Sie sind auf Seite 1von 4

23.3.

2020 Bundespräsidenten und Geschichte

Der Bundesrat
Das Portal der Schweizer Regierung

Geschichte des Bundespräsidiums


Das Schweizer Bundespräsidium hat eine wechselhafte Geschichte. Von zentraler
Bedeutung sind seit jeher «ungeschriebene Gesetze». So galt das Amt des
Bundespräsidenten ursprünglich als besondere Auszeichnung. Ab den 1890er Jahren
bürgerte sich das Rotationsprinzip ein.

Liste aller Bundespräsidentinnen und Bundespräsidenten seit 1848

Gegen Machtballung
Die Schweizer Verfassungsväter waren «pragmatisch denkende und kompromissfreundliche
Regierungsmitglieder einzelner Stände», wie es im Historischen Lexikon der Schweiz heisst.
Zauderer waren sie nicht: Da es die politische Grosswetterlage im Frühling 1848 gestattete,
machten sie sich entschlossen ans Werk und entwarfen in wenigen Wochen die Verfassung
des Bundesstaates. Eine Machtballung in wenigen Händen wollten sie verhindern. Erst recht
nicht in Frage kam eine Konzentration der exekutiven Befugnisse bei nur einer Person.
Entsprechend haben sie das Bundespräsidium ausgestaltet.

https://www.admin.ch/gov/de/start/bundespraesidium/bundespraesidenten-und-schweizer-geschichte.html 1/4
23.3.2020 Bundespräsidenten und Geschichte

Zwei Rekordhalter
Erster Bundespräsident wurde 1848 und 1849 der Zürcher Liberale Jonas Furrer. Im
weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts wurden meist besonders einflussreiche Bundesräte
ins Präsidialamt gewählt. Die Rekordhalter Karl Schenk (BE) und Emil Welti (AG) brachten es
auf jeweils sechs Präsidialjahre. Beide gehörten allerdings auch während sehr langer Zeit
der Landesregierung an: Welti 24 Jahre, Schenk sogar 31 Jahre – damit ist er bis heute der
Bundesrat mit der längsten Amtsdauer.

Rotationsprinzip seit 1890ern


Das heute noch übliche Rotationsprinzip, wonach die Bundesräte im Turnus zum
Vizepräsidenten und ein Jahr später zum Bundespräsidenten gewählt werden, hat sich erst
in den 1890er Jahren eingebürgert. Davor wählte die Bundesversammlung meist besonders
angesehene Bundesräte zu Bundespräsidenten. Wer bei den Parlamentariern weniger
beliebt war, musste sich teilweise lange gedulden: So wurde der St. Galler Willhelm
Matthias Naeff trotz einer Amtszeit von 27 Jahren bloss einmal Bundespräsident (1853).
Von den bis dato 116 Bundesräten bekleideten 20 das Amt des Bundespräsidenten gar
nicht oder noch nicht. Dass ein Bundespräsident sein Amt nicht antreten konnte, kam nur
einmal vor: Der Waadtländer Victor Ruffy, der zum Bundespräsidenten für das Jahr 1870
gewählt worden war, starb am 29. Dezember 1869. Es trat nie ein amtierender
Bundespräsident zurück, der Zürcher Wilhelm Hertenstein allerdings verstarb 1888 im Amt.

Lange auch Aussenminister


In den ersten Jahrzehnten nach der Gründung des Bundesstaates war es üblich, dass der
Bundespräsident zugleich dem Politischen Departement, dem Vorläufer des Eidg.
Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA), vorstand. 1888 wurden die beiden
Ämter erstmals entkoppelt. 1897 bis 1920 wurde die Kopplung nochmals aktiviert.

Sieben Mal eine Bundespräsidentin


Bislang gab es sieben Mal eine Bundespräsidentin. Als erste Frau wurde 1999 Ruth Dreifuss
in dieses Amt gewählt. Auf sie folgten Micheline Calmy-Rey (2007 und 2011), Doris
Leuthard (2010 und 2017), Eveline Widmer-Schlumpf (2012) und Simonetta Sommaruga
(2015).

Ging es bei der Wahl des Bundespräsidenten immer mit rechten Dingen zu?
In den Anfangsjahren des Bundesstaates spielte sich die Wahl des Bundespräsidenten
oftmals unter geradezu chaotischen Umständen ab. Im Sommer 1858 etwa galt der
Aargauer Friedrich Frey-Herosé als gewählt – bis eine Klage einging, eine Kommission die
Umstände der Wahl untersuchte und schliesslich der Berner Jakob Stämpfli zum
Bundespräsident für das Jahr 1859 erklärt wurde. Die Kommission hielt in ihrem Bericht
fest, dass Wahlzettel umstandslos im Papierkorb entsorgt worden waren. Verantwortlich
machte die Kommission gemäss Bundesblatt die „Eilfertigkeit einzelner Stimmenzähler“,
von einer betrügerischen Absicht wurde nicht ausgegangen. Frey-Herosé, der als Gegner
Stämpflis im Bundesrat galt, wurde dann 1860 Bundespräsident.
https://www.admin.ch/gov/de/start/bundespraesidium/bundespraesidenten-und-schweizer-geschichte.html 2/4
23.3.2020 Bundespräsidenten und Geschichte

Warum wurde der erste Tessiner Bundesrat nie Bundespräsident?


