Minderheiten in einigen europäischen Ländern (Schweden,


Ungarn) könnten die neuen Verbreitungsmodelle, die besser für ein kleineres Publikum
geeignet sind, eine neue Art der Förderung und Teilhabe an ihrer Kultur darstellen.

b. Verbesserte Verbreitung der Werke


Das zweite Ziel von MEDIA besteht darin, insbesondere im Zuge der EU-Erweiterung
breitere Absatzmärkte für die europäischen Werke zu finden.225 Auch wenn die
Digitalisierung eine Verbreitung der Werke bei einem größeren Publikum zu niedrigeren
Kosten ermöglicht, stellt sich doch die Frage der Zugänglichkeit in allen Ländern. Das
Programm MEDIA 2007 unterstützt Projekte, die digitale Techniken nutzen sowie Projekte,
die eine verbesserte Verbreitung von Informationen sowie einen erleichterten Zugang zu den
Urheberrechten in allen Mitgliedstaaten zum Ziel haben. Nach Angaben der Europäischen
Kommission werden derzeit 90 % der innerhalb der Union verbreiteten europäischen Werke
von MEDIA 2007 unterstützt.226

Das frühere Programm hatte bereits einige Pilotprojekte im VoD-Bereich finanziell gefördert
(Nodal, Zooloo Kids, SF Anytime, ReelPort…).

Im Rahmen von MEDIA 2007 wurde die Aktionslinie „Video auf Abruf und digitaler
Filmvertrieb“227 ins Leben gerufen. Durch die Unterstützung dieser Aktionslinie stellt das
Programm MEDIA 2007 sicher, dass die neuesten Technologien und Entwicklungen
Bestandteil der Praktiken der Begünstigten sind. Die digitalen Technologien erleichtern dank
neuer Verbreitungswege für audiovisuelle Inhalte den Zugang zu europäischen
audiovisuellen Produktionen außerhalb ihres Ursprungslands. Die Wettbewerbsfähigkeit der
Industrie für audiovisuelle Inhalte in Europa hängt stark von der Nutzung dieser
Technologien im Rahmen des Vertriebs ab.

Das Hauptziel des Förderprogramms ist die finanzielle Unterstützung bei der Schaffung und
Verwertung europäischer Kataloge, die digital über die Grenzen hinweg einem breiteren
Publikum auf eigenen Geräten oder in Kinosälen zugänglich gemacht werden können. Bei
diesen modernen Übertragungsdiensten können, falls erforderlich, digitale Sicherheits-
systeme zum Schutz der Online-Inhalte eingesetzt werden. Diese Aufforderung zur

225
http://ec.europa.eu/information_society/media/distrib/schemes/auto/index_en.htm et
http://ec.europa.eu/information_society/media/distrib/schemes/sales/index_en.htm
226
Aus den Äußerungen der EU-Kommissarin Reding anlässlich der "Journées de l’Europe" in Cannes, 2008.
227
http://ec.europa.eu/information_society/media/newtech/vod_dcc/index_fr.htm

96
Einreichung von Vorschlägen ermuntert die europäische audiovisuelle Industrie, sich an die
neuen Entwicklungen im Bereich der digitalen Technik anzupassen.

Der digitale Online-Bereich wird sich zum zentralen Medium für alle Arten von Inhalten
entwickeln und dazu führen, dass neue und wichtige Akteure auf den audiovisuellen Markt
drängen. Die Rechteinhaber europäischer audiovisueller Produktionen werden gezwungen
sein, dieser Herausforderung wirkungsvoll zu begegnen, um die Rentabilität ihrer
Investitionen und das europäische kreative Potenzial zu erhöhen. Die Entwicklung von
Partnerschaften und die Zusammenlegung von Geldmitteln sind wesentliche Bestandteile bei
der Umsetzung dieser Ziele.

Die Förderung ist für die Rechteinhaber europäischer audiovisueller Werke (also
unabhängige europäische Produktions- und/oder Vertriebsgesellschaften), für die Kinos und
die Inhalteanbieter in Europa bestimmt.

Nach den beiden Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen fördert das Programm
MEDIA 2007 12 Projekte im VoD-Bereich228 (siehe Kasten).

Die meisten Projekte beinhalten entweder nationale oder gesamteuropäische VoD-Dienste


(wie das Projekt Scandinavian Movie Channel der Gesellschaft Nordisk Film).

In diesem Zusammenhang ist auch die Förderung des Projekts Glitner zu erwähnen, das die
Einrichtung einer „B-to-B“-Datenbank vorsieht, über die ohne großen Zeitaufwand
europäische Produktionen, deren VoD-Rechte angeboten werden, sowie die entsprechenden
Rechteinhaber ermittelt werden können. Das Projekt Glitner229 wird von UniversCiné in
Zusammenarbeit mit Cinando (Frankreich), Autori Produttori Indipendenti (Italien), Budapest
Film (Ungarn) und Korpus (Slowenien) durchgeführt. Im Oktober 2008 wurde die
experimentelle Plattform des Projekts vorgestellt.

Von MEDIA 2007 finanzierte Projekte im Rahmen der Schaffung und Verwertung von
Katalogen europäischer Werke, die grenzüberschreitend in digitaler Form verbreitet werden
sollen:

Filmladen Filmverleih (Österreich): Einrichtung eines Online-Portals und einer digitalen


Plattform zur Förderung des europäischen Filmkunstkinos auf dem österreichischen Markt
und europaweit. Der Dienst existiert bereits und bietet zunächst eine Auswahl von 401
Filmen (überwiegend österreichische) zu Preisen zwischen 5,90 und 7,90 EUR an.
http://download.filmladen.at.

Stichting Cinemien- Homescreen (Niederlande): Projekt eines VoD-Dienstes für


Filmkunstkino und kulturelle Programme in den Benelux-Ländern.

Stichting Docsonline (Niederlande): VoD-Dienst für Dokumentarfilme, bei dem die Hälfte
der Einnahmen an die Autoren zurückfließen sollen. Der Dienst besteht bereits und bietet
Dokumentarfilme verschiedener Länder und Epochen im Streaming-Verfahren an.
http://www.docsonline.tv/

Nowtilus (Deutschland): VoD-Dienst in Kombination mit automatischen Produkt-


empfehlungen auf der Grundlage der Präferenzen der Nutzer. Dieser Dienst besteht bereits
und ist in fünfzehn Ländern verfügbar. Er bietet freien Zugriff auf etwa 80 deutsche Kino-,

228
http://ec.europa.eu/information_society/media/newtech/vod_dcc/list/docs/results_call_13_2007.pdf
229
http://www.glitner.eu/

97
Dokumentar-, Zeichentrick und Kurzfilme. http://www.nowtilus.eu.

Idéale Audience (Frankreich): Projekt für einen VoD-Dienst, der von der VoD-Produktions–
und Vertriebsgesellschaft Idéale audience angeboten wird, die sich auf Dokumentarfilme,
Musikprogramme (Konzerte) und die darstellenden Künste spezialisiert hat.
http://www.ideale-audience.fr/.

Europa Film Treasures (Frankreich): VoD-Dienst zur Förderung von Filmen aus den
Sammlungen von 37 europäischen Filmarchiven. Das fünfsprachige Portal bietet außerdem
zusätzliche Informationen und spielerisch-erzieherische Elemente zu den Filmen. Etwa
fünfzig Titel sind bereits verfügbar. http://www.europafilmtreasures.fr

Mk2vod.com (Frankreich): Dieser Videoabrufdienst, der Autorenkino aus der ganzen Welt
bietet, wird von der französischen MK2-Gruppe betrieben. Das Angebot umfasst mehr als
1200 Titel: mehr als 800 Kinofilme, von denen 300 als Download-to-own angeboten werden,
Fernsehserienklassiker (z.B. 13 Folgen der ersten Staffel von Dr Who), Dokumentarfilme,
Kinderfilme, praktische Informationssendungen und Erwachseneninhalte. http://vod.mk2.com

Filmklik (Ungarn): Ungarischer Videoabrufdienst, der sein Modell einer globalen Plattform,
die die digitalen Rechte von Filmen in Ungarn verwaltet, auf osteuropäische Partner
ausdehnen will. Angeboten werden mehr als 310 Filme aus verschiedenen Ländern, sowie
Dokumentarfilme und Amateurfilme. http://www.filmklik.hu

Moviepilot (Deutschland): Webportal und Austauschbörse für Filme. Die ursprüngliche


Version ist in deutscher Sprache, aber das Projekt soll auf 7 weitere Länder ausgedehnt
werden und dann in fünf Sprachversionen zur Verfügung stehen. Mehr als 70 Filme werden
als Download-to-rent zum Preis von 3,99 EUR angeboten. Die Nutzer können ihre
persönlichen Empfehlungen für die Filme abgeben. http://www.moviepilot.de

UniversCiné (Frankreich): VoD-Dienst, der gemeinsam von unabhängigen französischen


Produzenten und Vertrieben angeboten wird, die sich in der Vereinigung „Le meilleur du
cinéma français“ zusammengeschlossen haben. Das Projekt will das unabhängige
französische und europäische Kino fördern und sein Modell in Europa verbreiten. Der
Katalog umfasst 450 Filme, die für 48 Stunden zum Preis von 4,99 EUR ausgeliehen
werden. Besonders hervorzuheben ist die redaktionelle Arbeit auf der Seite.
http://www.universcine.com/

Scandinavian Movie Channel APS FIDD (Dänemark). FIDD The Filmmakers Independent
Digital Distribution ist eine dänische Gesellschaft, an der führende skandinavische
Regisseure und Produzenten mit 50 % beteiligt sind. Ziel der Gesellschaft ist die
Digitalisierung, Verwaltung und Bereitstellung von Filmen als VoD in den skandinavischen
und später in den baltischen Ländern. http://www.movieurope.com

Reelport (Deutschland): Reelport ist genau genommen kein VoD-Dienst, sondern ein
internationaler B-2-B-Dienst, über den die Produzenten ihre Filme mehr als 30 Filmfestivals
anbieten können. Ein neu eingerichteter Dienst bietet zudem die Möglichkeit, Filmrechte
online zu erwerben. http://www.reelport.com

c. Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit


Ein weiteres Ziel des Programms MEDIA 2007 besteht schließlich in der Schaffung eines
wettbewerbsfähigen audiovisuellen Sektors in Europa und im Ausgleich der Unterschiede
zwischen den produktionsstarken (Frankreich, Deutschland, Vereinigtes Königreich, Italien
und Spanien) und den produktionsschwachen Märkten. Das Ziel der Wettbewerbsfähigkeit
wird durch die Unterstützung von Projekten gestärkt. Dabei erhalten Projekte, in denen es

98
um die Verbreitung der Kenntnisse im Bereich digitaler Techniken geht, Förderungen zur
Ausbildung von Fachleuten230. Andere Projekte, die mit den neuen digitalen Vertriebsarten
arbeiten, erhalten spezielle Zuschüsse zum Vertrieb. So wurde 2007 eine neue Aufforderung
zur Einreichung von Vorschlägen speziell für den VoD-Vertrieb und digitales Kino
veröffentlicht. Das Ziel der Förderung von Märkten mit geringer Produktionskapazität wird
dadurch erreicht, dass die von MEDIA geförderten Kataloge ein vielfältiges Angebot
beinhalten müssen. Die Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen im Bereich VoD und
digitales Kino231 verlangt demnach, dass die vorgestellten Projekte Programme aus
mindestens vier Mitgliedstaaten umfassen müssen, deren maximaler Programmanteil
höchstens 40 % betragen darf und dass mindestens drei europäische Sprachen in dieser
Programmauswahl vertreten sind.

2.2.2. Das vom Parlament vorgeschlagene Projekt einer europäischen


pädagogischen Website

Im September 2008 hat das Europäische Parlament die vom Beratungsbüro KEA Affairs
verfasste Studie „Cinema online – past and present“232 veröffentlicht. Diese Studie
untersucht die Machbarkeit eines europaweiten Kinofilmportals, das eine verbesserte
Zusammenarbeit innerhalb der Kinobranche in der Europäischen Union ermöglichen und das
öffentliche Bewusstsein für die Bedeutung des europäischen kinematografischen Erbes
verbessern soll. Über dieses Online-Portal sollte pro Mitgliedstaat ein Filmklassiker zu
pädagogischen Zwecken kostenlos verfügbar sein. Der Bericht untersucht das VoD-
Potenzial für das Kino in Europa und liefert einen Überblick über die Gemeinschaftspolitik im
VoD-Bereich.

2.2.3. Eurimages

Eurimages233, der Europäische Unterstützungsfonds des Europarats für Film- und


audiovisuelle Koproduktionen, bietet ebenfalls spezielle Förderungen für den Online-Vertrieb
von Inhalten an. Ziel von Eurimages ist die Förderung europäischer Kulturen und die
Berücksichtigung wirtschaftlicher Aspekte der kulturellen Branche. Dieser Fond ergänzt das
Programm MEDIA 2007 und steht insbesondere Akteuren zur Verfügung, die im Rahmen
des EU-Programms nicht förderungswürdig sind.

Genauso wie das Programm MEDIA 2007 fördert Eurimages die Digitalisierung der
produzierten Inhalte234 mit dem Ziel, den gesamten Bereich der audiovisuellen und
kinematografischen Produktion auf digitale Technik umzustellen. Durch die Digitalisierung
der gesamten Produktionskette wird insbesondere eine schnelle und wirtschaftliche
Verwertung als VoD erreicht, da eine Digitalisierung der Inhalte nicht mehr erforderlich sein
wird.

Seit seiner Gründung im Jahr 1988 hat der Fonds Eurimages mit seinen Produktionsbeihilfen
1.212 Werke mit insgesamt 360 Mio. EUR gefördert. Im Rahmen der Vertriebsförderung
wurden seit 2004 jährlich knapp 1 Mio. EUR für 150 geförderte Filme ausgegeben.

230
http://ec.europa.eu/information_society/media/training/guide/docs/guide2008.pdf
231
http://ec.europa.eu/information_society/media/newtech/vod_dcc/index_en.htm
232
http://www.europarl.Europa.eu/activities/committees/studies/download.do?file=22548
233
http://www.coe.int/t/dg4/eurimages/Support/SupportDistri_en.asp
234
Ibid.

99
2.2.4. Nationale Initiativen zur Förderung von VoD

Parallel zu den Initiativen der europäischen Institutionen verfolgen die nationalen


Filmeinrichtungen nunmehr auch eine Politik, die die Bereitstellung von Videoabrufdiensten
fördert. In einer im Oktober 2006 verabschiedeten gemeinsamen Erklärung zur
Unterstützung des digitalen Kinos hat die EFAD (The European Film Agency Directors) die
Bedeutung des digitalen Vertriebs von Filmen, insbesondere als VoD, betont.

Im Jahr 2006 hat der UK Film Council eine Machbarkeitsstudie über den Online-Vertrieb von
Filmen aus unabhängiger Produktion und von „Spezialfilmen“ (specialized Films, ein Begriff
der in etwa dem deutschen Begriff des Filmkunstkinos entspricht) in Auftrag gegeben.235
Hierbei ging es dem UK Film Council allerdings mehr um die Förderung der digitalen
Verbreitung in den Kinos als um die Förderung von VoD-Plattformen. Zu erwähnen ist
außerdem eine interessante Initiative des UK Film Council zur Förderung eines Titels der zur
Verbreitung auf nutzergenerierten Seiten wie MySpace bestimmt ist.236

Das französische Centre National de la Cinématographie, CNC, ist das Filminstitut, das 2008
die wahrscheinlich ehrgeizigste Maßnahme zur Förderung der Entwicklung eines VoD-
Angebots eingerichtet hat. Diese Maßnahme besteht aus zwei verschiedenen Programmen
(siehe Kasten):

- Einer speziellen Beihilfe „aide à l'exploitation d'œuvres françaises et européennes en


vidéo à la demande“ (Förderung zur Verwertung französischer und europäischer
Werke im Rahmen von Videoabrufdiensten) (siehe Kasten).237 Die ersten Beihilfen
wurden anlässlich der Sitzung der Sonderkommission am 2. Juli 2008 gewährt.238
- Ein „VoD-Zuschlag“ für Videoanbieter, damit diese weiterhin ihre Videos als VoD
herausgeben.239

In Spanien sieht der vom Generaldirektor der ICAA Ignasi Guardans vorgelegte neue
Gesetzesentwurf zur Kinoförderung vor, dass die Einnahmen aus Videoabrufdiensten bei der
Berechnung „allgemeiner Beihilfen“ zur Abschreibung berücksichtigt werden sollen.240

2.2.5. Vorschläge der Think Tank on European Film and Film Policy

Die Think Tank on European Film and Film Policy, eine auf Initiative von Henning Camre,
dem früheren Direktor des Danish Film Institute, eingerichtete Reflexionsgruppe,
veröffentlichte im Juli die Ergebnisse eines Kolloquiums, das am 17. und 18. April 2009 in
Istanbul stattfand und sich mit den Chancen befasste, die die neuen Übertragungsformen für
den europäischen Film bieten. Dieser Bericht kommt zu dem Schluss, dass VoD der
europäischen Filmindustrie die Möglichkeit bietet, ihre Filme einem größeren Publikum
weltweit zur Verfügung zu stellen.

235
http://www.ukfilmcouncil.org.uk/media/pdf/2/r/Digital_Platform_Feasibility_Study.pdf
236
"UK Film Council backs 'Faintheart', the world's first user generated feature film",
http://www.ukfilmcouncil.org.uk/10288
237
http://www.cnc.fr/Site/Template/T11.aspx?SELECTID=2949&ID=2009&t=2
238
http://www.cnc.fr/Site/Template/T3.aspx?SELECTID=3085&ID=2117&t=2
239
http://www.cnc.fr/Site/Template/T11.aspx?SELECTID=2308&ID=1530&t=2
240
"El Ministerio de Cultura envía al sector el proyecto de Orden Ministerial que desarrolla la Ley de Cine", 17.
Juni 2009, http://www.elmundo.es/documentos/2009/06/17/orden_cine.pdf
"Las ayudas al cine español valorarán también las descargas 'legales' de Internet", 9. Juni 2009,
http://www.elmundo.es/elmundo/2009/06/09/cultura/1244550370.html

100
Der Bericht241 fordert die politisch Verantwortlichen auf, VoD besser in staatliche Beihilfen
einzubeziehen und schlägt insbesondere folgende Maßnahmen vor:

- Definition eines geeigneten Rechtsrahmens. Unter Hinweis auf die Blockierung


des Kangaroo-Projekts durch die britische Wettbewerbsbehörde empfiehlt er
außerdem, die Anwendung der Wettbewerbsvorschriften auf den audiovisuellen
Markt zu prüfen, um Zusammenschlüsse, die für die Einführung nationaler
Plattformen erforderlich sind, nicht zu behindern.
- Unterstützung der Produzenten zur Verbesserung der Rechteverwaltung. Der
Bericht schlägt vor, dass öffentliche Fördermechanismen die Produzenten
veranlassen sollten, ihre VoD-Rechte zu behalten und kollektive
Rechteverwaltungsgesellschaften einzurichten, die ihre Verhandlungsposition
gegenüber den Betreibern großer Plattformen verbessern.
- Standardisierung der Vertriebskriterien, um einheitliche Formen für Mastering,
Trailer, Werbematerial, Metadaten, Untertitel und Media-Kits einzuführen und auf
diese Weise die Präsenz europäischer Filme auf Werbeplattformen und in VoD-
Diensten zu verbessern.
- Schaffung europäischer VoD-Infrastrukturen. Der Bericht befürwortet eher die
Unterstützung von B2B-Modellen, bei denen die Agenten auf europäischer Ebene bei
der Werbung für europäische Filme mit nationalen Plattformen zusammenarbeiten,
als die Förderung eines eher unwahrscheinlichen gesamteuropäischen B2C-Modells.
Zudem stellen die Teilnehmer fest, dass zu viele kleine - wirtschaftlich nicht
überlebensfähige - B2C-Dienste mit öffentlichen Geldern gefördert wurden.

241
M. DALE (ed.), Core Think Thank Group Istanbul: Film Distribution – New Market Opportunities (17-18 April
2009), Think Tank on European Film and Film Policy, Juli 2009, http://filmthinktank.org/papers/

101
Ein Beispiel für nationale Zuschüsse: Förderung zur Verwertung französischer und
europäischer Werke im Rahmen von Videoabrufdiensten und VoD-Zuschlag des
französischen CNC242

a) „Förderung zur Verwertung französischer und europäischer Werke im Rahmen von


Videoabrufdiensten“

Der CNC möchte - zunächst versuchsweise - die Entwicklung des Videoabrufmarkts


begleiten. Die vorliegende Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen soll die
Verwertung der Kataloge, die Vielfältigkeit des Angebots und die Bereitstellung französischer
und europäischer Werke als VoD fördern.

Begünstigte

Förderfähig ist jedes in Frankreich angesiedelte Unternehmen, das über einen Katalog mit
allen Arten von VoD-Rechten für kinematografische und/oder audiovisuelle französische und
europäische Werke verfügt. Das Unternehmen muss seinen Sitz in Frankreich haben. Der
Leiter, Direktor oder Geschäftsführer sowie die Mehrheit der Aufsichtsratsmitglieder dieses
Unternehmens müssen die französische Staatsbürgerschaft haben oder Staatsbürger bzw.
Gebietsansässige folgender Staaten sein: eines Mitgliedstaats der Europäischen
Gemeinschaft, eines Unterzeichnerstaates des Europäischen Übereinkommens des
Europarats zum grenzüberschreitenden Fernsehen oder eines europäischen Drittlands, mit
dem die Europäische Gemeinschaft Vereinbarungen in Bezug auf den audiovisuellen Sektor
geschlossen hat.

Förderfähige Kataloge

Der Katalog muss aus kinematografischen und/oder audiovisuellen französischen und


europäischen Werken bestehen, die bereits verwertet werden oder zur ersten Verwertung in
Kinos oder im Rahmen eines Fernsehdienstes vorgesehen sind.

Der Katalog, für den die Förderung beantragt wird, darf nicht weniger als 50 Kinospielfilme
oder 75 Stunden audiovisuelle Produktionen und nicht mehr als 100 Kinospielfilme oder 150
Stunden audiovisuelle Produktionen umfassen. Dieser Katalog kann mit beliebigem
Zusatzmaterial ergänzt werden (audiovisuelles Material, Fotos, Texte usw.).

Die Kinospielfilme müssen vom CNC eine Produktionsgenehmigung erhalten haben


und/oder den im europäischen Punktesystem festgelegten Bedingungen entsprechen, wie in
Anhang II des Europäischen Übereinkommens über Gemeinschaftsproduktionen von
Kinofilmen festgelegt.

Die audiovisuellen Produktionen müssen zu den Sparten Fiktion, Dokumentationen,


Zeichentrick oder Aufnahme von Livesendungen gehören und eine Förderung durch den
französischen Stützungsfond für die audiovisuelle Produktion (COSIP) erhalten haben
und/oder von der französischen Medienaufsichtsbehörde CSA als europäische Werke
eingestuft worden sein.

242
"Aide à l'exploitation d'oeuvres françaises et Européennes en vidéo à la demande", CNC,
http://www.cnc.fr/Site/Template/T11.aspx?SELECTID=2949&ID=2009&t=2

102
Förderfähige Projekte

 Die Digitalisierung und redaktionelle Aufbereitung eines Katalogs im Hinblick auf


seine Verwertung als VoD
Ein Unternehmen kann zur Digitalisierung und redaktionellen Aufbereitung eines Katalogs
mit französischen und europäischen Kinofilmen und/oder audiovisuellen Produktionen im
Hinblick auf dessen Verwertung als VoD eine Förderung beantragen.
Die Digitalisierung der Katalogtitel und des Zusatzmaterials in Form von Dateien muss
innerhalb von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Antragstellung erfolgen.
Die förderfähigen Ausgaben: Ausgaben für die Erstellung und Speicherung der Datei, Kosten
für die Herstellung und den Erwerb von Zusatzmaterial (Bonustracks, Trailer...).

 Die Online-Bereitstellung und redaktionelle Aufbereitung eines Katalogs für


einen VoD-Dienst
Ein Unternehmen, das einen Katalog mit allen Arten von VoD-Rechten besitzt, und
gleichzeitig einen VoD-Dienst betreibt, kann eine Förderung für die Online-Bereitstellung und
Aufbereitung eines Katalogs auf seiner Plattform beantragen.

Das Unternehmen muss die redaktionelle Verantwortung für die Auswahl der Inhalte des
Dienstes übernehmen und bestimmen, wie der Dienst organisiert wird. Zudem muss es zum
Zeitpunkt der Einreichung des Antrags bereits mindestens 50 Kinospielfilme oder 75 Stunden
audiovisuelle Programme auf seiner Website bereitgestellt haben. Nur Dienste mit
innovativen redaktionellen Strategien, deren Perspektiven in wirtschaftlicher und
kommerzieller Hinsicht zufriedenstellend sind, können gefördert werden.

Förderfähig sind die Ausgaben für die Digitalisierung im Rahmen der Bereitstellung der
geförderten Programmauswahl für den VoD-Dienst (Kodierung, DRM…) sowie die Kosten im
Zusammenhang mit der redaktionellen Aufbereitung dieser Werke auf der Website
(Ausgaben für die Herstellung von speziellem Zusatzmaterial für die VoD, Einrichtung von
Funktionalitäten usw.). Berücksichtigt werden die innerhalb eines Zeitraums von sechs
Monaten ab dem Zeitpunkt der Antragstellung entstandenen Kosten.

Beantragt ein Unternehmen gleichzeitig eine „Förderung zur Digitalisierung und


redaktionellen Aufbereitung eines Katalogs“ und eine „Förderung für die Online-
Bereitstellung und redaktionelle Aufbereitung eines Katalogs für einen VoD-Dienst“, müssen
diese beiden Anträge den gleichen Katalog betreffen.

Kriterien für die Beurteilung

 Für die Digitalisierung und redaktionelle Aufbereitung eines Katalogs im Hinblick


auf seine Verwertung im VoD-Bereich:
- Kultureller Nutzen dieser Werke;
- Qualität der redaktionellen Aufbereitung des Katalogs: zusätzliche Bearbeitung,
Anteil von Werken in Originalfassung mit Untertitel;
- Anteil neuer Werke;
- Technische Qualität der Werke: Kodierungsformat, Qualität der Wiederherstellung
bei Werken, die Bestandteil des kulturellen Erbes sind, Anteil von HD-Werken;
- Maßnahmen zum Schutz vor unerlaubter Vervielfältigung der Dateien (digitales
Wasserzeichen, Abdruck…);
- Eignung für Taube und Schwerhörige, Audio-Beschreibung.

103
 Für die Online-Bereitstellung und die redaktionelle Aufbereitung eines Katalogs
für einen VoD-Dienst:
- Art und Zusammenstellung des Gesamtangebots des VoD-Dienstes,
insbesondere der Anteil europäischer und französischer Werke;
- Professioneller Auftritt des VoD-Dienstes: Informationsblätter zu den Filmen,
Produktion und Art des angebotenen Zusatzmaterials, Produktempfehlungs-
software;
- Wirtschaftliche und kommerzielle Aussichten der Plattform.

Modalitäten für die Zahlung des Zuschusses

 Die Förderung erfolgt in Form eines Zuschusses, der in zwei Beträgen gezahlt wird:
50 % bei Unterzeichnung der Vereinbarung, 50 % nach Durchführung des Projekts.
Handelt es sich um eine Förderung zur Digitalisierung und redaktionellen Aufbereitung
eines Katalogs, erfolgt die Zahlung des zweiten Teilbetrags sobald der Antragsteller die
Verträge zur Vermarktung der Produktionen als VoD oder jedes andere Dokument, das
die tatsächliche Verwertung der Werke bestätigt, vorlegt. Notfalls muss der
Antragsteller die von ihm unternommenen Bemühungen zur Vermarktung der Werke
nachweisen.
 Die Förderung unterliegt der De-minimis-Regelung gemäß Verordnung (EG)
Nr. 1998/2006 der Kommission vom 15. Dezember 2006 über die Anwendung der
Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf De-minimis-Beihilfen. Danach darf ein Unternehmen
innerhalb von drei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren nicht mehr als insgesamt
200 000 EUR erhalten.

b) Der „VoD-Zuschlag“

Begünstigte

Förderfähig im Rahmen der selektiven Förderregelung für die Veröffentlichung als Video sind
die in Frankreich angesiedelten Videoverlage.

Förderfähige Werke

Förderfähig sind die Werke die die selektive Förderregelung für die Veröffentlichung als
Video erfüllen, sofern sie zunächst zur Erstverwertung in Kinos oder im Fernsehen
vorgesehen sind oder dort bereits verwertet wurden.

Förderfähige Projekte

Der Videoverlag, der für einen bestimmten Titel eine zusätzliche Verwertungsschiene als
DVD oder VoD einrichtet, kann im Rahmen der selektiven Einzelförderung für die
Veröffentlichung als Video einen Zuschuss zur gewährten Beihilfe beantragen. Dieser
Zuschuss wird nur dann gewährt, wenn das Werk im Rahmen einer selektiven
Einzelförderung zur Bereitstellung als DVD gefördert wird. Der Zuschuss muss gleichzeitig
mit dem Antrag auf selektive Einzelförderung für die Veröffentlichung als Video gestellt
werden.

104
Kriterien für die Beurteilung

 Strategie zur zusätzlichen Verbreitung des Werks auf physischen oder nicht
materialisierten Trägern;
 Technische Qualität des digitalisierten Werks;
 Zusätzliches Programmmaterial zum Werk im Hinblick auf seine Verwertung als VoD;
 Maßnahmen zum Schutz vor unerlaubter Vervielfältigung der Dateien (digitales
Wasserzeichen, Abdruck…);
 Neuheitsgrad des Werks;
 Eignung für Taube und Schwerhörige, Audio-Beschreibung.

Modalität für die Zahlung des Zuschusses

Der Zuschuss beträgt bis zu 25 % des Betrags der selektiven Förderung für die
Veröffentlichung als Video, maximal jedoch 2 000 EUR pro Projekt.

105
TEIL 3.

VIDEOABRUFDIENSTE IN EUROPA
3.1. ZÄHLUNG DER VERFÜGBAREN DIENSTE
Bei der Zählung der in Europa verfügbaren audiovisuellen Mediendienste auf Abruf ergeben
sich mehrere methodische Probleme, die wir nachfolgend erläutern möchten.

3.1.1. Problematik einer rechtsverbindlichen Definition

Bei der Erstellung von Statistiken über die Gesamtzahl der nicht-linearen audiovisuellen
Mediendienste in Europa stellt sich zunächst das Problem, dass es recht schwierig ist, genau
zu definieren, was rechtlich gesehen und insbesondere auf der Grundlage der in der neuen
Richtlinie über audiovisuelle Medien enthaltenen Definition ein nicht-linearer audiovisueller
Mediendienst ist.

Gemäß der Definition in Artikel 1a der Richtlinie müssen für einen audiovisuellen
Mediendienst auf Abruf sieben Kriterien erfüllt sein:

1. Es muss sich um eine Dienstleistung handeln, d.h. eine Wirtschaftstätigkeit wird


vorausgesetzt.
2. Der Dienst muss unter der redaktionellen Verantwortung eines Mediendiensteanbieters
stehen.
3. Der Dienst muss den Charakter eines für die Öffentlichkeit bestimmten Mediendienstes
haben.
4. Der Dienst soll zur Information, Unterhaltung oder Bildung der allgemeinen Öffentlichkeit
beitragen.
5. Der Hauptzweck des Dienstes muss die Bereitstellung von Sendungen sein.
6. Der Dienst muss audiovisueller Art sein.
7. Der Dienst muss über elektronische Kommunikationsnetze zur Verfügung gestellt
werden.

Es kann hier nicht darum gehen, auf die Probleme juristischer Art einzugehen, die sich bei
der Auslegung der neuen Richtlinie in den verschiedenen Mitgliedstaaten und in
Fachkreisen, insbesondere den Regulierungsbehörden und den Hochschulen ergeben.243
Wir beschränken uns hier darauf, einige Konsequenzen oder Probleme zu erläutern, die sich
durch diese Richtlinie im Rahmen der statistischen Erfassung ergeben haben:

3.1.1.1. Der Begriff des audiovisuellen Mediendiensteanbieters

Artikel 1d der Richtlinie definiert den audiovisuellen Mediendiensteanbieter als „natürliche


oder juristische Person, die die redaktionelle Verantwortung für die Auswahl der
audiovisuellen Inhalte des audiovisuellen Mediendienstes trägt und bestimmt, wie diese
gestaltet werden.“ In Bezug auf die Abrufdienste definiert Artikel 1c die redaktionelle
Verantwortung als „die Ausübung einer wirksamen Kontrolle sowohl hinsichtlich der
Zusammenstellung der Sendungen als auch hinsichtlich ihrer Bereitstellung entweder
anhand eines chronologischen Sendeplans im Falle von Fernsehsendungen oder mittels
eines Katalogs im Falle von audiovisuellen Mediendiensten auf Abruf.“

243
Die Probleme im Zusammenhang mit der Auslegung und Umsetzung der Richtlinie wurden bereits bei der
von der Europäischen Kommission organisierten Zusammenkunft der Arbeitsgruppe mit den
Regulierungsbehörden (Brüssel, 4. Juli 2008) und der Generalversammlung der EPRA (European Platform of
Regulatory Authorities, Dublin, 29. – 31. Oktober 2008) diskutiert. Vgl. insbesondere das ausführliche Papier
der britischen Regulierungsbehörde OFCOM, Proposals for the regulation of video on demand services,
OFCOM, September 2009, http://www.ofcom.org.uk/consult/condocs/vod/

109
Die Frage der Auslegung der redaktionellen Verantwortung wird von Juristen heftig
diskutiert.244

In der Praxis stellt sich das Problem der Erkennbarkeit der redaktionellen Verantwortung
hauptsächlich bei Abrufangeboten, die von Kabelnetzbetreibern und IPTV-Diensten
angeboten werden. Diese stellen nämlich oftmals verschiedene Kataloge (teilweise auch als
„Stores“ bezeichnet) unter unterschiedlichen Markennamen bereit, aus denen sich klar
ergibt, dass diese Kataloge von anderen Anbietern stammen. So erscheint beispielsweise
der Katalog ARTE VoD in den Angeboten verschiedener französischer IPTV-Betreiber. Die
Erkennbarkeit, welches Unternehmen die redaktionelle Verantwortung für einen solchen
angebotenen Katalog trägt, ist gegeben, wenn der Name des Dienstes (z.B. TF1 Vision,
Canalplay, ARTE VoD, BBC iPlayer, ViasatOnDemand, SF Anytime usw.) recht schnell auf
den Herausgeber des Katalogs schließen lässt. Problematisch wird diese Zuordnung
allerdings, wenn der Dienst als weiße Marke angeboten wird (d.h. wenn die Gesellschaft, die
diesen Katalog herausgibt, kaum oder gar nicht im Angebot zu erkennen ist). Außerdem ist
die Zusammenstellung eines Katalogs, den ein Herausgeber über verschiedene Anbieter
unter dem gleichen Markennamen vermarktet, nicht zwangsläufig dieselbe. Schon
technische Zwänge können den Anbieter veranlassen, die Anzahl der im Rahmen seines
ursprünglichen Katalogs bereitgestellten Titel zu reduzieren. Noch heikler wird diese
Zuordnung, wenn das Angebot darin besteht, bestimmte Sendungen aus der
Programmauswahl verschiedener Fernsehkanäle auf Abruf bereitzustellen. So enthält das
Angebot Top Up TV Anytime, das der Betreiber des britischen DVB-T-Bezahlsenders Top Up
TV bereitstellt, Sendungen aus der Programmauswahl von 28 verschiedenen Kanälen, die
im Angebot hervorgehoben werden. Hier stellt sich die Frage, ob es sich um 28
verschiedene Dienste handelt, deren Herausgeber jeweils die 28 Kanäle sind, oder ob es
sich vielmehr um einen einzigen Dienst handelt, der von der Gesellschaft Top Up Ltd.
angeboten wird. Die gleiche Frage stellt sich bei den von iTunes angebotenen Channels, die
auf Partnerschaftsvereinbarungen mit Fernsehgesellschaften, Majors oder Produktionsfirmen
mit bekanntem Label basieren.

3.1.1.2. Nichteinbeziehung nutzergenerierter Inhalte

Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass die Dienste, die nutzergenerierte Inhalte
anbieten, nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, da die Plattformbetreiber hier
nur als technische Mittler betrachtet werden und damit die Kriterien für die redaktionelle
Verantwortung nicht erfüllt sind. Diese Einordnung scheint eher zur ursprünglichen Art dieser
Dienste zu passen, die zunächst überwiegend von Privatpersonen mit Amateurinhalten
bestückt wurden, die keinen kommerziellen Charakter aufwiesen. Allerdings hat die Zahl der
Channel-Angebote, die von professionellen Anbietern, Einrichtungen und Regisseuren in
Dienste wie YouTube eingestellt werden, stark zugenommen. Insgesamt handelt es sich bei
einem zunehmenden Teil der auf diesen Seiten angebotenen Inhalte um professionelle
Inhalte mit Urheberrechten, was die Vereinbarungen belegen, die einige Webseiten wie
DailyMotion mit den Herausgebern der Inhalte in diesem Fall France 24, France 3, ARTE
oder auch BFM TV schließen.245

244
Eine ausführliche Analyse der Probleme im Zusammenhang mit der Auslegung des Begriffs der
redaktionellen Verantwortung im Sinne der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste finden Sie in: W.
SCHULZ und S. HEILMANN, Redaktionelle Verantwortung, IRIS Spezial, Europäische Audiovisuelle
Informationsstelle, Straßburg, 2008.
245
Vgl. weiter unten "Die Rückkehr der traditionellen Akteure zu kostenlosen Modellen" (Abschnitt 6.5.).

110
3.1.1.3. Definition audiovisueller Sendungen

Artikel 1b der Richtlinie definiert den Begriff Sendung als „eine Abfolge von bewegten Bildern
mit oder ohne Ton, die Einzelbestandteil eines von einem Mediendiensteanbieter erstellten
Sendeplans oder Katalogs ist und deren Form und Inhalt mit der Form und dem Inhalt von
Fernsehsendungen vergleichbar ist. Beispiele für Sendungen sind unter anderem Spielfilme,
Sportberichte, Fernsehkomödien, Dokumentarfilme, Kindersendungen und
Originalfernsehspiele.“ Die Liste der Beispiele ist zwar unvollständig, schließt aber
offensichtlich Nachrichtensequenzen (News) aus, obwohl Nachrichtenvideos zu den am
meisten verbreiteten Inhalten auf Webseiten gehören, die von Fernsehveranstaltern oder
Presseunternehmen herausgegeben werden. Auch Werbeinhalte wie Trailer und Highlights
müssen genau genommen als Sendungen betrachtet werden. Einige Webseiten von
Fernsehsendern oder Betreibern spezieller Portale, die über Kinoprogramme informieren,
stellen nur diese Art von Inhalten bereit. Und was ist schließlich mit den Werbespots, die sich
auf den Teleshopping-Webseiten oder auf speziellen Webseiten, die Sammlungen von
Werbespots anbieten, finden? In der Erwägung (18) der Richtlinie heißt es, dass die
Definition audiovisueller Mediendienste auch die audiovisuelle kommerzielle Kommunikation
umfassen sollte. Lässt sich daraus folgern, dass Sequenzen mit audiovisueller kommerzieller
Kommunikation auch unter den Begriff Sendung fallen?

3.1.1.4. Der Begriff Hauptzweck

In der Erwägung (18) der Richtlinie heißt es, dass der Begriff der audiovisuellen
Mediendienste alle Dienste ausschließen sollte „deren Hauptzweck nicht die Bereitstellung
von Programmen ist, d.h. bei denen audiovisuelle Inhalte lediglich eine Nebenerscheinung
darstellen und nicht Hauptzweck der Dienste sind. Dazu zählen beispielsweise
Internetseiten, die lediglich zu Ergänzungszwecken audiovisuelle Elemente enthalten, z.B.
animierte grafische Elemente, kurze Werbespots oder Informationen über ein Produkt oder
nicht-audiovisuelle Dienste.“

Der Begriff Hauptzweck bietet Diskussionsstoff: In welchen Fällen ist die Bereitstellung von
Videos nicht als Hauptzweck von Videos anzusehen? Zahlreiche Webseiten von
Fernsehveranstaltern und Presseunternehmen bieten auf ihrer Website spezielle
„Videoseiten“ an (auf die entweder per Registerkarte oder Hinweiskästchen verwiesen wird).
Lässt sich aus der Tatsache, dass die Videos selbst nicht auf der ersten Seite erscheinen,
schließen, dass sie nicht den Hauptzweck der Seite darstellen? Dieser würde demnach nur
dann vorliegen, wenn der Videokatalog auf der ersten Seite der Website erscheint, oder eine
eigene URL hat.

3.1.2. Berücksichtigte Grundsätze bei der Zählung der Dienste in dieser


Studie

3.1.2.1. Berücksichtigte Arten von Diensten

Im Rahmen dieser Studie haben wir uns aus praktischen Gründen dafür entschieden, nur
bestimmte Kategorien von Abrufdiensten zu erfassen und zu zählen, also nicht alle Dienste,
die möglicherweise in den Anwendungsbereich der Richtlinie über audiovisuelle
Mediendienste fallen.

Berücksichtigt wurden:
- die Videoabrufdienste, die Kataloge mit Bestandsproduktionen anbieten (Kinofilme,
Fernsehspiele, Dokumentationen, Zeichentrickfilme, Bildungssendungen, Musik-
programme, Archivsendungen),

111
- Catch-up-TV-Dienste ohne die Dienste, die ausschließlich Nachrichtensendungen
(einschließlich Sportnachrichten) anbieten.
- Kostenpflichtige Dienste, die die direkte oder zeitversetzte Übertragung von
Sportereignissen auf Abruf anbieten.

In unseren statistischen Auswertungen bleiben demnach folgende Dienste unberücksichtigt:


- Dienste, die nutzergenerierte Inhalte (UGC) anbieten, auch dann, wenn ihr Angebot
Channels umfasst, die von Unternehmen aus dem audiovisuellen Bereich,
insbesondere Sendeveranstaltern, angeboten werden;
- Dienste, die ausschließlich Erwachseneninhalte anbieten;
- Webseiten, die ausschließlich Nachrichtenvideos anbieten, unabhängig davon, ob
diese von Fernsehveranstaltern, Presseunternehmen oder von Webseitenbetreibern
(wie die Seiten von MSN Noticias oder die Videoseiten von Yahoo in Frankreich,
Spanien, Deutschland und Italien) herausgegeben werden. Die vollständige Zählung
dieser Kategorie von Diensten wird aus verschiedenen Gründen immer schwieriger:
Die Kosten für solche Seiten sind relativ niedrig, so dass selbst lokale Fernsehsender
in der Lage sind, Webseiten mit Nachrichtenvideos bereitzustellen. Darüber hinaus
bieten zahlreiche Zeitungen Videoseiten auf ihrer Website an, wobei sich darüber
streiten lässt, ob dies der Hauptzweck dieser Seiten ist und demnach eine Einstufung
als Dienst im Sinne der Kriterien der Richtlinie zulässig ist oder nicht. Eine erste
kurze, allerdings nicht ausführliche Zählung hat ergeben, dass aktuell etwa 60
Webseiten in Europa solche Programme anbieten. Aus ähnlichen Gründen bleiben
die Webseiten, die Sequenzen mit Sportnachrichten anbieten, unberücksichtigt.
- Webseiten, die audiovisuelle Bildungssendungen anbieten (insbesondere der Bereich
iTunes U von iTunes Stores),
- Webseiten, die ausschließlich Trailer, Highlights oder kommerzielle Programme
anbieten (Webseiten von Teleshopping-Unternehmen).
- Webseiten, die wie eine Website für VoD aussehen, aber so aufgebaut sind, dass sie
lediglich Deep Links zu den VoD-Seiten anderer Betreiber herstellen.246
- Webseiten, deren Besonderheit darin besteht, dass sie Suchwerkzeuge für Videos
auf anderen Webseiten bereitstellen. Hierzu gehören Suchwerkzeuge großer
Suchmaschinen wie Google Videos247, Bing Videos248 oder mehr national
ausgerichtete Seiten wie Find Any Film249 im Vereinigten Königreich oder TotalVoD250,
VoD Majors251, mySkreen252 in Frankreich.

Ebensowenig wurden in unserer statistischen Erfassung die Videoabrufdienste über


Mobiltelefone oder mobile Fernsehgeräte berücksichtigt.

246
Dies gilt beispielsweise für die Website Stream.tv (http://www.stream.tv) des deutschen Unternehmens Seto
GmbH, das Deep Links zu den kostenlosen Webseiten von ARD, ZDF und RTL herstellt. Nicht berücksichtigt
haben wir außerdem die Website TV Catch up von Media Resources Ltd. Dieses auf der Insel Mauritius
angesiedelte Unternehmen bietet eine Auswahl von Sendungen der VoD-Seiten verschiedener britischer
Fernsehveranstalter.
247
http://video.google.com/
248
http://www.bing.com/?scope=video&nr=1
249
http://www.findanyfilm.com/
250
http://www.totalvod.com/
251
http://www.vodMajors.com/
252
http://www.myskreen.com/

112
3.1.2.2. Unterschiede zwischen den verschiedenen Varianten gleichnamiger
Angebote

Unter Berücksichtigung der Kriterien, die die AVMS-Richtlinie enthält, haben wir bei der
statistischen Auswertung die Dienste eher nach den vermutlichen Herausgebern des
Katalogs als nach den Anbietern (in erster Linie Kabelnetzbetreiber und IPTV-Dienste)
erfasst. Ein über verschiedene Netze unter dem gleichen Label vermarktetes Angebot (wie
beispielsweise TF 1 Vision, ein Angebot, das gleichzeitig im Internet, über Kabel, IPTV und
iTunes bereitgestellt wird) wird insgesamt dreimal gezählt. Dagegen wird ein gleichnamiges
IPTV-Angebot, das von verschiedenen IPTV-Betreibern vermarktet wird, nur einfach gezählt.

Angebote eines Betreibers, die unter dem gleichen Label bereitgestellt werden, aber auf
verschiedenen Katalogen basieren, und zu unterschiedlichen Bedingungen abgerufen
werden (wie beispielsweise ein Kabelnetzbetreiber, der unter demselben Label einerseits
Filme als VoD verleiht und andererseits Fernsehsendungen anbietet, die im Rahmen eines
Abonnements abgerufen werden), werden dagegen als zwei unterschiedliche Dienste
betrachtet.

3.1.2.3. Unterscheidung zwischen einem Dienst und dem in einem Dienst enthaltenen
Katalog

Wenn es nicht möglich war, eindeutig zu klären, ob die redaktionelle Verantwortung beim
Herausgeber des Katalogs oder dem Betreiber einer Plattform liegt, sind wir grundsätzlich
davon ausgegangen, dass in den Fällen, in denen ein Katalogname (Name eines
Fernsehsenders, eines Filmstudios, einer Produktionsgesellschaft usw.) vom Anbieter
angegeben wird, das Unternehmen oder die Unternehmensgruppe, das Markeninhaber ist,
auch als Dienstelieferant anzusehen ist und damit die redaktionelle Verantwortung trägt.
Diese Sichtweise ist nicht rechtsverbindlich, erweist sich aber im Rahmen dieser
Marktbeobachtung als brauchbar.

3.1.2.4. Erfassung grenzüberschreitender Dienste

Die AVMS-Richtlinie hat den Grundsatz der rechtlichen Zuständigkeit des


Ausstrahlungslands, der im Europäischen Übereinkommen zum grenzüberschreitenden
Fernsehen und in der Fernsehrichtlinie von 1989 festgelegt ist, bestätigt und näher definiert.
Wie bei den grenzüberschreitenden Fernsehkanälen können die Statistiken entweder nach
dem Herkunftsland oder dem Bestimmungsland der Sendung erstellt werden. Allerdings
spiegeln Statistiken, die auf dem Herkunftsland der Sendung basieren, den tatsächlichen
Markt in einem bestimmten Land nicht genau wider. Dies gilt beispielsweise für die Zahl der
Dienste, auf die der Verbraucher zugreifen kann. Umgekehrt können zahlreiche im Internet
verfügbare Dienste aufgrund der fehlenden territorialen Begrenzung in allen Ländern
empfangen werden, wobei die Erfassung dieser Dienste wenig aussagekräftig ist.

Daher sind wir im Rahmen dieser Studie generell davon ausgegangen, dass die statistischen
Angaben zur Anzahl der Abrufdienste jeweils das Angebot in einem bestimmten Land
beschreiben. Für dieses Land werden erfasst:
- die für dieses Land angebotenen territorialen Dienste, selbst wenn der Anbieter in
einem anderen Land niedergelassen ist;253

253
Dies führt zur doppelten Zählung einiger Dienste, die in mehreren Ländern in der gleichen Sprache verfügbar
sind. Hierzu gehören Dienste, die mehrere Länder umfassen, wie beispielsweise die französischsprachigen
Länder (Click Movies), die deutschsprachigen Länder (Premiere Direkt) oder auch die nordischen Länder
(Viasat on Demand, Film2home etc.).

113
- die in einem bestimmten Land bereitgestellten territorial nicht begrenzten Dienste,
sofern sie in einer Amtssprache des Landes angeboten werden.

3.1.3. Auffinden der Dienste

2007 und 2008 hat die Zahl der Videoabrufdienste (VoD) für Kinofilme und in größerem
Umfang die der Catch-up-TV-Dienste enorm zugenommen. Diese Entwicklung wurde von
den nationalen öffentlichen Marktbeobachtungsinstituten bisher nicht näher betrachtet. Die
European Film Agency Research Network (EFARN) hat zwar Kennzahlen festgelegt, die
zweckmäßigerweise für VoD-Dienste zu sammeln sind, hat aber mit der Datenerhebung
noch nicht begonnen. In Frankreich hat das Centre National de la Cinématographie (CNC)
eine Informationsstelle für Videoabrufdienste eingerichtet, die gemeinsam mit den Betreibern
die entsprechenden Daten sammeln soll.254 Die Europäische Kommission hat im Oktober
2008 die vorläufige Fassung einer Studie veröffentlicht, die insbesondere die methodischen
Probleme im Zusammenhang mit der Überwachung der im November 2007 verabschiedeten
neuen Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste untersucht, die die Mitgliedstaaten der
Europäischen Union in nationales Recht umsetzen müssen.255

Die fehlende Registrierung der Dienste bei öffentlichen Einrichtungen erschwert die
Erfassung der verfügbaren Dienste. Eine erste Zählung wurde von NPA Conseil Ende März
2008 durchgeführt. Diese wurde von der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle im
November 2008 vervollständigt und bearbeitet. Die Prüfung der Webseiten der wichtigsten
Betreiber am Markt (Betreiber von IPTV-Diensten, Kabelnetz- und Satellitenplattform-
betreiber), die Sichtung der Fachpresse und eine umfassende Internetrecherche
ermöglichen das Auffinden dieser Dienste, können aber keine Vollständigkeit garantieren.

254
http://www.cnc.fr/Site/Template/T1.aspx?SELECTID=3086&ID=2118&t=1
255
ATTENTIONAL et al., Study on the application of measures concerning the promotion of the distribution and
production of European works in audiovisual media services (i.e. including television programmes and non-
linear services, Draft Final report, 21. Oktober 2008.
http://ec.Europa.eu/avpolicy/info_centre/library/studies/index_en.htm#eurworks

114
3.2. 696 ERFASSTE DIENSTE IM DEZEMBER 2008
Anfang Dezember 2008 wurden insgesamt 696 Dienste in Europa (d.h. in den 36 Mitglied-
staaten der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle) gezählt.256

3.2.1. Aufgliederung der VoD-Dienste nach Vertriebsnetz

Die Entwicklung der VoD-Dienste hängt vom Entwicklungsstand der digitalen Netze ab. Da
dieser Entwicklungsstand in jedem Land unterschiedlich ist, gibt es kein Standardmodell für
die Einführung der Dienste.

Die Zählung ergibt, dass das Internet als Vertriebsnetz für VoD-Dienste weiterhin an erster
Stelle steht. 394 der 696 gezählten Dienste (also 56,6 %) werden über Webseiten oder
spezielle Lesegeräte (iTunes Store, SkyPlayer, BBC iPlayer) verbreitet. Paradoxerweise war
die systematische Suche nach den auf Webseiten angebotenen Diensten am schwierigsten,
sodass bei unserer Zählung wahrscheinlich nicht alle Dienste erfasst wurden.

Die über IPTV-Netze verbreiteten Dienste stehen an zweiter Stelle (209 Dienste also 30 %).
Danach folgen die Dienste, die über Kabelnetze (49 also 7 %), über DVB-T (25 verschiedene
Kanäle, die im Rahmen des Angebots von Top Up TV Anytime als Catch-up-TV angeboten
werden) und über Satellit (19 also 2,7 %) bereitgestellt werden.

Verschiedene Faktoren wirken sich zugunsten des Internets aus: die größere Verfügbarkeit
des Netzes, das zudem kleinen Betreibern die Möglichkeit bietet, einen eigenen Dienst
einzurichten. Auch durch die neuen Kanäle von iTunes Store hat die Zahl der Dienste, die
das Internet als Plattform nutzen, zugenommen. Über IPTV-Netze werden mehr Dienste
angeboten als über die Kabelnetze, obwohl es wesentlich mehr Haushalte gibt, die über
einen Kabelanschluss verfügen, als Haushalte, die Fernsehdienste im Rahmen des
Angebots der Telekommunikationsbetreiber empfangen können. Dieses Phänomen ist damit
zu erklären, dass in diesem Segment mehr Akteure am Markt sind, während durch die in den
meisten europäischen Ländern zu beobachtende Marktkonzentration im Kabelnetzbereich
die Zahl der Betreiber stark geschrumpft ist. Die mit den Catch-up-TV-Diensten verbundenen
Möglichkeiten haben ebenfalls dazu geführt, dass sich die Zahl der Kanäle, die im Replay-
Modus verfügbar sind, vervielfacht hat.

256
Diese Zahl kann nicht mit den früheren von der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle und der DDM
auf der Grundlage der Studien von NPA Conseil veröffentlichten Zahlen verglichen werden. Einerseits hat
sich die Zahl der untersuchten Länder erhöht (Dienste wurden nun auch in der Republik Tschechien, in
Griechenland und Russland ermittelt) und andererseits wurden die Erfassungskriterien verfeinert, was eine
andere Berechnungsmethode zur Folge hat. Unsere Zählung ist keine offizielle Zählung. Die ersten
Schätzungen der Regulierungsbehörden im Rahmen der Umsetzung der AVMD-Richtlinie ergaben vorläufige
Zahlen: Die CSA ermittelte 175 Dienste in Frankreich und die OFCOM etwa 150 Dienste in Großbritannien,
von denen 90 von Fernsehsendern bereitgestellt werden. Vgl. OFCOM, Proposal for the regulation of video
on demand services, London, September 2009, http://www.ofcom.org.uk/consult/condocs/vod/vod.pdf

115
Tabelle 13: Anzahl der abrufbaren audiovisuellen Mediendienste in Europa nach
Empfangsland und nach Art des Netzes (Dezember 2008)

Gesamt Internet IPTV Kabel Satellit DVB-T

AT 10 6 2 0 2
BE 33 14 4 15
BG 1 1
CH 14 10 3 1
CY 3 1 2
CZ 6 3 3
DE 55 49 3 3
DK 18 13 3 2
EE 5 2 1 2
ES 25 20 3 2
FI 14 10 4
FR 106 72 24 10
GB 145 76 34 6 4 25
GR 3 3
HU 14 7 7
IE 13 8 1 4
IS 3 2 1
IT 93 16 77
LU 5 5
LV 1 1
NL 44 34 4 6
NO 18 11 7
PL 14 6 2 1 5
PT 4 2 2
RU 12 2 6 4
SE 22 15 7
SI 3 2 1
SK 6 4 2
TR 5 2 2 1
Gesamt 696 394 207 49 19 25
56,6 % 30,0 % 7,0 % 2,7 % 3,6 %

Die im Internet verbreiteten territorial nicht begrenzten Dienste, die weltweit verfügbar sind, werden nur für das
Herkunftsland gezählt.
Quelle: OBS

116
Abbildung 33: Anzahl der abrufbaren audiovisuellen Mediendienste in Europa nach
Netzen (Dezember 2008)

140

120

100

DVB-T

80 Satellite
Kabel
IPTV

60 Internet

40

20

0
DE

IE

EE
FI
FR

HU
CH

RU

TR

GR
IT

PT
NO

RO
GB

BE
ES
SE

DK

IS
NL

PL

SI
LU
CZ

BG
SK

CY
AT

Die im Internet verbreiteten territorial nicht begrenzten Dienste, die weltweit verfügbar sind, wurden nur in ihrem
Herkunftsland gezählt.
Quelle: OBS

117
3.2.2. Die verschiedenen Akteure, die VoD-Dienste anbieten

3.2.2.1. Einordnung der Herausgeber der Dienste nach ihrem ursprünglichen


Geschäftsfeld

Wir haben 366 Unternehmen gefunden, die in Europa audiovisuelle Mediendienste auf Abruf
herausgeben (also Unternehmen, die aus unserer Sicht die redaktionelle Verantwortung
tragen). Es gibt verschiedene Gründe dafür, dass diese Zahl deutlich unter der Zahl der
angebotenen Dienste liegt: das gleiche Unternehmen kann nämlich verschiedene Dienste
herausgeben oder einen Dienst, der von verschiedenen Anbietern vermarktet wird oder auch
ein Angebot, das in verschiedenen Ländern verbreitet wird. Die Zahl der Herausgeber würde
sogar unter 300 liegen, wenn statt Unternehmen Firmengruppen gezählt würden.

Abbildung 34: Einordnung der Unternehmen, die in Europa audiovisuelle


Mediendienste auf Abruf herausgeben, nach ihrem
Hauptgeschäftsfeld (Dezember 2008)

Rechteverw altungs-
Spezialisierte Gerätehersteller
gesellschaften
Dienstleister 1,6%
Kulturkaufhäuser 0,5%
2,2%
4,6%
Archives
1,1%

Fernsehproduzenten/-
vertriebe
3,0%
Fernsehveranstalter
34,1%
Video-, Buch-,
Multimediaverlage
3,0%

Tochterfirmen der US-


Majors
9,0%

Produktions-
gesellschaften
3,8%
Sammelanbieter von
Inhalten
Telekommunikations-
13,9%
betreiber
17,4%
Satellitenbouquet-/DVB-
T-Betreiber
1,9% Kabelnetzbetreiber
3,8%

Quelle: OBS

118
Tabelle 14: Einordnung der Unternehmen, die in Europa audiovisuelle Mediendienste auf Abruf herausgeben, nach ihrem Sitz und
ihrem Hauptgeschäftsfeld (Dezember 2008)
Telekom mu- Sammel- Fernseh-
Kabelnetz- Produktions- Tochter-firmen Kulturkauf- Fernseh- Spezialisierte Geräte- R echte- Satelliten-bouquet- Multimedia-
Land nikations- Video-verlage anbieter von produzenten/
betreiber gesellschaften der US Majors häuser veranstalter Dienstleister hersteller verwalter /DVB-T-Anbieter /Buchverlage
betreiber Inhalten vertriebe
AT 1 1
BE 1 1 1 6 1 2
BG 1
CH 1 3 1 1 1 1 1
CY 2 1
CZ 1 2 3
DE 1 4 5 1 16 1 1 4 1 1
DK 1 1 3 3
EE 1 1 1
ES 1 2 4 8 1 2 1
FI 2 1 4 1
FR 1 4 3 6 3 21 2 1 11 1 1 4
GB 1 2 14 2 2 23 1 2 5 1 2 4
GR 2
HU 1 1 3 3 1 2
IE 1 1
IS 1 2
IT 1 2 4 2 9 2
LU 2
LV 1
NL 2 1 2 5 4 18
NO 2 1 1
PL 1 1 2 1 1 1 2
PT 2 1
RO 1
RU 4 6 1
SE 1 1 1 2 5 4 1
SI 1 2
SK 2 4
TR 2 1 1
IL 1
US 4 3 1 1
Total 14 14 33 64 17 125 7 7 51 6 2 7 11 4
3,8% 3,8% 9,0% 17,5% 4,6% 34,2% 1,9% 1,9% 13,9% 1,6% 0,5% 1,9% 3,0% 1,1%

Quelle: OBS
Durch die neuen Catch-up-TV-Dienste haben die von den Rundfunkbetreibern angebotenen
VoD-Dienste deutlich an Gewicht gewonnen: 125 der 366 Unternehmen (also 34,1 %)
gehören zu Firmengruppen, die als Hauptgeschäft Fernsehdienste herausgeben. Die
Fernsehveranstalter haben gegenüber den anderen Diensteherausgebern verschiedene
Vorteile, die ihre Positionierung auf dem Markt für Videoabrufdienste erleichtern: Neben
ihren Möglichkeiten im Bereich von Catch-up-TV sind sie Inhaber gut etablierter Marken und
profitieren zudem von ihrer Position auf dem Rechtemarkt, wenn es um die Einrichtung
spezieller Dienste zur Verwertung von Filmkatalogen geht (dies haben in Frankreich TF1,
Canal+ und ARTE, in Deutschland die Premiere AG – nun Sky Deutschland – und die
Unternehmensgruppe ProSiebenSat.1 Media Gruppe und in Großbritannien schließlich die
British Sky Broadcasting und Channel 4 ausgenutzt). Darüber hinaus können sie
Archivdienste betreiben (wie in Italien der Dienst RAI Teche von RAI). Die Dominanz der
Fernsehveranstalter wäre noch größer, wenn wir deren Nachrichten-Videodienste mitgezählt
hätten.

Zur zweitgrößten Gruppe, die audiovisuelle Mediendienste auf Abruf anbietet, gehören
verschiedene Unternehmen, die im Bereich der Verbreitung von Fernsehkanälen miteinander
konkurrieren. Hierzu zählen: die Telekommunikationsbetreiber, die den Fernsehbereich ihres
Triple-play-Angebots durch einen Videoabrufdienst ergänzen (64 Unternehmen, also
17,4 %), die Kabelnetzbetreiber (14 Unternehmen, also 3,8 %), die Satellitenbouquet-
betreiber (6 Unternehmen) und ein Betreiber für digitales Bezahlfernsehen (Top Up TV Ltd.).
Insgesamt ist festzustellen, dass die Kabelnetzbetreiber gegenüber den Betreibern von
IPTV-Netzen leicht im Rückstand sind: Die Digitalisierung der Netze ist für sie mit großen
Investitionen verbunden, was häufig umfangreiche mehrere Jahre währende Konzentrations-
prozesse zur Folge hatte. Einige dieser Unternehmen müssen sich mit den deutlich weniger
attraktiven Pay-per-View-Diensten begnügen, obwohl sie diese teilweise sogar wie
Videoabrufdienste präsentieren. Darüber hinaus sind die Möglichkeiten der Satelliten-
plattformbetreiber durch den fehlenden Rückkanal begrenzt, sodass sie nur NVoD-Dienste
(push VoD) bereitstellen können. Einige Anbieter (Viasat, British Sky Broadcasting,
Premiere, Canalsatélite) gleichen dieses Manko teilweise mit VoD-Diensten im Internet aus,
wobei sie von ihrem Markennamen profitieren und in den meisten Fällen ihre Angebote
ausschließlich für die Abonnenten bereitstellen.

Die dritte große Gruppe von Herausgebern umfasst die großen amerikanischen
Firmengruppen, die entweder Kinofilme und audiovisuelle Werke produzieren, einen Vertrieb
haben oder Themensender betreiben. Wir haben insgesamt 33 Unternehmen ermittelt (9 %
aller Unternehmen), die in irgendeiner Weise zu den amerikanischen Majors gehören und in
Europa VoD-Dienste oder Catch-up-TV anbieten. Nach den uns vorliegenden Daten werden
139 der 696 Dienste, also 20 %, von amerikanischen Unternehmen oder deren
amerikanischen Tochtergesellschaften herausgegeben.

Im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten, wo die US-Majors bei der Einrichtung der ersten
VoD-Dienste eine bedeutende Rolle gespielt haben, kann die Rolle der europäischen
Produktionsgesellschaften bei der Erschließung dieses Marktes wohl kam als führend
bezeichnet werden. Eine Ausnahme stellt die Firmengruppe Bonnier (Svensk Filmindustri)
mit ihrem SF Anytime-Dienst dar, der die nordischen Länder seit 2002 bedient. Bei nur 14
Dienstebetreibern handelt es sich um europäische Produktionsgesellschaften
(Unternehmensgruppen wie Svensk Filmindustri in Schweden, MK2 in Frankreich, Fandango
in Italien oder Tallinfilm in Estland), Kinofilmvertriebe (wie Cinamien in der Niederlande,
Filmladen in Österreich, Budapest Film in Ungarn) oder Verkaufsagenturen (Sales Agents,
wie Wild Bunch, auf Initiative des französischen Projekts Film TV). Die Filmproduzenten
können nur durch Zusammenschlüsse einen direkten Zugang zum VoD-Markt erhalten (wie
das Unternehmen Le Meilleur du cinéma français, in dem sich etwa 60 Produzenten
zusammengeschlossen haben, um den Dienst Universciné einzurichten oder Filmmakers’
Independent Digital Distribution, ein Zusammenschluss von dänischen Produzenten und

120
Vertrieben zur Einrichtung des Projekts Movieurope). Daneben gibt es einige
Fernsehproduzenten oder -vertriebe (11), die zumeist durch die Vermarktung ihres Katalogs
über die auf iTunes Store bereitgestellten Kanäle Zugang zum VoD-Markt erhalten haben.

Eine beachtliche Zahl von Unternehmen, die VoD-Dienste herausgeben (51, also 13,9 %),
sind sogenannte Sammelanbieter von Inhalten. Diese Bezeichnung ist in diesem Sektor
etwas irreführend, da in gewisser Weise jeder Herausgeber eines VoD-Dienstes ein
Sammelanbieter von Inhalten ist, ebenso wie jedes Unternehmen, das Fernsehkanäle oder
Videos anbietet, Inhalte sammelt, um eine Markenwirkung zu erzielen. Zu unserem Zweck
beschränken wir den Begriff Sammelanbieter von Inhalten allein auf die Unternehmen, die
speziell dazu gegründet wurden, Kataloge und Videoabrufdienste oder eventuell auch
Webportale einzurichten.

Als eine den Sammelanbietern von Inhalten nahestehende Kategorie könnten die Rechte-
verwaltungsgesellschaften (in Spanien EGDEA für den Dienst Filmotech und SGAE für den
Dienst Acciné; in Italien die SIAE, die im Juli 2009 die Einführung des Dienstes „Legal Bay“
ankündigte), sowie die Archivdienste oder -unternehmen (Pathe British in Großbritannien,
INA in Frankreich und die Königliche Bibliothek der Niederlande) bezeichnet werden.

Einige auf audiovisuelle Technologien oder Netztechnologien spezialisierte Dienstleister


haben ihre Tätigkeit auf das Herausgeben von Diensten ausgedehnt. Dies gilt für Firmen, die
sich auf die Aufbereitung von Archiven spezialisiert haben, wie die französische Gesellschaft
Lobster mit dem Projekt European Film Treasures, das in Partnerschaft mit 18 europäischen
Filmarchiven und mit Unterstützung des Programms MEDIA 2007 durchgeführt wurde, oder
auch für 7digital Ltd (in Zusammenarbeit mit dem British Film Institute) oder Norgefilm (in
Zusammenarbeit mit dem norwegischen Filminstitut). Zu den Firmen, die sich auf
Datenlösungen spezialisiert haben, zählen die Schweizer Gesellschaft MC&C GmbH
(Clicmovies) oder die französische Gesellschaft Vodeclic. Das deutsche Unternehmen SaT
Satellite and Transfer GmbH hat einen Download-Dienst per Satellit eingerichtet. Unter den
spezialisierten Dienstleistern ist interessanterweise die Arts Alliance Media, eigentlich
bekannt als Provider (Wegbereiter) für die Einführung des digitalen Kinos, an dem britischen
Projekt Vizumi beteiligt. Unter den Anbietern finden sich ebenso einige Gesellschaften, die
sich auf die Erarbeitung von Netzlösungen spezialisiert haben.

Nur wenige Videoverlage sind bei den VoD-Diensten vertreten: Wir haben insgesamt sieben
gezählt, von denen vier in Frankreich angesiedelt sind. Sie bieten in der Regel kleine
ausgewählte Kataloge an. Anzumerken ist noch, dass der französische Fernsehveranstalter
TF1 seine verschiedenen VoD-Dienste über seine Videotochter unter dem Namen TF1
Vision vermarktet.

Der Anteil der Medienkaufhäuser ist sicherlich beachtlicher. Bisher treten die Kultur-
kaufhäuser, mit Ausnahme von Virgin Megastores in Frankreich, nicht als Herausgeber auf.
Die FNAC, die nur auf dem VoD-Markt in Frankreich agiert (obwohl sie ebenso Kaufhäuser
in Belgien, Spanien, Portugal und Italien führt), arbeitet mit der Gesellschaft Glow
Entertainment zusammen, die Herausgeber des Glowria-Katalogs und der Glowria-Dienste
ist, weswegen in diesem Fall wohl eher die Glow Entertainment als Herausgeber zu
betrachten ist. In Großbritannien kündigte Zavvi Retail (Ltd) (neuer Name der früheren Virgin
Stores) vor ihrem Konkurs einen VoD-Dienst auf seiner Website an. Die europäischen
Ableger von Blockbuster Inc., dem Marktführer im Bereich Videoclubs, haben keine VoD-
Dienste angekündigt, obwohl die US-Muttergesellschaft im August 2007 den Movielink-
Dienst übernommen hat.

Die Unternehmen, die sich auf den Verkauf und den Online-Verleih spezialisiert haben, sind
aktiver. In den nordischen Ländern hat das schwedische Unternehmen CDON, das im
Bereich Online-Verkauf marktführend ist, bereits 2006 einen VoD-Dienst eingerichtet.

121
Allerdings sind es vor allem die DVD-Verleihe, die sich ebenso wie Netflix in den Vereinigten
Staaten im VoD-Segment positioniert haben: Lovefilm im Vereinigten Königreich und in den
nordischen Ländern, Channel Films im Vereinigten Königreich, Locafilm Interactive und Glow
Entertainment in Frankreich, Homedia in der Schweiz und in Frankreich, Triboo und
Millenium Storm in Italien, Winkelwiijs, Keeno, MovieMile Entertainment, Ster Digital und
Videoland in den Niederlanden. Die französische Gesellschaft Glow Entertainment, die
ebenfalls auf den Online-Verleih von DVDs spezialisiert ist und 2008 vom Gerätehersteller
Netgem übernommen wurde, ist in dieser Kategorie sicherlich das ehrgeizigste
Unternehmen: Sie ist Herausgeber des VoD-Dienstes Glowria, der im Internet sowohl unter
eigenem Namen läuft als auch auf der Internetseite von AlloCiné. In Deutschland hat die
Gesellschaft verschiedene Online-DVD-Verleihe übernommen, darunter die Netleih GmbH
mit dem Dienst Video Buster. Neben ihrer Verbindung mit der FNAC in Frankreich hat sie
sich außerdem mit der französischen Supermarktgruppe Carrefour zusammengeschlossen,
um Dienste in Belgien, Spanien und Frankreich einzuführen. In Frankreich hat CDdiscount
(ein Tochterunternehmen der Supermarktgruppe Casino), ein Online-Vertrieb für Kulturgüter
und Unterhaltungselektronik, im Dezember 2008 einen kleinen kostenlosen VoD-Katalog
(vier Titel) eingeführt. Außerdem ist noch zu erwähnen, dass sich in den nordischen Ländern
das schwedische Unternehmen Bonver Entertainment Group, dessen Kerngeschäft der
Handel mit Kulturgütern ist, mit dem Dienst Film2home ebenfalls im VoD-Segment
positioniert hat und außerdem zusammen mit dem Fernsehveranstalter NonStop AB den
Dienst Silverscreen anbietet.

Schließlich sind noch die Hersteller/Entwickler Microsoft, Apple und Archos zu nennen, die
mittlerweile auch beginnen, VoD-Dienste einzurichten, die natürlich den Absatz ihrer eigenen
Produkte fördern sollen:
- Die französische Gesellschaft Archos verwertet in Frankreich, Deutschland, Italien
und Großbritannien einen Filmkatalog auf ihrem „Internet Media Tablet“.
- Apple vermarktet über die in Luxemburg niedergelassene Gesellschaft iTunes Store
SARL überwiegend Musik und Musikvideos für iPod oder iPhone. In drei Ländern
(Großbritannien, Deutschland und Frankreich) vertreibt diese Firma
Fernsehsendungen. Zurzeit gibt es nur in Großbritannien einen Filmvertrieb,
allerdings macht Steve Jobs kein Geheimnis aus seinem Interesse an der weiteren
Entwicklung des VoD-Marktes für Filme in Europa.
- Mircrosoft bietet auf der Xbox in Frankreich, Deutschland und Großbritannien einen
Download-Service für Filme an. Außerdem bietet das Webportal MSN von Microsoft
in Deutschland, Österreich und der Schweiz einen kostenlosen VoD-Dienst mit einem
Filmkatalog an.
- Das Unternehmen Sony hat über seine britische Filiale Sony Computer Entertainment
Europe den Dienst Go!View eingeführt, über den die Besitzer einer tragbaren Play
Station (PSP) in Großbritannien und Irland Filme, einzelne Folgen von Fernsehserien
oder Sportsendungen über das Internet herunterladen können.

3.2.2.2. Vertriebe für VoD-Dienste

Unter Vertrieben verstehen wir die Unternehmen, die zwar nicht unbedingt Herausgeber der
Dienste sind, diese aber vermarkten oder für die Verbraucher bereitstellen. Wir haben 294
solcher Unternehmen gezählt, von denen 210 ein eigenes Diensteangebot über das Internet
vertreiben. In den meisten Fällen werden die Webseiten im Internet tatsächlich direkt von
den Herausgebern der Dienste betrieben. Aber dies muss nicht zwangsläufig der Fall sein.
Im Internet finden sich mehrere VoD-Dienste, die als weiße Marke angeboten werden, oder
bei denen der Betreiber der Website ein verwandtes Unternehmen ist, nicht aber selbst
Herausgeber. Vor allem der Vertrieb im Internet kann über Unternehmen erfolgen, die

122
Plattformen oder Media Player betreiben: Dies gilt insbesondere für iTunes Store S.à.r.l., die
luxemburgische Niederlassung von Apple (die über ihre Plattform die Kataloge der
Partnerkanäle auf dem Markt anbietet) und für die British Sky Broadcasting, die für die
Catch-up-TV-Dienste einiger Drittsender die Bereitstellung der Dienste auf dem britischen
und irischen Markt übernimmt. Die Inhaber dieser Webportale fungieren quasi als Prüfer, als
Gatekeeper, analog zu den Verwaltern anderer Arten von Plattformen wie: Betreiber von
Kabelnetzen, IPTV, Satellitenplattformen oder DVB-T

Tabelle 15: Anzahl der Dienste, die von den größten Vertrieben für Abrufdienste in
Europa verbreitet werden (Dezember 2008)
Anzahl der darunter
Nationale
Vertrieb Plattform Netz verbreiteten eigene Drittdien
Märkte
Dienste (1) Dienste ste
iTunes SARL (2) GB iTunes Store Internet 27 1 26
DE iTunes Store Internet 20 1 19
FR iTunes Store Internet 16 1 15
IE iTunes Store Internet 2 1 1
IT iTunes Store Internet 2 1 1
LU iTunes Store Internet 2 1 1
BE iTunes Store Internet 1 0 1
CH iTunes Store Internet 1 0 1
ES iTunes Store Internet 1 1 0
NL iTunes Store Internet 1 0 1
SE iTunes Store Internet 1 0 1
Gesamt
iTunes Store Internet 74 7 67
Europa
Tiscali Italia (3) IT Tiscali Replay IPTV 52 31 21
Tiscali UK GB Tiscali Replay IPTV 26 19 7
GB Sky Player Internet 24 8 8
British Sky
GB Sky Anytime Satellit 4 2 2
Broadcasting
IE Sky Anytime Satellit 4 2 2
FastWeb IT FastWeb IPTV 24 9 15
Numericable FR Numericable Kabel 10 1 9
Etablissements Darty FR Dartybox IPTV 7 0 7
BT GB BT Vision IPTV 6 3 3
Virgin Media GB Virgin Media Kabel 6 3 3
NextGenTel NO NextGenTel IPTV 5 0 5
Free S.A.S. FR FreeBox IPTV 5 1 4
SFR FR neufbox de SFR IPTV 5 1 4
Telecom Italia France FR Alice Box IPTV 5 2 3
Belgacom BE Skynet IPTV 4 1 3
(1) Ohne Berücksichtigung von Nachrichtendiensten und Erwachsenensendungen
(2) Ohne Berücksichtigung der Videodienste von iTunes U und Video-Podcasts
(3) Der Dienst wurde am 31. Dezember 2008 eingestellt.

