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Zhang
Freistrahlturbinen
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Zh. Zhang
Freistrahlturbinen
Hydromechanik und Auslegung
123
Dr.-Ing. Zhengji Zhang
Grimsel Hydro
Kraftwerke Oberhasli AG
3862 Innertkirchen
Switzerland
zha@kwo.ch
Die Wasserkraft gehört zu den ältesten Energiequellen der Menschheit. Ihre Nut-
zung lässt sich bis in das Altertum zurückverfolgen. Schon vor mehr als 3000 Jah-
ren haben Bauern hydromechanische Energie zum Antrieb von Schöpfrädern für
Bewässerungen in der Landwirtschaft verwendet. Noch heute drehen sich in Ha-
ma/Syrien altertümliche Wasserräder, so genannte Norias, die aus Holz gefertigt
sind und Durchmesser von mehr als 20 m erreichen. Die Technologie zur Stromer-
zeugung aus Wasserkraft hat ihre Ursprünge in den Anfängen der Industrialisierung.
Forschungen auf diesem Gebiet haben bis heute nichts von ihrer Aktualität einge-
büßt.
Die in dem vorliegenden Buch behandelte Pelton-Turbine findet ihren bevor-
zugten Einsatzbereich bei Fallhöhen von ca. 200 m bis 2000 m. Bereits bei einer
Fallhöhe von 1000 m erreicht der in die Turbine eintretende Wasserfreistrahl ei-
ne Strömungsgeschwindigkeit von 500 km/h. Diese Zahl verdeutlicht, welch ho-
hen Belastungen Turbinenbauteile ausgesetzt sind und kennzeichnet zugleich die
große Bandbreite der ingenieurwissenschaftlichen Disziplinen, die zur zuverlässi-
gen Auslegung von Freistrahlturbinen herangezogen werden müssen: die Festkör-
permechanik, die Schwingungslehre, die Werkstofftechnik, die Hydromechanik, die
Strömungstechnik und die Messtechnik sind einige der klassischen Disziplinen des
Maschinenbaus.
Bislang liegt in der Literatur noch kein zusammenfassendes Werk zum Themen-
komplex der Freistrahlturbine vor. Es ist ein großes Verdienst von Herrn Dr. Zhang,
dass die vorliegende Monographie diese wichtige Informations- und Wissenslücke
schließt. Das vorliegende Buch enthält umfassende analytische Betrachtungen zu
Strömungsvorgängen in realen Pelton-Turbinen.
Die Strömungsvorgänge vom Injektor bis zum Schaufelaustritt werden systema-
tisch erfasst und mit Hilfe experimenteller Befunde analytisch dargestellt. Auf die-
ser Basis lassen sich Wirkungsgrade der hydraulischen Anlagen ermitteln und in
Kenntnis der Zusammenhänge gezielt verbessern. Es ist bemerkenswert, dass Herr
Dr. Zhang seine analytischen Darstellungen zu den hydromechanischen Vorgängen
durch eigene laseroptische Untersuchungsergebnisse an Freistrahlen von Pelton-
Turbinen ergänzt.
v
vi Geleitwort
Die vorliegende Monografie enthält viel Wissenswertes und darüber hinaus viele
Ansatzpunkte für weitere Forschungsarbeiten. Ich bin überzeugt, dass dieses Buch
von Ingenieuren, die in der Hydromechanik und Energietechnik arbeiten, dankbar
begrüßt wird.
Freistrahlturbinen, auch als Pelton-Turbinen bezeichnet, werden seit über 100 Jah-
ren zur Umwandlung hydraulischer Energie in mechanische Arbeit sowie zur Erzeu-
gung von Elektrizität eingesetzt. Obwohl die über diese lange Zeit gesammelten Er-
fahrungen dazu beigetragen haben, dass Pelton-Turbinen heute sehr leistungsfähig
und effizient sind, fehlten bisher fundierte physikalische Erklärungen zur Hydrome-
chanik dieses Turbinentyps. Um das allgemeine Fachwissen über Pelton-Turbinen
zu erweitern, wurden bei den Kraftwerken Oberhasli AG (KWO) im Rahmen von
Forschungs- und Entwicklungsarbeiten gezielte Untersuchungen zur Hydromecha-
nik von Pelton-Turbinen durchgeführt. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse bilden
den Hauptbestandteil des vorliegenden Buches.
Der Autor stellt die wesentlichen Erkenntnisse der Hydromechanik von Pelton-
Turbinen aus ingenieurwissenschaftlicher Sicht dar und stützt sich dabei sowohl auf
eigene Untersuchungen als auch auf die jahrzehntelange Erfahrung mit dem Betrieb
von Pelton-Turbinen bei der KWO ab. Im Sinne eines Nachschlagewerks werden
die Strömungsprozesse und alle relevanten hydromechanischen Aspekte der Pelton-
Turbine möglichst vollständig wiedergegeben. In der Praxis finden diese theoreti-
schen und hydromechanischen Grundlagen sowohl bei der Auslegung als auch beim
Betrieb von Pelton-Turbinen Anwendung.
Das vorliegende Fachbuch unterstützt die gezielte Weiterentwicklung der Pelton-
Turbine sowie deren hydraulische Optimierung und mechanischen Dimensionie-
rung. Es richtet sich an Entwicklungs- und Design-Ingenieure der Turbinen-Her-
steller, an die Kraftwerksbetreiber und an Interessierte aus dem Bereich der Lehre
und Forschung im Fachbereich „Strömungsmaschinen“. Die im Buch dargestellten
Beispiele können im Fach „Allgemeine Strömungsmechanik“ zur Studentenausbil-
dung verwendet werden.
Der Autor dankt Herrn Dr. G. Biasiutti, Direktor der KWO, der KWO-Geschäfts-
leitung sowie der Leitung von Grimsel Hydro für die großzügige Unterstützung bei
der Erstellung und Herausgabe dieses Fachbuchs. Ein besonderer Dank gilt auch
Herrn J. Müller von Grimsel Hydro für die wertvollen Diskussionen und Beiträge
vii
viii Vorwort
aus seiner langjährigen Erfahrung aus dem Betrieb und in der Instandhaltung von
Pelton-Turbinen. Ein großes Dankschön gilt auch Herrn Prof. Dr.-Ing. A. Leder von
der Universität Rostock für seine fachliche Beratung und Herrn Dipl.-Ing. A. Paulus
von der KWO für die sprachliche Berichtigung des Textes.
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
2 Injektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
2.1 Strömungsbeschleunigung in der Düse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
2.2 Durchflusszahl ϕD0 und die Düsenkennlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
2.3 Durchflusszahl ϕDe und Gesetzmäßigkeit der Düsenkennlinie . . . . . . 31
2.4 Reynoldszahl-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
2.5 Strömungskräfte und Gleichgewichtszustand in der Düse . . . . . . . . . 33
2.5.1 Außenregelnder Servomotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
2.5.2 Innenregelnder Servomotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
3 Wasserstrahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
3.1 Laser-Doppler-Anemometrie (LDA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
3.2 Axial-symmetrischer Wasserstrahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
3.3 Strahlerweiterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
3.4 Sekundärströmungen im Wasserstrahl und Strahlqualität . . . . . . . . . . 49
ix
x Inhaltsverzeichnis
7 Austrittsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
7.1 Geschwindigkeitsverhältnis am Schaufelaustritt . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
7.2 Allgemeine Austrittsbedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
7.3 Austrittsbedingung für Vertikalturbinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
7.3.1 Bedingung für die Austrittsströmung in der Wurzelzone . . . . 118
7.3.2 Bedingung für die Austrittsströmung im Ausschnittsbereich 123
7.3.3 Auswirkung des Spritzwassers im Fall km > km,max . . . . . . . 124
8 Austrittsverluste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
8.1 Drallverluste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
8.1.1 Einfluss der Austrittsstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129
8.1.2 Einfluss des Austrittswinkels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
8.1.3 Einfluss der Strahlschichtlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131
8.1.4 Drallverlust des gesamten Wasserstrahls . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
Inhaltsverzeichnis xi
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253
Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257
Einleitung
In der Natur ist die hydraulische Energie eine für die Umwandlung in mechani-
sche Arbeit direkt nutzbare Energieform. Sie wird heutzutage vorwiegend zur Er-
zeugung von Elektrizität genutzt. Im ökologischen Aspekt stellt die hydraulische
Energie wegen ihrer Erneuerbarkeit eine sehr breite Perspektive für die Zukunft
dar. Weltweit werden auch in Zukunft weitere Wasserkraftanlagen gebaut werden.
Die hydraulische Energie stellt bereits in vielen Ländern die Hauptform der nutz-
baren Energie dar. In Norwegen z. B. besteht fast die gesamte Stromproduktion aus
Wasserkraft. Nach Angaben des Bundesamtes für Energie (BFE 2004) stammt in
der Schweiz ca. 60% der gesamten Stromproduktion aus Wasserkraft. In diesem
Sinne kann man die Wasserkraft als einen Reichtum der Menschheit bezeichnen.
Die hydraulische Energie in der Natur existiert hauptsächlich in zwei Formen: als
Fließwasser in Flüssen und als Speicherwasser in Stauseen. Dementsprechend wer-
den zur Erzeugung der Elektrizität verschiedene Arte hydraulischer Turbinen ver-
wendet.
Von den verschiedenen hydraulischen Turbinen zählen die Freistrahlturbinen,
die auch als Gleichdruckturbinen oder Pelton-Turbinen bezeichnet werden, zu den
wichtigsten und wohl am weitesten verbreiteten Turbinen (siehe Abbildung). Die
erste Pelton-Turbine wurde von Lester Allan Pelton im Jahr 1879 erfunden und
erfolgreich getestet. Die Turbine wird hauptsächlich in Berggebieten eingesetzt,
wo der Wasserbestand, z. B. in Form eines Stausees, einige hundert Meter bis zu
1800 Meter über den Maschinen liegt. Die Leistungen reichen von weniger kW
bis zu über 400 MW (Angehrn 2000). In der Schweiz kommen in den Alpen-
gebieten vorwiegend Pelton-Turbinen zum Einsatz, zum Teil bereits seit über 80
Jahren.
Pelton-Turbinen bestehen im Wesentlichen aus einem Laufrad mit becherför-
migen Schaufeln und einem oder mehreren Düsen/Injektoren, die die Frei- bzw.
Wasserstrahlen erzeugen. Die Energieübertragung vom Wasserstrahl auf das Pelton-
Rad geschieht durch die Interaktion zwischen dem energetischen Wasserstrahl
und den rotierenden Schaufeln, die auch als Pelton-Schaufeln bezeichnet wer-
Z. Zhang, Freistrahlturbinen 1
DOI: 10.1007/978-3-540-70772-1, © Springer 2009
2 Einleitung
A1 Allgemeines
Bei Pelton-Turbinen gilt die Hydraulik als Kerntechnologie, die die Art und den
Umfang zur Ausnutzung der hydraulischen Energie beschreibt. Die Hydraulik von
Pelton-Turbinen befasst sich demzufolge mit der Erzeugung des Wasserstrahls und
dem Verfahren des Leistungsaustausches zwischen dem Wasserstrahl und dem
Pelton-Rad, wobei hierbei das Ziel ist, die maximal zur Verfügung stehende hy-
draulische Energie auszunutzen. Betrachtet man den aktuellen Stand der Technik,
sowohl im Neubau als auch in der Erneuerung von Pelton-Turbinen, so wird bei
Pelton-Turbinen heutzutage ein hydraulischer Wirkungsgrad von 90% erreicht. Das
Erreichen dieser relativ hohen Wirkungsgrade von Pelton-Turbinen geht vor al-
lem auf die praxisnahe Verbesserung der Wasserstrahlbeschaffenheit sowie expe-
rimentelle und betriebliche Optimierungen der Interaktion zwischen Wasserstrahlen
und Pelton-Schaufeln zurück. In zahlreicher Fachliteratur zu Strömungsmaschinen,
wie z. B. Thomann (1931), Pfleiderer und Petermann (1986), Quantz und Meer-
warth (1963), Bohl (2004, 2005), Menny (2005), Giesecke und Mosonyi (2005)
und Sigloch (2006) sind allgemeine Betriebsbedingungen und Auslegungsregeln
für Pelton-Turbinen zu finden. Trotz der Bedeutung und der langen Geschichte von
Pelton-Turbinen hat die allgemeine Hydromechanik offenbar noch keine eingehen-
de Anwendung in diesem ingenieurwissenschaftlichen Gebiet gefunden. Zumindest
sind physikalische Strömungsvorgänge in Pelton-Turbinen noch nicht so gut ver-
standen worden wie es bei anderen Strömungsmaschinen, beispielsweise Pumpen
und Francis-Turbinen, der Fall ist. Bei der hydraulischen Auslegung einer Pelton-
Turbine haben somit zusätzlich zu den allgemeinen Regeln die Erfahrungen bezüg-
lich verschiedener hydraulischer Aspekte immer eine große Rolle gespielt. Selbst
die Schaufelzahl einer Pelton-Turbine wird z. B. nur aus Erfahrungen bzw. aus Ver-
suchen bestimmt, ohne dafür grundlegende theoretische Erkenntnisse zu geben. Die
Hauptgründe für die bemerkbare Wissenslücke bezüglich der Hydromechanik von
Pelton-Turbinen sind nach Zhang und Casey (2007c) die komplexen Strömungsver-
hältnisse sowohl im Wasserstrahl als auch in der instationären Interaktion zwischen
der Wasserströmung mit freier Oberfläche und den rotierenden Pelton-Schaufeln.
Diese Strömungseigenschaften unterscheiden sich grundsätzlich von denjenigen in
anderen Strömungsmaschinen und zeigen zugleich den Schwierigkeitsgrad in der
analytischen Beschreibung der Strömungsvorgänge, insbesondere wenn aus insta-
tionären Strömungsvorgängen die mittlere Leistung ermittelt werden soll.
Die hydraulische Optimierung von Pelton-Turbinen hat in erster Linie die Er-
zielung eines maximalen Wirkungsgrades zum Ziel. Wegen der Schwierigkeiten
4 Einleitung
gradverbesserung als Zielaufgabe führen können. Bis zur Erfüllung dieser Anforde-
rungen liegt jedoch noch ein langer Weg vor uns. Da es zu den Strömungsvorgängen
in rotierenden Pelton-Schaufeln keine direkten Vergleichsmessungen gibt, können
numerische Berechnungen nicht ohne weiteres validiert werden. Die oben erwähn-
ten Druckmessungen an der Innenseite einer Pelton-Schaufel von Kvicinsky et al.
(2002), Perrig et al. (2006) und Zoppe et al. (2006) wurden alle zum Zweck der
Validierung numerischer Berechnungen durchgeführt. Die Genauigkeit von CFD-
Berechnungen ist vor allem dadurch gefährdet, dass zusätzlich zum angenommenen
Turbulenzmodell die freien Oberflächen des Wasserstrahls und -films in der Schau-
fel immer als finite Bereiche mit homogener Zwei-Phasen-Strömung angenommen
werden müssen. Ferner können mit CFD-Methoden zwar die Strömungen, z. B. in
der Schaufel, berechnet werden, jedoch die physikalischen Zusammenhänge nicht
erklärt werden. Dies hat zur Folge, dass zu jeder Änderung der Betriebs- oder Aus-
legungsparameter eine neue CFD-Berechnung absolviert werden muss.
Aufgrund der Tatsache, dass Pelton-Turbinen aus ihrer langen Geschichte mit stän-
digen hydraulischen Optimierungen heutzutage einen recht hohen Wirkungsgrad
aufweisen können, ist eine weitere Erhöhung des Wirkungsgrades fast nur mög-
lich, wenn man aus der grundlegenden Analyse von Strömungsvorgängen in Pelton-
Turbinen das mögliche Verbesserungspotential aufzeigen kann. Das bedeutet nichts
anderes als dass man alle möglichen Verlustquellen in einer Pelton-Turbine zunächst
aufspüren und die entsprechenden Verluste möglichst genau abschätzen muss. Die
dazu notwendigen analytischen Ausarbeitungen und die daraus folgenden Ergebnis-
se, auch wenn unter bestimmten Annahmen hergeleitet, gelten im Sinne der zielge-
richteten hydraulischen Optimierung als wegweisend.
Zur analytischen Beschreibung der physikalischen Strömungsvorgänge in einer
Pelton-Turbine sollen im Grund genommen die Euler- und Lagrange-Methoden
kombiniert verwendet werden. Das ist dadurch begründet, dass die instationäre Aus-
breitung des Wasserfilms mit freier Oberfläche in erster Näherung durch Verfolgung
der Bewegung eines Wasserteilchens in einer rotierenden Schaufel beschrieben wer-
den kann. In der Tat stellt die Lagrange-Methode in diesem Fall eine vergleichbare
Methode wie in der allgemeinen Mechanik dar, denn die Bewegung eines Was-
serteilchens im Wasserfilm mit freier Oberfläche erfolgt bei annähernd konstan-
tem Druck. Wie bei einer festen Partikel spielen lediglich Zentrifugal-, Coriolis-
und Trägheitskräfte eine Rolle, die Druckkraft ist von untergeordneter Bedeutung.
Die entsprechenden Bewegungsgleichungen konnten zwar allgemein erstellt wer-
den, sind jedoch für lange Zeit nicht weitergehend betrachtet worden.
Kishioka und Osawa (1972) können als eine der wenigen Forschergruppen be-
zeichnet werden, die mit analytischen Untersuchungen versucht haben, Strömungs-
vorgänge in einer rotierenden Pelton-Schaufel zu beschreiben und den Verlust in
Zusammenhang mit verschiedenen Strömungsformen in der betrachteten Schaufel
Einleitung 7
Parallel zur hydraulischen Auslegung von Pelton-Turbinen ist das mechanische De-
sign ein wichtiger Sektor bezüglich der Funktionalität und der Zuverlässigkeit al-
ler Maschinenkomponenten einschließlich Verteiler, Injektor, Laufrad, Turbinenge-
häuse und so weiter. Insbesondere erfordert die periodische Belastung der Pelton-
8 Einleitung
Das vorliegende Fachbuch befasst sich mit der Funktionsweise und den Auslegungs-
kriterien von Pelton-Turbinen auf einem breiten Spektrum der Hydromechanik, um
weitgehend ein vollständiges Bild dieser Hydro-Technologie darzustellen und die
wichtigsten Fachkenntnisse zusammenzufassen. Auf der hydraulischen Seite einer
Pelton-Turbine werden, ausgehend von den Wasserstrahlen, sämtliche Prozesse bis
Einleitung 9
W1 = C1 − U (1.2)
Der Wasserstrahl breitet sich in der Schaufel aus. Die Änderung der Strömungsrich-
tung des Wassers längs der Schaufeloberfläche bewirkt nach dem Impulssatz eine
Druckzunahme unter dem Wasserfilm. Gemäß der Bernoulli-Gleichung mit kon-
Z. Zhang, Freistrahlturbinen 11
DOI: 10.1007/978-3-540-70772-1, © Springer 2009
12 1 Arbeitsprinzip von Pelton-Turbinen
stanter Totalenergie verringert sich bei Zunahme der Wasserfilmdicke die entspre-
chende Geschwindigkeit. An der Oberfläche des Wasserfilms herrscht stets Atmo-
sphärendruck und daher stellt sich unter Voraussetzung einer reibungsfreien Strö-
mung auch eine konstante Geschwindigkeit ein, die aus Gl. (1.2) hervorgeht. Die
Druckverteilung und daher die Geschwindigkeitsverteilung im Wasserfilm werden
in Abschnitt 5.1.2 sowie Abschnitt 6.3 genauer betrachtet.
Sobald das Wasser den Schaufelaustritt (Index 2) erreicht, bzw. die Schaufel un-
ter dem Winkel β2 erlässt, steht es unter dem Umgebungsdruck. Die Relativge-
schwindigkeit des Wassers stellt sich wieder auf den Anfangswert nach Gl. (1.2)
ein (W2 = W1 = W ). Die Absolutgeschwindigkeit kann durch vektorielle Addition
ausgedrückt werden:
Nach dem Impulssatz steht die Richtungsänderung innerhalb der Strömung stets
mit einer entsprechenden Kraft in Verbindung. Diese Kraft ist nichts anderes als die
Druckkraft unter dem Wasserfilm. Wird die Strömung zwischen Ein- und Austritt
der bewegten Schaufel betrachtet, so berechnet sich die summierende Kraftkompo-
nente in der Richtung der Schaufelbewegung nach dem Impulssatz zu
Der Index bei FSch bezieht sich auf die Schaufel. Der Massenstrom des Wassers
in der Schaufel wird durch die Relativgeschwindigkeit (W ) bestimmt und mit ṁ w
bezeichnet.
Dieser Massenstrom steht mit dem Massenstrom des Absolutsystems (ṁ c ) im
folgenden Zusammenhang:
ṁ w = W/C0 · ṁ c (1.5)
Die Bedingung für maximale Arbeitsleistung kann zwar aus dPw /dU = 0 zu
U/C0 = 1/3 berechnet werden, diese Bedingung ist jedoch nicht die Bedingung
für eine maximale Umwandlung der im Wasserstrahl vorhandenen Energie. Zur Be-
rechnung der Arbeitsleistung wird daher die spezifische Arbeit (J/kg) aus der Inter-
aktion zwischen Wasserstrahl und Schaufel betrachtet. Aus der Düse tritt eine Ein-
heitsmasse des Wassers (1 kg) innerhalb der Zeit tc = 1/ṁ c aus. Das gleiche Wasser
braucht eine Zeitdauer von tc κ, um komplett in die Schaufel einzutreten. Die durch
Interaktion zwischen Wasserstrahl und Schaufel geleistete spezifische Arbeit ergibt
sich aus der Multiplikation der Arbeitsleistung mit der Zeit:
e = Pw tc κ (1.8)
Unter der Betrachtung der Gl. (1.7) sowie κ = C0 /W und ṁ c tc = 1 errechnet sich
die geleistete spezifische Arbeit
e = U W (1 − cosβ2 ) (1.9)
Die maximal geleistete spezifische Arbeit ergibt sich aus der Bedingung de/dU = 0
mit W = C0 − U zu:
U = 0.5C0 (1.10)
Unter dieser Bedingung beträgt die geleistete spezifische Arbeit aus Gl. (1.9)
1
e = C02 (1 − cosβ2 ) (1.11)
4
Die Austrittsgeschwindigkeit des Wassers aus der Schaufel ergibt sich aus Gl. (1.3):
1
C22 = C02 (1 + cosβ2 ) (1.12)
2
Aus Gl. (1.11) ist zu erkennen, dass die maximal geleistete spezifische Arbeit sich
ergibt, wenn für den Austrittswinkel am Schaufelaustritt β2 = 180◦ gilt:
1
e = C02 (1.13)
2
Sie ist gleich der im Wasserstrahl vorhandenen spezifischen kinetischen Energie.
Dementsprechend ist aus Gl. (1.12)
C2 = 0 (1.14)
14 1 Arbeitsprinzip von Pelton-Turbinen
die so sein muss, wenn die im Wasserstrahl vorhandene kinetische Energie an die
bewegte Schaufel gänzlich abgegeben wird.
Bei der praktischen Auslegung von Pelton-Turbinen kann die Austrittsgeschwin-
digkeit C2 nicht Null werden, da das Wasser von der Schaufel wegströmen muss,
um den Weg für die nachkommende Schaufel frei zu machen. Dementsprechend
ist der Austrittswinkel oft mit β2 ≈ 170◦ festgelegt. Die mit C2 = 0 verbundene
kinetische Energie des wegströmenden Wassers muss daher als ungenutzt bzw. als
Verlust betrachtet werden. Dieser Verlust wird in der Praxis oft als Austrittsverlust
bezeichnet.
Das in Abb. 1.1 dargestellte Modell ist ein hydraulisches Modell, bei dem für
eine reibungsfreie Strömung der Austrittsverlust als einziger Verlust auftritt. Der
hydraulische Wirkungsgrad ist definiert als das Verhältnis der geleisteten spezifi-
schen Arbeit zur spezifischen kinetischen Energie im Wasserstrahl. Aus Gl. (1.9)
mit W = C0 − U wird dieser berechnet zu
e U U
ηh = 2 = 2 · 1 − (1 − cosβ2 ) (1.15)
C0 /2 C0 C0
ηh = 2k (1 − k) (1 − cosβ2 ) (1.16)
In Abb. 1.2 ist der hydraulische Wirkungsgrad gemäß Gl. (1.16) in Abhängigkeit
vom Geschwindigkeitsverhältnis k dargestellt, wobei der Austrittswinkel zum β2 =
180◦ angenommen wurde. Der maximale hydraulische Wirkungsgrad ergibt sich
erwartungsgemäß bei k = 0.5 zu
Gemäß Abb. 1.4 wird ein Pelton-Rad hauptsächlich durch folgende Parameter di-
mensioniert:
Strahlkreisdurchmesser Dm = 2Rm ,
Radinnendurchmesser Db = 2Rb ,
Radaußendurchmesser Da = 2Ra ,
Spitzenkreisdurchmesser Ds = 2Rs ,
Durchmesser des Nebenschneidekreises Dc = 2Rc ,
Schaufelzahl N,
Schaufelbreite B,
Schaufelaustrittswinkel β2 ,
Grundkreisradius der Schaufelmittelschneide (auch als Hauptschneide bezeich-
net) rs .
Die Auslegung eines Pelton-Rades hängt von der hydraulischen Spezifikation der
Turbinenanlage ab. Ausgehend von den allgemeinen Anhaltspunkten in der Ausle-
gung, welche durch hydraulische Kennzahlen (Abschnitt 1.2.2) festgelegt sind, wird
das Pelton-Rad zusätzlich unter der Berücksichtigung des Generators und dessen
Drehzahl dimensioniert. Mehr dazu ist in Kapitel 17 zu finden. Der Austrittswin-
kel β2 wird unter Umständen durch die Austrittsbedingung (Kapitel 7) festgelegt,
während die Optima von Schaufelzahl aus Koinzidenz- und Symmetriebedingungen
(Kapitel 4) hergeleitet wird.
16 1 Arbeitsprinzip von Pelton-Turbinen
A Laufzahl km
Die Laufzahl stellt einen der wichtigsten Parameter bei der Auslegung von Pelton-
Turbinen dar. Sie hat die gleiche Bedeutung wie der k-Wert in Gl. (1.16) und re-
präsentiert den Wirkungsgrad in ähnlicher Form wie in Abb. 1.2 dargestellt. In der
Praxis ist die Laufzahl bisher immer im Bereich zwischen 0.45 und 0.48 festgelegt
worden, wodurch der maximal mögliche hydraulische Wirkungsgrad erzielt werden
kann.
Bei allgemeiner Betrachtung von Strömungsmaschinen wird oft die Druckzahl
in der Form ψ = Y/(Um2 /2) verwendet, wobei Y = g H als Stutzenarbeit bezeichnet
wird. Die Ableitung ergibt, dass zwischen der Laufzahl und der Druckzahl folgender
Zusammenhang besteht:
km = 1/ψ (1.19)
Aus diesem Grund wird zur Beschreibung einer Pelton-Turbine auf die Verwendung
der Druckzahl verzichtet.
B Schaufelauslastung ϕB
Q̇ D
ϕB = √ (1.20)
π/4 · B 2 2g H
mit B als Innenbreite der Schaufel. √
Da der aus einer Düse austretende Durchfluss Q̇ D = π/4 · d02 2g H (mit d0 als
Strahldurchmesser) ist, berechnet sich die Schaufelauslastung zu
2
d0
ϕB = (1.21)
B
C Spezifische Drehzahl nq
Ein weiterer Parameter zur Auslegung des Pelton-Rades ist die spezifische Dreh-
zahl, die hier direkt aus der Fachliteratur, z. B. von Pfleiderer und Petermann (1986),
übernommen wird. Sie ist definiert durch
Q̇ D
n q = n 3/4 (1.22)
H
Nach dieser Definition ist die spezifische Drehzahl weder dimensionslos noch ent-
spricht sie der Dimension der Drehzahl (1/min oder 1/s). Um Missverständnisse zu
vermeiden, werden mit Q̇ D und H bei der spezifischen Drehzahl diejenigen dimen-
sionslosen Größen bezeichnet, die jeweils auf den Volumenstrom Q̇ D = 1 m3 /s und
die Fallhöhe H = 1 m bezogen sind. Somit haben n und n q die gleiche Einheit, ent-
weder 1/s oder 1/min. In der vorliegenden Arbeit wird die spezifische Drehzahl n q
vorwiegend mit der Einheit 1/s verwendet.
Als Alternative zur spezifischen Drehzahl wird in der Fachliteratur die Schnell-
läufigkeit verwendet, die definiert ist durch
Q̇ D Q̇ D
ny = n = n 3/4 (1.23)
(g H )3/4 Y
Damit die Schnellläufigkeit dimensionslos bleibt, muss die Drehzahl in 1/s gegeben
sein.
Zwischen der spezifischen Drehzahl n q und der Schnellläufigkeit n y ergibt sich
aus Gln. (1.22) und (1.23) folgender Zusammenhang
Die spezifische Drehzahl oder die Schnellläufigkeit wird hauptsächlich dort ver-
wendet, wo bei gegebenem Durchfluss und gegebener Fallhöhe eine Pelton-Turbine
bezüglich der Düsenzahl, Drehzahl und Raddimension ausgelegt werden soll. Die
genaue Vorgehensweise bei der Auslegung einer Pelton-Turbine mittels der spezifi-
schen Drehzahl wird in Kapitel 17 ausführlich beschrieben. In Anbetracht ingenieur-
wissenschaftlicher Anwendungen wird im Rahmen dieses Buches ausschließlich die
spezifische Drehzahl nach Gl. (1.22) verwendet.
Es soll hier vermerkt werden, dass die spezifische Drehzahl gleichzeitig das
Durchmesserverhältnis δ = Dm /d0 , auch Durchmesserzahl genannt (Sigloch 2006),
darstellt. Dies
√ kann aus Gl. (1.22) abgeleitet werden, indem der Durchfluss durch
Q̇ D = 14 πd02 2g H ersetzt wird und die Laufzahl nach Gl. (1.18) verwendet wird:
km d0 d0
n q = g 3/4 √ = 2.63km (1/s) (1.26)
2 1/4 π Dm Dm
20 1 Arbeitsprinzip von Pelton-Turbinen
(2g)3/4 √ B √ B
nq = √ k m ϕB = 2.63km ϕB (1.27)
2 π Dm Dm
Unter dem Nennbetrieb, bei dem auch ϕB ≈ 0.11 gilt, repräsentiert die spezifische
Drehzahl nach Gl. (1.27) die geometrische Auslegung des Pelton-Rades durch das
geometrische Verhältnis B/Dm .
Da die spezifische Drehzahl gemäß ihrer Definition nach Gl. (1.22) direkt aus
dem Durchfluss und der Nettofallhöhe berechnet wird, ist sie für die Auslegung
von Pelton-Turbinen durch die Angaben von Q̇ D und H besonders geeignet. Aus
diesem Grund wird die Durchmesserzahl δ = Dm /d0 im vorliegenden Buch nicht
verwendet.
D Charakteristischer Schaufelstellungswinkel αo
Der Schaufelstellungswinkel αo gemäß Abb. 1.5 stellt einen Winkel dar, bei dem die
Nebenschneide der Schaufel die Strahlschicht auf der Strahlachse schneidet. Dieser
Winkel hat eine spezielle Bedeutung, da von ihm die sogenannte Durchgangsdreh-
zahl einer Pelton-Turbine abhängt. Während die Berechnung der Durchgangsdreh-
zahl erst in Kapitel 16 behandelt wird, sollen die Eigenschaften dieses Winkels und
dessen Zusammenhang mit der spezifischen Drehzahl bereits hier erläutert werden.
Bei Pelton-Turbinen sind die Schaufelgeometrien oft ähnlich. Insbesondere liegt
das Verhältnis der Schaufellänge zur Schaufelbreite zwischen 0.8 und 0.9. Wird
demzufolge die Differenz Dc − Dm = 0.85B angenommen, dann ist nach Abb. 1.5:
1
cosαo = Rm /Rc = (1.28)
1 + 0.85B/Dm
Zum Ersetzen von B/Dm wird Gl. (1.27) eingesetzt. Daraus ergibt sich
√
k m ϕB
cos αo = √ (1.29)
km ϕB + 0.32n q
1
cos αo = (1.30)
1 + 2n q
Dc /Dm = 1 + 2n q (1.31)
Uc Um Uc Dc
= = km (1.32)
C0 C 0 Um Dm
Uc
= km 1 + 2n q (1.33)
C0
ṁ c C0
2λ = = (1.35)
ṁ w W1
C02
FT = 2λFSch = ṁ c (1 − km)2 (1 − cosβ2 ) (1.36)
W1
Die Leistung, die der Wasserströmung aus einer Düse entspricht, wird berechnet aus
km = 0.5 (1.39)
P
ηh = 1 2
= 2km (1 − km) (1 − cosβ2 ) (1.40)
2 ṁ c C0
Formelmäßig entspricht dieser Ausdruck der Gl. (1.16). Der Grund dafür ist, dass
unter der Beziehung W1 = C0 − Um der senkrechte Eintritt des Wasserstrahls in die
Schaufeln angenommen wurde. Daher kann Gl. (1.40) auch als direkt von Gl. (1.16)
1.2 Pelton-Turbinen und ihre Spezifikation 23
übernommen angesehen werden. Wegen der Annahme W1 = C0 −Um gilt Gl. (1.40)
somit nur für die Darstellung des Arbeitsprinzips einer Pelton-Turbine und für die
grobe Aussage über den hydraulischen Wirkungsgrad. Insbesondere gibt das Ge-
schwindigkeitsverhältnis κ = C0 /W1 , das in Gl. (1.5) auch als Zeitfaktor bezeichnet
wurde, die Anzahl der Schaufeln an, die gleichzeitig von einem Wasserstrahl beauf-
schlagt sind. In Kapitel 4 und 6 wird dieser Faktor durch die Multischaufelziffer
λ = κ/2 ersetzt, die aus unterschiedlichen Aspekten berechnet wird.
In der Tat stellen die Gleichungen für FT , P und ηh lediglich das Arbeitsprinzip
einer Pelton-Turbine dar. Sowohl die Strahlkraft als auch der Leistungsaustausch in
einer Pelton-Turbine mit rotierenden Schaufeln verhalten sich etwas anders als in
nicht rotierenden Schaufeln. Die Interaktion zwischen dem Wasserstrahl und den
Schaufeln ist nun nicht mehr konstant, sondern ändert sich mit der Zeit. Aus der Be-
trachtung einer geradlinig bewegten Schaufel in Abschnitt 1.1 ist hervorgegangen,
dass zum Erzielen der maximalen Leistung das Geschwindigkeitsverhältnis U C0
bei 0.5 zu finden ist. Im praktischen Betrieb von Pelton-Turbinen liegt die Laufzahl
km für maximale Wirkungsgrade jedoch zwischen 0.45 und 0.48. Es wird bewusst
darauf geachtet, dass das Wasser nach dem Energieaustausch mit den rotierenden
Schaufeln noch genügend kinetische Energie besitzt, um aus den Schaufeln austre-
ten zu können. Der damit verbundene Verlust wird als Drallverlust bezeichnet. Der
vollständige Ausdruck des hydraulischen Wirkungsgrades wird in Kapitel 14 dar-
gestellt, nachdem die einzelnen hydraulischen Verluste inklusive Reibungsverlusten
behandelt wurden.
1.2.5 Parameterbezeichnung
Der Injektor in einer Pelton-Turbine stellt die wichtigste Komponente dar, die die
Druckenergie des Triebwassers in die kinetische Energie in der Form des Wasser-
strahls mit hoher Qualität umwandelt und den Durchfluss reguliert. Abb. 2.1 zeigt
das Grundprinzip eines Injektors, der vor allem aus dem Düsenmundstück und der
Regelnadel in Verbindung mit einem Servomotor besteht. Beim Großteil der Pelton-
Turbinen liegt der Servomotor außerhalb der Druckleitung. Aufgrund der hydrauli-
schen Optimierung werden die Düsen vielfach mit einem Steigungswinkel von ca.
42◦ bis 45◦ konstruiert. Die Regelnadeln weisen normalerweise einen Steigungs-
winkel von ca. 25◦ auf. Der Strömungsverlust des Injektors liegt gewöhnlich in der
Größenordnung von 1% bis 2%. Er wird nur berücksichtigt, wenn der Systemwir-
kungsgrad betrachtet wird.
Die Umwandlung der Druckenergie in die kinetische Energie wird durch die
Bernoulli-Gleichung ausgedrückt, nach der die Geschwindigkeit des Wasserstrahls
eine Funktion der Nettofallhöhe am Eintritt des Injektors ist:
C0 = 2g H (2.1)
Z. Zhang, Freistrahlturbinen 25
DOI: 10.1007/978-3-540-70772-1, © Springer 2009
26 2 Injektor
Die Düse des Injektors dient zur Beschleunigung des Wassers bzw. zur Umwand-
lung von Druckenergie in kinetische Energie. Aus dem konstanten Durchfluss durch
die Düse Q̇ = cm A = const ergibt sich die Beschleunigung der mittleren Geschwin-
digkeit längs der Düse im inkompressiblen Fall als Funktion der Düsengeometrie
und der Geschwindigkeit selbst:
dcm cm d A
=− (2.2)
dx A dx
In der Tat ist die Strömungsbeschleunigung in der Düse nach Abb. 2.2 nicht gleich-
mäßig, was zur Stromlinienkrümmung führt. Die Strömung im Querschnitt A kann
als gleichmäßig und daher als Potentialströmung angenommen werden. Am Dü-
senaustritt im unmittelbaren Bereich der Gehäuseoberfläche B herrscht der Um-
gebungsdruck.
√ Dort erreicht die Strahlgeschwindigkeit den maximalen Wert von
C0 = 2g H, wenn die Wirkung der Grenzschicht vorerst vernachlässigt wird. Da
Abb. 2.2 Beschleunigungen der Strömung und die Stromlinienkrümmung in der Pelton-Düse
2.1 Strömungsbeschleunigung in der Düse 27
entlang der Nadeloberfläche die Strömung noch weiter beschleunigt und daher die
Geschwindigkeit kleiner als C0 ist, ist die Geschwindigkeitsverteilung am Düsen-
austritt nicht gleichmäßig. Die Beschleunigung der Strömung vom Querschnitt A
zum Querschnitt B ist daher in Richtung senkrecht zur Nadeloberfläche unregelmä-
ßig. Entlang der Nadeloberfläche ist die Beschleunigung geringer als auf der Ge-
häuseseite der Düse. Bezogen auf das lokale Koordinatensystem in Abb. 2.2 ist die
Stromliniengleichung gegeben durch
dy cy
= (2.3)
dx cx
Es wird hier zuerst der allgemeine Fall betrachtet, wobei sich das Geschwindig-
keitsverhältnis c y /cx in der Strömung von Ort zu Ort ändert, d. h. c y /cx = f (x, y).
Davon ausgehend ergibt sich aus Gl. (2.3) die folgende Ableitung:
d2 y 1 ∂c y ∂c y dy ∂cx ∂cx dy
= 2 cx + cx − cy − cy (2.4)
dx 2 cx ∂x ∂y dx ∂x ∂y dx
Nun wird eine Stromlinie betrachtet, für die Gl. (2.3) wieder gilt. Zusätzlich wird
die Potentialströmung mit ∂c y /∂ x = ∂cx /∂y angenommen. Unter diesen Bedingun-
gen sowie der allgemeinen Kontinuitätsbedingung ∂cx /∂ x +∂c y /∂y = 0 vereinfacht
sich Gl. (2.4) zu
d2 y c2y ∂cx c y ∂cx
cx 2 = 1 − 2 −2 (2.5)
dx cx ∂y cx ∂ x
Es wird nun ein Koordinatensystem ξ − η festgelegt, bei dem die ξ -Achse mit der
Tangente der Stromlinie zusammenfällt. Das ist äquivalent zu einem mitbewegten
Koordinatensystem. Wegen cη = c y = 0 und cξ = cx = c ergibt sich aus Gl. (2.5)
d2 η 1 dc
= (2.6)
dξ 2 c dη
Diese Gleichung gilt nur für die Betrachtung längs einer Stromlinie, denn sie ist
erhalten worden aus Gl. (2.4), wobei für eine Stromlinie wieder Gl. (2.3) betrachtet
wurde und die Bedingung längs der Stromlinie mit cη = 0 verwendet worden ist.
Wegen der ungleichmäßigen Strömungsverteilung in der Düse, d. h. dc/dη = 0,
ist aus obiger Gleichung zu schließen, dass im Bereich zwischen Querschnitten A
und B alle Stromlinien gekrümmt sind (d2 η/dξ 2 = 0).
Die obige Betrachtung kann erweitert werden, um die Strömung unter dem Ein-
fluss von Reibung an der Düsenwand zu berechnen. Detaillierte Berechnungen wur-
den durchgeführt und veröffentlicht (Zhang 2003a), als der sogenannte Fallhöhen-
effekt (head effect) untersucht wurde.
28 2 Injektor
Der Injektor der Pelton-Turbine generiert einerseits einen Wasserstrahl mit hoher
Geschwindigkeit gemäß Gl. (2.1) und reguliert den Durchfluss andererseits. Die
Regulierung des Durchflusses geschieht durch die Verstellung der Regelnadel in
der Düse. Zur Beschreibung des Durchflusses ( Q̇ D ) durch eine Düse wird die sog.
Durchflusszahl verwendet, die häufig folgendermaßen definiert ist
4 Q̇ D
ϕD0 = √ (2.7)
π · D02 2g H
Dabei ist D0 der konstante Durchmesser des Düsenmundes. Die Nettofallhöhe wird
mit H bezeichnet.
