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sterreichische Nationalbibliothek
146564 - B
ABRSS DER GESCHICHTE
VON
V ON
K. K. HAUPTMANN DU NORD.
WIEN 1876.
VERLAG DES MILITÄR-WISSENSCHAFTLICHEN VEREINES.
4
Bosnien und die Herzegowina als Theile des alten Illyrien.
aber mehr oder minder vereint, schon früh in griechische Händel ein
griffen. So unterstützten sie im ersten Jahre der 86. Olympiade, 436 v. Ch.,
die Kerkyräer in dem Kampfe gegen Korinth und Epidamnus, rings um
welch' letzteres Taulantier, illyrische Barbaren sassen. Mit Macedonien
lagen die illyrischen Völkerschaften in steter Fehde, und, nachdem sie
sich unter einem Könige vereinigt hatten, wurden sie bald gefährliche
Feinde dieses Reiches. Von Bardyllis – der erste ihrer Könige, von
dem wir sichere Kunde haben – geführt, schlagen sie Perdikkas
(älterer Bruder und unmittelbarer Vorgänger Philipps II) entscheidend
und halten einen grossen Theil Macedoniens besetzt.
Zur Zeit seiner Blüthe umfasste das illurische Königreich
Illyricum oder Illyrica, den grössten Theil der Ostküste des adriati
seien Meeres, das heutige Istrien und Croatien, ganz Bosnien, die
Herzegovina, Albanien und den westlichen Theil von Macedonien
bis Epirus, immer aber war Bosnien mit der Herzegowina und dem
östlich vorliegenden Küstenstriche der Kern dieses Reiches. Erst
Philipp II. von Macedonien, welcher als Kind von seinem Vater,
König Amyntas, den Illyriern für einige Zeit als Geisel hatte ge
geben werden müssen, vertrieb sie nach hartnäckigem Kampfe aus
Macedonien und dehnte, nachdem er sich die uneinigen thracischen
Fürsten unterworfen hatte, sein Reich auch weit in das alte Illyrien
aus. Der Fluss Drilon *) bildete sodann die Grenze zwischen Illyrica
Graeca und Illyrica Barbara. Das Erstere, also Albanien mit inbe
griffen, ward macedonische Provinz.
Durch Polybius wissen wir, dass Alexander der Grosse 335 aus
Illyrien, wo er den König Klitus, Sohn Bardyllis, niedergeworfen hatte,
in Eilmärschen gegen Theben rückte. Alexander wusste die kampf
gewandten Völkerschaften Illyriens und insbesondere Triballer aus dem
heutigen Bosnien als Soldtruppen in seinem Heere aufs Beste zu
verwerthen, indem er sie als leichtes, doch in der Linie kämpfendes
Fussvolk und zum Theil als Bogenschützen verwendete. (Diodor)
Auch nach Alexander's Tode sehen wir Illyrier am lamischen Kriege
theilnehmen und später mit Antigonus gegen Kassander kämpfen.
So voll der Verachtung die griechischen Schriftsteller für die
barbarischen Könige der raublustigen Illyrier auch sein mochten, sie
konnten uns doch einen schönen Zug des Königs Glaucias nicht ver
*) Heute Drin, welcher aus dem Zusammenflusse des weissen und schwarzen
Drin 5 Meilen südwestlich Prizren entsteht und südlich von Alessio in die
Adria mündet, nicht aber die heutige Drina, wie dies mehrere Historiker irrthüm
lich annehmen.
Abriss der Geschichte von Bosnien und der Herzegovina. Z
tisches Ziel und als einzigen Zweck den Raub, denn, sagt Polybius,
die Illyrier bewiesen sich nicht als Feinde eines oder des anderen
Staates, sondern als Feinde sämmtlicher Staaten. Solchem Treiben
gegenüber konnte das immer mächtiger werdende Rom nicht lange
thatenlos bleiben, umsomehr, als auch die griechischen Pflanzstädte an
der Ost- und Westküste, welche seit langer Zeit römische Bundes
genossen waren, durch die Illyrier arg geschädigt wurden und wieder
holt um Hilfe gebeten hatten. Die Römer ordneten zwei Gesandte an
Königin Teuta nach Skodra ab, um Klage zu führen, eigentlich aber,
um den Stand der illyrischen Angelegenheiten und Hilfsmittel auszu
forschen; der eine dieser Gesandten gab seinem römischen Bewusst
sein in einem Wortwechsel mit der Königin, welche er in vollen Zu
rüstungen zu neuen Unternehmungen getroffen hatte, allzu kräftigen
Ausdruck und das verletzte Weib rächte sich, indem sie ihn auf seiner
Heimreise ermorden liess ). Mit gewohnter Energie schritten die Römer
nun zur Züchtigung des Raubstaates. Consul Fulvius führte die Flotte,
sein Genosse im Consulat, Posthumius, das Landheer. Ihr Erfolg war
ein unerwartet rascher, denn Demetrios von der griechischen Colonie
auf der Insel Pharos, bislang der Königin vertrautester Rathgeber,
verrieth sie an den mächtigen Feind, ebnete demselben die Wege und
besetzte selbst einen Theil des Landes. 229 v. Ch. Teuta war genö
thigt, sich den Frieden gegen die Annahme der härtesten Bedingungen
zu erkaufen. Nicht nur behielt Demetrios, welchen Rom zum Bundes
genossen annahm, zum Lohn für seinen Verrath einen beträchtlichen
Theil der Küste und des Hinterlandes, die Illyrier mussten alle grie
chischen Städte, die Partiner in Epidamnos, die Ardyaeer an der Küste,
die Atintanen im nördlichen Epiros aus ihrer Botmässigkeit freigeben,
sich verpflichten, einen jährlichen Tribut an Rom zu bezahlen, nie mehr
mit bewaffneten Fahrzeugen und nicht mit mehr als zwei unbewaffneten
Schiffen zusammen über Lissus (Alessio) hinaus in See zu gehen.