Quelle: OBS

Die Plattformen, die eine große Zahl von Diensten anbieten, befinden sich in einer
paradoxen Situation: sie setzen auf die Vergrößerung ihres Angebots durch Diversifizierung
der Dienste und beweisen damit ihre Offenheit. Gleichzeitig sind sie zumeist selbst
Herausgeber der Dienste, konkurrieren also mit den Drittdiensten, die sie anbieten. Die Zahl
der Dienste, die sie anlocken, ist ein deutlicher Beleg für ihre gute Positionierung auf dem
Markt. Da die Vertriebstätigkeit eine Bewertung der Werke oder Kataloge verlangt, laufen

123
diese Vertriebe Gefahr, dass ihnen die Ausnutzung ihrer Position zugunsten Ihrer eigenen
Dienste vorgeworfen wird. Die Vertriebe, die sich für einen einzigen kombinierten Dienst
entschieden haben, der aus einem Angebot besteht, das auf der Grundlage der Rechte, die
sie bei den verschiedenen Kataloganbietern gesammelt haben, zusammengestellt wurde,
laufen nicht so schnell Gefahr, sich diesem Vorwurf auszusetzen.

124
TEIL 4.

DIE STRATEGIEN DER AKTEURE


4.1. DIE INTERNATIONALEN STRATEGIEN DER
GERÄTEHERSTELLER UND IT-DIENSTLEISTER
Die Gerätehersteller und die Dienstleister im IT-Bereich sind zahlenmäßig eine der kleinsten
Gruppen unter den Herausgebern von Diensten, nehmen dafür aber auf dem Markt eine
wichtige – wenn nicht sogar dominierende – Position ein, die größtenteils, zumindest in drei
Fällen (Apple, Microsoft und Sony), auf ihre internationale Dimension zurückzuführen ist.
Daher sollte ihre internationale und gesamteuropäische Marktstrategie näher beleuchtet
werden.

4.1.1. Apple und die iTunes Stores

Die iTunes Stores von Apple sind digitale Vertriebsplattformen, über die Apple
verschiedenartige Inhalte verbreitet, die auf den tragbaren iPods, den Multifunktionstelefonen
iPhone, den mit einer Apple TV Set-Top-Box ausgestatteten Fernsehgeräten und – was
häufig vergessen wird – auf PC oder Mac-Computern abgerufen werden können. Die
gleichzeitige Bereitstellung für PC und Mac-Computer ist zweifelsohne einer der größten
Vorteile der iTunes Stores.

Der iTunes Music Store wurde am 28. April 2003 in den Vereinigten Staaten eingeführt und
revolutionierte innerhalb kurzer Zeit den Markt für Online-Musik, dank der Vereinfachung von
Downloads durch Einzelzahlung und eine durchsichtige Preisgestaltung, mit einem
Einheitspreis für jeden heruntergeladenen Titel. Die anderen Plattformen, die entweder
Zahlungen pro Bestellung oder im Abonnement vorsahen, konnten sich nicht durchsetzen,
da sie kein Verkaufsargument, in diesem Fall ein spezielles Endgerät, bieten konnten, um
den Internetnutzer vom Kauf zu überzeugen. Der Dienst wurde schnell zum weltweiten
Marktführer im Bereich des Downloads von Musik. Bis Juni 2008 wurden insgesamt 4
Milliarden Musiktitel heruntergeladen, womit der weltweite Marktanteil der iTunes Stores im
Segment Online-Musik bei schätzungsweisen 70% liegt. Apple meldete im April 2008 allein
mit seinen Downloadangeboten der größte Musikhändler in den USA geworden zu sein.
Damit überholte Apple den auf den Verkauf von Datenträgern spezialisierten
Einzelhandelskonzern Wall Mart.257

Ende Dezember 2008 untergliederten sich die über iTunes angebotenen Inhalte in elf
verschiedene Kategorien, von denen einige allerdings noch nicht auf allen nationalen
Märkten verfügbar sind.

- App Store: eingeführt am 10. Juli 2008 zur Bereitstellung der kostenlosen oder
kostenpflichtigen Anwendungen für iPhone und iPod.
- iPod Spiele: spezielle Videospiele für iPod und iPhone.
- Musik: Musiksendungen oder -alben
- Hörbücher: aufgenommene Bücher.
- iTunes U: Pädagogische Audio- oder Videoinhalte.
- Audio-Podcasts: kostenlose Audioinhalte unabhängiger Drittanbieter
- Video-Podcasts: kostenlose Videoinhalte unabhängiger Drittanbieter.
- Kurzfilme: von Pixar produzierte kurze Trickfilme.
- Musikvideos.
- TV-Sendungen.
- Kinofilme.

257
Apple Pressemitteilung, 3. April 2008, http://www.apple.com/pr/library/2008/04/03itunes.html

129
Auch wenn die Kategorien iTunes U und Video-Podcasts audiovisuelle Sendungen
enthalten, beschränken wir uns im Rahmen dieser Untersuchung auf die vier letztgenannten
Kategorien, da diese den kommerziellen Videoabrufmarkt direkt betreffen.

Tabelle 16: Aufschlüsselung der iTunes Store-Angebote nach Ländern


(Dezember 2008)

IPod Audio- Video- Pixar Musik- Fernseh-


App Store Musik Hörbücher ITunes U Filme
Spiele Podcasts Podcasts Kurzfilme videos Sendungen
AT X - X X X X X - - - -
BE X X X X X X X X - - -
BG - - - - - - - - - - -
CH X X X X X X X X - - -
CY - - - - - - - - - - -
CZ X - - - - - - - - - -
DE X X X X X X X X X X -
DK X X X X X X X - - - -
EE - - - - - - - - - - -
ES X X X X X X X - - - -
FI X X X X X X X - - - -
FR X X X X X X X X X X -
GB X X X X X X X - X X X
GR X X X X X X X - - - -
HU X - - - - - - - - - -
IE X X X X X X X X X - -
IS - - - - - - - - - - -
IT X X X X X X X X - - -
LU X X X X X X X - X - -
LV - - - - - - - - - - -
NL X X X X X X X X - - -
NO X X X X X X X - - - -
PL X - - - - - - - - - -
PT X X X X X X X - - - -
RO X - - - - - - - - - -
RU X - - - - - - - - - -
SE X X X X X X X X - -
SI X - - - - - - - - - -
SK X - - - - - - - - - -
TR X - - - - - - - - - -

US X X X X X X X - X X X
CA X X X X X X X - X X X
AU X X X X X X X X X X X
NZ X X X X X X X X X - X

Quelle: OBS

Anhand Tabelle 16 kann die jeweilige Entwicklung der Angebotspalette der iTunes Stores in
den verschiedenen europäischen Ländern sowie in den Vereinigten Staaten, in Kanada,
Australien und Neuseeland verglichen werden. Es zeigt sich ganz deutlich, dass die
Angebote je nach Land unterschiedlich entwickelt sind, was wahrscheinlich mit der jeweiligen
Entwicklung des Marktes für iPod und iPhone, aber auch mit den verfügbaren Rechten
zusammenhängt. Mit Ausnahme der (entweder als Download-to-rent oder Download-to-own
zum Abruf bereitgestellten) Filme werden alle anderen Inhalte als Download-to-own
angeboten, ein Marktsegment, in dem der Rechteerwerb schwieriger ist.

4.1.1.1. Audiovisuelle Sendungen und Filme im iTunes Store der USA

Bestärkt durch seinen Erfolg im Musikbereich, stellte das Unternehmen Apple im Oktober
2005 die neuen Versionen seines iPod und seines Multimedia-Programms iTunes vor, mit
denen Videodateien wiedergegeben werden können. Das Angebot wurde in den Vereinigten
Staaten schrittweise ergänzt um Musikvideos, Pixar-Kurzfilme, Fernsehserien und seit
Dezember 2006 um Kinofilme. Das Filmangebot startete zunächst mit Inhalten aus dem
Katalog von Disney, wobei nach und nach die Kataloge der anderen Majors hinzukamen (der

130
Filmkatalog konnte insbesondere durch den Abschluss des Abkommens mit MGM im April
2007 auf 500 Titel aufgestockt werden).258 Der Katalog mit Fernsehsendungen umfasste
Ende Juli 2007 550 Titel.259

Die von iTunes Store eingeführten Videoabrufangebote waren in den USA blitzartig
erfolgreich. Auch wenn die von Apple veröffentlichten Statistiken kumulative Daten enthalten
und keine Angaben über die geografische Aufgliederung, ist der Erfolg eindeutig:
- 1 Million verkaufte Videos zum 31. Oktober 2005, also nicht einmal zwanzig Tage
nach der Einführung.260
- Mehr als 3 Millionen verkaufte Videos bis 5. Dezember 2005.261
- 8 Millionen verkaufte Videos Anfang Januar 2008.262
- 15 Millionen verkaufte Videos bis 23. Februar 2006.263
- 50 Millionen verkaufte Fernsehsendungen und 1,3 Millionen verkaufte Filme bis 10.
Januar 2007.264
- 2 Millionen verkaufte Videos bis 11. April 2007.265
- 200 Millionen verkaufte Folgen von Fernsehsendungen bis 16. Oktober 2008.266

Am 31. August 2007 gab Apple bekannt, dass die Serien aus dem Katalog von NBC
Universal nicht mehr verfügbar seien, da man sich weigere den doppelten Großhandelspreis
(Wholesale Price) zu zahlen, wodurch sich Apple zufolge der Kaufpreis für den Verbraucher
von 1,99USD pro Folge auf 4,99USD erhöht hätte.267 Abgesehen von den Unstimmigkeiten in
Bezug auf die Preise sei die Nichtverlängerung des Vertrags einerseits auf Preisfragen und
andererseits auf die Sorge hinsichtlich eines ungenügenden Schutzes der Werke
zurückzuführen.268 Dieser Rückzug von NBC hätte ein schwerer Schlag für den iTunes Store
sein können, da der Katalog von NBC Universal schätzungsweise 40 % des Umsatzes von
Apple im Videobereich ausmachte.269 Einige Analysten waren der Ansicht, dass NBC damit
den Höhenflug der iTunes Stores bei der Online-Verbreitung von Fernsehprogrammen
stoppen wollte, zumal sich das US-Network zu diesem Zeitpunkt in Richtung eines
kostenlosen werbefinanzierten Online-Vertriebs über Hulu orientierte.270 Allerdings konnte
Steve Jobs am 9. September 2008 die Rückkehr der NBC Universal-Sendungen in den
iTunes Store bekannt geben. Das Scheitern von NBC bei der Gratis-Verbreitung von Inhalten
scheint das Interesse großer audiovisueller Unternehmensgruppen für das von iTunes Store
angebotene Download-to-own-Modell für VoD verstärkt zu haben, zumal Apple gleichzeitig

258
Apple Pressemitteilung, 11. April 2007, http://www.apple.com/pr/library/2007/04/11itunes.html
259
Apple Pressemitteilung, 31. Juli 2007, http://www.apple.com/pr/library/2007/07/31itunes.html
260
Apple Pressemitteilung, 31. Oktober 2005, http://www.apple.com/pr/library/2005/oct/31itms.html
261
Apple Pressemitteilung, 6 Dezember 2005, http://www.apple.com/pr/library/2005/dec/06nbc.html
262
Nach Informationen von Steve Jobs bei Macworld ’06, zitiert in: Computer World,
http://www.computerworld.com/printthis/2006/0,4814,107631,00.html
263
Apple Pressemitteilung, 23. Februar 2006, http://www.apple.com/pr/library/2006/feb/23itms.html
264
Apple Pressemitteilung, 10. Januar 2007, http://www.apple.com/pr/library/2007/01/09itunes.html
265
Apple Pressemitteilung, 11. April 2007, http://www.apple.com/pr/library/2007/04/11itunes.html
266
Apple Pressemitteilung, 16. Oktober 2008, http://www.apple.com/pr/library/2008/10/16itunes.html
267
Apple Pressemitteilung, 31. August 2007, http://www.apple.com/pr/library/2007/08/31itunes.html
268
“NBC may not renew iTunes contract with Apple”, Appleinsider, 31. August 2007,
http://www.appleinsider.com/articles/07/08/31/nbc_may_not_renew_itunes_contract_with_apple_report.html
269
“NBC sees a million downloads since return to iTunes”, Appleinsider, 19. September 2008,
http://www.appleinsider.com/articles/08/09/19/nbc_sees_a_million_downloads_since_return_to_itunes.html
270
Vgl. z. B.: D.E.DILGER, “Forrester’s James McQuivey Announces the Death of iTunes, Again”, Roughly
Drafted Magazine, 6. Dezember 2007, http://www.roughlydrafted.com/2007/12/06/forresters-james-
mcquivey-announces-the-death-of-itunes-again/

131
ankündigte, bald auch Inhalte in HD-Qualität übertragen zu können.271 Die Majors der Musik-
und Filmindustrie und die Networks sind genau genommen sogar gezwungen, mit Apple zu
verhandeln, da sie ansonsten kein Geschäftsmodell kennen, das ihnen langfristig den
erhofften Online-Wachstumsschub angesichts der rückläufigen CD- und DVD-Verkäufe
bescheren wird. Allerdings experimentiert NBC weiterhin zusammen mit den anderen im
Hulu-Projekt zusammengeschlossenen Unternehmen mit diesem neuen Dienst. Nach
Angaben von Nielsen belegte Hulu bereits im November 2008 mit 221 Mio. abgerufenen
Videos Platz 3 der Videowebseiten in den USA.

Im Januar 2008 erklärten Apple und die Twentieth Century Fox, dass einige DVDs von Fox
ab sofort eine digitale Kopie (Digital Copy for iTunes) enthielten, mit der der Käufer einer
DVD das gekaufte Werk auf PC, Mac, iPod, iPhone oder Apple TV übertragen kann.272

Auch wenn die iTunes Stores von Anfang an ausschließlich Vod-Verkauf und keinen VoD-
Verleih praktizierten, teilte Apple im Januar 2008 mit, eine Vereinbarung mit allen großen
Filmstudios über die Bereitstellung von VoD als Download-to-rent („iTunes Movie Rental“))
geschlossen zu haben: mehr als 1000 Katalogtitel können zum Preis von 2,99 USD und
Neuerscheinungen zum Preis von 3,99 USD verliehen werden. Bei Titeln in HD-Format
erhöht sich der Preis für Katalogtitel auf 3,99 USD und für Neuheiten auf 4,99 USD.273 Nach
erfolgtem Download haben die Verbraucher 30 Tage Zeit, den Film anzusehen. Sobald die
Filmwiedergabe beginnt, muss er innerhalb von 24 Stunden abgespielt werden.

Am 1. Mai 2008 gab Apple bekannt, dass die Kinofilme der großen Filmstudios ab sofort an
dem Tag auf iTunes Store bereitgestellt werden, an dem sie als DVD erscheinen.274 Zu
diesem Zeitpunkt umfasste der Katalog 6 Millionen Musiktitel, 700 Fernsehsendungen und
1.500 Kinofilme, von denen 200 in HD-Qualität verfügbar waren.

Seit 13. Mai 2008 stellt der Bezahlsender HBO seine großen Fernsehserien als Download-
to-rent im iTunes Store bereit, womit sich der Katalog der Fernsehsendungen auf 800 Titel
mit insgesamt 20.000 Episoden erhöhte.275

Am 19. Juni 2008 teilte Apple mit, dass täglich 50.000 Filme gekauft oder verliehen würden
und dass der Katalog nunmehr 6 Millionen Musiktitel, 20.000 Folgen von Fernsehsendungen
und 2.000 Filme, davon 350 in HD-Format, enthalte.276

Am 16. Oktober 2008 wurde das Angebot um HD-Sendungen der vier Networks ABC, CBS,
FOX und NBC ergänzt. Die Folgen in HD-Format werden zum Einzelpreis von 2,99 USD
vermarktet, während die von den 70 Kabelkanälen (wie Bravo, Comedy Central, Disney
Channel, ESPN, FX, HBO, MTV, Nickelodeon, SciFi, Showtime, USA. Standard usw.)
angebotenen Sendungen 1,99 USD kosten. Zu diesem Zeitpunkt umfasst der Katalog
insgesamt 8 Millionen Musikstücke, 30.000 Folgen von Fernsehsendungen, 2.500 Kinofilme,
davon 600 in HD-Format.277

Seit April 2009 gibt es mit der Version 8.1.1 ein Update des iTunes-Programms, mit dem
Filme in HD-Qualität auf den Rechner heruntergeladen werden können. Bis dahin konnten

271
P. McLEAN, "NBC returns to iTunes for 65 million viewers and HD action”, Appleinsider, 9. September 2008,
http://www.appleinsider.com/articles/08/09/09/nbc_returns_to_itunes_for_65_million_viewers_and_hd_action
.html
272
Apple Pressemitteilung, 15. Januar 2008, http://www.apple.com/pr/library/2008/01/15fox.html
273
Apple Pressemitteilung, 15. Januar 2008, http://www.apple.com/pr/library/2008/01/15itunes.html
274
Apple Pressemitteilung, 1. Mai 2008, http://www.apple.com/pr/library/2008/05/01itunes.html
275
Apple Pressemitteilung, 13. Mai 2008, http://www.apple.com/pr/library/2008/05/13itunes.html
276
Apple Pressemitteilung, 19. Juni 2008, http://www.apple.com/pr/library/2008/06/19itunes.html
277
Apple Pressemitteilung 16. Oktober 2008, http://www.apple.com/pr/library/2008/10/16itunes.html

132
nur über die Set-Top-Box Apple TV Filme aus dem iTunes Store in HD-Qualität
heruntergeladen werden.278

Laut Screen Digest279 dominiert der iTunes Store den Online-VoD-Markt für Filme in den
Vereinigten Staaten. Das Volumen dieses Marktes (der Verkauf (electronic Sell-through und
Download-to-own), Verleih, Abonnement und Finanzierung über Werbung umfasst) wird auf
227 Mio. USD geschätzt. Nach Einschätzung des britischen Marktforschungsinstituts lag der
Marktanteil von Apple bei Online-VoD-Verkäufen von Filmen 2008 bei 87% und der
Marktanteil beim Online-VoD-Verleih bei 53%. Der einzige ernst zunehmende Konkurrent im
Bereich VoD-Verleih ist der Xbox Live Video Marketplace, dessen Marktanteil auf 33%
geschätzt wird.

Nach Angaben von Adams Media Research war Apple 2008 der drittgrößte Betreiber von
VoD-Diensten (alle Netze zusammen genommen), wobei sich die Ausgaben im Bereich
Online-VoD gleichzeitig um 79% erhöhten, während sich die Ausgaben der
Bezahlfernsehbetreiber (Kabelnetzbetreiber, Satellitenplattformen und IPTV) für VoD-Dienste
nur um 16% und damit auf 1,1 Mrd. USD erhöhten.280

4.1.1.2. In Europa: Zentrale Organisation aber territorial begrenzte Verkäufe

In Europa ging der iTunes Music Store am 15. Juni 2004 in Großbritannien, Frankreich und
Deutschland an den Start, gefolgt von Österreich, Belgien, Spanien, Finnland, Griechenland,
Italien, Luxemburg, den Niederlanden und Portugal am 26. Oktober 2004. Seit 15. Mai 2005
sind iTunes Stores in Dänemark, Norwegen, Schweden und der Schweiz verfügbar. Die
übrigen europäischen Länder haben noch keinen Zugang zum iTunes-Angebot.

Die Verkäufe der europäischen iTunes Stores werden von der luxemburgischen Gesellschaft
iTunes S.à.r.l. abgewickelt. Alle nationalen Kataloge können von jedem beliebigen Standort
aus eingesehen werden, aber die Verwendung eines Filters, der das Herkunftsland der
Kreditkarte des Kunden lokalisiert, verhindert Käufe außerhalb des eigenen Landes.

Im Dezember 2004 stellte das britische Office of Fair Trading die Frage, ob dieses territorial
begrenzte System mit den Regeln des Binnenmarkts vereinbar sei, nachdem die
Verbraucherschutzorganisation „Which“ eine Beschwerde eingereicht hatte, weil Musiktitel in
Großbritannien teurer sind und die britischen Verbraucher nicht auf die Kataloge der anderen
europäischen Länder zugreifen können. Am 3. April 2007 übermittelte die Europäische
Kommission großen Tonträgerfirmen und Apple eine Mitteilung der Beschwerdepunkte
wegen angeblicher territorialer Beschränkungen des Online-Absatzes über den iTunes Music
Store. Die eingeleitete Untersuchung betrifft die Geschäftspraxis von Apple, die zu einer
territorialen Fragmentierung des Absatzes führt. Dadurch können Verbraucher Musik nur in
dem iTunes Store ihres Wohnsitzlandes kaufen, was anhand ihrer Kreditkartenangaben
überprüft wird. Nach Auffassung der Kommission beschränkt dies die Wahl der
Konsumenten, wo sie Musik kaufen wollen, das verfügbare Musikangebot und das
Preisspektrum. Ausgangspunkt dieser Praxis seien die Vertriebsverträge zwischen Apple
und den betreffenden Tonträgerfirmen. Die Klauseln über territoriale Absatzbeschränkungen
stellen einen Verstoß gegen Art. 81 des EG-Vertrags dar.281 Die Mitteilung der

278
“iTunes 8.1.1 adds support for renting HD movies on computers”, AppleInsider, 6. April 2009,
http://www.appleinsider.com/articles/09/04/06/itunes_8_1_1_adds_support_for_renting_hd_movies_on_com
puters.html
279
“Movie Download Market Fragments”, Screen Digest, Februar 2009, S.44
280
“Subscription network VOD losing share to Internet”, Adams Media Research, 26. Mai 2009,
http://www.adamsmediaresearch.com/news/news-usvi-052809-rj/view.html
281
Europäische Kommission, MEMO/07/126, Pressemitteilung vom 3. April 2007

133
Beschwerdepunkte enthält keinen Hinweis auf eine beherrschende Stellung von Apple oder
auf den Einsatz seines hauseigenen Systems zur digitalen Rechteverwaltung (DRM) zur
Kontrolle der Nutzungsrechte für heruntergeladene Musikdateien aus dem iTunes-Online-
Store.282

Als Reaktion auf diese Mitteilung kündigte das Unternehmen Apple im Januar 2008 eine
Harmonisierung seiner Preise in Europa an und die sofortige Öffnung des Zugangs zu allen
europäischen iTunes Stores.283 „Wir sind der Meinung, dass jeder Europäer in jedem
beliebigen iTunes Store einkaufen können sollte“, erklärte Steve Jobs, der CEO von Apple
im September 2007 anlässlich einer Pressekonferenz in Berlin.284 Apple ist der Ansicht, dass
die Entwicklung in Europa durch die nationalen Rechtsvorschriften behindert wird und tritt als
Verfechter gebietsübergreifender Lizenzen auf. Im Anschluss an die von Apple angekündigte
Harmonisierung der Tarife teilte die Kommission am 9. Januar 2008 die Einstellung des
Verfahrens mit.285

4.1.1.3. Audiovisuelle Sendungen und Filme in den europäischen iTunes Stores

Großbritannien war das erste europäische Land, in dem am 29. August 2007 erstmals ein
Katalog mit Fernsehserien angeboten wurde.286 Für diese Serien wurden Vereinbarungen mit
ABC, Disney Channel, Nickelodeon, MTV, Paramount Comedy und Playhouse Disney
geschlossen. Zunächst waren 28 verschiedene Serien für den englischen Markt verfügbar.
Jede Folge oder Sendung wird zum Preis von 1,89£ also ungefähr 2,70USD verkauft. Seit 4.
Juni 2008 ist Großbritannien außerdem das erste europäische Land, in dem Kinofilme
zeitgleich mit Erscheinen der DVD angeboten werden: Der von den großen Hollywood-
Studios bereitgestellte Katalog enthält 700 Titel, davon 100 in HD-Format. Der Kaufpreis für
Katalogtitel beträgt 6,99£ und für Neuerscheinungen 10,99£. Beim Download-to-rent-Modell
kosten Katalogfilme 2,49£ und Neuerscheinungen 3,49£.

In Deutschland können TV-Serien seit April 2008 im iTunes Store abgerufen werden.287 Hier
bieten Channels die Sendungen von ZDF, Prosieben, Sat.1, Brainpool GmbH, BBC und ABC
Studios an. Der Preis für eine Folge variiert zwischen 1,99 und 2,49€. Kinofilme sind seit
April 2009 verfügbar.

In Frankreich werden Fernsehsendungen seit 29. Mai 2008 angeboten.288 Das in Form von
Channels bereitgestellte Angebot umfasst Sendungen von TF1, France Télévisions, Arte,
Dargaud TV, Dupuis TV, BBC und amerikanische Kultsendungen der Walt Disney Company
und von MTV Networks. Die Tatsache, dass der größte französische Sender schon bei der
Einführung des Dienstes vertreten war, erwies sich als voller Erfolg, da sich der Umsatz

282
K. MANIADAKI, "Europäische Kommission: Mitteilung der Beschwerdepunkte gegenüber großen Tonträger-
firmen und Apple" IRIS 2007-6:5/5, Europäische Audiovisuelle Informationsstelle, Juni 2007.
283
Apple Pressemitteilung, 9. Januar 2008, http://www.apple.com/pr/library/2008/01/09itunes.html
284
Zitat aus: A. BEKY: iTunes : Apple défend ses intérêts en Europe, NEtECo, 20. September 2007.
http://www.neteco.com/80346-itunes-apple-defend-interets-Europe.html
285
"Kartellrecht: Die Europäische Kommission begrüßt beabsichtigte Angleichung der Preise für iTunes-
Musikdownloads in Europa", Pressemitteilung der Europäischen Kommission, IP/08/22, 9. Januar 2008.
http://Europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/08/22&format=HTML&aged=1&language=FR&
guiLanguage=en
286
Apple Pressemitteilung, 29. August 2007, http://www.apple.com/pr/library/2007/08/29itunes.html
V. RAMARQUES, "Les séries vidéos arrivent sur iTunes en Europe", NetEco, 30. August 2007,
http://www.neteco.com/79014-series-videos-itunes-Europe.html
287
Apple Pressemitteilung, 2. April 2008, http://www.apple.com/pr/library/2008/04/02itunes.html
288
Apple Pressemitteilung, 29. Mai 2008, http://www.apple.com/fr/pr/20080529tvshows.html
V. RAMARQUES, "L’iTunes Store français propose enfin des séries TV", NetEco, 30. Mai 2008,
http://www.neteco.com/141852-itunes-store-francais-series.html

134
innerhalb von sechs Monaten versechsfacht hat und das Publikum hinsichtlich seiner
sozialen Herkunft und seiner Vorlieben breit gestreut ist.289

Tabelle 17: Partnerschaften von iTunes Store in Europa (Dezember 2008)

Niederlassungs Europäische US
Kurz- Musik-
Land Name des Dienstes -land des Film TV- TV- Sonstige
filme videos
Herausgebers Sendungen Sendungen

BE Pixar Shorts US X

CH Pixar Shorts US X

DE Aardman Animation GB X
DE ABC Studios US X
DE BBC GB X
DE Comedy Central DE (US) X
DE Disney Channel DE (US) X
DE Disney Playhouse DE (US) X
DE iTunes Store LU (US) X X X
DE Kabel eins DE X
DE MTV DE (US) X
DE MySpass DE X
DE Nick DE (US) X
DE Pixar Kurzfilme US X
DE Pro Sieben DE X
DE Sat.1 DE X
DE Spassgesellschaft DE (US) X
DE Spiegel TV DE X
DE Studio 100 TV BE X
DE Universum Film DE X
DE Warner Bros. DE (US) X
DE ZDF Enterprises DE X
ES iTunes Store LU (US) X
FR ABC Studios US X
FR ARTE FR X
FR BBC GB X
FR Courts métrages Pixar US X
FR Dargaud TV FR X
FR Disney Channel FR (US) x
FR Dupuis TV FR X
FR France 2 FR X
FR France 3 FR X
FR France 5 FR X
FR Game One FR (US) X
FR iTunes Store LU (US) x X X
FR MTV FR (US) X
FR Nickelodeon GB (US) X
FR Playhouse Disney FR (US) X
FR Taffy Kids FR X X
FR TF1 Vision FR X

289
Interview mit Pascal Lechevallier, Direktor von TF1 Vision, MacGénération, 3. Dezember 2008,
http://www.macgeneration.com/news/voir/132873/interview-les-six-mois-de-tf1-vision-sur-itunes

135
Niederlassungs- Europäische US
Kurz- Musik-
Land Name des Dienstes land des Film TV- TV- Sonstige
filme videos
Herausgebers Sendungen Sendungen

GB Aardman Animation GB X
GB ABC Studios US X
GB BBC Worldwide GB X
GB Channel 4 GB X
GB DC Comics US x
GB Disney Channel GB (US) x
GB E4 GB X
GB Entertainment Rights GB X
GB Hanna Barbera US x
GB HBO GB (US) x
GB Hit Entertainment GB X
GB iTunes Store LU (US) X X x x x
GB ITV GB X
GB Jetix GB (US) x
GB Kult Kidz GB X
GB Looney Tunes GB (US) x
GB Manga Entertainment GB (JP) X
GB MTV GB (US) x
GB Nickelodeon GB (US) x
GB Paramount Comedy GB (US) x
GB Playhouse Disney GB (US) X
GB Screen Gems GB (US) x
GB Sky 1 GB (US) x
GB Sony Pictures GB (US) x
GB Universal GB (US) x
GB Warner Bros. GB (US) x

IE iTunes Store LU (US) x


IE Pixar Shorts US X

IT iTunes Store LU (US) x


IT Pixar Shorts US X

LU iTunes Store LU (US) X


LU Pixar Shorts US x

NL Pixar Shorts US x

SE Pixar Shorts US x

Quelle: OBS

136
4.1.1.4. Audiovisuelle Sendungen und Filme in den iTunes Stores in Kanada,
Australien und Neuseeland

In Kanada werden audiovisuelle Sendungen seit 12. Dezember 2007 angeboten.290 Neben
den Katalogen der amerikanischen Networks umfasst das Angebot die Sendungen der
kanadischen Sendeveranstalter (CBC und CTV) und der National Hockey League (NHL). Die
einzelnen Folgen kosten 1,9 CAD. Der Filmkatalog wurde in Kanada am gleichen Tag
gestartet wie in Großbritannien.291 In Australien gibt es den Katalog für Fernsehsendungen
seit 25. Juni 2008; er umfasst neben den amerikanischen Sendungen die Sendungen von
drei lokalen Networks (Australian Broadcasting Corporation, Seven Network und Nine
Network).292 Am 14. August 2008 ging der Kinofilmkatalog in Australien und Neuseeland an
den Start.293

4.1.1.5. Audiovisuelle Dienste für iPhone

Der Erfolg des auf 3G-Technik basierenden iPhone, das zahlreiche Multimediaanwendungen
bietet, stärkt die Position von Apple auf dem entstehenden Markt der audiovisuellen Dienste
für Mobiltelefone. Das iPhone kann über ein 3G-Netz oder eine WLAN-Verbindung auf das
Internet zugreifen. Auf diese Weise wird ein Zugang zum iTunes Store und zu bestimmten im
Internet bereitgestellten audiovisuellen Inhalten möglich, sofern diese mit dem Safari-
Browser gelesen werden können.

Der Zugriff auf verschiedene lineare oder nicht-lineare audiovisuelle Dienste ist aber auch
mit bestimmten „iPhone Apps“ möglich, die der App Store zum Download anbietet. Am 14.
Juli 2009 teilte Apple mit, dass der App Store etwa 65.000 Anwendungen bereitstelle und
dass innerhalb eines Jahres 1,5 Mrd. Anwendungen heruntergeladen worden seien.294

Einige dieser Anwendungen werden von Fernsehveranstaltern (France 24, Al Jazeera,


TF1…) herausgegeben und ermöglichen einen Live-Zugriff auf deren Sender, wobei im
Allgemeinen gleichzeitig ein Catch-up-Katalog bereitgestellt wird. Andere Anwendungen
werden von Fernsehanbietern (Orange, Bouygues Telecom, SFR,…) herausgegeben und
ermöglichen im Rahmen eines 3G-Abonnements den Zugriff auf ein Bouquet. Mit weiteren
Anwendungen (netTV, Live TV…) wiederum ist die Live-Übertragung von Fernsehinhalten
(Webcasting) möglich. Andere Sender, die keine Live-Dienste bereitstellen, bieten
Nachrichtenkataloge, (CNN, The Weather Channel, Deutsche Welle, RTL Lëtzbuerger,…),
Musikvideos (MTV), aktuelle Sendungen (NBC Universal), Filmtrailer der in ihrem VoD-
Dienst verfügbaren Kinofilme (TF1 Vision) oder Sportereignisse (Viasat Sport) an.

Seit April 2008 wird der Catch-up-TV-Dienst der BBC (BBC iPlayer) über eine iPhone-
Anwendung bereitgestellt. Die BBC äußert Vorbehalte in Bezug auf die von Apple
vorgeschlagenen Bedingungen. Interessanterweise wird die Anwendung BBC World News
Live, die Zugriff auf die Live-Version und auf Catch-up-Videos von BBC World News
ermöglicht, nicht von der BBC selbst, sondern von Livestation herausgegeben werden und
die Anwendungen B World, B UK, B Sport, B Football, B Rugby Union, B Rugby League und

290
Apple Pressemitteilung, 12. Dezember 2007, http://www.apple.com/pr/library/2007/12/12itunes.html
291
Apple Pressemitteilung, 4. Juni 2008, http://www.apple.com/pr/library/2008/06/04itunes_uk.html
292
Apple Pressemitteilung, 25. Juni 2008, http://www.apple.com/pr/library/2008/06/25itunes.html
293
Apple Pressemitteilung, 14 August 2008, http://www.apple.com/pr/library/2008/08/14itunes.html
294
Apple Pressemitteilung, 14. Juli 2009, http://www.apple.com/pr/library/2009/07/14apps.html

137
B Cricket werden von der Gesellschaft Relaxaler herausgegeben, die Inhalte der BBC neu
zusammenstellt.295

Sammelanbieter (Joost, Babelgum, iNet, Makayama.com,…) stellen ihre Programmkataloge


bereit. Einige Majors (Warner Bros., Sony Pictures, Universal Studios, Disney, Paramount…)
oder Webseiten mit speziellen Inhalten (Variety, Trailer International, iCine) bieten Filmtrailer
oder Fernsehsendungen.

Zusätzlich führt das am 19. Juni 2009 eingeführten iPhone 3GS unter seinen
Standardanwendungen eine Anwendung, die den direkten Zugriff auf YouTube ermöglicht.
Fünf Tage nach Einführung des neuen Telefons erhöhte sich die Zahl der auf Handy
heruntergeladenen Videos laut YouTube um das Vierfache.296 Mit der im GS3 integrierten
Kamera kann der Nutzer seine Videos direkt auf YouTube hochladen. Dagegen sind andere
Videoportale wie Veoh, Vimeo,…nicht verfügbar: diese Dienste bieten keine iPhone Apps an.
Hinzu kommt, dass es aufgrund der Inkompatibilität von Adobe Flash mit dem Mac OS-
System nicht möglich ist, diese Videos über eine direkte Internetverbindung abzuspielen.
Wegen der mit reichlich Verspätung angekündigten Öffnung für Adobe Flash wurde in der
Fachpresse viel darüber spekuliert, ob das Unternehmen Apple dadurch, dass es über die
Aufnahme von Apps in den App Store entscheidet, eine Kontrollfunktion ausüben will.

Durch den erfolgreichen Start des iPhone 3GS konnte Apple sicherlich seine Position auf
dem Markt der audiovisuellen Dienste für Handy stärken. Verschiedene vergleichende Tests
ergeben tatsächlich, dass dieses Telefon die beste Datenübertragungsrate bietet, ein
Kriterium, das bei der Marktpositionierung von entscheidender Bedeutung ist. Nach Angaben
von Strategy Analytics bleibt der Anteil von Apple am weltweiten Markt für Mobiltelefone
Ende des 1. Halbjahrs dennoch begrenzt (1,9%).297

Einige Wochen vor Einführung des 3GS war in einigen Artikeln die Rede von einem
möglichen VoD-Dienst für Filme, der nicht über den iTunes Store läuft.298 Dieses Gerücht
wurde am 8. Juni 2009 von Apple bestätigt: mit dem Programm iPhone 3.0 können
tatsächlich Videos über eine schnurlose Verbindung (3G, WLAN) heruntergeladen werden.299

4.1.1.6. Ungenaue Finanzdaten

Wie die meisten seiner Konkurrenten veröffentlicht Apple keine genauen Zahlen über die
Online-Dienste. Diese fehlenden Daten bringen die Analysten in Verlegenheit und führen
durch die Veröffentlichung alarmierender Berichte zu erheblichen Kursschwankungen der

295
“BBC Hovers On iPhone Apps Due To Apple Terms”, Paidcontent, 11. August 2009,
http://paidcontent.org/article/419-bbc-hovers-on-iphone-apps-due-to-apple-terms/
296
Appleinsider, 25. Juni 2009,
http://www.appleinsider.com/articles/09/06/25/iphone_3gs_spurs_400_increase_in_mobile_video_uploads_to
_YouTube.html
297
“iPhone bucks handset fails”, BBC News, 30. Juli 2009, http://news.bbc.co.uk/2/hi/business/8176753.stm
298
“ iPhone to get iTunes TV and Movies!”, opensalon, 22. Mai 2009,
http://open.salon.com/blog/kwamejones/2009/05/22/iphone_to_get_itunes_tv_and_movies ;
“Apple briefs staff on wireless iPhone movie and TV downloads , AppleInsider, 29. Mai 2009,
http://www.appleinsider.com/articles/09/05/29/apple_briefs_staff_on_wireless_iphone_movie_and_tv_downlo
ads.html ; “Direct video download coming to Apple iPhone and iPod Touch?”, CNET Reviews, 4. Juni 2009,
http://reviews.cnet.com/8301-19512_7-10247397-233.html
299
“Live blog: 2009 WDCC keynote”, CNET News, 8. Juni 2009, http://news.cnet.com/8301-13579_3-10257637-
37.html?tag=mncol;txt ;
“Apple Announces the New iPhone 3GS—The Fastest, Most Powerful iPhone Yet”, Apple Pressemitteilung,
8. Juni 2009, http://www.apple.com/pr/library/2009/06/08iphone.html
“Video download comes to iPhone and Touch”, CNET Reviews, 8. Juni 2009, http://reviews.cnet.com/8301-
12519_7-10259579-49.html?tag=mncol

138
Apple-Aktien.300. Im Apple-Geschäftsbericht erscheint der Umsatz der iTunes Stores in der
Rubrik „Other music related products and services“. Der Anteil dieser seit 2003 aufgeführten
Rubrik am Gesamtumsatz pendelt sich seit 2006 bei etwas 10% ein. Gleichzeitig ist der
Anteil des in Europa erzielten Umsatzes (alle Marktsegmente zusammen) am
Gesamtumsatz leicht gestiegen (von 21,1% im Jahr 2003 auf 23,5% 2008). Der Umsatz von
iTunes S.à.r.l., der luxemburgischen Gesellschaft, die die europäischen iTunes Stores
verwaltet, ist von 53 Mio. EUR im Jahr 2004 auf 353,4 Mio. EUR 2008 angestiegen.

Tabelle 18: Umsatz von Apple Inc. (2003-2008) –


In Millionen Dollar, Geschäftsjahr bis 25. September

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2008/2007

Gesamtumsatz 6 207 8 279 13 931 19 315 24 006 32 479 35,3%


Umsatz in Europa 1 309 1 799 3 073 4 096 5 460 7 622 39,6%
Umsatz iTunes Stores 36 278 899 1 885 2 496 3 340 33,8%

Anteil Europas am
21,1% 21,7% 22,1% 21,2% 22,7% 23,5% 3,2%
Gesamtumsatz
Anteil iTunes Stores am
0,6% 3,4% 6,5% 9,8% 10,4% 10,3% -1,1%
Gesamtumsatz
Quelle: Apple Inc. / OBS

Abbildung 35: Umsatz von iTunes Store S.à.r.l. (2005-2008) - In Millionen EUR

400
353,4
350

300

250 224,5

200

150 132,2

100
53
50

0
2005 2006 2007 2008

Quelle: iTunes Store S.à.r.l. / Europäische Audiovisuelle Informationsstelle

300
Vgl. beispielsweise: D.E.DILGER, “Forrester’s James McQuivey Announces the Death of iTunes, Again”,
Roughly Drafted Magazine, 6. Dezember 2007, http://www.roughlydrafted.com/2007/12/06/forresters-james-
mcquivey-announces-the-death-of-itunes-again/

139
4.1.1.7. Beherrschende Position von Apple auf den Online-Filmmarkt

Nach Ansicht von Screen Digest301 hat der erfolgreiche Filmverkauf über die iTunes Stores
Apple zu einer führenden Position beim Online-Vertrieb von Filmen verholfen. Das britische
Marktforschungsinstitut schätzt, dass die iTunes Stores in diesem Bereich im Jahr 2007 80%
ihrer Transaktionen in den Vereinigten Staaten getätigt haben. Obwohl es nur in drei Staaten
(Vereinigte Staaten, Kanada und Vereinigtes Königreich) einen Filmkatalog gebe, habe der
iTunes Store im ersten Halbjahr 2008 in der Kategorie Online-Filme die Hälfte seiner
Transaktionen in den USA und Europa getätigt. Laut Screen Digest ist die von Apple
genannte Zahl von täglich 50.000 Filmtransaktionen realistisch, wobei diese Zahl im
Zusammenhang mit den 11,9 Millionen DVD-Transaktionen zu sehen sei, die gleichzeitig auf
den drei genannten Märkten erfolgen. Der Umfang der täglichen Filmtransaktionen erscheint
auch im Vergleich mit der Gesamtzahl der auf dieser Plattform täglich zu verzeichnenden
Musiktransaktionen, die auf 6,4 Millionen Titel geschätzt wird, sehr gering.

Tabelle 19: iTunes Store – Online-Filmtransaktionen – In Millionen

2007 Schätzungen 2012 Prognosen


US 13,2 141,9
GB 0,2 9,1
CA 0 3,2
Quelle: Screen Digest

Anfang Dezember 2008 haben amerikanische Marktbeobachter festgestellt, dass die im


iTunes Store-Katalog angebotenen neuen Filme auf einmal verschwunden waren.302 Diese,
im Übrigen auch auf den Netflix-Katalog zutreffende Beobachtung wurde vom Betreiber
bestätigt und kann anscheinend auf eine Anpassung der Verwertungsfenster zurückgeführt
werden. Danach hätten die US-Majors der von den Networks geforderten Verkürzung des
Verwertungsfensters für VoD zugestimmt, um eine schnellere Ausstrahlung im Fernsehen zu
ermöglichen. Da die Einnahmen aus der VoD-Verwertung noch äußerst gering seien (das
Marktforschungsinstitut Adams Media schätzt sie auf 0,0 % der Gesamteinnahmen) seien
die Majors bestrebt, für die Einnahmen aus der Verwertung im Fernsehen die besten
Bedingungen sicherzustellen.303

4.1.2. Microsoft: Vorreiter auf dem VoD-Markt

Microsoft ist in verschiedener Hinsicht ein wichtiger Akteur auf dem VoD-Markt: als
Herausgeber eines Medienabspielprogramms, als Entwickler technischer Lösungen und als
Diensteherausgeber.

301
"iTunes drives online movie sales. Apple’s dominance in digital movies expected to continue", Screen Digest,
Juli 2008.
302
“Where Have All the iTunes Store Movies Gone? “, Kirkville, 5. Dezember 2008,
http://www.mcelhearn.com/article.php?story=20081205182044798
303
G. SENDOVAL, “TV has license to kill movies at iTunes, Netflix”, CNET News, 9. Dezember 2008,
http://news.cnet.com/8301-1023_3-10119509-93.html

140
4.1.2.1. Windows Media Player, das führende Medienabspielprogramm

Der Windows Media Player304 – der zwischenzeitlich in der im Oktober 2008 eingeführten
Version 12 vorliegt - ist Marktführer unter den Medienabspielprogrammen mit einem
komfortablen Vorsprung vor dem Programm iTunes von Apple (vgl. Tabelle 1).

2004 verurteilte die Europäische Kommission Microsoft wegen Missbrauch der


marktbeherrschenden Stellung.305 Die Einbettung des Windows Media Player im
Betriebssystem Windows war einer der Beschwerdepunkte, den die Europäische
Kommission in ihrer Entscheidung vom 24. März 2004 gegen Microsoft anführte. In dieser
Entscheidung kam die Kommission zu dem Schluss, dass Microsoft seine Marktposition
ausnutzt. Nach Ansicht der Kommission konnte Microsoft durch dieses Verhalten eine
führende Position auf dem Markt für Arbeitsgruppenserver-Betriebssysteme einnehmen, die
jeden Wettbewerb auf dem Markt auszuschalten droht. Zudem ging die Kommission davon
aus, dass dieses Gebaren den Wettbewerb auf dem Markt der Medienabspielprogramme
erheblich eingeschränkt habe. Entsprechend der Entscheidung der Europäischen
Kommission werden die neuen Versionen von Microsoft Windows XP Home Edition und
Windows XP Professional ohne den Windows Media Player ausgeliefert.

Abbildung 36: Video on Demand mit Windows Media

Quelle: Microsoft

304
Allgemeine Präsentation: "Interactive Video-On-Demand (VOD)":
http://www.microsoft.com/windows/windowsmedia/forpros/mediaent/ivod.aspx
305
http://Europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/04/382&format=HTML&aged=1&language=
FR&guiLanguage=en

141
4.1.2.2. Von Microsoft angebotene technische Lösungen für VoD

Microsoft entwickelt technische Lösungen, die von verschiedenen Betreibern verwendet


werden, und war insofern schon 2001 an der Einführung von Intertainer, der ersten VoD-
Website in den Vereinigten Staaten, beteiligt. 2005 hat sich MSN, die Internettochter von
Microsoft, mit dem VoD-Dienst CinemaNow zusammengeschlossen und eine Lösung
entwickelt, mit der Videoinhalte im Streaming-Vefahren vom Internet auf den
Fernsehbildschirm übertragen werden können. Die Programme Microsoft TV, Microsoft TV
IPG (Interactive Programm Guide) und Microsoft Mediaroom werden von verschiedenen
amerikanischen und europäischen Betreibern, insbesondere von mehreren IPTV-Diensten
wie T-Home der Deutschen Telekom, Arcor usw. genutzt. Etwa zwanzig Betreiber von IPTV-
Diensten mit insgesamt 1,5 Millionen Abonnenten nutzen die Microsoft Mediaroom Platform.
Am 12. September 2008 präsentierte Microsoft die Microsoft Mediaroom Advertising
Plattform, ein neues Programm, mit dem Werbespots in IPTV-Netzen verwaltet werden
können. Mit der Mediaroom Advertising Platform können alle Fernsehinhalte im linearen
Fernsehen, in den VoD-Diensten, den interaktiven Anwendungen und elektronischen
Programmführern mit Werbeeinblendungen versehen werden.306

Bei der im April 2007 eingeführten Anwendung Microsoft Silverlight handelt es sich um ein
Erweiterungsmodul oder ein Plug-in für Internetbrowser zur Darstellung und Animation von
Oberflächen aus grafischen Elementen und Media-Daten. Mit diesem Modul sollen laut
Präsentation insbesondere VoD-Angebote aufbereitet und damit die Marken der
Werbetreibenden aufgewertet werden können.307 In den Vereinigten Staaten wurde Silverlight
für die Einrichtung des im Streaming-Verfahren arbeitenden VoD-Dienstes von Netflix, dem
Online-DVD-Verleih, genutzt. In Europa wird das Modul von verschiedenen
Fernsehveranstaltern und Betreibern von VoD-Diensten wie France Télévision, ITV, L’Equipe
TV, MSN UK, NRK, RAI, RTL, SBS, Setanta, TF1 und Sky genutzt.308

4.1.2.3. Kostenloser VoD-Dienst von MSN Deutschland

Das Interesse von Microsoft an werbefinanzierten VoD-Angeboten wird durch den am 17.
November 2008 von MSN Deutschland, der von Microsoft Deutschland betriebenen
deutschen Version des Webportals MSN, eingeführten kostenlosen VoD-Dienst bestätigt, der
durch Werbung finanziert werden soll. Der Dienst, der etwa hundert amerikanische und
europäische Filme anbietet, ist nur von Deutschland, Österreich und der Schweiz aus
verfügbar.309

4.1.2.4. VoD auf Xbox Live

Die Hauptpräsenz von Microsoft auf dem Videoabrufmarkt resultiert jedoch aus dem Erfolg
der Spielkonsole Xbox 360. Neben den herkömmlichen Funktionen einer Spielkonsole kann
sie auch zum Ansehen von Inhalten, die aus dem Internet heruntergeladen wurden,
verwendet werden. Die Xbox wurde am 22. November 2005 in den USA und Kanada
eingeführt. Ein Jahr später, also am 22. November 2006, ging der VoD-Dienst in den

306
„Microsoft Mediaroom Unveils Next-Generation Advertising Platform for IPTV Services”, Microsoft
Pressemitteilung, 12. September 2008,
http://www.microsoft.com/tv/content/Press/PressReleases/IPTVAdvertisingPR.mspx
307
Siehe Präsentation von: Brian Goldfarb, Microsoft Strategic Account Summit 2007 Seattle, Wash., 8. Mai
2007, http://www.microsoft.com/Presspass/exec/billg/speeches/2007/05-082007MSNSASBillg.mspx
308
„Silverlight Shines at International Broadcasting Conference 2008 in Amsterdam”, Microsoft Press Pass, 16.
September 2008, http://www.microsoft.com/presspass/features/2008/sep08/09-09silverlight.mspx
309
„MSN Movies bietet Filme in voller Länge kostenlos für deutschsprachige User“, Microsoft Advertising, 17
November 2008, http://advertising.microsoft.com/deutschland/PI-MSN-Movie-online-videothek

142
Vereinigten Staaten an den Start. Die Nutzer können bei bestimmten Einzelhändlern, wie
den Best-Buy-Läden, eine Abonnementkarte erwerben. Die Programme werden im Internet
auf der Website Xbox LIVE Marketplace bereitgestellt.

Ursprünglich wurden 48 Kinofilme und 47 Fernsehsendungen in HD-Format von Paramount


Pictures, CBS, TBS, MTV Networks, UFC, NBC und Warner Bros. Home Entertainment
angeboten. Inhalte anderer Studios wie Lionsgate, MGM und Disney oder von Sendern wie
ABC, Disney Channel, Disney Toon Channek kamen später hinzu. Im Dezember 2008
wurden auf Xbox Live Marketplace 984 Filme, 571 Fernsehsendungen, 327 Musikvideos,
278 Videospiele und 24 unabhängige Videos angeboten. Dabei werden die
Fernsehsendungen (Serien, Magazine) am häufigsten heruntergeladen. Die Folgen von
South Park (2 USD pro Folge) gehören zu den zehn am häufigsten heruntergeladenen
Titeln.

Auf der Grundlage eines Download-to-rent-Modells, werden die Inhalte auf der Xbox 360
Live zwei Wochen lang bereitgestellt und stehen nach Abspielbeginn 48 Stunden zur
Verfügung. Die Nutzer erwerben Prepaid-Karten, auf denen Punkte gutgeschrieben sind, die
entsprechend den heruntergeladenen Sendungen von diesen Karten abgebucht werden.
Damit soll verhindert werden, dass bei jedem Vorgang eine Finanztransaktion stattfindet
(was den Kunden bremsen könnte). Fernsehsendungen werden als Download-to-own zur
Verfügung gestellt und können auf eine unbegrenzte Zahl von Konsolen übertragen werden.

Am 14. Juli 2008 wurde eine wichtige Neuerung zum 19. November 2008 angekündigt: Die
Nutzer in den Vereinigten Staaten können nunmehr im Streaming-Verfahren auf der Xbox
360 und auf den Fernsehgeräten auf die Kataloge mit Kinofilmen und Fernsehsendungen
des Online-DVD-Verleihs Netflix zugreifen.310 Der Zutritt ist den Xbox Live Gold-Mitgliedern
vorbehalten, die den Verleihdienst Netflix abonniert haben. Der Katalog von Netflix umfasst
10.000 Titel, Filme und Fernsehsendungen. Gleichzeitig kündigte Sony/Columbia die
Bereitstellung von Filmen für die Xbox 360 Live an. Im Oktober waren laut Netflix 300 Titel im
HD-Format verfügbar.311 Im August 2009 erwarb Microsoft von Netflix die Exklusivrechte für
die Bereitstellung des Netflix-Dienstes auf seinen Spielkonsolen, obwohl auch Sony und
Nintendo interessiert schienen, diesen Dienst auf ihren eigenen Konsolen anzubieten.312

In Europa gibt es Xbox 360 Live-Dienste in Großbritannien, Irland, Frankreich, Deutschland,


Italien, der Schweiz, Österreich, Belgien, Dänemark, Finnland, den Niederlanden, Portugal
und Schweden. Das VoD-Filmangebot wurde am 11. Dezember 2007 im Vereinigten
Königreich, Deutschland und Frankreich eingeführt und am 18. November auf Spanien und
Italien ausgedehnt. In Frankreich werden neben den Filmen der Kataloge von Warner und
Paramount auch Titel aus dem Katalog des französischen Studios EuropaCorp angeboten.

Im Prinzip ist das System territorial begrenzt, wobei diese Begrenzung umgangen werden
kann. Der besser bestückte US-Katalog war auch für Verbraucher aus anderen Teilen der

310
„Xbox 360 and Netflix Team Up”, Xbox360com, 14. Juli 2008,
http://www.xbox.com/en-US/community/events/e32008/articles/0714-netflixteamup.htm
„Microsoft and Netflix Unveil Partnership to Instantly Stream Movies and TV Episodes to the TV via Xbox
LIVE”, Netflix Pressemitteilung, 14. Juli 2008, http://netflix.mediaroom.com/index.php?s=43&item=275
Videopräsentation auf CENT.tv :
http://cnettv.cnet.com/2001-1_53-50002872.html?tag=rtcol%3brelvideos
311
„HD streaming set to premiere on all Netflix boxes”, The Webservice Report, 29. Oktober 2008,
http://news.cnet.com/8301-13515_3-10078091-26.html
312
Xbox Dashboard Update, 11. August 2009, http://www.xbox.com/en-US/support/systemupdates/default.htm ;
“Microsoft’s Xbox Talks Up Netflix Exclusivity”, Paidcontent, 11. August 2009,
http://paidcontent.org/article/419-microsofts-xbox-talks-up-netflix-exclusivity/

143
Welt interessant. Im Mai 2007 kündigte Microsoft an, gegen die Nutzer vorzugehen, die
Filme herunterladen, die in ihrer Region nicht angeboten werden.313

Microsoft hat begonnen, mit den wichtigsten Satellitenplattformbetreibern Abkommen zu


schließen:
- Im Mai 2009 unterzeichneten Microsoft und BSkyB eine Vereinbarung, nach der die
Besitzer einer Xbox 360 ab Herbst 2009 Zugriff auf einen Teil der im Sky-Bouquet
angebotenen Fernsehsender (insbesondere Sportsender) und auf den VoD-Dienst
Sky Player erhalten.314
- Im Juni 2009 gaben Microsoft und die Canal+-Gruppe eine strategische Partnerschaft
bekannt, um Angebote und Dienste der Canal+-Gruppe (Canalplay, Canal+ à la
demande, Foot+) über die Xbox 360 zu übertragen.315 In den übrigen Ländern
beschränkt sich das VoD-Angebot auf 25 oder 26 Videos von unabhängigen
amerikanischen Produzenten. Die angebotenen Kinofilme richten sich an ein junges
überwiegend männliches Publikum.

Tabelle 20: Inhalte von Xbox LIVE Marketplace (Dezember 2008)

Video- TV- Musik- Videos unabhängiger


Filme
spiele Sendungen videos Anbieter
US 984 278 571 327 24
CA 431 272 _ _ 24

AT _ 226 _ _ 26
BE _ 227 _ _ 26
CH _ 226 _ 25
DE 145 211 _ _ 23
DK _ 227 _ _ 26
ES 130 232 _ _ _
FI _ 20 _ _ 26
FR 164 220 _ _ 25
GB 291 236 _ _ 30
IE 291 227 27
IT 112 232 _ _ 26
NL _ 226 _ _ 25
NO _ 227 _ _ 27
PT _ 91 _ _ 25
SE 227 27
Quelle: OBS

Darüber hinaus gelten je nach Land unterschiedliche Preise für die Filme (aber nicht für
Videospiele): So werden in den USA für Filme 480 Punkte „berechnet“ und in Frankreich 540
Punkte, was Umgehungstaktiken fördert.

Die Marketing-Strategie von Microsoft ist in besonderem Maße auf die in HD-Qualität
angebotenen Filme ausgerichtet, zumeist Actionfilme oder Monumentalfilme (die sich an ein

313
Microsoft to Tighten Up Xbox Live Marketplace Region Controls, XBOX365.com, 5. Mai 2007,
http://www.xbox365.com/news.cgi?id=GGiLrdLGGi05051635
314
Sky/Microsoft Pressemitteilung, 29. Mai 2009, http://corporate.sky.com/media/press_releases/2009/xbox.htm
315
Pressemitteilung Groupe Canal+ / Microsoft, 29. Juni 2009, http://media.canal-plus.com/file/78/8/146788.pdf

144
junges eher männliches Publikum richten). Die Hälfte der angebotenen Filme liegt in HD-
Format vor.

Im Rahmen der Bekanntmachung des Angebots und der Verkaufsförderung hat Xbox Live
Werbeaktionen durchgeführt. So wurden im April 2008 in Frankreich im Rahmen der Aktion
„Le printemps du cinéma“ (Kinofrühling) drei Tage lang fünf neuerschienene Filme mit 50%
Preisermäßigung angeboten. Eine ähnliche Aktion in der Weihnachtszeit hatte bereits zu
erhöhten Verkaufszahlen geführt.

Microsoft veröffentlicht keine Daten über die Einnahmen des Dienstes, aber laut einem
Artikel, der in der New York Times etwas mehr als acht Monate nach dem Start des Dienstes
erschien, verzeichnet der Dienst seit seiner Einführung monatlich zweistellige
Zuwachszahlen.316 Das Studio Lions Gate Entertainment, das im Februar 2007 einen Katalog
mit 15 Filmen bereitstellte, gab Anfang Juni bekannt, dass die Filme innerhalb von fünf
Monaten 150.000 mal heruntergeladen worden sind. Die Einnahmen von Lionsgate aus der
VoD-Verwertung haben sich im Geschäftsjahr 2007 um 50% erhöht. Die mit dem VoD-
Verkauf des Films Employee of the Month erzielten Einnahmen beliefen sich innerhalb
kurzer Zeit auf 3 Millionen USD gegenüber 27 Mio. USD Einnahmen aus dem Verkauf an
den Kinokassen.317

Im Januar 2008 gab es für die weltweit 17,7 Millionen installierten Xbox 360-Konsolen 10
Millionen Xbox Live-Service Abonnements, darunter 1 Million in Großbritannien und Irland.318
Die Kunden gehören überwiegend der Altersgruppe von 15 bis 24 Jahren an. Im November
2008 teilte Microsoft mit, dass seit Einführung der Xbox 500 Millionen Downloads gezählt
worden seien, wobei keine genauen Angaben über den Anteil der Spiele, Filme und
Fernsehprogramme gemacht wurden.319

Nach den im Juli 2009 vom Institut NPD veröffentlichten Zahlen rangiert die Xbox 360 auf
dem amerikanischen Markt auf Platz 2 hinter Wii von Nintendo, ist aber dennoch die einzige
Spielkonsole deren Verkaufszahlen sich in den USA im 1. Halbjahr 2009 erhöht haben. Für
Aaron Greenberg, Product Manager von Microsoft, ist dieser Trend beruhigend, zumal der
Markt für Videospiele in den Vereinigten Staaten insgesamt stark rückläufig ist, während sich
bei Microsoft die Zahl der heruntergeladenen Spiele um 70% erhöht hat.320

316
„Xbox Offers a Forum to Reach Gamers Where They Live”, New York Times, 2. Juli 2007,
http://www.nytimes.com/2007/07/02/technology/02xbox.html?_r=1
317
„Xbox Live boosts Lions Gate revenues”, gamesindustry, 4. Juni 2006,
http://www.gamesindustry.biz/articles/xbox-live-boosts-lions-gate-revenues
318
„Xbox Live movie boost for Ireland is ‘imminent’”, Silicon Republic, 21. Januar 2008,
http://www.siliconrepublic.com/news/news.nv?storyid=single10053
319
„Xbox 360 gets a makeover — and avatars”, MSNBC, 19. November 2008,
http://www.msnbc.msn.com/id/27811886/
320
„Microsoft's Aaron Greenberg on June NPD Xbox 360 Numbers”, PC World, 17. Juli 2009,
http://www.pcworld.com/article/168607/microsofts_aaron_greenberg_on_june_npd_Xbox_360_numbers.html

145
Abbildung 37: Verkaufszahlen von Spielkonsolen in den Vereinigten Staaten (erstes
Halbjahr 2008 und 2009)

Im Juni 2009 verzeichnete der Dienst Xbox LIVE 12 Millionen Nutzer in 26 Ländern.

Am 14. Juli 2009 gab Microsoft eine Partnerschaft mit Netflix, dem führenden DVD-Online-
Verleih und gleichzeitig einem der Hauptakteure auf dem VoD-Markt, bekannt. Im Rahmen
dieser Partnerschaft wurde angekündigt, dass die nächste Version der Xbox, die im Herbst
2009 auf den Markt kommen soll, Nutzern in den USA das direkte Herunterladen von Filmen
aus dem Netflix-Katalog (mehr als 10.000 Filme und Fernsehsendungen) ermöglichen soll,
ohne hierzu einen Computer zu benötigen. Zudem könnten die Nutzer die ausgeliehenen
Filme, für sieben Freunde freigeben, und auf diese Weise ein „virtuelles Kino“ schaffen. Die
Nutzer fügen die von ihnen auf der Internetseite von Netflix ausgewählten Sendungen ihrer
Sofort-Download-Liste (individual Instant Queue) hinzu und die Sendungen sind dann
innerhalb von 30 Sekunden verfügbar.321 Dieser Ankündigung folgten umgehend
Spekulationen darüber, ob Microsoft nun die Kontrolle von Netflix übernehmen werde, und
nicht Amazon, wie es vorher hieß.322

4.1.2.5. Zune, die Konkurrenz zum iPod

Zune ist ein digitales Abspielgerät, das im November 2006 von Microsoft in den Vereinigten
Staaten und Kanada als Konkurrenz zum iPod von Apple eingeführt wurde.323 Es gibt zwei
Versionen des Zune: eine mit Festplatte und eine weitere mit Speicherkarte. Der Zune kann
Musik und Videos speichern und verfügt gleichzeitig über einen UKW-Empfänger. Der
Nutzer muss das Programm Zune (aktuelle Version Zune 3.0) herunterladen. Inhalte können
über das Internet im Zune Marketplace gekauft werden.324 Die Dateien können über einen
USB-Stick mit einem anderen Zune, einer Xbox oder einem PC mit Windows Betriebssystem
ausgetauscht werden.

321
„Microsoft and Netflix Unveil Partnership to Instantly Stream Movies and TV Episodes to the TV via Xbox
LIVE”, Microsoft Pressemitteilung, 14. Juli 2009, http://www.microsoft.com/Presspass/press/2008/jul08/07-
14InstantStreamPR.mspx
322
K. SWISHER, “Amazon Buys Netflix? Microsoft Is a Much Better Guess as a Potential Acquirer”, All Things
Digital, 14. Juli 2009, http://kara.allthingsd.com/20090714/amazon-buys-netflix-microsoft-is-much-a-better-
guess-as-a-potential-acquirer/
323
Microsoft Pressemitteilung, 28 September 2006, http://www.microsoft.com/presspass/press/2006/sep06/09-
14ZuneUnveilingPR.mspx
324
http://www.zune.net/en-US/software/marketplace/default.htm

146
Der Katalog von Zune Marketplace umfasst überwiegend Musik, enthält aber auch Videos,
im Wesentlichen Folgen von Fernsehserien der größten amerikanischen Sender und der
BBC.325 Ferner werden Podcasts, Spiele und Hörbücher angeboten. Einige Filme sind beim
Kauf bereits auf dem Gerät verfügbar. Zune Marketplace konnte zudem verschiedene
Sendungen wie Videos der Gruppen Chemical Brothers, Freeway und Duran Duran oder das
Videospiel Halo 3 mit zeitlicher befristeter Exklusivität anbieten. Im Mai 2008 teilte Zune mit,
dass der angebotene Katalog 3,5 Millionen Musikstücke, mehr als 1.200 Folgen von
Fernsehserien, 4.800 Musikvideos und 3.500 Audio- oder Videopodcasts enthalte.326

Am 13. August 2009 präsentierte Microsoft ein neues Modell, den Zune HD, der am 15.
September 2009 in den Handel kam. Er unterstützt HD-Formate, verfügt über einen
Touchscreen, einen HD-Radioempfänger und einen Internetbrowser und kann über eine
Dockingstation an ein HDTV Fernsehgerät angeschlossen werden.327 Bei dieser Gelegenheit
kündigte Microsoft die Erweiterung des Videoangebots auf dem Zune Marketplace an, das
nun auch Kinofilme umfassen soll. Die mit der Xbox heruntergeladenen Filme können auf
den ZuneHD übertragen und dort angesehen werden.

Microsoft veröffentlicht keine Verkaufszahlen für den Zune, führt aber seit Januar 2009 den
Umsatzrückgang der Abteilung „Entertainment and Devices” auf die rückläufigen Verkäufe
des Zune zurück. Dies scheint die Presseanalysen zu bestätigen, wonach es dem Zune trotz
seiner Besonderheiten nicht gelingt, sich als überzeugender Konkurrent des iPod zu
positionieren.328

4.1.2.6. Der wachsende Anteil des Entertainment-Segments innerhalb des


Geschäftsfelds von Microsoft

Der Bereich „Entertainment and Devices“ von Microsoft umfasst die Vermarktung der
Produkte und Dienste im Zusammenhang mit der Xbox 360: Spielkonsolen, Xbox Live und
Zune sowie professionelle Anwendungen und Plattformen für Fernsehen und VoD
(Mediaroom, Silverlight,…). Aufgrund fehlender Daten kann nicht genau festgestellt werden,
welchen Anteil die VoD-Angebote haben. Die VoD-Dienste der Xbox 360 werden noch nicht
einmal ausdrücklich im Geschäftsbericht 2008 von Microsoft genannt, wo die Konsole
weiterhin als Spielkonsole präsentiert wird.

Die Finanzdaten lassen allerdings auf einen Zuwachs in diesem Geschäftsbereich von
Microsoft schließen, da sich der Anteil innerhalb von fünf Jahren nahezu verdoppelt hat.

Tabelle 21: Microsoft Inc. - Umsatz (zum 30. Juni) – In Millionen USD
2004 2005 2006 2007 2008
Entertainment and Devices Division 2876 3242 4732 6069 8140
Gesamt 36835 39788 44282 51122 60420
Jährliches Wachstum
Entertainment and Devices Division 12,7% 46,0% 28,3% 34,1%
Gesamt 8,0% 11,3% 15,4% 18,2%

Anteil des Bereichs Entertainment 7,8% 8,1% 10,7% 11,9% 13,5%


Quelle: Microsoft / OBS

325
http://social.zune.net/video/
326
Zune Pressemitteilung, 28. Mai 2008, http://www.zune.net/en-us/press/2008/0528-tvshows.htm
327
Zune Pressemitteilung, 13. August 2009, http://www.zune.net/en-us/press/2009/0813-zunehdpreorder.htm
328
„Microsoft’s Zune slips”, WSJ Blog, 23. Januar 2009,
http://blogs.wsj.com/digits/2009/01/23/microsofts-zune-slips/

147
4.1.3. Sony

Der japanische Sony-Konzern agiert in mehreren Eigenschaften auf dem VoD-Markt:

- als Eigentümer des Filmstudios Sony Pictures (früher Columbia),


- als Hersteller von Spielkonsolen (Sony Electronic Entertainment),
- als Hersteller von Smartphones (Sony Ericson),
- als Hersteller hochentwickelter Fernsehempfänger.

Wenn einerseits Filme aus dem Katalog von Sony Pictures für die Konkurrenten Apple und
Microsoft bereitgestellt werden, konnte Sony andererseits als Hersteller nicht zurückstehen.
Die fehlende Strategie drohte 2007 Sonys Position gegenüber dem durch den Erfolg von
iTunes und iPod gestärkten Unternehmen Apple zu schwächen.329 Im Hinblick auf die
Entwicklung eines VoD-Kinofilmangebots kommen dem Konzern zwei wichtige Pluspunkte
zugute: Der direkte Zugang zu den Katalogen von Sony Pictures, Sony Home Entertainment
(mit zahlreichen Blockbustern) und der Sieg der Blu-ray Disc über die HD-DVD bei den HD-
Normen.

4.1.3.1. VoD auf der Playstation 3 in den Vereinigten Staaten und in Japan

Im Juli 2005 startete die Sony Communication Network Corporation (SCN), ein auf
Internetdienste und mobile Dienste spezialisiertes Tochterunternehmen von Sony, in Japan
den Dienst „Portable TV (P-TV)“. Dieser Dienst definiert sich als mobiles „VoD-System“, mit
dem die Nutzer Filme und Fernsehsendungen vom PC aus auf einen USB-Stick laden und
anschließend auf ihrer tragbaren PlayStation (PSP) abspielen können. Der Dienst wurde im
August 2007 eingestellt, da es nicht genügend Nutzer gab.330

Dennoch brachte dieser Fehlschlag Sony nicht von seinem Vorhaben ab, die PlayStation als
Plattform zum Ansehen heruntergeladener Sendungen zu nutzen. Im Juni 2008 wurde ein
neuer Video-Download-Dienst über das PlayStation Network-Portal angekündigt.331

Seit 15. Juli 2008 können die amerikanischen Verbraucher über das Portal PlayStation
Network Filme und TV-Sendungen auf ihre Playstation 3 laden.332 Dieser Dienst stellt 300
Kinofilme und 1.200 Folgen von Fernsehserien bereit, die teilweise in HD-Format angeboten
werden. Die Kataloge kommen von: 20th Century Fox, Lionsgate, MGM Studios, Paramount,
Sony Pictures, Warner Bros. und Walt Disney. Die Nutzer können den ausgeliehenen Inhalt
innerhalb von zwei Wochen ansehen. Im März 2009 wurde zudem eine Vereinbarung mit
NBC Universal geschlossen.333 Die Verhandlungen mit den Filmproduzenten wurden durch
Unterstützung von Sony Pictures erleichtert, erwiesen sich aber vor allem wegen der
Festlegung der Verwertungsfenster als recht kompliziert. Vereinbart wurde schließlich das
klassische Verwertungsfenster für VoD, also ein Monat nach Erscheinen der DVD, wobei das
Day-to-Date-Fenster immer häufiger praktiziert wird. Die Filme bleiben in der Regel zwei
Monate lang im Katalog.

329
„Does Sony finally have an iTunes answer?”, CNET News, 5. September 2007, http://news.cnet.com/Does-
Sony-finally-have-an-iTunes-answer/2100-1025_3-6206039.html?tag=lia;rcol
330
„Japanese VOD service P-TV coming to an end”, PSP Updates, 2. August 2007,
http://pspupdates.qj.net/Japanese-VOD-service-P-TV-coming-to-an-end/pg/49/aid/99056
331
Sony Pressemitteilung, 26. Juni 2008, http://www.sony.net/SonyInfo/News/Press/200806/08-080E/
332
Sony Computer Entertainment America, press release, 15 July 2008,
http://www.us.playstation.com/News/PressReleases/480
333
Sony Computer Entertainment America, Pressemitteilung, 10. März 2009,
http://www.us.playstation.com/News/PressReleases/508

148
Nach Abspielbeginn muss das Video innerhalb von 24 Stunden abgespielt werden. Die
Preise liegen zwischen 2,99 USD und 5,99 USD. Die Titel können außerdem zu Preisen
zwischen 9,99 USD und 14,99 USD gekauft werden. Die Ausleihe eines Films kostet
durchschnittlich 3 USD, wobei HD-Titel teurer sind.

In Bezug auf die digitale Rechteverwaltung (DRM) nutzt Sony die „Open Source“ Technik
Marlin, die von einem Konsortium, dem Sony angehört, entwickelt wurde. Mit diesem DRM-
System können insbesondere Inhalte auf die tragbare PSP-Konsole übertragen werden.
Weitere Informationen über die Übertragungsmöglichkeiten von Titeln werden von Sony nicht
mitgeteilt.

4.1.3.2. VoD-Dienste für PSP und PS3 in Europa

In Frankreich kann der VoD-Dienst von Canal+ und CanalPlay seit 18. Juni 2008 teilweise
über die tragbare PlayStation-Konsole (PSP) abgerufen werden.334 Besitzer einer PSP haben
über das Webportal Canalplay Zugriff auf ein Angebot, das im Dezember 2008 173 Kinofilme
und 8 Staffeln von TV-Serien umfasste. Einige Titel stehen als Download-to-own und in HD-
Format zur Verfügung.

In Großbritannien bietet der Dienst SkyPlayer von British Sky Broadcasting außerdem seit
14. Juli 2008 einen direkten Download auf die PSP an. Dieser Dienst wird von der
Gesellschaft Go!View bereitgestellt, in der sich Sony Computer Entertainment Europe
(SCEE) und British Sky Broadcasting zusammengeschlossen haben. Die Nutzer dieses
Systems können im Rahmen eines Abonnements über ihren PC Filme auf ihre PSP
herunterladen. Die abonnierten Pakete (Packs) kosten zwischen 5£ und 10£ monatlich. Das
Angebot umfasst TV-Sendungen der Kataloge Disney-ABC-ESPN, BBC Worldwide, Sony
Pictures Television, NBC Universal International, National Geographic und Sky Sports.335 Der
Katalog wurde Anfang Dezember 2008 ergänzt. Es können sowohl Packs abonniert werden
als auch einzelne neuerschienene Filme und Fernsehsendungen ausgeliehen werden. Beim
VoD-Verleih reichen die Preise von 1,5£ pro TV-Folge bis 2,5£ pro Film.336

Am 20. August 2008 kündigte David Reeves, der Chef von SCEE, die bevorstehende
Einführung eines im Streaming-Verfahren bereitgestellten VoD-Dienstes mit Musikvideos für
PS3 an. Dabei sei die Übertragung auf PS3 kostenlos, der Download auf Mobiltelefone
allerdings kostenpflichtig. Der Dienst werde in Zusammenarbeit mit dem Online-Musikdienst
VidZone angeboten, der von der Gesellschaft VidZone Digital Media bereitgestellt wird, mit
der Microsoft auch in Großbritannien im Januar 2009 einen Online-Musikdienst eingerichtet
hat.337 Der Dienst wurde am 11. Juni 2009 in Großbritannien, Frankreich, Deutschland,
Italien, Irland, Australien und Neuseeland eingeführt.338 Für die Besitzer einer PSP3 ist er
gratis verfügbar. Darüber hinaus teilte SCEE mit, dass später ein umfangreicherer Dienst mit
Filmen, TV- und Musiksendungen hinzukommen werde.

