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Inhalt
1. Physikalische Grundlagen der Festkörperreibung
3.2 Wärmestromdichte q
3.3 Bremshäufigkeit z
3.4 Einschaltdauer ED
3.6 Bremsbelagfläche
3.9 Reibschichttemperatur
Ein weiterer und wichtiger Gesichtspunkt bei der Untersuchung und Beurteilung von
Reibungsvorgängen ist der Festigkeitsunterschied der aufeinander reibenden Oberflächen. Nur
wenn die Adhäsionsbindungen in einer der beiden Reibschichten weniger fest sind als die
Bindungen in tiefer liegenden Schichten, ist äußere Reibung zwischen zwei Körpern möglich.
Andernfalls treten Erscheinungen wie Fressen auf, so dass die Reibfläche zerstört und definierte
Reibung unmöglich wird.
Eine quantitative Aussage über die Rückwirkung einer sich verändernden Reibschichttemperatur
auf den Reibwert und den Verschleiß einer Reibpaarung kann nur durch Prüfstandsergebnisse
gewonnen werden.
δ Re ib Reibschichttemperatur
ED Einschaltdauer
λ, α, ρ, cv bremsscheibenwerkstoffspezifische Größen
µ Reibwert
∇∇∇ Oberflächenzustand
z Bremshäufigkeit
q Wärmestromdichte
A Bremsbelagfläche
E Brems Bremsenergie
v Gleitgeschwindigkeit
p Flächenpressung
„Umwelt“ alle aus der unmittelbaren Umgebung resultierenden äußeren Einflüsse
dT λ ⎡ ∂ ²T ∂ ²T ∂ ²T ⎤
= ⋅ ⎢ + + ⎥
dt c v ⋅ ρ ⎣ ∂x ² ∂y ² ∂z ² ⎦
unter Berücksichtigung der durch das System vorgegebenen Anfangs- und Randbedingungen
beschrieben werden. Ohne näher auf allgemeine oder numerische Lösungsverfahren dieser
Differentialgleichung eingehen zu wollen, kann man über den Temperaturgradienten dT abhängig
von den Werkstoffkonstanten ρ, cv und λ eine qualitative Aussage machen und damit die Eignung
oder Nichteignung bestimmter Werkstoffe für Bremstrommel oder Bremsscheibe erkennen.
Tafel 1: physikalische Werkstoffkennwerte verschiedener Metalle
Man erkennt, dass eine hohe Wärmeleitfähigkeit λ für das Bremsscheibenmaterial besonders
günstig ist, da die in der Reibschicht entstehende Wärme schnell in darunter liegenden Schichten
der Bremsscheibe abfließen kann. Eine schnelle und vollständige Durchwärmung der
Bremsscheibe ist dadurch gegeben. Wenn jedoch das Wärmeaufnahmevermögen cvּρ wie z. B.
bei Aluminium sehr klein ist, muss die Gesamttemperatur der Bremsscheibe stark ansteigen, um
die gesamte Bremsenergie in Form von Wärme aufnehmen zu können. Bremsscheiben aus
Aluminium, auch wenn durch Legierungszusätze oder Beschichtungen der Reibschicht die
mechanischen Vorraussetzungen für einen Bremsscheibenwirkstoff erfüllt sind, erweisen sich
somit als begrenzt tauglich, da sie kein großes Wärmeaufnahmevermögen haben. Besonders bei
Langzeitbremsungen ist das Wärmeaufnahmevermögen besonders wichtig, da während der
Bremsung 80% bis 90% der gesamten Bremsenergie von der Bremsscheibe aufgenommen
werden muss. Weniger als 20% der Bremsenergie wird noch während des Bremsens durch freie
und erzwungene Konvektion sowie durch Strahlung an die Umgebungsluft abgegeben.
Besonders gefährlich sind unter den Eisenwerkstoffen die hitze- und rostbeständigen Werkstoffe
mit extrem niedrigem Wärmeleitwert. Bei Verwendung dieser Werkstoffe als
Bremsscheibenmaterial kann die Reibungswärme nicht schnell genug aus der Reibschichtzone
abfließen, so dass trotz der hohen Wärmespeicherfähigkeit die Reibschichttemperatur stark
ansteigen wird und möglicherweise den für die Reibpaarung maximal zulässigen Temperaturwert
übersteigt. Besonders hoher Verschleiß sowie ein starker Abfall des Reibwertes sind dann die
Folge.
Als bester Bremsscheibenwerkstoff ist Grauguss oder, wenn höhere Festigkeiten erforderlich
sind, Sphärogußscheiben zu nennen. Fast alle Reibwertangaben von Bremsbelagwerkstoffen
werden mit Grauguss oder Sphärogußscheiben als Gegenwerkstoff ermittelt.
3.2 Wärmestromdichte
Ausgehend von diesen fundamentalen Erkenntnissen kann weiterhin festgestellt werden, dass
die Wärmestromdichte abhängig vom Bremsscheiben-Werkstoff begrenzt werden muss. Für eine
bestimmte Reibpaarung sollte die maximal zulässige Wärmestromdichte bekannt sein, damit eine
Überhitzung der Reibschicht vermieden wird.
