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Wilhelm Viol.
1
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Freunds SchUer-Bibliothek.
Erste Mtheilung:
HrKparaiittn
zu
Preis 50 Pfge,
-«>K4E^»,"
Hräparation
zu
5 O'
Lcipzig,
Verlag von Wilhelm Violet.
-^
Isokrates' Panegyrikos und Areopagitikos.
Einleitung.
I. Leben und Schriften des IsuKlltes.
Isokrates ('/ao^<i«r^), der Vierte in der Reihe der sogen.
'zehn attischen Redner"), aus dem attischen Demos Erchia, geb.
436 v, Chr. (also 23 Iahr jünger als Lysias), Sohn des Theodoros,
eines wohlhabenden athenischen Bürgers, der eine Flötenfabrik besaß
(Viou78. llalie., izoer. 1) und dadurch die Mittel gewann, seinem
daher der von Isokrates ausgebildete Stil auch von den Alten der
glatte und theatermäßige (rö ^«^>v^»ov x«l s««r^l«öv kicko?) ge»
nannt wird.'
'Isokrates hatte ein sehr richtiges Gefühl, wie nothwendig für die
Entwickelung dieses Stils auch eine bestimmte Gattung von Gegen
ständen der Rede sei. Er pflegt selbst, auf eine für unser Gefühl auf
fallende Art, Inhalt und Form seiner Redekunst zu verbinden, wie
wenn er sich zu denen rechnet, "welche keine Reden über Privathändel,
sondern hellenische, politische und panegyrische schreiben, von denen Alle
eingestehen, daß sie der musikalischen und gebundenen Dichtersprache
näher ständen, als den Reden, die man in den Gerichten höre". (Iso
krates, Ntpl «vrlckl,'<7ku,?) Der volle Strom der Isokratischen Rede
fordert durchaus gewisse durchgehende Hauptgedanken, die im Einzelnen
aufs Mannigfachste aufgezeigt und mit immer steigender Kraft der
Ueberzeugung erwiesen werden können; die Gedanken müssen von selbst
in natürlicher Uebereinstimmung zusammenstießen und sich in große ein
ander ähnliche Mafsen zu leichter Ueberstcht vereinigen. Daher ver»
schwindet mit der Herrschaft von Isokrates' Redekunst aus dem Stile
der Attiker immer mehr jene Feinheit und Schärfe, welche jeden Be»
griff theils für sich, theils in seiner Struktur und Satzverbindung,
aufs Genaueste zu bestimmen sucht und darüber gern die Ueberein
stimmung der Ausdrücke, grammatischen Formen und Satzverknüpfungen
aufopfert, woraus jene sinnvolle Ungleichheit, jene gedankenreiche In»
concinnität der Rede hervorging, durch die Sophokles und ThucydideZ
sich auszeichnen. Ifokrates' strömende Rede und viel umspannender
Periodenbau würde durch diese Inconcinnität jene Leichtigkeit des Ver»
ständnisses verlieren, ohne welche es bei ihm nicht möglich wäre, daß
der Hörer schon das, was kommen wird, voraussieht und sich durch
die Erfüllung der Erwartung befriedigt fühlt, während er bei Thucn
dides kaum den schon vollendeten Satz recht zu fassen im Stande ist.
Daher bei Isokrates alle jene ferneren Unterscheidungen, welche den
grammatischen Ausdruck variiren, wegfallen; sein Bestreben ist sichtlich
dieselbe Struktur, mit denselben Cafus, Modi, Tempora möglichst
lange fortzusetzen. Auf der andern Seite ist Isokrates' Sprache zwar
^Einleitung. 9
immer von einer gewissen Wärme des Gefühls geschwellt, aber noch
gänzlich frei von dem Einflusse jener erschütternden Leidenschaften,
welche verbunden mit einer Schlauigkeit und rafsinirten List, die dem
redlichen Isokrates auch noch nicht zur Last gelegt werben kann, die
sogenannten Figuren des Gedankens s<7/^«r« rH? ckl«»'<,i«?) erzeugen.
Daher in seinen Reden zwar lebhafte Fragen, Ausrufungen, Steige»
rungen gefunden werden, aber nichts von jenen stärkeren und unregel
mäßigen Veränderungen des Ausdrucks, wie sie durch jene Stimmungen
erzeugt weroen. Auch verlangt Isokrates' rhythmischer Periodenbau,
der nur selten ein durch Ungleichheit überrafchendes Verhältniß der
Satzglieder zuläßt, eine gewisse Ruhe der Stimmung oder wenigstens
eine Gleichheit des Affekts; tiefer aus dem Innern aufbrausende und
sich mannigfach durchkreuzende Gefühle müssen nothwendig auch die
Banden dieses regelmäßigen Periodenbaus sprengen und die zerrissenen
Glieder zu neuen kühner geformten Organismen vereinigen. Daher die
Alten darin übereinstimmen, daß dem Isokrates jene Vehemenz der
Beredsamkeit, welche die Leidenschaft der Sprechenden auf die Hörenden
einströmen läßt, welche ckklvar^? im engern Sinne heißt, noch völlig
mangelt: nicht sowol, weil der Fleiß der Ausfeilung im Einzelnen
diese Gewalt der Rede hemmt (wie Plutarch von Isokrates sagt: "Wie
hätte der sich nicht vor dem Zusammenstoßen der Phalanx fürchten
müssen, der sich scheute, Vokal auf Vokal stoßen zu lassen oder dem
Isokolon eine Silbe zu wenig zu geben"), sondern, weil die ganze
Glätte und Ebenmäßigkeit der Rede nur bei einer ruhigen, durch keine
Perturbation aus ihrer Bahn gezogenen Bewegung der Gedanken be
stehen kann. Isokrates hat daher auch, in der wohlbegründeten Ueber»
zeugung, daß der von ihm ausgebildete Stil ganz eigentlich für die
panegyrische Eloquenz bestimmt sei, diesen Stil in Gerichtsreden nur
in sehr beschränktem Maße angewandt; er nähert sich in diesen bei
weitem mehr dem Lysias. Auch war Isokrates nicht in dem Maße
Logographos, wie der eben genannte Redner; die Redenschreiber für
Gerichtshandel erscheinen ihm in Vergleich mit seinen Studien, wie
Puppenverfertigungen gegen Phidias; er hat verhältnitzmäßig nur wenig
Reden für Privatleute zu bestimmten praktischen Zwecken geschrieben.
10 Einleitung.
Die Sammlung, welche wir besitzen und die den gröhten Theil der
Reden umfaßt, die man im Alterthum für ächte Werke des Isokrates
hielt, enthält fünfzehn paränetische, panegyrische und Uebungsreden,
die alle nur für Leser, nicht für Volksversammlungen oder Gerichte,
bestimmt waren, und dahinter sechs Gerichtsreden, von denen man
keinen Grund hat zu zweiseln, daß sie geschrieben worden sind, um
wirklich im Gericht vor streitenden Parteien gehalten zu werden. Auch
hat Isokrates die Grundsätze, die er in seinem Unterricht befolgt und
durch praktische Uebung immer mehr ausgebildet hatte, später in einer
sogenannten Techne theoretisch entwickelt, welche bei den alten Rhe»
toren großes Ansehen erlangte und oft angeführt wird.'
voi«; r^? ?lpö? ^«? «örov'?; desgl. § 19: ?v« ?l«l,<7«^kvc>l r^?
<7lu^k»', u. a.
Nach Angaben der Alten hat Isokrates am /?«v^/vplxo? zehn
(oder gar fünfzehn) Iahre gearbeitet; daß er sich lange Zeit damit
beschäftigt hat, sagt er selbst im Folg. § 14: Hv ^H x«l ro5 np«/^«.
1. PunegiiriKos.
Oxr. l.
(1) 'Oft schon habe ich mich über diejenigen gewundert, welche die
Festversammlungen berufen und die gymnischen WetMmpfe eingerichtet
haben, daß sie glückliche Körperanlagen so großer Belohnungen für
würdig erachteten, dagegen denen, welche sich im Privatleben für das
Gemeinwesen angestrengt und ihren Geist so ausgebildet haben, daß
sie auch Anderen nützen konnten, keine Auszeichnung zuerkannten, ob»
wol sie doch eigentlich auf diese noch mehr hatten Rücksicht nehmen
sollen. (2) Denn wenn die Athleten eine doppelt so große Stärke erhiel
ten, so würden doch Andere keinen Vortheil davon haben; eines
Mannes Verstand aber können Alle genießen, die an seiner Einsicht
Theil nehmen wollen. (3) Doch wollte ich deshalb nicht muthlos werden
und die Mühe aufgeben, sondern in der Meinung, daß der aus der
Rede selbst erwachsende Ruhm ein genügender Preis für mich sein
werde, bin ich aufgetreten, um euch hinsichtlich des Krieges gegen
die Barbaren und der Eintracht unter uns selbst meinen
Rath zu ertheilen, obgleich ich wohl weiß, daß Viele von denen, welche
sich für Lehrer der Beredsamkeit ausgeben, bereits an diesen Gegen
stand in ihren Reden herangegangen sind. (4) Zugleich aber hoffte ich
einmal, mich so sehr auszuzeichnen, daß es den Andern scheinen soll,
als sei niemals etwas darüber gesprochen worden, sodann halte ich die»
jenigen Reden für die schönsten von allen, welche über die wichtigsten
Dinge handeln, und sowol die Redner am besten bewähren, als
den Zuhörern am meisten nützen; und zu diesen gehört die meinige.
(5) Ferner ist auch die pafsende Zeit dazu noch nicht vorüber, so daß
es bereits umsonst wäre, diese Dinge zu erwähnen. Denn dann muß
man aufhören zu reden, wenn entweder die Sache ihr Ende erreicht
hat, und man nicht mehr nöthig hat, darüber zu berathen; oder wenn
man die Rede so weit geführt sieht, daß den Andern keine Möglichkeit
gelafsen ist, sie zu überbieten. (6) So lange aber die Dinge ebenso
wie früher gehen, und das darüber Gesagte unbrauchbar ist: warum
sollte man da diesen Gegenstand nicht in Betracht ziehen und darüber
studiren, der, wenn er richtig ausgeführt wird, uns von dem Kriege
gegen einander und der herrschenden Unruhe und den größten Uebeln
befreien wird? (7) Ueberdies, wenn es durchaus unmöglich wäre, die
selben Sachen anders als durch eine einzige Form darzustellen, so hätte
man wol Grund anzunehmen, es sei eine überflüssige Arbeit, noch ein
mal auf dieselbe Art wie Iene zu sprechen und dadurch den Zuhörern
lästig zu werden. (8) Da aber die Beredsamkeit so beschaffen ist, daß
man über dieselben Dinge auf vielfache Arten reden kann, das Er
habene zu erniedrigen und das Unbedeutende in den Schein der Größe
zu hüllen, das Alte auf eine neue Weise darzustellen, und über das
erst kürzlich Geschehene in alterthümlicher Weise zu reden, so braucht
man dasjenige nicht mehr zu vermeiden, worüber Andere früher ge
sprochen haben, sondern muß versuchen, besser als Iene zu sprechen.
19) Denn die früher ausgeführten Thaten sind uns Allen als Gemein
gut hinterlafsen worden, sie aber zu passender Zeit anzuwenden und
bei jeder das Schickliche aufzusinden und in Worten gut auszudrücken,
das ist ein Vorzug verständiger Männer. (10) Ich glaube aber, daß
14 l8olirat«8, kans8MKo8. Oap. I, 1.
sowol die übrigen Künste als auch das Studium der Beredsamkeit dann
die meisten Fortschritte machen würde, wenn man nicht diejenigen be»
wunderte und ehrte, die zuerst ein Werk beginnen, sondern die, welche
es jedesmal am besten ausführen, und nicht die, welche über Dinge
zu reden suchen, über welche noch Niemand vorher gesprochen hat,
sondern die, welche so zu sprechen wissen, wie es kein Anderer ver
möchte.'
1. lio^clxl? ^s«^«<7« ste., ebenso beginnt Xenophon die NL-
mor»b,: /lo^«'xl? ^s«l!^«<7«, r/<7l nor« Xo^ol? sie.; vgl. ähnlich
den Anfang des ^reopazit. : no^ov? v^cüv o?/i«l s«v//«^klv, 5/v-
r«v« ?lork /vu!/«^v «/wv ete. Zur Construction an unsrer Stelle
s«v/^«^klv rcvo? mit folg, Satze vgl. Izoor. 3 § 3: suv//ü^w rcüv
r«vr^v rHv /vll>,«^v ^övrwv, 3?iw? o^ x«l röv ?i<!,oVrov x«xlü?
^,«/ov<7lv — r«? ii«v^/vpkl?, s. d. vorsieh. Einleit. S. 10 und unten
§ 43 : rcüv ro/vw r«? ^«vi/^^kl? x«r«<7r^!7«vrluv <llX«/l<>? «?l«l-
vov^kvwV orl roloi5rov kso? H/iiv ?l«^>«cko<7«v sto. — rov? ^v/i«-
xov? «^cüv«?, vgl. Freund's ^risnu. III. S. 258 ff. — <7w^«'rwv
kv«//«?, 'Glücksgaben, Vorzüge des Körpers', vgl. unten § 44:
rol? ^kv «?ll<lk/^«<7H«l r«? «vrwv kv^v^/«;. — ick/«, 'im Stillen,
daheim', näml. in geistigen (dialektischen und rhetorischen) Uebungen,
im Gegensatze zu den Athletenkämpfen in den Gymnafien — ?iov^«-
ülv, von geistiger Bemühung, vgl. unten § 186: r/? ^«^ «ö ?lov^akl
X«l ^>lX«<70^>^<7k« etC. UNd kkUHtllSU. § 11: ^?lklck^ rai5 ?l0<llLkl!k-
'/<iox^>«ri/? <l^ ^k^kl, 8r« r«? /ikv icüv aw/i«rwv «pkr«? ckw^>k«l?
k'r//«^<7«v, ro5? ck' ki) ^>^>ovov<7lv ovckki' «sXov ^?lo/^<7«v. Vgl.
I8oKrate8, ^aueZMKo8. Oap. I, 2 — 5. 15
^ff? ?i^ö? H/««g «vrov?, Angabe des Doppelinyalts der Rede: Krieg
gegen die Perser und Eintracht unter den Hellenen — rcüv nposs?«^-
all^e'vluv kiv«l <7o^l<7rlüv, zur Uebereinstimmung des Prädikats im
Cafus mit dem Nomen vgl. unten § 71: rcüv noX^k/«'wv «vv?io<7r«-
rwv oc'o/i^luv klv«l; § 95: 6ov^,«l? ö^s^v«l /kvo//^«l? und
§ 124: roc? ^.«l>sk^ol? «^loi><7lv k^v«l; vgl. auch Krüger's Spracht.
55, 2, 5. Bei <7o^>l<7rc?v nimmt Isokrates hauptsächlich auf Gorgias'
berühmten V^v/«?ll«xl!« Bezug, der ebenfalls zur Eintracht, den Bar»
baren gegenüber, ermahnte. — sni roi>rov ri>v ^ö/ov, 'auf eben
diesen, denselben Gegenstand.'
4. cklalaklv, absolut: 'sich auszeichnen'; vgl. unten § 92: ^v roi?
«?iklp« fii/x^ ?ikpt ?i«vr«iv «vkv^oV ('den Tisias aber und Gorgicis
wollen wir ganz ruhen lassen, welche zuerst das Scheinbare entdeckt
haben, daß es über das Wahre gehe und mehr zu ehren sei, und welche
machen, daß das Kleine groß und das Große klein erscheint durch die
Kraft der Rede, und vom Neuen auf alte, vom Alten aber auf neue
Art sprechen, und welche die Gedrängtheit der Rede, und auch die un
endliche Länge über jeden Gegenstand erfunden haben'). So rühmt sich
Hivvias bei Plato (Hipp, m»i. p. 286, b), seinen Ermahnungen an
IzoKrate8, kaue8MKo8. OaI>. 1^ 9. 10. 17
«k//lkv<»? x«l rol? övo^OK7l' ?i^oc7^/i« ckk /iol ^<irc x«l «^>^H
i
18 IsoKrates, ?au<?F7riIi05. 0»p. II.
0xr. II.
(11) 'Nun tadeln aber Einige diejenigen Reden, welche den Weniger»
gebildeten zu hoch und mit allzugroßer Sorgfalt ausgearbeitet sind,
und irren sich so sehr, daß sie die Borträge, die verfaßt sind, um An
dere zu überbieten, ebenso beurtheilen, wie die gerichtlichen über Privat»
streitigkeiten, als ob beide ebenso beschaffen sein müßten, und nicht
vielmehr die einen, um sich zu sichern, die andern aber, um sich zu
zeigen, oder als ob sie zwar das rechte Maß durchschauten, der aber,
welcher künstlich zu reden versteht, nicht auch einfach sprechen könnte.
(12) Man kann nun leicht merken, daß sie nur die loben, denen sie
selbst nahe stehen; ich aber habe mit solchen Leuten nichts zu thun,
sondern, nur mit denen, welche nichts planlos Gesagtes gut heißen,
sondern es verwerfen und suchen werden, in meinen Reden etwas von
der Art zu sehen, wie sie es bei den andern nicht sinden werden. Zu
diesen will ich noch einige freie Worte über mich selbst sprechen, und
dann sogleich über die Sache selbst reden. (13) Ich sehe nämlich, daß
die Anderen in den Einleitungen die Zuhörer sich geneigt zu machen
suchen, und sich wegen dessen, was vorgetragen werden soll, entschül^
digen, und sagen, entweder, daß sie sich aus dem Stegereis hätten vor
bereiten müssen, oder, daß es schwer sei, Worte zu sinden, die der
Wichtigkeit der Sache gleichkämen. (14) Ich aber fordere für den Fall,
daß ich nicht so spräche, wie es der Sache und meines Ruhmes und
der Zeit würdig ist, und zwar nicht nur der, welche ich auf diese Rede
verwendet, sondern der ganzen, welche ich gelebt habe, daß man keine
Nachsicht mit mir habe, sondern mich verspotte und verachte. Denn
es gibt nichts Derartiges, was ich nicht zu erdulden verdiente, wenn
ich, ohne mich von den Andern zu unterscheiden, so große Versprechungen
machte. So viel nun wollte ich vorausschicken über das, was mich per
sönlich betrifft. (15) Was aber das Allgemeine betrifft, so sagen zwar
die, welche sogleich bei ihrem Auftreten zeigen, wie wir die Feindselig
keiten unter einander aufgeben und uns gegen den Barbaren wenden:
.
IsoKrates, kaneF^riKos. Oap. II, 11. 19
ftllen, und das Unheil durchgehen, das uns aus dem Kriege gegen
einander erwachsen ist, und den Nutzen, den wir aus dem Feldzug
gegen Ienen ziehen werden, die Wahrheit, gehen aber gleichwol nicht
»on dem Punkte aus, von welchem sie Solches (Beides) am leichtesten
in Ordnung (zu Stande) bringen könnten. (16) Von den Hellenen näm
lich stehen die Einen unter uns, die Anderen unter den Lakedämomern;
denn die Verfassungen, nach denen sie ihre Staaten verwalten, haben
die Meisten von ihnen auf diese Weise geschieden. Wer nun glaubt
die Anderen würden zusammen etwas Vortheilhaftes (Nützliches, Rechtes)
ausführen, bevor er die an ihrer Spitze Stehenden mit einander aus
gesöhnt hat, ist sehr thöricht und steht dem (wahren) Sachverhalte fern.
(I7) Wer aber nicht blos eine Prunkrede halten, sondern auch etwas
ausrichten will, muß die Gründe aufsuchen, welche diese beiden Staaten
dazu bringen können, einander gleiche Rechte anzuerkennen und die
Hegemonie zu theilen, und die Vortheile, die sie jetzt von den Hellenen
zu erhalten suchen, sich von den Barbaren zu verschaffen.'
11. roi? ^?lkp roi,; ickllur«; k/a»)<7l (^ö/ol?), Reden, die über
das Vermögen der gewöhnlichen (ungebildeten) Leute hinausgehen (d. i.
welche gewöhnliche Leute nicht nachahmen können, besser als ein nicht
lunstmaßig Gebildeter glaubt reden zu können); vgl. 15 § 138: öaal
rol; ö?ikp «vroi'? ?lt^'l'xö<7lv «^soM^<il rl)/^«vov<7l»'. — rov?
ei? i?ik^>/3<iXHv ?ik?iolH/^av?, 'die, um Andere zu übertreffen, aus
gearbeitet sind' — «/cöv«; ?ik^l rcüv lckl'cuv <7l'/</?oX«lcuv, gericht
liche Reden über Vertragsangelegenheiten, über Prozesse aus dem Obli
gationenrecht (über Darlehen, Depositen, Bürgschaften u. dgl.); solche
Reden hatte besonders Lysias in größerer Anzahl verfaßt ftö/ol ntpl
Vv<«/3o1,«l'cu»', Hlneuaßii8 13 v. 611, e); vielleicht hatte Isokrates an
unsrer Stelle diese der einfachen Stilgattung angehörenden Reden des
Lysias im Sinne. — ü»'a?«? . . ckkov, 'grade als ob . . sie müßten',
aua8i ver0 ste.; so häusig cu<7Nkp mit dem Particiv, vgl. unten §53:
<"<7?ikp ov . . roi'? ^o'/ov? övr«? rolovro^?. 1^s, 24 ß 18: c3<7?ik^
ri x«Xi»v ?loll?»', iä. 25 § 31: c3<7?lk<> rcüv /^^v «^luv älllxovp-
r<uv, u. v. a. — roi!? ^^v, näml. die zuletzt erwähnten gerichtlichen
Reden; roi'? ckk, jene Prunkreden — «<^«X,lu?, 'sicher', 'vorsichtlich',
2'
20 IsoKrates, ^ane^riKos. Oap. I1^ 12 — 14.
näml. das praktische Ziel vor Augen habend und dem Gegner keine
Blöße gebend — ^n«ltlxrcxcü?, zur Schaustellung geeignet, prunk»
rednerisch, 'aä o8teut»tiouem' — o^«? ^iv, näml. die Verfasser ein
facher Gerichtsreden — r«? /«t5<>lor^r«?, 'das rechte Maß', 'die
Mittelstraße'. Der Gebrauch des Plurals der Abstrakta ist eine Eigen»
thümlichkeit der Diktion des Isokrates; vgl. ^reopllF, p. 4: <7vv«xo-
Xovskl rol? /«kv ?l^ovi<»l? x«l r«l? <ll'v«<7rkl«l? «vol« . . r«l^
vol, ki? 3<7ov «v x«l «viö; k'x«<7r<»? l««vo? tiv«l ck^>«<7«!l ri ulv
Hxovot. — rcüv kixß Xk^o/<^l!>v, 'von dem was aufs Gerathewohl
gesprochen wird'; kixß, hier s. v. a. das vorangehende «?iXcü?, und
entgegenges. «xpl/3lu? — ckvl7/kp«»'oi?vr«?, näml. r« rc>l«i)r«. —
s^>«<7vv«^kvo?, 'mich erdreistend, ermuthigend', 'ms iaetlw8'.
13. x«r«?ll»«bvovr«?, 'mild stimmend', 'sich geneigt machend' —
np<iP«<7^o/«^<»v?, 'sich entschuldigend', 'Entschuldigungen vorbringend'
— s5 v?io/vl'ov, 'aus dem Stegereis', 'fogleich', 'auf der Stelle', s,
v. a. ^x roii ?l«^>«^p^« — cu>,' X«^k?lo»' ^<7riv , . k^kv^ki»', eine
häusige Entschuldigung der Redner; vgl. Igoer. ?au»tdßu. § 36: ^«
^^v /<lxp« rcü»' ?lp«//<«rcuv ^«cklov rol? ^ö)/<»l? «v^<7«l, rol?
14. r^? cko^? r^« ^«vroü, Isokrates war zur Zeit der Heraus
gabe des Panegyrikos (360 v. Chr.) bereits hochberühmt als Lehrer del
Beredsamkeit, s. oben Einleit. S. 2, und vgl. Sokrutes' Urtheil üb^
den noch jungen Isokrates bei ?Iat. kdasär. p. 279, »: M0? «^
^/<7ox^«r^?), o /«ivfol /<«»'rkvo/<«l x«i' «vrov, ^/tlv ^HkX<»
IsoKrates, ?ausF?riK0s. (^ap. II, 15. 21
'>.
IL0l:raw8, kansg/rilios. Oap. III. 28
c^i', III.
(18) 'Unsere Stadt nun hierzu zu bewegen, ist leicht, die Laledä»
monier aber verhalten sich jetzt noch schwer zu überreden. Denn sie
haben die irrige Meinung überkommen, die Hegemonie sei von ihren
Gätern auf sie vererbt. Wenn ihnen aber jemand nachwiese, daß diese
Ehre uns viel mehr gebührt als ihnen, so würden sie wol bald ab
lassen, darüber nachzugrübeln und sich zu dem wenden, was ihnen
Zortheil bringt. (19) Davon nun müßten auch die Ändern ausgehen,
und nicht eher über das (allgemein) Anerkannte ihren Rath mittheilen,'
uls bis sie uns über das Streitige belehrt hätten. Mir nun kommt
es aus zwei Gründen zu, mich hierbei am längsten aufzuhalten, Haupt»
sächlich damit die Sache gefördert werde, und wir unsere gegenseitige
Streitlust aufgeben und gemeinschaftlich die Barbaren bekriegen; (20) wenn
dies aber nicht möglich ist, damit ich zeige, wer dem Glücke der Hel
lenen im Wege steht, und es Allen klar werde, daß unser Staat so»
uwl früher mit vollen: Rechte die Seeherrschaft hatte, und jetzt nicht
mit Unrecht auf die Hegemonie Anspruch macht. (21) Denn wenn man
einerseits bei jeder Unternehmung diejenigen auszeichnen muß, welche
die Erfahrensten sind und die größte Macht besitzen, so kommt es un
streitig uns zu, die Hegemonie wieder zu erhalten, die wir ja schon
früher besaßen. Denn Niemand wird wol einen andern Staat auf
weisen können, der sich im Landkriege so sehr heruorthut, wie sich der
unsere in den Seekämpfen auszeichnet. (22) Andrerseits aber, wenn
Einige glauben, daß dieses Urtheil nicht gerecht sei, sondern daß viele
Veränderungen (Umwälzungen) einträten — denn die Herrschaft bleibe
ja niemals bei den Nämlichen — und (wenn dieselben) verlangen, daß
»ie Hegemonie, wie irgend eine andere Würde, entweder die haben
sollen, welchen zuerst diese Ehre zu Theil geworden, oder die, welche
den Hellenen das meiste Gute erwiesen haben, so glaube ich, daß auch
diese auf unsrer Seite sich besinden. (23) Denn aus je weiterer Ferne (in
24 IsoKrates, ?»neFxrUi0s. Oap III, 18—21.
<?^. IV.