334
Pressemitteilung Groupe Canal+/Sony Computer Entertainement, 11. Juni 2008,
http://media.canal-plus.com/file/24/9/109249.pdf
335
„PSP video-on-demand service goes live in UK”, gamesindustry.biz, 14. Juli 2008,
http://www.gamesindustry.biz/articles/psp-video-on-demand-service-goes-live-in-uk
336
„GO!VIEW, the appointed hub of entertainment for PSP™ users, adds hundreds of hours of video in time for
the Christmas holidays”, Go!view Pressemitteilung, SCEE Pressemitteilung, Dezember 2008,
http://www.developmag.com/press-releases/42958/GOVIEW-the-appointed-hub-of-entertainment-for-
PSPtrade-users-adds-hundreds-of-hours-of-video-in-time-for-the-Christmas-holidays
337
„Music Video Streaming Service Brings the Hottest Music Videos to PS3™”, SCEE Pressemitteilung, 20.
August 2008, http://www.scee.presscentre.com/Content/Detail.asp?ReleaseID=4664&NewsAreaID=2
338
Pressemitteilung Sony Computer Entertainment Europe, 2. Juni 2009,
http://www.scee.presscentre.com/Content/Detail.asp?ReleaseID=4788&NewsAreaID=2

149
Am 17. November 2008 kündigte SCEE das neue Programm „Shoot“ an, das die
Übertragung von Kurzfilmen auf PSP und PS3 unterstützt.339

4.1.3.3. Erste Bilanz der VoD-Dienste auf PSP

Ein Jahr nach dem Start scheint der VoD-Dienst für PSP erfolgreich zu sein. Zumindest
äußert sich die Geschäftsführung von Sony mit diesem Dienst zufriedener als mit der Rolle
der Konsole als Blu-ray-Player. Der Katalog umfasst derzeit 2 000 Filme und mehr als
10 200 Fernsehsendungen von 38 verschiedenen Partnern. Ungefähr 35% des Katalogs
werden in HD-Qualität angeboten. Der PlayStation Store verzeichnet 25 Millionen Nutzer, die
500 Millionen Titel heruntergeladen haben. Die Nutzer sind überwiegend junge Männer im
Alter zwischen 18 und 34 Jahren, aber Sony stellt zufrieden fest, dass gleichzeitig immer
mehr Frauen den Dienst nutzen.340

Am 3. Juni 2009 kündigte Sony für den 1. Oktober die neue Spielkonsole PSPGo an, die
leichter ist als ihre Vorgänger, die keine Festplatte mehr benötigt, aber über eine WLAN-
Verbindung, über PLAYSTATION®3 (PS3®) Computer Entertainment System oder auch -
über die neue Anwendung Media Go - vom PC aus das Herunterladen von Spielen, Filmen
und Fernsehsendungen ermöglicht. Die Sendungen werden auf einer 16 GB-Flash-
Speicherkarte gespeichert.341

4.1.3.4. Musik- und VoD-Dienste für Mobiltelefone

Über das Tochterunternehmen Sony Ericsson Mobile Communications AB agiert Sony auch
als Hersteller von Mobiltelefonen, konkurriert also auf diesem Markt mit Apple und Nokia. Im
September 2008 stieg das Unternehmen mit der Einführung des Dienstes PlayNow in den
Markt für Online-Unterhaltungsdienste ein. Dieser neue Dienst positioniert sich neben dem
iTunes Store von Apple und dem Dienst „Comes with Music“ von Nokia.342

Im Februar 2009 kündigte Sony Ericsson die Einführung des Entertainment Unlimited-
Konzepts an, das die Nutzung von Inhalten auf verschiedenen Geräten erleichtern soll.
Gleichzeitig werden Musikdienste, eine Bilderaustauschfunktion („Cyber-shot imaging
experience“), Java-Spiele, integrierte E-Mail-Funktionen mit Diensten und Anwendungen
angeboten. Bei dieser Gelegenheit ließ Sony seine Marke Walkman wieder aufleben und
brachte das neue Telefon W955 Walkman343 auf den Markt. Ein neues „alles in einem“-
Konzept unter dem vorläufigen Codenamen Idou - wurde für das 2. Halbjahr 2009 als
bedeutender Meilenstein in der Geschichte der Sony-Unternehmensgruppe angekündigt.
Das „Idou“ wurde im Mai 2009 unter dem Namen Sony Ericsson Satio präsentiert. Eine
Besonderheit des Geräts ist das 3,5"-Display im Format 16:9.344 Das Satio positioniert sich

339
„Shoot!”: Finest emerging film talent to premiere on PLAYSTATION®3 and PSP™ , SCEE Pressemitteilung,
17. November 2008, http://www.scee.presscentre.com/Content/Detail.asp?ReleaseID=4732&NewsAreaID=2
340
“Sony’s PlayStation 3 sees VOD surge”, Variety, 16. Juli 2009,
http://www.variety.com/article/VR1118006112.html?categoryId=1009&cs=1
341
Sony Pressemitteilung, 3. Juni 2009, http://www.scei.co.jp/corporate/release/pdf/090603a_e.pdf
342
Sony Ericsson, Pressemitteilung, 24. September 2008,
http://www.sonyericsson.com/cws/corporate/press/pressreleases/pressreleasedetails/key.PressResource.Pla
yNow_plus_consumer_FINAL-20080924
Le site (géolocalisé) est accessible à l’adresse : http://www.playnow-arena.com/
343
“Sony Ericsson launches Entertainment Unlimited, Reinforcing its Position as the Communication
Entertainment Brand”, Pressemitteilung, Sony Ericsson, 15. Februar 2009.,
http://www.sonyericsson.com/cws/corporate/press/pressreleases/pressreleasedetails/entertainmentpressrele
asefinal-20090215
344
“Visual communication like never before with the Sony Ericsson Satio”, Sony Ericsson Pressemitteilung, 28.
Mai 2009,

150
als direkter Konkurrent zum iPhone 3GS von Apple, von dem es sich durch eine bessere
Bildschirmauflösung, einen offeneren Browser, der insbesondere Videos im Flash-Format
unterstützt, durch zwei Kameras, eine davon mit 12,3 Megapixel (gegenüber 3 beim iPhone
3GS), und einem UKW-Empfänger abhebt.345

Anlässlich der Präsentation des Satio erweiterte Sony Ericsson das Angebot des Inhalte-
Shops PlayNow Arena, um einen Filmdienst. Etwa sechzig Filme sind für einen Zeitraum von
zwölf Monaten verfügbar. Die Nutzer können jederzeit zwischen etwa 15 Filmen wählen. Der
Dienst wird zunächst in Schweden, Norwegen, den Niederlanden, in Deutschland und in
Großbritannien angeboten.346

Anlässlich der Einführung des Mobiltelefons W995 schloss Sony Ericsson in Frankreich eine
Vereinbarung mit TF1 Vision, um beim Kauf des Gerätes vier Folgen der Serien Lost und
Grey’s Anatomy anbieten zu können. Zwölf weitere Folgen werden gegen einen Aufpreis von
5 EUR angeboten. Danach können weitere Folgen für 1,99 EUR pro Folge abgerufen
werden.347

Einige Analysten sind der Ansicht, dass Sony ein PSP-Phone auf den Markt bringen sollte,
das die PSP-Funktionen um Telefoniedienste ergänzt, um sich gegenüber dem iPhone
besser zu positionieren. Das im Mai 2009 präsentierte Sony Ericsson Aino stellt vielleicht
einen ersten Schritt in diese Richtung dar. Hierbei handelt es sich um ein Mobiltelefon, das
auch als Unterhaltungsplattform und als Verknüpfung zur Spielkonsole PS3 von Sony
genutzt werden kann. Die Media Home-Schnittschnellte ermöglichte die kabellose
Übertragung und Synchronisierung der auf dem PC in Media Go gespeicherten Inhalte. Der
Hersteller möchte damit die Bedienung vereinfachen und den Nutzern die Möglichkeit bieten,
ohne großen Zeitaufwand an die gewünschten Inhalte zu kommen. Darüber hinaus kann der
Sony Ericsson Aino als Fernbedienung für von der Sony-PS3-Konsole übertragene Inhalte
und insbesondere für das in verschiedenen Ländern, darunter auch in Frankreich, über den
Dienst PlayTV verfügbare Angebot TV live genutzt werden.348

4.1.3.5. An das Internet angeschlossene Fernseher

Als Fernsehhersteller behält Sony die Internetentwicklung und die Entwicklung von VoD im
Auge. Das Unternehmen präsentierte im Februar 2007 den Bravia Internet Video Link, das
seit April 2008 in den Vereinigten Staaten im Handel ist. Es handelt sich um ein Gerät, das
an einen Breitbandnetzanschluss angeschlossen wird, und mit einem HDMI-Ausgang
versehen ist, der an Fernsehgeräte der Serie Bravia angeschlossen wird.349 Dieses Gerät

http://www.sonyericsson.com/cws/corporate/press/pressreleases/pressreleasedetails/satiopressreleasefinal-
20090528
345
“Sony Ericsson ‘Satio’ vs Apple ‘iPhone 3GS’ specs Comparison”, SonyInsider, 12. Juni 2009,
http://www.sonyinsider.com/2009/06/12/sony-ericsson-satio-vs-apple-iphone-3g-s-specs-comparison/
346
“PlayNow™ arena with movies brings feature films to mobile phones”, Sony Ericsson Pressemitteilung, 28.
Mai 2009, http://www.sonyericsson.com/cws/corporate/press/pressreleases/pressreleasedetails/
playnowarenamoviesfinal-20090528
347
Die Ankündigung dieses Dienstes war eher unauffällig. Vgl. Insbesondere zone-numerique.com, 9. Juni
2009, http://www.zone-numerique.com/news_5035_Lost_et_Grey_s_Anatomy_en_VOD_sur_
mobiles_Sony_Ericsson.htm
348
“Sound and vision set free with the Sony Ericsson Aino”, Sony Ericsson, Pressemitteilung, 28. Mai 2009,
http://www.sonyericsson.com/cws/corporate/press/pressreleases/pressreleasedetails/ainopressreleasefinal-
20090528
349
Vgl. offizielle Präsentation auf der Website Sonystyle:
http://www.sonystyle.com/webapp/wcs/stores/servlet/CategoryDisplay?catalogId=10551&storeId=10151&lan
gId=-1&identifier=S_BrandShowcase_BIVL
Vgl. kritische Analyse unter CNET News, 2. Oktober 2008, http://reviews.cnet.com/digital-media-
receivers/sony-bravia-Internet-video/4505-6739_7-32763930.html?tag=mncol;lst

151
konkurriert mit anderen Geräten wie dem Apple TV Roku Digital Player (Netflix Player), Vudu
BX100, etc. Sony schloss mit verschiedenen Betreibern von Online-VoD-Diensten
Vereinbarungen (Amazon350, YouTube, Netflix351,…), so dass deren Inhalte nunmehr auf dem
Fernsehbildschirm abgespielt werden können.

Im Februar 2009 präsentierte Sony die neue Generation des Bravia-Fernsehers mit
integrierter Applicast-Funktion, der über einen Ethernet-Anschluss an ein Breitbandnetz
angeschlossen werden kann.352 Andere Dienste, die keine Fernsehdienste sind, werden in
Form von Widgets auf dem Bildschirm angezeigt. Auf diesem Markt der Schnittstellen-
funktionen zwischen Internet und Fernsehgerät konkurriert Sony mit dem Viera Cast-System
von Panasonic und dem Ex System von Sharp.353

4.1.4. Nintendo

Lange Zeit sah es so aus, als würde Nintendo auf dem VoD-Markt eine Außenseiterposition
einnehmen, da sich der Konzern auf die Positionierung im Spielesegment konzentrierte. So
verzeichnet die in Europa Anfang Dezember 2007 eingeführte Spielkonsole, die sich im
Gegensatz zur Xbox 360 und zur PS3 an weniger routinierte Spieler richtet, einen großen
Erfolg.

Die mit der BBC geschlossene Vereinbarung stellt für Nintendo einen ersten Vorstoß auf
dem Markt von Abrufdiensten dar. Im Rahmen dieser Partnerschaft können die Besitzer
einer Wii-Konsole seit 9. April 2008 die Sendungen von BBC iPlayer, dem Catch-up-TV-
Dienst der BBC, empfangen.354 Sie entspricht dem Wunsch der BBC, ihren Dienst auf
möglichst vielen Plattformen bereitzustellen. Die Nutzer können diesen Dienst auf dem
Fernsehbildschirm abrufen.

Der Zugang zu den Sendungen von BBC iPlayer erfolgt über den kostenpflichtigen
Internetkanal (der 500 Punkte, also ungefähr 3,5£ kostet). Voraussetzung ist ein ausreichend
schneller Breitband-Internetzugang. Die Videos werden ohne DRM-System verbreitet. Die
Geschäftsleitung von BBC möchte diesen Dienst in Zukunft über einen speziellen Kanal im
Wii-Menü kostenlos zur Verfügung stellen.

In Japan hat der IT-Dienstleister Fujisoft, Herausgeber des Medienabspielprogramms Ulexit,


den Start des VoD-Dienstes „Minna-no Theater Wii“ (Everybodys Theater Wii) angekündigt.
Der Dienst wurde im Januar 2009 in Japan eingeführt.355 Im Juni 2009 gab Fujisoft eine mit
Sonic Solutions, dem Eigentümer des VoD-Dienstes Roxio CinemaNow356, geschlossene
Partnerschaft bekannt, die den Dienst Minna-no-Theater Wii um einen Paramount Pictures-

350
“Sony Bravia Internet Video Link now supports Amazon VOD”, CNET News, 11. September 2008,
http://news.cnet.com/8301-17938_105-10039078-1.html
351
“Netflix streaming on Net-enabled Sony Bravia TV”, CNET News, 9. Juli 2009, http://news.cnet.com/8301-
17938_105-10282740-1.html
352
Sony Pressemitteilung, 16. Februar 2009,
http://presscentre.sony.eu/Content/Detail.asp?ReleaseID=332&NewsAreaID=2
353
“TV More Fun than Ever!”, Nikkei Electronics Asia, 3. Februar 2009,
http://techon.nikkeibp.co.jp/article/HONSHI/20090126/164598/
354
“BBC announces Nintendo Wii deal”, BBC News, 9. April 2008.
http://news.bbc.co.uk/1/hi/technology/7338344.stm
355
http://theaterwii.jp
356
CinemaNow hat Verträge mit mehr als 250 Inhalteproduzenten, darunter die größten Filmstudios,
unabhängige Produzenten und amerikanische Fernsehsender geschlossen. Der Katalog umfasst über
14.000 Titel. Sonic Solutions übernahm 2008 Roxio, den Herausgeber des weltweit führenden DVD-
Brennprogramms Toast. Sonic Solutions Pressemitteilung, 8. Januar 2009,
http://www.sonic.com/about/press/news/2009/01/cinemanow-sdk.aspx

152
Katalog mit Fernsehsendungen ergänzte.357 Seit Juli 2009 sind darüber hinaus 54 Filme aus
dem Katalog von Warner Bros. verfügbar.358

Ursprünglich war vorgesehen, den Dienst Minna-no-Theater Wii 2009 auf weitere Länder,
insbesondere in Europa auszudehnen.359 Verschiedene Kommentatoren sprachen von einer
möglichen Ausdehnung auf die Vereinigten Staaten (insbesondere mit dem VoD-Katalog des
Blockbuster-Dienstes, der Vereinbarungen mit Sonic Solutions geschlossen hat). Dies
scheint aber wenig wahrscheinlich, da die Wii-Konsole keine HD-Formate unterstützt.360
Gleichzeitig gab es Gerüchte über eine Vereinbarung mit Netflix361, die jedoch von Reggie
Fils Aimé, dem Präsidenten von Nintendo America, dementiert wurden.362

Das Unternehmen Nintendo kündigte am 25. Dezember 2008363 an, zunächst in Japan und
anschließend in weiteren Ländern einen Dienst mit exklusiven Videos für die Besitzer seiner
Wohnzimmerkonsole Wii einzuführen, die sowohl an den Fernseher als auch an das Internet
angeschlossen werden kann. Die Einführung dieses neuen Angebots, das aus speziell für
Nintendo produzierten Sendungen bestehen soll, wurde für Frühjahr 2009 in Japan
angekündigt. Es basiert auf der Online-Plattform für Wii, auf der bereits Spiele zum
Download, Nachrichtenkanäle oder virtuelles Teleshopping angeboten werden. Dieser in
Zusammenarbeit mit dem japanischen Werberiesen Dentsu eingerichtete Dienst soll für die
Fernsehzuschauer kostenlos sein, da er über Werbung finanziert wird. Später soll aber laut
Nintendo eine kostenpflichtige Variante ohne Werbebotschaften hinzukommen.

Seit der Einführung der Wii-Konsolen Ende 2006 verkaufte Nintendo diese weltweit
40 Millionen mal (davon mehr als 7 Millionen in Japan), womit dieses Gerät aus dem
Unterhaltungselektronikbereich zu einem der größten Verkaufserfolge in der Welt der
Videospiele wurde. Ungefähr 80% der Wii-Konsolen sind im Wohnzimmer an den
Hauptfernseher angeschlossen, betonte Nintendo, um zu dokumentieren, warum die
Konsole geeignet ist, als neues Medium für audiovisuelle Inhalte, die keine Spiele sind,
genutzt zu werden. Mit diesem neuen Angebot exklusiver Videos möchte Nintendo seine
Plattform mit Online-Angeboten attraktiver gestalten und den Anteil der an das Internet
angeschlossenen Wii-Konsolen erhöhen (derzeit 40%).

4.1.5. Vudu

Vudu Inc. heißt das 2004 von Tony Miranz und Alain Rossmann, dem Hersteller von WAP,
gegründete Unternehmen für technologische Entwicklung. Das Unternehmen hat einige im
Bereich technologischer Neuerungen erfahrene Köpfe aus Unternehmen wie TiVo, WebTV,
Openwave, 2Wire, Slim Devices, Open TV und eDanger Inc. rekrutiert und in aller Stille eine

357
Sonic Solutions Pressemitteilung, 25. Juni 2009,
http://www.sonic.com/about/press/news/2009/06/fujisoft.aspx
358
“Warner Delivers Movie Downloads to Wii”, Andriasang.com, 14. Juli 2009,
http://www.andriasang.com/e/blog/2009/07/14/warner_wii_movie_downloads/
359
“Fujisoft video-on demand for the Wii”, Tech-on, 1. Oktober 2008,
http://techon.nikkeibp.co.jp/english/NEWS_EN/20081001/158931/
Ubergizmo, 3. Oktober 2008,
http://www.ubergizmo.com/15/archives/2008/10/fujisoft_videoondemand_for_the_wii_live_video.html
http://theaterwii.jp/
360
„Could the Wii be Blockbuster’s savior?”, DigitalBeat, 15. Januar 2009,
http://digital.venturebeat.com/2009/01/15/could-the-wii-be-blockbusters-savior/
361
„Rumor: Netflix Streaming Hitting the Wii?”, Format War Central, 25. März 2009,
http://formatwarcentral.com/2009/03/25/rumor-netflix-streaming-hitting-the-wii/
362
„Nintendo on Netflix: ‘We will do Something Different’”, Format War Central, 25. März 2009,
http://formatwarcentral.com/2009/03/25/rumor-netflix-streaming-hitting-the-wii/
363
„Nintendo va lancer un service de diffusion de vidéos exclusives pour Wii", AFP, 25. Dezember 2008.
http://www.google.com/hostednews/afp/article/ALeqM5ghv17zVqiXhY6ol2GUGm2aaQGnUA

153
Set-Top-Box entwickelt, die von der New York Times am 30. April 2007 vorgestellt wurde
und gleich als eine der ehrgeizigsten Lösungen auf dem VoD-Markt galt.364 Die Filme werden
im Live-Streaming über Fast Ethernet-Netze als MPEG-4- und Dolby Digital Plus-Datei, also
im HD-Format, verbreitet. Das System basiert auf der Nutzung von Peer-to-Peer-Netzen, bei
denen jedes Gerät nicht nur Inhalte empfängt, sondern diese auch an andere Geräte sendet.
Der Download des Films läuft im Hintergrund weiter, während der Zuschauer die
Anfangssequenz abspielt.

Die Peer-to-peer-Technologie, die 2003 glückliche Zeiten für illegale Downloads eingeläutet
hat, wird hierbei in den Dienst der legalen VoD gestellt. Die Filmstudios in Hollywood und die
unabhängigen Produzenten haben sich davon nicht beirren lassen und rasch
Vereinbarungen mit der Firma Vudu, die ihren Dienst am 6. September 2007 gestartet hat,
geschlossen. Bereits am 15.November 2007 waren Filme der drei Studios Paramount,
Universal und Lions Gate in HD-Format verfügbar. Am 6. Januar 2008 wurde die für die
Home-Cinema-Umgebung geeignete Box Vudu XL vorgestellt. Am 24. Januar wurde der
ursprüngliche Verkaufspreis der Vudu-Set-Top-Box von 395 USD auf 295 USD gesenkt und
am 5. Juni 2008 kam das Vudu Wireless Kit in den Handel, das eine drahtlose
Internetverbindung ermöglicht. Der Katalog wurde schnell aufgestockt: Am 11. November
2008 umfasst er nach Angaben von Vudu 10.000 Titel, davon 1.100 in HD-Format. Am 18.
November 2008 stellte Vudu die Vudu XL2-Box vor, mit der VoD-Dienste für Kinosäle
bereitgestellt werden.

Schließlich stellte Vudu am 16. Dezember 2008 die neue Anwendung Vudu RIA (Rich
Internet Application) vor, mit der Internetdienste auf den Fernsehbildschirm übertragen
werden können. Über die Homepage von Vudu, kann der Besitzer einer Box auf eine Anzahl
von Diensten, genannt Vudu Labs, zugreifen. Diese Dienste umfassen Inhalte von Foto- und
Videoportalen wie Flickr, Picasa und YouTube sowie einen „OnDemand TV“-Dienst mit
Catch-up-TV-Diensten von mehr als 120 Kanälen (allerdings keine Top-Sendungen der
großen Fernsehkanäle). Ein Sprecher von Vudu erklärt den schwierigen Zugang zu den
Sendungen der großen Sender damit, dass diese nur über eigene Abspielprogramme
zugänglich sind, für die entweder die Vollversion eines Webbrowsers oder vertragliche
Vereinbarungen mit den verschiedenen Ansprechpartnern der Wertschöpfungskette, also
den Betreibern von Fernsehsendern und den Herausgebern von Software erforderlich sind,
die derzeit unerschwinglich sind.365

Im Februar 2009 war Vudu der erste Betreiber, der einen Download-to-own-Dienst für VoD in
HD-Qualität anbot. Der Katalog enthält 50 Titel unabhängiger Produzenten.366 Im Juni 2009
wurde der Katalog um 60 Titel aus dem Katalog von Buena Vista Home Entertainment
ergänzt.367

Angesichts der rasanten Entwicklung von Vudu stellt sich die Frage, ob sich dieses neu
gegründete Unternehmen gegenüber der Konkurrenz gut etablierter Akteure wie Apple,
Microsoft/Netflix und Amazon (deren eigener VoD-Dienst am 7. September 2006 an den
Start gegangen ist) behaupten kann. Das Magazin Wired ist der Ansicht, dass Vudu RIA
wahrscheinlich keine ernsthafte Konkurrenz für das Videoportal Hulu darstellen wird, das
über Webbrowser zur Verfügung gestellt wird und daher keine Zusatzgeräte erfordert.368

364
„Vudu Casts Its Spell on Hollywood”, New York Times, 30. April 2007. Vgl. auch die Pressemitteilung
anlässlich der Einführung: http://www.vudu.com/press_release4.30.2007.html
365
„Vudu adds streaming from YouTube, Flickr”, CNET News, 15. Dezember 2008,
http://news.cnet.com/8301-17938_105-10123525-1.html
366
Vudu Pressemitteilung, 24. Februar 2009, http://www.vudu.com/press_release02.24.2009.html
367
Vudu Pressemitteilung, 4. Juni 2009, http://www.vudu.com/press_release06.04.2009.html
368
J. FERMOSO, “Vudu Reveals Open-Source RIA Platform, But is it Enough to Survive Heavy Competition?”,
Wired, 16. Dezember 2008, http://blog.wired.com/gadgets/2008/12/vudu-reveals-op.html

154
Die strategischen Entscheidungen im 2. Halbjahr 2008 (Reduzierung des Personals um
15%, Ausdehnung des Angebots auf Erwachseneninhalte, Einführungsangebote für Prepaid-
Karten im Wert von 200 USD) und die Tatsache, dass die Set-Top-Box auch nach der
deutlichen Preissenkung (299 USD) teurer ist als Apple TV (229 USD) oder Roku von Netflix
(100£) werfen die Frage auf, ob das Unternehmen die derzeit in den Vereinigten Staaten
herrschende Wirtschaftskrise überleben kann.369

Es ist noch zu früh vorherzusagen, ob Vudu auf dem hart umkämpften VoD-Markt in den
Vereinigten Staaten die eindeutig positive Kritik der letzten Monate in einen Marktdurchbruch
ummünzen kann. Die Frage einer eventuellen Markterweiterung in Richtung Europa wird im
Forum des in Santa-Clara angesiedelten Unternehmens diskutiert, wobei allerdings noch
keinerlei diesbezüglichen Ankündigungen gemacht wurden, zumal es zunächst um den
Erfolg auf dem nationalen Markt geht.370

4.1.6. Archos

Im Gegensatz zu den amerikanischen und japanischen Herstellern und Softwareentwicklern


wirken die europäischen Hersteller eher passiv, was das Ergreifen von Initiativen auf dem
Markt für audiovisuelle Abrufdienste betrifft, zumindest hinsichtlich der Übertragung von VoD
auf Fernsehgeräte und Computerbildschirme. Die Einführung des 3G-Telefons lässt darauf
schließen, dass die europäischen Hersteller der Übertragung von Videoabrufdiensten auf
Mobiltelefone mehr Bedeutung beimessen, was die Strategien von Nokia und Archos
belegen.

Das 1988 gegründete Unternehmen, das sich nach und nach auf dem Markt für Set-Top-
Boxen, externe Festplatten und Zusatzgeräte für Computer etabliert hat, positionierte sich
schließlich auch auf dem Markt für tragbare Music-Player (früher Apple) und Personal
Assistants PDA. Im Jahr 2003 führte Archos den ersten tragbaren Videoplayer ein. Mit dem
tragbaren Multimedia-Player der fünften Generation, dem Archos 5, mit drahtloser
Internetanbindung über WLAN, positionierte sich das Unternehmen auf dem VoD-Markt und
schloss in diesem Zusammenhang Vereinbarungen mit verschiedenen Herausgebern von
VoD-Diensten, Online-Fernsehen oder UGC. Diese verschiedenen Dienste von
Drittanbietern werden seit 14. Juni 2007 über das Archos Content Portal angeboten. In der
Präsentation heißt es: „Das Portal lädt den Nutzer ein, Inhalte einfach und intuitiv zu nutzen.
Dank zahlreicher Vereinbarungen mit den großen Akteuren des Sektors bietet Archos
nunmehr seinen Kunden Zugriff auf die größte Bibliothek mit abrufbaren Videoinhalten.“371 Da
Ende 2007 die Begeisterung für hochwertige tragbare Mediaplayer, nicht zuletzt durch die
neuen iPods von Apple, enorm zunahm und infolgedessen die Verkaufszahlen stiegen,
waren die von der Presse positiv bewerteten Geräte der Generation 5 in der Weihnachtszeit
plötzlich nicht mehr verfügbar, sodass das Unternehmen im zweiten Halbjahr 2007 einen
Verlust von 3 Millionen EUR hinnehmen musste.372

Im November 2007 führte Archos seinen eigenen VoD-Dienst, den Archos Media Club, ein.
Das Geschäftsmodell des Archos Media Club umfasst den Verkauf eines Archos 605 Wifi
(tragbarer Multimedia Player mit Internetanschluss) zum Preis von 1 EUR in Verbindung mit
einem Monatsabonnement für 19,99 EUR, das den Zugriff auf Filme und Fernsehsendungen

369
C. ALBRECHT, “Will Opening Up Keep Vudu from Closing Down ?”, NewTeeVee, 15. Dezember 2008,
http://newteevee.com/2008/12/15/will-opening-up-keep-vudu-from-closing-down/
370
http://forum.vudu.com/showthread.php?p=22946
371
Pressemitteilung Archos, 19. Oktober 2007,
http://www.archos.com/corporate/investors/financial_doc/Communique_financier_Q3_2007.pdf
372
Pressemitteilung Archos, 20. Dezember 2007,
http://www.archos.com/corporate/investors/financial_doc/Communique_fin_2007_Final_201207.pdf

155
aus den Katalogen von Warner, Vodéo (französischer auf Dokumentarfilme spezialisierter
VoD-Dienst), Dorcel (französischer Produzent von Erwachsenenfilmen) ermöglicht.

2008 positionierte sich Archos als Alternative zu Apple auf dem Markt für tragbare
internetfähige Multimedia-Player und tragbare MP3-Player über 200 EUR. Die strategischen
Ziele des Unternehmens lauten wie folgt:
- Marktführer im Bereich tragbarer Multimedia-Player mit Internetanbindung werden,
- Engagement in den neuen Internettechnologien, insbesondere 3.5G (HSDOA), durch
Partnerschaften mit Mobilfunkbetreibern,
- Entwicklung einer Reihe von Diensten im Unterhaltungsbereich, die von seinen
tragbaren Geräten aus direkt zugänglich sind.373

Im Februar 2008 gab Archos eine mit dem französischen Mobilfunkbetreiber SFR
geschlossene Partnerschaft bekannt, die darauf ausgerichtet ist, einen Internetzugang über
3G+ in die nächste Generation tragbarer Multimedia-Player zu integrieren. Am 22. April 2008
kündigte Archos mit dem Plug-in TV+ portation eine weitere strategisch wichtige
Diversifizierung auf dem Mobiltelefonmarkt an, die die Mutlimedia-Player zu tragbaren
Fernsehgeräten werden lässt.374

Gleichzeitig gab das Unternehmen bekannt, dass der Katalog seines Media Clubs durch eine
Vereinbarung mit Paramount Digital Entertainment erweitert werden konnte. Einige Filme
von Paramount sind auf dem tragbaren Player bereits vorinstalliert und müssen vom Nutzer
nicht mehr heruntergeladen werden. Zeitgleich präsentierte Archos ein Plug-in, mit dem 9600
Webradio-Sender, 600 Web-TV-Sender und Podcasts auf den tragbaren Archos-
Mediaplayern abgerufen werden können. Am 3. Juni gab Archos eine mit Jamendo, einer
Internetplattform für freie Musik, geschlossene Partnerschaft bekannt, die die Nutzer der
Archos Mediaplayer zum kostenlosen Herunterladen von 140.000 Musiktiteln berechtigt.

Am 18. November 2008 führt Archos den Archos 7-Mediaplayer mit hochauflösendem
Bildschirm (800x400 Pixel) ein, mit dem laut Präsentation Online-Zeitungen gelesen werden
können oder der Zugang zu Videoportalen möglich ist.

Innerhalb weniger Monate hat Archos durch die Kombination innovativer Technologien mit
Partnerschaftsvereinbarungen seine Position als Sammelanbieter von Inhalten gefestigt. Am
20. August gab das Unternehmen in einer Pressemitteilung bekannt, dass der Media Club
nunmehr 8.000 Filme und Dokumentarfilme umfasst375. Kurioserweise werden die
technischen Vorzüge seines Vorzeigeprodukts auf der Webseite des Herstellers weiterhin
angepriesen, während die im Media Club bereitgestellten Inhalte gar nicht beworben werden.

Aus dem von Archos im Jahr 2008 vorgelegten Finanzbericht376 geht der Anteil der Umsätze
im VoD-Bereich nicht hervor.

373
Pressemitteilung Archos, 8. Februar 2008-12-17
http://www.archos.com/corporate/investors/financial_doc/Communique_CA2007_FINAL_080208.pdf
374
Pressemitteilung Archos, 22. April 2008,
http://www.archos.com/corporate/press/press_releases/PR_TVPortation_FR_20080422.pdf
375
Pressemitteilung Archos, 20. August 2008,
http://www.archos.com/corporate/press/press_releases/PR_IMT_ARCHOS_FR_20080820.pdf
376
http://www.archos.com/corporate/investors/financial_rep_pr.html?country=fr&lang=fr&year=2008

156
Tabelle 22: Von Archos geschlossene Partnerschaften (November 2008)

Online-
VoD-Dienste TV-Kanäle UGC-Seiten Store Radio Sonstige
Musikdienste
Vodeo.Tv, Euronews,
BE/LU/NL Jamendo
INA Deutsche Welle
TF1 Vison,
Vodeo.tv,
Archos Dailybourse,
INA, MusicMe, Euronews,
FR Dailymotion Store, NRJ Alcatel Media
VoDmania, Jamendo Deutsche Welle
FNAC.com Motion
Archos Media
Club
INA, Archos Jamendo, Euronews, Archos
DE
Media Club FourMusic Deutsche Welle Store
Euronews, Archos
ES INA Jamendo Dailymotion
Deutsche Welle Store
FilmisNow,
Archos
IT Archos Media Jamendo Deutsche Welle
Store
Club

Movielink,
CinemaNow, Euronews, Dailymotion, Amazon, Alcatel Media
US Jamendo
Archos Media Deutsche Welle Youtube Best Buy Motion
Club
INA,
Cinemanow, Euronews,
Kanada Dailymotion
Archos Media Deutsche Welle
Club
Euronews,
Weltweit INA Jamendo Dailymotion
Deutsche Welle
Quelle: Archos / OBS

4.1.7. Nokia

Anscheinend hat Nokia, der weltweit größte Hersteller von Mobiltelefonen, nicht sofort
erkannt, welches Potenzial eine Strategie birgt, die Inhalte zur Aufwertung der Geräte nutzt.
Dabei hat der Erfolg der Hersteller von Videokonsolen und des iPod von Apple deutlich den
Nutzen einer solchen Strategie gezeigt. Der Hersteller hat sich - abgesehen von den
technischen Lösungen für die Übertragung und Verbreitung (Nokia Broadband Media,
Mulitiservice Access Platform) - mit Verspätung auf dem eigentlichen VoD-Markt positioniert.
Eine erste Entwicklung in Richtung Inhaltemarkt zeigte sich im August 2006 als der
Hersteller über sein Tochterunternehmen O2 die in 20 Ländern vertretene Musikplattform
LoudEye erwarb. Gleichzeitig präsentierte das Unternehmen einen bei der London School
Economic in Auftrag gegebenen Bericht, der das Potenzial von Fernsehen auf mobilen
Geräten, insbesondere im UGC-Bereich, aber auch im Bereich bestimmter Arten
audiovisueller Sendungen hervorhebt377. Mit der am 12. Februar 2007 verkündeten
Partnerschaft mit YouTube, die den Zugriff auf YouTube-Seiten mit Nokia Nseries-Geräten
ermöglicht, trat Nokia erstmals auf dem Markt für audiovisuelle Dienste auf. Bei dieser
Gelegenheit gab Nokia die Einführung seines neuen „Video Center“ bekannt, ein auf
Symbian S60 basierendes Programm, mit dem Video-Newsfeeds und Videos empfangen
oder über einen PC heruntergeladen werden können. „Unsere Kooperation mit YouTube

377
„The future of TV will be personnal", Nokia Pressemitteilung, 10. November 2006,
http://www.nokia.com/NOKIA_COM_1/Press/Press_Events/mobile_tv_report,_november_10,_2006/The_futu
re_of_TV_will_be_personal.pdf
Der Bericht kann unter folgender Adresse abgerufen werden: http://www.nokia.com/NOKIA_COM_1/Press/
Press_Events/mobile_tv_report,_november_10,_2006/Mobil_TV_Report.pdf

157
ebnet den Weg für ein kontinuierliches Wachstum im Bereich der Distribution
internetbasierter Inhalte. Menschen, die über ihre Multimedia Computer Zugang zum
Mobilfunknetz und zum Internet haben, erhalten den Zugriff auf eine Fülle von Videos. Das
eröffnet ein umfassendes Potenzial an neuen Geschäftsmöglichkeiten. Das Nokia Video
Center bietet zudem Entwicklern und Anbietern von Inhalten eine einzigartige Möglichkeit,
Kunden auf direktem Wege dynamische Videodienste zur Verfügung zu stellen, die sich
einfach produzieren und auf unterschiedlichste Interessen zuschneiden lassen“, erläutert
Torsti Tenhunen, Multimediadirektor bei Nokia.378

Anfang 2006 kamen die ersten videofähigen „Smartphones“ auf den Markt (N70, N95). Von
dem 2007 auf den Markt gebrachten N95 wurden 7 Millionen Stück verkauft. Das am 13.
Februar 2008 präsentierte Nokia N96 wurde beworben als „speziell für die Nutzung von
Videos und mobilem Fermsehen optimisierter Multimedia-Computer“. Er bietet Zugriff auf
Videos, die im Internet angeboten werden, und unterstützt verschiedene gängige
Videoformate wie MPEG-4, Windows Media Video und Flash Video. In einigen Ländern
ermöglicht der integrierte DVB-H-Receiver den Empfang von Fernsehen in Echtzeit und die
automatische Aktualisierung des elektronischen Programmführers. Der große Speicher bietet
Platz für bis zu 40 Stunden Videoinhalte. Mit dem Nokia Video Center können eine Reihe
unterschiedlicher mobiler Inhalte entdeckt und abgerufen werden. Hierzu gehören Film-
Trailer, Comedy-Shows, aktuelle Nachrichten weltweit führender Inhalteanbieter wie
YouTube, Reuters und Sony Pictures. Im Oktober 2007 gab Nokia Vereinbarungen zwischen
dem Nokia Media Center und Partnern wie CNN, Jamba, IBN News, Sony Pictures,
RooftopComedy. ROK und Versatility Entertainment bekannt.379 Der Katalog der
Internetvideo-Newsfeeds wird ständig um regionale und länderspezifische Inhalte ergänzt.380

Das Ziel der von Nokia mit YouTube geschlossenen Vereinbarung war nicht die
Veröffentlichung von Videos im Internet, sondern das Abrufen von Videoinhalten des
YouTube-Portals über mobile Telefone. Ebenso wenig wollte der finnische Hersteller durch
die mit YouTube geschlossene Vereinbarung zum Herausgeber von Inhalten werden. Im Juli
2007 kaufte Nokia das amerikanische Foto- und Videoportal Twango, ein erster Schritt in
Richtung eigener Inhalte. Auch die Einführung des Nokia Mobile Filmmaking Award scheint
darauf hinzudeuten, dass sich Nokia der Welt der Erstellung von Inhalten nähert. Im August
2007 kündigte Nokia die Einführung des OVI Store an, in dem Anwendungen, Musik, Spiele,
und Karten heruntergeladen werden kommen, der aber auch E-Mail-Dienste sowie Foto- und
Videoverwaltungsdienste anbietet. Nach der Einführung einer Beta-Version im August
2007381, ging der OVI Store am 26. Mai 2009 an den Start. Er ist für 50 Millionen Kunden, die
einen der 50 Gerätetypen von Nokia besitzen, verfügbar.

Bleibt also abzuwarten, ob das Unternehmen auch den nächsten Schritt unternimmt und
eigene audiovisuelle Dienste herausgibt. Der Beitrag von Nokia zu der von der Europäischen
Kommission durchgeführten Konsultation über Online-Inhalte, in dem das Unternehmen die
Bedeutung von Urheberrechtsabgaben (Copyright Levies) und gebietsübergreifenden
Lizenzen betont, ist vielleicht ein Indiz für die bevorstehende Entwicklung.382 Am 1. April 2009
gab Nokia eine Vereinbarung mit Tim Kring, dem Produzenten der Serie Heroes, bekannt,
der spezielle Programmkonzepte für den Ovi Store entwickeln soll.383

378
Pressemitteilung von Nokia, 12. Februar 2007,
http://presse.nokia.ch/french/press_release/2007/Nokia_Video_070212.html
379
Pressemitteilung von Nokia, 2. Oktober 2007,
http://www.nokia.com/press/press-releases/showpressrelease?newsid=1157495
380
„Nokia N96: Der Hingucker", Pressemitteilung von Nokia, 13. Februar 2008.
381
Nokia Pressemitteilung, 29. August 2007,
http://www.nokia.com/press/press-releases/showpressrelease?newsid=1149749
382
http://ec.Europa.eu/avpolicy/docs/other_actions/col_2008/comp/nokia_en.pdf
383
Pressemitteilung von Nokia, 1. April 2009,
http://www.nokia.com/press/press-releases/showpressrelease?newsid=1302146

158
Dennoch ergriff Nokia im Verlauf des Jahres 2008 keine nennenswerte Initiative, um auf
seinem Lieblingsmarkt, den Smartphones, angesichts des durchschlagenden Erfolgs des
iPhone von Apple konkurrenzfähig zu bleiben. Trotz Einführung von N-Games, einem
Online-Spieledienst, und der Einführung des Online-Musikdienstes Comes with Music in
Großbritannien, Australien und Singapur und des Ovi Store gelingt es Nokia nicht, sich in
gleicher Weise wie der iTunes Store als Anbieter von Diensten und Unterhaltungs-
anwendungen zu profilieren. Die im Ovi Store verfügbaren Anwendungen sind für weniger
leistungsstarke Telefone (kleine Displays, geringe Auflösung, langsamer Prozessor usw.)
bestimmt und werden die Besitzer hochwertiger Geräte wie 5800 et N97 eher enttäuschen.
Nach Ansicht verschiedener Beobachter könnte Nokia auf einem Markt, auf dem Apple auf
eine begrenzte Anzahl von iPhone-Modellen setzt, Opfer seiner - mit mehr als fünfzig
verschiedenen Telefonmodellen - zu großen Angebotspalette werden. Aber der Ovi Store hat
den Vorteil, auf einen Stamm von 50 Millionen verkauften Geräten bauen zu können.384

Aus einer Mitte 2009 von IDC veröffentlichten Statistik geht hervor, dass Nokia gegenüber
dem Vorjahr etwa 2% Marktanteil auf dem weltweiten Mobiltelefonmarkt verloren hat.385 Der
Umsatz im Bereich „Devices & Services„ ist im ersten Halbjahr 2009 um 28% gegenüber
dem 1. Halbjahr 2008 eingebrochen.386

Tabelle 23: Ranking und Marktanteil der Mobiltelefonhersteller


(2. Quartal 2009)

384
“Nokia’s Ovi Store launches on 50m devices”, Screen Digest, Juli 2009.
385
IDC Pressemitteilung, 30 July 2009, http://www.idc.com/getdoc.jsp?containerId=prUS21950309
386
“Nokia Conference Call, Second Quarter 2009 Financial Results”, 16. Juli 2009, http://phx.corporate-
ir.net/External.File?item=UGFyZW50SUQ9MTAzNTR8Q2hpbGRJRD0tMXxUeXBlPTM=&t=1

159
4.1.8. Motorola

2008 veröffentlichte Motorola eine Studie, die den Bedarf an Inhaltediensten, die den
Mobilitätswünschen der jungen Generation entgegenkommen, verdeutlichte.387 Im Juni 2008
führte Motorola im Vereinigten Königreich in Zusammenarbeit mit Paramount388 fast
unbemerkt einen Download-Dienst für Filme ein, die auf dem Mobiltelefon abgespielt werden
können. Dieser Dienst, dessen Einführung auch in den übrigen großen europäischen
Ländern angekündigt worden war, wurde knapp ein Jahr nach dem Start eingestellt.389 Der
angebotene Katalog war nicht besonders attraktiv und die Werbung für den Dienst eher
spärlich.

Motorola ist auch im Bereich der Entwicklung technischer Lösungen für Abrufdienste tätig390
und hat insbesondere technische Lösungen für den spanischen Kabelnetzbetreiber ONO391
und den niederländischen Ziggo392 entwickelt sowie Set-Top-Boxen für den IPTV-Dienst von
Portugal Telecom konzipiert.393

4.1.9 Samsung

Neben seiner Tätigkeit als Hersteller von Unterhaltungselektronikgeräten, der wie seine
Konkurrenten technische Lösungen für Internetverbindungen von Fernsehgeräten und Blu-
ray-Player entwickelt (vgl. weiter oben 1.2.10.4), versucht sich das Unternehmen zudem auf
dem Markt der Abrufdienste für Mobiltelefone zu positionieren.

Der Mobiltelefonhersteller Samsung Mobile führte im März 2009 im Vereinigten Königreich


den Dienst „Samsung Movie“ ein, bei dem Filme vom Internet aus394 auf Samsung-Telefone
mit AMOLED-Technologie, auf PC und Notebooks heruntergeladen werden können.395 Im
Gegensatz zu Motorola gelang es Samsung durch Zusammenschluss mit dem Schweizer
Sammelanbieter von Inhalten Acetrax396 einen attraktiven Katalog mit Hollywood-Titeln
zusammenzustellen. Mehr als 500 Titel aus den Katalogen von Paramount, Warner Bros.,
NBC Universal International Television Distribution und Momentum werden zum Kauf oder
zum Verleih angeboten. Der Dienst soll im 2. Halbjahr 2009 in weiteren europäischen
Staaten, insbesondere in Deutschland, angeboten werden.

387
„Motorola Survey Reveals Media Mobility is Key for the Millennial Generation”, Motorola Pressemitteilung, 10.
September 2008, http.://www.motorola.com/mediacenter/news/detail.jsp?globalObjectId=10124_10053_23#
388
„Motorola and Paramount ink movie download deal”, NewMediaAge, 24. April 2008.
http://www.nma.co.uk/news/motorola-and-paramount-ink-movie-download-deal/37719.article
389
“Motorola quietly withdraws movie service”, Know Your Mobile, 24. März 2009.
http://www.knowyourmobile.com/blog/223785/motorola_quietly_withdraws_movie_service.html
390
„Motorola Expands On Demand Platform to Enhance Support for Rapidly Growing On Demand Libraries”,
Motorola Pressemitteilung, 17. März 2009,
http://mediacenter.motorola.com/Content/Detail.aspx?ReleaseID=10874&NewsAreaID=2
„On-Demand solutions” Motorola USA, http://www.motorola.com/business/v/index.jsp?vgnextoid=ecabc47
e5db86110VgnVCM1000008406b00aRCRD
391
„Motorola suministra decodificador digital número un millón a ONO", Motorola Pressemitteilung, 28. April
2008, http://mediacenter.motorola.com/Content/Detail.aspx?ReleaseID=6326&NewsAreaID=2
392
„Ziggo Selects Motorola Video Server to Power HD Video-on-Demand Service”, Mototola Pressemitteilung, 8.
September 2008, http://mediacenter.motorola.com/content/Detail.aspx?ReleaseID=5846&NewsAreaID=2
393
Motorola Pressemitteilung, 13. Mai 2009,
http://mediacenter.motorola.com/Content/Detail.aspx?ReleaseID=11293&NewsAreaID=2
394
http://movies.uk.samsungmobile.com/
395
Samsung Mobile Pressemitteilung, 19. März 2009,
http://uk.samsungmobile.com//footer/press/pressReleasesView.do
396
Der Schweizer Sammelanbieter von Inhalten Acetrax (http://www.acetrax.com/) erklärt, Lizenzen für 10.000
Titel zu besitzen, bot im 1. Quartal 2009 aber nur 500 Titel an. Der Katalog der zum Verkauf oder Verleih
angebotenen Titel soll bis Ende 2009 auf 2000 Titel erweitert werden.

160
4.1.10. LG Electronics

Laut Screen Digest soll LG Electronics an einer ähnlichen Lösung für die Übertragung von
Inhalten auf Mobiltelefone arbeiten wie Sony Erricsson.397

4.1.11. Netgem

Das 1996 gegründete französische Unternehmen Netgem definiert sich selbst als „Entwickler
innovativer technischer Lösungen (im Hardware- und Softwarebereich) für Gesellschaften,
die an der Wertschöpfungskette des neuen Fernsehens beteiligt sind, wie
Telekommunikationsbetreiber, Internetdiensteanbieter, Vertriebsgesellschaften für
Inhaltelieferanten, Herausgeber, bekannte Marken und viele andere“. Zu seinen Kunden
398

gehören Triple-play-IPTV-Betreiber (wie Neuf Cegetel, Tele2, AOL und SFR in Frankreich,
Saunalahti/Saunavision in Finnland), Fernsehsender (TF1) und Netzbetreiber (TDF,
Eutelsat). Die Gesellschaft stellt hauptsächlich technische Dienste bereit, ist aber auch
Hersteller von hochwertigen Receivern (für Netbox und iPlayer). Das Unternehmen hat
insbesondere bei der Einführung des digitalen terrestrischen HD-Fernsehens in Frankreich
eine wichtige Rolle gespielt und ist an der technischen Umstellung von kostenpflichtigen
Fernsehdiensten auf DVB-T beteiligt. Darüber hinaus entwickelt Netgem Lösungen zur
Messung der Zuschauerzahlen bei den neuen Diensten und gründete im Juli 2006
zusammen mit dem französischen Institut zur Messung von Zuschauerzahlen, Médiamétrie,
ein Tochterunternehmen.

4.1.11.1. Technische VoD-Lösungen

Im Rahmen seiner Geschäftstätigkeit im Bereich der Entwicklung innovativer Lösungen hat


sich Netgem natürlich auch mit Lösungen für VoD-Dienste befasst. So gab das Unternehmen
am 5. April 2006 seine mit Microsoft und dem Spezialdienstleister RedBee geschlossene
Partnerschaft bekannt, die auf die Entwicklung von VoD-Lösungen für die britischen
Interdiensteanbieter ausgerichtet ist.399

Das neueste von Netgem angebotene Gerät ist die Netbox 8160, ein interaktives Gerät, das
eine intuitive 3D-Schnittstelle bietet. Dieses Gerät kann von allen Haushalten, die über eine
Fernsehantenne und ADSL-Anschluss verfügen, benutzt werden und hat 160 GB
Speicherkapazität. Mit dem von Netgem angebotenen Dienst kann auf in HD-Format
gesendete DVB-T-Kanäle, auf fünf kostenpflichtige DVB-T-Kanäle (Eurosport, Planète, Paris
Première, LCI und TF6) und drei VoD-Kataloge zugegriffen werden.400

4.1.11.2. Übernahme von Glowria

Am 6. Dezember 2007 gab Netgem die Übernahme der Gesellschaft Glow Entertainment
Group SA bekannt, einem der führenden Akteure auf dem französischen VoD-Markt, der
unter dem Namen Glowria auftritt. Diese Übernahme kann als strategisch wichtiger Schritt
bezeichnet werden.401

397
Screen Digest, Juli 2009, S. 219.
398
Startseite der Website NETgem, aufgerufen am 16. Dezember 2008, http://www.netgem.com
399
Pressemitteilung von Netgem, 5. April 2006:
http://www.netgem.com/admin/news-info/docs/RedBee_Netgem_MS_FR.pdf
400
Präsentation auf http://www.netbox.fr/
401
Pressemitteilung von Netgem, 6. Dezember 2007:
http://www.netgem.com/admin/news-info/docs/Netgem_Glowria.pdf

161
Glowria ist ein Unternehmen aus dem IT-Bereich, das in Frankreich einen DVD-Verleih über
Internet nach dem amerikanischen Vorbild von Netflix eingerichtet hat. Das Unternehmen
führte im Juli 2006 seinen eigenen VoD-Dienst im Internet ein und agiert zudem seit Ende
2006 als weiße Marke für Unternehmen wie Neuf Cegetel, FNAC, Dartybox, SFR und
Allociné. Glowria hat mit den meisten Filmproduzenten und –verleihen (wie Warner Bros.,
Universal, Sony Pictures, Paramount, EuropaCorp, Pathé, Gaumont, TF1, M6, MTV, Cartoon
Networks usw.) Vereinbarungen geschlossen. Ende 2006 verstärkte Glowria seine Präsenz
in Deutschland durch die Übernahme der beiden deutschen Gesellschaften DiViDi und
InVDeo, die unter dem Namen Glowria GmbH zusammengefasst wurden.

Netgem kommentierte dies mit den Worten: „Durch diese Zusammenführung können den
Partnern und Kunden beider Unternehmen globale Lösungen angeboten werden und zwar in
den Marktsegmenten, die im Bereich des digitalen Fernsehens das größte Entwicklungs-
potenzial aufweisen, also VoD, HD und DVB-T.“

Die von Glowria in Deutschland eingeleitete Entwicklung wurde nach der Übernahme des
Unternehmens durch Netgem und den Verkauf der Glowria GmbH an den Konkurrenten
Video Buster Entertainment Group Holding AG (Betreiber eines VoD-Dienstes)402 gestoppt,
während die begonnene Strategie der Zusammenarbeit mit anderen Betreibern zur
Vermarktung seines Dienstes als weiße Marke weiterentwickelt wurde. Am 9. Juni gab
Glowria die mit Carrefour, der größten französischen und weltweit zweitgrößten
Unternehmensgruppe im Einzelhandelsbereich, geschlossene Vereinbarung bekannt, die die
Einrichtung und den Betrieb von Plattformen für Videoabrufdienste in Frankreich, Spanien
und Belgien vorsieht. Der VoD-Dienst von Carrefour ging am 2. Juni in Spanien und Belgien
und im September 2008 in Frankreich an den Start. Im Rahmen der Einführung dieses
Dienstes hat Glowria eine neue Plattform zur Speicherung und Verbreitung von Inhalten mit
einem multinationalen und mehrsprachigen Abrechnungssystem eingerichtet.

4.1.11.3. Ausdehnung auf den Bereich audiovisueller Inhalte

Am 3. Oktober 2008 teilte Netgem die Übernahme der Vermögensmasse der CPFK-Gruppe
mit, dem in Konkurs geratenen französischen Marktführer im Bereich DVD-Verleih,
bestehend aus einem Netz von 500 als Franchise-Unternehmen unter dem Namen
Videofutur geführten Videotheken und 1900 Videoautomaten (Videofutur, Cinebank und
Videopilot). Mit diesem Kauf wurden die Geschäftsfelder von Netgem um die Bereiche VoD,
Online-Verleih und Verleih über Geschäfte ergänzt.

Am 18 November 2008 gab Netgem seine mit der Fnac geschlossene Vereinbarung zur
Einführung eines neuen Fernsehdienstes unter dem Namen „Pack TV“ bekannt. Dieser
Dienst kombiniert den Zugang zum digitalen terrestrischen Fernsehen (einschließlich HD-
Kanäle) mit fünf zusätzlichen Themensendern. Marc Tessier, der ehemalige Präsident von
France Télévision, inzwischen Generaldirektor der Unternehmensgruppe Netgem, erklärt:
„Jeder Kanal wird sein eigenes Umfeld haben mit - falls gewünscht - eigenen Empfehlungen,
eigener Interaktivität, eigenem Catch-up-TV-Dienst usw."403 „Pack-TV“ umfasst zudem einen
direkten Zugang vom Fernsehgerät zu dem gemeinsam mit Fnac und Glowria eingerichteten
Videoabrufdienst, mit einer Auswahl von zunächst 1.000 Titeln, die aus dem 5.000 Titel
umfassenden Katalog des Online-VoD-Dienstes des Portals Fnac.com stammen. Der Dienst
bietet die beiden Themensender „Fnac avant-première“ (neuere Filme, die erstmals im
Fernsehen ausgestrahlt werden) und „Vidéoclub Fnac“ (Themenzyklen, Sonderfilme usw.)

402
„Konzentrationsprozess im Verleihmarkt schreitet voran. Video Buster übernimmt Online Verleih von
Glowria", Video buster Pressemitteilung, 14 Januar 2008, http://www.videobuster-holding.de/
403
„Interview Marc Tessier, Directeur général du groupe Netgem”, Ecran Total, 10. Dezember 2008,
Seite 16-17.

162
an. Das in Verbindung mit „Pack-TV“ verkaufte Endgerät kostet 259,90 EUR oder
149,90 EUR in Kombination mit dem für ein Jahr zum Preis von monatlich 5,90 EUR
abonnierten Dienst „Total TNT“. Der VoD-Dienst basiert auf einem klassischen
Einzelzahlungsmodell mit Preisen zwischen 1 EUR und 4,90 EUR. Mit den Rechteinhabern
wird zurzeit über kostenlose VoD-Angebote verhandelt; außerdem sind SvoD-Angebote mit
Monatsabonnement geplant. Hierzu sagt Marc Tessier: „Diese Marktpositionierung scheint
den Erwartungen der Mehrheit der Franzosen zu entsprechen, die sich nicht langfristig zur
Zahlung größerer Beträge verpflichten möchten. Für jeden das Richtige: einige möchten
teure Abonnements, wir haben uns für ein Modell entschieden, das Fernsehen ’à la carte’
bietet.“

Die von Netgem 2008 veröffentlichten Quartalsberichte enthalten keine Aufschlüsselung des
Umsatzes nach Geschäftsfeld, sodass der Anteil Glowrias am Umsatz 2008 nicht ersichtlich
ist. Nachfolgend die wichtigsten Finanzdaten:
- Netgem hat einen konsolidierten Umsatz von 70,3 Millionen EUR erzielt und für 2008
wird ein Umsatz von 85 Millionen erwartet (+ 20,9%).
- Das Betriebsergebnis der Glow Entertainment Group betrug 2007 5,9 Millionen EUR
und der Nettoverlust lag bei 6 Millionen EUR.
- Der Umsatz der deutschen Tochter Glowria GmbH betrug 2007 1,5 Millionen EUR.

Tabelle 24: Glow Entertainment Group (2003-2007)

2003 2004 2005 2006 2007


Betriebsergebnis (in Tausend EUR) 253 1 489 2 912 4 297 5 944
Zuwachs 488,5% 95,6% 47,6% 38,3%

laufendes Ergebnis vor Steuern -973 -3 255 -2 522 -6 429 -5 890


Entwicklung laufendes Ergebnis 235% -23% 155% -8%
Quelle: Glow Entertainment Group

Die für das erste Halbjahr 2009 veröffentlichten Geschäftszahlen verdeutlichen den kräftigen
Zuwachs im neuen Geschäftsfeld Inhalte und Dienste (VideoFutur), der seit 1. Januar 2009
die Aktivitäten im Bereich Multikanalvertrieb (eigene Geschäfte und Franchise-Geschäfte,
Automaten, Internet und IPTV) und digitale Multiformat-Videos (DVD, Blu-ray, VOD, TV
HD...) umfasst. Der Umsatz in diesem Bereich liegt bei 7,5 Millionen, hat sich also infolge
des 2008 neu hinzugekommenen Geschäftsfelds um 106% erhöht.404

Seit Juni 2009 bietet Netgem mit der Netbox eine neue Set-Top-Box an, die - unabhängig
vom jeweiligen Internetprovider - an das Internet angeschlossen werden kann.405 Gleichzeitig
führte Netgem erstmals ein einzeln auswählbares Multi-Unterhaltungsangebot ein, das
hochauflösendes Fernsehen, Videoabruf und DVD-Verleih kombiniert. Über ihre Netbox
vertreibt Netgem hauptsächlich die Sender der Canal+-Gruppe und die Radiosender von
Deezer.406

404
Pressemitteilung Netgem, 9. Juli 2009,
http://www.netgem.com/admin/news-info/docs/CA1ersemestre2009.pdf
405
Pressemitteilung Netgem, 18. Juni 2009.
406
Pressemitteilung Netgem, 22. Juni 2009.

163
4.1.12. Sonstige IT-Dienstleister

Auch andere europäische Gesellschaften, die sich auf IT-Dienstleistungen und technische
Lösungen spezialisiert haben, sind Herausgeber zumeist eher untypischer VoD-Dienste
geworden. Zu nennen sind hier insbesondere:

4.1.12.1. Arts Alliance Media Ltd

Die 2003 gegründete britische Gesellschaft Arts Alliance Media Ltd, die vor allem als
„Wegbereiter“ der Digitalisierung der Kinos bekannt ist, da sie vom UK Film Council im
Rahmen des Projekts digital Screen Network mit der Digitalisierung von 240 Kinos beauftragt
wurde. Ein weiteres Geschäftsfeld der Arts Alliance Media ist die Erstellung von
Filmmastern. Darüber hinaus hat sich die Gesellschaft im Bereich des Vertriebs „alternativer
Inhalte“ positioniert, die in digitalen Kinos wie Events präsentiert werden (Film des Queen-
Konzerts, ABBA-Film, The Movie usw.).

Im Januar 2007 führte Arts Alliance Media mit dem Online-Download-Dienst für Filme,
Vizumi, einen der wenigen europäischen Dienste ein, der gleichzeitig Download-to-own- und
Download-to-rent-Angebote bereitstellte. Der Dienst wurde am 10. Dezember 2008
eingestellt, aber Arts Alliance Media führt die Gesellschaft Vizumi Network weiter, die durch
den Erwerb von VoD-Rechten als Sammelanbieter von Inhalten agiert, die später von
anderen verbundenen Diensten wie Lovefilm, Sofa Cinema (dem von Lovefilm geführten
VoD-Dienst von The Guardian), Comedy Classics (ein von Vizumi betriebener Dienst, der
den Comedy-Katalog von Fremantle Media anbietet) und Archos verwertet werden. Durch
die Vereinbarungen, die Vizumi mit fünf der sechs Hollywood-Majors, mit unabhängigen
Produzenten oder auch ITV DVD (Granada ventures) geschlossen hat, umfasst der Katalog
insgesamt 2 500 Filme.

Die Arts Alliance Media Ltd. ist außerdem einer der Hauptaktionäre von Lovefilm, einem der
führenden britischen Unternehmen für DVD- und VoD-Verleih.

4.1.12.2. 7digital Ltd

7digital Ltd. ist ein IT-Dienstleister, der Lösungen im Bereich Online-Vertrieb anbietet und
einen eigenen Dienst für den Verkauf von Online-Musik eingerichtet hat. Im VoD-Bereich
entwickelte die Gesellschaft u.a. 2005 für den Kanal MTV das erste Download-System für
Filme sowie die Dienste von Channel 5 und den Online-Dienst „Now Play It“, der
Musiktutorials anbietet. Geplant ist außerdem eine Entwicklung für unabhängige
Produzenten. 7digital hat den Dienst „Film download“ des British Film Institute eingerichtet
und erscheint als Herausgeber des Dienstes.

4.1.12.3. SaT - Satellite and Transfer GmbH

Die SaT - Satellite and Transfer GmbH ist ein deutsches Unternehmen, das sich auf die
Übertragung per Satellit spezialisiert und einen über ASTRA übertragenen VoD-Dienst
eingerichtet hat. Zur Nutzung dieses Dienstes sind eine Set-Top-Box, ein kompatibler PC,
um den auf die Festplatte des Computers gespeicherten Inhalt abrufen zu können, sowie
eine DVB-S-Karte erforderlich. Die Filme werden täglich (als push-VoD) auf den Computer
des Kunden übertragen und können vom ihm über ein Karussell ausgewählt werden. Der
Katalog enthält etwa 30 Filme, die zwischen 1,50 und 3,00 EUR kosten.

164
4.1.12.4. MC&C GmbH

Die 2005 gegründete Schweizer Gesellschaft MC&C GmbH, die sich auf Internetlösungen im
Marketingbereich spezialisiert hat. 2006 führte sie gemeinsam mit dem amerikanischen
Unternehmen DivX Inc., das Herausgeber des Mediaplayers DivX ist, den in der Schweiz, in
Frankreich, Luxemburg und Belgien verfügbaren Dienst Clicmovies ein.407 Das Programm
DivX Codec wird häufig bei der illegalen Verwendung von Filmen, insbesondere beim DVD-
Ripping, eingesetzt. Nach unserer Kenntnis ist Clicmovies einer der wenigen VoD-Dienste,
der den Mediaplayer DivX im Rahmen seines legalen Angebotes nutzt. MovieClick ist
außerdem einer der wenigen Dienste in Europa, der ein Download-to-own-Modell anbietet.

407
“DivX and MC&C Announce New Content Partnership For Video-On-Demand Content in Europe”, DivX
Pressemitteilung, 2. Dezember 2006, http://investors.divx.com/releasedetail.cfm?ReleaseID=210482

165
Tabelle 25: Von Spezialdienstleistern angebotene Abrufdienste in Europa (Dezember 2008)

Herausgeber des Name des Empfangs- Art des TV-


Land Netz Geschäftsmodell Archiv Film Kurzfilm Sonstige
Katalogs Dienstes land Dienstes Sendung
BFI
7digital Ltd / BFI GB Download GB Internet VoD-Verleih Einzelzahlung X X
Space
ABRA MEDIA PL TV Fly PL Internet Catch-up-TV Gratis X
VoD-Verleih/
Arts Alliance Media Ltd GB Vizumi GB Internet Einzelzahlung X
VoD-Verkauf
Gratis / allg.
Europa Film zugänglicher
Lobster Films SAS FR Mondial Internet Gratis-VoD X X X
Treasures Dienst /
Förderung
BE, CH, VoD-Verleih /
MC&C GmbH CH ClicMovies Internet Einzelzahlung X
FR, LU VoD-Verkauf

Norgefilm AS NO Film Arkivet NO Internet VoD-Verleih Einzelzahlung X X X


Filmarkivet
Norgefilm AS NO NO IPTV VoD-Verleih Einzelzahlung X X X
(Online.no)
SaT Satellite and
DE My VoD DE Satellit NVoD Einzelzahlung X
Transfer GmbH
Vodeclic SARL FR Vodeclic Mondial Internet Gratis-VoD Gratis x

Quelle: OBS
4.1.13. Zusammenfassung – Bedeutung der neuen Geschäftsfelder und der
Interoperabilität für die Wettbewerber auf dem VoD-Markt

4.1.13.1. Bedeutung der neuen Geschäftsfelder

Die Gerätehersteller sehen in VoD-Diensten die Möglichkeit, ihre Geräte für ein breiteres
Publikum interessant zu machen, indem sie immer vielfältigere Inhalte anbieten, die geeignet
sind, ihren Kundenstamm zu erweitern, was bei einer Beschränkung auf Videospiele
(Microsoft, Sony, Nintendo) oder Online-Musik (Apple/iTunes Store) nur begrenzt möglich
wäre. Stephen McGill, der Direktor der britischen „Gaming and Entertainment Division“ von
Microsoft, beschreibt diese Strategie mit den Worten:

"It might take time for people to perceive that on an equal footing, but a lot of what
we're doing is around broadening our appeal to kids, to women, to girlfriends, mums
and dads to a degree - whether that's gaming or broader entertainment."408

Die Bereitstellung nicht-linearer Inhalte ist für die Spielkonsolenhersteller von zentraler
Bedeutung, denn sie möchten ihre Konsolen in Media Center umfunktionieren, die einen
festen Platz im Wohnzimmer der Familie einnehmen sollen. Die Entwicklung eines Marktes
für Spielkonsolen, der sich nicht nur auf passionierte Spieler beschränkt, scheint umso
dringender als gut informierte Beobachter diagnostizieren, dass sich diese eifrigen Spieler
möglicherweise von den Konsolen abwenden werden, da hochwertige PCs bei Spielen, die
eine leistungsstarke Umgebung erfordern, leistungsfähigere Plattformen bieten.409

Bei der Gegenüberstellung der Hersteller von Spielkonsolen ergeben sich einige Vorteile für
Apple: Obwohl das System an ein eigenes Abspielprogramm gebunden ist, gewährleistet es
bessere Zugangsmöglichkeiten, da die iTunes Stores sowohl über PC als auch Apple-Geräte
(MAC, iPod, iPhone, Apple TV) abrufbar sind. Durch diese breitere Zugänglichkeit kann
Apple zum Marktführer beim Online-Film werden und sein Filmangebot - falls die Majors die
günstige Gelegenheit nutzen - jenseits der Grenzen der fünf angelsächsischen Länder, auf
die sich das Angebot momentan beschränkt, ausdehnen. Die Einbeziehung von Filmen in
den deutschen iTunes Store im April 2009 verdeutlicht, dass die Ambitionen von Apple über
den angelsächsischen Markt hinausgehen.410

Wie Screen Digest411 feststellt, kann Apple bei der Erschließung eines neuen Marktes die
angebotenen Filme zu Preisen anbieten, die mit den Preisen der bestehenden Dienste oder
den Preisen für eine DVD durchaus konkurrieren können. Hierfür gibt es zwei Gründe:
- Die Dominanz von Apple auf dem Musikmarkt, die dem Unternehmen ein
internationales Auftreten verschafft, stärkt seine Verhandlungsposition gegenüber
den Studios und verhilft zu günstigeren Konditionen.
- Geringe Gewinnspannen beim Verkauf von Inhalten stellen für Apple kein größeres
Problem dar (für Microsoft übrigens auch nicht), da sie durch die Gewinnspanne aus
dem Verkauf der Geräte ausgeglichen werden. Dadurch können im Vergleich zu den

408
„Video downloads will help broaden Xbox 360's appeal”, gamesindustry.biz, 11. Dezember 2007,
http://www.gamesindustry.biz/articles/video-downloads-will-help-broaden-xbox-360s-appeal
409
“Gamers To Desert Consoles For PCs Say GFK”, Smarthouse, 22. Oktober 2008.
http://www.smarthouse.com.au/Gaming/PC/W2V7C9L4
410
„Apple Premieres Movies on the iTunes Store in Germany”, Apple Pressemitteilung, 16. April 2009.
http://www.apple.com/pr/library/2009/04/16itunes.html
411
„iTunes drives online movie sales.”, Screen Digest, Juli 2008, S. 195.

167
bestehenden Diensten günstigere Preise angeboten werden. Screen Digest führt als
Beispiel den Film The Bourne Supremacy an, der im iTunes Store für 6,99£ und auf
der Website von Coolroom für 16,99£ als Download-to-own verkauft wird

Anfang Dezember 2008, mit Beginn der Weihnachtszeit, lieferten sich die Hersteller eine
Zahlenschlacht, da jeder als Marktführer gelten wollte, um den Verkauf seiner Produkte
anzukurbeln. Am 4. Dezember 2008 teilte David Reeves, der Präsident von Sony Computer
Entertainment Europe (SCEE), mit, dass die PS3-Konsolen in den europäischen Ländern mit
PAL-System einen Verkaufsvorsprung von 300.000 Stück verzeichnen.412 Diese Mitteilung
wurde umgehend durch die vom Marktforschungsunternehmen GfK Europe vorgelegten
Zahlen relativiert, nach denen von der Xbox 360 auf den fünf großen europäischen Märkten
(Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Italien und Spanien) eine Million Exemplare mehr
verkauft worden seien als von der Play Station 3.413 Wie auch immer, die neuesten Zahlen
lassen auf sehr gute Verkäufe im 2. Halbjahr 2008 schließen: laut GfK sind die
Verkaufszahlen in Großbritannien im August 2008 gegenüber August 2007 um 29% und der
Umsatz um 27% gestiegen.414

Außerdem stellt der Verkaufserfolg der iPods und iPhones von Apple für die drei Videospiel-
Riesen (Sony, Microsoft und Nintendo) eine Bedrohung ihrer Domäne dar. Die Fachpresse
druckt die Äußerungen von John Geleynse, dem Director of Technology Evangelism bei
Apple, ab, wonach iPhone mehr als Spielkonsole denn als Telefon zu sehen sei, und damit
das Potenzial habe, den Nintendo DS herauszufordern.415 Die Tatsache, dass die Spiele zu
den beliebtesten Anwendungen zählen, die vom App Store im iTunes Store angeboten
werden, scheint diese Sichtweise zu bestärken.416 Hinzu kommt außerdem die zunehmende
Verbreitung der Apple-Produkte bei Teenagern, der von den Herstellern der Spielkonsolen
vorrangig umworbenen demografischen Gruppe.417

Der Einzug der Spielkonsolenhersteller auf dem VoD-Markt stellt demnach eine große
Herausforderung dar. Allerdings bremsen einige wirtschaftliche Gegebenheiten den Vorstoß
in diesem Segment. Zunächst sind die Gewinnspannen im VoD-Bereich geringer als im
Videospielsegment, was sich negativ auf das Gesamtergebnis auswirken könnte. Außerdem
müssten diese Akteure aufgrund der vermutlich schwierigen Verhandlungen mit nationalen
Rechteinhabern (insbesondere mit den nationalen Filmproduzenten) ad-hoc-
Betriebsstrukturen einrichten, um auf dem Markt auftreten zu können oder, wie es einige
Telekommunikationsbetreiber getan haben, über Sammelanbieter von Inhalten auftreten.
Tatsache ist, dass die US-Majors, die aus den Erfahrungen mit nationalen Monopolen im
Bereich des europäischen Bezahlfernsehens gelernt haben, versucht sein könnten, weitere
Partner für den VoD-Vertrieb zu suchen, um nicht Gefahr zu laufen, einem übermächtigen
Akteur gegenüberzustehen, der seine Preise diktieren kann, so wie dies in der
Musikindustrie geschehen ist.

412
„Sony: We are ahead of Xbox", MCV, 4. Dezember 2008,
http://www.mcvuk.com/news/32597/Sony-Were-ahead-of-Xbox-in-Europe
413
“Xbox 360 leads PS3 by 1m in Europe”, Eurogamer, 16. Dezember 2008.
http://www.eurogamer.net/article.php?article_id=344133
414
„Games Consoles exhibit impressive UK growth across the board”, GfK Pressemitteilung, 11. November
2008, http://www.gfkrt.com/news_events/market_news/single_sites/003164/index.en.html
415
„Apple: "the iPhone is a gaming console"”, Endgadget, 12. Dezember 2008; “Apple declares iPhone a
challenger to Nintendo DS”, AppleInsider, 12. Dezember 2008,
http://www.appleinsider.com/articles/08/12/12/apple_declares_iphone_a_challenger_to_nintendo_ds.html
416
„Briefly: Android sales vs. App Store, Intel notebook cooling”, Appleinsider, 23. Oktober 2008, http://www.
appleinsider.com/articles/08/10/23/briefly_android_sales_vs_app_store_intel_notebook_cooling.html
417
„Apple pulling away from competition in teenage mindshare”, Appleinsider, 7. Oktober 2008,
http://www.appleinsider.com/articles/08/10/07/apple_pulling_away_from_competition_in_teenage_mindshare
.html

168
4.1.13.2. Das Projekt Digital Entertainment Content Ecosystem: Neue Etappe in der
Diskussion über die Interoperabilität oder Isolationsstrategie von Apple?

Eine weitere Dimension im Wettbewerb zwischen den Herstellern ist die Diskussion über
eine neue Kopierschutz-Norm, die eine Alternative zu iTunes von Apple sein könnte. Am 12.
September 2008 wurde die auf Initiative von Sony Corp. erfolgte Gründung eines neuen
Konsortiums mit dem Namen Digital Entertainment Content Ecosystem (DECE) bekannt
gegeben. Es vereint fast alle großen Firmen der IT-Branche (Microsoft, Intel, Philips,
Toshiba, Cisco, HP, Alcatel-Lucent), mehrere Hollywood-Studios (Warner Bros., Fox, Lions
Gate Entertainment, NBC Universal, Paramount), Gesellschaften von Microsoft und
VeriSign, eine im Bereich Internetsicherheit spezialisierte Gesellschaft, Einzelhändler (Best
Buy Co Inc.) und Telekommunikationsbetreiber (Comcast).418 Das Konsortium, das seine
Arbeit bei der Consumer Electronics Show im Januar 2009 präsentieren wird, plant die
Bereitstellung eines einheitlichen Standards für digitale Medien („uniform digital media
experience"), der die Interoperabilität der Geräte und Webseiten sicherstellt, und es dem
Nutzer ermöglicht, die Inhalte auf sein Playback-Gerät zu kopieren und auf physische Träger
zu brennen.

Vorgesehen ist außerdem die Bereitstellung einer Rechtedatenbank („Rights Locker“) oder
virtuellen Bibliothek, in der der Nutzer die von ihm erworbenen Sendungen speichern und
leicht wiederfinden kann. Spezifikationen und ein Logo, das auf Geräten angebracht wird, die
diesen Spezifikationen entsprechen, wurden angekündigt.

Die Tatsache, dass Mitch Singer, Chief Technology Officer bei Sony Pictures, den Vorsitz in
diesem Konsortium führt und dass Apple diesem nicht angehört, wurde von der Presse
umgehend als Manöver gewertet, mit dem Sony den zunehmenden Erfolg des iTunes-
Players begegnen möchte.419 Die Nachrichtenagentur Reuters zitiert Mitch Singer, nach
dessen Aussage der neue digitale DECE-Standard das genaue Gegenteil („turn on its head")
des geschlossenen Modells sei, das Apple mit iTunes geschaffen habe. „Er ist etwas ganz
anderes als das Ökosystem von Sony. Wir ermuntern Apple, dem Konsortium beizutreten.
Es war nie unsere Absicht, Apple auszuschalten oder durch das Konsortium zu ersetzen“.
DECE hat eine Startseite eingerichtet.420

4.1.13.3 Neue Fragen zur Interoperabilität und Öffnung der Systeme*

Die Diskussion über die Interoperabilität geht sicherlich über die Rivalität der großen
Hersteller hinaus, zumal sie im Kontext der Diskussion über die widersprüchlichen Aspekte
der Bekämpfung der Piraterie einerseits und den Verbraucherrechten andererseits zu sehen
ist. Dennoch fällt es schwer, diese Diskussion nicht im Zusammenhang mit der von der
Industrie verfolgten Strategie zu sehen, deren Ziel die Schwächung der vom Marktführer
verfolgten Strategie ist. Apple versucht seit 2007 seine Strategie im Bereich der digitalen
Rechteverwaltung zu überdenken, zumindest im Musikbereich. Die Presse berichtet nämlich
von Verhandlungen zwischen Apple und drei großen Plattenfirmen über die Abschaffung des
DRM-Systems der iTunes nach dem Beispiel des Online-Musikdienstes von Amazon, so

418
„Media group to create new digital video ‘ecosystem’", Reuters, 12. September 2008,
http://www.reuters.com/article/technologyNews/idUSN1234778920080912?sp=true
Vgl. auch: ”Studios form digital-download "ecosystem", Reuters, 15. September 2008,
http://www.reuters.com/article/industryNews/idUSN1534200820080915
419
Vgl. z.B. "Video industry plans escape from iTunes with 'open' standard", Appleinsider, 15. September 2008,
http://www.appleinsider.com/articles/08/09/15/video_industry_plans_escape_from_itunes_with_open_standar
d.html
420
http://www.decellc.com/

169
dass die Dateien künftig nicht nur auf iPods und iPhones abgespielt werden können.421 Seit
dieser Ankündigung wurde von keiner Vereinbarung berichtet. Es sieht so aus, als ob die
großen Plattenfirmen andere Ansichten in Bezug auf die Geschäftsmodelle haben. Vor allem
Warner befürwortet die Einführung differenzierter Preise, um sich den von Apple seit

Abbildung 38: Apple- und DECE-Modelle nach Sony

„
Quelle: Sony-Präsentation in Appleinsider, 15. September 2008.

