INHALTSVERZEICHNIS:
I.MENSCHENBILDER IN ORGANISATIONEN ............................................................................... 2
1. MENSCHENBILDER, ARBEIT UND ORGANISATIONEN ........................................................... 2
2. ZUR ZEIT DES ‚HOMO OECONOMICUS’ ................................................................................. 6
3. ZUR ZEIT DES ‚SOCIAL MAN’ ............................................................................................. 13
4. ZUR ZEIT DES ‚SELF-ACTUALIZING MAN’........................................................................... 20
INHALTSTHEORIEN DER MOTIVATION (SIEHE KAPITEL MOTIVATION)................................... 21
5. ZUR ZEIT DES ‚COMPLEX MAN’.......................................................................................... 28
II.ARBEITSGESTALTUNG ......................................................................................................... 45
1. ANALYSE DER ARBEIT ....................................................................................................... 45
2. BEWERTUNG DER ARBEIT .................................................................................................. 59
3. ARBEITSGESTATUNG ......................................................................................................... 74
III. MOTIVATION IN ORGANISATIONEN .................................................................................. 82
1.EINFÜHRUNG IN DIE MOTIVATIONSFORSCHUNG ................................................................. 82
INHALTS- UND PROZESSTHEORIEN DER MOTIVATION............................................................ 84
1.2.1 ÜBERBLICK ÜBER INHALTSTHEORIEN [!NEW!].............................................................. 84
1.2.2 PRAKTISCHE ANWENDUNG DER INHALTSTHEORIEN [!NEW!] ........................................ 86
2. PROZESSTHEORIEN DER MOTIVATION ............................................................................... 88
IV. FÜHRUNG IN ORGANISATIONEN ...................................................................................... 108
1. EINFÜHRUNG IN DIE FÜHRUNGSFORSCHUNG ................................................................... 108
2. EIGENSCHAFTSANSÄTZE .................................................................................................. 110
3. VERHALTENSTHEORIEN ................................................................................................... 111
4.7 LEADER-MEMBER-EXCHANGE(LMX)-THEORIE DER FÜHRUNG [!NEW!] S.467 ..... 119
5. AKTUELLE ANSÄTZE IN DER FÜHRUNGSFORSCHUNG ...................................................... 120
5.2. DAS „FULL RANGE MODEL OF LEADERSHIP“ [!NEW!]............................................ 123
5.3 ETHISCHE FÜHRUNGSKONZEPTE [!NEW!] ................................................................ 124
5.4 SYSTEMISCHE FÜHRUNG [!NEW!] ........................................................................... 125
5.5 SYMBOLISCHE FÜHRUNG [!NEW!] ........................................................................... 125
6. KULTUR, GESCHLECHT UND FÜHRUNG ........................................................................... 126
6.1. KULTURÜBERGREIFENDE FÜHRUNGSFORSCHUNG [!NEW!] S.496-499........................ 126
V. ENTSCHEIDUNGEN IN ORGANISATIONEN ......................................................................... 129
1. AUFGABEN ...................................................................................................................... 129
2. GRUPPEN IN ORGANISATIONEN ....................................................................................... 135
3. ZUR LÖSUNG VON PROBLEMEN ....................................................................................... 140
4. ZUM TREFFEN VON ENTSCHEIDUNGEN ............................................................................ 142
2 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
I.MENSCHENBILDER IN
ORGANISATIONEN
1. MENSCHENBILDER, ARBEIT UND ORGANISATIONEN
Wissenschaftliche Theoriebildung und praktische Handlungen bauen auf ‚Menschenbildern’
auf, die aktuell als selbstverständlich gelten und zeitlichen Begrenzungen unterlegen sind.
Menschenbilder können als Bezugssysteme gefasst werden, die Werte und Verhaltensweisen
von Individuen und der gesamten Gesellschaft beeinflussen, sie sind individuelle und soziale
Konstruktionen, die im wissenschaftlichen Diskurs entwickelt, akzeptiert, kritisiert und im
Laufe der Zeit verändert werden.
Im Bereich der A&O Psychologie sind Menschenbilder besonders bedeutsam, da sie auch die
Gestaltung von Arbeit prägen. Abhängig vom Menschenbild werden Menschen zum Beispiel
als Individuen verstanden, die bei der Arbeit in jedem kleinen Schritt angeleitet werden
müssen. Menschen können aber auch als Mitglieder einer sozialen Gruppe wahrgenommen
werden, für die zwischenmenschliche Beziehungen am Arbeitsplatz gewährleistet sein
müssen. Dementsprechend werden Organisationen als Einrichtungen gestaltet, in denen
entweder jedes einzelne Mitglied streng kontrolliert oder Verantwortung delegiert wird. Die
Gestaltung kann so sein, dass die Mitarbeiter einzeln oder in Gruppen zusammenarbeiten.
1.1ARBEIT
Die Bedeutung dessen, was als Arbeit zu verstehen ist, variiert über Epochen
und wissenschaftliche Disziplinen, die sich mit Arbeit befassen. Etymologisch
stammt Arbeit vom germanischen Verb ‚arbejo’, welches eine Tätigkeit beschreibt, zu der ein
Kind verdingt wird (Schmale, 1983). Dabei bedeutet das Substantiv von „arbejo“ Arbeit, eine
schwere körperliche Anstrengung, Mühsal und Plage.
Es wird aber auch mit dem griechischen Substantiv ‚energeia’ in Verbindung gebracht, das
positiver besetzt ist und den Gegensatz zu Untätigkeit beschreibt. Ergon = selbst geschaffenes
Werk, Ponos = Plage, die eigene physische Existenz aufrechtzuerhalten.
Im Begriff Arbeit ist der Gegensatz zur Untätigkeit sowie die Konnotation von Mühe
und Last enthalten.
Neuberger (1985) charakterisiert bezahlte Arbeit als Aktivität oder Tätigkeit, die
zielgerichtet, gesellschaftlich organisiert, strukturiert und geregelt ist, den Einsatz von
körperlichen und/ oder psychischen Kräften erfordert, Bedürfnisse befriedigt, aber als Last,
Mühsal und Anstrengung erlebt wird, mit Gegenleistung honoriert wird, in Gütern und
Dienstleistungen resultiert, also die physische und soziale Umwelt und dabei auch den
Menschen selbst verändert. Diese Charakteristika sollen für bezahlte Arbeit gelten.
Die Zielgerichtetheit unterscheidet das Spiel (genügt sich selbst) von der Arbeit (peilt ein
Endergebnis an). Ziele der Arbeit: Schaffung von Gütern, Produktion von Produkten,
Erstellungen von Dienstleistungen. Weil Arbeit die physische und soziale Welt verändert, ist
sie Teil der Kultur. Die Arbeit verändert die Umwelt, aber auch die Gesellschaft verändert die
Arbeit, indem Arbeit von der Gesellschaft organisiert, strukturiert, geregelt aber auch
bewertet wird. Der Mensch wird durch die Arbeit beeinflusst, indem seine Bedürfnisse
3 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
befriedigt werden, eine Gegenleistung bereitgestellt wird, und letztlich findet auch eine
Veränderung der Person aufgrund von Sozialisationsprozessen am Arbeitsplatz statt.
Üblicherweise wird unter Arbeit im wissenschaftlichen Diskurs Erwerbsarbeit verstanden,
obwohl etwa Hausarbeit oder karitative Arbeit zweifellos auch Arbeit sind.
1.2ORGANISATIONEN
Organisationen sind zielgerichtete soziale Systeme, die ihre Mitglieder durch
Zwang, Belohnung und Bestrafung oder aufgrund von Normen und Werten dazu
bringen, zur Erreichung des Organisationsziels beizutragen.
Etzione (1964) unterscheidet drei Arten von Organisationen, die sich auf Basis ihrer
Sozialisationsstrategien unterscheiden:
Um die Ziele zu erreichen werden einzelne Individuen oder Gruppen zu einer geordneten
Gesamtheit, einer Organisation zusammengefügt; die Arbeit wird organisiert. Die
Organisation der Arbeitstätigkeiten und die Abstimmung der Tätigkeiten der Mitglieder
schafft eine Organisationsstruktur, die auch Verhaltensrichtlinien in der Organisation vorgibt.
Diese Struktur legt nicht nur Handlungsabläufe fest, sondern bestimmt auch die Art der
Entscheidungsfindung und Beziehungen zwischen den Organisationsmitgliedern. Die
Organisationsstruktur setzt also die Zuordnung von Aufgaben und Verantwortlichkeiten zu
Individuen und Gruppen fest und gibt vor, wer in der Organisation über Autorität und
Führung bestimmt. In Organigrammen oder ‚charts’ wird die Organisationsstruktur dargestellt
werden Nach Greenberg und Baron lässt sich die Organisationsstruktur anhand von fünf
Hauptdimensionen beschreiben. (wichtig!! Zieht sich durch das ganze Buch durch!!):
1: Ausmaß an Hierarchie, 2: die Spezialisierung der Arbeitsteilung, 3: die Weite der
Kontrollspanne, 4: der Anteil der beratenden und entscheidenden Positionen 5: Ausmaß an
Zentralisierung
Die Organisationsstruktur mit ihren fünf Dimensionen bestimmt die Organisation der
Tätigkeiten, die Personalpolitik des Unternehmens und die Art der Verteilung der
Ressourcen (durch Ent- und Belohnungssysteme, Zeitpläne). Organisationstheorien
beschreiben Konzepte, wie Organisationen strukturiert werden können, um die Ziele der
Organisation zu erreichen.
5 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Lernen
Motivation
Persönlichkeit
Wahrnehmung
Training
Psychologie Erfolgreiches Führungsverhalten
Arbeitszufriedenheit
Individuelle Entscheidungen
Leistungsbewertung
Einstellungsmessung
Mitarbeiterauswahl
Arbeitsgestaltung
Individuum
Arbeitsstress
Gruppendynamik
Arbeitsgruppen- und teams
Kommunikation
Macht
Konflikte
Gruppenverhalten
Soziologie
Studie des
Formale Organisationstheorie Gruppe organisationalen
Bürokratie Verhaltens
Organisationstechnologie
Organisationale Veränderungen
Organisationskultur
Verhaltensänderung
Einstellungsänderung
Sozialpsychologie Kommunikation
Gruppenprozesse
Gruppenentscheidungen
Organisation
Vergleich von Werten
Vergleich von Einstellungen
Interkulturelle Analysen
Anthropologie
Organisationskultur
Umwelt der Organisationen
Konflikte
Politikwissenschaften Innerorganisationale Politik
Macht
Die A&O Psychologie untersucht das Erleben und Verhalten von Menschen im
Kontext von Organisationen. Die Arbeitspsychologie untersucht die psychologischen
6 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Auswirkungen von Arbeit auf das Individuum, wie zielgerichtete Tätigkeiten verrichtet
werden und reflektiert Bewertungs- und Gestaltungsmöglichkeiten der Arbeit und der
Arbeitsumgebung.
Die Organisationspsychologie untersucht das Erleben und Verhalten in Organisationen auf
Mikro-, Meso- und Makroebene.
Die Anfänge der Organisationspsychologie gehen auf Hugo Münsterberg (1913) zurück.
Sie ist heute der psychologische Teilbereich der Disziplin des organisationalen
Verhaltens (organizational behavior), die einem interdisziplinären Ansatz folgt
(Psychologie, Soziologie, Wirtschaftswissenschaften, Anthropologie, Politikwissenschaften.
Sie verfolgt zwei Ziele: zum einen soll die Effizienz von Organisationen optimiert werden,
zum anderen das Wohlbefinden von Individuen innerhalb der Organisationen verbessert
werden.-->beide Ziele untrennbar verbunden, daher müssen beide Ziele gemeinsam optimiert
werden.
Verschiedene Menschenbilder prägen den Lauf der Entwicklung der Arbeits- und
Organisationspsychologie: Homo oeconomicus (Vernunft und Nutzenmaximierung), social
man (neben materiellen Bedürfnisse, soziale Bedürfnisse), selfactualizing man (Streben nach
Selbstverwirklichung) Complex man (Vielfalt des Menschen)selten als eigenständiges
Menschenbild sondern als Erweiterung des Blickwinkels auf inter- und intraindividuelle
Unterschiede, da alle bekannten Motive für einzelne Personen simultan bestimmend sein
können.
Die Entscheidungsträger haben klare und stabile Präferenzen, das heißt sie wissen, was sie
wollen und ihre Präferenzen ändern sich nicht ständig während einer Entscheidung.
Idealerweise verfügt der H.O. über alle Informationen, welche am Markt angeboten werden.
Vollständige Infos und die Kenntnis der Eigenschaften und Konsequenzen der Alternativen
sind weitere Merkmale des H.O.
- er ist verantwortungsscheu, weil die Arbeit Mühe und Plage ist und Kosten sowie
Zeit und Anstrengung verursacht,
- er ist nur durch monetäre Anreize motivierbar,
- handelt völlig zweckrational
- nach der Maxime des größten Gewinns und
- strebt ständig nach der Maximierung seines Nutzens,
- er besitzt völlige Übersicht über die Handlungsmöglichkeiten (‚Markttransparenz’),
- ist mit Voraussicht in wirtschaftlichen Dingen begabt und
- antwortet mit hoher Reaktionsgeschwindigkeit auf veränderte Angebotsdaten.
- Seine Bedürfnisse sind stabil und linear in die Zukunft gerichtet, sowie unabhängig
von anderen Personen.
7 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Ausschließlich extrinsische Motive, allen voran Geld, können also hier zur Arbeit
motivieren. Das Menschenbild des homo oeconomicus erhebt nicht den Anspruch,
menschliches Verhalten wirklichkeitsgetreu zu beschreiben, sondern orientiert sich an einem
fiktiven Durchschnittsmenschen (stellt den Durchschnitt wirtschaftlicher Akteure dar).
Zunehmend überzeugender wird inzwischen empirisch demonstriert, dass die Annahmen zu
kurz greifen, erfreut sich das Modell breiter Akzeptanz in vielen Bereichen der Wirtschaft.
Kritik: der Anspruch der vollständigen Information stellt eine Überforderung dar. Und dass
weniger vor der Entscheidung die Phasen des normativen Entscheidungsmodells durchlaufen
werden, als das die Auswahl einer Alternative letztlich zu rechtfertigen versucht wird, indem
Nutzen und Logik der Entscheidung im Nachhinein reflektiert und adjustiert werden.
Mit Taylor finden wir die Anfänge der wissenschaftlichen Betriebsführung. Er untersuchte
gegen Ende des 19. Jh.s die Auswirkungen finanzieller Anreizsysteme und der Gestaltung von
Werkzeugen auf die Arbeitsleistung. Das Ergebnis war die Führung des Betriebes nach
wissenschaftlichen Kriterien, wobei alle Arbeitsprozesse und Arbeitsschritte analysiert und
Werkzeuge, Umgebungsbedingungen, menschliche Ermüdungserscheinungen usw. auf die
Betriebsziele hin streng untersucht werden (Scientific Management, Taylorismus). Ziel
war es, die Optimierung von Arbeitsabläufen auf der Basis wissenschaftlicher
Methoden zu erreichen.
Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer streben im zufolge wirtschaftliche Prosperität
(materiellen Gewinn bzw. Lohn) an, was nur erfüllt werden kann, wenn die Produktivität des
Unternehmens hoch ist. Vorrangige Ziele der wissenschaftlichen Betriebsführung:
Produktivität und Gewinn. Maximale Produktivität kann nur erreicht werden, wenn hohe
Leistungen erbracht werden. Die Arbeit ist so zu gestalten, dass maximale Leistungen
möglichst ‚fair’, d.h. ohne körperliche Schäden erbracht werden können. Taylor: „faire
Maximalarbeit“; entspricht einem Arbeitsquantum, das über einen längeren Zeitraum ohne
Überanstrengung geleistet werden kann. Leitungsorgane haben die Aufgabe, die
Arbeitsabläufe zu optimieren. Zur Optimierung der Arbeitsabläufe wird die Arbeit in
Einzelschritte zerlegt und anhand von Zeit- und Bewegungsstudien die rationellste und
kräftesparendste Erledigung der einzelnen Arbeitselemente gesucht. (Beispiele für
konsequent durchgeführte wissenschaftliche Betriebsführung, S. 30-31). Dieser „(one)
best way“ dient in Folge als Richtwert und Vorbild für die Arbeitnehmer. Es wurden nicht nur
optimale Arbeitsabläufe definiert, sondern auch optimale körperliche Voraussetzungen der
Arbeiter festgestellt. Jeder Arbeitsschritt wurde in der Folge von einem jeweils hochgradigen
‚Spezialisten’ ausgeführt. Die Aufgaben des Managements (Planung und Überwachung,
Leitung der Arbeit) sind die Optimierung der Arbeitsabläufe und die Auswahl und Schulung
geeigneter Arbeitskräfte, womit eine klare Trennung zwischen Management und Arbeitern
gezogen ist.
durch Geld zu motivieren und nur als Individuum, nicht aber als Teil der Gruppe zu
analysieren.
Taylor legte somit den Grund für die modernen (typischen) Technologien der
Massenfertigung.
Kritik an der wissenschaftlichen Betriebsführung setzte früh ein und bezog sich v.a. auf
negative Konsequenzen für den Arbeiter:
(1) Trennung zwischen Kopf- und Handarbeit: Prinzipiell bedeutet die Trennung in
Denken und Handeln eine Verschwendung von Humanpotential. Sie zieht psychische
und körperliche Beeinträchtigungen (Folgen) nach sich wie z.B. die intellektuelle
Leistungsfähigkeit nimmt ab, Wohlbefinden ist beeinträchtigt, Freizeitverhalten wird
passiv und die Arbeiter engagieren sich kaum in der Gesellschaft und Politik und
resultiert in einer gesellschaftlichen Trennung in eine führende Elite und ein
ausführendes Volk.
(2) Vorgabe eines einzigen besten Weges zur Erledigung der Arbeit: Taylor und seine
Kollegen waren Ingenieure und Mathematiker, die sich mit der Psychologie des
Menschen nicht befassten. Durch die Wegnahme jeglicher individueller Variation
fühlten sich die Arbeiter schlechter und konnten daher auch weniger leisten.
(3) Strikte Arbeitsteilung: Strikte Arbeitsteilung und auch die Trennung zwischen Kopf-
und Handarbeit führten zu einem Abbau der auf die Arbeit bezogenen Fertigkeiten,
die Arbeitskräfte wurden damit billiger. Die Arbeitsteilung ist nicht einmal im Sinne
Taylors; die Analyse von einzelnen Arbeitssequenzen bedeutet noch lange nicht, dass
die einzelnen Sequenzen auch von verschiedenen Arbeitern ausgeführt werden
müssen. Auch Hugo Münsterberg kritisierte die negativen Konsequenzen der
Arbeitsteilung, die Einschnürung und Verkümmerung der seelischen Ganzheit
hervorrufe.
Münsterberg (1912) gilt als ‚Vater’ der Wirtschaftspsychologie und war selbst Psychologe.
In den Fokus seines Interesses rückten die Arbeiter und die Auswirkungen der
Arbeit auf deren psychische und körperliche Verfassung . Er kam etwa zu der
Schlussfolgerung, dass die Monotonie der Arbeit weniger von der Arbeit selbst als von
‚gewissen Dispositionen’ des Individuums abhängt. Seiner Ansicht nach sollte der
Psychologe unparteiisch und wertfrei Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge aufzeigen und sie
sollten mögliche Auswirkungen von Arbeit auf die ausführenden Organe beschreiben; und die
Entscheidung über die Arbeitsgestaltung den Wirtschaftstreibenden überlassen. Er bezog
daher auch selbst keine eindeutige Stellung zum Taylorismus, würdigte dessen
wissenschaftliche Analysen, war aber besorgt über die kritiklose Übersteigerung von Taylors
Annahmen (absurd wirkende Arbeitsteilungskonzepte).
Für Giese solle die Objektpsychotechnik eine größere Rolle spielen, also vornehmlich die
Arbeitsbedingungen an die Menschen angepasst werden und nicht der Mensch den
Arbeitsbedingungen. Während des 1. WK erlebte die Psychotechnik einen enormen
Aufschwung. Während in Europa eher Simulationen des Arbeitsalltags nachempfunden
wurden, in Deutschland dominierte die Eignungsdiagnostik, dominierte in den USA die
Intelligenz- und Leistungsdiagnostik, die ursprünglich im militärischen Kontext entwickelt
worden war, nach dem 1. WK aber in allen Wirtschaftsbereichen aufgenommen wurde. In der
Objektpsychotechnik gewann die Frage nach der Beziehung zwischen Arbeitszeit und
Produktivität an Bedeutung. Man begann zu sehen, dass zu lange Arbeitszeiten zu
verminderter Produktivität führte. Die Frage etwa, ob Pausen strukturiert zu planen und
vorzugeben sind, oder nach eigenem Gutdünken gemacht werden sollten, hat nichts an
Aktualität verloren. Krause (1933) beobachtete, dass Arbeiter einer Lochkartenabteilung zur
Auflockerung Ausgleichsarbeiten einschoben. Erst vierzig Jahre später wurde dieser
Vorschlag der Durchmischung der Arbeitsaufgaben wieder aufgegriffen und unter dem
Terminus „Mischarbeit“ (Auflockerung der Arbeit durch Pausen oder andere Tätigkeiten)
bekannt. Büro, Ausgleich zur Bildschirmarbeit. Medien: Swarovski Glasfabrik, Nichtraucher
forderten, dass Raucher ihre Pausen einarbeiten sollten. Sinnvoller wäre auch Pausen für
Nichtraucher anstatt der Einarbeitung dieser Pausen.
nach vermehrter Kritik gegen die überhand nehmende Eignungsdiagnostik verlor die
Psychotechnik an Bedeutung und endete schließlich mit Beginn der Human-Relations-
Bewegung. Der Verdienst der Psychotechnik ist es, psychologische Auswirkungen der
Arbeitstätigkeit und die Entmenschlichung der Arbeit als Untersuchungsthema etabliert zu
haben.
Kurt Lewin gilt als Mitbegründer der Sozialpsychologie und wird zu den bedeutendsten
Psychologen des letzten Jh.s gezählt. Er prangerte die Arbeitsteilung im Sinne des
Taylorismus als Entwürdigung des Menschen an. Menschen würden wie Maschinen
behandelt, Abnützungs- und Amortisationsberechnungen würden ohne Rücksicht auf die
Seele des Arbeitenden aufgestellt. Lewin betonte, dass die Arbeit ‚zwei Gesichter’ habe, also
nicht nur Mühe und Anstrengung sei, sondern auch sinnstiftend sei und zur Entwicklung
des Menschen beitrage. Arbeitstätige sollten demnach Arbeitsaufgaben erfüllen, die ihnen
einen ‚Lebenswert’ bieten, an denen sie also wachsen und sich weiterentwickeln können. Für
monotone und wenig anspruchsvolle Tätigkeiten solle man zumindest entsprechend entlohnt
werden.
10 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Willy Hellpach (1922) definierte zum einen den Begriff der vollständigen Aufgabe und
griff damit späteren Überlegungen vor; zum anderen entwickelte er mit Richard Lang das
Konzept der Gruppenfabrikation. In der Gruppenfabrikation werden einzelne Teile der
Fabrikation von einer Arbeitsgruppe hergestellt. Zu einer Aufgabe zählen für ihn die Planung
der Aufgabe, der Entwurf und die freie Wahl von Ausführungsmöglichkeiten. Er orientiert
sich auch an Lewin, wenn er postuliert, dass Arbeitende die ‚geistige Fühlungnahme’ mit der
Arbeit nicht verlieren dürften. Dazu muss er die Bedeutung des eigenen Produkts im ganzen
Produktionsprozess erkennen, was am besten geschieht, wenn die Produktion einzelner
Fabrikationsteile einer Gruppe übertragen werden. Einer Fabrikationsgruppe wird eine
Gruppe von Mitarbeitern zugewiesen, die aus Meistern, Arbeitern und Betriebsingenieuren
besteht. Assoziationen mit ‚job enrichment’, ‚job enlargement’ oder teilautonomen
Arbeitsgruppen sind aber nicht gerechtfertigt, da die Arbeitsgruppen einen von außen
bestimmten Produktionsprozess umsetzen und Erweiterung der Arbeitsinhalte oder
Selbstregulation nicht gewünscht sind.
In den Arbeiten dieser Zeit wird schon eine gewisse Abkehr vom Menschenbild des ‚homo
oeconomicus’ deutlich. Das Menschenbild wird humanistischer, Rationalisierung als oberstes
Gestaltungsziel der Arbeit wird in Frage gestellt und die strikte Anpassung des Menschen an
die Arbeit wird kritisiert. Für Eliasberg etwa setzte sich Arbeit aus der Motivation, dem
sichtbaren Werk und dem Wert, der der Arbeit zugeschrieben wird, zusammen. Arbeit seitz
sich nach Eliasberg aus äußerer und innerer Anstrengung zusammen. Er kritisierte den
Taylorismus, der nur das ‚sichtbare Werk’ analysierte. Lippmann meinte, dass Arbeitnehmer
nur Freude an ihrer Arbeit erleben, wenn sie autonome Entscheidungen treffen können.
Rationalisierung ist zwar zielführend, muss aber die Sicht der Arbeiter berücksichtigen. Für
Rupp wäre das höchste Ziel der psychotechnischen Arbeitsrationalisierung nicht Energie
einzusparen, sondern das Wohl der Menschen.
2.4KLASSISCHE ORGANISATIONSTHEORIEN
Zwischen 1900 und 1930 wurden Organisationen als geschlossene Systeme
betrachtet. Externe Faktoren wie die Umwelt oder interne Faktoren wie Arbeitnehmer
werden außer Acht gelassen. Die Theorien dazu werden als ‚klassische Organisationstheorien’
bezeichnet.-->wissenschaftliche Betriebsführung nach Taylor, die administrative Schule, die
bürokratische Schule nach Weber
ausgeführt.
ENG; da Arbeiter nicht zur selbstständigen Arbeit zu
Kontrollspanne motivieren sind
Trennung Beratende / entscheidende Beratende Positionen ident mit Entscheidungspositionen.
Positionen Allerdings ist die Trennung zw. Entscheidungs- und
ausführende Position strikt
Zentralisierung EXTREM; dem Unternehmer obliegt gesamte
Entscheidungsgewalt
(Bsp.: fiktive Bäckerei, S. 46-47). Die Personalauswahl erfolgt danach, wie gut Arbeiter zu
der standardisierten Tätigkeit passen. Hohe Ausbildung ist meist nicht nötig, körperliche
Voraussetzungen werden aber kontrolliert. Bezahlung erfolgt nach individueller
Produktionsleistung. Pausen werden vorgegeben und sind einzuhalten.
Im Gegensatz zu Taylor, der die Optimierung individueller Arbeitstätigen vor Augen hatte,
strebte Fayol eine Verbesserung der Organisation als Gesamtheit an.
Erfolgreiches Management erfüllt 5 Funktionen: planen, organisieren, befehlen,
koordinieren und kontrollieren. Auf Basis dessen werden noch heute die Funktionen von
Managern beschrieben! Seine Organisationstheorie basiert auf 14 Prinzipien, die sich anhand
der Hauptdimensionen folgendermaßen zusammenfassen lassen können:
In einer Weiterentwicklung der Theorie prägte Gulick den Code POSDCORB (planning,
organizing, staffing, directing, co-ordinating, reporting, budgeting). Die Theorie ist ein vages
Konzept mit nichtsdestotrotz universellen Ansprüchen, das schwer in die Praxis umzusetzen
und noch schwerer empirisch zu überprüfen ist.
Für Max Weber ist die Bürokratie der Prototyp einer Organisationsform. Sie basiert auf
Ordnung, System, Rationalität, Uniformität, Einheitlichkeit und Konsistenz
sowie ‚formalistischer Unpersönlichkeit’. Sechs Prinzipien fassen die bürokratische
Organisation zusammen:
(1) Fixe und offizielle Bereiche, deren Arbeitsabläufe in Form von Regeln definiert sind.
(2) Die Hierarchie ist Ausdruck der Autoritätsbeziehungen, der Übergeordnete
kontrolliert die Arbeitsabläufe und übernimmt die Verantwortung.
(3) Die Organisation basiert auf geschrieben Dokumenten (Gesetze, Regeln, Formulare).
12 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
(4) Manager sollten Experten ihres Faches sein und auch belegen können, dass sie über
die benötigten Qualifikationen verfügen.
(5) Die offizielle Arbeit erlaubt keine Ausübung von inoffiziellen Aufgaben außerhalb
der eigentlichen Arbeit.
(6) Es gibt generelle Regeln, welche mehr oder weniger überdauernd und mehr oder
weniger ausführlich sind und gelernt werden können.
Die Personalauswahl erfolgt nach der formalen Qualifikation der Arbeitnehmer (etwa
Gruppe ‚A’ für Akademiker, Gruppe ‚B’ für Maturanten), auch die Bezahlung folgt der
formalen Qualifikation. Ein Aufstieg in der Hierarchie geht mit zunehmender
Entscheidungsgewalt einher und gilt daher als Motivationsfaktor
Typische Dysfunktionen zeigen sich in der öffentlichen Verwaltung, die oft als System der
‚organisierten Unverantwortlichkeit’ bezeichnet wird, indem keine hinreichenden Anreize
für wirtschaftliches Handeln vorhanden sind. Regeln und Ziele werden schriftlich festgehalten
und als überdauernd gesehen. Mangelnde Flexibilität ist die Folge, zudem ist ein Überblick
beinahe unmöglich. Die Entscheidungswege- und Strukturen sind festgefahren und unflexibel,
ein betriebswirtschaftliches Führungsverständnis fehlt. Es herrschen Misstrauenskultur und
Misserfolgsvermeidung anstatt Vertrauenskultur und Erfolgssuche. Es gibt kaum
Gestaltungsmöglichkeiten für den Einzelnen. Die Bürger, die eigentlich als Steuerzahler
Auftraggeber sind, werden als Verwaltungsobjekte gesehen und nicht als Partner. (Bsp.
