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Die Corona Krise im Zusammenhang mit dem Abitur 2020

Ein Appell an das Kulturministerium

(stand 26.03.2020) Die Entscheidung seitens des Kulturministeriums, die Prüfungen vorläufig
stattfinden zu lassen, halte ich (eine [voraussichtliche] Abiturientin des Jahrgangs 2020) für
unverantwortlich. Folgend habe ich die meiner Meinung nach wichtigsten Komponenten, die
in dieser Debatte nochmal neu beleuchtet und bei der Entscheidung eingebunden werden
sollten, begründet aufgelistet.
Teilst du meine Ansichten und Meinungen, schicke diesen Link gerne weiter, um die Botschaft
zu verbreiten. Ebenso könnt ihr die PDF-Datei auch ausdrucken, um sie dem Kulturministerium
per Post zukommen zu lassen oder ihr könnt auch auf dem digitalen Weg ihnen eine Mail
schreiben.

Sehr geehrte Damen und Herren des Kulturministeriums, bitte nehmen sie sich für diesen
Artikel genügend Zeit. Ich bitte sie ebenfalls meine Ansichten und Argumente ernst zu nehmen
und über eine neue Abstimmung nachzudenken. Schließlich sind wir als Schülerschaft die
Hauptbetroffenen, weshalb ich es nur fair finde, uns mit einzubeziehen und uns anzuhören.

(1) Gesundheitliche Risiken


Ich möchte mit einem der wohl offensichtlichsten und wichtigsten Faktoren beginnen. Nach
meinem Erachten lässt sich der Verlauf dieser Pandemie nur schwer bis gar nicht vorhersagen.
Diese Ausnahmesituation ist für die gesamte Gesellschaft eine neue Herausforderung. Zum
derzeitigen Stand sind bereits mehr als 45.000 Corona Fälle Deutschlandweit bekannt.
Darunter sind mehr als 280 Tote. Die Ausbreitung des Covid-19 Virus lässt sich nur
eindämmen, wenn wir Vorgegebene Maßnahmen auch einhalten. Ich habe bereits von
Maßnahmen für die Prüfungen gehört, die wie folgt aussehen sollen:

➢ Verteilung der Schülerschaft auf mehrere Räume


➢ Offenlassen der Türen, damit niemand die Türklinke anfassen muss
➢ Sobald die Schüler eintreffen, dürfen sie in den Raum, sodass sich keine Ballungen von
Schülern bilden können
➢ Der Sicherheitsabstand von 1,5 m wird bei den Abständen zu Nachbartischen
eingehalten.

Auch wenn sich Gedanken gemacht wird, wie man sicher die Prüfungen abhalten kann, haben
besagte Vorschläge deutliche Nachteile und reichen nicht aus. Eine Verteilung auf mehrere
Räume beinhaltet mehr Aufsichtspersonal seitens der Lehrerschaft. Dies Bedeutet das nicht
nur hunderte von Schülern Deutschlandweit an diesen Tagen unterwegs sind, sondern auch
Lehrer. Das ist auch wohl der Hauptgrund, weshalb man die Prüfungen unter dem Punkt
„Gesundheitliche Risiken“ nicht stattfinden lassen sollte. Nicht jeder Schüler oder Lehrer kann
mit dem Fahrrad oder dem Auto zur Schule kommen. Somit sind sehr viele den öffentlichen
Verkehrsmitteln ausgesetzt. Bei angemessenen Schutzmaßnahmen (Gesichtsmaske,
Handschuhe, Händewaschen) kann man eine erhöhte Ansteckungsgefahr trotzdem nicht
ausschließen und es ist für unsere gesamte Gesellschaft und für unser aller wohl unfassbar
wichtig, dass wir uns einheitlich an die vorgegeben Sicherheitsmaßnahmen halten und den
Aufenthalt draußen bestmöglich minimieren. Ebenso kann niemand garantieren oder
kontrollieren ob die Schüler auch nach den Prüfungen den Sicherheitsabstand einhalten, da
das Verlangen sich auszutauschen zu groß ist.
Ein weiterer Faktor, neben den körperlichen Gesundheitsrisiken, ist die mentale Gesundheit.
Darauf werde ich aber genauer in dem Folgenden Punkt eingehen.