(23) 'Es wird ja (von Allen) zugegeben, daß unsere Stadt die
älteste und größte und bei allen Menschen berühmteste ist; obgleich aber
schon die Grundlage so schön ist, so kommt uns doch wegen dessen, was
sich daran knüpft, noch größere Ehre zu, (24) Denn wir bewohnen sie
nicht, nachdem wir Andere daraus vertrieben oder sie als unbewohnt
in Besitz genommen haben, noch nachdem wir aus vielen Bölkern ge
mischt, uns hier gesammelt haben, sondern so edel und von edler Ab
kunft ist unser Geschlecht, daß wir alle Zeit hindurch ununterbrochen
dasselbe Land besaßen, aus dem wir entsprossen sind, als Ureingeborene
(Autochthonen), und die Stadt mit denselben Namen wie unsre nächsten
Angehörigen benennen können. (25) Denn uns allein unter den Hel
lenen kommt es zu, ein und dieselbe als Nährerin, Vaterland und
Mutter zu nennen. Diejenigen aber , welche mit gutem Grunde stolz
gesinnt sein und gerechte Ansprüche auf die Hegemonie erheben und
ihre angeerbten Vorzüge so ost erwähnen wollen, müssen offenbar einen
solchen Ursprung ihres Geschlechts haben.'
26 isoKrates> ?aneF7riKos. «üap. IV, 23—25. V.
^?iol'^<7kv cu<7r' «il n«l vvv «?i' kxkl'voi> ^ov M<ivav /«k/l<7r^v
r«?»' N^^vlckcuv t^«l, und 15 § 299: P«<7lv ^öv^v kl»'«l r«i)r^>'
?lc>'^l»', L«; <>' «XX«? x<ü/<«; — rf? «)?lo9k<7kcu?, 'die Grundlage'
— ^ol? k/o^kvol?, was sich daran knüpft, was damit zusammen
hangt, damit in Verbindung steht.
24. i^kpov; tx/?«4o'»'rt?, mit Anspielung auf die in den Pelo»
ponnes eingewanderten Darier — ovök . . ^l/clckk? <7vX^k/«>rk?,
vgl, 12 S 124: ('^4s>?v«l'o!^) clvr«; /<^k /<l/«ck«; /<?/r' t?i,/Xvs«?
olailk^ ioi,; olxtlor«io^; ste. , durch das folg. r^v «vl^v r^»o-
^ov ste. begründet,
25. rHv «i)r^v rpo^,av . . x«X«a«l, zum Gedanken vgl. 12
§ 125: x«l r«^ri/v t/avr«? rH? /cu'^>«>' r^o^päv, k^ Ha?ikp kcpv<7«»'
?r«r^«? x«l r«; /«/rk'^«? r«; «!)rcü»' stc , und Oie^ pro ?Iaeeo
26>62: a.ul>,8 (H,t1>euieu8iuN urt>8) vstu8wte ell, est, ut ip8H ex 8Ssß
8uc>8 eivs8 genuine äicatur, ut eoruiu eaäsm terra Mreu«, »Itrix,
patriil äieatur. — 5lü»' ?l«r^>l<u^ ^k^^Mvov?, Anspielung auf die
Spartaner, die sich auf ihre Abstammung von den Herakliden viel zu
Gute thaten,
c-xr. V.
s26) 'Von solcher Bedeutung also ist das, was wir von Anfang
an besaßen und was uns von: Schicksal verliehen worden ist. Wie
große Vortheile wir aber den Andern verschafft haben, möchten wir
IsoKrates, ?2.usF7nKos. Oap. V, 26. 27. 2?
wlll auf die Art NM besten untersuchen, wenn wir die Zeit von An
fang an und die Thaten unsrer Stadt der Reihe nach durchgingen.
Denn dann werden wir sinden, daß dieselbe nicht nur in den Gefahren
des Krieges, sondern auch in den übrigen Einrichtungen, (27) unter
denen wir wohnen, und mit denen wir den Staat verwalten und durch
die wir unfern Lebensunterhalt haben können, beinahe in allen diesen
Einrichtungen vorangegangen ist. Man muß aber unter den Wohl»
thaten nicht diejenigen auswählen, welche wegen ihrer Geringfügigkeit
verborgen geblieben und verschwiegen worden sind, sondern die, welche
wegen ihrer Wichtigkeit von allen Menschen sowol früher als auch jetzt
und überall genannt und im Gedächtniß erhalten werden.'
26. r« «^ «c/H? v?l«^>^«vr«, 'was uns von Anfang an zukam,
gehörte'; zum Ausdrucke vgl. 9 S 19: r« flkv oiw ^s «?/'/? ^v«-
/o^>« ?l«^>« rcüv ?l^o/ö»'cuv V?r«^«»'r« r^.lx«vr« ro ^k/k9ö?
^<7rl»', und 6 § 24: ?i!(>l /<k»' o^v reov k^ «pX^? ,n«p^«vilu»' M?v
«^l>l^cü? /<«»' ov cki^sov. 8 K 117. — r^? «^X^? x«r«<7xkv?/?,
hierzu gehört wie zu nlvckvvluv das folg. «irl'«v o«.'<7«v. Das auf
-c«r«ontv^ Folgende bezeichnet die drei verschiedenen Lebensrichtungen,
welchen jene Einrichtungen als Forderungsmittel dienen; näml.: ^v ;/
x«rc></«,S^kv, d. i. worauf unser häusliches, cultivirtes Leben be
ruht; ^tö' ?); ?ic>Xlrkvo^ks«, d. i. unsre Gesetze und Staatseinrich
tungen; und: <5l' »/»' ^ßv ckvv«/<ks«, d. i. die Einführung des Ge
treidebaus, die Erwerbung des nöthigen Landes u. dgl. Iene drei
Lcbensrichtungen behandeln die folg. §z 28—50 in umgekehrter Reihe
folge, Näml. §§ 26—3? von <5l' ,> ^v <5vv«>ks«; §z 38—42
von <«ts' ^? noilrkvoMs«; endlich §ß 43—50 von ^v '/ xllral-
0^1>. VI.
(28) 'Für's Erste also wurde das, was unsere Natur zuerst be
durfte, durch unsere Stadt herbeigeschafft; denn wenn die Erzählung
auch sagenhaft geworden ist, so verdient sie doch auch hier angeführt
zu werden. Als nämlich Demeter in unser Land gekommen war,
bei ihrem Umherirren nach dem Raube der Kore, und gegen unsre
Vorfahren wohlwollend gesinnt war, in Folge von jenen Dienstleistungen,
die nur die Eingeweihten hören dürfen, und sie uns Geschenke gab, die
die wichtigsten sind, die Feldfrüchte, welche die Veranlassung wurden,
daß wir nicht nach Art der wilden Thiere leben, und die Einweihung
(in die Mysterien), deren Theilhaber über das Lebensende und die ganze
Ewigkeit angenehmere Hoffnungen hegen: (29) da zeigte sich unsere
Stadt nicht nur so gottgefällig, sondern auch so menschenfreundlich,
daß sie den Besitz so großer Güter, in den sie gelangt war, nicht etwa
den Anderen misgönnte, sondern von dem, was sie empfangen hatte.
Allen mittheilte. Und die letzteren (Mysterien) zeigen wir auch jetzt
noch jedes Iahr, von jenen aber hat sie ein für allemal sowol die Be
nutzung als auch die Bearbeitung und die daraus erwachsenden Bor»
theile gelehrt. Und diesem wird Niemand den Glauben verweigern
wollen, sobald noch einiges Weniges hinzugefügt worden.'
26. n^Äiov ^v rol»'vv Kte., dieser und die folg. §H bis ein
schließlich 37 enthalten die weitere Ausführung der im Vorsieh. § 26
erwähnten xolra<7xkv?', ckl' H'v ?Hv ckv»'«/<ts«, die Einrichtungen für
Nahrung und Wohnung, oö ^<üro»' H ?lpcüiov H cxv<7l; ^cü»'
kckk^'s^. Das erste n^cüro»' dient im Allgem. als Anfang der Be
weisführung: 'fiir's Erste'; das zweite ?lpcürov bezeichnet bei kckk^'s^
das erste Bedürfniß — ^ol»?, nur so (nicht xo'p«) lautet das Wort
als nom. appell. u. proprium bei den attischen Prosaikern — o«n
öll!»' r' «^ol? H ro?; ^k/<v^^val;, d. i. als den in die eleustnischen
Mysterien Eingeweihten, vgl. K. Fr. Hermann's gottesdienstl. Alterty.
§ 55 u. Freund's ^rieun. III. S. 233 ff. — rHv rkXkry'v, 'die Ein
weihung, Weihe' in die Mysterien, vgl. vollständig unten § 157: 6v
rZ rk4rr^ rcüv ^w<7r?^l'lu»' — rov <7v/«?l«vro; «icüvo?, Bezeichnung
I8oKrate8, ?aue87rilio8. Oap. VI, 29. VII. 29
64?. VII.
(30) 'Erstens nämlich kann man aus dem Grunde, aus dem viel»
leicht Iemand das Gesagte gering achten wollte, weil es alt ist, aus
demselben Grunde mit Recht glauben, daß diese Dinge sich wirklich
ereignet haben. Denn da Viele es gesagt und Alle es gehört haben,
so muß man das darüber Erzählte zwar nicht für neu, wol aber für
glaubwürdig halten. Sodann brauchen wir unsre Zuflucht nicht blos
dazu zu nehmen, daß wir die Erzählung und die Sage aus alter Zeit
überkommen haben, sondern wir haben noch größere Beweise als diese,
deren wir uns dafür bedienen können. (31) Die meisten Staaten näm
lich schicken, zum Andenken an die alte Wohlthat, jedes Iahr die Erst»
linge des Getreides zu uns, denen aber, welche es unterlassen, hat die
Pnthia schon oft aufgegeben (befohlen), ihren Theil von den Feldflüchten
30 Is0Krate8, ?»UeFxriIi0s. c!ap. VII, 30. 31. VIII.
abzuliefern und gegen unsre Stadt das alte Herkommen zu wahren.
An was muß man nun aber eher glauben, als an das, was die Gott
heit erklärt und soviele der Hellenen mit uns für wahr halten, und
worin die alte Sage für die jetzigen Handlungen mitzeugt, und das,
was jetzt geschieht, mit dem von jenen Gesagten übereinstimmt?'
30. ^ cüv öv rl? . . ^x icüv «vrcüv raviu»' ete, , eine etwas
sophistische Beweisführung aus der Tradition — ^H x«l»'« <««»' ?l»7r«
ck^, 'wenn auch nicht neu, so doch glaubwürdig' — tvr«ii3«, hier,
wie öfters, bei einem Verbum der Bewegung (x«r«cxl>/«v), vgl.
Xeuopn. ^u»d. 3, 4, 11: t'vr«ös« X^kr«l H^cktl« x«^«^v/klv.
Ebenso k'vft« u. ^'s«'ckk, s. Krüger's Sprach!. 66, 3, 6.
31. ö?l<i/<»^/<« r?/? 7r«^,«l«; kvkp/k<7l«? ete., der Sage zufolge
hatte bei einer allgemeinen Hungersnoth das Delphische Orakel den
Athenern befohlen, für alle Hellenen der Demeter ein Opfer darzu
bringen, und zwar 'vor dem Pflügen' (dcch. dies Opfer npo^oal«,
8e. tkp«, genannt wurde). Da nach diesem Opfer die Hungersnoth
aufhörte, so sandten die hellenischen Städte zum Danke nach Athen die
Erstlinge aller Früchte — <i?l«l,/«?, fo hießen eigentl. die von den
Kolonien der ^r^?ioXl? zugesandten Gaben (vgl. Hermann's Staats»
alt, § 74, 4), daher in der jährlichen Zusendung der Erstlingsgoben
an Athen eine gewisse Anerkennung der Superiorität der Letztern aus
gedrückt war — r« /«^»?, näml. die" «?l«p^«l — o sko? , näml. der
Delphische Apollo durch den Mund der Pythia — «v«^«, die ge
wöhnliche Bezeichnung für Orakelsprüche; vgl, 6 § 17: o cktz sto?
?lkpl Mv cüv ^?l^clll^<7«v oix «»'klXkv, und ebendaf. ß 31: rü
«U«»'r55o»' rc>l; /<iv ovckiv «vkNkv, ^/<l»' ck' z<l^Xcu<7k ete. ^ V?i'
t^klvcu»', näml. ö?ic> skot x«l ?ic>Xilü»' N^^vcuv.
O^r. VIII.
(32) 'Hiervon aber abgesehen, wenn wir alles dieses bei Seite
lassen, und die Sache von Anfang an betrachten, fo werden wir sinden,
daß die, welche zuerst auf der Erde erschienen, den Lebensunterhalt
nicht gleich fo, wie er jetzt beschaffen ist, antrafen, sondern ihn nach
und nach sich zusammen (mit einander) verschafften. Von wem nun
5
lzoI<ratLF, ?»ns^riKo«. O»p, Vlll, 32. 33. IX. 31
muß man eher annehmen, daß sie es entweder als ein Geschenk von
den Göttern erhielten, oder daß sie durch ihr eignes Suchen darauf
gekommen seien? (33) Nicht von denen, die anerkanntermaßen zuerst
entstanden sind und die meisten Anlagen zu den Künsten haben, und
gegen das Göttliche sich am Frömmsten bewiesen? Nun aber, wie
große Ehre denjenigen zukommt, welche die Urheber so großer Vor»
theile sind, das zu zeigen, ist eine überflüssige Arbeit: denn Niemand
wir) ein Geschenk aufsinden können, das so bedeutend wäre, daß es
an Größe dem gleichkäme, was sie gethan haben.'
82. /w<>i? <!« 5o^cu»», ein von Ilokrates oft gebrauchter Ueber»
gaugsausdruck, vgl. unten § 46; 6 § 11; 12 § 150; 15 § 23« u. a.
— <<«l« /«^öv <7vi'k?io^!<7«^ro, sie haben allmälig, nach und nach
sich zusammen verschafft, zusammengebracht — ') . . H, 'sei es . . oder'.
33. ö/io).o/ov/ikvol>? mit folg. Partie, ^k^o.«kvo,)?, o>r«? und
6l«xk<^«»>ov?, vgl. I^z. 4 ß 7: o/«»).o/c>!)^kH« ?i<><>? ?i«lck«? x«i
<^i>. IX.
(34) 'Von der größten der Wohlthaten nun, die zuerst vorkam und
für Alle die gemeinsamste ist, haben wir soviel zu sagen. Als sie
(Athen) aber um dieselbe Zeit sah, wie die Barbaren den größten Theil
des Landes inne hatten, die Hellenen aber auf einen kleinen Raum be
schränkt waren, und wegen des Mangels an dem nöthigen Lande ein
ander nachstellten und Feldzüge gegen einander unternahmen, und die
Einen aus Mangel am täglichen Unterhalt, die Andern durch den
Krieg umkamen, (35) übersah sie auch diese Verhältnisse nicht, sondern
schickte Führer in die Städte, welche die des Unterhalts am meisten
32 IsoKrates, ?aneF/riKos. Oap. IX, 34. 35. !
vgl. die eben citirte Stelle, und in beschränkenderer Angabe von den
Kykladen 12 § 43: ?ipcürov /«kv rä? /lvx^,«ck«? v^<70V? . . rov?
^«i<ll<7L« /3/ov rcüv N^^vcuv <lko//^ov? x«rulxl<7«v ki? «6r«?. —
v?lo^klvclvrk?, näml. im Heimatslande, wie das folg. ol'xol näher
angibt.
36. rol? Mv, näml. den Zurückgebliebenen — roi? ckk, näml. den
als Kolonisten Mitgezogenen — nkplk/3«4ovro, sie brachten an sich,
eigneten sich an, brachten in ihre Gewalt — roi? Larkpov . . «no«-
x/<7«l, näml. die Kolonien von Lakedämon in Kleinasien, vgl. Irienn.IIl.
S, 62. — rHv ?loH,lv rHv H^kr«p«v, Objekt zu //«/i^<7«<7s«l, ?lo^-
XHv ^«<7rwv^v, Objekt zu s?l«l^<7«v (ot ^/k^ovk«) — «^>o^lask5-
i«v (so ist zu lesen, nicht ?wplaskl<7«v), 'losgerissen', 'getrennt', näml.
vom Lande der Barbaren; vgl. 3 § 120: /wp«v or« ^ki<7r^v «^>-
(38) 'Nachdem sie (die Stadt) nun' das Wichtigste mit ausgeführt
ltte, vernachlässigte sie das Uebrige nicht, sondern machte es zwar
im Anfang ihrer Wohlthaten, für die Bedürftigen einen Unterhalt
lfzufinden, wie es diejenigen thun müssen, die auch für das übrige
5chöne in schöner Weise sorgen wollen; weil sie aber glaubte, daß ein
i nur daraus hinausgehendes Leben noch nicht werth sei, daß man zu
34 IsoKrates, ?aUeßMK0s. (ÜaI>. X, 38. 39.
leben verlange, sorgte sie auch für das Uebrige so, daß von allen Gü
tern, die die Menschen jetzt haben, soweit wir sie nicht von den Göt
tern haben, sondern sie uns durch uns selbst zu Theil geworden sind,
nichts ohne unsere Stadt da ist, das Meiste aber durch sie uns ver
schafft worden ist. (39) Da sie nämlich die Hellenen in einem Zustande
vorfand, wo sie gesetzlos lebten und zerstreut wohnten und die Einen
von Tyrannieen mishandelt, die Anderen durch Anarchie zu Grunde
gerichtet wurden, so hat sie dieselben auch von diesen Uebeln befreit,
indem sie für die Einen die Beschützerin wurde, den Andern sich als
Muster aufstellte; denn sie hatte zuerst sich Gesetze gegeben und eine
Staatsverfafsung eingeführt. (40) Dies ersieht man aus Folgendem:
Diejenigen nämlich, welche im Anfange wegen Ermordungen klagbar
wmden und ihre gegenseitigen Streitigkeiten mit Gründen und nicht
mit Gewalt schlichten wollten, fällten das Urtheil darüber nach unseren
Gesetzen. Ja auch die Künste, sowol die, welche für die Bedürfnisse
des Lebens nützlich, als auch die, welche zum Vergnügen erdacht wor
den sind, theilte sie den Anderen zum Gebrauch mit, nachdem sie die
selben theils erfunden, theils erprobt hatte.'
38. Von hier bis einschließlich § 42 werden Athens Verdienste um
die Staatseinrichtungen entwickelt, vgl. oben zu ß 26. — ä^H»' r«v-
r^v rcüv titp)<tOlcüv, durch das unmittelbar folg. r^o^^v rc>?; ckko-
/<kvol? tvp«»', was auch im Vorhergehenden § 28 ff. angegeben worden:
ob ?lpiüro»' H Pi!al? Mcüv ^ckk»/s'? ste. — x«Xcüv x«^cü?, die auch
bei Prosaikern sehr beliebte Paronomafie — ckl<,l-e^<7klv, absolut: Ein
richtungen, Anordnungen treffen, Sorge tragen, sorgen — röv /ttov
rö»' ^?il rovrol? ^ovov, d. i. das Leben, das nur auf Erwerb des
Unterhalts beschränkt ist — <5i« 5«vryv, durch ihre Vermittlung, d. i.
durch ihr Verdienst.
39. ?l«l>«^«/3oi)<7«, übernahm (wie ein Amt), überkam; »gl. 9
§ 47: (F!!«xöp«?) ?i«^>«1«/3luv rHv ?lo^iv Fx/3k/3«p/3«pcu/<^v^»',
und Xeuopu. ä« rep. I.»eß<l2.em. 5, 2: ^lvxov^/o; rol'vw n«l,«X«-
«s«L<,, 'sie hatte sich gegeben'; zur Sache vgl. 12 § 124: n^luro,>?
40. ck^4ov ck', näml. daß Athen ein ^«pp«ckki/^« für die an»
deren hellenischen Staaten wurde — Fx«skv, aus Folgendem; vgl. 3
§ 31: rHv /^v ovv cklx«lO<7l!»''?»' ^xklKkv «v /«i^lar« x«il'ckolik.
9 § 11: /voi^ ck' «v rc? kxklskv r^/v ckv»'«/<lv «vrcüv. 12 F 224:
^voi^ <l' «v rc« ^klskv, u. a. — ^v «l,^V, '«m Anfange', 'in ältester
Zeit' — k)n«Xk<7«vrk?, 'vor Gericht klagten, klagbar wurden' —
/«kr« ^<5/ol?, 'mit Gründen', d. i. 'auf dem Wege Rechtens', im Gegen
satze zu /«kr« /?l'«;, 'mit Gewalt' — ^v ro?? vo/«ol? roi? ^kr^-
<x»l;, 'auf Grund, gemäß, zufolge unsrer Gesetze'; vgl. Itme. 1, 77:
^v rol? o/<oiol? vo^ol? iloc^«vrk? r«? xpl'<7kc?, und iä. b, 49:
x«l r<üv rk/vcüv, eine große Anzahl von Ersindungen der Athener ver
zeichnet ?Iiu. uat. di8t. 7, 194 ff.
0xi>. XI.
(41) 'Ihre übrige Einrichtung nun hat sie so gastfreundlich und
für Alle so wohlwollend veranstaltet, daß sie sowol für die, welche
Geld bedürfen, als für die, welche das vorhandene genießen wollen,
in gleicher Weise angemessen, und weder für die Wohlhabenden, noch
für die, welche in ihrer Heimat unglücklich Maren, unzweckmäßig ist,
sondern daß Iene den angenehmsten Aufenthalt, Diese die sicherste Zu
flucht bei uns sinden. (42) Da aber ferner Alle Länder besitzen, die
nicht allen Bedürfnissen genügen, fondern die an Einigem Mangel
leiden, von Anderm mehr als hinreichend ist hervorbringen, und es
eine große Verlegenheit ist, wo man das Eine absetzen (verkaufen) und
von wo man das Andre einführen soll, so hat sie auch diesen Uebel»
ständen abgeholfen. Denn sie hat mitten -in Hellas als Stapelplatz
den Peiräeus eingerichtet, der einen so großen Ueberfluß an Allem hat,
daß man von ihm alles das zusammen leicht beziehen kann, was bei
den Uebrigen von Einzelnen zu erhalten schwer ist.'
3'
36 IsoKrs,tes, ?ane^riKos. Oap. XI, 41. 42.
0x?. XII.
(43) Wenn nun aber die, welche die Festversammlungen einrichte»
ien, mit Recht gelobt werden, weil sie uns dadurch eine Sitte über»
lieferten, vermöge welcher wir, nach Verkündigung des Gottesfriedens
und nach Einstellung der bestehenden Feindseligkeiten an demselben Orte
zusammenkommen, und dann bei gemeinschaftlichen Gebeten und Opfern
uns der zwischen uns stattsindenden Verwandtschaft erinnern, und für
die Zukunft wohlwollender gegen einander gesinnt werden, die alten
Gastfreundschaften erneuern und andere neue schließen, (44) und der
Aufenthalt weder für die gewöhnlichen Menschen, noch für Solche, die
sich durch ihre Naturanlagen auszeichnen, ein müßiger (nutzloser) ist,
sondern die Einen Gelegenheit haben, vor den versammelten Hellenen
ihre glücklichen Anlagen zu zeigen, die Anderen die gegenseitigen Wett
kämpfe derselben anzusehen, und kein Theil unbehaglich seine Zeit zu
bringt, sondern beide etwas haben, worin sie eine Ehre setzen, die
Einen, wenn sie sehen, wie die Wettkämpfer sich um ihretwillen ab»
mühen, die Andern, wenn sie bedenken, daß Alle gekommen sind, um
ihnen zuzuschauen — und wenn uns nun vieles Gute aus diesen Zu
sammenkünften erwächst: so ist auch hierin unsere Stadt nicht zurück
geblieben. (4b) Denn sie besitzt die meisten und schönsten Sehens
würdigkeiten, die theils an Aufwand Alles überbieten, theils durch ihre
künstlerische Darstellung berühmt sind, theils auch sich durch Beides
auszeichnen; und die Menge der zu uns Kommenden ist so groß, daß,
wenn in der gegenseitigen Annäherung ein Vortheil liegt, auch dieses
Verdienst von ihr in Anspruch genommen wird. Außerdem kann man
bei uns die treuesten Freundschaften sinden und dem mannigfaltigsten
Verkehr begegnen ; ferner Wettkämpfe sehen nicht blos in der Schnellig
keit und Starke, sondern auch in der Beredsamkeit und geistigen Un
terhaltung und in allen übrigen Dingen (Leistungen), und in denselben
die größten Ehrenpreise. (46) Denn außer denen, die sie selbst aus
setzt, veranlaßt sie auch noch die Anderen, solche zu geben, indem das,
was von uns anerkannt worden ist, so großen Ruhm erlangt, daß es
bei allen Menschen hochgeschätzt wird. Außerdem pflegen die andern
38 I8oKrate8, ?»,uezxi'iK<i8. (?llp. XII, 43. 44.
0xr. XIII.
(47) 'Die wissenschaftliche Beschäftigung aber, die alles dieses mit
erfand und mit einrichtete, und uns sowol für das praktische Leben
bildete als gegen einander milder machte, und unter den Unglücks
fällen diejenigen, welche uns durch Unwissenheit und die, welche uns
durch Naturnothwendigkeit treffen, unterschied, und die uns lehrte, vor
den einen uns zu hüten, die andern in würdiger Weise zu ertragen,
hat unsere Stadt eingeführt; und sie hat auch die Redekunst zu Ehren
gebracht, welche Alle begehren und um welche sie die sie Besitzenden be
neiden. (48) Denn sie wußte wohl, daß wir diese Fertigkeit allein
unter allen Geschöpfen von Natur eigenthümlich besitzen, und daß wir
uns durch diefen Vorzug auch in allem Andern vor ihnen auszeichnen;
und sie sah auch, wie in die übrigen Tätigkeiten der Zufall so große
Verwirrung hereinbringt, daß darin oft grade die Verständigen un
glücklich sind, und die Unverständigen Glück haben, wie aber an schönen
und kunstgemäß verfaßten Reden die Ungebildeten keinen Antheil haben,
sondern daß diese das Werk eines verständigen Geistes seien, (49) und
daß die, welche in dem Rufe der Weisheit und die, welche in dem der
Unwissenheit stehen, sich dadurch am meisten von einander unterscheiden;
ferner daß man die, welche gleich von Anfang (von früher Iugend) an
eine gute Erziehung genossen haben, nicht an der Tapferkeit, dem
Reichthum und ähnlichen Vorzügen erkenne, sondern daß sie sich am
meisten in dem, was sie sprechen, kund thun, und daß dies sich als
das sicherste Kennzeichen der Bildung eines Ieden von uns erwiesen
habe; und daß die, welche mit der Rede gut umzugehen wissen, nicht
nur in ihrer Heimat viel vermögen, sondem auch bei den Uebrigen in
Ehren stehen. (50) So weit aber hat unsere Stadt im Denken und
Reden die andern Menschen hinter sich zurückgelassen, daß ihre Schüler
die Lehrer der Andern geworden sind, und daß sie bewirkt hat, daß
der Name der Hellenen nicht mehr das Geschlecht, sondern die geistige
soKratLs, ?ane^riK08. Oap. XIII, 47 — 49. 41
d. i.: 'auf Eines, das gut, theilen die Unsterblichen zwei Leiden zu;
dies jedoch vermögen die Thoren nicht mit Würde zu tragen, wol
aber die Guten, sich an das Gute haltend'. — x«r«ckkl5k, sie (die
Stadt) hat eingeführt, zur Geltung gebracht — ^o/ov? ^l'^<7kv,
's« hat die Beredsamkeit geehrt, zu Ehren gebracht'; zur Sache vgl. 15
§ 295: A^H ?ö? /«^<H ro5r<» 4«vs«vke»' ö/««?, 3re ?ieivrlu»' rcü»'
ckl>v«^vcuv ^k^klv ^ ?r«l<5k^klv ^ na^l? ^cüv ckoxk! ^k/kv^<7s«l
L«.. XIV.