Einige Inseln aber behielten die Römer von nun an dauernd besetzt.
Sobald jedoch die nun in zwei Staaten getheilten Illyrier die
-
4
-,
Abriss der Geschichte von Bosnien und der Herzegovina. 5
dass er eine Sendung von 300 Talenten, welche bereits auf dem Wege
zu König Genthios war, wieder zurückbeorderte, als er erfuhr, Gen
thios habe bereits zum zweiten Male die Action gegen die Römer
begonnen. So ward denn Genthios in den Fall des Perseus mitgerissen,
und Livius konnte ihm spottend nachrufen, dass er für den Klopffech
terlohn von nur 10 Talenten, welche allein er von Perseus wirklich
erhalten hatte, sich und sein Reich dem Untergange weihte. 168 v. Ch.,
als die Römer, ihrer Misserfolge im Osten müde, ein gewaltiges Heer
unter Paullus Aemilius gegen Macedonien aufboten, sandte dieser
zwei Legionen unter Anicius gegen Illyrien, welche in einem kurzen
Feldzuge von nur 30 Tagen dieses Land eroberten. Genthios ward
gefangen nach Rom geschickt *).
Anicius und fünf demselben vom Senate nachgesendete Com
missäre verwalteten durch einige Zeit Illyrien, das in drei, von den
Römern sogenannte Freistaaten getheilt ward, welche die Hälfte der
früheren Grundsteuer nun an Rom zu zahlen hatten. Doch nur der
westliche Theil war mit der Küste den Römern unterthan; in dem
Reste des heutigen Bosnien, mit dem festen Segestica (Siscia) an dem
Einfluss der Kulpa in die Save als Hauptwaffenplatz, blieben die
tapferen und grausamen Skordisker noch lange Zeit ungebrochen,
ebenso wie der Staat der Dalmater, welcher schon ein Jahrzehnt nach
der Niederwerfung des Genthios die Römer neuerdings zu Expeditionen
mit grösserer Heeresmacht nöthigte. Dieser letztere Freistaat hatte
sich zu Beginn der Regierung des letzten illyrischen Königs als eine
Art Eidgenossenschaft in den Bergen der heutigen Herzegowina, Mon
tenegros und des südwestlichen Bosnien gebildet und von seiner
Hauptstadt Dalminium *) oder Delminium (auf der Hochebene von Duvno
*) Livius, lit. XLIV.
*) Delminium muss erst in der moslemitischen Sturmfluth so vollständig
untergegangen sein, dass wir heute nur mühevoll seine Spur suchen können; denn
noch in einer Urkunde ohne Datum, allein wie Gfrörer zweifellos darlegt, um das
Jahr 928, über eine Synodal-Berathung, zu welcher der päpstliche Gesandte,
Bischof Madalbert, den Erzbischof Johann von Salona, Bischof Gregorius von Nona,
Bischof Forminus, sowie den Fürsten der Croaten sammt dessen Zupanen einlud,
wird Delminium als eines volksreichen Ortes gedacht.
„Sintemal Nona in alter Zeit gar kein besonderes Bisthum war, sondern
als Theil des Sprengels Zara von einem Archipresbyter verwaltet wurde, so mag
der jetzige Bischof von Nona, Gregor, die Wahl haben zwischen drei alten Bis
thümern, die heute noch durch ihre Volksmenge würdig sind, den bischöflichen
Rang zu behaupten, nämlich zwischen Sissek, Skardona und Delminium.“
(Die Urkunde bei Farlati III. Sacr)
-
Neue Verheerungen erlitt das Land mit ganz Illyrien durch den
Rachezug der Quaden und Sarmaten unter der Regierung Valentinian's,
während die illyrischen Legionen sich mit Theodosius in Afrika auf
hielten. Unter Valens und Gratian blieb Bosnien und Illyrien sieben
Jahre lang den Gothen preisgegeben. 392, nach der Ermordung Va
lentinian's, nahm Arbogast für den Usurpator Eugenius mit Italien
auch Illyrien in Besitz; zwei Jahre später fiel auch Bosnien wieder
an Theodosius, nachdem dieser den Eugenius bei Aquileja gefangen
nahm und enthaupten liess, während Arbogast sich selbst tödtete.
395, bei der Theilung des römischen Reiches zwischen Honorius und
Arcadius, macht die Drina die Grenze zwischen dem Ost- und West
reiche, sonach verbleibt das heutige Bosnien bei dem Abendlande; im
selben Jahre noch wird es von den Gothen des Alarich verheert.
In dem Vertrage von Thessalonich, 424, tritt Placidia Illyrien an
das oströmische Reich unter Theodosius II. ab; Theodosius gibt mit
dem übrigen Illyrien auch Bosnien, 434, in dem für das byzantinische
Reich so beschämenden Frieden von Margus (Mösien) an die Hunnen
unter Attila preis, nach welchen es noch Longobarden, Heruler und
slawische Völkerschaften durchziehen und vollständig zu Grunde richten.
476, als das Westreich zerfällt, kömmt Bosnien unter die Herr
schaft der oströmischen Kaiser, wird später von Theodorich und seinen
Gothen erobert und bildet den östlichsten Theil des Ländergebietes
der Ostgothen, welches nach Sonnenaufgang an die Provinzen Prevalis
mit der Hauptstadt Skodra und das westliche Mösien mit Singidunum
grenzte ). Belisar und Narses sammelten ihre Heere gegen Theodorich
in Illyrien, und selbst in Dalmatien gab es blutige Kampf-Episoden
mit den Ostgothen. Nach dem Untergange des ostgothischen Reiches
stellte Kaiser Justinian in den wieder eroberten Provinzen die alt
römische Provincial-Verfassung her, und setzte einen Praetor und
einen Metropoliten über die illyrischen Provinzen, welche in der von
ihm erbauten Hauptstadt Illyriens, Justinianaka (des Kaisers Geburts
ort Achrida, jetzt wahrscheinlich Giustandil bei Nissa) ihren Sitz
hatten. Nach Justinian's Tode ward Bosnien durch die Avaren, welche
nach dem Byzantiner Menander schon 568 von Sirmium aus, das sie
unter dem Chagan Baian belagerten, einen ersten Streifzug mit
10.000 Mann nach Dalmatien unternahmen, verwüstet und als sich
auch diese Völkerfluth verlief, wieder durch Beamte der griechischen
Kaiser verwaltet.