421
„Sources: Apple, music labels talk DRM-free songs“, CNET News, 19. November 2008,
http://news.cnet.com/8301-1023_3-10102414-93.html

170
Einführung des Dienstes praktizierten Einheitspreisen für Musikstücke zu entziehen.422 Die
iTunes Stores wenden bei den Videoangeboten bereits unterschiedliche Preise an, aber
höchstwahrscheinlich würde sich eine neue Verkaufspraktik im Musikbereich, die als Sieg
der Majors gegenüber Apple gewertet würde, auch auf das Preisgefüge für
Fernsehsendungen und Filme auswirken. Nach einer Vereinbarung mit den Musik-Majors
gab Apple am 6. Januar 2009 den Verzicht auf sein DRM-System für Musikstücke bekannt.423
Bis zu diesem Zeitpunkt gab es drei verschiedene Preisstufen für Musikstücke. Zeitgleich
teilte Apple mit, dass Musikstücke nunmehr über das Wiski-Netz ohne PC-Anschluss direkt
auf das iPhone heruntergeladen werden können. Die Aufhebung des DRM-Systems war
scheinbar die Voraussetzung, um Online-Dienste über WLAN-Netze anbieten zu können.
Diese Dienste wurden mit der Einführung des iPhone 3GS im Juni 2009 auf Filme und
Videos ausgedehnt. Dadurch, dass Apple das DRM-System opferte, konnte eine neue
Funktion eingeführt werden, die wahrscheinlich entscheidend ist, um mittelfristig die
Führungsposition des Unternehmens auf dem Mobiltelefonmarkt zu behaupten.

Neue Fragen über die Interoperabilität und die Grenzen einer Entwicklung, die - wie von
Apple praktiziert - auf dem Verzicht des DRM-Systems basiert, stellen sich im
Zusammenhang mit dem Erfolg des iPhone.

Eine technische aber gleichzeitig auch strategisch wichtige Frage lautet, welche Media-
Player von den Mobiltelefonen unterstützt werden. Die meisten kostenlosen audiovisuellen
Dienste im Internet werden für Adobe Flash von Adobe Systems angeboten, aber dieses
Format wird derzeit nicht von allen Mobiltelefonen insbesondere nicht vom iPhone
unterstützt. Die Tatsache, dass der Safari-Browser von iPhone das Flash-Format nicht
unterstützt, wurde bereits bei seiner Einführung kritisiert.424 Als Apple im Juni 2007 mitteilte,
dass nunmehr YouTube auf dem iPhone verfügbar ist, zeigte sich, dass nur Videos in dem
von Apple unterstützten H.264-Standard abgerufen werden können.425 Adobe System
kündigte im Juni 2009 an, dass die Betaversion des kompatiblen Flash Player 10 ab Oktober
2009 verfügbar sein werde.426 Diese Version soll mit den Betriebssystemen Android von
Google (dessen Bereitstellung bei Sony-Ericsson ebenfalls für Oktober 2009 angekündigt
wurde), PalmWeb OS, Windows Mobile und Nokia S60/Symbian kompatibel sein.427 Die
Kompatibilität mit dem MacOS-System der iPhones von Apple wird in der Fachpresse häufig
diskutiert. Nachdem der Präsident von Adobe System im Juni 2008 bekannt gegeben hatte,
dass sein Unternehmen an einer neuen Lösung arbeite, spekulierte die Fachpresse darüber,
ob Apple bereit ist, den Flash Player zu akzeptieren. Eine Zusammenarbeit zwischen beiden

422
„Inside the Major Label Negotiations with iTunes”, Hypebot, 14. Dezember 2008,
http://www.allaboutjazz.com/php/news.php?id=26953
423
„Changes Coming to the iTunes Store”, Apple Pressemitteilung, 6. Januar 2009,
http://www.apple.com/pr/library/2009/01/06itunes.html
424
„iPhone Adobe Flash Support Coming", Gizmodo, 5. Juli 2007,
http://gizmodo.com/275317/iphone-adobe-flash-support-coming
425
Es ist darauf hinzuweisen, dass mindestens zwei im App Store angebotene Anwendungen das
Herunterladen von Videos aus dem iPhone Apps-Katalog auf das iPhone ermöglichen. Diese Anwendungen
sind: myVideos (Daniel Lüthi) und Video Downloader iWoopie Lite (Accessport Inc.). Dem Entwickler von
myVideos zufolge weigerte sich Apple die Version 1.6 dieses App zu veröffentlichen, solange die Download-
Funktion nicht entfernt werde. MyVideo soll außerdem den Zugriff auf Dailymotion, Veoh und Break, sowie
auf Videoportale mit Erwachseneninhalten ermöglichen. Vgl.: http://www.myvideo2iphone.com, nicht datiert,
aufgerufen am 27. Juli 2009.
426
Adobe Systems Earnings Call, 16. Juni 2009, http://www.adobe.com/aboutadobe/invrelations/09q2analyst/;
„Adobe Flash Coming To Apple's iPhone -- Maybe, Someday”, The Business Insider, 17. Juni 2008,
http://www.businessinsider.com/2008/6/adobe-flash-apple-iphone-maybe-someday.
„Adobe’s Narayen Says Flash on IPhone Is a Challenge”, Bloomberg.com, 30. Januar 2009,
http://www.bloomberg.com/apps/news?pid=20601087&sid=a19HIOO8r_6c
427
„Adobe’s Flash 10 for Android: A big win for mobile web apps”, Digitalbeat, 22. Juni 2009,
http://digital.venturebeat.com/2009/06/22/adobes-flash-10-for-android-a-big-win-for-mobile-web-apps/

171
Unternehmen wurde im Januar 2009 bestätigt.428 Bis Ende Juli 2009 hatte Apple die
Aufnahme des kompatiblen Flash Player 10 allerdings noch nicht bestätigt.429

Eine weitere strategische Frage (die gerade von den Regulierungsbehörden geprüft wird) ist
die des möglichen Missbrauchs der beherrschenden Stellung oder des Verstoßes gegen den
Pluralismus, die die Geschäftspraktiken der „Anwendungs-Shops“ aufwerfen. Auch in diesem
Punkt sieht Apple sich in der Position des Angeklagten. Das von Apple angewandte
Verfahren zur Auswahl und Einbeziehung von Anwendungen Dritter in den App Store wurde
schon früh von Entwicklern und Fachpresse kritisiert.430 Hacker und von Apple abgelehnte
Entwickler haben das sogenannte Jailbreaking eingeführt, bei dem Apps, die nicht von Apple
akzeptiert wurden, über Internetseiten (oder über ein nicht zulässiges App wie Cydia) zur
Verfügung gestellt oder vermarktet werden.431 Apple führt verschiedene Gründe wie
Sicherheit, moralische Bedenken und Copyright an, um die Abweisung bestimmter
Anwendungen zu rechtfertigen. Insbesondere ist Apple der Auffassung, dass Jailbreaking
einen Verstoß gegen seine geistigen Eigentumsrechte darstellt und dass ein Nutzer, der
Jailbreaking praktiziert, gegen den mit Apple geschlossenen Lizenzvertrag verstößt.432 Im
Februar 2009 beschloss die Electronic Frontier Foundation, beim U.S. Copyright Office, im
Rahmen von DCMA Rulemaking 2009, die Genehmigung von Jailbreaking zu beantragen.433

Diese Diskussion nahm im August 2009 eine neue Wendung als Apple es ablehnte, die von
Google Inc. angebotene Anwendung Google Voice, die die Portabilität von Telefonnummern
ermöglicht, aufzunehmen. Daraufhin legte Google vor der FCC Beschwerde ein und
beantragte das Eingreifen der Regulierungsbehörde für elektronische Kommunikation im
Bereich der Anwendungs-Shops.434 Am 31. Juli verlangte die FCC Erklärungen von Apple,
AT&T und Google.435

Diese Diskussionen betreffen, soweit es sich um Grundsatzfragen zu technischen


Entwicklungen handelt, selbstverständlich nicht nur Apple und den Bereich audiovisueller
Abrufdienste. Aber die Art und Weise, in der sich die amerikanischen Regulierungsbehörden
mit diesen Themen auseinandersetzen, kann sich direkt auf den Markt für Abrufdienste
auswirken. In diesem Zusammenhang kann man gespannt sein, ob Apple ein App
akzeptieren wird, das gerade entwickelt wird und mit dem Neflix über das iPhone einen
Zugang zu seinem VoD-Dienst (Konkurrenz zum iTunes Store) ermöglicht.436

„Adobe’s Narayen Says Flash on IPhone Is a Challenge", Bloomberg.com, 30. Januar 2009.
428
429
„Adobe’s Mobile Flash to get accelerometer, multi-touch support in 2010”, DigitalBeat, 21. Juli 2009,
http://digital.venturebeat.com/2009/07/21/adobes-mobile-flash-to-get-accelerometer-multi-touch-support-in-
2010/
430
Vgl. insbesondere: “Rejected By Apple, iPhone Developers Go Underground”, Wired, 6. August 2009.
http://www.wired.com/gadgetlab/2009/08/cydia-app-store/
431
Vgl. Artikel "Jailbreak (iPhone OS)", Wikipedia, http://en.wikipedia.org/wiki/Jailbreak_(iPhone_OS)
(aufgerufen am 11. August 2009).
432
Before the U.S. COPYRIGHT OFFICE, LIBRARY OF CONGRESS “In the matter of Exemption to Prohibition
on Circumvention of Copyright Protection Systems for Access Control Technologies, Docket No. RM 2008-8,
Responsive Comment of Apple Inc., In Opposition to Proposed Exemption 5A and 11A (Class #1)”
http://www.copyright.gov/1201/2008/responses/apple-inc-31.pdf
433
„Apple Says iPhone jailbreaking is illegal”, Legal analysis by Fred von Lohman , Electronic Frontier
Foundation, 12. Februar 2009,
http://www.eff.org/deeplinks/2009/02/apple-says-jailbreaking-illegal
Before the U.S. COPYRIGHT OFFICE, LIBRARY OF CONGRESS “In the matter of Exemption to Prohibition
on Circumvention of Copyright Protection Systems for Access Control Technologies, Docket No. RM 2008-8,
Comment of the Electronic Frontier Foundation,
http://www.eff.org/files/filenode/dmca_2009/EFF%2BRM%2Bproposals.pdf
434
„Apple Rejects Google Voice App, Invites Regulation”, Wired, 28. Juli 2009,
http://www.wired.com/epicenter/2009/07/apple-rejects-google-voice/
435
http://www.fcc.gov/ftp/Daily_Releases/Daily_Business/2009/db0731/DA-09-1737A1.txt
436
„Netflix on the iPhone Will Work - But Only With Offline Mode”, Wired, 4. August 2009,
http://www.wired.com/epicenter/2009/08/netflix-on-the-iphone-will-work-but-only-with-offline-mode/

172
Ebenso bleibt abzuwarten, inwieweit sich die europäischen Regulierungsbehörden
möglicherweise mit diesen Themen auseinandersetzen müssen.

173
4.2. DIE STRATEGIEN DER TELEKOMMUNIKATIONS- UND
KABELNETZBETREIBER

4.2.1. Die Betreiber von Telekommunikationsnetzen

Die Betreiber von Telekommunikationsnetzen spielen eine wichtige Rolle bei der Einrichtung
von VoD-Diensten und zählen hinsichtlich der Bereitstellung dieser Dienste zu den
Pionieren. Die meisten klassischen Netzbetreiber und einige Internetanbieter haben
mittlerweile VoD-Dienste in ihr Breitbandangebot aufgenommen.

4.2.1.1. Die Bedeutung von „Triple-play-Diensten“ für die Netzbetreiber

Seit 2003 bieten die europäischen Betreiber von Breitbandnetzen Pay-TV-Dienste über IPTV
an. Diese Dienste umfassen im Allgemeinen neben Fernsehkanälen auch VoD-Angebote.
Für einen Netzbetreiber birgt ein IPTV-Angebot, das zusätzlich zu den
Telekommunikationsdiensten und dem Internetzugang bereitgestellt wird, verschiedene
Vorteile437:
- Rückgang der Kündigungsquote (churn). Tatsächlich ist die Kündigungsquote im Pay-
TV-Bereich niedriger als im Bereich der Telekommunikationsdienste. Ein Pay-TV-
Angebot im Rahmen eines Bündelangebots kann demnach die Kündigungsquote
senken.
- Die Steigerung des durchschnittlichen Erlös pro Kunde (ARPU): Mit Bezahlfernsehen
und Videoabrufdiensten können die Umsätze pro Kunde erhöht und dadurch die
Fixkosten gleichmäßiger gesenkt werden;
- Gestiegene Attraktivität des Dienstes;
- Die Möglichkeit, auf Dauer Pay-TV-Dienste zu höheren Preisen anzubieten
(Bouquets mit Premiumsendern, VoD-Dienste mit hoher Bildauflösung (HD) usw.).

Die Netzbetreiber konnten bei der Positionierung auf dem Pay-TV- und VoD-Markt von
verschiedenen Wettbewerbsvorteilen profitieren:
- Ihre Wirtschafts- und Finanzkraft ist gegenüber den meisten anderen Akteuren des
Sektors, einschließlich der großen Kabelnetzbetreibern, ausgesprochen hoch. Unter
den 25 größten aktiven Konvergenz-Konzernen in Europa im Jahr 2007438 rangieren
17 Telekommunikationsunternehmen und nur zwei Kabelunternehmen. Mit 6,1 bzw.
6 Mrd. EUR Umsatz haben die Liberty Global Inc. und Virgin Media nicht einmal die
Größe der Telekommunikationsunternehmen kleinerer Staaten wie die Swisscom AG,
Portugal Telecom oder Belgacom. Selbst die großen Rundfunksender British Sky
Broadcasting, BBC oder die Canal+-Gruppe sind gemessen an den
Telekommunikationskonzernen Leichtgewichte. Letztere weisen eine wesentlich
längere Tradition und ein langfristig deutlich höheres Investitionspotenzial auf.
- Die Digitalisierung der Kabelnetze ist ein langsamer und kostspieliger Prozess. Die
Telekommunikationsbetreiber konnten daher die Kabelnetzbetreiber bei der
Einführung von VoD-Diensten schnell überrunden, während die Kabelnetzbetreiber

437
Vgl. hierzu insbesondere: IPTV Business Models. Profit and loss in the telco TV space, Screen Digest,
London, 2008.
438
Europäische Audiovisuelle Informationsstelle, Jahrbuch 2008, Band 2, Trends im europäischen Fernsehen,
Straßburg, 2008, S. 12-15.

174
Mühe hatten, die Rentabilität ihrer Pay-per-View-Dienste sicherzustellen, wenn es
ihnen gelungen war, einen solchen einzurichten;
- Die Breitbandnetze ermöglichen interaktive Dienste, d.h. sie können dort vollwertige
VoD-Dienste anbieten, wo der fehlende Rückkanal die Möglichkeiten der Betreiber
digitaler Satellitenbouquets, die traditionell den Pay-TV-Bereich anführen,
einschränkt. Dies kann im Vereinigten Königreich und Irland (BskyB), in Frankreich
(Canal + Distribution, ex- Canalsat), in Deutschland (Premiere/Sky Deutschland), in
Italien (Sky Italia), in Spanien (Canalsatélite) usw. festgestellt werden.
- Darüber hinaus verfügen die Telekommunikationsbetreiber über fundierte
Erfahrungen in der Verwaltung von Kundenkonten.

Das Geschäftsfeld der Internetanbieter und Anbieter von DSL-Fernsehdiensten expandiert,


unterliegt jedoch gleichzeitig einem wirtschaftlichen Konzentrationsprozess. Während man in
Frankreich im Jahr 2007 Internetdienste mit jeweils einem IPTV-Angebot bei neun
verschieden Betreibern abonnieren konnte, existierten am 1. September 2008 nun mehr fünf
dieser Angebote (Free, Orange, SFR, Alice, Darty), bis schließlich noch ein sechstes
Angebot der Bouygues-Gruppe hinzukam. In Italien hat Tiscali sein IPTV-Angebot zum 31.
Dezember 2008 eingestellt, wobei die Presse im März 2009 von einer möglichen Übernahme
von Tiscali UK durch BSkyB sprach.

4.2.1.2. Vom Fernsehanbieter zum Fernsehveranstalter

Einige Telekommunikationsbetreiber sind einen Schritt weitergegangen und haben ihre


eigenen Fernsehsender eingerichtet, um sich auf diese Weise die Exklusivrechte am Vertrieb
zu sichern.
- Belgacom war der erste Betreiber, der zum Start seines Kanals „11“ die
Übertragungsrechte für die belgische Fußballliga erwarb. Honoriert wurde dies mit
300.000 Kunden Ende 2007 und 443.000 Ende September 2008.
- Tele2 in den Niederlanden folgte diesem Beispiel und erwarb die Übertragungsrechte
für die niederländische Fußballliga, wobei sich dieser Schritt nicht auszahlte, sodass
Tele2 für die Saison 2008 seine Rechte an den Konkurrenten KPN abtrat, der
gleichzeitig einen IPTV-Dienst und DVB-T anbietet.
- In Zypern hat der klassische Telekommunikationsbetreiber Cyta im Rahmen seines
IPTV-Angebots 5 Exklusivsender gestartet: drei Sportkanäle, einen Kinofilmkanal und
einen Kanal für Dokumentarfilme.
- In Frankreich hat die France Télécom 2008 die Kanäle Orange Sport und Orange
Cinéma Séries eingeführt. Allerdings hat das von zwei anderen Betreibern
angerufene Handelsgericht von Paris der Exklusivität des IPTV-Dienstes von Orange
einen Riegel vorgeschoben.439 Dieses Urteil wurde jedoch laut Entscheidung der Cour
d’appel von Paris am 14.Mai 2009 aufgehoben, sodass die France Télécom ihr
Vorhaben weiterverfolgen konnte.440 Allerdings ist die Sache noch nicht
abgeschlossen, da SFR Revision eingelegt hat.441 Die Diskussion über die Exklusivität
der Rechte weitete sich im Juli 2009 aus, als die Wettbewerbsbehörde eine

439
"Orange perd l’exclusivité sur sa chaîne Orange Sport", Les Echos, 24. Februar 2009
440
"Orange va pouvoir reprendre la vente de sa chaîne sportive", Les Echos, 15. Mai 2009.
441
"SFR va se pourvoir en cassation sur le foot contre Orange", Les Echos, 28. Mai 2009.

175
Stellungnahme vorlegte, in der sie der Regierung riet, diese Sache rechtlich zu
regeln.442
- Im April 2009 kündigte die Deutsche Telekom gemeinsam mit dem Medienkonzern
Constantin Medien AG die Einführung des Senders Liga Total! an, der alle Spiele der
Bundesliga zeigen werde.443 Damit gelingt dem Betreiber endlich ein bereits 2005
geplantes Vorhaben, das heftig umstritten war. Der Dienst wird nur für IPTV- und T-
Mobile-Kunden verfügbar sein.

4.2.1.3. Die Abrufangebote der Telekommunikationsbetreiber

Im Bereich der audiovisuellen Mediendienste auf Abruf stellt der Zugang zu den Katalogen
offensichtlich das größte Problem für die Telekommunikationsbetreiber, die bisher insgesamt
keine Erfahrung im Bereich der Rechteverwaltung hatten, dar. Sie haben verschiedene
Möglichkeiten:
- Einen eigenen Dienst einzurichten mit einem eigens zusammengestellten Katalog,
der mit verschiedenen Anbietern, insbesondere den amerikanischen Majors,
ausgehandelt wird. Dieses Modell wird am häufigsten von den IPTV-Betreibern
genutzt;444
- Vereinbarungen mit den Kataloganbietern zu schließen, deren Katalog oder Kataloge
mit entsprechender Hervorhebung der Marke bereitgestellt werden. Diese Praxis ist in
Frankreich weiter verbreitet als in den übrigen europäischen Staaten. Die
Telekommunikationsbetreiber bieten neben ihrem eigenen Dienst auch Dienste von
Fernsehveranstaltern wie CanalPlay (Canal+-Gruppe), M6Vidéo, TF1Vision oder
Dienste von Sammelanbietern von Inhalten an (Glowria, Taffy, Kaze, Vodeo, i-
concerts, UniversCiné…);
- Vereinbarungen mit Fernsehsendern zu schließen, um Catch-up-TV-Dienste
bereitstellen zu können. Diese Strategie verfolgten Belgacom (14 angebotene
Dienste), Telefonica 02 in der Tschechischen Republik (5 Dienste), T-Home in
Deutschland (24 Dienste), Orange TV in Frankreich (Rewind TV-Dienst mit
Sendungen der Kanäle von France Télévisions), Tiscali in Großbritannien (4 Dienste),
ON Television in Griechenland (Programme der wichtigsten griechischen Sender),
Fastweb in Italien (8 Dienste), Lattelekom in Lettland (5 Dienste), tele2 in den
Niederlanden (1 Dienst), Alibox in Norwegen (2 Dienste) und telia in Schweden (2
Dienste).

Die Netzbetreiber können zusätzlich zu ihrem Videoabrufdienst über IPTV einen Dienst
einrichten, der über das Internet bereitgestellt wird. Dies gilt beispielsweise in Österreich für
die Telekom Austria mit ihrem Dienst AonWeb, in Deutschland für den Videoload-Service
von T-Online (Deutsche Telekom), oder den VoD-Dienst Pixbox und den Dienst "catch up"
Terra TV der spanischen Telefonica.

In Frankreich ist der VoD-Dienst Alice von Telecom Italia France sowohl über IPTV als auch
im Internet verfügbar. Auch der Dienst Now Movies der britischen Gesellschaft Tiscali ist

442
Autorité de la concurrende, "Avis sur les exclusivités d'accès aux contenus TV par les fournisseurs d'accès à
Internet", Pressemitteilung, 7. Juli 2009,
http://www.autoritedelaconcurrence.fr/user/standard.php?id_rub=305&id_article=1168
443
"LIGA total! – Deutsche Telekom und Constantin Medien AG schließen exklusive Partnerschaft", Deutsche
Telekom, Pressemitteilung, 23. April 2009, http://www.telekom.com/dtag/cms/content/dt/de/655186
444
In Italien enthielt der VoD-Katalog von FastwebTV mehr als 5 000 Titel im Mai, während der Katalog von
Alice Home Tv (Telecom Italia) über 3 000 titeol enthielt. Quelle: Trade Home Entertainment, September
2009, S. 48.

176
gleichzeitig als IPTV und im Internet abrufbar. In Ungarn hat T-Home neben seinem IPTV-
Dienst auch einen Internetdienst eingerichtet.

Einige Internetanbieter können zwar keinen Videoabrufdienst im Rahmen eines IPTV-


Dienstes bereitstellen, bieten dafür aber einen nur für ihre Kunden zugänglichen VoD-Dienst
im Internet an. Dies gilt beispielsweise für Ewetel oder Versatel in Deutschland, für Ya.com
in Spanien und ZelandNet in den Niederlanden.

4.2.1.4. Investitionen in die Produktion von Inhalten und in Videoaustauschbörsen

Der Trend zur Diversifizierung der Geschäftsfelder und nunmehr auch als Anbieter und
Veranstalter von Sendern aufzutreten, sollte die Telekommunikationsbetreiber veranlassen,
sich gleichzeitig auf dem Markt als Produzenten von Inhalten zu positionieren. Die Telefónica
sorgte für großes Aufsehen als sie 2000 die Produktionsgesellschaft Endemol für
5,5 Mrd. EUR erwarb, von der sie sich allerdings 2007 wieder trennte. Die spanische
Unternehmensgruppe ist jedoch mit ihrem Tochterunternehmen Grupo Telefónica de
Contenudos weiterhin im Inhaltesegment präsent.

France Télécom ist sicherlich der Betreiber, der die Diversifizierung der Programm-
ressourcen am weitesten getrieben hat: neben dem Erwerb der Sportrechte für seinen
Sender Orange Sport gründete der Betreiber außerdem ein Produktionsunternehmen (Studio
37).

4.2.1.5. Übernahme der YouTube- und Hulu-Modelle

Der Erfolg von Hulu und YouTube im Bereich kostenloser VoD- und Video-Sharing-Angebote
scheint einige Telekommunikationsbetreiber zu inspirieren, die Internetdienste unbedingt
zusätzlich zu ihrer Präsenz im Bereich des IPTV-Vertriebs und kostenpflichtiger VoD-Dienste
einführen möchten. Interessanterweise haben zwei europäische Telekommunikations-
betreiber (Telefónica und France Télécom) diese Modelle als Vorlage genommen, um
Dienste einzuführen, die durch Werbung finanziert werden sollen: Terra TV und das Projekt
Orange Vallée (Vgl. weiter unten 6.5.3).

4.2.1.6. VoD-Angebote für Mobiltelefone

Die Mobilfunkbetreiber sind natürlich dazu prädestiniert, VoD-Dienste für Mobiltelefone


anzubieten. In einigen Fällen ist es ihnen bereits gelungen, sich als Anbieter von Bouquets
für Mobiltelefone zu positionieren (Orange, Bouygues Telecom, Vodafone), oder sie haben
diesbezügliche Vereinbarungen mit Sendern geschlossen (Vereinbarung Vodafone/Sky,
Vereinbarung Movistar / La Sexta für die Übertragung der Formel 1). Abrufdienste für
Mobiltelefone sind gerade in der Entstehung, wobei das Angebot bisher auf Sport und
Sondersendungen beschränkt bleibt:
- Im Vereinigten Königreich hat sich das Unternehmen Vodafone, das als erster
Betreiber in Partnerschaft mit Sky Fernsehdienste auf Mobiltelefonen anbot, bereits
2003 mit VoD-Angeboten auf Mobiltelefone befasst und Vereinbarungen mit Sony
Entertainment geschlossen. Es scheint dem Unternehmen allerdings nicht gelungen
zu sein, seinen VoD-Angeboten ein klares Profil zu verleihen. Im Dezember 2008

177
unterzeichnete Vodafone eine Vereinbarung mit dem Sammelanbieter Babelgum, um
dessen Dienst auf Nokia-Mobiltelefonen und iPhone verfügbar zu machen.445
- In Deutschland stellt T-Mobile, ein Tochterunternehmen der Deutschen Telekom, seit
August 2009 den Dienst Liga total! bereit, über den alle Spiele der Bundesliga
abgerufen werden können.446
- In Frankreich hat sich Bouygues Telecom mit den Möglichkeiten des i-mode-Systems
befasst, mit dem Mobiltelefone Zugang zu internetähnlichen Seiten erhalten. Die
Kunden haben Zugriff die Nachrichtensendung von TF1. Im Januar 2009 wurde in
Partnerschaft mit Gong Media International und der Agentur Nemo Agency das VoD-
Angebot "100% Manga" eingeführt.447 Die Plattform bietet kostenlose Videoinhalte als
Streaming sowie kostenpflichtige Downloads (ab 1 EUR für eine 30-minütige
Episode). Olivier Laury, der Direktor der Abteilung Multimediainhalte bei Bouygues
Telecom, definiert das Geschäftsmodell als "freemium": "eine werbefinanzierte
kostenlose Website mit zusätzlichem Zugriff auf einen Premiumbereich der
Website".448 Seit März 2009 ist ein direkter Zugriff auf das Videoportal Dailymotion
möglich.449 Im Juni 2009 führte auch SFR zusammen mit der Agentur Nemo Agency
einen VoD-Dienst mit einem Manga-Katalog unter dem Namen Gong TV ein.450
- In Großbritannien positioniert sich Orange PLC, ein britisches Tochterunternehmen
der France Télécom, neuerdings auf dem Markt der Unterhaltungsdienste für
Mobiltelefone: Das Unternehmen hat nahezu zeitgleich den Start seines Online-
Musikdienstes Orange Music Store, ohne DRM-System, und – anlässlich der
Markteinführung des Toshiba TG01 (Mobiltelefon mit großformatigem HD-Display) –
den Start eines Download-Dienstes für Videoinhalte (wie Auszüge des Senders Sky
24/7 Football) angekündigt.451 In Frankreich wird auch das Orange-TV-Bouquet auf
dem gleichen Telefon verfügbar sein. Jedoch wurde noch nicht bekanntgegeben, ob
auch die Dienste VoD Orange 24/24 und 24/24 HD in diesem Rahmen verfügbar sein
werden.452

4.2.1.7. Bemühung um Exklusivvereinbarungen

Werden Verträge mit den Rechteinhabern der Kataloge oder mit den Fernsehsendern über
die Bereitstellung von Catch-up-TV geschlossen, bemühen sich die Telekommunikations-
betreiber wenn möglich um einen Exklusivvertrag, mit dem sie sich von ihren Konkurrenten
abheben können. Allerdings gewähren die Inhaber von Katalogen und die Betreiber von

445
Babelgum To Do Over-The-Air Mobile VOD; Vodafone Partners For iPhone, Nokia, MocoNews,
10. Dezember 2008, http://moconews.net/article/419-babelgum-to-do-over-the-air-mobile-vod-vodafone-
partners-for-iphone-nok/
446
"LIGA total! - Unterwegs kein Spiel verpassen", Deutsche Telekom Pressmitteilung, 15 Juli 2009,
http://www.telekom.com/dtag/cms/content/dt/de/716324
447
"Nemo Agency lance une offre VoD de mangas sur mobile", LeJournalduNet, 5. Januar 2009.
448
"GONG et Bouygues Telecom lancent 100% Manga : 1ère chaîne de VoD sur mobile", iPhone Killer,
16. Januar 2009, http://www.iphonekiller.fr/2009/01/gong-et-bouygues-telecom-lance-100-manga-1ere-
chaine-de-vod-sur-mobile/
449
Communiqué de presse Bouygues Telecom, 26. März 2009,
http://www.institutionnel.bouyguestelecom.fr/notre_entreprise/communiques_de_presse/(nodeID)/20931
450
"SFR enrichit son offre VoD mobile avec une chaîne de mangas", JournalduNet, 2. Juni 2009,
http://www.journaldunet.com/ebusiness/breve/39521/sfr-enrichit-son-offre-vod-mobile-avec-une-chaine-de-
mangas.shtml
451
“Orange brings the portable cinematic experience to mobile users in the UK with the exclusive launch of the
Toshiba TG01”, Orange PLC Pressemitteilung, 9. Juli 2009,
http://newsroom.orange.co.uk/2009/07/09/orange-brings-the-portable-cinematic-experience-to-mobile-users-
in-the-uk-with-the-exclusive-launch-of-the-toshiba-tg01/
452
"Orange lance le Toshiba TG01 en Europe avec une exclusivité de mise sur le marché", Pressemitteilung
Orange, 9. Juli 2009, http://www.francetelecom.com/fr_FR/presse/communiques/cp090709fr.jsp

178
Fernsehsendern nur zögerlich Exklusivrechte, da die Penetrationsrate der Dienste relativ
gering ist.

Zudem besteht die Gefahr, dass die Exklusivitätsvereinbarungen von den Konkurrenten
angefochten werden. Dies war bei der 2007 von der France Télécom (Orange) und der
öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt France Télévisions unterzeichneten Vereinbarung
"Rewind TV" zur Einrichtung eines Catch-up-TV-Dienstes der Fall. Im Oktober 2007 wandte
sich die AFORST, die französische Vereinigung für die Betreiber von Telekommunikations-
netzen und –diensten, an den französischen Wettbewerbsrat (Conseil de la Concurrence),
da die von der France Télécom erworbenen Exklusivrechte ihrer Ansicht nach einen
Missbrauch der beherrschenden Stellung des klassischen Telekommunikationsbetreibers,
einen Missbrauch der beherrschenden Stellung einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt
und ein vertikales Kartell darstellten. Der französische Wettbewerbsrat wies in seiner
Entscheidung vom 7. Mai 2008 den Antrag der AFORST ab. In seiner Begründung hieß es,
dass der Antrag in dieser Form keinen Beweis für den wettbewerbswidrigen Charakter der
Vereinbarung enthalte. Daher wurden sowohl der Antrag der Sache nach als auch die
beantragten Schutzmaßnahmen zurückgewiesen. Insbesondere führte der Wettbewerbsrat
an, dass der Bereich, für den die Exklusivität gelte, begrenzt sei (die Partnerschaft betrifft nur
bestimmte Sendungen in der Sendezeit zwischen 18 und 24 Uhr und enthalte weder
Kinofilme noch Nachrichten- oder Sportsendungen und damit keine Premiumprogramme).
Zudem sei die Dauer der Exklusivität beschränkt (zwei Jahre nach dem tatsächlichen
Beginn). Des Weiteren wurde darauf hingewiesen, dass alle Verbraucher (unabhängig von
ihrem Internetanbieter) die betreffenden Sendungen als Catch-up-TV auf der Website von
France Télévisions ansehen könnten und dass die Exklusivität der Partnerschaft
wirtschaftlich ausgewogen sei. Dies sei damit zu bergünden, dass die Partnerschaft nicht nur
die Vertragsparteien, sondern auch die Produzenten zufrieden stelle, die damit erstmals ein
Entgelt für die Ausstrahlung ihrer Sendungen im Rahmen von Catch-up-TV erhalten. Zudem
war der Rat der Ansicht, dass die Sendungen, für die die Exklusivität gelte, nicht als "Muss"
zu betrachten seien und dass die konkurrierenden DSL-Betreiber ihre Angebote
differenzieren könnten, indem sie ihren Kunden andere interaktive Dienste anbieten
(beispielweise Musikkataloge), Partnerschaften mit anderen Sendern schließen oder
vielleicht sogar mit France Télévisions eine Vereinbarung über die Ausstrahlung von
Sendungen als Catch-up-TV aushandeln, die nicht Gegenstand der beanstandeten
Partnerschaft sind.453

4.2.2. Die Kabelnetzbetreiber

In den meisten Ländern wurden die Kabelnetzbetreiber von den Telekommunikations-


betreibern überrundet, denen es schneller gelang, Abrufdienste anzubieten. Die in den 90er
Jahren begonnene Digitalisierung der Kabelnetze hat sich für die Kabelbetreiber als langsam
und kostspielig erwiesen und zu einem umfassenden Konzentrationsprozess geführt. Die
weitere Digitalisierung der Netze ist unerlässlich, um mit den Triple-play-Angeboten
(Fernsehen, Internet, Mobilfunk) konkurrieren zu können. Wie bei den Telekommunikations-
betreibern ist das Anbieten von Abrufdiensten ein weiteres Element, das der Diversifizierung
des Angebots und der Steigerung der Kundentreue dient. Ein großer Teil der Kabelnetze ist
bereits mit koaxialen Glasfasern ausgerüstet, die einen Rückkanal aufweisen und damit
personalisierte Dienste wie Videoabrufdienste zulassen. Als Reaktion auf die derzeitige
Diskussion, die die Vorzüge der IP-Umgebung (Internet Protocol) hervorhebt, fördern die

453
Conseil de la concurrence, Décision du 7 mai 2008 relative à des pratiques mises en œuvre par les sociétés
France Télécom et France Télévisions dans le secteur de la télévision de rattrapage,
http://www.autoritedelaconcurrence.fr/user/avisdec.php?numero=08-D-10

179
Kabelnetzbetreiber das Konzept des interaktiven digitalen Fernsehens (iDTV).454 Die
Kabelnetzbetreiber, die in die DOCSIS 3.0-Norm investieren, hoffen darauf, die Verbraucher
langfristig davon überzeugen zu können, dass sie die Konkurrenz mit den schnelleren
Geschwindigkeiten bei Internetdiensten überflügeln können.455

Die Tatsache, dass nur wenige Kabelnetzbetreiber Abrufdienste anbieten, ist teilweise auf
den starken Konzentrationsprozess im Kabelbereich zurückzuführen, da infolge der Markt-
konzentration, die seit Ende der 90er Jahre fast überall in Europa zu beobachten ist, es in
den meisten Ländern nur noch einen großen Betreiber gibt.

Den Kabelbetreibern stehen die gleichen Möglichkeiten offen wie den Telekommunikations-
betreibern. Sie können:
- Einen eigenen Dienst einrichten: In Belgien bietet Telenet einen Catch-up-TV-Dienst
an, der auf der Programmauswahl seines Senders Prime basiert. In Spanien hat
ONO einen Dienst eingerichtet, der einen Kinofilmkatalog, Fernsehserien,
Musikvideos, Erwachseneninhalte und ein Gratisangebot umfasst. Im Vereinigten
Königreich bietet Virgin Media eigene Filmkataloge, Serien und Musik an. In den
Niederlanden hat UPC einen Dienst mit eigenen Filmkatalogen und
Fernsehsendungen eingerichtet. Auch Ziggo hat eigene Filmkataloge und
Erwachseneninhalte im Angebot. Multimedia in Polen bietet einen eigenen
Filmkatalog;
- Von Dritten bereitgestellte Kataloge anbieten: In Belgien stellt Telenet einen VoD-
Dienst der Produktionsgesellschaft Studio 100 bereit. In Frankreich bietet
Numéricâble einen aus 12 Katalogen bestehenden VoD-Dienst an, darunter den
Katalog Cineplay von Canal+ und die Kataloge von TF1 Vision und ARTE;
- Catch-up-TV-Dienste anbieten: In Belgien hat Telenet einen solchen Dienst
eingerichtet, der Sendungen der öffentlich-rechtlichen Sender (RTBF, VRT) und der
größten Privatsender (RTL, ClubTV, Plug TV in der Französischen Gemeinschaft,
Kanäle der VTM-Gruppe und der ehemaligen S.B.S.-Gruppe) anbietet. Virgin Media
in Großbritannien bietet Catch-up-TV-Dienste von BBC (BBCiplayer) und ITV
(ITVplayer) an. In den Niederlanden bieten UPC, Zesko und Ziggo den Dienst Gemist
der öffentlich-rechtlichen Sender an.

Einige Kabelnetzbetreiber ergänzen ihr Angebot mit einem VoD-Dienst, der über das Internet
gebucht wird und über Kabel abrufbar ist. Dies gilt für YouSee A/S in Dänemark.

Aus technischen und finanziellen Gründen können die Kabelnetzbetreiber nicht immer
Abrufdienste bereitstellen. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, können die Kabelnetzbetreiber
in diesem Fall:
- Entweder einen bestehenden Pay-per-View-Dienst verwerten, wobei es ihnen
freisteht, diesen als Videoabrufdienst zu bezeichnen456,

454
Vgl. Beitrag der European Cable Communication Association (heute: Cable Europe) zur Konsultation
„Content Online in the Single Market“, 24. Oktober 2006, http://www.cableEurope.eu/uploads/Publications/
documents/pub-32_en-ecca_4792_-_cablee_answers_content_online_-_final.pdf
455
DOCSIS ist eine spezielle Norm zur Spezifikation von Kommunikationsschnittstellen und zur Unterstützung
eines Datensystems, das das Kabelfernsehnetz nutzt. Mit diesem Standard kann das für Kabelfernsehen
existierende System um einen Hochgeschwindigkeits-Datenaustausch ergänzt werden. Es wird von vielen
Kabelnetzbetreibern verwendet, um auf der Grundlage ihrer bestehenden HFC-Infrastruktur einen
Internetzugang bereitstellen zu können.
456
Es ist festzustellen, dass manche Anbieter einen Pay-per-View-Dienst in wahrscheinlich irreführender Weise
als VoD-Dienst präsentieren. Dies trifft auf Cablecom in der Schweiz und TV Cabo in Portugal zu. Ganz
offensichtlich handelt es sich bei einem Dienst, bei dem der Abspielbeginn eines Films angegeben wird, um
einen Pay-per-View-Dienst in Form von NVoD und nicht um einen echten VoD-Dienst.

180
- oder ein PVR-Angebot bereitstellen (insbesondere für digitalen PVR), das flexibler
genutzt werden kann. Eine solche Lösung wurde beispielsweise von UPC Telekabel
in Österreich gewählt.

Wie bei den anderen Diensten liegen nur wenige Daten über den Erfolg der Abrufdienste vor:
- Der belgische Kabelnetzbetreiber spricht von 20 Mio. Transaktionen, die bis Ende
Dezember 2008 im Rahmen seiner Abrufdienste verzeichnet wurden (die einen VoD-
Katalog und verschiedene Catch-up-TV-Angebote umfassen). Ende Juli 2008 betrug
die Zahl der Transaktionen noch 10 Mio. Demnach wären innerhalb von 5 Monaten
10 Mio. Transaktionen getätigt worden.457
- In Großbritannien gab das Unternehmen Virgin Media bekannt, dass der Anteil der
Nutzer seiner Abrufdienste bei den Kunden für digitales Kabelfernsehen von 47% im
letzten Quartal 2007 auf 52% im letzten Quartal 2008 gestiegen sei.458 Nach Angaben
des Kabelnetzbetreibers wurden 2008 516 Millionen Sendungen, mit einer
Rekordzahl von allein 56 Millionen Transaktionen im Dezember 2008, als VoD
abgerufen.
- In den Niederlanden gab der Kabelnetzbetreiber UPC im November 2008 bekannt,
dass 40% der digitalen Kunden das VoD-Angebot mindestens einmal monatlich
nutzen und die VoD-Nutzung zur Routine geworden ist.459

457
Telenet Pressemitteilung, 10. Dezember 2008, http://hugin.info/136600/R/1276641/284338.pdf
458
Virgin Media Pressemitteilung, 25. Februar 2009,
http://pressoffice.virginmedia.com/phoenix.zhtml?c=205406&p=irol-newsArticle&ID=1259781&highlight=.
459
UPC adds CBS-Paramount to VOD library, Broadband TV News, 2. November 2008.
http://www.broadbandtvnews.com/?p=10264

181
4.3. DIE STRATEGIEN DER SATELLITENPLATTFORMBETREIBER
In den großen europäischen Ländern (Deutschland, Spanien, Frankreich, Italien, Polen,
Vereinigtes Königreich), in den nordischen Ländern, aber auch in kleineren Ländern wie
Portugal und Griechenland sind die Satellitenplattformbetreiber im Bereich Bezahlfernsehen
marktführend. Diese Führungsposition haben sie in der Regel in den 90-er Jahren
übernommen, da sie als Erste digitale Technologien nutzten und dadurch reichhaltige
Bouquets anbieten konnten, die sowohl eigene Kanäle als auch Kanäle von Drittanbietern
umfassten. Diese kombinierte Tätigkeit als Betreiber und Anbieter festigte ihre Position auf
dem Markt für Bezahlfernsehen.

Die Entwicklung der Abrufdienste stellt für diese Betreibergruppe eine große
Herausforderung dar: Solange die Ausstrahlung über Satellit nicht über den für interaktive
Abrufdienste unverzichtbaren Rückkanal verfügt, besteht die Gefahr der Abwanderung von
Kunden zu anderen Betreibern (Telekommunikationsbetreiber, Kabelnetzbetreiber). Diese
Gefahr ist umso größer als dass Telekommunikations- und Kabelanbieter Triple-play-Dienste
anbieten können.

Aufgrund dieser Bedrohung positionierte sich das Unternehmen BSkyB, das Fernsehsender
anbietet und herausgibt, nicht nur auf dem Markt audiovisueller Abrufdienste, sondern
erweiterte sein Geschäftsfeld, indem es bereits 2006 den Triple-play-Dienst Sky Broadband
anbot. Auf diese Weise kann Sky mit Virgin Media, BT und Tiscali in den Bereichen Vertrieb
audiovisueller Dienste, Telefoniedienste und Internetzugang konkurrieren. Am 31. März 2009
verzeichnete der Sky Broadband-Dienst mehr als 2 Mio. Kunden, von denen 1,4 Mio. (also
15% der Sky-Kunden) alle drei Dienste abonniert hatten.460 Eine Studie von Strategy
Analytics ergibt, dass der Zufriedenheitsgrad der Sky-Broadband-Kunden höher ist als bei
den Konkurrenten.461

Drei Arten von Strategien sind denkbar, um dieser Herausforderung zu begegnen:

- Die Einrichtung von Abrufdiensten im Internet;


- die Nutzung von Technologien zur Datenspeicherung auf digitalen Videorecordern
(PVR) (Push-VoD);
- die Nutzung von Verbindungstechnologien zwischen Empfangsgerät und
Breitbandnetz.

4.3.1. Einrichtung von Abrufdiensten im Internet

Um rasch auf dem Markt für Abrufdienste mitmischen zu können, haben einige
Satellitenplattformbetreiber bereits 2006 und 2007 für ihre Abonnenten Internetangebote als
Ergänzung zu ihrem Angebot über Satellit eingeführt, die zeitversetztes Ansehen
ermöglichen.

In Großbritannien richtete Sky im Januar 2006, noch vor Einführung seines Angebots
Anytime on TV, den Download-Dienst "Sky by Broadband" ein. Der Dienst wurde 2006 nach
einer Störung im DRM-System von Microsoft eingestellt und unter dem Namen "Sky Anytime
on PC" neu gestartet. Dieses Angebot wurde im Mai 2008 in Sky Player umbenannt. Mit Sky

460
British Sky Broadcasting Pressemitteilung, “Result for the nine months ended 31 March 2009”, 30. April
2009, http://corporate.sky.com/documents/pdf/latest_results/Q3_09_Press_Release
461
“Sky Broadband Customers Most Satisfied, Least Likely to Defect”, Strategy Analytics Pressemitteilung, 13
Januar 2009, http://www.strategyanalytics.com/default.aspx?mod=PressReleaseViewer&a0=4440

182
Player können die Sky-Abonnenten in Großbritannien und Irland, die über einen
Breitbandanschluss verfügen, ein Abonnement abschließen, mit dem sie auf ihrem Rechner
Zugriff auf die Senderauswahl von Sky haben, ohne hierzu eine Satelliten- oder
Funkantenne zu benötigen. Für die Abonnenten des Minibouquets Sky Movies Mix sind bis
zu 400 Filme frei zugänglich. Sky Player TV bietet im Rahmen der Einbeziehung neuer
Inhalte die durchgehende und direkte Ausstrahlung linearer Kanäle, insbesondere der
Kanäle Sky Sports und Sky News, an. Seit Dezember 2007 werden außerdem Sendungen
von Drittsendern wie The Disney Channel, National Geographic und British Eurosport
angeboten. Im Oktober 2008 wurde das Angebot des Dienstes um eine Verknüpfung mit
dem Katalog von BBC iPlayer ergänzt. Im April 2009 waren Sendungen von 31 Kanälen des
Bouquets verfügbar. Das Herunterladen eines eigenen Abspielprogramms - des an Microsoft
Silverlight angelehnten Sky Player - ist für das Abspielen der Sendungen erforderlich. Im Mai
2008 wurde das System perfektioniert und ermöglicht nunmehr progressives Herunterladen
(bei dem mit dem Abspielen der Sendung schon vor Abschluss des Downloads begonnen
werden kann). Aus dem von BSkyB im Mai 2008 veröffentlichten Bericht Facts and Figures
geht hervor, dass seit dem Start des Dienstes im Januar 2006 mehr als 3 Millionen
Downloads im Rahmen des Sky Player-Dienstes verzeichnet wurden.462

In den nordischen Ländern haben die beiden konkurrierenden Betreiber Viasat (MTG-
Gruppe) und Canal Digital (Telenor-Gruppe) jeweils ihr eigenes VoD-Angebot ins Internet
gestellt. Der Betreiber Viasat führte seinen Dienst Viasat OnDemand im Mai 2007 ein. Dieser
Dienst stellt eine Auswahl von Filmen, Sportereignissen, Fernsehserien und Inhalten der
vom Betreiber herausgegebenen Kanäle als Streaming bereit. Der über den Rechner
abrufbare Dienst unterliegt geografischen Einschränkungen, die mit dem DRM-System von
Microsoft geregelt werden. Glaubt man den Statistiken von Alexa, nahm der Traffic dieser
Website erst im Frühjahr 2009, wahrscheinlich infolge der im April 2009 erfolgten Einführung
eines gemischten Satelliten/IPTV-Systems, zu.

Abbildung 39: Tagesreichweite der wichtigsten VoD-Seiten im Internet in den


nordischen Ländern (2008-2009)

Quelle: Alexa

In Frankreich startete die zur Canal+-Gruppe (Betreiber des Canalsat-Bouquets) gehörende


Gesellschaft Canal+ Distribution am 13. November 2008463 einen für alle Abonnenten
zugänglichen Catch-up-TV-Dienst im Internet. Dieser Dienst stellt eine große Einzelauswahl

462
http://corporate.sky.com/documents/pdf/1ffb247d89b6490c9cd3dc7a4f24f4eb/fact_book_2008.pdf
463
Pressemitteilung von Canal+, 13. November 2008, http://media.canal-plus.com/file/08/7/126087.pdf

183
von Sendungen seiner Themenkanäle (Cinécinéma, Planète, Disney Channel, Playhouse
Disney, Canal J, Filles TV, Tiji, Cartoon Network, Boomerang, TCM, Voyage usw.) bereit.
Die Auswahl wird mehrmals täglich aktualisiert und ist bis zu einem Monat nach der
Ausstrahlung im Fernsehen verfügbar. Der Dienst ist im Abonnement enthalten, sodass
keine zusätzlichen Kosten anfallen. Der zunächst nur über PC verfügbare Dienst ist seit Juni
2009 auch über Satellit (für Kunden, die einen Dual S- oder +LE CUBE-Decoder besitzen)
und ADSL (für die Kunden von Free) verfügbar.464

Ein Jahr nach der Einführung legte Canal+ einige Zahlen über den Erfolg des Dienstes vor:465
- 80 % aller ausgestrahlten Sendungen sind im Rahmen des Abrufangebots verfügbar;
- 10 Millionen Sendungen wurden innerhalb eines Jahres abgerufen;
- mehr als jeder zweite Abonnent nutzt den Dienst regelmäßig;
- 60 % der Nutzer rufen den Dienst auf dem Fernsehbildschirm ab;
- 32,6 % der abgerufenen Titel sind Kinofilme, 23,3 % Serien und Fernsehfilme und
19,8 % Unterhaltungssendungen.

Eine im Oktober 2008 durchgeführte Befragung von 1 000 Kunden ergab, dass 84 % der
Kunden das Gefühl haben, ihr Angebot besser zu nutzen, 91 % beabsichtigen eine weitere
Nutzung des Dienstes und 87 % sind der Ansicht, dass der Dienst ihnen fehlen würde, wenn
es ihn nicht mehr gäbe.

4.3.2. Push VoD über Satellit

Die Anzahl der Abrufdienste, die im Rahmen der Ausstrahlung über Satellit ein Push-
Speicherverfahren nutzen, ist sehr begrenzt. Nur folgende Betreiber bieten einen solchen
Dienst an:
- Im Vereinigten Königreich und Irland wird der "Sky Anytime on TV"-Dienst von British
Sky Broadcasting seit März 2007 für die Abonnenten des Sky-Bouquets bereitgestellt,
die einen Sky HD-Decoder oder einen Decoder der neuesten Sky+-Generation
besitzen. Der PVR Sky+ speichert nachts automatisch die Sendungen und nutzt den
hierfür auf den Sky HD-Geräten vorgesehenen Speicherplatz von 140 GB. Der
Abonnent kann sich bis zu 40 Stunden täglich aktualisierte Sendungen ansehen.
Angeboten werden Filme (fünf pro Woche), Fernsehserien und Sendungen in HD-
Format. Die Abonnenten können sich die Sendungen innerhalb von 30 Tagen
ansehen.
Sky veröffentlicht keine genauen Daten über den Erfolg des Dienstes. Die Zahl der
Abonnenten, die einen Sky+ HD-Decoder besitzen, ist von 38.000 im Januar 2008
auf 779.000 Ende Dezember 2008 gestiegen. Im Mai 2008 veröffentliche der
Betreiber Sky in seinem Factbook folgende Zahlen: 1,6 Millionen Haushalte nutzten
den Dienst; innerhalb des Bouquets steht der Kanal SkyAnytime in der
Publikumsgunst an sechster Stelle; seit der Einführung wurden 32 Millionen
Sendungen abgespielt. Das am häufigsten angesehene Angebot auf "Sky Anytime on
TV" war Night at the Museum (Nachts im Museum), welches im Januar 2008 135.000
Haushalte sahen. In seiner Antwort auf eine Anhörung der Ofcom über den Pay-TV-
Markt bezeichnet Sky die Nutzung von Sky Anytime als "signifikant" und die Zahl der
angesehenen Sendungen als "zunehmend", wobei keine detaillierten Daten
veröffentlicht werden.466 Sky führte im April 2008 eine Befragung über die Nutzer des
Sky Anytime-Dienstes durch. Die Ergebnisse zeigen, dass die Nutzer überwiegend

464
Pressemitteilung Groupe Canal+, 25. Juni 2009, http://media.canal-plus.com/file/48/4/146484.pdf
465
Pressemitteilung Canal+-Gruppe, 9. April 2009, http://media.canal-plus.com/file/93/9/144939.pdf
466
Response by BSkyB to Ofcom’s “Pay TV Second Consultation: Access to Premium Content”, Januar 2009,
S.18, http://corporate.sky.com/documents/pdf/press_releases/Ofcon_pay_review

184
zur Marketing-Kategorie ABC1 gehören und demnach in modernen Häusern wohnen,
Fernseher mit Flachbildschirmen und Surround-Systemen sowie die neuesten
technischen Geräte (wie Laptop, Wii und PS3) besitzen.467
- In Polen bietet Canal+ Cyfrowy einen Catch-up-TV-Dienst für die Sendungen von
Canal+ an. Auch die Abonnenten des Bezahlsenders HBO können einen Catch-up-
TV-Dienst nutzen.
- Außerdem wird in Polen für die Abonnenten des von der Gesellschaft ITI Neovison
vermarkteten Bouquets "n" der Dienst Premiery VoD bereitgestellt.
- In der Türkei bietet das Bouquet Digiturk den Dienst VoD Digiturk Plus Seç Izle (VoD)
an.

4.3.3. Nutzung von Hybridtechnologiemodellen

Im Oktober 2008 gab Viasat den Start seines neuen Abrufdienstes TV1000 Play für die
Abonnenten der Premiumkanäle bekannt. Der Dienst wurde im Oktober in Schweden, im
November in Dänemark und Norwegen und im Dezember in Finnland eingeführt. Er basiert
auf einer Verbindung des ViasatPlusHD-Empfangsgeräts zu einem Breitbandnetz. Alle vom
Sender TV1000 ausgestrahlten Filme können von den Abonnenten ohne Mehrkosten
abgerufen werden. Andere Filme und TV-Serien werden zu Preisen zwischen 19 und 49
SEK pro Titel bereitgestellt. Grundsätzlich können die Filme zwar sofort abgespielt werden,
wenn aber die Netzgeschwindigkeit nicht ausreicht, ist jedoch eventuell eine Wartezeit
erforderlich.468 In Schweden ist der Dienst auch für die Abonnenten des IPTV Telia-Dienstes
zugänglich.

Seit März 2009 ist in Schweden, Dänemark und Norwegen der Empfang in HD-Format
möglich. Zu diesem Zeitpunkt umfasste das Angebot von TV1000 Play 100 Filme und von
TV1000 Play HD 15 Filme. Der Katalog enthält außerdem Inhalte der Kanäle Viasat
Explorer, Viasat Nature und Viasat History. Darüber hinaus können 600 Titel gekauft
werden.469

467
Sky Anytime Research, http://www.skymedia.co.uk/Audience-Insight/sky-anytime.aspx
468
Broadband TV News, 22. Oktober 2008, http://www.broadbandtvnews.com/?p=9818
469
Broadband TV news, 18. März 2009, http://www.broadbandtvnews.com/?p=15605

185
4.4. VOD IM RAHMEN DES DIGITALEN TERRESTRISCHEN
FERNSEHENS – DER EINZELFALL TOP UP TV ANYTIME

Wie bei der Ausstrahlung über Satellit gibt es beim digitalen terrestrischen Fernsehen keinen
Rückkanal, was die Entwicklung von Abrufdiensten stark beeinträchtigt. Hinzu kommt, dass
das Bezahlfernsehen im Rahmen des digitalen terrestrischen Fernsehens in Europa bisher
wenig entwickelt ist.

Nur ein DVB-T-Betreiber in Europa, nämlich Top Up TV, bietet Catch-up-TV-Dienste an. Im
März 2004 bot die Gesellschaft Top Up TV Ltd470 zunächst 11 kostenpflichtige DVB-T-Kanäle
an. Dieses Angebot, das darauf gezielt hatte, den 2002 durch den Konkurs von ITV Digital
freigewordenen Platz zu belegen, verzeichnete nicht den erwarteten Erfolg, sodass die
Gesellschaft Top Up TV am 30. August 2006 die Einführung von Top Up TV Anytime als
Push-VoD-Dienst ankündigte. Dieser Dienst ging im Oktober 2006 an den Start. Im Frühling
2007 wurden die von Top Up TV angebotenen Abonnements für Bezahlsender eingestellt
und der Betreiber konzentrierte sich nunmehr auf sein Anytime-Angebot. Die Abonnenten,
die eine Top Up TV-Box besitzen, können ausgewählte Sendungen von etwa zwanzig
Themensendern als Catch-up-TV empfangen (Animal Planet, Discovery Lifestyle,
Nickelodeon, Paramount Comedy, MTV, Boomerang, Living, G.O.L.D., Eurosport UK, TCM,
UKTV Style, Bloomberg, Cartoon Network, CN Too, Disney Channel, UKTV Food, Discovery
Factual, Hallmark channel und Life and Times). Um ein solides Angebot vorweisen zu
können, musste Top Up TV mit seinen Konkurrenten Sky (der als Großhändler für die Kanäle
The History Channel, Nickelodeon und Paramount Comedy auftritt) und Virgin Media (Living,
G.O.L.D., UKTV Style und UKTV Food) verhandeln.

Die Top Up TV+-Box zeichnet die ausgestrahlten Sendungen nachts automatisch in


kryptischer Form auf und der Nutzer kann die Sendungen anschließend abrufen. Die
Software, auf der das System basiert, wird von Top Up TV in Zusammenarbeit mit Nagra
entwickelt. Zur Kodierung wird das MediaGuard-System SECA2 von Nagra und - bestimmten
Analysten zufolge – Nagravision verwendet. Für die interaktiven Dienste wird MHEG5 v.1.06
eingesetzt; die Geräte von Thomson haben je nach Modell eine Speicherkapazität von 160
oder 250 GB. In der leistungsstarken Ausführung können die Geräte bis zu 500 GB
speichern. Die Geräte kosteten ursprünglich zwischen 139 und 210 GBP, wobei
zwischenzeitlich der Preis auf 79,97 bis 100 GBP gesunken ist.

Das Monatsabonnement kostet 9,99 GBP. Der Nutzer kann auf etwa 150 Sendungen
zugreifen. Zusätzlich zu diesem Angebot werden dem Nutzer zwei Premiumdienste
angeboten:
- Der VoD-Dienst PictureBox (von NBC Universal), den die Abonnenten von
Top Up TV Anytime für 5 GBP und Nichtabonnenten für 7 GBP monatlich nutzen
können. Dieser Dienst bietet 7 Filme pro Woche an.

470
Die Entwicklung der Kapitalbeteiligungen an der Top Up TV Ltd ist recht kompliziert. Die Gesellschaft wurde
2004 von den beiden ehemaligen BSkyB-Managern David Chance und Ian West gegründet. Im November
2005 kündigte die RTL-Gruppe eine 20-prozentige Kapitalbeteiligung an der Gesellschaft an. Anschließend
wurde die Gesellschaft aufgelöst. Im Mai 2006 und im Oktober 2007 wurden verschiedene Gesellschaften
registriert, deren jeweiligen Funktionen unklar blieben: Top Up TV Holdings, Ltd, Top Up TV Europe Ltd (die
in den “Terms and conditions” für Abonnenten angegebene Gesellschaft), Top Up TV 1 Ltd, Top Up TV 2 Ltd,
Top Up TV 3 Ltd. Darüber hinaus gibt es eine Luxemburger Gesellschaft: Die für die Vermarktung von
Setanta Sport 1 zuständige Top Up TV Europe s.a.r.l.

186
- Den Fernsehsender Setanta Sports 1 für 10,99 GBP monatlich mit Sportsendungen
wie Fußballspielen der obersten englischen Fußballliga.471

Am 11. Juli 2008 kündigte Warner Bros. International Television einen für die Abonnenten
von Top Up TV Anytime bereitgestellten VoD-Dienst mit Sendungen wie ER, Without a
Trace, Smallville, The West Wing, Friends und Two and a Half Men an. Die Vereinbarung
sieht außerdem einen Filmkatalog vor, der in den kommenden Monaten als Pay-per-View-
Dienst abrufbar sein soll.

Top Up TV veröffentlicht keine Daten über die Zahl der Abonnenten. Nach Angaben der
Ofcom (Digital Progress Report) gab es im ersten Quartal 2008 400.000, im 2. Quartal
300.000 und im dritten und vierten Quartal wieder 400.000 Abonnenten.

471
Die Tätigkeit von Top Up TV als Anbieter von Fernsehkanälen war 2007 Gegenstand einer Anhörung der
Ofcom. Vgl. Ofcom, “The setting of access-related conditions upon Top Up TV Limited”, 15. Februar 2007,
http://www.ofcom.org.uk/consult/condocs/tutv/

187
4.5. DIE STRATEGIEN DER FILMPRODUZENTEN UND -VERLEIHE
Für die Produzenten und Verleihe von Kinofilmen und audiovisuellen Sendungen bieten
Videoabrufdienste neue Einnahmequellen und zudem den Verbrauchern eine legale
Alternative zu unerlaubten Downloads. Gleichzeitig wurden VoD-Angebote zuallererst eher
als Herausforderung und Risiko gesehen, insbesondere da sie langfristig drohten, den
Home-Video-Markt (DVD, Blu-ray Disc) zu gefährden. In diesem Kapitel werden die
Marktpositionen und die verschiedenen Strategien der unterschiedlichen Akteure der
Kinofilmindustrie untersucht.

4.5.1 Hollywood-Majors

Egal wie man dazu steht: Die Hollywood-Majors stellen nach wie vor die dominierende Kraft
dar, die den audiovisuellen Markt in seinen verschiedenen Segmenten (Verwertung in
Kinosälen, Home-Video, Fernsehen und VoD) strukturiert. Um ihre Strategie auf dem
europäischen Markt zu verstehen, sollte man sie im Zusammenhang mit der Entwicklung des
VoD-Marktes in den Vereinigten Staaten sehen.

4.5.1.1. Das gemeinsame Movielink-Projekt

In den Vereinigten Staaten standen die Majors den VoD-Diensten zunächst äußerst
misstrauisch gegenüber. In der Zeit von 1998 bis 2002 setzten sie sich nur halbherzig für das
Projekt Intertainer von Jonathan Taplin ein, der mit Unterstützung von Microsoft, Intel und
Sony den ersten VoD-Verleih für Kabelnetze eingeführt hatte.472

Die Produzenten Warner, Universal, MGM und Sony Entertainment zogen es vor, im
November 2002 ihren eigenen Online-VoD-Dienst Movielink für den US-Markt einzuführen.
Zunächst wurden 150 Mio. EUR investiert. Allerdings erwies sich die gemeinsame
Verwaltung eines einheitlichen Dienstes durch die Majors als ineffizient. Im Jahr 2000 lag die
Zahl der monatlich verzeichneten Downloads unter 75.000. Die ab 3. April 2006 zusätzlich
zum Verleih angebotene Kaufmöglichkeit konnte den Erfolg des Dienstes nicht wesentlich
steigern.

Obwohl die Majors keine Exklusivverträge mit Movielink abschlossen, wurde ihre Beteiligung
an diesem Dienst von den konkurrierenden Diensten sofort sehr argwöhnisch betrachtet.
Das U.S. Department of Justice, das für die Umsetzung von Antitrust-Regelungen zuständig
ist, leitete eine Untersuchung ein.

Im Verlauf des Jahres 2006 äußerten die verschiedenen Partner nacheinander ihren
Wunsch, ihre Filme konkurrierenden Diensten, insbesondere den iTunes-Storest von Apple,
anbieten zu können, deren Erfolg im Bereich des Online-Verkaufs von Musik sich zu diesem
Zeitpunkt abzuzeichnen begann. Auch die Möglichkeit, Videoabrufdienste zum Verkauf
anzubieten, wurde nunmehr in Betracht gezogen und bereits im April 2006 ergänzte
Movielink sein Verleih-angebot, indem nun auch einige Filme zum Kauf angeboten wurden.
Am 1. Juni 2006, nachdem der beabsichtigte Verkauf des Dienstes offiziell bekannt gegeben
worden war und nach anfänglichen Verhandlungen mit dem Kabelnetzbetreiber Comcast
und AT&T, wurde der Dienst schließlich am 8. August 2007 zum Preis von 6,6 Mio. USD an
Blockbuster, dem führenden Unternehmen im Bereich Einzelverkauf und –verleih von DVDs,

472
Vgl. B. GUILLOU, Die Online Distribution von Filmen, Europäische Audiovisuelle Informationsstelle, Januar
2004, S.18, http://www.obs.coe.int/online_publication/reports/filmsonline_guillou.pdf.fr

188
verkauft.473 Am 16. Dezember 2008 wurde der Dienst unter dem alten Namen eingestellt und
in den VoD-Dienst von Blockbuster integriert. Der Umsatz von Movielink lag 2006 bei
1,91 Mio. USD und 2007 bei 1,98 Mio. USD. Der Nettoverlust betrug 2006 11,6 Mio. USD
und 2007 10,2 Mio. USD.474

4.5.1.2. Annäherung an den europäischen Markt

In Europa kam für die Majors von Anfang an kein gemeinsamer Dienst wie Movielink in
Frage: Zum einen wäre ein solcher Dienst, der einen vertikalen Zusammenschluss
dargestellt hätte, wahrscheinlich nicht von den Wettbewerbsbehörden akzeptiert worden und
zum anderen betrachten die Majors Europa weiterhin als einen Komplex aus verschiedenen
Märkten. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die MPA, die die Interessen der
Majors in der Europäischen Union vertritt, 2008 den Vorschlag einer gebietsübergreifenden
Lizenz im Rahmen der von der Europäischen Kommission durchgeführten Konsultation
"Online-Inhalte" nicht unterstützt hat. Es scheint offensichtlich, dass die MPA die Entwicklung
eines Systems gebietsübergreifender Lizenzen nicht befürwortet und dass sie die
Standpunkte der internationalen Vereinigungen (FIAPF, FIAD und IVF), deren Mitglied sie
ist, teilt.

Im Allgemeinen bestand die Strategie der Majors in Europa folglich darin, den größten VoD-
Diensten im Bereich Download-to-rent, später auch Download-to-own, Filme zur Verfügung
zu stellen und sich auf diese Weise auf den verschiedenen nationalen Märkten Europas zu
positionieren, ohne Exklusivlizenzen zu erteilen. Das Nebeneinanderbestehen
konkurrierender Plattformen auf den nationalen Märkten birgt verschiedene Vorteile für die
Majors:
- Es gewährleistet zunächst eine Abdeckung der Märkte: Aufgrund der
unterschiedlichen Geschäftsmodelle und der unterschiedlichen Ausstattung der
Haushalte kann keine Plattform einen Universalanspruch auf einem nationalen Markt
erheben.
- Das Bestehen konkurrierender Plattformen ist die beste Garantie, hohe Anteile an
den Einnahmen der Partner zu erhalten.
- Die Vielzahl der Plattformen verzögert letztlich das Auftreten beherrschender
Marktakteure, wie dies in den meisten Ländern bei bezahlpflichtigen Kanälen und
Plattformen zu beobachten ist. Wahrscheinlich möchten die Majors nicht allzu schnell
mächtigen Dienstelieferanten gegenüberstehen, die ihre Preise diktieren können, wie
dies bei iTunes im Bereich des Online-Vertriebs von Musik geschehen ist.

4.5.1.3. Warner Bros.

Sicherlich ist Warner Bros. im Hinblick auf die Verwendung neuer digitaler Vertriebsformen
der aktivste Major.

Warner Bros. gehörte zu den an der Gründung von Movielink 2002 beteiligten Studios.

Im Oktober 2005 gründete das Studio eine neue Unternehmensgruppe, die Warner Bros.
Home Entertainment Group (WBEHG), für den Vertrieb von Home-Video, Online-Vertrieb,

473
„Movielink on the block“, Business Week, 1. Juni 2006.
http://www.businessweek.com/technology/content/may2006/tc20060531_484649.htm?campaign_id=rss_tech
474
Vgl. Bericht 8-K/A von Blockbuster Inc. an die SEC, 8. August 2007, http://b2i.api.edgar-
online.com/EFX_dll/EdgarPro.dll?FetchFilingHTML1?SessionID=XDEJWIiVAyunW-9&ID=5490752

189
Videospiele, Bekämpfung von Piraterie und Verwertung neuer Medienformen. Gleichzeitig
wurde innerhalb dieser Gruppe ein eigenes Unternehmen für den internationalen Vertrieb der
Warner-Produkte auf digitalen Plattformen, die Warner Bros. Digital Distribution (WBDD),
gegründet. Einige Geschäfte im VoD-Bereich werden zudem von der Warner Bros.
International TV Distribution (WBITD), der internationalen Vertriebsgesellschaft für
Fernsehprogramme, abgewickelt.

Im Mai 2006 sorgte Warner Bros. mit der Ankündigung einer Vereinbarung mit BitTorrent,
der Gesellschaft, auf die die Entwicklung der für illegale Downloads äußerst populären Peer-
to-Peer (P2P)-Technologie zurückgeht, für eine Sensation.475 Im Mai 2007 kündigte
BitTorrent die Einrichtung des BitTorrent Entertainment Network an, ein Zusammenschluss
von Gesellschaften wie 20th Century Fox, Lions Gate, MTV Networks, Paramount Pictures,
Metro-Goldwyn-Mayer Studios, Inc. (MGM) und Warner Bros.476 Unmittelbar nach seinem
Start geriet der Dienst wegen Problemen, die durch das DRM-System verursacht wurden, in
die Kritik.

2008 vermarktete die Warner Bros. Digital Distribution 37 Titel als Day-and-Date-VoD, d.h.
zeitgleich mit Erscheinen der DVD, und präsentierte sich damit als einziges Filmstudio, das
sich für eine solche Verwertung engagierte. WBDD platzierte 5 (darunter I Am Legend und
Fool’s Gold) der 10 besten VoD-Verkaufsschlager in den USA. WBDD war ebenso das erste
Unternehmen, das auf 12 internationalen Märkten einen Day-and-Date-Vertrieb praktizierte.
2008 vermarktete das Unternehmen außerdem Filme und Fernsehsendungen (wie Gossip
Girl) in fünf nationalen iTunes Stores (USA, Kanada, Vereinigtes Königreich, Neuseeland
und Australien). 477

Am 30. April 2008478 teilte Jeff Bewkes, Chief Executive Officer bei Time Warner, mit, dass
Warner die „Day-to-Date“-Verwertung von VoD generell einführen werde. Zuvor mussten die
Betreiber von VoD- oder Pay-per-View-Diensten nach Erscheinen der DVD mehrere Wochen
warten, bis sie einen Film anbieten konnten. Als Begründung wurde angeführt, dass durch
das zeitgleiche Erscheinen Marketing- und DVD-Produktionskosten eingespart werden
könnten.

“Taking a customer and moving that person over from rental-physical to VOD day-
and-date is like a 60 to 70 percent margin instead of a 20 to 30. So it’s about a three-
to-one trade.”

Der "On Demand"-Katalog von Warner Bros.: Im August 2009 kündigte das Unternehmen
Warner Bros. Digital Distribution an, dass es künftig auch den digitalen Vertrieb (Pay-per-
View, VoD) von Katalogen unabhängiger amerikanischer Produzenten übernehmen werde,
womit diese Zugang zu einem Markt von 90 Mio. Haushalten in den USA und 195 Mio.
Haushalten weltweit erhalten.479

475
Warner Bros. Pressemitteilung, 9. Mai 2006,
http://www.warnerbros.com/#/page=company-info/press_room/search/
476
BitTorrent Pressemitteilung, 26. Februar 2007, http://www.bittorrent.com/pressreleases/2007/02/26/bittorrent-
inc-launches-the-bittorrent-entertainment-network/
http://www.bittorrent.com/pressreleases/2007/02/26/bittorrent-inc-launches-the-bittorrent-entertainment-
network/
477
Warner Bros. Pressemitteilung, 8. Januar 2009,
http://www.warnerbros.com/#/page=company-info/press_room/search/
478
S. HANSELL, “Warner Brothers To Rent Movies Online Sooner”, New York Times, 30. April 2008.
http://bits.blogs.nytimes.com/2008/04/30/warner-brothers-to-rent-movies-online-
sooner/?partner=rssuserland&emc=rss
479
Warner Bros. Pressemitteilung, 11. August 2009, “Warner Bros. Digital Distribution Expands its Digital Film
Library with Critically Acclaimed Independent Films”,.
http://www.timewarner.com/corp/newsroom/pr/0,20812,1915952,00.html

190
Die Tatsache, dass Warner den VoD-Vertrieb fördert, hindert das Studio nicht daran, eine
entscheidende Rolle bei der Einführung neuer physikalischer Datenträger zu spielen. Es ist
kein Geheimnis, dass die im Januar 2008 bekannt gegebene Entscheidung, Filme nicht als
DVD HD (von Paramount unterstütztes Format) herauszugeben, für den Siegeszug der Blu-
ray Disc (BD) entscheidend war. Im Januar 2009 waren Warner und Paramount die beiden
ersten Majors, die den Filmvertrieb über digitale Video-Download-Systeme auf
Speicherkarten in dem von Toshiba und MOD Systems entwickelten System förderten.480

Die allgemeine Strategie von Warner, neuerschienene Filme und Fernsehsendungen über
Dienste von Drittbetreibern zu vermarkten, hat nicht dazu geführt, dass das Unternehmen die
Verwertung seiner Archive auslagert. Am 23. März 2009 gab WBHEG die Einführung des
neuen VoD-Angebots "Warner Archive Collection"481 bekannt, das Zugang zu den Archiven
gewährt. 150 Filme aus den Warner-Archiven (einschließlich vor 1986 von MGM, RKO Radio
Pictures und Warner Bros. Pictures produzierte Filme) werden entweder als Download-to-
own oder als DVD angeboten. Monatlich soll das Angebot um 20 Filme erweitert werden.
Über die Website können auch nach Wunsch DVD „manufactured on demand“ bestellt
werden (MoD). Die Nutzer werden aufgefordert, die Titel auszuwählen, die in den
kommenden Monaten neu eingestellt werden sollen. Die Kosten pro Film belaufen sich bei
einer DVD auf 19,95 USD und für einen Download auf 14,05 USD.482

In Europa hat sich die Strategie von Warner weiterentwickelt. WBITD gehörte zu den ersten
Tochtergesellschaften von Filmstudios, die Vereinbarungen mit wichtigen VoD-
Diensteanbietern schlossen. Mit Ausnahme des allerersten Vertrags mit Yes Television
(Großbritannien, 9. Juni 2001) wurden die ersten bedeutenden Verträge mit aufstrebenden
Betreibern in den Jahren 2004 und 2005 geschlossen: Lyse Tele in Norwegen,
24. November 2004; SF Anytime in Skandinavien, 1. Dezember 2004, Filmflex im
Vereinigten Königreich, 9. Juni 2005; T-Online in Deutschland, 2. September 2005.

Am 30. Januar 2006483 gab die Warner Bros. Home Entertainment Group die geplante
Gründung eines joint Venture mit arvato mobile (Tochterunternehmen der Bertelsmann-
Gruppe) unter dem Namen In2Movies bekannt, das Videoinhalte auf einer gesicherten P2P-
Plattform legal anbieten soll. Die Plattform wurde zunächst in Deutschland, Österreich und
der deutschsprachigen Schweiz vermarktet. Über In2Movies sollten zunächst Filme und
Fernsehserien auf den PC heruntergeladen werden können und in einer zweiten Phase die
Download-Möglichkeiten auf DVD-Recorder und tragbare Peripheriegeräte ausgedehnt
werden. Die von arvato eingerichtete Plattform GNAB nutzte ein dezentralisiertes P2P-Netz,
um die Titel kostengünstig vermarkten zu können und behielt aber gleichzeitig eine
zentralisierte Infrastruktur, um Autorenrechte zu verwalten und sicherzustellen, dass die von
Warner sowie von lokalen Partnern und Anbietern (deren Videos auf In2Movies angeboten
wurden) gewünschten Einschränkungen eingehalten werden. Der Dienst wurde am 11. Juni

480
Vgl. MOD Systems Pressemitteilung, 8. Januar 2008,
http://www.modsystems.com/company/press_release.aspx?itemId=09010805-08_200901101644265000
MOD Systems and Toshiba Demonstrate Video Downloads to SD Cards at CES 2009, Reuters, 8. Januar
2009, http://www.reuters.com/article/pressRelease/idUS136662+08-Jan-2009+BW20090108.
Dieses zunächst für die USA bestimme System wurde im März 2009 in Japan eingeführt und könnte auch in
Europa Verbreitung finden. Alain Appriou, Marketingdirektor der Abteilung Unterhaltungselektronik von
Toshiba France, bestätigte gegenüber ZDNet.fr die Machbarkeitsstudie eines solchen Systems für die
Europäischen Märkte. "Toshiba bietet HD-Filme von Warner und Paramount auf SD-Karte an", ZDnet.fr, 14.
Januar 2009, http://www.zdnet.fr/actualites/informatique/0,39040745,39386589,00.htm
481
www.WarnerArchive.com
482
“Warner Bros. Home Entertainment Group Opens the World's Largest Film Vault with the Launch of ‘Warner
Archive Collection", 23. März 2009, http://www.timewarner.com/corp/newsroom/pr/0,20812,1887185,00.html
483
“Warner Bros. Home Entertainment Group And Arvato Mobile To Launch Revolutionary Digital Entertainment
Distribution Platform”, 30. Januar 2006,
http://www.businesswire.com/portal/site/google/index.jsp?ndmViewId=news_view&newsId=20060130005498
&newsLang=en

191
2008 eingestellt. Wahrscheinlich konnte der fast ausschließlich auf einen Warner-Katalog
basierende Dienst angesichts der Konkurrenz offenerer Dienste wie Videoload von T-Online,
Maxdome (ProSiebenSat.1 Media AG-Gruppe) und Xbox Live Marketplace von Microsoft)
nicht genügend Kunden gewinnen.