Die Wärmestromdichte q errechnet sich wie folgt:
q=pּµּv
p: = Flächenpressung
µ: = Reibwert
v: = Gleitgeschwindigkeit
Bemerkung:
Nicht nur die maximalen Einzelwerte für die Flächenpressung pmax oder die Gleitgeschwindigkeit
vmax sind zu beachten, sondern auch die Wärmestromdichte q muss immer kleiner sein, als der in
Versuchen ermittelte zulässige Wert q zul.
3.3 Bremshäufigkeit
Eine weitere wichtige Einflussgröße bei der Ermittlung der Bremsscheibentemperatur ist die
Bremshäufigkeit. Je mehr Bremsungen desto höher wird die Bremsscheiben-Temperatur.
3.4 Einschaltdauer
Bild 2 auf Seite 6 stellt einen Bremszyklus dar. Da die Bremszeiten sowie die Anlaufzeiten im
Verhältnis zu den Laufzeiten mit konstanter Drehzahl und den Stillstandszeiten der
Bremsscheibe sehr klein sind, wird vereinfacht die Einschaltzeit des Antriebsmotors betrachtet.
Die über einen längeren Zeitraum gemittelte Einschaltdauer ED ist definiert als
n
1 2 3 4
Bremsperiode
Bei Schienenfahrzeugen wie auch bei Straßenfahrzeugen setzen sich immer mehr innenbelüftete
Bremsscheiben durch. Im industriellen Einsatz sind innenbelüftete Bremsscheiben oft jedoch
nachteilig. Durch geregelte Antriebe werden die Betriebsbremsungen elektrisch durchgeführt. Nur
bei Notstoppbremsungen z. B. durch Stromausfall wird mechanisch gebremst. Dabei ist es dann
wichtig, ein möglichst großes Wärmespeichervermögen zu haben. Sind bei gleicher
Bremsscheibenbreite Kühlkanäle in der Bremsscheibe, so fehlt dort das wärmespeichernde
Material. Die Wärmeabgabe während der Bremsung durch die zusätzlichen Kühlkanäle ist im
Verhältnis zur zugeführten Wärme sehr gering und während des Stillstandes der Bremsscheibe
haben die Kühlkanäle keine Wärmeabgabefunktion mehr.
Das Wärmeabgabevermögen einer innenbelüfteten Bremsscheibe ist bei konstanter Drehzahl ca.
doppelt so hoch, wie das einer gleichbreiten Massivscheibe. Dieser Vorteil ist jedoch nur bei
rotierenden Scheiben vorhanden und ist mit einer Reihe von nicht zu unterschätzenden
Nachteilen verbunden. So beulen die Kühlkanäle während hoher Bremsbelastung aus und das
Tragbild zwischen Scheibe und Bremsbelag verringert sich. Dieses führt dazu, dass nur noch
über den Kühlkanälen eine Wärmeeinleitung stattfindet. Die Verkleinerung der Tragflächenanteile
führt bei gleicher Anpresskraft zu einer Erhöhung der Flächenpressung und somit auch zu einer
oftmals unzulässigen Vergrößerung der örtlichen Wärmestromdichte. Ein Reibwertabfall durch die
örtliche Temperaturüberhöhung ist dann meistens die Folge.
Eine gleiche oder ähnliche Wirkung wie bei der Innenbelüftung ist mit einer Fremdbelüftung zu
erreichen. Bei Gleichstrommaschinen, die häufig auch im Stillstand betrieben werden, ist das
Arbeitsprinzip der Fremdbelüftung schon lange im Einsatz. Fremdbelüftete Bremsen sind als
langsam laufende Regelbremsen mit großen Bremsmomenten ausgeführt worden.
3.6 Bremsbelagfläche
Das Verschleißvolumen von Bremsbelägen steigt mit der Vergrößerung der Bremsbelagfläche,
wenn man die Dicke eines Belages als konstant ansieht. Für ein hinreichend gleichbleibendes
Bremsverhalten ist es jedoch erforderlich bestimmte Werte der Flächenpressung einzuhalten. Bei
zu niedriger Flächenpressung, bedingt durch zu niedrige Anpresskraft oder zu großer
Bremsbelagfläche, verglasen die Beläge oftmals, was mit quietschen der Beläge verbunden ist.
Eine zu hohe Flächenpressung durch zu kleine Bremsbelagflächen bzw. zu großen
Anpresskräften führt zu einer erhöhten Wärmestromdichte während des Bremsvorganges und
damit zu sehr großem Verschleiß.
Zu einer weiteren Beeinflussung des Bremsverhaltens kommt es, wenn metallischer Antrieb der
Bremsscheibe oder -trommel sich in der Bremsbelagoberfläche absetzt und sich durch
Temperatur und Druck mit einer Art Sinterprozess zu nestartigen Gebilden vergrößert. In solchen
Fällen eskaliert der Verschleiß an der Bremstrommel sehr schnell, weil nunmehr die Paarung
Reibbelag/Bremsscheibe nicht mehr alleine die Reibung bewirkt. Die in der Brems-
belagoberfläche sich eingenisteten Metallaufsinterungen führen bei der Reibung zum Fressen.