*) Hierocles.
Abriss der Geschichte von Bosnien und der Herzegovina. 11
*) Annales.
*) Eine später zerstörte croatische Pfalz, die zwischen Spalatro und Trau lag.
Gfrörer.
*) Quae Metropolis usque ad ripam Danubii et paene per totum regnum
Croatiae est. Farlati. Illyr. Sacr.
*) Nach Ernst Dümmler, Sitzungsbericht der Wiener Akademie, phil.
Cl. XX. 393 auf der Insel Cherso. -
16 Du N or d.
Salona bis zur Donau; hienach muss auch ein grosser Theil des
heutigen Bosnien, ja, wie Gfrörer nachzuweisen bestrebt ist, diese
ganze Provinz zu dem Gebiete des Croaten-Fürsten gehört haben.
Tirpimir legt sich den fränkischen Titel Herzog bei, stand also unter
Oberhoheit der Carolinger. -
Schon zur Zeit des Kaisers Flavius Michael hatten sich die
Slaven, welche im südlichen Dalmatien und in den Waldgebirgen
des heutigen Bosnien sassen, unabhängig gemacht. Sie verjagten die ihnen
gesendeten christlichen Priester und wendeten sich neuerdings dem
Götzendienste zu, huldigten aber 50 Jahre später dem Kaiser Basilios,
welcher die zunächst der Küste wohnenden Serbier sämmtlich taufen
liess*).
Im Innern des Landes aber herrschten die alten Götter und
vollste Unbotmässigkeit noch manches Jahr. -
*) Gerade für die Zeit, in welcher Bosnien, Croatien, Dalmatien und Ser
bien sich mehr oder minder selbständig zu entwickeln beginnen, versiegen die
Quellen fast gänzlich, und die wenigen Chronisten, welche von diesen Ländern
sprechen, sind so unklar, verwirren Zeit, Länderbereiche, Namen von Personen
und Volksstämmen in so unerklärlicher Weise, dass selbst scharf kritische Geister,
wie z. B. Gfrörer, sich in dem Labyrinthe nicht zurechtfinden. Nur ein Beispiel,
um zu zeigen, wie sehr man sich hüten müsse, den Chronisten ohne äusserste
Behutsamkeit zu folgen: Sowohl Andreas Dandolo, als der anonyme Priester von
Dioclea geben ganz positiv den mährischen grossen Swatopluk als den Be
herrscher der Croaten und Serben in der Zeit ihrer Bekehrung zum Christen
thume an, während es unzweifelhaft feststeht, dass das mährische Reich mit dem
südslawischen Gebiete südlich der Drave und Save nichts gemein hatte als die
Stamm- und Sprachverwandtschaft der Völker und die gleichzeitige Einführung der
christlichen Glaubenslehre.
*) Farlati Illyr. saer, T. III., p. 56. - -
Abriss der Geschichte von Bosnien und der Herzegovina. H7
demselben mit einer von ihnen gestellten Flotte halfen, Bari, das von
den Sarazenen (die übrigens unter ihren Führern Soldan, Saba und
Kalph auch die Ostküste des adriatischen Meeres schwer geschädigt
hatten) besetzt war, zu erobern. Während der Abwesenheit der
slawischen Schiffe landete der griechische Patrizius Niceta in Dalma
tien, fiel unter dem Vorwande, päpstliche Gesandte, die im Früh
jahr 871 aus Constantinopel heimkehrend, von den Narentanern
gefangen genommen worden waren, zu befreien, wie Ludwig II. schreibt,
„über die zu Hause gelassenen Angehörigen seiner getreuen Sclavinen
her, brach ihre Burgen, nahm unzählige gefangen, tödtete Menschen
Und Vieh.“
Von diesem Zeitpuncte an, behielt Kaiser Basilios, der Macedone,
die Oberhand und entscheidenden Einfluss in den Bezirken der Süd
Slaven, denn von der carolingischen Lehensherrlichkeit ist nicht mehr
die Rede und des heiligen Stuhles zu Rom Gewalt über die Geister
wurde bald durch das Wirken des griechischen Patriarchen Photius
gelähmt, welchem es gelang, die Slaven durch die nationalsprachlichen
Kirchenbücher, die er ihnen gab, an die griechische Kirche und
mittelbar an das oströmische Reich zu fesseln. Selbst die romanisirten
Städte an der Küste gingen zur byzantinischen Kirche über und nur
schwer eroberte die römische eclesia militans später einen Theil des
verlornen Terrains wieder.
Das Land östlich der Drina ward das Banat Razza; während
die Küstengegend von Istrien bis Delminium Weiss-Croatien, von
dieser Stadt aber bis Durazzo Roth-Croatien genannt wurde.
Dieser für Bosniens Geschichte hochwichtige Moment, dessen
Aufzeichnung wir dem griechischen Kaiser Constantin Porphyrogeneta
verdanken, ist der Grundstein für die neuere uns zugängliche Kunde
des Landes und Volkes, welche nun mit Namen und Gestaltung selb
ständig vor unsere Anschauung treten.