Fiktive Bäckerei, S. 55-57)
Tätigkeiten überwachen. Dazu müssen sich aber alle Mitarbeiter ganz genau an die Abläufe
im Handbuch halten und dies dokumentieren, was ein riesengroßer Aufwand ist, der geringen
Nutzen verspricht. Viele Kunden kennen die Richtlinien nicht. Im Ganzen ist das Konzept
sehr starr und lässt viele Entwicklungen der Organisationstheorien der letzten Jahre außer
Acht.
(1) Der arbeitende Mensch wird von sozialen Motiven geleitet und motiviert und nicht
von materieller Bel- und Entlohnung
(2) Durch seine sozialen Beziehungen erhält er sein Zugehörigkeitsgefühl zur
Organisation, seine Identität und den Willen der Integration in die Organisation
(3) Er handelt eher nach informellen Regeln und Normen, die typisch für seine Gruppe
sind als nach dem offiziellen Kontrollsystem der Organisation
(4) In Abhängigkeit von der Befriedigung seiner sozialen Bedürfnisse am Arbeitsplatz
reagiert er auf die Erwartungen der Leitung
(5) Im Zuge der industriellen Revolution mit der Zerstückelung der Arbeit hat die Arbeit
an Sinn verloren. Der Arbeitnehmer soll deshalb versuchen, seine Bedürfnisse in den
sozialen Beziehungen am Arbeitsplatz wiederzugewinnen.
man’ geht auf die Ergebnisse der Hawthorne-Studien zurück, die zeigten dass sozialer
Austausch am Arbeitsplatz die Leistung fördert.
3.1DIE HAWTHORNE-STUDIEN
3.2DIE HUMAN-RELATIONS-BEWEGUNG
3.3ORGANISATIONSTHEORIEN
3.3.1 RENSIS LIKERTS PARTIZIPATIVE THEORIE
Theorie von den vier Systemen , wobei jeweils zwei als autoritäre und zwei als
partizipative Systeme beschrieben werden.
Die Systeme markieren einen Übergang von der klassischen (1) bis hin zur idealen (4)
Organisationsform. Im System 4 sollen die Schwachstellen der klassischen Ansätze
überwunden sein. Das Gruppensystem basiert auf unterstützenden Beziehungen zwischen den
Mitgliedern der Organisation. Partizipation ist nur möglich (sinnvoll), wenn die
Kommunikation nicht nur von oben nach unten verläuft, sondern auch von unten nach oben.
Dies soll mit überlappenden Arbeitsgruppen (linking pins) gewährleistet werden, die
Gruppen hierarchischer Ebenen miteinander verbinden. (Überlappende Arbeitsgruppen
verbinden Gruppen hierarchischer Ebenen miteinander und ermöglichen partizipative
Entscheidungen). Neben den überlappenden Arbeitsgruppen führt Likert auch vertikal
verlaufende Gruppen ein, die als ständige Einrichtung oder als zeitlich begrenzte
Projektgruppern konzipiert sind. Nach den Hauptdimensionen lässt sich System 4
beschreiben:
Die Motivation der Mitarbeiter entsteht aus der Möglichkeit zur Mitentscheidung und
Identifikation mit Zielen der eigenen Arbeitsgruppe und der Organisation. Belohnungen
erfolgen anhand von Gruppenleistungen (um mögliche Konkurrenz zwischen den
Gruppenmitgliedern zu vermeiden). Teamfähigkeit der Mitarbeiter ist die
Grundvoraussetzung für das Funktionieren von Likerts Organisationstheorie. (Bsp. Fiktive
Bäckerei, S. 72-74). Arbeiter werden in Likerts Theorie von ausführenden Maschinen zu
mitentscheidenden Individuen, sie wird auch heute noch unterrichtet, da sie gut aufzeigt, wie
Gruppenstrukturen und überlappende Arbeitsgruppen die Kommunikation verbessern können.
Allerdings berücksichtigt er Umweltfaktoren nicht und sein Organisationsmodell ist in einer
sich ändernden Umwelt starr und unflexibel.
16 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
(1) Die Subsysteme einer Organisation sind voneinander abhängig und tragen
gemeinsam zur Zielerreichung bei.
(2) Bedürfnisse und Ziele einer Organisation müssen einander entsprechen.
(3) Das Gesamte ist mehr als die Summe der individuellen Handlungen. Die Analyse
individuellen Handelns kann also das System als Ganzheit nicht abdecken.
(4) Die Organisation als System ist ihrerseits Teil eines übergeordneten Suprasystems.
Daraus ergibt sich, dass ein Gleichgewicht zwischen den Anforderungen der Umwelt
und denen der Organisation gefunden werden muss. Das Gleichgewicht ist ein
Kompromiss zwischen einer Anpassung der Organisation an die Umwelt (Adaption)
und der Anpassung der Umwelt an das System (Akkommodation).
Wenn nur Anpassung der Org. an Umweltfehl notwendige Stabilität für Überleben,
nur/strikte Anpassung der Umwelt an Org. ist auf Dauer nicht möglich. Zum Beispiel zeigt
sich in der öffentlichen Verwaltung eine Abkehr von der Bürokratie als geschlossenes
System, da dieses System nach Jahrzehnten der verpassten Anpassungen an die verändernden
Umweltbedingungen den Anforderungen der Umwelt nicht mehr genügen kann.
Aus der fehlenden Systemrationalität ergibt sich jedoch mangelnde Planbarkeit von
organisationalen Reaktionen. Die Theorie ist sehr komplex, abstrakt und schwer verständlich,
daher auch empirisch schwer testbar.
Katz gilt als Begründer der offenen Systemtheorie. Für Katz & Kahn (1966) waren Likerts
und McGregors Theorien zu sehr auf das Individuum ausgerichtet, während die
Organisationssoziologie den Arbeiter als Individuum völlig außer Acht ließ. Ziel der beiden
war es, mikro- sowie makroanalytische Ansätze zu integrieren . Individuelle
Arbeitnehmer sind mit der Organisation verbunden, indem sie Rollen innerhalb des Systems
übernehmen. Als Kernthemen gelten die Fragen nach Effektivität der Organisation und nach
den Merkmalen des Rollensystems. Organisationen im Spannungsfeld zwischen den
Voraussetzungen ihres technischen Produktionsprozesses und den Anforderungen der
Umwelt. Sie dienen der Transformation von Energie, indem Rohstoffe und Arbeitskraft
(‚input’) in ein Produkt (‚output’) umgewandelt werden. (In Organisationen werden Rohstoffe
und Arbeitskraft (‚input’) in ein Produkt (‚output’) umgewandelt). Demnach werden
Organisationen davon bestimmt, was von außen an sie herangetragen wird, von dem, was
innerhalb der Organisation geschieht und von den Beziehungen zwischen Organisation und
Umwelt. Sie entwickeln sich außerdem aus einfachen Strukturen zu komplexen sozialen
Systemen und durchlaufen dabei vier Stadien:
(1) Einfache Organisation: Herstellung des Produkts steht im Mittelpunkt des Interesses.
Die technischen Produktionsaufgaben stellen die Basis der Zusammenarbeit dar und
werden im technischen bzw. produktiven System ausgeführt.
(2) Die Organisationsmitglieder spezialisieren sich in der Entwicklung der
unterstützenden Systeme. Die Organisation erfüllt schon drei Funktionen: Einkauf
der Rohmat., Produktion des Endprod., Verkauf des Produkts.
(3) Die interne Organisation dieser Bereiche wird optimiert im Management-System und
es wird in aufrechterhaltende Systeme investiert (Personalabteilungen,
Buchhaltungen, PR, ...).
(4) Entwicklung von adaptiven Systemen, da die Organisation ja in eine dynamische
Umwelt eingebettet ist. Aufgabe: die Umwelt beobachten und die Anpassung der Org.
an sich ändernde Umweltbedingungen einzuleiten (z.B. Marktforschungsabteilung).
Die beschriebenen Systeme können innerhalb einer Organisation bestehen, oder eigene
Organisationen bilden (z.B. Consulting-Firmen = bieten als aufrechterhaltende und adaptive
Systeme ihre Leistungen an). Das Individuum nimmt in der Organisation eine Rolle
an, ein spezifisches Verhaltensmuster, das mit einer Position im Unternehmen
einhergeht. (Rolle ist ein spezifisches Verhaltensmuster einer Person, die eine bestimmte
Position im Unternehmen einnimmt) Rollen werden intersubjektiv verschieden interpretiert
18 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
und ausgefüllt. Jede Person kann außerdem in verschiedenen Systemen und Gruppen auch
verschiedenen Rollen übernehmen. Mit dem Konzept der Rolle sind aber auch Probleme
verbunden:
- In der Rolle können nur Teile der Persönlichkeit integriert sein, ein anderer Teil muss
während der Rollenübernahme aufgegeben werden.
- Die organisationale Definition der einzelnen, positionsspezifischen Rollen ist nicht
unbedingt ident mit dem Verständnis des Rollenträgers.
- Komplexe Verhaltenserwartungen, v.a. wenn eine Rolle mehrere Aktivitäten umfasst
oder ein Job verschiedene Rollen.
- Je komplexer die Rollenerwartungen, desto leichter können Rollenkonflikte entstehen:
Intra-Sender-Konflikt entsteht, wenn die Anforderungen der Rolle persönlichen
Werten entgegensteht. Inter-Sender-Konflikte bestehen, wenn von mehreren
Außenstehenden konkurrierende Erwartungen an den Rollenträger gestellt werden.
Wenn aus mehreren Rollen verschiedene, sich widersprechende Anforderungen an
eine Person gerichtet werden (interrole).Person-Rolle-Konflikte ergeben sich, wenn
die Rollenanforderungen die Person in ihren Fähigkeiten überfordern.
Merkmale
der
Person
Inter-
personelle
Faktoren
Die Theorie ist bedeutend aufgrund ihrer genauen Analyse des Rollensystems innerhalb von
Organisationen. Ihre Konzeption von Organisationsstrukturen ist aber klassisch und sie
scheinen gute Rollenausführung ohne Überwachung und Kontrolle zu bezweifeln. In der
Umsetzung war Likerts Theorie, die Katz und Kahn anfangs kritisierten, für ihre Zeit mutiger
und innovativer.
(6) Die Organisationsentwicklung soll den Rahmen der Organisation bestimmen, aber
nicht alles bis ins letzte Detail planen.
(7) Komplexe Aufgaben in einer einfachen Organisation statt einfachen Aufgaben in
einem komplexen System.
(8) Fokus liegt auf der Gruppe und nicht auf dem Individuum.
(9) Vollständige Aufgaben sollen Interesse und Bindung an die Arbeit erhöhen.
(1) Alle Arbeitnehmer streben nach Selbstverwirklichung. Den Sinn der Arbeit zu
erkennen, kann erst dann erreicht werden, wenn niedere Bedürfnisse befriedigt sind.
(2) Menschen sind dazu fähig, sich am Arbeitsplatz weiterzuentwickeln und möchten als
reife Mitarbeiter verstanden werden. Weiterentwicklung ist den Menschen möglich,
allerdings nur, wenn autonome Entscheidungen getroffen werden können, Chancen
auf längerfristige Entwicklungen bestehen und Arbeitnehmer flexibel auf
Veränderungen reagieren können und dürfen.
(3) Menschen sind primär intrinsisch motiviert. Sie wollen die Motivation zur Arbeit
aus der Arbeitstätigkeit selbst beziehen. Externe Belohnung bewirkt eine eher passive
Anpassung und behindert dadurch ihre Weiterentwicklung zu einem höheren Grad an
Maturität.
(4) Zwischen dem individuellen Streben nach Selbstverwirklichung und den
organisationalen Zielen besteht nicht zwingend ein Konflikt oder Widerspruch.
21 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Führungskräfte sollen nun primär anregen, unterstützen und fördern und für intrinsische
Motivation sorgen. Dies geschieht v.a. durch die Übertragung von Autonomie und
vollständigen Aufgaben. Sie sollen als Mediatoren zwischen den Zielen der Organisation
und denen der Mitarbeiter fungieren.
Physiologische Grundbedürfnisse: befinden sich auf der untersten Ebene der Pyramide. Zu
diesen Motiven zählen die elementaren Bedürfnisse des Menschen, welche zur
Aufrechterhaltung des menschlichen Organismus beitragen: Nahrung zur Befriedgung von
Hunger und Durst, Schlaf, Sexualität.
Sicherheitsbedürfnisse: bauen auf den physiologischen Bedürfnissen auf und umfassen das
Bedürfnis nach Sicherheit, Struktur, Ordnung, Recht, Grenzziehung und Schutz
beziehungsweise Angstfreiheit.
Soziale Bedürfnisse: dritte Stufe auf der Motivationspyramide, beschreiben das menschliche
Bedürfnis nach Zuneigung und Zugehörigkeit zu Gruppen.
Die Kategorien lassen sich in eine Rangordnung bringen. Nur nach Befriedigung unterer
Bedürfnisse werden höhere aktiviert. Die ersten vier Klassen werden Defizitmotive (=
22 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Bedürfnis erst dann aktiviert, wenn ein Mangel oder Defizit erkannt wird, sie sind befriedigt,
wenn ein Mangel aufgehoben wird) genannt. Selbstentfaltung ist ein Wachstumsmotiv: es
führt zur Persönlichkeitsentwicklung und kann nicht gesättigt werden. (Maslows
Bedürfnispyramide, S. 99). Wachstumsmotiv: entspringt weder einem Mangel, noch kann es
jemals gestillt werden. Das Bedürfnis wächst, während es befriedigt wird. Z.B. Die
Selbstentfaltung wird sogar angeregt, wenn erste Schritte der Selbstverwirklichung getan
wurden. Die Aktivierung von ranghöheren Bedürfnissen hängt davon ab, ob die rangniedrigen
befriedigt sind.
http://www.regiolog.de/manager/partner/gs/sem/evo/lexikon/lex/Maslow.gif (Zugr.:05-01-24)
Maslows Ansatz kann erklären, dass in Zeiten von Mangel materielle Entlohnungssysteme als
Motivatoren ausreichen. In Zeiten ohne existentielle Bedrohung allerdings streben Arbeiter
nach höheren Motiven. Die Theorie gilt als Klassiker der Inhaltstheorien der Motivation und
hat die Aufmerksamkeit auf Selbstverwirklichungsmotive gelenkt.
Kritik: 1.) Ab welchem Zeitpunkt Bedürfnisse als befriedigt erlebt werden, ist allerdings
interindividuell verschieden. 2.) Die hierarchische Anordnung der Bedürfnisse entspricht
nicht der Vielfalt der individuellen Wertigkeiten (Menschen nur nach Selbstverwirklichung,
Van Gogh). 3.) Die Bedürfnisklassen sind nicht eindeutig voneinander trennbar (Nahrung =
physiologisch + sozial in netter Gesellschaft). 4.) Bedürfnisse können außerdem substituiert
werden, wenn sie nicht befriedigt werden (Verzicht auf soziale und Machtbedürfnisse
zugunsten größerer Arbeitssicherheit). 5.) Das Bestreben, einzelne Motive zu befriedigen,
hängt zudem von realen oder subjektiven Möglichkeiten ab, die eine Befriedigung zulassen
oder eben nicht. 6.) Bedürfnisse werden schließlich auch von Berufsgruppen mit ihren
spezifischen Werten, Zielen und Normen beeinflusst.
Alderfer (1969) legte die Basis für empirische Überprüfungen mit seinen drei Gruppen von
Kernbedürfnissen (ERG):
(Auch die Bedürfnisklassen von Maslow lassen sich diesen Kernbedürfnissen zuordnen. Alderfer geht jedoch
nicht von einem fixen hierarchischen Modell aus, sondern meint, dass gleichzeitig mehr als ein Bedürfnis
aktiviert sein kann und je nach Kultur unterschiedliche Bedürfnispräferenzen zum Tragen kommen. )
Die Autoren revidierten damit die Sicht, dass Zufriedenheit und Unzufriedenheit zwei Pole
derselben Dimension seien/sind keine gegensätzlichen Pole einer Dimension. Vielmehr sind
die zwei voneinander unabhängige Dimensionen.
Herzberg gilt oft auch als Vater des ‚job enrichment’ (Garant für Zufriedenheit der
Mitarbeiter), weil die Zwei-Faktoren Theorie eine theoretische Erklärung der Wirkung von
Autonomie auf die Arbeitsmotivation anbietet. Kritik:
24 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
(1) Die Theorie wurde anhand der Methode der Kritischen Ereignisse erstellt, deren
Validität fragwürdig ist. Mechanismen zum Schutz des Selbstwerts (Ich-Abwehr-
Mechanismen) könnten die Zwei-Faktoren Theorie bedingen: Es ist leichter die
Ursachen der Unzufriedenheit anderen als sich selbst in die Schuhe zu schieben, und
es ist angenehm die Gründe für Zufriedenheit bei sich selbst zu suchen.
(2) Auch die Reliabilität der Methode ist fraglich. Die Auswertungskategorien der
kritischen Ereignisse überlappen, und die Zuordnung von Faktoren in die Kategorien
der Motivatoren und Hygienefaktoren ist oft willkürlich.
(3) Die Theorie gilt als Theorie der Arbeitsmotivation. Die Teilnehmer wurden allerdings
nach (kritischen) Situationen befragt, in denen es ihnen gut/ schlecht gegangen
seidamit können keine Aussagen über die Arbeitszufriedenheit gewonnen werden,
weniger über die menschliche Motivation.
(4) Es fand keine generelle Erhebung der Arbeitszufriedenheit statt. Es wurden nur
einzelne Aspekte der Arbeit befragt, dadurch können keine Aussagen über die
generelle Arbeitszufriedenheit gemacht werden.
(5) Bekannte Forschungsarbeiten anderer Wissenschaftler wurden ignoriert:
Situationsmerkmale etwa wurden nicht miteinbezogen.
(6) Die Beziehung zwischen Arbeitszufriedenheit und Leistung ist komplexer als von
den Autoren beschrieben.
(7) Gruppenarbeit als Motivationsfaktor wird ungenügend miteinbezogen, da
Beziehungen den Hygienefaktoren zugerechnet werden.
Trotzdem hat die Theorie viele fruchtbare weitere Entwicklungen angeregt: Wichtige
Forschungsarbeiten zur Arbeitsmotivation, wie etwa Hackman und Oldhams „Job
Charakterics Model“.
4.2ORGANISATIONSTHEORIEN
Diese Theorie stellt eher eine Metatheorie von der Sichtweise des arbeitenden Menschen dar,
als eine konkret einsetzbare Organisationstheorie. Für McGregor (1960) ist das
Management für die Produktivität von Organisationen verantwortlich. Seine Aufgabe ist es,
die Organisationsmitglieder zu leiten, motivieren, zu kontrollieren, sowie ihr Verhalten so zu
lenken, dass die organisationalen Ziele erfüllt werden. Führungsstil und –verhalten des
Managements hängen davon ab, welches Menschenbild Führungskräfte über den arbeitenden
Menschen haben:
- Theorie X : der Mensch ist von Natur aus träge, arbeitsscheu, ohne Ehrgeiz und muss
durch Belohnungsanreize sowie negative Sanktionen zur Arbeit angehalten werden. Er
übernimmt ungern Verantwortung und will geführt werden. Ein auf Theorie X
aufbauender Führungsstil praktiziert Lenkung durch Kontrolle und Autorität.
McGregor beschreibt die Theorie auch als Irrlehre und Summe von Vorurteilen.
25 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Der Teufelskreis der Theorie X und die verstärkende Wirkung der Theorie Y, S. 111.
Theorie X
bestätigt daraus folgt
Verantwortungsscheu, Strenge Vorschriften
keine Initiative und Kontrolle
Theorie Y
verstärkt daraus folgt
Initiative und Verant- Handlungsspielraum,
wortungsbereitschaft Selbstkontrolle
Das Führungsverhalten und das Verhalten des Geführten sind voneinander abhängig. Im Fall
der Theorie X entsteht ein Teufelskreis gemäß dem Prinzip der selbsterfüllenden
Prophezeiung. Glauben Führungskräfte an die Theorie X, werden sie ihre Mitarbeiter stark
kontrollieren und Eigenverantwortung und Autonomie eingrenzen. Die Arbeitnehmer werden
sich eher passiv verhalten, um Strafen zu vermeiden, und die Übernahme von Verantwortung
scheuen. Auch Eigeninitiativen sind selten. Die Führungskraft erlebt und erfährt, dass sich
ihre Mitarbeiter gemäß der Theorie X verhalten, erkennt aber nicht, dass ihr eigenes
Führungsverhalten die Ursache dafür ist. Der Führungsstil soll den Bedürfnissen der
Arbeitnehmer angepasst sein. Theorie X kann nur effektiv sein, wenn die Arbeiter nach
Befriedigung von Grundbedürfnissen streben. Sind allerdings sensu Maslow höhere Motive
aktiviert, kann sie die Bedürfnisse nicht befriedigen: Frustration und Demotivation ist die
Folge. Der große Verdienst McGregors besteht in der Problematisierung von Vorurteilen. Sie
ist allerdings weniger eine tatsächliche Organisationstheorie, als eher ein philosophischer,
normativer Ansatz.
4.2.2 INTEGRATION DES INDIVIDUUMS UND DER ORGANISATION NACH CHRIS ARGYRIS
Autorität
Trennung Beratende / entscheidende Trennung; allerdings sollten die Funktionen überlappen.
Positionen Beratendestark an Entscheidgprozesse beteiligt werden
sollen, staffsoll mehr Einblick in die Org. als Ganzes
gewinnen durch transparente Aufgabenstellungen
Zentralisierung und Hierarchie Ebenso wie Hierarchie abhängig von der Entscheidung;
Die Gründe für ‚unreifes’ Verhalten der Angestellten werden einseitig in der
Organisationsstruktur lokalisiert. Allerdings räumt Agyris in späteren Konzeptionen ein, dass
die erfolgreiche Umsetzung seines Modells auch von der individuellen Reifestufe des
Einzelnen abhängt.
4.2.3 DIE THEORIE DER FIRMA VON MARCH, SIMON UND CYERT
March & Simon (1958) und Cyert & March (1963) beschreiben die Organisation als
System von Individuen, die Entscheidungen fällen. Ihr Fokus liegt auf dem
Individuum. Ein Unternehmen verfolgt die Ziele seines Leiters, der versucht, möglichst viele
Mitarbeiter zu gewinnen. Das Verhalten in Organisationen beruht auf der Summe von
individuellen Entscheidungen. Organisationen sind Systeme von Individuen, die
Entscheidungen treffen. Zwei Entscheidungen der Mitglieder sind für das Funktionieren
der Organisation von Bedeutung:
Kontrollspanne
Trennung Beratende / entscheidende Trennung kann zu Zielkonflikten führen.
Positionen
Zentralisierung Zentrale Entscheidungen nur in stabilen Umwelten möglich.
Die Theorie ist in der Realität schwer umzusetzen, da sie sich mit der Beschreibung von
Abläufen begnügt, aber keine psychologisch fundierten Prinzipien anbietet, nach denen eine
Organisation zu strukturieren sei. Ihre Stärke ist die wirklichkeitsnahe Beschreibung von
Entscheidungsprozessen und die Berücksichtigung der Situation.
Das Menschenbild des ‚complex man’ versucht alle Aspekte zu integrieren, die in den Bildern
des Economic Man, Social Man und Self-actualizing Man getrennt betont wurden. Mit dieser
Integration wird im Complex Man eine vereinfachte und generalisierte Sichtweise
überwunden. Das Menschenbild des ‚complex man’ stellt an Führungskräfte hohe Ansprüche,
Lösungen sind nur für jeweilig bestimmte Situationen und Personen zu finden. Es entspricht
29 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
wahrscheinlich am ehesten der Realität, stellt aber für manche einen Rückschritt zu den
Anfängen dar, da sich aus den anderen Menschenbildern klare Anweisungen ableiten ließen,
wie Menschen zu motivieren und wie Organisationen zu führen sind. Drei arbeitstechnische
Schulen bestimmten seit den 1970-er Jahren Forschung und Praxis:
1.1ORGANISATIONSTHEORIEN
Zum Menschenbild des Complex Man gehören folgende Org.theorien: Kontingenztheorien
und die Theorien von Galbraith und Mintzberg im Speziellen: In den Kontingenztheorien
wird auf die Komplexität der Arbeitswelt eingegangen, indem beim Design von effizienten
Organisationen Situationsvariablen berücksichtigt werden. Weicks Theorie über die Suche
von Bedeutung in Organisationen: sie stellt einen psychologischen Zugang zu
organisationalen Phänomenen dar und ist eine Voraussetzung für die Kulturtheorie in
Organisationen. Kulturtheorie: übernimmt relevante Rolle in der Organisationsentwicklung
und ist aufgrund der angewandten Methoden interessant. Konzept des New Public
Management: löst in der öffentlichen Verwaltung langsam das bürokratische System ab.
Ökologische Theorien sind von Kontingenztheorien insofern abzugrenzen, als sie eine mögliche Anpassung der
Organisation an die sich ändernde Umwelt ausschließen (deterministisches Prinzip). Selektion wird vor die
Anpassungsfähigkeit von Organisationen gestellt. Jene Organisation, die sensu Darwin am ‚fittesten’ ist,
überlebt. Jene Org, die am besten zu den Umweltbedingungen passt, die fitteste ist, überlebt. Eine Org, die nicht
fit ist, nicht anpassen kann, wird nicht überleben.
Organisationen reagieren auf Umweltbedingungen, wenn sie ihre soziale Architektur der
Komplexität der Umwelt anpassen. Multidivisionale Abteilungen (nach Absicht und Ziel
strukturiert, Unilever: Food, Tiefkühlprodukte, Die Einteilung der Abteilung erfolgt nach
unterschiedlichen Produktklassen) können flexibler auf Umweltbedingungen reagieren als
soziale Architekturen nach Funktionendaher besser in dynamischen Umwelten
Burns & Stalker (1961) entwickelten eine Kontingenztheorie, in der sie zwischen
mechanistischen und organischen Organisationen als Gegenpole auf einem Kontinuum
unterscheiden:/Mechanistische und organische Organisationen stehen sich auf einem
Kontinuum gegenüber: Die Unterscheidung zwischen mechanistischen und organischen
Organisationen basiert auf der Analyse der Umwelt, danach ob Aufgaben, die an die
Organisation gestellt werden, entweder wiederkehrend und stabil oder dynamisch und
unsicher sind.
1. Verringerung der Leistung über die Einrichtung von Reserven. Etwa mehr
Rücklagen, längere Produktionszeiten einplanen, weniger Ausnahmen
akzeptieren und damit die Hierarchie entlasten, mehr Personenstunden für
Produktion oder mehr Fehler akzeptieren. Sie reduzieren die Unsicherheit und
die Menge der zu verarbeitenden Information und erlauben Reaktionen auf
unerwartete Ereignisse. Sie kosten allerdings auch Geld, da das System nicht
vollständig ausgelastet ist.
2. Einrichtung von unabhängigen Gruppen oder Abteilungen. Die Aufteilung
von größeren Abteilungen mit mehreren Zielen auf mehrere Gruppen mit
jeweils einem Ziel reduziert die pro Gruppe zu verarbeitende Infomenge.
Multidivisionale Gruppen mit spezifischen Zielen (Produkt, Markt, Kunden)
reduzieren den Aufwand an Interaktion und Koordination innerhalb der
Gruppe gegenüber funktionalen Gruppen (Marketing, Verkauf).
Unabhängigkeit der Gruppen reduziert den Aufwand an Kommunikation
zwischen den Gruppen. Allerdings kosten parallele Gruppen aufgrund der
Ausstattung viel Geld und sie fühlen sich oft mehr der eigenen Gruppe, als der
Gesamtorganisation verpflichtet.
3. Einführung eines vertikalen Informationssystems. Sie dienen dazu,
Informationen dort zu erfassen, wo wie entstehen, und dort hinzuleiten, wo sie
gebraucht werden, ohne hierarchische Entscheidungen über die Verteilung der
Infos zu benötigen. So können mit Computern Datenbanken eingerichtet
werden, die von Mitgliedern gefüllt und abgerufen werden können.
Informationssysteme kosten aber Zeit und Geld um sie am neusten Stand zu
halten.
4. Unterstützung von ‚lateralen’ Beziehungen und Austausch. Interaktion
zwischen Abteilungen und Gruppen, die in der Hierarchie auf derselben Ebene
32 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Abhängig von der Arbeitsaufgabe sind spezifische Verhaltensweisen erwünscht, die über
verschiedene Belohnungssysteme gesteuert werden können. Das Verhalten der
Organisationsmitglieder kann durch Anreize gesteuert werden. Zusammenfassung der
Wirkung von verschiedenen Belohnungssystemen auf das organisationale Verhalten, S.
139:
Bei geteilten Zellen entspricht die linke Zelle den Einfluss auf das Verhalten innerhalb der Gruppe, die rechte
Zelle Effekte auf das Verhalten zwischen den Gruppen.
Kontrollspanne
Trennung Beratende / entscheidende In komplexen, durch Computer vernetzten Umwelten ist die
Positionen Trennung schwer aufrechtzuerhalten.
Zentralisierung Dezentrale Entscheidungen (durch laterale Beziehungen und
multidivisionale Gruppen) entlasten die Hierarchie und
erhöhen die Informationsverarbeitungskapazität. Dafür
müssen Manager neue Führungsaufgaben übernehmen.
(1) Ausführendes Organ (operating core): Herz der Organisation. Es umfasst alle
Mitglieder, welche die eigentliche Produktion durchführen oder die Dienstleistung
anbieten. Es stellt den Input für die Produktion bereit, begleitet die Transformation
vom Rohprodukt zum Endprodukt, bietet den Output am Markt an und unterstützt den
Produktionsbetrieb durch Instandhaltungsarbeiten oder Lagerlogistik. Bsp: Einkäufer,
Lieferanten, Verkäufer,..Aufgaben sind meistens in Routineabläufen zu erledigen und
lassen sich teilweise standardisieren. Der Produktionskern wird von den anderen
Elementen der Organisation unterstützt und geschützt.
