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Historisches Wien


Wiener Typen

aus „Historisches Wien, Straßenleben und Volkstypen“, von Walter Obermaier


„Weaner Bitz“ – junge Männer, oft arbeitslos oder auch
arbeitsscheu, aber ein bisschen frech und unternehmungslustig,
begleiteten die Musikkapelle, wenn sie mit klingendem Spiel zurück
in die Kaserne zog.

Eine Berufsfeuerwehr besteht in Wien schon


seit dem ausgehenden 17. Jhdt. Ab 1854
wurde sie einheitlich uniformiert und 1884
militärisch organisiert und einem städtischen
Branddirektor unterstellt.
In den beliebtesten Flanierstraßen Wien
(Kohlmarkt, Graben und Kärntner Straße,
…) konnte es beim Korso durchaus auch
einmal zu einer galanten Annäherung
kommen.

Hundeverkäufer am Graben
Ein ambulanter Sodawasser-
Verkäufer – er verkauft glasweise sein
Hochquellen-Sodawasser (wie hier hinter
der Universität an der Ecke des
Rathausparks)

Vor dem neuen Burgtheater


(eröffnet 1888) sprach ab und zu
ein Offizier junge Damen an.
Luftballon- u. Blumenverkäufer,
zwischen dem Logenaufgang des
Burgtheaters und dem Volksgarten

Maronibrater, vom Spätherbst bis


zum beginnenden Frühjahr in
Wiens Straßen zu finden.
Die Briefpost arbeitete in der gesamten
Stadt sehr effizient und die Briefträger
stellten den Haushalten mehrmals täglich
die Post zu. 1934 wurden viele
Uniformen denen der alten Monarchie
angeglichen. Auch die Briefträger
erhielten wieder ihre alte hohe
Uniformkappe.

Das ambulante Gewerbe des


Scherenschleifers war weit verbreitet.
Eine Polizeiverordnung von 1816 betonte
ausdrücklich: „...diese herumziehenden
Schleifer seien eine wahre Wohlthat und
Bequemlichkeit für das Publicum in den
Vorstädten“.
Nicht ganz so zahlreich wie die Trafiken
waren die Lottokollekturen über Wien
verstreut.

Als glücksbringend galt und gilt der


Rauchfangkehrer.
Donauweibchen und Rathausmann als
legendäre Wiener Typen konnte man nur
als Standbilder zu Gesicht bekommen:
die populäre gutmütige Nixe als
Brunnenfigur und den 3,40 m großen
geharnischten städtischen Bannerträger
seit 1882 auf der Spitze des
Rathausturmes.

Unter den Bettlern der Innenstadt gab es


einige, die einen festen Standplatz hatten
und zu allgemein bekannten Volkstypen
geworden waren. Einer davon war der
„Blinde vom Domherrnhof“. Er stand
alltäglich vor dem großen, 1837-1842 neu
gebauten Komplex des Domherrnhofes
hinter dem Stefansdom.
Unweit vom Domherrnhof hatte noch ein
anderer Blinder sein Standquartier.
Neben der Lottokollektur beim
Stefansdom postiert, erhoffte sich der
„Blinde von St. Stephan“ wohl auch
einmal eine größere Gabe von einem
glücklichen Gewinner.

Dem Betteln sehr nahe kam die Tätigkeit


der Lumpensammlerin. Das
„Haderlumpweib“ („Hadern“ und
„Lumpen“ sind zerschlissene Stoffteile)
verdingte sich seinen Lebensunterhalt
durch das Sammeln und Verkaufen
zerrissener Textilien und anderer
Haushaltsabfälle.
Der Hausmeister (Hausbesorger) galt
als resolute Respektperson, die den
Mietern gegenüber den Hausherrn
vertrat. Verantwortlich für Hausreinigung,
Beleuchtung und Torsperre fühlte er sich
als der eigentliche Herr des Hauses.

Wachmann im Jahre 1891: Eine


Polizeiwache gab es in Wien seit 1773.
Im Jahre 1869 wurde an Stelle der
Militärpolizeiwache eine eigene
Sicherheitswache gegründet, die für die
Überwachung der Sicherheit der Straße
und des Straßenverkehrs zuständig war.
Seit 1869 gab es auch eine berittene
Sicherheitswache, die als
Sonderabteilung aus der berittenen
Militärpolizei hervorgegangen war. Diese
Institution, die auch in der
Zwischenkriegszeit noch bestand, hatte
1913 mit 318 Pferden und ebenso vielen
Reitern einen Höhepunkt erreicht.

Angestellte der Wiener Wach- und


Schließgesellschaft im Jahre 1915:
Sie kontrollierten vor allem die
zugesperrten Schlösser und Rollbalken
der Geschäfte
Ein Verkehrspolizist (1928/29) bediente entweder eine auch
heute noch übliche Ampel oder einen Semaphor mit einem Halt-
und einem Freizeichen oder er signalisierte mit einer Kelle
„Halt“ oder „Frei“.

Werkelmann: die berühmteste Figur der


Straßenmusikanten, die in Straßen und alten Höfen Wiens
zu sehen waren. Er betrieb mit einer Handkurbel das Werk
(„Werkel“) einer fahrbaren Drehorgel in einem Kasten. Der
Werkelmann bedurfte einer eigenen Lizenz.
Manch einer der Werkelmänner war
durch ein Gebrechen auf diese
Möglichkeit des Broterwerbs angewiesen.
So appelliert dieser blinde Familienvater
mit einer Tafel auf seinem „Werkel“ an
die Großmut vorüberkommender
„Wohltäter“.

