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Chile
"Apruebo" – ich stimme dafür – liest man im Zentrum von Chiles Hauptstadt
Santiago an den Wänden, auf gebastelten Plakaten und auf der Haut der
Menschen, die hier seit Oktober gegen die soziale Ungleichheit, gegen die
Regierung und für eine neue Verfassung demonstrieren. Am 26. April dürfen
die Chilenen und Chileninnen in einer Volksabstimmung
[https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-11/suedamerika-chile-proteste-
neue-verfassung-regierung] darüber entscheiden, ob sie eine neue Verfassung
wollen oder die alte beibehalten. Die aktuell in Chile gültige Konstitution
stammt noch aus der Pinochet-Diktatur und bildet die Grundlage des
neoliberalen Wirtschaftssystems, das einige wenige bereichert und viele
verarmt hat.
"Piñera ist ein Mörder, genau wie Pinochet", singen Zehntausende Menschen
jeden Freitag am Plaza Italia, den viele mittlerweile Plaza Dignidad – Platz der
Würde – nennen. Sebastián Piñera ist der aktuelle Präsident Chiles, ein
Konservativer, Milliardär und Unternehmer. Viele Chilenen beschuldigen ihn,
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3/11/2020 Chile: Der lange Weg raus aus der Pinochet-Diktatur | ZEIT ONLINE
der politischen Lage im Land lange tatenlos zugesehen zu haben: Mehr als 30
Menschen sind seit dem Beginn der Proteste gegen die Regierung ums Leben
gekommen, Tausende wurden verletzt. Wer hier demonstriert, trägt Helm,
Schutzbrille und Gasmaske, zumindest aber ein Halstuch vor Nase und Mund,
um sich gegen das Tränengas und mögliche Schüsse der Polizei zu schützen.
Der Platz ist nicht nur Treffpunkt der Protestierenden, sondern auch die
Trennlinie zwischen Arm und Reich in Santiago. Man wohnt entweder
oberhalb oder unterhalb davon. "Unten", das heißt im Südwesten in Vierteln
wie Pudahuel, Maipú oder San Bernardo, leben die meisten Menschen vom
Mindestlohn, es gibt kaum Parks, dafür viel Gewalt und Drogenhandel. Wenn
man nach "oben" fährt, das heißt Richtung Nordosten nach Providencia, Las
Condes und Vitacura, dann wird die Luft sauberer, die Parks werden grüner, die
Häuser schicker und die Löhne steigen. Hier lebt das eine Prozent der
Bevölkerung, das ein Drittel des Reichtums besitzt.
Auch hier wird immer wieder protestiert, nur ganz anders als am Plaza Italia.
Jeden Samstagmorgen treffen sich ein paar hundert Menschen im Stadtviertel
Las Condes an der Metrostation El Golf gleich neben dem Ritz-Carlton-Hotel
oder eine Station weiter vor der Militärakademie, um dafür zu protestieren,
dass alles so bleibt, wie es ist. Sie tragen professionell bedruckte T-Shirts und
Kappen, wehen die chilenische Nationalflagge und halten auf Hochglanzpapier
gedruckte Plakate hoch. "Rechazo" – ich lehne ab – steht darauf. Sie wollen
keine neue Verfassung. "Aquí falta Pinochet", hier fehlt Pinochet, steht auf
einem Schild. Sie singen die Hymne der Carabineros, der Polizei. Gasmasken
trägt niemand, Tränengas setzt die Polizei hier nicht ein.
Menschenrechtsverletzungen habe es in Chile nie gegeben, meint man hier.
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3/11/2020 Chile: Der lange Weg raus aus der Pinochet-Diktatur | ZEIT ONLINE
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mehr gibt", sagt
ZUM BRIEFKASTEN
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