Die physikalische Bedeutung der Definition in Gl. (2.7) wird nachfolgend ver-
anschaulicht. Der Wasserstrahl weist seinen engsten Querschnitt dort auf, wo alle
Stromlinien parallel laufen und daher konstanter Druck herrscht. An diesem engsten
Querschnitt, der auch als Einschnürstelle des Wasserstrahls bezeichnet wird, kann
die Bernoulli-Gleichung für die Geschwindigkeitsberechnung verwendet werden.
Der Durchfluss eines Wasserstrahls wird somit berechnet aus
1
Q̇ D = πd02 2g (H − h v ) (2.8)
4
Dabei wird der Fallhöhenverlust im Injektor durch h v angegeben, d0 bezeichnet den
Strahldurchmesser an der Strahleinschnürstelle.
Der Fallhöhenverlust im Injektor ist gegenüber der Nettofallhöhe ein sehr kleiner
Wert, d. h. h v /H 1. Unter dieser Bedingung lässt sich Gl. (2.8) umformen zu
1 1 hv
Q̇ D = πd02 1 − 2g H (2.9)
4 2H
wurde jedoch eine kleine Abhängigkeit der Durchflusszahl von der Fallhöhe fest-
gestellt, die man als Fallhöheneffekt bezeichnet hat. Wie in Abschnitt 2.4 gezeigt
wird, handelt es sich dabei um einen von der Reynolds-Zahl abhängigen Effekt.
Für einen konkreten Injektor ist die oben definierte Durchflusszahl lediglich vom
Nadelhub s abhängig. Wie bereits in Abb. 2.3a gezeigt wurde, lässt sich diese Ab-
hängigkeit aus Messungen bestimmen. Mit hinreichender Genauigkeit lässt sich
die Durchflusszahl in Abhängigkeit vom Nadelhub (als Düsenkennlinie bezeichnet)
durch eine quadratische Funktion annähern:
2
s s
ϕD0 = a +b (2.12)
D0 D0
wobei D0 der Durchmesser des Düsenmundes ist. Die Konstanten a und b sind
durch Kalibrierung zu bestimmen.
Häufig ist die Düsenkennlinie für eine Prototypturbine direkt aus dem Durch-
flussverhältnis gegeben
Q̇ D s s H
= k1 + k2 (2.13)
Q̇ D,N smax smax HN
1 smax
k1 = ·a (2.14)
ϕD0,N D0
1 smax 2
k2 = ·b (2.15)
ϕD0,N D0
2.3 Durchflusszahl ϕDe und Gesetzmäßigkeit der Düsenkennlinie 31
Dabei ist die Nenndurchflusszahl ϕD0,N nach Gl. (2.7) zu berechnen. Offensichtlich
hängen beide Konstanten k1 und k2 von der Angabe der Nenndurchflusszahl und
daher des Nenndurchflusses ab.
Eine weitere Darstellung der Düsenkennlinie ist gegeben durch
2
Q̇ D s s
Q̇ 1 = √ = m 1 · + m2 (2.16)
H smax smax
Q̇ D,N
m 1 = k1 √ (2.17)
HN
Q̇ D,N
m 2 = k2 √ (2.18)
HN
Die durch Gl. (2.16) dargestellte Düsenkennlinie hat den Nachteil, dass für geome-
trische ähnliche Düsen die Konstanten m 1 und m 2 nicht konstant bleiben. Dies liegt
daran, dass m 1 und m 2 nicht dimensionslos sind.
Aus dem Beispiel, das in Abb. 2.4 gezeigt wurde, geht hervor, dass die Durchfluss-
kurven bei einer Düse mit verschiedenen Nadeln durch die Benutzung der effektiven
Öffnungsfläche am Düsenaustritt eindeutig dargestellt werden können. Aus diesem
Grund kann die Durchflusszahl auch in Bezug auf die effektive Öffnungsfläche de-
finiert werden:
Q̇ D
ϕDe = √ (2.19)
ADe 2g H
Unter der Annahme kleiner Strömungsverluste im Injektor, d. h. h v /H 1, und
analog zu Gl. (2.10) lässt sich Gl. (2.19) umformen zu
πd02 1 hv
ϕDe = 1− (2.20)
4 ADe 2H
Sie stellt das Verhältnis des Strahlquerschnitts zur effektiven Öffnungsfläche der
Düse dar, da die Wirkung des Fallhöhenverlustes vernachlässigbar klein ist.
Der Vergleich mit Gl. (2.10) zeigt den Zusammenhang zwischen den beiden De-
finitionen der Durchflusszahl:
ϕD0 4 ADe ADe
= = (2.21)
ϕDe π · D0
2 AD0
32 2 Injektor
Nachdem die Kennlinie in dieser Darstellung unabhängig von der Nadel bzw. dessen
Steigungswinkel ist, gilt sie auch für die Düse, in der eine Regelnadel mit dem
Steigungswinkel αN2 eingebaut ist. Ausgehend von Gl. (2.22) wird die Kennlinie
wieder in die Form ϕD0,2 für die Düse mit einer zweiten Nadel umgerechnet:
ADe,2 ADe,2
ϕD0,2 = ϕDe = ϕD0,1 (2.23)
AD0 ADe,1
Diese Gleichung stellt die Gesetzmäßigkeit der Düsenkennlinie dar. Der Umrech-
nungsfaktor ist lediglich eine geometrische Größe, die nach Gl. (2.11) leicht be-
stimmt werden kann.
2.4 Reynoldszahl-Effekt
Der Durchfluss durch einen Injektor wird aus der Durchflusszahl nach Gl. (2.7)
oder mit dem Diagramm (Abb. 2.3a) bestimmt. Theoretisch gelten die Durchfluss-
zahl und ihre grafische Darstellung nach Abb. 2.3 sowohl für die Modellturbine bei
niedrigen Fallhöhen als auch für ihren Prototyp bei großen Fallhöhen. Im prakti-
schen Betrieb von Pelton-Turbinen wurde jedoch ein Unterschied von bis zu 5%
zwischen den Düsenkennlinien der Modellturbinen und den jeweiligen Prototypen
festgestellt (Keck 2000). Konkret heißt das, dass bei gleichem Düsenöffnungsver-
hältnis die Durchflusszahl bei größeren Fallhöhen abnimmt. Dieses Phänomen wur-
de früher als Fallhöheneffekt bezeichnet. Die Ursache für diesen Effekt war lange
Zeit unbekannt. Nach Gl. (2.10) ist der Unterschied in der Durchflusszahl sicher-
lich nicht einfach auf den Fallhöhenverlust im Injektor zurückzuführen, denn die-
ser Verlust liegt in der Größenordnung von nur etwa 1%. Der Unterschied muss
im Strahlquerschnitt liegen. Das heißt, dass das Verhältnis von Strahlquerschnitt
zur Düsenmundfläche von der Fallhöhe abhängen muss, wenn die Fallhöhe vorerst
als einzige Variable betrachtet wird. Dies bedeutet wiederum, dass die Stromlini-
en zwischen dem Düsenmund und dem engsten Querschnitt (Einschnürstelle) des
Wasserstrahls nicht ähnlich verlaufen. Die Ursache dieses nicht-ähnlichen Strom-
linienverlaufes liegt somit in der Düse. In einer Untersuchung nach Zhang et al.
2.5 Strömungskräfte und Gleichgewichtszustand in der Düse 33
(2000b) wurde darauf hingewiesen, dass die Grenzschicht auf der Seite des Düsen-
gehäuses dafür verantwortlich ist. Davon ausgehend wurde von Zhang (2003a) eine
detaillierte Analyse zum sogenannten Fallhöheneffekt gemacht. Die Analyse zeig-
te, dass nicht allein die Fallhöhe bei einer gegebenen Düse die gesuchte Ursache ist,
sondern auch der Dimensionsunterschied zwischen einer Modelldüse und der Proto-
typdüse wirksam wird. Aus diesem Grund soll der sogenannte Fallhöheneffekt als
Reynoldszahleffekt interpretiert werden.
Die Analyse von Zhang (2003a) konnte mittels Laser-Doppler-Messverfahrens
experimentell bestätigt werden.
Die Regelnadel in der Düse dient dazu, die Öffnung der Düse und somit den Durch-
fluss zu regulieren. Weil die Nadel beim Wasserdurchfluss unter der Wirkung der
Strömung steht, erfolgt die Regulierung stets gegen die Strömungskraft. Diese Kraft,
die von der Nadelstellung abhängig ist, hat je nach Hub eine Schließ- oder Öffnungs-
tendenz. Aus Sicherheitsgründen muss sich die Düse in jeder Situation selbsttätig
schließen können. Die Verstellung der Nadel in der Düse erfolgt meist durch einen
Servomotor, der z. B. durch Öldruck betrieben wird. Zur Auslegung des Servomo-
tors sowie aus Sicherheitsgründen muss das Kraftverhältnis rund um die Nadel zu
jeder Nadelposition bekannt sein. Von der Strömung her erfährt die Nadel sowohl
eine Kraft zum Düsenöffnen als auch zum Düsenschließen. Zur Erleichterung der
Nadelverstellung, vor allem bei einem großen Nadelhub, baut man fast immer eine
Druckfeder in den Servomotor ein. Die gesamte Strömungskraft muss stets mit der
Stellkraft des Servomotors und der Federkraft in Gleichgewicht stehen.
Die Strömungskraft, die auf die Nadel wirkt, ist die integrierte Druckkraft an der
gesamten Nadeloberfläche. Die exakte Berechnung dieser Strömungskraft ist rech-
nerisch sehr aufwendig. Auf der einen Seite führt die Strömungsbeschleunigung in
der Düse zum Abbau des statischen Druckes in Richtung des Düsenaustritts. Auf der
anderen Seite ist aufgrund der Stromlinienkrümmung im Zwischenraum zwischen
dem Düsengehäuse und der Nadel der statische Druck quer zur Strömung nicht
konstant. Der Einfachheit halber kann an jedem Strömungsquerschnitt der mittle-
re Druck verwendet werden, der aus der Bernoulli-Gleichung bestimmt wird. Die
Anwendung der Bernoulli-Gleichung setzt voraus, dass der Strömungsquerschnitt
längs des Strömungskanals zur jeder Nadelstellung bekannt sein muss.
Die Totalkraft auf die Nadel besteht aus mehreren Teilkräften, die einzeln be-
trachtet werden müssen. Dabei ist zwischen innen- und außenregelnden Servomo-
toren zu unterscheiden.
34 2 Injektor
A Nadelkraft
Zur Bestimmung der Nadelkraft muss die Strömungskraft, d. h. der statische Druck
über dem Nadelkopf integriert werden. Die Integration kann mit numerischen Me-
thoden leicht durchgeführt werden, indem längs des Strömungskanals die Nadel-
oberfläche in etwa 50 bis 100 Querschnittszonen aufgeteilt wird.
Abb. 2.5 Bestimmung des Strömungsquerschnittes und des Druckes in der Düse
2.5 Strömungskräfte und Gleichgewichtszustand in der Düse 35
trachtet. Als Mittellinie gilt die Linie, die den Strömungsquerschnitt in Innen- und
Außenringquerschnitten mit gleichem Inhalt teilt. Der Einfachheit halber kann die
jenige Linie als Mittellinie betrachtet werden, die an jeder Stelle den gleichen Ab-
stand jeweils zu Nadeloberfläche und Düsengehäuse hat. Nach Abb. 2.5 ist es die
Strecke oc = od. Mit dem Steigungswinkel ϕ der Mittellinie wird der Strömungs-
querschnitt an der Stelle o berechnet aus
A = π yc2 − yd2 /cos ϕ (2.24)
Die Berechnung nach Gl. (2.27) gilt für eine Nadelstellung. Für den ganzen Öff-
nungsbereich, d. h. für die Nadelstellung von Null bis Maximum, muss die Be-
rechnung wiederholt werden, wobei der Nadelhub als Parameter zu variieren ist.
Die entsprechende Berechnung kann z. B. mit Hilfe der Tabellenkalkulation leicht
durchgeführt werden. Als Beispiel ist in Abb. 2.7 die Nadelkraft als Schließkraft
(Kurve 1) aus Berechnungen nach Gl. (2.27) gegenüber der Nadelstellung darge-
stellt. Im gesamten Öffnungsbereich der Düse stellt die integrierte Nadelkraft die
positive Schließkraft dar.
Abb. 2.7 Beispiel zum Kraftverhältnis in einem Injektor mit außenregelndem Servomotor
1 Innere Nadelkraft (Schließtendenz)
2 Rückstoßkraft (Öffnungstendenz)
3 Ausgleichskolbenkraft (Öffnungstendenz)
4 Federkraft (Schließtendenz, ohne Vorspannung)
5 Stellkraft des Servomotors
2.5 Strömungskräfte und Gleichgewichtszustand in der Düse 37
(2) Rückstoßkraft
Eine weitere Kraft auf der Nadel ist die Kraft rund um den Außenteil der Nadel in-
folge der Strömungseinschnürung. Dass diese Kraft tatsächlich existiert, lässt sich
mit dem Impulssatz zeigen. Dazu wird nach Abb. 2.8 ein Kontrollraum zwischen
dem ringförmigen Düsenaustritt (Index 1) und der Einschnürstelle des Wasserstrahls
(Index 0) festgelegt. Der ringförmige Austrittsquerschnitt wird nach Gl. (2.11) be-
rechnet aus:
s
A1 = π 1 − · sin 2αN D0 s · sin αN (2.28)
2D0
Zwischen Querschnitt 0 und 1 wird der Impulssatz angewendet. Die von der Nadel
auf die Strömung wirkende Kraft, die nach Abb. 2.8 in die Strömrichtung gerichtet
ist, ergibt sich nach dem Impulssatz als
1 Q̇ 2
FR = (2 A0 − A1 cos αN ) ptot + (AD0 − A1 cos αN ) p0 − ρ D cos αN (2.32)
2 A1
Weil sowohl der Querschnitt A1 als auch der Durchfluss Q̇ D und somit der Strahl-
querschnitt A0 = Q̇ D /C0 sich mit dem Nadelhub ändern, ist die Kraft FR ebenfalls
vom Nadelhub abhängig. Diese Kraft ist gleich der Kraft, die von der Strömung auf
die Nadel mit einer Öffnungstendenz wirkt. Sie wird daher als Rückstoßkraft be-
zeichnet. Im betrachteten Beispiel nach Abb. 2.7 ist diese Kraft durch die Kurve 2
dargestellt. Im geschlossenen Zustand der Düse ( Q̇ D = 0, A1 = 0, A0 = 0) ist die
entsprechende Kraft:
FR = p0 AD0 (2.33)
Aus Gl. (2.32) ist zu erkennen, dass die Wirkung des Atmosphärendrucks nicht auto-
matisch entfällt. Im Rechenbeispiel nach Abb. 2.7 erkennt man die Größenordnung
der Wirkung des Atmosphärendrucks, indem die Rückstoßkraft FR im geschlosse-
nen Zustand der Düse größer als Null ist. Sie ist jedoch meistens wegen p0 ptot
vernachlässigbar.
FN = FN,In − FR (2.34)
Die Nadelkraft bei der geschlossenen Düse kann auf einfache Weise bestimmt wer-
den. Im geschlossenen Zustand herrscht in der Düse konstanter Druck, der gleich
dem Totaldruck ptot ist, von dem aus eine Schließkraft resultiert. Gemäß Abb. 2.9
und mit R0 = D0 /2 wird diese Schließkraft berechnet aus
FN,0 = ( ptot + p0) π R02 − rS2 − p0π R02 = ptotπ R02 − rS2 − p0πrS2 (2.35)
Der zweite Term auf der rechten Seite der Gleichung ist gegenüber dem ersten Term
zwar vernachlässigbar, deutet jedoch darauf hin, dass die Wirkung des Atmosphä-
rendrucks in der Kraftberechnung auch hier nicht automatisch wegfällt. Das ist der
Grund, warum zum Totalüberdruck (entspricht der Nettofallhöhe) in der Düse der
Atmosphärendruck theoretisch stets mitberechnet werden muss. Weil der Wasser-
druck bei einer Pelton-Turbine meistens mehrere hundert bis über tausend Meter
500
400
300
200
0.0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 s/D0
Wassersäule beträgt, kann die Wirkung des Atmosphärendrucks hinsichtlich der Na-
delkraft gegenüber diesem hohen Totaldruck und der daraus resultierenden Druck-
kraft vernachlässigt werden.
Die Kraft, die aus Gl. (2.35) berechnet wurde, gilt zugleich als die Asymptote
der Integrationsberechnungen, wenn die Nadel sich schrittweise auf die Schließstel-
lung der Düse bewegt. Sie kann daher verwendet werden, um die Genauigkeit der
Integration zu überprüfen.
Für die Abschätzung der Nadelkraft, die im Grund genommen nach Gl. (2.34) zu
berechnen ist, kann der folgende allgemeine Ansatz verwendet werden (Bohl 2005):
FN = K D D02 − dS2 g H (2.36)
B Ausgleichskolbenkraft
Nach Abb. 2.1 wirkt der Wasserdruck direkt auf eine Seite des Ausgleichskolbens.
Der wirksame Druck ist der statische Druck in der Strömung. Die Kraft auf den
Ausgleichskolben wirkt sich somit als eine Öffnungskraft bei der Nadel aus und
wird entsprechend Abb. 2.1 berechnet aus:
π 2 1 2
FK = DK − d S
2
ptot − ρc (2.37)
4 2
Dabei wird 1/2ρc2 als der dynamische Druck in der Strömung bezeichnet. Er ist
direkt vom Durchfluss und daher von der Nadelstellung abhängig. Weil dieser dy-
namische Druck gegenüber dem Totaldruck sehr klein ist, ist die Kraft FK in der obi-
40 2 Injektor
gen Gleichung fast unabhängig von der Nadelstellung. Dies ist auch aus Abb. 2.7,
Kurve 3 ersichtlich.
C Federkraft
Aus den vorhergehenden Betrachtungen und zusammen mit Abb. 2.7 ist ersichtlich,
dass die gesamte Wirkung von Nadelkraft, Rückstoßkraft und Ausgleichskolben-
kraft nicht in allen Fällen eine resultierende Kraftkomponente in Schließrichtung
ergibt, vor allem im Bereich mit großer Düsenöffnung. Um die Düsen in jedem Be-
triebszustand gegenüber der Strömungskraft sicher schließen zu können, sind fast
bei allen Servomotoren von Pelton-Turbinen Druckfedern eingebaut, die vor allem
bei großer Düsenöffnung die Regulierung bzw. das Schließen der Düse sicherstellen
sollen. Je nach der erforderlichen Federkraft wird die Druckfeder oft bereits im Zu-
stand der geschlossenen Düse um s0 vorgespannt. Nach dem Hookschen Federsatz
berechnet sich die Federkraft zu jeder Nadelstellung s aus
FF = R · (s0 + s) (2.38)
D Stellkraft
F = FN,In − FR − FK + FF (2.39)
Sie gilt zugleich als Stellkraft, die der Servomotor aufbringen muss. In Abb. 2.7 ist
diese Kraft als Kurve 5 dargestellt. Sie bewirkt im ganzen Bereich des Nadelhubs
eine Schließkraft. Bei großen Öffnungen der Düse ist die resultierende Schließkraft
deutlich kleiner. Würde diese Kraft negativ, so müsste eine stärkere Druckfeder ver-
wendet werden.
Bei der Auslegung des Injektors wird der Servomotor gelegentlich in die Druck-
leitung eingebaut. Der Vorteil einer derartigen Auslegung besteht darin, dass die
Druckleitung am Injektoreinlauf nicht zwingend gekrümmt werden muss. Die Zu-
2.5 Strömungskräfte und Gleichgewichtszustand in der Düse 41
strömung zum Injektor bleibt somit ungestört. Der Nachteil ist jedoch die schlechte
Zugänglichkeit für Wartungsarbeiten und Revisionen.
Ein Injektor mit innenregelndem Servomotor ist in Abb. 2.11 skizziert. Zur Be-
stimmung der erforderlichen Stellkraft muss die Nadelkraft wie auch die Federkraft
gegeben sein. Die Bedingung, dass sich die Düse in jeder Situation selbstständig
schließen können muss, gilt auch hier. Bei der Nadelkraft handelt es sich vor allem
um eine integrierte Kraft, die eine Öffnungstendenz aufweist, und eine Kraft am
Rücken der Nadel, die eine Schließtendenz bewirkt. Die Bestimmung der Öffnungs-
kraft aus der Integration der Druckkraft erfolgt nach dem gleichen Verfahren, wie es
im Abschnitt 2.5.1 für die Injektoren mit außenregelnden Servomotoren beschrie-
ben wurde. An einem zweiten Rechenbeispiel ist die daraus gerechnete Nadelkraft
in Abb. 2.12 als Kurve 1 dargestellt (Öffnungstendenz). Die Rückstoßkraft kann aus
Abb. 2.12 Beispiel zum Kraftverhältnis in einem Injektor mit innenregelndem Servomotor
1 Innere Nadelkraft (Öffnungstendenz)
2 Rückstoßkraft (Öffnungstendenz)
3 Nadelrückenkraft (Schliesstendenz)
4 Federkraft (Schliesstendenz, ohne Vorspannung)
5 Stellkraft des Servomotors
42 2 Injektor
Gl. (2.32) berechnet werden, wie sie in Abb. 2.12 als Kurve 2 gezeigt ist. Die Kraft
am Rücken der Nadel bewirkt eine Schließtendenz. Infolge des dort vorliegenden
konstanten statischen Drucks ( p) wird diese Kraft berechnet aus
1 1 2
FB = ptot + p0 − ρc2 π DN − DS2 (2.40)
2 4
Die Geschwindigkeit muss aus dem Durchfluss und dem konstanten Strömungs-
querschnitt an der entsprechenden Stelle berechnet werden.
Die Gesamtschließkraft berechnet sich aus
F = −FN,In − FR + FB + FF (2.41)
In Abb. 2.12 ist diese Kraft durch Kurve 5 bezeichnet. Sie gilt auch als die Stellkraft,
die der Servomotor aufbringen muss.
Kapitel 3
Wasserstrahl
Der Wasserstrahl aus der Düse eines Injektors ist hoch dynamisch und unterliegt ei-
nem intensiven Austausch mit der Umgebungsluft, sodass die Wasserstrahlströmung
in der Regel auch hoch turbulent ist. Die Kenntnisse über den Wasserstrahl sind fast
ausschließlich aus experimentellen Messungen gewonnen worden. Die Messung der
Geschwindigkeitsverteilung im Wasserstrahl geschah nahezu ausschließlich durch
Anwendung von Pitot-Rohren (Berntsen 2001, Brekke 2005). Die Genauigkeit die-
ser Messmethode ist sehr beschränkt. So ist man damit z. B. nicht in der Lage, die
Geschwindigkeit vor der engsten Stelle (Einschnürstelle) des Wasserstrahls zu mes-
sen, wo die Stromlinien gekrümmt sind. Die fotografische Methode diente vor allem
dazu, die Strahlerweiterung und die Instabilität des Wasserstrahls zu untersuchen.
Sowohl Messungen mit Pitot-Rohren als auch Visualisierungen durch fotografische
Aufnahmen sind nicht in der Lage, die hydrodynamischen Eigenschaften des Was-
serstrahls vollständig darzustellen.
Ein entscheidender Fortschritt bei experimentellen Messungen von Wasserstrah-
len konnte durch Lasermessmethoden, namentlich der Laser-Doppler-Anemometrie
(LDA) verzeichnet werden (Zhang 2000a, 2000b, 2001, 2003b). Eine Zusammen-
fassung der wichtigsten Kenntnisse aus den Messungen findet man bei Zhang und
Casey (2007c). Die Untersuchungen haben dazu beigetragen, dass die hydraulischen
Eigenschaften des Wasserstrahls systematisch aufgeklärt werden können.
Die folgenden Abschnitte befassen sich nach einer kurzen Erläuterung in die
LDA-Technik mit der allgemeinen Charakterisierung des Wasserstrahls und dessen
Eigenschaften, die ursprünglich aus experimentellen Untersuchungen an einer Mo-
delldüse festgestellt wurden. Weil es sich vor allem um allgemeine Eigenschaften
von Wasserstrahlen handelt, ist es nicht nötig, zwischen Modellturbinen und ihren
Prototypen zu unterscheiden.
Z. Zhang, Freistrahlturbinen 43
DOI: 10.1007/978-3-540-70772-1, © Springer 2009
44 3 Wasserstrahl
Abb. 3.2 Geschwindigkeitsverteilung in einem Freistrahl aus einem Injektor mit geradem Einlauf
46 3 Wasserstrahl
dr cr
r = = (3.4)
dz cz
3.2 Axial-symmetrischer Wasserstrahl 47
Um sich auf die Stromlinien zu beschränken, wird die Beziehung dr /dz = cr /cz
aus Gl. (3.4) in die obige Gleichung eingesetzt. Ferner wird eine Potentialströ-
mung angenommen, für die dann ∂cr /∂z = ∂cz /∂r gilt. Unter diesen Bedingun-
gen reduziert sich Gl. (3.5) mit cr /cz 1 zu
1 ∂cz
r = (3.6)
cz ∂r
Der Krümmungsradius der Stromlinien errechnet sich dann aus
1 r 1 ∂cz
= 3/2 ≈ r = (3.7)
R 1 + r 2 cz ∂r
Da der Geschwindigkeitsgradient ∂cz /∂r aus Messungen nach Abb. 3.2 be-
stimmt werden kann, lässt sich der Krümmungsradius der Stromlinien direkt
berechnen. Tabelle 3.1 zeigte die aus Messungen berechneten Krümmungsradi-
en der Stromlinien am ersten Messquerschnitt, wobei die Fallhöhe jeweils 10,
20, und 30 Meter beträgt.
Es ist ersichtlich, dass aufgrund des fast gleichen Krümmungsradius die Strom-
linien bei verschiedenen Fallhöhen unverändert bleiben. Die Strahlströmungen
sind daher ähnlich.
Die Krümmung der Stromlinie hat außerdem zur Folge, dass der Druck zur
Strahlachse hin zunimmt. Der entsprechende Druckgradient kann aus der Im-
pulsgleichung bestimmt werden. Die Euler-Gleichung in radialer Richtung ist
in diesem Fall
1 dp ∂cr ∂cr
− = cr + cz (3.8)
ρ dr ∂r ∂z
Der Wasserstrahl gilt als Potentialströmung und ist damit drehungsfrei. Die
∂cz
entsprechende Bedingung ist gegeben durch ∂c ∂z − ∂r = 0. Da aus Gl. (3.7)
r
48 3 Wasserstrahl
∂cz cz
∂r = R gilt, erhält man somit
∂cr cz
= (3.9)
∂z R
Der Druckgradient im Wasserstrahl an der beschriebenen Messstelle errechnet
sich aus Gl. (3.8) mit cr ≈ 0 zu
1 dp ∂cz c2
= −cz =− z (3.10)
ρ dr ∂r R
Dieser Druckgradient wirkt analog zum Strömungsfeld in einem Potentialwir-
bel (siehe auch Abschnitt 5.1.2).
3.3 Strahlerweiterung
Durch Messungen (Abb. 3.2) konnte festgestellt werden, dass die Strahlgeschwin-
digkeit und daher der Strahldurchmesser über die Messlänge fast unverändert ge-
blieben sind. Aufgrund von Beobachtungen und fotografischen Aufnahmen spricht
man jedoch häufig von einer Strahlerweiterung um ca. 0.2◦ bis 0.5◦. Eine derartige
Strahlerweiterung kann in dieser Größenordnung nicht vorliegen. Wird angenom-
men, dass die Strahlerweiterung nach Abb. 3.3 durch α beschrieben wird, so ergibt
sich aus dem konstanten Durchfluss Q̇ = AC̄ die Änderung der mittleren Geschwin-
digkeit längs des Wasserstrahls mit
dC̄ C̄ d A
=− (3.11)
dz A dz
dA dr
= 2π · r = 2π · r tan α (3.12)
dz dz
Die spezifische kinetische Energie des Wasserstrahls ist gegeben durch e = C̄ 2 /2.
Ihre Änderung längs des Wasserstrahls berechnet sich aus
de dC̄
=2 (3.13)
edz C̄dz
Durch Einsetzen der Gln. (3.11) und (3.12) in Gl. (3.13) und mit d0 = 2r0 als Strahl-
durchmesser erhält man schließlich die Änderung der kinetischen Energie längs des
Wasserstrahls in folgender Form:
e z
= −8 tan α · (3.14)
e d0
Für eine typische Lauflänge des Wasserstrahls von z/d0 = 4 und einen Strahler-
weiterungswinkel von 0.2◦ errechnet sich somit der Energieverlust gemäß Gl. (3.14)
zu 11%. Dieser Verlust ist in der Tat unrealistisch. Ein Verlust an kinetischer Energie
von 1% auf einer Strecke von z/d0 = 4 setzt nach Gl. (3.14) eine Strahlerweite-
rung von lediglich 0.02◦ voraus. Aus dieser Abschätzung lässt sich schließen, dass
die in der Praxis beobachtete Strahlerweiterung sich nur auf die Strahloberfläche be-
schränkt und daher im Hinblick auf den Energieverlust unbedeutend ist. Vielmehr
kommt diese scheinbare Strahlerweiterung durch turbulenten Impulsaustausch mit
der Umgebungsluft Zustande.
In der Praxis befinden sich Injektoren von Pelton-Turbinen meist nach stark ge-
krümmten Rohrbogen (Abb. 1.3). Bei Vertikalturbinen mit mehreren Injektoren ist
dies wegen der notwendigen Verteilleitung immer der Fall. Die Zuströmung zu je-
dem Injektor wird von der individuellen Rohrkrümmung stark beeinflusst. Sie ist
nicht mehr rotationssymmetrisch, sondern weist Sekundärstruktur mit Vordrallzel-
len auf. Vom Prinzip her werden alle axialen Unregelmäßigkeiten oder Störungen in
der Strömung durch die Strömungsbeschleunigung in der Düse wirksam abgebaut.
Dies konnte dadurch bestätigt werden, dass Störungen durch Rippen bzw. künst-
lich verstärkte Störungen im Injektor keine Spuren im Wasserstrahl hinterlassen ha-
ben (Zhang 2000b). Die in der Strömung vorhandenen Vordrallzellen zeigen jedoch
ein anderes Verhalten. Nach dem Drallerhaltungssatz für reibungsfreie Strömun-
gen bleibt die damit verbundene Strömungsrotation auch im Wasserstrahl erhalten.
Abb. 3.4 zeigt die entsprechenden Sekundärströmungen an den Querschnitten je-
weils direkt nach der Krümmung und im Wasserstrahl, die für eine 90◦ -Krümmung
50 3 Wasserstrahl
Abb. 3.4 Sekundärströmung in der Strömung vor dem Injektor nach einem 90◦ -Rohrbogen und
im Freistrahl, nach Zhang und Casey (2007c)
vor dem gleichen Modellinjektor gültig sind, wie er für die Versuche in Abb. 3.2 ver-
wendet wurde. Die hohe Auflösung sehr geringer Geschwindigkeiten in der Sekun-
därströmung im betrachteten Strahlquerschnitt wurde durch die von Zhang (2001,
2002, 2005a) entwickelte Dual-Mess-Methode (DMM) erzielt.
In Abb. 3.4 sind zwei strukturierte Strömungsrotationen im Wasserstrahl zu er-
kennen, die mit der Struktur der Sekundärströmung am Injektoreintritt identisch
sind. Obwohl die Sekundärbewegung des Wassers im Wasserstrahl sehr schwach
ist, kann sie die Strahlqualität entscheidend beeinflussen. Die Sekundärbewegun-
gen des Wassers im Wasserstrahl sind so orientiert, dass diese Strömungen auf der
Seite des Wasserstrahls aufeinander treffen, die der Innenseite des Rohrbogens ent-
spricht. Aufgrund der freien Oberfläche des Wasserstrahls tendiert das Wasser beim
Zusammentreffen dazu, dem Wasserstrahl lokal zu entweichen. Dadurch wird an der
Oberfläche des Wasserstrahls eine visuell gut erkennbare und stabile Längssträhne
aus Wassertropfen gebildet. Derartige Längssträhnen gelten vor allem als Störfak-
tor für die mechanischen Teile der Maschinen. Trifft die Strähne auf die Schaufel,
so können lokale Beschädigungen am Material hervorgerufen werden. Bei mehrdü-
sigen Pelton-Turbinen müssen die Düsen jeweils vor Tropfenschlag durch andere
3.4 Sekundärströmungen im Wasserstrahl und Strahlqualität 51
Düsen geschützt werden. Das in der Praxis häufig verwendete Schutzdach leidet
direkt unter dem starken Tropfenschlag und trägt Schäden davon (Abb. 3.5).
Zur Verbesserung der Strahlqualität in Pelton-Turbinen ist vor allem die Bildung
von Strähnen an der Strahloberfläche zu unterdrücken. Da die Ursache der Strähnen-
bildung stromauf am Einlauf des Injektors liegt, sollte die Anwendung von Rohr-
bögen mit scharfen Krümmungen möglichst vermieden werden. Der Einbau eines
dichten Gitters vor dem Injektoreintritt bzw. in diesem, zum Abbau des Dralls, ist
nicht immer realistisch, da dadurch zusätzliche Verluste verursacht werden und die
Gefahr der Düsenverstopfung erhöht wird. Aus diesem Grund ist die drallbehaftete
Strömungsstruktur im Wasserstrahl schwer zu eliminieren.
“This page left intentionally blank.”
Kapitel 4
Interaktion zwischen Wasserstrahl
und Pelton-Rad
Das Aufprallen eines runden Wasserstrahls auf eine ebene Platte unter einem Win-
kel θ stellt ein grundlegendes Modell der Wasserstrahltechnik dar (Abb. 4.1). Um
die Ausbreitung des Wasserfilms längs der Platte zu berechnen, sind der Masse-,
Impuls- und Energieerhaltungssatz zu verwenden. Für die reibungsfreie Ablenkung
und Verbreitung des Wasserfilms lässt sich aus dem Energiesatz schließen, dass die
Fließgeschwindigkeit des Wassers auf der Platte gleich der Strahlgeschwindigkeit
Z. Zhang, Freistrahlturbinen 53
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54 4 Interaktion zwischen Wasserstrahl und Pelton-Rad
ist. Die Strömungsverteilung über den Umfang sowie in der radialen Ausbreitung ist
nach dem Impulssatz zu berechnen, wobei die Integration des Massenstromes längs
eines beliebigen Kreises den Massenstrom des Rundstrahls wiedergeben muss. Die
erste exakte Berechnung wurde von Hasson und Peck (1964) aufgestellt. Die Ver-
teilung der Filmhöhe auf einem zentrischen Kreis ist gegeben durch
2r · h sin3 θ
= (4.1)
R2 (1 − cosθ cos ϕ)2
Der Mittelpunkt des Kreises ist zugleich der Staupunkt des Wasserstrahls auf der
Platte und liegt exzentrisch zur Strahlachse mit einer Distanz s, die folgendermaßen
zu berechnen ist:
s
= cos θ (4.2)
R
Die Kraft, die der Wasserstrahl mit einer Geschwindigkeit C auf die Platte ausübt,
kann durch den Impulssatz bestimmt werden. Da die Strömung als reibungsfrei an-
genommen wird und daher keine Kraftkomponente in der Ebene der Platte existiert,
steht die resultierende Kraft senkrecht zur ebenen Platte. Unter Anwendung des Im-
pulssatzes in der Richtung senkrecht zur ebenen Platte errechnet sich die Strahlkraft
zu
Diese Kraft wird auch als Stoßkraft bezeichnet. In der Nähe des Staupunktes
herrscht unter dem Wasserfilm ein Überdruck, dessen Integration über der Platte
gleich der Strahlkraft nach Gl. (4.3) sein muss. Zur Bestimmung der Druckvertei-
lung in unmittelbarer Nähe des Staupunkts sei auf die Untersuchung von Taylor
(1960) hingewiesen.
4.2 Mindestschaufelzahl
Eine grundlegende Frage bei der Auslegung von Pelton-Turbinen ist, wie viele
Schaufeln mindestens verwendet werden müssen, damit kein Wasser des Wasser-
strahls ungenutzt das Schaufelrad durchströmen kann. Die Vorbedingung zur Be-
stimmung der Mindestschaufelzahl ist, dass die Turbine im Normalbetrieb läuft.
Nach Abb. 4.2 soll die äußerste Strahlschicht die möglichste sein, in der das Wasser
zum Teil die Schaufeln durchschleusen wird. Somit wird die Mindestschaufelzahl
mit dieser Strahlschicht bestimmt. Der letzte Wassertropfen (am Punkt b), der von
der Schaufel B noch entweicht, muss die voreilende Schaufel A spätestens bei deren
Stellung A erreichen. Die dazu benötigte Zeit beträgt
Rc · sin αb
2t = 2 · (4.4)
C0
4.2 Mindestschaufelzahl 55
Da diese Zeit die maximal erlaubte Zeit darstellt, muss die entsprechende Drehung
der Schaufel A nach Abb. 4.2 die folgende Bedingung erfüllen:
und
s2 1 π
= · (4.14)
Dm km N
Das Längenverhältnis s1 /s2 berechnet sich nach Anhang 4 aus
s1 0.5
≈ (4.15)
s2 1 + nq
und beträgt im Allgemeinen zwischen 0.43 und 0.46.
jektoren deutlich größer als α sein. Die Verweilzeit des Wassers in der Schaufel
kann ignoriert werden, da das Wasser die Schaufel größten Teils seitlich verlässt.
Normalerweise beträgt der Winkelbereich α für den störungsfreien Betrieb einen
Wert zwischen 40◦ bis 55◦ . Bei 6-düsigen Maschinen ist daher immer Vorsicht an-
gebracht. Die gegenseitige Störung zweier Wasserstrahlen würde einerseits einen
zusätzlichen Wirkungsgradverlust bewirken, und andererseits lokale mechanische
Schäden verursachen. Die Kriterien zur Bestimmung des kleinsten Versatzwinkels
zwischen zwei Injektoren werden in Kapitel 18 ausführlich behandelt.
Nach Abb. 4.3 und 4.5 erhält die Schaufel den kompletten Wasserstrahl nur im
Winkelbereich von αb bis αc . Der mittlere Winkel (αb + αc )/2 kann herangezo-
gen werden, wenn die Strahl-Schaufel-Interaktion bewertet werden soll. Die ideale
Strahl-Schaufel-Interaktion wird erzielt, wenn der Wasserstrahl zum größten Teil
senkrecht in die Schaufel eintritt (Abb. 4.6). Dadurch wird die optimale Ausbrei-
tung des Wasserstrahls in der Schaufel erreicht. Die Strömung verläuft dann längs
der Schaufeloberfläche mit nahezu konstanter Umfangsgeschwindigkeit. Dies ent-
spricht der Bedingung zur Erzielung eines maximalen hydraulischen Wirkungsgra-
des.
Der Winkel αo2 wird durch Gl. (4.19) ersetzt. Daraus ergibt sich schließlich
2π 2λ − 1
km = (4.21)
N tan αo1 − tan (αo1 − 4λπ/N )
Diese Gleichung mit λ = 1 stellt eine Bedingung dar, bei der durchschnittlich zwei
Schaufeln unter der Vollbeaufschlagung eines Wasserstrahls stehen, wie dies be-
reits in Abb. 4.7 veranschaulicht wurde. Wird diese Bedingung, Koinzidenzbedin-
gung genannt, beispielsweise auf eine konkrete Pelton-Turbine mit 21 Schaufeln
und αo1 = 33.5◦ (n q = 0.1) angewandt, so ist der Arbeitspunkt der Turbine bei
km = 0.44 zu erwarten. In den meisten Anwendungen von Pelton-Turbinen liegt die
Laufzahl km bekanntlich zwischen 0.45 und 0.48. Die oben dargestellte Herleitung
erklärt somit den physikalischen Hintergrund der praktischen Betriebsbedingungen
mit km < 0.5. Weil die in der Praxis auftretenden Werte der Laufzahl größer als
erwartet sind, werden zumeist mehr als zwei Schaufeln von einem Wasserstrahl
gleichzeitig beaufschlagt. Dies kann aus Gl. (4.21) festgestellt werden, indem sich
z. B. mit λ = 1.05 eine Laufzahl von km = 0.47 ergibt, die im Bereich des realen Be-
triebspunkts liegt. Der Faktor λ wird somit als Multischaufelziffer bezeichnet und
kann zum λ = 1.05 für eine mittlere spezifische Drehzahl von n q = 0.1 angenommen
werden. Wie im nächsten Abschnitt noch gezeigt wird, ist die Multischaufelziffer
eine Funktion der Laufzahl und der spezifischen Drehzahl eines Pelton-Rades.
Es wurde im Zusammenhang mit Abb. 4.5 erwähnt, dass der mittlere Schaufel-
stellungswinkel zwischen αc und αd etwa Null sein soll. Das heißt, dass der Schau-
felstellungswinkel αo2 praktisch Null ist:
αo2 = 0 (4.22)
Die Symmetriebedingung nach Gl. (4.22) wird auf Gl. (4.19) angewendet. Daraus
ergibt sich die Schaufelzahl
4πλ
N= (4.23)
αo1
Andererseits ergibt sich aus Gl. (4.20) mit αo2 = 0
2π 2λ − 1
km = (4.24)
N tan αo1
62 4 Interaktion zwischen Wasserstrahl und Pelton-Rad
Aus diesen letzten beiden Gleichungen lässt sich die Multischaufelziffer eliminie-
ren. Die Schaufelzahl berechnet sich dann zu
2π
N= = f k m, nq (4.25)
αo1 − km tan αo1
Dabei wurde für die Funktion f k m , n q die Beziehung nach Gl. (1.30) verwendet.