(2) Mittleres Management (middle line): liegt zwischen Leitungsspitze und dem
ausführenden Organ. Neben Überwachung hat das mittlere Management die Aufgabe,
auf ihrer Ebene zu koordinieren und Kontakte mit der Umwelt zu pflegen. Darüber
hinaus hilft es, Informationen zwischen der Leitungsspitze und dem ausführenden
Personen weiterzuleiten. Je weiter unten in der Hierarchie, desto konkreter und
spezifischer die Tätigkeiten.
(3) Leitungsspitze(strategic apex): Verantwortung über die effiziente Umsetzung der
Unternehmensziele. Sie hält Beziehungen zur Umwelt aufrecht, überwacht Abläufe in
der Organisation und entwickelt und adaptiert Unternehmensstrategien. Im obersten
Entscheidungsorgan laufen alle Unternehmensentscheidungen zusammen, deshalb
haben sie den größten Einblick in die Organisation, wenn auch meist eine abstrakte
Vorstellung davon. Ihre Aufgaben wiederholen sich selten, ihre
Entscheidungsprozesse haben lange Zyklen.
(4) Technisches Element (technostructure): zuständig für die Standardisierung von
Routineabläufen. Sie entwickeln Technologien, planen und verändern Ablaufprozesse
und schulen Personen, die an technischen Maschinen arbeiten. Sie analysieren die
umgebende Umwelt und leiten Anpassungsprozesse ein, überprüfen auch
organisatorische Abläufe(prozesse) auf Effizienz.
(5) Unterstützendes System (support staff): alle Personen, die außerhalb des
eigentlichen Produktionsprozesses arbeiten und eine unterstützende Funktion ausüben.
Sie dienen Mitgliedern des obersten Entscheidungsgremiums (z.B. Public-Relations-
Abteilung, Rechtsabteilung) sowie des mittleren Managements (Forschungsabteilung)
und des ausführenden Organs (Cafeteria, Postabteilung).
34 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Vorstand
Generaldirektor
Leitungsspitze
Technisches System Führungsgremium Unterstützendes System
Stab des Generaldirektors
Strategische Rechtsberatung
Planung Öffentlichkeits-
Controlling Betriebsdirektor arbeit
Personal- Marketingdirektor Beziehung zur
entwicklung Industrie
Produktions- Forschung,
planung
Mittleres Management Entwicklung
Arbeitsstudien Preisgestaltung
Technokratische Betriebsleiter Lohnliste
s Büropersonal Regionale Verkaufsleiter Empfang
Postabteilung
Vorarbeiter Kantine
Bezirksverkaufsleiter
Ausführendes Organ
Macht kann von internen (obig beschriebene) oder von externen Personen oder Gruppen
(Lieferanten, Mitbewerber, Gewerkschaften, Kammern, und die generelle Öffentlichkeit
(gesetzlicher Rahmen) ausgeübt werden, abhängig davon unterscheidet Mintzberg sechs
Arten von Organisationen:
(1) Instrumente: Organisationen, die von außen gesteuert werden. Innerhalb sind sie
bürokratisch organisiert (Autorität wird über strikte Verhaltensregeln und einen
hierarchischen Aufbau ausgeübt). Organisationsmitglieder nehmen am Machtspiel
nicht teil (bleiben in der Org, um ihre auf Nutzen ausgerichteten Motive befriedigen
zu können) . Die Umwelt ist stabil und sie ist eher für ungelernte Arbeiter attraktiv.
z.B. Post, Feuerwehr, Zwangsorganisationen wie Gefängnis oder Militär.
(2) Geschlossene Systeme: vom (organisatorischen) Aufbau her den Instrumenten
ähnlich, sie werden aber von innen gesteuert. (die bürokratische Struktur gibt dem
mittleren Management, der Leitungsspitze Geltungsmacht) Macht kommt vom
mittleren Management, der Leitungsspitze und dem technischen System (weil
Aufgabe, Ablaufprozesse zu standardisieren). Auf Nutzen ausgerichtete Ziele werden
angestrebt, weniger ideologische Ziele. Geschlossene Systeme sind insgesamt darauf
ausgerichtet, den Status quo zu bewahren, verfügen über wenig Spielraum in ihrer Gestaltung.
Innerhalb eines engen Korsetts versuchen sie höchste Effizienz zu erreichen, um in der relativ
einfachen und stabilen Umwelt überleben zu können. Sie sind oft bei großen Firmen zu finden
35 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
1.1.2 DIE THEORIE DES ORGANISIERENS, NICHT DER ORGANISATION, NACH KARL WEICK
Für Weick (1993) gibt es keine gültige, objektive Wirklichkeit einer Organisation,
da die organisationale Wirklichkeit immer subjektiv konstruiert wird . Die
subjektive Konstruktion der Wirklichkeit führt zu einer Vielzahl von möglichen
Interpretationen der Realität. Indem Interpretationen zusammengeführt werden, wird über
Kommunikation und sozialen Diskurs Bedeutung geschaffen. Menschen wollen die Welt
36 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
verstehen, Konstruktionen über die Wirklichkeit schaffen also Sinn und Bedeutung: ‚sense-
making’. Die Suche nach Bedeutung (sensemaking) schafft Realität. Infos werden gesucht,
um Bedeutung zu schaffen.
Organisationen sind Einheiten, die ihre Welt und die eigene Identität ständig selbst
konstruieren. Organisationsmitglieder sind sich ihrer eigenen Konstruktionen oft nicht
bewusst, glauben etwa, dass die Umwelt die Basis der Analyse ist. Dabei wird die Umwelt
meist so interpretiert, dass sie ins Schema der Organisation passt. Insofern können
Organisationen auch als geschlossene Systeme beschrieben werden, die zwar von sich
annehmen, von der Umwelt beeinflusst, in Wirklichkeit aber die Sichtweise der Umwelt an
ihre eigenen Bedürfnisse anpassen. Die Entwicklung von Organisationen kann bewusst
gesteuert werden, indem die eigene Beteiligung an der Konstruktion der Wirklichkeit
aufgezeigt wird. Mit der Entwicklung seiner Theorie des Organisierens strebt Weick ein
Verständnis vom Verhalten innerhalb von Orgen an. Für Praktiker kann die Theorie in 10
Vorschlägen zusammengefasst werden:
In den zehn Punkten wird Weicks Sichtweise von anpassungsfähigen und damit
funktionierenden Orgen zusammengefasst. Weick geht nicht direkt auf die Dimensionen der
Organisationen ein, es lässt sich aber anhand seiner Forderung nach Komplexität, Dynamik
und Kreativität einiges ableiten:
Werte sind soziale Prinzipien, Ziele und Standards, die in einer Organisation angestrebt
werden. Normen sind Verhaltensregeln, die bestimmen, was im sozialen Kontext als normal
oder nicht normal zu gelten hat. Kultur wird in sozialen Interaktionen entwickelt und geformt.
Die Organisationsstruktur wird von den Führungskräften getragen.
38 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Das New Public Management soll die Effektivität und Effizienz der öffentlichen
Verwaltung verbessern. Der Paradigmenwechsel kann mit zwei Schlagwörtern
beschrieben werden: Messbare Leistungen (Qualität und Quantität des Outputs)
und Kundenorientierung. Die Anforderungen der Gesellschaft an die öffentliche
Verwaltung haben sich geändert, es werden zudem immer mehr Dienstleistungen angeboten.
Die öffentliche Dienstleistung weitete sich aus. Neue Aufgaben und die Erweiterung der
bestehenden Aufgaben erhöhten den Verwaltungsaufwand. Einerseits kamen immer neue
Aufgaben der Versorgung, Dienstleistung, der Entwicklung und Steuerung zu bestehenden,
andererseits wurden die bestehenden Aufgaben immer umfangreicher. Teilweise wurde und
wird versucht die Aufgaben der Marktwirtschaft zu übertragen. Die klassische öffentliche
Verwaltung nach dem Bürokratie-Modell von Max Weber kann diesen Anforderungen nicht
mehr gerecht werden. Acht Grundsätze des New Public Management:
Zur Zeit befindet sich die öffentliche Verwaltung in einem Umbruchprozess: Umdenk und
Umstellungsprozesse vom bürokratischen System zu New Public Management werden noch
einige Zeit benötigen.
Die Menschenbilder des ‚postmodern man’ und des Wissensarbeiters wurden geboren
als Durchschnittsmodelle der heute arbeitenden Menschen. Kreativität, Freiheit und
41 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Selbstverantwortung sind wichtige postmoderne Werte, welche moderne Werte wie Autorität
und Reichtum ablösen. In der Wissensökonomie gewinnt ‚Humankapital’ an Wert, während
Kapital in Form von Rohstoffen und Boden weniger wichtig wird. Arbeit soll nach Horx
(2001) drei Funktionen erfüllen: (1) Spaß machen, indem sie die eigene Kreativität fördert
und Herausforderungen beinhaltet, (2) Kommunikation mit anderen ermöglichen; (3)
Persönlichkeit, Wille und Kritikfähigkeit sind in einer dynamischen Umwelt wichtig. Horx
zeichnet ein dynamisches Bild von Menschen. Die Persönlichkeit besteht aus Skills
(Fertigkeiten, Wissen), Talenten und Smarts (soziale und emotionale Kompetenz). Seine
auch Seite 173. Wissensarbeiter sind keine Untergebenen im eigentlichen Sinn mehr, sondern
Mitglieder einer Gemeinschaft. Führungskräfte sollen Visionen schaffen und der Arbeit
Bedeutung geben. Unternehmen werden in Zukunft Erfolg haben, wenn sie fähige
Wissensarbeiter gewinnen. Die drei Rs sind die Hauptstrategien:
(1) Recruitment: Personalsuche ist geprägt vom Marketing, in dem das Unternehmen
versucht, seine Leistungen den Bedürfnissen der Mitarbeiter gerecht anzubieten.
(2) Retention: Halten der Mitarbeiter. Wissensarbeiter sind mobil und damit nur
schwach an das Unternehmen gebunden. Dem muss entgegengekommen werden.
(3) Resilience: Widerstandsfähigkeit der Mitarbeiter gegenüber Belastungen und Stress.
Unterstützung der Mitarbeiter beim Erreichen einer ausgeglichenen Persönlichkeit.
Personen sind nicht beliebig austauschbar, sondern das Individuum mit seinen Stärken und
Erfahrungen ist in der Wissensökonomie ein wichtiger Produktivitätsfaktor.
6.3NEUE ORGANISATIONSKONZEPTE
Wir befinden uns zur Zeit in einer wirtschaftlichen Umbruchphase. Es gibt vielfältige
Vorstellungen darüber, wie Organisationen auf diesen Wandel reagieren sollten. Es entstehen
Modelle, denen gemeinsam ist, dass horizontale Strukturen, flache Hierarchien, Flexibilität,
Empowerment der Mitarbeiter, Innovation und Kundenservice gefordert wird. Zudem sollen
sie den postmodernen Wertvorstellungen der Mitarbeiter, gekennzeichnet durch das Streben
nach Kreativität, Freiheit und Verantwortung, entsprechen.
Ist besonders auf Innovation und die aktive Gestaltung von Veränderungen ausgerichtet. Laut
Argyris & Schön (1978, 1996) reagiert die lernende Organisation nicht nur auf
externe Veränderungen, sondern antizipiert und steuert diese vorausschauend.
Wichtig ist die soziale Konstruktion der Wirklichkeit (Systemdenken) und Lernmodelle
der Kybernetik (Regelkreismodelle). Lernen stellt sowohl für Individuen als auch für
Organisationen einen Prozess der Aneignung von Informationen dar. Lernprozesse können
auf zwei Arten ablaufen, welche in Form von kybernetischen Regelkreismodellen erklärt
werden:
einem loop zwischen Ist- und Sollwert wird auch einer zwischen Handlung und
Sollgröße eingerichtet. Die Organisation wird zum selbstorganisierten System, das
nicht nur auf Veränderungen reagiert, sondern sie vorwegnehmen und bewusst und
aktiv einleiten kann.
- Defensives Denken: beschreibt den Widerspruch zwischen dem was Personen sagen,
und dem, was sie denken werden. Voraussetzungen und Rückschlüsse nicht öffentlich
gemacht, können sie auch nicht angegriffen werden.
- Negierung von negativen Gefühlen, weil als Schwäche erlebt
- Widersprüchliche Botschaften und Tabuisierung dieser Widersprüche: führt zu
ausweglosen Situationen, weil die Ansprüche nicht erfüllt werden können.
- Organisationale Stützung und Verstärkung dieser Widersprüche: individuelle
Reaktionen auf Widersprüche strahlen auch auf die Organisation über.
Auch für Senge (1990) stellt die lernende Organisation die Zukunftsvision von
Organisationen dar. Er ist in seiner Sprache aber populärwissenschaftlicher und reduziert sein
Modell auf 5 Merkmale oder Disziplinen, denen erfolgreiche Organisationen folgen sollten:
Die Theorien wurden vom Fachpublikum sehr begrüßt. Allerdings finden manche den
Lernbegriff bei Organisationen paradox, widersprüchlich oder sinnlos. Andere zweifeln
daran, dass Organisationen in der Lage sind zu lernen. Kritisch wird auch gefragt, ob
Lernprozesse und Anpassung immer nützlich sind.
In der femininen Theorie nach Rothschild (1991) wird versucht, die Arbeit
menschlicher zu gestalten. Die Entfremdung der Arbeit vom Individuum soll
aufgehoben werden und die Mitglieder einer Organisation sollen sich mit deren
Werten identifizieren und sich daran binden können. Organisationen sind geprägt
44 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
von der Gesellschaft, in die sie eingebettet sind. In westlichen Gesellschaften sind immer
noch zu einem großen Teil Männer und patriarchalische Strukturen vorherrschend. In der
konsensualen (obersters Ziel: Konsens) und der kooperativen Organisation gehen Kontrolle
und Entscheidungsmacht gleichberechtigt von allen Personen in der Organisation aus. In der
kooperativen Organisation führen demokratische Abstimmungen zur Entscheidung, in der
konsensualen wird als oberstes Ziel Konsens angestrebt. Hierarchie wird soweit wie möglich
verringert oder überhaupt vermieden. Sechs Merkmale der femininen Organisation:
(1) Organisationsmitglieder sollen als Individuen geschätzt werden, sie lassen sich nicht
auf Rollenträger oder Funktionen beschränken.
(2) Soziale Beziehungen haben einen eigenen Wert und sind nicht nur Mittel, um Ziele
zu erreichen.
(3) Karriere ist definiert als Dienstleistung am anderen. Gleichberechtigung aller
Mitglieder wird angestrebt und Statussymbole, Privilegien oder materielle
Belohnungen abgelehnt.
(4) Sie fühlt sich für das persönliche Wachstum ihrer Mitglieder verantwortlich.
Arbeitsspezialisierung wird unterbunden, Job-rotation angeboten, damit die Mitglieder
neue Erfahrungen machen können.
(5) Die Organisation soll eine Gemeinschaft sein, in der sich Mitglieder vertrauen und
füreinander sorgen.
(6) Macht und Einfluss wird auf alle aufgeteilt. Das Kollektiv kann zeitlich befristet die
Autorität an einzelne Personen übergeben, diese allerdings auch wieder zurückfordern.
Kontrolle zur Einhaltung von Regeln wird von den Gleichgestellten (‚peers’)
ausgeübt.
Ianello (1992) analysierte drei feminine Organisationen und kam zu dem Schluss, dass es
unökonomisch ist, alle Entscheidungen konsensual zu treffen. Es sollte in Routine- und
kritische Entscheidungen unterschieden werden. Der Weiterbildungsauftrag wird in den
untersuchten Organisationen gut umgesetzt. Klare Ziele lassen sich besser umsetzen als
dynamische Ziele. Die feminine Theorie stellt einen idealisierten Gegensatz zur Bürokratie
dar. Kritisch zu hinterfragen ist, ob Frauen wirklich nicht nach Macht streben.
II.ARBEITSGESTALTUNG
1. ANALYSE DER ARBEIT
1. ARBEITSANALYSE: Arbeitsanalyse zur Zeit des ‚Scientific Management’ (Taylor)
hatte das Ziel, die effizienteste Ausführungsweise unabhängig von individuellen Eigenheiten
zu entdecken. Neuere Ansätze heben dagegen das Subjekt hervor und betonen
seine Selbstregulationsfähigkeiten. Die sich im Laufe der Geschichte wandelnden
Menschenbilder haben auch zu unterschiedlichen Ansätzen der Arbeitsanalyse geführt.
Schüpbach (1971) bietet eine Gegenüberstellung von Merkmalen der funktions- und der
autonomieorientierten Arbeitsanalyse, S. 201: Arbeitsanalyse kann entweder funktions-
oder autonomieorientiert sein.
Funktionsorientierte Autonomieorientierte
Arbeitsanalyse Arbeitsanalyse
Grundlagen:
Menschenbild Der Mensch erbringt nur dann eine Der Mensch ist ein autonomes
gute Leistung, wenn der genau Subjekt, fähig zu Selbstregulation und
angewiesen und kontrolliert wird Weiterentwicklung
Verhältnis Mensch/ Technik Kontrolle des Menschen durch den Kontrolle des technischen Prozesses
technischen Prozess durch den Menschen
Analysemodell :
Ziel der Analyse Den einen, besten Weg der Optimale Abstimmung von Mensch,
Arbeitsvollzüge ermitteln; die dafür Technik und Organisation finden;
geeignetsten Arbeitskräfte finden Mitarbeiter umfassend qualifizieren
Ulich (2001) schlägt verschiedene Analyseschritte vor und bietet ein Methodenrepertoire zur
Durchführung an (siehe Schritte der Auftrags- und Bedingungsanalyse und
Erfassungsmethoden, S. 202).
Einteilung Beispiele
1. auf den 1.1. 1.1.1. Standortbedingungen
Arbeitenden allgemeine Wirtschafts- Erwerbsform (abh. Beschäftigter,
einwirkende Arbeits- politische Selbständiger)
48 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Die gründliche Analyse von Arbeitsaufträgen und Arbeitsbedingungen ermöglicht bereits eine
grobe Bewertung der Arbeitstätigkeiten. Oft nimmt die Arbeitspsychologie eine sachzentrierte
oder aber eine individuumzentrierte Sichtweise ein. Die soziotechnische Systemanalyse
dagegen liefert Ansätze für eine gemeinsame Optimierung des sozialen und
49 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
technischen Systems. 9 Analyseschritte (Schritte 1-5 sind teilweise kompatibel mit der
psychologischen Auftrags- und Bedingungsanalyse, zusätzlich kommt aber hier noch die
Analyse ‚externer’ Systeme auf das Produktionssystem dazu):
Die genannten Untersuchungen sind aufwendig und kostspielig, daher wird oft nur ein
Teil der vorgeschlagenen Analyseschritte durchgeführt. Aus systemischer Sichtweise der
Org. ist eine umfassende Studie des soziotechnischen Systems allerdings notwendig.
1.2TÄTIGKEITSANALYSE
50 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Die Tätigkeitsanalyse bezieht sich auf den Prozess, die psychische Struktur und
Regulation menschlicher Arbeitstätigkeiten im Zusammenhang mit ihren
Bedingungen.
Das Ziel der Arbeitstätigkeit liegt nicht in der Tätigkeit an sich, wie beim Spiel, sondern beim
zu erzeugenden Produkt. Arbeitstätigkeit ist eng verknüpft mit der Ausformung der
Persönlichkeit des Arbeitenden. Die Betonung der ideellen Vorwegnahme des Ziels und der
51 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Zielgerichtetes Handeln:
Operatives Abbildungssystem = Zielvorstellungen + Vorstellung über Wege der Zielerreichung
Das operative Abbildsystem ist ein innerer Kontrollprozess, der das innere
Modell des gewünschten Zielzustands mit dem Ist-Zustand vergleicht. Es
determiniert die Güte des an ihm orientierten Handelns. Das operative Abbildsystem muss
differenziert und korrekt sein, damit ein Ziel i effizienter Weise erreicht werden kann. Die
differenzierte und richtige Ausbildung des operativen Abbildsystems sichert die Effizienz am
Arbeitsplatz. Operative Abbilder sind oft schematisch verallgemeinert und so kodiert, dass
sie schnell abgerufen werden können. Besonders effektiv ist eine visuell-anschauliche und
begrifflich-abstrakte Doppelkodierung der mentalen Repräsentation. Spitzenkönner
verdanken ihre hervorragenden Leistungen einem besonders effektiv ausdifferenzierten
operativen Abbildsystem. Nach Hacker können Experten daher nicht anhand allgemeiner und
berufsspezifischer Leistungen in standardisierten Intelligenztests oder der Stellung in einer
Führungshierarchie, sondern nur aufgrund ihrer Leistungen bei der Ausübung der
betreffenden Tätigkeit. Experten kennen tätigkeitsrelevante Sachverhalte und beherrschen
Vorgehensweisen unterschiedlicher Komplexität, also Operationen, Handlungen, Tätigkeiten,
Strategien für Tätigkeitsklassen sowie Metastrategien. Sie handeln oft schon prophylaktisch
und nicht erst, wenn ein Fehler eingetreten ist: Experten verfügen über ein Abbildsystem, das
Wege, mögliche Fehler und Korrekturnotwendigkeiten und das Ziel vorwegnimmt.
Regulation von Handlungen über das operative Abbildsystem, S. 215, siehe auch
Abbildungen auf Seite 214, 216, 217:
Operatives Handlung,
53 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Hacker beschreibt die für eine erfolgreiche Handlunge nötigen Rückkoppelungseinheiten als
‚Vor(weg)nahme-Veränderungs-Rückkoppelungseinheit’ (VVR-Einheit). Diese Einheiten
gehören aber nicht einem geschlossenen System an, sondern beschreiben einen nach außen
hin offenen Kreisprozess, der von Führungsvorgaben und Umwelteinflüssen abhängig ist.
Exkurs: Man erinnere, dass das Ziel der Arbeit hier nicht die Tätigkeit ist, sondern das Ziel. Durch die
zunehmende Entfremdung nach Marx ist aber die Vorwegnahme des Endprodukts und ein Verständnis des
Nutzens der eigenen Tätigkeit in modernen Gesellschaften oft nicht mehr gegeben. Die Arbeit verliert dadurch
ihren intrinsischen Wert, extrinsische Motivatoren werden wichtiger.
Folien:
Basis des operativen Abbildsystems:
▪ Arbeitsergebnisse (gewünschte Zielvorgabe)
▪ Ausführungsbedingungen (Wissen um Rohstoffe, Fkts.weisen v. Maschinen)
▪ Transformationsbedingungen (Eingriffspunkte, subj. df, Steuerungs-
tätigkeiten: Ist-Soll-Zustand)
Differenzierte und richtige Ausbildung des operativen Abbildystems
→ Effizenz am Arbeitsplatz!
Spitzenkönner verdanken ihre hervorragenden Leistungen einem besonders effektiv
ausdifferenzierten operativen Abbildsystem
→ Tendenz zur besseren Ausnutzung der Arbeitszeit, höherem Arbeitstempo, schnellerer
Motorik, aber: nicht sig. im Vgl mit anderen Arbeitern
→ Signifikanzen: kürzere Suche nach Fehlern, häufigere Verrichtung von fehlerverhütenden
Tätigkeiten, häufigere Unterbrechung langer Verrichtungen zugunsten kurzer, häufigere und
längere bedienfreie Laufperioden (Strategieanwendung, Planung), umfassendere Kenntnis der
Auftrittshäufigkeiten von Fehlern und der Signale für Fehlerursachen, exakteres Wissen über
die Dauer der Fehlerbehebung und anderer Operationen, umfassendere Kenntnis von
Effizienzmerkmalen von Vorgehensvarianten:
Das Erlernen von sensumotorisch akzentuierten Tätigkeiten ist keine Bildung von
Kettenreflexen. Vielmehr wird vom Lernenden zunächst die Strategie des komplexen
Bewegungsablaufs, also die Gesamtstruktur erfasst. Jedes praktische Training von
Bewegungen muss also bei der Orientierung ansetzen. Trainingsmethoden sind:
55 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Die Kombination von indirektem und direktem Training ist sehr hoch. Der Übungseffekt bei
Kombination zwischen aktiver und mentaler Übung ist nicht geringer als der Effekt
ausschließlich aktiver Übung.
Auf perzeptiv-begrifflicher Ebene sind Signale und Sprache bedeutsam. Nicht alle
Reize sind Signale. Signale sind funktional bedeutsame Reize, die eine bestimmte
nützliche Information über den zu regulierenden Arbeitsprozess vermitteln und eine
Antwortreaktion verlangen. Signale sind Anzeigen für ein notwendiges spezifisches
Handeln: Sie haben Aufforderungscharakter. Bei geübten Arbeitern fällt die kognitive
Signalverarbeitung und ein darauf folgender Entscheidungsvorgang aus, die Signale lösen
unmittelbar verschiedene Aktionsprogramme aus. Die Psychophysik leistet relevante
Beiträge zur optimalen Signalgestaltung. Um wahrgenommen zu werden, müssen sie sich
nämlich von der Umgebung absetzen. Zudem müssen Reize gelernt werden. Millers
Faustwert bezogen auf akustische und visuelle Reize gelten 7 ± 2 identifizierbare
Merkmalsausprägungen bei Variation nur einer Dimension.
Die korrekte Wiedererkennung von Signalen hängt in hohem Maße von deren Benennbarkeit
ab, wobei die innere Sprache eine wichtige Rolle spielt.-->Die innere Sprache dient der
korrekten Wiedererkennung von Reizen und Signalen. Die innere Sprache führt zu besseren
Leistungen bei der Ausführung von Arbeitstätigkeiten. Diese Erkenntnis ist höchst
praxisrelevant!-->die Eingabeleistung ist hinsichtlich Fehlerquote und Tempo bei nicht
benennbaren Material (z.B. sinnfreien Silben wie „RKD“) gering.
56 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Intellektuelle Regualtionsebene:
Denken läuft dem praktischen Handeln antizipierend und entwerfend voraus → Denkprozesse laufen
diagnostisch (Zustand analysierend) und prognostisch (Maßnahme analysierend) ab.
Die theoretische Basis des Instruments stellt die Annahme dar, intrinsische Motivation,
d.h. aus der Arbeitstätigkeit selbst entstehende Motivation, sei an drei Grundbedingungen
geknüpft: - an das Wissen über aktuelle Resultate, vor allem über die Qualität der eigenen
Arbeit, - an die erlebte Verantwortung für die Ergebnisse der eigenen Arbeit und – an die
erlebte Bedeutsamkeit der eigenen Arbeitstätigkeit. Die drei psychologischen
Grunddimensionen werden durch fünf Tätigkeitscharakteristika, Tätigkeitsdimensionen
bestimmt: 1) Anforderungsvielfalt 2) Ganzheitlichkeit der Aufgabe 3) Bedeutsamkeit der
Aufgabe für das Leben und die Arbeit anderer 4) Autonomie 5) Rückmeldung aus der
Tätigkeit. Hackman & Oldham berücksichtigen wichtige Personenvariable: Bedürfnis
nach persönlicher Entfaltung, Personen mit starken Bedürfnis nach Selbstentfaltung
werden die psychologischen, intrinsisch motivierenden Erlebniszustände eher erfahren
und positiver reagieren, als jene mit schwachem Bedürfnis.
58 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Rückmeldung aus der Wissen über die aktuellen Niedrige Abwesenheit und
Aufgabenerfüllung Resultate, v.a. die Qualität der Fluktuation
Eigenen Arbeit
- Subjektive Arbeitsanalyse (SAA; Udris & Alioth, 1980): entspricht dem Job
Diagnostic Survey weitgehend. Siehe S.234
2.1DAS TÄTIGKEITSBEWERTUNGSSYSTEM
Das Tätigkeitsbewertungssystem ist ein objektives Verfahren zur Bewertung von
Arbeitstätigkeiten. Durch systematische Tätigkeitsbeobachtung und
Beobachtungsinterviews werden folgende Merkmale erfasst:
Zwei Experten beobachten unabhängig die Tätigkeit (Arbeitsausführung) und registrieren und
bewerten, ob ein Merkmal einen kritischen Wert überschreitet. Stimmen die Beobachtungen
überein, werden sie zu einem Tätigkeitsprofil zusammengefasst. Die Bewertung und
Veränderung der Arbeitstätigkeit erfolgt dadurch, dass Merkmale, die einen kritischen Wert
übersteigen, reklamiert und einer Neugestaltung zugeführt werden.
2.2ARBEITSZUFRIEDENHEIT
Arbeitszufriedenheit korreliert positiv mit Leistung und negativ mit Fehlzeiten und
Kündigungshäufigkeiten, führt außerdem zu einer höheren Bindung an den Betrieb. Das
Konzept ist jedoch schwierig gegenüber anderen Begriffen abzugrenzen, zudem sind die
Kausalbeziehungen schwer zu fassen.
Arbeitszufriedenheit ist die generelle Einstellung zur Arbeit und v.a. die
allgemeine Bewertung der Arbeit. Weinert (1998): unterscheidet drei Dimensionen der
Arbeitszufriedenheit:
Die verschiedenen Aussagen sind nur scheinbar unterschiedlich: alle lassen sie sich unter die
Lerntheorien unterordnen, nachdem Zufriedenheit hoch ist, wenn Erfahrungen gemacht
wurden, die nicht unangenehm, sondern angenehm waren. Je höher die Belohnungsintensität
der Erfahrungen, umso höher die Zufriedenheit.
Die Beschäftigung mit Arbeitszufriedenheit geht bis auf Taylor zurück, der annahm, dass
Arbeitskräfte v.a. durch finanzielle Anreize zu motivieren seien. Nochmalige Wiederholung
der Zweifaktoren-Theorie von Herzberg & Snyder (1959): Zufriedenheit und
Unzufriedenheit werden von je zwei unterschiedlichen Faktorengruppen beeinflusst.