Trotzdem bleibt es bei der heillosen Verwirrung, welche in den
Büchern der Historiker aus jener Zeit in Bezug auf die südslawischen
Länder herrscht, unmöglich, einzelne Begebenheiten und selbst Per
sonen mit historischer Bestimmtheit chronologisch zu ordnen und
festzustellen, umsomehr als die unerlässliche Hilfswissenschaft der
Geschichte, die Geographie, für die meisten der damaligen Chronisten
das Buch mit den sieben Siegeln gewesen zu sein scheint; denn so
wie es Keinem gelang, die Grenzen dieser Länder auch nur annähernd
zu bestimmen, so lässt sich auch die Tragweite gewisser Begeben
heiten in den verschiedenen Bruderländern auf die Nebenstaaten selten
genau ermessen. Ebenso unsicher sind die Historiker in den Namen
der Häupter der Serben, Croaten und Bosnier, was wohl auch darin
mit seinen Grund haben mag, dass viele Herrscher ihrem Namen die
Bezeichnung „Stephan“ beifügten; und so finden wir denn mehrere
Könige oder Bane in einen Einzigen zusammengefasst, während sich
manche Lücken schlechterdings nicht ausfüllen lassen. Endlich ist
auch die Chronologie selbst in der grössten Unordnung, so dass die
sonst glaubwürdigsten Schriftsteller oft um mehrere Jahrzehnte variiren.
Es lassen sich sogar für die wichtigen Momente, in welchen
Bosnien aus serbischer Botmässigkeit in croatische und später unga
rische kam, politische und Zeitverhältnisse nur höchst unvollkommen
feststellen, daher ist es auch uns geboten, nur den unzweifelhaft fest
stehend scheinenden Thatsachen Rechnung zu tragen.
Die durch Budimir eingesetzten Bane strebten, nachdem sie Macht
und Ansehen gewannen, sehr bald darnach sich unabhängig zu machen,
und den croatischen Banen sollte dieszuerst gelingen; nachdem dann
das serbische Reich, vorerst in zwei, dann drei von einander mehr
oder minder unabhängige Königreiche zerfallen war, wechselte die
oberste Gewalt über die Bruderstämme nach Glück oder Thatkraft
der verschiedenen Herrscher von Croatien, Bosnien und Serbien, bis
Ungarn die Präponderanz in diesen Reichen an sich riss und endlich
die beiden ersteren zu Vasallen-Staaten machte.
Abriss der Geschichte von Bosnien und der Herzegovina. 19
*) Jaffé Regest.
*) Schwandtner und Farlati.
2*
20 . . . D u Nord.
Im Jahre 969 trat er die Regierung an, gab neue Gesetze und
es scheint, dass er keine Bane in die Provinzen delegirte. Die Ueber
lieferung nennt ihn fromm und gerecht; dass er dankbar war, beweist
seine Schenkung der Inseln Giupana, Mezzo und Kalamata an die
Ragusäer"), unter derem Schutze er bei Verwandten seiner Mutter
erzogen ward.
Sein Sohn Tugomir folgte ihm 985 in der Herrschaft über sämmt
liche südslawischen Länder, mit Ausnahme Croatiens, wo neben, doch
nicht über Tugomir, König Dircislav in kirchlichen Stiftungs
urkunden von den Jahren 994 und 1000 erscheint. Nach dem Chro
nisten von Salona, Archidiacon Thomas, war Dircislav schon 970 zur
Herrschaft gelangt. -- -
Der Verlust der Herrschaft über die Küste war ein harter Schlag
und Kresimir II. versuchte es, die romanisirten Städte wieder unter den
croatischen Scepter zu beugen, doch diese riefen die Venetianer zu
Hilfe, und Doge Otto Orseolo vertrieb die Croaten aus den von
ihnen besetzten Küstenplätzen und „bekräftigte“, wie Dandolo sagt,
„die romanischen Orte in der Treue gegen das Seeland“. Arbe,
Veglia und Ossero erklärten durch ihre Bischöfe, aus Dankbarkeit
für den Schutz Venedigs (welches selbst noch 20 Jahre vorher einen
Raubzoll an die slavischen Fürsten zahlte), diesem freiwillig auf
ewige Zeiten einen Tribut entrichten zu wollen.
So erbleicht der Stern der croatischen Könige immer mehr,
während jener der Serben an Glanz gewinnt. Auch Bosnien wird nun
von Serbien abhängig, bis es in nicht zu ferner Zeit seinerseits selbst
ständig, kräftig und leitend inmitten der südslawischen Bruderstaaten
steht. - - -
Grossen war, führte den Titel eines Königs von Rama *), nachdem
er 1 138 die Gegend zwischen der Cettina und Narenta erobert hatte;
– seinem Sohne Ladislaus verlieh er den Titel eines Herzogs von
Bosna. In Bosnien aber regierte zu dieser Zeit factisch (doch in
welcher Ausdehnung ?) Ban Borich (Borizza, Borizes), ein unehelicher
Sohn König Koloman's von Ungarn.
Im Kriege Geyza II. mit Kaiser Manuel 1141 schloss er sich
mit den Gross-Zupanen von Serbien und Raszien*), Stephan Nemanja I.
(Nebman) und Rodoslav III., an Ungarn und leistete dem Könige
wichtige Dienste, indem er das dalmatinische Belgrad den Griechen
abnahm, wie er auch Stephan dem III. treu anhing.
Als 1167 der griechische Feldherr Theodor Padiat den Ungarn
sämmtliche südslawischen Provinzen abnahm, wusste Ban Borich sich
in der Gewalt zu erhalten, obwohl er in einem Kriege mit den Ra
gusäern 1162 geschlagen und zu einem nachtheiligen Frieden ge
zwungen worden war*).
Nach dem Tode des Kaiser Manuel, 1180, fielen die von Stephan
abgetretenen slawischen Provinzen sammt dem Banate Bosnien wieder
an die Krone Ungarn und Béla III. bestätigte Borich's Sohn
Kulin in der Würde des Bans; Kulin nannte sich denn auch den
Lehensträger der Krone von Ungarn „fiduciarius regni hungariae“.