Stefano Franscini gehörte von 1848 bis zu seinem Tod 1857 dem Bundesrat an und
erwarb sich grosse Verdienste um die im 19. Jahrhundert sehr arme und von den
konservativen Nachbarstaaten misstrauisch beäugte Eidgenossenschaft. Franscini war ein
fleissiger Datensammler, organisierte die erste Volkszählung und arbeitete an wichtigen
Gesetzesprojekten mit.  Als introvertierter – und zunehmend schwerhöriger – Mann, der
ausserdem in seinem eigenen Kanton umstritten war, eignete er sich jedoch aus Sicht der
Bundesversammlung nicht für das Amt des Bundespräsidenten. Seinem Nachruhm tat
dies keinen Abbruch.

Unter welchen Umständen erfolgte die Trennung von Bundespräsidium und Aussendepartement?
Der Zürcher Wilhelm Hertenstein stand dem Militärdepartement vor, als seine Wahl zum
Bundespräsident des Jahres 1888 anstand. Damals war es üblich, dass der
Bundespräsident immer zugleich das Politische Departement,  Vorläufer des Eidg.
Departements für auswärtige Angelegenheiten, leitete. Der gelernte Förster Hertenstein
hielt sein Französisch – die führende Diplomatensprache jener Zeit – jedoch für
mangelhaft und so wurde entschieden, die Koppelung Bundespräsidium-
Aussenministerium zu beenden: Hertenstein durfte auch nach seiner Wahl zum
Bundespräsidenten im Militärdepartement verbleiben. Sein Amtsjahr verlief dennoch
unglücklich. Er erkrankte im November 1888 schwer und starb nach einer Operation. Als
bislang einziger Bundespräsident konnte Hertenstein sein Amtsjahr nicht beenden.

Wie etablierte sich das Anciennitätsprinzip bei der Wahl des Bundespräsidiums?
1891 wurde mit dem katholisch-konservativen Luzerner Josef Zemp erstmals ein Politiker
in den Bundesrat gewählt, der nicht der liberal-radikalen Fraktion angehörte. Nach
diesem Zugeständnis, mit dem die im jungen Bundesstaat dominierenden Freisinnigen
eine Regierungskrise abwendeten, sollte der Neuling eingehend begutachtet werden,
bevor ihm das Bundespräsidium zugetraut wurde. Das Anciennitätsprinzip etablierte sich
in der Folge als ungeschriebenes Gesetz.

Wann wurde das Anciennitätsprinzip bei der Wahl des Bundespräsidenten letztmals verletzt?
1918. Der Genfer Gustave Ador wurde damals wenige Monate nach seiner Wahl in den
Bundesrat zum Bundespräsidentengewählt. Die Gründe hierfür sind in der Aussenpolitik
zu finden. Schon dass der über 70-jährige Ador als Mitglied der kleinen Liberalen Partei
überhaupt Bundesrat wurde, konnte als Signal an Frankreich und England verstanden
werden, nachdem die Schweizer Regierung und insbesondere Aussenminister Arthur
Hoffmann im Ersten Weltkrieg deutschfreundlich agiert hatten. Die Wahl Adors - seit
Jahrzehnten als Freund Frankreichs bekannt - erwies sich nach dem Krieg und der
Niederlage des deutschen Kaiserreiches als segensreich. Unter anderem ist es Adors
Wirken zu verdanken, dass Genf Hauptsitz der UNO-Vorläuferorganisation Völkerbund
wurde. Ende 1919 trat Ador bereits wieder aus dem Bundesrat zurück und wurde erneut
IKRK-Präsident.

Wer erzielte bei der Wahl zum Bundespräsidenten das beste Resultat der Geschichte?

https://www.admin.ch/gov/de/start/bundespraesidium/bundespraesidenten-und-schweizer-geschichte.html 3/4
23.3.2020 Bundespräsidenten und Geschichte

In absoluten Zahlen liegen zwei Sozialdemokraten aus der Nordwestschweiz an der


Spitze: Hans-Peter Tschudi (BS) und Willi Ritschard (SO) erhielten jeweils 213 Stimmen aus
der Vereinigten Bundesversammlung, als sie für die Jahre 1970 beziehungsweise 1978 ins
Amt des Bundespräsidenten gewählt wurden. Die 1970er Jahre fallen generell als Phase
auf, in der künftige Bundespräsidenten gute bis sehr gute Resultate erzielten. Der
Vergleich über die ganze Geschichte des Bundesstaates hinweg ist schwierig, da die Zahl
der Nationalräte erst 1967 auf 200 festgelegt wurde und davor teilweise deutlich tiefer
lag. Ein sensationelles Resultat gelang in früheren Jahrzehnten einem weiterem
Nordwestschweizer: Der Basler FDP-Bundesrat Ernst Brenner, der 1908 seine zweite
Amtszeit als Bundespräsident absolvierte, erhielt bei der Wahl 186 von 192 damals
möglichen Stimmen (96,9 Prozent). Der linksfreisinnige Thurgauer Adolf Deucher konnte
sich mit Blick auf sein Amtsjahr 1903 über 173 von 180 Stimmen freuen (96,1 Prozent).

Letzte Änderung 21.09.2017

https://www.admin.ch/content/gov/de/start/bundespraesidium/bundespraesidenten-und-schweizer-
geschichte.html

https://www.admin.ch/gov/de/start/bundespraesidium/bundespraesidenten-und-schweizer-geschichte.html 4/4

Das könnte Ihnen auch gefallen