Befriedigung im Betrieb erfolgt vor allem durch die Hygienefaktoren, die in der
Arbeitsumgebung lokalisiert sind. Hygienefaktoren oder Kontextfaktoren verhindern
Unzufriedenheit, führen aber nicht zu Zufriedenheit.
- Motivatoren (satisfiers) bewirken Zufriedenheit. Beziehen sich auf die Natur und
Art, den Inhalt der Arbeit selbst, werden auch ‚Kontentfaktoren’ genannt.
Verantwortung, Stimulation des Interesses durch die Arbeit selbst, Gefordert sein
durch die Arbeitsziele/wirken intrinsisch motivierend. Diese Motivation heißt auch
‚Expansionsmotivation’, die durch das Streben nach Wachstum durch
Aufgabenbewältigung gekennzeichnet ist und durch Motivatoren (das sind Faktoren,
die im Arbeitsinhalt lokalisiert sind) befriedigt wird. Expansionsmotive können
jedoch auch bei der Erfüllung der entsprechenden Bedürfnisse weiter bestehen.
62 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Die Theorie ist v.a. aufgrund methodischer Mängel kritisiert worden (siehe Menschenbilder).
Es lassen sich jedoch wesentliche Folgerungerungen für die Arbeitsgestaltung aus ihr
ableiten:
Motivatoren sind genauso wichtig wie Hygienefaktoren. (Früher konzentrierten sich
Humanisierungsbestrebungen vorwiegend auf die Hygienefaktoren)
Es sollten klare Ziele der Aufgabe vorgegeben werden und Rückmeldung über die
Zielerreichung soll rasch erfolgen.
Arbeitsinhalte sind so zu strukturieren, dass Mitarbeiter das Gefühl haben, weder Unter- noch
Überforderung auslösen und das tun zu können, was ihre Fähigkeiten erlauben.
Verantwortung und Rechte der Mitarbeiter sollten dem Umfang der Arbeit entsprechen.
Aufstiegsmöglichkeiten sollten gegeben und transparent sein und die Möglichkeit zum
persönlichen Wachstum soll gegeben sein.
Für Lawler (1973) ergibt sich Arbeitszufriedenheit oder Unzufriedenheit aus dem
Vergleich zwischen der subjektiv für angemessen empfundenen Belohnung und
der tatsächlichen Belohnung für die Arbeitsleistung . Auch ein Zuviel an Belohnung
kann Spannung auslösen, Schuldgefühle etwa. Die Für angemessen empfundenen
Belohnungen ergeben sich aus den subjektiv erlebten persönlichen Investitionen in die Arbeit,
den Investitionen, die Vergleichspersonen tätigen und den wahrgenommenen
Arbeitscharakteristika (siehe Modell der Determinanten der Arbeitszufriedenheit, S. 250).
Lawler sieht Zufriedenheit als Gegenpol zu Unzufriedenheit auf derselben Dimension.
In den Theorien von Herzberg et al. und Lawler wird aber noch von einem
universellen/globalen Begriff der Arbeitszufriedenheit ausgegangen. Bruggemann et al .
(1975) dagegen postulieren verschiedene Formen der Arbeitszufriedenheit als
Ergebnis einer Motivationsdynamik. (siehe Erweitertes Zufriedenheitsmodell, S. 251).
Der Vergleich von Ist-Wert und Soll-Wert an Belohnungen kann geringe Divergenzen
ergeben und zu einer stabilen ArbeitsZufriedenheit führen, wenn gleichzeitig das
Anspruchsniveau gleich bleibt.
Unzufriedenheit resultiert bei Ist-Soll Diskrepanz nur dann, wenn das Anspruchsniveau
konstant bleibt, keine Wahrnehmungsverzerrungen geschehen und entzweder keine
Problemlöseversuche unternommen werden (Fixierte ArbeitsUnzufriedenheit) besteht, oder
ein Mitarbeiter nach konstruktiven Verbesserungen sucht (konstruktive
ArbeitsUnzufriedenheit).
Der Beitrag des Modells besteht darin, verschiedene Zufriedenheiten unterschieden zu haben.
Es fragt sich allerdings, ob tatsächlich Vergleichsprozesse stattfinden. Zudem geben bis zu
4/5 der Arbeitnehmer an, zufrieden mit ihrer Arbeit zu sein und es ist nicht sicher, ob
tatsächlich Veränderungsbedarf besteht. Es kann aber auch sein, dass ein Teil davon
resignativ zufrieden oder pseudozufrieden (Diskrepanzen bei gleichem Anspruchsniveau, aber
Belohnungen werden kognitiv aufgewertet) sind.
Erweitertes Modell von Bruggeman et al.-->siehe Seite 253.Die subjektive Überzeugung, die
Arbeitssituation kontrollieren zu können, wird miteinbezogen. Fraglich bleibt jedoch, ob
Personen die postulierten Vergleichsprozesse tatsächlich durchführen können und wollen.
Wie im Modell von Lawler wird auch hier von Nutzenüberlegungen ausgegangen, die auf
kühlen Berechnungen basieren.
Für Weinert (1998) muss für hohe Arbeitszufriedenheit eine Arbeitssituation gegeben sein,
die
Gerechtigkeit , v.a. gerechte Verteilung von Ressourcen und damit Lohngerechtigkeit, ist
eine wichtige Erfahrung am Arbeitsplatz, die Zufriedenheit festigt. Ein gerechter Lohn wirkt
positiv auf die Arbeitszufriedenheit. Nach der Equity-Theory führen dissonante Lohn-
Leistungs-Relationen unter Zeit- und Akkordlohn zu verschiedenen erwünschten und
unerwünschten Reaktionen. Unterbezahlung unter Akkordlohn führt etwa häufig zu einem
Anstieg des quantitativen Outputs, aber zu einer Verringerung der Qualität, dagegen führt
Überbezahlung zu einer Verringerung der Leistungsmenge, aber zu einer Steigerung der
Qualität. Bei Zeitlohn schein Unterbezahlung zu einer Reduktion von Qualität und/oder
65 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Aktiv
Abwanderung Widerspruch
66 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Destruktiv Konstruktiv
Vernachlässigung Loyalität
Passiv
Wenn Mitarbeiter weiterhin Vertrauen in ihre Organisation haben und optimistisch sind,
können sie sich loyal verhalten und auf Verbesserungen hoffen.
Mitarbeiter können sich auch aktiv für Verbesserungen einsetzen und konstruktiv an einer
Veränderung mitarbeiten.
Nach Rusbult und Mitarbeitern muss Unzufriedenheit nicht zum Verlassen der Organisation
führen. Zufriedenheit ist nur eine Variable des Commitment in Beziehungen. Das
Commitment wird durch Zufriedenheit, Investitionen und Alternativen
determiniert. Commitment-Modell, S. 261 (auch: Investment-Modell): Das Commitment
erklärt, ob eine Beziehung beendet wird oder nicht.
Gewinne (+)
Zufriedenheit (+)
Kosten (-)
Die Messung von Arbeitszufriedenheit wird häufig kritisiert, u.a. deshalb, weil
‚Zufriedenheit’ subjektiv und relativ ist. Das Anspruchsniveau des Einzelnen verändert sich
mit den jeweiligen Erfahrungen. Die meisten antworten auf die Frage nach ihrer
Zufriedenheit, sie seien ‚ziemlich zufrieden’, so wie man meist auf die Frage, wie es einem
gehe, ‚gut’ antworte. Üblicherweise werden Fragebögen angewendet, die auf einen
67 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Generalfaktor Zufriedenheit abzielen und diesen anhand der Zufriedenheit mit verschiedenen
Arbeitsfacetten errechnen. In additiven Zufriedenheitsmodellen wird die
Gesamtzufriedenheit als Summe oder Durchschnitt der einzelnen Zufriedenheitswerte
berechnet. Subtraktive Modelle erfragen, wie sehr verschiedene Bedürfnisse befriedigt
werden und welche Erwartungen bestehen. Die Summe der Differenzen zw. Ist- und
Sollangaben ergibt die (Un-) Zufriedenheit. In multiplikativen Modellen wird noch die
Wichtigkeit einzelner Arbeitsaspekte erfragt und die einzelnen Zufriedenheitswerte werden
mit den Wichtigkeitsangaben multipliziert und dann zu einem Gesamtwert aggregiert. Einige
Fragebogen, die häufig angewendet werden:
Befragungen sind problematisch, weil Personen über vergangene Ereignisse Auskunft geben,
Erlebnisse bewerten und ‚verrechnen’ müssen und dies hohe kognitive Leistungen und die
Bereitschaft dazu verlangt. Mehrere Fehlerquellen tragen nach Kirchler (2000) zur
Problematik der Zufriedenheitsmessung bei:
1. Subjektivität der Realität: Personen beurteilen Aspekte der Arbeit nicht nur
unterschiedlich, sie nehmen ihre Umwelt auch unterschiedlich wahr und berichten
dieselben Erfahrungen auf unterschiedliche Weise. In Studien zu
Haushaltsentscheidungen etwa schildern Partner auch nach langen Jahren des
68 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
2.2.4.2 TAGEBÜCHER
Um das Alltagserleben und besondere Phänomene zu erfassen, bieten sich Tagebücher an.
Diese Verfahren erlauben es, tief in den Alltag einzudringen und die Wechselwirkung
zwischen Person und Umwelt zu analysieren. Das Zeitstichprobentagebuch von
Brandstädter (1977) ist eine aufwendige, aber sehr effiziente Methode zur Untersuchung
des Alltagsbefindens. Es besteht aus Frageblättern, die eine Art Hilfe zur Abfassung eines
69 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Aus verschiedenen Indices der Vergangenheit wird auf Entwicklungen in der Zukunft
geschlossen. Der Arbeitsklimaindex versucht, Umbrüche und langfristige Entwicklungen
bereits in einem Frühstadium zu diagnostizieren (noch bevor sie von „harten“
Wirtschaftsindikatoren erfasst werden können. Das geschieht, indem vierteljährlich in einer
repräsentativen Stichprobe rund 900 Beschäftigte in Österreich nach Eistellungen zur Arbeit
und Erwartungen über zukünftige Entwicklungen und ihre Arbeitszufriedenheit befragt
werden). Er setzt sich aus folgenden Variablen zusammen, die unterschiedlich gewichtet
werden:
- Zufriedenheit mit der sozialen Position als Arbeitnehmer in der Gesamtbevölkerung, der
beruflichen Tätigkeit insgesamt, dem Führungsstil der Vorgesetzten, den betrieblichen Sozialleistungen,
dem Einkommen, Arbeitszeitregelung, Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten, Beziehung zu den
Kollegen,...
- Erwartungen bzgl. Der wirtschaftlichen Zukunft Österreichs und des Betriebes und Chancen,
wieder eine annehmbare Arbeitsstelle zu finden.
Einschätzung der finanziellen Lage des eigenen Haushalts im vergangenen Jahr und
Erwartungen hinsichtlich der finanziellen Lage des eigenen Haushalts im kommenden
Jahr
Einschätzung der Ratsamkeit größerer Anschaffungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt
Das Bestreben, die Zufriedenheit mit der Arbeit als gesamtgesellschaftliches Anliegen
darzustellen und Veränderungen fassbar zu machen, ist besonders zu würdigen. Trotzdem
bleibt die Messung von Meinungen und die Bewertung von Erfahrungen problematisch.
- Stressoren: können aus der physischen Umwelt, der individuellen Ebene, der
Gruppenebene, der Organisationsebene oder der extraorganisationalen Ebene
kommen.
- Zwischen den Stressoren und den Konsequenzen ist die subjektive Bewertung
geschaltet, bei der es kognitive, affektive, biologische und demographische
Unterschiede gibt.
- Konsequenzen: können subjektiv sein, sich im Verhalten äußern, kognitiv,
physiologisch oder organisatorisch sein.
Mobbing ist eine Extremform sozialer Stressoren. Dabei wird über einen längeren
Zeitraum eine Person von anderen unter Druck gesetzt. Ursachen von Mobbing nach
Frieling & Sonntag (1999):
(1) Organisation: stresshafte organisatorische Merkmale scheinen Mobbing zu
begünstigen. Probleme können Arbeitsstress und Unternehmenskultur darstellen.
(2) Angreifer: Vorgesetzte können Machtspiele genießen oder disziplinieren und gefügig
machen wollen. Mitarbeiter können sich Vorteile im Machtkampf versprechen oder
aus Furcht handeln. Ein Großteil der Mobbingopfer berichtet, dass eine bestimmte
Person Mobbinghandlungen initiiert hat und andere dazu anstiftet.
71 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Der Verlauf muss nicht zwingend bis zum bitteren Ende gehen, sondern kann auf jeder Stufe
unterbrochen werden. Zur Messung von Mobbinghandlungen wird zumeist ein Fragebogen
von Leymann (1996) verwendet, in dem 46 Mobbinghandlungen angeführt werden, bei denen
angegeben werden soll, ob sie wöchentlich über sechs Monate hinweg vorgekommen sind.
2.3.2 STRESSMODELLE
Primäre
Bewertung:
Beurteilung
Kurzzeitige Langfristige
der Situation
Stressreaktionen Stressreaktio
Objektive
nen
Stressoren
Sekundäre
Bewertung:
Bewältigung? physiologisch physiologisch
Ressourcen?
psychologisch psychologisch
Problembezogene
Verhalten Verhalten
Bewältigung
Emotionsbezogene
Bewältigung
Die Beurteilung der aktuellen Situation wird als primäre Bewertung bezeichnet.
Primäre Bewertung: Einschätzung der Situation, Bewertung der Merkmale
• Belastende Ereignisse können als stress-bezogen/ stressend, angenehm-positiv oder als irrelevant für das eigene
Wohlbefinden eingeschätzt werden.
• Eine solche Einschätzung erfolgt auf dem Hintergrund von „Sollwerten“ - Ausprägung
menschlicher Grundbedürfnisse, Ansprüche, Erwartungen.
Bewertung als stressbezogen: Wenn Sollwerte durch Situationen bedroht sind, so liegt eine
stressbezogene Bewertung vor.
• Diese wird unterteilt in Bedrohung, Schaden-Verlust oder Herausforderung.
• Herausforderung: Nicht die potentielle Schädigung wird hervorgehoben, sondern die schwer erreichbare,
risikoreiche, aber mit positiven Folgen verbundene Bewältigung. Positives emotionales Empfinden
• Bedrohung: chirurgischer Eingriff, antizipiertes Nichterreichen eines Ziels (Prüfung),Angst.
• Schaden-Verlust: körperliche Verletzung, Verlust einer nahestehenden Person, Kritik seitens
des Vorgesetzten , Gefühl von Ärger, Wut, Hilflosigkeit, Trauer oder Verzweiflung.
Sekundäre Bewertung: Einschätzung der persönlichen und sozialen Ressourcen (Kann ich?)
• Die Möglichkeiten, eine belastende Situation alleine oder mit Unterstützung anderer zu bewältigen, wird
eingeschätzt.
Die beiden Bewertungsprozesse können sich zeitlich überlappen u. wechselseitig beeinflussen.
Neubewertung: bewirkt eine Änderung der ursprünglichen primären und sekundären Bewertung aufgrund
von neuen Hinweisen aus der Umgebung, Rückmeldungen hinsichtlich der eigenen Reaktionen und deren
Konsequenzen sowie neuen Überlegungen.
– Person befindet sich in einer kontinuierlichen adaptiven Auseinandersetzung mit der Umwelt
– Möglichkeit der Erfahrungsbildung wird damit in diesem Modell mitberücksichtigt.
Nach erfolgreicher Bewältigung einer Situation werden ähnliche Probleme in Zukunft als
weniger bedrohlich bewertet. Die Erfahrungen in einer aktuellen Situation beeinflussen somit
auch die Bewertungen und Reaktionen in zukünftigen Situationen.
73 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Der Burnout-Effekt wurde als Reaktion auf Stress in verschiedenen „helfenden Berufen“
erlebt (mit Klienten und Kunden). Burnout entsteht nicht durch ein spezielles Ereignis,
sondern entwickelt sich in Verbindung mit negativen Einstellungen zur Arbeit, fehlendem
Interesse, Unzufriedenheit, Misserfolgserlebnissen und dem Wunsch, von der Arbeit davon zu
laufen. Burnout Effekte werden häufig bei Personen beobachtet, die besonders engagiert ihre
Arbeit verrichten und sich sowohl psychisch wie auch physisch ihrer Arbeit widmen. Das
bekannteste Messinstrument ist das Maslach Burnout Inventory (Maslach & Jackson,
1986). Burnout-Modell, S. 294:
Emotionale Erschöpfung
Einstellungs-und
Verhaltenssymptome von
Depersonalisierung Burnout
Negative Einstellungen,
Ermüdung, Frustration,
Hilflosigkeit,
Gefühl, persönlich nichts mehr Zurückgezogenheit
zu leisten bzw. zu erreichen
74 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
3. ARBEITSGESTATUNG
Die Arbeitsgestaltung ist ein zentrales Thema der Arbeits- und Organisationspsychologie.
Besonderer Wert muss auf die Vollständigkeit von Aufgaben gelegt werden, da die
Möglichkeit, die eigene Arbeit zu gestalten und Entscheidungen zu treffen, ein wesentliches
Kriterium persönlichkeitsförderlicher Arbeit ist. Dazu kann der Tätigkeitsspielraum
erweitert werden, der sich nach Ulich (2001) in folgende Spielräume gliedert:
- das nachträgliche Anbringen von Filtern zur Vermeidung von Spiegelungen auf dem
Bildschirm
- Beschaffung optimaler Arbeitsstühle, nachdem Nacken- und Rückenbeschwerden
bestehen
- Abdecken von Druckern durch Schallschutzhauben aufgrund und zur Vermeidung von
Druckerlärm
• Die arbeitende Person muss die Kontrolle über den Arbeitsablauf und Hilfsmittel haben
• Die strukturellen Merkmale der Aufgabe müssen so beschaffen sein, dass sie die Vollendung
und Fortsetzung der Arbeit auslösen.
Aufgabenorientierung wird einerseits durch Wissen und Kompetenz gefördert, die jemand in
die Aufgabenbearbeitung einbringt, weiters durch Kontrolle von Arbeitsabläufen und
benötigte Hilfsmittel sowie durch Anreize und Herausforderungen, die in der Arbeit stecken
und motivierend wirken. Merkmale der Aufgabengestaltung, Ziele und Wege der
Realisierung S. 304):
(1) Durch geplanten Arbeitsplatzwechsel „Job rotation“ wurde dieses Ziel erreicht
(Tätigkeitsspielraum wird vergrößert, jedoch nicht der Entscheidungsspielraum;
Sinnarme Arbeitsschritte ergeben auch dann kein sinnvolles Ganzes, wenn sie
miteinander ausgetauscht werden. 0 + 0 = 0, meinte Herzberg 1972). Vorteil:
Monotonie, Übersättigung, einseitige Belastung wird vermindert; Humanisierung wird
aber kaum erreicht
(2) Das Konzept der Aufgabenerweiterung „Job enlargement“ sieht hingegen die
Ausdehnung einer Teilaufgabe auf einen etwas größeren Aufgabenbereich vor
(horizontale Erweiterung). Das heißt MA üben innerhalb ihrer Arbeitsplätze mehrere
Tätigkeiten aus, die bislang von unterschiedlichen Arbeitskräften verrichtet worden
sind (Tätigkeitsspielraum kann erweitert werden, jedoch nicht der
Entscheidungsspielraum).
(3) Angereicherte Arbeitsplätze „Job enrichment“, die zufriedenheitsförderlich sind
wurden ebenfalls eingeführt. Beschäftigten wird ein bestimmtes Ausmaß der
Kontrolle und Verantwortung übertragen. Nicht nur die Ablauf-, sondern auch die
Aufbauorganisation der Arbeit wird neu gestaltet (vertikale Erweiterung) führt zu
vollständigen Aufgaben! Durch das Einbringen neuer Motivationsfaktoren kann die
Produktivität gesteigert und Fluktuation/Fehlzeiten verringert werden.
(4) Bei „teilautonomen Arbeitsgruppen“ erledigen Personen gemeinsam
zusammenhängende Teilaufgaben, um so ganzheitliche Arbeit erleben zu können.
Gruppen übernehmen die Verantwortung über den Arbeitsablauf und kontrollieren ihn
selbst (kollektive Selbstregulation). Teilautonome Arbeitsgruppen müssen Autonomie
besitzen.
Kritik der teilautonomen Arbeitsgruppen: Hawthorne-Effekt: Danach sind positive
Ergebnisse, wenn überhaupt erzielbar, kurzfristig und nur durch die Zuwendung zu den
Beschäftigten beobachtet worden. Schwierigkeit bei praktischer Umsetzung, da Aufgaben
überhaupt ein Entscheidungspotenzial haben müssen. Die Arbeit der teilautonomen
Arbeitsgruppen ist anspruchsvoller, daher sind höhere Löhne nötig. Am Anfang häufig
Innovationsschwierigkeiten und Verlust an Wirtschaftlichkeit. Unterstützung durch das
Management nötig.
Berichtete Vorteile: Verbesserung der Qualität, verminderte Kosten für Qualitätskontrolle und
Nacharbeit, Verringerung des Verletzungsrisikos, Verbesserung der Produktstabilität
Kriterien für die Autonomie von Arbeitsgruppen nach Gulowsen 1972(in Ulich 2001)
S.308:
1. Die Gruppe kann auf die Formulierung der für sie geltender Zielvorstellungen
Einfluss nehmen in Bezug auf Qualität und Quantität.
2. Die Gruppe kann entscheiden, wo, wann und welche Tätigkeiten sie bearbeiten.
79 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
3. Die Gruppe trifft die erforderlichen Entscheidungen in Zusammenhang mit der Wahl
der Produktionsmethode, wenn Alternativmethoden vorhanden sind.
4. Die Gruppe entscheidet über die interne Aufgabenverteilung
5. Die Gruppe entscheidet über Mitgliedschaft.
6. Die Gruppe entscheidet ob sie einen Führer möchten und wer das sein soll
7. Die einzelnen Gruppenmitglieder entscheiden darüber, wie die von ihnen zu
erledigenden Aufgaben auszuführen sind.
Bsp: Es bestehen verschiedene Arbeitssysteme zwischen denen der MA wählen kann. Z.B. im
Montagebereich eines Schreibmaschinenherstellers, in dem den Beschäftigten drei
unterschiedliche Arbeitsweisen zur Auswahl gestellt werden. Die Arbeitenden können wählen
zw:
a. einem Bündelsystem, in dem jede einzelne Person in der Linie eine begrenzte Anzahl
an Tätigkeiten (montieren, löten, kontrollieren) ausführt.
b. Teilautonomen Arbeitsgruppen, in denen die Gruppe die gesamte Montage übernimmt
c. Einzelarbeitsplätzen, an denen die komplette Montage durchgeführt wird
Die drei Systeme unterscheiden sich in Komplexität der Anforderung und Zyklusdauer
(10min-4Std). Die Beschäftigten können ihre getroffene Wahl auch korrigieren, im Fall des
Gefühls der Überforderung.
Der Arbeitende nutzt anfangs die Zahl der Freiheitsgrade, die sich schließlich immer
mehr reduzieren. Die vielen Strategien engen sich mit der Zeit auf einige wenige oder
sogar auf einen subjektiven „one best way“ ein.
Wie können neue Gestaltungsmaßnahmen realisiert werden (Frei et. al 1993)? Anwendung
von folgenden 4 Prinzipien:
81 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Hofstede (1980) stellte fest, dass Theorien und Arbeitspraktiken, auch aus Sicht der
Betriebe, kulturspezifisch sind und nicht einfach von einem Land in ein anderes übertragen
werden können. Aufgrund von Testungen in IBM-Betrieben extrahierte er vier Faktoren:
Festgestellt wurde unter anderem, dass mit wachsendem Bruttonationalprodukt in einem Land
der Individualismus zunimmt. Die Übertragung von Arbeitsgestaltungskonzepten von einem
individualistischen Land auf kollektivistische Länder kann nicht bedenkenlos erfolgen. Was
in einem Land erfolgreich sein kann, könnte in einem anderen auf Widerstand,
Missverständnisse oder Ablehnung stoßen. Psychologische Arbeitsgestaltung sollte eine
sorgfältige Analyse und Bewertung von Gegebenheiten beinhalten und dies sollte mit hoher
Sensibilität bzgl. der Bedürfnisse der arbeitenden Menschen, zum aktuellen Zeitpunkt als
auch im spezifischen kulturellen Kontext, erfolgen.
82 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Stress Beunruhigung
Flow
Herausforderung
Langeweile
Stress
niedrig
niedrig Fähigkeiten hoch
1. Durch externe Belohnung für etwas, was freiwillig getan wurde, kann intrinsische
Motivation abnehmen.
2. Bei einer uninteressanten Tätigkeit, die wegen einer Belohnung begonnen wurde, aber
nicht belohnt wird, steigt die intrinsische Motivation.
Diese Hypothesen wurden durch eine Reihe von Untersuchungen gestützt, die
üblicherweise so abliefen: In einer ersten Phase wurde die spontane Beschäftigung mit
einer Aufgabe von hoher Attraktivität beobachtet; in der zweiten Belohnungen für die
Tätigkeit in Aussicht gestellt und materiell, verbal oder symbolisch gegeben. Nach
einiger Zeit wurden die Teilnehmer wieder beobachtet, während sie die ursprüngliche
oder andere Tätigkeiten ausführten. Erhoben wurden Dauer der Beschäftigung,
Arbeitsfreude und andere Variablen.
Lepper, Greene & Nisbett (1973): Kindergarten-Kinder mit besonderer Freude am Malen. Diejenigen Kinder,
die eine vorher angekündigte Belohnung erhielten, wandten sich nach einer Woche weniger dem Malen zu, als
die, die eine vorher nicht angekündigte bzw. gar keine Belohnung erhalten hatten.
Calder & Staw (1975): mit Bezahlung sank die Zufriedenheit mit der interessanten Aufgabe
(Zusammensetzaufgaben mit Bildillustration), während die Zufriedenheit mit der uninteressanten Aufgabe
zunahm (selbige ohne Bilder).
Deci, Koestner & Ryan (1999): Metaanalyse von 128 Studien. Reizvolle Tätigkeiten verlieren durch
Belohnungen oder Verhaltenszwänge an Attraktivität. Materielle Belohnungen wirken stärker als verbale oder
symbolische. Belohnungen, Kritik, Kontrolle oder Terminvorgaben können intrinsische Motivation
einschränken. Unterscheidung informierende und kontrollierende Aspekte Informierende wirken fördernd,
kontrollierende vermindernd.
84 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Die Kategorien lassen sich in eine Rangordnung bringen. Nur nach Befriedigung unterer
Bedürfnisse werden höhere aktiviert. Die ersten vier Klassen werden Defizitmotive genannt.
Selbstentfaltung ist ein Wachstumsmotiv: es führt zur Persönlichkeitsentwicklung und kann
nicht gesättigt werden. Der große Verdienst Maslows war es, die Aufmerksamkeit auf das
Bedürfnis nach Selbstentfaltung zu lenken. Kritik: Die Kategorien sind aber schwer
abzugrenzen, zu operationalisieren und empirisch nachzuprüfen.
Alderfer (1969) legte die Basis für empirische Überprüfungen mit seinen drei Gruppen von
Kernbedürfnissen (ERG):
1. Existenzbedürfnisse (Existence)
2. Beziehungsbedürfnisse (Relatedness)
3. Wachstumsbedürfnisse (Growth)
Auch die Bedürfnisklassen von Maslow lassen sich diesen Kernbedürfnissen zuordnen.
Alderfer geht jedoch nicht von einem fixen hierarchischen Modell aus, sondern meint, dass
gleichzeitig mehr als ein Bedürfnis aktiviert sein kann und je nach Kultur unterschiedliche
Bedürfnispräferenzen zum Tragen kommen.
- Motivatoren (satisfiers) bewirken Zufriedenheit. Hängen mit dem Inhalt der Arbeit
zusammen und werden auch ‚Kontentfaktoren’ genannt. Etwa Anerkennung,
Tätigkeit selbst, Verantwortung, Weiterentwicklung, Aufstiegsmöglichkeiten wirken
intrinsisch motivierend.
praktische Konsequenz: Motivation wird mit der Möglichkeit nach persönlichem
Wachstum und dem Bedürfnis nach ständiger Weiterentwicklung verbunden.
85 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Im Falle, dass alle diese extrinsischen Aspekte hinlänglich gut ausgeprägt sind, entsteht
allerdings keine Zufriedenheit, sondern ein neutraler Erlebniszustand, der als Nicht-
Unzufriedenheit bezeichnet wird. Günstige Hygiene-Faktoren machen also nicht glücklich,
sie machen „nur“ nicht unglücklich. Dieser Ansatz erklärt auch, warum zu niedrige Löhne
unglücklich machen, man die Motivation und die Zufriedenheit von Angestellten aber nicht
über das Gehalt unbegrenzt steigern kann.
Der hauptsächliche Beitrag der Zwei-Faktoren-Theorie liegt darin, das Augenmerk auf
Arbeitsbedingungen und Arbeitsgestaltung gelenkt zu haben.
- Theorie X
geht davon aus, dass Mitarbeiter arbeitsunwillig und
verantwortungsscheu sind und nur auf externe Belohnungen reagieren
- Theorie Y: Mitarbeiter sind arbeitswillig, entscheidungsfreudig und bereit,
Verantwortung zu übernehmen
Nach dem Prinzip der selbsterfüllenden Prophezeiung werden sich die Mitarbeiter je nach
Theorie, der das Management anhängt, dementsprechend verhalten. Der Verdienst McGregors
besteht darin, Vorurteile aufgezeigt zu haben und Manager zur Reflexion der eigenen
Menschenbilder angeregt zu haben.