Nach dem Scheitern von In2Movies korrigierte die Warner Bros. Home Entertainment Group
ihre Europastrategie. Anstatt den Dienst WBITD direkt anzubieten, wurden verstärkt
Vereinbarungen mit den etablierten Dienstelieferanten geschlossen, die den Warner-Katalog
anbieten und damit zur Aufwertung der Marke beitragen:

- In Großbritannien: Virgin Media und BT Vision (November 2007), Tiscali (5. Juni
2008)484, Top Up TV (10. Juli 2008)485,
- in Frankreich: Free,
- in Italien: Fastweb,
- in Deutschland: Maxdome (ProSiebenSat.1 Media), Hansenet (12. März 2007)486,
- in den Niederlanden: der Kabelbetreiber Ziggo (4. Mai 2009).487

Am 13. Oktober 2008 wurde mit der Bekanntgabe des Abschlusses einer mehrjährigen
Lizenzvereinbarung mit ODD über die Einrichtung des SvoD-Dienstes Warner TV ein neues
Kapitel aufgeschlagen. ODD ist ein joint Venture zwischen der deutschen
Unternehmensgruppe TMG (Inhaber von Tele 5 in Deutschland, ATV in Österreich und
außerdem beteiligt an den CinemaxX-Kinosälen) und der britischen im VoD-Bereich
spezialisierten Gesellschaft On-Demand Group. Aufgabe der ODD ist es, bei nationalen
Betreibern in Deutschland, der Schweiz und Österreich für den Dienst zu werben. Die ersten
Verträge wurden mit dem Dienst aonTV von Telekom Austria und mit T-Online in
Deutschland geschlossen.

4.5.1.4. The Walt Disney Company

Die Disney-Gruppe war in Bezug auf den VoD-Markt etwas zurückhaltender als Warner und
gehörte beispielsweise nicht zu Movielink. Disney ist vor allem darauf bedacht, die Einkünfte
aus dem Home-Video-Geschäft zu erhalten (DVD und Blu-ray), da der umfangreiche Katalog
mit Kinderfilmen einen Anreiz darstellt, dem Kauf gegenüber dem Verleih den Vorzug zu
geben. Laut Daniel-George Levi, dem Präsidenten der Walt Disney Studios Home
Entertainment France, schauen sich Kinder einen Disney-Film auf DVD etwa 30 bis 40 mal
an.488 Seiner Ansicht nach sind aufgenommene Datenträger einfacher zu handhaben als
Downloads und werden von den Eltern bevorzugt. Zudem ist er der Ansicht, dass eine
handfeste DVD oder Blu-ray Disc besser als Geschenk geeignet ist als ein Download, den
man nur schwer verschenken kann.

Diese Vorbehalte bedeuten nicht, dass Disney vollkommen auf Videoabrufdienste verzichtet.
Disney kündigte als erstes Studio an, Filme und Sendungen des Kanals ABC in die iTunes
Stores von Apple einzustellen. Die Pixar Animation, eine Tochtergesellschaft von Disney,

484
“Warner TV Video-on-Demand Branded Service Launches on Tiscali TV”, 5. Juni 2008,
http://www.timewarner.com/corp/newsroom/pr/0,20812,1812101,00.html
485
“Top Up TV Adds Warner TV Video-on Demand Branded Service”, 10. Juli 2008,
http://www.timewarner.com/corp/newsroom/pr/0,20812,1821640,00.html
486
Hansenet Telekommunikation GmbH and Warner Bros. International Television Announce Multiyear Video-
on-Demand Agreement to Bring Movies From Warner Bros. to German Television, 12. März 2007
http://www.timewarner.com/corp/newsroom/pr/0,20812,1598361,00.html
487
Warner Bros., Pressemitteilung, 4. Mai 2009.
488
Interview, Ecran total, 11. März 2009, S. 18. Auf der Grundlage der von der GfK für den französischen Markt
erstellten Prognosen schätzt Levy, dass der Umsatz 2009 mindestens zwei Drittel des Umsatzes im VoD-
Bereich ausmachen wird.

192
übernahm eine Vorreiterrolle als sie einen Teil ihres Katalogs mit kurzen Trickfilmen in die
iTunes Stores einstellte. Sendungen der Kanäle Disney Channel und Playhouse werden
über die iTunes Stores (Deutschland, Frankreich, Vereinigtes Königreich) angeboten.

In Bezug auf die Fernsehsendungen der Kataloge von ABC und Disney Channel wurden
parallel zwei Strategien verfolgt: einerseits die werbefinanzierte Online-Bereitstellung und
andererseits der Online-Verkauf über die iTunes Stores.

Disney übernahm im Bereich werbefinanzierter kostenloser Videoabrufdienste eine


Vorreiterrolle. Zur Finanzierung dieses Dienstes werden die Videos von drei einminütigen
Werbeeinblendungen eines Webekunden unterbrochen. Mike Shaw, Verkaufsleiter von ABC,
erklärte, dass die Zuschauer die Art der ausgestrahlten Werbespots auswählen können. So
kann sich der Kunde beispielsweise zwischen einem klassischen Werbespot oder einem
interaktiven Werbespiel entscheiden. ABC müsste nach und nach in der Lage sein,
Werbespots gezielter einzusetzen und damit einen Dienst zu erhalten, der sowohl auf
Werbekunden als auch auf Zuschauer passgenau zugeschnitten ist. Zwischen September
2006 und April 2007 wurden von der Website ABC.com 92 Mio. Titel und von der Website
Disneychannel.com 91 Mio. Titel heruntergeladen.489 Ein Jahr nach seinem Start
verzeichnete der Dienst ABC.com 130 Mio. Downloads.490

Inhalte aus den Katalogen von ABC (TV-Sendungen) und von Disney Channel können im
US-iTunes Store seit dem 12. Oktober 2005 abgerufen werden. Ein Jahr nach Bereitstellung
von Titeln aus dem ABC-Katalog – wie insbesondere die Serie Lost – waren in den iTunes
Stores insgesamt 8,5 Mio. Downloads gezählt worden:491 Bis Ende Januar 2007 waren 19
Mio. Titel, die insgesamt mehr als ein Drittel der in den iTunes Stores verzeichneten
Videodownloads darstellten, heruntergeladen worden.492 Bis Ende März 2007 waren 21 Mio.
Episoden,493 Ende April 2007 23,7 Mio.494 und Ende Oktober 2007 schließlich 33 Mio. Titel
verkauft worden.495

Seit 12. September 2006 können 75 Disney-Filme zum Preis von jeweils 1,99 USD
abgerufen werden. Nach Angaben von Robert Iger, Generaldirektor von Disney496, wurden
allein in der ersten Woche 125.000 Downloads mit einem Umsatz von 1 Mio. USD getätigt.
Er prognostizierte für das erste Jahr Einnahmen in Höhe von 50 Mio. USD. Einige Wochen

489
The Walt Disney Company Financial Results for Q2 FY07 - Bob Iger, President and Chief Executive Officer,
and Tom Staggs, Senior Executive Vice President and Chief Financial Officer of The Walt Disney Company,
8. Mai 2007. http://amedia.disney.go.com/investorrelations/070508_transcript_earnings.pdf
490
Goldman Sachs Communacopia Conference - Bob Iger, President and Chief Executive Officer, The Walt
Disney Company, 18. September 2007,
http://amedia.disney.go.com/investorrelations/070918_transcript_iger.pdf
491
Präsentation von Anne Sweeney, President ABC Television Group, 13. September 2006,
http://media.disney.go.com/investorrelations/presentations/060919_transcript_iger.pdf
492
8. Februar, 2007 The Walt Disney Company Investor Conference - The Walt Disney Company Senior
Management, http://corporate.disney.go.com/media/investors/2007_irc_abctvgroup.pdf
493
A.G. Edwards 2007 Media and Entertainment Conference - Anne Sweeney, Co-Chair Disney Media
Networks and President, Disney-ABC Television Group, 17. April 2007,
http://amedia.disney.go.com/investorrelations/041707_transcript_sweeney.pdf
494
The Walt Disney Company Financial Results for Q2 FY07 - Bob Iger, President and Chief Executive Officer,
and Tom Staggs, Senior Executive Vice President and Chief Financial Officer of The Walt Disney Company,
8. Mai 2007, http://amedia.disney.go.com/investorrelations/070508_transcript_earnings.pdf
495
The Walt Disney Company announced Fiscal Full Year and Q4 FY07 Financial Results - Bob Iger, President
and Chief Executive Officer, and Tom Staggs, Senior Executive Vice President and Chief Financial Officer of
The Walt Disney Company, 7. November 2007,
http://corporate.disney.go.com/investors/quarterly_earnings/071108_transcript_earnings.pdf
496
Goldman Sachs Communacopia Conference - Bob Iger, President and Chief Executive Officer, The Walt
Disney Company, 15. September 2006,
http://media.disney.go.com/investorrelations/presentations/060919_transcript_iger.pdf

193
später jedoch wurden die geschätzten Zahlen auf 25 Mio. korrigiert:497 Bis Ende Februar
2007 waren 1,6 Mio. Filme heruntergeladen worden, eine Zahl, die Bob Iger als eher
„mittelmäßig" bezeichnete.498 Bis Ende April 2007 gab es 2 Mio. Downloads499 und Ende Juli
2008 blieb die erreichte Zahl von 5 Mio. Downloads weit hinter den Erwartungen zurück.500

Anscheinend hat Disney seine Prognosen über die Zunahme der Einnahmen aus
Digitalverkäufen nach unten korrigiert. Laut Tom Staggs, dem Senior Executive Vice-
President von Disney, sollte durch den Aufschwung im digitalen Vertrieb der Anteil der
Einnahmen aus Verkäufen gegenüber den Werbeeinnahmen ansteigen. Der Anteil der
Werbeeinnahmen sollte zu Gunsten der Einnahmen aus Verkäufen von 60 auf 50%
zurückgehen.501 Interessanterweise hat Disney ab Ende 2007 weniger Daten über die
Download-Zahlen veröffentlicht und seine Mitteilungen auf die Entwicklungen im Blu-ray
Bereich konzentriert. Dies bedeutet allerdings keine Vernachlässigung des
Videoabrufbereichs, dessen Wichtigkeit Bob Iger im Mai 2008 in einer Erklärung gegenüber
Analysten bestätigte. Auch wenn er die konservative Einstellung der Industrie einräumt,
betont Iger gleichzeitig, wie wichtig es sei, die Nachfrage der jungen immer
anspruchsvolleren Kunden zu befriedigen. Seiner Ansicht nach berührt der VoD-Vertrieb
nicht die Aktiva der Gesellschaft.502 Einige Monate später erklärte Iger, dass die Einnahmen
aus dem digitalen Vertrieb "inkremental" seien, dass aber bei Nichtpräsenz auf dem VoD-
Markt die Gefahr bestehe, ins Abseits gedrängt zu werden.503 Nach Aussage von Tom
Staggs zwingt die Verbrauchernachfrage die Studios, auf dem Markt des virtuellen Vertriebs
Präsenz zu zeigen. Ihm zufolge ist die Rentabilität des physikalischen Vertriebs ganz ähnlich
der des virtuelllen Vetriebs.504 Allerdings führt laut Bob Iger der durch Piraterie ausgeübte
Druck zu niedrigeren Gewinnspannen und zwar nicht nur beim Online-Verkauf, sondern auch
beim Kauf physikalischer Datenträger.505

Eine neue Etappe wurde am 31. März 2009 mit der angekündigten Vereinbarung zwischen
Disney/ABC Television Group, ESPN und YouTube eingeleitet.506 Gemäß dieser
Vereinbarung soll Disney verschiedene Kurzfilm- und Sportkanäle auf dem Videoportal

497
General Discussion at The Credit Suisse Media Week Conference - Tom Staggs, Senior Executive Vice
President and Chief Financial Officer, The Walt Disney Company, 5. Dezember 2006,
http://amedia.disney.go.com/investorrelations/061205_transcript_staggs_cs.pdf
498
Bear Stearns' 20th Annual Media Conference - Bob Iger, President and Chief Executive Officer, 5. März
2007, http://amedia.disney.go.com/investorrelations/presentations/bear_stearns_transcript.pdf
499
The Walt Disney Company Financial Results for Q2 FY07 - Bob Iger, President and Chief Executive Officer,
and Tom Staggs, Senior Executive Vice President and Chief Financial Officer of The Walt Disney Company,
8. Mai 2007, http://amedia.disney.go.com/investorrelations/070508_transcript_earnings.pdf
500
The Walt Disney Company announced Q3 FY08 Financial Results - Bob Iger, President and Chief Executive
Officer, and Tom Staggs, Senior Executive Vice President and Chief Financial Officer of The Walt Disney
Company, 30. Juli 2008.
http://corporate.disney.go.com/investors/quarterly_earnings/080730_transcript_earnings.pdf
501
General Discussion hosted by Hamilton Faber of Atlantic Equities - Tom Staggs, Senior Executive Vice
President and Chief Financial Officer, The Walt Disney Company, 30. Oktober 2006,
http://media.disney.go.com/investorrelations/061002_transcript_staggs.pdf
502
2008 Bernstein Strategic Decisions Conference - Bob Iger, President and Chief Executive Officer of The Walt
Disney Company, 28. Mai 2008,
http://corporate.disney.go.com/investors/presentations/080528_transcript_Bernstein.pdf
503
The Walt Disney Company announced Q3 FY08 Financial Results - Bob Iger, President and Chief Executive
Officer, and Tom Staggs, Senior Executive Vice President and Chief Financial Officer of The Walt Disney
Company, 30. Juli 2008.
504
UBS 36th Annual Global Media and Communications Conference - Tom Staggs, Senior Executive Vice
President and Chief Financial Officer, The Walt Disney Company. 9. Dezember 2008,
http://corporate.disney.go.com/investors/presentations/080909_transcript_merrill.pdf
505
Deutsche Bank Media & Telecom Conference - Bob Iger, President and Chief Executive Officer, The Walt
Disney Company. 3. März 2009,
http://corporate.disney.go.com/investors/presentations/090303_transcript_deutschebank.pdf
506
The Walt Disney Company Pressemitteilung, 31. März 2009,
http://corporate.disney.go.com/news/corporate/2009/2009_0331_you_tube.html

194
anbieten. Die Kanäle der Disney-Gruppe können dann selbst Werbespots eigener
Werbekunden einblenden. Nach Ansicht von Anne Sweeney, Präsidentin der Disney/ABC
Television Group, kann Disney mit dieser Vereinbarung die Zahl der potenziellen Online-
Kunden erhöhen, neue Geschäftsmodelle ausprobieren und die den Werbekunden
vorgeschlagene Bandbreite erweitern. Einen Monat später, im April 2009, beteiligte sich die
Disney-Gruppe am Hulu-Dienst von Fox und NBC Universal, von dem sie 27% des Kapitals
erwarb (vgl. 6.4.1.).507

In Europa hat sich Disney je nach Land für unterschiedliche Strategien, wie etwa die
Bereitstellung bestimmter Titel für die Kataloge der Anbieter von VoD-Diensten oder die
Einrichtung verschiedener eigener Dienste, entschieden. Wie bereits bei den
Kindersendungen scheint SVoD das von Disney bevorzugte Vertriebsmodell zu sein:
- In Großbritannien stellt Tiscali das Angebot „Disney Treasures“ als SVoD zur
Verfügung.
- In Frankreich haben Free und Disney/ABC International Television am 20. September
2007 eine Vereinbarung über SVoD geschlossen, um den Abonnenten des Free
Home Video-Dienstes eine breite Auswahl von Disney-Inhalten anbieten zu können.
Diese Vereinbarung scheint sich nicht konkretisiert zu haben, denn es gibt im
Rahmen des Angebotes von Free keinen speziellen Disney-Shop.

4.5.1.5. Sony Pictures

Die von Sony Pictures (ehemals Columbia Pictures) verfolgte Strategie ist nicht so deutlich
ausgeprägt wie die von Warner Bros. und The Walt Disney Company. Das Filmstudio war an
der Einführung von Movielink beteiligt und stellt seine Filme den größten amerikanischen
Dienstebetreibern zur Verfügung (CinemaNow, Blockbuster, Amazon, iTunes, PlayStation
Network, Recorded Books, Sprint, Gaia, Verizon, AT&T). Selbstverständlich unterstützt Sony
Pictures den Schritt des Entertainment-Bereichs der Unternehmensgruppe, die im Juli 2008
einen VoD-Dienst für PSP eingerichtet hat.

Sony gehört zu den wenigen Majors, die im VoD-Bereich noch kein Day-to-Date-Prinzip
praktizieren, sodass die Verwertung als VoD weiterhin ungefähr einen Monat nach
Erscheinen auf DVD beginnt.

In Europa wurden die Lizenzvereinbarungen mit VoD-Dienstelieferanten von Sony Pictures


Television International geschlossen.

Neben den Vereinbarungen mit den wichtigsten Betreibern (die nicht unbedingt von der
Unternehmensgruppe bekannt gegeben werden) sind einige besondere Initiativen zu
nennen:
- Der Filmkatalog "Screen Gems" (von Sony vermarkteter Katalog mit unabhängigen
oder ausländischen Filmen) mit einem VoD-Kanal im iTunes Store Großbritannien
und im IPTV-Angebot von Tiscali UK;
- der von Sony BMG herausgegebene Kanal Spassgesellschaft, der über den iTunes
Store Deutschland vermarktet wird.

Sony Pictures interessiert sich ebenfalls für die Videoportale. Im Juni 2007 wurde auf
Myspace.com The Minisode Network gestartet, ein Dienst, der 5-minütige Fassungen

507
The Walt Disney Company /Hulu Pressemitteilung, 30. April 2009,
http://corporate.disney.go.com/news/corporate/2009/2009_0430_hulu_release.html

195
populärer Fernsehserien wie Married With Children und NewsRadio anbietet. Im Januar
2008 wurde The Minisode Network darüber hinaus als spezieller Kanal von YouTube
präsentiert. Diese Zusammenarbeit wurde im April 2009 verstärkt, als Sony Pictures - einige
Tage nach Disney - eine Vereinbarung mit YouTube unterzeichnete. Diese Vereinbarung
kommt einige Wochen nach der Entscheidung von Sony Music und Google, ihre
Zusammenarbeit auf YouTube fortzusetzen, zustande. Wie ein von Reuters zitierter Sony-
Sprecher mitteilte, können etwa fünfzehn alte Filme wie St. Elmo's Fire und Die blaue
Lagune über YouTube auf der Website crackle.com abgerufen werden. Auch Serien wie Drei
Engel für Charlie und Eine schrecklich nette Familien werden demnächst online zur
Verfügung gestellt.

Im August 2006 übernahm Sony Pictures Entertainment für 65 Mio. USD Grouper.com, eines
der größten Videoportale und führte es im Juli 2007 unter dem Namen Crackle508 weiter. Das
Portal positioniert sich als Konkurrent von Hulu und stellt eine Plattform für professionelle
und nutzergenerierte Inhalte sowie für Inhalte junger von Sony ausgewählter Regisseure
bereit. (Vgl. weiter unten 6.5.2)

4.5.1.6. Twentieth Century Fox

Die Strategie der Twentieth Century Fox, die zur News Corp.-Gruppe von Rupert Murdoch
gehört, muss im Zusammenhang mit der Gesamtstrategie der Unternehmensgruppe
gesehen werden. Die News Corp.-Gruppe, die im Bereich der Ausstrahlung von
Satellitenbouquets (DirectTV in den USA, Sky, Sky Italia und Sky Deutschland in Europa)
(vgl. 4.3) und als Sendeveranstalter aktiv ist, hat ihr Geschäftsfeld seit 2005 auf das Internet
und die Videoportale ausgedehnt, indem sie den Unternehmensbereich Fox Interactive
Media ins Leben rief, Gesellschaften wie IGN Entertainment Inc. oder MySpace übernahm
und im August 2007 schließlich das joint Venture Hulu mit NBC Universal gründete (vgl.
6.5.1).

Bereits im Jahr 2000 hatte Fox das Projekt Movies.com, eine Partnerschaft mit Disney zur
Einrichtung einer gemeinsamen VoD-Website, angekündigt, das aber im April 2002
aufgegeben wurde. Fox beteiligte sich nicht an Movielink, stellte aber diesem ebenso wie
dem konkurrierenden Projekt CinemaNow Filme zur Verfügung. Eine Zeitlang hegte Fox
weiterhin die Hoffnung auf einen eigenen Dienst: Im Oktober 2006 wurden mehrere Filme
und Serien des Katalogs wie X-Men oder 24 im Rahmen des von IGN Entertainment
angebotenen Dienstes Direct2Drive bereitgestellt. Die Filme wurden zum Preis von
19,99 USD zum Kauf angeboten, während jede Einzelfolge einer Serie 1,99 USD kosten
sollte. Diese Initiative war eher kurzlebig und Direct2Drive konzentrierte sich anschließend
wieder ausschließlich auf den Videospielbereich.

Fox war zunächst nicht an der Bereitstellung von Filmen in den iTunes Stores beteiligt,
begann aber im Dezember 2007, seinen Katalog für diesen Dienst zu öffnen. In der Folge
schloss Fox Vereinbarungen mit Amazon, AOL und MSN.

Im Februar 2009 begann Fox bei einigen Titeln mit einer „Day-and-Date“ Verwertung, die
eine gleichzeitige Bereitstellung von VoD und DVD ermöglichte.509

In Europa schloss Fox Vereinbarungen mit den wichtigsten Dienstebetreibern. Ein Fox-
Katalog wird im britischen und deutschen iTunes Store angeboten.

508
“Sony new’ Crackle set to aid filmmakers”, Wall Street Journal, 16. Juli 2007,
http://online.wsj.com/article/SB118454151100667084.html?mod=googlenews_wsj
509
“Universal, Fox, Summit shut VoD-DVD window”, 6. Februar 2009,
http://www.contentagenda.com/article/CA6635448.html

196
4.5.1.7. Universal Studios (Universal NBC)

Die Universal Studios waren aktiv an der Einführung von VoD in den Vereinigten Staaten
beteiligt. Bereits 2002 wurde versuchsweise eine Vereinbarung mit dem CinemaNow-Dienst
geschlossen. Später beteiligte sich Universal an der Einrichtung der Movielink-Site. Danach
bestand die Politik des Unternehmens in der Bereitstellung seiner Filme für die Betreiber von
VoD-Diensten. Die Aktivitäten im Bereich Pay-per-View und VoD wurden von dem eigens
eingerichteten Unternehmensbereich Universal Pay-per-View and Video on Demand
innerhalb der Universal Television Group übernommen, die wiederum zur Vivendi Universal
Entertainment (VUE) gehört. Im Anschluss an die Gründung des Mischkonzerns Universal
NBC wurden sie in die NBC Universal Digital Distribution, einem Unternehmensbereich von
NBC Universal, aufgenommen. Dieser Bereich ist zuständig für die Vermarktung von Filmen
und Sendungen der Unternehmensgruppe als VoD, im elektronischen Online-Handel
(electronic-sell-through - EST) und im interaktiven Fernsehen sowie für die Vermarktung von
neuen Produkten und wireless-Diensten (WAP, SMS usw.).

Im März 2007 führte NBC Universal zusammen mit Fox Entertainment den kostenlosen VoD-
Dienst Hulu ein. (Vgl. weiter unten 6.5.1.)

Im Februar 2009 gab Universal Studios seine Absicht bekannt, eine Day-and-Date-
Verwertung mit gleichzeitiger Bereitstellung von VoD und DVD einzurichten.510

Im April 2009 waren die Filme von Universal in den USA in 19 verschiedenen Diensten über
Kabel, Satellit oder Internet verfügbar. Einige Titel von Universal sind in den iTunes Stores
der angelsächsischen Länder verfügbar. Am 26. Februar 2009 wurde der Abschluss einer
Vereinbarung mit Microsoft über die Bereitstellung von Filmen in den Xbox Live-
Marketplaces bekannt gegeben.

Während einerseits die bestehenden Dienste beliefert wurden, hat Universal andererseits
seine eigene VoD- und Pay-per-View-Website eingerichtet. (http://www.universalvod.net/).

In Europa hat Universal mit den meisten großen Betreibern von VoD-Diensten
Vereinbarungen über die Aufnahme von Universal-Inhalten in deren Kataloge geschlossen.
Im Allgemeinen werden die Filme direkt von der NBC Universal International Television
Distribution lizenziert. Allerdings arbeitet das Studio auch mit Vermittlern. So schloss sich
Universal im März 2006 mit LoveFilm (dem DVD-Verleih der britischen Unternehmensgruppe
Arts Alliance Media) zusammen, um einen VoD-Dienst einzuführen, mit dem die Nutzer
Filme auf ein Handy herunterladen können, wobei gleichzeitig eine DVD-Kopie zur
Verfügung gestellt wird. King Kong war der erste angebotene Film.511

Universal verwertet seinen Katalog außerdem über den SvoD-Dienst PictureBox, der in
Großbritannien im Rahmen der Angebote von Top Up TV (September 2006), Tiscali (seit
Juni 2007) und BT Vision (April 2008) verfügbar ist. Zum Preis von monatlich 5 GBP haben
die Abonnenten Zugriff auf 28 Titel. Der Dienst wird ebenfalls in Polen im Rahmen des
Angebots „N“ des Satellitenplattformbetreibers ITI Vision bereitgestellt.

4.5.1.8. Paramount Pictures (Viacom-Gruppe)

Paramount Pictures war eines der letzten Filmstudios, das sich für eine VoD-Strategie
entschied. Möglicherweise wollte die Unternehmensspitze der Viacom-Gruppe damit die

510
idem
511
Pressemitteilung Arts Alliance Media, 17. März 2006,
http://www.artsalliancemedia.com/documents/LFUniDTO.pdf

197
Interessen von Blockbuster, dem im Bereich Einzelverkauf und –verleih von Videos tätigen
und bis 2004 zur Viacom-Gruppe gehörigen Unternehmen, wahren. Wie auch immer,
Paramount unterzeichnete erst 2003 seinen ersten VoD-Vertrag mit dem In Demand-Dienst.
Später beteiligte sich Paramount am Movielink-Projekt und schloss nach und nach
Vereinbarungen mit verschiedenen Betreibern von VoD-Diensten (insbesondere DirectTV,
Blockbuster und, seit Februar 2008, dem Dienst Xbox Live von Microsoft). Paramount war
außerdem nach Disney das erste Studio, das eine Vereinbarung mit Apple über den Vertrieb
seiner Filme in den iTunes Stores bekannt gab. Im April 2008 kündigte Paramount zeitgleich
mit Fox eine „Day-and-Date“-Verwertung für die in den iTunes Stores bereitgestellten Titel
an. Der Film Jackass 2.5 war sogar eine Woche vor seinem Erscheinen als DVD in den
iTunes Stores verfügbar.

Im Bereich HD DVD war Paramount neben DreamWorks interessanterweise das einzige


Studio, das im August 2007 der HD DVD gegenüber der Blu-ray Disc den Vorzug gab und
diese Position beibehielt, bis Toshiba im Februar 2008 die Einstellung der Produktion dieser
Geräte bekannt gab.

Im April 2008 hatte sich Paramount mit MGM und Lions Gate zusammengeschlossen und
kündigte die Einführung eines Premiumdienstes für VoD in den Vereinigten Staaten an, über
den neue Filme und Serien der drei Studios sowie Katalogbestände bereitgestellt werden
sollten. Dieser neue Dienst, der über einen Fernsehkanal bereitgestellt wird, soll im Herbst
2009 an den Start gehen und konkurriert mit HBO und Showtime Networks von CBS, einem
Fernseh- und Video-on-Demand Abonnementdienst. Bei dieser Ankündigung war nicht
ausdrücklich von einem Online-Vertrieb die Rede, sondern ganz allgemein vom „digitalen
Markt der Zukunft“ („the digital marketplace of the future“). Gleichzeitig wurde mitgeteilt, dass
es sich um einen innovativen Dienst handele, der sowohl traditionelle Formen als auch neue
digitale Vertriebsformen nutzen werde.512

In Europa hat Paramount Vereinbarungen mit den größten Dienstebetreibern unterzeichnet,


scheint aber keine eigenen Dienste zu planen. Der Katalog der von Paramount produzierten
Fernsehserien ist gleichfalls Gegenstand von Verträgen mit Betreibern wie UPC Nederland
und Top Up TV.

4.5.2. Unternehmen der europäischen Filmbranche

Seit Beginn des Jahrzehnts begegnen die europäischen Akteure in der Filmindustrie der
Entwicklung mit einer Mischung aus Misstrauen, abwartender Haltung und der Suche nach
eigenen Strategien. Offensichtlich werden die Strategien der amerikanischen Filmstudios in
Europa als marktstrukturierend wahrgenommen, wobei die Besonderheiten der europäischen
Märkte (deren Fragmentierung, die geringe Einbeziehung europäischer Unternehmen, die
Bedeutung der Telekommunikationsbetreiber, der unabhängigen Produzenten und der
Filmverleihe, die Förderung durch die öffentliche Hand) andere Szenarien voraussetzen als
in den Vereinigten Staaten.

Es gibt in Europa etwa zehn relativ gut etablierte Unternehmensgruppen mit einem
Jahresumsatz von mehr als 100 Millionen EUR: Pathé, UGC, Gaumont, Constantin Film AG,
Europacorp, The Entertainment Group of Companies, Nordisk Egmont, AB Svensk
Filmindustri, Bavaria… Interessanterweise hat sich zunächst nur eines dieser Unternehmen,
die AB Svensk Filmindustri, innerhalb kurzer Zeit als Diensteanbieter etabliert (SF Anytime),

512
Zitiert in “Hollywood studios tout entertainment service--for 2009”, CNET News, April 2008.
http://news.cnet.com/8301-10784_3-9924007-7.html?tag=mncol

198
dem später die MK2-Unternehmsgruppe in Frankreich folgte. Die ersten Initiativen kamen
ansonsten eher von Zusammenschlüssen unabhängiger Produzenten.

4.5.2.1. SF Anytime

SF Anytime ist ein VoD-Verleihdienst, der 2002 in Schweden von Bonnier Entertainment,
einem Bereich der Bonnier-Gruppe eingerichtet wurde. Der Dienst setzte seinen
Expansionskurs in den nordischen Ländern fort und stellte in Norwegen (2003), Dänemark
(2004) und Finnland (2005) Angebote in der jeweiligen Landessprache bereit. Das Projekt
wurde mit Mitteln aus dem Programm Media für "Pilotprojekte" gefördert, wobei weder
Berichte noch Bewertungen zu dieser finanziellen Unterstützung veröffentlicht wurden.
Zunächst war der Dienst nur über das Internet zugänglich. Im Januar 2005 wurde der Dienst
schließlich im Rahmen des IPTV-Angebots von Telia Digital-tv und später über die
Plattformen anderer nordischer Anbieter (Canal Digital, Bredbandsbolaget, FastTV)
bereitgestellt. Der Dienst wird auch in Hotels als Pay-per-View mit einer Auswahl von fünf bis
zehn Filmen angeboten, die im Streamingverfahren abgerufen werden können.

Bei der Einführung des Dienstes konnte Bonnier Entertainment auf die Erfahrungen von
Svensk Filmindustri im Bereich Filmverleih zurückgreifen. Darüber hinaus hat der Dienst
Vereinbarungen mit verschiedenen Filmverleihen wie Warner, 20th Century Fox, Buena
Vista Distribution, Regency, Scanbox und Sandrew Metronome geschlossen. Die mit Warner
Bros. International Television Distribution im Dezember 2004 geschlossene Vereinbarung
gehörte zu den ersten Vereinbarungen, die von einem amerikanischen Major für den
europäischen VoD-Markt geschlossen wurde.513 Im Dezember 2008 umfasste der
bereitgestellte Katalog 1 400 Titel von 30 verschiedenen Unternehmen, wobei sich die
Herausgeber des Dienstes über die fehlende Zusammenarbeit mit Paramount, Sony und
Universal beklagten.514

Der VoD-Verleih von SF Anytime kostet im Internet 9 bis 45 schwedische Kronen (d.h. 0,99
bis 5 EUR) und im Rahmen eines IPTV-Angebots zwischen 9 und 53 schwedischen Kronen
(0,99 bis 5,70 EUR).

Die SF Anytime arbeitet außerdem mit ihrer Schwestergesellschaft TV4AB im Rahmen des
TV4 Anytime-Dienstes zusammen. Die Sendungen des Kanals können einen Tag nach ihrer
Ausstrahlung im Fernsehen im Rahmen eines SVoD-Angebotes zum Preis von monatlich
5 EUR heruntergeladen werden.

Auch wenn keine regelmäßig veröffentlichten Zahlen von SF Anytime vorliegen, wurde der
Dienst in den ersten Jahren offenbar nicht besonders stark genutzt. Innerhalb von 5 Jahren
wurden insgesamt 300 000 Downloads registriert.515

Der geringe Erfolg des Dienstes lässt sich (wie auch bei film2home, dem Hautkonkurrenten
in den nordischen Ländern) mit dem beträchtlichen Ausmaß illegaler Downloads in den
nordischen Ländern erklären. SF Anytime versuchte daher einen besseren rechtlichen
Schutz durch verstärkte Bekämpfung der Piraterie zu erreichen. Am 1. April 2009 trat in
Schweden das IPRED-Gesetz in Kraft, das zu einem erheblichen Rückgang illegaler
Downloads in den Breitbandnetzen führte. Gleichzeitig verzeichnete SF Anytime erhöhte

513
Timewarner Pressemitteilung, 1. Dezember 2004,
http://www.timewarner.com/corp/newsroom/pr/0,20812,845389,00.html
514
“Fiasko för hyrfilm på nätet”, dn-se, 7. März 2008
http://www.dn.se/ekonomi/fiasko-for-hyrfilm-pa-natet-1.603767
515
“SF Anytime växer”, Pryl Portalen.se, 13. Februar 2007,
http://www.prylportalen.se/artikel/sf_anytime_vaxer_070213091747-699.html

199
Download-to-rent-Zahlen, die sich aber auch auf die Werbekampagne zurückführen lassen
die zeitgleich mit dem Inkrafttreten des Gesetzes stattfand.516

4.5.2.2. Nordisk Film: Sputnik

Die zur internationalen Mediengruppe Egmont gehörende Gesellschaft Nordisk Film ist eines
der ältesten und wichtigsten Unternehmen der europäischen Filmbranche. Die Gesellschaft
Nordisk Film schloss sich 2004 zur Einführung des Online-VoD-Dienstes TV2 Sputnik mit
dem öffentlich-rechtlichen (werbefinanzierten) Unternehmen TV2 zusammen. Das Angebot
umfasst einen Filmdienst und einen Dienst mit Fernsehsendungen. Beim Start im Juni 2005
wurden 275 Filme angeboten.

4.5.2.3. MK2

Die französische MK2-Gruppe, die als Produzent, Filmverleih, Kinobetreiber und DVD-Verlag
tätig ist, startete am 14. Mai 2007 im Internet die VoD-Plattform MK2 VOD.517 Die im Bereich
Autorenkino spezialisierte Unternehmensgruppe wollte sich von Anfang an von den übrigen
Marktangeboten, die sich überwiegend auf amerikanische Filme konzentrierten, abheben. In
der Presseerklärung hieß es: "MK2, der erste französische Kinobetreiber, der eine VoD-
Plattform einführt, unterscheidet sich in zwei Punkten von den zahlreichen vorhandenen
VoD-Angeboten: Dem breit gefächerten Katalog und der intensiven redaktionellen
Aufbereitung der Plattform."

Beim Start des Dienstes enthielt der angebotene Katalog mehr als 500 Titel. Dieser Katalog
wurde schnell ergänzt und umfasste im September 2007 bereits 2.000 Titel. Diese stammen
aus dem MK2-Katalog, aber auch von mehr als zehn Rechteinhabern: FTD, Studio Canal,
EPI Diffusion, Family Films usw. Neben Filmen können bei MK2 VOD auch
Dokumentationen, Trickfilme, Kurzfilme, Erotikfilme usw. heruntergeladen werden.

Die redaktionelle Aufbereitung der Website unterliegt der Verantwortung eines


"Kinofachmanns", der für Filmtipps, Präsentationen, Kritiken und Empfehlungen zuständig
ist. Die Seite bietet insbesondere Themenwochen oder Themen im Zusammenhang mit
speziellen Ereignissen an. Außerdem gibt es verschiedene Rubriken, in denen neue Werke
vorgestellt werden, wie: le choix du vendeur (Kinotipps), le coin des curieux (Sehenswerte
Kinojuwelen und Arthouse), la critique qui donne envie (Interessante Kritiken mit
Kommentaren von Internetnutzern und Neuigkeiten vom Kino), 3 raisons de voir ce film
(3 Gründe, diesen Film zu sehen, mit Infos zum Film, Anekdoten, verliehene Preise…).

Der Katalog steht rund um die Uhr zur Verfügung, wobei die einzelnen Titel als Download-to-
rent innerhalb von 48 Stunden beliebig oft angesehen werden können. Die Nutzung des
Dienstes ist einfach, da kein spezielles Medienabspielprogramm zum Ansehen oder
Herunterladen erforderlich ist. Preislich bewegt sich der Dienst mit Preisen zwischen 3,99
und 4,99 EUR im Mittelfeld.

4.5.2.4. Filmax Entertainment SA

Filmax ist die größte spanische Unternehmensgruppe der Filmbranche, die als Produzent,
Filmvertrieb und Kinobetreiber agiert. Im Februar 2009 startete das Unternehmen das VoD-

516
“Swedish anti-piracy law, two weeks on: Traffic down and sales up”, Royal Pingdom, 15. April 2009,
http://royal.pingdom.com/2009/04/15/swedish-anti-piracy-law-two-weeks-on-traffic-down-and-sales-up/
517
http://vod.mk2.com/

200
Angebot Yodecido, das sowohl einen Online-VoD-Dienst mit Katalogtiteln (Videoclub), die
als Download-to-own oder Download-to-rent angeboten werden, als auch einen Online-
Musikdienst umfasst. Zudem werden eine Reihe von Trailern der von Filmax vermarkteten
Filmen und ein Videoportal für nutzergenerierte Inhalte angeboten. Im April 2009
verzeichnete der Videoclub laut eigenen Angaben 3.000 Kunden.

Gleichzeitig hat sich Filmax mit der Gesellschaft ADNstream zusammengeschlossen, die
den kostenlosen werbefinanzierten VoD-Dienst ADNstreamtv anbietet.518 Eine begrenzte
Anzahl von Titeln aus dem Filmax-Katalog wird auf dieser Plattform bereitgestellt.

4.5.2.5. Andere im VoD-Bereich tätige Unternehmensgruppen

Die Unternehmensgruppe Pathé, die im Bereich Filmproduktion (in Frankreich und in


Großbritannien), Filmverleih und als Betreiber von Kinosälen tätig ist, zeigte sich in Bezug
auf Videoabrufdienste eher zurückhaltend. Das Unternehmen stellt in seinem
Tätigkeitsbericht 2007 fest, dass "die neuen Telekommunikationsbetreiber auf die
Entwicklung neuer Märkte, insbesondere den Video-on-Demand-Markt (VOD), schließen
lassen, der zwar noch klein ist, sich jedoch gerade im Aufschwung befindet." Auf seiner
Website verweist das Unternehmen Pathé die Nutzer auf die Webseiten der 9 französischen
Diensteanbieter, mit denen Vereinbarungen geschlossen wurden.

UGC betreibt ein europäisches Kinonetz mit etwa 600 Kinosälen in Frankreich, Belgien,
Spanien und Italien und verzeichnete 2008 mehr als 38 Millionen Kinobesuche. Das
Unternehmen UGC ist auch im Bereich Filmproduktion und -verleih präsent und agiert im
Rahmen des Verkaufs audiovisueller Rechte bei der Verbreitung französischer und
europäischer Filme in den Kinos weltweit. Die Strategie von UGC im VoD-Bereich ist nicht
sehr deutlich. Mitte 2008 wurden in der Presse Gerüchte laut, nach denen es möglicherweise
eine Vereinbarung mit CD Discount über die Einführung eines kostenlosen VoD-Dienstes im
Internet geben werde. Jedoch erwies sich dieser Dienst als äußerst kurzlebig.

Der Generaldirektor von Gaumont war nie ein überzeugter Verfechter der Anpassung des
Filmmarkts an das Internet, das seiner Ansicht nach Mitverursacher der tiefgreifenden Krise
der Kinoindustrie in Frankreich ist. Ende 2006 erklärte er sogar, dass ein zu reichhaltiges
Videoabrufangebot den Hauptfinanzier des Kinos, nämlich den Sender Canal+,
benachteiligen könnte. Er relativiert die Bedeutung dieser Ausstrahlungsart, die seiner
Ansicht nach für die Produzenten wenig profitabel ist: „Für die Rechteinhaber stellt das
Internet eindeutig ein neues zu eroberndes Territorium dar. Aber die Entwicklung dieser
neuen Ausstrahlungsart darf nicht auf Kosten des Besitzstandes gehen. Nehmen wir
beispielsweise den erfolgreichen Film "Palais Royal", der von Gaumont produziert wurde.
Insgesamt verzeichnete dieser Film 2,4 Millionen Kinobesuche, 240.000 verkaufte DVDs und
24.000 Downloads im Internet. Das Filmstudio Gaumont erzielt einen größeren Erlös aus
dem Verkauf einer Kinokarte und einer DVD als aus einem Download.“519

Dennoch hat die Gaumont-Gruppe 2007 im Bereich VoD-Verleih mit der Unterzeichnung
einer Vereinbarung mit Orange (24/24 Vidéo-Dienst) und eines weiteren Abkommens mit
Canalplay im Januar 2008 erste Schritte unternommen. Die Vereinbarung mit Canalplay
betrifft eine Auswahl neu erschienener und älterer Filme der französischen
Produktionsgesellschaft. Seit Dezember 2008 bietet Canalplay alle von Gaumont
produzierten Filme als Download-to-own an. Die älteren Filme von Gaumont werden für
9,99 EUR und die Neuerscheinungen zum Preis von 14,99 EUR zum Herunterladen

518
http://www.adnstream.tv/canal/filmax/
519
Interview mit Nicolas Seydoux, Les Echos, 28. November 2006.

201
angeboten. Nach erfolgtem Download-to-own kann der Nutzer seinen Film mit allen
Abspielprogrammen einschließlich PSP von Sony und ohne jegliche Begrenzung ansehen.520

Die Europacorp-Gruppe ist im Bereich Filmproduktion und Filmverleih tätig. Sie bietet
keinen eigenen VoD-Dienst, aber ihr Gründer, Luc Besson, zeigt sich von dieser Vertriebsart
überzeugt und sah für das Geschäftsjahr 2007/2008 einen Umsatz von 0,5 Millionen EUR in
diesem Segment voraus.521 Im Oktober 2006 schloss EuropaCorp eine Vereinbarung mit
Orange über die Vermarktung seiner Filme im Katalog des 24/24 Vidéo-Dienstes. Im
Sepember 2007522 gab Glowria den Abschluss einer Vereinbarung mit Europacorp bekannt,
der zufolge der gesamte aus etwa sechzig Filmen bestehende Katalog der Europacorp-
Gruppe als Download-to-own oder Download-to-rent im VoD-Dienst von Glowria und in den
verbundenen IPTV-Diensten angeboten werden kann (Fnac.com, Dartybox). Im Februar
2008 schloss Europacorp eine Vereinbarung mit Microsoft über die Vermarktung bestimmter
Titel im Rahmen des Xbox Live-Dienstes.

Die deutsche Constantin Film AG ist eines der größten europäischen Unternehmen der
Filmbranche und ist im Bereich Produktion, Verleih und Rechtehandel tätig. Die
Unternehmensgruppe hat keinen eigenen Dienst eingerichtet, sondern im Rahmen ihrer
"licence trading"-Aktivitäten lieber Vereinbarungen mit deutschen Diensteanbietern
geschlossen. Bereits 2003 schloss Constantin Film eine Vereinbarung mit dem T-Home-
Dienst der Deutschen Telekom. Im Oktober 2007 wurde der Abschluss einer Vereinbarung
mit der Glowria GmbH bekanntgegeben523, die später in Video Buster umbenannt wurde. Die
Vereinbarung wurde im März erweitert, sodass Video Buster nunmehr die gesamten 2008
von Constantin produzierten Titel in seinen Katalog aufnehmen und anbieten kann.524 Einige
Filme werden zudem für den deutschen Xbox Life-Dienst von Microsoft bereitgestellt.

4.5.3. Unabhängige Produzenten

Für die unabhängigen Produzenten ist der Zugang zum VoD-Markt nicht einfach.
Verschiedene Faktoren wie der eher unbeständige Charakter des Markts, die unzureichende
Transparenz, die Gefahr, dass die eigenen Filme in den von den großen Filmverleihen
dominierten Katalogen in den Hintergrund gedrängt werden, haben zahlreiche unabhängige
Produzenten veranlasst, eine abwartende Haltung einzunehmen und ihre VoD-Rechte zu
behalten. Gleichzeitig neigen die Fernsehveranstalter und Vertriebsgesellschaften dazu, von
ihnen VoD-Rechte zu verlangen, bevor sie einen Film finanzieren.

Verschiedene neue Initiativen beinhalten Gegenseitigkeitsmodelle zur Schaffung spezieller


Plattformen für unabhängige Produktionen und Autorenfilme.

520
Pressemitteilung Gruppe Canal+, 29. August 2008, http://media.canal-plus.com/file/94/3/116943.pdf,
PC Inpact, 1. September 2008, http://www.pcinpact.com/actu/news/45659-Canalplay-films-gaumont-
telechargement-defin.htm
521
Gespräch mit Luc Besson, Boursier.com, 28. Juni 2007, http://www.boursier.com/vals/fr/luc-besson-
president-du-directoire-d-Europa-corp-interview-1705.htm
522
Pressemitteilung Glowria, 24. September 2007,
http://public.glowria.fr/press/Europacorp_glowria_vod.pdf
523
Glowria Pressemitteilung, 10. Oktober 2007, http://www.openpr.de/pdf/163449/Die-glowria-GmbH-erwirbt-
umfassendes-Video-on-Demand-Filmpaket-von-der-Constantin-Film.pdf
524
Video Buster Pressemitteilung, 10. März 2008,
http://www.videobuster-holding.de/index.php?option=com_content&view=article&id=69:video-buster-erwirbt-
alle-vod-starts-2008-von-constantin-film&catid=18:pressemitteilungen-2007&Itemid=46

202
4.5.3.1. Le meilleur du cinéma français: UniversCiné

UniversCiné entstand 2001 aus dem Zusammenschluss von 34 unabhängigen französischen


Produzenten in der Gesellschaft "Le meilleur du cinéma français" (LMCF) mit dem Ziel der
Bündelung von VoD-Rechten. Für das Außenministerium entwickelte dieser
Zusammenschluss 2003 einen digitalen Filmvertriebsdienst für die "Centres culturels"
(Kulturzentren) im Ausland und die Niederlassungen der "Alliance française" weltweit.
Zwischen 2004 und 2005 erstellten die Produzenten einen Katalog mit allen Titeln. Der VoD-
Dienst UniversCiné wird 2006 aus Eigenmitteln, aber auch mit Unterstützung des Centre
National de la Cinématographie (CNC) und der Procirep (Gesellschaft zur Wahrnehmung
und Vergabe von Rechten an Kinofilmen) eingerichtet. Am 23. Oktober 2006 ging eine
Testversion mit 126 französischen Filmen an den Start. Der Online-VoD-Verleih startete
offiziell im Februar 2007 mit einem Angebot von 300 Filmen, von denen 200 exklusiv
bereitgestellt werden.

Um den Herausforderungen des VoD-Marktes gerecht zu werden, agiert UniversCiné in drei


Bereichen:
- Sammeln
 von VoD-Mandaten für die Filme der Anteilseigner (Filmproduzenten/ Film-
verleihe),
 von VoD-Mandaten für Filmkataloge von Partnerproduzenten und -verleihen.
- VoD-Vertrieb
von Rechten für die Verwertung des UniversCiné-Katalogs bei den großen
VoD-Anbietern und -betreibern (Internetanbieter, Medien- und e-commerce-
Portale...) mit einem hochwertigen exklusiven Filmangebot einschließlich
redaktionellem Zusatz- und Werbematerial (Gespräche, making-of etc.).
- Herausgeber
 der VoD-Website www.universcine.com, die ausgefeilte Gestaltung und
innovative Technik bietet,
 spezieller VoD-Seiten für einen ausgewählten Zuschauerkreis (MAE,
Bibliotheken und Erziehung).

UniversCiné positioniert sich also gleichzeitig als direkter Online-Betreiber eines


reichhaltigen und hochwertigen VoD-Dienstes und als Partner für große Plattformen mit
einem andersartigen Filmangebot, das einen hohen Mehrwert bietet und redaktionelle Inhalte
umfasst. Eine europaweite Ausdehnung des Dienstes ist nicht vorgesehen, aber es werden
Partnerschaften mit ähnlichen europäischen Projekten gesucht. Der Dienst hat seinen
Katalog schrittweise auf europäische Autorenfilme ausgedehnt und ist 2007, 2008 und 2009
mit Mitteln aus dem Programm MEDIA der Europäischen Kommission gefördert worden.

Erklärtes Ziel ist es, bis zum Jahr 2010 einen Anteil von 2% auf dem französischen VoD-
Markt zu erzielen. „Unser Projekt basiert auf der Feststellung, dass sich der in Frankreich
erzielte Umsatz in Höhe von 350 Millionen EUR ganz hin zum Internet verschieben wird",
erläuterte Projektdirektor Jean-Yves Bloch. Um die anvisierten 2 Millionen Downloads
innerhalb von 3 Jahren zu verkaufen, setzt UniversCiné zunächst auf die Ausstrahlung im
Rahmen von IPTV-Angeboten. Hierzu werden Partnerschaften mit Anbietern von IPTV-
Diensten angestrebt. Der Kanal "Toutes les nouveautés d’Universciné" ist Bestandteil des
Angebots Neufbox von SFR. Außerdem gab UniversCiné im August 2008 den Abschluss
einer Vereinbarung mit VirginMega bekannt. Damit ist der gesamte UniversCiné-Katalog
(500 Titel) inklusive redaktionellem Begleitmaterial im Online-Angebot von VirginMega unter
eigenem Label verfügbar. Im Rahmen dieser Partnerschaft kann UniversCiné außerdem den
VoD-Katalog "Mes vidéos à la carte" des IPTV-Dienstes Alice TV (den Free 2007 von
Telecom Italia übernahm) einbinden.

203
Die Gesellschaft "Le meilleur du cinéma" verzeichnete 2007 einen Umsatz von 348 000 EUR
und einen Verlust von 365 000 EUR. Anfang 2008 wurde eine Kapitalaufstockung seitens
der Aktionäre in Höhe von 1 Million EUR vorgesehen, die in den nächsten 18 bis 24 Monaten
erfolgen soll.525

4.5.3.2. The Filmmakers’ Independent Digital Distribution: Movieurope

Filmmakers’ Independent Digital Distribution ist eine 2005 gegründete dänische Kooperation,
an der skandinavische Regisseure und Produzenten eine 50%-ige Kapitalbeteiligung halten.
Die Gesellschaft betreibt einen Bezahlsender für nordische Filme und richtete mit finanzieller
Unterstützung aus dem Programm MEDIA ein VoD-Angebot für die nordischen Länder ein.
Dabei sollen die Filme digitalisiert, verwaltet und als VoD zunächst in den skandinavischen
und später den baltischen Ländern bereitgestellt werden. Das ursprünglich angekündigte Ziel
bestand darin, Marktführer im Bereich der Vermarktung zu werden und bis 2013 einen
Katalog mit 50.000 europäischen Filmen in 27 Sprachen anzubieten. Dieses Ziel wurde
später korrigiert und auf die nordischen Länder beschränkt. Die englische Version der
Website bot zunächst 200 Filme an, wobei bis Ende 2009 weitere 100 Filme dazukommen
sollen. Die dänische Version dagegen stellt 630 Filme bereit. Die Website hofft bis Ende
2009 10.000 Kunden monatlich zu erreichen und auf insgesamt 100.000 Kunden bis Ende
2010. Das SVoD-Modell gilt als kostengünstiger als die Verwaltung des ebenfalls von FIDD
betriebenen PayTV-Senders.

4.5.4. Unabhängige Verleihe

In Europa gibt es ein Netzwerk kleiner unabhängiger Filmverleihe, die sich auf den Verleih
von Autorenfilmen und europäischen Filmen spezialisiert haben.526 Für diese Verleihe, deren
Vertriebswege eher schwach strukturiert sind, stellt die Entwicklung des VoD-Marktes ein
großes Risiko dar: Da die Produzenten selbst die VoD-Rechte verwerten können, werden
möglicherweise einzelne Marktsegmente nicht bedient. Wie die Analyse527 von Philippe
Leconte von der französischen Gesellschaft Pyramide Distribution zeigt, wird der VoD-Markt
(der sich nicht nur auf Online-Dienste beschränkt) immer komplexer und erfordert eine
gesonderte Beschäftigung mit dem Thema der Rechteverwaltung. Wenn die unabhängigen
Verleihe die Zuständigkeit für den Bereich der Rechtverwaltung übernehmen, sollten sie in
der Lage sein, ihrer Aufgabe als Vermittler zwischen Produzenten und dem Markt gerecht zu
werden. Europa Distribution, eine Vereinigung verschiedener unabhängiger Verleihe,
beschäftigt sich mit der künftigen strategischen Ausrichtung der Verleihe und organisiert
Workshops zu VoD und den Perspektiven von VoD für die Mitglieder.

Verschiedene unabhängige Verleihe haben sich bereits auf dem Markt positioniert und einen
eigenen Dienst eingerichtet. Andere ziehen Verhandlungen mit den Dienstebetreibern vor,
um auf diese Weise individuelle Lösungen für den Zugang europäischer Filme zum VoD-
Markt zu finden.

525
Journal du net, 25. Januar 2008,
http://www.journaldunet.com/ebusiness/internet/actualite/0801/080125-universcine.shtml
526
Vgl. A. LANGE et S. NEWMAN-BAUDAIS, Filmverleihunternehmen in Europa, Europäische Audiovisuelle
Informationsstelle, 2007.
527
P. LECONTE, “A Practical Insight into VOD”, presentation to the Europa Distribution workshop, Paris, 17. Juli
2009, http://www.vod-news.net/article-33672915.html

204
4.5.4.1. Filmladen

Das österreichische Filmverleihunternehmen Filmladen, das in seinem Land Marktführer im


Autorenfilmbereich ist und gleichzeitig Programmkinos und einen DVD-Verlag betreibt, hat
eine VoD-Website mit mehr als 400 überwiegend österreichischen Filmen eingerichtet. Die
Filme können europaweit zu Preisen zwischen 5,90 und 7,90 EUR heruntergeladen
werden.528

4.5.4.2. Cinemalink

In den drei Benelux-Ländern gehören die Schwestergesellschaften Amsterdam Brussel


Cinemien Distribution (Belgien) und Cinemien Film & Video Distributie (Niederlande) unter
dem Label ABC Distribution zu den wichtigsten Akteuren unter den unabhängigen
Filmverleihen. Sie haben den Online-VoD-Verleih Cinemalink529 eingerichtet. Im Frühjahr
2009 umfasste dessen Angebot 112 Filme.

4.5.4.3. Belanski

Belanski LLC ist eine junge ungarische Gesellschaft, die sich auf den internationalen Verleih
und Verkauf von Filmen spezialisiert hat und hierbei im Wesentlichen digitale Plattformen im
Internet nutzt. Der Katalog umfasst etwa hundert Titel (Filme, Dokumentationen und
Kurzfilme). Anfang 2009 hat sie einen Download-to-rent-Dienst eingerichtet.530

4.5.4.4. Wild Bunch

Das ursprünglich als internationale Verkaufsgesellschaft gegründete Unternehmen Wild


Bunch hat sich unter den wichtigsten europäischen Produktionsgesellschaften und
Filmverleihen positioniert und gilt heute als unumgänglicher Ansprechpartner für
unabhängige Produzenten. Als größter Akteur im Bereich internationaler Verkäufe und mit
einem mehr als 1 150 Titel umfassenden Katalog baut Wild Bunch ein europaweites
Vertriebsnetz auf und ist bereits jetzt in Frankreich mit einem Kinofilmverleih (Wild Bunch
Distribution) und einem Videoverleih (Wild Side Vidéo) vertreten und ist außerdem in Italien
(BIM Distribuzione), in Deutschland (Central Film/Senator) und in den Benelux-Ländern (Wild
Bunch Benelux) präsent. Im Oktober 2008 startete Wild Bunch den VoD-Dienst Filmo TV mit
einem Katalog von 500 Filmen. Die Filme werden als Download-to-rent angeboten, wobei die
Besonderheit des Dienstes vor allem darin besteht, VoD im Abonnement (50 Filme monatlich
für 9,90 EUR) anzubieten. Zudem ist die redaktionelle Gestaltung der Seite besonders
hervorzuheben: Thematische Zusammenstellung von Filmen, Vorstellung der Filme von
Fachjournalisten, wodurch der Dienst durchaus mit den Sendern, die kostenpflichtige Filme
für Kinofreunde anbieten, konkurrieren kann. Laut Bruno Delecour, Präsident von Filmo TV
und ehemaliger Präsident der Canal+-Gruppe und des Tochterunternehmens CanalSatellite,
werden „die meisten Videoabrufdienste - mit Ausnahme einiger Erfolgstitel (Blockbusters) -
einzeln und ohne Orientierungshilfe auf der Startseite zu hohen Preisen von 4 bis 5 EUR pro
Film angeboten. Daher ist es wichtig, das Angebot redaktionell aufzubereiten und zu
strukturieren". Bei der Einführung des Dienstes sagte die Firmenleitung von Filmo TV
innerhalb von 2 Jahren ausgeglichene Zahlen voraus.

528
http://download.filmladen.at.
529
http://www.cinemalink.nl/
530
http://www.belanski.com

205
4.5.4.5. Filmklik

Der ungarische Filmverleih Budapest Film startete 2008 den VoD-Dienst Filmklik mit
europäischen Filmen, die im Internet als Download-to-rent abgerufen werden können. Über
die Ausweitung des Projekts auf andere mitteleuropäische Ländern (Tschechische Republik
Slowakei usw.) wird gerade verhandelt.

4.5.4.6. Curzon Artificial Eye

Statt einen eigenen Dienst anzubieten, ziehen es einige unabhängige Filmverleihe vor, sich
mit groß angelegter VoD-Werbung gegenüber den großen Betreibern zu behaupten.

So testete Curzon Artificial in Großbritannien das zeitgleiche Erscheinen als VoD und im
Kino erstmalig mit dem Film De l’autre côté de Fatih Akin. Dieser Film, der Anfang 2008 in
die Kinos kam, konnte vierzehn Tage lang gleichzeitig über den VoD-Dienst von Sky zum
fast identischen Preis (9,99 GBP gegenüber 10 GBP im Kino) abgerufen werden. Laut Ross
Fitzsimons, dem Direktor für Strategie und Entwicklung bei Curzon sind: „(...) die Zahlen
vertraulich, aber ich kann ihnen sagen, dass das Ergebnis fünfmal besser war, als Sky mit
seinen 9 Millionen Abonnenten erwartet hatte". Darüber hinaus geht man bei Curzon davon
aus, dass sich durch dieses VoD-Angebot auch die Zahl der Kinobesuche für diesen Film
erhöht hat. „Ich betone, dass es sich nicht um ein Multiplattform-Angebot handelt, sondern
vielmehr um das Erscheinen auf zwei verschiedenen Medien", erläutert Ross Fitzsimons.
„Uns ist klar geworden, dass bestimmte Filme zwar überschwänglich von der Zeitungs- und
Filmpresse gelobt wurden, das Publikum diese aber nicht sehen konnte, da sie in den
lokalen Kinos nicht auf dem Programm standen. Um diesem Publikum eine viermonatige
Wartezeit bis zum Erscheinen der DVD zu ersparen, wollten wir trotzdem die Gelegenheit
geben, solche Filme vorher zu sehen."531

4.5.4.7. Manga

Manga ist ein 1993 gegründeter, spanischer Filmverleih, der auf dem spanischen Markt der
unabhängigen Filmverleihe gut positioniert ist.532 Das Unternehmen gehört ebenso wie Notro
Films, eine Produktionsgesellschaft, die sich auf Filmkunstkino, populäre Filme und
Horrorfilme spezialisiert hat, zur Unternehmensgruppe Vertice 360. Nicht alle Filme aus dem
Katalog von Manga können als VoD vermarktet werden, da die vor 2002 geschlossenen
Verträge mit bestimmten Produzenten neu verhandelt werden müssen. Manga hat sich
entschieden, keine eigene Plattform einzurichten, sondern mit den verschiedenen in Spanien
bereits existierenden Diensten (Imagenio, Orange, Jazztel, ONO, Digital+, ADNStream,
PixBox, Terra TV, Filmotech) zusammenzuarbeiten. Ende 2008 nahm Manga
Verhandlungen mit den Plattformen der Spielehersteller auf und ist heute der einzige
spanische unabhängige Filmverleih, der Filme für den Xbox 360-Dienst von Microsoft
bereitstellt.

Manga schließt hauptsächlich Verträge nicht exklusiver Art im Bereich VoD-Verleih, da es in


Spanien noch keinen Markt für VoD-Kauf und SVoD gibt. Anfangs wurden die VoD-Rechte
zusammen mit den Pay-per-View-Rechten und teilweise im Paket mit Pay-TV und Pay-per-
View-Rechten verkauft. Die Marktentwicklung geht jedoch in Richtung einer Verkürzung des
VoD-Verwertungsfensters, das sich dieses damit immer mehr dem Fenster für Erscheinen

531
Interview in Europa Cinema Network Review, November 2008,
http://www.Europa-cinemas.org/en/communication/Documents/EuropaCinemasNewsletter_Nov2008.pdf
532
Nach einem Beitrag von Ania Jones (Manga) zum ’atelier VoD’ organisiert von Europa Distribution, Paris,
17. Juli 2009.

206
der DVD angleicht. Die VoD-Rechte für Filme werden für 4 bis 6 Monate erteilt und die
Rechte für Kataloge für 6 bis 12 Monate. In Spanien tendiert man immer mehr zur Aufteilung
der Einnahmen mit dem Diensteanbieter, wobei es gleichzeitig auch garantierte
Mindestbeträge gibt.

Die Einnahmen von Manga aus der Verwertung als VoD stammen überwiegend aus
Verträgen für Filme, die große Kinoerfolge waren und können bis zu 50 000 EUR pro Titel
betragen. Die Katalogtitel stellen weniger als 20% des Umsatzes im VoD-Bereich dar und die
Online-VoD-Verkäufe und –Dienste weniger als 5% des VoD-Umsatzes.

4.5.5. Videoverlage

Auch einige Videoverlage haben ihren eigenen Online-VoD-Dienst eingerichtet und bieten
einen Filmkatalog als Download-to-rent oder Download-to-own an:533

Tabelle 26: VoD-Dienste nach Videoverlagen


Territoriale
Name des Herausgeber des Zugänglichkei Art des
Land Netz Begrenz-
Dienstes Katalogs t Dienstes
ung
European International unbegrenzt / Download-to-
BE Film Huis Internet X
Communication national rent
European International unbegrenzt / Download-to-
BE FilmClub Internet X
Communication national rent
unbegrenzt / Download-to-
CH Artfilm.ch Artfilm.ch S.A. Internet
weltweit own
Absolut on unbegrenzt / Download-to-
DE Absolut Medien GmbH Internet X
Demand national own
unbegrenzt / Download-to-
FI Pixoff Provisual oy Internet X
national rent
unbegrenzt / Download-to-
FR Dissidenz Blaq out Internet X
national rent
Editions unbegrenzt / Download-to-
FR Editions Montparnasse Internet X
Montparnasse national rent

4.5.6. Einzelhandelsunternehmen

Die Einzelhandelsunternehmen für Kulturgüter haben sehr früh die Notwendigkeit erkannt,
sich auf dem Videoabrufmarkt zu positionieren. Dies gilt insbesondere für Verleihe aber auch
für Einzelhandelsunternehmen. Für die DVD-Verleihe geht es dabei natürlich darum, sich in
einem Marktsegment zu behaupten, das direkt den Betrieb von Videotheken bedroht.

4.5.6.1. Amerikanische Beispiele: Netflix, Amazon, Blockbuster

In den Vereinigten Staaten haben drei Einzelhändler kostenpflichtige VoD-Dienste


eingeführt, nach deren Beispiel nun auch europäische Unternehmensgruppen Dienste
entwickeln.
- Netflix ist das Unternehmen, das den Online-Videoverleih erfunden hat. 2008 erzielte
Netflix einen Umsatz von 1,36 Mrd. USD und verzeichnete Ende Juni 2009 10,6 Mio.

533
Außerdem möchten wir auf den besonderen Fall des britischen Videoverlags Medici Arts Ltd hinweisen, der
den VoD-Dienst Medici TV mit klassischen Musikprogrammen als Download-to-rent oder Abonnement
anbietet.

207
Kunden für seinen Verleihdienst. Bereits 2004 wurde in Zusammenarbeit mit TiVo die
Einführung eines VoD-Dienstes geplant, die jedoch bis Januar 2007 auf sich warten
ließ. Nach firmeneigenen Angaben bleibt der Online-DVD- und Blu-ray-Verleih das
Hauptgeschäftsfeld. Der DVD-Katalog enthält 100.000 Titel, während der VoD-
Katalog nur 12.000 Titel umfasst. Der VoD-Dienst wird ebenfalls abonniert und es
werden hierfür Gruppenverträge mit dem DVD/Blu-ray-Verleih geschlossen. Die von
Netflix veröffentlichten Zahlen unterscheiden nicht zwischen Einnahmen aus dem
Verleih von Datenträgern und Einnahmen aus dem VoD-Dienst. Aufgrund des
Interesses für die Blu-ray-Disc geht Netflix davon aus, dass der materielle Verleih
noch mehrere Jahre lang die Haupteinnahmequelle darstellen wird, stellt sich aber
bereits darauf ein, dass VoD-Dienste langfristig an die erste Stelle treten werden.534
Mitte 2009 prophezeiten verschiedene Analysten die Übernahme von Netflix durch
Amazon oder Microsoft.
- Mit einem Umsatz von 19,2 Mrd. USD im Jahr 2008 ist Amazon Inc. Marktführer im
Bereich Online-Handel mit Kulturgütern. Das Unternehmen führte am 7. Dezember
2006535 einen VoD-Dienst ein, der zunächst Amazon Unbox hieß und im Dezember
2008 in Amazon on Demand umbenannt wurde. Die angebotenen Filme und
Fernsehsendungen werden zum Verkauf und zum Verleih angeboten. Im August
2009 enthielt der VoD-Katalog von Amazon on Demand mehr als 31.000 Titel, von
denen mehr als 27.000 Filme waren.536 Im März 2009 bot Amazon on Demand
außerdem 500 Filme in HD-Qualität an.537 Seit September 2008 stellt die Website
Internet Movie Data Base (imdb), die von einem Tochterunternehmen von Amazon
Inc. betrieben wird und eine der weltweit am häufigsten aufgerufenen Webseiten ist,
ebenfalls in den Vereinigten Staaten einen Katalog mit 6000 kostenloses Titeln (Filme
und Fernsehsendungen) bereit.538
- Auch Blockbuster Inc., das größte internationale Videothekennetz, startete im
November 2008 einen eigenen VoD-Dienst mit dem Namen Blockbuster on Demand,
in den der 2007 gekauften Movielink-Dienst integriert wurde.

Diese drei Online-Dienste sind zwischenzeitlich gefragte Partner bei den Herstellern von
Fernsehgeräten, Konsolen und Set-Top-Boxen geworden, die diese Dienste als
Werbeplattform für ihre Lösungen und ihre Geräte mit Breitbandanschluss nutzen. Ferner
sind sie aufgrund der guten Absatzzahlen für kostenpflichtige VoD bevorzugte Partner für
Filmstudios und Fernsehsender geworden, da sie eine Alternative zu den iTunes Stores von
Apple darstellen.

4.5.6.2. Europäische Unternehmen

Seit Beginn des Jahrzehnts konkurrieren die europäischen Einzelhandelsunternehmen, die


nunmehr auch Online-Dienste entwickeln, mit Amazon. Einige dieser Unternehmen stellen

534
Netflix, Annual report 2008,
http://files.shareholder.com/downloads/NFLX/701134303x0xS1193125-09-37430/1065280/filing.pdf
535
Amazon Pressemitteilung, 7. September 2006,
http://phx.corporate-ir.net/phoenix.zhtml?c=97664&p=irol-newsArticle&ID=903243&highlight=
536
Katalog von Amazon on Demand, aufgerufen am 11. August 2009,
http://www.amazon.com/s/qid=1250098311/ref=sr_hi?ie=UTF8&rs=16386761&bbn=16261631&rh=n%3A162
61631&page=1
537
Amazon Pressemitteilung, 21. April 2009,
http://phx.corporate-ir.net/phoenix.zhtml?c=97664&p=irol-newsArticle&ID=1278973&highlight=video
538
Amazon Pressemitteilung, 15. September 2008,
http://phx.corporate-ir.net/phoenix.zhtml?c=97664&p=irol-newsArticle&ID=1197359&highlight=

208
Tabelle 27: Einzelhandelsunternehmen aus dem Unterhaltungselektronikbereich und Videoverleihunternehmen in Europa (2005-
2008) – Betriebsergebnis in Tausend EUR.

Online- Online- Online-


Einzelhandelsunternehmen Land Geschäft Videothek VoD 2006 2007 2008 2008/2007
Verleih Verkäufe Musik
Media Markt Saturn (cons.) DE X X X X (Italie) 15 156 000 17 122 000 19 000 000 11,00%
FNAC (cons.) FR X X X X 4 266 900 4 583 000 4 587 000 0,10%
Woolworth Group PLC (1) (2) GB X X 4 160 990 4 021 125 k.A. k.A.
Amazon EU LU X 1 810 3 555 340 k.A. k.A.
HMV Group GB X X X 2 777 485 2 372 945 2 185 242 -7,9%
Smiths News Trading Ltd (WHSmith) GB X X 1 797 690 1 816 363 1 539 825 -15,20%
Zavvi Retail Ltd (2) GB X X 501 303 k.A. k.A. k.A.
Blockbuster Entertainment Ltd GB X X X X 358 946 412 352 k.A. k.A.
France Loisirs FR X X 389 497 379 699 359 940 -5,20%
Librerie Feltrinelli (cons;) IT X X 313 825 329 164 k.A. k.A.
Borders (UK) Ltd GB X X 333 431 k.A. k.A. k.A.
Free Record Shop Holding B.V. (3) NL X X X X 323 205 325 402 332 695 2,20%
Welbild Plus Medienvertrieb (est.) DE X X 280 000 280 000 k.A. k.A.
Virgin Stores FR X X X X 367 638 376 841 258 145 -31,5%
Bol.com B.V. NL X 107 087 171 369 225 287 31,50%
Empik SP Z.O.O. PL X X 160 071 213 307 k.A. k.A.
Domo Retail S.A. RO X X 128 248 182 248 k.A. k.A.
Xtra-Vision (Blockbuster Group) (5) IE X X X 141 197 158 564 k.A. k.A.
Blockbuster Italia S.P.A. IT X X X 131 788 138 769 k.A. k.A.
Amazon.co.UK Ltd GB X 115 828 110 279 98 795 -10,40%
ECI Voor Boeken en Platen NL X X 119 227 109 417 k.A. k.A.
Ex Libris CH X X X 100 203 107 554 k.A. k.A.
CDON AB SE X X X 78 620 94 436 k.A. k.A.

Online- Online- Online-


Videoverleihunternehmen Land Geschäfte Vidéothek VoD 2006 2007 2008 2008/2007
Verleih Verkäufe Musik
Lovefilm International Ltd GB X X 61 785 67 028 76 544 14,20%
Videobuster Entertainment GmbH DE X X k.A. k.A. 25 000 k.A.
Lovefilm UK (4) GB X X _ _ 17 323 _
Glow Entertainment Group FR X X 4 297 5 944 5 640 -5,10%
Lovefilm Sverige SE X X 2 334 5 800 k.A. k.A.
Lovefilm Norge AS NO X X 2 133 2192 k.A. k.A.
(1) 2006 über 18 Monate. (3) Online-Verkaufsdienste (Musik und VoD) ermittelt im Juni 2009. (5) Verkauft von Blockbuster im August 2009.
(2) Konkurs im Dezember 2008. (4) 2000 über 8 Monate.

Quelle: Europäische Audiovisuelle Informationsstelle


auch einen Online-Musikdienst bereit. Die Zahl der Unternehmen, die gleichzeitig einen VoD-
Dienst gestartet haben, ist geringer. Bedingt durch die Fragmentierung der Märkte sind die
europäischen Unternehmen natürlich nicht groß genug, um ähnlich reichhaltige Kataloge wie
Amazon on Demand oder Netflix anbieten zu können und es ist eher unwahrscheinlich, dass
sie wie ihre amerikanischen Pendants zu gefragten Sammelanbietern werden. Nachdem
Amazon eine Beteiligung an Lovefilm International erworben hat, kann über ein mögliches
Auftreten von Amazon auf dem europäischen Markt spekuliert werden.

4.5.6.3. Lovefilm

Die Onlinevideothek Lovefilm International Ltd startete ihren VoD-Dienst im April 2006. Die
Gesellschaft kann den größten Filmkatalog in Großbritannien vorweisen. Im Februar 2008
erwarb Lovefilm den DVD-Verleih von Amazon UK und Amazon Deutschland.539 Bei dieser
Gelegenheit sorgte Amazon Europe bei Lovefilm International für eine Kapitalspritze und ist
nunmehr Hauptaktionär des Unternehmens. Der Dienst bewahrt seine Eigenständigkeit und
erscheint auch nicht auf dem britischen Portal von Amazon. Nach eigenen Angaben hat
Lovefilm insgesamt mehr als 900 000 Kunden, überwiegend in Großbritannien und
Deutschland, aber auch in den nordischen Ländern, wo sie mit ihren Tochterunternehmen
Lovefilm Sverige und Lovefilm Norge vertreten ist.540 Im Oktober 2008 wurde das
Unternehmen im Ranking The Sunday Times Microsoft Tech Track 100 aufgrund des stark
gestiegenen Umsatzes als zweitgrößtes britisches Unternehmen der Technologiebranche
gelistet. Der Umsatz hat sich tatsächlich innerhalb eines Jahres um 239% erhöht. Zahlen
über die VoD-Aktivitäten werden nicht veröffentlicht. Im Bereich DVD-Verleih werden nach
Angaben des Unternehmens monatlich 3 Millionen DVD aus dem 70.000 Titel umfassenden
Katalog ausgeliehen.541

Abbildung 40: Tagesreichweite der Website Lovefilm.com (2008-2009)

Quelle: Alexa

539
Amazon.co.uk Pressemitteilung, 4. Februar 2008, http://www.amazon.co.uk/gp/press/pr/20080204/ref=amb_
link_55701565_13?pf_rd_m=A3P5ROKL5A1OLE&pf_rd_s=center-2&pf_rd_r=0KM8YHKH9K9XT3P94GTX&
pf_rd_t=2701&pf_rd_p=464942953&pf_rd_i=home-2008
540
Lovefilm Pressemitteilung, 4. Februar 2008,
http://www.lovefilm.com/corporate/news_item.html?full=Y&item=5753
541
Lovefilm Pressemitteilung, 1. Oktober 2008, http://www.lovefilm.com/corporate/news_item.html?item=8032

210
4.5.6.4. Glow Entertainment Group

In Frankreich ist die Glow Entertainment Group (Glowria), die 2008 vom Hersteller Netgem
übernommen wurde (vgl. weiter oben 4.1.8), das größte Unternehmen im Bereich VoD-
Verleih.