Aus Vergleich mit Gl. (4.8) für die Mindestschaufelzahl erkennt man den ähnlichen
Aufbau der beiden Berechnungen. Die Schaufelzahl nach Gl. (4.25) zeigt ihre klare
Abhängigkeit von der Laufzahl und der spezifischen Drehzahl eines Pelton-Rades.
Die Multischaufelziffer wird bestimmt aus Gl. (4.23) und (4.25):
1 1
λ= = f k m, nq (4.26)
2 1 − km(tan αo1 )/αo1
Mit dieser Multischaufelziffer kann die Schaufelzahl auch direkt aus Gl. (4.23) er-
mittelt werden. Ferner wird aus dem Ausdruck cos αo1 nach Gl. (1.30) der Ausdruck
tan αo1 gebildet und anschließend in Gl. (4.24) eingesetzt. Daraus ergibt sich eine
weitere Berechnungsformel für die Schaufelzahl:
π 2λ − 1
N= (4.27)
km n 1 + n
q q
Diese Form der abgeleiteten Schaufelzahl verknüpft gleichzeitig die Laufzahl, die
spezifische Drehzahl und die Multischaufelziffer. Zu einem gegebenen Pelton-Rad
(N) unter bestimmter Betriebsbedingung (km , n q ) kann somit die reale Multischau-
felziffer ermittelt werden. Davon ausgehend lässt sich das Betriebsverhalten der
Pelton-Turbine bewerten.
Abb. 4.8 und 4.9 zeigen jeweils die Multischaufelziffer und die Schaufelzahl in
Abhängigkeit von der Laufzahl und der spezifischen Drehzahl. Für eine mittlere
spezifische Drehzahl von n q = 0.11 und Laufzahl von km = 0.47 wird z. B. eine
Schaufelzahl von N = 22 bestimmt, was auch der Realität sehr gut entspricht. Die
Multischaufelziffer ergibt sich dabei zu λ = 1.08. Bei Pelton-Rädern mit kleiner
spezifischer Drehzahl und im Betrieb mit km gegen 0.5 gehend, tendiert die Mul-
tischaufelziffer zu Eins. Insbesondere für n q → 0 und km = 0.5 ergibt sich λ = 1.
In diesem genannten Fall ist die vollkommene Koinzidenzbedingung erfüllt. Die
Interaktion zwischen dem Wasserstrahl und den rotierenden Schaufeln ist dann ver-
gleichbar mit der Interaktion zwischen dem Wasserstrahl und einer geradlinig be-
wegten Schaufel.
Die obigen Berechnungen sind mit der Symmetriebedingung αo2 = 0 ausgeführt
worden. Die daraus bestimmte Schaufelzahl für das Pelton-Rad mit großer spezifi-
scher Drehzahl kann unter Umständen bei der mechanische Fertigung zu Problemen
führen, da der Freiraum zwischen zwei benachbarten Schaufeln relativ eng wird. In
solchen Fällen wird meist eine geringere Schaufelzahl als berechnet gewählt. Wird
beispielsweise aus n q = 0.13 und km = 0.47 eine Schaufelzahl mit N = 21 berech-
net, wählt man in der Praxis eine Schaufelzahl von N = 19. Nach Gl. (4.21) bedeutet
dies eine geringe Änderung der Multischaufelziffer von λ = 1.11 auf λ = 1.10. Der
Schaufelstellungswinkel αo2 wird nach Gl. (4.19) jedoch von αo2 = 0 auf αo2 = −4
verändert. Da diese Winkeländerung nicht besonders groß ist, ist die Schaufelzahl
N = 19 anstatt N = 21 ohne weiteres zulässig. Zweifelsfrei lassen sich die in der
Praxis auftretenden relativ niedrigen Schaufelzahlen mit der Maximierung des Wir-
kungsgrades begründen. Dabei können andere Einflussfaktoren, insbesondere der
Reibungseffekt nach Kapitel 9, 10 und 11, eine große Rolle spielen. Aus einer frü-
heren experimentellen Untersuchung wurde eine empirische Gleichung zur Bestim-
mung der Schaufelzahl von Taygun (1946) vorgeschlagen:
1
N = 15 + · Dm /d0 (4.28)
2
Unter der Anwendung der Beziehung nach Gl. (1.26) kann diese empirische Glei-
chung auch als Funktion der Laufzahl und der spezifischen Drehzahl dargestellt
64 4 Interaktion zwischen Wasserstrahl und Pelton-Rad
werden:
N = 15 + 1.3km/n q (4.29)
Es kann nachwiesen werden, dass die gerundete Schaufelzahl nur sehr gering von
der Laufzahl abhängt. Somit ist für eine mittlere Laufzahl von km = 0.47
N = 15 + 0.62/n q (4.30)
Sie ist somit eine Funktion rein geometrischer Größen. Zum Vergleich ist die dar-
aus berechnete Schaufelzahl in Abhängigkeit von der spezifischen Drehzahl bereits
in Abb. 4.9 dargestellt worden. Es zeigt sich qualitativ eine sehr gute Übereinstim-
mung zwischen empirischen und theoretischen Werten. Die aus Koinzidenzbedin-
gung bzw. Symmetriebedingung hergeleiteten Beziehungen zeigen die physikali-
schen Hintergründe für die Bestimmung der Schaufelzahl eines Pelton-Rades. Da-
mit ist nun auch geklärt, warum die Laufzahl bei einer Pelton-Turbine stets im Be-
reich zwischen 0.45 und 0.48 liegt, also kleiner als 0.5 sein muss.
Die reale Interaktion zwischen dem Wasserstrahl und einer Pelton-Schaufel kann
veranschaulicht werden, wenn sie in der bewegten Schaufel betrachtet wird. Dazu
wird hier zunächst die relative Laufbahn eines Wasserteilchens, das in die Schaufel
eintritt, berechnet. Das Wasserteilchen befindet sich nach Abb. 4.10 auf der Lauf-
bahn, die um h von der Drehachse entfernt ist. Mit dem in der Abbildung ein-
gezeichneten Koordinaten-System sind die Komponenten der Relativgeschwindig-
keit W
0 des Wasserteilchens vor dem Eintritt in die Schaufel gegeben durch
t
x = xe + W0x dt = x e + (C0 − ω · h) · t (4.33)
0
t t
y =h+ W0y dt = h − ω R · sin αdt (4.34)
0 0
t
1
y = h +ω (x e + C0 · t)dt = h + ω x e t + C0 t 2 (4.35)
2
0
Durch Eliminieren der Zeit aus Gln. (4.33) und (4.35) kann die Laufbahn des be-
trachteten Wasserteilchens berechnet werden:
x − xe 1 x − xe
y = h +ω xe + · (4.36)
C0 − ω · h 2 1 − ω · h/C0
Die berechnete Laufbahn gilt jedoch nur für Wasserteilchen, die zur Zeit t = 0 an
der Stelle x = x e und y = h in die Schaufel eintreten. Die Tangente der Laufbahn
am Schaufeleintritt stimmt dort mit der Relativgeschwindigkeit (W0 ) überein, wie
dies in Abb. 4.10 gezeigt ist. Der Eintrittswinkel γ des betrachteten Wasserteilchens
in die Schaufel berechnet sich aus der Beziehung
W0y ω · xe
tan γ = − = (4.37)
W0x e C0 − ω · h
Zur Auslegung des Pelton-Rades strebt man oft danach, die Schaufelmittelschneide
mit zugehörigem Grundkreis rs so auszulegen bzw. soweit zu kippen, dass diese
zur mittleren relativen Laufbahn des gesamten Wassers möglichst senkrecht steht.
Die Strömungsausbreitung in der Schaufel sieht demnach so aus, wie sie bereits in
Abb. 4.6 veranschaulicht wurde.
Wird die Relativbewegung des Wasserteilchens für die Zeit t > 0 als unbeein-
flusst von der Schaufel weiter betrachtet, so würde die Laufbahn des Wasserteil-
66 4 Interaktion zwischen Wasserstrahl und Pelton-Rad
Es wurde bereits in Abschnitt 4.3 gezeigt bzw. in Abb. 4.4 veranschaulicht, dass
bei Pelton-Turbinen mit großer spezifischer Drehzahl die Schaufel mit dem Schnei-
den des Wasserstrahls sehr früh beginnt. Daraus ergibt sich, dass aufgrund des
Geschwindigkeitsplans nach Abb. 4.11 die Relativgeschwindigkeit sehr „steil“ zur
Schaufel gerichtet ist und die Strömung am Schaufeleintritt sich ablösen kann. Das
an der Schaufeleintrittskante vorbeilaufende Wasser folgt dann der relativen Lauf-
bahn, die bereits in Abschnitt 4.6 berechnet wurde, und trifft kurz darauf wieder auf
die Innenfläche der Schaufel. Der Ort des Auftreffens des Wassers auf der Innensei-
te der Schaufel kann aus Abb. 4.11 bestimmt werden, indem innerhalb der gleichen
Zeit die Schaufel um α = ωt verdreht und der Wasserstrahl um eine Strecke von
x = C0 · t bewegt wird. Als Konsequenz dieser Tatsache werden Schäden an ent-
sprechenden Stellen auf der Schaufelinnenseite durch das Aufprallen des Wassers
entstehen. Diese Schäden sind bereits im praktischen Betrieb von Pelton-Turbinen
mit großen spezifischen Drehzahlen beobachtet worden. Abb. 4.12 zeigt das sys-
tematische Ausbrechen von Verschleißbeschichtung auf der Schaufelinnenseite an
der Stelle, wo das abgelöste Wasser in Form von Tropfen mit der Auswirkung ei-
In dem Moment, in dem der Wasserstrahl vom Ausschnitt der Schaufel eingeschnit-
ten wird, wird der Wasserstrahl in zwei Teile geteilt. Ein Teil tritt in die Schaufel
ein; der andere Teil fliegt an der Schneide des Ausschnitts vorbei. Bei ungünstiger
Auslegung des Schaufelausschnitts kann es passieren, dass der zweite Teil des Was-
serstrahls zum Teil auf den Schaufelrücken stößt. Hierfür sind insbesondere Pelton-
Turbinen mit hoher spezifischer Drehzahl anfällig, da nach Abb. 4.11 die Relativge-
schwindigkeit am Schaufeleintritt sehr „steil“ ist. Das Anstoßen des Wasserstrahls
auf den Schaufelrücken wird vor allem einen Wirkungsgradverlust verursachen und
soll daher möglichst vermieden werden. Ein Kriterium dazu soll nachfolgend erar-
beitet werden.
Der Anhaltspunkt zur Auslegung des Profils am Schaufelausschnitt ist das Ge-
schwindigkeitsverhältnis im Relativsystem. Es wurde bereits im letzten Abschnitt
gezeigt, dass die steilste Relativgeschwindigkeit und daher der kritischste Strö-
mungswinkel sich zum Beginn des Einschneidens des Wasserstrahls ergeben. Die
entsprechende Schaufelstellung ist gegeben durch αa und das entsprechende Strö-
mungsverhältnis ist in Abb. 4.13 dargestellt. Die Relativgeschwindigkeit weist in
die Richtung, die durch den Winkel ϕa gegeben ist. Der Flächenverlauf am Schau-
felrücken ist durch S bezeichnet, der einen festen Neigungswinkel von ψ gegen-
über dem Positionsradius besitzt. Damit der Wasserstrahl am Schaufelrücken be-
rührungsfrei abfließen kann, gilt die Bedingung ψ < ϕa .
Der Strömungswinkel ϕa wird aus dem Geschwindigkeitsverhältnis am Schau-
feleintritt ermittelt. Nach dem in Abb. 4.13 eingezeichneten Geschwindigkeitsplan
68 4 Interaktion zwischen Wasserstrahl und Pelton-Rad
bzw.
W02 Uc2 Uc cos αa
= +1−2 (4.40)
C02 C02 C0
sin2 αa
cos2 ϕa = (4.41)
(Uc /C0 )2 + 1 − 2 (Uc /C0 ) · cosαa
Diese Gleichung kann auch in Funktion der spezifischen Drehzahl dargestellt wer-
den. Dafür werden Gl. (4.10) für αa sowie Gl. (1.33) mit km = 0.47 verwendet. Es
ergibt sich aus Gl. (4.41)
2 2
1 − 1 − 0.81n q / 1 + 2n q
cos ϕa =
2
2 (4.42)
0.22 1 + 2n q + 0.76n q + 0.06
4.9 Stoßkraft und ihre Leistung beim Eintritt 69
Entsprechend dieser Gleichung ist die Abhängigkeit des Strömungswinkels von der
spezifischen Drehzahl in Abb. 4.14 dargestellt. Es ist klar ersichtlich, dass der Strö-
mungswinkel ϕa bei Pelton-Turbinen mit großer spezifischer Drehzahl sehr niedrig
ist. Dies erschwert die stoßfreie Auslegung des Rückenprofils der Schaufel (ψ < ϕa )
in der Ausschnittszone. Da der Wasserstrahl auf den Rücken der Schaufel aufkom-
men wird und er dadurch eine Gegenkraft zur Schaufeldrehung verursacht, muss
man mit einem Wirkungsgradverlust rechnen. Ferner wird auch an dieser Stelle ver-
mehrt Abrasion auftreten. Es lässt sich anhand bestätigter Berechnungen zeigen,
dass der betrachtete Strömungswinkel ϕa nur sehr schwach von der Laufzahl km
abhängt.
Für die praktische Anwendung kann der Strömungswinkel ϕa in Abhängigkeit
von der spezifischen Drehzahl folgendermaßen angegeben werden:
Diese Gleichung stellt in der Tat eine gute Näherung zu Gl. (4.42) dar. Damit liegt
nun eine Referenz zur Auslegung von Pelton-Schaufeln mit ψ < ϕa vor.
Der Eintritt des Wasserstrahls in die Schaufel geschieht sowohl an der Nebenschnei-
de am Schaufelausschnitt als auch längs der Hauptschneide d. h. der Schaufelmit-
telschneide. An der Nebenscheide kann die Strömungsablösung bei einem Laufrad
mit großer spezifischer Drehzahl auftreten, wie dies bereits in Abschnitt 4.7 erläu-
tert wurde. Abgesehen davon sind sämtliche Eintrittsvorgänge, sowohl an der Ne-
benschneide als auch längs der Hauptschneide, mit einer Ablenkung der Strömung
gekoppelt und somit stoßbehaftet. Im Vergleich zur stoßbehafteten Gitterströmung,
70 4 Interaktion zwischen Wasserstrahl und Pelton-Rad
wo die Stoßverluste unvermeidlich auftreten und aus der Anwendung von Energie-
und Impulssatz exakt erfasst werden können, kann der stoßbehaftete Eintritt bei
Pelton-Schaufeln als verlustfrei betrachtet werden. Ein derartiger Strömungsmecha-
nismus basiert darauf, dass bei der Ablenkung der Strömung an einer Wand die ver-
änderliche kinetische Energie in Druckenergie umgewandelt wird, die kurz darauf
wieder als kinetische Energie frei gegeben wird. Die Umwandlung dieser Energien
geschieht ohne räumliche Einschränkung. Eine derartige Strömung mit Ablenkung
wurde bereits in Abschnitt 4.1 (Abb. 4.1) gezeigt. Dieser Prozess unterscheidet sich
grundsätzlich von der stoß- und daher verlustbehafteten Gitterströmung und kann
somit als verlustfrei erfasst werden.
Zur Erfassung dieses verlustfreien Prozesses wird die Eintrittsströmung längs der
Schaufelmittelschneide betrachtet. Die Mittelschneide weist meistens einen Win-
kel ε von 10◦ bis 20◦ auf (Abb. 4.15) und steht im Allgemeinen schief sowohl zur
Strahlgeschwindigkeit als auch zur Relativgeschwindigkeit. Der Einfachheit hal-
ber wird hier nur der Fall betrachtet, bei dem die Schaufelmittelschneide senkrecht
zur Strahlachse steht. Aus der Ablenkung der Relativströmung um den Winkel ε
resultiert eine Kraft, die auf die bewegte Schaufel wirkt und daher eine Leistung
erbringt. Die Bestimmung der Stoßkraft erfolgt aus dem Impulssatz. Dazu wird an-
hand Abb. 4.15 ein x-y-z-Koordinatensystem festgelegt. Die x-y-Ebene liegt in der
von Strahlachse und Schaufelmittelschneide aufgespannten Fläche, wobei die x-
und y-Achsen jeweils parallel zur Strahlachse und Schaufelmittelschneide stehen.
Allgemein wird davon ausgegangen, dass die Relativgeschwindigkeit unter dem
Neigungswinkel γ auf die Schaufelmittelschneide gerichtet ist.
Zur Anwendung des Impulssatzes wird im Relativsystem die obere Hälfte der
Schaufel betrachtet, in der der Relativdurchfluss und die Stoßkraft jeweils mit Q̇ w /2
und FSt /2 gegeben sind. Der Impulsstrom des Wasserstrahls vor der Ablenkung ist
gegeben durch den Vektor mit drei Komponenten:
1 1
I
0 = ρ Q̇ w W0 cosγ , ρ Q̇ w W0 sin γ , 0 (4.44)
2 2
1
I1y = ρ Q̇ w W0 sin γ (4.47)
2
1
I1z = FSt cos (ε/2) (4.48)
2
Um diese Beziehungen nach der Stoßkraft aufzulösen, wird der Energiesatz verwen-
det. Für die verlustfreie Ablenkung der Strömung bleibt die kinetische Energie des
Wassers nach der Ablenkung erhalten. Dies kann ausgedrückt werden durch
2
I1x + I1y
2
+ I1z
2
= I0x
2
+ I0y
2
+ I0z
2
(4.49)
72 4 Interaktion zwischen Wasserstrahl und Pelton-Rad
Sie ist auf die Strömung gerichtet. Die Kraft, die auf die Schaufel gerichtet ist, ist
gegeben durch − F
St /2.
Die Umfangsgeschwindigkeit der Schaufel kann angegeben werden mit U
=
(U cos α, −U sin α, 0). Unter der Betrachtung von Strömungen in beiden Schaufel-
hälften errechnet sich die Leistung, die von der Stoßkraft auf beiden Schaufelhälften
erbracht wird, zu
PSt = −U
· F
St = 2ρ Q̇ w W0 U cosα cos γ · sin2 (ε/2) (4.51)
Die spezifische Arbeit, die durch die Stoßkraft geleistet ist, lässt sich berechnen aus
PSt
eSt = = W0 U cos α cos γ · (1 − cosε) (4.53)
ρ Q̇ w
In Bezug auf die spezifische kinetische Energie C02 /2 des Wasserstrahls beträgt die-
se Arbeit einen prozentualen Anteil von
eSt W0 U
ηSt = 1 2
=2 cos α cos γ · (1 − cosε) (4.54)
2 C0
C0 C0
Dies wird als Teilwirkungsgrad der Stoßkraft bezeichnet. Ein spezieller Fall ist ge-
geben, wenn der Schaufelstellungswinkel α = 0 ist und somit γ = 0 und W0 =
C0 − Um gelten. Dies entspricht dem senkrechten Ausrichten der Relativströmung
auf die Schaufelmittelschneide und ist somit äquivalent zur geradlinigen Schaufel-
bewegung. Mit km = Um /C0 ergibt sich aus Gl. (4.54)
Sie ist formell gleich der Gl. (1.16) bzw. Gl. (1.40). Somit wird ηSt als Teilwir-
kungsgrad bezeichnet. Zahlenmäßig, für beispielsweise km = 0.5 und ε = 15◦ , be-
trägt dieser Teilwirkungsgrad ηSt = 1.7%. Wird angenommen, dass 10% von der
entsprechenden Leistung verloren geht, beträgt der Stoßverlust lediglich 0.17%.
Die separate Betrachtung der Stoßkraft und deren Auswirkung dient dazu, den
gesamten Leistungsaustausch zwischen dem Wasserstrahl und den rotierenden Schau-
feln in zwei Prozessen zu unterteilen: stoßbehafteter Eintritt und kontinuierliche
Strömung innerhalb der Schaufel bis zum Austritt. Der hydraulische Wirkungsgrad
des kontinuierlichen Prozesses berechnet sich dann aus
Zusammen mit dem Teilwirkungsgrad ηSt ergibt sich der gesamte Wirkungsgrad,
der mit Gl. (1.40) übereinstimmt.
Die Unterteilung des gesamten Prozesses in zwei Teilprozesse findet ihre An-
wendung dort, wo Strömungseffekte wie Leistung, Wirkungsgrad usw. aus einer
Integration der Strömung in der Schaufel ermittelt werden sollen. Dabei muss die
untere Integrationsgrenze am Schaufeleintritt durch Angabe des realen Winkels ε,
der ungleich Null ist, festgelegt werden. Ein vergleichbares Rechenbeispiel, bezo-
gen auf den nächsten Abschnitt, wird in Kapitel 11 gezeigt, wo die Wirkung der
Strömungsreibung auf die Relativströmung in der Schaufel durch Integration be-
rechnet wird.
in der Tat einen sehr kleinen Wert darstellt, kann die rückwärts strömende Was-
sermenge vernachlässigt werden. Dies führt jedoch nach dem Impulssatz dazu, dass
die Richtung der Stoßkraft leicht von der Normale der Schaufeloberfläche abweicht.
Anstatt senkrecht zur Schaufeloberfläche stimmt sie dann mit der Winkelhalbieren-
den des Umlenkwinkels überein. Diese Betrachtungsweise ist bereits in Abb. 4.15
verwendet worden, wo die Stoßkraft um ε/2 von der Normale der Schaufeloberflä-
che abweicht.
Im rotierenden System kann der Impulsstrom des Wasserstrahls vor der Umlen-
kung (Index 0) durch seine Komponenten dargestellt werden:
Nach dem Impulssatz errechnet sich die Stoßkraft, die auf die Strömung wirkt, aus
Ux = Uc cos αb (4.63)
U y = −Uc sin αb (4.64)
Die Leistung, die von der Stoßkraft erbracht wird, errechnet sich aus dem entspre-
chenden Vektorprodukt
PSt = − F
St · U
c = − FSt,x Ux + FSt,y U y (4.65)
Durch Anwendung von Gln. (4.57) bis (4.64) und wegen αb + γ = β0 wird die
Leistung dargestellt in der Form von:
PSt = ρ Q̇ w W0 Uc cos β0 − cos(αb + γc ) (4.66)
4.9 Stoßkraft und ihre Leistung beim Eintritt 75
5.1 Grundgleichungen
5.1.1 Bewegungsgleichung
Die mit der Rotation des Pelton-Rades verbundene Zentrifugal- und Coriolis-Kraft,
die sich auf die Bewegung des Wassers in Pelton-Schaufeln auswirken, sind für die
Einheitsmasse des Wassers jeweils gegeben durch
F
ct = −ω
× ω
× R
(5.1)
und
F
Co = −2ω
.
×W (5.2)
In den weiteren Berechnungen wird unter der Einheitsmasse diejenige Masse be-
zeichnet, deren Höhe gleich der Höhe des Wasserfilms in der Pelton-Schaufel ist
(Abb. 5.1). Dies hat zur Folge, dass die Einheitsmasse unter konstantem Atmosphä-
rendruck steht und daher als eine freie Festpartikel angesehen werden kann. Die
Z. Zhang, Freistrahlturbinen 77
DOI: 10.1007/978-3-540-70772-1, © Springer 2009
78 5 Strömungsmechanik in der rotierenden Schaufel
Berechnung der Partikelbewegung kann dann nach den Gesetzen der Festkörperme-
chanik durchgeführt werden.
Die Bewegung der betrachteten Einheitsmasse mit der Strömung in der ro-
tierenden Schaufel ist dreidimensional und unterliegt der Zusammenwirkung von
Zentrifugal- und Coriolis-Kraft sowie der Kraft, die von der Schaufeloberfläche auf
die Strömung wirkt (Stützkraft). Nach dem Impulssatz ist die zeitliche Änderung
des Impulses gleich der Summe der äußeren Kräfte. Für die Einheitsmasse wird
dies ausgedrückt zu:
dW
dWt W2
= t
+ n
= F
ct + F
Co + F
n (5.3)
dt dt rb
Die Stützkraft F
n , die von der Schaufeloberfläche auf die Strömung wirkt, steht
normal zur Schaufeloberfläche. Nach Gl. (5.3) besteht die Änderung der Relativge-
schwindigkeit, bzw. Strömungsbeschleunigung, aus der Beschleunigung der Strö-
mung längs der Schaufeloberfläche in Strömungsrichtung (tangential) und der Be-
schleunigung normal zur Schaufeloberfläche. Letztere entsteht infolge der Schaufel-
krümmung und der daraus resultierenden Änderung der Strömungsrichtung. Diese
zweite Beschleunigung ist zum Krümmungszentrum gerichtet. Demzufolge ist, wie
in Abb. 5.1 dargestellt, die Normale der Schaufeloberfläche durch den nach dem
Krümmungszentrum gerichteten Einheitsvektor n
repräsentiert. Der Krümmungsra-
dius wird mit rb bezeichnet.
Die Bewegungsgleichung (5.3) stellt die Grundgleichung der Strömungsdyna-
mik in einer rotierenden Schaufel dar. Davon ausgehend kann sowohl die relative
Bewegung des Wasserfilms in der rotierenden Schaufel als auch die Leistung der
jeweiligen Kräfte berechnet werden.
5.1 Grundgleichungen 79
5.1.2 Wasserfilmrotation
∂p W2
=ρ . (5.4)
∂r r
Des Weiteren ist der Druckanstieg im Wasserfilm an die Änderung der Umfangsge-
schwindigkeit gekoppelt. Es wird angenommen, dass die Kopplung des Druckes mit
der Geschwindigkeit im ganzen Wasserfilm durch die Bernoulli-Gleichung gegeben
ist:
p 1 2
+ W = const (5.5)
ρ 2
Abb. 5.2 Potentialtheoretische Rotationsströmung und die Druckverteilung unter dem Wasserfilm
80 5 Strömungsmechanik in der rotierenden Schaufel
Durch Eliminieren des Druckes ergibt sich aus Gln. (5.4) und (5.5) die Differential-
gleichung für das Geschwindigkeitsfeld in der Wasserfilmbewegung
W dW
+ =0 (5.6)
r dr
Die Integration dieser Gleichung führt zur Geschwindigkeitsverteilung unter dem
Wasserfilm:
ro
W = Wo (5.7)
r
Dies entspricht dem Geschwindigkeitsfeld eines Potentialwirbels, das der Bedin-
gung der Drehungsfreiheit genügt. In der Strömungsmechanik wird oftmals aus dem
Geschwindigkeitsfeld nach Gl. (5.7) die Anwendbarkeit der Bernoulli-Gleichung
(5.5) im ganzen Strömungsfeld (anstatt sonst nur längs der Stromlinien) abgeleitet.
In den obigen Ableitungen ist umgekehrt von der Bernoulli-Gleichung ausgegangen
worden, da diese als allgemein bekannt gilt.
Die Geschwindigkeit an der Oberfläche des Kreisrohres errechnet sich mit r = rb
und unter der Anwendung von ro = rb − h und h/rb 1 zu
2h
Wb = Wo 1 −
2 2
(5.8)
rb
bzw.
h
Wb = Wo 1 − (5.9)
rb
Der Überdruck an der Oberfläche des Kreisrohres beträgt nach Gl. (5.5)
1 h
pb = ρ Wo2 − Wb2 = ρWo2 (5.10)
2 rb
Die Gesamtkraft, die auf die Hälfte des Rohres mit der Einheitslänge wirkt, beträgt
nach Abb. 5.2b
F = 2 pb · rb = 2ρWo2 · h (5.11)
Die Betrachtung der Druckkraft auf die Rohrhälfte entspricht dem Sachverhalt bei
einer Pelton-Schaufel, in der die Strömung um ca. 180◦ umgelenkt wird.
Zur Verfolgung der Wasserbewegung in einer rotierenden Schaufel muss die Be-
wegungsgleichung (5.3) gelöst werden. Aus Abschnitt 5.1 ist bekannt, dass die
5.2 Relativströmung und Invarianzgleichung 81
Coriolis-Kraft stets senkrecht zur Strömrichtung des Wassers wirkt. Dies bedeutet,
dass diese Kraft nur die Strömrichtung, nicht aber den Geschwindigkeitsbetrag eines
Wasserteilchens bzw. des Wasserfilms direkt beeinflusst. Wird die Bewegungsglei-
chung (5.3) mit dem tangentialen Einheitsvektor t
(nach Abb. 5.1 auf der Stromlinie
liegend) multipliziert, so fallen die Einflüsse von Coriolis- und Stützkraft jeweils
weg und es ergibt sich daraus
dWt
= F
ct · t
(5.12)
dt
Diese Gleichung weist darauf hin, dass der Betrag der Relativgeschwindigkeit eines
Wasserteilchens inmitten der Wasserströmung in der Schaufel nur durch die Zentri-
fugalkraft beeinflusst wird.
Die beiden Seiten der obigen Gleichung werden multipliziert mit Wt dt = d
s · t
,
der aus der Relativgeschwindigkeit W
= d
s erhalten ist. Es ergibt sich dann
dt
Wt · dWt = F
ct · t
d
s · t
= F
ct · d
s (5.13)
Mit d
s wird die infinitesimale fortlaufende Verschiebung des Wasserteilchens be-
zeichnet.
Wegen Wt2 = W 2 wird die obige Gleichung neu formuliert zu
1 2
d W = F
ct · d
s (5.14)
2
Diese Gleichung zeigt, dass die Änderung der kinetischen Energie der Strömung
längs der Schaufeloberfläche gleich der Arbeit ist, die von der Zentrifugalkraft ge-
leistet wird. Dies ist insofern auch selbstverständlich, da die Zentrifugalkraft die
einzige Kraft darstellt, die den Geschwindigkeitsbetrag beeinflusst.
Das Vektorprodukt F
ct · d
s in der Gleichung kann unter Berücksichtigung des
Winkels ε zwischen den beiden Vektoren F
ct und d
s nach Abb. 5.1 berechnet wer-
den. Aus Gl. (5.14) ergibt sich somit
1 2
d W = Fct ds · cos ε (5.15)
2
Aus Abb. 5.1 erkennt man, dass sich ds · cos ε = dR als Projektion der infinitesi-
malen Bewegung d
s des Wassers auf der Radialrichtung R
abzeichnet. Somit geht
Gl. (5.15) in die folgende Gleichung über
1 2
d W = Rω2 · dR (5.16)
2
Dabei wurde der Betrag der Zentrifugalkraft Fct = Rω2 aus Gl. (5.1) verwendet.
82 5 Strömungsmechanik in der rotierenden Schaufel
Für die Strömung in einer rotierenden Schaufel soll diese Bedingung nur dann über-
prüft werden, wenn E 1 < 0 ist. Dieser Fall ist bei Pelton-Turbinen durchaus realis-
tisch, wie die Berechnungen in Kapitel 7 zeigen werden.
5.2 Relativströmung und Invarianzgleichung 83
Die Invarianzgleichung (5.18) wurde unter der Annahme abgeleitet, dass in der
Wasserströmung konstanter Druck herrscht. Tatsächlich herrscht jedoch Überdruck
unter der Oberfläche des Wasserfilms infolge der Oberflächenkrümmung, wie dies
bereits mit Gl. (5.4) gezeigt wurde. Der Einfluss des Druckgradienten innerhalb
des Wasserfilms auf die entsprechende Geschwindigkeitsverteilung ist an der tiefs-
ten Schaufelstelle (Abb. 5.3) am größten, da dort die größte Oberflächenkrümmung
zu finden ist. Zur Abschätzung des Krümmungseffektes wird Gl. (5.19) betrachtet,
die die Krümmungseffekte komplett berücksichtigt. Wird der höchste Druck an der
Schaufeloberfläche nach Gl. (5.10) abgeschätzt und in die Gl. (5.19) eingesetzt, so
ergibt sich
1 2 h
W − U 2 + Wo2 = const (5.21)
2 rb
So lange die Filmhöhe gegenüber dem Krümmungsradius sehr klein ist, ist der zwei-
te Term auf der linken Seite der obigen Gleichung zu vernachlässigen. Die Strömung
kann dann auf einfacher Weise mit Hilfe der Invarianzgleichung nach Gl. (5.18) be-
rechnet werden.
5.2.2 Strahlschichtverfahren
Die Interaktion des Wasserstrahls mit den rotierenden Pelton-Schaufeln ist instatio-
när. Dies bedeutet, dass die Invarianzgleichung (5.18) nur zur Verfolgung von ein-
zelnen Wasserteilchen mit eigenen Geschwindigkeiten U und W geeignet ist. Für
ein komplettes Strahlstück der Länge s2 (Abb. 4.3) würde der Rechenaufwand er-
heblich größer werden. Die Erweiterung der Einsetzbarkeit der Invarianzgleichung
84 5 Strömungsmechanik in der rotierenden Schaufel
wurde von Zhang (2007a) abgeleitet. Dabei handelt es sich um das sogenannte
Strahlschichtverfahren, dessen Einsetzbarkeit hier aufgezeigt werden soll.
Nach Abb. 5.4 wird der Wasserstrahl in n flache Schichten geteilt. Die Wasser-
teilchen in einer Schicht, die einen Abstand h s zur Drehachse des Pelton-Rades hat,
erreichen die Schaufel zu unterschiedlichen Zeiten und folglich an unterschiedli-
chen Orten mit unterschiedlichen Umfangs- und Relativgeschwindigkeiten. Werden
die Geschwindigkeitsdreiecke am Schaufeleintritt betrachtet, so besteht nach dem
Kosinussatz ein Zusammenhang zwischen den drei auftretenden Geschwindigkei-
ten
Diese Gleichung zeigt, dass alle Wasserteilchen in der gleichen Strahlschicht mit
h s = const (geometrische Konstante) den gleichen Wert von E = W02 −U 2 als Kon-
stante haben, obgleich W0 und U nicht konstant sind. Aus diesem Grund ist unter
Anwendung der Invarianzgleichung (5.18) schlussendlich eine kleine Anzahl von
dynamischen Invarianzen E ausreichend, um komplette Strömungen sowohl in der
Schaufel als auch außerhalb zu beschreiben. Die Energieinvarianz E ändert sich je-
doch von Schicht zu Schicht. Diese Änderung kann anhand von Abb. 5.4 festgestellt
werden. Für die Strahlschicht im Abstand y von der Strahlachse wird die Invarianz-
gleichung nach Gl. (5.23) entsprechend formuliert zu
Unter Berücksichtung der Laufzahl km = Rm ω/C0 , die bereits in Gl. (1.18) definiert
wurde, ergibt sich aus Gl. (5.24)
Ey y
= 1 − 2km 1 + (5.25)
C02 Rm
Die Energieinvarianz ändert sich somit linear von Schicht zu Schicht. Auf der
Strahlachse bei y = 0 beträgt die Energieinvarianz
Eo
= 1 − 2km (5.26)
C02
Im unteren Bereich des Wasserstrahls (y ≈ d0 /2) berechnet sich die Energieinvari-
anz zu
Eb d0
= 1 − 2k m 1 + (5.27)
C02 2Rm
Da der Klammerausdruck eine Zahl darstellt, die deutlich größer als Eins ist, wird
es oft vorkommen, dass E b kleiner als Null sein kann. Die Energieinvarianz bleibt
mit der Wasserströmung bis zum Schaufelaustritt konstant.
Unter der Anwendung von Gl. (1.26) kann die entsprechende Energieinvarianz
als Funktion der spezifischen Drehzahl dargestellt werden:
Eb
= (1 − 2km) − 0.76n q (5.28)
C02
Negative Werte für die Energieinvarianz, die auf W < U hindeuten, sind somit bei
großer Laufzahl und großer spezifischer Drehzahl gegeben. Dass dies in manchen
Fällen Probleme mit sich bringen kann, wird in Kapitel 7 ausführlich erörtert.
Es sei darauf hingewiesen, dass auf der Schnittlinie ab (Abb. 4.3) stets Uc =
Rc ω = const gilt. Unter dieser Bedingung wird aus Gl. (5.24) folgende Differenz
gebildet:
E y − E o1 = W y2 − Wo1
2
= −2ωC0 · y (5.29)
W y2 = Wo1
2
− 2ωC0 · y (5.30)
W y2 2
Wo1 y
= − 2km (5.31)
C02 C02 Rm
Diese Beziehung zeigt, dass ausgehend von der Relativgeschwindigkeit an der Stel-
le o1 auf der Strahlachse (Abb. 4.3) die Relativgeschwindigkeiten von sämtlichen
Wasserteilchen auf der Schnittlinie ab während des Schneidens berechnet werden
können. Für Wasserteilchen jeweils an der Stelle a (y = −d0 /2) und b (y = d0 /2)
86 5 Strömungsmechanik in der rotierenden Schaufel
bzw.
Wb2 2
Wo1 d0
= − km (5.33)
C02 C02 Rm
Die bisherigen Analysen in Hinblick auf die Invarianzgleichung basieren auf dem
Energiesatz unter der Annahme der Reibungsfreiheit. Da die Reibung zwischen dem
Wasserfilm und der Schaufeloberfläche keine nennenswerte Änderung der Relativ-
geschwindigkeit verursacht, ist die Zuverlässigkeit der abgeleiteten Theorien ma-
thematisch verifizierbar.
Dabei stellen Cu1 und Cu2 die Komponenten der Absolutgeschwindigkeit C auf der
Umfangsrichtung jeweils am Ein- und Austritt dar (Abb. 5.5). Mit der entsprechen-
den Beziehung Cu = C cos α geht aus Gl. (5.35) hervor
e = U1 W1 (1 − cosβ2 ) (5.39)
Diese Gleichung ist äquivalent mit Gl. (1.9). Die spezifische Energie, die vom Was-
ser auf die Schaufel übertragen wird, ist schlussendlich nur eine Funktion des Ab-
strömwinkels β2 für die Relativgeschwindigkeit und ist unabhängig vom Weg, den
das Wasser zurücklegt. Bei der praktischen Auslegung von Pelton-Schaufeln wird
der Abströmwinkel β2 am Schaufelaustritt ungefähr mit 170◦ festgelegt. Das Krite-
rium zur Festlegung dieses Winkels wird in Abschnitt 7.2 eingehend erläutert.
Die radiale Position des Wasserteilchens in der Schaufel wird mit R bezeichnet.
Durch Anwendung des Kosinussatzes in der Form von R 2 = Ro2 + rb2 ± 2rb Ro cos τ
an jeweils beiden Strömungen in Abb. 5.6 ergibt sich aus Gl. (5.40)
W E1 rb2 rb
= + 1 + 2 ± 2 cosτ (5.41)
ω Ro ω2 Ro2 Ro Ro
Dabei gilt das obere Vorzeichen für die Bewegung des Wasserteilchens in positiver
t
-Richtung (Abb. 5.6a). Der Winkel τ = 0 kennzeichnet dabei stets die Anfangspo-
sition des Wasserteilchens beim Eintritt in die Schaufel.
Diese Gleichung in Form einer Funktion von τ = f (t) stellt den zeitlichen Verlauf
des Wasserteilchens in der rotierenden Schaufel dar. Für ein gegebenes Strömungs-
verhältnis am Schaufeleintritt (E 1 ) kann die Integration näherungsweise in Form
einer Summation dargestellt und dann schrittweise berechnet werden.
Um einen Vergleich zwischen den zwei Fällen nach Abb. 5.6 aufzuzeigen, wird
hier die gleiche Eintrittsbedingung für die Wasserteilchen angenommen: die Ein-
trittsgeschwindigkeit ist doppelt so hoch wie die Umfangsgeschwindigkeit Uo , näm-
lich C0 = 2ω Ro . Unter diesem Umstand gilt für die Energieinvarianz am Schaufel-
eintritt
Aus der gegebenen Bedingung C0 = 2ω Ro vereinfacht sich Gl. (5.44) für beide
Fälle jeweils mit R1 = Ro + rb und R1 = Ro − rb zu
Die Position des Wasserteilchens (τ ) in der Schaufel kann daher als Funktion der
Zeit oder des Schaufeldrehwinkels ωt dargestellt werden. Unter der angegebenen
Bedingung mit ω Ro /C0 = 0.5 ist τ zusammen mit der jeweils berechneten Relativ-
geschwindigkeit nach Gl. (5.41) in Abb. 5.7 dargestellt worden. Es ist ersichtlich,
dass die Zeit, die ein Wasserteilchen zum Durchfließen der Schaufel benötigt, in
beiden Fällen sehr unterschiedlich ist. Das Wasserteilchen, das die Schaufel vom
kleinen zum großen Radius durchfließt, hat bereits zu Beginn eine größere Relativ-
geschwindigkeit W (b) als im umgekehrten Fall. Nach der Invarianzgleichung wird
dieses Wasserteilchen noch während der Bewegung in der Schaufel weiter beschleu-
nigt, wie auch aus Abb. 5.7 zu entnehmen ist.
90 5 Strömungsmechanik in der rotierenden Schaufel
Abb. 5.7 Unterschiedliche Bewegungen des Wasserteilchens in der rotierenden Schaufel gemäß
Abb. 5.6 mit C0 = 2ωRo und rb /Ro = 0.1
Im erwähnten Beispiel der Strömung nach Abb. 5.6a ist die Energieinvarianz
am Eintritt nach Gl. (5.45) negativ. Damit das Wasserteilchen in der Schaufel nicht
zum Stehen kommt, muss am Austritt die Bedingung nach Gl. (5.20) erfüllt werden.