McClelland (1971) befasste sich mit seinen Mitarbeitern v.a. mit Macht-, Affiliations- und
Leistungsmotivation (Bsp. für Motivationsfragebogen s.B.) und schenkte letzterer
besondere Aufmerksamkeit. Leistungsmotivation wird definiert als Bestreben, die eigene
Tüchtigkeit in jenen Tätigkeitsbereichen zu steigern bzw. möglichst hoch zu halten, in denen
ein Gütemaßstab für verbindlich gehalten wird und deren Ausführung gelingen oder
misslingen kann. Motive werden nach dem Affekt-Erregungs-Modell von McClelland,
Atkinson & Clark (1953) durch emotionale Erfahrungen in Verbindung mit ihren situativen
Bedingungen gelernt. Erfolg = Stolz, Misserfolg = Scham. Spätere Situationen können durch
bestimmte Wahrnehmungsreize – ‚cues’ - dieselben Gefühle triggern, wodurch entweder
zuwendende oder vermeidende Handlungstendenzen entwickelt werden. Es gibt die beiden
Motivtendenzen ‚Hoffnung auf Erfolg’ und ‚Furcht vor Misserfolg’, zu deren Messung der
Thematische Apperzeptionstest von Murray verwendet wurde. Es wurden Bilder vorgelegt,
die leistungsbezogene Themen nahe legen und gebeten, dazu eine Geschichte zu erzählen.
(Bild + mögliche Inhalte der Motivtendenzen). Über das Verhältnis der Inhalte, die
entweder Hoffnung auf Erfolg oder Furcht vor Misserfolg zum Thema haben, wird auf die
Motivorientierung der Person geschlossen. Personen mit hohem Leistungsmotiv zeigen mehr
Interesse an Motivatoren(an der Arbeit selbst), Personen mit niedrigem Leistungsmotiv
zeigen mehr Interesse an Hygienefaktoren (Bezug zur Zweifaktorentheorie von Herzberg et
alii).
„Zusammenfassend zeigen die Studien von McClelland, dass sich Personen mit hoher
Leistungsmotivation durch bestimmte Merkmale auszeichnen: Sie besitzen die Fähigkeit, sich hohe
(fordernde), jedoch erreichbare Ziele zu setzen; persönliche Leistung ist ihnen wichtiger als die
86 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Belohnung von Erfolg; auch das Bedürfnis nach arbeitsrelevanter Rückmeldung, wie gut die Arbeit
ist, ist wichtiger als die persönliche Rückmeldung, wie sehr sie gemocht werden.“ (S. 24)
Hohe Leistungsmotivation korreliert nicht nur mit individuellen Leistungen, sondern der
Leistungsmotivations-Index korreliert auch mit allgemeinen Wirtschaftsdaten. Für die
praktische Anwendung ist wesentlich, dass Leistungsmotivation trainiert werden kann, indem
emotionale Assoziationen von bestehenden leistungsthematischen Situationen aufgebaut und
bewusst gemacht werden. Wiewohl leistungsmotivierte Menschen für Organisationen wichtig
sind und oft in Führungspositionen sich befinden, fehlen ihnen oft soziale Skills (erwarten
etwa von Mitarbeitern genauso Höchstleistungen), was aber auch trainiert werden kann.
1.2.2.1 MITARBEITER-PARTIZIPATIONS-PROGRAMME
Die Beschäftigung mit Bedürfnisinhalten hat in der A&O Psychologie zu der Einsicht geführt,
dass Arbeit auch zur Bedürfniserfüllung dient. Nach tayloristischen Prinzipien gestaltete
Arbeit (maximale Arbeitsteilung, wobei jeder Mitarbeiter nur einen kleinen Schritt ausführt)
erfüllt diese Bedingungen nicht. Der Handlungsspielraum kann erweitert werden durch:
(2) Job rotation meint den Wechsel des Arbeitsplatzes(Bereiches) innerhalb des
Betriebes! auf horizontaler Ebene: viele Vorteile, allerdings schwer zu realisieren.
Mitarbeiter können zusätzliche Qualifikationen aufbauen, Erfahrungen und
Fertigkeiten sammeln. Chancen auf Beförderung und höhere Löhne sind oft größer.
Auch das Unternehmen profitiert.
Das Ausmaß der Motivation, die Mitarbeiter aus der Arbeit schöpfen können, kann in der
Motivationspotentialformel zusammengefasst werden, wobei Rückmeldung und Autonomie
als die wichtigsten Komponenten der Arbeitsgestaltung gelten (*- Zeichen!):
Das Modell wurde in zahlreichen Studien überprüft und weitgehend bestätigt: danach
orientierte Programme führten zu höherer intrinsischer Motivation und Zufriedenheit der
Mitarbeiter. Fehlstunden und Fluktuationsrate (Arbeitsplatzwechsel) nahmen ab. Auf die
Arbeitsleistung war kein Effekt nachweisbar. Rückmeldung kann durchaus ambivalent
wirken, in Abhängigkeit von Erfolgs- bzw. Misserfolgsorientierung der Mitarbeiter.
Praktischer Nutzen: Aufspüren von Problemfeldern für eine bestimmte Tätigkeit (evtl.
Redesign der Arbeit).
Rückmeldung aus der Wissen über die aktuellen Niedrige Abwesenheit und
Aufgabenerfüllung Resultate, v.a. die Qualität der Fluktuation
Eigenen Arbeit
2.1PRÄDEZISIONALE PHASE
Die Auswahl einer Handlungsalternative, oft die ‚Qual der Wahl’, wird in der A&O
Psychologie zumeist anhand der Erwartungs-mal-Wert-Theorien modelliert, die davon
ausgehen, dass eine Person die Alternative wählt, die ihr am liebsten ist. Dahinter steht eine
Grundannahme der Ökonomie: das Nutzenmaximierungsmodell (siehe dazu auch
Wirtschaftspsychologie II).
A=E*W
Atkinson formulierte 1957 sein Modell der Risikowahl , das lange Zeit als DIE Theorie
der Motivation schlechthin galt, obwohl sie ursprünglich für die motivationale Determination
bei der Wahl von Aufgaben unterschiedlicher Schwierigkeit verfasst worden war. Es wird
hier vom Ergebnis von Leistungshandlungen ausgegangen: jede Handlung kann zu Erfolg +
Stolz oder Misserfolg + Scham führen. Als Grundhaltungen festigen sich Hoffnung auf Erfolg
oder Furcht vor Misserfolg. Die Stärke der Gefühle entscheidet über die Inangriffnahme einer
Handlung. Im Sinne des Erwartung-mal-Wert-Theorems:
Te = Me * Ae * We
Analog wird die Tendenz, Misserfolg zu vermeiden, formuliert. Jede Aufgabe beinhaltet eine
gewisse Erfolgs- und Misserfolgswahrscheinlichkeit, deren subjektive Erwartungen sich
spiegelbildlich zueinander verhalten. Misserfolgsvermeider werden in Leistungssituationen
eher vermeiden, außer bei externen Anreizen. Bei Zwang zur Erledigung einer Aufgaben
werden solche Menschen entweder viel zu leichte oder aber viel zu schwere Aufgaben
wählen, während Erfolgsmotivierte mittlere Schwierigkeitsgrade wählen. Dieses Modell kann
sehr gut in der Arbeitswelt umgesetzt werden: Erfolg wird demnach subjektiv definiert und
Personen unterscheiden sich in ihrer Herangehensweise an Leistungssituationen. Während
Personen mit Hoffnung auf Erfolg den Erfolg aktiv suchen, streben MA mit Furcht vor
Misserfolg danach, den Misserfolg zu vermeiden. Diese Erkenntnis ist bei Zielvereinbarungen
in Mitarbeitergesprächen relevant. Misserfolgsvermeider werden auf anspruchsvolle
Aufgaben aufmerksam gemacht und gleichzeitig Realisierungsvorschläge aufgezeigt, damit
die Misserfolgsangst vermindert wird. Systematische Rückmeldungen stärken das
Selbstvertrauen.
- Valenz: ist der subjektive intrinsische Wert oder die Anziehungskraft von bestimmten
Handlungsergebnissen (Geld, Lohn). Zu unterscheiden sind Valenzen von (1)
Handlungen und (2) Handlungsergebnissen.
- Erwartung: bezieht sich auf die Beurteilung der Ausführbarkeit von Handlungen.
Personen könnten meinen, ein bestimmtes Handlungsergebnis hätte ein wertvolles Ziel
zur Folge (Lohnerhöhung, Beförderung). Allerdings bestehen die Befürchtungen, die
Leistung nicht erbringen zu können. Die Erwartung variiert von unausführbar bis zu
sicher ausführbar oder von 0 bis +1.
Formel 1:
n
91 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Vj = f ( ∑ ( Vk * Ijk )) n
k=1
Fi = f ( Σ (Eij * Vj ))
j=1
Formel 2:
Setzt man beispielsweise Lohn als Motivationsanreiz für hohe Arbeitsleistung ein, muss
sichergestellt werden, dass Arbeitskräfte Geld besonders hoch schätzen. Nach Vroom müsste
dann ein Motivationsprozess ablaufen, der anhand der Formel 1 und 2 beschrieben werden
kann:
Die Valenz des Handlungsergebnisses Vj (bsp. hohe Leistung) ist eine Funktion des Wertes
der k Handlungsergebnisfolgen Vk (bspw. höherer Lohn, Anerkennung, gesundheitliches
Risiko), multipliziert mit den wahrgenommenen Instrumentalitäten des Handlungsergebnisses
Vj zur Realisierung der k Handlungsergebnisfolgen Vk. Je wahrscheinlicher eine Leistung zu
einer Lohnerhöhung führt, Lob einbringt etc. und je wertvoller ein hoher Lohn oder Lob sind,
und je geringer negativ bewertete Folgen sind, um so wertvoller erscheint eine hohe Leistung
(Formel 1). Eine hohe Leistung könnte aber schwer zu erbringen sein und nicht nur von der
Anstrengung, sondern auch von bestimmten Fähigkeiten und situativen Umständen abhängen.
Das Bestreben, die Anstrengung oder die Motivation Fi, eine hohe Leistung zu erbringen, ist
umso höher, je wertvoller das Handlungsergebnis Vj erscheint und je größer die subjektive
Erwartung Eij ist, die Leistung aufgrund der Handlung und der verschiedenen
Voraussetzungen, Fähigkeiten und situativen Umstände auch erbringen zu können (Formel 2).
(Modell für den Zusammenhang der verschiedenen Variablen, S. 43)
Das Modell gibt Handlungsanweisungen für Fragen der Personalforschung und kann als
Basis zur Konstruktion von Messinstrumenten dienen, um Arbeitszufriedenheit und
motivationale Tendenzen zu erfassen. Kritikpunkte ergeben sich aus methodischer Sicht: die
multiplikative Verknüpfung würde Unabhängigkeit der Variablen voraussetzen, fordert
außerdem Rationalskalenniveau. In der Folge wurde das Modell oft erweitert.
Vroom schlägt neben dem Valenz- und Handlungsmodell ein Ausführungsmodell vor, in
welchem die psychologische Kraft (F) mit der Fähigkeit der Mitarbeiter verknüpft wird:
n
Handlungsergebnis = f (Fähigkeit) * Fi = f (Fähigkeit) * ( Σ (Eij * Vj ))
j=1
Das Modell (1989) von Heckhausen postuliert ein erweitertes Motivationsmodell und
berücksichtigt zusätzlich zu den Variablen im Modell von Vroom die Situation, in der eine
Entscheidung getroffen wird. Das Modell ist in vier Ereignis-Stadien gegliedert:
Anstrengungskalkulation: (Heckhausen) Die Anstrengung ist variabel und kann von der
Person gesteuert werden. Die handelnde Person kann die Handlungs-Ergebnis-Erwartung
selbst variieren, wenn die Erfüllung der Aufgabe anstrengungsabhängig ist. Die drei
Valenzen beziehen sich auf Situation, Handlung und Ergebnisse:
- Situationsvalenz: bezieht sich auf die Bewertung der Situation, in welcher auch ohne
eigenes Zutun ein bestimmtes Ergebnis eintritt.
- Handlungsvalenz: drückt den „Wert“ einer Handlung aus, die zu einem bestimmten
Ergebnis mit wünschenswerten oder nicht erwünschten Folgen führt.
- Ergebnisvalenz: bezieht sich schließlich auf die Anregungswerte der Folgen, die
Situations- oder Handlungsergebnisse voraussichtlich nach sich ziehen.
Heckhausen hat zur Wahl einer Handlungsalternative ein Frageschema entwickelt, das als
Grundlage für Mitarbeitergespräche dienen kann. (Frage 1) Erscheint das Ergebnis bereits
durch die Situation festgelegt? (Frage 2) Kann man das angezielte Ergebnis selbst
herbeiführen? (Frage 3) Sind einem die möglichen Folgen des Ergebnisses wichtig genug?
(Frage 4) Zieht das Ergebnis auch die gewünschten Folgen nach sich? werden alle Fragen
(außer 1.) mit Ja beantwortet, folgert daraus für den Antworter: ‚Tu was!’, bei Beantwortung
einer Frage mit Nein ‚Tu nichts’. Manager können jedoch an jeder Stelle einhaken und doch
zur Handlung bewegen.
Variable Entlohnungsprogramme Sehen vor, dass ein Teil der Entlohnung von der
individuellen Leistung des Mitarbeiters oder des gesamten Unternehmens abhängig gemacht
wird. So erfolgt bei Piece-rate-pay-plans einen Basislohn plus eine bestimmte Summe etwa
für jedes verkaufte Stück sowie Prämien für besondere Leistungen. Profit-sharing-plans
beteiligen Mitarbeiter am Gewinn des Unternehmens. Gainsharing/ Result sharing basiert
die Bezahlung auf die Erreichung von Leistungszielen. Konnte die Firma dadurch etwas
einsparen, wird zumeist die Summe 50:50 verteilt. Diese Programme können die Motivation
93 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
und Leistung der Mitarbeiter steigern. Höhere Gehälter, aber auch niedrigere Gehälter in
wirtschaftlich schlechteren Zeiten sind möglich.
Variable Belohnungen Aus einem Angebot von Belohnungen können Angestellte frei
wählen. Verschiedene Gruppen von Mitarbeitern haben unterschiedliche Bedürfnisse! Jeder
Mitarbeiter hat ein ‚Konto’, dessen Höhe einem Prozentsatz des Lohnes entspricht, und aus
dem heraus vielfältige Belohnungen gewählt werden können. Besonders die Möglichkeit
eines ‚Sabbaticals’, in dem Mitarbeiter Zeit für Reflexion oder persönliche Weiterbildung
haben, wird für Unternehmen zunehmend interessant.
Diese zentrale Aussage der Theorie dürfte eine der empirisch am klarsten bestätigten
Hypothesen der A&O Psychologie sein.
Hoch
Leistung mittel
Niedrig
Ebenso lässt die Zielbindung (commitment) nach, wenn die Erreichbarkeit von Zielen
unmöglich scheint. Der Zusammenhang zwischen Schwierigkeit und Leistung besteht jedoch
auch nur bei hoher Zielbindung. Je spezifischer ein Ziel formuliert ist, desto höher die
Anstrengungsbereitschaft, und desto höher die Leistung. Ein Ziel ist dann spezifisch definiert,
wenn Inhalt, Zielausmaß und zeitlicher Bezug bestimmt sind. ‚Verringern Sie die
Ausschussrate in den nächsten sechs Monaten um fünf Prozent!’ versus ‚do your best!’.
Ein Beispiel dafür ist eine Studie von Holzlagerplatzarbeitern, die die Höchstbelastung der LKWs nicht
ausnutzten, bis ihnen als Ziel eine Auslastung von 94 % gegeben wurde.
Bei konstanter Zielschwierigkeit scheinen außerdem die motivationalen Effekte vorgegebener
(autoritärer) Ziele genauso hoch zu sein wie die partizipativ(=mitbestimmend) vereinbarter.
Allerdings sollten vorgegebene Ziele einsichtig begründet werden. Partizipation leistet aber
u.U. einen wichtigen Beitrag zur Klärung der Ziele selbst, kann einen positiven Effekt auf
Selbstbewusstsein, Motivation und Leistung bei komplexeren Aufgaben haben. Ziele sollten
schon allein deshalb partizipativ gesetzt werden, weil dadurch die Zielbindung erhöht werden
kann, was wiederum die Leistung erhöht.
Hackman & Oldham(1980) betonen in ihrem Modell des Motivationspotentials die Wirkung
der Rückmeldung auf die eigene Leistung. Demnach sollte informative und bewertende
Rückmeldung eher positiv als negativ wirken. Studien bieten aber kein einheitliches Bild.
Ein Feedback sollte über die Zielerreichung gegeben werden und möglichst klar, spezifisch
und informativ sein. Zudem sollte eine kontinuierliche Überprüfung der eigenen Leistung
gegeben werden, nicht nur fremdbestimmt(extern), sondern auch eigenständig.
In einer Studie an Pizzalieferanten wurde die Wichtigkeit von Zielsetzungen demonstriert. Pizzalieferanten
halten oft aufgrund der erforderten Schnelligkeit Straßenverkehrsvorschriften nicht ein, blieben bei 50 % der
Kreuzungen nicht stehen. Nach Zielvorgabe, bei 75 % der Kreuzungen stehen zu bleiben, sowie regelmäßigen
Rückmeldungen über Erreichung des Ziels verbesserte sich das Verhalten deutlich. Danach blieb zwar das 75 %
Ziel bestehen, Rückmeldungen blieben aber aus. Nach sechs Monaten fiel die Leistung wieder auf das
ursprüngliche Niveau.
95 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Rückmeldungen haben überwiegend, aber nicht nur positive Effekte. Wird durch die
Rückmeldung die Aufmerksamkeit auf die Aufgabe oder die Ausführungsschritte gelenkt,
wirkt sie eher positiv. Wird hingegen die Aufmerksamkeit auf die Person selbst gelenkt,
scheinen positive Effekte auszubleiben, manchmal sogar negative einzutreten!
z.B. normative
Selbst
Affekt
Feedback- Intervention
Kognitive Ressourcen
Lernen
Situationsmerkmale und
Aufgabencharakteristika
96 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
nein Anstrengungsreduktion
positiv
Aufgabe Diskrepanzen zwischen
keine Beibehaltung des
Feedback und Standard
Anstrengungsgrades
negativ
Anstrengungserhöhung
Beibehaltung oder
Führt Anstrengungserhöhung Erhöhung der
zur Diskrepanzreduktion? ja Anstrengung
Aufmerksamkeit auf
nein
Lernen und
Exploration
ja
Aufmerksamkeitswechsel Erfolgsaussichten
nein Aufmerksamkeit auf
sich selbst
Abbruch Unterbrechung
automatischer der Aufgabe
Skripts
ja
Positive
ja Lerneffekte
Sind die
Aufgabendetails Ist die Aufgabe Hypothesen
klar? korrekt? Keine oder
nein negative
Lerneffekte
ja
nein
Richtung der
Aufmerksam-
Generierung Hypothesen zur nein keit auf nein
von Hypothesen Prüfung der Beendung
Aufgabenmotiv
und Testung Realität ation:
Befehl zur
Fortsetzung der
Aufgabe?
ja
97 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Aufgabensupervis Beachtung
ion aktueller ja
Aufgabe mit Ist die
erschöpfenden Aufgabe
Ja Ressourcen und dominant
Eigene Ziele affektiven (leicht)? nein
Ist die aktuelle Veränderungen
Selbst ● Selbstwert Unterbrechung
Aufgabe wichtig
● Kontrolle der Leistung
● Eindrucks- für eigene Ziele?
management
nein
fehlende
Aufgabensupervis
ion
Reduktion der
Aktivierung Ressourcen zur Beendigung der
eigennütziger Lösung aktueller Leistung oder
Aufgaben Aufgaben Reduktion
Idson & Higgins (2000): Personen, die vorwiegend auf Zielerreichung konzentriert sind, sind eher durch
positive Rückmeldungen motivierbar und steigern ihre Leistung. Personen, die eher Fehler vermeiden wollen,
sind eher durch negative Rückmeldungen motivierbar.
Verschiedene Formen der Führung durch Zielsetzung können in der Praxis gelebt werden:
Management durch Zielvorgabe, das die autoritäre Festsetzung der Ziele
vorsieht.
Management durch Zielorientierung, was eine weniger autoritäre Form
darstellt, weil Ziele als Orientierungshilfe gesehen werden.
Management durch Zielvereinbarung. Dies gilt als besonders
erfolgsversprechend.
98 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Der Grundgedanke des Management by Objectives besagt, dass aus möglichst klaren
und konkreten Unternehmenszielen auch die Ziele für die Mitarbeiter abgeleitet werden
müssen, dass Ziel- vor Verfahrensorientierung relevant ist, die Leistungsbeurteilung auf Ist-
Soll-Vergleichen basieren soll und eine regelmäßig Zielüberprüfung und –anpassung
stattfinden muss.
Bei der Zielsetzung handelt es sich sowohl um einen Top down, als auch um einen bottom up
Prozess: aus den übergeordneten Unternehmenszielen werden Subziele für die verschiedenen
Betriebsebenen abgeleitet, wodurch eine Zielhierarchie entsteht; es werden jedoch bei der
Zielerstellung Mitarbeiter aus verschiedenen Ebenen beteiligt. MbO fördert Teamgeist,
Kostenbewusstsein, Leistungsqualität, Selbstentfaltung, Selbstkontrolle und
Leistungsmotivation. Es können aber in verschiedenen Arbeitsbereichen widerstreitende Ziele
bestehen oder Ressort-Egoismen entwickelt werden, die am besten in bereichsübergreifenden
Projektgruppen oder durch Umstellung der Organisationsstruktur gelöst werden. Zur
praktischen Anwendung von Zielsetzung als Führungskonzept müssen die Führungskräfte gut
über das Konzept informiert sein(Vorteile, Abläufe,etc.) und sowohl Führungskräfte als auch
Mitarbeiter brauchen einen Ansprechpartner im Unternehmen, z.B. in Form von Projektteams,
die die Etablierung von wichtigen Zielvereinbarungsgesprächen unterstützen!
Ziel: was soll erreicht werden, wie Mitarbeiter/ Vorgesetzter: Messen: welche Kriterien
lautet das konkrete Ziel? wer hat die Kompetenzen, sich mit (Statistiken, Tabellen, ...) sind für
einer best. Person die Messung der Zielerreichung
Inhalt: was beinhaltet das Ziel? zusammenzusetzen um das Ziel zu heranzuziehen?
erreichen?
Maßnahmen: was muss zur Sicherstellen: welche
Zielerreichung getan werden? Ressourcen: wer darf welche Meilensteine müssen eingehalten
Kompetenzen, Ressourcen, Mittel werden, damit die schrittweise
einsetzen? Wo liegen Grenzen? Erreichung der Ziele überprüft und
Rahmen: Welchen Handlungs-
Welche Reserve besteht, falls die damit sichergestellt werden kann?
spielraum brauch Mitarbeiter?
vorhandenen Mittel nicht reichen?
Zeitbedarf: bis wann muss das Kontrolltermine: welche
Ziel erreicht sein?
Verantwortung: wer trägt V. Zwischentermine müssen vereinbart
für welche Aktivitäten? werden, damit der eingeschlagene
Weg rechtzeitig bestätigt oder
Schnittstellen: welche korrigiert wird. Wann ist der
zusätzlichen Regelungen müssen Endtermin?
getroffen werden?
Sold und Uepping (1999): das Stiftungsunternehmen Carl Zeiss richtete für seine Führungskräfte ein
Zielvereinbarungssystem ein, mit welchem auch variable Vergütung verbunden war. In einem Pilotversuch mit
20 Führungskräften stellten sich Zielvereinbarungsprozesse zwischen Vorgesetzten und Führungskräften als
heikel heraus. Bei Carl Zeiss finden Gespräche statt, auf die sich beide Partner vorbereiten, ein Planungs- und
ein Zielvereinbarungsgespräch. Die vereinbarten Ziele müssen mit den Unternehmens- und Bereichszielen
übereinstimmen und werden in einem Zielvereinbarungsformular festgehalten, gewichtet und unterschrieben.
Bardens (2001) schlägt für ein gut geführtes Zielvereinbarungsgespräch zehn Schritte vor:
1. Erläuterung von Gesprächsziel und –ablauf
2. Ermittlung der bisherigen Zielerreichung
3. Gemeinsames Erarbeiten der Gründe für Zielabweichungen
4. Ermittlung des variablen Entgelts
5. Vorstellen der Ziele des Unternehmens, des Bereichs und der Abteilung
6. Vorschläge des Mitarbeiters zu den künftigen Zielen
7. Ziele für die kommenden 12 Monate aus Sicht der Führungskraft
8. Zielvereinbarung
9. Vereinbarung zu den Voraussetzungen und Hilfestellungen
10. Koppelung der Zielvereinbarung an das variable Entgelt
2.2.1.2 MITARBEITERGESPRÄCHE
Mitarbeitergespräche erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Ihr Ziel ist es, die Erreichung
von Unternehmenszielen zu fördern. Zudem bieten sie die Möglichkeit für die Mitarbeiter,
Missverständnisse über Aufgabenstellungen zu klären oder eigene Ideen einzubringen, sowie
über Wünsche in Bezug auf die eigene berufliche Entwicklung mit dem Vorgesetzen zu
sprechen. Üblicherweise laufen die Gespräche nach klaren Regeln ab und dienen der
Zielvereinbarung, es existieren auch Leitfäden dafür. Auf formale Leistungsbeurteilung wird
verzichtet. Fehler oder Probleme können auftauchen, wenn statt Zielvereinbarungen, die
Zusammenarbeit und durchgehenden Dialog durch Feedbackgespräche erfordern,
Zielvorgaben gemacht werden; wenn Aufgaben beschrieben werden anstelle der Entwicklung
von Zielen; wenn die Partner nicht gleichberechtigt sind, Mitarbeiter entweder zuwenig
miteinbezogen werden oder keine eigenen Ziele oder Vorstellungen einbringen; wenn zu viele
oder widerstreitende Ziele festgelegt werden.
Mitarbeitergespräche bei der Firma BauMax: Leitfadenanwendung. Das Gespräch ist zweiteilig: zuerst
Beurteilung des Verhaltens in der Vergangenheit, dann Ziele für zukünftige Perioden. Ziele werden über ein Jahr
vereinbart, nach einem halben Jahr erfolgt eine Zwischenbilanz, nach Ablauf des Jahres das
Evaluationsgespräch. Die Gespräche wurden von Mitarbeitern als sinnvoll und motivierend bewertet.
Handlungstheorien gehen davon aus, dass Menschen überzeugt sind, dass ihre
Handlungen zu ihren Zielen führen und nicht die fatalistische Einstellung haben, dass ihr
Schicksal vorherbestimmt sei. Odysseus gilt als handlungstheoretischer Archetyp. Er
100 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
verkörpert die Idee des selbstbestimmten Menschen, der nicht mehr den Göttern folgt,
sondern sich selbst. Die Befreiung seiner Gefährten aus der Höhle des Kyklopen Polyphem
stellt den Prototyp zielorientierten Handelns dar. Seine Distanzierung von der momentanen
Situation, in der er in einer symbolischen Zwischenwelt Rettungsstrategien entwirft,
Handlungen entwirft und mögliche Folgen antizipiert, sind prototypische Bausteine einer
Handlungstheorie. Kontrolle zu bekommen über das, was einen vorher kontrolliert hat,
realisiert den Traum des sich selbst steuernden, autonomen abendländischen Menschen.
Ob eine Person trotz Rückschläge eine zielgerichtete Handlung beibehält, hängt nicht nur von
der Überzeugung ab, das eigene Schicksal in der Hand zu haben, sondern auch vom Willen,
das Ziel zu erreichen Volition.
Der Willens- oder Volitionsbegriff hat in der Geschichte der Psychologie unterschiedliche
Bedeutungen erfahren. Die Volition folgt im Rubikon-Modell stets den
Motivationsvorgängen, dem Abwägen und Wählen. Weinert (1987) unterscheidet vier
Gruppen von verwandten Willensmetaphern:
(1) Kraft
(2) Formales Prinzip: als steuerndes Prinzip im Entscheidungsprozess, als bündelndes
Prinzip bei der Handlungsausführung (‚Steuermann’ oder ‚Dirigent’)
(3) Kontrollinstanz, die triebhafte Regungen kanalisiert und auf Ziele lenkt
(4) Zäsur: mit dem Willen zu einer Handlung wird der ‚Rubikon überschritten’
Heckhausen fasst jene Aktivitäten zur Handlung zusammen, denen die gleiche
‚Zielvorstellung’ zugrunde liegt. Kuhl & Waldemann unterscheiden vier Zugänge zum
Handeln:
2.3.1 HANDLUNGSKONTROLLE
Kuhl (1987) versucht mit seiner Theorie der Handlungskontrolle zu klären, wie und
v.a. wann Intentionen angesichts konkurrierender Ziele in Handlungen umgesetzt werden und
was dazu beiträgt, dass bestimmte Handlungen bis zur Zielerreichung beibehalten werden. Zu
unterscheiden ist zwischen motivationalen und volitionalen Prozessen sowie zwischen
Handlungskontrolle und Ausführungskontrolle. Sieben Strategien können zur Initiation
und Beibehaltung von Handlungen und der damit verbundenen Ziele beitragen:
4. Enkodierkontrolle: nur Infos, die mit dem Ziel in Verbindung stehen, werden
vertieft bearbeitet
5. Umweltkontrolle: Ablenkungen vom Ziel müssen unterbunden werden
6. Sparsame Informationsverarbeitung
7. Misserfolgskontrolle: Misserfolge können eintreten, zu langes Grübeln kann
aber von der weiteren Zielrealisierung abhalten
Die einzelnen Prozesse wurden empirisch wenig untersucht, wohl aber zwei Arten der
Handlungskontrolle, Handlungs- und Lageorientierung. Handlungsorientierte Menschen
drängen darauf ihre Entscheidungen in Handlungen umzusetzen und sie auch unter widrigen
Umständen realisieren. Sie hängen Misserfolgen nicht so lange nach und können vergebliche
Ziele aufgeben. Die Aufmerksamkeit ist auf folgende vier Aspekte gleichmäßig verteilt:
(2) Soll-Zustand
(3) Ist-Zustand
(4) Diskrepanz zwischen Soll-Zustand und Ist-Zustand
(5) Handlungsmöglichkeiten, um den Soll-Zustand zu erreichen
Lageorientierte Menschen hängen bei Missgeschicken Gedanken nach, sind durch Passivität,
Zögern, die Tendenz zum Handlungsabbruch und verminderte Effizienz des volitionalen
Systems gekennzeichnet. Unterschieden wird:
Kuhl entwickelte einen Fragebogen zur Erfassung dreier Komponenten der Handlungs- versus
Lageorientierung: (1) bei der Entscheidungsfindung (2) bei der Ausführung von Handlungen
und (3) bei der Misserfolgsverarbeitung (Beispiele für Items, S. 78-79).