(51) 'Damit es aber nicht scheine, als ob ich bei den Einzelheiten
verweile, da ich doch eine Rede über Gesammtthätigkeit (Gesammtver»
dienst) angekündigt habe, oder als ob ich die Stadt um jener Dinge
willen rühmte, weil ich in Verlegenheit sei, ihre Leistungen im Kriege
zu loben, so mag das Gesagte denen genügen, die in solche Dinge eine
Ehre setzen. Ich glaube aber, daß unseren Vorfahren wegen ihrer
Kampfe nicht geringere Ehre zukommt als wegen ihrer anderen Wohl»
thaten (Verdienste). (52) Denn nicht gering oder wenig oder unberühmt
sind die Kämpfe, die sie bestanden haben, sondern zahlreich und er
staunlich und bedeutend, sowol für ihr eignes Land als für die Frei»
heit der Uebrigen. Denn alle Zeit hindurch machten sie ihre Stadt
zur gemeinsamen und zu derjenigen, welche den jedesmal Bedrängten
unter den Hellenen beistand. (53) Deswegen tadeln uns nun auch
Einige, als ob wir uns nicht richtig zu berathen wüßten, weil wir ge
wohnt sind, den Schwächeren Dienste zu leisten, als ob solche Reden
nicht vielmehr denen zukämen, die uns loben wollen. Denn nicht, weil
wir nicht wußten, wie sehr die mächtigeren Bundesgenossenschaften Hin»
sichtlich der Sicherheit vorzuziehen seien, faßten wir solche Beschlüsse,
sondern, obwol wir mit den Folgen von dergleichen genauer bekannt
IsoKrates, ?ausF?riKos. (lap. XIV, 51—53. XV. 43
waren als die Anderen, zogen wir es dennoch vor, auch gegen unsern
Bortheil lieber den Schwächeren zu helfen als mit den Stärkeren des
Gewinnes wegen Unrecht zu thun.'
51. »kpl r« ^,?, über Einzelheiten (von Vorzügen, wie sie bis
her angegeben wurden), im Gegensatz zum folg. v?li? 3äluv rcüv ^«^.
<««ru,v, über die Gesammtthätigkeit, die Gesammtverdienste — ^x ^ov-
rlu»', naml. wegen der bisher geschilderten einzelnen Verdienste — r«
. . «vrHv ^n«lvklv, doppelter Accusativ bei ^«lv«ii', vgl. 8opd. H^.
1381: il«vr' i^cu <7' ^?l«l^<7«l 1,o/c>lal, und ?I»t. 87ml>. p. 221, e :
vxr. XV.
(54) 'Man kann aber den Charakter und die Stärke unserer Stadt
auch aus den Bitten um Beistand abnehmen, die schon Manche an uns
gerichtet haben. Diejenigen nun, welche erst neulich erfolgt oder wegen
44 IsoKrates, ?aneF)^^^ <^gp. XV.
vklu<7rc, wie im I. 395 das Gesuch der Thebaner um Hilfe gegen die
Spartaner, vgl. Xeuopl». UsUeu. 3, 5, 7 ff. — kH,sov<7«?, die zu
uns gekommen, gelangt sind — n«p«^^«,, die bekannte, von den
Rednern häusig angewandte il«(»«^kl^'l? oder ?l«l,«<7lcu?i^<7l? (pr»s-
teritio); vgl. 5 § 22: r«iir' «xav<7«? cu? /<tz»' rc> ^lürov ^«nX«/^
. . ^«p«^kl'^cu. 8 ß 81: r« /««v illxpciroir« x«l /<«Xl<7r 2v v/««?
1«)?l»/<7c>vr« ?l«pp«^kl'^cu, /<v^<7s^<7c>/««l <5i rovrcuv /«ovov ste.
12 § 192: ?r«^>«^l?iluv cktz rc>»' ?l<!,kl<7«>»' ö/^<»v rl3v ^v ^xtl'vy» rlu
näml. die Men gemeinsam sind, Alle treffen können — ?l«iplo»' vo-
^ov, daß nämlich die im Kriege Gefallenen nicht unbeerdigt bleiben
dürften, daher vom Feinde ausgeliefert werden müßten.
56. ot ck' ^»«x^ov« n«lckk?, hierzu ist aus dem Vorangehen
den Häsov zu wiederholen — i^kpopcüvrk?, übersahen, d. i. über»
gingen, unbeachtet ließen, nicht um Beistand ansprachen — ^ov^v,
nachdrucksvoller Gegensatz zum folg. «n«vr«? «vsplu?l<,v? — kökp-
^kr^Okv, vgl. 5 § 76: Ä^>«xX^? «?l«<7^; x«r^<7r^ rH; ^^«cko?
«^kp/kr^?, weil er näml. die Riesen und Ungeheuer überwältigte und
die Schifffahrt sicherte; daher er jauch als ^cur^p und '^k^xem<,;
verehrt wurde, vgl. Preller's griech, Mythol. II. S. 109 u. 184.
57. ^«^o"xu?? ki/k, 'sich wie ein Vorstand benahm', d. i. die
Eigenschaft und Geltung eines ^/k/«ulv besaß, ohne ein solcher wirk»
lich zu sein — rl'? «v r<,^«^kltv, 'wer würde sich wol entschließen',
'wer möchte es über sich gewinnen'; vgl. unten § 88: <7rp«r^ü«
««r«<7r^v«l ro^/^'a«?, und § 96: ol'rc»'k? ^oX/<^<7«»' ^?ilcktl»'
58. k?lklr«, 'ferner', näml. ist ein Beweis für das ^/k^c>vlx<3?
k/klv unsrer Stadt, daß sie denen, die um Hilfe baten, diese wirklich
leistete — ^vl'x^o«v ^«/o'^vol (— /««/z?), 'sie besiegten in einer
Schlacht'; vgl. im Folg. § 65: önkp ck« r<«v n«l'ckluv rcüv /^««H,^av?
Nx?. XVI.
(61) 'Obgleich wir uns aber um den Staat der Lakedämonier viele
Verdienste erworben haben, so hat es sich doch so gefügt, daß ich über
diese allein spreche. Die Vorfahren der jetzigen Könige von Lakedämon
nämlich, die Nachkommen des Herakles, nähmen die Rettung, welche
ihnen durch uns zu Theil geworden war, zum Anlaß, kehrten in den
Peloponnesos zurück, nahmen Argos, Lakedämon und Messene ein,
wurden die Gründer von Sparta, und stehen so als die Urheber ihres
ganzen gegenwärtigen Glückes da. (62) Daran sollten Iene denken,
und niemals in dasjenige Land einfallen, aus dem sie einst auszogen
und so großen Wohlstand erwarben, und nicht diejenige Stadt in Ge
fahr bringen, welche für die Söhne des Herakles sich Gefahren aus»
gesetzt hatte, noch den Abkömmlingen desselben die Königsherrschaft
geben, und die, welche für jenes Geschlecht die Ursache der Rettung
wurde, sich dienstbar machen wollen. (63) Soll ich aber die Dankbar
keit und Billigkeit bei Seite lassen, und wieder zu dem eigentlichen
Gegenstand (zum Hauptthema) meiner Rede zurückkommen, und den
triftigsten aller Gründe anführen, so ist es doch sicherlich nicht dem
Herkommen gemäß, daß die (neu) Hinzugekommenen (Eingewanderten)
über die Ureinwohner, noch die, welche Wohlthattn empfangen haben,
über ihre Wohlthäter, noch auch die, welche Schutzstehende gewesen
waren, über die, welche sie aufnahmen, die Herrschaft führen.'
61. ?io^Xcüv . . ^l«xk<l«l^ovlluv, indem die Athener ihnen im
zweiten messenischen Kriege den Tnrtäos sandten; so auch im dritten
den Kimon mit einem Hilfsheer (vgl. Mue. 1, 102). — ikpl rowry?
48 IsoKrates, ?ane^>'iK0s- 0ap. XVI, 62. 63. XVII, 64.
/«ov^?, näml. von der zuletzt erwähnten — /«ol lw^t/?^xkv, 'es hat
sich mir (in der Rede) so gefügt'; vgl. 12 § 199: ov /«Hv <7v^/?«l'v«
/<ol r««5ro ^lolkli' ^xkl'vol? — li^o^Hv ^«/3o'vrk;, 'den Ausgangs
punkt nehmend', indem näml. durch diese Rettung die spätere Einwan»
derung möglich wurde — vvv ^v ^«^k<5«l/«ovl /3«<7l^k«x>>rluv, näml.
der beiden spartanischen Königsfamilien, der Prokleiden und Eurysthe»
niden, deren Abstammung bis auf Hyllos, den Sohn des Herakles,
zurückgeführt wurde — «vro?? gehört zu ?l«pövrcuv (nicht zu x«r-
62. ki; r^v /cü^>«v rewr^v kl<7/?«Xklv, Anspielung auf die von
den Lakedämoniern, namentlich während des peloponnesischen Krieges,
öfters wiederholten Einfalle ins attische Gebiet — ckov^kvklv, näml.
durch Lysander zur Zeit der Dreißig.
63. ävkäovr«?, 'bei Seite lassen, davon absehen' (viell. ist «^t-
Xovr«? zu lesen, verglichen mit 5 § 29: H»' r«? /«tzv >5v<7^k^tl«? ..
li^k^V? ^ ^l r^v ö?losk<7lv, 'zum eigentlichen Thema, zur Haupt»
frage', näml. wegen des Anrechts Athens auf die Hegemonie — röv
«x<»l/?k<7r«rov riüv Xo'/cuv, 'den stärksten, tristigsten aller Gründe'.
<^. XVII.
(64) 'Ich kann aber die Sache noch kürzer klarstellen. Unter den
hellenischen Staaten waren nämlich außer dem unsrigen Argos, Theben
und Lakedämon schon damals die größten, und sie sind es noch jetzt
fortwährend. Offenbar aber haben unsere Vorfahren sich so sehr vor
Allen ausgezeichnet, daß sie zu Gunsten der Argeier, welche Unglück
gehabt hatten, den Thebäern zu einer Zeit, da sie am Uebermüthigsten
waren, Befehle gaben, (65) zu Gunsten der Söhne des Herakles aber
die Argeier und die übrigen Pelovonnesier in einer Schlacht besiegten,
und durch die gegen Eurystheus bestandenen Gefahren die Gründer und
Heerführer der Lakedämonier retteten, so daß ich nicht weiß, wie man
über die Oberhoheit unter den Hellenen einen deutlicheren Beweis geben
könnte.'
64. '^7c>?, als Königreich Mykenä unter der Herrschaft der Per»
I8oliiÄte8, ?auegMKuL. Oup. XVII, 65. XVIII, 66. 49
(^r. XVIII.
(66) 'Es ziemt sich aber , wie mir scheint, auch über das, was von
unserer Stadt gegen die Barbaren geleistet wurde, zu reden, zumal ich
ja mir auch eine Rede über die Oberanführung gegen Iene zur Auf
gabe gestellt habe. Wenn ich nun alle Kämpfe aufzahlte, würde ich zu
weitläuftig werden. Ich will daher nur in Betreff der wichtigsten auf
dieselbe Weise, wie kurz vorher, auch über diesen Punkt zu sprechen
versuchen. (67) Die Völker nämlich, welche am meisten zur Herrschaft
befähigt sind und die größten Herrschergebiete inne haben, sind die
Skythen, Thraker und Perser, und grade diese alle haben Feindselig»
keiten gegen uns verübt, und unsere Stadt hat gegen alle diese (Völker)
schwere Gefahren bestanden. Was wird nun aber unsern Gegnern zu
sagen übrig bleiben, wenn nachgewiesen worden ist, daß diejenigen
Hellenen, die ihr Recht nicht erlangen konnten, uns um Hilfe zu bitten
für angemessen hielten, und diejenigen Barbaren, welche die Hellenen
unterjochen wollten, zuerst gegen uns zogen?'
66. Lss ?iöXkl, activer Dativ zu nk?l^ll/Mvwv — «^lu? r'
k?iklckch ««l, statt der häusigern Stellung «^«u? rk x«i «?iklck^, vgl.
so 9 § 7: ?ik^i <uv x«l ^e^klv <llx«««'v ^n«v, «<l^,lu? r F?iklckH
-e«i ete. — ruv Xo/ov x«5k<7r^<7«'i«>?v, 'ich habe die Rede bestimmt,
festgestellt', 'oiAtion«in, iuZtitiii'; vgl. 7 § ??: nk^l <l' wv ^E «9/^?
räv ^ö/ov x«rk<7r^6«/^v, und ?Iat. Hipp. uiiü. p. 304, K: oloV 1'
— ?ik<il r^? ^/k/«>vl«? r^? ^?i' «xk/vol>?, näml. in dem gegen die
Perser von den Hellenen gemeinsam zu führenden Kriege: 'die Ober»
50 Iz0Krate8, ?aue87riKo8. 0ap. XVIII, 67. XIX, 68.
04?. XIX.
(68) 'Der berühmteste unter diesen Kriegen ist nun zwar der per
sische gewesen, indes bieten auch die alten Thaten denen nicht geringere
Beweise, welche über angestammte Rechte streiten. Als nämlich Hellas
noch schwach (unbedeutend, machtlos) war, kamen in unser Land die
Thraker mit Eumolpos, dem Sohne des Poseidon, und die Skythen
mit den Amazonen, den Töchtern des Ares, nicht zu derselben Zeit,
sondern wie grade jeder Theil derselben seine Herrschaft bis nach Europa
auszudehnen suchte, indem sie zwar das ganze Geschlecht der Hel»
lenen haßten, gegen uns aber besonders Beschuldigungen vorbrachten,
in der Meinung, auf diese Weise würden sie es nur mit Einer Stadt
aufzunehmen haben und doch Alle zusammen mit Einem Male be
zwingen. (69) Jedoch es gelang ihnen nicht, sondern trotzdem, daß sie
mit unseren Vorfahren allein zusammenstießen, wurden sie doch eben
so vernichtet, wie wenn sie mit der ganzen Welt Krieg geführt hätten.
Die Größe der Niederlage, die sie erlitten, ist klar; denn die Sagen
darüber würden sich nicht so lange erhalten haben, wenn sich nicht auch
die Thatsache (das Ereigniß) so sehr von allen übrigen unterschieden
hätte. (70) Von den Amazonen nun sagt man, daß von den Herge
kommenen keine wieder zurückgekehrt, die zurückgebliebenen aber in
Folge der hier erlittenen Niederlage von ihrer Herrschaft vertrieben
worden seien; von den Thrakern aber, daß sie, die sonst als Grenz»
nachbarn neben uns wohnten, in Folge des damaligen Feldzuges einen
so großen Zwischenraum ließen, daß in dem dazwischen liegenden Lande
viele Völker, verschiedene Stamme und große Städte sich anbauten.'
68. nkpi rc?v ?i«rp/cuv, d. i. über die ererbte Hegemonie, mit
Bezug auf § 18i w? «<7r«v «vro5? H/«ss«l ?i«rpcov ('ererbt', 'an»
I8oKrate8, ?ane^riKc>8. (?3p. XIX, 69. 70. 51
ox?. XXI.
(73) 'Und glaube Niemand, ich wüßte nicht, daß auch die Lakedä»
monier in jenen Zeiten für die Hellenen die Veranlasser vieles Guten
gewesen sind; aber grade deswegen habe ich nur noch mehr Grund
unsere Stadt zu loben, daß sie mit solchen Männern den Wettstreit zu
bestehen hatte und sich doch so sehr vor ihnen auszeichnete. Ich will
aber etwas weitläuftiger über diese beiden Staaten sprechen, und nicht
zu schnell darüber hinweggehen, damit wir an Beides erinnert werden,
an die Tapferkeit unserer Vorfahren und an die Feindschaft mit den
Barbaren. (74) Es entgeht mir nun aber nicht, wie schwer es ist,
wenn man zuletzt auftritt und über Dinge spricht, die längst vorweg»
genommen sind, und über welche grade die Bürger, welche der Rede
am meisten mächtig sind, bei den öffentlichen Leichenbegängnissen oft
gesprochen haben. Denn das Bedeutendste davon muß nothwendig schon
abgenutzt und nur irgend welche Kleinigkeiten übergangen worden sein.
Gleichwol darf ich, da es der Sache nützt, nicht zögern, von diesem
Uebriggelassenen ausgehend jene Dinge zu erwähnen.'
73. rolovr«>v «vr«/cuvl<7rlüv rv^ov<7«, 'obgleich sie solche Wett
streitende, solche Gegner im Wettstreite hatte' — rolv ?i<,^<»v, zum
ßen. wl«e. des Artikels im Dualis s. ob. § 17 die Bemerk, zu rc«
no^i? rovrw S. 22 — r«^ö ^/«v für das gewöhnt. Xl«»> r«/v: 'all»
54 I8oKrate8, ?2,ue8>riKo8. c!ap. XXI, 74. XXII.
zuschnell'; vgl. ähnlich unten § 160: ?ioXä« X/«v, 9 § 48: nol.« ^/«v,
und 7 § 77: noppw Xl«v.
74. 8<7r«rov ^?lk>l,Hovr« H,k'^klv, 8<7r«rov gehört zu beiden
Verben— ^?ikiHovr«, 'auftretend', als Schriftsteller (nicht als Redner,
denn dies heißt n«^«v««), vgl, oben § 15: «<7oi <«iv kvHi? ^?lk^-
o4i>. XXII.
(75) 'Ich glaube nun zwar, daß die, welche ihr Leben für Hellas
auf's Spiel fetzten, die Urheber des meisten Guten gewesen und des
größten Lobes würdig sind; doch wäre es gar nicht recht, die, welche
vor diesem Kriege lebten und in einem der beiden Staaten die Macht
in Händen hatten, unerwähnt zu lassen. Denn sie waren es, welche
die Nachkommen vorher dazu eingeübt und die Bürger zur Tapferkeit
hingeleitet und zu so schweren Gegenkämpfern für die Barbaren ge
macht haben. (76) Denn sie vernachlässigten nicht das Gemeingut; auch
benutzten sie es nicht wie das ihrige und kümmerten sich nicht darum
wie um Fremdes, sondern sie besorgten es wie ihnen Gehöriges, und
enthielten sich desselben, wie man es thun muß bei dem Nichtzugehörigen.
Auch beurtheilten sie die Glückseligkeit nicht nach dem Gelde, sondern
derjenige schien den sichersten und schönsten Neichthum zu besitzen, der
Thaten vollbrachte, durch die er nicht nur selbst am meisten berühmt
werden, sondern auch seinen Kindern den größten Ruhm hinterlassen
würde. (7?) Auch wetteiserten sie nicht in Frechheiten mit einander,
noch übten sie sich in eignen Tollkühnheiten, sondern sie glaubten, es
sei schlimmer, in einem üblen Ruf bei seinen Mitbürgern zu stehen, als
ruhmvoll für den Staat zu sterben; und sie schämten sich mehr über
gemeinsame Fehler als (man sich) jetzt über die eigenen (schämt). (78) Die
Ursache davon aber war, daß sie bei den Gesetzen darauf sahen, daß
sie genau und gut seien, nicht sowol die über die Privatstreitigkeiten
als die über das Verhalten im täglichen Leben. Denn sie wußten, daß
Ehrenmänner nicht viele geschriebene Gesetze nöthig haben, sondern daß
sie vermittels weniger Vereinbarungen sowol über die Privat» als über
die öffentlichen Angelegenheiten sich leicht einigen werden. (79) Und
ihr Verhalten im Staate war derart, daß sie sogar ihre Parteikämpfe
nicht darum führten, wer von Beiden den Andern zu Grunde richten
und dann die Uebrigen beherrschen, sondern wer dem Andern zuvor
kommen könne, sich ein Verdienst um den Staat zu erwerben. Und
ihre Genossenschaften (politischen Verbindungen) schloffen sie nicht um
ihres Privatvortheils willen, sondern zum Nutzen des Volkes. (80) Auf
dieselbe Weise behandelten sie auch ihr Verhältniß zu Anderen, indem
sie sich gegen die Hellenen dienstwillig, aber nicht übermüthig zeigten,
und sie anführen aber nicht beherrschen zu müssen glaubten, und lieber
ihre Feldherrn als ihre Herrscher und ihre Retter, nicht ihre Schadiger
genannt zu werden wünschten, indem sie die Staaten durch Wohl»
thaten für sich gewannen, und nicht mit Gewalt sich unterjochten,
(81) zuverlässiger in ihren Worten waren, als man es jetzt in Eiden
ist, an Verträge wie an Naturnothwendigkeiten sich halten zu müssen
glaubten, nicht sowol auf ihre Herrschermacht stolz waren, als auf ihr
mäßiges Leben sich etwas einbildeten, den Schwächeren gegenüber die
selbe Gesinnung für angemessen hielten, die sie von den Stärkeren sich
selbst gegenüber in Anspruch nahmen, und ihre Städte als ihre Wohn
sitze betrachteten, als ihr gemeinsames Vaterland aber Hellas ansahen.'
75. ?lXkl<7rluv «/«slüv «irc'ov?, das Prädikat nachdrucksvoll
vorangestellt: als der größten Güter Urheber . . betrachte ich zwar die,
welche «. — rol; <7lu'^«Olv, 'mit ihren Leibern', 'mit Leib und Leben',
'persönlich', im Gegensatze zu denen, welche Iene zur Tapferkeit erzogen
haben — ov ^iHv oöckt, doppelt verstärkende Negation, zum folg. <ll'-
x«lov gehörig: 'gar nicht recht' — ckvv«inkvc7«»'rlu»', 'welche die Re
gierung, die Staatsgewalt übernommen hatten', auch von den Häuptern
der Freistaaten gebraucht — r« nHi/'si?, hier: 'ihre Völkerschaften',
von den Bürgern Nthen's und Sparta's.
76. o^ck' «nkä«w<,»' ^zv . . ^k^ovv ck^ gehört zusammen: auch
56 IsoKrates, ?ane^riK0s. (>2,p. XXII, 77 — 79.
0xr. XXIII.
Kit, diesen Krieg über sie gebracht hat, damit nicht Männer von solcher
Art verborgen bleiben oder ruhmlos das Leben enden möchten, sondern
derselben Ehre wie die von den Göttern gezeugten sogenannten Halb
götter gewürdigt würden. Denn auch von Jenen gaben sie die Körper
der Naturnothwendigkeit Preis, das Andenken an ihre Tapferkeit aber
machten sie unsterblich.'
82. rolllv'r«l? ckl«vol«l«, 'solchen Ansichten, Gesinnungen' —
k'v ro5? ralovrol? Hsk<7l, 'in den diesen (Gesinnungen) entsprechenden
Grundsätzen' — «nkckk^«v, gewählter Ausdruck für k?lol'^<7«»'- sie
stellten dar, d. i. machten, bildeten; vgl. 15 § 205: <ililvk; «v roi?
oi /<kv /«kr« ?r«<7^; r^? ^i«ckc>? /<i«v ?lo'^lv klXov, o ckk /<krü
Oxr. XXIV.
(85) 'Immer waren nun zwar unsere Vorfahren und die Lakedä»
monier eisersüchtig auf einander, aber freilich wetteiserten sie in jenen
Zeiten um die schönsten Ehrenpreise und betrachteten sich nicht als
Feinde, sondern als Nebenbuhler, auch dienten sie den Barbaren nicht
zur Unterjochung der Hellenen, fondern, da sie über die gemeinsame
Rettung einig waren, richteten sie ihren Wettstreit nur darauf, wer
von ihnen der Urheber derselben werden könne, Sie zeigten aber ihren
Heldenmut zuerst an denen, welche von Dareios geschickt wurden.
(86) Denn als diefe in Attika landeten, warteten die Einen nicht auf
die Bundesgenossen, fondern machten den gemeinsamen Krieg zu ihrem
besondern, und zogen nur mit ihrer eigenen Streitmacht den Ver
ächtern des gesammten Hellas entgegen, sie die Wenigen gegen viele
Myriaden, als ob sie fremdes Leben aufs Spiel zu setzen hätten; die
Anderen aber hatten kaum den Krieg in Attika erfahren, als sie alles
Andere bei Seite ließen und uns zu Hilfe kamen, und zeigten dabei
einen Eiser, als ob ihr eignes Land verwüstet würde. (87) Ein Be
weis von der Schnelligkeit und dem Wetteiser aber ist Folgendes:
Unfere Vorfahren sollen nämlich an demselben Tage, da sie die Lan
dung der Barbaren erfuhren, zur Abwehr an die Grenzen des Landes
gerückt fein, in einer Schlacht gesiegt und ein Siegeszeichen errichtet
haben, Iene aber in drei Tagen und eben fo viel Nächten zwölfhundert
Stadien in geordnetem Heereszuge zurückgelegt haben. So fehr be
eilten sich die Einen, an den Gefahren Theil zu nehmen, die Anderen,
mit dem Feinde zufammenzustoßen, bevor die zu Hilfe Eilenden her
beikämen.'^!
85. o6 ^Hv «^«, im bejahenden Sinn: 'aber freilich' — ns^l
««IXlorcuv, 'um das Schönste', 'um den schönsten, höchsten Preis' —
röv ^«p/3«po»' skpllilk^ovrk?, Anspielung auf das Buhlen der zeit»
genössischen Athener >und Spartaner um die Gunst des Perserkönigs,
um durch dessen Hilfe das übrige Hellas von sich abhängig zu machen
— k»kckkl'^«vro k'v rol? . . nt^ftk««»', sie zeigten . . an denen «.;
60 IzoKrate8, ?auesTrillos. Oap. XXIV, 86. 87. XXV.
zum Ausdrucke vgl. ?I»t. Ueuou. p. 82, «,: »<>o<7x«^ksov 5cüv iroi-
86. ki? r^v '^rr«x^v, näml. bei Marathon — ot ^«v, die Athener
— aö ?lkpl^klv«v rov? <7v^«xov§ ete., zur Sache vgl. (1^8.) 2
Oxi-. XXV.