Dementsprechend ist mit h ≈ 0:
ergibt sich
W2
Fn = − Fct · n
− F
Co · n
(5.49)
rb
5.3 Kraftwirksamkeit und die Leistungen 91
Sie stellt die Kraft dar, die in Form des Druckanstiegs unter dem Wasserfilm exis-
tiert. Sie gilt daher als die Kraft, die während der Schaufelrotation von der Was-
serströmung auf die Schaufel übertragen wird. Da diese Kraft stets senkrecht zur
Schaufeloberfläche steht und im Allgemeinen nicht mit der Richtung der Schaufel-
bewegung, d. h. der Richtung der Umfangsgeschwindigkeit, übereinstimmt, ist bei
dieser Kraft nur die Komponente in Umfangsrichtung der Schaufeldrehung für das
Erbringen der Leistung wirksam. Unter Betrachtung der Einheitsmasse des Wassers
wird die von der Stützkraft erbrachte Leistung entsprechend berechnet aus
de W2
ė = n ) · U
= −
= Fn · (−
n
· U
+ F
ct · n
n
· U
+ F
Co · n
n
· U
(5.50)
dt rb
Sie ist zusammengesetzt aus drei Teilleistungen, die im Folgenden einzeln betrach-
tet werden. Die Leistungsformulierung einer Volumenkraft (Zentrifugal- wie auch
Coriolis-Kraft) nach Gl. (5.50) ist leicht zu verstehen, wenn man bedenkt, dass die
Schaufel nur die Normal-Komponente der Volumenkraft aufnehmen kann. Diese in
Richtung der Schaufelnormale wirkende Kraftkomponente wirkt auf die Leistung
wiederum nur durch ihre Komponente in Richtung der Schaufelbewegung (U ).
Die Arbeit, die von der Stützkraft Fn im Lauf der Zeit geleistet wird, ist aus der
Integration über die Zeit zu berechnen:
t
e= ėdt (5.51)
0
Die Totalarbeit, die beim Durchqueren des Wasserteilchens durch die Schaufel ent-
steht, ist aus der obigen Integration mit t = t2 zu e2 zu berechnen. Mit dem Index 2
ist hier der Schaufelaustritt bezeichnet. Für einen mittleren Massenstrom ṁ w , ge-
messen im rotierenden System, wird die Leistung mit P = ṁ w e2 berechnet.
5.3.1 Zentrifugalkraft
Die Zentrifugalkraft für die Einheitsmasse ist in Gl. (5.1) gegeben. Ihre Kompo-
nente in −
n Richtung (hin zur Schaufeloberfläche) gilt als wirksame Kraft für die
Schaufelbewegung und berechnet sich aus
Fct,−n = −ω
× ω
× R
· (−
n) (5.52)
Die entsprechende Leistung, die aus dieser Kraft resultiert, wird nach Gl. (5.50)
berechnet aus:
ėct = −ω
× ω
× R
· n
n
· U
(5.53)
92 5 Strömungsmechanik in der rotierenden Schaufel
Der Einfachheit halber und zum Aufzeigen des Mechanismus des Kraftaustauschs
und der Leistungsabgabe in einem Rotationssystem werden hier die Zentrifugalkraft
und ihre Wirkung nur in einer zweidimensionalen Schaufel bei zweidimensionaler
Strömung betrachtet, die in Abb. 5.1 in der Zeichenebene liegt. Die dritte Koordinate
stimmt mit der Drehachse des Rades überein.
Für die Berechung des Vektorprodukts wird nach Abb. 5.1 ein lokales Koordina-
tensystem t-n-z festgelegt, wobei die z-Achse senkrecht zur Zeichenebene steht. In
diesem Koordinatensystem können die jeweiligen Vektoren in Gln. (5.52) und (5.53)
folgendermaßen dargestellt werden:
n
= (0, 1, 0)
R
= (−R sin ϕ, −R cos ϕ, 0)
ω
= (0, 0, ω) (5.54)
U
= (ω R cosϕ, −ω R sin ϕ, 0)
W
= (Wt , 0, 0)
und
Diese Ergebnisse können auch direkt aus Abb. 5.1 erhalten werden, wenn dort als
Zentrifugalkraft die Größe Fct = Rω2 direkt verwendet wird.
Im Schaufelbereich, in dem ϕ < 90◦ gegeben ist, ist ėct > 0. Darunter ist zu
verstehen, dass die Zentrifugalkraft eine positive Leistung bringt. Die von der Zen-
trifugalkraft geleistete Arbeit ab der Zeit t = 0 berechnet sich nach Gl. (5.51) zu
t
ect = ω 3
R 2 sin ϕ cos ϕdt (5.57)
0
Der Einfluss der Relativgeschwindigkeit auf die Berechnung ist in dieser Gleichung
nicht explizit dargestellt, bleibt jedoch wegen der Abhängigkeit von ϕ = f (W, t)
bestehen. Mit ds = W dt als infinitesimale Bewegung des Wasserteilchens in der
Strömung geht Gl. (5.57) über in
s
1
ect = ω 3
R 2 sin ϕ cos ϕ ds (5.58)
W
0
5.3 Kraftwirksamkeit und die Leistungen 93
Für die weitere Berechnung mittels Integration soll zwischen Strömungen in posi-
tiver und negativer t
-Richtung unterschieden werden. Nach Abb. 5.1 gilt sin ϕds =
∓dR mit dem oberen Vorzeichen für die Strömung in positiver t
-Richtung (siehe
auch Abb. 5.6a). Somit folgt aus Gl. (5.59)
R
1
ect = ∓ω3 R 2 cos ϕ dR (5.60)
E 1 + (Rω)2
R1
Die Integration kann analytisch durchgeführt werden, indem der Winkel ϕ als Funk-
tion der Ortskoordinate R angegeben wird. Andernfalls muss die Integration schritt-
weise numerisch gelöst werden.
A Sonderfall 1: Halbkreisschaufel
Zur Vereinfachung der Berechnung in Gl. (5.60) wird wiederum die Wasserbewe-
gung in einer rotierenden Halbkreisschaufel nach Abb. 5.6 betrachtet. Nach dem
Kosinussatz gilt die folgende Beziehung:
R
1 R3 Ro2 1
ect = ∓ ω3 + rb − R dR (5.63)
2 rb rb E 1 + (Rω)2
R1
94 5 Strömungsmechanik in der rotierenden Schaufel
Ist die Strömung am Schaufeleintritt (R1 ) bekannt (E 1 ), so kann die spezifische Ar-
beit der Zentrifugalkraft in Abhängigkeit von der Position R der Einheitsmasse in
der Schaufel berechnet werden. Dabei ist zu beachten, dass in dieser Gleichung E 1
und ω2 R12 nicht als zwei unabhängige Größen betrachtet werden sollen. Entspre-
chend ihrer Definition ist die Energieinvarianz am Schaufeleintritt folgendermaßen
auszudrücken:
Zum Umformen der Gleichung (5.64) werden nun folgende Abkürzungen einge-
führt:
rb R R1 ω Ro e E1
r̄b = , R̄ = , R̄1 = , ko = , e∗ = , Ē 1 =
Ro Ro Ro C0 C02 /2 ω2 Ro2
(5.66)
Dabei bezieht sich die spezifische Arbeit auf die kinetische Energie, die das Wasser-
teilchen am Schaufeleintritt besitzt bzw. die im Wasserstrahl vorhanden ist. Die be-
zogene Größe kann daher auch als entsprechender Wirkungsgrad interpretiert wer-
den.
Um Missverständnisse bei der Verwendung von Symbolen zu vermeiden, wird
hier das Geschwindigkeitsverhältnis ω Ro /C0 durch ko anstatt km erfasst, weil ge-
mäß Gl. (1.18) das Symbol km eine klar definierte Bedeutung bei Pelton-Turbinen
besitzt.
Mit Gl. (5.66) vereinfachen sich Gln. (5.64) und (5.65) zu
∗ 1 1 2
ect = ± ko2 r̄b2 − 1 + R̄1 − 2 Ē 1 Ē 1 + R̄12 (5.67)
r̄b 3
1 2
− r̄b2 − 1 + R̄ − 2 Ē 1 Ē 1 + R̄ 2
3
mit
1
Ē 1 = 2
1 − 2ko R̄1 (5.68)
ko
5.3 Kraftwirksamkeit und die Leistungen 95
die geleistete Arbeit auch als Funktion von τ darstellen, wobei τ als Lage des Was-
serteilchens in der Schaufel wiederum durch Gl. (5.43) mit der Zeit verknüpft ist.
Für den Fall E 1 = 0 wird nachfolgend ein Beispiel gezeigt.
Die spezifische Arbeit, die von der Zentrifugalkraft erbracht wurde, während das
Wasserteilchen die Schaufel durchquert hat, ist mit R̄ = R̄2 = 1 ∓ r̄b zu berechnen.
B Sonderfall 2: E1 = 0
Infolge der Beziehung R 2 = Ro2 + rb2 ± 2rb Ro cos τ bzw. R̄ 2 = 1 + r̄b2 ± 2r̄b cos τ
(Abb. 5.6) kann die normierte spezifische Arbeit nach Gl. (5.70) als Funktion der La-
ge τ eines Wasserteilchens in der rotierenden Schaufel und, aufgrund von Gl. (5.43),
auch als Funktion der Zeit wiedergeben werden. Abb. 5.8 zeigt ein Beispiel für
die Bewegung eines Wasserteilchens in positiver t
-Richtung in einer Schaufel mit
rb /Ro = 0.1. Zum Zeitpunkt, an dem der Drehwinkel ωt ≈ 9◦ ist, befindet sich das
Wasserteilchen an der Stelle τm ≈ 96◦ . Ab dieser Position nimmt die geleistete Ar-
beit wieder ab. Das ist dadurch zu erklären, dass ab τm ≈ 96◦ dann ϕ > 90◦ wird
und nach Gl. (5.56) ėct < 0 ist. Dies kann festgestellt werden durch
∗
dect de∗ d R̄
= ct =0 (5.71)
dτ d R̄ dτ
Daraus ergibt sich aus Gl. (5.70) mit dazugehörendem R̄ 2 = 1 + r̄b2 + 2r̄b cosτ :
Abb. 5.8 Bewegung eines Wasserteilchens in einer rotierenden Halbkreisschaufel und die von
der Zentrifugalkraft geleistete spezifische Arbeit (normiert auf die kinetische Energie vor dem
Schaufeleintritt), rb /Ro = 0.1, E 1 = 0
zu berechnen. Aus Gl. (5.70) mit R̄1 = 1 + r̄b ergibt sich dementsprechend
2 2
∗ 2 r̄b 2 rb
ect,2 = = (5.73)
3 R̄1 3 R1
5.3.2 Coriolis-Kraft
Die Coriolis-Kraft der Einheitsmasse ist in Gl. (5.2) definiert. Analog zu Gl. (5.52)
ist die Kraftkomponente in Richtung −
n (hin zur Schaufeloberfläche) folgenderma-
ßen zu berechnen:
5.3 Kraftwirksamkeit und die Leistungen 97
FCo,−n = −2 ω
· (−
×W n) (5.75)
Die von dieser Kraftkomponente erbrachte Leistung beträgt nach Gl. (5.50)
ėCo = −2 ω
×W
· n
n
· U
(5.76)
und
( R) darstellt.
Gleichung (5.78) stellt auch die Verknüpfung mit der Zentrifugalkraft (Rω2 ) dar.
Die von der Coriolis-Kraft geleistete Arbeit berechnet sich zu
t t
eCo = ėCo dt = −2ω2 R · Wr dt (5.79)
0 0
R
eCo = −2ω 2
R · dR = ω2 R12 − R 2 = U12 − U 2 (5.80)
R1
bzw. unter der Berücksichtigung von Gl. (5.66) erhält man die dimensionslose Form
∗
eCo = 2ko2 R̄12 − R̄ 2 (5.81)
Gl. (5.80) bzw. Gl. (5.81) zeigen, dass die Coriolis-Kraft für die Strömung in radia-
ler Richtung hin zur Radachse (R < R1 ) positive Arbeit leistet. Diese Erkenntnis
wird später gebraucht, um die Physik eines speziellen Strömungsmodells, das in
Abschnitt 5.3.5 vorgestellt wird, vollständig zu verstehen.
Gegenüber Gl. (5.60) für die geleistete Arbeit durch die Zentrifugalkraft ist die
geleistete Arbeit durch die Coriolis-Kraft nur vom Anfangs- und Endzustand, nicht
aber vom durchlaufenen Weg abhängig. Ferner ist die von der Coriolis-Kraft geleis-
tete Arbeit unabhängig von der Geschwindigkeit des Wasserteilchens.
98 5 Strömungsmechanik in der rotierenden Schaufel
Es soll erwähnt werden, dass die Rechenergebnisse nach den Gln. (5.80) bis (5.82)
nur für die vereinfachte Strömung in der Zeichenebene gemäß Abb. 5.1 gelten, wo
die Schaufel zweidimensional dargestellt ist. Diese Bedingung ist bereits durch den
Normalenvektor n
= (0, 1, 0) bestimmt worden. Daher kann aus Gl. (5.82) keine
Schlussfolgerung zum Fall U1 = U2 gemacht werden, da dies in der ebenen Strö-
mung nach Abb. 5.1 nicht möglich ist.
A Sonderfall 1: Halbkreisschaufel
Die in Abb. 5.6 dargestellte Halbkreisschaufel wird erneut betrachtet. Das Wasser-
teilchen bewegt in zwei verschiedenen Richtungen mit dem Eintritt bei R1 = Ro ±rb
und Austritt bei R2 = Ro ∓ rb . Somit vereinfacht sich Gl. (5.82) zu
∗ eCo,2 rb
eCo,2 = 1 2
= ±8ko2 (5.84)
2 C0
Ro
B Sonderfall 2: E1 = 0
∗ Ro r b
eCo,2 = ±2 (5.86)
R1 R1
Im Fall der positiven Arbeit ist aus dem Vergleich mit Gl. (5.73) offensichtlich,
dass die von der Coriolis-Kraft geleistete Arbeit deutlich größer ist als die von der
Zentrifugalkraft geleistete Arbeit.
5.3 Kraftwirksamkeit und die Leistungen 99
W2
FI = (5.87)
rb
wobei mit rb der lokale Krümmungsradius der Stromlinien bezeichnet wird, die
kongruent zur Schaufeloberfläche verläuft.
Die von dieser Kraft erbrachte Leistung wird nach Gl. (5.50) berechnet aus
W2
ėI = − n
· U
(5.88)
rb
Es wird wiederum die zweidimensionale Strömung in einer zweidimensionalen
Schaufel nach Abb. 5.1 betrachtet. Mit der entsprechenden Beziehung n
· U
=
−ω R sin ϕ wird aus Gl. (5.88)
W2
ėI = ω R sin ϕ (5.89)
rb
Die von der Impulskraft geleistete Arbeit ist dementsprechend
t t
W2
eI = ėI dt = ω R sin ϕdt (5.90)
rb
0 0
= Fct · t = Rω cos
2
π + ϕ = −Rω2 sin ϕ (5.91)
dt 2
Diese Gleichung wird in Gl. (5.90) zur Eliminierung von dt eingesetzt. Daraus und
mit W 2 = Wt2 ergibt sich:
Wt
1 1 2
eI = − W dWt (5.92)
ω rb t
Wt1
Dabei gilt Wt als positiv, wenn die Strömungsrichtung mit dem Tangentevektor t
A Sonderfall 1: Halbkreisschaufel
Wird eine kreisförmige Schaufel mit rb = const betrachtet, so ergibt sich aus
Gl. (5.92)
1 3
eI = Wt 1 − Wt3 (5.93)
3ωrb
Unter Anwendung der Invarianzgleichung, aus derdie Relativgeschwindigkeit mit
der lokalen Umfangsgeschwindigkeit zu Wt = ± E 1 + (ω R)2 berechnet werden
kann, ergibt sich Gl. (5.93) zu
3/2 3/2
1
eI = ± E 1 + (R1 ω) 2
− E 1 + (Rω) 2
(5.94)
3ωrb
In Anlehnung an das Strömungsbeispiel aus Abb. 5.6a gilt dabei das positive Vor-
zeichen für die Bewegung des Wasserteilchens längs des Tangentenvektors t
. Zu
beachten ist, dass Ē 1 und R̄1 nicht unabhängig voneinander sind, sondern durch
Gl. (5.68) miteinander verknüpft sind.
B Sonderfall 2: E1 = 0
ω2 3
eI = ± R1 − R 3 (5.96)
3rb
Da aus der Bedingung E 1 = 0 gleichzeitig auch W1 = U1 = C0 /2 bzw. ω R1 = C0 /2
folgt, ergibt sich aus obiger Gleichung die entsprechende dimensionslose Form:
1 3
eI∗ = ± R̄ 1 − R̄ 3
(5.97)
6r̄b R̄12
Für das Durchlaufen des Wasserteilchens durch die Schaufel (R = R2 ) wird die von
der Impulskraft geleistete Arbeit berechnet mit
1 2 3
eI,2 = ± ω R1 − R23 (5.98)
3rb
Nach Abb. 5.6b wird hier ein konkretes Beispiel betrachtet, bei dem die Strömung
der negativen t
-Richtung folgt. Ein- und Austritt sind jeweils gekennzeichnet durch
R1 = Ro − rb bzw. R2 = Ro + rb . Mit dem entsprechenden negativen Vorzeichen in
5.3 Kraftwirksamkeit und die Leistungen 101
Es kann nachgewiesen werden, dass man das gleiche Ergebnis erhält, wenn die Strö-
mung nach Abb. 5.6a der positiven t
-Richtung folgt. Gl. (5.99) ist daher von der
Strömungsrichtung des Wassers unabhängig. Zu beachten ist, dass die Bedingung
E 1 = 0, die für beide Strömungsanordnungen zu Gl. (5.99) geführt hat, nicht die
gleiche Strahlgeschwindigkeit verlangt. In beiden Fällen gilt zwar C0 = 2ω R1 , je-
doch müssen jeweils R1 = Ro + rb und R1 = Ro − rb verwendet werden.
Wie in Abschnitt 5.1.1 bereits gezeigt wurde, liegen in der Strömung längs einer
rotierenden Schaufel die Zentrifugal- und Coriolis-Kräfte sowie die Kraft aus der
Impulsänderung infolge der Änderung der Strömungsrichtung vor. Alle diese Kräf-
te, mit ihren jeweiligen Komponenten senkrecht zur Schaufeloberfläche, vereinigen
sich zur Stützkraft. Der Beitrag jeder dieser einzelnen Kräfte zur Arbeitsleistung
wurde bereits in den vorangegangenen Kapiteln aufgezeigt. In diesem Abschnitt soll
die gesamte Wirkung sowie das Verhältnis zwischen einzelnen Wirkungen näher be-
trachtet werden. Da die Rechenergebnisse unter der Annahme der Halbkreisschaufel
mit der Eintrittsbedingung E 1 = 0 explizit dargestellt werden konnten, werden diese
Bedingungen hier weiter beibehalten.
Die Summe aller drei einzelnen Leistungen, die jeweils in den Gln. (5.70), (5.85)
und (5.97) ermittelt wurden, ist nach einer Umformung gegeben als
1 1 2 3 1 2
e∗ = ect
∗ ∗
+eCo +eI∗ = ± r̄ b − 1 R̄ 1 − R̄ + R̄ 1 − R̄ 3
+ R̄ 1 − R̄ 2
4 R̄12 r̄b 2 R̄12
(5.100)
∗ 1 R̄ 2
e+ = 1− r̄ b + R̄ − 1 (5.101)
4 (1 + r̄b )2 r̄b
Analog dazu folgt aus Gl. (5.100) mit negativem Vorzeichen für den Fall aus
Abb. 5.6b mit R̄1 = 1 − r̄b :
∗ 1 R̄ 2
e− = 1− 1 − r̄ b − R̄ (5.102)
4 (1 − r̄b )2 r̄b
102 5 Strömungsmechanik in der rotierenden Schaufel
Beim Durchlaufen der Halbkreisschaufel, d. h. mit R̄ = R̄2 = 1 − r̄b für Abb. 5.6a
und R̄ = R̄2 = 1 + r̄b für Abb. 5.6b ergeben sich Gln. (5.101) und (5.102) einheitlich
zu
∗ ∗
e+ = e− =1 (5.103)
bzw.
1
e+ = e− = C02 (5.104)
2
Dies entspricht dem erwarteten Ergebnis. Beim Betrachten der Strahlströmung un-
ter der Eintrittsbedingung E 1 = 0 heißt das, dass die kinetische Energie im Wasser-
strahl komplett an die rotierenden Schaufeln abgegeben wird und der hydraulische
Wirkungsgrad in beiden Fällen 100% beträgt. Die Umsetzung der kinetischen in die
mechanische Energie ist in diesen beiden Fällen vollständig. Diese Aussage kann
auch direkt aus der Invarianzgleichung erhalten werden. Wegen der Zwangbedin-
gung E 2 = E 1 = 0 ist am Schaufelaustritt U
2 = −W
2 und somit C
2 = 0. Die Abso-
lutgeschwindigkeit und daher die kinetische Energie der Einheitsmasse am Austritt
der Schaufel ist in beiden Fällen Null.
5.3.5 Beispiele
In obigen Abschnitten sind die Wirksamkeiten der Zentrifugal-, Coriolis- und Im-
pulskräfte in rotierenden Schaufeln untersucht worden. Die Arbeit, die die einzelnen
Kräfte in der Halbkreisschaufel unter der allgemeinen Eintrittsbedingung E 1 = 0
leisten, ist jeweils nach Gl. (5.67), (5.81) und (5.95) zu berechnen. Aus Gründen
der einfacheren Anwendung werden diese Gleichungen nochmals in zusammenfas-
sender Darstellung aufgelistet:
∗ 1 1 2
ect = ±ko2 r̄b2 − 1 + R̄1 − 2 Ē 1 Ē 1 + R̄12 (5.67)
r̄b 3
1 2
− r̄b2 − 1 + R̄ − 2 Ē 1 Ē 1 + R̄ 2
3
∗
eCo = 2ko2 R̄12 − R̄ 2 (5.81)
5.3 Kraftwirksamkeit und die Leistungen 103
Das positive Vorzeichen in den Gleichungen gilt für die positive Bewegung des Was-
serteilchens gemäß Abb. 5.6a und das negative Vorzeichen entsprechend Abb. 5.6b.
Die sich daraus aufsummierende Arbeit für den allgemeinen Fall E 1 = 0 stellt die
Totalleistungsabgabe des betrachteten Wasserteilchens der Einheitsmasse dar:
e∗ = ect
∗ ∗
+ eCo + eI∗ (5.105)
Es soll hier zwischen einzelnen Leistungen verglichen werden, wobei nach Abb. 5.6a
und 5.6b zwischen zwei Fällen unterschieden werden soll. Der Einfachheit halber
wird wiederum der zweidimensionale Wasserstrahl betrachtet, dessen Geschwindig-
keit doppelt so hoch wie die Umfangsgeschwindigkeit der Schaufelmitte ist, d. h.
C0 = 2ω Ro bzw. ko = 0.5. Nach Gl. (5.68) bedeutet dies für beide Fälle jeweils:
Ē 1+ = 4 1 − R̄1 = −4r̄b (5.106)
Ē 1− = 4 1 − R̄1 = 4r̄b (5.107)
Die Darstellungen der Ergebnisse in Abb. 5.9a und 5.9b zeigen die entsprechen-
den Arbeitsleistungen, die jeweils von der Zentrifugal-, Coriolis- und Impulskraft
erbracht werden, als Funktion des Schaufeldrehwinkels. Eine derartige Darstellung
mit ωt als Variable findet sich in gleicher Weise bereits in Abb. 5.7 und 5.8. Die
Summe der gesamten Arbeit ist ebenfalls dargestellt.
Aus der Darstellung wird ersichtlich, dass die Wirkung der Impulskraft auf die
Arbeitsleistung dominiert. Während die Wirkung der Zentrifugalkraft in beiden Fäl-
Abb. 5.9 Wirksamkeit von Zentrifugalkraft, Corioliskraft und Impulskraft in einer rotierenden
Halbkreisschaufel e = ect +eCo +eI , Parameterfestlegung C0 = 2ωRo , rb /Ro = 0.1 (a) Positivströ-
mung nach Abb. 5.6a, (b) Negativströmung nach Abb. 5.6b
104 5 Strömungsmechanik in der rotierenden Schaufel
len als vernachlässigbar klein betrachtet werden darf, leistet die Coriolis-Kraft einen
beträchtlichen Beitrag zur Arbeitsleistung sowohl in positivem als auch negativem
Sinne. Bis zum Austritt ist die gesamte geleistete Arbeit je nach Strömungsrichtung
∗ = 0.983 bzw. e ∗ = 0.993.
e+ −
Beispiel 2: KWO-Gedankenmodell
Abb. 5.11 Verlauf der geleisteten Arbeit der Strömung in der Schaufel A und B im KWO-
Gedankenmodell: E 1 = 0, rb /R1 = 0.2
Abb. 5.11 grafisch dargestellt ist. Aus dem Diagramm lässt sich erkennen, dass bei
der Schaufelhälfte A die von der Wasserströmung geleistete Arbeit mit der Zeit
bzw. Schaufeldrehung sanft zunimmt. Aufgrund der niedrigen Relativgeschwindig-
keit erreicht das Wasser erst nach einer Schaufeldrehung von ca. 45◦ den Austritt.
Dagegen leistet die Wasserströmung bei der Schaufelhälften B zuerst fast nichts.
Erst kurz vor dem Austritt steigt die geleistete Arbeit drastisch an. Da die Relativ-
geschwindigkeit hier höher ist als diejenige in Schaufelhälfte A, erreicht das Wasser
bereits nach einer Schaufeldrehung von etwa 30◦ den Austritt.
Zum besseren Verständnis derartiger Strömungen soll die Wirkung der Coriolis-
Kraft näher betrachtet werden. In der Schaufelhälfte A zeigt die Coriolis-Kraft in
Richtung zur Schaufeloberfläche, sodass diese Kraft eine positive Arbeit leistet. Da-
gegen weist die Coriolis-Kraft in Schaufelhälfte B weg von der Schaufeloberfläche
und leistet daher eine negative Arbeit. Unter der Berücksichtigung unterschiedli-
cher Impulskräfte ergeben sich schließlich in beiden Schaufelhälften die gleichen
Endleistungen.
Das fiktive Strömungsmodell kann erweitert werden, indem zwei unterschied-
lich große Schaufelhälften verwendet werden. Unter den gleichen, wie ursprünglich
formulierten Bedingungen, erhält man das gleiche Ergebnis.
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Kapitel 6
Wasserausbreitung in der Schaufel
6.1 Relativdurchfluss
Die Ausbreitung des Wassers in Pelton Schaufeln erfolgt dreidimensional und wird
mit dem Impulssatz berechnet. Die Fließgeschwindigkeit des Wassers in einer rotie-
renden Schaufel kann durch die Invarianzgleichung beschrieben werden, wie dies
bereits in Abschnitt 5.2 abgeleitet wurde. Nach Gl. (5.23) verfügen alle Wasser-
teilchen in einer Strahlschicht über dieselbe Energieinvarianz. Werden Geschwin-
digkeitspläne am Schaufeleintritt für Wasserteilchen in einer Strahlschicht nach
Abb. 6.1a betrachtet, so gilt wegen Ux = U cos α = ωh s = const :
Diese Beziehung deutet darauf hin, dass sämtliche Wasserteilchen in einer Strahl-
schicht vor Eintreten in die Schaufel (Index 0) die gleiche konstante Geschwindig-
keitskomponente W0x haben. Die entsprechenden Geschwindigkeitsdiagramme zu
drei unterschiedlichen Zeitpunkten, an denen drei bestimmte Wasserteilchen in der
betrachteten Strahlschicht jeweils in die Schaufel eintreten, sind in Abb. 6.1b dar-
gestellt. Da die Dicke der Strahlschicht und somit der Querschnitt der betrachteten
Strahlschicht konstant ist, muss der Durchfluss im relativen System während der In-
teraktion zwischen einer Strahlschicht und der rotierenden Schaufel konstant sein:
A0 d0 /2
Q̇ w 1 1 dA
= W0x d A = (C0 − ωh s ) dy (6.4)
2 2 2 dy
0 −d0 /2
Mit h s = Rm + y und d A = 2 (d0 /2)2 − y 2 · dy als Querschnitt einer infinitesimal
dünnen Strahlschicht nach Abb. 6.2 ergibt sich der entsprechende Relativdurchfluss
mit
Q̇ w 1 1
= πd02 (C0 − ω Rm ) = πd02 W0x,o (6.5)
2 8 8
Die repräsentative Geschwindigkeit ist W0x,o . Sie ist die x-Komponente der Rela-
tivgeschwindigkeit der Strahlschicht auf der Strahlachse. Weil diese repräsentative
Geschwindigkeit unabhängig von der Schaufelstellung ist, ist der Relativdurchfluss
nach Gl. (6.5) konstant und gilt für alle Schaufelstellungen, an denen der Wasser-
strahl in die Schaufel eintritt. An dieser Stelle soll darauf aufmerksam gemacht
werden, dass der Relativdurchfluss nicht als Produkt aus dem Betrag der Relativ-
geschwindigkeit (W ) und dem Strahlquerschnitt betrachtet werden darf, sondern
nach Gl. (6.5) als Produkt aus der Geschwindigkeitskomponente W0x,o und dem
Strahlquerschnitt.
Der Relativdurchfluss nach Gl. (6.5) bleibt auch in der rotierenden Schaufel er-
halten. Wie in Gl. (6.3) soll in der Schaufel stets mit dem Betrag der aus allen
Strahlschichten gemittelten Relativgeschwindigkeit gerechnet werden. Der mittle-
re Querschnitt des Wasserfilms als Produkt der Filmbreite d und -höhe h ist dann
gegeben durch
Q̇ w 1 W0x,o
h ·d = = πd02 (6.6)
2W 8 W
Obwohl der Durchfluss konstant ist, ändert sich der Betrag der Relativgeschwindig-
keit W zum einen mit der Änderung der Relativgeschwindigkeit W0 vor Wasserein-
tritt in die Schaufel (Abb. 6.1) und zum anderen mit der lokalen Umfangsgeschwin-
digkeit nach der Invarianzgleichung. Diese Änderung wird beträchtlicher, je größer
die spezifische Drehzahl einer Pelton-Turbine ist. Dies begründet sich dadurch, dass
nach Abb. 4.4 das erste Volleintreten des Wassers in die Schaufel (αb ) sehr früh be-
ginnt und daher die Relativgeschwindigkeit W0 bis zum letzten Volleintreten des
Wassers in einem großen Bereich variiert.
Wird aus den Durchflüssen im absoluten Wasserstrahl und in der Relativströ-
mung das Verhältnis Q̇ c / Q̇ w gebildet, so ergibt sich mit Q̇ c /2 = πd02 /8 · C0 (für
eine Schaufelhälfte) und Q̇ w aus Gl. (6.5)
Q̇ c C0 1
2λ = = = (6.7)
Q̇ w C 0 − ω Rm 1 − km
110 6 Wasserausbreitung in der Schaufel
Dies kann als die Anzahl der Schaufeln betrachtet werden, die gleichzeitig von ei-
nem Wasserstrahl beaufschlagt werden. Der Faktor λ wird, wie in Kapitel 4, eben-
falls als Multischaufelziffer bezeichnet. Sie berechnet sich nach Gl. (6.7) aus dem
Volumenstromverhältnis, während die Multischaufelziffer nach Gl. (4.26) aus dem
geometrischen Zusammenhang zwischen Wasserstrahl und rotierenden Schaufeln
hergeleitet wurde. Da bei normaler Auslegung einer Pelton-Turbine km < 0.5 ist,
gilt hier λ < 1. Für Pelton-Rädern mit sehr kleiner spezifischer Drehzahl tendiert
der Schaufelstellungswinkel αo1 nach Gl. (1.30) zu Null. Gl. (4.26) geht dann in
Gl. (6.7) über. Das Strömungsverhältnis ist dann vergleichbar mit dem bei einer
geradlinig bewegten Schaufel.
Tatsächlich ist der Film in der Mitte bezogen auf die Filmbreite am dicksten. Infolge
der realen Strömungsreibung verlangsamt sich die Relativgeschwindigkeit in der
Schaufel um bis zu 10% (Kapitel 10), sodass die Filmhöhe zusätzlich größer wird.
Diese reale Filmhöhe muss berücksichtigt werden, wenn der störungsfreie Austritt
des Wassers aus der Schaufel durch Festlegung des Austrittswinkels gewährleistet
werden soll. Näheres zur Austrittsbedingung wird in Kapitel 7 behandelt.
Wird der lokale Krümmungsradius der Schaufel durch rb bezeichnet, so lässt sich
der Überdruck pb an der Schaufeloberfläche nach Gl. (5.10) berechnen. Unter Ein-
bezug der Laufzahl-Definition nach Gl. (1.18) wird zur Berechnung des Überdrucks
unter dem Wasserfilm der spezifische Überdruck eingeführt:
pb h
cp = = 2 (1 − km)2 (6.14)
2 ρC0
1 2 rb
112 6 Wasserausbreitung in der Schaufel
π d02
cp = (1 − km)2 (6.15)
4 rb d
Die Größenordnung von cp -Werten kann bei einer Schaufelströmung abgeschätzt
werden. Hierfür wird der Nennbetrieb betrachtet, bei dem angenommen werden
kann, dass am Schaufelboden der Krümmungsradius rb gleich 0.55d0 ist (Abb. 5.3).
Die Filmbreite d lässt sich dort nach Gl. (6.8) abschätzen. Mit d2,N ≈ 2.5d0 und
s ≈ S/2 ergibt sich die abgeschätzte Filmbreite zu 1.75d0. Daraus und mit km = 0.47
errechnet sich der spezifische Überdruck am Schaufelboden zu
Dieser Wert entspricht sehr genau dem gemessenen cp,N -Wert bei Angehrn (2000)
und auch dem umgerechneten Messwert bei Perrig et al. (2006).
Kapitel 7
Austrittsbedingungen
Bei der Auslegung von Pelton-Turbinen ist es außerordentlich wichtig, dass das
Wasser die Schaufeln sowie das Pelton-Rad störungsfrei verlassen kann. Der Be-
trag der Abfließgeschwindigkeit ist zwar ein Maß für den Drallverlust (siehe Kapi-
tel 8), muss aber für den sicheren Abfluss des Wassers aus den Schaufeln groß genug
sein. Die entsprechenden Austrittsbedingungen sind offensichtlich von der Bauart
und Geometrie sowie dem Betrieb der Turbine abhängig. Sie sind beispielsweise
unterschiedlich für horizontale und vertikale Pelton-Turbinen. Dies begründet sich
dadurch, dass bei Pelton-Turbinen mit vertikalen Drehachsen das Wasser aus den
oberen Schaufelhälften nicht wieder auf dem Rad landen darf. Dafür werden spe-
zielle Austrittsbedingungen verlangt. Bevor dies ausführlich behandelt wird, soll
zuerst allgemein gezeigt werden, wie die Austrittsgeschwindigkeit des Wassers und
deren Verteilung längs der Austrittskante der Schaufel verlaufen. Davon ausgehend
wird die allgemeine Austrittsbedingung abgeleitet.
Es wird hier die Wasserströmung für die Situation nach Abb. 7.1 betrachtet, bei der
das Wasser hauptsächlich quer durch die Schaufel fließt. Die Laufzahl des Turbinen-
betriebs ist km . Nach Gl. (5.25) ist die Verteilung der Energieinvarianz quer durch
den Wasserstrahl gegeben durch
Ey y
= 1 − 2k m 1 + (5.25)
C02 Rm
Die negative Energieinvarianz des Wassers bedeutet somit nach vorwärts neigenden
Wasserabfluss (Cu2 > 0) aus der Schaufel. Nur wenn die Laufzahl km genügend tief
ausgelegt ist, wird E y > 0. Somit kann der nach rückwärts neigende Wasserabfluss
(Cu2 < 0) längs der ganzen Austrittskante der Schaufel gewährleistet werden. Dass
diese Austrittsbedingung für Pelton-Turbinen mit vertikalen Achsen notwendig ist,
wird in Abschnitt 7.3 gezeigt.
Damit das Wasser die Schaufeln verlassen kann, ohne die nachkommenden Schau-
feln zu berühren, muss das Wasser mit der Austrittsgeschwindigkeit C2 eine seitli-
che Geschwindigkeitskomponente aufweisen, die nach Abb. 7.2 der x-Komponente
entspricht. Es wird angenommen, dass mit dieser Geschwindigkeitskomponente das
Wasserteilchen an der Oberfläche des Wasserfilms die Zeit t benötigt, um seitlich
mindestens eine Strecke von h a zurückzulegen. Mit h a ist hier die Summe von Was-
serfilmhöhe und Schaufelwanddicke bezeichnet. Die Austrittsbedingung kann daher
folgendermaßen formuliert werden:
Da der Wasserfilm bei Volllastbetrieb am dicksten ist, soll die Dicke h a immer auf
Volllast (Nennbetrieb) bezogen werden.
Innerhalb der Zeit t legt die nachkommende Schaufel eine Strecke von Tu zu-
rück, während das betrachtete Wasserteilchen eine Strecke von Tc in der Gegenrich-
7.2 Allgemeine Austrittsbedingung 115
tung zurücklegt. Im kritischen Fall muss die Zeit t in Gl. (7.1) gerade so groß sein,
dass die Summe dieser zwei Strecken gleich der Schaufelteilung ist, das heißt
TS = Tu + Tc = U2 + C2y t (7.2)
Daraus folgt
TS
t = (7.3)
U2 + C2y
Nach dem Geschwindigkeitsplan in Abb. 7.2 gilt die Beziehung C2y = W2y − U2 .
Somit wird aus Gl. (7.3)
TS
t = (7.4)
W2y
Diese Zeitspanne wird in Gl. (7.1) eingesetzt. Mit C2x = W2x ergibt sich dann
h a W2y
<1 (7.5)
TS W2x
Wegen tan β2 = −W2x /W2y erhält man schließlich
ha 1
− · <1 (7.6)
TS tan β2
116 7 Austrittsbedingungen
Das ist die Bedingung, die erfüllt werden muss, damit das Wasser aus der Schaufel
frei abfließen kann. Es kann nachgewiesen werden, dass sich die gleiche Bedingung
ergibt, wenn der Wasserabfluss sich vorwärts neigt, d. h. C2y < 0 nach Abb. 7.2.
Der aus Gl. (7.6) bestimmte Austrittswinkel hängt von der spezifischen Dreh-
zahl einer Pelton-Turbine ab. Bei Pelton-Turbinen mit großer spezifischer Drehzahl
(n q ) d. h. mit relativ enger Schaufelverteilung wird das Verhältnis h a /TS groß. Der
Austrittswinkel β2 muss dann so ausgelegt werden, dass das Wasser mehr seitlich
abgelenkt wird. Diese Abhängigkeit wird im Folgenden berechnet.
Die Schaufelteilung TS in Gl. (7.6) wird in Anbetracht der Gl. (4.30) zur Bestim-
mung der Schaufelzahl berechnet aus
π Dm π Dm
TS = = (7.7)
N 15 + 0.62/n q
Die Höhe des Wasserfilms beim Nennbetrieb wurde bereits in Gl. (4.30) angege-
ben. Mit der Annahme, dass die Höhe des Wasserfilms näherungsweise gleich der
Schaufeldicke ist, also dass h a = 2h 2.N = 0.1B ist, ergibt sich aus Gl. (7.6)
0.1 B 0.62
tan β2 > − 15 + (7.8)
π Dm nq
Für die weitere Berechnung wird Gl. (1.27) verwendet, um B/Dm durch die spezi-
fische Drehzahl n q zu ersetzen. Da es sich um Nennbetrieb handelt, gilt wiederum
ϕB = 0.11. Mit km = 0.47 erhält man aus Gl. (7.8)
tan β2 > − 1.2n q + 0.05 bzw. (7.9)
β2 < π − arctan 1.2n q + 0.05 (7.10)
Abb. 7.3 Schaufelaustrittswinkel in Abhängigkeit von der spezifischen Drehzahl, ermittelt mit der
Annahme, dass die Schaufeldicke gleich der Dicke des Wasserfilms ist
In obigen Betrachtungen steht β2 für den Austrittswinkel, der stets von der Rich-
tung der Umfangsgeschwindigkeit gemessen werden soll. Unter dieser Bedingung
gelten die Berechnungen auch für die Auslegung des Austrittswinkels im Schau-
felwurzelbereich und im Bereich des Schaufelausschnitts. Gemäß Gl. (7.6) muss
man jeweils mit der entsprechenden Schaufelteilung TS rechnen. Oft ist es vor-
teilhaft, den Austrittswinkel bezogen auf die Schaufelaustrittskante anzugeben, die
nach Abb. 7.4 eine Tangente zu einem Grundkreis mit dem Radius ra ist. Bei dieser
Betrachtungsweise wird der Strömungsverlauf am Schaufelausschnitt wie auch im
Wurzelbereich deutlich unterschiedlich zum Strömungsverlauf im Schaufelmitten-
bereich (bei Dm ). Wenn die Neigung der Schaufelaustrittskante durch δ bezeichnet
ist, so berechnet sich der Strömungswinkel β 2 im Bereich des Schaufelausschnitts
nach Abb. 7.4
Der Austrittsverlauf des Wassers steht also in diesem Fall senkrecht zur Schau-
felaustrittskante.
Im Schaufelwurzelbereich wird der Austrittswinkel β2 nach Abb. 7.4 entspre-
chend berechnet mit
Bei vertikalen Pelton-Turbinen tritt das Wasser aus den oberen Schaufelhälften nach
oben aus. In der Auslegung sowie für den Betrieb von solchen Turbinen muss darauf
geachtet werden, dass das Austrittswasser genügende Energie hat, um das Rad nach
Abb. 7.5 gegen die Erdanziehungskraft über der Strecke T sicher zu verlassen. Zwei
Aspekte müssen berücksichtigt werden:
• Das Wasser aus dem Schaufelteil in der Wurzelzone hat die größte Strecke über
das Turbinenrad zurückzulegen und stellt daher den kritischsten Fall dar.
• Das Wasser aus dem Schaufelteil in der Nähe des Schaufelausschnitts muss rück-
wärts, d. h. gegen die Drehrichtung der Schaufel, gerichtet sein, damit es im gan-
zen Bereich längs der Schaufelaustrittskante rückwärts abfließt.