2.3.2 AUSFÜHRUNGSKONTROLLE
Kuhl (1983) versucht in seiner Theorie der Selbstregulation zu erklären, wie Ziele
durch konkretes Handeln erreicht werden. Prozesse der Ausführungskontrolle regeln Schritt
für Schritt den Ablauf einer Handlung. Dabei werden Prozesse der Selbstregulation
thematisiert, die helfen, Ziele über die Zeit sowie über wechselnde Situationen hinweg zu
verfolgen.
Beispiel: Trainings zum Zeitmanagement. Halten dazu an, über das ‚Wie’ der eigenen
Arbeitsverrichtung zu reflektieren und zu überlegen, wie die Zeitverwendung optimiert
werden könnte. Dazu werden Zeitprotokolle angefertigt, in denen Aktivitäten eingetragen
werden und die eine anschließende Prioritätensetzung erlauben sollen. Geraten wird zur
strategischen Planung von Zielen und Handlungsabläufen, Ablenkung/Blockaden und
Erholung. Der Zeithorizont (kurz-, mittel- oder langfristig) und Aktionspläne sollen überlegt
werden, sowie Pufferzeiten eingeplant. Manche Antriebsmittel blockieren eigentlich:
Perfektionismus oder die Forderung nach immerwährender maximaler Anstrengung.
Beispiele für Antriebs- und Blockadeinstrumente, Bewältigungsmaßnahmen und
typische Zeitfresser, S. 84. Zsfsg:
Bewältigungsmaßnahmen:
- Zeitprotokolle können helfen, Tätigkeiten für den Arbeitsalltag zusammenzustellen.
- Zieldefinitionen dienen dazu festzustellen, für welche Aufgaben viel Zeit aufgewendet werden sollte
und welche Aufgaben zu viel Zeit in Anspruch nehmen.
- Klare Prioritäten nach Wichtigkeit und Dringlichkeit der Aufgaben setzen.
103 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
- Trainings, Beziehungspflege und Delegationskonzepte können schließlich dazu dienen, die Arbeit zu
optimieren.
Zeitfresser:
- Krisen verlangen die gesamte Aufmerksamkeit. Vorausschauende Maßnahmen zur Krisenbewältigung
sind wichtig.
- Werden Aufgaben aufgeschoben, können spätere Überlastungen hervorrufen.
- Langwierige Besprechungen, Sitzungen.
Gerade in Betrieben, in denen immer mehr Verantwortung an die Mitarbeiter abgegeben wird,
führen Techniken zur Selbstregulation zu mehr Effizienz. Im Lean-Management werden
einer Arbeitsgruppe möglichst alle mit produktiver Arbeit zusammenhängenden Aufgaben
übergeben (Produktionsarbeit, Verwaltung, Materialbeschaffung, Transport, Reparatur,
Wartung). Problematisch ist daran, dass vorher so lange Zeit die Qualifikationsanforderungen
minimiert wurden, Mitarbeiter heute aber vermehrt universellen Anforderungen gerecht
werden müssen.
Menschliches Verhalten wird unter anderem dadurch bestimmt, auf welche Ursachen
Personen ihre früheren Handlungsergebnisse zurückführen. Unbefriedigende Leistungen
drängen nach Ursachenklärung. Attributionstheorien beschäftigen sich mit
Ursachenzuschreibungen, sie gehen auf Heider (1958) zurück. Nach Weiner können
Ursachen anhand von 3 Dimensionen klassifiziert werden: Lokalität, Stabilität und
Kontrollierbarkeit.
External
Je nach Attribution ist zu erwarten, dass die eigene Leistung und Zielerreichung mit
unterschiedlichen Emotionen verbunden ist. Je nach Ursachenzuschreibung und Emotionen
wiederum sind zukünftige Erwartungen und damit zukünftige Leistungen unterschiedlich.
104 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Attribution Emotion
Erfolg Fähigkeit Zuversicht, Kompetenz
Variable Anstrengung Aktivierung, Erregung
Stabile Anstrengung Entspannung
Eigene Persönlichkeit Selbstaufwertung
Anstrengung, Persönlichkeit anderer Dankbarkeit
Zufall Überraschung
Misserfolg Fähigkeit Inkompetenz
Variable oder stabile Anstrengung Schuld, Scham
Persönlichkeit, intrinsische Motivation Resignation
Anstrengung, Persönlichkeit anderer Aggression
Zufall Überraschung
2.4.2 GERECHTIGKEIT
Wenn ein großer Aufwand zur Erreichung eines Zieles nötig war, stellt sich die Frage, ob
Aufwandskosten und Belohnungen in einem fairen Verhältnis zueinander stehen.
2.4.2.1 VERFAHRENSGERECHTIGKEIT
(1) Konsistenz: Zuteilungen müssen über die Zeit und über Mitarbeiter hinweg konsistent
sein
(2) Unvoreingenommenheit: Verfahren sollten nicht durch das persönliche
Eigeninteresse des Anwenders beeinflusst sein
(3) Genauigkeit: Relevante Infoquellen müssen ausgeschöpft werden
(4) Korrekturmöglichkeit: für alle Betroffenen müssen Berufungs- und Einspruchsrecht
gelten
(5) Repräsentativität: Interessen aller Beteiligten sollen berücksichtigt werden
(6) Ethische Rechtfertigung: das Verfahren soll moralischen Standards entsprechen
Je gerechter ein Verfahren wahrgenommen wird, desto größer das Vertrauen in die
Vorgesetzten und desto höher das ‚organizational citizenship behavior’, also die Bindung an
die Organisation und die Bereitschaft, sich über das geforderte Ausmaß hinaus in die Firma
einzubringen. Je gerechter die Verteilung der Ressourcen wahrgenommen wird, desto höher
die Zufriedenheit (etwa mit Lohn).
Feldexperiment von Greenberg & Baron (2000): ein Betrieb musste Entlassungen vornehmen oder
Lohnkürzungen durchführen. In Fabrik A wurden die Mitarbeiter ausführlich informiert, danach Kürzungen von
15 % vorgenommen. In Fabrik B wurde keine Erklärung der Kürzung geboten und in Fabrik C wurden die
Löhne nicht gekürzt. Die mittlere Diebstahlrate variierte dementsprechend: während der Kürzungen waren sie
ohne Erklärung am höchsten, gefolgt von Kürzungen mit Erklärung.
105 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
2.4.2.2 VERTEILUNGSGERECHTIGKEIT
Homans (1961) entwickelte ein Konzept, das unter der Maxime ‚Gibst du mir – geb ich dir“
steht. Adams (1965) beschreibt in seiner Equity-Theory Vergleichsprozesse zwischen
eigenen Beiträgen und Ergebnissen mit Beiträgen und Ergebnissen anderer. Löhne etwa
werden mit Löhnen anderer für gleiche Leistungen verglichen. Der Vergleich kann zu
Konkordanz oder Diskordanz führen. Diskordanz, Ungerechtigkeit und in der Folge
Unbehagen wird aber auch erlebt, wenn man selbst für gleiche Leistungen mehr bezahlt
bekommt.
Für die Vergleichsprozesse muss die Bezugsgruppe bekannt sein, mit der man sich
vergleicht. Robbins (2001) führt vier Vergleichspunkte an und meint, je nach Schulbildung,
Dauer des Arbeitsverhältnisses und Höhe des Lohnes würden verschiedene Bezugspunkte
gewählt: Vergleich mit einer anderen Position(die man selber mal hatte) im selben Betrieb
oder in einem anderen Betrieb oder aber Vergleich mit einer anderen Person im selben
Betrieb oder in einem anderen Betrieb. (Leistungs-Lohn-Vergleich und wahrscheinliche
Reaktionen nach der Equity-Theory, S. 94). Die Voraussagen der Equity-Theory sind
empirisch gut überprüft. Zusammenfassung der Reaktionen bei der Wahrnehmung eines
Ungleichgewichts zwischen Leistung und Lohn: Eine Person kann:
Mit diesen Reaktionen geht der sich langsam festigende Prozess der ‚inneren Kündigung’
einher. Grundlage ist ein ‚Psychologischer Vertrag’; ist ein psychischer Zustand, der zur
Abnahme der Leistungsmotivation führt – ein schwierig erkennbarer lautloser Prozess.
Dagegen ist die Grundlage einer äußeren Kündigung ein rechtlicher Vertrag, ist kein Zustand
sondern eine Handlung, ein rechtlicher Akt zur Lösung des Arbeitsvertrags und ist als offen
vollzogene Handlung leicht erkennbar. Bei der inneren Kündigung sind Demotivation,
Resignation, Depression bis hin zu Entfremdung, Desillusionierung, Qualifikationsverlust und
Freudlosigkeit bei der Arbeit bis hin zu Apathie und Sinnverlust sind die Folgen. Für die
Organisation entsteht Schaden in Form von Absentismus, verringerter Leistung und
ungenutzten Potentialen. Als Lösungsansätze werden Gespräche, Schulungen, Versetzungen
und als letztes Mittel die Trennung vom Mitarbeiter empfohlen, manchmal auch die
Hinzuziehung Dritter (Berater, Coaches, Supervisoren, ...).
Bezahlung ist natürlich nicht die einzige Grundlage zur Bewertung der Arbeit.
Geld wurde bisher vor allem als Hygienefaktor angesehen, wirkt aber auch als Motivator.
(Welche Entgeltsysteme stellen besondere Arbeitsmotivation sicher?). In den letzten Jahren
wächst das Interesse an leistungsabhängiger Entlohnung von Führungskräften. Zur Zeit
werden etwa Entlohnungssysteme auf Basis von Leistungsbeurteilung diskutiert. Damit eine
Belohnung als Anerkennung wirkt, bedarf es einer engen zeitlichen und inhaltlichen
Kopplung von Bezahlung und Leistung. Gewinnbeteiligung wirkt nur bei denjenigen
motivierend, die Einfluss auf die Ergebnisse des Unternehmens haben. Zudem ist die Höhe
des leistungsbezogenen Anteils von Relevanz.
Die Höhe der Motivation ist abhängig von der persönlichen Wahrnehmung des
Leistungsvergütungssystems. Insgesamt lassen sich neun Sachverhalte unterscheiden, wobei
unterschiedliche Sachverhalte simultan wahrgenommen werden:
mehr jemand von dieser Auffassung überzeugt ist, desto stärker wirkt das
Leistungsvergütungssystem.
Negatives Leistungs-Beitrags-Denken: Einkommensunterschiede in einem Land
sollen möglichst gering gehalten werden. Je mehr jemand diese Einstellung vertritt,
desto geringer wirkt ein Leistungsvergütungssystem.
Kollegenvergleich: Input und Output von Kollegen werden miteinander verglichen.
Externvergleich: Kollegen aus Konkurrenzunternehmen werden zum Vergleich
herangezogen.
Systemakzeptanz: Ein Leistungsvergütungssystem, das von den Betroffenen nicht
akzeptiert wird, motiviert nicht.
Einflussnahme: Je mehr die Betroffenen auf die Entwicklung bzw. Pflege ihres
variablen Vergütungssystems Einfluss nehmen können, desto mehr motiviert das
Leistungsvergütungssystem.
Indirekte Erwartung: Je enger Zusammenhang zw. Arbeitseinsatz und
nachweisbarem Arbeitsergebnis, desto stärker motiviert das
Leistungsvergütungssystem.
Direkte Erwartung: Je enger der Zusammenhang zwischen nachweisbarem
Arbeitsergebnis und erhaltenen Leistungsvergütung, desto stärker motiviert das
Leistungsvergütungssystem.
Schließlich steigt die Bedeutung des Leistungsvergütungssystems mit wachsendem
Bedürfnis nach höherem Einkommen.
Da der Vergleich mit externen und internen Kollegen einen nachweisbaren Effekt auf die
Arbeitsmotivation hat, ist es lohnenswert, mögliche Ungleichgewichte über anonyme
Mitarbeiterbefragungen aufzudecken. Die Reduktion der wahrgenommenen
Ungleichgewichte kann durch erhöhte Transparenz zwischen objektiven Input-Output-
Verhältnissen erfolgen, durch aktive Darstellung von offiziellen, nachvollziehbaren
Begründungen und durch die Reduktion tatsächlicher Ungleichgewichte.
Der Vergleich der eigenen Lohnverhältnisse mit anderen hat nachweislich Auswirkungen auf
die Arbeitsmotivation. In der Praxis werden Employee Recognition Programs
(Anerkennungsmodelle) eingeführt, um Gerechtigkeit zu fördern. Sie werden häufig
angewendet, sind effektiv und billig. Anerkennung kann schon via Handschlag oder E-mail
ausgedrückt werden. Besonders effektiv sind variierende Anerkennungen und Honorierung
von Einzel- und Gruppenleistungen.
Beispiel ‚Convex Computer Corporation’: Leistungen der Mitarbeiter werden vierteljährlich von ihren
Managern und jährlich von Kollegenseite prämiert, wobei verschiedene Arten der Anerkennung (Awards,
Kaffeetassen, Kinokarten, Bowlingabende, Geldprämien) praktiziert werden und verschiedenste Kategorien
(Risikobereitschaft, Kooperationsbereitschaft, ...) wichtig sind. In einer Umfrage gaben die Mitarbeiter an, dass
Anerkennung der größte Motivationsfaktor ist.
108 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
1. Führung ist ein Gruppenphänomen und schließt die Interaktion zweier oder
mehrerer Personen ein.
2. Führung ist intentionale soziale Einflussnahme.
3. Führung zielt darauf ab, durch Kommunikationsprozesse Ziele zu erreichen.
4. Führung ist die Durchsetzung von Herrschaft auf dem Wege der Motivierung.
5. Führung ist Steuerung und Gestaltung des Handelns anderer Personen.
6. Führung ist ein Prozess der Ursachenzuschreibung an individuelle soziale
Akteure.
French & Raven (1959) haben das Naheverhältnis von Führung und Macht in ihrer
einflussreichen Typologie von Macht beschrieben. Sie unterscheiden 6
Machtgrundlagen (ursprünglich 5, die 6. kam später dazu):
(1) Reward power (Belohnungsmacht): beruht auf der Möglichkeit der Führungsperson,
Belohnungen zu verteilen, die von den Mitarbeitern für erstrebenswert erachtet
werden. Lerntheorien legen nahe, dass Personen bestrebt sind, Handlungen zu setzen,
die positive Verstärkung auslösen.
(2) Coercive power (Bestrafungsmacht): Gegenstück zur Belohnungsmacht. Auch hier
sind lernpsychologische Gesetze wirksam. Solcherart Beeinflusste neigen eher dazu,
aus der unangenehmen Situation zu flüchten, etwa bei Gelegenheit einen anderen Job
anzunehmen.
(3) Legitimate power (Positionsmacht): resultiert aus der von einer Person besetzten
Position in der Hierarchie, aufgrund deren die Macht von anderen anerkannt wird.
(4) Referent power (Identifikationsmacht): ist nicht auf Führungspersonen beschränkt
und fußt auf einer Wertschätzung und Bewunderung durch andere Personen, im
Gegensatz zu Charisma, das folgendermaßen gekennzeichnet ist: charismatische
Personen kommunizieren eine eindeutige Vision von der Zukunft des Unternehmens
sowie Mittel und Wege, diese zu verwirklichen; sie sind redegewandt und benutzen
emotionale und ausdrucksstarke sprachliche Metaphern und Gesten; ihnen wird
bedingungslos vertraut und ihre Integrität nicht angezweifelt; sie sind sensibel für die
Gefühle anderer und gehen darauf ein.
(5) Expert power (Expertenmacht): beschränkt sich auf den Bereich, in dem der
Betreffende Experte ist, obwohl sich Halo-Effekte einstellen können. Heute kommt
aufgrund der rasanten Fortschritte der Expertenmacht und dem Spezialwissen immer
größere Bedeutung zu.
(6) Information power (Informationsmacht): Chefsekretärinnen etwa fungieren oft als
‚gate-keepers’ für Informationen, wissen auch oft über informelle Machtstrukturen
109 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Das Konstrukt der Macht ist unzureichend definiert und lässt sich nur unscharf von anderen
Begriffen abheben. Manipulation ist im Gegensatz zu Macht einseitig und wird nicht explizit
gemacht. Auch Autorität und Herrschaft üben ihre Macht einseitig aus, aber stets auf
legitimen Grundlagen.
Je nachdem, wie eine Person eine bestimmte Machtgrundlage effektiv nutzen möchte, stehen
ihr unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten und Taktiken zur Verfügung:
(Zusammenfassung von Leitlinien zur Bildung und Nutzung von Machtgrundlagen, S. 15)
Klar darüber werden, was Personen brauchen und wollen. Belohnung nicht zum eigenen
Reward Power Vorteil benützten, immer fair bleiben. Begründungen für Belohnung offen legen. Nur
versprechen, was man auch halten kann.
Keine unakzeptablen, sondern nur legitime Bestrafungen anwenden. Vorwarnungen geben,
Coercive Power mit freundlicher Gesinnung und nicht feindselig.
Autoritär auftreten, Belohnungen und Bestrafungen setzten. Umgib dich mit Personen, die
Legitimate Power Autorität schätzen. Anforderungen höflich und klar stellen.
Hilfsbereitschaft, freundschaftlich, Vertrautheit, Aufrichtigkeit, halte Versprechen, fördere
Referent Power Interessen anderer,
Immer am neuesten Stand bleiben. Reagiere zuversichtlich in Krisensituationen. Keine
Expert Power unvorsichtigen Aktionen. Lüge oder verfälsche die Akten nicht. Wechsle nicht die Position,
sondern bleib professionell.
Die Frage nach effektiven Beeinflussungsmöglichkeiten hat zu einer Reihe von Taxonomien
geführt, so haben Rodler & Kirchler (2001) einen Fragebogen zur Erfassung von
Beeinflussungsstrategien in Organisationen entwickelt. Er umfasst 16 Taktiken, die anhand
von Szenarien erfasst werden, die einen Sach-, Wert- oder Verteilungskonflikt nahe legen
(Siehe Fragebogen zur Beeinflussungstaktiken in Organisationen S. 17- 20). Die 16
Taktiken unterteilen sich in Positive Emotionen, Negative Emotionen, Hilflosigkeit,
Aggression, Angebot von Ressourcen, Entzug von Ressourcen, Beharren, Rückzug,
Sachverhalten offen darlegen, Falsche Tatsachen vorspielen, indirekte Koalitionen, direkte
Koalitionen, Autonome Entscheidungen, Trade-offs, Integrative Verhandlungen und sachliche
Argumentation (siehe auch Zusammenfassung des Buches Wirtschaftspsychologie). Der
Fragebogen kann in Seminaren dazu dienen, eigene Verhaltenstendenzen zu erheben, die
Ergebnisse in Hinblick auf reale Situationen zu hinterfragen und die Auswirkungen zu
diskutieren.
2. EIGENSCHAFTSANSÄTZE
Eigenschaftsansätze waren die frühesten Ansätze in der Führungsforschung, ihr Beginn kann
mit den ‚great-man’ Theorien um 1900 gesetzt werden. Es bestand die Annahme, dass
Führungspersönlichkeiten über angeborene Eigenschaften verfügen, die sie von anderen
unterscheiden. Ziel des Eigenschaftsansatzes war, eine möglichst hohe Korrelation zwischen
Personenmerkmalen und Führungserfolg zu finden, wie etwa für:
Die Stärke des Ansatzes liegt in seiner Einfachheit und seiner intuitiven Verständlichkeit.
Insgesamt gilt der Ansatz jedoch als überholt und das Zusammenspiel zwischen Person,
Situation und Verhalten ist zu vereinfacht. Weinert (1998) fordert, zwischen Führung als
Prozess mit seiner Dynamik und Effizienz unter Einbeziehung von Situationsfaktoren
einerseits und der Führungsperson selbst mit ihren Eigenschaften andererseits zu
unterscheiden.
111 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
3. VERHALTENSTHEORIEN
Unzufrieden mit den Eigenschaftsansätzen begann man etwa 1940 weniger danach zu fragen,
was Führungskräfte sind, als danach, was sie tun. Verhaltenstheorien der Führung gehen
davon aus, dass sich Führungskräfte durch verschiedene Verhaltensstile auszeichnen, sie
basieren u.a. auf Jobanalysen, Beobachtungen, Interviews. Dafür wurden eigene Methoden
entwickelt, wie etwa der MPDQ (Management Position Description Questionnaire, siehe
Pflichten und Verantwortlichkeiten von Führungskräften, S. 28) von Tornow & Pinto
(1976) oder die ‚Executive Checklist’ (Excel) von Lozanta-Larsen & Parker (1991).
Der zweite Schwerpunkt dieser Phase widmet sich der Aufgabe, effektives von ineffektivem
Führungsverhalten zu unterscheiden, was zur Identifikation von sog. ‚leadership-styles’
führte. Lewin (~ 1940) unterscheidet drei Stile(auf Basis von Laborexperimenten):
Ein demokratischer Stil trägt sowohl zur Quantität als auch zur Qualität der Leistungen sowie
zur Mitarbeiterzufriedenheit positiv bei. Laissez-faire schnitt am schlechtesten ab.
3.1ZWEI-FAKTOREN-FÜHRUNGSTHEORIEN
Initiating Structure
Hoch Niedrig
In den 1960-er Jahren entwickelten Blake & Mouton das Managerial Grid- Modell .
Sie postulieren eine gleichmäßig hohe Ausprägung von Personen- und Aufgabenorientierung
als ideal. Die Kombination der Ausprägungen in den beiden Dimensionen auf einer
neunstufigen Skala ergeben eine 9 x 9 Matrix mit 81 möglichen Führungsstilen. Die vier
Extremausprägungen sind:
Der als Team-Management bezeichnete Stil führt laut Grid-Modell immer zu Führungserfolg.
Aufgabenorientierung
1 2 3 4 5 6 7 8 9
9
Personenorientierung
1.1 1.9
Impro- Authori-
2
verished tarian
1
Kritik: Die Popularität des Modells ist theoretisch nicht haltbar, die Effektivität des 9.9
Führungsstil etwa konnte empirisch nicht nachgewiesen werden. Situationsvariablen werden
113 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
4. KONTINGENZTHEORIEN
Kontingenztheorien seit den 1960-er Jahren gehen davon aus, dass die Effektivität eines
Führungsstils vom Vorhandensein bestimmter Situationsmerkmale abhängt.
R1: Nicht fähig, nicht willig, keine Motivation, unsicher, kein Vertrauen.
R2: Nicht fähig, aber willig, motiviert, vertrauensvoll, solange er Anweisungen erhält.
Einer effizienten Führungskraft soll die Einschätzung des Reifegrads gelingen sowie die Wahl
des geeigneten Führungsstils (Aufgaben-/Beziehungsorientierung). Die Passung zwischen Stil
und Reifegrad entspricht den vier Grundstilen:
(1) Telling: effizient, wenn Mitarbeiter geringe Reife haben. Sie werden
aufgabenorientiert gelenkt und sollten genaue Anweisungen erhalten.
(2) Selling: bei geringer bis mittlerer Reife. Eigenheiten und Bedürfnisse werden neben
der Aufgabenerledigung relevant. Mitarbeiter- und Aufgabenorientierung.
(3) Participating: bei mäßiger bis hoher Reife. Motivation und Vertrauen in die
erfolgreiche Ausführung muss unterstützt werden, stark mitarbeiterorientiert.
(4) Delegating: bei hoher Reife. Aufgaben können delegiert werden und weder hohe
Mitarbeiter- noch hohe Aufgabenorientierung ist nötig.
114 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Kritik:
- Der kurvilineare Zusammenhang wird kritisiert, weil die interne Konsistenz der Maße nicht
gegeben ist
- Es wird nur der Reifegrad der Mitarbeiter berücksichtig, andere Situationsvariablen bleiben
unberücksichtigt.
praktische Anwendungen:
- Führungskräfteentwicklung
- Das Modell ist bei Praktikern aufgrund der intuitiven Stimmigkeit beliebt.
Es ergeben sich acht Situationstypen (siehe Die 8 Situationstypen im Modell von Fiedler, S.
46). Bei Berücksichtigung der Situationstypen ist in einer günstigen Situation mit guter
Führer-Mitarbeiter-Beziehung, strukturierter Aufgabe und starker Positionsmacht eine
Führungskraft mit aufgabenorientiertem Führungsstil effizient, ebenso in einer ungünstigen
Situation mit schlechter Führer-Mitarbeiter-Beziehung, unstrukturierter Aufgabe und
schwacher Positionsmacht. Im mittleren Bereich erweisen sich personenorientierte
Führungskräfte als effizienter.
Kritik: Das LPC-Maß hat jedoch umstrittene psychometrische Qualitäten. Gewichtung der
Situations-Parameter erscheint willkürlich. Als Effektivitätskriterium wird nur
Gruppenleistung herangezogen, nicht etwa Arbeitszufriedenheit oder Gruppenklima auch.
Gruppenprozesse können nicht analysiert werden und Vorhersagen nicht getroffen werden.
Aussagen über dynamische Interaktionen zwischen Führer und Gruppe sind nicht möglich.
Situations-Moderator-Variablen
Nach House (1971) wird ein effektiver Führungsstil durch folgende Situationsvariablen
bestimmt:
(1) Unterstützende Führung: deckt sich mit ‚Consideration’ aus den Ohio-Studien
(2) Direktive Führung: entspricht der ‚Initiating Structure’
(3) Partizipative Führung
(4) Leistungsorientierte Führung
Im Gegensatz zu Fiedler geht House aber davon aus, dass Führungskräfte flexibel sind und je
nach Situationsbeschaffenheit unterschiedliche Führungsstile einsetzen können.
Als normatives Modell enthält das Entscheidungsmodell von Vroom & Yetton
(1973) eine Reihe von Regeln, unter denen ein bestimmtes Führungsverhalten,
nämlich das Entscheidungsverhalten, einzusetzen ist . Erfolgreiche Führung durch
Regelung des Grads der MA-Beteiligung. Mittels Entscheidungsbaum wird eine Diagnose
erstellt. Der Baum enthält folgende Fragen:
(1) Gibt es ein Qualitätserfordernis? Ist vermutlich eine Lösung besser als die andere?
(2) Habe ich genügend Information, um eine qualitativ hochwertige Entscheidung allein
zu treffen?
(3) Ist das Problem strukturiert?
(4) Ist die Akzeptanz der Entscheidung durch die Mitarbeiter für die effektive Ausführung
wichtig?
(5) Wenn ich die Entscheidung alleine treffen, würde sie dann von den Mitarbeitern
akzeptiert werden?
(6) Teilen die Mitarbeiter die Organisationsziele, die durch die Lösung des Problems
erreicht werden sollen?
(7) Wird es zwischen den Mitarbeitern vermutlich zu Konflikten kommen, welche Lösung
zu bevorzugen ist?
Je nach Beantwortung der Fragen fällt die Wahl auf einen oder mehrere
Entscheidungsstile(5):
A II: Autoritäre Entscheidung 2: Führungskraft trifft die Entscheidung nach Einholung von
Infos bei den Mitarbeitern.
B I: Beratende Entscheidung 1: Führungskraft trifft Entscheidung nach Diskussion mit
einzelnen Mitarbeitern.
B II: Beratende Entscheidung 2: Führungskraft trifft Entscheidung nach Diskussion mit
Gruppe.
G II: Gruppenentscheidung: Gruppe mit Führungskraft treffen nach Diskussion die
Entscheidung.
Wenn am Ende der Problemdiagnose mehrere Entscheidungsstile zur Auswahl stehen, soll
jene Variante gewählt werden, die am wenigsten Zeit in Anspruch nimmt.
Durch Anwendung des Modells werden die folgenden Kriterien für Effizienz optimal erfüllt:
Die Entwicklung von Standardfällen aus dem Alltag von Führungskräften (recalled problems)
ist möglich und Lösungsansätze können erarbeitet werden. Für die Evaluation von
Führungskräftetrainings ist durch die Standardisierung der vorgelegten Fälle eine
Vergleichbarkeit des Lernfortschrittes gewährleistet.
geschildert wird und man ankreuzen muss, für welche Entscheidungsstrategie man sich an
Stelle der Führungskraft entscheiden würde.
4.6ATTRIBUTIONSTHEORETISCHER ANSATZ
In den 1980-er Jahren wurden Konzeptionen entwickelt, in denen soziale Wahrnehmungen
und Ursachenzuschreibungen eine Rolle spielen. Führung wird als Ergebnis der
Wahrnehmung des Verhaltens der Führungsperson durch die Mitarbeiter
gesehen. Sämtliche Modelle stützen sich auf die Attributionstheorie von Kelley (1973),
wobei die Ursache des Verhaltens von Geführten auf drei Grunddimensionen
zurückzuführen sind, nämlich:
Attributionen sind Schlussfolgerungen über die Ursachen, Gründe und Anlässe des eigenen
Verhaltens und des Verhaltens anderer. Im Grundmodell des attributionstheoretischen
Ansatzes, S. 58, sind also folgende Faktoren integriert:
Um sich über das Verhalten eines Mitarbeiters ein Bild machen zu können, stehen dem
Vorgesetzten nach Weinert (1998) folgende Infokriterien zur Verfügung:
Durch die Fragen nach den Ursachen und deren Informationsgehalt ist es der Führungskraft
möglich, adäquate Handlungen zu setzten. Wenn man mangelnden Arbeitseinsatz auf interne
Faktoren, wie etwa mangelnde Motivation eines Mitarbeiters, zurückführt, so wird sich der
Vorgesetzte Motivationsanreize überlegen. Führt man mangelnden Arbeitseinsatz hingegen
auf externe Faktoren zurück und sieht Überlastungen und schlechte Arbeitsbedingungen als
Ursachen an, wird die Führungskraft versuchen, an den Arbeitsbedingungen oder Strukturen
Anpassungen vorzunehmen.