(88) 'Als aber hierauf der spätere Feldzug unternommen wurde,
'den Xerxes selbst leitete, nachdem er seinen Königssitz verlassen, und
es über sich gewann, als Feldherr aufzutreten und alle möglichen
Menschen aus Asien um sich versammelt hatte — ein Mann, von
welchem wol Ieder, auch wenn er Uebertreibungen vorzubringen Willens
>.
IsoKrates, ?aueß?riK0s. (i^p. XXV, 88. 61
nar, weniger als wiMich geschehen ist, gesagt hat, — (89) er, der in
seinem Uebermuthe so weit ging, daß er in der Meinung, es sei eine
kleine Mühe, Hellas zu unterwerfen, und in der Absicht, ein Andenken
zu hinterlafsen, das nicht im Bereiche der menschlichen Natur liegt,
nicht eher ruhte, als bis er ersonnen und erzwungen hatte, wovon noch
alle Welt spricht, nämlich mit der Flotte durch das Festland zu schisfen
und zu Fuß durch das Meer zu gehen, indem er den Hellespont über»
brückte und den Athos durchgrub: (90) gegen ihn alfo, der so stolze
Gedanken hatte und so Gewaltiges ausführte und über so Viele herrschte,
zogen sie aus, die Gefahr theilend, die Lakedämonier nach Thermo»
pylä gegen das Landheer, nachdem sie Tausend von den Ihrigen aus
gewählt und einige Wenige von den Bundesgenossen zugezogen hatten,
um Iene in den Engpässen an weiterem Vordringen zu hindern;
unsere Väter aber nach Artemision, nachdem sie sechzig Trieren be
mannt hatten, gegen die ganze Seemacht der Feinde. (91) Dies aber
wagten sie zu thun nicht sowol, weil sie die Feinde geringschätzten, als
weil sie mit einander wetteiserten, die Lakedämonier, da sie unsere
Stadt um die Schlacht bei Marathon beneideten und ihr gleichzukommen
suchten und fürchteten, unsre Stadt möchte zweimal hintereinander die
Urheberin der Rettung für die Hellenen werden; die Unsrigen aber,
hauptsächlich, weil sie den erworbenen Ruhm bewahren und es Allen
offenbar machen wollten, daß sie auch das vorige Mal durch ihre
Tüchtigkeit und nicht durch ihr Glück gesiegt hätten; sodann aber auch,
weil sie die Hellenen zum Seekampfe bringen wollten, indem sie ihnen
zeigten, daß in den Seekämpfen ebenso wie in denen zu Lande die
Tapferkeit über die Menge obsiege.'
68. Hv «vrö; ^k^»?? H/«/k»', Hervorhebung der persönlichen
Anführung des Perserkönigs (im Gegensatze zu § 85: ^ ^<,5« öwö
^«pkl'ov ?it/<^sk«7lv), wodurch die Gefahr für die Hellenen um fo
größer wurde — roX/<^a«?, 'nachdem er es über sich gewann', näml.
gegen die Art der verweichlichten Perserkonige; zur Bedeutung von
roä/<^a«? vgl, oben §57 — «?r«vr«? rod? ^x r^c 'X<7l«?, red
nerische Hyperbel, vgl. unten § 146: /lv'pov rkXkvr^llvro? avv?/^
82 I80Krate8, ?ane^riKo8. O»p. XXV, 89—91.
v?lk<>/3«^,«? ete., eine parenthetische Bemerkung, die bis zum Ende des
§ 89 reicht, worauf die Fortsetzung des unterbrochenen Satzes durch
die Anfangsworte des § 90 erfolgt: ?ipö? ckH rov ovrw //^/« ^o-
v^<7«vr« sie. — ^«rr«, rcöv v?i«p/ovr«u^ weniger als die Wirklich»
keit gesagt hat, hinter der Wirklichkeit, Wahrheit zurückgeblieben ist;
vgl. 6 § 71: luaik ckoxklv ^xk/vov? ^«rrw rlüv vnllp^ovrcuv ki-
^>^x^v«l ?ikpl >//icüv, und ll^periä. Npitklpll. §2: röv H,ö^ov ^«riw
^)«lvkas«l rcüv k<?^wv; vgl. auch oben die Bemerk, zu § 13 S. 20.
89. rolovrov /«v^klov sto,, rhetorische Vorbereitung auf das
nachfolg. Oxymoron zur Hervorhebung des Ungewöhnlichen, Wider»
natürlichen der Leistung des Xerxes, des rn? ar^llron^cky> ?i^k^<7«l
cklü rH? ^ilk/pol> und des ?lk^kv<7«l <ll« rff? s«^«rr^?. Zur Sache
vgl. (1,^8.) 2 § 29: ocköi' /ikv ckl« ri/? s«^,«<7<7^? ^?lo^<7«io, nXoi5v
6i ckl« rff? /^? Hv«^x«<7k ^kvksss««; vgl. auch Oie. äs tm. 2, 34,
112: Xsrxe» ouin t»uti» ol»88ibu8 tanti8<iue e<ziie8trioii8 et Iie<le8tri-
bu8 'eopÜ8 , HsIIs8puuto iuuetu , H,tlious pert<>88<» , mari» aiubul»-
vi88St, terr»m u»viß»88et. — n>lki><7«l . . ?ik^ki5<7«l und ?kv§«?. .
cklo^vE«?, Paronomafien; vgl. im Folg. ß 91: ^^ovvrk? . . ^-
roi>vrk?, und § 186: Pi/'//i/i' x«l /iv^^v. — röv ck' '^lslu cklo^v^«?,
das Nähere hierüber berichtet Herodot 7, 21 ff.
9<). «?i^rcuv, näml. die Lakedämonier und Athener, wie das
Folgende genauer angibt — <5ll/ov?, näml. 400 Thebaner und 700 Thes»
pier, vgl. Hsroä. 7, 222. — «viov?, die Feinde — npö? «?i«v rö
. . v«vrcx<lv, bezieht sich noch auf das vorangehende «n^rwv.
91. «/wvllüvrk?, 'wetteisernd', 'im Wetteiser' — H/«p«su?vl,
Locativ, wie ^«X«^lvl, Nkv^lv« u. a. (s. Krüger's Spracht. 46, 1, 3);
vgl. so 5 ß 147: ^x r^? ^/«^>«Hlüvl /«i^^?. 8 § 38: rol? ^?«^>«-
Hlüvl roi>? /3«^>/3«pol>? v«x^'<i«<il, und 15 § 306: nolo? ckk r«? o
rat? /3«<p/3«<?«v? ^/«^«slüvl r^ /^«^V v««>/a«? ete. — ^l<7cü<7«<,
näml. «^rß. — ot ck' ^/ikrkyol, näml. r«i5r« ?iulkiv ^ro^/«uv, aus
dem Vorangehenden zu wiederholen — /««llar« ^v, diesem entspricht
im Folg. k?iklr« (ohne ck^); vgl. 9 § 41 ff, : n<?«?rov /«iv . . «ik««
— rHv ?i«',ov<7«v cko^«v, 'den gegenwärtigen, erworbenen Ruhm'.
l30Ki'ate8, ?3,ue8^riKo8. O»p. XXVI. 63
0^. XXVI,
(92) 'Obwol sie aber gleiche Kühnheit bewiesen, hatten sie doch
nicht gleiches Schicksal, sondern die Einen wurden vernichtet und sieg
ten zwar mit ihrem Geiste, erlagen aber mit ihrem Körper — denn
es wäre nicht recht zu sagen, sie seien überwunden worden; Keiner von
ihnen wollte ja fliehen — , die Unsrigen aber besiegten zwar die vor
ausgesegelten Schiffe; als sie aber hörten, daß die Feinde den Paß be
setzt hätten, schifften sie nach Hause, und faßten in Betreff des Wei
tern einen Beschluß der Art, daß sie trotz des vielen Herrlichen, das
sie vorher gethan, sich dennoch in den letzten Gefahren noch mehr aus
zeichneten. (93) Denn als alle Bundesgenossen muthlos waren, und
die Peloponnesier den Isthmos durch eine Mauer absperrten und nur
ihre eigene Rettung suchten, die anderen Staaten aber sich den Bar
baren unterworfen hatten und mit ihnen zogen, außer wenn einer
wegen seiner geringen Bedeutung nicht beachtet worden war; als zwölf»
hundert Trieren heransegelten und ein unzählbares Landheer in Attika
einzufallen drohte; als ihnen da keine Rettung erschien (sich zeigte),
sondern sie von den Bundesgenossen verlassen und in allen ihren Hoff
nungen gescheitert waren: da machten sie, (94) obgleich es ihnen frei
stand, nicht blos den vorhandenen Gefahren zu entgehen, sondern auch
außergewöhnliche Ehren zu erlangen, die ihnen der König anbot, weil
er glaubte, wenn er die Seemacht unserer Stadt auch noch in seiner
Gewalt hätte, so würde er sofort auch des Peloponnesos Herr werden:
da verschmähten sie dennoch seine Geschenke und schritten nicht etwa,
aus Zorn gegen die Hellenen, von denen sie preisgegeben worden
waren, freudig zu einer Vereinigung mit den Barbaren, (95) sondern
rüsteten sich, auf eigne Hand für die Freiheit zu kämpfen, und ver
ziehen den Anderen, welche die Knechtschaft vorzogen. Denn sie glaub
ten, den schwächeren (unbedeutenderen) Staaten komme es zu, auf jede
Weise ihre Rettung zu suchen, für die aber, welche die Hegemonie von
Hellas beanspruchten, sei es nicht statthaft, sich den Gefahren zu ent
ziehen, sondern, wie es Ehrenmännern wünschenswerther sei, rühmlich
zu sterben als schimpflich zu leben, so sei es auch für die hervorragen»
64 IsoKrats8, ?aus8?riK0s. LHP. XXVI^ 92—94.
r«; ?ipoilXov?, näml. die von den Persern vorausgesandten 2lX) Schnell»
segler, welche die Hellenen am ersten Tage der Schlacht bei Artemision
besiegten, vgl. Heroä. 8, 7 ff. — rH« ?i«pöckov, näml. des Passes
von Thermopnlä — ^/?ovXkv'<7«vra ?lt^l ^cüv ^c>l?lcüv, in § 96 ff.
genauer angegeben.
93. «sv'/<cu; /«p «?l«v?lu»' . . <ll«nkl/4«»'u>v ete. , der lange
Vordersatz reicht bis in die Mitte des folg. § zu den Worten x«l /7k-
X<i?low/'<7ov x^>«r^'<7klv, der Nachsatz beginnt mit ov^ «!n^/lklv«»'
i«; ?l«p' «xkivov <5cu^t«';. — ckl««l^l^övrcu»', näml. von Lechaion
bis Kenchreä, vgl. lleroä. 8, 20 — ?lXHv t" ^l? . . n«l»^k^s»/,
es waren dies nach lleroä. 8, 66 die Thespier, Platäer und fünf
Inseln — v?lo^'«l»'a/ik»'^, sigürl.: wie ein Lichtstrahl aufging, leuch
tete: vgl. Xsuopli. H,uHt>. 4, 2, 7: ^?ikl ck' Mkp« vTlk^lllvi^.
94. ^ov «vrol; ste., 'und obgleich es ihnen freistand' — tckl'ckol',
'er bot an', vgl. lleiocl, 8, 136 u. ?1ut. ^ri«t, 10: k?lt^k ^l>«/l<
lLoKi'at«L, ?aueA-riKo8. Oap. XXVI, 95. 96. XXVII. 65
0x?. XXVII.
'Und wer möchte nun wol edlere oder hellenenfreundlichere Männer
aufweisen können, als sie, die, um nicht an der Knechtschaft der Uebrigen
Schuld zu sein, es über sich gewannen, mitanzusehen, wie ihre Stadt
verödet, ihr Land verwüstet, ihre Heiligthümer geplündert, ihre Tem
pel verbrannt und der ganze Krieg über ihr Vaterland gebracht wurde?
<9?) Und nicht einmal dies genügte ihnen, sondern sie wollten gegen
zwölfhundert Trieren allein eine Seeschlacht liefern. Dies jedoch ge
stattete man ihnen nicht. Denn die Pelovonnesier, die durch ihre
Tapferkeit beschämt waren und glaubten, wenn die Unsrigen erst zu
Grunde gegangen wären, würden auch sie selbst keine Rettung sinden,
wenn sie (die Unsrigen) aber siegten (triumphirten), würden sie über
ihre Staaten Schande bringen, sahen sich genöthigt, an den Gefahren
Theil zu nehmen. Den Lärm nun, der bei dem Kampfe entstand und
das Geschrei und die Anfeuerungen, wie dies allen Seeschlachten ge»
66 is0Krates, ?aus^riKos. O»p.XXVII,96— 98. XXVIII.
mein ist — Warum ich bei der Schilderung davon mich aufhalten sollte,
sehe ich nicht ein. (98) Was aber (diesem Kampfe) eigenthümlich und
der Hegemonie würdig ist und mit dem vorher Gesagten übereinstimmt,
das zu sagen ist meine Sache. Unsere Stadt nämlich zeichnete sich so
sehr aus, als sie noch unversehrt war, daß sie noch nach ihrer Zer
störung mehr Dreiruderer zu dem Kampfe für Hellas stellte, als Alle,
die die Seeschlacht mitmachten, zusammen, und Niemand ist so feindlich
gegen uns gesinnt, daß er nicht zugeben sollte, daß wir durch diese
Seeschlacht die Oberhand im Kriege gewannen und daß unsere Stadt
die Urheberin davon gewesen ist.'
96. (Fortsetz.) c>?rcvk? er^a«»' knickk«', 'die es über sich ge
wannen mit anzusehen' — «^^np«^c>^ , von ch«-?il/«?lp^l od,
^.?ll'n^/l«, 'anzünden', 'in Brand stecken', 'verbrennen'.
97. ^^^<7«v, 'sie waren Willens, im Begriff', im Gegensatze
zum folg. ov /«Hv ti«s^l7«»' (näml. /lovol ckl«v«v/<«^kl»' — x«r«i-
<7Xl>vskvrk; . . ^Hv «^>krHv «vr<ö»' (rcüv '^ls^v«l'lu»'), nach Hsioä.
8, 75 wurden die Lakedämonier vielmehr durch die List des Themistokles
bei Salamis zurückgehalten — x«r<,^>sclx7«vrcuv, näml. rcüv HMri-
pluv — tl? «rc^l'«v . . x«r«<7r^'<7kl»', näml. /IkXo?iov»'^<7lc>l, durch
ihre Mittheilnahme am Kampfe — roi; ^kv so^l'/?<,v? sie., rhe'
torische Wendung des Uebergehens (praeteritin), vgl. 9 §31: x«l roi;
98. « ck' F<7rl»' ic5l«, näml. ru? n^«)^«rc: was diesem Kampfe
eigenthümlich ist — r«0r« ck', vgl. oben § 1 die Bemerk, zu -rov'ro,;
ck' S. 14 — ?iXkl'ov; . . »/ <7l5^?l«vrk? oi v«v/<«/^c7«vrk?, vgl. 12
O^r. XXVIII.
(99) 'Wenn nun aber ein Feldzug gegen die Barbaren unternow-
men werden soll, wer muß da wol die Hegemonie erhalten? Nicht die,
IsoKrates, ?aneg^riKos. Oap. XXVIII, 99. XXIX. 67
welche in dem frühern Kriege den meisten Ruhm erlangt, und sich oft»
mals allein für die Andern in Gefahr begeben haben, in den gemein
samen Kämpfen aber des Ehrenpreises gewürdigt worden sind? Nicht
die, welche ihr eignes Land verließen für die Rettung der Anderen
und schon vor Alters die Gründer der meisten Städte geworden waren,
und hier wieder dieselben aus dem größten Unglück errettet haben?
Würde uns da nicht ein schlimmes Unrecht widerfahren, wenn wir,
die an den Uebeln den größten Antheil hatten, bei den Ehren benach»
theiligt würden, und während wir damals für Alle uns voranstellten,
jetzt Anderen nachzufolgen gezwungen würden?'
99. x«irol ^kXH,ov'<^« ete., 'wenn nun aber' lc. — rHv «irlu>,
näml. /Hv od. ?loXiv: 'ihr eignes Land' od, 'ihre eigne Stadt'; vgl.
oben § 41: iol? ckv<7rv/o«^»' ^v r«l^ «vrcü»'. § 49: roö? ^v r«l?
«örcüv ckvvll^kvov?; unten ß 146 u. 168: kv r«l« cwr<i»»' u. v. a.
— olxl<7r«?, 'Gründer', vgl. oben § 35: ^/k/«5v«? ki? rü? noXkl?
^^«?ltfl^kv, oi . . ?ioX),«9 /«iv ^<p' «x«r^«; r^ ^?lk<pov ?lankl?
kxrc<7«v ste. — k'i«rrov «/kl»', ein geringeres Maß zu erhalten, be»
nachtheiligt zu werden; vgl. 7 § 67: luark ^<>iv N«rrov «/«»'
rol'? ^x^«>lovr«? rcüv xurk^so'»'rcu»'. — «xoXovskl»', als Gegensatz
zum voranstehenden n^or«^s^rk?.
c!xr. XXIX.
(ION) 'Soweit Nun, glaub' ich, werden wol Alle zugeben, daß
unfre Stadt überaus viel Gutes gestiftet hat, und daß ihr mit Recht
die Hegemonie zukomme. Im Weitern aber beschuldigen uns jetzt
Einige, daß wir, nachdem wir die Herrschaft zur See erhalten hatten,
an vielem Unheil für die Hellenen Schuld gewesen, und werfen uns
die Sklaverei der Melier und die Vernichtung der Skionäer in
diesen ihren Reden vor. (101) Ich aber glaube erstens, es ist kein
Zeichen, daß wir schlecht herrschen, wenn Einige von denen, die mit
uns Krieg geführt haben, als schwer bestraft erscheinen, sondern es ist
ein viel stärkerer Beweis dafür, daß wir die Angelegenheiten der Bun
desgenossen gut verwalteten, daß von den unter uns stehenden Staaten
5»
68 I8uKrate8, ?aue^i-iKo8. Oap. XXIX, 100—102.
in runder Zahl siebzig Iahre lang, von 477 bis zum Ende des pelo»
ponnesischen Krieges,
L>r. XXX,
(103) 'Ich glaube aber, von Allen werden diejenigen für die besten
Vorsteher der Hellenen gehalten werden, unter welchen sich die Unter
gebenen am wohlsten befunden haben. Nun werden wir aber sinden,
daß unter unsrer Hegemonie sowol die einzelnen Familien am meisten
an Wohlstand zunahmen, als auch die Städte am größten wurden,
(104) Denn wir waren nicht neidisch auf diejenigen, welche sich ver
größerten (mächtiger wurden), und erregten keine Unruhen, indem wir
entgegengesetzte Regierungsformen (Verfafsungen) neben einander ein
führten, damit sie unter einander in Zwist gerathen und beiderseits
sich um unsre Gunst bewerben sollten, sondern, da wir die Eintracht
der Bundesgenossen für einen gemeinsamen Vortheil hielten, verwal
teten wir alle Staaten nach denselben Grundsätzen, indem wir wie
Bundesgenossen und nicht wie Herrscher über sie beriethen, und zwar
die Gesammtangelegenheiten leiteten (an der Spitze des Ganzen standen),
(105) im Besondern aber Iedem seine Freiheit ließen, und die Volts,
herrschaften unterstützten, die Gewaltherrschaften aber bekämpften, weil
wir es für ungerecht hielten, daß die Mehrzahl unter einigen Wenigen
stehe, und daß die, welche an Vermögen bedürftiger, in allem Andern
aber um nichts schlechter sind, von den Aemtern verdrängt würden,
endlich daß in einem gemeinschaftlichen Vaterlande die Einen Herrscher,
die Anderen Schutzgenossen und, obgleich durch ihre Geburt Bürger,
durch das Gesetz ihres Bürgerrechts (ihrer bürgerlichen Rechte) beraubt
seien. (106) Da wir dies und noch mehr als dies an den Oligarchien
zu tadeln hatten, führten wir dieselbe Verfafsung, wie bei uns, auch
bei den Uebrigen ein, und ich weiß nicht, warum ich dieselbe erst noch
weitläuftig loben sollte, besonders da ich mich darüber ganz kurz aus
sprechen kann. Denn unter dieser Verfassung lebten sie siebenzig Iahre
hindurch unbekannt mit Gewaltherrschaften, frei gegenüber den Bar
baren, ohne Zwist unter einander und im Frieden mit allen Menschen.'
70 I8oKrate8, ?aue8MK08. <Iax. XXX^ 103—105.
/iklöv ^arc kvvol«? x«i ^>^/«?, 3r«v rlvi? ?i«^>«lvlü<7l ral? «H,-
o^>. xxxi.
(107) 'Und dafür müßten uns die Verständigen weit eher Dank
wissen, als daß sie uns die Vürgerkolonien vorwerfen, die wir in die
verödeten Städte der Bewachung der Plätze wegen und nicht aus Ver»
größerungssucht schickten. Ein Beweis dafür ist: Obgleich wir im Ver
hältniß zur Volksmenge sehr wenig Land, aber eine sehr große Herr
schaft haben, und doppelt fo viel Trieren besitzen als Alle zusammen,
und diese es mit zweimal so vielen aufnehmen können; (108) obgleich
ferner Euböa nahe bei Attika lag, das für die Herrschaft zur See vor
züglich geeignet ist und sich auch durch ihre anderen Vorzüge vor allen
Inseln auszeichnete; obwol wir dasselbe mehr in unserer Gewalt hatten
als unser eigenes Land und wir außerdem wußten, daß unter den
Hellenen sowol wie unter den Barbaren Diejenigen am berühmtesten
sind, welche sich durch Vertreibung ihrer Grenznachbaren ein begütertes
und müheloses Leben bereiteten: so hat uns doch nichts von alle dem
dazu gebracht, uns an den Besitzern der Insel zu vergehen, (109) son
dern wir allein unter Allen, die eine große Macht erlangten, sahen
es ruhig mit an, wie wir selbst in dürftigeren Verhältnissen lebten als
die, welchen man nachsagte, daß sie Sklaven seien. Wenn wir uns
nun aber bereichern wollten, so hätten wir doch wol nicht nach dem
72 Is0Krates, ?ane^riKos. Cap. XXXI^ 107—109.
Oxr. XXXII.
(110) 'Obgleich wir uns nun so betragen und einen so großen Be»
weis davon gegeben haben, daß wir nicht nach fremdem Eigenthume
trachten, wagen uns dennoch diejenigen anzuklagen, welche an den Re
gierungen der Zehnmänner Theil genommen und ihre eignen Vater
städte geschädigt und bewirkt haben, daß die Uebelthaten der Früheren
klein erscheinen, und denen, welche sich wieder einmal als schlechte
Menschen zeigen wollen, keine Möglichkeit sie zu überbieten gelassen
haben, sondern zwar vorgaben, den Lakedämoniern nachzuahmen und
doch das Gegentheil von Ienen thun, und die das Unglück der Melier
beklagen, an ihren eigenen Mitbürgern aber heillose Thaten zu ver
üben wagten. (111) Denn welche Art von Unrecht ließen sie sich ent
gehen? welche schmachvolle oder empörende That haben sie nicht aus
geführt? sie, welche die Gesetzlosesten für die Treuesten hielten, die
Verräther wie Wohlthäter ehrten; sie, die es vorzogen, die Sklaven
irgend eines Heloten zu sein, um ihre eigenen Vaterstädte übermüthig
zu behandeln, die Mörder und Todtschläger ihrer Mitbürger mehr ehr
ten, als ihre eignen Eltern, (112) und uns Alle in einen solchen Zu
stand von Rohheit brachten, daß wir, während früher in Folge des
damaligen Wohlstandes auch bei kleinen Unglücksfällen ein Ieder von
uns Viele fand, die Mitleid mit ihm hatten, unter ihrer Herrschaft
wegen der Menge der eigenen Leiden aufhörten einander zu bedauern.
Denn Niemandem ließen sie so viel Muße, daß er mit Anderen hätte
trauern können. (113) Denn wen haben sie (mit ihrer Gewaltthätig»
keit) nicht erreicht? oder wer stand den Angelegenheiten des Staates
so fern, daß er nicht gezwungen worden wäre, mit dem Unheil in Be
rührung zu kommen, in welches solche Kreaturen uns brachten? Und
nachdem sie ihre eigenen Städte in eine so gesetzlose Lage gebracht haben,
schämen sie sich nicht, auch noch die unsrige mit Unrecht anzuklagen,
und erdreisten sich überdies auch von den Privat» und öffentlichen
Rechtshändeln, die bei uns irgend einmal vorgekommen sind, zu sprechen,
74 Isolirates, ?ans^riKos. Oap. XXXII, 110—113.
während sie selbst in drei Monaten mehr Leute ohne Urtheil umge
bracht haben, als uns« Stadt während ihrer ganzen Herrschaft ge
richtet hat. (114) Die Verbannungen aber und die inneren Zwistig»
keiten und die Verletzungen der Gesetze und die Veränderungen in den
Staatsverfafsungen, sodann die Mishandlungen von Kindern, die
Schändungen >von Weibern, und das Rauben von Geldern — wer
konnte dies herzählen? Nur soviel kann ich im Allgemeinen behaupten,
daß man das Schlimme unter unsrer Herrschaft mit Leichtigkeit durch
einen einzigen Beschluß hätte aufheben können, die Hinrichtungen aber
und die Ungesetzlichkeiten, die unter ihrer Herrschaft vorgefallen sind,
wol Niemand wieber gutzumachen vermöchte.'
110. o! rcüv cktx«^>/lcüv (so ist zu lesen statt ckkx«<5«^llü»') xai-
vu,v?/<7«v«?, 'die an der Dekarchie theilgenommen'. ckkx«l>/l'«l heißen
die von Lnsander am Ende des peloponnesischen Krieges unter der Auf
sicht eines spartanischen Harmosten in den Städten eingesetzten Regie
rungscommissionen, an welche sich von den Athenern die Oligarchisch»
gestnnten, die sogen. Lakonisten (^«xuivlar«l'), anschlossen und unter
ihrem Schutze die größten Grausamkeiten verübten; vgl, 5 ß 95 u. 12
§ 54 ff. — ^«xluvl^tlv, die Spartaner in äußeren Dingen (Tracht,
Haar und Bart, grobem Kittel :c.) nachahmen — ^«'vol?, näml.
c^r. xxxm.