Offenbar sind beide Aspekte mit der Laufzahl der Pelton-Turbine gekoppelt. Für
den sicheren Betrieb einer Pelton-Turbine muss die Laufzahl hinreichend tief (nach
Abschnitt 7.1) festgelegt werden, damit die Bedingungen der beiden Aspekte erfüllt
werden können.
Damit das Wasser über der Strecke T störungsfrei abfließen kann, muss die kleins-
te Austrittsgeschwindigkeit C2 aus der Schaufel bestimmt werden. Die freie Bewe-
gung des Wassers nach dem Austritt aus der Schaufel ist unter Berücksichtigung des
Schwerkrafteinflusses zu berechnen. Nach dem festgelegten Koordinatensystem in
Abb. 7.5 sind die beiden Geschwindigkeitskomponenten des „fliegenden“ Wassers
jeweils berechnet zu
Die Bahnlinie des fliegenden Wassers in Abhängigkeit von der Zeit t erhält man
durch Integration der obigen Geschwindigkeiten als
x = C2x,0 · t (7.15)
1
y = C2y,0 · t − g · t 2 (7.16)
2
Die Bahnlinie ist daher in der Form y = f (x) gegeben. Für den störungsfreien Was-
serflug muss die folgende Bedingung am Ende der Flugstrecke erfüllt werden:
y = f (T ) > h a (7.17)
Dabei stellt h a nach Abb. 7.5 die Summe der Wasserfilmhöhe und Schaufelwanddi-
cke dar.
120 7 Austrittsbedingungen
Die nach Gl. (7.17) angegebene Bedingung wird auf die Gln. (7.15) und (7.16)
angewendet. Dadurch erhält man
T = C2x,0 · t (7.18)
1
h a = C2y,0 · t − g · t 2 (7.19)
2
Eliminiert man die Zeit t und unter der Berücksichtigung von tan α2 = −C2y,0/C2x,0
lässt sich die Geschwindigkeit C2x,0 ermitteln aus
gT
2
C2x,0 =− (7.20)
2 (h a /T + tan α2 )
Das ist die kleinste Austrittsgeschwindigkeit, die das Wasser besitzen muss, um
sicher vom Pelton-Rad wegspritzen zu können. Dies soll auf die Austrittsströmung
aus der Schaufelwurzelzone angewandt werden, da dort die Flugstrecke des Wassers
offensichtlich am größten ist. Es stellt sich die Frage, wie die kleinste Austrittsge-
schwindigkeit nach Gl. (7.20) überhaupt erreicht werden kann. Es ist offensicht-
lich, dass dafür die Laufzahl km nach Abschnitt 7.1 hinreichend tief festgelegt wer-
den muss. Die sich daraus ergebene tatsächliche Austrittsgeschwindigkeit aus der
Schaufelwurzelzone soll dann mit dem erforderlichen Wert nach Gl. (7.20) vergli-
chen werden. Dazu wird der Sinussatz für den Geschwindigkeitsplan entsprechend
Abb. 7.5 angewendet:
sin β2
C2 = W2 (7.21)
sin α2
bzw. in der Form der Geschwindigkeitskomponente
sin β2
C2x,0 = C2 cos α2 = W2 (7.22)
tan α2
Die Aufgabe besteht nun darin, die Relativgeschwindigkeit im Bereich der Schau-
felwurzel (W2 ) sowie den Strömungswinkel α2 sowohl in Gl. (7.20) als auch in
Gl. (7.22) in Abhängigkeit von der Laufzahl zu bestimmen. Dazu kann die Inva-
rianzgleichung verwendet werden. Aus der Realität wird nach Abb. 7.1 angenom-
men, dass das Wasser in der Strahlschicht y = −d0 /2 die Schaufelwurzel erreichen
wird. Die Energieinvarianz, die diese Strahlschicht besitzt, ist nach Gl. (5.25) mit
Dm = 2Rm :
E −d0 /2 d0
= 1 − 2k m 1 − (7.23)
C02 Dm
2
W22 D2 d0
= km
2
+ 1 − 2km 1 − (7.26)
C02 Dm Dm
C2x,0 sin β2 D2 2 d0
= k 2 + 1 − 2km 1 − (7.27)
C0 tan α2 m Dm Dm
Das ist der Zusammenhang, aus dem die zur Strahlschicht y = −d0 /2 gehörende
Geschwindigkeit der Wasserströmung am Schaufelaustritt in Abhängigkeit von der
Laufzahl bestimmt werden kann. Um zusammen mit der Bedingung nach Gl. (7.20)
die gesuchte Laufzahl bestimmen zu können, muss der Austrittswinkel α2 sowohl in
Gl. (7.27) als auch in Gl. (7.20) noch als Funktion der Laufzahl bestimmt werden.
Dazu lässt sich der Sinussatz für den Geschwindigkeitsplan nach Abb. 7.5 einsetzen:
W2 U2 U2
= = (7.28)
sin α2 sin (β2 − α2 ) sin β2 cos α2 − cosβ2 sin α2
Daraus erhält man
sin β2
tan α2 = (7.29)
U2 /W2 + cosβ2
U2
bzw. mit C0 = km DDm2 :
sin β2
tan α2 = (7.30)
km (D2 /Dm ) (C0 /W2 ) + cos β2
Dabei kann W2 /C0 aus Gl. (7.26) berechnet werden. Somit ist auch der Zusammen-
hang α2 = f (km ) berechenbar.
Die obigen Berechnungen bilden ein in sich geschlossenes System, um die kri-
tische Laufzahl zu bestimmen, unterhalb derer die erforderliche Austrittsgeschwin-
digkeit C2x,0 nach Gl. (7.20) erreicht werden kann. Die Berechnung kann tabel-
larisch erfolgen, wie dies im folgenden Beispiel veranschaulicht ist. Anhand des
Beispiels zeigt sich, dass die Austrittsbedingung nach Gl. (7.20) in allgemeinen Be-
trieben von Pelton-Turbinen bei weitem erfüllt wird.
122 7 Austrittsbedingungen
Beispiel:
Bei der Berechnung des Winkels α2 in der Tabelle 7.1 ist darauf zu achten, dass
für tan α2 < 0 der Winkel α2 > 90◦ ist. Dementsprechend folgt aus Gl. (7.29)
sin β2
α2 = π + arctan (7.31)
U2 /W2 + cosβ2
Die Betrachtung gilt für das sichere Abfließen des Wassers aus den oberen Schau-
felhälften. Im Fall, dass die Austrittsbedingung sehr ungünstig ist, können die obe-
ren und unteren Schaufelhälften jeweils unterschiedlich ausgelegt werden, da die
unteren Schaufelhälfte nicht an die behandelten Austrittsbedingungen gebunden
sind. Eine derartige Auslegung wurde, soweit bekannt, praktisch noch nicht um-
gesetzt. Der Grund dafür dürfte in der Tatsache liegen, dass das Spritzwasser die
Leistung der Pelton-Turbine nur geringfügig beeinflusst, wie dies in Abschnitt 7.3.3
noch gezeigt wird.
Nach Abb. 7.5 muss man insbesondere dafür sorgen, dass die absolute Austrittsge-
schwindigkeit im Ausschnittsbereich ebenfalls rückwärts gerichtet ist. Quantitativ
heißt das, dass die Energieinvarianz von der äußersten Schicht des Wasserstrahls
(y = d0 /2, siehe auch Abb. 7.1) größer als Null sein muss. Das heißt wiederum,
dass die Energieinvarianz des gesamten Wasserstrahls größer als Null wird. Dies
wird nach Gl. (5.28) erreicht, wenn die folgende Bedingung für die Strahlschicht
bei y = d0 /2 erfüllt ist
Eb nq
2
= (1 − 2km) − >0 (7.33)
C0 1.32
Diese Bedingung deutet darauf hin, dass bei Pelton-Turbinen mit großer spezifischer
Drehzahl die Laufzahl km deutlich reduziert werden muss (Abb. 7.7). Für eine spe-
zifische Drehzahl von n q = 0.1 muss die Laufzahl beispielsweise auf ca. km = 0.46
124 7 Austrittsbedingungen
reduziert werden. Dies entspricht wiederum einer Einstellung, die sich in der Praxis
bereits sehr bewährt hat.
Da die erforderliche Laufzahl nach Gl. (7.34) deutlich unter 0.5 liegt, wird die
Bedingung für das sichere Wegfliegen des Wassers von der Schaufelwurzel über
das Pelton-Rad automatisch erfüllt (Abschnitt 7.3.1). Die Laufzahl nach Gl. (7.34)
gewährleistet somit das sichere Überqueren des Pelton-Rades im ganzen Schaufel-
bereich. Gl. (7.34) gilt daher als Auslegekriterium einer vertikalen Pelton-Turbine.
Die hier erarbeitete Notwendigkeit, dass die Laufzahl km einen Wert kleiner als
0.5 annehmen soll, dürfte der zweite Grund sein, weshalb in der Praxis die Lauf-
zahl üblicherweise mit einem Wert kleiner als 0.5 festgelegt wird. Dieser Sach-
verhalt gilt zumindest für vertikale Pelton-Turbinen. Als erster Grund sei hier an
die Koinzidenz- und Symmetriebedingungen (Abschnitt 4.4) erinnert, aus denen die
Laufzahl km bereits mit Werten kleiner als 0.5 ermittelt wurde.
aus den oberen Schaufelhälften, oder 2.5% bezogen auf die Gesamtwassermenge in
der Turbine, das Rad nicht korrekt verlassen und daher einen Verlust von ηi = km2
Dieser Verlust ist unbeträchtlich. Diese Abschätzung gilt auch allgemein für den
Leistungsverlust durch Spritzwasser, das wiederum vom Pelton-Rad auf etwa Um
beschleunigt wird, nicht nur in Vertikal-, sondern auch in Horizontalturbinen. Dar-
aus lässt sich schließen, dass der Wirkungsgradverlust durch Spritzwasser nicht
mehr als 1% bis 2% beträgt.
Da das Auftreffen kleiner Wassermenge auf das Pelton-Rad als nicht folgen-
schwer zu bewerten ist, darf dann auch die Laufzahl den maximalen Wert nach
Gl. (7.34) geringfügig übersteigen. Dadurch gewinnt man wiederum an hydrauli-
schem Wirkungsgrad durch Reduktion des Austrittsverlustes.
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Kapitel 8
Austrittsverluste
8.1 Drallverluste
Der Drallverlust steht in Verbindung mit dem Austrittsdrall des Wassers beim Ver-
lassen der rotierenden Pelton-Schaufeln und entsteht dadurch, da das Wasser noch
über kinetische Energie verfügt, die nicht mehr umgesetzt werden kann. Für eine
geradlinig bewegte Schaufel als ein Sonderfall wurde ein derartiger Austrittsverlust
bereits in der Berechnung des Wirkungsgrades nach Gl. (1.16), Kapitel 1, berück-
sichtigt. Zur Abschätzung der entsprechenden Verhältnisse in einer Pelton-Turbine
wurde Gl. (1.40) verwendet, die direkt aus dem Rechenmodell für geradlinig beweg-
te Schaufeln übernommen wurde. Sie gibt die prozentuale Nutzung der im Wasser-
strahl vorhandenen kinetischen Energie an. Der hydraulische Wirkungsgrad beträgt
100%, wenn der Drallverlust Null ist.
Die damit verbundene kinetische Energie gilt als Verlust, die in Form des Wirkungs-
gradverlustes ausgedrückt werden kann
C22
ηDr = (8.2)
C02
Daraus wird W22 bzw. W2 berechnet und anschließend in Gl. (8.1) eingesetzt. Als
Absolutgeschwindigkeit am Schaufelaustritt ergibt sich
C22 = C02 + 2U22 − 2h sωC0 + 2U2 cosβ2 C02 − 2h s ωC0 + U22 (8.4)
Der Drallverlust des betrachteten Wasserteilchens wird nach Gl. (8.2) berechnet aus
2
ηDr = 1 − 2 h s ωC0 − U22 − U2 cos β2 C02 − 2h s ωC0 + U22 (8.5)
C0
Dank der Verwendung der Invarianzgleichung ist der Drallverlust unabhängig vom
Ort und Zeitpunkt des Eintritts des Wasserteilchens in die Schaufel. Nur die Lage-
position h s der Strahlschicht, in der sich das Wasserteilchen befindet, ist relevant.
Sind eine Strahlschicht sowie die Laufzahl km des Turbinenbetriebs vorgegeben, so
wird der Drallverlust gemäß Gl. (8.6) nur als Funktion der Austrittsstelle und des
entsprechenden Austrittswinkels dargestellt:
Der Einfluss der Austrittsstelle (R2 ) des Wasserteilchens auf den Drallverlust nach
Gl. (8.6) ist in Abb. 8.2 dargestellt worden, wobei der Austrittswinkel mit β2 = 170◦
angenommen wurde. Es ist ersichtlich, dass gegenüber dem Einfluss der Strahl-
schichtlagen die Austrittsstellen nur geringfügig den Drallverlust beeinflussen. Aus
diesem Grund ist es für die Wirkungsgradberechnung ausreichend, den mittleren
Wert R2 /Rm = 1 anzunehmen.
130 8 Austrittsverluste
Abb. 8.3 zeigt zusätzlich zum Einfluss der Strahlschichtlage noch den Einfluss des
Austrittswinkels β2 eines Wasserteilchens auf den Drallverlust. Bei einer Änderung
des Austrittswinkels von β2 = 172◦ auf β2 = 168◦ vergrößert sich der Drallver-
lust um etwa 0.6%. Bei der praktischen Auslegung von Pelton-Schaufeln verändern
sich die Austrittswinkel über den Bereich, an dem der größte Teil des Wassers aus-
tritt, nur unwesentlich (β2 < 2◦ ). Somit ist es zulässig, für die Berechnung des
Drallverlustes den mittleren Wert des Austrittswinkels an der Stelle R2 /Rm = 1
anzunehmen. Dies ist auch deshalb gerechtfertigt, da nach der Austrittsbedingung,
die in Abschnitt 7.2 durch Gl. (7.6) bzw. (7.10) angegeben wurde, der gerechnete
Austrittswinkel β2 für den ganzen Bereich des Schaufelaustritts geltend gemacht
werden kann (β2 = const).
Abb. 8.3 Abhängigkeit des hydraulischen Wirkungsgrades von der Strahlschichtlage und dem
Austrittswinkel des Wassers (km = 0.47, R2 /Rm = 1)
8.1 Drallverluste 131
Das zweite Glied auf der rechten Seite der Gleichung ist formell gleich der
Gl. (1.40), die zur Anwendung auf den ganzen Wasserstrahl angenommen wurde.
Der Einfluss des Austrittswinkels auf den Drallverlust kann auch als Einfluss
der Austrittswinkeländerung gegenüber dem Austrittswinkel bei β2 = 180◦ darge-
◦ ◦
werden.Wegen β2 = 180 − β2 180 und somit cos β2 = − cos β2 ≈
stellt
− 1 − 12 β22 wird Gl. (8.8) für km = 0.5 umgeformt zu
1
ηDr = β22 (8.9)
4
Für β2 = 8◦ beispielsweise erhält man einen Drallverlust von ca. 0.5%. Wird
β2 = 10◦ angenommen, ergibt sich ein Drallverlust von 0.75%. Eine Änderung des
Austrittswinkels um 2◦ bewirkt somit eine Wirkungsgradänderung von ca. 0.25%.
Aus den obigen Betrachtungen kann geschlossen werden, dass alle Wasserteilchen
in einer Strahlschicht gleiche Auswirkungen auf den Drallverlust haben. Der Un-
terschied von Schicht zu Schicht in Hinsicht auf den Drallverlust ist nach Gl. (8.6)
lediglich auf den Unterschied von km h s /Rm zurückzuführen. Unter allen Strahl-
schichten kann diejenige, die zum Drallverlust minimal beiträgt, durch den Zusam-
menhang d (ηDr )/dh s = 0 gefunden werden. Daraus ergibt sich aus Gl. (8.6)
hs 1 2 R22
km = 0.5 + km 2
sin2 β2 (8.10)
Rm 2 Rm
Da der zweite Term auf der rechten Seite der Gleichung vernachlässigbar ist, folgt
aus Gl. (8.10):
hs
km = 0.5 (8.11)
Rm
Diese Beziehung ist bereits in Abb. 8.2 und 8.3 veranschaulicht worden, wo sich für
km = 0.47 der minimale Drallverlust bei der Strahlschicht h s /Rm = 1.06 ergibt.
132 8 Austrittsverluste
Der Drallverlust einzelner Strahlschichten ist nach Gl. (8.6) berechenbar, wobei als
mittlerer Austrittswinkel β2 und als Austrittsstelle R2 /Rm = 1 angenommen werden
können. Der gesamte Drallverlust eines Wasserstrahls ist mittels folgender Integra-
tion berechenbar (Abb. 8.4):
d0 /2
8
ηDr = η (d0 /2)2 − r 2 · dr (8.12)
πd02
−d0 /2
Der Vergleich zwischen dem nach Gl. (8.13) berechneten Drallverlust und der
Berechnung nach Gl. (1.40) als ein Beispiel zeigt einen Unterschied in der Größen-
ordnung von 0.2%, siehe Abb. 8.5.
In Kapitel 7 wurde die Austrittsbedingung zum freien Abfließen des Wassers bear-
beitet. Nach Gl. (7.6) muss beispielsweise der geometrische Austrittswinkel β2 aus-
reichend kleiner als 180◦ sein. Andererseits nimmt der Drallverlust nach Gl. (8.9)
zu, je mehr sich der geometrische Austrittswinkel β2 von 180◦ unterschiedet. In der
praktischen Auslegung wird der geometrische Austrittswinkel β2 um 2◦ bis 3◦ grö-
ßer, also dichter an β2 = 180◦ gewählt, als der aus Gl. (7.6) sich ergebene Wert. Der
Grund dafür ist, dass das Abfließen des Wassers aus der Schaufel um den sogenann-
ten Übertreibungswinkel stärker seitlich abweicht als von der Schaufelform vorge-
geben. Weil in der Praxis manchmal Abnützungsspuren an der Schaufelrückenflä-
che beobachtet werden, soll daher die Wirkung des Wasseranpralls an den Rücken
der nacheilenden Schaufel (Abb. 8.6) quantifiziert werden. Zum einen bremst das
Wasser infolge der Reibung zwischen dem Wasser und der Schaufel die Schaufel-
bewegung, zum anderen lenkt der Rücken der Schaufel den Weg des Wassers ab.
Beide Aktionen verursachen zusätzliche Verluste und reduzieren somit den Wir-
kungsgrad. Der Reibungseffekt wird im vorliegenden Abschnitt analysiert, während
der Ablenkungseffekt im nächsten Abschnitt behandelt wird.
Die Leistung, die zur Überwindung dieser Reibungskraft benötigt wird, berechnet
sich unter der Berücksichtigung des Winkels zwischen der Reibungskraft und der
Schaufelgeschwindigkeit:
Das Auftreffen des Wassers auf den Rücken der nachfolgenden Schaufel hat weiter-
hin einen Ablenkungseffekt nach Abb. 8.7 zur Folge. Da die Ablenkung des Wassers
8.3 Ablenkungseffekt am Schaufelrücken 135
eine Kraft bewirkt, die eine Komponente entgegen der Schaufelbewegung aufweist,
wird zur Überwindung dieser Kraft ein Teil der Wasserleistung benötigt. Dadurch
entsteht ein zusätzlicher Leistungsverlust. Um den entsprechenden Wirkungsgrad-
verlust zu bestimmen, wird der Impulssatz im Koordinatensystem ξ -η verwendet,
das nach Abb. 8.7 mit der bewegten Schaufel rotiert. Die Interaktion zwischen dem
Austrittswasser und der Schaufelrückseite wird im drehenden System betrachtet.
Mit der Relativgeschwindigkeit von W2 ist der Impulsstrom des Austrittswassers
vor der Ablenkung durch I = ρ( Q̇ w /2) · W2 gegeben, wobei der Durchfluss Q̇ w /2
sich auf eine Schaufelhälfte bezieht. Die Kraft, die auf das Wasser wirkt und so-
mit das Wasser zur Ablenkung zwingt, wird durch die entsprechende Komponenten
Fξ und Fη dargestellt. Ist die Ablenkung des Wassers durch den Ablenkungswin-
kel δ angegeben, so lassen sich die Komponenten der Ablenkungskraft nach dem
Impulssatz berechnen:
1
Fξ = ρ Q̇ w W2 sin δ (8.20)
2
1
Fη = ρ Q̇ w W2 (cos δ − 1) (8.21)
2
Die Kraftkomponente, die auf die Bewegungsrichtung der Schaufel gerichtet ist,
ergibt sich durch Koordinatentransformation mit θ = π − β2
Fu = −Fy = − Fη cos θ − Fξ sin θ (8.22)
Zu dieser Kraft existiert eine gleichgroße Gegenkraft, die von der Strömung auf die
Schaufel wirkt. Sie wird als Stoßkraft bezeichnet und wird berechnet mit
1
FSt = Fu = ρ Q̇ w W2 [cos θ − cos (θ + δ)] (8.23)
2
Die Leistung, die zur Überwindung dieser Stoßkraft benötigt wird, ist dann gegeben
durch Multiplikation mit der Umfangsgeschwindigkeit der Pelton-Schaufel
136 8 Austrittsverluste
1
PSt = FSt Um = ρ Q̇ w Um W2 [cos θ − cos(θ + δ)] (8.24)
2
Die entsprechende spezifische Arbeit ergibt sich dann aus
PSt
eSt = = W2 Um [cosθ − cos(θ + δ)] (8.25)
ρ Q̇ w /2
In Bezug auf die spezifische Energie des Wasserstrahls und unter der Annahmen
W2 = C0 − Um wird der damit verbundene Wirkungsgradverlust berechnet aus
eSt
ηSt = = 2km (1 − km ) [cos θ − cos(θ + δ)] (8.26)
C02 /2
An dieser Stelle wird noch an den Drallverlust erinnert, der in Abschnitt 8.1 betrach-
tet wurde. Der Drallverlust in seiner einfachsten Form ist gegeben in Gl. (8.8). Wird
Gl. (8.26) zur Gl. (8.8) addiert, so ergibt sich unter der Berücksichtigung β2 = π − θ
Die gesamte Wirkung auf den Drallverlust ist gleich der Wirkung, die entsteht, als
wenn das Wasser am Schaufelaustritt bei einem Winkel von (θ + δ) ausgeflossen
wäre.
In der obigen Betrachtung wurde stillschweigend davon ausgegangen, dass die
gesamte Wasserströmung um den Winkel δ abgelenkt wird. Wenn die Wassermen-
ge, die an der Rückseite der Schaufel abgelenkt wird, 50% des gesamten Wassers
beträgt, dann reduziert sich der Wirkungsgradverlust nach Gl. (8.26) um 50%.
Der hier berechnete Wirkungsgradverlust infolge der Strömungsablenkung gilt
als ein Teilverlust. Der andere Teil ist bereits in Abschnitt 8.2 behandelt worden. Da
die Summe dieser Verluste nicht verschwindend klein gegenüber dem Drallverlust
ist, soll die Strömungsablenkung am Schaufelrücken möglichst vermieden werden.
Dies bedeutet, dass der Austrittswinkel θ nach Abb. 8.7 ablenkungsfrei ausgelegt
werden soll. Hierfür dürfte mit dem Winkel θ bzw. β eine Toleranz von ca. 1◦ bis 2◦
akzeptabel sein, da nach Gl. (8.9) die damit verbundene Zunahme des Drallverlustes
unter 0.25% liegt.
Kapitel 9
Reibungseffekte und FFT-Theorem
Wasser kommt in der Natur als zähes Fluid vor und haftet in der Regel an festen
Oberflächen. In Pelton-Turbinen tritt diese viskose Haftung in Form von Reibungs-
kraft zwischen Wasserströmung und Schaufeloberfläche auf. Dies hat als unmittel-
bare Auswirkung eine Reduktion der Relativgeschwindigkeit in der Schaufel zur
Folge. Außerdem kann die Reibung die rotierende Bewegung des Pelton-Rades als
treibende oder bremsende Kraft beeinflussen. Im Endeffekt wirkt sich die Reibung
auf den hydraulischen Wirkungsgrad der Pelton-Turbine aus.
Der Auswirkung der Reibung in den rotierenden Schaufeln auf den hydrauli-
schen Wirkungsgrad einer Pelton-Turbine liegen nach Zhang und Müller (2006b)
bzw. Zhang (2007b) folgende Mechanismen zu Grunde:
1. Die Reibungskraft tritt im vorderen Teil der Schaufel als treibende und im hin-
teren Teil als bremsende Kraft auf. Dadurch wird unmittelbar positive bzw. ne-
gative Arbeit geleistet.
2. Die Reibung an der Schaufeloberfläche hat eine Geschwindigkeitsreduktion im
Wasserfilm längs der Schaufeloberfläche zur Folge. Dies vermindert die Inten-
sität des Energieaustausches zwischen dem strömenden Wasser und den Pelton-
Schaufeln. Als Konsequenz muss eine Reduktion des hydraulischen Wirkungs-
grades sich ergeben.
3. Die Gesamtwirkung der Reibungskraft auf die Reduktion des hydraulischen
Wirkungsgrades besteht aus dem direkten Reibungseffekt (1) und dem indirek-
ten Effekt aus der reibungsbedingten Strömungsänderung in den Schaufeln (2).
Diese drei Aspekte erfassen sämtliche hydraulische Reibungseffekte in Pelton-
Turbinen und werden im Folgenden ausführlich beschrieben.
9.1 Reibungszahl
Da die Strömungsreibung nur in Pelton-Schaufeln direkt spürbar ist, wird sie zuerst
für die Relativströmung in einer rotierenden Schaufel betrachtet. Die Ausbreitung
des Wasserfilms kennzeichnet sich nach Abb. 9.1 dadurch, dass die Filmbreite d und
die -höhe h sich längs des Ausbreitungswegs s ändern. In Richtung der Strömung,
in der nur die Reibungskraft und die Zentrifugalkraft ( F
ct ) wirksam sind, wird der
Impulssatz auf die Wasserströmung über die Strecke ds angewandt. Demnach ist die
Änderung des Impulses gleich der Summe aller auf die Masse wirkenden Kräfte:
1
ρdhW · dW = ρdh · F
ct · d
s − cf ρW 2 d · ds (9.1)
2
oder in vereinfachter Form
1 2 1
d W = F
ct · d
s − cf W 2 · ds (9.2)
2 2h
Die Gleichung kann auch als Energiegleichung interpretiert werden. Die Änderung
der kinetischen Energie ist somit gleich den Arbeiten, die von allen Kräften geleistet
werden.
In der obigen Gleichung ist cf der Reibungsbeiwert, der bei großen Reynolds-
Zahlen oder für Reynolds-Zahlen mit kleiner Variation als konstant angenommen
werden kann. Dies gilt jedenfalls für bestehende Pelton-Turbinen, bei denen sich
die Reynolds-Zahl in Abhängigkeit von der Fallhöhe nur sehr wenig ändert. Es ist
jedoch zu beachten, dass es sich um eine Filmströmung mit freier Oberfläche han-
delt. Da die√ Froude-Zahl in derartigen Filmströmungen stets größer als Eins ist,
d. h. Fr = W/gh > 1, handelt es sich um eine überkritische Filmströmung. Der
entsprechende Reibungsbeiwert unterscheidet sich grundlegend vom Reibungsbei-
wert in Grenzschichten von Rohrströmungen oder Gerinne- bzw. Filmströmungen
mit Fr < 1.
Für reibungsfreie Strömungen reduziert sich Gl. (9.2) auf Gl. (5.14), aus der die
Invarianzgleichung abgeleitet wurde. Unter der Annahme, dass der größte Teil des
Wassers quer durch die Schaufel fließt (Abb. 9.1) und daher U = Um = const ange-
nommen werden darf, verschwindet die Komponente der Zentrifugalkraft längs der
In Verbindung mit der Ausbreitung des Wasserfilms in der Schaufel ist die Rei-
bungszahl eine Funktion der Filmhöhe und des Ausbreitungswegs.
Aus Integration von Gl. (9.3) folgt
1
W = W1 e−cw /2 ≈ W1 1 − cw (9.5)
2
Die Näherungsform ergibt sich aus der Reihenentwicklung der Exponentialfunktion
und dem Abbruch nach dem ersten Glied, da cw 1 ist. Mit W1 wird die Relativ-
geschwindigkeit am Schaufeleintritt bezeichnet.
Für weitere Berechnungen wird aufgrund von Gl. (9.5) eine zweite Approxima-
tion verwendet:
1
cf · W = cf · W1 − cf cw · W1 ≈ cf · W1 (9.6)
2
Dabei wird der Ausdruck 12 cf cw · W1 , der um eine Ordnung kleiner als cf · W1 ist,
vernachlässigt. Zu beachten ist, dass diese Approximation nicht als W ≈ W1 inter-
pretiert werden darf. Sie darf nur in der gegebenen Form verwendet werden, wo es
sich um den Reibungseffekt in der gegebenen Größenordnung handelt.
Andererseits hat die Reibungskraft in der Form τ = cf 21 ρW 2 zur Folge, dass ein
Leistungsverlust im Zusammenhang mit der hydraulischen Dissipation während der
Ausbreitung des Wasserfilms entsteht:
s
1
Ė Diss = cf ρW 2 W d · ds (9.7)
2
0
Es handelt sich in dieser Gleichung um die Dissipationsrate. Dabei bleibt der Inte-
grationsverlauf s vorerst als Variable definiert, wie es bereits bei der Definition der
Reibungszahl in Gl. (9.4) der Fall war.
140 9 Reibungseffekte und FFT-Theorem
Dieses aus der Energiebetrachtung erhaltene Resultat stimmt mit dem Ergebnis der
Impulsbetrachtung, Gl. (9.5), überein.
Wird die gesamte Strömungsreibung vom Schaufeleintritt bis -austritt betrachtet,
so errechnet sich die Reibungszahl aus
S
1
cw2 = cf ds (9.12)
h
0
Der Durchfluss Q̇ w /2 bezieht sich auf eine Schaufelhälfte, entspricht also der Hälfte
des Wasserstrahls und beträgt nach Gl. (6.5) Q̇ w /2 = 18 πd02 W0x,o . Da in der vorlie-
genden Betrachtung nach Abb. 9.1 von einem senkrechten Eintritt des Wasserstrahls
in die Schaufel ausgegangen wird, gilt W0x,o = W1 . Gl. (9.14) wird in Gl. (9.12) ein-
gesetzt, womit sich unter der Verwendung der Gl. (9.6) die Reibungszahl berechnen
lässt:
d0 + d2
cw2 = 4cf ·S (9.15)
πd02
Mit dieser Schreibweise wird vereinbart, dass der positive Wert von dPw,d die po-
sitive Reibungsleistung darstellt, d. h., die Reibung trägt zur Leistungsabgabe bei.
Aufgrund des Massenstroms ṁ w /2 = ρW dh in der Relativströmung in einer Schau-
felhälfte folgt aus Gl. (9.16)
ṁ w 1
dPw,d = W Um cf cosβ · ds (9.17)
2 2h
Aus Berechnung in Kapitel 6 bzw. nach Gl. (6.7) ist bekannt, dass in einer Pelton-
Turbine die durchschnittliche Anzahl der Schaufeln, die am Leistungsaustausch mit
einem Wasserstrahl beteiligt sind, gleich 2λ = ṁ c /ṁ w ist (λ als Multischaufelzif-
fer). Werden beide Seiten der Gl. (9.17) mit ṁ c /ṁ w multipliziert, so ergibt sich als
Leistung in 2λ Schaufelhälften:
ṁ c 1
dPd = W Um cf cos β · ds (9.18)
2 2h
Diese Leistung ist in der Ausgangsleistung der Turbine direkt erfassbar. Hieraus
folgt, dass die Leistung nun in einem ortsfesten Koordinatensystem erfassbar ist.
Unter Berücksichtigung der Approximation nach Gl. (9.6) ergibt sich durch Inte-
gration der Gl. (9.18)
S
ṁ c 1 1
Pd = Um W1 · cf cos β · ds (9.19)
2 2 h
0
Diese Leistung wird als direkte Reibungsleistung auf die Leistung 0.5 ṁ c 21 C02
eines halben Wasserstrahls bezogen. Dadurch erhält man den direkten Beitrag der
Reibungskraft auf den Wirkungsgrad:
S
Pd 1
ηd = = km (1 − km) cf cos β · ds (9.20)
0.5 ṁ c 21 C02 h
0
Dabei wurden W1 = C0 −Um und die Laufzahl km = Um /C0 verwendet. Für Pelton-
Schaufeln mit komplexen Geometrien und einer daraus folgenden komplexen Funk-
tion für β = f (s) ist die obige Integration durch Umwandlung in eine Summation
schrittweise und tabellarisch leicht lösbar.
Um nun eine quantitative Aussage über die direkte Auswirkung der Reibung
auf den Wirkungsgrad zu geben, wird eine kreisförmige Schaufel mit konstantem
Radius rb und geradem Austritt (β2 = 180◦) betrachtet. Die Höhe des Wasserfilms
wurde bereits in Gl. (6.10) angegeben. Für das vorliegende senkrechte Eintreten des
Wasserstrahls in die Schaufel gilt W0x,o = W1 . Somit erhält man
1
h = πd02 W1 /(W d) (9.21)
8
9.3 Reibungseffekte durch Änderung der Druckverteilung 143
Zusammen mit der Filmbreite nach Gl. (6.8) führt Gl. (9.20) zu
S
1 d2 − d0
ηd = 8 2 km (1 − km) cf d 0 + s cos β · ds (9.22)
πd0 S
0
Die Integration kann leicht durchgeführt werden. Als Lösung ergibt sich
cf d 2 rb
ηd = −16km (1 − km) 2 −1 (9.24)
π d0 d0
Der aus der Reibungskraft resultierende Wirkungsgrad ist negativ. Das entspricht
der Erwartung, denn im hinteren Teil der Schaufel (β > π/2), in dem die Reibungs-
kraft bremsend wirkt, ist die Reibungsfläche größer als im vorderen Teil der Schau-
fel.
Ein Zahlenbeispiel zu ηd wird in Kapitel 10, Abschnitt 10.4, angegeben.
Eine weitere direkte Auswirkung der Reibung zwischen Wasserfilm und Schaufel-
oberfläche ist das Abbremsen der Relativgeschwindigkeit während der Ausbreitung
des Wasserfilms. Die dadurch bedingte Reduktion der Relativgeschwindigkeit hat
zur Folge, dass der Druck als treibende Kraft an der Schaufeloberfläche abnimmt.
Dies erkennt man auch, wenn Gl. (5.10) zur Berechnung des Überdrucks unter dem
Wasserfilm betrachtet wird
h
pb = ρW 2 (9.25)
rb
Dabei ist rb der lokale Krümmungsradius an der Schaufeloberfläche.
Die mit diesem Überdruck verbundene Druckkraft wirkt senkrecht auf die Schau-
feloberfläche. Die effektive Triebkraft zur Schaufelbewegung ist wiederum die
Komponente der Druckkraft in Bewegungsrichtung der Schaufel. Die Leistung, die
die Druckkraft in einer infinitesimalen Schaufelfläche d · ds erbringt, ist daher nach
Abb. 9.1 zu berechnen aus
h
dPw,p = pb sin β · Um d · ds = ρW 2 Um sin β · d · ds (9.26)
rb
144 9 Reibungseffekte und FFT-Theorem
β2
ṁ c
Pp = Um W sin β · dβ (9.29)
2
0
β2
ṁ c 1
Pp = Um W1 1 − cw sin β · dβ (9.30)
2 2
0
Für einen späteren Vergleich (Abschnitt 9.5) wird diese Integration weiter berech-
net. Unter Anwendung partieller Integration in der Form ∫ udv = uv − ∫ vdu lässt
sich obige Gleichung mit u = 1 − 12 cw und v = cos β weiter umformen zu
cw2
Pp 1 1
= 1 − 1 − cw2 cos β2 − cos βdcw (9.31)
(ṁ c /2)Um W1 2 2
0
Die Auswirkung der Strömungsreibung auf die Turbinenleistung bzw. den Turbi-
nenwirkungsgrad ist in den letzten beiden Gleichungen veranschaulicht worden.
Handelt es sich um eine reibungsfreie Strömung, so vereinfacht sich Gl. (9.32) zu
Sie ist identisch zu Gl. (1.40). Dies deutete unmissverständlich darauf hin, dass in
einer Pelton-Turbine der Leistungsaustausch zwischen der Wasserströmung und den
sich bewegenden Pelton-Schaufeln letztlich durch die Wirkung der Druckkraft unter
dem Wasserfilm geschieht. Es lässt sich auch erkennen, dass der Wirkungsgrad nach
Gl. (9.32) eine Art des hydraulischen Wirkungsgrades ist.
Der reibungsbedingte hydraulische Verlust durch den Druckkraftverlust ist dann
⎛ ⎞
cw2
1 1
ηp = ηp,0 − ηp = 2km (1 − km) ⎝− cw2 cos β2 + cos βdcw ⎠ (9.34)
2 2
0
Es wird hier wiederum eine kreisförmige Schaufel mit konstantem Radius rb und
geradem Austritt β2 = π betrachtet. Die Integration in Gl. (9.32) wird berechnet,
indem dcw = cf / h · ds und h = 18 πd02 W1 /(W d) nach Gl. (9.21) sowie die Filmbreite
nach Gl. (6.8) eingesetzt werden:
S
ηp 1 4cf d2 − d0
= 2 − cw2 − cos β d0 + s · ds (9.35)
2km (1 − km) 2 πd02 S
0
Die hydraulische Leistung einer Pelton-Turbine inklusive des Einflusses der Rei-
bung erhält man direkt aus dem Impulssatz. Wenn der Eintrittswinkel des Wasser-
strahls in die Schaufel mit β1 = 0 angenommen wird, berechnet sich die gesamte
hydraulische Leistung einer Pelton-Turbine mit
Der Hintergrund dieser Gleichung geht auf Abschnitt 1.2 des Kapitels 1 zurück, wo
aus dem Impulssatz die hydraulische Leistung berechnet wurde. Für reibungsfreie
Strömungen bleibt die Relativgeschwindigkeit konstant (W2 = W1 = W ). Die obige
Gleichung reduziert sich dann auf Gl. (1.38).
Da im vorliegenden Fall reibungsbehaftete Strömungen betrachtet werden, gilt
nach Gl. (9.11) eine veränderliche Relativgeschwindigkeit. Somit beträgt die hy-
draulische Leistung
1
Ph = Um ṁ c W1 1 − 1 − cw2 cos β2 (9.38)
2
Diese hydraulische Leistung wird nun auf die Strahlleistung bezogen, woraus sich
der hydraulische Wirkungsgrad ergibt:
Ph 1
ηh = 1 2
= 2km (1 − km) 1 − 1 − cw2 cos β2 (9.39)
2 ṁ c C0
2
Als Referenzleistung wird die reibungsfreie Leistung Ph,0 verwendet, die mit
cw2 = 0 aus Gl. (9.38) sofort erhältlich ist. Die durch Reibung verursachte Wir-
kungsgradreduktion berechnet sich somit aus
Ph,0 − Ph
ηµ = 1 2
= −cw2 · km (1 − km) cos β2 (9.40)
2 ṁ c C0
Diese Beziehung stellt den Mechanismus der Reibungseffekte auf den hydrau-
lischen Wirkungsgrad einer realen Pelton-Turbine dar. Dabei wird die Beschaf-
fenheit der Schaufeloberfläche durch den Reibungsbeiwert beschrieben. Die
Länge des Strömungsweges ist durch S gegeben. Schließlich ist der Einfluss
des Wasserstrahls durch den Strahldurchmesser erfasst worden. Nach der bei
Gl. (9.15) gemachten Abschätzung der Reibungszahl zu cw2,N = 0.2 für den
Nennbetrieb wird ein Verlust im hydraulischen Wirkungsgrad von ηµ = 5%
erwartet. Ein Verlust in dieser Größenordnung muss als sehr beträchtlich an-
gesehen werden, insbesondere wenn er in Relation zu den in Kapitel 8 be-
reits ausführlich beschriebenen Verlusten betrachtet wird. Liegt Teillastbetrieb
durch Nadelschließung der Pelton-Düse vor, wird der Wirkungsgradverlust nach
Gl. (9.42) infolge der Verringerung des Strahldurchmessers noch größer. Das ist
logisch, da sich die Reibungsleistung nun auf eine kleinere Strahlleistung be-
zieht.
Aus Gl. (9.42) ist zu erkennen, dass die Verringerung des hydraulischen Verlus-
tes in einer Pelton-Turbine durch eine Reduktion des Reibungsbeiwertes an der
Schaufeloberfläche erzielbar ist. Dies dürfte sehr wirksam sein, da sich die Rei-
bung an der Schaufeloberfläche als größte Verlustquelle in einer Pelton-Turbine
zu bestätigen scheint, wie dies auch bereits von Zhang und Müller (2006b)
bzw. Zhang (2007b) festgestellt wurde und in Kapitel 10 noch gezeigt werden
wird.
In den vorhergehenden Abschnitten konnte der direkte Reibungseffekt, der auf die
Druckkraft unter dem Wasserfilm wirkende Reibungseffekt sowie der gesamte Rei-
bungseffekt mittels des Impulssatzes ausführlich beschrieben werden. Es existiert
ein klarer Zusammenhang zwischen den drei Ausprägungen der Reibungskraft.
Durch einen Vergleich zwischen Gln. (9.20), (9.32) und (9.39) wird folgende Be-
ziehung gefunden:
ηh = ηd + ηp (9.43)
wobei die Integrationsteile in Gln. (9.20) und (9.31) aufgrund von dcw = cf / h · ds
sich aufheben.