1866 wurde das Erste Wiener


Dienstmanninstitut gegründet, dem bald
andere folgten. Mit seiner
charakteristischen roten Schirmkappe
wurde der Dienstmann zu einer
Volkstype besonderer Art. Er übernahm
kleine und große Aufträge – vor allem
auch für die Beförderung von
Gepäckstücken zum Bahnhof.
Bekannte Wiener Volkstypen waren die
Wäschermädel. Vor dem Aufkommen
der Dampfwäschereien besorgten sie für
die besser gestellten Wiener Haushalte die
Wäsche. Charakteristisch waren Kopftuch,
Schürze und vor allem der Wäschekorb
am Rücken. Die Wäschermädel galten als
hübsch und schlagfertig und die
Wäschermädelbälle im Fasching erfreuten
sich großer Beliebtheit.

Immer wieder traf man auf den Straßen


Blumenverkäuferinnen an, unter denen
es auch zu ihrer Zeit stadtbekannte Typen
gab, wie etwa die Blumen-Toni. Berühmt
waren auch die Lavendelfrauen, die kleine
Lavendelsträuße zur Bekämpfung der
Motten im Kleiderkasten verkauften oder die
Palmkätzchenverkäuferinnen in der
Fastenzeit.
Um die Jahrhundertwende konnte man in
Wien auch häufig Bäckerjungen -
Brotschani sehen, die Brot und Gebäck
in großen Körben von der Bäckerei zu den
Detailgeschäften oder in Gaststätten
brachten.

Bis in die 30er Jahre des 20. Jhdts. traf


man auf Wiens Straßen vereinzelt auch
Fliegenfängerverkäufer an. Sie waren
die Nachfolger der „Fliagnfanga-Buam“,
die im 19. Jhdt. ihre grellroten mit
Fliegenleim bestrichenen
Papierpyramiden anboten.
Die Belieferung der Lebensmittelgeschäfte mit Milch
war besonders wichtig. Schon am frühen Morgen
fuhren die Milchkutscher durch Wiens Straßen
und stellten die Milch in großen Metallkannen den
Geschäften zu.

Dass auf die Straßensäuberung schon immer Wert


gelegt wurde, beweisen zahlreiche einschlägige Erlässe
seit dem 17. Jhdt. Seit der 2. Hälfte des 19. Jhdts. gibt
es in Wien eine immer wirksamere öffentliche
Straßenreinigung mit Aufspritzen und ab 1910 auch
mit Straßenwaschmaschinen.
Trotz verschiedener mechanischer
Reinigungswägen und Kehrmaschinen,
die es bereits seit 1903 gibt, hat sich die
Figur des Straßenkehrers bis heute als
unersetzbar erhalten.

Als witzig und schlagfertig galten die


Schusterbuben. Sie waren stets zu
Streichen aufgelegt und noch bis zum
Beginn des 20. Jhdts. In Wiens
Straßen zu sehen.
Der prominenteste Wiener Markt war und ist der Naschmarkt.
Im Vordergrund ist ein Kochlöffelverkäufer zu sehen. Bei
diesen „Kochlöffel-Krowoten“ (Kroaten) handelte es sich
zumeist um Slowaken, die einfache Holzwaren zum Verkauf
anboten.

Eine auch literarisch als „Frau Sopherl vom Naschmarkt“


verewigte Volkstype war die Marktfrau („Standlerin“),
die ob ihrer Schlagfertigkeit, die bis zur Frechheit gehen
konnte, berühmt und berüchtigt war.
Eine kleine Erfrischung auf der Straße bot auch der „Gefrornes-
Verkäufer“. Speiseeis, ursprünglich eine Spezialität für reiche Leute,
wurde zumeist von Italienern aus dem Trentino hergestellt. Ursprünglich
in Butten auf dem Rücken getragen, kamen dann fahrbare Läden auf, in
denen drei bis vier Sorten Eis angeboten wurden.

Charakteristische Volkstypen beim Heurigen waren nicht


nur die „Stimmungsmusiker“ (allen voran das
Schrammel-Quartett), sondern auch
Süßigkeitenverkäuferinnen, die unter anderem
Strudel und sogenannte Weinbeißer anboten.
Ein „süßes Mädel“, ein Vorstadtbursch, ein Hausherr mit
Zylinder und ein Soldat: Der Heurige wurde von allen
Schichten der Bevölkerung gerne besucht und bot daher auch
ein entsprechendes Spektrum an „typischen Wienern“.

Wiens Straßenbild 1916 zeigte bereits manche Zeichen


bedrückender Tristesse. Vor allem die langen
Schlangen von Menschen vor den Geschäften waren
nun ein Bild, das aus dem Alltag nicht mehr
wegzudenken war.
Nach dem Heurigenbesuch mag die
Straßenbahnschaffnerin manchen
orientierungslosen Passagieren
besonders hilfreich gewesen sein, aber
Schaffnerinnen konnte man in ganz Wien
sehen. Sie trugen eine Tasche mit
Dienstnummer und ein Signalhorn, um
sich gegebenenfalls vom Beiwagen aus
mit dem Fahrer in Verbindung setzen zu
können.

Beim Kaiserhuldigungs-Festzug aus Anlass


des 60-jährigen Regierungsjubiläums
Franz Josefs am 12. Juni 1908 sah man
auf der Ringstraße Vertreter aller
Volksgruppen der Monarchie in ihren
fremdartigen Kleidern.
Auf dem Stefansplatz traf man nun in
den Kriegszeiten immer häufiger
invalide Soldaten in feldgrauen
Uniformen an.

Auf dem Kalvarienberg gab es Kipferln, „Gigerlfutter“


(eine Mischung aus Nüssen, Rosinen und
getrockneten Früchten), den traditionellen
„Bamkraxler“ (ein Spielzeug, bei dem eine Figur eine
Stange hinauf und hinunter bewegt werden konnte)
und vieles andere mehr.
Wird fortgesetzt

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