(115) Auch verdient wahrlich weder der gegenwärtige Friede, noch
die Selbständigkeit, die zwar im Staatsleben sich nicht sindet, aber
doch in den Verträgen geschrieben steht, unsrer Herrschaft vorgezogen
zu werden. Denn wer möchte wol nach einem solchen Zustande Ver
langen tragen, da Seeräuber das Meer beherrschen, Peltaften (Söld
linge) die Städte überfallen; (116) da die Burger, anstatt gegen An
dere um ihr Land Krieg zu führen, innerhalb ihrer Mauern mit
einander kämpfen, und mehr Städte mit den Waffen genommen wur»
den, als ehe wir den Frieden geschlossen hatten, und wegen der häusigen
Umwälzungen diejenigen, welche die IStädte bewohnen, in größerer
Muthlosigkeit leben, als die, welche man mit Verbannung bestraft hat ;
denn jene fürchten die Zukunft, diese aber erwarten beständig ihre Rück
kehr. (117) So weit aber sind sie von der Freiheit und Selbständig
keit entfernt, daß einige (Städte) unter Tyrannen stehen, andere von
Harmosten beherrscht werden, einige zerstört sind, über andere die Bar
baren Herren geworden sind, die wir doch, als sie nach Europa her
überzukommen wagten und nach Größerm trachteten als ihnen zukam,
so zurichteten, (118) daß sie nicht nur aufhörten, Feldzüge gegen uns
zu unternehmen, sondern auch die Verwüstung ihres eignen Landes er
tragen mußten, und die wir, als sie mit zwölfhundert Schiffen um»
hersegelten, so sehr herunterbrachten, daß sie mit keinem Kriegsschiffe
mehr diesseits Phafelis in See stechen durften, sondern sich ruhig ver
halten und ihre Zeit abwarten mußten, aber nicht auf ihre damalige
Macht bauen konnten. (119) Und daß dies durch die Tapferkeit unserer
Vorfahren so gekommen ist, haben deutlich die Unfälle unsres Staates
bewiesen. Denn sobald wir der Herrschaft beraubt waren, begann bei
76 l8oKrÄte8, kaue87riK<>8. Oap. XXXIII^ 115—117.
den Hellenen der Anfang des Unglücks. Denn als nach dem Unglück,
das uns im Hellespontos getroffen hatte, Anderen die Hegemonie über
tragen worden war, siegten die Barbaren zur See, beherrschten das
Meer, hielten die meisten Inseln besetzt, landeten in Lakonika, eroberten
Knthera mit Sturm, und fuhren, Schaden anrichtend, um den ganzen
Pelovonnesos herum.'
5 IIb, rHv ?i«j«><?<7«v klp^'v^, hierzu gehört das folg. iX«ssslll
M^ov, der Satz abhängig von «Aov. Unter dem 'gegenwärtigen
Frieden ist der berüchtigte 'antalkidische Friede' gemeint, der im
I. 387 v. Chr. (7 Iahre vor Veröffentlichung des vorliegenden Pane»
gnrikos) geschlossen wurde, und dessen Bedingungen (nach Xeuopn.
Hellen. 5, 1, 31) wörtlich also lauteten: 'König Artaxerxes hält für
angemessen, daß die Städte in Asien und von den Inseln Klazomenai
und Knvros ihm gehören, die ^übrigen hellenischen Städte aber, so
große wie kleine, unabhängig (autonom) seien mit Ausnahme von
Lemnos, Imbros und Skyros; diese sollen, wie früher, den Athenern
gehören. Welche von beiden kriegführenden Parteien diesen Frieden
nicht annehmen, diese werde ich, im Bunde mit denen, die ihn an»
nehmen, sowol zu Lande als zur See mit Schiffen und mit Geld be»
kriegen' ('^r«^kpk'?? /3«<7/).kö« vo^/^k« <l/x«l«v r«? ^v ^v rff
'^l<7/« n<5Xkl? ««Vr«i5 k^«l x«i rcüv v^<7wv H,'^«^o^kv«? x«l /^-
L^'. XXXIV.
(120) 'Am besten aber kann man die Größe des Umschwunges er
kennen, wenn man die unter unsrer Führung geschlossenen Verträge
und die jetzt niedergeschriebenen vergleichend durchliest. Denn dann
wird man sehen, wie wir damals der Herrschaft des Königs Schranken
setzten, und ihm einigen Tribut auferlegten, und ihn verhinderten, das
Meer (frei) zu benutzen. Ietzt aber ist er es, der die Angelegenheiten
der Hellenen leitet, und vorschreibt, was jeder thun soll, und nur noch
nicht Statthalter in den Städten einsetzt. (121) Denn was bleibt wol
außerdem noch übrig? Ist er nicht Herr über den Krieg geworden,
hat er nicht bei den Friedensunterhandlungen den Vorsitz geführt? und
ist er nicht der Vorsitzende über die gegenwärtigen Verhältnisse?
Schiffen wir nicht zu ihm wie zu unserm Herrscher, um uns gegen
seitig anzuklagen? Nennen wir ihn nicht den "Großkönig", wie wenn
wir seine Kriegsgefangene geworden wären? Setzen wir nicht in unfern
Kriegen gegen einander die Hoffnungen der Rettung auf ihn, der doch
am liebsten uns beide zu Grunde richtete? (122) Wer dies in Er
wägung zieht, sollte billigerweise unzufrieden sein mit den gegenwär
tigen Zuständen und nach unserer Hegemonie sich zurücksehnen, die
Lakedämonier aber tadeln, daß sie anfangs in den Krieg eintraten,
als ob sie die Hellenen befreien wollten, am Ende aber so Viele von
78 isoKrates, ?anesrriKos. Oap. XXXIV, 120—122.
ihnen preisgaben, und daß sie die Ionier von unserer Stadt losrissen,
aus welcher sie doch in ihre Kolonien ausgezogen sind, und durch die
sie oft gerettet worden, und sie den Barbaren auslieferten, wider deren
Willen sie das Land besitzen, und gegen welche zu kämpfen sie niemals
aufgehört haben. (123) Und damals waren sie unzufrieden, als wir
über Einige gefetzmäßig unsre Herrschaft ausüben wollten, jetzt abei,
da dieselben in solche Sklaverei gekommen sind, kümmern sie sich nicht
um sie, obwol es bei diesen schon nicht mehr genug ist, daß man ihnen
Tribut auflegt, und daß sie ihre Burgen von den Feinden besetzt sehen,
sondern zu dem gemeinsamen Unglück erleiden sie auch an ihren Per
sonen noch Schrecklicheres als bei uns die Kaufiklaven. Denn bei uns
mishandelt Niemand die Sklaven so, wie jene die Freien züchtigen.
(124) Der Uebel größtes aber ist, wenn sie gezwungen werden, für
eben diese Sklaverei ins Feld zu ziehen und mit denen, welche ihre
Freiheit wünschen, Krieg zu führen, und Gefahren von der Art zu
bestehen, daß sie im Falle ihrer Niederlage fosort ihren Untergang
sinden, wenn sie aber siegen, für die Zukunft noch mehr geknechtet
werden.'
120. ^' ^cüv, 'unter unsrer Führung', 'zu unsrer Zeit'. Unter
r«? avvH^'x«; r«? ^' H/«3v ^tvo/<«v«? versteht Isokrates dm
sogen. 'Cimonischen Frieden', den er also für wirklich abgeschlossen hält;
ebenso 12 § 60. — o ckl<iixcüv x«l ?ipoara'rrluv ste., Anspielung auf
die oben (zu § 115) angegebene Bestimmung des antalkidischen Friedens,
— ^?ll<7r«s^ov?, sarkastisches Wortspiel mit dem vorangehenden npoa-
<^r. XXXV.
(125) Wem anders muß man die Schuld hiervon zuschreiben als
den Lakedamoniern, die im Besitze einer so großen Macht es ruhig mit
ansehen, wie die, welche ihre Bundesgenossen geworden sind, so Schreck
liches erdulden, der Barbar aber mit der Kraft der Hellenen seine Herr
schaft befestigt? Und früher haben sie die Tyrannen vertrieben, und
dem Volke die nöthige Hilfe geleistet, jetzt aber haben sie sich so sehr*
geändert, daß sie die Freistaaten bekämpfen, und die Alleinherrschaften
Monarchien) aufrichten helfen. (126) Die Stadt der Mantineer we
nigstens haben sie, als der Friede bereits geschlossen war, zerstört, und
die Kadmea der Thebaner besetzt, und jetzt belagern sie die Olnnthier
und Phliasier, und helfen dem Amvntas, dem Könige der Makedonien
und dem Dionysios, dem Tyrannen von Sicilien, und dem Barbaren,
der über Asien herrscht, damit sie nur eine möglichst große Herrschaft
haben. (127) Ist es nun aber nicht ungereimt, wenn die Führer der
80 I8oKrate8, ?aue^riKo8. Oap. XXXV, 125—127.
lovrk?. — «nl /«kv . . ?i^>ü? ckk ete., eine dreisache Antithese (vgl.
unten § 179):
c>i'. XXXVI.
(129) 'Auch möge Niemand glauben, ich sei misgestimmt, weil ich
mich darüber etwas hart ausgesprochen und doch vorausgeschickt habe,
ich wollte über die Aussöhnung reden. Denn nicht um den Staat der
Lakedämonier bei den Anderen anzuschwärzen, habe ich in dieser Weise
über sie gesprochen, sondern um sie selbst, so weit es meine Rede ver
mag, von einer solchen Gesinnung (Denkungsart) abzubringen. (130) Es
ist aber nicht möglich, Iemanden von seinen Fehlern abzubringen, oder
ihn zu überreden , daß er sich einer andern Handlungsweise befleißige,
wenn man nicht seine jetzige nachdrücklich tadelt. Für eine Anklage
aber muß man es halten, wenn Iemand schmäht, um zu schaden, da»
gegen für eine Ermahnung, wenn er dergleichen thut, um zu nützen.
Denn man darf dieselben Worte nicht auf gleiche Weise auslegen,
wenn sie nicht in gleicher Absicht gesprochen sind. (131) Sodann haben
wir aber auch das an ihnen zu tadeln, daß sie zwar ihre Grenznach»
baren zwingen, ihrer Stadt als Heloten zu dienen, für die Gesammt»
heit der Bundesgenossen aber nichts von der Art unternehmen, obwol
es ihnen freisteht, sich mit uns zu versöhnen und alle Barbaren zu
Schutzbürgern des gesammten Hellas zu machen, (132) Und doch sollten
diejenigen, welche von Natur und nicht blos in Folge ihres Glückes
hohes Selbstgefühl besitzen, weit eher solche Unternehmungen versuchen,
82 IsoKrates, ?aueßMKos. «ap. XXXVI, 129—131.
«/kl»', «X<!,« roli^ /«^v «?il /3^«i?ss Xc>l<5o^ovvr«? /<l<7klv «!? x«-
131. t?lll x«l ^aii^' k/o^kv ete., zur Begründung des voran
gehenden k?ilrl//?/<7V : so haben wir denn auch dies noch ihnen vorzu
werfen «. — rov? ö^o^ov?, näml. die Mrsfenier — tt^curkvel,
Kraftausdruck: 'als Heloten dienstbar zu sein', als Gegensatz zum folg.
nt^>lc>l'<c<iv?, 'Periöken', 'Schutzbürger', welche bürgerlich frei und nur
zu gewissen Abgaben und zum Kriegsdienste verpflichtet waren, während
IsoKrates, ?ansF>-riKo8. 6ap. XXXVI, 132. XXXVII. 83
Lxr. XXXVII.
(133) 'Ich glaube aber, wenn Leute anderswoher kämen und die
gegenwärtigen Verhältnisse mitansähen, so würden sie uns Beide eines
großen Wahnsinnes beschuldigen, daß wir wegen Kleinigkeiten solche
Gefahren bestehen, während es uns doch freisteht, Vieles in Ruhe zu
besitzen, und daß wir unser eignes Land zu Grunde richten, anstatt
von Asien Ertrag zu ziehen. (134) Und für Ienen gibt es nichts
Wichtigeres als auf Mittel zu denken, wie wir niemals aufhören möch
ten, gegen einander zu kämpfen; wir aber sind so weit davon ent
fernt, seine Angelegenheiten in Unordnung zu bringen oder inner«
Z.vistigkeiten hervorzurufen, daß wir sogar die Unruhen, die zufällig
bei ihm ausgebrochen sind, mit zu beendigen versuchen, indem wir von
den beiden Kriegsheeren bei Kypros ihn das eine benutzen, das andere
belagern lafsen, obwol doch beide Hellas gehören. (135) Denn die Ab
gefallenen sind uns ebenso befreundet, wie sie sich den Lakedämoniern
hingeben, und von denen, welche mit Tiribazos auszogen, ist nicht nur
der Kern des Landheers aus diesen Gegenden gesammelt worden, son»
6'
84 IsoKr»tes, ?aneF>rHos. ciap. XXXVII, 133—136.
dern auch der größte Theil der Seemacht aus Ionien mitgeschifft, die
doch alle viel lieber gemeinschaftlich Asien verheerten, als sich gegen
seitig um Kleinigkeiten Gefahren aussetzten. (136) Aber dafür tragen
wir keine Fürsorge, sondern wir streiten um die knkladischen Inseln,
während wir so viele Städte und so bedeutende Streitkräfte dem Bar
baren so ohne Weiteres überliefert haben. Deswegen hat er nun auch
Einiges schon jetzt, Anderes wird er bald haben; noch auf Anderes
lauert er, mit Recht uns Alle verachtend. (137) Denn er hat durch»
gesetzt, was Keiner seiner Vorfahren jemals. Denn daß Asien dem
Könige gehöre, ist von uns und den Lakedämoniern anerkannt worden,
und die hellenischen Städte hat er in so unumschränkte Gewalt be
kommen, daß er einige von ihnen niederreißt, in anderen Burgen be
festigt. Und alles dieses ist durch unsern Unverstand, nicht aber durch
seine Macht geschehen.'
133. x«r«xvlüv«l /<«vi«v «^or«^«»v ^luv, uns Beiden Wahn
sinn zuerkennen, zuschreiben, uns Beide für wahnsinnig erklären; vgl, 8
§ 17: oi^«l n«vr«? ö/««? x«r«/vcu<7kas«l no^H»' «vol«v ic«l
/<«vl«v rcüv «<llx<«v ?lXkovk^«v tiv«l vo^l^ovrcuv. — ovrcu, zu
xlvckvvkvo^k»' gehörig: 'wir bestehen so große Gefahren'.
134. ry? ^kv, näml. dem Perserkönige, aus dem vorangehenden
rHv '^1<7l'«v zu entnehmen: dem Könige desselben — ro5v <7l^«io?lk-
<lolv rc,lv ?lt^l A>'?lpo»', der Fürst von Kypros Euagoras war vom
Perserkönig abgefallen (vgl. im folg. § ot ä^karci?«?) und suchte Bei
stand bei den Hellenen, den er bei Athen, aber nicht bei Sparta fand,
daher er Feind desselben wurde; ihn bekriegte Tiribazos mit ionischen
Schiffen und hellenischen Söldnern; vgl. über diesen Krieg im Folg.
§ 141 u, 161.
135. ot «Pkarcürk?, näml. Euagoras und seine Angehörigen und
Freunde — ^x rcüvckk rcüv ro?lcuv, näml. rcöv !LÄ,1^»'l«c2v — ol,
näml. die beiden feindlichen Heere npo? «^^ov«, näml. Hellenen
gegen Hellenen.
136. ?ikpl «Uiv r<üv H^x^«ckcu»' v^<7lu»' «/<Pla/^roö^kv, über
diesen Streit ist nichts Näheres bekannt — ro<7«vi«; rö n^/so« ete.,
vgl. oben zu ß 33 — «'«5, 'unüberlegt', 'leichtsinnig', 'so ohne Wei»
WIiratSs,?aueF7riKo8. Oap.XXXVII, 137. XXXVIII, 138. 85
c^r. XXXVIII.
(138) 'Nun bewundern zwar Manche die Größe der königlichen
Macht und sagen, er sei schwer zu bekriegen, indem sie aufzählen, wie
viele Umwälzungen er bei den Hellenen bewirkt hat. Ich aber glaube,
daß diejenigen, welche dieses sagen, den Feldzug nicht abwenden, son
dern beschleunigen. Denn wenn er dann, wann wir einig sind und
er in Unruhen verwickelt ist, schwer zu bekämpfen sein soll, so muß
man wahrlich jenen Zeitpunkt sehr fürchten, da die Angelegenheiten
der Barbaren Bestand gewonnen haben und in Gintracht geleitet wer»
den, wir aber, wie jetzt, in einem feindlichen Verhältnisse (feindselig)
zu einander stehen. (139) Indes auch wenn sie so für meine Behaup
tung sprechen, so haben sie dennoch keine richtige Ansicht von seiner
Macht. Denn wenn sie gezeigt hätten, daß er früher einmal beide
Staaten zugleich überwunden hat, so würden sie uns vielleicht auch
jetzt mit Recht in Furcht zu setzen suchen; wenn dies aber nicht ge
schehen ist, sondern nur, seitdem wir und die Lakedämonier einander
Feind sind, er durch seinen Beitritt zu der einen Partei die Lage der»
selben glänzender gemacht hat, so ist dies kein Zeichen seiner Stärke.
Denn unter solchen Zeitumständen haben oft schon kleine Mächte wich
tige Entscheidungen herbeigeführt; so könnte ich auch von den Chiern
die Behauptung- aufstellen, daß immer diejenigen, an welche sie sich
anschließen mochten, zur See die Oberhand hatten.'
138. rcüv /3«<7lXkluk il^>«/<««r«<v, prägnant: 'der Macht des
86 I8oKrate8, ?aueg^riKo8. ^i>. XXXVIII, 139. XXXIX.
Ox?. XXXIX.
(140) 'Aber man darf billiger Weise die Macht des Königs nicht
nach dem beurtheilen, was in Gemeinschaft mit Einem von uns ge
schehen ist, sondern nach dem, was er allein und für sich selbst im
Kriege gethan hat. Und zwar zuerst bei dem Abfalle Egnptens: was
hat er da ausgerichtet gegen die, welche es inne haben? Hat er nicht
zu diesem Kriege die berühmtesten Perser, Nbrokomas, Tithraustes und
Pharnabazos abgeschickt? und sind diese nicht, nachdem sie drei Iahre
lang dort verweilt und mehr Schaden gelitten als angerichtet hatten,
zuletzt so schmachvoll abgezogen, daß die Abgefallenen nicht mehr mit
ihrer Freiheit zufrieden waren, sondern bereits ihre Herrschaft auch
über ihre Grenznachbarn auszudehnen suchen? (141) Darauf zog er
gegen Euagoras zu Felde, der über eine einzige Stadt herrscht, in
IsoKiÄtes, ?aneß7riKos. Oap. XXXIX, 140. 141. 87
142. rcü ?io^k/«^> rcu nkpi 'pockov, näml. in dem Seekriege, der
in der Umgegend von Rhodos zwischen den Persern und den Lakedä»
moniern geführt wurde und mit dem Siege des Konon bei Knidos,
394 v. Chr., endete. Vor diesem Siege befand sich die persische Flotte
in großer Roth und ihre Truppen erhielten 15 Monate lang keinen
Sold, Vioä. 14, 79. — rcüv ?ioil^klcüv, näml. der von den Lakedä»
moniern eingeführten Dekarchien, vgl. oben zu § 110 S. 74 — r«5«
v?ikLk<7/«l? r«?? ?l«^>' M«?v, näml. von athenischen Verbannten und
Freiwilligen, die auf der persischen Flotte dienten, vgl, ?Is,t, Neusx.
p. 245, » — ?lkplklckk, 'er sah es ruhig mit an', 'ließ es ruhig ge
schehen' — ?lollopxov^kvov, übertreibender Ausdruck: 'daß seine
Flotte drei Iahre lang blokirt wurde', statt: 'daß sie drei Iahre lang
(aus Furcht vor der lakedämonischen Flotte unter Pharax) sich auf
hoher See nicht blicken ließ' — rö <«iv ^n' ^k/v<z>, 'was, soweit es
von ihm abhing' — ckl« rHv <w////«//«v rHv ?lkpi /loplvöov <w-
<7r«<7«v, näml. wegen des Bundes, den die Böotier, Athener, Korin
ther und Argiver gegen Sparta schloffen und an dessen Spitze Korinth
stand, woselbst auch ihr Bundesheer war, vioäor. 14 § 82. Da gegen
diese Feinde Agesilaos aus Asien zurückberufen wurde, wagten endlich
die Perser eine Seeschlacht, in welcher sie siegten.
143. r«Vr«, der Seesieg bei Knidos — ^xk/vy>, näml. vom
Perserkönig.
0>i. XI..
(143) 'Daher wird wol Niemand sagen können, ich bediene mich
dieser Beispiele nicht mit Recht, oder ich halte mich bei Kleinigkeiten
IsoKrates, ?aueß^riKos. (?ap. XI^. 89
Reiterei mit, und obwol ihnen von diesen während des ganzen Marsches
Hinterhalte gelegt wurden, so vollendeten sie dennoch ihren Marsch so,
wie wenn sie von ihnen das Geleite erhielten, wobei sie sich am meisten
vor dem unbewohnten Theil des Landes fürchteten, und es für den
größten Vortheil hielten, wenn sie auf recht viele Feinde trafen.
(149) Das Ergebnis des Gesagten aber ist folgendes: Obwol Iene nicht
um Beute zu machen gekommen waren und nicht ein Dorf erobert
hatten, sondern gegen den König selbst zu Felde gezogen waren, so
zogen sie doch sicherer zurück als die, welche in Freundschaft zu ihm
gesandt werden. Deshalb scheint es mir, als ob sie (die Perser) aller»
orten ihre Feigheit deutlich gezeigt hätten. Denn sie sind an der
asiatischen Küste in vielen Schlachten unterlegen, und als sie nach
Europa herüber kamen, wurden sie dafür gestraft — denn die Einen
von ihnen gingen schimpflich zu Grunde, die Andern wurden schmählich
gerettet —, und endlich sind sie dicht unter (vor) dem Königssitze zum
Gespötte geworden.'
143. (Forts.) rovro, auf das folg. lö« ov . . /^>lü^«l ete. als
Objektsatz hinweisend,
144. ^xk/vwv, näml, rcüv ^,/wv, durch die folg. Beispiele ge
nauer bestimmt, welche die Schwäche der Perser beweisen — ^kpxv-
I/ck«?, der lakedämonische Feldherr, der im Herbste des I. 399 den
Thibron in Asien ablöste und in acht Tagen neun Städte eroberte,
XeuooK. Hellen. 3, 1, 8 ff.; 3, 2, 1 — /l^ux«,v, er wurde von Der»
kylidas als Harmost in das von ihm eroberte Atarneus (in Mysienf
eingesetzt, Xeuovn. Hellen. 3, 2, 11. — O/^wv, der später nochmals
nach Asten gesandt wurde, verwüstete das persische Gebiet, siel aber
in einem Gefechte, Xeno^I,. Hellen. 4, 8, 1? ff. — rL H^k/<«
ssrp««vMrc, näml. das Heer, das von dem verunglückten Kriegszuge
des jüngern Cyrus zurückgekehrt war, Xeuopb. Hellen. 3, 4, 20.
145. rHv /«r« rov /3«<7/).kw?, näml, als seine Leibtruppen,
Leibwache — ^kivol ^?ik<>«'/H>?<7«v, von ihnen wurde bewiesen, hin»
sichtlich ihrer wurde der Beweis geführt, daß sie :c.
146 L^ov «^kl>r^<7«vro?, näml. in der Schlacht bei Kunaxa,
401 v. Chr., Xeuonli. H,u»b. 1, 6, 19 — ^v rol'role ro5? x«<p<>l?,
IsoKrates, ?aueß?riK0s. c!ap. XL, 147—149. XIvI. 91
c?^i>. xi.i.
(150) 'Und hiervon ist nichts ohne Grund (wider Erwarten) ge
schehen, sondern Alles ist natürlich zugegangen. Denn es ist nicht
92 IsoKr2tes, kane^riKos. Oap. XI.I.
möglich, daß Leute, die so erzogen und regiert werden, an irgend einer
Tugend Theil haben oder in den Schlachten über die Feinde ein Sieges»
zeichen errichten (können). Denn wie könnte bei ihren Einrichtungen
sich ein tüchtiger Feldherr oder ein guter Soldat bilden, da der größte
Theil von ihnen ein ungeordneter und kampfesunkundiger Haufe ist,
für den Krieg entkräftet, zur Sklaverei aber besser als unsre Haus»
sklaven gezogen; (151) und da die, welche bei ihnen im größten An
sehen stehen, niemals, weder für das Gemeinwesen noch für ihre Mit»
bürger, auf gleichmäßige (charaktervolle) Weise gelebt haben, sondern
ihre ganze Lebenszeit damit zubringen, gegen die Einen übermüthig,
gegen die Anderen knechtisch zu handeln, wie Menschen nur immer
ihren Charakter verderben können, da sie in Folge ihres Reichthums
in körperlichen Genüssen schwelgen, geistig aber in Folge der Allein»
Herrschaft gemein und feig sind, vor dem Königspalaste sich zur Auf
wartung einsinden und sich niederwerfen und auf jede Weise sich einer
niedrigen Gesinnung befleißigen, indem sie einen sterblichen Mann fuß»
fällig (sich niederwerfend) verehren und ihn als Gottheit anreden, und
die Götter geringer achten als die Menschen. (152) Daher machen auch
diejenigen unter ihnen, welche an das Meer (an die Meeresküste) her-
unterkommen und die sie Satrapen nennen, ihrer dortigen Erziehung
keine Schande, sondern sie bleiben bei denselben Sitten, indem sie sich
gegen Freunde treulos, gegen Feinde unmännlich zeigen, und bald
kriechend, bald hochmüthig sind, die Bundesgenossen mit Verachtung
behandeln, den Feinden aber sich gefällig erweisen. (153) Das Heer
unter Agesilaos wenigstens haben sie acht Monate lang auf ihre eigenen
Kosten unterhalten, denen aber, die für sie Gefahren bestanden, haben
sie den Sold für eine doppelt so lange Zeit entzogen, und unter die,
welche Kisthßne eroberten, vertheilten sie hundert Talente, die aber,
welche mit ihnen nach Kypros zu Felde gezogen waren, behandelten
sie übermüthiger als die Kriegsgefangenen. (154) Um es aber kurz zu
sagen, und nicht über jedes Einzelne, sondern nur im Allgemeinen zu
reden: wer von denen, welche mit ihnen Krieg führten, ist nicht mit
Vortheilen aus dem Kampfe gegangen, und wer von denen, welche
unter ihre Herrschaft kamen, hat nicht sein Leben unter Mishandlungen
l8oKrats8, ?ane8^riK08. <^ÄI>. XI^I, 150 — 152. 93
geendet? Haben sie sich nicht erfrecht, den Konon, der zum Schutze
Asiens das Heer befehligte und die Herrschaft der Lakedämonier stürzte,
gefangen zu nehme», um ihn hinzurichten, während sie den Themi»
stokles, der sie zum Besten von Hellas in der Seeschlacht besiegt hatte,
der größten Geschenke gewürdigt haben? (155) Wer sollte nun aber
wol die Freundschaft mit Leuten lieben, welche ihre Wohlthäter be
strafen, denen aber, die ihnen Schande zufügen, so ausgezeichnet schmei»
cheln? Gegen wen von uns haben sie sich nicht vergangen? Zu welcher
Zeit haben sie aufgehört, den Hellenen nachzustellen? Was ist ihnen
bei uns nicht verhaßt, ihnen, die in dem frühern Kriege auch die
Götterbilder unt/ die Tempel zu plündern und zu verbrennen wagten?