Die in Gl. (9.43) dargestellte Beziehung kann auch in Form des Wirkungsgrad-
verlustes wiedergeben werden. Die in Abschnitt 9.2 berechnete direkte Reibungs-
leistung ist bei Pelton-Turbinen stets negativ. Das bedeutet, dass die Reibungskraft
einen direkten Wirkungsgradverlust bewirkt, der in der Form ηd = −ηd angegeben
148 9 Reibungseffekte und FFT-Theorem
wird. Aus Gln. (9.20), (9.33) und (9.40) erhält man dann die folgende Beziehung:
Der in Gl. (9.43) bzw. (9.44) dargestellte Zusammenhang wird als Theorem der
Strömungsreibung der Pelton-Turbine bezeichnet, wie sie bereits von Zhang (2007b)
als „Flow Friction Theorem (FFT)“ bezeichnet wurde.
Eine weitergehende Betrachtung der Reibungseffekte und ein Zahlenbeispiel
werden im nächsten Kapitel gezeigt.
Kapitel 10
Reibungsbehaftete Querströmung
durch die Schaufel
Bei Pelton-Turbinen trifft der Wasserstrahl zum größten Teil annähernd senkrecht
auf die Mittelschneide der Schaufel. Diese Strömungsanordnung bedingt, dass das
Wasser in der Schaufel der konstanten Umfangsgeschwindigkeit zum Schaufel-
austritt folgt und somit die Schaufel quer durchläuft. Da die Relativgeschwindig-
keit dann weder von der Zentrifugal- noch von der Coriolis-Kraft beeinflusst wird,
konnte im letzten Kapitel der Reibungseinfluss separiert werden. Dabei zeigte sich,
dass sowohl die Zentrifugal- als auch die Coriolis-Kraft keine Leistung erbringen.
Die Rechenergebnisse des letzten Kapitels werden hier näher betrachtet und quan-
tifiziert.
und
Der erste Teilverlust entspricht dem reibungsfreien Drallverlust nach Gl. (8.8). Der
zweite Teilverlust ist der reibungsabhängige Verlust, der bereits in Gl. (9.40) ange-
geben wurde. Der gesamte Wirkungsgradverlust lässt sich somit als Summe zweier
Teilverluste berechnen. Da im Fall der reibungsbehafteten Strömung die Austritts-
strömung von der Reibung in der Schaufel abhängt, repräsentiert Gl. (10.3) nicht den
realen Drallverlust. In der Tat ist es auch nicht unbedingt nötig, den realen Drallver-
lust zu berechnen, wenn der kombinierte Wirkungsgradverlust bereits aus Gl. (10.2)
auf einfache Weise bestimmt werden kann. Um doch einen Einblick in den realen
Drallverlust zu haben, wird dieser in Abschnitt 10.2 betrachtet.
Anhand Gl. (9.39) kann festgestellt werden, dass sich der maximale hydraulische
Wirkungsgrad bei km = 0.5 ergibt. Nach Abb. 10.1, welche Gln. (10.2), (10.3) und
(10.4) grafisch darstellt, sind nur schwache Abhängigkeiten der jeweiligen Verluste
von der Laufzahl auffällig. Insbesondere ist der Verlust ηµ fast unabhängig von der
Laufzahl. Die in der Praxis vorkommenden Betriebseinstellungen mit km = 0.45 bis
0.48 sind stets und vorwiegend auf die Koinzidenz- und Symmetriebedingungen
nach Kapitel 4 sowie auf die Austrittsbedingung nach Kapitel 7 zurückzuführen.
Die in Abb. 10.1 dargestellten Verluste gelten für die Reibungszahl cw2 = 0.2.
Diese Reibungszahl wird gemäß Abschnitt 9.2 (Kapitel 9) mit einem Reibungsbei-
wert von cf = 0.015 berechnet. Wie bereits dort erwähnt wurde, sind keine Angaben
zum Reibungsverhalten in der schießenden Strömung mit Fr > 1 bekannt. Mit der
angenommenen Reibungszahl von cw2 = 0.2 ist aus Abb. 10.1 ersichtlich, dass der
Teilverlust ηµ im kombinierten Verlust nach Gl. (10.2) dominiert.
Obwohl die Bestimmung des realen Drallverlustes nach Abschnitt 10.1 für Wir-
kungsgradbetrachtung nicht notwendig ist, soll ein Einblick in den realen Drallver-
lust gegeben werden. Der reale Drallverlust kann mittels der Änderung der Rela-
tivgeschwindigkeit in einer rotierenden Schaufel bestimmt werden. Die Relativströ-
mung in der rotierenden Schaufel wurde durch Gl. (9.3) angegeben, deren Integra-
10.2 Reale Drallverluste 151
Es wird hier der Mittelwertsatz der Integration verwendet, sodass sich ergibt:
S
W 2 + W22 1 W 2 + W22
W12 − W22 = 1 cf ds = 1 cw2 (10.6)
2 h 2
0
Dabei geht die Reibungszahl auf die Definition nach Gl. (9.12) zurück.
Obige Gleichung kann nach der AustrittsgeschwindigkeitW2 aufgelöst werden:
1 − cw2/2 2
W22 = W = ΦW12 (10.7)
1 + cw2/2 1
Für den Fall einer sehr kleinen Reibungszahl cw2 / 1 ergibt sich Φ ≈ 1 − cw2 .
Dies ist bereits in Abschnitt 9.1 bzw. bei Gl. (9.13) verwendet worden.
Die Absolutgeschwindigkeit am Schaufelaustritt wird dann berechnet nach
Abb. 9.1a in der Form
C22 = W22 + U22 + 2U2 W2 cos β2 (10.8)
und
1 − cw2/2
km,min = (10.13)
2 − cw2/2
Für β2 ≈ π ergibt sich
Da bei Pelton-Turbinen die Laufzahl km stets nah bei 0.47 liegt und die Reibungs-
zahl einen kleinen Wert darstellt, gilt cw2 (1 − 2km) 4km . Somit erhält man
Diese Gleichung entspricht der Gl. (10.3). Das Ergebnis deutet darauf hin, dass der
Einfluss der Strömungsreibung auf die Relativgeschwindigkeit und daher letztlich
auf den Drallverlust vernachlässigbar ist.
10.3 Hydraulische Dissipation und Energiebilanz 153
An dieser Stelle soll nun die Bedeutung der Gl. (10.13) hinsichtlich des minima-
len Drallverlustes näher erläutert werden. Der minimale Drallverlust soll sich nach
Abb. 7.5 offensichtlich ergeben, wenn die Bedingung α2 = π/2 für die Austritts-
strömung erfüllt wird. Dementsprechend wird aus Gl. (7.30) für tan α2 = ∞:
eDiss W12
ηDiss = = c w2 (10.20)
C02 /2 C02
Wegen W1 = C0 − Um = C0 (1 − km) ist dieser Wirkungsgradverlust als Funktion
der Laufzahl darstellbar:
In Anbetracht der Gln. (10.1) und (10.12) kann die folgende Bilanzgleichung
aufgestellt werden:
In Abschnitt 10.2 konnte bereits mit Gl. (10.15) die Ähnlichkeit ηDr ≈ ηDr,0
gezeigt werden. Aus dem Vergleich zwischen Gl. (10.21) und (10.4) ergibt sich für
β2 ≈ π und km ≈ 0.5 ebenfalls die Ähnlichkeit
Dieser Betrag der reibungsabhängigen Verluste ist bereits in Kapitel 9 bei Gl. (9.41)
angegeben worden. Da unter den Bedingungen β2 ≈ π und km ≈ 0.5 der Drall-
verlust nach Gl. (10.15) praktisch Null ist, stellt somit Gl. (10.23) den gesamten
hydraulischen Verlust dar. Es bleibt nur noch, die Reibungszahl cw2 nach Gl. (9.15)
zu bestimmen. Dies wurde bereits bei Gl. (9.15) für den Nennbetrieb kurz erläutert
und wird im nächsten Abschnitt anhand eines Rechenbeispiels weiter veranschau-
licht.
Das Ausmaß der Reibungseffekte auf den hydraulischen Wirkungsgrad soll nun an-
hand eines Beispiels veranschaulicht werden. Der Einfachheit halber wird in diesem
Beispiel eine kreisförmige Schaufel mit konstantem Radius rb betrachtet. Die Strö-
mungswinkel am Schaufeleintritt und -austritt werden jeweils zu β1 = 0 und β2 = π
festgelegt. Der Ausbreitungsweg des Wasserfilms ist gegeben durch S = π · rb .
In Anlehnung an die Konventionen bei hydraulischen Berechnungen einer Pelton-
Turbine wird die Schaufelauslastung nach Gl. (1.21) verwendet. Sie ist für die vor-
liegende kreisförmige Schaufel entsprechend formuliert als
Unter Verwendung dieses Parameters lässt sich die Reibungszahl nach Gl. (9.15)
umformen zu
d2 1
cw2 = cf 1 + √ ·√ (10.25)
B ϕB ϕB
Unter der Anwendung des Parameters ϕB nach Gl. (10.24) werden Gln. (9.24),
(9.36) und (9.39) jeweils umgeformt zu
cf d2 1
ηd = −ηh,0 2 √ − 1 √ (10.27)
π B ϕB ϕB
cf d2 4 4
ηp = ηh,0 1 − √ √ 1− 2 + 1+ 2 (10.28)
4 ϕB B ϕB π π
cf d2
ηh = ηh,0 1 − √ 1+ √ (10.29)
4 ϕB B ϕB
Es lässt sich nachweisen, dass in diesen Darstellungen das FFT-Theorem der Strö-
mungsreibung nach Gl. (9.43) erfüllt ist.
Für die Verluste der Wirkungsgrade ergibt sich entsprechend:
cf d2 1
ηd = −ηd = ηh,0 2 √ −1 √ (10.30)
π B ϕB ϕB
cf d2 4 4
ηp = ηh,0 − ηp = ηh,0 √ √ 1− 2 + 1+ 2 (10.31)
4 ϕB B ϕB π π
und
cf d2
ηh = ηh,0 − ηh = ηh,0 √ 1+ √ (10.32)
4 ϕB B ϕB
Die Verluste sind als Funktion der Schaufelauslastung dargestellt, deren Variati-
on der Betriebseinstellung zwischen Nenn- und Teillast entspricht. Ein konkretes
Beispiel wird hier betrachtet, bei dem die Wasserfilmbreite am Schaufelaustritt mit
d2 = 0.8B und der Reibungsbeiwert mit cf = 0.015 (siehe Abschnitt 9.1) angenom-
men werden. Abb. 10.3 zeigt die entsprechenden hydraulischen Verluste in Abhän-
gigkeit von der Schaufelauslastung. Aufgrund der weiteren Annahme km = 0.5 gilt
hier ηh,0 = 1.
Es ist aus der Darstellung ersichtlich, dass die direkte Auswirkung der Reibung
auf den Wirkungsgrad gegenüber dem Reibungseffekt, der durch Verminderung des
Drucks unter dem Wasserfilm verursacht wird, sehr klein ist. Ferner nimmt der Wir-
kungsgradverlust mit der Verringerung der Schaufelauslastung (Richtung Teillast)
zu. Das ist dadurch zu erklären, dass der Leistungsverlust infolge der Strömungsrei-
bung bei Teillast auf eine entsprechend kleinere Leistung des Wasserstrahls bezogen
ist.
Der festgestellte Verlust des hydraulischen Wirkungsgrades infolge der Strö-
mungsreibung ist beträchtlich. Insbesondere verdoppelt sich der Verlust, wenn der
Reibungsbeiwert auf cf = 0.03 steigt. Bei abgenutzten Schaufeln mit angerauten
Oberflächen steigen der Reibungsbeiwert und somit der hydraulische Verlust deut-
lich an. Aus diesen Ergebnissen lässt sich der Schluss ziehen, dass der Wirkungs-
gradverlust infolge der Strömungsreibung den Hauptverlust in einer Pelton-Turbine
darstellt. Zum Vergleich beträgt der Drallverlust nach Abb. 8.5 lediglich 1 bis 2%,
siehe Kapitel 8. Wie in Kapitel 12 noch gezeigt wird, sind auch die Ventilations-
und Radreibungsverluste lediglich in der Größenordnung von weniger als 1%.
Kapitel 11
Reibungsbehaftete Längsströmung
durch die Schaufel
Eine Längsströmung in der rotierenden Schaufel wird angetroffen, wenn der Was-
serstrahl nach Abb. 4.16 vom Ausschnitt abgeschnitten wird und sich zur Schau-
felwurzel hin ausbreitet. Tatsächlich läuft das Wasser nicht rein radial zur Schau-
felwurzel. Das ist nicht nur wegen der geometrischen Schaufelauslegung, sondern
auch wegen der Coriolis-Kraft, die stets senkrecht zur Strömungsrichtung wirkt und
daher die Strömrichtung des Wassers ständig verändert. Zur Vereinfachung der Be-
rechnung und vor allem zur Darstellung der Strömungsmechanik in solchen Fällen
mit angenäherter radialer Strömung wird in diesem Kapitel die reine radiale Strö-
mung betrachtet. Weil die Coriolis-Kraft die Bewegung dann nicht beeinflusst, wird
die Bewegung des Wassers in der rotierenden Schaufel nur durch Zentrifugal- und
Reibungskraft bestimmt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Coriolis-Kraft keine
Leistung erbringt. Sobald die Coriolis-Kraft eine Kraftkomponente senkrecht auf
die Schaufeloberfläche hat, wird eine Leistung als Folgerung der Schaufelbewegung
erbracht.
Unter Berücksichtigung der Einflüsse von Zentrifugal- und Reibungskraft ist die
Energiegleichung zur Wasserbewegung in einer rotierenden Schaufel bereits durch
Gl. (9.2) allgemein formuliert worden:
1 2 1
d W = F
ct · d
s − cf W 2 · ds (9.2)
2 2h
Der erste Term auf der rechten Seite der Gleichung entspricht Gl. (5.14), deren Be-
rechnung zur Gl. (5.17) geführt hat. Somit lässt sich die obige Gleichung integrieren
s
1 2 1 1 2
W − W12 = ω2 R 2 − R12 − cf W · ds (11.1)
2 2 2h
0
Diese Gleichung zeigt explizit, dass die Relativgeschwindigkeit des Wassers in der
rotierenden Schaufel sowohl von der lokalen Umfangsgeschwindigkeit der Schau-
fel als auch von der Reibung zwischen Wasser und Schaufeloberfläche abhängt. Für
reibungsfreie Strömungen (cf = 0) ergibt sich daraus Gl. (5.18). Auf der anderen
Seite reduziert sich die Berechnung nach Gl. (11.1) für die Strömung quer durch
die Schaufel (U = const ) auf die Berechnung, die bereits in Kapitel 9 und 10 aus-
führlich behandelt wurde. Gl. (11.1) stellt eine rein kinematische Gleichung dar und
wird verwendet, um die Strömung in der rotierenden Schaufel zu berechnen. Dazu
sind einige Zwischenberechnungen für die radiale Position R notwendig. Der Ein-
fachheit halber wird eine kreisförmige Schaufel angenommen, deren Krümmungs-
radius nach Abb. 11.1 durch rb bezeichnet ist. Die Annahme ist berechtigt, da das
Längsprofil einer Pelton-Schaufel sehr gut durch ein kreisförmiges Profil wiederge-
ben werden kann.
Als Ausgangslage wird nach Abb. 11.1a ein Wasserteilchen betrachtet, dessen
Höhe gleich der Höhe des Wasserfilms ist. Das Wasserteilchen wird am Schaufel-
eintritt durch den Positionswinkel τ = 0 lokalisiert. Die entsprechende Zeit ist mit
Null festgelegt. Die zeitabhängige Position des Wasserteilchens in der Schaufel wird
berechnet aus rb dτ = W dt durch
τ
rb
t= dτ (11.2)
W
0
Die Integration ist über dem Positionswinkel τ zu berechnen. Der Grund dafür ist,
dass die obere Integrationsgrenze als eine geometrische Größe oft vorgegeben ist.
Insbesondere kann aus obiger Integration der Schaufeldrehwinkel direkt mit dem
Positionswinkel des Wasserteilchens in der Schaufel gekoppelt werden:
τ
1
α = ωt = rb ω dτ (11.3)
W
0
Nach Abb. 11.1b ist mittels des Kosinussatzes die radiale Position des Wasserteil-
chens in der Schaufel gegeben durch
Der Winkel ψ gilt als ein fester Wert, da mit der angenommenen kreisförmigen
Schaufel das Krümmungszentrum der Schaufel feststeht. Dieser Winkel kann aus
der Bedingung τ = 0 und R = Rc nach Abb. 11.1a berechnet werden mit
Abb. 11.1a,b Parameterbezeichnung zur Längsbewegung eines Wasserteilchens durch eine Pel-
ton-Schaufel mit kreisförmigen Längsverlauf
R 2 + rb2 − Ro2
cos β = (11.6)
2rb R
Zur Zeit t = 0 befindet sich das Wasserteilchen am Schaufeleintritt:
Rc2 + rb2 − Ro2
cos β1 = (11.7)
2rb Rc
Der Winkel β1 kennzeichnet den Winkel der Wasserteilchenbewegung am Schau-
feleintritt, jedoch schon auf der Schaufel liegend. Der Relativbewegungswinkel des
Wasserteilchens vor dem Eintritt ist gekennzeichnet durch β0 . Da normalerweise
β1 = β0 ist, tritt bei Wassereintritt in die Schaufel bekanntlich die Stoßkraft auf, die
eine entsprechende Leistung erbringt und bereits in Abschnitt 4.9 berechnet wur-
de. Zur Berechnung der gesamten hydraulischen Leistung muss diese Teilleistung
berücksichtigt werden.
Die obigen Gleichungen zeigen lediglich die geometrischen Zusammenhänge
zwischen den geometrischen Parametern wie R, τ , α, ψ und β. Die zeit- oder
ortsabhängige Relativgeschwindigkeit des Wasserteilchens im Wasserfilm wird aus
Gl. (11.1) bestimmt, aus der sich, unter Berücksichtigung der Beziehung sin βds =
−dR längs des Bewegungswegs s, ergibt
R
1 2 1 W2
W − W12 = ω2 R 2 − R12 + cf dR (11.8)
2 2 2h sin β
R1
160 11 Reibungsbehaftete Längsströmung durch die Schaufel
W2
Fn = − Fct · n
− F
Co · n
(11.13)
rb
Dabei wird rb als Krümmungsradius der Schaufeloberfläche bezeichnet.
Die Reibungskraft, die aus der Schubspannung entsteht, wirkt direkt auf die
Schaufel tangential zu deren Oberfläche in Richtung der Strömung. Die in einer
de W2
ė = n ) · U
= −
= Fn · (−
n
· U
+ F
ct · n
n
· U
+ F
Co · n
n
· U
(11.15)
dt rb
und
1
dPd = cf ρW 2 cos β · U · d · ds (11.16)
2
Dabei handelt es sich in Gl. (11.15) um die spezifische Leistung, vergleichbar
mit Gl. (5.50), während Gl. (11.16) die infinitesimale Leistung darstellt, die mit
Gl. (9.16) vergleichbar ist. Um obige Gleichungen weiter zu bearbeiten, müssen sie
durch die kinematische Gleichung (11.12) ergänzt werden.
Die Leistungen erhält man aus Integration der Gln. (11.15) und (11.16) mit
Schaufeleintritt und -austritt als Grenzwerte. Wie im letzten Abschnitt erwähnt wur-
de, leistet die Stoßkraft während des Wasserseintretens in die Schaufel bereits einen
Beitrag zu der Arbeitsleistung, die zur gesamten Leistung mitgezählt werden soll.
n
= (0, 1, 0)
R
= (−R sin β, −R cosβ, 0)
ω
= (0, 0, ω) (11.17)
U
= (ω R cosβ, −ω R sin β, 0)
= (W, 0, 0) .
W
11.3 Auswirkungen von Strömungskräften und die hydraulische Dissipation 163
Das Eintreten des Wassers in die Schaufel an der Nebenschneide ist normalerweise
immer mit einer Stoßkraft verbunden, wie dies bereits in Kapitel 4 behandelt wurde.
Die entsprechende Leistung und der Teilwirkungsgrad sind jeweils aus Gln. (4.66)
und (4.69) zu berechnen. Für die Vollständigkeit der Berechnung im vorliegenden
Kapitel wird der Teilwirkungsgrad nach Gl. (4.69) in Bezug auf Abb. 4.16 noch
einmal angeführt:
W0 Rc
ηSt = 2km
2
(cos β0 − cosβ1 ) (11.18)
Um R m
Dieser Teilwirkungsgrad gilt als eine Ereignisgröße gegenüber anderen Prozessgrö-
ßen, die nur durch Integration berechnet werden können.
Die mit der kontinuierlichen Umlenkung der Strömung verbundene Kraft wurde in
Abschnitt 11.2 als Impulskraft bezeichnet. Die Arbeit, die im Laufe der Zeit durch
diese Impulskraft geleistet wird, kann aus dem entsprechenden Term in Gl. (11.15)
und nach Abb. 11.3 berechnet werden:
t t
W2 W2
eI = − n
· U
dt = ω R sin βdt (11.19)
rb rb
0 0
Infolge der Beziehung W dt = ds mit s als Koordinate längs der Strömung sowie der
Beziehung sin βds = −dR nach Abb. 11.3 wird Gl. (11.19) umgeformt zu
R
W
eI = −ω RdR (11.20)
rb
R1
Diese spezifische mechanische Arbeit wird auf die spezifische kinetische Energie
1 2
2 C0 des Wasserstrahls bezogen. Mit der k m -Definition nach Gl. (1.18) erhält man
den entsprechenden Teilwirkungsgrad aus der Impulskraft in der Schaufel:
R
eI 1 W R
ηI = = −2km
2
dR (11.21)
C02 /2 r b Um R m
R1
Dabei ist nach Abb. 11.1 R1 = Rc die untere Integrationsgrenze. Da die obere Inte-
grationsgrenze durch die Variable R angegeben ist, zeigt die obige Gleichung den
164 11 Reibungsbehaftete Längsströmung durch die Schaufel
11.3.3 Zentrifugal-Kraft
Die Zentrifugalkraft ist durch Gl. (5.1) gegeben und beträgt Rω2 . Da zwischen der
Zentrifugalkraft und der Normalen der Schaufeloberfläche nach Abb. 11.3 ein Win-
kel π − β gemessen wird, ergibt sich das Vektorprodukt F
ct · n
= −Rω2 cos β. Die
Arbeit, die durch Zentrifugalkraft geleistet wird, wird aus dem entsprechenden Term
in Gl. (11.15) berechnet:
t R
1
ect = Fct · n
n
· U dt = −ω 3
R 2 cosβ dR (11.22)
W
0 R1
R
R 2 Um
ηct = −2km
2
3 W
cos βdR (11.23)
Rm
R1
Wie bei Gl. (11.21) stellt dieser Teilwirkungsgrad eine Prozessgröße dar.
11.3.4 Coriolis-Kraft
Die Coriolis-Kraft ist durch Gl. (5.2) gegeben und beträgt 2ωW . Das entsprechende
Vektorprodukt F
Co · n
wird nach Abb. 11.3 zu −2ωW berechnet. Durch Anwendung
von Gl. (11.17) ergibt sich aus dem entsprechenden Term in Gl. (11.15) die Arbeit,
die durch die Coriolis-Kraft geleistet wird, mit
t t
eCo =
FCo · n
n
· U dt = 2ω 2
W R sin βdt (11.24)
0 0
11.3 Auswirkungen von Strömungskräften und die hydraulische Dissipation 165
Unter der Berücksichtigung von W sin β = −Wr = −dR/dt vereinfacht sich die
Berechnung zu
R
eCo = −2ω 2
RdR (11.25)
R1
In Bezug auf die spezifische kinetische Energie des Wasserstrahls erhält man den
entsprechenden Teilwirkungsgrad (mit R1 = Rc )
2
Rc R2
ηCo = 2km
2
2
− 2
(11.27)
Rm Rm
Es zeigt sich, dass dieser Teilwirkungsgrad unabhängig von dem Weg ist, den das
Wasser verfolgt. Er ist auch unabhängig von der Strömungseigenschaft. Somit ist
Gl. (11.27) identisch mit Gl. (5.81) bei reibungsfreier Strömung.
Der direkte Effekt der Strömungsreibung auf die Arbeitsleistung lässt sich aus
Gl. (11.16) ermitteln:
s
1
Pd = cf ρ W 2 U · d · cos βds (11.28)
2
0
R
1 d
Pd = −cf ρ W 2U · dR (11.29)
2 tan β
R1
Da die Wasserfilmbreite d sich nach Abb. 11.2 auf beide Schaufelhälften bezieht,
gilt die obige Berechnung für die Reibungsleistung in einer kompletten Pelton-
Schaufel. Ferner wurde bereits in Kapitel 6 durch Gl. (6.7) die Anzahl der Schaufeln
(2λ) angegeben, die von einem Wasserstrahl gleichzeitig beaufschlagt sind. Unter
diesen Umständen lässt sich der Teilwirkungsgrad aus der Reibungskraft berechnen,
indem die entsprechende Leistung auf die Leistung eines Wasserstrahls P0 bezogen
wird:
166 11 Reibungsbehaftete Längsströmung durch die Schaufel
3 R
2λPd 4cf km 1 d W 2U
ηd = =− dR (11.30)
π/4 · d02C0 · 12 ρC02 πd02 1 − km Um3 tan β
R1
Wie noch gezeigt wird, ist dieser Teilwirkungsgrad erwartungsgemäß negativ und
vernachlässigbar klein, wenn die Integration mit R = R2 (bis zum Schaufelaustritt)
berechnet wird. Ein vergleichbares Ergebnis ist bereits in Kapitel 10 für die Quer-
strömung mit U = const erhalten worden.
1
d Ė Diss = W dFd = cf ρW 3 d · ds (11.31)
2
Die Dissipationsrate kann als Funktion des zurückgelegten Strömungswegs in der
Schaufel dargestellt werden, indem die obige Integration ermittelt wird:
s
1
Ė Diss = cf ρ W 3 d · ds (11.32)
2
0
Da die Wasserfilmbreite d sich nach Abb. 11.2 auf beide Schaufelhälften bezieht,
gilt die Berechnung für eine komplette Pelton-Schaufel. Ferner stehen nach Ab-
schnitt 6.1 bzw. nach Gl. (6.7) stets 2λ Schaufeln unter der Beaufschlagung von
einem Wasserstrahl. Die gesamte Dissipationsrate bei 2λ Schaufeln wird dann auf
die Strahlleistung bezogen. Daraus ergibt sich der dissipative Wirkungsgradverlust
3 s
2λ Ė Diss 4cf km 1
ηDiss = = W 3 d · ds (11.33)
P0 πd0 1 − km Um3
2
0
Aufgrund der Beziehung sin βds = −dR lässt sich die obige Gleichung auch schrei-
ben als
3 R
4cf km 1 W 3d
ηDiss = − 2 dR (11.34)
πd0 1 − km Um3 sin β
R1
Sie stellt hier ebenfalls eine Prozessgröße zwischen Schaufeleintritt und -austritt
dar. Für das Durchströmen des Wassers durch die Schaufel wird die obere Integra-
tionsgrenze in obigen Gleichungen jeweils durch s = S und R = R2 ersetzt.
11.4 Beispiel 167
Wird die Breite d des Wasserfilms in Gl. (11.33) durch Gl. (11.10) ersetzt und
die Näherung von cf W 2 ≈ cf W12 nach Gl. (9.7) eingesetzt, so wird aus Gl. (11.33)
für das Durchströmen des Wassers durch die Schaufel
S
3
km W12 1
ηDiss = W0x,o cf ds (11.35)
1 − km Um3 h
0
In Anbetracht der Definition der Reibungszahl nach Gl. (9.12) und aufgrund W0x,o =
C0 − Um = C0 (1 − km) resultiert aus Gl. (11.35)
W12 W12
ηDiss = cw2 km
2
= c w2 ≈ cw2 (1 − km)2 (11.36)
Um2 C02
11.3.7 Gesamtwirkungsgrad
Wie das unten ausgeführte Rechenbeispiel zeigen wird, stellt ηDiss den dominan-
ten Anteil im Gesamtverlust des betrachteten Strömungsmodells dar.
11.4 Beispiel
Tabelle 11.2 Schema zu Strömungsberechnungen in einer kreisförmigen Schaufel nach Abb. 11.1
2 2
τ R
Rm β d
d0
h
Rm
W
Um α ηct ηCo ηI ηd ηh C
C0 ηDiss
Abb. 11.4 Beispiel zu Teil- und Gesamtwirkungsgraden von einem Strömungssystem nach
Abb. 11.3. Parameterspezifikation gemäß Tabelle 11.1
Abb. 11.5 Beispiel zu Verläufen des Gesamtwirkungsgrades, der Absolutgeschwindigkeit und der
reibungsabhängigen Dissipation in einem Strömungssystem nach Abb. 11.3
gleich die Beziehung nach Gl. (11.38). Aus Berechnungen mit dem angegebenen
Reibungsbeiwert wurde die Reibungszahl mit cw2 = 0.076 erhalten. Damit wird aus
Gl. (11.36) der Verlust infolge der Dissipation direkt zum ηDiss = 2.1% abge-
schätzt. Dies stimmt mit dem Wert (1.9%) aus der Integration sehr gut überein.
Das vorgeführte Rechenbeispiel deutet noch mal darauf hin, dass die Reibung
zwischen Wasserströmung und Schaufeloberfläche die größte Verlustquelle in einer
Pelton-Turbine darstellt.
Mit tabellarischen Berechnungen können die Einflüsse aller anderen Parameter
wie km , cf , β2 , usw. auf die Strömung bzw. den hydraulischen Wirkungsgrad auf ein-
fache Weise untersucht werden. Es wurde z. B. in den beiliegenden Berechnungen
festgestellt, dass der Drallverlust sehr schwach von der Strömungsreibung abhängt.
Diese Erkenntnis wurde bereits in Kapitel 10 durch Gl. (10.15) aufgezeigt.
“This page left intentionally blank.”
Kapitel 12
Ventilations- und Radreibungsverluste
Mit B und D sind hier die Scheibendicke bzw. der -durchmesser bezeichnet. Bei
der Drehzahl n ist die Einheit 1/s zu verwenden. Der Klammerausdruck berück-
sichtigt die gesamten freien Oberflächen der Drehscheibe. Es ist auffällig, dass die
Ventilations- und Radreibungsverluste von der 3. Potenz der Drehzahl und der 5. Po-
tenz des Raddurchmessers abhängen. Diese Gesetzmäßigkeit bedeutet aus dem Di-
mensionsvergleich nichts anderes als, dass der Zahlenfaktor in Gl. (12.1) die Dimen-
sion der spezifischen Dichte (kg/m3 ) hat. Daraus wird klar, dass diese Gleichung
streng genommen nur für eine mittlere spezifische Dichte der Umgebungsluft gilt.
Die aufgezeigte Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit der Drehzahl und dem
Scheibendurchmesser hat sich in der Praxis auch allgemein bewährt. Sie wird z. B.
Abb. 12.1 Parameterdefinition für die Berechnung der Ventilations- und Radreibungsverluste in
einer horizontalen Pelton-Turbine nach IEC 60041 (1991)
12.1 Pelton-Turbinen mit horizontaler Achse 173
Neben der gleichen Gesetzmäßigkeit wie in Gl. (12.1) sind hier die Einflüsse der
Gehäuseparameter auf die Verluste berücksichtigt. Bei der Drehzahl n ist wiederum
die Einheit 1/s zu verwenden. Für eine gegebene Pelton-Turbine wird Gl. (12.2)
vereinfacht dargestellt mit
Dabei gilt a als eine Konstante, die die Lufteigenschaft und Gestaltung des Turbi-
nengehäuses kombiniert und die Dimension kg/m3 aufweist.
Zum Vergleich mit Gl. (12.1) wird hier ein Zahlenbeispiel betrachtet. Für ein
Turbinengehäuse mit Ba /D = 0.2, Bio /D = 0.3, Biu/D = 1 und Rio /D = 0.6 ergibt
sich aus Gl. (12.2):
PVR a n3 D5
ηVR = = (12.5)
P0,N ρ Z g H Q̇ D
Für weitere Betrachtungen wird D ≈ Dc angenommen (Dc siehe Abb. 1.4 und 1.5).
Es gilt mit der Nenndrehzahl n N der folgende Ausdruck:
5 2
n 3N D 5 22.5 g 1.5 πn N Dm H 3/4 Dc5
= √ (12.6)
g H Q̇ D π5 2g H n N Q̇ D
5
Dm
Unter der Berücksichtigung der Gl. (1.31) für Dc /Dm zum Nennbetrieb sowie den
Definitionen jeweils für km nach Gl. (1.18) und n q nach Gl. (1.22) erhält man aus
obiger Gleichung
n 3N D 5 5 1
= 0.57km
5
1 + 2n q (12.7)
g H Q̇ D n 2q
174 12 Ventilations- und Radreibungsverluste
Dementsprechend wird der Wirkungsgradverlust nach Gl. (12.5) für ρ = 1000 kg/m3
und mit n als eine Variable dargestellt durch
a 5 5 1 n 3
ηVR = 0.57 · 10−3 km 1 + 2n q (12.8)
Z n 2q n 3N
a 5 1 n 3
ηVR = 1.3 · 10−5 1 + 2n q (12.9)
Z n 2q n 3N
a n3
ηVR = 4.2 · 10−7Vn (12.11)
Z n 3N
Die Ventilationszahl ist gemäß ihrer Definition eine Funktion der spezifischen Dreh-
zahl, wie in Abb. 12.2 gezeigt ist. Es soll erwähnt werden, dass Gl. (12.11) keine
vollständige Abhängigkeit der Ventilationsverluste von der spezifischen Drehzahl
zeigt. Dies liegt daran, dass der Gestaltungsparameter a in Gl. (12.11) von der Ge-
staltung des Turbinengehäuses und daher ebenfalls von der spezifischen Drehzahl
des Turbinenrades abhängt.
Für eine eindüsige Pelton-Turbine beispielsweise mit der spezifischen Drehzahl
von n q = 0.1 und für die Gestaltungskonstante a = 1.7 entsprechend Gl. (12.4)
errechnet sich der Verlust infolge der Ventilation und Radreibungen zu
Diese Verlustleistung ist von der Drehzahl, nicht jedoch vom Wasserdurchfluss ab-
hängig.
Sie gilt im Grunde genommen nur für eine mittlere spezifische Dichte der Nassluft
im Turbinengehäuse. Für ein verschaltes Turbinen-Rad mit Ba /D = 0.2, Bi /D = 0.3
und Ri /D = 1 errechnet sich die Verlustleistung aus Gl. (12.15) mit
Diese Gleichung ist vergleichbar mit Gl. (12.4), die für Pelton-Turbinen mit ho-
rizontaler Drehachse gilt. Für die Berechnung der Wirkungsgradverluste können
Gln. (12.9) und (12.11) direkt verwendet werden. Man braucht lediglich die gelten-
de Konstante a zu verwenden.
Zur genauen Bestimmung der Ventilations- und Radreibungsverluste wird die
Methode des sogenannten Auslaufversuches im nächsten Abschnitt erläutert.
176 12 Ventilations- und Radreibungsverluste
Abb. 12.3 Parameterdefinition für die Berechnung der Ventilations- und Radreibungsverluste in
einer vertikalen Pelton-Turbine nach IEC 60041 (1991)
12.3 Auslaufversuch
Wie aus obigen Betrachtungen hervorgeht, hängen die Ventilations- und Radrei-
bungsverluste sowohl von der Gestaltung des Turbinengehäuses als auch von der
Geometrie des Pelton-Rades ab. Da die spezifische Dichte der Nassluft in Berech-
nungen nicht individuell berücksichtigt wird, können die Ventilations- und Radrei-
bungsverluste fast in keinem Fall genau berechnet werden. Zur genauen Bestim-
mung der Ventilations- und Radreibungsverluste hat sich der sogenannte Auslauf-
versuch als besonders gut geeignet herausgestellt. Dabei wird auch der mechanische
Verlust aufgrund der Lagerreibung mit bestimmt. In der Tat bilden Ventilations- und
Radreibungsverluste zusammen mit dem Lagerreibungsverlust den gesamten me-
chanischen Verlust einer Pelton-Turbine. Da der Lagerreibungsverlust sich mit der
Drehzahl anders verhält (Kapitel 13) als die Ventilations- und Radreibungsverluste,
kann er aus dem Auslaufversuch separat bestimmt werden. Es wird hier das Prinzip
des Auslaufversuches zur experimentellen Bestimmung der mechanischen Verluste
gezeigt, während auf den Lagerreibungsverlust in Kapitel 13 noch näher eingegan-
gen wird.
Der Auslauf des Pelton-Rades startet, wenn alle Wasserstrahlen der Pelton-
Turbine abgelenkt werden und die Last auf der Seite des Generators abgeworfen
wird. Die Drehung des Pelton-Rades verlangsamt sich aufgrund der Bremseffekte
der Ventilation, Rad- und Lagerreibungen. Man führt einen Auslaufversuch durch,
indem die zeitabhängige Drehzahl des Pelton-Rades in der Form n = f (t) ge-
messen wird. Werden das Massenträgheitsmoment des Rotationssystems (Pelton-
Rad, Welle, Rotor des Generators) durch J und die Bremsenmomente jeweils von
12.3 Auslaufversuch 177
Ventilations- und Lagerreibung durch MVR und MLR bezeichnet, so ist nach dem
Drehimpulssatz:
dn
J = MVR + MLR (12.17)
dt
Das Bremsmoment MVR bezüglich Ventilation und Radreibung kann aus Gl. (12.4)
bzw. (12.16) proportional zum Quadrat der Drehzahl gesetzt werden, sodass gilt
K VR 2
MVR = n (12.18)
2π
Zur Bestimmung des Lagerreibungsmoments MLR werden hydrodynamische Gleit-
lager angenommen, die bei Pelton-Turbinen oft zum Einsatz kommen. Dafür kann
z. B. nach Angaben gemäß Kapitel 13 folgender Ansatz für Schwerlastbereich ge-
troffen werden:
K LR 0.5
MLR = n (12.19)
2π
Somit ergibt sich aus Gl. (12.17)
dn K VR 2 K LR 0.5
= n + n (12.20)
dt 2π J 2π J
Sobald der Drehzahlverlauf aus dem Auslaufversuch gemessen wird, kann die
Funktion dndt = f (n) gebildet und dargestellt werden. Die Darstellungen werden
dann durch Funktion nach Gl. (12.20) angenähert. Daraus können zwei Konstanten
K VR /J und K LR /J bestimmt werden. Ein derartiger Versuch wurde bereits von
Taygun (1946) durchgeführt. Dabei wurde die Lösung der Differentialgleichung
(12.20) auch angegeben. Um die Konstanten K VR und K LR zu bestimmen, muss
das Massenträgheitsmoment bekannt sein.
Im Fall, dass infolge der Lagerart und des Betriebsverhaltens der Gleitlager der
Exponent in Gl. (12.19) nicht einfach zu 0.5 angenommen werden kann, empfiehlt
es sich, durch präzise Auswertungen des Auslaufversuchs den bestgeeigneten Expo-
nenten zu bestimmen. Bei Bedarf können der Auslaufkurve n = f (t) verschiedene
Gesetzmäßigkeiten hinsichtlich der exponentiellen Funktion im Lagerreibungsver-
lust zugeordnet werden.
“This page left intentionally blank.”
Kapitel 13
Leistungsverlust durch Lagerreibungen
bung bzw. Feststoffreibung. Beim Anfahren und Auslaufen der Maschine befinden
sich die hydrodynamischen Lager zwangsläufig im Gebiet der Mischreibung. In die-
sen Betriebszuständen, in denen Festkörperberührungen auftreten, sind große Reib-
werte und starker Verschleiß zu erwarten. Erst ab einer bestimmten Gleitgeschwin-
digkeit bzw. Betriebsdrehzahl bildet sich ein Schmierfilm zwischen den gleitenden
Flächen. Die hydrodynamische Schmierung in Gleitlagern wird somit erreicht. Sie
kennzeichnet einen Schmierzustand, auf dem der Betrieb von Gleitlagern bezüglich
der Drehzahl abgestimmt werden sollen.
Die im Schmierfilm vorhandene Reibung wird als Gleitreibung oder Flüssig-
keitsreibung bezeichnet. Grundsätzlich ist der Verschleiß im Bereich der Flüssig-
keitsreibung am geringsten. Der Wiederanstieg des Reibungskoeffizienten mit der
Drehzahl ist auf die innere Reibung der Flüssigkeit zurückzuführen, da mit zuneh-
mender Geschwindigkeit bzw. Drehzahl die Scherrate des Schmierstoffs zunimmt.
Aufgrund dieses Schmierverhaltens wird die Reibleistung bei Flüssigkeitsreibung,
gemäß Gl. (13.2), ausgedrückt
PLR = K LR n q (13.3)
Die lagerspezifische Konstante in Gl. (13.3) kann auf experimentellem Weg be-
stimmt werden. Ein in der Praxis sehr gut bewährtes Verfahren ist die Methode des
Auslaufversuchs, die bereits im letzten Kapitel (Abschnitt 12.3) beschrieben wurde.
Dazu braucht man lediglich den Exponenten q vorzugeben. Im Versuch von Taygun
(1946) wurde z. B. q = 1.5 angenommen.
Die in Gl. (13.3) dargestellte Abhängigkeit der Reibleistung von der Betriebs-
drehzahl wird in Kapitel 16 verwendet, um die reale Durchgangsdrehzahl zu be-
stimmen.