Dieser kluge Fürst, welcher noch heute im Volksmunde lebt, brachte
sein Land zur Blüthe; er gab Gesetze, hob den Ackerbau und den Handel
und machte sich bei den Nachbarstaaten geachtet und gefürchtet. –
Zu Anfang seiner Regierung das serbische Haus der Nemanja be
kämpfend, nahm er später eine Schwester Nemanja des III. zur Frau,
wendete im Vereine mit diesem seine Waffen gegen die Republik
Ragusa, schloss jedoch bald Frieden und gewährte den betriebsamen
Ragusäern volle Handelsfreiheit in seinem Lande; er lernte Manches
von den Fremden, die in Folge dessen Bosnien betraten, und liess
durch diese auch die ersten Bergwerke im Lande, in welchen nach
*) Palm, Abhandlung von den Titeln und Wappen der K. K. Maria The
resia. – Spicileg observat., p. 29. – Farlatus aug. Ort. Tom. III., p. 173,
Kercselics, p. 157.
*) Das heutige Paschalik von Novibazar, welches damals gleich dem
Lande Humska (Zahumska, das Land jenseits des Berges, von den Geschichtschrei
bern aber häufiger die Landschaft Chelm auch Chulm genannt), ein serbisches
Lehen war. Um diese Zeit verwalteten zwei Brüder des Stephan Nemanja,
Miroslav und Constantin, mit dem Titel von Zupanen diese Landschaft.
*) Gebhardi, Gesch. B. u. R., p. 382.
Abriss der Geschichte von Bosnien und der Herzegovina. 29
König Béla's von Ungarn Sohn, Stephan, gab 1271 Bosnien seinem
Schwestersohne Béla und als dieser starb seiner Mutter Elisabeth als
Witwengut, unter deren Oberherrschaft Ban Stephan, Sohn Kotro
man's, regierte.
Die Glaubensstreitigkeiten dauerten fort und gaben dem katho
lischen Könige von Serbien, Stephan, Gelegenheit, sich in bosnische
Lande einzudrängen, auf dessen Bitte auch Papst Nicolaus IV. und
Bonifacius VIII. viele Minoriten in die südslawischen Länder entsen
deten, welche später, 1327, auch die bosnische Ordens-Vicarei er
richteten.
Um diese Zeit erhob sich ein Grosser des Landes, Nicolaus
Subich Graf von Birbir, entriss den Serben das von denselben besetzte
südbosnische Land und sein Bruder Paul, dalmatisch croatischer Ban,
Abriss der Geschichte von Bosnien und der Herzegovina. 3I
wählen und gelobte dem König Sigmund eidlich die Treue ). Als dies
bekannt wurde, lehnten sich die zu Bosnien gehörigen dalmatinischen
und croatischen Ländereien auf und wählten einen Rathsherrn der
Stadt Zara, Vuk Vulkich, zum Oberhaupte.
Aber Königs Sigmund's flüchtiger Feldherr Gara schlug dieselben,
nahm ihnen die Feste Knin ab und setzte den bosnischen Wojwoden
wieder ein, worauf auch Spalatro huldigte.
Türkische Horden des Sultan Bajazet warf Dabisia an den
Grenzen mit Hilfe der ihm von Sigmund unter Gojko Marnavicz
gesendeten Kriegsvölker aus dem Lande; Gojko erhielt dafür Wojnicza
und Godalsko bei Porušina als erbliches Lehen. Auch nach der
beispiellosen Niederlage Sigmund's, bei Nikopolis 1396, gelang es
Dabisia wieder, den türkischen Schaaren den Uebergang über
die Drina auf bosnisches Gebiet zu verwehren. Das Jahr 1396 oder
das nächste ist auch sein Todesjahr. Er hatte im Einverständniss
mit seiner Gemahlin seine Länder der Krone Ungarn als Erbe
urkundlich verschrieben, doch die beiden Gegenkönige Ladislaus
und Sigismund konnten nichts thun um diesen Vertrag zu realisiren,
und die Thronstreitigkeiten begannen aufs Neue. Tvartko Sura, der
Sohn König Tvartko's, ward vom Volke erwählt, während sein Gegner,
ein bosnischer Edelmann aus dem Geschlechte Jablonovich - Ostoja
Kristich, einen grossen Theil des Adels und besonders des südlichen
Bosnien durch die Vorspiegelung, Tvartko sei kein Sprosse der
Kotromane, sondern bei der Geburt unterschoben, auf seine Seite
brachte. Tvartko begab sich unter türkische Schutzhoheit, Ostoja
unter jene des ungarischen Gegenkönigs Ladislaus von Neapel.
Indessen war Sigismund von seiner böhmischen Reise zurück
gekehrt und brach rasch nach Bosnien auf; er eroberte den nörd
lichen Theil des Landes und verordnete ihm einen Ban in Hervoja
Horvatich, einem mächtigen croatischen Edlen aus dem Geschlechte
Horváth, welcher auch in Bosnien grosse Güter besass. Dies machte
das Maass der Spaltungen voll und Bosnien steht nun unter drei sich
feindlich gegenüberstehenden Fürsten; das dalmatische Bosnien und
die Herzegovina besass Ostoja, der nördliche Theil, von Croatien bis
an die Bobra, gehorchte dem Hervoja, während sich in dem Reste
Tvartko behauptete. – Hervoja, seiner Verpflichtungen gegen Sigismund
uneingedenk, und nur seinem Ehrgeiz und Eigennutze gehorchend, er
kannte Ostoja und daher mittelbar Ladislaus von Neapel als seinen
Art. II. Die der Kirche geschenkten Güter sollen ihr niemals
abgenommen werden. -
Art. VII. Die Verräther des Vaterlandes und ihrer Herren sollen
gestraft werden gleich den Hochverräthern, desgleichen die Falsch
münzer und Jene, welche Münzen schlagen.