(156) Deshalb verdienen auch die Ionier gelobt zu werden, daß sie
einen Fluch darauf legten, wenn Jemand etwas von den verbrannten
Heiligthümern berührte oder sie wieder in den alten Zustand versetzen
wollte, nicht aus Mangel an Mitteln, sie wiederherzustellen, sondern
damit sie den Nachgeborenen eine Erinnerung seien an die Gottlosig
keit der Barbaren, und Niemand denen Vertrauen schenke, welche solche
Frevel am Göttlichen zu begehen wagen; sondern daß man sich vor
ihnen hüte und sie fürchte, wenn man sähe, daß sie nicht blos unsere
Personen, sondern auch das den Göttern Geweihte bekriegt haben.'
150. tx^k^vMv«,?, 'abgespannt', 'erschlafft', 'entkräftet' (das Bild
vom abgespannten Bogen); vgl. 15 § 59- ?v« /«H ?i«vr«?l«<7lv sx-
X^slü — rcüv ?i«p' H/«lv «l'xkrcüv, 'als unsre Haussklaven'.
151. o/i«^,l<?? /«iv ovckkn«unar H3/wa«v gehört zusammen: sie
haben auf gleichmäßige, charaktervolle Weise niemals gelebt — w? «v
«vHplu?l«l /««Xl<7r« . . cklll^>s«pklkv, kurzer Ausdruck für: cklk7>s«p-
^k'vol w? «v «vs^lunol /i«').«7r« . . ckl«?>H«pkikv, 'so verderbt, wie
Menschen nur immer' :c. — k^kr«^ö^kvol , zur Aufwartung bei Hofe
erscheinen — <l«//iov« n^oa«/oLkv«v«?, 'als göttliches Wesen an
redend', vgl. H.e8eil7l. ker8. 155 (Worte des Chors zur Königin Atossa):
156. roi'? '/cuv«? </^iav kn«lvk5v ete., von den Ioniern ist das
hier Erzählte sonst nicht näher bekannt; dagegen wird erzählt, daß
vor der Schlacht bei 'Platää die Hellenen schwuren, die von den Bar
baren zerstörten Tempel nicht wieder aufzubauen, vgl. I^eurg. iu
I^oer. § 81; vioä. 11, 29; ?ausaü. 10, 35, 2. — tk^cüv, partitiv.
Genitiv zu xl^'a««v gehörig; vgl. Idue, 1, 143: nlv^<7«»'rk? rcü»'
'0XD/<?ll«<7lv H //kX^,ol; ^^«iluv — ?ioskv ^?ll<7xtv«<7cul7lv, 'wo
her sie dieselben wiederherstellen sollten'.
0xr. XI.II.
(157) 'Ich kann aber auch von unfern Bürgern dergleichen Dinge
anführen. Denn auch sie vergessen bei den Anderen, mit welchen sie
Krieg führten, fobald sie sich verglichen haben, der vergangenen Feind»
IsoKr»tes, ?aneß^riIi0s. O»p. XLII, 157. 95
schaft, den Festlandbewohnern aber wissen sie nicht einmal für Wohl
taten Dank: einen so unvergeßlichen Groll hegen sie gegen dieselben.
Auch haben unsere Väter Viele wegen Hinneigung zu den Persern zum
Tode verurtheilt, und in den öffentlichen Versammlungen stößt man
noch jetzt, bevor man etwas Andres verhandelt, Verwünschungen gegen
jeden Bürger aus, der mit den Persern unterhandeln will. Die Eumol»
piden aber und die Keryken verkünden bei der Einreihung in die My
sterien aus Haß gegen diese auch den andern Barbaren, wie den Mör»
dern, sie sollten sich von der heiligen Handlung fern halten. (156) Und
so feindselig sind wir von Natur gegen sie gesinnt, daß wir selbst unter
den alten Sagen (Mythen) am liebsten bei den troischen und persischen
oerweilen, aus welchen man jene Unglücksfälle erfahren kann. Man
wird ferner sinden, daß aus dem Kriege gegen die Barbaren Hymnen
(Loblieder) gemacht worden, dagegen aus dem gegen die Hellenen Klage
lieder entstanden sind, und daß wir jene bei unseren Festen singen,
dieser aber bei Unglücksfällen gedenken. (159) Und ich glaube, daß auch
die Dichtung Homers deswegen einen größern Ruhm erlangt hat, weil
er die, welche gegen die Barbaren kämpften, so schön verherrlicht hat,
und daß unsere Vorfahren seine Kunst bei den musischen Wettkämpfen
und bei der Erziehung der Iugend deswegen so sehr geehrt wissen
wollten, damit wir durch häusiges Anhören seiner Gesänge die mit
Jenen bestehende Feindschaft kennen lernen, der Tapferkeit jener Kämpfer
nacheisern und nach denselben Thaten wie sie streben sollen'.
157. rol«iir«, näml. solche Beweise tiefen Hafses — rol? Hnkl-
plu'r«l?, 'den Festlandbewohnern', d. i. den Persern als Besitzer des
kleinasiatischen Küstenlandes, vgl. oben ß 132j — or«v tö ?ia<7^cu<7l,
wie durch Besiegung der Lakedämonier bei Knidos — ^ck«s/<oii, der
Genitiv von x«r«^cu<)«v abhängig: 'erkannten schuldig der Anhäng
lichkeit an die Perser, der Hinneigung zu den Persern'; zugleich mit
dem Accusativ der Strafe: erkannten die Todesstrafe für die Hinnei
gung zu den Persern. Als Beispiel werden angeführt Lykibas (Ileroä.
9, 5) und Kyrsilos (DemoLtb. 18 § 104). — ^v ro?? av^o'/ol«, in
den öffentlichen (Volks», Raths», Gerichts») Versammlungen; näml. vor
Beginn derselben wurden bei den herkömmlichen Opfern und Gebeten
96 IzuKrate8, kaue^riKo8. Oap. XI^II^ 158. 159.
<7ro/i«rl>? kl?ik«v)'.
(160) 'Daher scheint mir gar Vieles vorzuliegen, was uns zum
Kriege mit ihnen auffordert, befonders aber die gegenwärtigen Zeitum
stände, die man nicht vorübergehen lassen darf. Denn es wäre schmäh»
lich, dieselben während ihrer Dauer nicht zu benutzen, und ihrer erst
zu gedenken, nachdem sie vorüber sind. Denn welche Vortheile könnten
wir uns wünschen, wenn wir im Begriffe ständen, den König zu be
kriegen, außer den jetzt vorhandenen? (161) Ist nicht Aegypten und
Cnpern von ihm abgefallen, Phönizien und Syrien durch den Krieg
verheert, Tyrus, auf das er so stolz war, von seinen Feinden einge
nommen? Von den Städten in Kilikien aber sind die meisten in den
Händen derer, die es mit uns halten, und die andern zu erlangen, ist
nicht schwer. Lykien aber hat noch niemals ein Perser unterworfm
(162) und Hekatomnos, der Statthalter von Karten, ist eigentlich schon
längst abgefallen, und wird es offen erklären, fobald wir es wollen.
Von Knidos bis Sinope wohnen Hellenen längs der afiatischen Küste,
die man zum Kriege nicht zu überreden, sondern nur nicht davon ab
zuhalten braucht. Wenn uns aber so bedmtende Stützpunkte zu Ge
bote stehen und ein so großer Krieg Asien ringsum bedroht, was braucht
man da den Erfolg allzugenau zu erforschen? Denn da sie schon kleinen
Theilen unterliegen, so ist es ganz klar, in welche Lage sie versetzt wür
den, wenn sie gezwungen wären, mit uns Allen Krieg zu führen.
(163) Die Sache verhält sich nämlich so: Wenn der Barbar die Städte
am Meere mit größerer Kraftanstrengung behauptete und stärkere Be»
satzungen als jetzt in dieselben legte, so würden wol bald auch von den
Inseln die um das Festland herumliegenden, wie Rhodos, Samos und
Chios, sich seinem Geschicke anschließen; wenn wir sie aber vorher be
setzen, so ist es natürlich, daß die Bewohner Lndiens, Phrygiens und
des übrigen darüber hinaus liegenden Landes denen zufallen, welche
von dort aus angreisen. (164) Deshalb müssen wir uns beeilen und
keine Verzögerung eintreten lassen, damit uns nicht dafselbe widerfahre,
wie unfern Vätern. Da diese nämlich die Barbaren sich zuvorkommen
ließen, und einige von den Bundesgenossen preisgegeben hatten, so
Isowntss. 7
98 i l8oKrate8, kaue^riKoL. clap. XI.III, 160—162. ^
Zahl nach) stärkere Macht', näml. als der Perserkönig jedesmal ver
wendet — x«^>»u«7o^kH«, 'wir werden uns nutzbar, zinsbar machen'
— ?ipö? ^«« «vrov?, 'gegen einander', 'mit einander'.
0^i>. XI.IV.
(167) 'Es ist aber billig, noch während des jetzigen Zeitalters den
Feldzug zu unternehmen, damit die, welche das Unglück (die unglück
liche Zeit) gemeinschaftlich getragen haben, auch das Gute genießen und
nicht die ganze Lebenszeit im Elend zubringen. Denn grade genug
haben wir an der vergangenen Zeit, und welches Unheil hat sich in
ihr nicht ereignet? Denn obwol viele Uebel (schon) durch oje mensch
liche Natur vorhanden sind, so haben wir doch selbst noch mehr als die
nothwendigen dazu erfunden, indem wir Kriege und innere Zwistig»
keiten unter uns selbst gestiftet, (168) so daß die Einen in ihrem eige
nen Lande widerrechtlich umkommen, die Andern in der Fremde mit
Weib und Kind umherirren, und Viele aus Mangel an täglichem Un
terhalt als Söldner zu dienen und im Kampfe für ihre Feinde gegen
die Freunde zu sterben gezwungen sind. Darüber nun ist noch nie
Iemand unwillig gewesen, aber über die von den Dichtern erfundenen
Begebenheiten halten sie für recht zu weinen, während sie beim Anblick
der wirklichen vielen und schrecklichen Leiden, die durch den Krieg ent
stehen, so weit entfernt sind, Mitleid zu fühlen, daß sich Einer über
das Unglück des Andern sogar noch mehr freut als über sein eigenes
Glück. (169) Vielleicht würden auch Viele meiner Einfalt spotten,
wenn ich das Unglück einzelner Menschen beklagte in dieser Zeit, da
Italien verheert, Sicilien unterjocht, so viele Städte den Barbaren
preisgegeben und die übrigen Theile von Hellas in der größten Ge
fahr schweben.'
167. ^ni r^? vüv ^lx/«?, bei, unter dem jetzigen Geschlecht, noch
während des jetzigen Zeitalters; vgl. 12 § 148: H ^olwvo? HH,lxi«,
und daf. § 2N9 : r« ^?ll rff? ^«x/«? rH? «vrl3v ?lp«xs^« — r«?v
sv/«?>oL<Fv, der oben § 115 ff. geschilderten unglücklichen Zustände in
Hellas — l««vo?, nachdrucksvoll vorangestellt: 'grade genug' — ^v
«^ rl rl5v ete., zur Verbindung des prou. relativ, u. iuterroß. vgl. 8
l8oKratL8,?s,ue8MKo8. 0ap.XI.IV> 168.169. cap.XI.V. 101
168. kni ^k'v^?, näml. /^?: 'in der Fremde'; vgl. 19 § 23: «plüv
rul<7«? — ck«' «»ckkl«v rcüv x«A' ^//kp«v, aus Mangel an dem, was
zum täglichen Leben gehört; vgl. denselben Ausdruck oben § 34 —
F?llxovpklv, absolut: für Sold dienen, Söldnerdienste thun — av?-
xkl^kv««?, 'erdichtet', 'erfunden', im Gegensatze zum folg. «1^9lv« —
«Aoi5<7lv, 'sie halten für recht' — k<poy<ö>rk?, 'vor sich sehend', 'beim
Anblicke' — ^?ii ro5« «^,i^.luv x«xol?, Einer über des Andern
Unglück."'
169. «vckp<5v 'Einzelner', 'einzelner Menschen', im Gegensatze zu
dem im Vorstehenden geschilderten Unglück ganzer Länder und Völker
schaften — '/r«)./«, wo damals Dionysios von Syrakus Kriege führte
^x<lickovr«l, näml. durch den antalkidischen Frieden, «gl. oben zu § 115
— ^v rol? ^k/larol? xlv<lvvol?, näml, völlig abhängig von Persien
zu werden.
0.«>. XI.V.
(170) 'Ich wundere mich aber über die Machthaber in unseren
Staaten, wenn sie glauben, sie dürfen stolz sein, ohne jemals im Stande
gewesen zu sein, über so wichtige Dinge etwas zu sprechen oder aus
zudenken. Denn wenn sie ihres gegenwärtigen Ansehens würdig ge
wesen wären, hätten sie alles Andere bei Seite lassen und über den
Krieg gegen die Barbaren Anträge stellen und ihren Rath ertheilen
sollen. (171) Vielleicht hätten sie etwas mit ausgerichtet; wenn sie
aber auch vorher ermattet wären, nun so hätten sie doch wenigstens
ihre Reden wie Orakelsprüche für die Zukunft hinterlassen. Ietzt aber
bemühen sich gerade die, welche im höchsten Ansehen stehen, um Kleinig
keiten und haben es uns, die außerhalb der Staatsgeschäfte stehen,
überlassen, über so hochwichtige Dinge unfern Rath zu ertheilen.
(172) Indes, je kleinmüthiger die sind, welche uns leiten, desw kräf
tiger müssen die Anderen darauf hinarbeiten, daß wir die gegenwärtige
102 l8oKrats8,I'aue87rili<i8. 6ap. XI.V, 170—1 72. Oap.Xl.VI.
<üxi>. XI.VI,
(173) 'Wir müssen aber diese arglistigen Gesinnungen aus dem
Wege schaffen und an jene Unternehmungen gehen, durch welche wir
unsre Städte mit größerer Sicherheit bewohnen und zu uns selbst
größeres Vertrauen haben werden. Die Begründung für diefe Behaup
tung ist einfach und leicht. Es ist nämlich weder möglich in dauer
haftem Frieden zu leben, wenn wir nicht gemeinsam die Barbaren be»
IzoKrate^I'Äue^i-iKo8. Oap.XI.VI, 173. 174. Oap.XI.VII. 103
kämpfen, noch daß die Hellenen Eines Sinnes sind, bevor wir nicht
unsere Vortheile von denselben Feinden uns holen und unsere Kämpfe
gegen dieselben Feinde richten. (174) Wenn dies geschehen und die
Verlegenheit in Betreff des Lebensunterhaltes von uns genommen ist,
welche die Freundschaften auflöst und die Verwandtschaften zur Feind
schaft führt, und alle Menschen in Kriege und innere Zwistigkeiten ver»
wickelt, dann kann es nicht fehlen, daß wir einig werden und wahrhaft
freundliche Gesinnungen gegen einander hegen. Deswegen müssen wir
es für unsre wichtigste Aufgabe betrachten, daß wir den Krieg bei uns
fo schnell wie möglich auf das Festland übertragen; denn alsdann wür
den wir doch den einen Vortheil aus unfern Kämpfen gegen einander
ziehen können, wenn wir die aus denselben gewonnenen Erfahrungen
gegen die Barbaren zu verwenden uns entschlössen.'
173. r«? ^?il/sovX«?, die Nachstellungen, 'die Hinterlist', mit Be
zug auf den Schluß des vor. §, 'die hinterlistigen Gesinnungen' —
Fxnockcüv nol^<7«Mv«v?, 'aus dem Wege räumend', 'beseitigend' —
kxklvol?, auf das Folg, bezüglich — sx rcüv «vrcüv, näml. von den
Persern.
174. r«? ör«lp/«?, hier im gewöhnlichen Sinn: 'die Freund
schaften' — kvHkvckk, zusammengefaßt für rov ^s«ckk ?lo'Xk^ov k'v-
Hkvckk ckloplo^kv, über unsre Grenze nach dem Festlande übertragen
— lu? «v ünoXllv'<7lll^kv, lu? hier im causalen Sinn: denn dann
möchten wir wol Vortheil ziehen.
Ox?. XI.VII.
(175) 'Aber vielleicht sollte man wegen der Verträge noch etwas
innehalten und sich nicht beeilen, noch den Feldzug zu schnell unter
nehmen? Nun, die Städte, welche durch dieselben befreit wurden, wissen
zwar dem Könige Dank, daß sie diese Selbständigkeit durch ihn erhielten,
die aber, welche den Barbaren preisgegeben worden, machen besonders
den Lakedämoniern, dann aber auch den Andern, welche an dem Frie
den Theil nahmen, darüber Vorwürfe, daß sie von ihnen zur Knecht
schaft gezwungen worden sind. Wie sollten wir also diese Ueberein»
kunft nicht auflösen, aus der eine solche (so schimpfliche) Meinung
104 IsoKrates, ?aueFMKos. Oap. XI^VII, 175.
entstanden ist, daß der Barbar für Hellas Sorge trage und der Wächter
des Friedens sei, aber Einige von uns es seien, die dasselbe schädigen
und ihm wehe thun? (176) Das Allerlächerlichste aber ist, das wir von
dem, was in den Verträgen steht, grade das Schlimmste halten. Die
jenigen Bestimmungen nämlich, welche die Inseln und Städte in Europa
für unabhängig erklären, sind längst aufgehoben und stehen umsonst
auf den Säulen, die aber, welche uns Schande bringen und Viele von
unseren Bundesgenossen preisgegeben haben, diese behaupten ihren Platz
und wir alle halten sie für giltig, sie, die wir doch aufheben und keinen
Tag hätten stehen lafsen sollen, indem wir bedächten, daß dies Be
fehle und keine Verträge seien. Denn wer wüßte nicht, daß nur
das Verträge sind, welche sich gegen beide Theile gleich und gemeinsam
verhalten; Befehle aber, die den einen Theil widerrechtlich beeinträch
tigen? (177) Daher dürfen wir auch die Gesandten, welche diesen Frie
den unterhandelt haben, mit Recht anklagen, daß sie, abgesandt von
den Hellenen, zu Gunsten der Barbaren die Verträge abgeschlossen
haben. Denn sie mußten, sei es nun, daß man für gut fand, daß
Jeder sein eignes Gebiet behalte, oder daß er auch über das im Kriege
Eroberte herrsche, oder das beherrsche, was er zur Zeit des Friedens
grade besessen habe, sie mußten Eines davon bestimmen und ein (Allen)
gemeinsames Recht aufstellen, und dann erst den Vertrag darüber ab
fafsen. (178) Nun aber haben sie unserm Staate und dem der Lake»
dämonier keinerlei ehrende Berücksichtigung zugetheilt, den Barbaren
aber zum Herrn von ganz Asien gemacht, als ob wir für ihn gekämpft
hätten, oder als ob die Herrschaft der Perser schon längst bestände, wir
aber erst seit Kurzem unsere Städte bewohnten, und als ob nicht viel
mehr Jene erst neuerdings diese ehrenvolle Stellung einnähmen, wir
aber von jeher unter den Hellenen geherrscht hätten.'
175. «^« ^«p, wie at euiw, zur Einführung eines gegnerischen
Einwandes — ckl« r«? avvÄ^x«?, näml. des antalkidischen Friedens
— ckl' «?, näml. <w»'s!/x«?, der Relativsatz enthält die Entgegnung
auf den Einwand — ^<5kcka^kv«l, zur Snche vgl. oben § 122. —
^^«lvo^kvol, 'schädigend', 'Schaden zufügend', näml. durch das Heber»
lassen der kleinafiatischen Hellenen an Persien.
Isokrates, ?aiieFMKos. oap. XI^VII, 176—178. 105
'sie blieben auf ihrem Platze', sigürl. s. v. a.: haben noch Bestand,
blieben in voller Geltung, synonym mit dem folg. «vr« xvp<« ?lolov-
^kv und im Gegensatze zum folg. «v«lp«»', 'aufheben', 'fortschaffen' —
nj»oar«//««r«, 'Befehle', weil näml. der König die Bedingungen die»
tirt hatte — i'<7lu? x«l xolvl5?, 'gleich und gemeinsam', s. v. a. 'ge»
recht und unparteiisch'.
177. rcüv ?l^>k<7/3kv<7«»'rcuv r«v'r^v rHv ti^^'v^v, 'die als Ge
sandte diesen Frieden unterhandelten'; zum Ausdrucke vgl. ^näoe. 3 § 23:
?iol'«v «v' ovv /l«/ kip^'v^v ?lpkO/3kvo»'r«? Hx«»'; — «iö rlü»'
Ni^vluv ön^ rcüv /3«^>/3«^>cuv, nachdrucksvoll die Gegensätze neben
einander gestellt.
178. ovckk^l'«v n^'v, 'keinerlei ehrende Auszeichnung, Berück»
sichtigung'; vgl. ?I»t0 äs leßg. p. 837, e: il^Hv ovckk^l'«»' linov^cuv
r^i r^? i/'vXH? Hs« — l3<7?lkp . - <^ <""^, 'wie wenn . . und
nicht vielmehr', vgl, oben § II: lu<7?lkp ö^oi«,? ck«'ov «^or^ov?
k/klv «^X' oö roö? /<kv «^,kX<«?, Tov? ck' k?ilckkl«rcx<ü?, und
106 I8oKr2,te8, ?aue^riKo8. Oap. XI^VIII.
Ox?. XI.VIII.
(179) 'Ich glaube aber die uns widerfahrene Zurücksetzung und die
Bevorzugung des Königs durch folgende Darstellung noch klarer machen
zu können. Da nämlich die ganze Erde, die unter dem gestirnten Him<
mel (unter der Sonne) liegt, in zwei Theile getheilt ist, und der eine
Asien, der andere Europa heißt, so hat er nach dem Vertrage die
Hälfte bekommen, als ob er mit Zeus die Welt getheilt und nicht mit
Menschen die Verträge geschlossen hätte. (180) Und diese (Verträge)
zwang er uns auf steinerne Säulen aufzuschreiben und in den gemein»
samen Heiligthümern niederzulegen — ein viel schöneres Siegeszeichen,
als die, welche auf den Schlachtfeldern errichtet werden. Denn diese
sind nur für kleine Thaten und einen einzigen Glücksfall (ein einziges
glückliches Ereigniß) da, jene aber sind für den ganzen Krieg und über
das gesummte Hellas aufgestellt. (181) Und darüber muß man billiger
Weise erzürnt sein, und überlegen, wie wir für das Geschehene Rache
nehmen und die künftigen Ereignisse in Ordnung bringen können.
Denn es wäre schmählich, wenn wir im Privatleben die Barbaren als
Sklaven gebrauchen wollten, im öffentlichen aber es ruhig mit ansahen,
daß so viele von den Bundesgenossen ihre Knechte sind, und wenn die,
welche zur Zeit des troischen Krieges lebten, wegen des Raubes eines
einzigen Weibes Alle mit den Beleidigten so erzürnt waren, daß sie
nicht eher aufhörten zu kämpfen, als bis sie die Stadt dessen zerstört
hatten, der den Frevel zu begehen gewagt hatte, (182) wir aber wegen
der übermüthigen Behandlung des ganzen Hellas keine gemeinsame
Rache nehmen wollten, obwol es uns freisteht, Thaten zu vollführen,
wie man sie sich nur wünschen könnte. Denn dieser Krieg ist der
einzige, der besser ist als der Friede, da er mehr einem Festzuge als
einem Feldzuge gleicht, und Beiden frommt, sowol denen, welche in
Ruhe zu leben, wie denen, welche zu kämpfen wünschen. Denn Jenen
l8oKrate8,?Äne87ri^o8. Oap.XI.VlII,179— 182. Oap.XI.lX. 107
r^? /U«/>?? F^k/ovro kiv«l ki? F«/3v).l5v« ete. ('bis zum Schlacht
felde . . vom Schlachtfelde' «.) — ^««« ^^i/? ^ar/v, vgl. 15 § 128:
182. kv/H« «5l«, Thaten, die eines Gelübdes an die Götter werth
sind; vgl. 5 ß 19: kv/H? «A« ckl«?lk?lp«xr«l — Hklupl«, eigentl.:
der feierlichen Festgesandtschaft zu einem Nationalfeste (vgl. Irikull. III.
S. 162), hier s. v. a. 'Festzug' im Gegensatze zu <7r?«rk/«, dem
'Feldzuge'.
t!^. XI.IX.
(163) 'So dürfte man denn bei reislicher Ueberlegung sinden, daß
diese Lage der Dinge uns in vielfacher Hinsicht (für das Unternehmen)
überaus günstig ist. Denn saget, gegen wen sollen die kämpfen. welche
keinerlei UrtheU begehren, sondern nur auf das Recht fehen? Nicht
gegen die, welche auch früher Hellas schadeten, und jetzt noch demselben
nachstellen, und sich immer so gegen uns verhalten? (184) Wir werden
108 Izolirate8,?Älle87riIl08. Oap.XI^IX,183. 184. dap.I..
(185) 'Ia nicht einmal die Städte werden wir damit beschweren,
daß wir Soldaten aus ihnen ausheben, was jetzt bei unserm Kriege
gegen einander das Lästigste für sie ist. Denn ich glaube, daß die
viel seltener sein werden, welche zu Hause bleiben wollen, als die, welche
mitzuziehen begehren. Denn wer, jung oder alt, ist so gleichgiltig, daß
er sich nicht diesem Heere sollte anschließen wollen, das, von den Athe»
nern und Lakedämoniern angeführt, für die Freiheit der Bundesgenossen
versammelt, von dem gesammten Hellas ausgesandt wurde, und zur
Rache an den Barbaren auszöge? (186) Und wie groß wird der Ruf
und der Ruhm und die Ehre sein, welche diejenigen lebend genießen
oder sterbend hinterlassen werden, welche sich bei diesen Unternehmungen
I8oKrate8, ?auesMKo8. o^^,. ^ 185. igg. 1^. 109
0xi>. I.I.