Ein weiterer vergleichbarer mechanischer Verlust ist der Reibungsverlust bei al-
len Wellendichtungen. Da Wellendichtungen nicht durch Tragkräfte belastet sind
und ferner nur sehr kleine Gleitfläche aufweisen, sind die entsprechenden Verluste
vernachlässigbar gegenüber den Verlusten von Gleitlagern. Aus diesem Grund wird
im Rahmen des vorliegenden Buches nicht speziell auf die entsprechenden Verluste
eingegangen. Beim sogenannten Auslaufversuch, der bereits in Kapitel 12 beschrie-
ben wurde, werden entsprechende Verluste mit den Lagerreibungsverlusten wegen
der vergleichbaren Gesetzmäßigkeit zusammen erfasst.
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Kapitel 14
Hydraulischer und mechanischer Wirkungsgrad
der maximale Wirkungsgrad bei der Nennlaufzahl km,N , die dem Realbetrieb einer
Pelton-Turbine entspricht. Zu beachten ist, dass nach Gl. (14.2) die Abhängigkeit
des Wirkungsgrades von der Laufzahl nur für einen kleinen Variationsbereich der
Laufzahl gilt. Die reale Wirkungsgradkennlinie in Funktion der Laufzahl im ganzen
Variationsbereich bis zur Durchgangsdrehzahl wird in Kapitel 15 angegeben.
Der hydraulische Wirkungsgrad nach Gl. (14.2) bezieht sich auf die Leistung
des Wasserstrahls. Wenn der Wirkungsgrad sich auf die Nettofallhöhe vor der Dü-
se beziehen soll, muss Gl. (14.2) noch mit dem Düsenwirkungsgrad multipliziert
werden.
K VR n 3
ηVR = (14.3)
P0
für Ventilations- und Radreibungsverluste und
K LR n q
ηLR = (14.4)
P0
für Lagerreibungsverlust.
Dabei gilt P0 als hydraulische Leistung der gesamten Wasserstrahlen. Der Expo-
nent q in Gl. (14.4) erreicht gemäß Kapitel 13 einen Wert zwischen 1.5 und 2, ab-
hängig von den geometrischen und betrieblichen Eigenschaften hydrodynamischer
Gleitlager. Mit der Drehzahl als Variable geben die beiden Gleichungen mechani-
sche Verlustkennlinien wieder. Offensichtlich werden die Verluste im mechanischen
Wirkungsgrad größer, wenn die Turbinen mit Teillast betrieben werden. Aus diesem
Grund ist es oft vorteilhaft, von der mechanischen Verlustleistung zu sprechen, die
lediglich von der Drehzahl jedoch nicht von der Betriebseinstellung abhängig ist.
Ausgehend von Gln. (14.3) und (14.4) wird der mechanische Wirkungsgrad be-
rechnet mit
Der hydraulische Wirkungsgrad, der nach Gl. (14.1) bzw. (14.2) zu berechnen ist,
repräsentiert den Wirkungsgrad in Abhängigkeit von der Laufzahl in einem kleinen
Variationsbereich um den Auslegungswert. Unter Umständen kann die Berechnung
auch als gültig bis zur Laufzahl gleich Null verwendet werden, wenn eine gewisse
Ungenauigkeit zulässig ist und eine qualitative Aussage über den Einfluss der Lauf-
zahl gemacht werden soll. Die Gültigkeit der Berechnung ist jedoch nach oben da-
durch begrenzt, dass ab einer bestimmten Laufzahl das Wasser teilweise die Pelton-
Schaufeln durchschleusen kann, ohne seine Energie an die Schaufeln abzugeben.
Dieses Geschehnis verzerrt die Wirkungsgradkennlinie gegenüber der gerechneten
Kennlinie nach Gl. (14.2). Die Laufzahl, bei der das Durchschleusen des ersten
Wassertropfens auftritt und dadurch die Gültigkeit von Gl. (14.2) aussetzt, wird als
untere kritische Laufzahl bezeichnet. Die obere kritische Laufzahl ist erreicht, wenn
zum ersten Mal in allen Strahlschichten das Durchschleusen des Wassers auftritt.
Unter der Berücksichtigung des teilweise aufgetretenen Durchschleusens von Was-
ser soll in diesem Kapitel die reale hydraulische Kennlinie einer Pelton-Turbine im
oberen Bereich der Laufzahl berechnet werden.
Nach Abb. 15.1 wird eine Strahlschicht der Dicke dy in einem Abstand y zur
Strahlachse betrachtet. Diese Strahlschicht erreicht die Schaufel bei der Schaufel-
stellung α y (Position 1) und beginnt in die Schaufel einzutreten. Unter der normalen
Betriebsbedingung kann diese Strahlschicht vollständig in die Schaufel eintreten,
bevor die Schaufel zur Position 2 wechselt. Wenn das Pelton-Rad sich mit einer
Geschwindigkeit dreht, die hinreichend höher als im Normalfall ist, dann könnte
es passieren, dass ein Teil des Wassers der betrachteten Strahlschicht dem Eintritt
in die drehende Schaufel ausweicht. Dieses Geschehen wird als Durchschleusen
des Wasserstrahls bezeichnet. Als kritische Drehgeschwindigkeit des Pelton-Rades
wird diejenige Geschwindigkeit bezeichnet, bei der der letzte Wassertropfen in ei-
ner Strahlschicht gerade bei der Schaufelposition 2 in die Schaufel eintritt. Für die
betrachtete Strahlschicht bei y ist die entsprechende Bedingung formuliert mit
Diese kritische Laufzahl ändert sich von Schicht zu Schicht quer durch den Wasser-
strahl. Aufgrund der Beziehung Rm + y = Rc cos α y d. h. α y = f (y) ist die kritische
Laufzahl in obiger Gleichung eine Funktion von y, die die Strahlschicht angibt. Die
entsprechende Abhängigkeit ist in Abb. 15.2 für ein konkretes Pelton-Rad darge-
stellt worden. Offensichtlich ist die untere kritische Laufzahl bei der Strahlschicht
y/d0 = 0.5 zu finden. Mit der entsprechenden Schaufelstellung αb wird diese untere
kritische Laufzahl berechnet mit
αb − π/N Rm
km,c = (15.4)
sin αb Rc
15.1 Kritische Laufzahl 187
Abb. 15.2 Kritische Laufzahl eines Pelton-Rades in Bezug auf einzelne Strahlschichten
Diesbezüglich ist die kritische Laufzahl auch eine Funktion der Schaufelzahl. Die
Gleichung kann daher zur Bestimmung der Mindestschaufelzahl verwendet werden,
wenn zur Auslegung der Pelton-Turbine die Laufzahl vorgegeben ist. Aus Gl. (15.4)
folgt dementsprechend
π π
Nmin = = (15.5)
αb − km Rc /Rm · sin αb αb − Uc /C0 · sin αb
Diese Bestimmungsgleichung für die Mindestschaufelzahl ist bereits in Ab-
schnitt 4.2 bei Gl. (4.7) gezeigt worden. Da in der praktischen Auslegung von
Pelton-Turbinen die Schaufelzahl deutlich höher als minimal notwendig ist, siehe
Abschnitt 4.5, wird das Durchschleusen des Wassers im Nennbetrieb nicht auftreten.
Die obere kritische Laufzahl wird erhalten, wenn die Strahlschicht bei y/d0 =
−0.5 aus Abb. 15.2 betrachtet wird. Der Bereich zwischen unterer und oberer kriti-
scher Laufzahl wird als kritischer oder Übergangsbereich bezeichnet und muss spe-
ziell betrachtet werden, wenn die reale Wirkungsgradkennlinie im oberen Bereich
der Laufzahl berechnet wird.
Obwohl das Durchschleusen des Wassers bei der äußersten Strahlschicht y/d0 =
0.5 beginnt, ist das Ausmaß des Durchschleusens noch gering, denn die Strahl-
schicht am Strahlrand besitzt lediglich ein kleines Segment des Strahlquerschnitts.
Aus diesem Grund und für praktische Anwendungen wird die mittlere kritische
Laufzahl, die sich auf die mittlere Strahlschicht auf der Strahlachse bezieht, als kri-
tische Laufzahl des gesamten Wasserstrahls bezeichnet. Somit wird aus Gl. (15.3)
mit y = 0 und unter der Berücksichtigung von cos αo = Rm Rc
αo − π/N
km,c = (15.6)
tan αo
188 15 Reale hydraulische Wirkungsgradkennlinien
Dabei bezeichnet αo die Schaufelstellung, bei der die Schaufelschneide auf dem
Radius Rc die Strahlschicht auf der Strahlachse (y = 0) abschneidet (entspricht der
Schaufelstellung αo1 in Abb. 4.7).
Da der Schaufelstellungswinkel αo nach Gl. (1.30) eine Funktion der spezifi-
schen Drehzahl ist, wird Gl. (15.6) dementsprechend auch als Funktion der spezifi-
schen Drehzahl dargestellt:
1 1 π 1
km,c = arccos − (15.7)
2 1 + 2n q N nq 1 + nq
Infolge km,c = π Dm n c /C0 und der Betriebslaufzahl km,Be = π Dm n N /C0 wird die
entsprechende kritische Drehzahl berechnet mit
Wenn die Drehgeschwindigkeit des Pelton-Rades soweit steigt, dass die kritische
Laufzahl erreich wird, dann wird ein Teil des Wassers aus dem Strahl die drehenden
Schaufeln durchschleusen, ohne Arbeit zu leisten. Damit diese Gegebenheit quan-
titativ erfassbar ist, wird nach Abb. 15.1 eine Strahlschicht bei y betrachtet. Die
Menge des Wassers, die in eine Schaufel eintritt, ergibt sich aus
dQ + = C0 · t y − 2Rc sin α y · b · dy (15.9)
Die Schichtbreite ist gegeben mit b = 2 (d0 /2)2 − y 2 . Mit t y = 2α y /ω als die Dau-
er der Schaufelbewegung von der Position 1 nach Position 2 wird die obige Glei-
chung erweitert zu
dQ + = 4 C0 · α y /ω − Rc sin α y · (d0 /2)2 − y 2 · dy (15.10)
Weiterhin wird die Strahlgeschwindigkeit C0 durch die Laufzahl nach Gl. (1.18)
ersetzt. Daraus ergibt sich
2
αy Rc y y
dQ + = 2Rm − sin α y · d0 1 − 4
2
·d (15.11)
k m Rm d0 d0
Rm + y = Rc cosα y (15.12)
15.2 Reaktionsgrad des Wasserstrahls 189
2
y y
· d02 1 − 4 ·d (15.16)
d0 d0
Zur Bestimmung der gesamten Wassermenge, die von der Schaufel abgefangen
wird, soll die obige Gleichung über die Strahldicke integriert werden. Dabei müs-
sen der kritische Bereich und der sich anschließende überkritische Bereich separat
behandelt werden.
Der kritische Bereich der Laufzahl wurde bereits in Abb. 15.2 spezifiziert. Inner-
halb dieses Bereichs ist jede kritische Laufzahl einer Strahlschicht yc zugeordnet.
Bei einer kritischen Laufzahl mit entsprechender Zuordnung zur Strahlschicht yc
unterliegen dann alle Strahlschichten mit y > yc einem teilweisen Durchschleusen.
Von allen diesen Strahlschichten lässt sich die Wassermenge, welche wirksam mit
der rotierenden Schaufel Leistung austauscht, durch Integration der Gl. (15.16) von
yc bis zum Strahlrand y = 0.5d0 bestimmen:
⎡
⎤
2
α π y y 1 y
− tan αo ⎣ − ⎦
o c c c
Q + (yc ) = Rm · d02 1− 2 − arcsin 2
km 4 d0 d0 2 d0
3/2
1 d03 1 yc 2
− −1 1− 2 (15.17)
6 tan αo km d0
In dieser Gleichung hängen yc und km durch Gl. (15.3) und wegen α y = f (y) zu-
sammen.
190 15 Reale hydraulische Wirkungsgradkennlinien
Das Volumen des Wassers, das die rotierenden Pelton-Schaufeln durchschleust, ist
dementsprechend
Auf der anderen Seite ist die Gesamtwassermenge im ganzen Wasserstrahl der Län-
ge s gegeben durch
π 2 π 1 2π
Q= d0 · s = d02 · Rm (15.20)
4 4 km N
Um die Wassermenge, welche wirksam mit der rotierenden Schaufel reagiert, pro-
zentual anzugeben, wird der Reaktionsgrad des Wasserstrahls eingeführt, der nach
Zhang und Müller (2007d) wie folgt definiert ist:
Q+ Q (yc )
ηQ = = 1− (15.21)
Q Q
Dieser Reaktionsgrad wird verwendet, um die reale Wirkungsgradkennlinie im kri-
tischen Bereich der Laufzahl zu berechnen.
Wenn die Drehgeschwindigkeit des Pelton-Rades bis zur oberen kritischen Laufzahl
nach Abb. 15.2 zunimmt, unterliegen dann alle Strahlschichten dem Durchschleu-
sen. Die wirksame Wassermenge, welche mit der rotierenden Schaufel die Leistung
austauscht, kann durch die Integration der Gl. (15.16) von yc /d0 = − 12 bis yc /d0 = 12
oder direkt aus Gl. (15.17) mit yc /d0 = − 12 erhalten werden:
1 αo
Q + = π Rm · d02 − tan αo (15.22)
2 km
Wie noch gezeigt wird, kann dieser Reaktionsgrad wegen seiner einfachen Berech-
nung näherungsweise auch für den Übergangsbereich der Laufzahl verwendet wer-
den.
Mit obigen Betrachtungen und der Einführung des Reaktionsgrades ist veranschau-
licht worden, dass die reale Wirkungsgradkennlinie einer Pelton-Turbine in Bezug
auf die Laufzahl in eine unterkritische, kritische und überkritische Zone unterteilt
werden muss. Eine konkrete Pelton-Turbine wurde bereits in Abschnitt 15.1 im Zu-
Abb. 15.4 Reaktionsgrad in den drei Zonen der Laufzahl: unterkritische Zone (1), kritische bzw.
Übergangszone (2) und überkritische Zone (3). Die Übergangszone kann gegebenenfalls durch
Verlängerung der Zonen 1 und 3 ersetzt werden
192 15 Reale hydraulische Wirkungsgradkennlinien
sammenhang mit Abb. 15.2 betrachtet. Für diese Turbine wird nun der Reaktions-
grad des Wasserstrahls in den erwähnten drei Zonen berechnet. Während in der
unterkritischen Zone der Reaktionsgrad gleich 1 ist, ist der Reaktionsgrad in der kri-
tischen und überkritischen Zone jeweils nach Gl. (15.21) und (15.23) zu berechnen.
Abb. 15.4 zeigt den berechneten Verlauf des Reaktionsgrades in allen drei Zonen der
Laufzahl. Die kritische Zone (Zone 2) kann in Näherung durch eine Erweiterung der
unterkritischen (Zone 1) und überkritischen Zone (Zone 3) ersetzt werden.
Der in Gl. (14.2) angegebene Wirkungsgrad gilt im Prinzip nur für den Bereich un-
terhalb der kritischen Laufzahl. Ab der kritischen Laufzahl muss der Reaktionsgrad
des Wasserstrahls bei der Berechnung des Wirkungsgrades berücksichtigt werden.
Die Teilwassermenge, die mit rotierenden Pelton-Schaufeln reagiert, erbringt nur ei-
ne Partialleistung. Es kann angenommen werden, dass der entsprechende Wirkungs-
grad stets nach Gl. (14.2) berechnet werden kann. Der Wirkungsgrad bezogen auf
die Gesamtwassermenge des Wasserstrahls wird dann unter der Berücksichtigung
des Reaktionsgrades berechnet:
km km 1
ηh = 1 − 0.5 1 − cosβ2 + cw2 cos β2 · ηQ (15.24)
km,N km,N 2
Von der Struktur dieser Gleichung her ist zu erkennen, dass in der Berechnung des
hydraulischen Wirkungsgrades alle drei Verluste berücksichtigt sind:
• Drallverlust,
• Reibungsverlust und
• Wasserverlust.
Da ein großer Wasserverlust eine Strömungsänderung innerhalb der Schaufel be-
wirkt, beispielsweise in Form einer Verringerung der Wasserfilmdicke, ändert sich
nach Gl. (9.12) auch die Reibungszahl cw2 und daher der Reibungsverlust. Gegen-
über dem Wasserverlust, der im überkritischen Bereich bis zu 100% werden kann,
ist die Änderung der Reibungsverluste jedoch vernachlässigbar. Das heißt, dass in
Gl. (15.24) der Wasserverlust dominiert, sobald dieser auftritt.
Gl. (15.24) kann auch direkt als Funktion der Drehzahl dargestellt werden. Nach
Gl. (1.18) hängt die Laufzahl von der Drehzahl und der Strahlgeschwindigkeit (so-
mit von der Fallhöhe) ab. Es wird nun angenommen, dass die Turbine unter der
Nennfallhöhe betrieben ist. Somit gilt
Ein Beispiel zur realen Wirkungsgradkennlinie einer Pelton-Turbine zeigt Abb. 15.5.
Der Einfachheit halber wurde cw2 = 0 und β2 = π angenommen. Es handelt sich
Abb. 15.5 Reale Wirkungsgradkennlinie einer Pelton-Turbine (KWA) mit km,N = 0.470. Die
Übergangszone ist gegeben bei km,c = 0.547 bis 0.687. Die Durchgangskonstante beträgt kR0 =
0.848
dabei um die gleiche Pelton-Turbine, die bereits in Abb. 15.2 und 15.4 betrachtet
wurde. Die Laufzahl beim Nennbetrieb beträgt km,N = 0.47. Aus der Darstellung
ist ersichtlich, dass die Wirkungsgradkennlinie der Pelton-Turbine ab km > 0.687
stark deformiert ist gegenüber der symmetrischen fiktiven Kennlinie, welche ledig-
lich für geradlinige Schaufelbewegungen gilt. In der Abbildung wird auch gezeigt,
wie genau der Wirkungsgrad im kritischen Bereich durch Anwendung des Reakti-
onsgrades nach Gl. (15.23) angenähert werden kann. Es muss erwähnt werden, dass
in der praktischen Anwendung von Pelton-Turbinen selten Bedarf für genaue Be-
rechnungen in diesem kritischen Bereich vorhanden ist. Aus diesem Grund darf der
Reaktionsgrad nach Gl. (15.23) auch für den kritischen Bereich verwendet werden.
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Kapitel 16
Durchgangsdrehzahl
und Beschleunigungsverlauf
Die Durchgangsdrehzahl eines Pelton-Rades ist eine Drehzahl, bei der nahezu
kein Leistungsaustausch zwischen dem Wasserstrahl und den rotierenden Schau-
feln stattfindet. Diese Bedingung kann auch dadurch ausgedrückt werden, dass beim
Erreichen der Durchgangsdrehzahl der Reaktionsgrad des Wasserstrahls (siehe Ka-
pitel 15) Null wird. Ein derartiger Zusammenhang zwischen der Durchgangsdreh-
zahl und dem Reaktionsgrad des Wasserstrahls führt zur sofortigen Bestimmung der
Durchgangsdrehzahl. Aus Gl. (15.23) ergibt sich unter der Bedingung ηQ = 0 die
In Abb. 16.1 ist die aus dieser Gleichung berechnete Durchgangskonstante gegen-
über der spezifischen Drehzahl dargestellt. Bei Pelton-Turbinen mit niedrigen spe-
zifischen Drehzahlen wird die Durchgangskonstante nahe bei 1 liegen.
Ausgehend von der Definition der Laufzahl nach Gl. (1.18) lässt sich aus der
Durchgangskonstante die Durchgangsdrehzahl bestimmen:
C0
n R0 = kR0 (16.3)
π Dm
Sie ist direkt proportional zur Strahlgeschwindigkeit, die wiederum nur von der
Fallhöhe abhängt. Unter der Berücksichtigung der Betriebseinstellung bei km,Be =
π Dm n N /C0 kann die Durchgangsdrehzahl auch ausgedrückt werden mit
nN
n R0 = kR0 (16.4)
km,Be
Diese Gleichung zeigt, dass beim Erreichen der Durchgangsdrehzahl die Umfangs-
geschwindigkeit des Pelton-Rades nicht gleich der Strahlgeschwindigkeit ist. Das
erklärt zugleich, weshalb die Durchgangsdrehzahl nach Gl. (16.4) nicht einfach aus
dem Verhältnis n N /km,Be zu berechnen ist. Die Durchgangskonstante kR0 wirkt als
ein Faktor, der kleiner als Eins ist.
Es wurde bereits in Abb. 15.5 ein Beispiel zur Berechnung der kompletten Wir-
kungsgradkennlinie gezeigt. Die reibungsfreie Durchgangskonstante wurde dort di-
rekt mit kR0 = 0.848 erhalten. Das Verhältnis zum Nennbetrieb bei km,N = 0.47
ist 1.80, d. h. n R0 /n N = 1.80.
Die reale Durchgangsdrehzahl einer Pelton-Turbine ist etwas tiefer als die rei-
bungsfreie Durchgangsdrehzahl. Ihre Bestimmung verlangt die Kenntnisse des me-
chanischen Verlustes, um das Gleichgewicht zwischen der hydraulischen Leistung
und dem mechanischen Verlust zu erstellen. Das Berechnungsverfahren zur Bestim-
mung der realen Durchgangsdrehzahl wird im nächsten Abschnitt beschrieben.
Durch Anwendung der Durchgangskonstante nach Gl. (16.1) wird der Reakti-
onsgrad des Wasserstrahls nach Gl. (15.23) ausgedrückt mit
Nαo km Nαo n
ηQ = 1− = 1− (16.6)
π kR0 π n R0
Der Reaktionsgrad ist somit eine lineare Funktion der Drehzahl des Pelton-Rades.
Die in Abschnitt 16.1 berechnete Durchgangsdrehzahl gilt für den Betrieb ohne me-
chanische Verluste und wird daher als theoretische Durchgangsdrehzahl bezeichnet.
In Wirklichkeit verhalten sich Reibungskräfte durch Ventilation und in Wellenla-
gern als Bremskräfte, die auf das Pelton-Rad und die Welle wirken und mechanische
Verluste verursachen. Die reale Durchgangsdrehzahl eines Pelton-Rades stellt somit
eine Drehzahl dar, bei der das dynamische Gleichgewicht zwischen der Strahlkraft
198 16 Durchgangsdrehzahl und Beschleunigungsverlauf
und sämtlichen Bremskräften erreicht wird. Mit anderen Worten: die vom Wasser-
strahl an die Pelton-Schaufeln abgegebene hydraulische Leistung muss gleich der
gesamten mechanischen Verlustleistung sein. Aus diesem Gleichgewicht kann die
reale Durchgangsdrehzahl bestimmt werden.
K VR n 3N
ηVR,N = (16.7)
ρg HN Q̇ N
In dieser Gleichung wird das Verhältnis der Verlustleistung zur dritten Potenz der
Drehzahl als Konstante K VR bezeichnet.
Auf gleicher Weise wird aus Gl. (14.4) der Wirkungsgradverlust infolge der me-
chanischen Lagerreibung berechnet. Für hydrodynamische Gleitlager mit q = 2 er-
gibt sich
K LR n 2N
ηLR,N = (16.8)
ρg HN Q̇ N
Dabei wird das Verhältnis der entsprechenden Verlustleistung zur zweiten Potenz
der Drehzahl als Konstante K LR bezeichnet.
Sofern die entsprechenden Verluste im Nennbetrieb bekannt sind, können aus
den obigen Gleichungen die Konstanten K VR und K LR bestimmt werden, die zur
Darstellung der Verlustkennlinie verwendet werden sollen. Die mechanische Ver-
lustkennlinie lässt sich somit generell zusammenfassen als
Pm = K VR n 3 + K LR n 2 (16.9)
Der Betrieb einer Pelton-Turbine wird durch die hydraulische Fallhöhe H und den
gesamten Durchfluss Q̇ definiert. Daraus ergibt sich die hydraulische Leistung mit
P0 = ρg H Q̇. Aus Gln. (15.26) und (16.6) ist die effektive hydraulische Leistung
oder die Leistungskennlinie gegeben durch
1 N n n n
Ph = 2 1 − cw2 αo P0 1 − 0.5 1− (16.10)
4 π nN n R0 n N
mit
1 N
P̃ = 2 1 − cw2 αo P0 (16.12)
4 π
Der Ausdruck P̃ ist eine Konstante, die die Rad-Parameter und die Strahlleistung
kombiniert. Zum Zweck der Bestimmung der realen Durchgangsdrehzahl kann die
Reibungszahl cw2 praktisch als Null angenommen werden, ohne die Berechnung
wesentlich zu beeinflussen (Zhang 2007d).
Die reale Durchgangsdrehzahl ergibt sich aus dem Gleichgewicht zwischen der me-
chanischen Verlustleistung und der effektiven hydraulischen Leistung. Aus
Gln. (16.9) und (16.11) erhält man sogleich mit n = n R :
0.5 P̃ P̃ 0.5 P̃
K VR n N − n 2R + K LR n N + + n R − P̃ = 0 (16.13)
n N n R0 n R0 nN
Abb. 16.2 Bestimmung der realen Durchgangsdrehzahl am Beispiel des Kraftwerks Amsteg
Wie von Zhang und Müller (2007d) gezeigt wurde, ist die Ungenauigkeit der
vorliegenden Methode zur Bestimmung der Durchgangsdrehzahl kleiner als 2%.
Bei Anwendung der Gl. (16.13) sollen folgende Punkte berücksichtigt werden:
• In der Berechnung des Parameters P̃ nach Gl. (16.12) gilt Q̇ als gesamter Durch-
fluss, der dem aktuellen Betrieb (Voll- oder Teillast sowie mehrdüsigem Betrieb)
entspricht.
• Wenn die Ordinate in Abb. 16.2 durch P0 auf Eins normiert wird, dann handelt
es sich bei den Kennlinien um die Wirkungsgradkennlinien. Die entsprechende
Darstellung wurde bei Zhang und Müller (2007d) gezeigt.
• Die quadratische Gleichung (16.13) wurde aus Gl. (16.9) und (16.11) erhalten,
wobei in Gl. (16.9) die Drehzahl jeweils in zweiter und dritter Potenz auftritt.
Wird z. B. die Reibleistung der Lager in der Form n 1.5 dargestellt, dann wird
0.5
in Gl. (16.13) entsprechend n R vorkommen. In diesem Fall kann man den
0.5
Ausdruck n R in der Nähe der verlustfreien Durchgangsdrehzahl n R0 , wegen
(n R0 − n R ) n R0 , wie folgt linearisieren:
nR
n 0.5
R = [n R0 − (n R0 − n R )] 0.5
= 0.5n 0.5
R0 1 + (16.14)
n R0
0.5 wieder in eine quadratische Gleichung umge-
Dadurch wird Gl. (16.13) mit n R
wandelt.
16.3 Beschleunigungsverlauf 201
16.3 Beschleunigungsverlauf
Im Fall des Lastabwurfs beim Generator beginnt die Drehung des Pelton-Rades un-
ter der Beaufschlagung der Wasserstrahlen sich zu beschleunigen, bis die stabile
Durchgangsdrehzahl erreicht wird. Der Beschleunigungsverlauf hängt neben dem
vom Wasserstrahl übertragenen Drehmoment auch noch von der Gesamtmassen-
trägheit des Pelton-Rades, der Welle und des Generatorrotors ab. Als eine Anlagen-
kenngröße ist die Gesamtmassenträgheit meist bekannt. Anderenfalls kann sie ein-
fach berechnet werden. Zur Berechnung des Beschleunigungsverlaufs muss dann
die hydraulische Strahlkraft in Abhängigkeit des Prozesses bzw. der Drehzahl des
Pelton-Rades bekannt sein. Dafür ist analog zur Berechnung der hydraulischen Leis-
tungskennlinie der Reaktionsgrad des Wasserstrahls zu berücksichtigen. Offensicht-
lich müssen dabei unterkritische und überkritische Drehzahlbereiche unterschied-
lich behandelt werden. Der Übergangsbereich kann nach Abb. 15.4 der Einfachheit
halber durch Verlängerung der unter- und überkritischen Bereiche eliminiert wer-
den.
Der dynamische Beschleunigungsverlauf der gesamten Rotationseinheit (Pelton-
Rad, Welle und Rotor des Generators) unterliegt dem Drehimpulssatz. Bei Vernach-
lässigung der mechanischen Verluste ist die Drehbewegung beschreibbar durch
dω Dm
J = FT · (16.15)
dt 2
Dabei ist das gesamte Massenträgheitsmoment der Rotationseinheit durch J ge-
geben. Die gesamte hydraulische Kraft wird mit FT bezeichnet. In der Tat han-
delt es sich dabei um die Kraftkomponente, die tangential auf den Strahlkreis Dm
wirkt. Die hydraulische Kraft bezogen auf einen Wasserstrahl wurde bereits durch
Gl. (1.37) angegeben. Bei der vorliegenden Berechnung handelt es sich um die
gesamte hydraulische Kraft aller Wasserstrahlen. Dies muss entsprechend berück-
sichtigt werden. Unter der Berücksichtigung des Reaktionsgrades errechnet sich die
wirksame hydraulische Kraft auf dem Pelton-Rad mit
Für weitere Berechnungen muss zwischen unter- und überkritischen Bereichen un-
terschieden werden.
202 16 Durchgangsdrehzahl und Beschleunigungsverlauf
Der unterkritische Bereich ist durch die Drehzahlvariation von n N bis n c und den
Reaktionsgrad ηQ = 1 gekennzeichnet. Dementsprechend ergibt sich aus Gl. (16.17)
n
dn ṁ c · C0 Dm
dn = t (16.18)
1 − π Dm /C0 · n 2π J
nN
Daraus folgt
1 − π Dm /C0 · n N 2
ṁ c Dm
ln = t (16.19)
1 − π Dm /C0 · n 2J
Um die Berechnung und Darstellung zu vereinfachen, wird hier die erste Anfahr-
zeitkonstante definiert durch
2J
τ1 = 2
(16.20)
ṁ c Dm
Unter Anwendung der Beziehungen km,Be = π Dm n N /C0 für den anfänglichen Be-
trieb bei der Nenndrehzahl und km = π Dm n/C0 für den Beschleunigungsverlauf
werden die entsprechenden Parameter in Gl. (16.19) durch die Laufzahlen ersetzt.
Nach Umformung erhält man:
km = 1 − 1 − km,Be e−t /τ1 (16.21)
Die Zeit für die Beschleunigung des Pelton-Rades bis zum Erreichen der kritischen
Drehzahl (n = n c ) berechnet sich aus Gl. (16.21)
1 − km,Be
tc = τ1 ln (16.23)
1 − km,c
Im überkritischen Bereich der Drehzahl tritt das Durchschleusen des Wassers auf.
Unter der Berücksichtigung des Reaktionsgrades, der durch Gl. (16.6) gegeben ist,
ergibt sich die zeitliche Änderung der Drehzahl aus Gl. (16.17)
16.3 Beschleunigungsverlauf 203
dn ṁ c C0 Dm Nαo π Dm · n n
= 1− 1− (16.24)
dt 2π 2 J C0 n R0
n
dn ṁ c C0 Dm Nαo
= (t − tc ) (16.25)
(1 − π Dm /C0 · n) (1 − n/n R0 ) 2π 2 J
nc
Dabei wird τ2 als die zweite Anfahrzeitkonstante bezeichnet, die für den überkriti-
schen Bereich gilt und wie folgt definiert ist
1 1 π Dm ṁ c C0 Dm Nαo
= − (16.27)
τ2 n R0 C0 2π 2 J
Um aus Gl. (16.26) die zeitabhängige Drehzahl zu berechnen, wird eine weitere
Konstante verwendet, die folgendermaßen definiert ist:
Der fiktive Beschleunigungsverlauf ist nichts anderes als die Erweiterung des Be-
schleunigungsverlaufs des unterkritischen Bereichs auf den ganzen überkritischen
Bereich. Die sich daraus ergebende stabile Enddrehzahl entspricht der Drehzahl, die
sich aus der symmetrischen Wirkungsgradkennlinie nach Abb. 16.2 ergibt.
Aus der Abbildung ist ersichtlich, dass der reale Beschleunigungsverlauf deutlich
unterschiedlich zum fiktiven Beschleunigungsverlauf ist.
Kapitel 17
Hydraulische Auslegung von Pelton-Turbinen
Zur hydraulischen Auslegung einer Pelton-Turbine sind das Nettogefälle des ver-
fügbaren Wassers und die zu verarbeitende Wassermenge von fundamentaler Be-
deutung. Aus diesen Angaben ergibt sich die potentielle Nutzleistung des Wassers.
Die Auslegung einer Pelton-Turbine beginnt mit der Dimensionierung des Pelton-
Rades, Festlegung der Drehzahl und Bestimmung der Düsenzahl. Dazu helfen die
folgenden Anhaltspunkte aus dem Betrieb von Pelton-Turbinen:
• Die Laufzahl km liegt im Bereich von 0.45 bis 0.48;
• Die Schaufelbreite ist ungefähr gleich dem dreifachen Strahldurchmesser bei
Volllast, gekennzeichnet durch B ≈ 3d0 bzw. ϕB ≈ 0.11;
• Die spezifische Drehzahl bezogen auf eine Düse ist normalerweise auf n q < 0.13
beschränkt. Dieses Kriterium beruht darauf, dass am Schaufeleintritt keine Strö-
mungsablösung auftreten soll, siehe Kapitel 4, Abschnitte 4.7 und 4.8. Nach
Gl. (1.27) ist die Radform durch Dm /B > 3 gegeben. Wird eine kleine spezifi-
sche Drehzahl bevorzugt, so muss man nach Gl. (1.27) mit einem relativ größeren
Pelton-Rad rechnen.
Alle diese Anhaltspunkte müssen in einer bestimmten Form gekoppelt werden, um
in der Anfangsphase der Turbinenauslegung die Raddimension, die Düsenzahl und
die Drehzahl des Pelton-Rades festzulegen. Zu diesem Zweck ist die spezifische
Drehzahl anzuwenden, die in Wirklichkeit die Radform wiedergibt (Kapitel 1). Un-
ter der Berücksichtigung des gesamten Wasserdurchflusses und der Düsenzahl wird
Gl. (1.22) umgeformt zu:
Q̇
nq = n √ (17.1)
Z D · H 3/4
Zu einer angenommenen spezifischen Drehzahl n q < 0.13 können Düsenzahl und
Drehzahl der auszulegenden Pelton-Turbine gekoppelt bestimmt werden. Zur Fest-
legung der Drehzahl sind die Netzfrequenz ( f ) und die Polpaarzahl ( p) des Genera-
n = f/ p (1/s) (17.2)
Die Netzfrequenz ist üblicherweise mit 50 Hz genormt. In den USA und Kanada ist
die Netzfrequenz zum Teil auch mit 60 Hz festgelegt.
Für den Generator ist die minimale Polpaarzahl auf 2 begrenzt. Die entsprechen-
de Drehzahl beträgt somit 25 in 1/s bzw. 1500 in 1/min. Unter Umständen kann
diese Drehzahl zu hoch sein. Man erhöht dann beim Generator die Polpaarzahl, bis
eine angemessene Drehzahl aus Sicht der hydraulischen und mechanischen Ausle-
gung erreicht wird.
Unter der Berücksichtigung von Gl. (17.2) können aus Gl. (17.1) verschiedene
Kombinationen von Düsenzahl und Drehzahl der Pelton-Turbine zur Auswahl ste-
hen. Zu jeder Kombination steht auch die Radgröße fest, die aus der Definition der
Laufzahl nach Gl. (1.18) berechnet wird:
Dm = km 2g H /(π · n) (17.3)
Die Schaufelgröße, die durch die Schaufelbreite B gegeben ist, wird aus Gl. (1.27)
bestimmt:
B nq
= √ (17.4)
Dm 2.63km ϕB
Für die Normalbetriebswerte von ϕB = 0.11 und km = 0.47 ergibt sich schließlich
B = 2.5n q Dm (17.5)
Der obige Berechnungsprozess gilt im Grund genommen hauptsächlich für die Be-
stimmung der Düsenzahl und der Drehzahl der Turbine. Dabei sind die sich ergeben-
de Radgröße und Schaufelbreite zu berücksichtigen. Um den Prozess dieser ersten
Auslegung einer Pelton-Turbine darzustellen, wird hier ein Beispiel gezeigt.
Aufgaben:
Zum Bau eines Wasserkraftwerks mit einer Pelton-Turbine stehen die Fallhöhe
H = 750 m und der Durchfluss Q̇ = 8 m3 /s zur Verfügung. Es ist die Pelton-
Turbine auszulegen, die eine spezifische Drehzahl von nicht mehr als 0.12 auf-
weisen soll.
Lösung:
– Für eine angenommene Düsenzahl berechnet sich die Drehzahl aus Gl. (17.1):
n = nq Z D · H 3/4
Q̇ (a)
Tabelle 17.1 Rechenbeispiel zur Auslegung einer Pelton-Turbine mit H = 750 m und Q̇ = 8 m3 /s:
n q = 0.12
Gln. ZD 1 2 3 3
(a) n (1/s) 6.1 8.6 10.5 10.5
(b) Polpaar 9 6 5 6
(c) n (1/s) 5.56 8.3 10.0 8.3
n (1/min) 333 500 600 500
(d) nq 0.110 0.116 0.114 0.095
(e) Dm 3.30 2.20 1.83 2.20
(f) B 0.90 0.64 0.52 0.52
d0 0.290 0.205 0.167 0.167
In der letzten Zeile der Tabelle sind zusätzlich auch theoretische Strahldurch-
messer angegeben worden,
√ die aus dem Massenerhaltungssatz mit der Strahlge-
schwindigkeit C0 = 2g H berechnet wurden.
Die Berechnung in den letzten zwei Spalten mit der Festlegung von drei Dü-
sen dient zur Veranschaulichung, was passieren würde, wenn die Polpaarzahl
des Generators um eins größer als nötig gewählt wird. Die Drehzahl wird von
600 U/min auf 500 U/min reduziert. Dadurch müsste der Strahlkreisdurchmes-
ser Dm von 1.83 m auf 2.2 m vergrößert werden, was höhere Baukosten ver-
ursachen wird. Die kleinere spezifische Drehzahl erweist sich jedoch als vor-
teilhaft hinsichtlich der Interaktion zwischen dem Wasserstrahl und den Pelton-
Schaufeln sowie der Eintrittsbedingung, die bereits in Kapitel 4 (siehe Abschnitte
4.7 und 4.8) erläutert wurde.
Gemäß den Berechnungen der obigen Tabelle und von der Dimension und Bau-
art her kann die Pelton-Turbine mit zwei Düsen gebaut werden. Die spezifische
Drehzahl des Pelton-Rades beträgt dann 0.116, bei der die gesunde Eintritts-
strömung gewährleistet werden kann. Der Vorteil der Auslegung mit zwei anstatt
drei Düsen besteht darin, dass die Pelton-Turbine auch mit horizontaler Drehach-
se erbaut werden kann. Das Pelton-Rad hat einen Durchmesser von Dm = 2.2 m.
Die Schaufelbreite beträgt B = 0.64 m.
208 17 Hydraulische Auslegung von Pelton-Turbinen
Das Beispiel zeigte die Methode zur Festlegung der Düsenzahl und der Drehzahl der
Pelton-Turbine. Man kann durch Ändern der spezifischen Drehzahl, die als Aus-
gangsgröße vorgegeben ist, verschiedene Auslegungsmöglichkeiten leicht verglei-
chen. Zu einer getroffenen Wahl der Auslegung gemäß obiger Tabelle müssen so-
wohl der Strahlkreisdurchmesser Dm als auch die Schaufelbreite B noch optimiert
werden. Dies erfolgt mittels eingehender Analysen sowohl hinsichtlich hydrauli-
scher als auch mechanischer Aspekte. Wird z. B. die Pelton-Turbine vorwiegend im
Teillastbereich betrieben, kann die Schaufelbreite B entsprechend verkleinert wer-
den.
Das hydraulische Profil auf der Innenseite der Pelton-Schaufeln muss so ausgelegt
werden, dass das Wasser sich möglichst stetig und gerichtet ausbreitet. Das Profil
soll in erster Linie keine Unstetigkeit aufweisen. Das wird nicht nur von der Hy-
draulik sondern auch unter dem Aspekt der mechanischen Fertigung der Schaufeln,
z. B. mittels Fräsmaschinen, verlangt. Die vollkommene Stetigkeit des Schaufelpro-
fils wird erzielt, wenn das Profil in jedem Schaufelquerschnitt durch eine einzige
mathematische Kurve beschrieben werden kann. Unter verschiedenen mathemati-
schen Funktionen zeichnet sich das Ellipsenmodell offensichtlich als das am besten
geeignete aus. Bei der Anwendung eines Ellipsenmodells ist zu bestimmen, wie die
Ellipsenparameter festgelegt werden können und mit welchem Stück der Ellipse
das Schaufelprofil angenähert werden soll. Die gesuchte Ellipse bzw. das passende
Ellipsenstück muss die erforderlichen Randbedingungen erfüllen, die aus der Para-
meterbestimmung bei der Schaufelauslegung erstellt wurden. Nach Abb. 17.1 mit
dem gezeigten Koordinatensystem können die zu erfüllenden geometrischen Rand-
bedingungen wie folgt formuliert werden:
• Am Schaufeleintritt: x 1 = 0, y1 = 0, Eintrittswinkel ε1 ;
• Am Schaufelaustritt: x = x 2 , y = y2 , Austrittswinkel ε2 ;
• Schaufeltiefe: h b .
Randbedingung 1:
Der Koordinatenursprung x 1 = y1 = 0 befindet sich auf der Ellipse, sodass mit
x 1 = y1 = 0 am Schaufeleintritt gilt
u 2 v2
+ =1 (17.9)
a 2 b2
Randbedingung 2:
Am Schaufeleintritt mit x 1 = y1 = 0 ist der Eintrittswinkel nach Abb. 17.1 bzw.