(2) Mentale Gesundheit


Laut einer Auswertung der Krankenkasse KKH sind immer mehr 6- bis 18-jährige psychisch
krank. Eine Ursache für beispielsweise Depressionen, Angst- oder Panikstörungen kann Stress
sein. Und welche Komponente im Leben eines jungen Menschen verursacht neben
Gesellschaftlichem druck und Social-Media den meisten Stress? Richtig: Die Schule. Vor allem
der Konkurrenz- und Leistungsdruck steht dabei im Vordergrund. Dieser Leistungsdruck und
die mögliche daraus resultierende Überforderung, nimmt vor den Abiturprüfungen noch
einmal deutlich zu. Diesem muss sich jeder Abiturient stellen. In diesem Jahr herrschen aber
Ausnahmezustände, die an die mentale Gesundheit der gesamten Bevölkerung kratzen. Ich
möchte einmal ein paar Faktoren aufzählen, die zur derzeitigen Situation Auswirkungen auf
die mentale Gesundheit haben können:
➢ Isolation → fehlende, soziale Kontakte als Ausgleich/Ablenkung
➢ Existenzängste der gesamten Familie, da Elternteile zurzeit nicht arbeiten gehen
können
➢ Sorge um Menschen im engen sozialen Umfeld, die der Risikogruppe angehören
➢ Allgemeine Zukunftsängste, neben eigenen Zukunftsängsten → Wie wird die
Gesellschaft und Wirtschaft die Pandemie überstehen
Vor allem für Schüler/innen die bereits an einer psychischen Erkrankung leiden, neben der
besagten Zunahme des Leistungsdruckes in Verbindung mit der momentanen Situation, kann
es ganz schnell zu viel werden und zu einer starken Überlastung im Alltag führen. Im
schlimmsten Fall kann es dann auch mal gefährlich werden. Natürlich hat die momentane
Situation auch Auswirkungen auf mental gesunde Menschen. Angstzustände, ständige Sorge,
Gedankenkreisen und Erschöpfungserscheinungen sind nur eine der vielen Symptome, die ein
einzelner in der momentanen Krise erfahren kann. Für eine/n Schüler/in hat dies enorme
Auswirkungen auf die Lern- Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit. Ich bin daher der festen
Überzeugung, dass man uns unter diesen Umständen, eine effektive Vorbereitung und ein
absolvieren der Prüfungen nicht zumuten kann.

(3) Erhebliche Einschränkungen im Vorbereitungszeitraum


Kommen wir nun zu dem Punkt, der meines Erachtens bei der Abstimmung entweder gar nicht
oder deutlich zu gering berücksichtigt wurde. Ganz gleich ob zum Start der Prüfungen das
öffentliche Leben keine Gefahr mehr darstellt, für das Abitur kann man sich nicht mal so eben
binnen einer Woche vorbereiten. Die offizielle Vorbereitungsphase hat seit dem 25.03.2020
begonnen, da unser letzter offizieller Schultag eigentlich am 24.03.2020 stattgefunden hätte.
Ungefähr seit diesem Zeitraum traten auch die strengeren Maßnahmen für den Kampf gegen
Covid-19 in Kraft. Somit auch die daraus resultierenden Auswirkungen auf einen einzelnen,
die ich im Punkt „Mentale Gesundheit“ benannt habe. Nach meinem Wissen sollen diese
Maßnahmen mindestens zwei Wochen durchgeführt werden. Da der neue Beginn der
Prüfungen auf den 20.04.2020 angesetzt ist, ist der Großteil unserer Vorbereitungszeit enorm
eingeschränkt. Wie bereits erwähnt hat die derzeitige Situation starke Auswirkungen auf die
Lern- Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit. Die eigentlich Vorhandenen Ressourcen, die
einem zum effektiven Lernen zur Verfügung stehen, können nicht ausgeschöpft werden. Ich
möchte an dieser Stelle auf eine Website verweisen, die 10 Lernmethoden Auflisten, um sich
auf das Abitur vorzubereiten. ([kein Autor angegeben], „Fürs Abi lernen – aber wie? Wir zeigen
euch die 10 besten Lernmethoden!“, https://studybees.de/magazin/fuers-abi-lernen-die-
besten-lernmethoden/). Folgend werde ich von den dort beschriebenen Lernmethoden, die
nennen die aufgrund der momentanen Situation nicht umsetzbar sind:
➢ „Motivation muss her“. Diese ist in der momentanen Krise nur schwer zu finden. Ich
möchte in dem Zusammenhang noch einmal auf den Punkt „Mentale Gesundheit“
hinweisen. Es sind bedrückende und schwere Zeiten, die sich auf die Psyche auswirken.
Das Auftreten von Symptomen einer Depression sind keine Seltenheit. Diese können
Erschöpfungserscheinungen und Motivationsverlust beinhalten.