(187) 'Doch Habe ich in diesem Augenblicke nicht mehr dieselbe
Meinung, wie im Anfang der Rede. Denn da glaubte ich, des Gegen
standes würdig sprechen zu können, jetzt aber reiche ich an seine Be
deutung nicht hinan, sondern mir ist Vieles von dem, was ich im
Sinne hatte, entgangen. Ihr selbst müßt daher mit untersuchen, wie
großen Wohlstand wir erlangen würden, wenn wir den Krieg, der
jetzt unter uns besteht, gegen die Festlandsbewohner führten, und den
Wohlstand, der in Asien herrscht, nach Europa herüberbrächten. (188) Und
ihr dürft nicht blos zugehört haben und dann fortgehen, sondern die»
110 I80Krates, ?aue8^iKos. ^ap. LI, 187— 189.
das äußere Leben, die äußere Lage, das zum Leben Nothwendige; vgl.
oben § 32: rö»' /3l'ov ot ?i^cüiol ^«vkvrk? ^nl ^^? o^x tvsv? ol'-
ilu? l3<7?lkp vi'»' «/ovr« x«rk^«^sov — ^?ilck«l<7kl , 'er wird zu
nehmen, wachsen, Vortheil ziehen', vgl. oben § 103, s. die Bemerk, z.
d. St. S. 70. — rH? ?l«l>ov'<7y? «na(>l«?, die Armut der Sophisten
wird von Isokrates auch 13 § 7 erwähnt: ^«ck«v x«rl'cklu<7l roi>;
rov; ?lo/^cüv ckko^«vov; ete. Zum Schluß unsrer Rede vgl. die
ähnliche Ausforderung am Schlusse der Rede 'über den Frieden' (8)
§ 145: roi? vtlurk^ol; x«l /««^ov 6x/<«^ov<7l»' ^<u n«l>«lv<» x«i
?l«p«xki«vc>^«l roi«iir« x«l Xk/«v x«l /^«^«v, ^D <üv r«? /«t-
/i<7r«? ilüv ?loXk<uv x«l r«? tis«7^k»'«; r«l? «X<>,«l^ x«x« ?l«o-
3. ÄreopagitiKos.
Einleitung. Der Areopagus, ö '^l>klo? ?l«'^oc, einer
der ältesten Gerichtshöfe Athens, benannt nach dem im Westen der
Nkropolis gelegenen 'Areshügel', auf welchem er seine Sitzungen hielt.
Ueber die Oertlichkeit vgl. Nursian in Paulu's Real»Enc. I, 2
S. 1497 u. Geogr. v. Griechenl. I. S. 284: 'Areopagus, ein form
loser, ganz kahler Felshügel in Athen, welcher sich grade westlich von
der Akropolis, nur durch eine Einsattelung von derselben getrennt,
erhebt und im Alterthum die Agora im Südwesten begrenzte. Seinen
Namen verdankte er einem an seinem nordöstlichen Fuße stehenden
Tempel des Ares, mit Statuen des Ares, der Aphrodite, Athene und
Enno. Etwas weiter gegen Süden, ebenfalls am östlichen oder süd
östlichen Fuße des Hügels, lag der heilige Bezirk der ^k^v«l'
(Eumeniden, Eiinnen), welcher das Grab des Oedipus, das als gött»
112 » Einleitung.
D. i.:
'Nunmehr vernehmt die Satzung, Männer Attikas,
die ihr zuerst hier richtet um vergoßnes Blut.
Den hohen Rath denn, ungerührt von Goldesglanz,
ehrwürdig, strengen Sinnes, über Schlummernden
wachsam verordn' ich also zu des Landes Hut.
Solang ihr nun gebührend ehrt solch Heiligthum,
sollt Schirm des Landes und des Staates sichrer Hort
ihr daran haben, wie der Menschen Keiner sonst,
nicht bei den Skythen, nicht in Pelov s' Landen hat.'
Die Einrichtung, Zusammensetzung und Amtsthätigkeit des Areo»
pagos vor Solon ist nicht näher bekannt. Solon richtete denselben
als Criminalgerichtshof und als oberste Sittenpolizeibe
hörde ein. Er setzte keine bestimmte Anzahl von Mitgliedern fest,
sondern ordnete nur an, daß die jedesmal abgehenden Archonten, wenn
sie ihre Pflicht gewissenhaft erfüllt hatten, in denselben eintreten soll»
ten, eine Bestimmung, an welcher auch später, soweit die Zeugnisse
reichen, nichts geändert scheint l?Iut. 8c>I. 19: ^o'^cuv <war^<7«>kv<,;
cki rHv ^v '^^>kltz» ?r«/cu /3ovXHv ^x rulv x«r' ^««orö»' H^o'v
^luv ete.). Als Gerichtshof entschied er über Mord, Mordan
schlag, Brandstiftung und Vergiftung; als oberste Polizei
behörde war ihm die Obhut der Gesetze und die oberste Aufsicht
über die gesummte Staatsverwaltung anvertraut; daher sein
Richteramt über Gottlosigkeit, Gotteslästerung, Verrath des
Vaterlands durch feige Flucht, Bestechung, falsches Zeugniß, Thier»
quälerei, Faulenzerei, wol auch Verschwendung u. dgl. 'Der
Staat sollte in diesem Rathe seiner Edelsten seine höchste Zierde und
einen Sammelpunkt der moralischen und politischen Trefflichkeit haben,
und von diesem aus das gesummte Staatsleben veredelt werden. Dies
jedoch nicht durch Einmischung des Thuns jener Auserkorenen in den
114 Einleitung.
Wirbel alltägliche! Geschäfte; sie standen außer dem Kreise der gewöhn
lichen laufenden Staatsverwaltung, als Behörde zu wachen, zu wahren
und zu bessern, als Auge des Gesetzes, erfüllten ihr Wesen nicht im
Mithandeln, sondern, gleich einem Verein von Vätern erwachsener und
selbständig handelnder Söhne, als weiser Rath, der nur in der Zeit
der äußersten Noth, oder wenn Uebereilungen des Volks gut zu machen
waren, in den Drang des öffentlichen Waltens eintrat. Als dem Ne»
wahrer der moralischen Kraft gebührte ihm daher mit Recht die
Aufsicht über die öffentliche Erziehung, zu welcher erdieSophronisten
(alu^ovlar«l', zehn Aufseher über die Zucht der Knaben und Epheben,
K. Fr. Hermann's Staatsalt. § 150, 4), über den sittlichen Bestand
(köxoa^l«), über redlichen Fleiß und Erwerb der Bürger, über Er
haltung des hergebrachten Kultus u. dgl. In dem Gebiete des Recht
lichen aber übte er allein im Staate, gleichwol im Auftrage des Volks,
eine Art Malischer Untersuchung z. B. über falsches Zeugniß und Be
stechung; als eignen und ausschließlich ihm gehörigen Beruf hatte er
den Spruch über Mord und Gefährde des Staatskultus, als wo das
Moralische am meisten hervortritt und durch Frevel gegen die Götter
der Staat mit einer Schuld (ä^o?) befleckt wurde. Nur in außer
ordentlichen Fällen (wie später bei dem Gericht über den Brandstister
Antiphon, vemaM. ü« eor. 271) gestaltete er sich wol, kraft seiner
Oberaufsicht über das, was zu des Staates Ehre und Wohlfahrt dienen
oder diesen hinderlich sein konnte, zu einem Kafsationshose über den
Ausspruch eines Rechtshoses. Wenn es heißt, er sei rechenschaftspflichtig
gewesen, so geht dies nur auf seine richterliche TlMigkeit, und auch
dies sand wol erst später statt; sein moralisches Wirken aber war
ganz und gar nicht durch Rechenschaftspflichtigkeit beschränkt; es war
eben so das Höchste in seinem Kreise, dem der moialischen Schätzung,
als das aus der Würde der Tugend hervorgehende Ansehen der Areo'
pagiten; weder die Pflicht, wo es eingreisen sollte, noch das Recht,
wie weit, war bestimmt; die Kraft der Tugend gab den stets regen
Willen, die Weisheit das Maß' (Wachsmuth's Hellen. Alterth. I.
S. 488 ff.).
Na der Areopagus seiner ganzen Natur und Bestimmung nach
Einleitung. 115
doch neben dem Volke und dem Rache der Fünfhundert (resp. Sechs
hundert) beinahe als dritte und bis auf einen gewissen Punkt selbstän
dige, wenn auch auf rein lokale Angelegenheiten beschränkte Staats
gewalt nach den uns erhaltenen Urkunden war die ossicielle Reihen»
folge: iH /?ov^H H ^ >^kl'av n«/ov x«l ^ LovXH rc5»' ö^«xo<7l'luv
««l o ck^o;). Er entschied (entweder allein oder in Verbindung mit
einer der beiden anderen BeHörden oder mit beiden zugleich) über die
Errichtung von Ehrenstatuen, er übte die Bau» und Marktpolizei,
erstere wol hauptsächlich unter religiösen Gesichtspunkten, letztere in
Rücksicht auf die Anwendung richtigen Maßes und Gewichts, er führte
die Aufsicht über das Unterrichtswesen (so suchte er den Peripatetiker
Kratippos als Lehrer für die athenische Iugend zu erhalten, ?Iut.
Oie. 24). (Vgl. K. Fr. Hermann' s Staatsalterth. z 176, 10 u. 24;
Westermann a. a. O. S. 1503 ff.).
Die nachfolgende, '^pklo?l«/lrlxö? betitelte und von Isokra»
tes im hohen Alter (im 83sten Lebensjahre, 01. 106, 4 ^353 v.Chr.,
2? Iahre nach dem Panegyrikos) verfaßte Rede hat zum Zwecke, den Athe»
nern, welche sich damals in Folge der Kriege und der inneren politischen
Wirren im Zustande äußerster politischer und sinanzieller Erschöpfung
befanden, überzeugend darzuthun, daß die einzig mögliche Rettung aus
ihrer zerrütteten Lage und das einzige Heil für Athen in der Her
stellung derjenigen Demokratie bestehe, wie sie Solan ge
gründet und Kleisthenes erneut hatte (vgl. im Folg. § 16), und
in welcher namentlich der ehrwürdige Areopagus von so mächtigem
Einflusse auf die Bewahrung von Recht und Sitte von Seiten der
Bürger übte. Daß diefer wohlgemeinte Rath in seinem vollen Um
fange unausführbar war, erkannte er wol selbst, da es nicht möglich
war, eine im Laufe der Zeit fo vielfach veränderte Verfassung und mit
ihr zugleich die alte Einfachheit der Sitten ohne Weiteres wiederher
zustellen.' Allein er mochte hoffen, daß seine Worte durch die Kraft
der Wahrheit wenigstens bei den Bessergesinnten unter seinen Mit
bürgern nicht ohne nachhaltige Wirkung bleiben werden und so die Er
wartung hegen, daß aus der richtigen Erkenntniß der gefahrvollen
Lage des Staates ein besserer patriotischer Geist sich erzeugen und in
118 i8oKrates, ^reopaMiKos. (^^p. I.
der Wiederherstellung von Ordnung und Sitte die nöthige Kraft zum
erfolgreichen Widerstande gegen die von außen drohenden Gefahren ge
wonnen werden könne.
0^. I.
(1) 'Viele von euch, glaub' ich, wundern sich, was ich wol im
Sinne habe, daß ich den öffentlichen Vortrag "über (Staats») Ret»
tung" angemeldet habe, als ob der Staat sich in Gefahr befände oder
seine Angelegenheiten mislich ständen, und er nicht vielmehr über
zweihundert Dreiruderer besäße, Frieden im Lande umher hätte und
auf dem Meere herrschte; (2) außerdem viele Bundesgenossen hätte, die
uns, wenn es noth thäte, mit Bereitwilligkeit beistehen würden, noch
weit mehrere aber, welche ihre Beiträge bezahlen und thun, was ihnen
befohlen wird. Unter solchen Verhältnissen, möchte Iemand sagen, sei
es vernünftig, gutes Muthes zu fein, da wir uns fern von Gefahr
besinden, dagegen komme es unferen Feinden zu, sich zu fürchten und
über ihre Rettung zu Rathe zu gehen.'
(3) 'Daß ihr nun, auf folche Erwägung gestützt, meine Rede nicht
beachtet und ganz Hellas mit dieser eurer Macht zu beherrschen hoffet,
das weiß ich, aber eben deswegen bin ich in Furcht. Denn ich sehe,
daß diejenigen Staaten, welche in den besten Verhältnissen zu fem
glauben, sich am Schlimmsten berathen, und daß die, welche am Meisten
gutes Muthes sind, den meisten Gefahren ausgesetzt sind. (4) Die Ur
sache hiervon ist, daß von dem Guten und von dem Schlimmen Nichts
für sich allein (ungemischt) den Menschen zu Theil wird, sondern es ist
verbunden und folgt nach einerseits dem Reichthum und der Macht der
Unverstand und mit diesem die Zügellosigkeit, andrerseits dem Mangel
und der Niedrigkeit Besonnenheit und große Mäßigung; (5) so daß es
schwer ist zu entscheiden, welches von diesen (Erb»)Theilen Jemand
lieber wählen wollte, seinen Kindern zu hinterlassen. Denn wir möchten
I8oKratez, H,re0paßitill08. Oap. I, 1. 2. 119
sinden, daß von dem, was das Schlimmere zu sein scheint, die Dinge
meistentheils zum Bessern fortschreiten, von dem aber, was als das
Bessere erscheint, dieselben gewöhnlich in das Schlimmere umschlagen.
(6) Und hiervon kann ich Beispiele anführen, und zwar sehr viele aus
den Angelegenheiten Einzelner (aus Privatverhältnissen) — denn diese
erfahren die häusigsten Veränderungen — bedeutendere jedoch und für
die Hörer offenkundigere aus unseren und der Lakedämonier Schicksalen.'
1. ?is^Xov? H«v/4u^klv Hvrcv« nork /vcü/«^v «tc, eine sehr
häusige Redensart, vgl. ^utipbou. 1 § 5: H«v/U«^w rov «ckk^oi5,
4. «vrü x«s' «vro, 'für sich allein', d. i. Eines ohne das Andre,
unvermischt — roi? ?lXov'rol?, der Plural, wie auch sonst nicht selten;
vgl. ?»ueF. § 151: <5l« roi,? nXovrov? rpv^cüvrk?; daf. Z 182:
^k/«Xc>v? il^ovroo^ ««r«xr</<7«<7s«l, u. a. — «vol«, 'Unverstand',
hier im Gegensatze zum folg. <7cu^,p<,<7vv^, s. v. a. Mangel an Selbst»
beherrschung.
5. ck«5«^o s. v. a. Aolro: lieber nehmen, ^- haben, wünschen
mochte — t'x L^? ^«l^orkp«?, näml. /ltl>lcka?, aus dem vorher»
gehenden ^kp<'ckcuv zu entnehmen — cu? ^?ll ro ?«>^,v, 'zum größten
Theil', 'meistentheils', 'in den meisten Fällen' — snl rö /3^rcov r««
?ll>«Fkl« ^lcklckova«?, 'die Dinge zum Bessern fortschreiten'. — ^nl
rc> ^tlpc>v ^kr«?ll?lr«v, 'ins Schlimmere umschlagen'.
6». ^x rcüv ickl'cuv ^«/^««rcuv, 'aus den Angelegenheiten Ein
zelner', 'aus dem Leben Einzelner' — ^«^/3«»'«, 'nehmen an', 'er»
fahren'; vgl, 8 § 60: ro «/«sö»' rv/o»' «v ?i«v<7«lro x«l X«/3ol
^tr«/3oX^v und 6 § 40: r« vi'»' x«skarcür« H,^'</'kr«l rlv« /«tr«<7rll-
ilv — ov /«^v «^«', 'indes', 'jedoch', vgl. ^lmeg. § 65.
0^r. II.
(6b) 'Wir nämlich erlangten, nachdem uns« Stadt von den Bar
baren zerstört war, dadurch, daß wir in Furcht lebten und auf die
Staatsangelegenheiten unsre Aufmerksamkeit richteten, den ersten Rang
unter den Hellenen; nachdem wir aber eine unüberwindliche Macht zu
besitzen wähnten, kamen wir beinahe dahin, daß wir zu Sklaven ge-
macht wurden. (?) Andrerseits die Lakedämonier, als sie in alter Zeit
aus winzigen und unbedeutenden Städten auszogen, beherrschten sie
wegen ihres maßvollen und kriegerischen Lebens den Pelovonnesos;
IsoKrates, HieopaFiUIios. (^ap. II. 121
später aber, als sie über Gebühr hochmütig wurden und die Herrschaft
über Lan.d und Meer erlangt hatten, geriethen sie in dieselben Gefahren
wie wir.'
(8) 'Wer nun weiß, daß so große Veränderungen stattgefunden
haben und so große Gewalten (Mächte) so schnell gestürzt worden sind,
und gleichwol dem gegenwärtigen Zustande vertraut, der ist gar sehr
unverständig, zumal da unser Staat sich jetzt in viel dürftigeren Um
ständen besindet als um jene Zeit, und der Haß der Hellenen und die
Feindschaft mit dem (Perser»Mnige sich wieder erneuert hat, welche
damals uns überwunden haben.'
(9) 'Ich bin aber in Zweisel darüber, ob ich annehmen soll, daß
ihr euch um die gemeinsamen (allgemeinen Staats»Mngelegenheiten gar
nicht kümmert, oder, daß euch dieselben wol am Herzen liegen, ihr
aber so sehr in Unempsinolichkeit versunken seid, daß euch unbekannt
ist, in welche Zerrüttung der Staat gerathen ist. Gleichet ihr doch
ganz Leuten, die in solchem Zustande sich besinden. Nenn obgleich wir
alle Städte an der Küste Thrakiens verloren, mehr als tausend Ta
lente vergeblich (zwecklos) auf die Miethstruppen verwendet haben,
(10) bei den Hellenen verhaßt, mit den Barbaren verfeindet, außerdem
gezwungen worden sind, die Freunde der Thebaner zu retten, unsre
eignen Bundesgenossen aber verloren haben: ungeachtet so bedeutender
Unfälle haben wir schon zweimal wegen erhaltener guter Botschaft
Opferfeste gefeiert und berathen sorgloser über diese Angelegenheiten
in der Volksversammlung als Leute (thun), die alle ihre Pflichten er
füllen. (11) Und es ist auch ganz natürlich, daß wir so handeln und
es uns so ergeht. Denn Nichts kann auf die rechte Weise bei denen
geschehen, welche nicht vorher über die ganze Verwaltung gehörig Rath
gepflogen haben, sondern, wenn sie auch für einzelne Fälle entweder
durch Zufall oder durch die Tüchtigkeit eines Mannes das Richtige ge
troffen haben, nach kurzer Zwischenzeit wiederum in dieselben Verlegen
heiten gerathen. Und dies kann man leicht aus dem, was uns be
gegnet ist, erkennen. (12) Als nämlich das gesammte Hellas nach dem
Seetreffen des Konon und den Feldzügen des Timotheos unter die
Herrschaft unsres Staates gekommen war, konnten wir gar nicht lange
122 IsoKiÄtes, H^eopaMiKo8. Oap. II, 6 b.
L^r. III.
(16) 'Ich sinde nämlich, daß das einzige Mittel, sowol die künf
tigen Gefahren abzuwenden als die gegenwärtigen Uebel zu entfernen,
oarin besteht, daß wir uns entschließen, wieder jene Volksherrschaft
anzunehmen, welche Solon, der größte Volksfreund, gesetzlich einge»
führt, und Kleisthenes, der die Gewaltherren verjagte und die Volks»
Partei zurückführte, von Neuem wiederhergestellt hat, (17) die volks»
thümlichste uud dem Staate ersprießlichste, die wir sinden können.
Der größte Beweis hiefür ist der: diejenigen nämlich, welche dieselbe
anwendeten, haben viel Herrliches ausgeführt, haben bei allen Menschen
in hohem Ansehen gestanden und von den Hellenen freiwillig die Führer
schaft (Hegemonie) erhalten; diejenigen aber, welche nach der jetzt be
stehenden verlangten, werden von Allen gehaßt und haben viel Schreck
liches erfahren und es fehlte wenig, daß sie nicht in das äußerste Un
glück stürzten. (18) Wie soll man nun diese Staatsverfafsung loben
oder lieben, welche schon früher die Ursache sovieler Uebel gewesen und
jetzt mit jedem Iahre dem Schlimmern zueilt? Wie muß man nicht
vielmehr fürchten, wir möchten, wenn es so fortgeht, zuletzt in noch
mislichere Lage, als die damalige war, versinken?'
(19) 'Damit ihr aber nicht blos nach oberflächlichem Hören, son
dern, nachdem ihr euch genau unterrichtet habt, eure Wahl und eure
Entscheidung darüber treffet, ist es eure Aufgabe, meinen Worten
Aufmerksamkeit zu schenken; ich aber werde so kurz wie möglich übcr
beide (Verfassungen) zu euch zu sprechen versuchen.'
126 I8oKrate8, ^reoM8itiKo8. OW. III, 16 — 19.
c^>. IV.
^
128 IsoKrates, H^eopuZitiKos. Oap. IV, 21 — 23. 0»p. V.
c^r. V.
(24) 'Die Ursache aber, daß dies der großen Menge gefiel und sie sich
um die Staatsämter nicht stritt, war, weil sie gelernt hatten zu arbeiten
und zu sparen und nicht das Ihrige zu vernachlässigen, aber auch auf
fremdes Gut auszugehen, auch nicht aus dem Gemeingute des Eignen
zu versorgen, sondern mit dem, was Ieder besaß, wenn es etwa nöthig
war, dem Gemeinwesen auszuhelfen; noch auch die Einkünfte von den
Staatsämtern genauer zu kennen 'als die vom eignen Besttzthume.
IzoKrate8, H,reupa8itiKu8. Oap. V, 24. 129
(25) Und so sehr hielten sie sich vom Staatseigenthum fern, daß es
schwieriger war in jenen Zeiten Männer zu sinden, welche Staatsämter
bekleiden wollten, als jetzt Solche, die darnach nicht verlangen; denn
nicht für ein einträgliches Geschäft, sondern für eine 'Leistung fürs Volk'
ftklrov^/l«) hielten sie die Besorgung des Gemeinwesens, und nicht
sahen sie beim Amtsantritt vom ersten Tage an darauf, ob die früheren
Beamten ihnen einen Vortheil zurückgelassen, sondern vielmehr darauf,
ob sie irgend ein Geschäft vernachlässigt hatten, dessen Besorgung
dringend nothwendig sei. (26) Um es kurz zu sagen: Iene hatten er»
kannt, daß das Volk, wie ein unumschränkter Herrscher, die Staats
ämter besetzen, diejenigen (Beamten), die sich etwas zu Schulden kom
men lassen, bestrafen und über zweiselhafte Fälle entscheiden müsse;
daß diejenigen, welche in Muße leben können und ein hinreichendes
Auskommen besitzen, das Gemeinwesen besorgen müssen wie Hausgesinde;
(27) und wenn sie gerecht seien, sollten sie gelobt werden und sich mit
dieser Ehrenbelohnung begnügen; wenn sie aber schlecht (ihr Amt) ver«
walteten, keine Verzeihung erhalten, sondern in die größten Strafen
verfallen. Und wie ließe sich auch eine sichere und gerechtere Volks»
mirthschaft sinden als die, welche die Tüchtigsten dem Geschäfte vor
setzt und über diese selbst das Volk zum Herrn macht? (28) Solches
also war die Einrichtung ihrer Staatsverfassung, und man kann leicht
daraus erkennen, daß sie auch die Geschäfte des täglichen Lebens recht
und auf gesetzliche Weise verrichteten: denn nothwendig müssen bei
denen, welche in Betreff der Gesammtheit der Geschäfte gute Grund
lagen geschaffen haben, auch die einzelnen Theile wie diese (Gesammt
heit) sich besinden.'
24. ?ikpl^«/^iol>?, 'worüber man sich streitet', ein Lieblingswort
des Isokrates; vgl. 8 § 65: ckwllark/«? v?iö n«'vrwv «^w/««vy? x«t
?lkpl//«^i/rov /k/kvi/^^v^?. 9 ß 40: «?l«vrk? «v 0/«oXo^<7kl«v
<«ossi«uv . . ck«olxklv, näml. indem sie aus der Staatskasse Sold für
130 lsoKrates, H,reopaFitiKos. Lap. V, 25 — 27
«xr. VII.
(31) 'Und auf ähnliche Weise, wie das Gesagte, besorgten sie auch
das, was sie selbst betraf (anging): Denn sie waren nicht blas hin»
sichtlich des Gemeinwesens Einer Gesinnung, sondern trugen auch im
Privatleben soviel Fürsorge für einander, wie es vernünftige Menschen,
die ein gemeinsames Vaterland haben, thun müssen. Die ärmeren
Bürger nämlich waren so weit entfernt, die Vermögenden zu beneiden,
(32) daß ihnen das große Vermögen Anderer ebenso am Herzen lag
wie ihr eigenes, indem sie glaubten, der Glücksstand jener gereiche auch
ihnen zum Heile; und diejenigen, welche Reichthümer besaßen, mis»
achteten nicht nur nicht die Bedürftigeren, sondern meinten, die Armut
ihrer Mitbürger gereiche ihnen selbst zur Schande, und halfen ihrer
Dürftigkeit ab, indem sie den Einen Ländereien gegen mäßigen Pacht»
zins übergaben, die Anderen theils in Handelsgeschäften ausschickten,
theils ihnen zu anderen Unternehmungen die Mittel darliehen. (33) Denn
sie befürchteten nicht, eines von den zwei (Uebeln) zu erfahren, nämlich
entweder Alles zu verlieren, oder mit vieler Mühe nur einen Theil
des Fortgegebenen (Ausgeliehenen) wiederzuerhalten, sondern sie waren
eben so ruhig wegen des Ausgeliehenen wie wegen dessen, was daheim
(in Kasse) geblieben war; sahen sie ja doch, daß diejenigen, welche über
die Schuldforderungen zu entscheiden hatten, keine schonenden Rücksichten
(zu Gunsten der Schuldner) walten ließen, sondern den Gesetzen gehorchten.
I8oKrate8, H,reopaßitill08. O»p. VII, 31 —33. 133
(Z4) und nicht bei fremden Streitigkeiten sich selbst die Erlaubniß zum
Unrechtthun zu verschaffen suchten, sondern gegen diejenigen, welche
Andere beraubten, weit mehr aufgebracht waren als die, welche das
Unrecht erlitten; und sie glaubten, daß durch diejenigen, welche die
Schuldverschreibungen unsicher machen, den Armen mehr als den Ver
mögenden geschadet werde: denn diese, wenn sie auszuleihen aufhören,
werden nur geringerer Einkünfte verlustig gehen; jene dagegen, wenn
es ihnen an Männern fehlt, die ihnen aushelfen, werden in den
äußersten Mangel gerathen. (35) Und wirklich, in Folge dieser Ueber»
zeugung verheimlichte Niemand sein Vermögen, und trug auch kein
Bedenken (Geld) vorzustrecken, und sie sahen diejenigen lieber, welche
von ihnen borgten, als die, welche zurückzahlten; denn sie hatten (da»
von) einen doppelten Genuß, wie ihn vernünftige Menschen nur wünschen
konnen: zugleich nämlich nützten sie ihren Mitbürgern und machten ihr
Nesitzthum einträglich. Die Hauptsache aber, daß sie gut mit einander
verkehrten, bestand darin, daß der Besitz Iedem, dem er mit Recht zu
kam, gesichert, der Gebrauch desselben aber allen Bürgern, die seiner
bedurften, gemeinsam war.'