Aus diesem Anlasse wollen Wir, dass die vorstehenden mit dem
Einverständnisse unserer Prälaten, Wojwoden und Edlen dieses König
reiches, gleichwie unseres Rathes festgesetzten Verordnungen, durch
die Beisetzung Unseres königlichen Siegels legalisirt und sanctionirt
werden. Gegeben zu Konjica unter der Obsorge des hochwürdigen
Vaters in Jesu Christo des Herrn Vladimir Vladimirovié, Bischofs
von Kreševo, Unseres lieben und getreuen königlichen Secretärs für
Narentaner Kirchen des griechischen Ritus, Dr. der griechischen
Literatur, der Rechte und Jurisprudenz, am Tage des Festes des
heiligen Johannes des Täufers, im Jahre unseres Herrn 1446 und im
dritten Unserer Regierung. – Gegenwärtig die Verehrungswürdigen
in Jesu Christo, Unserm Herrn – Thomas Bischof von Lesina, Legat
des heiligen apostolischen Stuhles, und Theophane von Dioclea oder
Ipek, Patriarch des griechischen Ritus Unseres Königreiches Rascien,
Maxime, griechischer Metropolit von Serbien, Johann, Metropolit von
Marna; die verehrungswürdigen Patres in Jesu Christo des Minoriten
Ordens Sanct Francisci, Eugen Summo, Nuntius und apostolischer
Commissär in Unserem Königreich Rascien, Michael von Zara, General
Inquisitor und Vicar von Bosnien; – gegenwärtig desgleichen:
der grossmächtige Stephan Herzog von Sanct Sava mit seinen
40 - Du N or d.
Rascien als neues Lehen und die Zusicherung baldiger Hilfe gegen
Sultan Mehmed II. Dieser, wahrscheinlich im Bestreben seine Feinde
genau kennen zu lernen, soll sich unbegreiflicher Weise selbst in die
Hände König Thomas' gegeben haben. Verkleidet soll er nach
Bosnien gekommen und hier erkannt und festgenommen worden sein,
doch nur – um von Thomas, welcher der Türken Rache fürchtete,
mit aller Unterwürfigkeit eines Zinspflichtigen behandelt und zu seinem
Heere zurückgeleitet zu werden“). Hierüber zog dieser sich allseitige
Missbilligung zu, doch sein Sohn Stiepan Thomasevich, welcher nach
der Herrschaft strebte, war sein lautester Ankläger und als der König
in einer Grenzstreitigkeit mit dem Bane von Croatien Pribila vor
dem Schlosse Bieloj (Bilaj) lagerte, tödteten ihn sein Halbbruder
Radivoj und sein eigener Sohn. Die wahre Todesursache des Königs
verheimlichend, bestatteten die Ruchlosen seine Leiche mit grossem Pompe
und gaben sich den Anschein grösster Betrübniss; als jedoch die Wahrheit
bekannt wurde, versuchte die Königin Witwe Katharina sich auf dem
Thron zu behaupten, sah sich aber bald gezwungen das Land zu verlassen
und starb als Nonne zu Rom, wo ihr in Ara coeli ein Denkmal errichtet
ist. Der Vatermörder gab sich, wahrscheinlich um nicht jede Stütze zu
verlieren, den Schein des Frömmlers und eifrigen Katholiken, indem
er seine Regierung mit einer grausamen Verfolgung der Bogomilen
begann, deren 40.000 in das Land seines Lehensmannes, des Herzogs
von Sanct Sava, welcher selbst Bogomile war, gingen; Thomasevich
begriff Wohl, dass bei der stets wachsenden Macht des Islams und der
Eifersucht seiner natürlichen Bundesgenossen, nur die Autorität des
päpstlichen Stuhles ihm Schutz in dem von Osten zu erwartenden
Sturme bieten könnte. Zugleich that er im Lande selbst was er ver
mochte sich zum Kriege vorzubereiten und zu Beginn nahm Alles
guten Fortschritt. Der Statthalter Christi lud ihn zu einem Concil nach
Mantua ein, um allda das Nothwendige zur Abwehr des Halbmondes
zu stipuliren. Die Gesandten, welche ihn dort repräsentirten, erwirkten
Geldsendungen und Versprechungen an Truppen. Während der König
die Grossen des Reiches mit ihren Bannern auf dem Amselfelde
versammelte *), allwó er sie schwören liess, Gut und Leben zur Ver
sehnten sich darnach die Herrschaft des Königs, welcher von Ofen
und Rom aus gelenkt Ward, abzuwerfen.
Noch drei Jahre sollte sich Bosnien unter seinem unmännlichen
König hinschleppen, nachdem derselbe sich demüthigst bei Mathias
zu entschuldigen versucht und mit Mühe seinen Frieden mit ihm
gemacht hatte. Neuerdings wurden Botschafter mit einem beredten
Schreiben an den apostolischen Stuhl gesendet, durch welche der
König die Anerbietung machte, sich gänzlich unter päpstliche Ober
hoheit zu stellen. Natürlich wahrte Mathias, als er diesen neuen
Verrath erfuhr, sein Recht, that dies dem Papste, welcher zur An
nahme geneigt schien, kund, und im Vatikan wollte man sich's mit
diesem gefürchteten Gegner Kaiser Friedrichs nicht verderben, daher
Thomasevich nichts Anderes erzielte, als Aufhebung des vom Bischof
von Phara wegen der schmachvollen Uebergabe Senderovs gegen ihn
geschleuderten Bannes und neue Verheissungen und Vertröstungen.