Abb. 17.2c gegeben durch dy dx = tan ε1 . Somit ergibt sich aus Gl. (17.8)
die gleichzeitige Lösung aller Unbekannten schwer zu realisieren ist, wird die fünf-
te Randbedingung zunächst außer Betracht gelassen. Im Gleichungssystem unter
den Randbedingungen eins bis vier wird der Rotationswinkel ϕ, der hier als Nei-
gungswinkel der Ellipse bezeichnet wird, als vorgegeben betrachtet. Das reduzierte
Gleichungssystem aus vier Gleichungen befasst sich dann mit vier Unbekannten
(a, b, u, v). Die Betrachtung des Neigungswinkels ϕ als vorgegebene Größe bedeu-
tet, dass der Neigungswinkel sich wie ein Steuerparameter verhält. Wie noch gezeigt
wird, steuert der Neigungswinkel die Schaufeltiefe.
Zur Lösung des Gleichungssystems mit den Randbedingungen 1 bis 4 werden
folgende Größen gebildet:
A = a 2 , B = b2
M = x 2 cos ϕ + y2 sin ϕ, N = −x 2 sin ϕ + y2 cos ϕ
D1 = cos ϕ + tan ε1 sin ϕ, E 1 = − sin ϕ + tan ε1 cosϕ
D2 = cos ϕ + tan ε2 sin ϕ, E 2 = − sin ϕ + tan ε2 cosϕ
u 2 v2
+ =1 (17.15)
A B
(M − u)2 (N − v)2
+ =1 (17.16)
A B
u D1 A
=− (17.17)
v E1 B
(M − u) D2 A
=− (17.18)
(N − v) E 2 B
Aus diesem Gleichungssystem sind die Unbekannten A, B, u und v zu bestimmen.
Aus Gln. (17.15) und (17.16) ergibt sich
AN M − 2u
=− (17.19)
BM N − 2v
Wegen Gl. (17.17) erhält man dann
D1 N · u M − 2u
= (17.20)
E1 M · v N − 2v
Gln. (17.17) und (17.18) werden kombiniert zu
D1 u (M − u) E 1
= (17.21)
D2 v (N − v) E 2
Diese letzten zwei Gleichungen stellen ein Gleichungssystem für die Bestimmung
der Unbekannten u und v dar. Gl. (17.21) wird nach der Unbekannten v aufgelöst
zu
212 17 Hydraulische Auslegung von Pelton-Turbinen
D1 E 2 N · u
v= (17.22)
D2 E 1 M − D2 E 1 · u + D1 E 2 · u
Dies wird wiederum in Gl. (17.20) eingesetzt. Daraus ergibt sich
E 1 M (E 2 M − D2 N )
u= (17.23)
2E 1 E 2 M − (D2 E 1 + D1 E 2 ) N
Durch Einsetzen in Gl. (17.22) erhält man auch die Unbekannte v
D1 N (E 2 M − D2 N )
v= (17.24)
(D2 E 1 + D1 E 2 ) M − 2D1 D2 N
Schließlich werden die Gln. (17.15) und (17.17) nach den Unbekannten A und B
aufgelöst zu
D1
A = a 2 = u 2 − uv (17.25)
E1
und
E1
B = b 2 = v 2 − uv (17.26)
D1
Das gesuchte ellipsenförmige Schaufelprofil, das die angegebenen Eintritts- und
Austrittsbedingungen erfüllt, ist somit gefunden worden. Dabei verhält sich der Nei-
gungswinkel ϕ als eine freie Variable, oder wie oben erwähnt, als ein Steuerpara-
meter. Die Funktion dieses Steuerparameters wird in Abb. 17.3 gezeigt. Man sieht,
dass dieser Parameter in Wirklichkeit nur die Schaufeltiefe steuert, während sämtli-
che Eintritts- und Austrittsbedingungen unverändert bleiben. Wird die Schaufeltiefe
angegeben, dann steht auch der Neigungswinkel ϕ eindeutig fest, denn die ange-
T1 a2
= 2 tan ϕ (17.29)
T2 b
und
T12 T22
+ 2 =1 (17.30)
a2 b
Es wird T2 aus der ersten Gleichung in die zweite Gleichung eingesetzt und an-
schließend nach T1 ausgelöst. Daraus ergibt sich
a 2 tan ϕ
T1 = ± (17.31)
a 2 tan2 ϕ + b 2
Es sind hier zwei Lösungen zu erwarten, da die Bedingung dy/dx = 0 an zwei Orten
auf einer Ellipse erfüllt wird. Um die Lösung von T1 eindeutig zu bestimmen, wird
Gl. (17.27) betrachtet. Da bei den meisten Schaufelauslegungen der effektive Ein-
trittswinkel ε1 − 90◦, s. Abb. 17.2, größer als der effektive Austrittswinkel 90◦ − ε2
ist, ist der Neigungswinkel ϕ > 0. Infolge yb < 0 und u > 0 ist es dann oft der Fall,
dass T1 < 0 gilt.
Mit den gleichem Regel wie für T1 erhält man aus Gl. (17.29) dann auch T2 :
b2
T2 = − (17.32)
a 2 tan2 ϕ + b 2
Aus Gln. (17.27) und (17.28) werden dann die Koordinaten des tiefsten Punktes
gerechnet:
Wie vorhin erwähnt, verhält sich der Neigungswinkel ϕ als ein Steuerparameter,
mit dem die Schaufeltiefe verändert werden kann. Mit anderen Worten heißt das,
dass für eine vorgegebene Schaufeltiefe der Neigungswinkel entsprechend einge-
stellt werden muss. Im Allgemeinen repräsentiert die Schaufeltiefe im Schaufel-
214 17 Hydraulische Auslegung von Pelton-Turbinen
α = αa − αd (18.1)
Für den störungsfreien Betrieb muss der Versatzwinkel zwischen zwei Injektoren
mindestens α sein. Die Zeit zur Schaufelentleerung braucht man vorerst nicht zu
berücksichtigen, da das letzte Wasserteilchen an der Stelle d die Schaufel anderswo
als am Schaufelausschnitt verlässt.
Nach Abb. 4.3 und unter der Annahme αb − αd = αo1 − αo2 kann der Drehwin-
kel α auch wie folgt berechnet werden:
α = αo1 + αa − αb (18.3)
Abb. 18.1 Pelton-Turbine mit fünf Düsen. Kaftwerke Bieudron. Fallhöhe H = 1883 m, Durchfluss
Q̇ = 25 m3 /s, Drehzahl n = 428 U/min, Leistung P = 423 MW
Das Ziel der weiteren Berechnungen soll darin liegen, dass die Winkeldifferenz α
als Funktion der Laufzahl und spezifischer Drehzahl dargestellt werden kann. Die
Betrachtung soll für den Nennbetrieb gelten, sodass die Schaufelauslastung mit
ϕB = 0.11 angenommen werden kann. Aus Gl. (1.29), für die die Annäherung
Dc − Dm = 0.85B gilt, erhält man mit αo = αo1
km
cosαo1 = (18.4)
km + n q
Mit gleicher Annäherung und aus Gln. (4.9) und (1.27) ergibt sich
km − 0.38n q
cosαa = (18.5)
km + n q
18.2 Düsenschutzdach 217
Aus Gln. (18.4), (18.5) und (18.6) kann die Winkeldifferenz α gemäß Gl. (18.3)
in Abhängigkeit von der Laufzahl und der spezifischen Drehzahl berechnet werden.
Die Rechenergebnisse für drei verschiedene Laufzahlen sind in Abb. 18.2 darge-
stellt. Bei Pelton-Rädern mit großer spezifischer Drehzahl wird die Winkeldifferenz
auch groß. Diese Winkeldifferenz muss berücksichtigt werden, wenn eine zwei-
oder mehrdüsige Turbine ausgelegt werden soll. Der Versatzwinkel zwischen zwei
benachbarten Düsen muss größer als der Winkel aus Abb.18.2 sein, damit keine
Beeinflussungen zwischen den beiden Wasserstrahlen in einer Schaufel stattfinden
können. Da in den obigen Berechnungen αo2 = 0 angenommen wurde, ist die be-
rechnete Winkeldifferenz α etwa um 1◦ bis 3◦ kleiner als tatsächlich erforderlich.
Für die Auslegung des Versatzwinkels zwischen zwei Düsen soll dies entsprechend
berücksichtigt werden. Es ist aus der Berechnung noch zu erkennen, dass die Lauf-
zahl die Winkeldifferenz α nur wenig beeinflusst. Wird die Laufzahl allgemein mit
km = 0.47 verwendet, so gehen die obigen Gleichungen entsprechend auf Gl. (1.30),
(4.10) und (4.12) zurück.
18.2 Düsenschutzdach
Im Fall mehrdüsiger Pelton-Turbinen tritt es häufig auf, dass die Tropfenbildung bei
einem Wasserstrahl aus einer Düse den Düsenhut der nachfolgenden Düse beschä-
digen wird. Die Bildung von Wassertropfen wurde bereits in Abb. 3.4 (Kapitel 3)
veranschaulicht. Die Ursache für die Bildung von Wassertropfen ist die drallbehaf-
tete Sekundärströmung im Wasserstrahl, die durch Krümmung der Druckleitung vor
218 18 Mehrdüsige Pelton-Turbinen
dem Einlauf des Injektors ausgelöst wird. Da die Krümmung der Druckleitung oft
unvermeidlich ist, ist die Bildung von Wassertropfen fast nicht zu verhindern. Der
Einbau eines Strömungsgleichrichters nach der Rohrkrümmung zur Abdämpfung
des Dralls in der Strömung ist meist schwer zu realisieren. Der Grund ist nicht al-
lein in unerwünschten Druckverlusterhöhungen, sondern auch in der Verstopfungs-
gefährdung des Injektors zu suchen.
Um den Düsenhut vor dem Tropfenschlag zu schützen, werden oft sogenannte
Düsenschutzdächer mit geneigten Wänden verwendet. Bei großen Fallhöhen wer-
den die sich bildenden Wassertropfen so schlagkräftig, dass das Material der Dü-
senschutzdächer lediglich geringe Standzeiten erreicht. In der Praxis hat sich die
Installation eines Wasserbeckens auf dem Düsenhut bewährt. Das ständig gefüllte
Wasserbecken dient zur Absorption der Energie der Wassertropfen. Ein derartiges
Wasserbecken wurde bereits in Abb. 3.5 vorgestellt. Wegen der ungenauen Positio-
nierung des Wasserbeckens entstanden die Materialschäden am Beckenrand.
Kapitel 19
Geometrische und hydraulische Ähnlichkeiten
In den bisherigen Kapiteln sind die hydraulischen Aspekte von Pelton-Turbinen ein-
gehend analysiert worden. Die gewonnenen Erkenntnisse tragen zur hydraulischen
Auslegung von Pelton-Turbinen bei. Sie dienen zum einen zur Erkennung möglicher
Potentiale bei der Erhöhung des hydraulischen Wirkungsgrades und zum anderen
als Leitlinie bei der Ausführungsgestaltung. Es ist z. B. aus der Analyse hervor-
gegangen, dass die Strömungsreibung die größte Verlustquelle einer Pelton-Turbine
darstellt. Zur Minimierung dieses Verlustes sollen die Schaufeloberfläche stets mög-
lichst glatt gehalten werden. Dagegen spielt der Drallverlust nur eine untergeordnete
Rolle und kann auch nicht weiter effizient verringert werden.
In der langen Geschichte von Pelton-Turbinen sind Entwicklungen bezüglich
hydraulischer Aspekte und Wirkungsgrade vorwiegend durch experimentelle Un-
tersuchungen vorangetrieben worden. Insbesondere sind Strömungsoptimierungen
hauptsächlich durch Modellversuche an Prüfständen erzielt worden. In Anbetracht
der allgemeinen Ähnlichkeitsgesetze der Strömungsmechanik gelten die Ergebnis-
se aus Modellversuchen direkt für die Prototypen von Pelton-Turbinen. Vom Mo-
dellversuch wird daher die Einhaltung geometrischer und hydraulischer Ähnlich-
keiten verlangt. Es ist jedoch auch bekannt, dass im Gegensatz zur geometrischen
Ähnlichkeit die hydraulische Ähnlichkeit oft nicht vollständig gewährleistet werden
kann. Für Pelton-Turbinen bedeutet dies, dass die hydraulische Ähnlichkeit z. B. be-
züglich der Einhaltung der Reynolds-Zahl nicht gewährleistet ist. Für das ähnliche
Strömungsverhalten in Pelton-Turbinen sind andere Parameter, wie die Laufzahl
und Schaufelauslastung, wichtiger als die Reynolds-Zahl. Die Abweichung in Be-
zug auf die Reynolds-Zahl hat jedoch Konsequenzen bezüglich des Wirkungsgra-
des. Dies begründet sich dadurch, dass die Strömungsreibung in Pelton-Turbinen
die größte Verlustquelle darstellt und das Verhältnis der Reibungskraft zu anderen
Strömungskräften von der Reynolds-Zahl abhängt. Aus diesem Grund müssen ent-
sprechende Bedingungen für die hydraulische Ähnlichkeit in Pelton-Turbinen ohne
Einbezug der Reynolds-Zahl vereinbart werden. Die daraus resultierende Abwei-
chung im hydraulischen Wirkungsgrad zwischen zwei ähnlichen Turbinen muss ab-
geschätzt werden. In der Terminologie der Pelton-Turbinen spricht man z. B. von
der Wirkungsgradaufwertung, wenn aus dem Wirkungsgrad einer Modellturbine der
Bereits in Kapitel 1 wurde abgeleitet, dass die Form eines Pelton-Rades sich durch
die spezifische Drehzahl angeben lässt. Dies basiert vor allem auf Gl. (1.27), bei der
das Verhältnis der Schaufelbreite zum Raddurchmesser durch die spezifische Dreh-
zahl festgelegt wird. Die Bestimmungsgleichungen von anderen geometrischen Pa-
rametern in Abhängigkeit der spezifischen Drehzahl sind in Anhang 3 zusammen-
gefasst. Somit ist klar, dass die Form eines Pelton-Rades grundsätzlich durch die
spezifische Drehzahl festgelegt wird. Da die spezifische Drehzahl einige Parameter,
darunter z. B. die Schaufelzahl eines Pelton-Rades, trotz der Gln. (4.27) und (4.30),
nicht exakt angibt, kann bei Pelton-Rädern mit gleicher spezifischer Drehzahl im
Allgemeinen noch nicht von geometrischer Ähnlichkeit gesprochen werden.
Die Geometrieähnlichkeit zweier Pelton-Räder gilt nur, wenn die zwei Räder
die gleiche Schaufelzahl und bezüglich sämtlicher geometrischer Größen das glei-
che Größenverhältnis haben. Derartige Geometrieähnlichkeit wird immer verlangt,
wenn zu einer bestimmten Auslegung eines Pelton-Rades dessen hydraulisches Ver-
halten durch einen experimentellen Versuch mit einem geometrisch ähnlichen Mo-
dell bestimmt werden soll. Die vollkommene Geometrieähnlichkeit zwischen zwei
Pelton-Turbinen umfasst auch Geometrieähnlichkeiten bei den Injektoren und deren
Zulauf sowie der Gestaltung des Turbinengehäuses.
1 ∂p W2
FR − =− (19.1)
ρ ∂r r
mit FR als summierende radiale Komponente aller vorhandenen Volumenkräfte. Im
Rotationssystem sind bei Vernachlässigung der Schwerkraft nur die Zentrifugal-
und Coriolis-Kraft wirksam, die jeweils einen Betrag von Rω2 und 2ωW aufweisen.
Darum können an Stelle der Kraftkomponente FR in Gl. (19.1) die entsprechenden
Komponenten der Zentrifugal- und Coriolis-Kraft eingesetzt werden:
1 ∂p W2
G 1 Rω2 + G 2 2ωW − =− (19.2)
ρ ∂r r
Dabei gelten G 1 und G 2 als geometrische Faktoren jeweils für Zentrifugal- und
Coriolis-Kraft. Für reine Längsströmung in der Schaufel, z. B. nach Abb. 11.3, wer-
den die beiden Faktoren jeweils mit G 1 = cos β und G 2 = 1 ermittelt. Gl. (19.2) ist
dann äquivalent mit Gl. (11.13). Für angenäherte zweidimensionale Querströmung
nach Abb. 4.6 verlaufen sowohl die Zentrifugal- als auch Coriolis-Kraft parallel zur
Oberfläche der Schaufel, sodass G 1 = 0 und G 2 = 0 gilt.
An der Stelle der betrachteten Strömung in der Schaufel wird Gl. (19.2) über der
Höhe h = rb − ro des Wasserfilms integriert. Der Überdruck unter dem Wasserfilm
wird dann aus der Integration erhalten
rb
pb W2
= G 1 Rω + 2G 2ωW +
2
dr (19.3)
ρ r
ro
Der erste Term der Integration ist unabhängig von der Integrationsvariable r , wäh-
rend aus der Integration des zweiten Terms sich die mittlere Relativgeschwindigkeit
ergibt. Somit wird aus Gl. (19.3)
rb
pb W2
= G 1 Rω2 h + 2G 2ω W̄ h + dr (19.4)
ρ r
ro
Für die bleibende Integration wird der Mittelwertsatz der Integration verwendet:
rb rb
W2 1 rb rb h
dr = W 2 dr = W 2 ln = W 2 ln ≈ W2 (19.5)
r r ro rb − h rb
ro ro
h π 1 d02 W0x,o
=G (19.8)
R 8 R d W
Mit G als geometrischer Richtungsparameter. Für Längsströmung durch die Schau-
fel ist G = 2. Gl. (19.8) reduziert sich somit auf Gl. (11.10). Für die Strömung quer
durch die Schaufel ist G = 1. Man erhält dann Gl. (6.6).
Gleichung (19.8) verbindet den Wasserdurchfluss mit der Schaufelgröße. Da
die Relativgeschwindigkeit W0x,o mit W0x,o = C0 − Um ausgedrückt werden kann
(Kapitel 6) und somit das Geschwindigkeitsverhältnis W0x,o /W eine Funktion der
Laufzahl ist, wird Gl. (19.8) umgeformt zu
h π B B d02
=G · f (km ) (19.9)
R 8 R d B2
Da die Breite des Wasserfilms d z. B. nach Gl. (11.11) durch den Strahldurchmes-
ser errechenbar ist, repräsentiert die rechte Seite der obigen Gleichung, bis auf die
Funktion f (km ), die Geometrie eines Pelton-Rades und den Strahldurchmesser. Das
Verhältnis d02 /B 2 ist in den bisherigen Betrachtungen als Schaufelauslastung ϕB be-
zeichnet worden. Somit wird Gl. (19.6) allgemein ausgedrückt mit
pb
cp = = f (Geometrie,ϕB , km ) (19.10)
ρC02 /2
Aus dieser Beziehung kann geschlossen werden, dass zwischen zwei Pelton-Turbi-
nen mit ähnlicher Geometrie die hydraulische Ähnlichkeit sich nur ergibt, wenn die
jeweiligen Laufzahlen und Schaufelauslastungen in beiden Turbinen gleich sind.
Die angegebene Gleichung repräsentiert das Leistungsverhältnis in einer Pelton-
Turbine, da der Leistungsaustausch zwischen dem Wasser und den rotierenden
Pelton-Schaufeln letztlich aus der Druckverteilung unter dem Wasserfilm resultiert.
Im Abschnitt 6.3 des Kapitels 6 wurde das entsprechende Verhältnis als spezifischer
Überdruck bezeichnet, siehe dazu auch Gl. (6.14).
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Kapitel 20
Modellversuch und Wirkungsgradaufwertung
Offensichtlich werden neben der Einhaltung der gleichen Laufzahl und Schaufel-
auslastung gemäß Kapitel 19 zusätzlich zwei weitere Bedingungen benötigt, um die
Einflüsse der Schwer- und Reibungskraft auf den Turbinenwirkungsgrad zu erfas-
sen. Während der Einfluss der Schwerkraft durch das Einhalten der Mindestfallhöhe
eliminiert werden kann, wird der Einfluss der Reibungskraft auf den Wirkungsgrad
offenbar durch die Reynolds-Zahl erfasst. Die Umrechnung des Wirkungsgrades
von der Modellturbine auf den Prototyp wird als Wirkungsgradaufwertung bezeich-
net.
20.1 Wirkungsgradaufwertung
Lange Zeit wurde zur Umrechnung der Wirkungsgrade von Modellturbinen auf
deren Prototypen die von Grein et al. (1986b) erfasste Aufwertungsmethode ver-
wendet. Es handelt sich dabei um eine empirische Berechnung, die basierend auf
den praktischen Betrieb von Pelton-Turbinen aus der Parameteranalyse mittels
Π-Theorems hergeleitet wurde. Die Rechenmethode ist auch in die IEC60193
(1999) aufgenommen worden. In dieser Methode geschieht die Aufwertung der Wir-
kungsgrade von Modellturbinen auf deren Prototypen unter Anwendung von dimen-
sionslosen Kennzahlen. Neben der bekannten Schaufelauslastung ϕB sind vor allem
Reynolds-, Froude- und Weber-Zahl als Einflussparameter betrachtet worden. Man
war der Meinung, dass diese drei Kennzahlen die Wirkungsgrade unabhängig be-
einflussen. Diese Annahme ist von Zhang (2006a) widerlegt worden, nachdem z. B.
die Weber-Zahl durch die Reynolds- und Froude-Zahl eindeutig interpretiert werden
kann. Aus diesem Sachverhalt wurde die alte Aufwertungsmethode neu ausgewer-
tet (Zhang 2006a). Die daraus erzielte Vereinfachung der Wirkungsgradaufwertung
wird hier dargestellt, wobei die Weber-Zahl nicht mehr benutzt wird.
In den vereinfachten Berechnungen sind lediglich die Reynolds- und Froude-
Zahl verwendet worden, die jeweils folgendermaßen definiert sind:
2g H
Fr = (20.1)
gB
√
2g H · B
Re = (20.2)
ν
Dabei bezeichnen H und B die Nettofallhöhe bzw. die Schaufelbreite.
Zwischen der Modellturbine und ihrem Prototyp werden entsprechende Verhält-
nisparameter wie folgt gebildet:
FrP
CFr = (20.3)
FrM
ReP
CRe = (20.4)
ReM
20.2 Reynolds-Zahl und Strahlkraft 227
Die Aufwertung der Wirkungsgrade von der Modellturbine auf den Prototyp ge-
schieht durch Berücksichtigung einer Differenz in den Wirkungsgraden:
ηP = ηM + η (20.5)
mit
8.5 · 10−7 0.3
η = C Fr C Re − 1 + 5.7 · ϕ 2
B 1 − C 0.3
Fr (20.6)
ϕB2
Die entsprechenden Diagramme sind in Abb. 20.1 dargestellt. Es soll erwähnt wer-
den, dass aus vorliegenden Berechnungen mit lediglich Reynolds- und Froude-
Zahlen gleiche Aufwertungsergebnisse erzielt werden wie mit der Aufwertung nach
Grein et al. (1986b) bzw. nach IEC60193 (1999).
Abb. 20.1 Diagramme zur Aufwertung des Wirkungsgrades von der Modellturbine zum Prototyp
In diesem Abschnitt wird die physikalische Bedeutung der in Gl. (20.2) definierten
Reynolds-Zahl gezeigt. Nach Gl. (1.34) mit β2 = 180◦ unterliegt die Schaufel einer
Strahlkraft von
πρν 2
FSch = ϕB (1 − km)2 Re2 (20.10)
2
Die Reynolds-Zahl repräsentiert in Wirklichkeit nichts anderes als die Strahlkraft,
die auf die Schaufel wirkt. Insbesondere für Wasser bei 20◦C sowie für ϕ = 0.11
und km = 0.47 ergibt sich
2
Re
FSch = 50 N (20.11)
106
Aus Gl. (20.10) kann zur Reynolds-Zahl eine äquivalente dimensionslose Kennzahl,
hier als Kraftzahl bezeichnet, definiert werden:
FSch π
FZ = = ϕB (1 − km)2 Re2 (20.12)
ρν 2 2
Für ϕ = 0.11 und km = 0.47 erhält man
FSch
FZ = ≈ 0.05 Re2 (20.13)
ρν 2
Obwohl die Kraftzahl die Strahlkraft auf eine Schaufel darstellt und aus der Rey-
nolds-Zahl bestimmt werden kann, soll die Strahlkraft nach wie vor auf einfache
Weise direkt aus Gl. (20.7) oder (20.8) berechnet werden.
Kapitel 21
Schaufelfestigkeit und Ähnlichkeitsgesetze
Eine direkte Abschätzung der Strahlkraft auf die Schaufel ist aus Gl. (20.9) für
ϕ = 0.11 und km = 0.47 gegeben
FSch
= πgρ · ϕB (1 − km)2 H ≈ 900H (21.2)
B2
Sie ist der Fallhöhe direkt proportional.
Bei Pelton-Schaufeln verursacht diese Kraft ein Biegemoment, das am Schau-
felquerschnitt im Schaufelwurzelbereich die größten Spannungen hervorrufen wird.
Wegen der komplexen Schaufelgeometrie können die Spannungen und die Span-
nungsverteilung im Querschnitt im Grund genommen nur mit Finite-Elemente-
Methoden (FEM) genau berechnet werden. Es besteht jedoch oft das Bedürfnis, die
maximale Spannung im Bereich der Schaufelwurzel auf einfache Weise abzuschät-
zen, bevor eine komplexe FEM-Berechnung durchgeführt wird. Zu diesem Zweck
wird zuerst die dynamische Strahlkraft nach Gl. (21.1) betrachtet, die auf den Strahl-
kreis Dm = 2Rm wirkend angenommen wird. Wird nach Abb. 21.1 der Querschnitt
betrachtet, der eine Entfernung zum Strahlkreis von L hat, so wird das Biegemo-
ment am betrachteten Querschnitt berechnet mit
σ = a (y − b) (21.4)
Dabei wird die Entfernung der neutralen Biegelinie von der x-Achse durch b be-
zeichnet, die vorerst unbekannt bleibt. Ebenfalls unbekannt ist die Konstante a. Es
ist verständlich, dass oberhalb der Biegeachse (y > b) Zugspannung und unterhalb
(y < b) Druckspannung herrschen. Dies gilt nur, wenn die Normalspannung aus der
Strahlkraft nicht mit der Zugspannung aus der Fliehkraft überlappt wird.
Daraus ist die Bedingung zur Bestimmung der Konstante b gegeben durch
N
(y2 − b)2 − (y1 − b)2 = 0 (21.6)
1
Die Konstante b muss iterativ berechnet werden. Dies kann leicht durchgeführt wer-
den, z. B. mit Hilfe einer Tabellenkalkulation. Mit der berechneten Konstante b wird
die neutrale Biegelinie b–b festgelegt.
Die Bestimmung der Konstante a in Gl. (21.4) erfolgt aus der Bedingung, dass
das über dem Schaufelquerschnitt integrierte Moment gleich dem Biegmoment nach
Gl. (21.3) sein soll. Die entsprechende Gleichgewichtsbedingung ist dann gegeben
durch
⎡ y ⎤
N 2
⎣ σ · s (y − b) · dy ⎦ = M (21.7)
1 y1
Die Spannungsverteilung nach Gl. (21.4) wird eingesetzt. Aus der Berechnung der
Integration erhält man aus Gl. (21.7) die Bedingung zur Bestimmung der Konstan-
te a:
1
N
a· s (y2 − b)3 − (y1 − b)3 = M (21.8)
3
1
Der Ausdruck auf der linken Seite ohne Konstante a repräsentiert das Flächenträg-
heitsmoment J des betrachteten Schaufelquerschnitts um b–b nach Abb. 21.2. Somit
kann Gl. (21.8) auch geschrieben werden als
a·J = M (21.9)
Die Masse einer Pelton-Schaufel kann berechnet werden, wenn die Schaufelausle-
gung konkret vorliegt. Daher kann zum Abschätzen der Schaufelmasse angenom-
men werden, dass das Materialvolumen einer Schaufel das 0.1 fache des Volumens
von B 3 ist, mit B als die Schaufelinnenbreite. Die Masse einer Pelton-Schaufel wird
dann abgeschätzt mit
wobei ρ die spezifische Dichte des Schaufelmaterials ist. Für Stahl gilt ρ = 7850 kg/
m3 .
Die aus der Fliehkraft resultierte Spannung am betrachteten Schaufelquerschnitt
( A) ist die konstante Zugspannung:
FFl
σFl = (21.14)
A
die zur Gl. (21.10) addiert werden soll, um die maximale Zugspannung am Schau-
felquerschnitt im Bereich der Schaufelwurzel zu bekommen. Die Überlappung der
Spannungen (σmax,zug und σFl ) hat eine qualitative Form nach Abb. 21.3. Von Tur-
binenbauern wird in der Regel verlangt, dass sie die mittlere Spannung σm und die
dynamische Spannungsamplitude σa kennen. Diese berechnen sich mit
σa = σmax,zug /2 (21.15)
und
σm = σa + σFl (21.16)
J2 B4
= 24 (21.17)
J1 B1
Andererseits ergibt sich aus Gl. (21.3) mit L 2 /L 1 = B2 /B1 das folgende Verhältnis
der Biegemomente
2
M2 ṁ c,2 C2 1 − km,2 B2
= 2 (21.18)
M1 ṁ c,1 C1 1 − km,1 B1
Aus Gl. (21.9) wird das Verhältnis a2 /a1 gebildet. Unter der Berücksichtigung von
Gln. (21.17) und (21.18) erhält man folglich
2
a2 M2 J1 B13 ṁ c,2 C2 1 − km,2
= = 3 (21.19)
a1 M1 J2 B2 ṁ c,1 C1 1 − km,1 2
234 21 Schaufelfestigkeit und Ähnlichkeitsgesetze
(ymax −b)2 B2
Entsprechend ergibt sich aus Gl. (21.10) mit (ymax −b)1 = B1 das Spannungsverhält-
nis
2
σmax,2 B12 ṁ c,2 C2 1 − km,2
= 2 (21.20)
σmax,1 B2 ṁ c,1 C1 1 − km,1 2
Dieses Verhältnis dient dazu, dass, ausgehend vom Spannungszustand bei einer Re-
ferenzschaufel (Index 1), der Spannungszustand bei einer geometrisch ähnlichen
Schaufel (Index 2) direkt berechnet werden kann. Die Betriebsbedingungen, unter
anderem die Fallhöhe und die Laufzahl, müssen jedoch nicht gleich sein. Im Ver-
gleich mit Gl. (21.1) ist ersichtlich, dass es sich bei Gl. (21.20) um das Verhältnis
der Strahlkräfte handelt:
σmax,2 B 2 FSch,2
= 12 (21.21)
σmax,1 B2 FSch,1
Diese Beziehung wird als erstes Ähnlichkeitsgesetz bezeichnet. Es lässt sich leicht
durch FE-Berechnungen an zwei ähnlichen Pelton-Schaufeln unterschiedlicher Di-
mensionen überprüfen. Wenn die Strahlkräfte im gleichen Verhältnis zum Quadrat
der Schaufelbreite stehen, dann müssen sich in beiden Schaufeln gleiche Spannun-
gen ergeben. Als Beispiel wurden entsprechende Berechnungen an zwei ähnlichen
jedoch unterschiedlich dimensionierten (Maßstabfaktor 2.6) CAD Modellen einer
Pelton-Turbine durchgeführt. Abb. 21.4 zeigt zum Vergleich die Berechungsergeb-
nisse. Die für beide Modelle berechneten, fast exakt gleichen Spannungsverteilun-
gen jeweils im Kerbenbereich der beiden Schaufeln bestätigen das abgeleitete Ähn-
lichkeitsgesetz nach Gl. (21.21).
Gl. (21.20) wird weiter vereinfacht, indem verschiedene Betriebsbedingungen
betrachtet werden.
Diese Beziehung wird als zweites Ähnlichkeitsgesetz bezeichnet. Es zeigt, dass die
maximale Spannung in einem Schaufelquerschnitt in erster Linie linear von der Fall-
21.2 Ähnlichkeitsgesetze in der Schaufelbelastung 235
höhe abhängt. Bei Pelton-Turbinen mit großen Fallhöhen (bis 1800 m) muss der
Schaufelfestigkeit eine besondere Beachtung geschenkt werden.
237
238 Anhang 1: Parameterbezeichnung
α ◦ Schaufelstellungswinkel
αD ◦ Kontraktionswinkel des Düsengehäuses
αN ◦ Nadelsteigungswinkel
αs ◦ Schaufelteilungswinkel
β ◦ Relativströmungswinkel
γ ◦ Strömungswinkel im Geschwindigkeitsplan
ε ◦ Keilwinkel der Schaufelmittelschneide
εb ◦ Geometrischer Winkel am Schaufelausschnitt
η Ordinate im ξ η-Koordinatensystem
ηh Hydraulischer Wirkungsgrad
ηm Mechanischer Wirkungsgrad
ηM Wirkungsgrad der Modellturbine
ηP Wirkungsgrad der Prototypturbine
ηCo Teilwirkungsgrad aus Coriolis-Kraft
ηct Teilwirkungsgrad aus Zentrifugalkraft
ηd Teilwirkungsgrad aus direkter Reibungskraft
ηSt Teilwirkungsgrad aus Stoßkraft
ηQ Reaktionsgrad des Wasserstrahls
κ Zeitfaktor
λ Multischaufelziffer
μ Reibungskoeffizient (Gleitlager)
μ kg/ms Dynamische Viskosität
ν m2 /s Kinetische Viskosität
ξ Abszisse im ξ η-Koordinatensystem
ρ kg/m3 Dichte
σ Pa Druck- bzw. Zugspannung
τ Pa Schubspannung
τ Positionswinkel des Wasserteilchens in der Schaufel
τ 1 , τ2 s Anfahrzeitkonstante
ϕ Winkel
ϕDo Durchflusszahl
ϕDe Durchflusszahl
ψ Druckzahl
ω 1/s Winkelgeschwindigkeit
ηDiss Wirkungsgradverlust infolge hydraulischer Dissipation
240 Anhang 1: Parameterbezeichnung
Indizes
1 Eintritt
2 Austritt
Co Coriolis
ct Zentrifugal
d Direkte Reibung
D Düse
Diss Dissipation
Dr Drall
F Feder
Fl Fliehkraft
h Hydraulisch
LR Lagerreibung
m Mechanisch / Mittelwert
max Maximalwert
n Normale
N Nennwert
N Nadel
R Reibung
R Durchgangsdrehzahl
R Rückstoß
Sch Schaufel
St Stoß
t Tangential
tot Total
VR Ventilations- und Radreibung
Anhang 2: Definitionen der abgeleiteten Größen
und Kennzahlen
2g H
Froude-Zahl Fr = Gl. (20.1)
gB
√
2g H · B
Reynolds-Zahl Re = Gl. (20.2)
ν
FSch
Kraftzahl FZ = Gl. (20.13)
ρν 2
241
242 Anhang 2: Definitionen der abgeleiteten Größen und Kennzahlen
Durchmesserzahl∗ δ = Dm /d0
4 Q̇ ϕB B 2
Turbinendurchflusszahl∗ ϕT = = Z
π Dm
2U
m
2
k m Dm
∗ nicht verwendet im vorliegenden Buch
Anhang 3: Spezifische Drehzahl und ihre
Anwendung in Pelton-Turbinen
243
244 Anhang 3: Spezifische Drehzahl und ihre Anwendung in Pelton-Turbinen
Zur Berechnung der Interaktion zwischen dem Wasserstrahl und den rotierenden
Schaufeln ist es notwendig, das Strahlstück zu quantifizieren, das in eine Schau-
fel eintritt. Dieses Strahlstück ist in Abb. a4.1 durch abcd bezeichnet worden. Der
Einfachheit halber wird angenommen, dass die Schaufel einen ebenen Eintritt mit
einem Radius von Rc hat. Dieser ebene Eintritt schneidet zur Zeit ta = 0 den Wasser-
strahl an der Stelle a auf der oberen Strahlseite. Der entsprechende Positionswinkel
der Schaufel ist mit αa bezeichnet, der folgendermaßen berechnet werden kann:
Rm − d0 /2
cos αa = (a4.1)
Rc
Zur Festlegung der Schnittlinie ab wird provisorisch ein lokales x-y Koordinaten-
system an der Stelle a festgelegt. Zu der Zeit t > 0 befindet sich die Schaufelschnei-
de (Radius Rc ) im Wasserstrahl und wird vom Wasserteilchen erreicht, das bei ta = 0
245
246 Anhang 4: Spezifikation des Strahlstücks für eine Schaufel
an der Schnittlinie ab lag. Aus dieser Überlegung können folgende Beziehungen er-
stellt werden:
Das ist die Gleichung, die die Schnittlinie ab in der Funktion y = f (x) beschreibt.
Um diese Gleichung zu vereinfachen, wird die Beziehung cos αa = (Rm − d0/2)/Rc
verwendet. Wegen dR0 /2
c
RRmc und |y−d 0 /2|
Rc RRmc wird Gl. (a4.4) linearisiert zu
x C0 Rm 1 y
= − (a4.5)
Rc ω Rc Rc Rc
1 − (Rm /Rc )2
Für y = d0 ist nach Abb. a4.1 x = s1 . Somit wird aus Gl. (a4.6)
s1 d0 1 1
= −1 (a4.7)
Rm Rm k
(Rc /Rm )2 − 1 m
s1 0.46n q
= (a4.10)
Dm nq 1 + nq
Das Längenverhältnis s1 /s2 wird aus Gl. (a4.9) und (a4.10) berechnet:
s1 0.068n q
= N (a4.11)
s2 nq 1 + nq
Es wurde bereits in den Abschnitten 4.4 und 4.5 aus der sogenannten Koinzidenz-
bedingung sowie der Symmetriebedingung die Schaufelzahl gemäß Gl. (4.27) in
Abhängigkeit von der spezifischen Drehzahl wie folgt abgeleitet
π 2λ − 1
N= (a4.12)
k m n 1 + n
q q
s1 0.45 (2λ − 1)
= (a4.13)
s2 1 + nq
Im Allgemeinen beträgt der Wert des Längenverhältnisses s1 /s2 zwischen 0.43 und
0.46.
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Anhang 5: Spezifikation der Schaufelstellungen
In Anhang 4 wurde das Strahlstück abcd, das in eine Schaufel eintritt, berechnet.
Für die Beurteilung der Interaktion zwischen dem Wasserstrahl und den rotierenden
Schaufeln ist es weiterhin von großer Bedeutung, die entsprechenden Stellungswin-
kel der Schaufel zu den Zeitpunkten zu berechnen, bei denen die jeweiligen Wasser-
teilchen des Wasserstrahls in die Schaufel eintreten. Nach Abb. a5.1 beginnt (t = 0)
die Schaufel bei ihrer Stellung αa den Wasserstrahl an der Stelle a zu schneiden.
Nachfolgend erreicht der Wasserpartikel der Stelle b auf der unteren Seite des Was-
serstrahls die Schaufel beim Stellungswinkel αb (nicht in der Abbildung dargestellt).
Diese zwei speziellen Schaufelstellungen können direkt aus Abb. a5.1 ermittelt wer-
den:
249
250 Anhang 5: Spezifikation der Schaufelstellungen
Rm − d0 /2
cos αa = (a5.1)
Rc
Rm + d0 /2
cosαb = (a5.2)
Rc
Das Wasserteichen im Mittelpunkt o1 der Schnittlinie ab erreicht die Schaufel bei
der Schaufelstellung αo1 , die gegeben ist durch
Rm
cosαo1 = (a5.3)
Rc
Die Zeitpunkte, bei denen alle anderen Wasserteilchen im Strahl die Schaufel er-
reichen, können entsprechend berechnet werden. Zur Markierung des Eintritts wird
nach Abb. a5.1 die Verbindungslinie zwischen der Spitze der Schaufelmittelschnei-
de und der Drehachse des Pelton-Rades herangezogen. Dies ist zwar etwas will-
kürlich, kann aber als nahe der Realität angesehen werden. Ferner vereinfacht die
Vereinbarung die Berechnung auch erheblich.
Ein Wasserteilchen im Strahl ist durch p(x, y) definiert und erreicht die Schau-
fel zur Zeit t. Die entsprechende Schaufelstellung ist gegeben durch αt = αa − ωt.
Aufgrund der Distanzbeziehung nach Abb. a5.1 ergibt sich
d0 d0
C · t = x + Rm − · tan αa − Rm − + y · tan αt (a5.4)
2 2
und
s1 /2 + s2 αa − αo2 d0
= − 1− · tan αa + tan αo2 (a5.7)
Rm km 2Rm
Mit der Strahlstücklänge s2 /Rm , die in Anhang 4 mit Gl. (a4.9) berechnet wurde,
wird aus Gl. (a5.8)
2π
αo1 − αo2 = + km (tan αo1 − tan αo2 ) (a5.9)
N
Mit dieser Winkeldifferenz wird die sogenannte Koinzidenzbedingung zur Be-
schreibung der Interaktion zwischen dem Freistrahl und der Schaufel abgeleitet (Ab-
schnitt 4.4).
Da der Schaufelstellungswinkel αo2 normalerweise gegen Null geht, kann die
Annäherung tan αo2 ≈ αo2 verwendet werden. Somit wird aus Gl. (a5.9)
αo1 − km tan αo1 − 2π/N
αo2 = (a5.10)
1 − km
Die Winkeldifferenz αo1 − αo2 wird dann auch ausgedrückt durch
km (tan αo1 − αo1 ) + 2π/N
αo1 − αo2 = (a5.11)
1 − km
Die Schaufelstellungswinkel αc und αd , bei denen die Wasserteilchen aus den ur-
sprünglichen Stellen c und d aus dem Wasserstrahl in die Schaufel eintreten, können
jeweils berechnet werden mit
und
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