Stahl gegen Stahl in ungeschmierter Form neigt insbesondere dann, wenn die Festigkeiten der
aufeinander reibenden Werkstoffe ähnlich oder gleich sind, zu diesem allgemein bekannten
Fressen.
Eine Nachregelung der Anpresskraft wie bei Fahrzeugbremsen durch Erhöhen des Pedaldruckes
ist bei Industriebremsen meistens nicht möglich. Aus diesem Grund wird sehr oft empfohlen, die
Bremseinheit durch ein Schutzgehäuse gegen solche Einflüsse zu schützen. Dabei wird
übersehen, dass diese Schutzgehäuse die Wärmeabgabeverhältnisse der Bremsscheibe
erheblich nachteilig beeinflussen. Wenn keine zusätzliche Zwangsbelüftung installiert wird, muss
mit deutlicher niedrigerer thermischer Belastbarkeit gerechnet werden, wenn die Bremse nicht
versagen soll.
Beharrungstemperaturen von mehr als 200°C führen zu hohem Verschleiß der Bremsbeläge.
Sintermetallreibwerkstoffe dagegen vertragen wesentlich höhere Reibschichttemperaturen bis hin
zu rotglühenden Bremsscheiben. Der Verschleiß auch an der Bremsscheibe ist dann
entsprechend.
Das Messen der Temperatur in der Reibschicht ist auch heute noch sehr problematisch, da durch
den Reibungsvorgang selbst eine berührende Temperaturmessung durch Thermoelemente oder
ähnliches ausgeschlossen ist. Messungen in der Bremsbacke sind ebenfalls nur begrenzt
reproduzierbar, da die Bremsbeläge meistens sehr schlechte Wärmeleiter sind. Der Messpunkt
eines Thermoelementes selbst kann nicht in die Reibschicht gelegt werden, da dann erstens das
Messelement selbst gegen die Scheibe reibt und so die Reibpaarung eine gänzlich andere ist.
In einem einfachen Versuch kann man leicht die Unsinnigkeit solcher Messungen nachweisen
und belegen. Man nehme ein Thermoelement mit außenliegendem Messpunkt. Wenn man nun
mit der Messspitze über eine kalte ebene Stahlplatte reibt, wird durch diesen Reibungsvorgang
eine Temperatur gemessen. Die Stahlplatte jedoch ist kalt. Auf den Messpunkt am
Thermoelement bezogen ist eine Temperaturerhöhung vorhanden gewesen. Mit der
Reibschichttemperatur hat dieses Messergebnis absolut nichts zu tun. Man wird sich wohl auch in
Zukunft damit begnügen müssen indirekte Messungen durchzuführen, um die Einflüsse auf einen
Bremsvorgang kontrollieren und bei Gefahr des Versagens der Bremse eingreifen zu können.
Die wichtigste Größe bei einer Bremse ist das Bremsmoment. Da der Reibwert meistens nicht
konstant ist, reicht es nicht aus, nur die Anpresskräfte zu messen, um dann das Bremsmoment
berechnen zu können. Eine exakte Bremsmomentenmessung ist oft wegen des zu führenden
hohen technischen Aufwandes nur an Prüfständen möglich
Zwei Verfahren, bei denen nicht an der Bremswelle mittels DMS eine Momentenmessung
durchgeführt wird, haben sich als hinreichend brauchbar erwiesen.
Um die Bremswelle herum ist eine Wippe angeordnet, auf der der Fuß der Bremse befestigt ist. In
der Drehmomentenstütze unter der Wippe kann man durch Kraftmessung exakt das gesamte
Bremsmoment messen.
Etwas einfacher ist die zweite Lösung über ein Viergelenk zu messen. Dabei ist das parallel zur
Basis montierte obere Koppelglied mit der Bremsenaufstandsfläche montiert. Die beiden
Stützarme zwischen Basis und Koppelglied sind so angeordnet, dass sich ihre
Achsverlängerungen in der Mitte der Bremswelle schneiden. Unterhalb des Koppelgliedes stützt
eine geeignete Führung auftretende Verlagerungskräfte ab. Die nun infolge des Bremsmomentes
auf das Koppelglied wirkenden Kräfte kann man mit einer Messvorrichtung an der Abstützung
ähnlich wie bei der Wippe erfassen.
Das Messen der Reibschichttemperatur ist, wie schon gesagt, höchst problematisch. Eine
hinreichend reproduzierbar zu erfassende Referenztemperatur würde jedoch für die thermische
Kontrolle einer Bremse vollständig ausreichen. Es empfiehlt sich, einen Temperaturmessfühler in
die Bremsbacke zu integrieren, mit dem das mittlere Temperaturniveau der Bremsscheibe
abgetastet werden kann.
Wenn nun die Drehzahl der Bremstrommel durch z.B. berührungslose Impulsgeber bestimmt
wird, sind die Betriebsverhältnisse der Bremseinheit umfassend genug bestimmt. Eine
Erweiterung dieser Kontrollmaßnahmen bis hin zu Bremsenregelungen ist dann jederzeit möglich.