Als nun aber der Bezwinger Constantinopels im Jahre 1463 zur
ernstlichen Eroberung Bosniens mit Aufbietung von 150.000 Mann
erschien, stand der König allein und lieferte nebstbei in seiner Feig
heit den Türken einen mächtigen Bundesgenossen. Bei des Feindes
Annäherung aus der starken Feste Bobovacz fliehend, begab er sich
mit seiner Familie nach Jajce. Der Wojwod Radacz, ein Bogomile,
lieferte am 19. Juni 1463 Bobovacz aus, Mohammed aber liess ihm,
statt ihm den versprochenen Kaufschilling seines Treubruches auszu
folgen, den Kopf abhauen, denn nach König Mathias Ausspruch, liebte
der Sultan den Verrath, doch hasste er den Verräther. Nun ward es
dem König auch in Jajce zu schwül und er barg sich in der Feste
Kljué, welche die selbe umschliessenden Wässer der Sana für unein
nehmbar halten liessen. Der zur Verfolgung des Königs ausgesandte
Mahmud Pascha war rasch hinter ihm her und schloss das schlecht
verproviantirte Schloss ein. Schon nach vier Tagen lieferte sich der
letzte König Bosniens, der es nicht verstand rühmlich unterzugehen,
gegen die durch Mahmud im Namen des Sultans ausgestellte und
beschworene schriftliche Zusage des Lebens und einer Entschädigung
an Land im Türkenreiche, an den Pascha aus. Dem Sultan aber war
dieser Vertrag höchst unbequem, denn er verstiess gegen sein Princip,
die Herrscherfamilien eroberter Länder mit Stumpf und Stiel auszu
rotten. Nachdem er des gefangenen Königs Wort noch ausgenützt,
um sich die Thore der noch widerstehenden feste Plätze öffnen zu
machen, liess er durch den mit dem Hoflager ziehenden Scheich Ali
Bestami Muszanifek vermittelst eines Fetwa den Vertrag Mahmud's
44 Du N or d.
*) Hammer, T. I, p. 480.
Abriss der Geschichte von Bosnien und der Herzegovina. 45
hiefür angibt, sind überzeugend, aber dennoch könnte man ihn nicht
von aller Schuld freisprechen, wenn Thomasevich nicht durch seine
Feigheit in Senderov sich jeder Unterstützung unwürdig gemacht
und gegründete Zweifel in seine Treue für die christliche Sache er
weckt hätte.
In raschem Laufe eroberte der junge Monarch den grössten Theil
des verlorenen Landes; nur die durch Harambeg mit 7000 Türken ver
theidigte Feste von Jajce widerstand 10 Wochen, und als sie Mitte
December 1463 gefallen war, öffneten alle umliegenden Plätze frei
willig die Thore, das Landvolk erhob sich, von den Franciskanern
angeeifert, an einem und demselben Tage und erschlug die türkischen
Dränger. Der strenge Winter und der Mangel an Proviant für das
Heer nöthigten Mathias zur Heimkehr, nachdem er seinerseits Be
satzungstruppen in den festen Plätzen zurückgelassen und Emerich
Zápolya zum Ban von Bosnien, Croatien, Slavonien und Dalmatien
eingesetzt hatte. Der Verlust von Jajce setzte Mohammed in Wuth; Minnet
Beg voraussendend, folgte er mit einem grossen Heere und schloss
Jajce ein, sich zur Aufgabe setzend, die Wälle der Stadt sowie alle
ihre Einwohner zu vernichten; doch tapfer wehrten sich dieselben
ihres Lebens an der Seite der ungarischen Besatzung und hielten eine
20tägige Beschiessung, aus den grössten bis zu jener Zeit gebrauchten
Kanonen, welche an Ort und Stelle gegossen wurden, sowie einen
dreitägigen Sturm aus; ihre Standhaftigkeit sollte belohnt werden. Emerich
Zápolya, der Bandes ungarischen Bosniens (von der Save bis an die Verbas),
eilte mit einem kleinen Heere herbei, die Türken, welche glaubten der ge
fürchtete König Mathias selbst nahe an der Spitze eines Kreuzheeres,
brachen die Belagerung so schnell ab, dass der grösste Theil ihres
Geschützes, Materials und ihrer Vorräthe dem Zäpolya in die Hände
fiel. Mathias erhielt diese Freudenbotschaft bei seiner Krönung zu
Stuhlweissenburg und brach in Eilmärschen auf, um die Türken
vollends aus dem Lande zu treiben. – Die christlichen Mächte hatten,
vom Papste aufgefordert, einen Kreuzzug gegen den Halbmond be
schlossen, bei welchem Mathias mit seinen Schaaren cooperiren sollte.
Doch verging so viele Zeit über die Vorbereitungen, dass Mathias
selbständig den Feldzug eröffnete, – das Nachrücken der Uebrigen
sowie der Flotten, deren Ausrüstung der Papst Eugen in eigener
Person zu Ancona betrieb, ihrem Eifer für die christliche Sache über
lassend. Mit leichter Mühe nahm er Srebrenik und zog hierauf vor
Goinich (Zwornik); hier war er genöthigt, gleich Mohammed vor
Jajce, die Schmach einer Flucht auf sich zu laden. Als die Nachricht,
Abriss der Geschichte von Bosnien und der Herzegovina. 47
dass Mohammed mit einem überlegenen Heere zum Entsatz der Feste
nahe sei, sich im Lager verbreitete, meuterten die Soldaten, welche
in dem ausgesaugten Lande viele Entbehrungen hatten erdulden
müssen und verlangten stürmisch die Heimkehr; selbst dem so tapfern
Zápolya, welcher in diesem Feldzuge ein Auge verlor, wird nachgesagt,
dass er hier eine unrühmliche Rolle spielte und dem Könige falsche
Nachrichten hinterbrachte; dieser letztere sah sich daher genöthigt
die Belagerung aufzuheben, liess alle seine Artillerie zurück und voll
führte (trotz seiner kriegswissenschaftlichen Studien der Alten) einen
ungeordneten, fluchtähnlichen Rückzug bis hinter die Save").