4.5.6.5. Video Buster Entertainment GmbH

In Deutschland gibt es die von der Video Buster Entertainment GmbH betriebene Online-
Videothek Video Buster. Dieser Gesellschaft ist es gelungen, verschiedene Unternehmen
darunter die Netleih GmbH (die 2002 den ersten Dienst startete) und - im Januar 2008 - den
deutschen Ableger des französischen Glowria-Konzerns unter einen Hut zu bringen.542 Auch
Video Buster führte im Dezember 2007 einen VoD-Dienst ein. Der Dienst bietet Streamings
und Downloads. Dank einer im März 2008 mit dem Produzenten/Verleih Constantin Film AG
geschlossenen Vereinbarung konnte der VoD-Katalog von 400 auf 4000 Titel erweitert
werden.543 2008 erzielte die Gesellschaft einen Umsatz von 25 Mio. EUR, von dem ein Drittel
auf den Online-Videoverleih entfiel. 2013 soll der Online-DVD/BD-Verleih die Hälfte des
Umsatzes ausmachen.544

Angesichts der Konkurrenz des Maxdome-Dienstes, der sowohl online als auch als IPTV
verfügbar ist, hat Video Buster verschiedene Partnerschaften geschlossen, um seinen Dienst
gleichzeitig auf Fernsehgeräten zugänglich zu machen: Im März 2008 mit Microsoft über
eine Bereitstellung über die Xbox 360 und im März 2009 mit dem deutschen Hersteller
Medion AG, der eine Set-Top-Box konzipiert hat.545

Abbildung 41: Tagesreichweite (%) der Webseiten Maxdome, Video Buster und
Videoload (2008-2009)

Quelle: Alexa

542
Konzentrationsprozess im Verleihmarkt schreitet voran. Video Buster übernimmt Online Verleih von Glowria“,
Video Buster Pressemitteilung, 14. Januar 2008, http://www.videobuster-holding.de/
543
„Video Buster erwirbt alle VoD-Starts 2008 von Constantin Film“, Video Buster Entertainment AG Mitteilung,
10. März 2008, http://www.videobuster.de/presse.php?prdate=2008_03_10
544
Für den Filmverleiher Video Buster wird das Geschäft im Internet immer wichtiger - Konkurrenten
übernommen, Goslarsche Zeitung, 6. Dezember 2008,
http://www.videobuster.de/presse.php?prdate=2008_12_06
545
Video Buster Entertainment Group AG ist Partner der Medion AG , OpenPR, 6. März 2009,
http://www.videobuster.de/presse.php?prdate=2009_03_09

211
4.5.6.6. Kulturkaufhäuser

In Europa bieten nur wenige Kulturkaufhäuser VoD-Dienste an:


- die FNAC in Frankreich mit dem Glowria-Katalog als weiße Marke und die Virgin
Megastores (Lagardère-Gruppe),
- in den nordischen Ländern die schwedische Gesellschaft CDON (die zur MTG-
Gruppe gehört),
- in Italien startete Media World (Tochterunternehmen der deutschen Media Markt
Saturn) im Dezember 2007 den Dienst Net-Movie.

In den Niederlanden stellte die Unternehmensgruppe Free-Records im Juni 2009 ihre


Tätigkeiten im Online-Musikbereich und im Bereich VoD ein.

4.5.6.7. Amazon vor der Einführung von VoD-Diensten in Europa?

Am 3. Dezember 2008 startete Amazon UK den Online-Musikdienst Amazon M3, der mit
dem iTunes Store von Apple konkurriert und demnächst möglicherweise die Einführung von
VoD ähnlich wie der in den USA bestehende Dienst "Amazon on Demand" ankündigen
könnte.546 Anscheinend profitiert Amazon auf dem Markt für Unterhaltungselektronik
verglichen mit Apple von seinem Markennamen. Obwohl Amazon.com UK keine Download-
Videodienste und Videospiele bereitstellt und sein Online-Musikdienst gerade erst eingeführt
wurde, ergibt eine von Strategy Analytics bei 515 Internetnutzern durchgeführte Studie, dass
Amazon der bevorzugte Dienst ist.547

Abbildung 42: Die bevorzugten kostenpflichtigen Download-Seiten der Briten

546
Amazon.co.uk Pressemitteilung, 3. Dezember 2008,
http://www.amazon.co.uk/gp/press/pr/20080312/ref=amb_link_55701565_3?pf_rd_m=A3P5ROKL5A1OLE&p
f_rd_s=center-2&pf_rd_r=0REJV1B486WRDV9GDABG&pf_rd_t=2701&pf_rd_p=464942953&pf_rd_i=home-
2008
547
“Amazon Beats Apple's iTunes As Preferred Digital Media Provider”, Strategy Analytics Pressemitteilung, 24.
Februar 2009, http://www.strategyanalytics.com/default.aspx?mod=PressReleaseViewer&a0=4556

212
TEIL 5.

STRATEGIEN DER BETREIBER


VON FERNSEHSENDERN
Die Entwicklung der audiovisuellen Abrufdienste stellt für die Betreiber von Fernsehsendern
eine der größten Herausforderung dar. Dem Zuschauer wird es nun ermöglicht seine eigene
Programmauswahl zusammenstellen, was einen grundlegenden Unterschied gegenüber der
herkömmlichen Fernsehnutzung darstellt. Das oftmals als Bedrohung für die
Fernsehveranstalter beschriebene "Abruffernsehen" bietet ihnen in Wahrheit die Möglichkeit,
ihre Dienste zu ergänzen und zu verbessern, zumal sie bei Investitionen in diesen neuen
Markt von verschiedenen Vorteilen profitieren:

- Ihr Markenimage,
- Ihre Wissen über den Rechtemarkt,
- Ihre Kompetenzen im technischen Bereich,
- Ihre Kenntnisse bezüglich des Publikums,
- Ihre Investitionskraft, die zwar nicht mit der der Telekommunikationsbetreiber zu
vergleichen, aber dennoch wesentlich höher ist als die der Produzenten und
Filmverleihe.

Die Fernsehveranstalter konnten zum einen Videoabrufangebote entwickeln und zum


anderen Catch-up-TV-Modelle. Zur Bestückung dieser beiden Dienste nutzen sie einen
Rechtekatalog für die von Dritten produzierten Inhalte (Fernsehserien, Filme, Sendungen),
deren Rechte sie im Allgemeinen für die Videoverwertung erworben haben und die sie auf
Videoabrufdienste im eigentlichen Sinne ausdehnen konnten. Darüber hinaus konnten sie
Angebote mit Archivsendungen zusammenstellen.

5.1. KOSTENPFLICHTIGE VOD-DIENSTE DER FERNSEH-


VERANSTALTER

5.1.1. Internetdienste

Seit 2006 gibt es Webseiten mit Download-to-rent–Angeboten von privaten Fernseh-


veranstaltern und zwar sowohl von werbefinanzierten Sendern als auch von Pay-TV
Sendern. In Frankreich und Großbritannien haben auch öffentlich-rechtliche
Fernsehveranstalter wie Channel 4, France Télévisions oder ARTE kostenpflichtige VoD-
Dienste eingeführt. Ende 2008 boten etwa zwanzig Fernsehsender solche Dienste an
(Tabelle 28).

Auch wenn keine genauen Daten vorliegen, scheinen Dienste wie Canalplay (von Canal+)
und TF1Vision (von TF1) in Frankreich, Maxdome (von Maxdome GmbH, ein Joint Venture
zwischen der SevenOne Media, einem Tochterunternehmen der ProSiebenSat.1 Media AG
und der 1&1 Internet AG, die zur United Internet Group gehört548) in Deutschland und Rivideo
(von Mediaset) in Italien auf den verschiedenen nationalen Märkten Marktführer zu sein.549

Einige dieser Dienste sind ebenso über Kabelnetze oder auch im Rahmen von IPTV-
Angeboten verfügbar.

548
Zuvor wurde der Maxdome-Dienst von der SevenOne Media GmbH betrieben, einem Tochterunternehmen
der ProSiebenSat.1 Media AG-Gruppe. Zum Zeitpunkt der Gründung des Joint Venture im Juni 2008 wurde
das Vermögen des Dienstes auf 9 Millionen EUR geschätzt.
549
In Italien konkurriert Rivideo auf dem kostenpflichtigen Online-VoD-Markt mit dem Dienst Film is Now (der
nach eigenen Angaben Ende 2008 monatlich 80.000 Zugriffe und 1500 Käufe registriert) und den Diensten
Net-Movies (der Vertriebsgruppe Media World) und Play4film.com.

217
Tabelle 28: Kostenpflichtige VoD-Dienste der Fernsehanstalten

Anbieter (Kabel, IPTV, DVB-T,


Art des Geschäfts-
Land Name des Dienstes Herausgeber des Katalogs Satellitenplattform) oder Herausgeber Netze Zugänglichkeit
Dienstes modell
der Website
AT Premiere Internet TV Premiere Fernsehen GmbH & Co. Premiere Fernsehen GmbH Internet unbeschränkt/ver- VoD-Verleih Einzelzahlung
KG (österreichische Tochtergesellschaft von schiedene Gebiete
Premiere AG)
BE iWatch Vlaamse Media Maatschappij Vlaamse Media Maatschappij Internet unbeschränkt / national VoD-Verleih Einzelzahlung
DE Anixe HD Anixe HD Television GmbH & Co. Anixe HD Television GmbH & Co. KG Internet unbeschränkt / national VoD-Verleih / Einzelzahlung
KG VoD-Kauf
DE Giga Videos Giga Digital Television GmbH Giga Digital Television GmbH Internet unbeschränkt / national VoD-Verleih Einzelzahlung
DE Maxdome Maxdome GmbH Maxdome GmbH (Prosiebensat1.Media Internet unbeschränkt / national VoD-Verleih Einzelzahlung/A
(Prosiebensat1.Media AG) AG) bonnement
DE Maxdome über 1&1 Maxdome GmbH 1&1 Internet AG / Maxdome GmbH Internet unbeschränkt / national VoD-Verleih Einzelzahlung/A
(Prosiebensat1.Media AG) bonnement
DE Premiere Internet TV Premiere Fernsehen GmbH & Co. Premiere Fernsehen GmbH & Co. KG Internet unbeschränkt/ver- VoD-Verleih Einzelzahlung
KG schiedene Gebiete
DK C:More (Dansk Bredbaand) C:More Entertainment AB Dansk Bredbaand A/S IPTV IPTV Abonnenten / VoD-Verleih Einzelzahlung
national
DK Canal+ WebTV C:More Entertainment AB C:More Entertainment AB Internet unbeschränkt/verschieden VoD-Verleih Einzelzahlung
e Gebiete
EE ETV pluss ERR - Eesti Rahvursinghääling ERR - Eesti Rahvursinghääling Internet unbeschränkt / national VoD-Verleih Einzelzahlung
FI Canal+ Web TV C:More Entertainment AB C:More Entertainment AB Internet unbeschränkt / national VoD-Verleih Einzelzahlung
FI Silver on Demand NonStop AB / Film2Home (Bonver NonStop AB / Film2Home (Bonver Internet unbeschränkt / national VoD-Verleih Einzelzahlung
Entertainment) Entertainment)
FR Arte VoD ARTE France ARTE France Internet unbeschränkt / weltweit VoD-Verleih / Einzelzahlung
mit Filter pro Sendung VoD-Kauf
FR Arte VoD (Dartybox) ARTE France Etablissements Darty IPTV IPTV Abonnenten / VoD-Verleih Einzelzahlung
national
FR Arte VoD auf Numéricâble ARTE France Numéricâble S.A. Kabel / Kabelabonnenten / VoD-Verleih Einzelzahlung
Glasfaser national
FR Canal Play Canal+ Active (Groupe Canal+) Canal+ Active (Groupe Canal+) Internet unbeschränkt / national VoD-Verleih / Einzelzahlung
VoD-Kauf /
DVD-Brennen
FR Canalplay (Free) Canal+ Active (Groupe Canal+) Free S.A.S. IPTV IPTV Abonnenten / VoD-Verleih Einzelzahlung
national
FR Canal Play (Go! View) Canal+ Active (Groupe Canal+) Canal+ Active (Groupe Canal+) Internet Inhaber eine speziellen VoD-Verleih Einzelzahlung /
Lesegeräts / national Pakete
FR Cineplay Canal+ Active (Groupe Canal+) Etablissements Darty IPTV IPTV Abonnenten / VoD-Verleih Einzelzahlung
national
Anbieter (Kabel, IPTV, DVB-T,
Art des Geschäfts-
Land Name des Dienstes Herausgeber des Katalogs Satellitenplattform) oder Herausgeber Netze Zugänglichkeit
Dienstes modell
der Website
FR Cineplay (Numéricâble) Canal+ Active (Groupe Canal+) Numéricâble S.A. Kabel / Kabelabonnenten / VoD-Verleih Einzelzahlung
Glasfaser national
FR France tvod France Télévisions France Télévisions Internet unbeschränkt / national VoD-Verleih / Einzelzahlung
VoD-Kauf /
Catch-up-TV
FR M6 Vidéo [*] M6 Web (Groupe M6) M6 Web (Groupe M6) Internet unbeschränkt / national VoD-Verleih Einzelzahlung

FR M6 Vidéo sur IPTV (Alice, Free, M6 Web (Groupe M6) Telecom Italia France, Free, SFR IPTV IPTV Abonnenten / VoD-Verleih Einzelzahlung
Neufbox de SFR) national
FR Shorts TV VoD (Dartybox) Shorts TV Etablissements Darty IPTV IPTV Abonnenten / VoD-Verleih Einzelzahlung
national
FR Shorts TV VoD (Numéricâble) Shorts TV Numéricâble S.A. Kabel / Kabelabonnenten / VoD-Verleih Einzelzahlung
Glasfaser national
FR TF1 Vision TF1 Vidéo (Groupe TF1) TF1 VoD (Groupe TF1) Internet unbeschränkt / national VoD-Verleih / Einzelzahlung
VoD-Kauf
FR TF1 Vision (Bbox, Dartybox, Free, TF1 Vidéo (Groupe TF1) Bouygues Telecom, Etablissement Darty, IPTV IPTV Abonnenten / VoD-Verleih Einzelzahlung
Neufbox de SFR) Free, SFR national
FR TF1 Vision (Numéricable) TF1 Vidéo (Groupe TF1) Numéricâble S.A. Kabel / Kabelabonnenten / VoD-Verleih Einzelzahlung
Glasfaser national
FR tvodlab Panorama (AB Groupe) Panorama (AB Groupe) Internet unbeschränkt / national VoD-Verleih Einzelzahlung
GB 4oD 4 Ventures Limited / Channel Four 4 Ventures Limited / Channel Four Internet unbeschränkt/ver- VoD-Verleih / Einzelzahlung /
Television Corporation Television Corporation schiedene Gebiete Catch-up-TV gratis
GB Demand Five (früher Fivedownload) Channel 5 Broadcasting Channel 5 Broadcasting Internet spezielles VoD-Verleih / Einzelzahlung /
Abspielprogramm / VoD-Kauf / gratis
national Catch-up-TV
IE 4oD 4 Ventures Limited / Channel Four 4 Ventures Limited / Channel Four Internet unbeschränkt/ver- VoD-Verleih / Einzelzahlung /
Television Corporation Television Corporation schiedene Gebiete Catch-up-TV gratis
IT Rivideo R.T.I. S.P.A. (Groupe Mediaset) RTI S.P.A. (Groupe Mediaset) Internet unbeschränkt / national VoD-Verleih Einzelzahlung
NO C More on demand (NextGenTel) C:More Entertainment AB NextGen Tel IPTV IPTV Abonnenten / VoD-Verleih Einzelzahlung
national
NO Canal+ WebTV C:More Entertainment AB C:More Entertainment AB Internet unbeschränkt/ver- VoD-Verleih Einzelzahlung
schiedene Gebiete
NO Silver on Demand NonStop AB Bonver Entertainment Group AB Internet unbeschränkt / national VoD-Verleih Einzelzahlung
SE C More on demand (Canal Digital) C:More Entertainment AB Canal Digital AB IPTV IPTV Abonnenten / VoD-Verleih Einzelzahlung
national
SE C More Web TV C:More Entertainment AB C:More Entertainment AB Internet unbeschränkt / national VoD-Verleih Einzelzahlung
SE Silver on Demand NonStop AB / Film2Home (Bonver NonStop AB / Film2Home (Bonver Internet unbeschränkt / national VoD-Verleih Einzelzahlung
Entertainment) Entertainment)
(*) Der Internetdienst von M6 Vidéo wurde eingestellt.

Quelle: Europäische Audiovisuelle Informationsstelle


5.1.2. Beispiele für kostenpflichtige VoD-Angebote der Fernsehsender

Abbildung 43: Daily Reach (Tagesreichweite) von drei VoD-Internetportalen, die von
Fernsehsendern betrieben werden (Dezember 2008 bis Mai 2009)

Quelle: Alexa

5.1.2.1. Maxdome

Der Maxdome-Dienst wurde von der ProSiebenSat.1 Media AG am 27. Juli 2006
eingerichtet. Es handelt sich um einen Online-Dienst, den Inhaber einer speziellen Set-Top-
Box, jedoch auch auf dem Fernsehbildschirm abrufen können.

Maxdome konnte sein Angebot durch die Einbeziehung von Katalogen anderer
Fernsehveranstalter wie ZDF, MTV, Discovery Channel, The History Channel, National
Geographic, Cartoon, Jetix, Nick, Boomerang usw. ausweiten. Damit kann der Dienst mehr
als 20.000 Videos anbieten. Das ursprünglich praktizierte Geschäftsmodell des
Einzelvideoverleihs hat sich zum Abonnement von Paketen weiterentwickelt. Die Film- und
Serienpakete können zum Preis von 9,99 EUR monatlich abonniert werden, während die
Kinder- und Comedy-Pakete für 4,99 EUR monatlich und das Erotik-Paket für 12,99 EUR
monatlich angeboten werden. Ein weiteres Paket bietet Sportsendungen (italienische
Fußballliga, NBA, Rugby usw.). Zudem gibt es ein umfassendes „Premium-Paket", das alle
anderen Pakete enthält und zum Preis von monatlich 19,99 EUR angeboten wird.

Konkrete Erfolgszahlen werden nicht veröffentlicht, aber laut SevenOne hat der Dienst
200.000 aktive Kunden und verzeichnete im Mai 2008 2,5 Mio. Transaktionen monatlich.550
Die von IVW veröffentlichten Statistiken ergeben, dass die Anzahl der monatlichen Besuche
des Maxdome-Portals von 1,5 Mio. im Mai 2007 auf 8,7 Mio. im Mai 2009 angestiegen ist. Im
gleichen Zeitraum hat sich die Zahl der Seitenaufrufe von 12,6 Mio. auf 26,4 Mio. erhöht.

550
M. KÜHN, “Contracting for VOD Rights”, Presentation at the European Audiovisual Observatory workshop,
Cannes, 18. Mai 2008, http://www.obs.coe.int/online_publication/expert/mif2008_vod_kuehn.pdf

220
Abbildung 44: Anzahl der Besuche und der aufgerufenen Seiten auf der Webseite
von Maxdome (Mai 2007 - Mai 2009)

35 000 000
Aufgerufene
Seiten
30 000 000

25 000 000

20 000 000 Pages vues

15 000 000 Visites

10 000 000

5 000 000 Besuche


07 0 7

09 0 7

11 0 7

1. 7

1. 8
3. 8

5. 8

7. 8

9. 8
11 08

3. 9

5. 9
9
00

00

00

00

00

00

00
00

00
0

0
/2

/2

/2

/2

/2

/2

/2

/2
./2

./2

./2

./2

./2
05

Quelle: IVW

5.1.2.2. CanalPlay

Das am 12. Oktober 2005551 gestartete VoD-Portal CanalPlay bot Kinofilme zunächst 9
Monate nach dem Kinostart an. Ursprünglich hatte CanalPlay Vereinbarungen mit Pathé,
Europa, Studiocanal, Sony-Columbia, Spyglass, Nickelodeon, Jetix sowie einem großen Teil
unabhängiger französischer Produzenten geschlossen, die sich unter dem Label „Le meilleur
du cinéma français" zusammengeschlossen und später den eigenen VoD-Dienst
UniversCiné eingerichtet haben. Seit Ende 2005 bietet CanalPlay auch Fernsehserien an.

Am 20. Dezember 2005 führte CanalPlay sein Angebot „Kids" mit Kindersendungen von
Nickelodeon und Jetix ein. Mehr als 100 Folgen werden zum Preis von jeweils 1,49 EUR
angeboten und können 30 Tage lang beliebig oft angesehen werden.552 Im Juli 2009
umfasste das „Kids"-Angebot 250 Folgen.

Im Januar 2007 enthielt der Katalog von CanalPlay mehr als 2 000 Titel, darunter etwa 1 300
Kinofilme553. Im Januar 2008 umfasste er über 3 500 Videos, darunter knapp 2 000
Kinofilme554 und im Juni 2008 4 000 Titel, darunter 2 500 Kinofilme555. Im Juni 2009 enthielt er
6 000 Titel, darunter 3 000 Kinofilme.556 Im Januar 2007 wurde die Ausleihfrist auf 48
Stunden erhöht und der Dienst führte zusätzlich Download-to-own-Angebote ein. Seit
Februar 2007 werden zudem Filme in HD-Qualität bereitgestellt.557

551
Pressemitteilung und -mappe Groupe Canal+, 12. Oktober 2005,
http://media.canal-plus.com/file/00/1/25001.pdf und http://media.canal-plus.com/file/00/0/25000.pdf
552
Pressemitteilung Groupe Canal+, 20. Dezember 2005, http://media.canal-plus.com/file/04/4/31044.pdf
553
Pressemitteilung Groupe Canal+, 24. Januar 2007, http://media.canal-plus.com/file/65/6/60656.pdf
554
Pressemitteilung Groupe Canal+, 14. Januar 2008, http://media.canal-plus.com/file/60/5/92605.pdf
555
Pressemitteilung Groupe Canal+/Sony Computer Entertainment, 11. Juni 2008,
http://media.canal-plus.com/file/24/9/109249.pdf
556
Pressemitteilung Groupe Canal+/Microsoft, 29. Juni 2009,
http://media.canal-plus.com/file/78/8/146788.pdf
557
Pressemitteilung Groupe Canal+, 24. Januar 2007, http://media.canal-plus.com/file/65/6/60656.pdf

221
Die Unternehmensgruppe Canal+ veröffentlicht nur spärliche Informationen über den Erfolg
des Dienstes. Die angegebenen Zahlen unterscheiden nicht zwischen den Einnahmen aus
den verschiedenen Geschäftsmodellen (Internet, IPTV, PSP, Xbox). Im Januar 2008 wurden
6 Mio. Käufe seit Einführung des Dienstes 27 Monate vorher ausgewiesen.558 Im Juni 2008
meldete der Dienst mehr als 7 Mio. Bestellungen innerhalb von zwei Jahren.559 Aus dem
Tätigkeitsbericht 2008 der Canal+-Gruppe geht hervor, dass seit Einführung des Dienstes im
Oktober 2005 10 Millionen Downloads verzeichnet wurden.560 Auf der Grundlage der
vorliegenden Zahlen über die Gesamtentwicklung kostenpflichtiger VoD-Dienste schätzt das
NPA-GfK-Barometer, dass der CanalPlay-Dienst im Jahr 2008 etwa 5 Millionen Downloads
verzeichnete, was einem Anteil von 36% an allen 13,9 Millionen frankreichweit verzeichneten
Downloads für 2008 entspricht.561

5.1.2.3. TF1 Vision

Auch die TF1-Gruppe hat im Oktober 2005 den kostenpflichtigen VoD-Dienst TF1 Vision
eingeführt, der von dem Tochterunternehmen TF1 Vidéo geführt wird. Wie bei CanalPlay
besteht der Katalog aus Filmen und Fernsehserien, bietet aber zusätzlich humoristische
Filme an. Im Juli 2006 war TF1 Vision die erste französische Internetplattform, die
gemeinsam mit Universal Pictures Videos als Download-to-own anbot. Bei diesen Download-
to-own-Angeboten, die zwischen 9,99 EUR und 19,99 EUR kosten (während ein Film als
Download-to-rent 3,99 EUR kostet), besteht außerdem die Möglichkeit der Filmübertragung
auf einem tragbaren Videoplayer (mit MTP von Microsoft) und der Zusendung einer DVD als
Sicherungskopie. TF1 Vidéo veröffentlicht keine genauen Daten über den Erfolg des
Dienstes.

5.1.2.4. Rivideo

In Italien wurde der Dienst Rivideo von Mediaset im April 2007 eingeführt. Er bietet Filme
sowie amerikanische oder italienische Fernsehserien als Download-to-rent oder Download-
to-own an. Dieses kostenpflichtige Angebot wird durch einen kostenlosen
(werbefinanzierten) Streaming-Dienst und direkt übertragene Sportereignisse ergänzt. Im
März 2008 wurde das Angebot nach Abschluss einer Vereinbarung mit dem italienischen
Musiksender Music Box um Musiksendungen erweitert.562 Sechs Monate nach seiner
Einführung konnte der Dienst bereits 30 Millionen Downloads von 300.000 Besuchern
verzeichnen.563

558
Pressemitteilung Groupe Canal+, 14. Januar 2008, http://media.canal-plus.com/file/60/5/92605.pdf
559
Pressemitteilung Groupe Canal+/Sony Computer Entertainment, 11. Juni 2008,
http://media.canal-plus.com/file/24/9/109249.pdf
560
http://actionnaires.canalplus.fr/pdf/ra08_canal+_version_mise_en_ligne.pdf
561
Aus: Bilan 2008, CNC, S. 117
562
Pressemitteilungen Mediaset, 12. Juli 2007 & 27. März 2008.
563
Zahlen aus: ACT TV Monitor, Oktober 2007,
http://www.acte.be/EPUB/easnet.dll/GetDoc?APPL=1&DAT_IM=026200

222
5.1.2.5. Kostenpflichtige VoD-Dienste der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten

Einige öffentlich-rechtliche Fernsehanstalten (in Frankreich France-Télévisions und ARTE, in


Großbritannien Channel 4, in der Schweiz SRG-SSR Idée Suisse) haben ebenfalls
kostenpflichtige VoD-Dienste eingeführt. Der Erfolg dieser Dienste ist unterschiedlich: 4oD,
der kostenpflichtige Dienst von Channel 4, war nur mäßig erfolgreich: Bei der Einführung des
Dienstes im Jahr 2006 wurden täglich knapp 1000 Abrufe verzeichnet. Der versuchsweise
eingeführte Dienst des Senders SGR, welcher seit August 2007 Schweizer Filme zu Preisen
zwischen 1 und 6 SFR (0,66 bis 3,98 EUR) als Download-to-rent anbietet, hat eher mäßigen
Erfolg: Mehr als ein Jahr nach dessen Einführung gab es insgesamt knapp 800 Downloads,
d.h. durchschnittlich weniger als 2 Downloads täglich. Die Einstellung des Projekts, für das
keine zusätzlichen Gelder bereitgestellt werden, ist vorgesehen.564

Abbildung 45: Tagesreichweite der VoD-Dienste France Télévisions, Arte und SSR
SRG Idée Suisse (2008-2009)

Quelle: Alexa

Die France Télévisions-Gruppe bot zunächst ab Frühjahr 2006 auf der Internetseite ihrer
Fernsehsender Serien wie Les Rois maudits (France 2) und Plus belle la vie (France 3) an.
Im September 2006 richtete das Unternehmen eine spezielle Internetseite
(http://www.francetvod.fr) ein, die sowohl kostenpflichtige VoD-Dienste als auch kostenloses
Catch-up-TV anbietet. Das Portal stellt alle auf den Webseiten der Sender France 2, France
3, France 4 und France 5 verfügbaren Videos bereit. Das Angebot reicht von Nachrichten-
sendungen und bestimmten Sendungen wie Stade 2 über Dokumentationen und
Kindersendungen, bis hin zu Fernsehspielen und Fernsehserien.

Bei der Einführung der Website waren 600 kostenlose und 350 kostenpflichtige Videos
verfügbar und bis Ende des Jahres soll das Angebot 1 200 Sendungen umfassen. Die
kostenpflichtigen Videos werden ab einem Preis von 0,99 EUR pro Titel angeboten. Die
Sendungen können entweder ausgeliehen und innerhalb von 24 Stunden unbegrenzt
angesehen oder gekauft werden. Im September 2009 waren mehr als 90 Serien (die für 1,99
bis 2,99 EUR ausgeliehen und für 3,99 bis 6,99 EUR gekauft werden konnten), 61 Filme (die
für 2,99 EUR ausgeliehen und zu Preisen zwischen 6,99 und 8,99 EUR gekauft werden
konnten), über 200 Dokumentationen und etwa vierzig Kinder- und Jugendtitel verfügbar.

564
“SRG considers terminating VoD”, Rapidtvnews, 21. Juni 2009.

223
Die France Télévisions-Gruppe verhandelte mit den IPTV-Anbietern über die Einbeziehung
ihres Dienstes in deren Angebot, aber abgesehen von einer Exklusivitätsvereinbarung mit
Orange über den Catch-up-TV-Dienst ist es der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalt nicht
gelungen, das Interesse dieser Anbieter zu wecken. Das Unternehmen veröffentlicht keine
Umsatzzahlen für VoD, gibt aber an, dass sich der Umsatz zwischen 2007 und 2008 um
60% erhöht hat. 60% des Umsatzes werden mit den Folgen von Plus belle la vie realisiert.565

Das Angebot des ARTE VoD-Dienstes (der nicht von ARTE G.E.I.E, sondern von Arte
France geführt wird) hängt von den Vereinbarungen ab, die der Sender mit den
Rechteinhabern insbesondere in Bezug auf die abgedeckten geografischen Gebiete schließt.
Ein Lokalisierungssystem prüft automatisch, ob sich der Anschluss des Nutzers in einem
autorisierten Gebiet befindet. Ende 2008 ist der Großteil des angebotenen Katalogs vor
allem in den französischsprachigen Ländern Europas verfügbar und mehr als 400 Titel sind
bereits weltweit abrufbar.566

565
Erklärung von Laurent Souloumiac anlässlich der Konferenz EBG Média, zitiert in La correspondance de la
presse, 29. Januar 2009.
566
Anzahl der Titel in französischer Sprache aus einem Katalog mit 1.366 Sendungen, der auf der
französischen Website angeboten wird: 1.204 in Belgien, 1.207 in der Schweiz und 417 weltweit.
Anzahl der Titel in deutscher Sprache aus einem Katalog von 174 Sendungen, der auf der deutschen
Website angeboten wird: 173 in Belgien, 174 in der Schweiz und 97 weltweit.

224
5.2. STRATEGISCHE FRAGEN FÜR DIE FERNSEHVERANSTALTER

5.2.1. Rückkehr der Inhalte auf den Fernsehbildschirm

In der Regel werden die Dienste der Fernsehveranstalter im Internet für den PC angeboten.
Paradoxerweise sehen die Sender sich nun mit der strategischen Frage der Rückkehr auf
den Fernsehbildschirm konfrontiert.

Die Fernsehunternehmen sind aufgrund ihrer besseren Verhandlungsposition grundsätzlich


eher als unabhängige Anbieter in der Lage, ihre Dienste im Rahmen der Angebote von IPTV-
Betreibern bereitzustellen, was einen größeren Erfolg sichert. So wird beispielsweise der am
12. Oktober 2005 von Canal+ eingeführte Online-Dienst CanalPlay seit 12. Dezember 2005
im Rahmen des Freebox-Angebotes bereitgestellt.567 Später wurde er in das Angebot von
Darty aufgenommen und ist seit 24. Juni außerdem über die Bbox von Bouygues Telecom
verfügbar. Auch wenn Canal+ keine offiziellen Zahlen mitteilt, wird davon ausgegangen, dass
mit der IPTV-Version von CanalPlay zwischen 85 und 90% des Gesamtumsatzes des
Dienstes erzielt werden. Zudem bildet der Katalog von Canal+ die Grundlage des Cineplay-
Dienstes von Numéricâble.

Die meisten französischen IPTV Betreiber (Bbox, Dartybox, Freebox, Neufbox von SFR)
bieten den TF1 Vision-Dienst an. In den nordischen Ländern ist der von der C:More
Entertainment AB herausgegebene Dienst C:More on Demand Bestandteil fast aller
Angebote von Kabel- und IPTV-Betreibern.

In Deutschland ist der Erfolg von Maxdome wahrscheinlich auf die geringe Konkurrenz von
VoD-Diensten auf den IPTV-Plattformen (insbesondere T-Home) zurückzuführen, die eher
eine Randerscheinung darstellen. Aufgrund der größeren Attraktivität von Videoabruf-
diensten auf Fernsehbildschirmen bietet Maxdome darüber hinaus eine Set-Top-Box zum
Preis von 99,99 EUR an, mit der Sendungen statt auf dem Computer auf dem Fernseher
angesehen werden können.

Was das Aufblühen kostenloser Catch-up-TV-Dienste betrifft, sind sie als Internet-Version
scheinbar nur dann existenzfähig, wenn sie neben den Fernsehsendungen auch einen
Filmkatalog umfassen. So wurde beispielsweise der Online-Dienst M6 Vidéo eingestellt und
ist nur noch über Numéricâble und im Rahmen von IPTV-Angeboten verfügbar.

5.2.2. Beziehungen zwischen Fernsehsendern und Geräteherstellern

Eine weitere Möglichkeit zur Förderung der von den Fernsehveranstaltern betriebenen VoD-
Dienste ist deren Bereitstellung im Rahmen der von den Geräteherstellern angebotenen
Dienste. Der CanalPlay-Dienst von Canal+ hat diesen Weg beschritten und im März 2006
den ARCHOS-Plattformen seinen Katalog zur Verfügung gestellt: Die Filme können auf
einen Computer heruntergeladen, anschließend auf einen Archos-Player übertragen und
nach Belieben angesehen werden.568 Dieser Dienst war nie wirklich erfolgreich und wird nicht

567
Pressemitteilung Free und Gruppe Canal+, 12. Dezember 2005, http://www.canalplusgroup.com/pid164.htm#
Seit Mai 2006 wird das Kinderangebot von CanalPlay auch auf der Free-Plattform bereitgestellt. Die Folgen
der Serien werden einzeln angeboten, aber der Dienst bietet gleichzeitig unbegrenzte Pakete mit 30 neuen
Folgen monatlich an. Jedes Paket kostet 4,99 EUR pro Monat und ermöglicht ein unbegrenztes Abspielen
der einzelnen Folgen. http://www.mediaset.it/corporate/salastampa/2007/comunicatostampa_3985_en.shtml
568
Pressemitteilung ARCHOS / Canal Play, 15. März 2006,
http://www.archos.com/corporate/press/press_releases/20060315-CANALPLAY_fr.pdf

225
mehr angeboten. Im April 2006 kündigten Microsoft und Canal+ an, den Katalog von
CanalPlay auf der Xbox 360 zum Abruf bereitzustellen.569 Auch in diesem Fall zeigte die
Ankündigung keine nennenswerte Wirkung. Im Juni 2009 wurde eine neue Vereinbarung
angekündigt: Die Dienste CanalPlay, Canal + à la demande und Foot+ können nunmehr
über die Xbox 360 abgerufen werden.570 Damit wollte Microsoft auf die Konkurrenz von Sony
reagieren, wo das CanalPlay-Angebot seit dem 18. Juni 2008 über die tragbare PlayStation
von Sony verfügbar ist.571

2008 hat Apple einige Fernsehveranstalter umworben und ihnen die Zusammenstellung
eines eigenen Katalogs für die iTunes Stores angeboten. Für einen solchen Katalog müssen
Download-to-own-Rechte erworben werden; Rechte für den VoD-Verleih, die die
Fernsehveranstalter im Rahmen der weiter oben genannten Dienste erworben haben,
reichen hier nicht aus. Die zusammengetragenen Kataloge sind daher kleiner und enthalten
keine Filme, sondern nur noch Fernsehsendungen.

Glaubt man den Worten von Pierre Lechevallier, dem Direktor von TF1 Vision, sind die
Ergebnisse bei dieser Art der Verbreitung äußerst zufriedenstellend: „Ich kann Ihnen zwar
keine Zahlen nennen, aber ich kann ihnen sagen, dass wir angenehm überrascht waren von
der Resonanz bei iTunes. Seit Einführung des Angebots hat sich der Umsatz versechsfacht.
Eine große Begeisterung ist festzustellen. Das Apple-Publikum ist ein ganz besonderes
Publikum und seiner Plattform treu verbunden. Seine Beziehungen zu den Produkten und
Dienstleistungen gehen über den einfachen Besitzaspekt hinaus, es besteht eine starke
Bindung zur Marke. Und wir versuchen, dieser Bindung, über die auf iTunes angebotenen
Sendungen gerecht zu werden. Wir haben erkannt, dass diese Nutzer zahlreich und vielfältig
sind. Auch wenn dies ungewöhnlich scheinen mag, gibt es keine sozialen Schranken bei der
Nutzung von iTunes und iPods. Es handelt sich dabei zunächst einmal um äußerst populäre
Produkte. Dieser Besonderheit versuchen wir durch die Auswahl der zum Verkauf
angebotenen Sendungen gerecht zu werden, sodass jede einzelne ihr Publikum findet.“572

Tabelle 29: In den iTunes Stores angebotene Kataloge von Fernsehsendern


DE Sat.1 Sat.1 Satelliten Fernsehen GmbH
DE Spiegel TV Spiegel TV GmbH
DE ZDF Enterprises ZDF Enterprises
FR ARTE ARTE France
FR BBC BBC Worldwide
FR France 2 France Télévisions Distribution
FR France 3 France Télévisions Distribution
FR France 5 France Télévisions Distribution
FR TF1 Vision TF1 Vidéo (Groupe TF1)
GB BBC Worldwide BBC Worldwide
GB Channel 4 Channel 4
GB E4 4 Ventures Limited
GB ITV ITV PLC
Quelle: Europäische Audiovisuelle Informationsstelle

569
Pressemitteilung von Microsoft, 14. April 2006,
http://www.microsoft.com/france/cp/2006/4/2006140401_a114.mspx
570
Pressemitteilung Groupe Canal+/Microsoft, 29. Juni 2009, http://media.canal-plus.com/file/78/8/146788.pdf
571
Pressemitteilung Groupe Canal+/Sony Computer Entertainment, 11. Juni 2008,
http://media.canal-plus.com/file/24/9/109249.pdf
572
Interview in MacGeneration, 3. Dezember 2008,
http://www.macgeneration.com/news/voir/132873/interview-les-six-mois-de-tf1-vision-sur-itunes

226
5.3. CATCH-UP-TV

5.3.1. Einführung – Die Trivialisierung von Catch-up-TV

Heute bieten die meisten großen privaten und öffentlich-rechtlichen Fernsehsender in


Europa Catch-up-TV-Dienste an. Ende Dezember 2008 wurden 241 aktive Catch-up-TV-
Dienste gezählt, die damit mehr als ein Drittel aller Videoabrufangebote in Europa
ausmachen.

Im Unterschied zu den kostenpflichtigen auf Katalogen basierenden VoD-Angeboten ist das


Catch-up-TV-Angebot wie eine verlängerte Fernsehausstrahlung konzipiert und weist damit
eine starke Zeitkomponente auf.

Verschiedene Arten von Catch-up-TV-Diensten können unterschieden werden:


- Kostenlos und allgemein zugängliche Dienste mit aktualitätsbezogenen Sendungen:
Dabei handelt es sich um das am häufigsten genutzte Modell, bei dem im
Allgemeinen Nachrichtensendungen angeboten werden.
- Kostenlos und allgemein zugängliche Dienste einschließlich nationale Fernsehspiele:
Dieses Modell wird von einigen öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern
praktiziert, die von ihnen produzierte oder bestellte nationale Fernsehspiele in ihr
Angebot aufnehmen können.
- Kostenlos zugängliche Dienste mit Fernsehspielen und Sendungen aus
amerikanischen Katalogen:
Diese Art von Dienst ist bisher eher selten anzutreffen (in Frankreich M6Replay und
TF1 Vision), da ausgesprochen hohe Werbeeinnahmen erzielt werden müssen, um
die Kosten für den Erwerb der Sendungen zu decken.
- Die im Abonnement eines oder mehrerer kostenpflichtigen Sender enthaltenen
Dienste:
Dieses Modell wird von einigen Bezahlsendern praktiziert (in Frankreich, Canal+
und Canalsat, in Großbritannien und Irland, Discovery Channel und the History
Channel, in den nordischen Ländern C:More Entertainment).
- Die im Abonnement einer Vertriebsplattform (Kabel, IPTV, Satellit, kostenpflichtige
DVB-T Plattform) enthaltenen Dienste:
Einige Anbieter wie Telenet in Belgien (Kabel), Tiscali (IPTV) in Großbritannien und
bis Ende 2008 in Italien. Im Vereinigten Königreich, Top Up TV Anytime (DVB-T)
und BSkyB (Satellit/Internet) stellen für die Abonnenten ihres Bouquets (oder
Minibouquets) Catch-up-TV-Dienste von privaten oder öffentlich-rechtlichen
Sendern bereit.

Catch-up-TV-Angebote weisen für die Sender zahlreiche Vorteile auf, die den Erfolg dieser
Angebote erklären. Hierzu zählen insbesondere:
- Kundenreue trotz Entlinearisierung: Mit Catch-up-TV erleben die Zuschauer eine
kontrollierte Entlinearisierung der Inhalte und der verschiedenen Fernsehprogramme
der Sender. Durch die Einrichtung eines zweiten Ausstrahlungsfensters, können die
Zuschauerzahlen erhöht und neue Zuschauer gewonnen werden, die entweder den
Sender gar nicht gesehen oder die Sendung nicht zum Zeitpunkt der Ausstrahlung im
Fernsehen gesehen haben. Zudem kann der Fernsehveranstalter in seine Catch-up-
TV-Auswahl beliebte Fernsehserien aufnehmen und damit sein Angebot aufwerten.
- Erwartete Einnahmen: Dieses Angebot eröffnet den Werbekunden neue attraktive
Möglichkeiten mit geringen Einstiegskosten. Die noch eher zurückhaltenden

227
Werbekunden sollten dank der neuen, auf „Watermarking" oder „digitalen
Wasserzeichen" basierenden Technologien zur Messung der Zuschauerzahlen, die
Rentabilität ihrer Investition besser bewerten können.573 Diese neuen Messwerkzeuge
verbessern die Zurückverfolgbarkeit der Inhalte und die Identifizierung des
geeigneten Publikums.
- Ausstrahlungsrechte: Minimale Kosten für den Erwerb der von den Sendern
produzierten, koproduzierten oder eingekauften Nachrichten und Sendungen.
- Format der Inhalte: Die Nachrichtenjournale sind thematisch gegliedert, sodass
Indexsuchen, die intern bereits zur Archivzwecken genutzt werden, möglich sind.
Diese Minisendungen entsprechen der Nachfrage nach kurzen Catch-up-TV-
Formaten.
- Bekanntheitsgrad: Catch-up-TV-Angebote stärken die Präsenz der Sender in der
audiovisuellen Landschaft.

Die ersten Angebote umfassten kaum mehr als Nachrichtenjournale und Wetterberichte,
beinhalten aber zwischenzeitlich auch weitere Arten von Sendungen. Auf jeden Fall sind alle
im Rahmen von Catch-up-TV angebotenen Sendungen vorher im Fernsehen ausgestrahlt
worden. Das Angebot umfasst Nachrichtensendungen, Magazine, Fernsehspiele und
Unterhaltungssendungen...

5.3.1.1. Definition von Catch-up-TV

Anscheinend hat die Publikumsnachfrage starken Einfluss auf die Dauer der Bereitstellung.
Die Grenzen zwischen Catch-up-TV und Archivdiensten sind noch nicht klar festgelegt. In
der Praxis verwischen, aufgrund des variierenden Zeitpunktes und unterschiedlicher Dauer
der Bereitstellung, die Grenzen zwischen beiden Diensten.

Die Online-Bereitstellung audiovisueller Inhalte geschieht im Allgemeinen einen Tag nach


der Ausstrahlung im Fernsehen, teilweise sogar am gleichen Tag, wie bei TV2 Webcast in
Ungarn, oder 1 Stunde nach der Ausstrahlung im Fernsehen wie bei M6 Replay. Der Nutzer
soll die von ihm gewünschte Sendung schnellstmöglich finden können, bevor der durch die
Ausstrahlung im Fernsehen entstandene Wunsch in Vergessenheit gerät.

Einige Dienste bieten Sendungen zeitlich begrenzt an, während andere durch die
archivähnliche Bereitstellung eher kostenlosen VoD-Angeboten ähneln. Je nach Sender und
Angebot werden die Inhalte für einen Zeitraum zwischen 48 Stunden und 30 Tagen
bereitgestellt. Bei den Angeboten der kostenlosen Sender scheint sich diese Dauer im
europäischen Durchschnitt bei ungefähr sieben 7 Tagen einzupendeln. So können die
Sendungen bei Arte nach ihrer Ausstrahlung im Fernsehen 7 Tage lang abgerufen werden;
dies gilt unter anderem auch für die Angebote von TVE und der BBC. M6 bietet alle
Sendungen für die Dauer von zwei Wochen nach der TV-Ausstrahlung an. Bei Canal + à la
demande können die Sendungen während der gesamten Dauer der wiederholten
Ausstrahlung auf den Bezahlsendern, also 30 Tage lang, angeschaut werden. Dieses
Angebot weist allerdings eine Besonderheit auf, da es nur für die Canal +-Abonnenten
zugänglich ist (also quasi indirekt kostenpflichtig ist).

Die Bereitstellungsdauer kann je nach Art der Sendung variieren. So kündigte die BBC im
August 2008 an, dass der iPlayer-Dienst nun auch Serienpakete anbieten werde, die Zugriff
auf alle Folgen der gerade im Fernsehen ausgestrahlten Staffel einer Serie ermöglichen.

573
http://www.mediametrie.fr/contenu.php?rubrique=tv&rubrique_id=427&menu_id=427

228
Damit wird nach Ausstrahlung der letzten Folge einer Serie die gesamte Staffel dieser Serie
auf iPlayer bereitgestellt.574

Auf zahlreichen Plattformen europäischer Rundfunksender (Mediasat, RAI, ProSieben…)


sind bestimmte in Eigenregie produzierte aktualitätsbezogene Sendungen bis zu einem Jahr
nach ihrer Ausstrahlung im Fernsehen verfügbar. Einige Serien wie Un posto al sole des
italienischen Senders Rai oder Señora des spanischen Senders TVE werden im
Archivbereich angeboten, wobei so etwas eher die Ausnahme bildet. Dies entspricht eher
einem Archiv-Angebot als einem Catch-up-TV-Angebot. Da das Archivieren eher dem Drang
nach Aufbewahrung und Aufwertung audiovisueller Inhalte entstammt, unterscheidet sich
sein Status von dem des Catch-up-TV, insbesondere im Hinblick auf den sozialen Nutzen
und kommerzielle Aspekte. Im Vereinigten Königreich war das Problem, das durch zu lange
Bereitstellungsfristen möglicherweise für andere Verwertungsformen, insbesondere die
Verwertung als Video, entsteht, Kernpunkt der Diskussion über den BBC iPlayer-Dienst.

So wurde der Begriff Catch-up-TV bisher noch nicht genau definiert und die Bereitstellung
der Inhalte durch die Sender erfolgt zu den unterschiedlichsten Modalitäten. Einige Catch-
up-TV-Dienste werden in einem speziellen Bereich angeboten, während andere direkt in die
Website des Senders eingebunden sind.

Häufig bieten die Fernsehveranstalter zwei unterschiedliche Abrufdienste an: Einen


kostenpflichtigen VoD-Dienst mit Katalogtiteln und einen kostenlosen Catch-up-TV-Dienst.
Allerdings werden diese beiden Dienste in der Praxis nicht immer genau getrennt. So ist das
Angebot RTLNOW.de von RTL in Deutschland besonders atypisch. In das kostenlose VoD-
Angebot – das einem Catch-up-TV-Angebot ähnelt, da die angebotenen Inhalte vom Sender
stammen und einen Tag nach ihrer Ausstrahlung verfügbar sind – ist ein kostenpflichtiger
VoD-Dienst eingebettet, über den Folgen der amerikanischen Serie CSI heruntergeladen
werden können.

5.3.1.2. Ähnlichkeit der angebotenen Inhalte

Die europäischen Catch-up-TV-Dienste bieten überwiegend ähnliche Inhalte:


- Es überwiegen aktualitätsbezogene Sendungen;
- Archivsendungen werden seltener angeboten: Aufgrund schwieriger Vereinbarungen
mit den Rechteinhabern werden abgesehen von den Catch-up-TV-Diensten einiger
Bezahlsender keine Kinofilme angeboten. Amerikanische TV-Fernsehspiele werden
nur von einigen Diensten angeboten. Dagegen werden nationale Fernsehspiele im
Allgemeinen kostenlos angeboten und sind häufig sogar außerhalb des
Ursprungslands verfügbar.

5.3.1.3. Territoriale Begrenzung

Während es sich bei den meisten Sendern, die Catch-up-TV praktizieren, um nationale
Sender handelt, ist festzustellen, dass zahlreiche Online-Angebote der untersuchten
europäischen Akteure den Zugang zu den Inhalten bestimmter Sendungen nicht oder nur
teilweise territorial begrenzen. Die territoriale Begrenzung gilt nur dann, wenn der Dienst
amerikanische Sendungen beinhaltet (wie beispielsweise der M6-Dienst) oder wenn er ein
ausgesprochen umfangreiches Angebot nationaler Titel bereitstellt, die potenziell auf

574
BBC Press Office, Pressemitteilung, 23. August 2008,
http://www.bbc.co.uk/pressoffice/pressreleases/stories/2008/08_august/23/iplayer.shtml

229
ausländischen Märkten kommerziell genutzt werden können (wie dies beim BBC iPlayer-
Dienst der Fall ist).

5.3.1.4. Unzureichend definierte Vertragsverhältnisse mit den Rechteinhabern

Auf zahlreichen europäischen Märkten muss eine ausdrückliche Zustimmung der


Produzenten von Inhalten zur zusätzlichen Nutzung ihres Werks im Rahmen eines Catch-up-
TV-Angebots vorliegen. Diese Rechte müssen speziell verhandelt werden.

Die bestehende Unklarheit über die Natur eines Catch-up-TV-Angebots bremst die
Bereitstellung der Inhalte, da sie Konflikte zwischen den Produzenten/
Filmverleihen verursacht, die für dieses neue Ausstrahlungsfenster eine zusätzliche
Vergütung verlangen, und den Sendern, die der Ansicht sind, dass Catch-up-TV nur als
weitergeführte Fernsehausstrahlung zu betrachten ist.

Da es keine einheitliche Praxis gibt, gewähren Catch-up-TV-Angebote in der Regel keinen


Zugriff auf Inhalte, die nicht vollständig von ihnen finanziert oder von einem
Tochterunternehmen der gleichen Mediengruppe produziert wurden, was die Dominanz
aktualitätsbezogener Sendungen erklärt. Dies lässt sich auch damit erklären, dass die
Produzenten ihre Archivinhalte lieber im Rahmen von kostenpflichtigen VoD-Angeboten
bereitstellen, die lukrativer sind und bei denen sich die Nutzungszahlen leichter ermitteln
lassen.

Die amerikanischen Produzenten, die dieses Ausstrahlungsmodell seit langem gewöhnt sind,
integrieren die Catch-up-TV-Angebote lieber in werbefinanzierte Angebote. So können die
amerikanischen auf M6 ausgestrahlten Serien als Catch-up-TV angeboten werden, wobei
der Sender die Kosten für die Übernahme dieser Serien in dieses Verwertungsfenster
übernimmt.

Die Kosten für die Übernahme amerikanischer Filme in das Catch-up-TV-Angebot sind
jedoch angesichts der geringen erzielbaren Einnahmen für die Fernsehveranstalter zu hoch.
So ist Canal+ als klassischer Kinopartner der einzige französische Fernsehsender, der
amerikanische Filme im Rahmen seines Catch-up-TV-Angebots bereitstellt. Dies ist
insbesondere auf die hohen Investitionen des Senders in diesem Bereich und auf die
Tatsache zurückzuführen, dass die Filme von den verschiedenen Sendern des
kostenpflichtigen Bouquets 30 Tage lang mehrfach angeboten werden. Die meisten anderen
europäischen Catch-up-TV-Dienste bieten ebenso wenig Kinofilme an.

In Frankreich könnte aufgrund von Vereinbarungen zwischen Fernsehsendern und


Produzenten bzw. Filmvertrieben575 das siebentägige Verwertungsfenster der Standard für
kostenlose Catch-up-TV-Dienste werden. Bisher wurden insbesondere zwischen den
französischen Filmstudios und den Fernsehsendern keine Vereinbarungen geschlossen,
sodass französische Kinofilme derzeit nicht in den Catch-up-TV-Angeboten enthalten sind.

5.3.1.5. Werbung als Haupteinnahmequelle

Das beliebteste Geschäftsmodell für die gratis bereitgestellten Catch-up-TV-Angebote der


kostenlosen Fernsehsender, für die kein Abonnement verlangt wird, ist die Finanzierung
durch Werbung. Die mit dem Referenzmedium verknüpften Werbeplätze in den Catch-up-

575
Die Sender verhandeln hierüber mit der USPA, dem Verband audiovisueller Produzenten. So hat
beispielsweise Arte mit USPA eine Einigung über die Bereitstellung von Dokumentationen im Rahmen von
Arte +7 geschlossen.

230
TV-Angeboten werden häufig in Kombination mit der Ausstrahlung im Fernsehen verkauft.
Dadurch ist der Werbekunde bei beiden Nutzungsarten sichtbar.

Derzeit gibt es in den verschiedenen Angeboten der kostenlosen Sender in Europa zwei
Arten von Werbung:
- Die Einblendung eines Werbebanners auf der Seite, auf der die Sendung gezeigt
wird: dies ist die von den Werbekunden derzeit bevorzugte Variante;
- Das Einspielen eines Werbespots am Anfang und/oder Ende des Videos: Diese eher
seltene Variante wird beispielsweise beim Catch-up-TV-Angebot der RAI praktiziert.
Dort ist sie zusätzlich mit einem Werbebanner verknüpft.

Bei der Entwicklung der werbefinanzierten Catch-up-TV-Dienste stellt sich das Problem der
Festlegung anerkannter Regeln für die Messung der Zuschauerzahlen, da die potenziellen
Werbekunden nach Indikatoren suchen, auf deren Grundlage sie ihre Investition
rentabilisieren können.

5.3.2. Der britische Markt

Auf dem britischen Markt ist das Catch-up-TV-Angebot sicherlich am weitesten entwickelt.
Alle großen Fernsehveranstalter und die meisten Themenkanäle bieten Catch-up-TV-
Modelle an. Für diesen Markt liegen außerdem verlässliche Daten hinsichtlich der Catch-up-
TV- und VoD-Nutzung vor, auch wenn diese Informationen auf einige Dienste begrenzt sind.

5.3.2.1. BBC iPlayer

Nach zwei versuchsweisen Starts im Oktober 2005 und November 2006 und der Einführung
einer Beta-Version am 27. Juli 2007, startete der Catch-up-TV-Dienst der BBC offiziell am
25. Dezember 2007. Ursprünglich handelte es sich um einen Download-Dienst auf der
Grundlage der Peer-to-Peer-Technologie, für den das eigene Medienabspielprogramm
iPlayer oder der Windows Media Player 10 oder 11 erforderlich waren. Der Dienst lief
anfangs also nur unter Windows XP. Die angebotenen Sendungen konnten innerhalb von
7 Tagen nach ihrer Ausstrahlung im Fernsehen heruntergeladen werden. Dieser Dienst
wurde später schrittweise um andere Übertragungsarten ergänzt:
- Am 13. Dezember 2007 wurde ein Streaming-Dienst mit Adobe Flash Player für Mac
und Linux eingeführt;
- Seit 7. März 2008 ist der BBC iPlayer-Dienst auf dem iPhone von Apple verfügbar,
wofür eine Streaming-Version der Sendungen in 516 kbit/s erforderlich war;576
- Seit dem 9. April 2008 können die Inhalte des BBC iPlayer-Katalogs über Internet
Channel auf Wii-Spielekonsolen abgerufen werden. Eine Woche später konnten die
Sendungen nach einem unerlaubten hack auch mit der Play Station 3 angesehen
werden. Nach einer hausinternen Entwicklung von BBC wird der Katalog von BBC
iPlayer seit Dezember 2008 nun auch ganz offiziell auf der Website für die Playstation
3 bereitgestellt;
- Seit 30. April 2008 wird der Dienst im Rahmen des Abrufangebots des
Kabelnetzbetreibers Virgin Media angeboten. Der Dienst ist mit der Fernbedienung
direkt auf dem Fernsehbildschirm verfügbar; Dem Bericht Digital Britain zufolge

576
A. ROSE, “BBC iPlayer On iPhone: Behind The Scenes”, BBC Internet Blog, 7. März 2008,
http://www.bbc.co.uk/blogs/bbcinternet/2008/03/bbc_iplayer_on_iphone_behind_t.html

231
schauen sich 52% der Virgin Media-Kunden Sendungen des BBC iPlayer-Dienstes
an. Die Virgin-Kunden stellen etwa ein Viertel der Nutzer dieses Dienstes dar;577
- seit Juni 2008 bietet BT Vision für 3 GBP monatlich eine Programmauswahl von BBC
iPlayer an;578
- am 13. Oktober 2008 teilte die BBC mit, dass der BBC iPlayer-Dienst nunmehr auch
auf verschieden Mobiltelefonen wie dem Nokia N96 verfügbar sei;579
- am 20. Oktober 2008 teilte die BBC mit, dass der BBC iPlayer-Dienst nun auch über
den Sky Player abgerufen werden könne;580
- am 19. Dezember 2008 brachte die BBC den iPlayer Desktop für Mac und Linux auf
den Markt;581
- am 26. Februar 2009 leitete BBC Trust eine Konsultation ein, um zu prüfen, ob die
Möglichkeit besteht, die BBC-Dienste, insbesondere den BBC iPlayer, als IPTV
anzubieten, um die Inhalte auf den Fernsehbildschirmen abrufen zu können;582
- seit 20. April 2009 werden bestimmte Sendungen in HD-Qualität (als Streaming oder
Download) ausgestrahlt.583 Seit 1. Mai 2009 sind einige HD-Sendungen auch in der
von Virgin Media verbreiteten Version verfügbar.584 Auch die Übertragung in HD-
Format auf der Play Station 3 wurde angekündigt, wobei kein genaues Datum
angegeben wurde.

Das BBC iPlayer-Angebot beinhaltet etwa 400 neue Programmstunden wöchentlich. Es


wurde schrittweise auf verschiedene Themenkanäle der BBC ausgeweitet. Auch wenn
ungefähr 40% der angebotenen Sendungen von CBeebies, dem Sender für Kinder unter 6
Jahre, stammen, wurde am 8. Mai 2009 ein neuer eigenständiger Dienst, der CBeebies
iPlayer, eingerichtet, um zu verhindern, dass Kinder Zugang zu allen Sendungen erhalten.585

Die Finanzierung des Dienstes ist Gegenstand politischer Diskussionen. Bevor der Dienst an
den Start gehen konnte, wurde er von der britischen Regulierungsbehörde OFCOM
genauestens beleuchtet.586 Der geplante Dienst bot dem BBC Trust die Gelegenheit,
erstmals ein Verfahren zur Bewertung des öffentlichen Wertes („Public Value Test“)
durchzuführen. Dabei handelt es sich um ein von der BBC neu eingeführtes Verfahren, das
BBC Trust veranlasste, einige Merkmale des Projekts von der BBC-Firmenleitung prüfen zu
lassen.587 Der Dienst ist vollständig gebührenfinanziert, was allerdings ein Problem darstellt,
da der Dienst ohne Zahlung von Gebühren abgerufen werden kann: Nur das zeitgleiche
Ansehen wird als Rundfunk betrachtet und ist damit gebührenpflichtig (auch wenn der Dienst

577
Digital Britain, Final report, DCMS, Juni 2009, S.126,
http://www.culture.gov.uk/images/publications/digitalbritain-finalreport-jun09.pdf
578
BBC News, 6. Juni 2008, http://news.bbc.co.uk/2/hi/entertainment/7439652.stm
579
BBC Press Office, Pressemitteilung, 13. Oktober 2008,
http://www.bbc.co.uk/pressoffice/pressreleases/stories/2008/10_october/13/mobile.shtml
580
BBC Press Office, Pressemitteilung, 20. Oktober 2008,
http://www.bbc.co.uk/pressoffice/pressreleases/stories/2008/10_october/20/iplayer.shtml
581
BBC News, 18. Dezember 2008, http://news.bbc.co.uk/2/hi/technology/7787335.stm
582
BBC Trust, Pressemitteilung, 26. Februar 2009,
http://www.bbc.co.uk/bbctrust/news/press_releases/2009/project_canvas.html
583
BBC Press Office, Pressemitteilung, 20. April 2009,
http://www.bbc.co.uk/pressoffice/pressreleases/stories/2009/04_april/20/hd.shtml
584
BBC Press Office, Pressemitteilung, 1. Mai 2009,
http://www.bbc.co.uk/pressoffice/pressreleases/stories/2009/05_may/01/hd.shtml
585
BBC Press Office, Pressemitteilung, 8. Mai 2009,
http://www.bbc.co.uk/pressoffice/pressreleases/stories/2009/05_may/08/cbeebies.shtml
586
OFCOM, BBC new on-demand proposals. Market Impact Assessment. 23. Januar 2006,
http://www.ofcom.org.uk/research/tv/bbcmias/ondemand/bbc_ondemand/bbc_ondemand.pdf
587
Trust decision on on-demand services, 25. April 2007,
http://www.bbc.co.uk/bbctrust/consult/closed_consultations/ondemand.html

232
auf einem Computer abgerufen wird). Im Mai 2009 sorgte Erik Huggers, Group Controller bei
BBC Future Media & Technology, für Aufregung als er erklärte, dass seiner Ansicht nach alle
BBC iPlayer-Nutzer Gebühren zahlen müssten.588

Der Erfolg von BBC iPlayer war so groß, dass schon beim Start des Dienstes eine
Diskussion darüber entbrannte, welchen Platz dieser Dienst in den Netzen einnimmt. BBC
iPlayer ist in verschiedenen Geschwindigkeiten verfügbar (500 kbit/s, 800 kbit/s 1,5 Mbit/s
und 3,2 Mbit/s für HD-Qualität). Zudem herrscht ein Meinungsstreit zwischen den Kunden
von British Telecom (BT) und der BBC. Einige Breitband-Kunden von BT, die den BBC
iPlayer-Dienst nutzen, beklagen sich nämlich darüber, dass BT bei Bedarfsspitzen die
Geschwindigkeit für alle Breitband-Kunden auf die Basisgeschwindigkeit reduziere, wodurch
der Zugang zum BBC iPlayer-Dienst (aber auch zu YouTube) auf eine Geschwindigkeit von
500 kbit/s begrenzt werde. In der Antwort von BT heißt es, dass die Breitband-
Geschwindigkeiten so geregelt werden, dass alle Kunden optimale Nutzungsbedingungen
erhalten. Zudem handele es sich um ein Problem, das mit den Rechteinhabern diskutiert
werden müsse.589

Die BBC stellt regelmäßig Informationen über die Nutzung ihres iPlayer-Dienstes bereit, die
seit Einführung des Dienstes Ende Dezember 2007 konstant zugenommen hat. Im Januar
2008 wurden 11,2 Millionen Sendungen, im Februar 14 Millionen und im März sogar 17,2
Millionen Sendungen abgerufen.590 Bis Mitte Mai 2008 waren insgesamt 75 Millionen
Sendungen seit Einführung der Plattform abgerufen worden. Ende April 2008 verzeichnete
die Plattform täglich 700 000 Abrufe, d.h. fast doppelt so viel wie im Januar 2008. Ende Juni
2008 gab die BBC bekannt, dass die Marke von 100 Millionen abgerufenen Sendungen seit
Bestehen des Dienstes überschritten worden sei.591 Im April 2009 hat sich die Zahl der
Abrufe seit dem Start des Dienstes im Dezember 2007 laut BBC auf insgesamt 387 Millionen
(als Dwonload oder Streaming592) erhöht. Anfang Mai 2009 lag die Zahl aller Transaktionen
seit Bestehen des Dienstes bei 414 Millionen.593

Die von der BBC veröffentlichten Zahlen belegen drei Haupttrends:


- Die 20 am häufigsten abgerufenen Sendungen machen weniger als 75% der
Gesamtnutzung aus, was den Schluss nahelegt, dass es viele Anhänger von weniger
bekannten Sendungen gibt, zumal 6 der 20 im April am häufigsten abgerufenen
Sendungen von BBC Three stammen, einem der kleinsten Kanäle der öffentlich-
rechtlichen Fernsehanstalt.
- Durch die Online-Verwertung erhöhen sich die Zuschauerzahlen bei einigen
Sendungen um fast ein Drittel (wie bei der Komödie Gavin & Stacey).
- Catch-up-TV spricht alle Bevölkerungsgruppen, vor allem aber die junge Generation
zwischen 16 und 34 Jahren, an. Diese Altersgruppe macht bei den Nutzern von
iPlayer einen Anteil von 37% aus (siehe Grafik).

588
http://news.zdnet.co.uk/internet/0,1000000097,39654931,00.html
589
BBC News, 1. Juni 2009. http://news.bbc.co.uk/2/hi/technology/8077839.stm
590
BBC Press Office, Pressemitteilung, 9. April 2008,
http://www.bbc.co.uk/pressoffice/pressreleases/stories/2008/04_april/09/iplayer.shtm
591
BBC Press Office, Pressemitteilung, 25. Juni 2008,
http://www.bbc.co.uk/pressoffice/pressreleases/stories/2008/06_june/25/iplayer.shtm
592
Laut Screen Digest (Januar 2009, S. 26) ziehen die Windows-Benutzer Streaming zum Download klar vor.
593
BBC Press Office, Pressemitteilung, 8. Mai 2009,
http://www.bbc.co.uk/pressoffice/pressreleases/stories/2009/05_may/08/cbeebies.shtml

233
Abbildung 46: Zahlen zur Nutzung des BBC iPlayer-Dienste
(Januar – September 2008)594

Quelle: BBC

Abbildung 47: Nutzung des BBC iPlayer–Dienstes nach Geräten und


Betriebssystemen (2008)

Quelle: BBC

594
Die Grafiken stammen aus der Präsentation von BBC iPlayer durch M. Maggiore (BBC) im Rahmen des
Seminars „Entwicklung des nicht-linearen Fernsehangebots in Europa“, das von der Schweizer
Präsidentschaft der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle in Glion am 6. November 2008
veranstaltet wurde, http://www.obs.coe.int/about/oea/agenda2008.html#11

234
Abbildung 48: Aufgliederung der Nutzer von iPlayer nach Altersgruppen (2008)

55 ans et +
21%
16 34 ans
37%

35 54 ans
43%

Quelle: BBC

Abbildung 49: Nutzung von Fernsehen, Internet und BBC iPlayer im Tagesverlauf
(2008)

Quelle: BBC

Die von der BBC mitgeteilten Zuschauerzahlen im Tagesverlauf zeigen, dass die
Spitzenzeiten bei BBC iPlayer nicht ganz mit den Spitzenzeiten im Fernsehen
zusammenfallen. Die Zuschauerquote ist zwischen 7 Uhr morgens und 18 Uhr höher. Wie
beim Fernsehen nimmt die Nutzung ab 19 Uhr zu, erstreckt sich dann aber über den ganzen
Abend bis Mitternacht.

235
Abbildung 50: Vergleich zwischen direkter und zeitversetzter Ausstrahlung bei drei
Fernsehserien (2008)

Quelle: BBC

Der Vergleich zwischen direkter und zeitversetzter Ausstrahlung bei drei Fernsehserien
(2008) zeigt deutliche Unterschiede. Bei einer klassischen Serie für ein eher älteres
Publikum, wie beispielsweise Eastenders, wird die zeitverschobene Ausstrahlung nur wenig
genutzt (2,4% gegenüber der direkten Ausstrahlung) während bei einer Serie für ein
jüngeres Publikum wie MI High 20% die zeitverschobene Ausstrahlung nutzen.

5.3.2.2. ITV Player

ITV hat im Juni 2007 einen Catch-up-TV-Dienst gestartet, der über das Webportal ITV.com
zugänglich ist. Dieser Dienst wurde im Dezember 2008 in ITV Player umbenannt. Die
Sendungen der Kanäle ITV1, ITV2, ITV3 und ITV4 sind nach ihrer Ausstrahlung im
Fernsehen 30 Tage lang verfügbar. Der Dienst bietet alle Sendungen der Produktionsstudios
der ITV PLC-Gruppe an, aber keine Sport- und Nachrichtensendungen oder Sendungen, die
von unabhängigen Produzenten eingekauft wurden. Durchschnittlich werden 620
Programmstunden im Rahmen von Catch-up-TV, 340 Stunden Archivmaterial und 50
Stunden Kurzclips bereitgestellt.595

Laut ITV hat sich die Zahl der durchschnittlich pro Monat heruntergeladenen Sendungen
zwischen Ende des 1. Quartals 2008 und Ende 2008 verdoppelt. Die am häufigsten
abgerufenen Sendungen sind der Reihenfolge nach: The X Factor, eine seit 2004
ausgestrahlte Castingshow, und die beiden Soaps Coronation Street und Emmerdale, die es
seit 1960 bzw. 1972 gibt.

595
ITV Pressemitteilung, 5. Dezember 2008,
http://www.itv.com/PressCentre/Pressreleases/Corporatepressreleases/NamechangeforITVsonlinevideoplaye
r/default.html

236
Zudem ist der Dienst im Rahmen der Angebote von BT Vision (seit Dezember 2008) und
Virgin Media (seit Januar 2009) verfügbar.596

Abbildung 51: ITV Player – Anzahl der abgerufenen Videos


(August 2007 - Oktober 2008)

Quelle: ITV

Abbildung 52: TV Player – Anzahl der Unique Visitors und der abgerufenen Videos
(2008)

Quelle: ITV

596
Virgin Media, Pressemitteilung, 8. Januar 2009,
http://pressoffice.virginmedia.com/phoenix.zhtml?c=205406&p=irol-newsArticle&ID=1241606&highlight=

237
Der Dienst wird aus Werbeeinnahmen finanziert. Der gesamte ITV.com-Dienst schrieb 2007
(12 Mio. GBP) und 2008 (20 Mio. GBP) trotz beträchtlicher Zunahme der Aktivitäten rote
Zahlen. Die durchschnittliche monatliche Besucherzahl der Website liegt bei 6,5 Millionen
und hat sich damit gegenüber 2007 um 30% erhöht. Im November 2008 wurden 9,4
Millionen Besucher gezählt, sodass die Webseite in der von Comscore für Großbritannien
veröffentlichten Beliebtheitsskala auf Platz fünf rangiert. Insgesamt 86 Millionen Videos
wurden im Laufe des Jahres heruntergeladen. Laut Auskunft von ITV liegt der Tausend-
Kontakt-Preis (TKP oder CPM) für Werbung in Online-Videos höher als bei anderen Formen
der Online-Werbung.597

5.3.2.3. 4oD

2006 startete Channel Four mit 4oD einen eigenen VoD- und Catch-up-TV-Dienst im
Internet. 4oD bietet eine Mischung aus kostenpflichtigem VoD und kostenlosem,
werbefinanziertem Catch-up-TV. Mehr als tausend Fernsehsendungen werden nach ihrer
Ausstrahlung im Fernsehen 30 Tage lang kostenlos angeboten. Andere Fernsehsendungen
werden für 0,99 GBP als Download-to-rent bereitgestellt. Filme kosten als Download-to-rent
1,99 GBP. Zum Abspielen der auf den PC heruntergeladenen Sendungen ist das von 4oD
herausgegebene Medienabspielprogramm erforderlich. Zudem ist der Dienst unter dem
Namen 4oD TV im Rahmen der Angebote von BT Vision, Tiscali TV und Virgin Media
verfügbar.

2008 wurden 133 Millionen Spielfilme von der 4oD-Plattform heruntergeladen, was einer
Steigerung von 72% gegenüber 2007 entspricht.598 Von den Kurzsendungen wurden 2008
ungefähr 4 Millionen abgerufen, also 51% mehr als 2007.

Anfang Juni 2009 kündigte Channel 4 die Erweiterung seines Online-Katalogs auf
Archivsendungen an: Ungefähr 10.000 Titel, d.h. 4.000 Programmstunden sind im Juli 2009
hinzugekommen und sind kostenlos zugänglich.599

Mit 5 Millionen monatlich abgerufenen Sendungen ist der auf dem Fernsehbildschirm
verfügbare Dienst 4oD TV wesentlich erfolgreicher als die 4oD Catch-Up-Version
(2 Millionen Zugriffe monatlich).600

597
ITV Annual report 2008, S.21. http://2008.itv.ar.ry.com/?id=26100
598
Channel 4 annual Report 2008, S.62
599
The Guardian, 7. Juni 2009,
600
Digital Britain, DCMS, Juni 2009, S.126,
http://www.culture.gov.uk/images/publications/digitalbritain-finalreport-jun09.pdf

238
Abbildung 53: Nutzung des 4oD-Dienstes

Quelle: Channel 4

5.3.2.4. Demand Five

Nach Einstellung seines ersten Dienstes mit dem Namen Five download startete der Sender
Five (RTL-Gruppe) im Juli 2008 unter dem Namen Demand Five einen neuen VoD-Dienst.
Der im Internet bereitgestellte Dienst bietet Catch-up-TV der Sender Five, Five US und Fiver,
sowie mehrere hundert Archivsendungen. Der als Download oder Streaming erfolgende
Abruf im Rahmen von Catch-up-TV ist innerhalb eines Zeitraums von 30 Tagen kostenlos.
Auch die meisten Archivsendungen sind gratis verfügbar; eine Ausnahme bilden hierbei
bestimmte amerikanische Sendungen wie CSI oder Grey’s Anatomy, die zum Preis von
0,99 GBP als Download-to-rent bereitgestellt werden. Zudem werden bestimmte Sendungen
vor ihrer Ausstrahlung im Fernsehen für 1,99 GBP angeboten.

Seit Oktober 2008 ist der Dienst außerdem im Rahmen des Angebots von BT Vision
verfügbar. Der zunächst auf Windows Media Player basierende Dienst kann seit Januar
2009 auch mit Flash genutzt werden, also auch auf Mac-Computern, abgerufen werden.

Im Juni 2009 kündigte der Sender Five an, zusammen mit der Plattform Brightcove ab dem
2. Halbjahr 2009 ein System zur Mehrfachverwendung der Inhalte (Content-Syndication) von
Demand Five einzusetzen. Dabei können die Nutzer bestimmte Inhalte von Demand Five
(insbesondere Fernsehserien) auf ihrer eigenen Website einbetten („embed"). Im Gegenzug
akzeptieren sie, dass die in den Inhalten enthaltene Werbung sichtbar bleibt. Auf diese
Weise kann der Sender Five höhere Abrufzahlen für die von amerikanischen Verleihen
erworbenen Inhalte vorweisen und den Werbekunden bessere Tausend-Kontakt-Preise
(TKP) bieten.601

601
Five Pressemitteilung, 16. Juni 2009, http://about.five.tv/press/press-releases/syndicated-player

239
5.3.2.5. Sky Player

Vgl. 4.3.

5.3.2.6. Weitere Catch-up-TV-Dienste britischer Fernsehveranstalter

In Großbritannien haben zahlreiche Betreiber von Themensendern, die über keine eigene
Plattform verfügen, Vereinbarungen mit Anbietern wie BSkyB, Tiscali TV, BT Vision und Top
Up Anytime geschlossen, um ihre Catch-up-TV-Dienste über diese Betreiber anzubieten (vgl.
4.3.).

5.3.2.7. Das Kangaroo-Projekt

Im November 2007 kündigten BBC Worldwide, ITV und Channel 4 ihr gemeinsames, code
Kangaroo genanntes, Projekt zur Einrichtung eines gemeinsamen Online-Archivdiensts in
der Form eines Joint Ventures mit dem Namen UKTVOD an. Durch Zusammenführung ihrer
drei Kataloge wollten die drei Unternehmen mehr als 50.000 Programmstunden bereitstellen.
Das Projekt wurde von der Competition Commission geprüft, die zunächst die Einführung
des Projekts verzögerte und schließlich im Februar 2009 ganz ablehnte.

Am 30. Juni 2008 hat das Office of Fair Trading (Wettbewerbsbehörde – OFT) das geplante
Joint Venture zwecks Prüfung nach Artikel 33 Abs. 1 des Enterprise Act (Unternehmens-
gesetz) von 2002 an das OFT verwiesen. Gemäß diesem Artikel kann das OFT geplante
oder bereits durchgeführte Zusammenschlüsse prüfen lassen, wenn das neue Unternehmen
einen Marktanteil von 25 Prozent oder mehr auf dem britischen VoD-Markt (oder großen
Teilen desselben) erreichen oder der Umsatz des neuen Unternehmens im Vereinigten
Königreich GBP 70 Mio. überschreiten würde.

Das OFT berücksichtigte hierbei die Tatsache, dass die am Joint Venture beteiligten
Unternehmen „den überwiegenden Teil der Inhalte kontrollierten". Im Dezember 2008
veröffentlichte das OFT das vorläufigen Ergebnis seiner Prüfung und die möglichen
Maßnahmen zur Vermeidung einer „wesentlichen Reduzierung des Wettbewerbs", darunter:
Kontrollieren, wie Inhalte anderen Anbietern zur Verfügung gestellt würden; wesentliche
Änderungen an den Bedingungen des Joint Venture vornehmen; dafür sorgen, dass das
Joint Venture nicht in der Lage ist, wirtschaftlich sensible Informationen zurückzuhalten, in
Verbindung mit Maßnahmen zur Verhinderung des Austauschs solcher Informationen.