➢ „Das richtige Lernumfeld schaffen“. Für viele ist es schwer, sich ausreichend in seinen
eigenen vier Wänden zu konzentrieren. Es lauern zu viele Ablenkungen in jeder Ecke.
Einrichtungen wie Bibliotheken, die ihren Zweck auch darin erfüllen, ein angemessenes
Arbeits- und Lernklima anzubieten, sind bis auf weiteres geschlossen. Auch wenn man,
möglichst viele Vorkehrungen trifft, um Zuhause zu lernen, ist die Gefahr in
Versuchung zu geraten, doch lieber etwas anderes machen, nach meinen Erfahrungen
weiterhin zu groß. Auch dadurch, dass viele Elternteile von Zuhause arbeiten und
allgemein daran appelliert wird, Best möglichst drinnen zu bleiben, kann es schnell zu
einer angespannten Atmosphäre kommen. Streit und Auseinandersetzungen sind
somit fast gar nicht mehr zu vermeiden. Bei einem eh schon nicht stabilen Haushalt
kann das auch größere Auswirkungen haben und das Lernumfeld und Arbeitsklima
wird negativ stark beeinflusst.
➢ „Lerngruppen bilden“. Ich denke, ich muss aufgrund der zurzeit geltenden
Maßnahmen, das man lediglich sich mit einer weiteren Person treffen darf, die nicht
im eigenen Haushalt wohnt, nicht näher erläutern, weshalb es uns als Schüler/innen
nicht möglich ist diese Methode umzusetzen. Obwohl ich persönlich diese Methode
mit als einer der wichtigsten bewerten würde. Das Gemeinsame Austauschen von
Notizen, sich gegenseitig zu Motivieren und zu unterstützen ist unfassbar wichtig.
Dabei ersetzt die mediale Vernetzung keines Falls die positive Auswirkung, die ein
eigentliches Treffen in Person haben kann.

➢ „Auszeiten nicht vergessen!“. Auf der Website wird unter diesem Punkt primär die
Pomodoro-Technik beschrieben, aber es ist trotzdem wichtig auch andere Arten von
Auszeiten zu nehmen, um den Kopf frei zu bekommen. In unserem Alter ist dabei vor
allem der Kontakt zu unseren Freunden mitunter die beste Auszeit. Damit meine ich
den sozialen Kontakt und die damit Verbundenen Aktivitäten, wie Karten spielen oder
auch zusammen draußen entspannen und nicht eine mediale Vernetzung.
Selbstverständlich gibt es auch zu diesen Zeiten andere Optionen. In den meisten
Bundesländern kann man noch allein spazieren gehen oder draußen für sich Sport
betreiben. Doch was passiert, wenn eine für alle Bundesländer geltende
Ausgangssperre verordnet wird. Somit darf man meines Erachtens nur noch für einen
triftigen Grund raus. Dadurch sind wir in unser aller Leben noch mehr eingeschränkt.
Da niemand den Verlauf dieser Pandemie hervorsehen kann, muss man jegliche
Möglichkeit und Option betrachten und beachten.

➢ „Ruhig bleiben!“. Dies ist mehr ein Tipp als eine Methode, trotzdem aber essenziell
wichtig, um einen kühlen Kopf zu bewahren und effizient zu lernen. Auch hier möchte
ich nochmal auf den Punkt „Mentale Gesundheit“ hinweisen. Viele Schüler/innen
leiden unter genereller Prüfungsangst oder auch bereits an einer ausgeprägten Angst-
oder Panikstörung. Diese Ängste und Zustände sind unter normalen Bedingungen
schon schwer genug zu bewältigen. Betrachtet man die momentane Situation, wirken
viele weitere Faktoren auf einen ein, die diese Ängste und Zustände nur noch mehr
verstärken. Auch mental stabile Menschen sind vermehrt von starken Ängsten und
Sorgen geplagt. So etwas sollte man nicht verharmlosen, da es einen einzelnen stark
im Alltag einschränken kann.

Als Fazit für diesen Punkt möchte ich also nochmal zusammenfassend daran
appellieren das man uns eine zielführende Vorbereitungszeit nicht zumuten kann!

(4) Forderung eines Durchschnitts Abis – Keine Prüfungen!