Als der alte Herzog Stephan Kossaczich im Jahre 1466 zu
Castronovo gestorben war, erlosch auch für seinen Gebietstheil,
welcher seit ihm das „Land des Herzogs, Herzegovina“ genannt wird,
die Leuchte der nationalen und religiösen Unabhängigkeit, denn seine
Söhne waren ihres thatkräftigen Erzeugers unwürdig. Der jüngste von
ihnen, als Unterpfand des Friedens an den Sultan ausgeliefert, kehrte
nicht mehr heim, ward Renegat und brachte es unter dem folgenden
Grossherrn, welcher ihm eine seiner Töchter zur Frau gab, zum
Beglerbeg von Rumelien und selbst bis zum Grossvezir. Zufolge
eines Testamentes, dessen Vollziehung vom alten Herzog dem Rathe
von Ragusa aufgetragen ward, theilten sich also die beiden älteren
Brüder Wladislaw und Wlatko in das väterliche Erbe, so zwar, dass
ersterer die nördliche, der letztere aber die südliche Hälfte des Landes
erhielt.
Ein türkischer Einfall unmittelbar nach dem Tode Kossaczich's
wurde von den, ihres früheren muthigen Führers noch eingedenken
Bewohnern kräftig zurückgewiesen. Als jedoch im Jahre 1483 der
Beglerbeg von Bosnien Mustapha Gyurcsevics über Befehl des Sultan
Bajazet II. in die Herzegovina einrückte, entfloh Wladislaw ohne
Widerstand nach Ungarn und Wlatko, nachdem seine festen Schlösser
von Drakovizza, Castronovo und Volakka vom Feinde erobert wurden,
nach Ragusa *). Die Türken vereinigten hierauf das Land als Sand
schakat Hersek mit Bosnien.
!) Mathias strafte die Meuterer strenge und, aus diesem Anlasse die alte
Heeres-Verfassung aufhebend, führte er das stehende Heer ein.
*) Sein Sohn Augustin wird als Stammvater der venetianischen Patricier
Familie Cosaccia genannt.
48 Du Nord.
Bans von Machov und Slavonien bekleidete, zum Könige von Bosnien,
welcher wieder die Banadie an Emerich Zäpolya vergab. Die nun
folgende, 64 Jahre umschliessende Periode bis zum gänzlichen Verlust
aller ungarischen Besitzungen in Bosnien, ist eine der traurigsten
für das Land selbst, denn während dieser ganzen Zeit wurde es fast
ununterbrochen vom blutigsten Parteigängerkriege mit allen seinen
Gräueln heimgesucht; die todtverachtenden, fanatischen, raub- und mord
süchtigen Moslems, deren Befehlshaber den Verlust an Menschenleben in
ihren eigenen Reihen gar nicht achteten, kehrten gleich der Meeres
fluth immer wieder, ihren Zweck, die vollständige Eroberung Bosniens
mit eiserner Consequenz anstrebend, während die christlichen Führer
mit bewunderungswürdiger Tapferkeit und Zähigkeit ihre festen Plätze
wie Felseninseln in brandender See zu bewahren wussten.
König Mathias, leider durch Machtfragen und Präponderanz
Gelüste nach Norden und Westen gezogen, beging den Fehler,
nicht seine volle Aufmerksamkeit, seine ganze Kraft dem furcht
baren Feinde im Süden zuzukehren; verwickelt in seine böhmi
schen und polnischen Streitigkeiten, konnte er ebensowenig wie
Bosniens Scheinkönig Niklas Ujlak thun, um die türkischen Dränger
abzuwehren und die Stürme, welche Bosnien verheerten, zogen noch
weit über seine Grenzen. Die nächsten Jahrzehnte gehörten den
blutdürstigen osmanischen „Rennern und Brennern“, welche einund
Zwanzig grossartige Razzias nach Ungarn, Siebenbürgen, Polen,
Kärnten, Krain, Steiermark und Italien ausführten und mit un
zähligen kleineren, das zerstampfte Bosnien aussaugten. Männer
deren Namen zu den grausamsten zählen, welche die Geschichte
kennt, standen an den Spitzen der sich zerfleischenden Völker, und
Bosnien ward vermöge seiner Lage fast von jedem Zuge berührt. Die
Seele der türkischen Raubzüge und zumeist ihre Führer waren die
beiden Brüder Mihalogli, Iskender Pascha und Ali Pascha die erb
lichen Anführer der Renner und Brenner; der Statthalter von
Semendria Ali Pascha der Verschnittene; der Statthalter von Silistria
Balibeg Malkodsch der zweimalige Verwüster Polens, und der
Beglerbeg von Bosnien Ishak Pascha; ihre Bekämpfer von ungarischer
Seite waren: die unglücklichen Michael Szilagyi und Gregor Labothan,
die glücklicheren Brüder Docy, der blutdürstige Paul Kinizsy, der
edle Hunyad und der tapfere Kanisai. Die grässlichsten Gräuelthaten
wurden verübt und wenn Ishak von Bosnien und die Mihalogli's die
Gefangenen durchsägen oder bei lebendigem Leibe schinden liessen,
so übertraf sie Kiniszy noch an erfinderischer Grausamkeit.
Abriss der Geschichte von Bosnien und der Herzegovina. 49
*) Vor Allem aber durch die geniale Expedition des edlen Ritters 1697.
*) Charakteristisch ist die Antwort, welche ein christlicher Bosnier einem
Consul in Gegenwart des Verfassers der „Studien über Bosnien und die Herzego
vina“ gab, als derselbe bei Gelegenheit des Gesetzes über allgemeine Heerespflich
tigkeit ihn frug, ob er sich nicht freuen würde, Soldat zu werden; dumm ver
schämt vor sich hinblickend, sagte er: „Herr, ich bin ja nicht würdig, ein
Krieger zu sein!“
Welcher Contrast zu den Erzählungen von einem waffengeübten, thatkräf
tigen Volke!
Abriss der Geschichte von Bosnien und der Herzegovina. 5
54 Du Nord. Abriss der Geschichte von Bosnien und der Herzegovina.
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