Personen neigen dazu, Erfolge sich selbst zuzuschreiben; Ursachen für Misserfolge hingegen
auf äußere Umstände abzuschieben!
Attributionen ermöglichen:
• kognitive Vorgänge,
• Informationsverarbeitungs- und Kategorisierungsprozesse,
• eigene Handlungen,
• die Handlungen anderer und
• Ambiguitäten besser zu verstehen.
Out-Group: diejenigen MA, die sich rein über die Vorgaben der Organisation
definieren (Position in der Hierarchie)
In-Group Mitarbeiter werden von FK besonders geschätzt und erhalten mehr Verantwortung.
Out-Group Mitarbeiter erhalten weniger Verantwortung und werden eher für Routineaufgaben
eingesetzt.
120 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
1. Phase: FK und MA sind sich fremd und agieren nur in den durch die Organisation
vorgegebenen Rollen. Manche Beziehungen bleiben in Phase 1 stehen(Out-Group), andere
entwickeln sich weiter.
2. Phase: Es kommt zu einem austesten der eigenen Rollen in der Beziehung und es werden
eigene als auch gemeinsame Interessen verfolgt. Es entsteht Respekt, Loyalität und Vertrauen.
3. Phase: Die Beziehung wird zu einer Partnerschaft mit ausgehandelten Rollen. Beide
verlassen sich aufeinander und verfolgen gemeinsame Interessen.
Nach der 3. Phase kann die gesamte Organisation von der Beziehung zw. FK und MA
profitieren (belegt durch empirische Befunde). Ziel sollte es sein ein Netzwerk aus
Beziehungen der Phase 3 über Teams und Abteilungen hinweg aufzubauen.
Die LMX-Theorie stellt, als eine der wenigen Führungstheorien, die Beziehung und deren
Qualität und auch die Kommunikationsaspekte der Beteiligten in den Mittelpunkt!
Immer öfter wird gefordert, zwischen Managern und Führern zu unterscheiden . Ein
Konsens besteht darin, dass Manager idealerweise auch Führer sein sollten, Führer aber nicht
unbedingt Managerqualitäten haben müssen. Essenzielle Unterschiede zwischen Führern und
Managern sind empirisch nicht belegt.
Manager Führer
Verhältnis Unpersönlich Persönlich
zu Zielen Entstehen aus objektiven Notwendigkeiten Entstehen aus subjektiven Bedürfnissen
Reaktives Reagieren auf Ideen Aktives Produzieren von Ideen
Verhältnis Konzentration auf Arbeitsprozesse Konzentration auf Arbeitsinhalte
zur Arbeit Reduziert Optionen in Entscheidungsprozessen Entwickelt neue Möglichkeiten, denen er
Problemlöser, Ausgleich in Gruppenprozessen motivierende Substanz gibt
Geringe emotionale Bindung zum Produkt Problementdecker, nicht auf Konsens bedacht
Identifikation mit Produkt (wie Künstler
Beziehung Starke Beziehungsorientierung, Angst vor Sucht mehr Auseinandersetzung mit Ideen als
zu Einsamkeit mit Menschen
Fehlen von Empathie und Emotionalität Intuitiv, empathisch, emotionale
anderen Vermittelt ‚Signale’ Vermittelt ‚Botschaften’
Motiviert mit Belohnung und Bestrafung Motiviert durch begeisternde Ideen
Erfüllt Rollenerwartungen und schöpft daraus Definiert Selbstbild nicht über die Erfüllung von
Selbstsicherheit Rollenerwartungen
Selbstbild Identifikation mit Status quo Gefühl der Unabhängigkeit vom Status quo
FK müssen heute im Stande sein die Aspekte von Leadership und Management flexibel
einzusetzen. Die meisten Führungsforscher stimmen darin überein, dass der Erfolg von
Managern in modernen Organisationen auch von Leaderqualitäten abhängt.
121 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
5.1CHARISMATISCHE FÜHRUNG
Charismatische Führungskräfte schaffen es, durch ihre persönliche Ausstrahlung und
Anziehungskraft, Mitarbeiter in die gewünschte Richtung zu steuern. Charismatische
Führungspersonen sind dann erfolgreich, wenn die Aufgaben in einer Organisation eine
ideologische Komponente enthalten oder wenn sich das Unternehmen in einer Krise befindet.
Sie verfügen über eine ‚Vision’ und können diese formulieren und kommunizieren. Der
außergewöhnliche Verhaltensstil erweckt die Vorstellung der besonderen Eignung und die
Persönlichkeit hat außerdem das sensible Gespür gegenüber den Möglichkeiten, die die
Umwelt zulässt. House (1977) entwickelte eine Theorie, mit Hilfe derer charismatische
Führerschaft durch ein Set von testbaren Hypothesen über Prozesse geprüft werden kann.
Charismatische Führung baut auf Zukunftsvisionen, während sich traditionelle
Führungstheorien auf aufgaben- und personenzentriertes Führungsverhalten stürzen. Zudem
orientieren sich charismatische Theorien an den Emotionen der Geführten, ihrem Selbstwert,
dem Vertrauen in die Führungsperson und das Leistungsmotiv, während bei traditioneller
Führung Arbeitszufriedenheit und Leistung im Vordergrund stehen.
Nach Weibler(2001) hängt das interpersonale Vertrauen u.a. von der persönlichen Disposition
des Vertrauenden und der Vertrauenswürdigkeit der Zielperson ab. Vertrauen ist das Ergebnis
einer reziproken Beziehung zwischen Vertrauendem und Zielperson und wird durch das
Systemvertrauen und durch situative Einflüsse mit beeinflusst. Vertrauen der MA in die FK ist
besonders relevant.
Kalkülbasiertes Vertrauen beruht auf der Überlegung, dass die Zielperson das ihr
entgegengebrachte Vertrauen nicht ausnutzen wird. Wissensbasiertes Vertrauen basiert auf
der Erfahrung kooperativen Verhaltens. Identifikationsbasiertes Vertrauen ist dann
vorhanden, wenn die vertrauende Person positive Erlebnisse hatte, die Zielperson gut gesinnt
ist, als kompetent, loyal und integer wahrgenommen wird. Charismatischen Führungskräften
dürfte v.a. identifikationsbasiertes Vertrauen entgegengebracht werden.
MA, die den Vorgesetzten als vertrauenswürdig wahrnehmen, zeigen höhere Leistungen.
Vertrauen stärkt Kooperation, gemeinsames arbeiten und wirkt sich positiv auf
Gruppenerfahrungen aus. Der Zusammenhang von Vertrauen zu transformationaler Führung
(r=.72) ist höher als zu transaktionaler Führung (r=.59).
Howel und Shamir (2005) führen die Effektivität charismat. Führung auf Veränderungen im
Selbstkonzept der Geführten zurück. Sie unterscheiden:
Negativeffekte:
- auf Seiten der MA (vorallem bei personalisierten Beziehungen) könnte der Leistungseinsatz
in blindem Eifer ausarten oder unkritische Haltung, geringe Eigeninitiative, Abhängigkeit
resultieren.
Transaktionale Führung basiert auf dem Prinzip des Austausches von rational kalkulierten
Beiträgen zwischen MA (Leistung) und FK (Belohnung wie Geld, Weiterbildung, etc.).
(2) Zielspezifität
(3) Zielinstrumentalität
(4) Partizipation
(5) Zielhöhe
(6) Feedback
(7) Prioritäten bei Zielpluralität
(8) Dezentrale Selbstregulation
Emotionalität ist das leitende Prinzip: Der Führende wird idealisiert und bietet den
Mitarbeitern die Möglichkeit der Identifikation. Gefühle und Verstand der MA werden
gleichermaßen angesprochen.
Untersuchungen welches Element am wichtigsten haben ergeben, dass die Formulierung und
Kommunikation der Vision durch den Leader und seine eigene Überzeugung, dass diese
erstrebenswert und erreichbar ist, bedeutender ist, als dass der Leader eine außergewöhnliche
und charismatische Persönlichkeit hat. Laut Studienergebnissen von Bass (1997) ist
Transformational Leadership situations- und kulturunabhängig und in verschiedenen
Organisationen und Hierarchieebenen effektiv.
Ziel der transformationalen Führung ist es, bei den Beteiligten die Motivation zu erhöhen,
Befriedigung aus dem Zusammenhalt zu gewinnen und das Bewusstsein für Leistung zu
stärken. Die positive Auswirkung transformationaler Führung auf das Commitment der
Follower ist umso größer, je häufiger und höherwertiger der Austausch zwischen Leader und
Follower ist. Ziel sollte es daher sein, die Führungsdistanz zu verringern und mehr
Kontaktsituationen zu schaffen.
Dieses Modell von Bass und Avolio (1994) versucht das gesamte
Führungsverhaltensspektrum abzubilden. Transformationale Führung wird darin als
eigenständige Dimension ergänzend zu transaktionaler Führung konzipiert und schließlich
wurde die Dimension „Laissez faire“ ergänzt. Effektive und erfolgreiche FK sollten beide
Seiten bedienen können und nicht nur eine Vision begeisternd vermitteln können, sondern
auch die Fähigkeit haben, Strukturen und Belohnungssysteme zu etablieren, welche ihre MA
in die Lage versetzen, angestrebte Ziele zu erreichen.
Dimension des „Full Range Model of Leadership“ bzw. Unterschiede zw. transaktionaler und
transformationaler Führung:
Astro Airlines – eine Fallstudie: Verlauf einer Firmengeschichte mit charismatischer Führung. Der Gründer war
ein charismatischer Führer mit der Vision, Flüge allen zugänglich zu machen und eine völlig anderen
Organisationsstruktur anzubieten in dem Unternehmen. Mitarbeiter am Anfang sehr motiviert, Gewinne wurden
eingebracht, die Firma wurde größer und größer. Die übermäßige Arbeitsbelastung und da Chaos, das die
Mitarbeiter zuerst als vorübergehend erachtet hatten, hielten an und es wurden keine Strukturen geboten um die
Kommunikation in der Firma zu verbessern. Mitarbeiter waren auf sich allein gestellt, keine Trainings, mehr
Mitarbeiter und wenige Manager, Chaos, Führer hatte Geschäftsstrategie verändert (mehrmals), nutzte nichts,
schlussendlich Konkurs.
Das Konzept des authentischen Leadership von Luthans und Avolio (2005) basiert auf drei
Elementen:
Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan (2000): Selbstkompetenz, Autonomie,
Zugehörigkeit
positiver Psychologie von Seligman und Csikszentmihalyi (2000): gesunde, positive
Aspekte menschlicher Prozesse in Zusammenhang mit Organisationsdynamiken
demnach hat Authentizität substantielle Bedeutung für die Wahrnehmung von Sinn
durch MA im Führungsprozess
Aspekten der transformationalen Führungstheorie
Der Begriff „Servant Leadership“ geht auf Greenleaf (1977) zurück, der die Meinung vertrat,
dass gute Führung zu allererst im Dienste der Bedürfnisse anderer stehen muss. Der Fokus
liegt auf dem Dienst an den MA, deren Wertschätzung und Entwicklung. Ziel ist es, andere
bei der Erreichung gemeinsamer Ziele zu unterstützen. Nach dem Servant-Leadership-
Konzept sollen der Dienst an den MA und die Verfolgung von Unternehmenszielen in
Einklang gebracht werden. Die Organisationsziele werden auf Basis der von den MA als
sinnvoll erlebten Arbeit und des Wohlbefindens der MA erreicht.
In einer Studie konnte die Bedeutung von Servant Leadership für die Teameffektivität
nachgewiesen werden und folgende Bedingungen definiert:
Verlässlichkeit, Unterstützung und Ressourcen bereitstellen, Ehrlichkeit, Stärkung der
Zusammenarbeit, klare Kommunikation, Wertschätzung
Auch die FK selbst dienen als Symbole, welche die Werte und Überzeugungen des
Unternehmens und der FK widerspiegeln. Die Wirkung von Führung entsteht durch
subjektive und kollektive Interpretationen. Die gezielte Nutzung dieser Tatsache nennt man
symbolische Führung. Symbolische Führung hat zwei Seiten:
Symbolische Führung als Kreislauf: Die Frage, wie MA das Verhalten von Vorgesetzten
interpretieren, beeinflusst den Führungserfolg, und dieser hängt wiederum davon ab, wie gut
es Führungskräften gelingt, ein System geteilter Meinungen und Interpretationen der
Wirklichkeit herzustellen bzw. zu verflüssigen und zu festigen.
Hofstede analysiert 100 000 Fragebögen aus mehr als 50 Ländern und hat fünf Dimensionen
herausgefiltert, anhand derer sich Kulturen unterscheiden und die einen wesentlichen Einfluss
auf das Verhalten von Organisationen und deren Führung haben:
Machtdistanz
Individualismus vs. Kollektisismus
Maskulinität vs. Femininität
Unsicherheitsvermeidung
lang- oder kurzfristige Orientierung
Bezugnehmend auf diese Erkenntnisse hat House et al. (1991) das größte kulturübergreifende
Forschungsprojekt GLOBE (Global Leadership and Organizational Behaviour Effectiveness)
ins Leben gerufen. Es wurden 17 000 Führungskräfte aus 950 Unternehmen aus 62 Ländern
mit verschiedenen Verfahren befragt. Für die Auswertung wurden Länder und nationale
Kulturen zu Clustern zusammengefasst und diese Cluster in Bezug auf verschiedene
Dimensionen verglichen. Auf diese Weise lassen sich kulturübergreifende Gemeinsamkeiten
und Unterschiede bei den Vorstellungen über effektive Führung identifizieren.
Integrität
Leistungs- und Verbesserungsorientierung/Inspiration
aktive Gestaltung der Teamarbeit
Bei der Integration von Kultur als Kontextfaktor in Führungsmodellen müssen nach Avolio
(2007) folgende Punkte berücksichtigt werden:
Die langsame Eroberung der Führungspositionen durch Frauen kann auf drei
unterschiedlichen Wegen erklärt werden (Vinkenburg, Jansen und Koopman, 2000):
Studie von Rodler, Kirchler und Hölzl (2001) über die Veränderung von Stereotypern: Die Beschreibung von
verstorbenen Führungskräften durch Verben, Adjektive und Substantiva in den Todesanzeigen von
Tageszeitungen wurden herangezogen. In den 70er und 80er Jahren wurden Männer und Frauen sehr
unterschiedlich beschrieben. In den 90er war eine deutliche Annäherung zu erkennen. In den 70ern wurden
z.Bsp. Frauen als liebenswert, treu und verehrenswürdig beschrieben und in den 90ern bis hin zu engagiert und
professionell. Männer blieben die Jahre über stabil: kompetent, intelligent und weitsichtig.
Studie über die Veränderung von Stereotypen männlicher und weiblicher FK über die Jahre
von Rodler, Kirchler und Hölzl (2001):
Methode: Analyse von Todesanzeigen verstorbener FK. Indirekte Methode von Vorteil,
da bei einer direkten Befragung die Antworten im Sinne sozialer Erwünschtheit verfälscht
werden würden.
Indikatoren für Stereotype: Verben, Adjektive, Substantiva und Satzteile. Der Inhalt der
Todesanzeigen spiegelt die Erwartungen an eine typische Führungskraft wieder.
Durchführung: Analyse von 894 Todesanzeigen aus 4 deutsche Tageszeitungen in den
Jahren 1974, 1980, 1986, 1992 und 1998.
Ergebnisse: 1974: Deutliche Unterschiede im Bezug auf das Geschlecht: Frauen wurden
als verehrungswürdig, liebenswert und treu beschrieben. Männer wurden als kompetent,
weitsichtig und intelligent beschrieben. In den 90er Jahren zeigte sich eine Veränderung
in Richtung Personenorientierung. 1992 und 1998 kam es zu einer Annäherung in der
Beschreibung von männlichen und weiblichen FK. Insgesamt wurde Männern zu allen
Untersuchungszeitpunkten typische stabile (z. B. Kompetenz) Führungseigenschaften
zugeschrieben, während Frauen allenfalls Engagement zugeschrieben wurde, das
allerdings eine instabile Persönlichkeitseigenschaft darstellt. Frauen müssen sich
besonders anstrengen, um Mitarbeiter von ihrer Kompetenz zu überzeugen und Vertrauen
zu gewinnen.
129 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
V. ENTSCHEIDUNGEN IN
ORGANISATIONEN
1. AUFGABEN
McGrath (1984) unterscheidet 8 Aufgabenarten, die auf den Dimensionen Begriffsebene/
Verhaltensebene und Konflikt/ Kooperation angeordnet werden können. Aufgabentypen
nach McGrath:
Kooperation
Kreativitätsaufgaben Planungen
Problem- Leistungs-
Lösungen methoden
Entscheidungen
Machtkämpfe
Kognitive Interessens-
Konflikte Konflikte
Konflikt
Begriffsebene Verhaltensebene
(1) Kreativleistungen: zur Aufgabenbewältigung ist zunächst die Produktion neuer Ideen
notwenig (Entwicklung einer neuen Produktbezeichnung)
(2) Problemlösungen: nach einer nachweislich korrekten Lösung wird gesucht
(3) Entscheidungen: eine ‚beste’ Lösung soll gewählt werden, obwohl es keine
nachweislich und unmittelbar einsichtig korrekte Lösung gibt. Dabei spielen
Werthaltungen eine wichtige Rolle
(4) Kognitive Konflikte: zwischen widersprechenden Vorstellungen muss eine Auswahl
getroffen werden.
(5) Interessenskonflikte: man muss sich über unvereinbare Interessen einigen
(6) Machtkämpfe: Konflikte bei denen die Machtreihung der Mitglieder betroffen ist
130 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Problemlösungen Entscheidungen
Kreativleistung
Planung
1.1PROBLEME
Probleme sind Aufgaben, bei denen es eine korrekte Lösung gibt . Hat man ein
Problem, weiß man zwar um sein Ziel, nicht aber darum, wie man es erreichen sollte, da
dazwischen eine Barriere liegt. Ob ein Sachverhalt zu einem Problem wird, liegt nicht nur an
der objektischen Schwierigkeit einer Aufgabe, sondern auch an der bearbeitenden Person.
Problemlösen ist ein Prozess: Verstehen des Problems Ausbildung einer subjektiven
mentalen Repräsentation Suche nach einer Lösung mit Hilfe von
Problemlösungsstrategien. Je nach Umfang dieses Prozesses sind Probleme unterschiedlich
komplex. Die einfachste Form eines Problems ist das Einsichtproblem:
Puzzles: ein klar definierter Anfangszustand A (Teile eines Ganzen) soll in einen Zielzustand Z überführt
werden. Sofort nach Einsicht, wie die Teile zusammen passen (Barriere B) gelangt man zur Lösung.
Aufgabenstellung ist schnell zu verstehen, Bearbeitung einfach, kein Vorwissen nötig.
Tumorproblem: mit krankem Gewebe wird durch starke Strahlung auch gesundes Gewebe zerstört; Lösung: von
mehreren Seiten bestrahlen und Strahlen im kranken Gewebe bündeln.
Turm von Hanoi: drei Ringe müssen in genau derselben Reihenfolge vom ersten auf den letzten Stab gebracht
werden. Es darf aber jeweils nur eine Scheibe bewegt werden und nie eine größere auf eine kleinere gelegt
werden.
(1) Komplexität: bei einem Problem sind mehrere Aspekte vorhanden, die alle beachtet
werden müssen (z.B. Entwicklung eines neuen Produkts)
(2) Vernetztheit: die einzelnen Aspekte sind nicht unabhängig, sondern beeinflussen
einander wechselseitig
(3) Eigendynamik: die Situation ändert sich auch ohne Eingriff von außen (Geburtenrate
und Alter und deren Einfluss auf Nachfrage von Konsumenten)
(4) Polyteilie: innerhalb einer Problemstellung sind mehrere Ziele vorhanden, die
einander auch widersprechen können (geringer Preis UND hohe Qualität)
(5) Unbestimmtheit: die zu erreichenden Ziele sind nicht deutlich formuliert (‚do your
best’)
132 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Die meisten Probleme im Berufs- und Alltagsleben sind keine Einsichtsprobleme, sondern
komplexe Probleme, zu deren Lösung strategisches Denken nötig ist. Die Schwierigkeit eines
Problems hängt von mehreren Kriterien ab:
Die subjektive Schwierigkeit hängt von der mentalen Repräsentation der Aufgabe, der
Ausgangslage und des Ziels, der Barrieren und der Möglichkeiten, diese zu überwinden, ab.
Die wichtigsten Objekte und Operanden müssen repräsentiert werden, wodurch ein
‚Problemraum’ entsteht, der den subjektiven Schwierigkeitsgrad ausmacht. Probleme mit
gleichem objektiven, aber verschiedenem subjektiven Schwierigkeitsgrad werden
‚isomorphe Probleme’ genannt.
Ein isomorphes Problem zum Turm von Hanoi ist das Monsterproblem: drei fünfhändige Monster (Wom, Muk,
Zon) halten drei Kristallkugeln – eine kleinere, eine mittlere, eine große. Wom hält alle Kugeln, Muk und Zon
keine. Ein magisches Ritual verlangt, dass die Monster die Kugeln tauschen, bis Zon alle Kugeln hält. Dabei
sind Riten und Höflichkeitsregeln zu beachten. Kugeln können den Besitzer nur wechseln, wenn ein Monster ein
anderes nach folgenden Regeln demütig bittet: pro Zug darf nur 1 Monster bitten; ein Monster, das bereits eine
oder mehrere Kugeln in seinen 5 Händen hält, darf nur um eine kleinere bitten; ein Monster darf jeweils nur um
die kleinste Kugel gebeten werden, die sie besitzt.
Beim Turm von Hanoi und dem Monsterproblem liegen objektiv das gleiche Problem vor,
esist jedoch in unterschiedliche subjektive Problemräume gebettet, da die unterschiedliche
semantische Einkleidung zu unterschiedlichen mentalen Repräsentationen führt. Das
Monsterproblem scheint realitätsferner und schwieriger zu lösen.
1.2ENTSCHEIDUNGEN
Eine Entscheidung ist eine Situation, in der Entscheidungsträger die
Möglichkeit haben, eine Handlung aus mehreren Alternativen auszuwählen . Sie
sind durch keine objektiv korrekte Lösung gekennzeichnet. Entscheidung bezeichnet nicht
nur die Situation, in der gewählt werden muss, sondern auch das Ergebnis von
Wahlprozessen. Demnach ist zu unterscheiden, ob der beste Weg beschritten wurde, oder die
beste Alternative gefunden wurde. Für den Konfliktgrad (oder Schwierigkeitsgrad) einer
Entscheidung sind verschiedene Merkmale verantwortlich.
133 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Konfliktstärke:
- Offenheit
- Zwischenschritte
- Konsequenzen
- Einmaligkeit/ Routine
- Wissen
- Motivation/ Emotion
Konfliktstärke
(1) Offenheit: die Menge der zur Verfügung stehenden Optionen kann offen oder durch
eine bestimmte Anzahl festgelegt sein. Je mehr offene Optionen, desto aufwendiger,
konfliktreicher und zeitaufwendiger (z.B. neue Möglichkeiten zur Mitarbeiterbindung
zu entwickeln)
(2) Zwischenschritte: ziehen sich Entscheidungen über mehrere Schritte, spricht man von
mehrstufigen Entscheidungen oder Szenarien. Je mehr Schritte, desto komplexer und
schwieriger
(3) Konsequenzen: Entscheidungen sind umso schwieriger, je weniger absehbar die
Folgen einer gewählten Alternative sind
(4) Einmaligkeit versus Routine: für wiederholte Entscheidungen sind
Bewältigungsstrategien - ,Skripts’ – vorhanden. In neuen und ungewohnten
Situationen ist ausführliche Informationssammlung- und verarbeitung nötig und die
Entscheidung ist schwieriger. Routinemäßige Entscheidungen (programmed) und
Entscheidungen ohne Routine (non programmed):
Entscheidungstyp
(5) Wissen: Je weniger Wissen vorhanden ist, desto schwieriger wird die Entscheidung
(6) Motivation und Emotion: Motivation beschreibt die notwendige Wissensaktivierung
und die Beweggründe, sich auf eine Entscheidungsdynamik einzulassen. Bei
Emotionen kann zwischen aktuellen Stimmungen, die unabhängig vom
Entscheidungsproblem entstanden sind, und solchen, die direkt aus der Bewertung der
Handlungskonsequenz resultieren, unterschieden werden. Beide können sich auf
134 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Nach Simon (1960) liegt das Wesen der Managementtätigkeit im Treffen von
Entscheidungen: Mitarbeiter holen Infos ein und leiten sie an Manager weiter, die dann die
Entscheidung treffen top-down. Ein neuer Ansatz dagegen sind ‚empowered decisions’
oder ‚ermächtigte Entscheidungen’, wobei die Mitarbeiter eigenmächtig Entscheidungen
treffen. Dadurch soll die Akzeptanz von Entscheidungen erhöht werden.
1.2.1 ENTSCHEIDUNGSRISIKO
1.2.2 ENTSCHEIDUNGSGÜTE
Qualität
Akzeptanz
- Qualität: die getroffenen Entscheidungen müssen nicht immer nach dem Modell des
Homo Oeconomicus optimal sein; zufriedenstellende Entscheidungen sind meist
ausreichend gut und ohnehin realistischer. Gravierende Fehler aber müssen vermieden
werden
- Zeitaufwand (Rechtzeitigkeit): Einhaltung von Deadlines
- Akzeptanz: liegt vor, wenn die Betroffenen die Entscheidung verstehen, akzeptieren
und umsetzen können
- Ethische Angemessenheit: kann nur unter situativen Rahmenbedingungen, die
historisch und kulturell bedingt sind, festgestellt werden
2. GRUPPEN IN ORGANISATIONEN
Führungskräfte müssen zumeist sehr komplexe Entscheidungen unter sehr ungünstigen
Bedingungen treffen. Mehrere Personen gemeinsam können oft effizienter Probleme lösen
und Entscheidungen treffen, allerdings kann die Gruppendynamik die Erreichung eines
positiven Ergebnisses auch behindern. Eine Arbeitsgruppe besteht aus mehreren
Personen, die in einer Arbeitssituation zusammenarbeiten, um Gruppen- zw.
Organisationsziele zu erreichen. Gruppen zeichnen sich durch eine Reihe von
Merkmalen aus:
- Sie bestehen aus mehreren Individuen, sind also soziale Gebilde (zumeist ist die
Untergrenze drei Personen)
- In Oganisationen werden Gruppen meist für längere Zeidauer für die Lösung
spezifischer Probleme eingerichtet
- Mitglieder stehen in direkter Interaktion miteinander, Formen der Kommunikation
können unterschiedlich sein
- Normen, denen die Mitglieder verpflichtet sind
- Zusammengehörigkeitsgefühl, ‚Wir-Verständnis’
- Differenzierung von Rollen.
Teams werden generell als spezielle Gruppen verstanden, in denen sich die Mitglieder durch
verschiedene Fähigkeiten ergänzen und auf bestimmte Ziele hinarbeiten bzw. bestimmte
Aufgaben erfüllen. Sie sind durch besondere Involvierung, hohes Verantwortungsgefühl für
die Qualität der Arbeit ausgezeichnet. Hier werden die Begriffe Team und Arbeitsgruppe
136 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
synonym verwendet. Arbeitsgruppen differieren in einer Anzahl von Merkmalen, die die
Motivation und das Verhalten der Mitglieder bedingen:
(1) Gruppengröße: mit zunehmender Anzahl von Mitgliedern wird die Interaktion
komplexer und die direkte Kommunikation schwieriger. Üblicherweise wird eine
Größe von 5-9 als optimal angenommen, was aber auch von der Aufgabenstellung
abhängt (bei Infosuche besser mehr; bei Koordinationsaufgaben besser weniger).
Meist sinkt mit steigender Größe die Identifikation und Zufriedenheit.
(2) ‚Single’ versus ‚multiple function’: die Mitglieder können aus einem oder aus
mehreren Arbeitsbereichen stammen.
(3) Gruppenattraktivität: Ausmaß, zu dem es für Personen erstrebenswert ist, Mitglied
einer Gruppe zu sein. Sie nimmt zu, wenn die Gruppe relativ klein ist und kooperativ
erscheint, Kommunikation gefördert wird und die Gruppe damit ein hohes Prestige
hat. Sie steht im Zusammenhang mit dem ‚Wir-Gefühl’ innerhalb der Gruppe.
(4) Gruppenkohäsion: der ‚innere Zusammenhalt’ wird auch als das Ausmaß
wechselseitiger positiver Gefühle beschrieben. Hohe Kohäsion ist mit einem hohen
Wir-Gefühl, aber auch mit einer hohen Distanzierung von anderen Gruppen
verbunden. Bei hoher Kohäsion ist die Zufriedenheit hoch, Normen werden als
verpflichtend erlebt, auch scheint die Leistung mit der Kohäsion zu korrelieren.
Kohäsion steigt dann, wenn sich die Mitglieder in wesentlichen Merkmalen als
ähnlich erleben, sich oft und über einen längeren Zeitraum treffen, wenig fluktuieren,
sich mit Aufgaben und Zielen der Gruppe identifizieren und emotionalen und
instrumentellen Gewinn aus der Zugehörigkeit schöpfen. Ein starker
Gruppenzusammenhang ist ein notwendiger, nicht aber ausreichender Faktor für gute
Gruppenleistungen: bei hoher Kohäsion und hohen Leistungsnormen werden hohe
Leistungen erbracht, bei hoher Kohäsion und niedrigen Leistungsnormen niedrige
Leistungen. Die Studien von Tajfel zur Sozialen Identität illustrieren, wie komplex
Gruppendynamiken sein können.
