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Titelthema :: Seite 27

Pro & Contra zur Grundschrift


„Die Grundschrift ist die bessere Schrift für die Kinder.“

Ulrich Hecker Wolfgang Hildebrandt


Stellvertretender 1. Vorsitzender
Vorsitzender des der Aktion Deutsche
Grundschulverband e.V. Sprache e.V.

Noch lernen Kinder in den meisten Bundes- Das deutsche Bildungssystem neigt dazu,
ländern zwei Ausgangsschriften: eine mit der Schulprobleme durch Eingriffe der Politik
Hand geschriebene Druckschrift und im Anschluss statt mit einer dem jeweiligen Problem angemes-
daran entweder die Lateinische, Vereinfachte oder senen Methode zu lösen. Die Schwierigkeiten und
Schul-Ausgangsschrift. Damit ergibt sich die unsin- Herausforderungen beim Erlernen der Schreib-
nige Situation, dass Kinder zwei Ausgangsschriften schrift sind bekannt, doch ist es der richtige Weg,
lernen: Von Schulbeginn an die Druckschrift, später diese einfach abzuschaffen? So sind einige Bundes-
eine der genormten Schulschriften. Alle drei sind länder dabei, die Schreibschrift abzuschaffen und
inzwischen 60 bzw. gut 50 Jahre alt und waren tat- stattdessen die Grundschrift einzuführen, die eine
sächlich als „Ausgangs-Schrift“ gedacht: als erste Druckschrift ist (allein diese Namensgebung ist ein
Schrift zum Schreibenlernen. Inzwischen sind die Täuschungsmanöver), die durch das Verbinden der
normierten Schulschriften lebensfremd: Sie kom- einzelnen Buchstaben angeblich zu einer flüssigen
men in der Lebenswelt der Kinder nirgendwo vor, Schreibschrift werden soll. Was verlieren wir mit der
nur in der Schule, für die sie ausschließlich konst- Einführung dieser Schrift? Durch das ständige Auf
ruiert wurden. Mit der Grundschrift präsentiert der und Ab der Linienführung bei der Schreibschrift
Grundschulverband eine Schrift, die alle Anforde- erwerben Kinder wichtige Voraussetzungen für das
rungen an eine qualitätvolle Schreibschrift erfüllt: Verständnis eines Bewegungszusammenhangs.
formklar und gut lesbar, flüssig zu schreiben und Wenn wir Schreibschrift benutzen, so schreiben wir
funktional für alle Verwendungen der Textproduk- eben nicht Buchstaben für Buchstaben, sondern
tion. Aus ihrer ersten Schrift können Kinder eine Ganzheiten, die der Lesende, wenn er denn diese
flüssige und lesbare Handschrift entwickeln – die Schreibweise gelernt hat, als Silhouetten auf einen
Schrift, die sie in Schule, Ausbildung, Beruf und le- Blick erfasst, ohne, wie ein Erstklässler, Buchstaben
ben (ge-)brauchen. Die Grundschrift ist eine Schrift für Buchstaben buchstabieren zu müssen. Damit
für die Hand der Kinder, sie ist ihrer (Schreib-) müssen wir auch nicht mehr Buchstaben für Buch-
Motorik angepasst. Die Buchstaben werden nicht staben 100% „ausmalen“, sondern es reicht, die für
„gedruckt“, sondern in zunehmend flüssiger Be- dieses Wort typische Silhouette zu erzeugen, die je-
wegung geschrieben. Kinder bringen Buchstaben der sofort „erliest“. Damit erlernen wir blitzschnel-
in Bewegung, sie nehmen die Schrift in ihre eigene les Schreiben und – noch wichtiger – blitzschnelles
Hand. Dafür brauchen Kinder gerade Zeiten und Erfassen. Die Vertreter der Druckschrift verweigern
Räume, um (ihr) Schreiben mit der Hand erfahren, sich der Erkenntnis, dass mit der Schreibschrift fein-
üben, erproben und anwenden zu können. Nötig motorische Anstöße gegeben werden. Diese sind für
ist eine neue Wertschätzung für die Handschrift in die Ausbildung des Gehirns und damit für die ganz-
der Schule. In den Bildungsstandards für das Fach heitliche Entwicklung des Kindes, ähnlich wie z. B.
Deutsch in der Primarstufe hat die Kultusminis- das Spielen eines Musikinstrumentes, von elemen-
terkonferenz für alle Bundesländer zur Schrift als tarer Bedeutung. Es wird den zukünftigen Genera-
Kompetenzziel festgelegt: „eine gute lesbare Hand- tionen also eine wichtige Schreibtechnik und damit
schrift flüssig schreiben“. Und genau darum muss Schreibkultur vorenthalten!
es gehen! Fazit: Eine Schrift zum Lesen- und Schrei-
benlernen ist genug.

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