In seiner Entscheidung vom 4. Februar 2009 zu den Wettbewerbsaspekten des Vorhabens


hat das OFT erklärt, dass es nach reichlicher und gründlicher Überlegung zu dem Schluss
gekommen sei, dass dieses Joint Venture eine zu große Gefährdung des Wettbewerbs auf
diesem aufstrebenden Markt darstellen würde und folglich unterbunden werden müsse.602

Interessanterweise ist das OFT in seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass Catch-up-
TV und Archive einen einzigen Markt bilden und nicht als zwei verschiedene Märkte zu
sehen sind. Das OFT räumt ein, keine genauen Zahlen über die in seinem Bericht
behandelten VoD-Dienste vorliegen zu haben (d.h. nur die Dienste, die Fernsehsendungen
anbieten), geht aber davon aus, dass der Umsatz auf diesem Markt 2007 nicht über
GBP 70 Mio. betrug.

602
Competition Commission Report, 4. Februar 2009,
http://www.competition-commission.org.uk/rep_pub/reports/2009/fulltext/543.pdf
Zusammenfassung in IRIS 2009, 4 :12/16

240
Die Entscheidung der Competition Commission wurde im Vereinigten Königreich
selbstverständlich ausgiebig kommentiert. Wir möchten an dieser Stelle insbesondere auf
den Kommentar von Screen Digest hinweisen: Dem britischen Marktforschungsinstitut
zufolge hat die Competition Commission in ihrer Marktanalyse weder die beherrschende
Marktstellung des iTunes Store von Apple auf dem kostenpflichtigen Online-VoD-Markt
berücksichtigt, noch die Entwicklung im Bereich kostenloser werbefinanzierter Online-
Videodienste. Nach Ansicht von Screen Digest hätte das auf den Online-VoD-Markt zielende
Kangaroo-Projekt nur eine begrenzte Auswirkung auf den gesamten Markt für Online-
Dienste gehabt, der in Großbritannien vor allem Dienste für Spielkonsolen und im
Kabelbereich den Virgin-Media-Dienste umfasst.603

Am 23. Juli 2009 gab der britische Broadcasting-Dienstleister Arqiva bekannt, dass er das
Kangaroo-Projekt übernehmen und in den kommenden Monaten einen VoD-Dienst einführen
werde.604 Laut The Guardian sei auch Orange an der Übernahme interessiert gewesen, aber
Arqiva hätte etwa 8 Mio. GBP dafür geboten.605 Mit dieser Übernahme ist Arqiva der erste
Broadcasting-Dienstleister in Europa, der sich auf dem Markt für Abrufdienste positioniert.

5.3.2.8. Das Canvas-Projekt

Die BBC und ITV verfolgen zusammen mit BT einen anderen Weg der Zusammenarbeit im
Bereich von Abrufdiensten: Das Canvas-Projekt. Es wurde im Oktober 2008 bei der
MIPCOM ins Leben gerufen. Ziel ist die Bereitstellung von Abrufdiensten über IPTV, also
insbesondere ihre Nutzung auf dem Fernsehbildschirm. Erik Huggers definiert den Dienst als
neutrale VoD-Plattform.606 Voraussetzung ist eine Set-Top-Box, die den Fernsehzuschauer
zwischen 100 und 200 GBP kostet.

Im Januar 2009 schlug der BBC Trust in seiner Antwort auf die von der OFCOM initiierte
Anhörung über die Modernisierung des öffentlich-rechtlichen Dienstes vor, den BBC iPlayer-
Dienst allen öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten (also ITV, Channel 4 und Five) zur
Verfügung zu stellen und eine gemeinsame IPTV-Plattform einzurichten.607

Im Februar 2009 leitete der BBC Trust eine Konsultation zu diesem Projekt ein. Sie stieß
umgehend auf den Widerstand verschiedener Akteure wie BSkyB, Virgin Media, Sony,
Google usw., die behaupteten, dass das Canvas-Projekt zu einer Marktverzerrung führen
und gegen die Wettbewerbsregeln verstoßen würde. Zudem führten einige Kritiker an, dass
ein solches Projekt Zugang zu den Archiven der Fernsehveranstalter eröffne und damit
deren Marktwert verringern würde. ITV reagierte auf diese ablehnende Stellungnahme von
BskyB mit einer am 14. Mai 2009 veröffentlichten Pressemitteilung, in der es heißt, dass eine
solche Plattform für kostenlose Abrufdienste die gleiche belebende Wirkung haben könnte
wie Freeview und Freesat auf dem Markt für digitales Fernsehen und dass diese Plattform
auch Dritten, einschließlich Sky, offenstehe.608 Anfang Juni 2009 verlangte der BBC Trust
zusätzliche Informationen von der BBC-Leitung.609 Der im Juni 2009 von DCMS

603
Screen Digest, March 2008, p.86.
604
Arqiva press release, 23 July 2009, http://www.arqiva.com/press-office/press-releases/press-releases-
2009/arqiva-to-acquire-project-kangaroo-platform-assets
605
“Arqiva understood to have paid about £8m for Project Kangaroo assets”, The Guardian, 24 July 2009
http://www.guardian.co.uk/media/2009/jul/24/arqiva-project-kangaroo
606
Aus: Informitv, 14. Oktober 2008, http://informitv.com/articles/2008/10/14/bbcopenscanvas/
607
BBC Trust, 13. Januar 2009, http://www.bbc.co.uk/thefuture/pdf/phase2/psb_response.pdf
608
ITV Pressemitteilung, 12. Mai 2009,
http://www.itv.com/PressCentre/Pressreleases/Corporatepressreleases/StatementfromtheCanvasPartners/de
fault.html
609
http://www.bbc.co.uk/bbctrust/news/press_releases/2009/canvas_assessment.html

241
veröffentlichte Bericht Digital Britain weist außerdem darauf hin, dass der BBC Trust hier
sehr wachsam sein müsse.610

5.3.3. Der französische Markt

5.3.2.1. Öffentlich-rechtliche Sender

Die ersten Catch-up-TV-Dienste in Frankreich wurden von den öffentlich-rechtlichen Sendern


angeboten. Die von France Télévisions mit France Télécom, dem Anbieter des IPTV-
Dienstes von Orange, geschossene Exklusivvereinbarung führte sogar zu einer klaren
Unterscheidung zwischen Catch-up-TV-Markt und Videoabrufmarkt.

Im Juli 2007 schlossen die Unternehmen France Télécom und France Télévisions eine
dreijährige Vereinbarung, nach der der Telekommunikationsbetreiber bestimmte Sendungen
der öffentlich-rechtlichen Sender France 2, France 3, France 4, France 5 und France Ô
exklusiv in Form eines Catch-up-TV-Dienstes für die Kunden bereitstellen kann, die
Fernsehdienste im Rahmen von Multidienst- und Mobilangeboten abonniert haben. Das im
ersten Quartal 2008 eingeführte Angebot „24/24 TV" betrifft Erstausstrahlungen mit
Ausnahme von Kinofilmen und Sportsendungen, die auf diesen Sendern zwischen 18 und
24 Uhr ausgestrahlt werden.

Die anderen IPTV-Anbieter nahmen diese angekündigte Vereinbarung zum Anlass, beim
Französischen Wettbewerbsrat (Conseil de la concurrence) zu klagen, der eine
Unterscheidung zwischen den eigentlichen Abrufdiensten und Catch-up-TV-Diensten traf.

Nach Auffassung von Laurent Letailleur und Grégoire Weigel, Gutachter der französischen
Medienaufsichtsbehörde CSA611, „gehört ein Fernsehabrufdienst ebenso wie ein
Videoabrufdienst in die Kategorie nicht linearer Dienste. Auf jeden Fall gibt es mehrere
Unterscheidungsmerkmale:
- Die redaktionelle Verbindung zum Fernsehdienst: im Gegensatz zum
Videoabrufdienst hängt die Attraktivität einer Sendung, die den Zuschauern im
Rahmen eines Catch-up-TV-Dienstes zur Verfügung gestellt wird, eng mit der
Erstausstrahlung im Fernsehen zusammen. Der Wert definiert sich also über den
Bezug zur Erstausstrahlung. Zum Zeitpunkt der Ausstrahlung im Fernsehen
übernimmt der Sender die Werbung für die Sendung, die im Anschluss an die lineare
Ausstrahlung als Catch-up-TV bereitgestellt wird. Darüber hinaus stellt die zum
Sender bestehende redaktionelle Nähe (Identität, Logo, Farbe…) im Bereich der nicht
linearen Dienste ein Differenzierungsmerkmal dar, das die Attraktivität steigert und
eine Qualitätsgarantie für die Sendung darstellt;
- Die Art der Vermarktung: hiermit ist gemeint, dass die Catch-up-TV-Dienste im
Gegensatz zu den meisten kostenpflichtigen Abrufdiensten gratis sind;
- Die begrenzte Dauer der Bereitstellung der Inhalte, die eng an den Zeitpunkt der
Ausstrahlung im Fernsehen gebunden ist;
- Die unterschiedliche Vermarktung der geistigen Eigentumsrechte bei Videoabruf
einerseits und Catch-up-TV andererseits."

610
Digital Britain, Juni 2009, S. 19,
http://www.culture.gov.uk/images/publications/digitalbritain-finalreport-jun09.pdf
611
L. LETAILLEUR und G. WEIGEL, „Catch-up-TV und Videoabruf: zwei unterschiedliche Märkte“, Observatoire
des médias, INA, 12. Dezember 2008,
http://www.ina.fr/observatoire-medias/dossiers/avenir-av-web/article-4-encadre-1.html

242
Auf der Grundlage dieser Einschätzung wies der CSA in seiner Stellungnahme gegenüber
dem Wettbewerbsrat vom 15. Januar 2008 darauf hin, dass die Video-on-Demand-Dienste
und die Catch-up-TV-Dienste Unterschiede aufweisen, die eine Zuordnung zu verschiedenen
Märkten zulassen.612

In seiner Entscheidung 08-D-10 vom 7. Mai 2008 zu dieser Vereinbarung zwischen France
Télécom und France Télévisions äußerte sich der Wettbewerbsrat außerdem zum Aspekt
der Exklusivität, die wie er unterstrich, auf drei Jahre begrenzt sei und damit die Einführung
eines innovativen Catch-up-TV-Dienstes ermöglichte.613

Die zwischen France Télévisions und France Télécom geschlossene Exklusivvereinbarung


ist weiterhin Gegenstand politischer Diskussionen. Einige Abgeordnete haben ein Verbot von
Exklusivvereinbarungen öffentlich-rechtlicher Sender angeregt.614 Bei den Debatten zum
Gesetz „über die audiovisuelle Kommunikation und den neuen öffentlich-rechtlichen
Fernsehdienst" (5. März 2009) sah ein von der Senatorin Catherine Morin-Desailly im Namen
des Kulturausschusses vorgelegter und von den Senatoren genehmigter Änderungsantrag
vor, dass France Télévisions „audiovisuelle Mediendienste auf Abruf" einrichten müsse, „zur
kostenlosen Bereitstellung aller im Fernsehen ausgestrahlten Sendungen, mit Ausnahme
von Kinofilmen und gegebenenfalls Sportsendungen".615 Wäre dieser Antrag angenommen
worden, wäre er mit dem Abschalten des Analogsignals in Frankreich, das was für den 30.
November 2011 vorgesehen ist, in Kraft getreten. Der Änderungsantrag wurde jedoch nicht
vom Parlament angenommen.

Neben den exklusiv für Orange bereitgestellten Sendungen, bieten die Sender von France
Télévisions auf ihrer Website einige kostenlos verfügbare Sendungen an.

5.3.3.2. ARTE

Der deutsch-französische Sender ARTE startete am 1. Oktober 2007 den Dienst ARTE + 7,
der im Internet als Streaming abgerufen werden kann. Der Dienst ist kostenlos und bietet
Videos im Flash- oder Windows Media-Format an. Eine Liste der bevorzugten Sendungen
kann zusammengestellt werden. Die Auswahl erfolgt nach einer alphabetischen Liste, nach
Datum oder nach Sparte (Kurzfilm, Dokumentation, Magazin usw.). Filme werden aufgrund
rechtlicher Aspekte nicht im Rahmen dieses Dienstes angeboten. In Frankreich werden
einige dieser Filme über den kostenpflichtigen VoD-Dienst des Senders bereitgestellt. Arte+7
registrierte in der ersten Woche nach Einführung des Dienstes im Oktober 2007 140.000
Abfragen und eroberte damit ein neues Publikum, die 25- bis 34-Jährigen.

5.3.3.3. Canal+ à la demande

Im März 2008 starte der Bezahlsender Canal + den Dienst Canal+ à la demande, der den
Kunden für die Dauer der wiederholten Ausstrahlung, d.h. in der Regel bis zu einem Monat
nach der Erstausstrahlung, Zugang zu den Premiuminhalten des Angebots gewährt.616 Der

612
Stellungnahme der CSA gegenüber dem Wettbewerbsrat vom 15. Januar 2008 zum Antrag von
Sicherungsmaßnahmen der AFORST in Bezug auf die von France Télécom und France Télévisions
gehandhabten Praktiken, http://www.csa.fr/upload/dossier/avis_tvr_15_janvier_08_a.pdf
613
Entscheidung Nr. 08-D-10 vom 7. Mai 2008, http://www.conseil-concurrence.fr/pdf/avis/08d10.pdf
614
"Télévision de rattrapage : Christine Lagarde promet un débat législatif sur l'exclusivité France Télévisions-
Orange", Les Echos, 7. Juli 2008, http://www.lesechos.fr/info/comm/300278539.htm
615
Bericht Nr. 150 (2008-2009) von Catherine MORIN-DESAILLY und Michel THIOLLIÈRE, erstellt im Namen
der „Commission des affaires culturelles“ und vorgelegt am 6. Januar 2009,
http://www.senat.fr/rap/l08-150/l08-15018.html
616
Pressemitteilung Groupe Canal+, 10. März 2008, http://media.canal-plus.com/file/79/3/98793.pdf

243
Dienst Canal+ à la demande wird im Internet bereitgestellt und erfordert die Installation eines
speziellen Medienabspielprogramms. Außerdem ist seit dem 13. Mai 2008 der Dienst für die
Kunden von Canal+ zugänglich, die die Sender im Rahmen des IPTV-Angebots von Free
empfangen.617 Seit dem 9. September 2008 können die Kunden, die einen Satellitenreceiver
der neuesten Generation (DUAL-S), einen ADSL-Anschluss und eine externe Festplatte
besitzen, ebenfalls den Dienst über den Fernsehbildschirm abrufen.618

Die Kinoverbände haben mit Canal+ am 23. Juli 2008 eine Vereinbarung über Catch-up-TV
unterzeichnet.619 Danach kann Canal+ seinen Kunden nunmehr anbieten, dass sie den von
ihnen gewünschten Film über den Dienst „Canal+ à la demande" innerhalb des Zeitraums, in
dem er ausgestrahlt wird, bis zu dreimal abrufen können. Diese Vereinbarung sieht keine
Pauschalvergütung wie bei den klassischen TV-Ausstrahlungsrechten vor, sondern eine
Vergütung, die sich nach der Nutzung des Dienstes richtet. Die zusätzliche Vergütung
beträgt 7% des Kaufpreises multipliziert mit der Nutzerzahl.620

5.3.3.4. M6 Replay

Der Catch-up-TV-Markt kam vor allem durch den Sender M6 in Bewegung. Während TF1
und Canal+ bereits 2005 auf ihren kostenpflichtigen VoD-Seiten im Internet einen
umfangreichen Filmkatalog anbieten konnten, musste sich M6 auf seiner Website M6 Vidéo
mit einem Angebot begnügen, das im Wesentlichen aus amerikanischen Serien bestand. Im
April 2008 besserte der Sender M6 sein Angebot nach und richtete den Dienst M6 Replay
ein, der die wichtigsten ausgestrahlten Sendungen des Kanals mit Ausnahme von Filmen
und Sportsendungen eine Woche lang zum Abruf bereitstellte.

Ein Jahr nach dem Start von M6 Replay zog der Sender eine positive Bilanz und erklärte
sich zum französischen Marktführer im Bereich Catch-up-TV.

Auszug aus der Pressemitteilung621: „Mit einem Beta-Koeffizient622 von 29,3% ist M6 Replay
der Dienst, dessen Werbebotschaften im Internet den höchsten Erinnerungskoeffizienten
aufweisen und der sich bei der Gesamtbetrachtung aller Medien hinter dem Kino an zweiter
Stelle positioniert. Der von Aegis Media Expert für den Zeitraum vom 4. November 2008 bis
20. Februar 2009 ermittelte „Beta-Koeffizient“ von Morgensztern, oder Beta-Erinnerungs-
Koeffizient für Werbung bei M6 Replay liegt bei 29,3%: Von 100 Personen, die hier einen
Werbespot einmal gesehen haben, erinnern sich 29 an die Werbebotschaft. Das ist 2,6 mal
mehr als alle anderen Internetformate (Beta-Koeffizient von 11,3%) und 1,7 mal mehr als bei
TV-Werbespots (Beta-Koeffizient von 17,2%).623

Ein Jahr nach seinem Start ist der Catch-up-TV-Dienst der M6-Gruppe mit bisher insgesamt
80 Millionen abgerufenen Videos und durchschnittlich 1,7 Millionen Besuchern624 monatlich
ein großer Publikumserfolg. Die Besucher der Website von M6 Replay sind dem Dienst treu,
da 58% von ihnen geben an, die Seite mehrmals wöchentlich zu besuchen. 2% der Nutzer

617
Pressemitteilung Groupe Canal+ / Free-Iliad, 13. Mai 2008, http://media.canal-plus.com/file/75/4/106754.pdf
618
Pressemitteilung Groupe Canal+, 9. September 2008, http://media.canal-plus.com/file/11/8/118118.pdf
619
Pressemitteilung Groupe Canal+, 11. Juli 2008, http://media.canal-plus.com/file/23/5/113235.pdf
620
Der Wortlaut der Vereinbarung kann hier abgerufen werden:
http://ddata.over-blog.com/xxxyyy/2/21/17/06/Accord-cach-up-TV---Canal--23072008.pdf
621
Pressemitteilung M6-Gruppe, 6. April 2009, http://www.groupem6.fr/index.php/m6/Presse/Communication-
Groupe/M6-Replay-meilleur-support-publicitaire-sur-Internet
622
Der "Beta-Koeffizient" von Morgensztern oder Erinnerungskoeffizient, gibt an, wie viele Menschen sich nach
dem Ansehen einer Werbebotschaft an die Marke und mindestens ein Element der Botschaft erinnern.
623
Von M6 zitierte Quelle: Aegis Media Expert, Fernsehen (2003): 17,2 % und Internet (2005): 11,3 %.
624
Von M6 zitierte Quelle: Source Médiamétrie/NetRatings, Panel Internet France, September 2008 – Februar
2009, alle Verbindungsorte.

244
erklären, bestimmte Sendungen nur noch auf M6 Replay anzusehen.625 Der Dienst ist auch
ein wirtschaftlicher Erfolg, der mit einem Zuwachs an Werbekunden einhergeht.

M6 Replay bietet neuartige Werbeformate im Internet, die es bisher in Frankreich nicht gab,
wie: Anklickbare Videospots (von 10 bis 70 Sekunden Länge) als Fenster in den Sendungen.
Die vielfältigen Videoformate, der leistungsfähige professionelle Rahmen sowie der
interaktive Charakter des Dienstes machen ihn zu einem einzigartigen Werbeträger:
Werbebeiträge werden 10- bis 30-mal häufiger angeklickt als bei klassischen
Internetformaten.

Angesichts dieses Erfolgs wollten wir die Effizienz von M6 Replay in Bezug auf den
Erinnerungswert der Werbebotschaften quantifizieren. Das gute Ergebnis, das der Dienst
erzielt, ist zurückzuführen auf die interaktive und individuelle Gestaltung des Internetauftritts,
die Vielfalt und den Einfluss des Videoformats sowie auf das Publikum, das kurze
eingeblendete Sequenzen vor oder während der ausgewählten Sendung aufmerksam
betrachtet.

In einer weiteren Pressemitteilung von M6 heißt es, dass im März 2009 10 Millionen
Sendungen abgerufen wurden und monatlich 1,5 Millionen Internetznutzer die Website
besuchten. Zu den beliebtesten Sendungen gehören "La Nouvelle Star" und "Un dîner
presque parfait". Sie sind die beiden am häufigsten angeschauten Sendungen mit jeweils 1,7
Millionen und 1,4 Millionen Abrufen im März.626 Außerdem verzeichnete der M6 Replay-
Dienst mit 11 Millionen Abrufen und 1,8 Millionen Besuchern im April einen neuen
Monatsrekord. Die symbolische Schwelle von 100 Millionen abgerufenen Sendungen wurde
Anfang Mai 2009 erreicht.627

5.3.3.5. TF1: kostenloses Catch-up-TV als Kernstück des Webportals

Die TF1-Gruppe, deren Sender TF1 trotz eines stetigen Rückgangs der Marktanteile
weiterhin als Marktführer gilt, ist zunächst auf dem kostenpflichtigen Catch-up-TV-Markt aktiv
geworden. Im Mai 2007 gab die Unternehmensgruppe die Unterzeichnung einer
Vereinbarung mit Walt Disney über die Online-Bereitstellung von Serien wie Grey's Anatomy
(Staffel 3), Lost (Staffel 3), Ugly Betty (Staffel 1), Ghost Whisperer (Staffel 2) oder In Justice
(Staffel 1) bekannt. Die einzelnen Folgen sind unmittelbar nach ihrer Ausstrahlung auf TF1
sowohl auf der Webseite www.tf1vision.com als auch über die Dienste TV von Neuf TV HD,
Freebox TV, und im Club Vidéo TV von Club Internet verfügbar. Im Gegensatz zur
werbefinanzierten Ausstrahlung im Fernsehen, kostet ein Download den Nutzer ab 1,99 EUR
pro Episode. Die Interessenten können zwischen der französischen Version oder der
Originalversion mit Untertiteln in französischer Sprache wählen, sowie zwischen Streaming-
Verfahren oder zeitlich begrenztem Download, bei dem die Datei 48 Stunden lang verfügbar
ist. 2008 sollen mehr als eine Milliarde Videos abgerufen worden sein.628

In Anbetracht des Erfolgs des kostenlosen M6 Replay-Dienstes seines direkten


Konkurrenten führte TF1 am 19. April 2009 einen kostenlosen Catch-up-TV-Dienst im
Rahmen der Umgestaltung seines Portals ein. Bei diesem Dienst kann ein Großteil der im

625
Von M6 zitierte Quelle: IPSOS-Studie / Werbung M6, durchgeführt im Juli 2008.
626
Pressemitteilung der M6-Gruppe, 17. April 2009, http://www.groupem6.fr/index.php/m6/Presse/
Communication-Groupe/M6-REPLAY-LEADER-DE-LA-CATCH-UP-TV-EN-FRANCE
627
Pressemitteilung der M6-Gruppe M6, 12. Mai 2009, http://www.groupem6.fr/index.php/m6/Presse/
Communication-Groupe/M6-replay-Deja-plus-de-100-millions-de-programmes-visionnes
628
Quelle: Challenge.fr, 16. April 2009,
http://bourse.challenges.fr/news.hts?menu=news_actualites&urlAction=news.hts%3Fmenu%3Dnews_actualit
es&idnews=FPS090416_20328723&numligne=1&date=090416

245
Fernsehen ausgestrahlten Inhalte innerhalb von sieben Tagen kostenlos abgerufen werden.
Im Gegensatz zum Sender M6, der sich für eine spezielle Website und Marke mit dem
Namen M6Replay entschieden hat, integriert TF1 sein gesamtes Videoangebot in sein neues
Portal, das einfacher, einladender und interaktiver werden soll. Ungefähr 60% des
Programms zwischen 18 Uhr und 24 Uhr wird als Catch-up-TV angeboten (außer Kinofilme,
Sportsendungen und bestimmte erfolgreiche amerikanische Serien, die als kostenpflichtiges
Video zum Abruf angeboten werden. Insgesamt bietet tf1.fr mehr als 50 Stunden Catch-up-
TV wöchentlich. Zudem werden 16 500 Kurzformat-Videos, die von TF1 seit 1980 archiviert
werden, online angeboten.

Die TF1-Gruppe startete am 29. April einen Catch-up-TV-Dienst für seine Themensender
Histoire, Odyssée und Ushuaïa TV. Er ist über ein Internetportal zugänglich, wird aber im
Laufe des 1. Quartals 2009 auch auf CanalSat und dem Canal Sat-Bouquet von Orange
angeboten. Ein Catch-up-TV-Dienst des Nachrichtenkanals LCI wurde im zweiten Quartal
2009 gestartet. Der Dienst ist auch für die Fernsehkunden von Numéricâble verfügbar.

Erklärtes Ziel ist es, sowohl den Umsatz der Website als auch die von den Internetnutzern
auf der Website verbrachte Zeit zu erhöhen. „Heute geht es um Synergien und nicht mehr
um die Konkurrenz zwischen den neuen Medien und dem Fernsehen", betonte Nonce
Paolini, Vorstandsvorsitzender von TF1 bei der Präsentation des neuen tf1.fr. Gleichzeitig
hat das Unternehmen ein neues, von Médiametrie bereitgestelltes System zur Messung der
Zuschauerzahlen eingeführt, das genau die Zeit ermitteln soll, die ein Internetnutzer mit dem
Ansehen eines Videos verbringt, um es auf diese Weise optimal zu Werbezwecken zu
nutzen.

Am 27. Juli 2009 führte TF1 über TF1 Vision ein App für das iPhone 3GS ein. Mit diesem
App erhält der Nutzer Zugang zu live ausgestrahlten Sendungen und zu Catch-up-TV-
Angeboten (Nachrichtensendungen, Serien, Unterhaltungssendungen…). Die Anwendung
wird zum Preis von 3,99 EUR verkauft und gehörte innerhalb kurzer Zeit zu den zehn
bestverkauften Anwendungen des französischen App Store.

5.3.3.6. Wegweiser für Catch-up-TV

Catch-up-TV-Dienste stoßen in Frankreich auf so große Begeisterung, sodass der Verlag


Editions SBDS Active im April 2009 die Website www.tvarevoir.fr einrichtete, die einen
übersichtlichen Katalog aller als Catch-up-TV von den sieben klassischen französischen
Fernsehsenden angebotenen Sendungen bietet, und damit mehr als 13.000 Sendungen
umfasst.

Anlässlich der Einführung dieser Website haben www.tvarevoir.fr und NPA Conseil die erste
Ausgabe des Wegweisers für Catch-up-TV herausgegeben, der den Anteil der Sendungen
misst, die zwischen Sonntag, 15. März, und Samstag, 21. März 2009, in der Zeit zwischen
17 Uhr und 24 Uhr ausgestrahlt und den Internetnutzern von den nationalen terrestrischen
Sendern kostenlos angeboten werden.629 Dieser Wegweiser zeigt, dass die sieben
berücksichtigten Sender insgesamt mehr als die Hälfte ihres Programms zu den
Hauptsendezeiten anbieten. Die aktualitätsbezogenen Programme (Unterhaltungs-
sendungen, Nachrichten, Magazine) machen einen Großteil der kostenlos online abrufbaren
Sendungen aus. Demzufolge stellen die in der Prime-Time angebotenen Sendungen, die im
Wesentlichen aus diesen Sendungen bestehen, die Hauptquelle für Catch-up-TV-Angebote

629
Nicht enthalten sind also Sendungen, die als Catch-up-TV im Rahmen von Abonnements angeboten werden
(Orange, Canal+). Pressemitteilung, 7. April 2009,
http://www.npaconseil.com/bo_medias/6/090407_Communiqu%C3%A9_tvarevoir.pdf

246
dar. Die in der Prime-Time angebotenen Filme und Serien werden im Allgemeinen
kostenpflichtig angeboten (außer die von M6).

Tabelle 30: Anteil der Programmstunden (erfasst in Viertelstunden), die vom 15. bis
21. März 2009 zwischen 17 Uhr und 24 Uhr ausgestrahlt wurden am
Gesamtprogramm

France 5 75%
Canal+ 71%
M6 67%
France 3 53%
Arte 42%
France 2 41%
TF1 33%
Gesamt 53%
Quelle: tvarevoir.fr

5.3.4. Der deutsche Markt

Laut der jährlich von ARD und ZDF durchgeführten Studie über die Nutzung von Online-
Diensten (Online-Studie) nimmt der Online-Videoabruf stetig zu. Die 1997 durchgeführte
Studie ergab, dass 4,11 Millionen Menschen in Deutschland Online-Dienste nutzen und 19%
dieser Nutzer Videoinhalte heruntergeladen haben (also 760.000 Nutzer). Laut der Studie für
2007 stieg die Zahl der Nutzer von Online-Diensten auf 38,6 Millionen, von denen 24% (also
9,3 Millionen Nutzer) Video entweder im Streaming-Verfahren oder als Download abriefen.
Nach der neuesten Studie 2009 nutzen 43,5 Millionen Deutsche Online-Dienste und 62%
dieser Nutzer (also 27 Millionen) rufen Online-Videos ab.630

Vor diesem Hintergrund einer zunehmenden Online-Nutzung von Videos löste das Catch-up-
TV in Deutschland eine lebhafte rechtliche Diskussion zwischen privaten und öffentlich-
rechtlichen Sendeanstalten aus.

5.3.4.1. Die privaten Sender

Wie wir bereits aufgezeigt haben, basiert die Strategie der beiden großen deutschen
Fernsehsender (RTL und ProSiebenSat.1 Media AG) auf Webportalen (RTLnow und
Maxdome), die eine Mischung aus kostenpflichtigen und kostenlosen Videoabrufdiensten
anbieten.631

630
„ARD/ZDF-Onlinestudie 2009: Nachfrage nach Videos und Audios im Internet steigt weiter. 67 Prozent der
Deutschen sind online, ARD/ZDF Pressemitteilung, 27. Mai 2009, http://www.ard-zdf-onlinestudie.de/
631
An dieser Stelle sei auf ein Kuriosum hingewiesen: Die ProSiebenSat.1 Media AG übernahm die rumänische
Gesellschaft MyVideo Broadband S.R.L. Diese fungiert in erster Linie als Webhoster verschiedener UGC-
Dienste für Rumänien, Deutschland, die Schweiz, die Niederlande, die flämische Gemeinschaft, Ungarn und
die Türkei. Der für Deutschland bestimmte Dienst bietet auch einen Katalog mit 6000 Musikvideos und etwa
hundert Filmen, die kostenlos als Streaming abgerufen werden können. Aber dieser Katalog (mit
überwiegend amerikanischen Filmen) enthält auch Filme, die im kostenpflichtigen VoD-Katalog von
Maxdome angeboten werden. Wie im DWDL.de-Brief festgestellt wird, macht sich die ProSebenSat.1 Media
AG selbst Konkurrenz! (« ProSiebenSat.1 macht sich selbst Konkurrenz”, dwdl.de, 5. Mai 2009,
http://www.dwdl.de/story/20830/prosiebensat1_macht_sich_selbst_konkurrenz/)

247
Im Rahmen des Angebots RTLnow besteht die Möglichkeit, Fernsehsendungen als Paket zu
abonnieren oder einzeln zu bezahlen (im Allgemeinen zum Preis von 1 EUR). Die Direktoren
von RTLnow möchten langfristig ihre gesamte Programmauswahl im Rahmen ihres Online-
Angebots bereitstellen, sind aber der Ansicht, dass die Preise einiger Rechteinhaber noch zu
hoch sind.632

Die Sender der ProSiebenSat.1-Mediengruppe haben Catch-up-TV-Angebote in ihre


jeweiligen Webseiten aufgenommen. Im Juli 2009 schloss Prosieben.tv eine Vereinbarung
mit Warner Bros. International Television Distribution über die nachträgliche Ausstrahlung
der Serie Gossip Girl, die auf Maxdome sogar vor der Ausstrahlung im Fernsehen verfügbar
ist.633

5.3.4.2. ZDF Mediathek

Die ersten Online-Videoangebote des ZDF gehen auf 1996 zurück. 2001 führte das ZDF
seinen ersten Mediathek-Dienst im Rahmen seiner Nachrichtenwebsite heute.de ein. Die
Mediathek würde später auch in das Portal zdf.de eingebunden. Die eigenständige Website
ZDF-Mediathek wurde am 1. Juni 2005 eingeführt. Zu diesem Zeitpunkt werden die
verschiedenen Multimedia-Angebote des öffentlich-rechtlichen Fernsehveranstalters
zusammengefasst. Bereitgestellt werden Videos, Fotogalerien und interaktive Sendungen.
Die Bandbreite und die technische Qualität wurden verbessert. Auch Downloads auf
Mobiltelefone von Nokia sind nunmehr möglich. Das ZDF prüft auch die Möglichkeit einer
Ausstrahlung auf dem Fernsehbildschirm mit Windows Media Center und einer Set-Top-Box.
Im Dezember 2005 wurden 900.000 Downloads gezählt. Im Dezember 2006 stieg die Zahl
der Downloads auf 4,6 Millionen. 2006 wurde eine Nachrichtensendung über den Hurrikan
Kyrill 356.000 mal abgerufen und damit zur beliebtesten Sendung.634

Der ZDF-Mediathek-Dienst wurde 2007 neu gestaltet. Die Verbesserungen betreffen die
technische Qualität, schnellere Downloads, eine einfachere Gestaltung und die Ausdehnung
des Angebots, das nunmehr etwa 50% aller Programminhalte des Senders umfasst. Diese
Neuerungen machten die ZDF-Mediathek noch erfolgreicher. Die durchschnittliche Zahl der
monatlichen Downloads ist von 7 Millionen im September 2007 auf 8,5 / 9 Millionen im
Frühjahr 2008 gestiegen.635 Der Dienst erhielt verschiedene Auszeichnungen (Grimme
Online Award, Eyes and Ears Award und den Deutschen IPTV Award). 2008 gehörten die
Folgen der Dokumentarreihe Die Deutschen, die dänische Krimiserie Kommissarin Lund
sowie die Sendungen über die amerikanische Präsidentschaftswahl und Sportsendungen zu
den beliebtesten Angeboten.636 Für die Dokumentarreihe Die Deutschen wurde eine spezielle
Website eingerichtet, auf der die erste Folge bis Ende November 2008 475.000 mal
abgerufen worden war und damit den erfolgreichsten Titel der ZDF-Mediathek darstellt.637

Im Mai 2009 konnte der Videodienst durch eine Neugestaltung der Webseite des ZDF weiter
verbessert werden: Durch den eingebetteten Medienplayer (embedded player) kann der
Nutzer direkt auf die Videos zugreifen, ohne die ZDF Mediathek-Seite öffnen zu müssen. Die
Nutzer erhalten schnelleren Zugriff auf die Videos und einen Überblick über das

632
RTL will 100 Prozent des Programms online stellen, dwdl.de, 4. März 2009,
http://www.dwdl.de/story/19993/rtl_will_100_prozent_des_programms_online_stellen/
633
Warner Bros. Pressemitteilung, 1. Juli 2009,
http://www.timewarner.com/corp/newsroom/pr/0,20812,1908145,00.html
634
Tina KUTSCHER, Fernsehen auf Abruf, Präsentation ZDF, 2007,
http://www.ard-zdf-onlinestudie.de/fileadmin/Fachtagung/Kutscher.pdf
635
ZDF Pressestelle, Mainz, 8. Mai 2008
636
ZDF Pressestelle, Mainz, 12. Dezember 2008
637
ZDF Pressestelle, Mainz, 16. November 2008

248
Gesamtangebot.638 Im ersten Quartal 2009 wurden monatlich 14,5 Millionen Downloads
verzeichnet.639

Laut einem Artikel in den epd-Medien sollen gemäß § 11d (5) des 12. Rundfunkänderungs-
staatsvertrags, der am 18. Dezember 2008 ratifiziert und am 1. Juni 2009 in Kraft getreten
ist, die Inhalte der Webportale zdf.de und der ZDF-Mediathek beträchtlich reduziert
werden.640 Entsprechend der Philosophie dieses neuen Vertrags sollen die öffentlich-
rechtlichen Sender keine Dienste bereitstellen, die gegenüber kommerziellen Angeboten
unlauteren Wettbewerb darstellen. Ende 2009 sollten die Inhalte der Website um 80%
gekürzt werden. Die ZDF-Mediathek müsste 4000 Videos (ungefähr 8,5% des derzeitigen
Angebots) aus dem Angebot nehmen, insbesondere Fernsehserien, die vermarktet werden
können, wie die britischen Serien Inspector Morse und Inspector Barnaby. Die Sendungen
dürfen nicht länger als 12 Monate nach ihrer Ausstrahlung bereitgestellt werden. Bestimmte
Sendungen, vor allem Sportsendungen, dürfen nur 24 Stunden lang abrufbar sein.641

5.3.4.3. ARD

Die ARD ist mit ihrem Catch-up-TV-Dienst später an den Start gegangen als das ZDF. Erst
anlässlich der Funkausstellung 2007 in Berlin wurde die Beta-Version der ARD-Mediathek
präsentiert. Der Dienst selbst startete am 30. April 2008 unter der Webadresse
http://www.ardmediathek.de. Diese Verzögerung lässt sich mit der föderalen Struktur der größten
deutschen öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt erklären. So haben die meisten
Landesrundfunkanstalten ihren eigenen Dienst eingerichtet. Die Website ard.mediathek.de
bietet Zugriff auf die Mediathek der ARD (http://mediathek.daserste.de), die 9 Landesrundfunk-
sender und die Deutsche Welle. Die Einführung des Dienstes löste Enttäuschung und Kritik
aus: Das Webportal der ARD-Mediathek stellte nicht alle auf den Webseiten der regionalen
dritten ARD-Programme verfügbaren Sendungen gebündelt bereit, ein Vollbild-Modus war
nicht möglich usw.642

Die Internetangebote der ARD fallen ebenfalls unter den 12. Rundfunkänderungs-
staatsvertrag. Die Bedeutung dieses Vertrags (insbesondere der Drei-Stufen-Test) für die

638
ZDF Pressestelle, Mainz, 8. Mai 2009
639
ARD/ZDF Pressemitteilung, 27. Mai 2009, http://unternehmen.zdf.de/uploads/media/ARD-ZDF-
Onlinestudio_2009_-_2705.pdf
640
Laut Vertragstext muss der 3-Stufen-Test grundsätzlich auf die neuen sogenannten Telemedienangebote
angewandt werden. Unterhaltungsangebote sind ebenfalls zulässig, unabhängig davon, ob die Telemedien
an Sendungen gebunden sind oder nicht. Insgesamt wird jedoch die 7-Tage-Frist gelten, nach deren Ablauf
allenfalls eine kommerzielle Verwertung der Angebote, nicht jedoch deren kostenlose Bereitstellung möglich
ist. Neben „eingekaufter Spielfilm- und Serienware“ sind hiervon jedoch auch Sportübertragungen
ausgenommen; sofern es sich um Ereignisse im Sinne der Liste gemäß § 4 Rundfunkstaatsvertrag (RStV)
handelt, gilt zudem, dass sie nur 24 Stunden lang zum Abruf angeboten werden dürfen.
Damit würde für alle am 30. April 2009 bestehenden Telemedienangebote der öffentlich-rechtlichen Anstalten
– einschließlich der Mediatheken – der 3-Stufen-Test durchzuführen (oder bis zum 31. Dezember 2010
nachzuholen) sein; dies geschieht auf der Grundlage eigener Telemedienkonzepte und Regeln über das
Verfahren zur Durchführung des Tests. Ebenfalls vorgesehen sind bestimmte Quoren, die in den Gremien
der Anstalten bei Anwendung des Tests erforderlich werden, damit die Gültigkeit des Tests seitens der
Rechtsaufsicht anerkannt werden könne. In einer Protokollnotiz wird das Thema des Verhältnisses von
öffentlich-rechtlichen Anstalten als Auftraggeber von Produktionen zu den Herstellern, Drehbuchautoren und
Regisseuren angesprochen; hierbei gehe es um faire Regeln bei der Ausgestaltung der Bestimmungen zu
den Rechten für (digitale) Verwertungen. Vgl. IRIS, 10 :9/13,
http://merlin.obs.coe.int/iris/2008/10/article13.fr.html.
Der Text des neuen Rundfunkänderungsstaatsvertrag kann hier nachgelesen werden:
http://www1.ndr.de/unternehmen/organisation/rundfunkrat/zwoelfterstaatsvertragzuraenderung100.pdf
641
„ZDF reduziert Internetangebot drastisch. 80 Prozent bis Jahresende gelöscht - Teils Folge neuer
Rechtslage“, EPD Medien, 27. Mai 2009, http://www.epd.de/medien/medien_index_65477.html
642
ARD-Mediathek: "Noch nicht in End-Ausbaustufe", DWDL.de, 21. Mai 2008,
http://www.dwdl.de/story/15931/ardmediathek_noch_nicht_in_endausbaustufe/

249
Dienste der ARD und der zugehörigen Landesrundfunkanstalten war Gegenstand eines am
25. Mai 2009 veröffentlichten Positionspapiers der Landesmedienanstalten, die in der DLM
vereint sind.643 Dieses Positionspapier wurde im Anschluss an die Durchführung des Drei-
Stufen-Tests erstellt, den der NDR-Rundfunkrat für seine NDR-Mediathek durchführte und
der sich als lang und kostspielig erwies.644

5.3.5. Der italienische Markt

In Italien ist die RAI im Bereich Catch-up-TV über ihr Tochterunternehmen RaiNet tätig.
RaiNet startete 2005 gleichzeitig zwei Projekte: die Internetportale Rai.tv und RAIclick. Der
Dienst RAIclick wurde im Dezember 2008 eingestellt. Bei RAI.tv können Sendungen, die von
der RAI produziert oder im Auftrag der RAI produziert wurden, abgerufen werden. Zunächst
war hierzu der Windows Media Player erforderlich, der aber im Februar 2009 durch Microsoft
Silverlight ersetzt wurde. Im Juni 2009 wurden 15 Millionen Videos abgerufen, was
gegenüber dem Vorjahr einer Erhöhung von 257% darstellt.

Außerdem führte die Rundfunkanstalt RAI einen "Branded Channel" auf YouTube ein, der im
Juni 2009 1318 Titel anbot. Der Kanal war innerhalb kurzer Zeit ein großer Erfolg: Waren
noch im Januar 2009 lediglich 10,7 Millionen Videos abgerufen worden, wurden allein im
Juni 2009 schon 36 Millionen Videos abgerufen. Während das Durchschnittsalter der RAI.tv-
Nutzer bei 30 Jahren liegt, wird das Durchschnittsalter der Nutzer des "Branded Channel" auf
20 Jahre geschätzt.645

Abbildung 54: Vergleich der Tagesreichweiten der Webseiten rai.tv, RAI.it und
Mediaset.it (einschließlich Rivideo) (2008-2009)

Quelle: Alexa

643
http://www.alm.de/fileadmin/Download/Drei-Stufen-Test_Positionspapier_der_LMA.pdf
644
„NDR: Erster Drei-Stufen-Test abgeschlossen“, dwdl.de, 27. März 2009,
http://www.dwdl.de/story/20335/ndr_erster_dreistufentest_abgeschlossen/
645
Key4biz, 9 luglio 2009, http://www.key4biz.it/News/2009/07/09/e-
Society/rainet_Piero_Gaffuri_raitv_videosharing_YouTube.html

250
5.3.6. Der schwedische Markt

In Schweden hat die öffentlich-rechtliche Fernsehanstalt SVT im Dezember 2007 den


kostenlosen Catch-up-TV-Dienst SVT Play eingeführt. Der Dienst stellt über 2000
Programmstunden, größtenteils aus den Katalogen der Fernsehanstalt, bereit. Die
Sendungen stehen für einen Zeitraum von 30 Tagen nach ihrer Ausstrahlung zur Verfügung.
Im Sommer 2008 bot SVT Play außerdem die deutsche Serie KDD an. Der Dienst umfasst
auch drei "Kanäle": Play Bolibompa (Kindersendungen), Play Rapport (Nachrichten) und
Play Prima (Serien in HD-Qualität). Gleichzeitig startete SVT einen Kanal auf YouTube und
stellt die Sendungen von SVT Play auf Joost bereit. Der Erfolg dieser Internetseite war
innerhalb kurzer Zeit sehr groß: 2007 wurden 170 Millionen und 2008 204 Millionen
Downloads verzeichnet.646

Die Website wurde im Januar 2009 neu gestartet, wodurch sich die Nutzungszahlen
innerhalb von zwei Monaten um 41% erhöhten. In der ersten Märzwoche wurden 2 Millionen
Besucher verzeichnet. Nach Angaben von SVT konnte sich die Internetseite auf Platz 2 der
am häufigsten aufgerufenen schwedischen Webseiten positionieren und überholt damit die
Zeitung Expressen. Nur die Website der Tageszeitung Aftonbladet.se, die ebenfalls
Videodienste anbietet, verzeichnete mehr Besucher.647 Dieses Ranking wurde allerdings
nicht von den Alexa-Daten bestätigt. Seit 2009 können die Sendungen dank einer
Vereinbarung mit dem Satellitenplattformbetreiber Viasat als IPTV auf den
Fernsehbildschirm übertragen werden, sofern die Kunden einen Pace ViasatPlusHD-
Dekoder besitzen.648

Abbildung 55: Tagesreichweite von SVTplay und der schwedischen Presseseiten


(Februar – August 2009)

Quelle: Alexa

646
“Swedish SVT basks in catch-up success”, Broadband TV News, 31. März 2009,
http://www.broadbandtvnews.com/2009/03/31/swedish-svy-does-well-with-catch-up-tv-site/
647
“Major growth for SVT Play”, Broadband TV News, 20. März 2009,
http://www.broadbandtvnews.com/2009/03/20/success-for-svt-play/
648
Viasat puts on SVT Play, Broadband TV News, 12. Juni 2009,
http://www.broadbandtvnews.com/2009/06/12/viasat-puts-on-svt-play/

251
5.3.7. Archive

Eine dritte Kategorie von Abrufdiensten kommt für die Fernsehveranstalter in Frage: die
Archivdienste. Hierbei geht es nicht mehr darum, populäre Sendungen zu vermarkten, für die
das Publikum bereit ist zu zahlen oder mehrere Tage lang ein Catch-up-TV-Angebot
bereitzustellen. Die Bereitstellung von Archiven basiert vor allem auf dem Wunsch,
kulturelles Erbe, das in erster Linie von historischem Interesse ist, kommerziell aber nur
schwer verwertet werden kann, allgemein zugänglich zu machen.

5.3.7.1. Rechtliche Hürden

Die Online-Bereitstellung von Archiven ist vor allem bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten
üblich. Wir sind bereits auf die Schwierigkeiten eingegangen, auf die die BBC bei der
Einrichtung des Kangaroo-Projekts gestoßen ist, bei dem eine gemeinsame Archivplattform
für die britischen Fernsehveranstalter geschaffen werden sollte und auf die kürzlich erfolgte
Ankündigung des Senders Channel 4, einen großen Teil seiner Archive online zur Verfügung
zu stellen. In Deutschland schränkt der neue Rundfunkvertrag, wie wir ebenfalls bereits
erläutert haben, die Möglichkeit zur Bereitstellung der Archive der öffentlich-rechtlichen
Sendeanstalten ein. Die Anzahl der echten Online-TV-Archivdienste bleibt infolgedessen
begrenzt.

5.3.7.2. Teche RAI

Der älteste Dienst wurde in Italien gestartet. Seit 1999 stellt Teche, der Archivdienst der RAI,
seinen Archivkatalog online über die Website RAI Teche (http://www.teche.rai.it) bereit. Die
Website wurde im Januar 2003 erneuert und bietet nun etwa Tausend geschichtliche
Beiträge an. 2006 waren etwa 6 000 Dokumente verfügbar.

5.3.7.3. Der Dienst "Archives pour tous" von l’INA

Der in Europa am weitesten entwickelte Dienst ist wahrscheinlich „Archives pour tous“ von
INA (http://www.ina.fr/archivespourtous/). Seit dem 27. April 2006 hat die Öffentlichkeit direkten
Zugriff auf mehr als 100 000 Fernseh- und Radiosendungen, die wahlweise konsultiert,
heruntergeladen (als Download-to-rent für 48 Stunden oder als Download-to-own) oder als
DVD "manufactured on demand" zur Verfügung gestellt werden können. Die Website kann
nach Stichwörtern, Daten, Sparten und Themen durchsucht werden. Ende 2008 umfasste
das Katalogangebot mehr als 22 000 Programmstunden, was einem Zuwachs von 26%
gegenüber 2007 entspricht. Mehr als 15 Millionen Sendungen wurden angesehen.649
Bestimmte Sendungen können gekauft werden (wobei sich der Preis nach Art und Länge der
Sendung richtet). Außerdem kann der Nutzer seit 1. September 2008 die als Download
gekauften Sendungen auch als DVD bestellen. Der Preis für die DVD resultiert aus den
Kosten für den Videodownload (zwischen 1 und 6 EUR pro Titel) zuzüglich 5 EUR Kosten für
das Brennen der DVD. Jede DVD enthält bis zu 90 Minuten Sendungen bzw. 29 Videos.650
Im Juni 2009 wurde die Website neu gestaltet und erhielt ein größeres Wiedergabefenster im
Flash-Format mit Exportfunktion. Die Navigation wurde vereinfacht, eine leistungsfähigere
Suchmaschine eingebunden und das Angebot in Sparten unterteilt (Sport, Fiktion,
Unterhaltung, Kunst und Kultur, Werbung....). Am Tag der Einführung dieser neu gestalteten
Website, am 25. Juni 2009, war ina.fr die meistbesuchte französische Videoplattform mit

649
Pressemitteilung INA, 9. April 2009.
650
Pressemitteilung INA, September 2008.

252
1,6 Mio. aufgerufenen Seiten und 560 000 abgerufenen Videos, sieben Mal soviel wie der
bisherige Tagesdurchschnitt von 80 000 Videos.651

5.3.7.4. Der Ooit Gemist-Dienst der VRT

In Belgien hat VRT, das öffentlich-rechtliche Fernsehen der flämischen Gemeinschaft,


Archive in seinen Ooit Gemist-Dienst integriert, der über die Kabelnetze von Telenet abrufbar
ist.

5.3.7.5. Das Video Active-Projekt

Verschiedene Projekte (Birth, puis Video Active652) versuchen, eine Zusammenarbeit


zwischen den Archivabteilungen der Fernsehveranstalter einzurichten, um deren Archive
online bereitzustellen. Video Active ist ein Konsortium aus 13 Archivzentren und
verschiedenen Einrichtungen, die sich auf die Verwaltung von Archiven spezialisiert
haben).653 Das vom EU-Programm eContent unterstützte Projekt wird von der Historikerin
Professor Sonja de Leeuw (Universität Utrecht) und vom Netherlands Institute for Sound and
Vision koordiniert. Das Portal wurde im September 2008 gestartet. Im Juni 2009 waren mehr
als 3 700 Sequenzen verfügbar.

Vorrangiges Ziel von Video Active ist die Bereitstellung von Fernseharchiven aus ganz
Europa. Auf diese Weise werden generell eher schwer zugängliche Archive zu
akademischen und erzieherischen Zwecken zugänglich.654

Ziel des Projekts ist es, über die im Portal bereitgestellten 10 000 Archivsequenzen eine
interaktive Entdeckung des kulturellen TV-Erbes anzubieten. Diese Sammlung, die mit
genauen Hintergrunddaten ergänzt ist, soll die kulturellen und historischen Ähnlichkeiten und
Unterschiede innerhalb der Europäischen Union reflektieren. Video Active bietet den Nutzern
umfangreiches Recherchematerial, mit dem sie zum einen die kulturellen und historischen
Ereignisse der verschiedenen europäischen Völker und andererseits die Entwicklung des
Mediums Fernsehen als solches erkunden können. Das Portal ist in 10 Sprachen verfügbar:
englisch, französisch, deutsch, italienisch, niederländisch, griechisch, ungarisch, katalanisch,
dänisch und schwedisch. Damit legt Video Active den Akzent auf das Verständnis der
gemeinsamen Geschichte, die das kollektive Gedächtnis und die europäische Identität bildet.
Gleichzeitig will dieses Projekt die multikulturelle Dimension, die die europäische
Staatsbürgerschaft geprägt hat, fördern.

Video Active ist Mitglied des „European Digital Library Thematic Partner Network“ von
Europeana, der europäischen Online-Bibliothek, die am 20. November 2008 gestartet
wurde.655 Die auf Video Active veröffentlichten Videos sind auch über die Suchmaschine von
Europeana zugänglich.

651
Pressemitteilungen INA, Montag, 22. Juni 2009 und 26. Juni 2009.
http://www.ina-entreprise.com/sites/ina/medias/script/presse/498.pdf ;
http://www.ina-entreprise.com/sites/ina/medias/script/presse/501.pdf
652
http://www.videoactive.eu Vgl. auch den Projektblog: http://videoactive.wordpress.com/
653
BBC (GB), DR (DK), DW (DE), ORF (AT), RTBF (BE), TVC (ES), INA (FR), VRT (BE), National Archives
(SE), SV (NL), NTUA (GR), Istituto Luce (IT), NeumannKht (HU).
654
Vgl.: http://www.videoactive.eu/VideoActive/About.do?menu_page=menu-about
655
http://www.europeana.eu

253
Abbildung 56: Tagesreichweite der Webseiten INA , Europeana und Video Active
(2009)

Quelle: Alexa

254
TEIL 6.

DER WACHSENDE ERFOLG DER VIDEOTAUSCHBÖRSEN


UND SEINE AUSWIRKUNG AUF DIE STRATEGIE DER
TRADITIONELLEN AKTEURE
6.1. GENERELLE EIGENSCHAFTEN VON VIDEOTAUSCHBÖRSEN

6.1.1. Definition: Portale mit nutzergenerierten Inhalten oder


Videotauschbörsen?

Der Begriff „nutzergenerierter Inhalt“ (user generated content, UGC) als Bezeichnung für
Internetangebote, deren Inhalte von den Nutzern selbst geliefert werden, ist im Jahr 2005
entstanden. Im Video-Bereich sind damit Websites wie YouTube656, Dailymotion657, tuduo658,
MyVideo659 usw. gemeint, deren Inhalte ursprünglich nur aus Videos bestanden, die von den
Nutzern selbst hochgeladen (gepostet) wurden. Wir verwenden für solche Portale den Begriff
„Videotauschbörse“ (video sharing site).

Die wenigsten Tauschbörsen haben eine bestimmte redaktionelle Linie (d. h. sie bieten
Inhalte der verschiedensten Art an). Auf diesen Plattformen sind sämtliche Formate zu
finden, allerdings beträgt die Länge der Videos üblicherweise weniger als 10 Minuten. Die
meisten der längeren Videos haben einen professionellen Inhalt. Aus praktischen Gründen
können sie auch in mehrere kürzere Videos unterteilt werden. Aus den verfügbaren
Statistiken geht hervor, dass die Nutzer eine große Zahl sehr kurzer Inhalte abrufen (nach
Angaben von ComScore durchschnittlich zwei Minuten im März 2008 auf dem
amerikanischen Markt).

Die Videos werden per Streaming abgerufen und erfordern keine spezielle Software; sie
werden häufig unter Internetnutzern (als Link) verschickt.

Das Angebot solcher Videoportale besteht aus drei Arten von Inhalten:
- Offizielle (oder professionelle) Inhalte: Sie werden entweder von den Nutzern
gepostet (dann handelt es sich um illegale Inhalte) oder von Sendeveranstaltern bzw.
Produzenten (im Rahmen einer Partnerschaft mit Produzenten, Fernsehsendern,
Werbekunden usw. – siehe nächsten Abschnitt) zur Verfügung gestellt.
- Semiprofessionelle Inhalte, wie beispielsweise auf der französischen Plattform
Dailymotion, welche kreative Bildinhalte anbietet, für die ihr Produzent die Rechte
freigegeben hat.
- Originalinhalte: Dabei handelt es sich um Amateurvideos, die von den Nutzern frei
von kommerziellen Rechten bereitgestellt werden und gemäß den allgemeinen
Nutzungsbedingungen dieser Plattformen verwendet werden können.

Der rasche Erfolg der Videoportale war durch das Zusammenspiel einer ganzen Reihe von
Faktoren möglich geworden: Eine starke Zunahme von Breitbandnetzen und rasche
Ausbreitung des Internets, die schnelle Entwicklung der Komprimierungstechnologien und
des Streamings, aber auch die Tatsache, dass die Basisinstrumente (digitale Camcorder,
Handys mit eingebauter Kamera, Videoschnittprogramme usw.) zu etwas Alltäglichem
wurden, wodurch es deutlich erschwinglicher wurde, Filmmaterial zu produzieren und ins
Internet zu stellen.

Folgt man der von der ITU angebotenen technischen Definition von Video-on-Demand, dann
fallen die Videoportale darunter. Hingegen neigt die Richtlinie über audiovisuelle

656
http://www.YouTube.com (Sitz in den Vereinigten Staaten)
657
http://www.dailymotion.com (Sitz in Frankreich)
658
http://www.tudeo.com (Sitz in der Volksrepublik China)
659
http://www.myvideo.com (Sitz in Rumänien)

259
Mediendienste (AVMS) dazu, diese Art der Websites aus ihrem Anwendungsbereich
auszuklammern. Der Erwägungsgrund 16 macht deutlich, dass audiovisuelle Mediendienste
ausgeschlossen sind, die sich „auf vorwiegend nicht-wirtschaftliche Tätigkeiten erstrecken,
die nicht mit Fernsehsendungen im Wettbewerb stehen, wie z. B. private Internetseiten und
Dienste zur Bereitstellung oder Verbreitung audiovisueller Inhalte, die von privaten Nutzern
für Zwecke der gemeinsamen Nutzung und des Austauschs innerhalb von
Interessengemeinschaften erstellt werden.“

Die Bezeichnung „Internetseiten mit nutzergenerierten Inhalten“ muss unserer Ansicht nach
aus mindestens drei Gründen hinterfragt werden:

1. Der Begriff „nutzergenerierte Inhalte“ ist ziemlich allgemein und kann auch auf
Internetseiten zutreffen, auf denen audiovisuelle Elemente nicht oder nur am Rande
vorkommen. Das ist beispielsweise der Fall bei Wikipedia oder eBay, um nur die
beiden bekanntesten zu nennen.

2. Obwohl die Betreiber solcher Internetseiten dies abstreiten, ist es offensichtlich, dass
ein erheblicher Teil der Inhalte nur insofern „von den Nutzern generiert“ ist, als diese
die Inhalte gepostet haben, ohne jedoch deren Urheber oder Rechteinhaber zu sein.
Einige Beobachter haben daher sogar angeregt, in diesen Fällen von „user uploaded
content“ zu sprechen.

3. Überdies haben mehrere Betreiber solcher Internetseiten – wie wir noch sehen
werden – Vereinbarungen mit den klassischen Akteuren der Film- und
Fernsehbranche (Verleihern, Sendeanstalten, Verwertungsgesellschaften) oder mit
Institutionen getroffen, um ihnen die Gründung von „Channels“ auf ihrem Portal zu
ermöglichen.

Schließlich wirkt der Gedanke aus Erwägungsgrund 16 der Richtlinie mit Blick auf die
Videotauschbörsen recht naiv, wonach die wesentliche Bestimmung von Internetseiten mit
nutzergenerierten Inhalten nicht wirtschaftlicher Natur sei.660 Wie sollte die wesentliche
Bestimmung der Investitionen von Google Inc. (in YouTube), News Corp. (in MySpace) oder
ProSiebenSat.1 Media AG (in MyVideo) nicht wirtschaftlicher Natur sein? Denn das
Geschäftsmodell dieser Internetportale beruht in den meisten Fällen durchaus auf einer
Werbefinanzierung.661 Wie bei jedem anderen über Werbung finanzierten Massen-
kommunikationsmittel besteht das vorrangige Ziel der Betreiber im Hinblick auf den Verkauf
von Werbefläche darin, ein möglichst breites Publikum zu gewinnen. So gesehen stehen die
Betreiber dieser Internetportale in Konkurrenz zu den anderen werbefinanzierten
Massenkommunikationsmitteln: Printmedien, Radio und selbstverständlich Fernsehen. Das
gänzlich Neue besteht nun darin, dass hierbei die Produktion der Inhalte fast vollständig
extern erfolgt.

660
Die Definition von Google Inc. für seinen Dienst YouTube im Annual report 2008 ist in dieser Hinsicht
interessant. Die Funktion als Werbeträger wird erst an letzter Stelle erwähnt. „In addition“: „YouTube is an
online community that lets users worldwide upload, share, watch, rate, and comment on videos, from user
generated, niche professional, to premium videos. YouTube is also a video platform providing general
purpose video resources to the web community. YouTube videos are embedded in blogs, social networks
and web applications, and YouTube programming interfaces are utilized by many registered developers to
create third-party products and services. In addition, YouTube offers a range of video and interactive formats
for advertisers to reach their intended audience.“
661
Andere Finanzierungsmodelle für Videoportale sind möglich. So basiert das Modell des amerikanischen
Videoportals Vimeo (http://www.vimeo.com) auf dem Prinzip der Zahlung des "Uploads". Diese Variante wird
von den Nutzern geschätzt, die nicht möchten, dass ihr Video mit Werbung oder dem Logo der Website
versehen wird. Vimeo wurde am 15. Dezember 2004 gestartet. Im Juni 2009 belegte das Portal Platz 4527 in
dem von Alexa ermittelten weltweiten Traffic-Ranking.

260
Nach dem Gemeinschaftsrecht fällt die Tätigkeit des Webhostings von Tauschbörsen nicht
unter die Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste, sondern unter die Richtlinie über den
elektronischen Geschäftsverkehr, wo in Artikel 14 die Tätigkeit des Hostings definiert ist.662
Danach ist ein Webhoster ein Dienst der Informationsgesellschaft, der darin besteht,
Informationen zu speichern, die von einem Nutzer des Dienstes eingegeben wurden. Der
Diensteanbieter ist nicht für die im Auftrag eines Nutzers gespeicherten Informationen
verantwortlich, sofern folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- Der Anbieter hat keine tatsächliche Kenntnis von der rechtswidrigen Tätigkeit oder
Information und er ist sich auch in Bezug auf Schadenersatzansprüche keiner
Tatsachen oder Umstände bewusst, aus denen die rechtswidrige Tätigkeit oder
Information offensichtlich wird,

oder
- der Anbieter wird, sobald er davon Kenntnis erhält, unverzüglich tätig, um die
beanstandeten Informationen zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren.

Die Frage der redaktionellen Verantwortung (insbesondere im Hinblick auf


Urheberrechtsverletzungen) war Gegenstand mehrerer Gerichtsverfahren. Zwar ist die
Rechtsprechung hierzu widersprüchlich, doch wird in den meisten Fällen eher anerkannt,
dass den Webhostern keine redaktionelle Verantwortung zufällt. Dieser Ansatz stärkt die
Auslegung, wonach solche Portale nicht zur Kategorie der audiovisuellen Mediendienste
gehören, da die einschlägige Definition aus der AVMS-Richtlinie eine redaktionelle
Verantwortung voraussetzt.

Wir ziehen jedenfalls der Bezeichnung „Website mit nutzergenerierten Inhalten“ (user
generated content) den Begriff der „Videotauschbörse“ vor, der uns näher an der Realität zu
sein scheint und genauer die spezifisch audiovisuellen Inhalte erfasst. Die
Videotauschbörsen dürfen allerdings nicht mit den (Musik- oder Video-) Datentauschbörsen
verwechselt werden, die üblicherweise die Peer-to-Peer-Technologie nutzen.
Videotauschbörsen verwenden normalerweise die Streaming-Technologie.663 Die Nutzer
sehen Programme an, die bei dem Webhoster des Dienstes gespeichert sind, ohne eine
Datei auf die Festplatte ihres Computers herunterzuladen. Der Zugang zu einer
Videotauschbörse ist daher deutlich einfacher als zu einem Peer-to-Peer-Portal, das ein
Minimum an technischem Know-how erfordert.

662
Weitergehende Informationen zu diesem Thema in: F.J .CABRERA BLAZQUEZ, Portale für nutzergenerierte
Inhalte und das Urheberrecht, IRIS Plus, Europäische Audiovisuelle Informationsstelle, 2008.
http://www.obs.coe.int/oea_publ/iris/iris_plus/iplus5_2008.pdf.de
663
Andere Formen des Videotauschs sind auch möglich, insbesondere im Rahmen von IPTV-Diensten,
außerhalb des Internets. Der französische IPTV-Betreiber Free bietet seinen Abonnenten beispielsweise seit
2007 den Dienst „TV Perso“ an: Ein Abonnent mit der Freebox HD kann (ausgehend von der Set-Top-Box
oder einem DVD-Player) ein Programm verbreiten, das im Rahmen des Angebots des Betreibers auf Abruf
direkt oder zeitversetzt für die anderen Abonnenten zugänglich ist. Der Abonnent kann sämtlichen anderen
Abonnenten seine Videos zur Verfügung stellen oder den Zugang auf bestimmte Gruppen oder –
passwortgeschützt – auf Einzelpersonen beschränken (ftp://ftp.free.fr/pub/assistance/guideTVperso092008.
pdf). Als dieser Dienst gestartet wurde, führte er zu einer umfangreichen Ausstrahlung von Filmen für
Erwachsene, was zum Eingreifen der Regulierungsbehörde CSA führte, die derzeit nicht bei Fragen im
Zusammenhang mit dem Internet tätig wird (siehe „La TV Perso de Free dans le collimateur de Canal+ et du
CSA“, LeJournalduNet, 16. Juli 2007, http://www.journaldunet.com/ebusiness/telecoms-fai/actualite/
0707/070716-canal-plus-tvpero-free-csa.shtml). Diese Art von Dienst bleibt im Vergleich zum Erfolg der
Videotauschbörsen im Internet derzeit allerdings marginal.

261
6.1.2. Sozio-ökonomische Charakteristika der Videotauschbörsen

6.1.2.1. Klub-Effekt

Die Online-Tauschplattformen funktionieren nach dem Prinzip einer Netzwerkwirtschaft, die


auf Empfehlungen beruht und damit einen Klub-Effekt bewirkt, der eine rasche Verbreitung
bestimmter Inhalte in großem Umfang erlaubt. Die Leichtigkeit der Verbreitung bringt es mit
sich, dass der Nutzer aus einem immer größeren Programmangebot auswählen muss.
Dadurch, dass die Gemeinschaften die Möglichkeit bekommen, Meinungen und
Stellungnahmen zu äußern, übernehmen die Gratis-Websites und ihre Community-
Funktionalitäten eine Schnittstellenfunktion zwischen den Produzenten der Inhalte und den
Nutzern. Der Klub-Effekt beruht auf dem Prinzip, dass ein Nutzer eher geneigt ist, das
anzuschauen, was eine Mehrzahl Gleichgesinnter bereits gesehen hat.

Diese Portale zeichnen sich durch eine sehr hohe Nutzungskonzentration aus: So umfasst
die Angebotsstruktur einerseits einige stark nachgefragte Produkte und andererseits die
breite Masse aller anderen Programme, die kaum Erfolg haben. Auf Dailymotion (Frankreich)
etwa machen 20% der Videos 80% der Gesamtnutzung aus.

6.1.2.2. Eigener Raum

Tauschbörsen mit einer sehr großen Zahl von Videos müssen ihr Angebot redaktionell
bearbeiten, damit sich die Nutzer überhaupt zurechtfinden. Zur Steigerung der Nutzerzahlen
strukturieren diese Portale ihr Angebot und heben einen Teil der Videos mit dem Prädikat
„Premium“ hervor.

Die Begrüßungsseite dieser Portale preist die von den Nutzern am meisten abgerufenen und
am besten benoteten Videos an. Thematisch geordnete Rubriken (Humor, Sport, Musik
usw.) erleichtern die Auswahl eines Videos nach spezifischen Suchkriterien.

Es lässt sich eine gewisse Einheitlichkeit in Schnittstellen, Aufbau und redaktioneller


Bearbeitung dieser Portale feststellen, da sie in den verschiedenen Ländern gleich
strukturiert sind.

Sämtliche Tauschbörsen bieten themenspezifische Kanäle (Channels) an, die


professionellen Inhalten einen eigenen Raum geben. Hier heben sich die Inhalte besser ab
als im übrigen Portal.

Für die klassischen Akteure geht es darum, ihr Angebot auf diesen Plattformen
hervorzuheben. Der Einsatz eines eigenen Kanals erlaubt die Optimierung der Sichtbarkeit
und damit der Nutzung im Internet.

6.1.2.3. Geschäftsmodell erschwert die Vermarktung von Werbeflächen

Das Geschäftsmodell der Tauschportale beruht im Wesentlichen auf der Werbefinanzierung.


Allerdings finden sich nicht für alle Videos Werbekunden (insbesondere nicht für diejenigen
mit Amateurinhalten). Insgesamt werden 50% der Videos für Werbezwecke angeboten
(entweder das Video selbst oder der entsprechende Kanal). Die Werbung erfolgt in Form von
Clips (bei den beliebtesten Videos) und Bannern oder Einblendungen, die aber nicht in die

262
Videos eingestanzt werden. Die Plattform ist in jedem Fall aber Eigentümerin der
Werbefläche und nimmt die Erlöse ein.

Beispiel: Auf YouTube.pl findet sich auf der Seite eines Musik-Clips von Marylin Manson ein
Werbebanner der Plattenfirma Universal Music.

Werbebanner

Quelle: YouTube.pl

6.1.2.4. Erfassung der Plattformnutzung

Werbung ist derzeit in den Tauschbörsen nebensächlich, dürfte allerdings mittelfristig an


Bedeutung zunehmen. Das Zusammenspiel zweier Parameter wird die Vermarktung von
Inhalten an Werbekunden wahrscheinlich erleichtern: eindeutige thematische Zuordnung und
die Gründung von Communities. Musik (30%), Humor (19%) und Sport (12,5%) sind
beispielsweise die drei Kategorien von Inhalten, die den größten Datenverkehr generieren.
Außerdem sind die Nutzer solcher Portale eine gefragte Zielgruppe für die Werbeindustrie: In
Frankreich sind 50% des Publikums älter als 35 Jahre und ein Drittel der regelmäßigen
Nutzer verfügt über ein Jahreseinkommen von über 36 000 EUR.

Um diesem Werbemarkt auf die Sprünge zu helfen, müssen die Plattformen Werkzeuge zur
Erfassung ihrer Nutzung einrichten. Diese Werkzeuge sollen den Werbekunden die für eine
Verwertung der Inhalte unerlässlichen Indikatoren an die Hand geben. Als indirekte Folge
ihrer Einrichtung erhalten die professionellen Akteure, die ihre Inhalte auf den Plattformen
der Videotauschbörsen bereitstellen, die Chance, ihren Erfolg bei den Nutzern auf diesem
Kanal mitzuverfolgen und bei den Werbekunden gewinnbringend einzusetzen. Längerfristig
können solche Werkzeuge den Produzenten als Argumentationshilfe bei Verhandlungen
über eine eventuelle Aufteilung der Werbeerlöse mit den Plattformen dienen.

In Abschnitt 7 werden wir die Entwicklung der Techniken zur Nutzungsmessung und den
Platz der Videotauschbörsen in der Gesamtnutzung der audiovisuellen Abrufdienste genauer
analysieren.

263
6.2. YOUTUBE

6.2.1. Geschäftsmodell von YouTube

YouTube wurde im Februar 2005 von drei ehemaligen Angestellten von PayPal gegründet.
Sie wollten eigentlich ein benutzerfreundliches System entwickeln, mit dem Videodateien
ausgetauscht werden können, die zu umfangreich sind, um sie an eine E-Mail anzuhängen.
Die Website wurde rasch populär, insbesondere wegen einer Kontroverse mit NBC nachdem
ein Nutzer einen Ausschnitt aus der TV-Sendung Saturday Night Live664 hochgeladen hatte.
Im Frühjahr 2006 bereits galt YouTube gemeinsam mit MySpace und Atom Entertainment
als eines der vielversprechendsten Start-ups im Universum des Web 2.0665 und am
16. Oktober 2006, zu einem Zeitpunkt, als täglich 100 Mio. Videos abgerufen wurden, haben
die Gründer ihr Unternehmen für 1,65 Mrd. USD an Google Inc. verkauft. Google war bereits
vor dem Kauf von YouTube mit der 2005 gestarteten Suchmaschine Google Video, die auf
zahlreichen Portalen die gehosteten Videos finden kann, in diesem Internetbereich präsent.

Der Erfolg von YouTube lässt sich an den Statistiken zum Datenvolumen der von den
Nutzern hochgeladenen Videos ablesen: Mitte 2007 wurden pro Minute Videos mit einer
Gesamtlänge von sechs Stunden hochgeladen. Im Januar 2009 betrug das gepostete
Volumen pro Minute 15 Stunden. Nach Angaben von YouTube ist das genauso viel, als
würden jede Woche 86 000 abendfüllende Spielfilme ins Kino kommen. Im April 2009 hat
das hochgeladene Minutenvolumen 20 Stunden erreicht.666

Das Geschäftsmodell von YouTube ist identisch mit dem der werbefinanzierten
Fernsehsender: Es gilt, ein möglichst breites Publikum zu gewinnen, um Werbefläche
vermarkten zu können. Der große Unterschied besteht in den äußerst niedrigen
Produktionskosten für die Programme, da deren Herstellung zu einem Großteil ausgelagert
ist und es eigentlich den Nutzern überlassen war, die Programme zu liefern. Es hat sich
jedoch rasch herausgestellt, dass dieses Modell Grenzen hatte: Einerseits wird ein
erheblicher Teil der Programme von Nutzern hochgeladen, die dabei die Urheberrechte
außer Acht lassen, was dazu führte, dass das Videoportal als „Parasit“ bezeichnet und mit
zahlreichen Klagen überzogen wurde. Andererseits ist die Qualität der von den Nutzern
geposteten Programme sehr uneinheitlich und hält damit Werbekunden davon ab, zu
investieren.

Als Reaktion darauf hat YouTube parallel drei Strategien verfolgt:


- Eine Strategie zur Verringerung des Konfliktrisikos bei Urheberrechtsfragen;
- Eine Strategie zur Verbesserung der Dienstleistungen für Werbekunden;
- Eine Strategie zum Abschluss von Vereinbarungen mit der klassischen Film- und
Fernsehindustrie, damit Programme in professioneller Qualität unter Achtung der
Eigentumsrechte angeboten werden können, indem im Gegenzug den
Rechteinhabern Anteile der Werbeerlöse zugestanden werden.

664
„SNL cult hit yanked from video-sharing site“, CNET News, 17. Februar 2006.
http://news.cnet.com/SNL-cult-hit-yanked-from-video-sharing-site/2100-1026_3-6041031.html
665
„YouTube: The Talk of Tinseltown“, CNET News, 30. März 2006.
http://news.cnet.com/YouTube-The-talk-of-Tinseltown/2100-1025_3-6056079.html
666
„Zoinks! 20 Hours of Video Uploaded Every Minute!“, YouTube blog, 16. April 2009.