(5) Gruppenziele: Erfolgreiche Arbeitsgruppen verfolgen gemeinsame Ziele und nutzen
vorhandene Gruppenressourcen effektiv. Unterschieden wird in formelle und
informelle Ziele. Formelle Ziele sind explizit (schriftlich oder mündlich) vorgegeben
und dienen der Erreichung von Organisationszielen. Formelle und informelle Ziele
können einander widersprechen und sich gegenseitig behindern, können einander auch
stützen, was die Effektivität der Gruppe erhöht. Gruppenziele sind dann effektiv, wenn
sie von Mitgliedern akzeptiert werden, spezifisch sind und eine hohe Herausforderung
darstellen.
(6) Gruppennormen: bezieht sich auf nicht schriftlich vorliegende, informelle
Erwartungen, die das Verhalten der Gruppe und ihrer Mitglieder beeinflussen.
(7) Rollen: die formale Rollenbildung muss der informellen nicht unbedingt entsprechen.
Horizontale Rollendifferenzierung meint die Ausbildung von Spezialisten für
bestimmte Bereiche, während vertikale Rollendifferenzierung eine hierarchische
Ordnung impliziert.
(8) Formelle versus informelle Gruppen: Formelle Gruppen werden eingesetzt, um
Organisationsziele zu erreichen, die Mitgliedschaft ist nicht unbedingt freiwillig, auch
Gruppenstruktur und Kommunikationsform werden explizit festgelegt. Informelle
Gruppen entwickeln sich spontan und Mitgliedschaft wird frei gewählt. Sie können
den Organisationszielen, aber auch individuellen oder spezifischen Gruppenzielen
dienen.
(9) Traditionell geführte versus selbstorganisierte Gruppen: in traditionell geführten
Gruppen agiert eine bestimmte Person als Führer. In selbstorganisierten Gruppen
teilen die Gruppenmitglieder die Verantwortung für die verschiedenen Funktionen und
137 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
- 1. ‚Forming’: damit beginnt eine Phase der Unsicherheit. Diese Phase findet ihren
Abschluss, wenn sich die Mitglieder als Gruppe erleben.
- 2. ‚Storming’: drehen sich Konflikte um Rollendifferenzierung und Machtaufteilung.
Mit einer akzeptierten Führungshierarchie endet die Phase.
- 3. ‚Norming’: Gruppenkohäsion entsteht. Wenn die Gruppenstruktur stabilisiert ist,
endet diese Phase.
- 4. ‚Performing’: nachdem die vorhergehenden Stadien abgeschlossen sind, kann sich
die Gruppe auf ihre eigentliche Aufgabe und die Erreichung von Zielen konzentrieren.
- 5. ‚Adjouning’: bei zeitlich begrenzten Gruppen kommt es zu einer Phase der
Trennung.
Es kann auch von einer zunehmende Reife der Gruppe gesprochen werden, die beim
Forming beginnt und ihm Performing ihren Höhepunkt findet. Die Entwicklung einer
Gruppe benötigt Zeit und Energie. Ein weiteres theoretisches Modell von Robbins
(2001) geht davon aus, dass zwar nicht alle Gruppen dieselben Phasen durchlaufen,
aber die Zeitpunkte, zu denen die Phasen wechseln, identisch sind. Beim ersten
Treffen wird nur die Richtung der Gruppe festgelegt. Danach kommt eine Phase der
Trägkeit, eventuell zu einem Beharren auf einem festgefahrenen Kurs. Nach der Hälfte
der Zeit für die zu bearbeitende Aufgabe kommt ein Umschwung mit wesentlicher
Veränderung und von hoher Leistung geprägt ist. Danach kommt wieder eine Phase
der Trägheit. Das letzte Gruppentreffen ist noch einmal von hoher Aktivität
gekennzeichnet, um die Aufgabe abzuschließen.
2.1KOMMUNIKATION IN GRUPPEN
Es gibt keine ‚beste’ Kommunikationsform in Gruppen, sie ist vielmehr
abhängig von Gruppengröße, Aufgabentyp, Persönlichkeitsmerkmalen und auch
Geschlechtsunterschieden. Geschlechtsspezifische Kommunikationsstile:
(1) Rad: eine einzige zentrale Person kommuniziert mit allen Gruppenmitgliedern.
Rasche Kommunikation mit hoher Genauigkeit der Informationsweiterleitung,
138 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
allerdings geringe allgemeine Zufriedenheit. Ist bei einfachen Aufgaben und kleinen
Gruppen empfehlenswert.
(2) Y und Kette: hierarchisch geprägte Strukturen mit mittlerem Grad an Zentralisierung.
Langsame Informationsflüsse mit durchschnittlichen Genauigkeit der
Infoweiterleitung und eher geringer Zufriedenheit. Sinnvoll bei kleiner bis mittlerer
Gruppengröße und mittlerer Schwierigkeit der Aufgaben. Abzuraten bei Aufgaben,
die kreative Lösungen erfordern.
(3) Kreis: Geschlossene Kommunikationsschleife. Geschwindigkeit der Infoweiterleitung
gering, die Genauigkeit dafür hoch bei ebenso hoher Zufriedenheit. Bei kleinen
Gruppen und Erwünschtheit von Genauigkeit und Zufriedenheit.
(4) Totale: jedes Gruppenmitglied kommuniziert mit jedem. Bringt die besten Ergebnisse
bei komplexen Problemen, da nicht eine zentrale Person mit der Informationsverar-
beitungskapazität überlastet ist.
Das Konzept geht auf den Norweger Thorsrud zurück. Um der Zerstückelung der
Arbeitsprozesse und der damit verbundenen Sinnentleerung entgegenzuwirken,
werden Arbeitsgruppen eingerichtet, die eine mehr oder weniger ‚vollständige’
Arbeit übernehmen und teilweise autonom tätig sein können . (Vgl. auch ‚job
enrichment’ unter „Motivation in Organisationen“). Das Konzept im Sinne von Thorsrud
(weiterentwickelt von Wilson & Trist, Rice und Emery & Thorsrud) sieht vor, dass einer
Kleingruppe von etwa 3-10 Mitarbeitern eine Aufgabe vollständig übertragen wird.
Vollständige Aufgaben sind solche, die Möglichkeiten für eigenständige Zielsetzungen (im
Rahmen der Organisationsziele) und Entscheidungen bieten, die Entwicklung individueller
Arbeitsweisen fördern und genaue Rückmeldungen über die Ausführung der Arbeitsschritte
und Qualität der Ergebnisse geben. Vollständige Aufgaben übersteigen oft die Kapazitäten
eines Individuums, und werden daher immer öfter in Gruppen erledigt. Die Gruppen erleben
Selbstregulation und soziale Unterstützung. Autonomie und Rückmeldung aus der
Ausführung der Arbeit selbst fördern Motivation und Arbeitszufriedenheit.
Meister. Die Aufgaben der Gruppen umfassten direkte Fertigung, Einrichtung, Prüfung, Instandhaltung,
Administration, Anlernen neuer Mitarbeiter, Reinigung und Transport. Gruppenziele wurden durch
‚Management by Objectives’ festgesetzt. Die Qualität und deren Konstanz konnten erhöht werden, Kosten für
Qualitätskontrolle und Nachproduktion vermindert. Verletzungen und Fluktuation nahmen ab. Mehrkosten
waren durch zusätzliche Investitionen zu verzeichnen.
Kritik: Hawthorne-Effekt die postiven Effekte entstehen nicht durch die Maßnahme selbst,
sondern durch höhere Zuwendung zu den Beschäftigten. Die praktische Umsetzung ist oft
schwierig, die Erfordernisse höher und damit auch oft die Lohnkosten höher.
Aktiveres Freizeitverhalten
Qualitätszirkel sind Gruppen von etwa 5-10 Mitarbeitern, die sich auch außerhalb der
Arbeitszeit zur Diskussion von arbeitsbezogenen Themen treffen und Vorschläge zur
Verbesserung entwickeln. Dem Konzept geht die Erkenntnis voraus, dass Arbeiter Experten
für ihre Arbeit sind, über Probleme direkt Bescheid wissen und Verbesserungsvorschläge
entwickeln können. Qualitätszirkel erweitern die Arbeitskompetenz, binden aber die
Einzelnen in den loyalitätsfördernden Gruppenprozess ein. Sie fördern höhere Produktivität,
bessere Planung und damit einhergehende Ersparnisse, höhere Qualität des Outputs, bessere
Zusammenarbeit, höhere Mitarbeiterzufriedenheit, weniger Unfälle, verbesserte
Kommunikation...
Das Ziel der Lernstatt ist die Integration von Mitarbeitern aus verschiedenen Kulturen und
mit unterschiedlichen Sprachen v.a. zur Persönlichkeitsförderung durch gruppendynamische
140 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Prozesse und Kreativtechniken, erst in zweiter Linie zur Förderung der Produktivität. Zuerst
‚nur’ eingeführt, um Sprachkompetenzen ausländischer Mitarbeiter zu fördern, zeigte das
Projekt bald ungeahnte positive Auswirkungen, es kann als Spezialfall der Qualitätszirkel
angesehen werden.
3.1STRATEGIEN
Regeln, der Problembewältigung können gelernt und generalisiert werden, was
die zukünftige Problembewältigung stark beeeinflusst:
(1) Anti-Looping-Regel: verhindert, dass man sich im Kreise dreht.
(2) Zusammenfügung zweier Regeln: sind zwei Regeln kompatibel und können zu einer
einzigen zusammengefügt werden, reduziert dies das notwendige Arbeitsgedächtnis
(sind relativ lange sowie in grün gehaltene Werbespots für ein Produkt erfolgreich,
kann man lange und grüne Werbespots produzieren)
(3) Generalisation bzw. Spezialisierung des Diskriminationslernens: Generalisierung
oder Spezialisierung muss dem Problem angepasst sein
(4) Chunking: starke Makroregel, die auf viele Bedingungen anwendbar ist, wird
entwickelt.
Bsp: Vorwärtsgerichtet: ein zu autoritärer Filialleiter wird in eine andere Filiale versetzt. Der
Anfangszustand wurde verändert, genau genommen wurde das Problem aber nur verschoben.
Rückwärtsgerichtet: es wird eine Verhaltensänderung des Filialleiters bzw. eine Änderung in seiner
Beziehung zu den Mitarbeitern angestrebt.
Owen & Sweller (1985): unterschiedliche Orientierung am Ausgangspunkt bzw. am Ziel sind
unterschiedlich erfolgreich. 2 Gruppen sollten eine Seitenlänge berechnen. Die einen hatten eine
zielgerichtete spezifische Instruktion, die anderen eine vage. In der ‚vagen Gruppe’ wurden viel mehr
Fehler gemacht und weniger Lerneffekte erzielt.
(Rechenbeispiele, S. 59) Die Lösungswahrscheinlichkeit einer Gruppe ist der des Individuums
umso mehr überlegen, je größer die Gruppe ist und je schwieriger das Problem. Diese
Grundannahme dürfte korrekt sein und das Modell kann als ‚Faustregel’ gelten.
Problematisch an dem Modell ist die Annahme, dass die Gruppenmitglieder vergleichbare
Fähigkeiten haben und damit dieselben Lösungswahrscheinlichkeiten haben, zudem
unrealistisch ist die Annahme, die Lösungswahrscheinlichkeiten der einzelnen
Gruppenmitglieder seien völlig unabhängig voneinander.
Die Lösung von Problemen in Gruppen wird auch von sozialen Faktoren beeinflusst. Die
Anwesenheit anderer Personen kann die Einzelleistung hemmen oder aber zusätzlich
motivieren. Auch die einzelnen Mitglieder profitieren demnach unterschiedlich viel von der
Arbeit in der Gruppe und die Gruppen sind entsprechend unterschiedlich effektiv.
142 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Das Modell des ‚homo oeconomicus’ geht davon aus, dass Menschen rational,
auf Basis logischer Gesetze und nach dem Prinzip der Nutzenmaximierung
handeln. Es ist ein Maximierungsmodell, also ein normatives Modell, das simuliert, wie
ein idealisiertes Individuum optimal Entscheidungen trifft oder treffen sollte. Nach
Kühberger (1994) sind die Charakteristika einer Entscheidungssituation:
Das Rationalitätsmodell interessiert sich v.a. für Entscheidungsprozesse und weniger für
Ergebnisse. In Organisationen sollten Entscheidungen nach folgenden Schritten ablaufen:
Erfolgreiche Entscheidungen basieren auf den Fähigkeiten und der Motivation, zu einer
optimalen Entscheidung zu kommen. Die Qualität von Entscheidungen ergibt sich aus:
143 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
Festsetzung von
Vereinfachung eines Mindestanforderungen Suche nach eigenen
Problems (zufriedenstellende Alternativen
Kriterien)
ja
Wahl der ersten,
144 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
zufriedenstellenden
Alternative
Menschen treffen relativ leichte Entscheidungen und vernachlässigen viele Merkmale der
Alternativen. Die zuerst dargebotenen Alternativen haben zudem eine größere Chance
gewählt zu werden, sofern sie den Minimalanforderungen genügen.
Bewusstwerdung
eines Problems
Lipshitz & Strauss befassten sich mit verschiedenen Konzepten von Unsicherheit und
Risiko und dem Umgang mit Risiko. Im R.A.W.F.S.-Modell werden fünf Cluster von
Taktiken zum Umgang mit Unsicherheit erfasst:
Entscheidungen werden mit dem Versuch, Klarheit über die Situation zu gewinnen,
begonnen. Gelingt dies, werden Alternativen und Konsequenzen überlegt und vielleicht
mentale Vorwegnahmen der Entscheidung vorgenommen. Falls es nicht gelingt, wird
überlegt, wie unerwünschte Entwicklungen verhindert werden könnten oder wie
entgegengesteuert werden kann. Fehlen Infos und können diese auch nicht eingeholt werden,
so werden Meinungen gebildet, auf deren Basis entschieden werden kann. Werden zwei oder
mehrere zufriedenstellende Optionen gefunden, liegt ein Entscheidungskonflikt vor, dem mit
Abwägen der Vor- und Nachteile begegnet wird. Gelingt keine Entscheidung für eine
Alternative, werden Informationen unterdrückt, Konsequenzen und Gegenmaßnahmen
überlegt, oder neue Alternativen gesucht, bis schließlich eine Entscheidung getroffen wird.
(bildlich dargestellt siehe R.A.W.F.S-Modell zum Umgang mit Unsicherheit, S. 72).
Entscheidungsstile:
Werteorientierung
Sachorientierung Personenorientierung
Toleranz für Analytisch Begrifflich Denken (Ideen)
Führer
Mehrdeutigkeit proaktiv
Problemlöser Denkt in großen
(Änderungen)
Kompexität
Kognitive
Zusammenhängen
Bedürfnis nach Direktiv (anordnend) Verhaltensorientiert Aktualität (Tun)
Manager
Struktur Reaktiv
Erwartet Ergebnisse Braucht Anerkennung
(Aufrechterhaltung)
- direktiver Entscheidungsstil: einfache klare Lösungen. Wenige Optionen und nutzen von
bewährten Strategien. Nutzen der Machtposition
4.3ENTSCHEIDUNGSFEHLER
In der Ökonomie und der kognitiv orientierten Sozialpsychologie wurde der Mensch als
Verstandeswesen beschrieben, bis Nisbett & Ross (1980) zeigten, dass Laienurteile in
komplexen Situationen oft systematisch von normativ logischen Urteilen abweichen. Dass
kognitive Prozesse nicht immer die Realität abbilden, lässt sich anhand optischer
Täuschungen illustrieren. Fehler bei Entscheidungen in Organisationen können während der
Situationsanalyse, Zieldefinition, Informationssuche, Strategienwahl und während der
Bewertung der Ergebnisse auftreten.
(1) Fehler während der Situationsanalyse: Framing-Effekte beziehen sich auf die
Form der Präsentation einer Aufgabe und damit verbundene
Wahrnehmungsverzerrungen. Nach Kahnemann & Tversky (1979) und ihrer
147 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
(2) Fehler bei der Zieldefinition: langfristige, hohe Ziele strahlen oft eine magische
Kraft aus, auch wenn sie schon längst aufgegeben werden sollten. Sunk-Cost-
Effekt von Thaler : Wurden Investitionen für eine Angelegenheit getätigt, so
werden zukünftige Entscheidungen über weitere Investitionen zur Erledigung besagter
Angelegenheit umso bereitwilliger gefällt, je höher die vergangenen Investitionen
waren.
Etwa: teurer (3000€), mit Freunden geplanter Urlaub in den Rocky Mountains muss teuer (2000€)
storniert werden, da die Freunde aufgrund familiärer Probleme in die nahen Berge fahren müssen
(1000€). Obwohl ein Urlaub in den nahen Bergen plus Stornogebühr ebenso teuer wäre wie die Rocky
Mountains und außerdem wegen der Freunde attraktiver, wählt kaum jemand diese Alternative. Für
Unternehmen kann dies zu riskanten Geschäften führen! Kosten müssen gerechtfertigt werden!
Manchmal erblindet jede Vernunft in Verlustsituationen, was auch in
Wettbewerbssituationen deutlich wird.
Rumiati & Bonini (1996): Teilnehmer steigerten um eine Banknote im Wert von 100 DM, wobei bei
10 DM gestartet wurde und der Vorgänger jeweils um 1DM überboten werden musste. Bei Erreichung
von 100 DM wird nicht gestoppt! Ähnliche Entwicklungen lassen sich auch bei Preisunterbietungen
von Fluglinien beobachten.
(3) Fehler bei der Informationssuche- und Bewertung: sind häufig auf
Entscheidungsheuristiken zurückzuführen.
- Verfügbarkeitsheuristik: Urteile werden gebildet auf Basis der Leichtigkeit, mit der
Informationen aus dem Gedächtnis abgerufen oder generiert werden können. Dabei ist
die Schwierigkeit der Informationssuche ausschlaggebend.
Tversky & Kahnemann (1974): beim Vorlesen von Frauen- und Männernamen wurde jeweils bei den
berühmten Namen die Häufigkeit von Frauen bzw. Männernamen höher geschätzt.
Aber auch die Schwierigkeit der kognitiven Operationen hat großen Einfluss.
Tversky & Kahnemann (1974): Schätzung, ob bei einer Gruppe von 10 Personen mehr Untergruppen
aus jeweils 8 oder aus jeweils 2 Personen gebildet werden können. Anhand der Kombinatorik sind es
gleich viele, die Schätzungen sagen anderes.
Auch die Auffälligkeit von Ereignissen führt zu Fehlurteilen (so bei medial präsenten
aber weniger häufigen Todesursachen).
Kahnemann & Tversky: Vp mussten schätzen, ob eine fiktive Person Jurist oder Ingenieur war (aus 30
Ingenieuren und 70 Juristen oder genau umgekehrt). Dabei wurde nicht einmal die Verteilung in der
Gesamtstichprobe (30:70) berücksichtigt.
Neben der Verteilung wird auch die Stichprobengröße ignoriert, bei der Schätzung etwa ob in einem
Krankenhaus mit täglich 15 Geburten sowie in einem mit täglich 45 Geburten gleich häufig ein
Geschlechterverhältnis von 6:4 vorkommt, was zumeist bejaht wird, statistisch aber höchst
unwahrscheinlich ist.
Urteilsfehler beruhen auch auf Missverständnissen über den Zufall und typisch zufällige Ereignisse. Im
Lotto wird die Zahlenkombination „7 13 24 25 30 41“ für wahrscheinlicher gehalten als „1 2 3 4 5 6“
(4) Bei der Bewertung von Entscheidungen wird zumeist zuwenig konstruktive
Selbstkritik geübt und einmal getroffene Entscheidungen werden nicht mehr in
Frage gestellt. Oft werden im Nachhinein Rechtfertigungen für eine Entscheidung
gesucht. Im Nachhinein hat man’s immer schon geahnt, wie im ‚hindsight-bias’
oder im ‚knew-it-all-along-effect’.
Hölzl, Kircher & Rodler (2002): nach Einführung des Euro hatten diejenigen, die den Euro
befürworteten, die positiven Effekte immer schon geahnt und blendeten die negativen aus ihrem
Bewusstsein aus. Für Verneiner und negative Effekte gilt dasselbe.
mir noch und wie könnte ich sie mir beschaffen? Lasse ich mich bei der
Einschätzung von Erfolgswahrscheinlichkeiten von gängigen Vorstellungen oder
Stereotypen leiten? Vernachlässige ich bekannte Infos für neue? Sind manche Infos
Ballast und welche Infos und Rahmenbedingungen könnte ich vernachlässigen?
(5) Fragen zur Strategie: Stecke ich in der aktuellen Situation fest, bin ich genügend
oft für einen ‚globaleren Blick’ zurückgetreten? Habe ich ein Gesamtkonzept des
Prozesses? Halte ich nur aus Gewohnheit an meinem Vorgehen fest, oder deshalb,
weil schon so viele Kosten angefallen sind? Meide ich alternative Strategien, weil
sie zu aufwendig wären? Habe ich neue Vorgehensweisen überlegt? Sind die
herkömmlichen sinnvoll? Wäre eine Delegation der Aufgabe sinnvoll? Wer hat die
höchste Kompetenz oder die notwendigen Ressourcen zur Entscheidungsfindung?
(6) Fragen zur Ergebnisbewertung: Ist die Entscheidung tatsächlich sinnvoll? Gibt
es alternative Lösungen. Wer könnte mir helfen, Fehler zu entdecken? Rechtfertige
ich im Nachhinein meine Entscheidung?
Beurteilung einer Lösung durch mehrere Personen Druck zur Konformität, Groupthink-Phänomene
bedeutet Perspektivenvielfalt
Ähnlich wie bei der Lösung von Problemen sind auch bei Entscheidungen viele Vorteile der
Gruppe gegenüber Individuen denkbar. Gerade in komplexen Situationen könnten Gruppen
effektivere Entscheidungen treffen. Die soziale Dynamik in Gruppen kann aber auch
lösungshinderlich sein. ‚Gruppendenken’ (‚group think’) kann zu dramatischen Fehlern
führen. Es ist dann beobachtbar, wenn die Gruppenmitglieder in einem Entscheidungsprozess
die kritische Prüfung der Optionen zugunsten eines positiven Gruppenklimas und einem
starken Zusammengehörigkeitsgefühl vernachlässigen (Robbins, 2001). Gruppen treffen auch
dann oft suboptimale Entscheidungen, wenn sie von Experten besetzt sind:
Janis (1972): analysierte Dokumente über die Entscheidung zur Invasion in der Schweinebucht in Kuba unter
Kennedy 1961. Erst nachdem alles schiefgegangen war, mussten sich die Expterten eingestehen, dass sie einen
Fehler gemacht hatten.
150 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
In Gruppen, die besonder kohäsiv sind, sich von der Außenwelt absondern, über kein
systematisches Verfahren der Informationsverarbeitung- und Bewertung verfügen, direktiv
geführt sind und angesichts einer schwierigen Situation unter Stress stehen, ist die
Versuchung des Gruppendenkens besonders groß. Diese Gefahren können aber reduziert
werden, besonders ideal ist die Abhaltung sogenannter ‚second-chance meetings’, wo
Entscheidungen noch einmal überdacht werden können. Folgende Empfehlungen zur
Reduktion der Gefahr des Gruppendenkens sind hilfreich:
Wenn das Risiko der Entscheidung der Gruppe vom mittleren Risiko, das einzelne Mitglieder
akzeptieren würden, abweicht, wird vom ‚groupshift’ gesprochen. Gruppen neigen
dazu, riskantere und extremere Entscheidungen zu treffen als Individuen , v.a.
deshalb, weil risikofreudige Menschen ihre Meinungen dominanter vertreten. Welche
Auswirkungen Konformitätsdruck haben kann, hat Asch (1955) in klassischen Experimenten
zur Urteilsverzerrung gezeigt. Zudem keimt durch die familiäre Atmosphäre ein Gefühl der
Sicherheit auf, wodurch oft waghalsig agiert wird. Besonders wesentlich ist jedoch die
Tatsache, dass bei wachsender Gruppengröße die einzelnen Mitglieder sich immer weniger
verantwortlich fühlen für das Ergebnis der Gruppe. Minoritäten können gegenüber
Majoritäten die Oberhand gewinnen, wenn sie besonders konsistent und beharrlich
argumentieren. Moscovici (1979) betont auch, dass konsistente Argumente offenen
Widerspruch provozieren, den die meist recht heterogene Mehrheit nicht ebenso konsistent
bringen kann. Auch Emotionen üben Einfluss aus:
Extraversion Introversion
Emotionale Stabilität ? ?
4.5ENTSCHEIDUNGSTECHNIKEN
(1) Brainstorming : nach Osborn (1979) besteht das Brainstorming aus 2 Phasen mit
dem Ziel unerwartete, neue Ideen zu produzieren: zunächst werden möglichst viele
und verschiedenartige Ideen und Optionen generiert und aufgelistet, ohne bewertet zu
werden (Grünlichtphase). Quantität geht hier vor Qualität! In der zweiten Phase
findet eine Bewertung und Auswahl der Ideen statt (Rotlichtphase). Die Bewertung
kann anhand der Zweispalten-Methode erfolgen: in zwei Spalten werden jeweils Pro-
und Kontraargumente notiert. Kritik soll hier gefördert werden, eventuell von einem
‚advocatus diaboli’. Allgemein soll v.a. in der ersten Phase die Möglichkeit geboten
werden, alle Ideen ohne Angst vor Bewertung äußern zu können. Trotzdem ist die
Summe der Einfälle der Einzelnen meist höher als die der Gruppe, daher dürfte die
Gruppe doch hemmend wirken. Dagegen kann man jedes Mitglied vor der
gemeinsamen Überlegung Ideen überlegen und aufschreiben lassen.
(2) Nominalgruppen-Technik : hier werden Entscheidungen individuell gefällt. In
strukturierten Gruppentreffen erarbeiten die Mitglieder zunächst allein
Lösungsvorschläge und notieren diese. Danach werden die Lösungsvorschläge
präsentiert und abgestimmt, welcher akzeptiert werden soll. Dabei müssen auch nicht
alle Mitglieder physisch anwesend sein, es kann auch auf Telefon- oder
Videokonferenzen ausgewichen werden. Der große Vorteil ist, dass sich dominante
Personen nicht so durchsetzen können. Sie sind v.a. günstig, wenn Gruppengröße und
Vielfalt der Fachkenntnisse ansteigen.
(3) Delphi-Technik : diese Technik führt Schritt für Schritt zum Konsens. Sie bietet
sich bei großen Gruppen, in Entscheidungssituationen, bei denen große
Meinungsunterschiede erwartet werden oder wenn in der Vergangenheit keine
Einigung zu erreichen war, an. Es werden Expertenmeinungen eingeholt (daher
Delphi-Technik nach dem Orakel). Die Mitglieder setzen sich zuerst einzeln mit dem
Sachverhalt auseinander, dann entwickelt eine kleine Teilgruppe einen Fragebogen,
der einer größeren Teilgruppe vorgegeben wird. Die Ergebnisse werden rückgemeldet
und in den nächsten Fragebogen miteinbezogen, der wieder von einer größeren Menge
152 Kirchler (2011) Arbeits- und Organisationspsychologie
an Personen bearbeitet wird. Das Vorgehen wird wiederholt, bis es zu einer Einigung
kommt. Die Technik ist gut strukturiert, jedoch zeitaufwendig.
(4) MAUM-Technik (Multi-attribute-utility-measurement-Technik): arbeitet mit stark
vereinfachten Modellannahmen für soziale Entscheidungssituationen. Zunächst wird
der Nutzen, der maximiert werden soll, bestimmt. Dann wird eine Liste von
Handlungsalternativen erstellt und Zieldimensionen definiert. Danach werden die
Zieldimensionen nach Wichtigkeit gewichtet und die Gewichte nominiert. Der
erwartete Nutzen jeder möglichen Handlung wird auf jeder Zieldimension
eingeschätzt. So kann der erwartete Gesamtnutzen jeder Handlung berechnet werden,
und die Handlung mit dem höchsten erwarteten Nutzen ausgewählt. Das Vorgehen
erscheint effizient, ist aber sehr theoretisch und daher praktisch zweifelhaft.
(5) Trittleiter-Technik : führt zu einer schrittweisen Einbindung individueller Ideen.
Immer wieder wird ein neues Mitglied in der Gruppe aufgefordert, seine Ideen zu
präsentieren, unabhängig vom Wissensstand der Gruppe, welche die zu bearbeitende
Aufgabe bereits diskutiert hat. Zu Beginn arbeiten zwei Personen eigenständig an
einer Aufgabe, präsentieren dann aber zusammen ihre Ergebnisse. Inzwischen arbeitet
eine dritte Person an der Aufgabe und stellt ihren Output der Arbeit der Zweiergruppe
vor usw. Schließlich sucht die ganze Gruppe nach einer Lösung. Der Vorteil besteht
darin, dass jedes Mitglied gezwungen ist, neue Ideen zu generieren ohne
Beeinflussung durch die Gruppe. Die Gruppe hat den Vorteil, nicht bei
Entscheidungen hängen zu bleiben.
(6) Consensus Mapping : basiert auf der Typisierung und Kategorisierung von
ähnlichen Ideen. Zunächst entwickelt, erklärt und beurteilt eine Arbeitsgruppe eine
Reihe von Ideen. Dann werden die Ideen zu Untereinheiten gruppiert und alternative
Kategorisierungen diskutiert. Die Kategorien werden auf Überlappung und
Redundanz geprüft und zu einer einheitlichen Kategorisierung zusammengefügt. Die
Gruppe nimmt Stellung und entscheidet. Ist v.a. bei komplexen Aufgaben
erfolgversprechend.
Consensus
Trittleiter-
Nominal-
Mapping
Gruppen
TEchnik
Technik
MAUM
Delphi-
Direkte
Jede der Techniken hat Vor - und Nachteile. Je nach Rahmenbedingungen und
Aufgabenstellung, aber auch nach den relevanten Kriterien der Entscheidungsgüte muss daher
situativ entschieden werden, welche Technik angewendet werden soll.