Ich möchte zunächst einmal deutlich machen, dass es einen klaren Unterschied zwischen
Abitur und Abiturprüfungen gibt. Für das Abitur sammelt man über einen Zeitraum von 2
Jahren Punkte. Die Abiturprüfungen haben in der gesamten Note somit nur einen geringen
Anteil. Diese Prüfungen werden durchgeführt, um uns in eine Prüfungssituation zu versetzen,
somit also unsere Konzentrations- und Lernfähigkeit auf die Probe zu stellen. So einer
Situation waren wir aber durch die Semester- Klausuren ständig ausgesetzt. An vielen Schulen
wurden vor den Abiturprüfungen sogar Klausuren unter Abiturumständen geschrieben. Dabei
variieren vor allem die Länge und das Ausmaß der jeweiligen Klausuren. Diesen Situationen
wurden wir also bereits ausgesetzt und haben diese auch bestanden.
Den Inhalt, der sich in den Abiturprüfungen lediglich wiederholt, haben wir bereits erlernt und
wurden im Rahmen der Semester- Klausuren zu diesem Wissen geprüft und haben das
Semester im Endeffekt auch bestanden und somit unsere Kompetenz bewiesen.
Die einzige Ausnahme bietet dabei die 5.PK. Im Rahmen eines Vortrages soll die Fähigkeit des
wissenschaftlichen Arbeitens geprüft werden. Da wir uns seit dem Herbst 2019 auf diese
Prüfung vorbereiten, treten meine Argumentationen (2) „mentale Gesundheit“ und (3)
„Erhebliche Einschränkungen im Vorbereitungszeitraum“, nicht in Kraft. Die momentane
Situation spitzte sich vor allem zu, als zwei Tage vor der eigentlichen Prüfung bekannt gegeben
wurde, dass die 5.PK auf einen Zeitraum nach den Osterferien verschoben wird. Somit waren
wir mit jeglichen Vorbereitungen fertig und haben uns mental auf den Prüfungstag eingestellt.
Der einzige Punkt, der gegen eine Durchführung der 5.PK spricht, ist Punkt (1)
„Gesundheitliche Risiken“. Sagt man aber alle anderen Prüfungskomponenten ab (was die
einzig sinnvolle Entscheidung wäre), so könnte man die Prüfungen anstatt nur auf zwei Tage,
auf fünf Tage oder mehr verteilen, sodass nicht allzu viele Schüler auf einmal sich draußen
bewegen. Diese Maßnahmen und auch die Umsetzung der 5.PK halte ich für sinnvoll und
machbar.
Ein Durchführen der anderen Prüfungen ist aber meiner Meinung nach unverantwortlich. Ich
fordere hiermit für alle Abiturienten des Jahrgangs 2020 ein Durschnitts Abitur! Eine weitere
Verschiebung der Prüfungen bis vielleicht nach den Sommerferien halte ich gleichermaßen für
unverantwortlich. Jeder der einmal zur Schule gegangen ist, kann sich darin hineinversetzen
wie es sich angefühlt hat, nach 6 Wochen Sommerferien sich wieder dem Schulalltag zu
stellen. Ich bin der Meinung, dass man es und nicht zumuten kann, über einen so langen
Zeitraum sich zum einen der Anspannung vor den Prüfungen zu stellen, zum anderen aber
auch in der Denkweise (Mindset) eines Schülers zu befinden und gezielt zu Lernen. Ich würde
behaupten, dass eine Durchführung trotz allem, eine Verfälschung des Endergebnisses mit
sich bringen würde, da alle Schüler/innen unter diesen Umständen ihre Lern- Leistungs- und
Konzentrationsfähigkeiten nicht vollständige anwenden können uns sie somit nicht ihre beste
Leistung abgeben werden.
Ein Durchschnittsabitur ist unter Berücksichtigung aller genannten Faktoren im Rahmen unser
aller wohl, die einzig richtige und sinnvolle Entscheidung. Die Welt befindet sich in einem
Ausnahmezustand. Dieser Erfordert in allen Teilen unserer Gesellschaft auch Ausnahme
Entscheidungen. Wir haben über zwei Jahre lang unsere Kompetenz in Sachen Konzentrations-
und Lernfähigkeit bewiesen. Gesundheit, ob körperliche oder mentale, steht an erster Stelle.
Wir sind Menschen und keine Maschinen!

Hochachtungsvoll, Schülerin des Luise-Henriette-Gymnasiums Berlin

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