264
6.2.2. Verringerung des Konfliktrisikos

Das Problem urheberrechtlich geschützter Programme auf YouTube wurde von Anfang an
aufgeworfen, als NBC verlangt hatte, dass Ausschnitte der Sendung Saturday Night Live aus
dem Netz genommen werden.667 Obwohl die von Google für YouTube-Nutzer aufgestellten
Regeln die Veröffentlichung geschützten Materials verbieten, ist es offensichtlich, dass eine
große Anzahl der Nutzer sich darüber hinwegsetzt. Daher waren bzw. sind zahlreiche Klagen
gegen Google anhängig:
- Die erste publik gewordene Klage ist die von Robert Tur, einem Hubschrauberpiloten
und Journalisten, von dem ein 1992 während der Unruhen in Los Angeles
aufgenommenes Video ohne sein Einverständnis auf YouTube aufgetaucht war.668
- Die Klage von Viacom: Am 13. März 2007 reichte die Gruppe Viacom Klage gegen
Google und YouTube wegen einer Copyright-Verletzung ein und forderte eine
Entschädigung in Höhe von 1 Mrd. USD, mit der Begründung, dass über 160 000
Videosequenzen auf dem Portal unautorisierte Ausschnitte aus geschützten Werken
seien, die 1,5 Mrd. Mal gesehen worden seien.669 Der Fall ist noch nicht
abgeschlossen, aber Viacom hat am 1. Juli 2008 einen ersten juristischen
Etappensieg errungen, als dem Unternehmen der Anspruch zuerkannt wurde, die
Listen mit den abgerufenen Werken zu erhalten.670 YouTube hat seine Nutzer darüber
informiert, dass keine IP-Adressen weitergeleitet würden, lediglich die Informationen
über die Videos selbst.671 Als Reaktion auf die Klage von Viacom hat YouTube
100 000 Videos von seinem Server genommen, darunter in einigen Fällen auch
solche, für die die Nutzer nach eigenen Angaben kein geschütztes Material
verwendet haben.672
- Die Klage der Football Association Premier League und von Bourne am 4.Mai
2007,673 auf die sehr schnell eine Sammelklage (class action) folgte, an der sich auch
Cherry Lane Music Publishing, die Fédération française de tennis und die Ligue de
football professionnel,674 die National Music Publishers’ Association sowie andere
Sportvereine beteiligen.675 Am 26. November 2008 wurde von den 15 klagenden
Organisationen eine zweite Klage eingereicht.676

667
„Does video have a Napster problem?“, CNET News, 13. März 2006,
http://news.cnet.com/Does-video-have-a-Napster-problem/2100-1026_3-6048650.html
668
„YouTube sued for copyright infringement“, CNET News, 18. Juli 2006,
http://news.cnet.com/YouTube-sued-over-copyright-infringement/2100-1030_3-6095736.html
„YouTube dances the copyright tango“, CNET News, 24. Juli 2006,
http://news.cnet.com/YouTube-dances-the-copyright-tango/2100-1025_3-6097365.html
669
Pressemitteilung von Viacom, 13. März 2007,
http://www.viacom.com/news/Pages/newstext.aspx?RID=1009865
Der Text der Klage ist im Internet einzusehen:
http://online.wsj.com/public/resources/documents/ViacomYouTubeComplaint3-12-07.pdf
Zu einer Fallanalyse siehe F.J. CABRERA BLÁZQUEZ, „Portale für nutzergenerierte Inhalte und das
Urheberrecht“, IRIS Plus, Europäische Audiovisuelle Informationsstelle, 2008.
670
„Viacom vs. YouTube: Beyond Privacy“, Business Week, 3. Juli 2008,
http://www.businessweek.com/technology/content/jul2008/tc2008073_435740.htm
671
YouTube blog, 4. Juli und 14. Juli 2008, http://www.YouTube.com/blog?month=7&year=2008
672
„Images: YouTube tales“, CNET News, 15. Februar 2007,
http://news.cnet.com/2300-1026_3-6159580-1.html
673
Pressemitteilung, 4. Mai 2007, http://www.YouTubeclassaction.com/2007-05-04YTPressRelease.pdf.
Siehe auch: http://www.YouTubeclassaction.com/
674
Pressemitteilung, 6. Juni 2007, http://www.YouTubeclassaction.com/2007.06.06FrenchPressRelease.pdf;
http://www.YouTubeclassaction.com/2007.06.06CherryFFTLFPSupportPressRelease.pdf
675
Pressemitteilung, 6. August 2007,
http://www.YouTubeclassaction.com/2007.08.06PremierLeague&BourneSupport-PressRelease.pdf
676
http://www.YouTubeclassaction.com/courtdox/2008-11-26-RedactSecAmenCmplt.pdf

265
- Im Juni 2007 reichte Universal Music Klage ein, weil ein Nutzer in einem
Familienvideo das Stück „Let’s Go Crazy“ von Prince verwendet hatte.677
- Im Juli 2008 reichte der spanische Sendeveranstalter Gestevisión Telecinco (Filiale
der Gruppe Mediaset) Klage ein, weil er am 10. Juni 2008 4 634 Kopien seiner
Programme, (d. h. 325 Sendestunden) entdeckt hatte, was einem Verlust von
315 700 Zuschauertagen entspricht. Mediaset fordert einen Schadensersatz von
mindestens 500 Mio. EUR (779 Mio. USD).678 Nach Angaben von Reuters erklärte
YouTube dazu, das Copyright würde beachtet und es sei nicht notwendig,
kostspielige Gerichtsverfahren anzustrengen.679 Am 24. Juli 2008 ordnete ein Gericht
an, dass YouTube die Videos mit Telecinco-Programmen zurückziehen müsse.680 Die
Geschäftsführung von Telecinco kündigte an, eine zweite Klage auf Entschädigung
einzureichen.681
- Im Dezember 2008 meldete das französische Nachrichtenmagazin Le Point, dass
TF1 Klage gegen YouTube und Dailymotion eingereicht hatte und von Google
100 Mio. EUR bzw. von Dailymotion 38,97 Mio. EUR Entschädigung fordert.682

Als Antwort auf kritische Stimmen hat Google auf die Filterkapazitäten von YouTube
verwiesen. Dieses System wurde während der Multimediamesse NAB im April 2007 von
Google-Chef Eric Schmidt angekündigt683 und war Gegenstand von Spekulationen in der
Presse.684 Der Mitbegründer von YouTube, Steve Chen, hat daraufhin in einer
Stellungnahme vom 14. Juni 2007685 die verwendeten Systeme erläutert, dabei allerdings
eingeräumt, dass der Schutz der Rechte nicht hundertprozentig garantiert werden könne. Die
Effizienz dieses Systems wurde von verschiedenen Rechteinhabern jedoch bald in Frage
gestellt. Im Juni 2007 veröffentlichte das National Legal and Policy Center eine Studie, aus
der hervorgeht, dass über die Suchmaschine Google Video von mindestens 125 Filmen eine
illegale Version abrufbar war.686 Der Sänger Prince kündigte im September 2007 an, dass er
YouTube sowie eBay und PirateBay wegen Verletzung seiner Rechte juristisch verfolgen
würde und beanstandete das Versagen des Filtersystems.687 Im September 2008

677
Dieser Fall wurde zugunsten des Nutzers entschieden: Der Richter erkannte die Rechtmäßigkeit seines
Verweises auf den Grundsatz des fair use (nach US-Recht) an. Siehe „Judge: Copyright Owners Must
Consider ‘Fair Use’“, PCMag, 21. August 2008. http://www.pcmag.com/article2/0,2817,2328578,00.asp
678
„Italian media company sues YouTube“, CNET News, 30. Juli 2008,
http://news.cnet.com/8301-1023_3-10002413-93.html
679
„YouTube rejects need for Mediaset legal case“, Reuters, 30. Juli 2008,
http://www.reuters.com/article/idUSWLA722820080730
680
„Un juez obliga a YouTube a retirar vídeos de Tele 5“, El País, 24. Juli 2008,
http://www.elpais.com/articulo/Pantallas/juez/obliga/YouTube/retirar/videos/Tele/elpepirtv/20080724elpepirtv
_1/Tes
681
„Telecinco exigirá una indemnización a YouTube“, El País, 24. Juli 2008,
http://www.elpais.com/articulo/Internet/Telecinco/exigira/indemnizacion/YouTube/elpepirtv/20080724elpepun
et_3/Tes
682
„TF1 va attaquer Dailymotion et YouTube“, Le Point, 13. Dezember 2009, http://www.lepoint.fr/actualites-
medias/2007-12-13/justice-exclusif-lepoint-fr-tf1-va-attaquer-Dailymotion-et-YouTube/1253/0/214671
„TF1 versus Dailymotion et YouTube“, Le Point, 20. Dezember 2009,
http://www.lepoint.fr/actualites-medias/2007-12-20/lu-vu-entendu/1253/0/215565
683
„Schmidt says YouTube 'very close' to filtering system“, CNET News, 16. April 2007.
http://news.cnet.com/2100-1026_3-6176601.html
684
„YouTube to Test Software To Ease Licensing Fights“, New York Times, 12. Juni 2007,
http://online.wsj.com/article/SB118161295626932114.html; „YouTube to test video ID with Time Warner,
Disney“, Reuters, 12. Juni 2007, http://www.reuters.com/article/wtMostRead/idUSWEN871820070612
685
„The state of our Video ID tool“, The Official Google blog, 16. Juni 2007,
http://googleblog.blogspot.com/2007/06/state-of-our-video-id-tools.html
686
„Hollywood's YouTube frustration grows“, CNET News, 11. Juni 2007,
http://news.cnet.com/Hollywoods-YouTube-frustration-grows/2100-1030_3-6189853.html
687
„Prince lashes out at YouTube, eBay and The Pirate Bay“, CNET News, 13. September 2007,
http://news.cnet.com/8301-10784_3-9778087-7.html

266
bezeichnete der Chef von ITV, Michael Grade, YouTube als „Parasit“688 und erklärte einige
Monate später, dass die von YouTube als Ausgleich für die Ausstrahlung der Werke
angebotenen Beträge lächerlich seien.689

Das Video Identification System wurde am 15. Oktober 2007 eingerichtet690 und umfasst
folgende Elemente und Tools:
- Konsequente Sperrung des Kontos von Nutzern, die wiederholt urheberrechtlich
geschütztes Material veröffentlichen;
- Identifizierung von Videos, die entfernt wurden, um eine erneute Veröffentlichung zu
verhindern;
- Beschränkung der Videolänge auf 10 Minuten, womit das Hochladen langer Videos
verhindert wird;
- Versenden einer elektronischen Benachrichtigung und – mit Blick auf eine
Zusammenarbeit – eines Tools zum Entfernen der Videos (takedown tool) an die
Besitzer der Inhalte;
- Informieren der Nutzer über die zum Zeitpunkt des Hochladens gültigen Copyright-
Bestimmungen.

Im September 2008 kündigte das Unternehmen Nexicon die Unterzeichnung einer


Vereinbarung mit YouTube zur Einrichtung des Systems YouScout an. Mit diesem System
können geschützte Videos auf YouTube identifiziert werden. Dann kann der Eigentümer eine
Entfernung des Videos verlangen, eine Belassung zu Werbezwecken erlauben oder mit
YouTube und YouScout einen Vertrag über die Aufteilung der entstandenen
Werbeeinnahmen abschließen.691

Nach einer ersten Klage einige Monate zuvor hat das französische Institut national de
l’audiovisuel (INA) im Dezember 2008 zum zweiten Mal Klage eingereicht und die Effizienz
der von Google eingerichteten Filterverfahren bemängelt.692 Das INA wollte die Verwendung
seines Filtersystems Signature durch YouTube erreichen, die Klage wurde aber
abgewiesen.693 Der Richter erklärte, dass er nicht zuständig sei, aber das INA will seinen
Antrag erneut, dieses Mal allerdings in Verbindung mit einem Grundsatzverfahren stellen.
Das Institut hat Klage gegen YouTube wegen Raubkopierens eingereicht und fordert
100 000 EUR Provision sowie einen Schadensersatz, der sich auf mehrere Millionen Euro
belaufen kann.694 Die Frage der Effizienz der von Google für seine Dienste Google Video und
YouTube eingesetzten Filtertechnik wurde erneut aufgeworfen, als die Verantwortlichen von
The Pirate Bay nach ihrer Verurteilung durch ein schwedisches Gericht erklärt hatten, dass

688
„ITV Chief: YouTube is a ‘parasite’“, Wired, 16. September 2008.
689
„ITV’s grade: ‘YouTube’s Boyle Offer Was Derisory’“, PaidContent, 13. Juli 2009.
690
David King, YouTube Product Manager, „Latest content Vvideo ID Tool“, Google blog, 15. Oktober 2007,
http://googleblog.blogspot.com/2007/10/latest-content-id-tool-for-YouTube.html, „YouTube finally launches
Video ID tool“, NewTeeVee, 15. Oktober 2007, http://newteevee.com/2007/10/15/YouTube-finally-launches-
video-id-tool/
691
Nexicom Pressemitteilung, 11. September 2008, http://www.nexiconinc.com/media/nexicon-and-YouTubetm-
form-partnership
„Youscout“, http://www.nexiconinc.com/products/youscout
692
„L'INA attaque en justice YouTube pour avoir diffusé ses archives“, Les Echos, 22. Dezember 2008,
http://archives.lesechos.fr/archives/2008/LesEchos/20326-97-ECH.htm?texte=YouTube
693
„L’INA débouté de son procès avec YouTube“, Les Echos, 3. Juli 2009,
http://www.lesechos.fr/info/comm/4882778-l-ina-deboute-de-son-proces-contre-YouTube.htm
„YouTube ne signera pas avec l’INA“, Libération, 6. Juli 2009. http://www.ecrans.fr/YouTube-ne-signera-pas-
avec-l-Ina,7660.html
694
„L’INA renouvelle sa plainte à l’encontre de YouTube“, Les Echos, 6. Juli 2009,
http://www.lesechos.fr/info/comm/02054703193-l-ina-renouvelle-sa-plainte-a-l-encontre-de-YouTube.htm

267
die beanstandeten Links auf ihrer Website sich grundsätzlich nicht von denjenigen von
Google Video unterscheiden würden.695

Am 10. Juli 2009 erreichte die französische Gruppe Bayard Presse durch ein Pariser Gericht
eine Verurteilung von YouTube wegen Verletzung des Urheberrechts. Das Tribunal de
grande instance war der Ansicht, YouTube habe nicht „unverzüglich“ genug die
Videoaufnahmen der Kinderserie Le Petit Ours brun entfernt, und ordnete die Zahlung von
40 000 EUR Schadensersatz an, zu denen 10 000 EUR wegen Fälschung der Marke Petit
Ours brun sowie 10 000 EUR Gerichtskosten hinzukommen.696

Ende 2007 hat eine Studierendenvereinigung des MIT, MIT Free Culture, das System
YouTomb entwickelt, das es ermöglicht, Videos zu identifizieren, die von YouTube nach
Einspruch der Rechteinhaber wegen einer Urheberrechtsverletzung, im Falle der
Nichteinhaltung der allgemeinen Richtlinien des Portals oder fälschlicherweise durch das
Video-Identifizierungstool entfernt wurden. Die Website YouTomb (http://youtomb.mit.edu)
verfügt über eine Datenbank mit Angaben über sämtliche Videos, die entfernt wurden. Ende
Juni 2009 hatte YouTomb 14 377 Videos erfasst, die wegen einer Urheberrechtsverletzung
entfernt worden waren, sowie über 72 398 Videos, die aus anderen Gründen aus dem Portal
genommen worden waren. Eine statistische Untersuchung eines der YouTomb-Moderatoren
über die entfernten Videos ergab, dass 2008 insgesamt 1 440 Videos auf Antrag von Warner
Music Group aus dem Portal genommen wurden; alleine im ersten Quartal 2009 waren dies
3 707 Videos, was auf eine erhöhte Wachsamkeit schließen lässt, die selbstverständlich im
Zuge der raschen Entwicklung des Dienstes zu sehen ist.697 Zu den anderen Konzernen, die
eine große Zahl von Videos haben entfernen lassen, gehören Viacom International (738
Videos), TV Tokyo Corporation (698), NBC Universal (358), World Wrestling Entertainment
Inc. (302), Dattebayo Fansubs LLC (277) und BBC Worldwide Ltd (255).

6.2.3. Kommerzieller Neustart erforderlich: das Spaghetti-Projekt

Aufgrund niedriger Werbeeinnahmen im ersten Halbjahr und mäßiger Prognosen für das
Gesamtjahr (weniger als 200 Mio. USD 2008, nach Angaben von The Wall Street Journal698)
sahen die Verantwortlichen von Google Mitte 2008 – bei geschätzten Einnahmen für 2006
von 15 Mio. USD – die Notwendigkeit, ihre Kooperationsstrategie mit den klassischen
audiovisuellen Konzernen neu auszurichten. Dies war um so erforderlicher, als mit dem
Erfolg des kostenlosen, werbefinanzierten, von NBC Universal und News Corp. gestarteten
VoD-Dienstes Hulu ein gefährlicher Konkurrent entstanden und in der Presse im September
2008, als der Channel von Universal auf YouTube mit 2,6 Mrd. Abrufen am häufigsten
angeschaut wurde, vom Projekt eines eigenen Musikvideo-Portals zu lesen war.699

Die Werbeverantwortlichen von Google haben 105 unterschiedliche Probleme in der


Funktionsweise von YouTube identifiziert und im März 2008 das „Spaghetti-Projekt“
gestartet, um den Werbeertrag des Portals zu steigern. Das ist insofern von Bedeutung, als

695
Die juristische Verantwortung der Nutzer, die unter Verletzung des Urheberrechts ins Internet gestellte
Videos auf YouTube ansehen, wurde nicht so intensiv diskutiert wie bei den Peer-to-Peer-Portalen (wo
davon auszugehen ist, dass die Nutzer an der Vervielfältigung von geschütztem Material beteiligt sind),
allerdings war dies durchaus ein Thema in der amerikanischen Fachpresse. Vgl. etwa „Legal liability for
YouTube viewers“, CNET News, 14. Mai 2008, http://news.cnet.com/8301-13739_3-9936833-46.html
696
„Quand Petit Ours brun fait condamner YouTube“, 01net.com, 17. Juli 2009,
http://www.01net.com/editorial/504414/quand-petit-ours-brun-fait-condamner-youtube/
697
„Statistics on Warner Music Group Takedowns“, YouTomb blog, 8. März 2009.
698
„Google Push to Sell Ads On YouTube Hit Snags“, The Wall Street Journal, 9. Juli 2008,
http://online.wsj.com/article/SB121557163349038289.html
699
„Quelle: Universal Music Group plans ‘Hulu-like’ site“, CNET News, 25. September 2008,
http://news.cnet.com/8301-1023_3-10051246-93.html

268
die Wachstumsrate bei den Werbeerlösen im Zusammenhang mit der Hauptaktivität
(Suchmaschine) rückläufig war (31% im ersten Quartal 2008 gegenüber 49% im selben
Zeitraum des Vorjahres).

In diesem Kontext kündigte Google verschiedene kommerzielle Neuerungen bei der


Werbung auf YouTube an:
- Einführung des Konzepts der promoted videos im Rahmen des search advertising
program: Nach demselben Prinzip wie die (gesponserten) Werbelinks von Google
erlauben diese Videos den Werbekunden, die Nutzer des Portals zu ihrem Produkt zu
locken.700
- Größere Flexibilität in den Preisnachlässen (discounts) für die Werbekunden.
- Möglichkeit für die Hersteller der Videos, Werbezeit am Anfang und am Ende des
Clips (preroll und postroll) zu verkaufen und die Einnahmen zu teilen.
- Einführung des Systems „Click-to-Buy“ (am 30. Juli 2008 verkündet): Nutzer, die
Videos aus den Katalogen der großen Produzenten ansehen, werden aufgefordert,
auf Links zu klicken, mit denen sie zum Kaufen auf Seiten des iTunes Store von
Apple oder Amazon.com geleitet werden.701

Im Juni 2009 teilte YouTube mit, dass Tests für ein System durchgeführt würden, bei dem
der Nutzer auswählen könne, ob er einen Werbeclip vor dem eigentlichen Video sehen
möchte oder ob er es vorzieht, das Video mit vier jeweils 15 Sekunden langen
Unterbrechungen zu sehen.702

Google hat seine Werbeaktivitäten ebenfalls ausgebaut: Gemeinsam mit dem Unternehmen
SpotMixer wird das System Google TV ads angeboten, das einen unkomplizierten Kauf von
Werbefläche auf den amerikanischen Fernsehkanälen ermöglicht.703 Das versuchsweise im
September 2008 gestartete System wurde im Januar 2009 flächendeckend eingeführt und
durch ein Angebot zur Online-Videowerbung im April 2009 ergänzt.704 Zielgruppe sind im
Wesentlichen die mittelständischen Unternehmen.

6.2.4. Verbesserung der Qualität der Dienstleistung

YouTube versucht auch, die Qualität seiner Dienstleistungen für die Nutzer durch folgende
Veränderungen zu verbessern:
- Größere Flexibilität für die Nutzer beim Zugang zu den Sprachversionen ihrer Wahl;705
- Einführung der HD-Bildqualität;706
- Einführung thematischer Bereiche (Nachrichten, Musik, Filme);707
- Entwicklungen, um den Empfang von YouTube auf dem Fernsehgerät zu
ermöglichen. YouTube hat den Fernsehherstellern Anwendungen angeboten,
YouTube APIs, mit denen Schnittstellen zum Gerät hergestellt werden können. Im

700
„A Few Name Changes on the Site“, YouTube blog, 13. März 2009.
701
„Like What You See? Then click-to-Buy on YouTube“, YouTube blog, 30. Juli 2008.
702
„YouTube Tests Choose-Your-Own Ads“, Forbes.com, 15. Juni 2009.
703
SpotMixer Pressemitteilung, 15. Januar 2009, http://www.spotmixer.com/create_video/aboutus_press.
Siehe auch „Google TV Ads“, http://www.google.com/adwords/tvads/
704
„Reach TV viewers through more than one screen“, Google TV Ads blog, 16. April 2009,
http://google-tmads.blogspot.com/2009/04/reach-tv-viewers-through-more-than-one.html
705
„A More Customized Local Experience on YouTube“, YouTube blog, 14. Juli 2008.
706
„HD on YouTube“, YouTube blog, 5. Dezember 2008.
707
„New Video Landing Pages“, YouTube blog, 5. Dezember 2008.

269
Juni 2007 war Apple TV die erste Box, mit der das Portal auf dem Fernsehschirm
empfangen werden konnte. Im Mai 2008 kündigte Sony an, dass diese Applikationen
in seiner Modellreihe Sony Bravia bereitgestellt würden. Kompatible Boxen wurden
auch von HP, Panasonic, Samsung, TiVo und Verismo gestartet.708 YouTube hat
Abkommen mit den wichtigsten Herstellern von Fernsehgeräten und Set-Top-Boxen
geschlossen, deren neue Modelle eine Schnittstelle haben, mit der das Videoportal
auf dem Fernsehbildschirm aufgerufen werden kann. Die TV-Website ist in 22
Ländern und in 12 verschiedenen Sprachfassungen verfügbar.709

Im Februar 2009 kündigte YouTube an, dass die Möglichkeit getestet wird, bestimmte
Programme legal entweder kostenlos oder nach Bezahlung herunterzuladen. Nach Angaben
von Thai Tran, Product Manager, entspricht dies dem Wunsch zahlreicher Künstler, ihr Werk
weiter verbreiten zu können, solange ihre Ansprüche anerkannt werden. Die ersten Anbieter
von Inhalten, die diese Möglichkeit erprobt haben, waren eine pädagogische Einrichtung
(Khan Academy), ein Bildungsportal (Household Hacker) und ein Unterhaltungsportal
(Pogobat).710

6.2.5. Abschluss von Vereinbarungen mit den wichtigsten Produzenten von


Programmen

Während die Werbekunden anerkennen, dass die Werbeclips eine gute Penetrationsrate bei
den Nutzern erreichen, ist eines der zu lösenden Hauptprobleme der Mangel an Videos, die
eine Platzierung von Werbung in ihrem Umfeld interessant machen würden. Attraktive
Inhalte zu finden wurde damit zu einem entscheidenden Faktor.

Von Anfang an hat YouTube versucht, sich mit den alteingesessenen Unternehmen der Film-
und Fernsehbranche abzusprechen. Bereits im August 2006 wurde das System des
„Markenkanals“ (brand channel) angeboten, mit dem ein Unternehmen oder eine Institution
im Rahmen eines Vertrags mit YouTube über eine eigene Seite, mit eigenem
Erscheinungsbild, Logo usw., verfügen kann, um seine Videos zu verwerten. Die erste
Marken-Seite war die der Sängerin Paris Hilton, im Rahmen der Promotion für ihr neues
Album durch die Warner Music Group.711 Die Warner Music Group hat damit als erste die
neuen Marketingkonzepte von YouTube ausprobiert. Jedoch meldete die Financial Times am
20. Dezember 2008, dass die Gruppe die Vereinbarung – offensichtlich aufgrund der zu
niedrigen Werbeeinnahmen – gekündigt hatte.712

Um die industriellen Produzenten und darüber hinaus die Institutionen, die möglicherweise
eine politische Legitimierung bedeuten, zu überzeugen,713 hat YouTube dennoch das Prinzip
dieser „Markenkanäle“ systematisch umgesetzt. Die kommerziellen Grundlagen sind nicht
bekannt, aber nach Angaben von Fachkreisen sind zwei Modelle möglich714:

708
„YouTube in your Living Room“, YouTube blog, 15. Mai 2008.
709
„Coming Up Next… YouTube on Your TV“, YouTube blog, 14. Januar 2009.
710
„YouTube trials video download service“, Mediaweek, 13. Februar 2009. Dieser Vorstoß von YouTube
entspricht wahrscheinlich einer Notwendigkeit, einen ähnlichen Dienst anzubieten wie die Plattformen der
Mitbewerber. So bietet der Dienst Vimeo seinen Nutzern die Option an, das Herunterladen zu autorisieren.
Es kann auch eine Antwort auf eine De-facto-Situation sein: Zahlreiche Computerprogramme ermöglichen
das nicht-autorisierte aber problemlose Herunterladen von YouTube-Videos.
711
„YouTube Unveils New Advertising Concepts“, YouTube Pressemitteilung, 22. August 2006.
http://www.YouTube.com/press_room_entry?entry=RZs9p25QDCY
712
„Warner Music pulls out of YouTube licensing deal“, Financial Times, 20. Dezember 2008,
http://www.ft.com/cms/s/0/7086561a-ceae-11dd-8b30-000077b07658.html
713
Zu den Institutionen mit einem Kanal auf YouTube gehören u. a. das Weiße Haus, das britische Königshaus,
die Europäische Kommission und der Heilige Stuhl.
714
Siehe insbesondere die Kommentare zur Seite „List of YouTube brand channels“ im Blog von Stephen
Davies, http://www.prblogger.com/2008/03/list-of-YouTube-brand-channels/

270
- Partnerschaft: Die Partner werden von YouTube nach ihrer Kapazität ausgesucht,
qualitative Inhalte zu liefern, die in einer großen Zahl abgerufen werden und für die
YouTube Werbefläche verkaufen kann. Die Einnahmen werden zwischen YouTube
und dem Partner aufgeteilt.
- Sponsoring: In diesem Fall zahlt der Sponsor für die Gründung seines Kanals und
erhält im Gegenzug ein Guthaben in derselben Höhe auf einem AdWords-Konto, mit
dem er Anzeigen auf YouTube und dem Google Content Network (mit Ausnahme von
google.com) schalten kann. Die Anzeigen dürfen lediglich einen Link zur Seite des
„Markenkanals“ enthalten.

Im Oktober 2006 unterzeichnete YouTube einen Vertrag mit der CBS Corporation über die
tägliche Ausstrahlung von Kurzfilmen, Nachrichten sowie Sport- und Unterhaltungs-
programmen der verschiedenen Dienste des Konzerns (CBS, Showtime u. a.) im Internet.715
Nach einem Monat war der CBS Brand Channel zu einem Publikumsmagneten mit fast 30
Millionen aufgerufenen Videos geworden.716

Im März 2007 kündigte YouTube eine Vereinbarung mit der BBC über drei „YouTube
channels“ an, die kurze Sequenzen aus BBC-Programmen zeigen717:
- BBC: Öffentlich-rechtliches Angebot, ohne Werbung, mit „Trailern“ und „short
features“. Damit will die BBC die Nutzer zum Internetauftritt der BBC locken.
- BBC Worldwide: Drei- bis sechsminütige Ausschnitte aus dem Programmarchiv von
Unterhaltungssendungen auf einer Seite mit Werbung (Banner, Einblendungen).
- BBC News: Etwa dreißig Nachrichtenbeiträge pro Tag. Dieser Dienst wird durch
Werbung finanziert, ist aber nur außerhalb des Vereinigten Königreichs zugänglich.

Im Oktober 2007 schlug YouTube den Programmproduzenten recht diskret ein neues Modell
vor: Sollten ihre Programme aufgrund der Initiative von Nutzern auf YouTube erscheinen,
können die Rechteinhaber entweder verlangen, dass die Programme entfernt werden oder
aber eine Vereinbarung mit YouTube treffen, um die Werbeerlöse aufzuteilen. Time Warner
und Walt Disney sollen zu den ersten gehören, die dieses Modell testen, und nach Angaben
des Chefs von Google Inc., Eric Schmidt, haben die Produzenten in 90% der Fälle das
angebotene Partnerschaftsmodell akzeptiert.718

Im November 2007 teilten YouTube und Harpo Productions ihre Absicht mit, einen Kanal
über die Schauspielerin Oprah Winfrey einzurichten, deren Talkshow 21 Jahre lang
ununterbrochen die höchsten Einschaltquoten in den Vereinigten Staaten erzielte.719 Am 25.
Februar 2008 war es an dem Bezahlsender HBO, eine Vereinbarung über einen brand
channel abzuschließen, um für seine neuen Serien zu werben.720

715
CBS Corporation/YouTube Pressemitteilung, 9. Oktober 2008,
http://www.youtube.com/press_room_entry?entry=iXG7e1g-BWI
716
CBS Corporation/YouTube Pressemitteilung, 22. November 2006,
http://www.youtube.com/press_room_entry=oJpEXVevcKg
717
„BBC strikes Google-YouTube deal“, BBC News, 2. März 2007
http://news.bbc.co.uk/2/hi/business/6411017.stm
718
Über dieses Angebot gab es seinerzeit kaum Informationen, es wurde aber im Juli 2008 anlässlich der
Unterzeichnung des Vertrags mit Lionsgate bestätigt. Vgl. „Lionsgate to allow more of its clips on YouTube“,
Los Angeles Times, 17. Juli 2008. http://articles.latimes.com/2008/jul/17/business/fi-YouTube17
719
YouTube Pressemitteilung, 2. November 2007.
720
„It’s Not TV; It’s HBO…on YouTube; HBO Launches Official YouTube Channel“, Home Box Office (HBO)
Inc./YouTube Pressemitteilung, 25. Februar 2008,
http://www.youtube.com/press_room_entry?entry=tVJDkkQT37w

271
Abbildung 57: Die meist besuchten YouTube-Kanäle, in Millionen Aufrufen bis
2. November 2007

Vor allem aber im Rahmen der im Frühjahr 2008 erfolgten kommerziellen Neubelebung des
Dienstes hat YouTube systematisch mit den großen Konzernen im Film- und Fernsehbereich
verhandelt. Daraufhin kam es zu einer starken Zunahme der Vereinbarungen zwischen
YouTube und den klassischen Produzenten und Sendeveranstaltern:
- Am 16. Juli 2008 verkündete Google die Unterzeichnung eines Vertrags mit dem
Produktionsstudio Lionsgate. Damit akzeptiert das Studio, dass seine Filme auf
YouTube zugänglich sind, es erhält aber im Gegenzug die durch den Aufruf seines
Materials generierten Werbeerlöse. Dieser Vertrag war der erste, der seit der
probeweisen Einführung des Partnerschaftsmodells im Oktober 2007 publik gemacht
wurde.721
- Im Oktober 2008 unterzeichnete YouTube eine Vereinbarung mit CBS über die
Aufteilung der Werbeeinnahmen, womit es möglich wurde, Serienfolgen zu
übernehmen.722
- Im November 2008 kündigten YouTube und Metro Goldwyn Mayer (MGM) die
Unterzeichnung einer Vereinbarung über die kostenlose und ungekürzte
Ausstrahlung mehrerer Fernsehfilme und Serien in dem Videoportal an. Die Filme
sollen frei zugänglich, aber von Werbung unterbrochen sein.723
- Im Februar 2009 schloss YouTube ein erneutes Abkommen mit Sony Music
Entertainment, das der Plattform erlaubt, Videos von Künstlern, die bei dem
Musikkonzern unter Vertrag stehen, zu zeigen. Nach Informationen aus dem engeren
Umfeld der Projekte von Sony Music ist das Unternehmen der Ansicht, eine
Partnerschaft mit YouTube könnte aufgrund der hohen Nutzerzahl der Tauschbörse
durchaus lukrativ sein.724 Dagegen hatte die Warner Music Group im Dezember 2008
entschieden, keine derartige Verbindung mit dem Videoportal einzugehen.
- Im März 2009 kündigten YouTube und Disney/ABC einen Vertrag an, der dem
Videoportal erlaubt, auf spezifischen Kanälen verschiedene Arten von Kurzfilmvideos

721
„Lionsgate to allow more of its clips on YouTube“, Los Angeles Times, 17. Juli 2008.
http://articles.latimes.com/2008/jul/17/business/fi-YouTube17
722
„YouTube Goes Legit, Begins Streaming Approved CBS Content“, Wired, 10. Oktober 2008,
http://www.wired.com/epicenter/2008/10/youtube-goes-le/
723
MGM Worldwide Digital Media (MGM)/YouTube, Pressemitteilung, 10. November 2008,
http://www.youtube.com/press_room_entry?entry=MW8YnmlDy-8
724
„YouTube renews music video deal with Sony Music: sources“, Reuters, 12. Februar 2009,
http://www.reuters.com/article/industryNews/idUSTRE51C0NR20090213

272
der Disney/ABC Television Group zu zeigen (einschließlich ABC Entertainment, ABC
News, ABC Family, SOAPnet und ESPN).725
- Im April 2009 kündigten YouTube und Universal Music ein Bündnis zum Start eines
auf Musik-Videoclips spezialisierten Internetauftritts an.726 Mit dieser Website namens
Vevo will YouTube, eine Tochter des amerikanischen Internetgiganten Google,
attraktiver für Werbekunden sein und Ruhe in sein Verhältnis zum weltgrößten
Musikverlag bringen. Die Universal Music Group teilt sich mit YouTube die
Werbeeinnahmen. Der Internetauftritt soll an einem noch unbestimmten Termin im
Laufe des Jahres 2009 gestartet werden. „Bei Vevo wird es sich um eine erstklassige,
für Nutzer, Werbekunden und Inhaltebesitzer entwickelte Online-Musikplattform
handeln, die den umfangreichen Katalog der Inhalte und der großen UMG-Künstler
mit der Spitzentechnologie im Videobereich und der YouTube-Gemeinschaft
verbindet“, erklärten beide Gruppen. Sie sind davon überzeugt, dass „Vevo bereits
kurz nach dem Start schon ein höheres Datenaufkommen als jede andere Website
mit Musikvideos hat“ und „in einer einzigartigen Situation sein wird, um diese
Möglichkeit gewinnbringend zu nutzen.“ Denn jeder Nutzer, der ein Musikvideo auf
YouTube sucht, wird zu diesem neuen Internetauftritt umgeleitet. Die Inhalte der
Universal Music Group sind mit über 3,5 Mrd. aufgerufenen Seiten bereits die
populärsten auf YouTube. Im Dezember 2008 gab ein Manager von Universal Music
zum ersten Mal zu, dass sein Unternehmen durch YouTube „zig Millionen Dollar“
verdient hat und dass die Plattform inzwischen das produktivste Online-Portal unter
den Vertragspartnern von Universal Music ist.727 Die Einnahmen von Universal aus
der Online-Ausstrahlung von Musikvideos wurden für 2008 auf 100 Mio. USD
geschätzt. Im Rahmen des Vertrags soll Universal Anteile am Kapital von YouTube
übernommen haben.728 Im Juni 2009 kündigte Sony Music Entertainment an, dass
das Unternehmen sich dem Projekt Vevo anschließen werde.729
- Im April 2009 führten YouTube und Sony Gespräche über einen Vertrag, der es
YouTube erlauben würde, Spielfilme auszustrahlen. Aufgrund des wachsenden
Erfolgs von Hulu bei der Online-Verbreitung von Spielfilmen haben YouTube und
Sony ein Interesse daran, sich zu verständigen. Ein Hauptgrund für Sony ist die
unzureichende Bekanntheit der firmeneigenen Website Crackers, welcher eine
Partnerschaft mit YouTube das Massenpublikum des Videoportals erschließen
würde. Sony soll jedoch lediglich einen eingeschränkten Katalog zur Verfügung
stellen (15 Filme) und verlangen, dass die YouTube-Nutzer die Filme ausschließlich
mit dem Media Player von Sony ansehen können.730
- Im Juni 2009 bot Google den Informationsanbietern (news publishers)
Partnerschaftsvereinbarungen zur Veröffentlichung ihrer Nachrichten-Videos auf
YouTube an. Als Gegenleistung sollen sie einen Teil der Werbeeinnahmen und
Informationen über die Zahl der Videoaufrufe erhalten sowie ein breiteres Publikum

725
„Disney/ABC and ESPN Will Launch Short-Form Content on YouTube“, YouTube blog, 25. März 2009 ;
Disney Media Networks/YouTube Pressemitteilung, 30. März 2009,
http://www.youtube.com/press_room_entry?entry=Ir-31H4pFCQ
726
YouTube Pressemitteilung, 9. April 2009, http://www.youtube.com/press_room_entry?entry=Ae9WmtO6LF4 ;
„Google, Universal Music partners on a new music video website“, CNET News, 9. April 2009,
http://news.cnet.com/8301-1023_3-10216172-93.html
727
„Universal Music seeing ‘tens of millions’ from YouTube“, CNET News, 18. Dezember 2008,
http://news.cnet.com/8301-1023_3-10126439-93.html
728
„YouTube: A Money-Maker For Music Labels, But What About Google?“, Forbes.com, 18. Dezember 2008.
729
Sony Music Entertainment, Pressemitteilung, 4. Juni 2009, http://press.sonymusic.com/2009/06/04/vevo-and-
sony-music-entertainment-join-forces-for-world-class-premium-online-music-video-service/
730
„YouTube, Sony Pictures in talks over feature films“, CNET News, 6. April 2009,
http://news.cnet.com/8301-1023_3-10212585-93.html

273
erreichen.731 Dieses Angebot erfolgte, nachdem Videos in Google News integriert
wurden732 und die Presseverlage zunehmend ihren Unmut über die Bedeutung, die
Google News inzwischen zukommt, laut werden ließen.733
- Am 9. April 2009 konnte YouTube den Start des Themenbereichs
„Fernsehprogramme“ sowie einen verbesserten Spielfilmbereich verkünden.734 Der
Zugang zu den Programmen der professionellen Partner (Crackle/Sony, CBS, MGM,
Lionsgate, Starz) ist länderspezifisch geregelt, weswegen sie nicht in Europa zu
empfangen sind.
- Die Zunahme der Verbreitung von Spielfilmen und Fernsehprogrammen seit April
2009 im Rahmen der Partnerschaft mit den klassischen Akteuren wird wohl auf ein
kostenpflichtiges VoD-Angebot hinauslaufen. Am 3. September 2009 kündigte die
New York Times an, dass YouTube Gespräche mit Lions Gate Entertainment Corp.,
Sony Corp., Metro-Goldwyn-Mayer Inc. und Warner Bros. führt, um Spielfilme im
Bezahl-VoD anbieten zu können.735 Der Preis soll bei 4 USD für aktuelle Filme liegen.
Die Modalitäten der Aufteilung mit den Filmstudios sind Gegenstand von Beratungen,
wobei eine der Optionen ein Anteil in Höhe von 70% für die Studios bei einem
garantierten Mindestbetrag von 3 USD wäre. YouTube würde damit zu einem
Konkurrenten anderer kostenpflichtiger VoD-Dienste, insbesondere des iTunes Store,
werden.736

6.2.6. Die Möglichkeit für unabhängige Regisseure, mit ihren Werken Geld zu
verdienen

Parallel zu diesen verschiedenen Verträgen mit den großen Konzernen im audiovisuellen


Sektor hat YouTube seine Beziehungen zu den Programmlieferanten weiterentwickelt: Im
Dezember 2007 wurde das „YouTube Partnerprogramm“ gestartet, das individuellen
Programmlieferanten ermöglicht, für ihre Werke Geld zu erhalten: Jede Person mit Wohnsitz
in den Vereinigten Staaten oder Kanada kann sich an dem Partnerprogramm beteiligen und
einen Prozentsatz der in Verbindung mit ihren Videos erzielten Werbeeinnahmen erhalten.
Die Programmlieferanten, die über eine Million Mal aufgerufen werden, können mehrere
Tausend Dollar monatlich erhalten.737 Dieses Programm wurde anschließend auf das
Vereinigte Königreich, Irland, Australien und Japan ausgeweitet.

731
Olivia Ma (YouTube News Manager), „A Call to News Publishers“, Google News blog, 29. Juni 2009,
http://googlenewsblog.blogspot.com/2009/06/call-to-news-publishers-how-to-share.html
732
„Google News gets a Makeover“, Google News Blog, 14. Mai 2009,
http://googlenewsblog.blogspot.com/2009/05/google-news-gets-makeover.html
733
„Updated: Google Wants Newspapers To Post Their Videos To YouTube“, PaidContent, 29. Juni 2009,
http://paidcontent.org/article/419-google-wants-newspapers-to-post-their-videos-to-YouTube.
734
„Watch Shows and Movies on YouTube“, YouTube blog, 9. April 2009.
735
„Movie Studios Discuss Ways to Rent Films Over YouTube“, New York Times, 3. September 2009,
http://online.wsj.com/article/SB125192241524880801.html?mod=djemalertNEWS
736
„YouTube Inches Closer To Renting Movies But Nothing Imminent“, PaidContent.org, 2. September 2009,
http://paidcontent.org/article/419-youtube-inches-closer-to-renting-movies-but-nothing-imminent/
737
„YouTube Partner Program invites Video Makers to Earn Money ; Marketers Take Note“, YouTube press
release, 10. Dezember 2007, http://www.youtube.com/press_room_entry?entry=2vouE850_qI

274
Abbildung 58: Inhalte auf YouTube (8. März 2008)

90%
80%
80%

70%

60%

50%

40%

30%

20%
13%
10% 5%
2%
0%
Amateur-Inhalte Legal benutzte Wahrscheinlich illegal Sonstige
Fachinhalte benutzte Fachinhalte

Quelle: Kansas State University

6.2.7. Schwierige Verhandlungen mit den Verwertungsgesellschaften

Ergänzend zu den Verträgen mit Produzenten und Sendeveranstaltern musste YouTube


potenzielle Konflikte mit den Vertretern der Rechteinhaber, Autoren und Komponisten
vermeiden.

Ein erster Schritt dazu war, bereits im Februar 2007 den Nutzern ein System anzubieten, das
es ihnen erlaubt, ihre Videos mit Musikstücken zu untermalen, für die YouTube die Rechte
ausgehandelt hatte (dabei handelt es sich eigentlich um einen Katalog mit Stücken dritter
Wahl, die beim Schneiden nicht mit den verschiedenen Videosequenzen zusammengefügt
werden können). Im Dezember 2008 unterzeichnete YouTube eine Vereinbarung mit der
Agentur Rumblefish, wodurch die Nutzer Zugang zu einem Katalog mit 25 000 Musikstücken
erlangten.738

Dennoch bleibt YouTube – insbesondere in Europa – im Fadenkreuz der Verwertungsgesell-


schaften.

Am 21. Januar 2009 teilte Patrick Walker, der Verantwortliche für die Video-Partnerschaften
bei YouTube, in einer Mitteilung im YouTube-Blog739 mit, dass der Lizenzvertrag mit der
britischen Verwertungsgesellschaft Performing Rights Society for Music (PRS) wegen der
geforderten abschreckend hohen Tarife schwerlich weitergeführt werden könnte. Am 9. März
2009 verkündete YouTube, dass das Unternehmen bis zum Abschluss der Verhandlungen
die Ausstrahlung bestimmter Musikclips auf seinem englischen Portal sperren wird. „Das ist
eine sehr schwierige Entscheidung und wir wissen, dass sie im Vereinigten Königreich mit

738
„YouTube, Rumblefish sign Music Licensing Deal“, PCMag.com, 5. Dezember 2008; „Add Music to Your
Videos Using AudioSwap and Rumblefish“, YouTube blog, 19. Dezember 2008.
739
„YouTube, the UK and the Performing Rights Society for Music“, YouTube blog, 21. Januar 2009.

275
großer Enttäuschung aufgenommen werden wird“, erklärte Patrick Walker. YouTube wirft
PRS auch vor, ein Abkommen erzwingen zu wollen, das keine Details der betroffenen Clips
nennt. „Das ist, als würde man von einem Kunden erwarten, dass er eine CD kauft, ohne zu
wissen, welche Musiker darauf zu hören sind.“

Die Reaktion von PRS ließ nicht lange auf sich warten: Die Gesellschaft zeigte sich in einer
Mitteilung auf ihrer Website „im Namen der Verbraucher und der Musiker entrüstet“ über die
Entscheidung von YouTube und forderte das Unternehmen auf, „sie unverzüglich zu
revidieren“. PRS vertritt nach eigenen Angaben die Rechte von 60 000 Mitgliedern und hat
bestätigt, dass YouTube „trotz der enormen Zunahme“ seiner Nutzer für die Ausstrahlung
der Videos „sehr viel weniger“ zahlen wolle.740 Am 8. April 2009 haben die britischen Künstler
eine Kampagne gestartet, mit der sie die unzureichende Bezahlung durch YouTube
anprangern.741 Der Konflikt wurde mit der Unterzeichnung eines neuen Vertrages am
3. September 2009 beigelegt.742

YouTube hat in Deutschland eine ähnliche Strategie verfolgt. Das Unternehmen kündigte am
1. April 2009 an, dass die Ausstrahlung sämtlicher Musikclips auf seinem deutschen Portal
gesperrt würde, da es zu keiner Einigung mit der deutschen Gesellschaft für musikalische
Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA), welche rund 60 000
Künstler vertritt, gekommen sei. YouTube weigert sich, den geltenden, im November 2007
unterschriebenen und am 31. März 2009 ausgelaufenen Vertrag zu verlängern. Der sah
nach Angaben der GEMA eine „Pauschalzahlung ohne ausreichende Informationen zu den
genutzten Musikwerken und der Anzahl der Streams”743 vor. Dabei wollte die
Verwertungsgesellschaft genau diesen Punkt ändern und von YouTube eine Vergütung in
Abhängigkeit von der Zahl der Nutzer der Clips fordern. Im YouTube-Blog weist Patrick
Walker darauf hin, dass die GEMA einen „fünfzig Mal höheren Tarif“ verlange als die
britische Verwertungsgesellschaft und erklärt, dass er eine für beide Parteien „akzeptable
und nachhaltige“ Lösung suche. In einer Pressemitteilung beklagte die GEMA den Zynismus
von Google; das Unternehmen wolle Nutzer und Urheber gegeneinander ausspielen. Nach
der Aufkündigung des Vertrags reichte der Musiker und Produzent Frank Peterson Klage
gegen Google und YouTube wegen Nichtvergütung der ihm zustehenden Urheberrechte
ein.744 Der Deutsche Musikverlegerverband (DMV), die Europäische Vereinigung der
Komponisten und Textdichter (ECSA) sowie der Internationale Rat der Musikschaffenden
(CIAM) unterstützen die beiden Verwertungsgesellschaften PRS und GEMA.745 Am 12. Mai
2009 warb der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Staatsminister Bernd

740
PRS Pressemitteilung, 9. März 2009,
http://www.prsformusic.com/aboutus/press/latestpressreleases/Pages/PRSforMusicStatementGoogleYouTub
e.aspx
741
PRS Pressemitteilung, 8. April 2009,
http://www.prsformusic.com/aboutus/press/latestpressreleases/Pages/Songwriterscallthetunebysteppingupth
ecampaignagainstGoogleYouTube.aspx
742
PRS Pressemitteilung, 3. September 2009,
http://www.prsformusic.com/aboutus/press/Pages/PRSforMusicandYouTubeSignaNewLicensingDeal.aspx
743
GEMA Pressemitteilung, 31. März 2009, http://www.gema.de/en/press/press-releases/press-
release/browse/5/?tx_ttnews%5Btt_news%5D=809&tx_ttnews%5BbackPid%5D=73&cHash=74018f8195
744
GEMA Pressemitteilung, 7. April 2009,
http://www.gema.de/de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/?tx_ttnews%5Btt_news%5D=812&tx_ttn
ews%5BbackPid%5D=73&cHash=94025cb4ba
745
GEMA Pressemitteilung 7. April 2009,
http://www.gema.de/en/press/press-releases/press-release/browse/5/?tx_ttnews%5Btt_news%5D=813&tx_tt
news%5BbackPid%5D=73&cHash=d8449acd52,
9 April 2009,
http://www.gema.de/de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/?tx_ttnews%5Btt_news%5D=814&tx_ttn
ews%5BbackPid%5D=73&cHash=8d3a3a03ec

276
Neumann, anlässlich einer Sitzung des Europäischen Rates der Kulturminister bei seinen
europäischen Amtskollegen für Geschlossenheit gegenüber Google.746

In Frankreich hat YouTube im Jahr 2007 Verhandlungen mit der Verwertungsgesellschaft


SACEM (Société des auteurs compositeurs et éditeurs de musique) begonnen, aber bis
heute nicht zum Abschluss gebracht. Nach dem Bruch zwischen Google und der GEMA
drohte Catherine Kerr-Vignale, Vorstandsmitglied der SACEM, mit empfindlichen
Maßnahmen, falls die Online-Videotauschbörse nicht innerhalb von zwei Monaten eine
Vereinbarung über die Bezahlung von musikalischen Werken unterzeichne.747 „Wir nehmen
Tatbestände auf, die belegen, dass unser Repertoire von YouTube verwendet wird“, damit
nach einem Scheitern der Verhandlungen und falls die beanstandeten Werke nicht gesperrt
würden, „rechtliche Maßnahmen“ eingeleitet werden könnten, ergänzte die stellvertretende
Direktorin. Weiter erklärte sie, „die SACEM fordert einen niedrigen Prozentsatz an den
gesamten Werbeeinnahmen des Portals, um die Autoren, deren Werke auf YouTube
verbreitet werden, zu vergüten.“ Die SACEM hat einen entsprechenden Vertrag mit
Dailymotion, dem wichtigsten französischen Konkurrenten von YouTube, und mit Deezer,
einem Online-Musikdienst, unterzeichnet. YouTube seinerseits „setzt auf eine Hinhaltetaktik“,
um die Verhandlungen zu bremsen, klagt Catherine Kerr-Vignale. Eine Vereinbarung mit der
Google-Plattform würde der SACEM erlauben, Urheberrechte seit Inbetriebnahme des
Dienstes einzufordern, das heißt seit Februar 2005. „Unsere Verträge sind immer
rückwirkend, wir machen keine Geschenke für die Vergangenheit“ erklärte die
stellvertretende Direktorin.

Im Juni 2009 war von YouTube und SACEM zu hören, man befände sich weiterhin in
laufenden Verhandlungen. YouTube ist grundsätzlich mit einer Vergütung einverstanden, will
diese aber auf die legalen Inhalte des Portals beschränken und nicht auf die Gesamtheit der
Inhalte ausweiten. Wenn keine Grundlage für eine mögliche Einigung gefunden wird, bliebe
der SACEM nur noch eine Möglichkeit: YouTube zu zwingen, sämtliche Inhalte, des von der
SACEM vertretenen Repertoires musikalischer Werke zu sperren oder schlussendlich vor
Gericht zu ziehen.748

6.2.8. Profitabilität von YouTube in Frage gestellt

Der Erfolg von YouTube im Markt der Videotauschbörsen ist so groß, dass einige
Mitbewerber (u. a. Guba, Revver, Sony und in jüngerer Zeit Microsoft) das Handtuch
geworfen bzw. ihre Ziele zurückgeschraubt haben.749 Dennoch ist die Profitabilität von
YouTube Thema heftiger Diskussionen unter den Analysten. Die Nachhaltigkeit des Modells

746
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, Pressemitteilung, 13. Mai 2009,
http://www.bundesregierung.de/nn_774/Content/DE/Pressemitteilungen/BPA/2009/05/2009-05-13-bkm-
google-aktivitaeten.html
747
„La SACEM lance un ultimatum à YouTube“, E24 !, 2. April 2009,
http://www.e24.fr/hightech/mediapub/article76878.ece/La-Sacem-lance-un-ultimatum-a-YouTube.html
748
Les Echos, 23. Juni 2009,
http://www.lesechos.fr/info/comm/4878623-la-sacem-continue-de-negocier-avec-YouTube.htm
749
„Executive shakeup at video site Revver“, CNET News, 20. Dezember 2006;
„Guba CEO steps down, says more execs may follow“, CNET News, 28. Dezember 2006;
„YouTube rivals look for answers“, CNET News, 10. Januar 2007;
„Sony veers away from video sharing“, CNET News, 15. Juli 2007, http://news.cnet.com/8301-10784_3-
9744781-7.html;
„Microsoft To Scale Back Its YouTube-Rival Soapbox“, Forbes.com, 16. Juni 2009;
„Microsoft gives up YouTube chase“, CNET News, 18. Juni 2009, http://news.cnet.com/8301-13860_3-
10265858-56.html;
„Soapbox, Microsoft’s YouTube, dies on August 31, 2009“, Ars Technica, 21. Juli 2009,
http://arstechnica.com/microsoft/news/2009/07/soapbox-microsofts-youtube-dies-on-august-31-2009.ars

277
wurde von Anfang an, noch vor der Übernahme durch Google in Frage gestellt.750 Google
Inc. veröffentlicht keinerlei detaillierte Daten zu dem Dienst. Die Geschäftsführung von
Google hat als eine der Prioritäten für 2008 die Entwicklung von YouTube festgelegt. Bereits
im Juli 2008 stellte das Wall Street Journal Fragen zur Rentabilität des Dienstes und
schätzte die Jahreseinnahmen auf unter 200 Mio. USD.751 In der Presse war vielfach zu
lesen, der Dienst befinde sich in einer Sackgasse.752

Abbildung 59: Umsatz, Ausgaben und Nettogewinn von Google Inc., konsolidierte
Angaben – In Tausend USD (2004-2008)

25 000 000

21 795 550

20 000 000 Erträge

16 593 986
15 163 581
15 000 000
Gesamtkosten
10 604 917 und -ausgaben
11 509 586
10 000 000
6 138 560
7 054 921 Nettogewinn
3 189 223 4 226 858
5 000 000
4 121 282
4 203 720
2 549 031 3 077 446
1 465 397
0 399 119
2004 2005 2006 2007 2008

Quelle: Google

Im April 2009 gab die Geschäftsführung von Google bei der Veröffentlichung der Ergebnisse
für das erste Quartal 2009 zu, dass YouTube die Rentabilitätsschwelle noch nicht erreicht
habe.

6.2.8.1. Schwankende Schätzungen der Werbeeinnahmen

Nach Angaben von Arash Amel, Analyst bei Screen Digest, beliefen sich die
Werbeeinnahmen von YouTube 2008 in den Vereinigten Staaten auf 100 Mio. USD, die von
Hulu auf 70 Mio. Die Werbeeinnahmen von YouTube für 2009 dürften, ebenso wie die von

750
„Bright lights on YouTube get hot“, CNET News, 26. Juni 2006,
http://news.cnet.com/8301-10784_3-6098815-7.html
751
„Google Push to Sell Ads On YouTube Hits Snags“, Wall Street Journal, 9. Juli 2008,
http://online.wsj.com/article/SB121557163349038289.html
752
„A coming age for YouTube“, CNET News, 17. November 2008,
http://news.cnet.com/a-coming-of-age-for-YouTube/

278
Hulu, 180 Mio. USD nicht übersteigen.753 Die US-Einnahmen von YouTube sollen angeblich
die Hälfte der Gesamteinnahmen des Dienstes ausmachen, die damit in einer
Größenordnung von 200 Mio. USD 2008 und 360 Mio. 2009 liegen würden.

Nach Schätzungen von Piper Jaffray and Companies (PJC) dürften sich die Nettoeinnahmen
von YouTube zwischen 2008 und 2009 verdoppeln und von 95,2 Mio. USD auf 191,3 Mio.
ansteigen. Dies ist insbesondere auf die Einführung von Pre-Roll-Anzeigen (pre-roll ads), die
vor den Inhalten zu sehen sind, zurückzuführen.754

Tabelle 31: Schätzung der Einnahmen von YouTube (2008-2009)

Laut einem Bericht von Crédit Suisse dürften die Einnahmen von YouTube 2009 bei
341 Mio. USD liegen. Die Kosten wurden insgesamt auf 71,3 Mio. USD geschätzt, wobei
YouTube 2009 einen operativen Verlust in Höhe von 470,6 Mio. USD verzeichnen würde.755

Nach Youssef Squali, Analyst bei Jeffrey and C°, dürften die Werbeerlöse von YouTube
2009 einen Betrag von 500 Mio. USD erreichen und damit bei 3% des Umsatzes von Google
liegen.756

Wie der Analyst Benjamin Wayne bemerkt, besteht das fundamentale Problem von YouTube
darin, dass die Menge der von Nutzern hochgeladenen Videos (eigener Herstellung oder
illegal gepostet), mit denen sich kein Geld verdienen lasse, stärker wachse als die Videos,
mit denen ein Gewinn zu erzielen sei. Google soll bereits die Obergrenze erreicht haben, bis
zu der sich mit veröffentlichtem Material Geld verdienen lässt.757 Nach Meinung mancher
Beobachter lässt eine Applikation im neuen iPhone 3GS, mit der ein Nutzer nun direkt sein
Video auf YouTube posten kann, die Menge an eher belanglosen und wirtschaftlich
unrentablen Inhalten nur noch größer werden, da es dabei auch noch zusätzliche Netzkosten
mit sich bringt.758

Der von Crédit Suisse am 3. April 2009 veröffentlichte Bericht wurde von weiten Teilen der
Presse aufgegriffen und sorgte unter Beobachtern und Analysten für Unruhe. Die

753
In: „Rival forecast to catch YouTube“, Financial Times, 16. November 2008,
http://www.ft.com/cms/s/0/74ab11da-b415-11dd-8e35-0000779fd18c.html.
754
„YouTube’s Profitability Comes Under Mounting Scrutiny“, Seeking Alpha, 16. September 2008,
http://seekingalpha.com/article/95784-YouTube-s-profitability-comes-under-mounting-scrutiny
755
S. WANG & K. SENA, „Deep Dive Into YouTube; 1Q09 Preview“, Credit Suisse Equity Research, 3. April
2009.
756
In: „Google Dealt Blow by Departure“, Wall Street Journal, 17. März 2009.
757
„Would Google ever get rid of YouTube?“, CNET News, 17. Juni 2009,
http://news.cnet.com/8301-17852_3-10266587-71.html
758
„Is iPhone video recording bad news for YouTube?“, CNET News, 9. Juni 2009,
http://reviews.cnet.com/8301-18438_7-10260538-82.html

279
Schätzungen von Crédit Suisse wurden jedoch von einem Sprecher von Google Inc. auf
Nachfrage eines Journalisten der New York Times als nicht zutreffend bezeichnet.759

6.2.8.2. Bewertung der wirtschaftlichen Vorteile von YouTube für Google

Die von den Crédit-Suisse-Analysten genannten Zahlen wurden von ihren Kollegen von
RampRate, einem auf IT-Netzwerke spezialisierten Unternehmen, kritisiert.760 Diese gehen
davon aus, dass Google mit seiner Tochter YouTube wesentlich mehr Geld verdient habe,
als die meisten Analysten glauben. Ihre Kollegen von Crédit Suisse hätten die Netzkosten
von Google überschätzt, oder, genauer gesagt, die Preisnachlässe, die Google aufgrund
seiner Marktposition erzielen könne. Google besitze seine eigenen Glasfasernetze, platziere
seine Server an kostengünstigen Standorten (Iowa, Finnland) und schließe Peering-
Abkommen über eine kostenfreie Bandbreitennutzung für 73% seines Datenaufkommens ab.
Die Kosten des Dienstes beträgen daher 414,9 Mio. USD und nicht 711,3 Mio., wie von den
Analysten von Crédit Suisse geschätzt. Darüber hinaus erhalte Google von seinen
Zulieferern angesichts des Datenvolumens von YouTube günstigere Preise, was die Kosten
für seine anderen Dienste ebenfalls verringere. Die Analysten von RampRate gehen davon
aus, dass Google deshalb nicht auf die Analysten von Crédit Suisse reagiert habe, weil das
Unternehmen ein Interesse daran habe, das Image eines defizitären Dienstes zu bewahren,
um nicht allzu großen Forderungen durch die Rechteinhaber ausgesetzt zu sein.

Tabelle 32: Vergleich der Kostenanalyse von YouTube durch Crédit Suisse und
RampRate (2009)

Quelle: RampRate

Ein Sprecher von YouTube, der auf diesen Bericht angesprochen wurde, wich aus, wies aber
darauf hin, dass es nicht im Interesse von Google sei, seine Verluste hochzuspielen, da dies
ansonsten die Aktienkurse seiner Partner gefährde.761

Anlässlich der Veröffentlichung des Finanzberichts für das erste Halbjahr 2009 zeigten sich
die Verantwortlichen von Google zuversichtlich, dass YouTube in nächster Zeit in die

759
„Deal Brings TV Shows and Movies to YouTube“, New York Times, 16. April 2009,
http://www.nytimes.com/2009/04/17/business/media/17youtube.html?scp=1&sq=Deal%20Brings%20TV%20
Shows%20and%20Movies%20to%20YouTube&st=cse
760
T. GREENBERG, A. VEYTSEL, L. BOATWRIGHT and S. LERNER, „YouTube: Google’s Phantom Loss
Leader“, 17. Juni 2009. http://ramprate.wordpress.com/2009/06/17/YouTube-google%E2%80%99s-phantom-
loss-leader/
761
Zitiert nach: Ohio.com, 22. Juni 2009.

280
Gewinnzone eintreten werde.762 Nach Aussagen von Patrick Pichette, dem Finanzdirektor
von Google Inc., sei das Geschäftsmodell von YouTube sehr glaubwürdig. Das
Werbeverkaufsvolumen sei steigend. Der Gewinn aus dem Anklicken von Partner-Seiten
habe sich innerhalb eines Jahres verdreifacht. Die Anzeigenkunden hätten großes Interesse
an Werbeeinblendungen in Kurzfilmen gezeigt, die YouTube von Partnern wie Walt Disney
erworben hat. YouTube überlege, dieses Modell auf abendfüllende Spielfilme auszuweiten.

6.2.9. Konkurrenz zwischen YouTube und Hulu

Die jeweiligen Chancen von YouTube und Hulu waren seit Sommer 2008 Thema einer
Debatte unter Analysten.

Nach Ansicht von Arash Amel, Analyst bei Screen Digest, habe Hulu aufgrund seiner
Kapazität für mehr „Premium-“Anzeigenkunden, die ihre Anzeigen innerhalb oder im Umfeld
qualitativer Premium-Programme schalten wollen, größere Chancen, das Duell zu gewinnen.
Andere, wie Rory Maher von PaidContent.org, glauben hingegen, dass YouTube erst ein
größeres Geschäftsvolumen erreiche, wenn es dem Unternehmen gelinge, die Verbreitung
professioneller Inhalte in den Vordergrund zu stellen. YouTube verfüge nicht nur über ein
noch größeres Publikum, sondern seine Einnahmen kämen auch aus vielfältigeren Quellen
(Bannerwerbung, Werbeeinblendungen, Verkauf über Click&Buy).763 Wieder andere betonen
den spekulativen Charakter der vorgebrachten Schätzungen sowohl für YouTube als auch
für Hulu.764

Nach einer Pressemitteilung von Nielsen Online765 habe YouTube sein Ziel erreicht, für
Anzeigenkunden zum interessantesten Internetauftritt in den Vereinigten Staaten zu werden.
Im ersten Quartal 2009 sei die Werbung für Massenkonsumgüter auf YouTube 637,7 Mio.
Mal gesehen worden (eine Steigerung um 572% gegenüber dem ersten Quartal 2008) und
habe dem Dienst einen Marktanteil von 24% bei dieser Art der Werbung beschert.

Tabelle 33: Die 10 beliebtesten Unterhaltungsportale nach Zahl der Aufrufe von
Seiten mit Werbung (1. Quartal 2009)

762
„Google CFO Sees Profitable YouTube In Not-Too-Distant Future“, The Wall Street Journal, 16. Juli 2009,
http://online.wsj.com/article/BT-CO-20090716-719052.html
763
„Hulu A Better Business Than YouTube? Not So Fast“, Forbes.com, 24. Februar 2009.
764
T. KEE, „Analyst Says Hulu To Match YouTube’s U.S. Revenue in 2009: We Say Maybe Not“, Forbes.com,
17. November 2008.
765
Nielsen Online News release, 19. Juni 2009, http://www.nielsen-online.com/pr/pr_090617.pdf

281
Allerdings ist es im Hinblick auf die Ausstrahlung von Fernsehserien nicht erkennbar, dass
YouTube es schafft, seinen Rückstand auf Hulu aufzuholen. Nach den Analysen von
TubeMogol, sind die 175 von Hulu geposteten Promotion-Videos (hauptsächlich Ausschnitte
aus Family Guy und The Simpsons) häufiger angesehen worden als die 3 215
abendfüllenden Fernsehprogramme, die auf YouTube zu finden sind.766

Abbildung 60: Mehr Zuschauer für Promotion-Clips von Hulu auf YouTube als für
die TV-Serienfolgen (Mai-Juni 2009)

Quelle: TubeMogul / Silicon Alley Insider

Der Erfolg der von Amateur-Nutzern geposteten Videos wird durch die Messungen von
TubeMogol ebenfalls angezweifelt. 63% der Videos werden weniger als 500 Mal aufgerufen.
Etwa 30% werden weniger als 100 Mal gesehen, 0,33% der Videos über eine Million Mal.767

Abbildung 61: Aufschlüsselung der Zahl der Videos auf YouTube nach abgestuften
Aufrufszahlen (2009)

Quelle: Business Insider

766
„CHART OF THE DAY: YouTube’s Hulu-Killer Not Coming Close“, The Business Insider, 24. Juni 2009,
http://www.businessinsider.com/chart-of-the-day-YouTube-vs-hulu-2009-6
767
„CHART OF THE DAY: Half Of YouTube Videos Get Fewer Than 500 Views (GOOG)“, The Business Insider,
20. Mai 2009, http://www.businessinsider.com/chart-of-the-day-YouTube-videos-by-views-2009-5

282
6.3. ENTWICKLUNG EUROPÄISCHER VIDEOTAUSCHBÖRSEN

6.3.1. Territorialisierung und länderspezifische Versionen

Obwohl die Videotauschbörsen nicht unter das Territorial-Prinzip fallen (sie sind von jedem
Land aus zugänglich), wurden häufig länderspezifische Versionen entwickelt. Diese (in der
Landessprache) angebotenen Versionen schaffen eine größere Nähe zu den Internetnutzern
des jeweiligen Landes, aber auch zu den lokalen Fernsehsendern und Produzenten, die
möglicherweise Inhalte bereitstellen. Diese länderspezifischen Versionen ermöglichen es
ebenfalls, den Anzeigenkunden ein spezifisches Publikum anzubieten.

So hat YouTube seit Juni 2007 in Australien, Brasilien, Kanada, Hongkong, Israel, Indien,
Japan, Mexiko, Neuseeland und Taiwan seine länderspezifischen Versionen gestartet. In
Europa gibt es eigene Versionen in der Tschechischen Republik, in Frankreich, Deutschland,
Irland, Italien, den Niederlanden, Polen, Russland, Spanien, Schweden und im Vereinigten
Königreich.

Einige europäische Unternehmen haben eine internationale Ausweitung versucht, sind aber
sehr weit hinter dem Dienst von Google zurückgeblieben:
- Das französische Unternehmen Dailymotion hat eigene Versionen seines
Internetauftritts für die Vereinigten Staaten, für Kanada, verschiedene europäische
Länder (Österreich, Deutschland, Spanien, Portugal, Italien, Dänemark, Polen,
Russland, Schweden und die Türkei) sowie für Brasilien, Mexiko und Indien
entwickelt.
- Das rumänische Unternehmen MyVideo (Teil der ProSiebenSat.1 Media AG) hat eine
eigene Sprachfassung in Rumänien, Österreich, den Niederlanden, der flämischen
Gemeinschaft Belgiens, Ungarn und der Türkei.
- Das belgische Unternehmen Netlog bietet seinen Dienst in 30 unterschiedlichen
Sprachen an.768

6.3.2. Partnerschaften mit klassischen Akteuren

Seit 2008 gehen die Videoportale Partnerschaften mit den klassischen TV-Produzenten und
Sendeanstalten ein, um auch Qualitätsprogramme anbieten können, die ihrem
Geschäftsmodell Stabilität verschaffen. Das ist beispielsweise der Fall bei Dailymotion: Das
Portal hat 2008 ein Abkommen mit SCAM, SACD und ADGAP in Frankreich getroffen.769

Für die Rechteinhaber, die sich dem Risiko ausgesetzt sehen, dass Internetnutzer ihre
Werke illegal ansehen und austauschen, ist diese Art der Partnerschaft eine Chance, gegen
das Raubkopieren vorzugehen. Die Partnerschaften ermöglichen es den Akteuren der
Medienbranche auch, eine etwas größere Aufmerksamkeit für ihre Marke oder ihre
Programme beim Publikum zu finden.

Die Übernahme eines Programms in einer Tauschbörse kann in dreierlei Weise erfolgen:

768
http://www.netlog.com/?all=1
769
http://www.Dailymotion.com/press/CP_Dailymotion_societes_dauteurs.pdf

283
- Durch mediengerechte Anpassung eines Programms: Das heißt TV-Formate, die auf
ein bestimmtes Zielpublikum ausgerichtet werden (Teaser, Trailer, Bonusszenen,
Ausschnitte usw.);
- Mittels Übernahme eines vollständigen Programms (häufig in Sequenzen unterteilt);
- Über einen eigenen Kanal.

Zahlreiche Partnerschaften wurden mit den europäischen Anbietern von Inhalten entwickelt,
so beispielsweise mit der BBC im Vereinigten Königreich, mit France 4 in Frankreich oder mit
Antena 3 und Cuatro TV in Spanien, die Auszüge aus ihren Programmen in den jeweiligen
länderspezifischen Versionen von YouTube anbieten.

So finden sich in Spanien Ausschnitte aus dem Programm von Antena 3 sowie ein Link zum
offiziellen Internetauftritt des Senders.

Verweis auf den Übernahme eines


Sender Programms des
Senders

In Frankreich bietet der Sender Filles TV Ausschnitte aus aktuellen Sendungen seines
Programms an, um so nah wie möglich an seine Hauptzielgruppe, die 15-24-jährigen, zu
kommen. Das wichtigste Ziel ist hier, den Bekanntheitsgrad zu stärken und die Marke des
Senders beim potenziellen Publikum bekannt zu machen. Dies erfolgt insbesondere über ein
Online-Angebot von Videos, die auszugsweise aus dem Sendeprogramm stammen
(hauptsächlich aus Magazinsendungen) und die nach Möglichkeit in Bezug zur Aktualität
gesetzt werden, um so ein Event zu kreieren.

6.3.3. Welche Inhalte werden angeboten?

Bei den angebotenen Inhalten handelt es sich um Programme, für die die Sender die Rechte
besitzen. Das sind Eigenproduktionen (Magazine, Nachrichtensendungen usw.) oder
Programme, die von Unternehmen desselben Medienkonzerns produziert wurden
(beispielsweise RTL/Fremantle). Es handelt sich in der Mehrzahl um aktuelle Programme
und ganz speziell um Reality-TV.

Damit eine Partnerschaft effizient ist, muss der Inhalt bereits über einen hohen
Bekanntheitsgrad verfügen (und nach Möglichkeit videofähig sein), damit die Internetnutzer
angelockt und auf das ursprüngliche Medium verwiesen werden können.

In Frankreich ist der Film- und Fernsehproduzent JLA eine Partnerschaft mit YouTube
eingegangen und stellt einige seiner Fernsehfilme und Serien zur Verfügung (so etwa Les

284
liaisons dangereuses). Andere Akteure, wie etwa Zeitungen oder Prominente (Humoristen,
Musiker usw.), gehen ebenfalls eine Partnerschaft mit Tauschbörsen ein.

Diese Partnerschaften beruhen derzeit auf einem kostenlosen Austausch, da sich mit dem
Publikum noch kein Geld verdienen lässt. Auch wenn die Produzenten diesem Austausch,
der ihnen Publikum bringt und ihren Bekanntheitsgrad vergrößert, positiv gegenüberstehen,
stellt sich dennoch die Frage nach der Vergütung der anderen Rechteinhaber an diesen
Inhalten: Moderatoren und Techniker, die keine zusätzliche Bezahlung für diese
Ausstrahlungen erhalten.

285
6.4. DAILYMOTION

Das französische Unternehmen Dailymotion hat 2005 eine Video-Sharing-Website gestartet,


die sich inzwischen zum größten internationalen Konkurrenten von YouTube entwickelt hat,
auch wenn die Zahl ihrer Nutzer natürlich nicht annähernd so groß ist wie die des
amerikanischen Videoportals. Die Strategie von Dailymotion ist in vielen Bereichen mit der
von YouTube vergleichbar. In einem wesentlichen Punkt aber unterscheidet sich Dailymotion
von YouTube: Dailymotion war von Anfang an um eine gute Zusammenarbeit mit den
Vertretern der traditionellen audiovisuellen Vertriebswege bemüht.

Bereits im Dezember 2006 hat Dailymotion einen Vertrag mit der Verwertungsgesellschaft
SPFF geschlossen, die die Interessen der französischen Produzenten von audiovisuellen
Programmen vertritt. Zunächst ist eine Laufzeit von einem Jahr vorgesehen, gewissermaßen
als Test. Der Vertrag garantiert den Produzenten einen Anteil an den Werbeeinnahmen aus
dem Angebot ihrer Videoclips auf der Website. Außerdem sieht der Vertrag technische
Vorkehrungen vor, die verhindern sollen, dass die Inhalte, deren Urheberrechte bei den Clip-
Produzenten liegen, illegal genutzt werden können770. Kurze Zeit später hat Dailymotion
angekündigt, dass es mit der Warner Music Group einen ähnlichen Vertrag abschließen
wolle. Dieser Vertrag ermöglicht es den Nutzern, Musik aus dem Katalog von Warner Music
in ihre eigenen Videos zu integrieren, die sie auf die Website hochladen. Außerdem würde
dieser Vertrag Dailymotion den Zugang zu Inhalten von Warner Music ermöglichen771. Es
folgten weitere Verträge mit der Universal Music Group und V2 Music.

6.4.1. Lösungen für die Identifizierung und die Filterung von Werken

Seit seinem Start ist Dailymotion bemüht, technische Vorrichtungen für einen globalen und
wirksamen Schutz urheberrechtlich geschützter Werke einzuführen. Zunächst hatte sich das
Unternehmen für ein Verfahren entschieden, das bereits abgewiesene Videos blockiert
(Hashing-Verfahren). Im Juli 2007 kündigte Dailymotion an, dass es sich für die
Filtersoftware von Audible Magic entschieden habe, um urheberrechtlich geschützte Inhalte
zu identifizieren und zu filtern772. Die Identifizierung erfolgt automatisch: Sobald ein Nutzer
ein selbst produziertes Video hochlädt, wird ein Abdruck erzeugt und zum Vergleich an eine
Referenzdatenbank geschickt, die von den Rechteinhabern geführt wird. Stimmt der Abdruck
mit einem in der Datenbank enthaltenen Abdruck überein, wird das Video blockiert, und
wenn es einen Vertrag mit einem Rechteinhaber gibt, wird Dailymotion dem Nutzer
vorschlagen, das Video durch das Werk zu ersetzen, das von dem Rechteinhaber zur
Verfügung gestellt wird. Im Oktober 2007 hat sich das Videoportal für die „Signature“-
Technologie773, eine innovative Fingerprinting-Technologie von INA (Institut national de
l’audiovisuel), entschieden, die ab Februar 2008 eingesetzt wurde774. Zusätzlich hat
Dailymotion mit Canal+ einen Vertrag für die Zusammenarbeit beim Aufspüren
urheberrechtlich geschützter Inhalte unterzeichnet775.

Im Oktober 2007 hat Dailymotion zusammen mit einigen der größten amerikanischen
Gruppen CBS Corporation, Disney, Fox, Microsoft, MySpace, NBC Universal, Viacom und

770
Pressemitteilung von Dailymotion/SPPF, 21. Dezember 2006.
771
Pressemitteilung Warner Music Group/Dailymotion, 22. Januar 2007.
772
Pressemitteilung von Dailymotion/Audible Magic, 13. Juli 2007.
773
Pressemitteilung von Dailymotion/INA, 8. Oktober 2007.
774
Pressemitteilung von Dailymotion, 25. Februar 2008.
775
Pressemitteilung von Dailymotion/Canal+, 18. Oktober 2007.

286
Veoh) eine Grundsatzcharta für die von Nutzern generierten Inhalte (UGC – User Generated
Content) unterzeichnet, um die Modalitäten für die Einhaltung des Copyright zu klären und
eine Zusammenarbeit in diesem Bereich anzuregen776.

6.4.2. Abschluss von Verträgen mit Produzenten, Themensendern und


Verwertungsgesellschaften

6.4.2.1. Verträge mit Produzenten

Da Dailymotion auf seinem Videoportal wirksame Schutz- und Filtersysteme eingeführt hat,
konnten Verträge mit einer Reihe von Produzenten und Vertriebsgesellschaften ohne
Probleme abgeschlossen werden. Im Oktober 2007 hat Dailymotion einen Vertrag mit der
USPA geschlossen, der Organisation, die 110 französische Produzenten von audiovisuellen
Programmen vertritt. Dieser Vertrag sieht vor, dass jedem Mitglied der USPA eine
Vereinbarung über einen Anteil der Werbeeinnahmen im Zusammenhang mit der
Veröffentlichung ihrer Videos angeboten wird777.

Im November 2008 kündigte Dailymotion die Verbreitung von drei Serien in TV-Qualität an,
die speziell für das Videoportal produziert worden waren (Les Lascars, Putain de Série! und
Les Aventuriers de 8h22)778. Im März 2009 hat Dailymotion einen Rahmenvertrag mit dem
französischen Serienproduzenten Tetra Media Studios unterzeichnet779.

6.4.2.2. Verträge mit Themensendern

Dailymotion hat auch Verträge mit mehreren Themensendern geschlossen. Aufgrund dieser
Verträge kann Dailymotion Programme dieser Sender anbieten. Die Sender ihrerseits
erhalten die Möglichkeit, ihre Sendungen zeitversetzt auszustrahlen und von einer gut
besuchten Plattform zu profitieren. Es folgten Verträge mit Turner Bro