31. r« npö? <7^«« «i>iov?, 'das, was sie selbst betraf', 'ihre
Privatverhältnisse zu einander' — x?'?, näml. ?iolkl<7H«l — ra<7oü-
rov «nkA«»' roi? . . was' ete., wie das latein. tlmtum kbluit ut
. . ut, nur ist im Griechischen das Verbum stets persönlich; vgl. 6
32. ov/ o^lu? . . äli«, elliptischer Ausdruck für <wx ^pw «?lw«
. . «X^«, 'ich will nicht etwa sagen, daß (nicht) . . sondern' «. —
?klu<,)<l«?, 'Ackerland', 'Ländereien' — «^o^/«^v ^«p«/ov«?, 'die
Mittel (zur Unternehmung) gewährten, darliehen'.
33. no^« ?ip«/^«r« <7^ovxk?, viele Mühe habend, d. i, mit
vieler Mühe' — rcü»» »potK^r«»' (v. ?ipoiAv«« --- ^Flckove«): des
134 I8oKratez, ^rsoM8itiK08. (ü»p. VII^ 34. 35.
e^. VIII.
(36) 'Vielleicht möchte nun Iemand an dem hier Gesagten tadeln,
daß ich zwar die in jenen Zeiten herrschend gewesenen Zustände lobe,
aber die Ursachen nicht angebe, warum Iene in so schönen Verhält
nissen zu einander standen und den Staat so gut verwalteten. Ich
glaube aber, etwas auch darauf Bezügliches schon ausgesprochen zu
haben, will aber gleichwol versuchen, noch ausführlicher und deutlicher
darüber zu handeln.'
(37) 'Iene hatten nämlich nicht bei ihrer Erziehung viele Aufseher
und, nachdem sie unter die Männer aufgenommen worden waren, die
Erlaubniß zu thun, was sie wollten: sondern grade in diesen reisern
Jugendjahren wurde ihnen größere Sorgfalt zu Theil, als da sie
Knaben waren. Denn so sehr waren uns« Vorfahren auf ein maß»
volles Benehmen bedacht, daß sie den Rath auf dem Areshügel
einrichteten, um für die Sittlichkeit Sorge zu tragen, an welchem
(Rathe) Niemand Theil nehmen durfte, außer wer von ehrbarer Her»
kunft war und große Tugend und Sittsamkeit im Leben bewiesen hatte,
so daß er sich natürlich vor den übrigen Rathsversammlungen unter
den Hellenen auszeichnete.'
(38) 'Als Beweise für die damaligen Zustände ließe sich das, was
in der Gegenwart sich ereignet, anführen. Denn auch jetzt noch, ob»
gleich Alles, was zur Wahl und zur Prüfung (der Mitglieder) gehört,
außer Acht gelafsen wird, können wir sehen, daß diejenigen, welche in
den übrigen Dingen nicht einmal erträglich (leidlich) sind, sobald sie
den Areshügel bestiegen haben, Anstand nehmen ihrer (wahren) Natur
zu folgen und lieber bei dem dort Herkömmlichen als bei ihren Un»
tugenden beharren. So große Furcht haben Jene den Lafterhaften ein»
geflößt und ein solches Denkmal ihrer Tugend und Selbstbeherrschung
an dem Orte hinterlafsen.'
36. r« npü? <7p«? «örov'?, in ihrem Verhältnisse zu einander,
in ihrem gegenseitigen Verhältnisse — x«4u?? auf beide folgende Verb«
ki^ov und cklylxovv bezüglich — «i^x^l» ri x«l rolovro»', etwas
auch Derartiges, darauf Bezügliches gesagt zu haben — oö <«Hv «Xiei,
136 l80Kratez, ^reoIm8itiKoz. Oap. VIII, 37. 38. IX.
o^r. IX.
(39) 'Diesem Rathe also ertheilten sie, wie gesagt, die Befugniß,
für die Sittlichkeit (für Zucht und Sitte) zu forgen, ihm, der die»
jenigen, welche glauben, da seien die besten Menschen, wo die Gesetze
mit größter Genauigkeit festgestellt sind, für Menschen ohne Einsicht
hielt; denn Nichts würde hindern, daß alle Hellenen gleich (gleich gut)
seien, weil es ja leicht wäre, das Aufgeschriebene (die geschriebenen Ge
setze) von einander zu erhalten. (40) Allein nicht hieraus entspringe
der Fortschritt in der Tugend, sondern aus den täglichen Lebens«n»
richtungen: denn die Meisten bilden sich nach den Gewohnheiten, in
IsoKrates, ^rsoMßitiKos. Oap. IX. 137
denen Jeder erzogen worden. Auch sei die Menge 'und die Genauig
keit der Gesetze ein Zeichen, daß dieser Staat (der solche Gesetze hat),
schlecht eingerichtet ist; denn indem sie (die Bürger eines solchen Staa»
tes) den Vergehungen Dämme entgegensetzen wollen, werden sie ge
zwungen, viele Gesetze zu geben; (41) diejenigen aber, welche den Staat
gut verwalten, müssen nicht die Hallen mit Schriststücken (geschriebenen
Gesetzen) anfüllen, sondern das Gerechte im Herzen tragen. Denn
, nicht durch die Beschlüsse, sondern durch die Gewohnheiten werden die
Staaten gut eingerichtet, und diejenigen Menschen, welche schlecht er»
zogen sind, werden auch die genau bestimmten Gesetze zu übertreten
wagen, die Guterzogenen aber auch die einfach abgefaßten willig be
obachten. (42) Indem sie nun Solches erwogen, sahen sie nicht zuerst
darauf, womit sie die Schlechthandelnden bestraften, sondern wodurch
sie bewirken könnten, daß Niemand etwas Strafwürdiges begehe. Sie
glaubten nämlich, dies sei ihre Aufgabe, das Strafen aber sich zum
Geschäft zu machen, zieme sich für die Feinde. (43) Auf sämmtliche
Bürger also erstreckte sich ihre Sorge , am meisten aber auf die jüngeren.
Denn sie sahen, daß diese jungen Leute am meisten aufgeregt und von
fehr vielen Leidenschaften erfüllt sind, und daß ihr Geist am meisten
der Zügelung bedarf durch die Lust an edlen Beschäftigungen und durch
Anstrengungen, welche Vergnügen bereiten: denn nur in solchen ver
harren die, welche als Freie erzogen und edel zu denken gewöhnt sind.
(44) Alle nun zu denselben Beschäftigungen anzuleiten war nicht mög
lich, da sie in verschiedenen Lebensverhältnissen sich befanden; wie aber
eine (Beschäftigung) zum Vermögen paßte, so wiesen sie dieselbe einem
Ieden zu. Die minder Bemittelten nämlich wandten sie dem Landbau
und dem Handel zu, weil sie wußten, daß Mangel aus Unthätigkeit
entspringt, schlechte Handlungen aber aus dem Mangel entstehen.
(45) Indem sie also den Ursprung des Uebels beseitigten, glaubten sie
auch jene (die jüngern Bürger) von den daraus entspringenden Ver
gehungen zu entfernen. Diejenigen aber, welche ausreichendes Ver
mögen besaßen, hielten sie an (nöthigten sie), sich mit der Reitkunst,
mit den gymnaftischen (körperlichen) Hebungen, mit der Iagd und mit
Wissenschaften zu beschäftigen, weil sie erkannten, daß dadurch (mit
138 izoKratez, ^rsopa8iMo8. Oap. IX^ 39—45.
deren Hilfe) die Einen sich auszeichnen, die Anderen sich der meisten
schlechten Handlungen enthalten würden.'
39. H, auf das vorhergehende rHv iol«^v (/sov^v) bezüglich
— ^vr«FH«, d. i. l^v ^xk/vz? rS ?ioX«, 'in dem Staate' — «k//«k-
vol, f. v. a. rkskl//^vol — «^voklv, absolut: seien ohne Einsicht —
ovckkv /«? «v xw^vklv sie., d. i.: wenn es lediglich auf die ge
schriebenen Gesetze ankäme, dann stände ja nichts im Wege, daß alle
Hellenen gleich gut wären «.
40. ^?l/cko<7lv, 'der Fortschritt'; vgl. oben § 5: r«? »t>«5«? ^«-
<l«lov<7«? — ö/«olov? rol? HHkc7lv, 'entsprechend den Gewohnheiten'
— H«^«/^«r«, 'Dämme'.
41. ov r«? <7ro«? ^?ll?l^«v«l ^«////«irwv, Anspielung auf die
^ro« /3«li/>lkl<,? zu Athen, an deren Wänden die Gesetze des Diakon
und Solon angeschrieben waren, vgl. Bursian's Geogr. v. Griech. I.
S. 281 ff. — ^kl^'aklv, prägnant: 'werden gewillt sein', 'den guten,
festen Willen haben'.
42. ckl' <l>v . . ^5 wv, Neutrum: 'wodurch' . . 'womit' — /zyckH>,
nachdrucksvoll vor «vrol!« gestellt — roi? ^s^oi'?, den Privat»
feinden, da jeder athenische Vollbürger in Eriminolfällen zur Anklage
berechtigt war.
43. r«^«^wck^<7r«r« , 'am aufgeregtesten, leidenschaftlichsten'; vgl.
12 § 15: oi ?io^ol ?lk<>i ^lüv v?lkl^^cc>«<7l r«p«^lucklü? »e«i ?i«v-
r«?i«<ilv «Xo/lt7ilu? — /^ovr«? ^lsv/Ulcüv, 'voll von Leidenschaf»
ten, Begierden'; vgl. 8, 39, y<v)<«l ^/«>v<i«l nov^^wv t?»lHl>/Ulli?v
— <l«^«<7H^v«l, poet. Ausdruck: gezähmt», gebändigt zu werden —
»o'v<»l? H<wv«c i/ov<7l^, 'durch Mühen, Anstrengungen, welche Ver»
gnügen in ihrem Gefolge haben, Vergnügen bereiten'.
44. r« ?lkt»i röv /3lov, 'Lebensverhältnisse', 'Lebensumstände',
'Glücksgüter'. — r«? «no^l«? . . ckl« r«? ^nop/«?, die Redesigur
k^l^ox^ (e»teu»), in welcher ein Gedanke aus dem andern (wie in
einer Kette) hervorgeht.
45. rc3v Xtuecüv, näml. rcüv «?loplcüv x«l rcüv ««xovfi^llüv
— «^«XX«5klv, als Objekt hinzuzudenken: roö? vkwr«tiov? — rov?
<!t /3/ov tx«vöv xkxr^^vov?, als Gegensatz zum vorangegangenen
".
I80llrate8, HreopaAtiKoI. ^^p. X. 139
Oxr. X.
(46) 'Und nachdem sie diese Gesetze gegeben hatten, ließen sie auch
für die Folgezeit Nichts ,außer Acht, «sondern theilten die Stadt in
Bezirke, das Land sin >Gemeinden ein, und beobachteten die Lebens»
weise eines jeden Einzelnen, und führten die ungebührlich Handelnden
vor den Rath. Dieser ermahnte die Einen, drohte den Anderen; wie
der Andere bestrafte er nach Gebühr. Denn sie wußten, daß es zwei
(oerschiedne) Verfahrungsarten gebe, die einerseits zu Ungesetzlichkeiten
ermuntern, andrerseits den Uebelthaten ein Ende machen. (47) Bei
denjenigen nämlich, bei welchen weder eine Aufsicht über solche besteht,
noch die Untersuchungen genau sind, würden auch die guten Naturen
verdorben; wo es aber den Uebelthätern weder leicht ist verborgen zu
bleiben, noch, wenn sie entdeckt werden, Verzeihung zu erlangen, da
würden die schlechten Sitten leicht ,verfchwinden. Weil sie dies er»
kannten, hielten sie durch Beides die Bürger in Ordnung, sowol durch
Strafen als durch Beaufsichtigung; und so wenig blieben ihnen die,
welche etwas Schlechtes gethan hatten, verborgen, daß sie selbst die
eines Vergehens Verdächtigen schon vorher kannten. (48) Darum hiel
ten sich die jungen Leute weder in den Spielhäusern, noch bei den
Flotenspielerinnen noch in solchen Gesellschaften auf, in denen sie jetzt
ihre Tage zubringen, sondern sie blieben bei den ihnen zugewiesenen
Beschäftigungen, bewunderten und nahmen zu ihren Vorbildern die
jenigen, die sich darin auszeichneten; und so sehr vermieden sie den
Markt, daß, wenn sie je einmal über denselben zu gehen gezwungen
waren, sie dies sichtbar (unverkennbar) mit großer Scheu und Beschei
denheit thaten. (49) Aelteren Leuten zu widersprechen oder sie zu
schmähen, hielten sie für schimpflicher, als jetzt sich gegen die Eltern
140 I8oKrkte8, ^reopÄsitiKo8. 6ap. X, 46 —49.
0x?. XI.
(50) 'Und möge Niemand glauben, ich habe eine Abneigung gegen
die, welche in diesem Alter stehen. Denn ich bin nicht der Meinung,
daß sie Schuld sind an dem, was jetzt geschieht; auch weiß ich von den
Meisten unter ihnen, daß sie sich über diesen (den jetzigen) Zustand
keineswegs freuen, durch welchen ihnen gestattet ist, in solcher Zllgel»
losigkeit zu leben. Daher könnte ich billiger Weise ihnen keine Vor.
würfe machen, sondern mit viel größerm Rechte denen, welche kurz
vor unfrer Zeit den Staat verwaltet haben: (51) denn sie waren es,
welche zu diesem leichtsinnigen Wandel aufmunterten und die Kraft des
Rathes lähmten.'
'Als dieser die Aufsicht führte, war die Stadt nicht voll Prozessen
und Verbrechen und Steuern und Armut und Krieg, sondern sie hielten
Ruhe gegen einander und Frieden mit allen Anderen. (52) Denn sie
flößten den Hellenen Vertrauen und den Barbaren Furcht ein: jene
nämlich hatten sie gerettet, an diesen aber eine solche Rache genommen,
daß dieselben zufrieden waren, wenn ihnen weiter nichts Böses wider»
fuhr. Dadurch eben befanden sie sich stets in so großer Sicherheit, daß
ihre Wohnungen und Einrichtungen auf dem Lande schöner und kost»
barer waren als die innerhalb der Mauer, und viele Bürger nicht ein»
mal zu den Festen sich in die Stadt begaben, sondern es vorzogen, bei
ihrem eignen Hab' und Gut zu bleiben als das Staatsgut zu genießen.
(53) Denn selbst die Opfer bei den Festaufzügen (Theorien), wegen
deren man hätte kommen können, verrichteten sie nicht auf verschwen
derische und prächtige, sondern auf verständige Weise. Denn nicht nach
den Festaufzügen, noch nach dem Wettstreite bei der Ausstattung der
Chöre (bei der Choregie), noch nach ähnlichen Prahlereien bcurtheilten
(schätzten) sie die Glückseligkeit, sondern nach der vernünftigen Einrich
tung (der Staatsverwaltung) und der täglichen Lebensweise, sowie dar
nach, daß kein Bürger an dem Nothwendigen Mangel leide: woran
man diejenigen erkennen muß, denen es wahrhaft wohl ergeht, und
die den Staat nicht auf großthuerische Weise verwalten. (54) Ietzt
aber — welcher Vernünftige möchte nicht über das, was jetzt geschieht,
142 I8ullrate8, H,reoM8ltiKo8. c!ap. XI, 50. 51.
0^. XII.
(56b) 'Schon früher (bereits) haben Einige, die mich dies aufzählen
hörten, es im höchsten Grade gelobt und die Vorfahren glücklich ge
priesen, daß sie auf diese Weise den Staat verwalteten; (5?) freilich
aber glaubten sie nicht, daß ihr euch werdet überreden lassen, es euch
zu Nutze zu machen, sondern daß ihr aus Gewohnheit vorziehen werdet,
unter den bestehenden Verhältnissen lieber Uebel zu ertragen als mit
einer sorgfältigern (gewissenhaftern) Staatsverfassung ein besseres Leben
zu führen. Es sei, sagten sie, für mich sogar Gefahr vorhanden , un
geachtet ich das Beste anrathe, als Volksfeind zu erscheinen und den
Staat unter die Herrschaft Weniger (in die Oligarchie) bringen zu
wollen.'
(56) 'Ich würde, wenn ich über unbekannte und nicht offenkundige
Gegenstände gesprochen und euch aufgefordert hätte, Männer zu wählen,
welche gemeinschaftlich berathen oder Vorschläge machen sollten, wodurch
die Volksherrschaft früher aufgehoben wurde, mit Recht diese Beschul-
digung erfahren. Nun aber habe ich Nichts der Art gesagt, sondern
über eine Verfassung mich ausgesprochen, die keine geheime, fondern
eine Allen bekannte ist, (59) die, wie ihr alle wisset, von unseren Vor»
fahren herstammt, und die Ursache von sehr viel Gutem somol für
unfern Staat als für die übrigen Hellenen gewesen ist, und die über
dies von solchen Männern gesetzlich eingeführt und festgestellt wurde,
die, wie sicherlich Iedermann zugeben wird, unter allen Bürgern die
größten Volksfreunde gewesen sind. Daher würde mir das Aller»
schlimmste widerfahren, wenn ich, der ich eine solche Staatsverfassung
IsoKrates, Hrsop»FitiKos. Oap. XII, 56d. 57. 145
o^. xm.
(63) 'Ich will aber — wenn auch Manche sagen werden, ich rede
von Etwas, das außerhalb meines Themas liegt — darthun und aus
führen, wie sehr die gegenwärtige (Staatsverfafsung) vor der damaligen
(der Dreißig) sich auszeichne, damit Niemand glaube, ich spüre zwar
sehr genau nach den Fehlern des Volkes, was aber Gutes und Herr»
liches ausgeführt (vollbracht) worden, das übergehe ich. Es soll aber
diese Darstellung weder lang noch für die Zuhörer nutzlos sein.'
(64) 'Nachdem wir nämlich unsre Schisfe im Hellespontos verloren
hatten und der Staat in jene (bekannten) Unfälle gerathen war: wer
von den Aelteren weiß nicht, daß (damals) die gesummten Volksfreunde
(Demokraten) bereit waren, Alles zu dulden, um nicht thun zu müssen,
was verlangt wurde, und es für schimpflich hielten zu sehen, daß der
Staat, der über die Hellenen geherrscht hatte, Anderen unterthan sei;
daß dagegen diejenigen, welche die Herrschaft Weniger (die Oligarchie)
wünschten, bereitwillig sowol die Mauern niederrissen als die Knechtung
duldeten? (65) und daß wir damals, als das Volk Herr über die
Staatsangelegenheiten war, die Burgen der Anderen besetzt hielten,
daß aber, nachdem die Dreißig die Staatsverwaltung an sich genommen
hatten, die Feinde die unsrige innehatten? und daß zu jener Zeit die
Lakedämonier unsre Herren waren, nachdem aber die Flüchtlinge (die
Ausgewanderten) zurückgekehrt und für die Freiheit den Kampf zu be
stehen gewagt, und Konon den Seesieg errungen hatte, Gesandte von
ihnen kamen und dem Staate die Seeherrschaft übergaben? (66) Und
wer von meinen Altersgenossen erinnert sich nicht auch daran, daß die
Volksherrschaft unsre Stadt so sehr mit Heiligthümern und geweihten
Einrichtungen schmückte, daß auch jetzt noch die Ankommenden glauben,
sie sei würdig nicht blos über die Hellenen, sondern auch über alle
Andere zu herrschen; daß dagegen die Dreißig sie theils vernachlässig
ten, theils ausplünderten, und die Schiffswerfte, auf welche der Staat
nicht weniger als tausend Talente verwendet hatte, zum Abbruche für
drei Talente fortgaben? (67) Aber, wahrlich, auch ihre Milde kann
man wol nicht mit Recht mehr loben als die des Volkes. Denn als
10'
148 IsoKrates, HreopaMiKos. (^ap. XIII.
sie gerechter und gemeinnütziger und für die, welche unter ihnen leben,
augenehmer sind.'
63. Acu rH« v?lost<7tlu?, 'außerhalb meines Themas', wosür bei
den Rednern auch «5«, roi' w?«^«^?, 'außerhalb des (vorliegenden)
Gegenstandes', 'nicht zur Sache gehörig' — «vr,/, die zuletzt erwähnte
gegenwärtige demokratische Verfassung — r«iir«, auf das vorangehende
collectivische ki cki rl bezüglich.
64. r«? v«<i? . . s»luX^<7«^kv, näml. bei Aegospotamoi, 405 v.
Chr. — r«l? <7v^^c>l>«l? «xkl've«;, 'in jenen bekannten Unfällen', näml.
die Einnahme Athens durch Lysander und die für die Athener un
glücklichen Folgen derselben — r<3»' n^k<7/?vikpcuv, da nämlich dieses
Ereigniß mehr als fünfzig Iahre vor Veröffentlichung dieser Rede er»
folgt war, s. oben Einleit. geg. Ende. — roi? /««»' . . ck^orc«oi'? . .
?l«'<7/«v ete., näml. während der Belagerung Athens und vor der
Capitulation desselben — rö ?l^o<7r«rro/«t»'ov, näml. die harten
Friedensbedingungen der Spartaner — r«vr^v, nachdrücklich das vor»
angehende rH»' ?io^lv . . «^>^«<7«v hervorhebend: daß diese (Herr»
scherin) Anderen unterthan sei.
65. x«l rork . . HM? «>^ovl>oi,»'r«? . . «/ovr«; ete., die Accu»
sative abhängig von dem vorangehenden rl'? ovx o?ckt — rluv «XXcuv,
z. B. der Megaier, vgl. 8 § 92. — Hovluv v«v^l«^cüv ^l'x^c^k,
näml. bei Knidos, 394 v. Chr., nur zehn Iahre nach Sparta's Triumph
über das gedemüthigte Athen.
66. xc><7^<7«<7«»' iHv ?lo'iev, näml. unter Perikles — rol? tk^ol?
Hc«l rol? ö<7l'oll>', Ersteres die Tempel und alles der Gottheit Ge»
heiligte; Letzteres das dem Gebrauche der Menschen Geweihte, wie
Staatsgebäude, Staatsschatz u. dgl. — roü? «Plxvov/<tvav? ete.,
d. i. die Athen besuchenden Fremden, vgl. ?»neg. § 45 — rluv ^kv,
näml. die öffentlichen Gebäude; r« ckk, näml. die Tempel; ihre Plün
derung durch die Dreißig erwähnt auch Lystas 12 § 99 — rov?
vklu<7ol'xov?, 'die Schiffswerfte' — ^?ll xols«»^a«, 'zum Abbruche';
»gl. L73. a. a. O. u. 30 § 22.
67. rHv np«o'r^r«, 'ihre Milde', ironisch statt lu^cir^r«, wie
aus dem Folg. hervorgeht — ^»>l'a<««rl, 'durch Volksbeschluß', vgl.
150 IsoKrates, H^eopaFitUios. Oap. XIII, 68— 70. X
^
Xeuopli. Hellen. 2, 3, 2: tcko^k r<ü cki//iui rplüxo»^« «vckp«? «^F»
<7s«l ete. — ?lkvrll^o<7l<il^ <<«! /l^iov?, dieselbe Zahl gibt Isokrates
auch 20 § 11 an: «i,r«< «l ^v<7k<? tl<7l»' «i . . x«r«<7x«^'«l7«l ««
0^. XIV.
(71) 'Vielleicht möchte sich nun Mancher wundern, was ich (damit)
wolle, daß ich statt der Staatsverfassung, die fo viel Herrliches voll
bracht hat, eine andre anzunehmen euch rathe, und weswegen ich jetzt
IsoKrates, H.re?MFitjKos. Oap. XIV. 151
Tugend ihrer Vorfahren würdig beweisen, (sie sind) aber eine Anklage
gegen die, welche ihrer edlen Abstammung durch ihre eigne Leicht
fertigkeit und Schlechtigkeit Schande machen. Dies aber thun mir:
denn die Wahrheit muß gesagt werden. Obgleich nämlich eine solche
Naturanlage bei uns vorhanden war, haben wir dieselbe nicht bewahrt,
sondern sind in Unverstand und Verwirrung und in eine Sucht nach
schlechten Handlungen verfallen. (77») Doch, wenn ich dies noch weiter
verfolge, was daran zu tadeln und bei den obwaltenden Umständen
anzuklagen ist, so fürchte ich, allzuweit von meinem Thema abzu
schweisen.'
71. «' /soväoMv«;, 'was ich damit wolle, bezwecke, daß ich',
rhetor. Erweiterung des Gedankens wie oben § 1: Hvrcv« ^v«l^v
e^luv rHv ?ipo'<7ockov knol^<7«^v ('was ich eigentlich dabei dachte,
daß ich' lt.) — rff? no^l«/«?, d. i. der jetzigen Demokratie — irk-
<>«v, näml. die solonisch»kleisthenische Demokratie — ^kr«^,«/3k5v, 'um
zutauschen'.
73. oös' «/«n«v kl ete., noch euch begnügen, wenn :c. — x«^a-
<llll^ov^alli^wv, von x«x«ck«l^ov«v, 'unglücklich sein', hier in Ver
bindung mit /U«vkvr«,v: 'besessen sein'.
74. kl^x« LÜv ^o/ov, ich habe den Gedanken ausgesprochen —
P^<7«? ick/««, eigenthümliche Erzeugnisse — r^v^krk<>«v^w^«vete.,
zum Gedanken vgl. 8 ,ß 94: p«<5löv «'ssLl x«r«/««Hkl»» rHv ^«l^,«v
i//«lüv 3rl <lvv«r«l rpk^klv «vck^>«? «/Uk/v«l>? rcüv «^,<lluv — n^ä?
r«? rk/V«? . . kVPVk<7r«rov?, vgl. ?aneß. S 33: roi>? '^ls^v«lov?
?l^>o? r«? rk/v«? kl!^vk<7r«irov? ovr«?.
75. ?i^o? '^/i«^o'v«? x«l O^>«x«?, vgl. ?alleß. ß 68 ff. — ilk-
^oTiaw^mov?, näml. unter Eurnstheus, vgl. ?aneß. § 51 ff. —
«n«vr«?, auf «/cüv«? (nicht auf Kk^,o?iovv^lov?) bezüglich — «<,«-
<7«!«iv ^lcüs^<7«v, vgl. ?»NSF. § 72: ?ipö? «?l«vr«? ^0v? xlvckv-
zum Wechsel der Cafus vgl. 9 § 29: ^^ovro? ?lXklv . . oör sxk5-
0^. XV.
(7?b) 'Ueber diese Dinge haben wir schon früher gesprochen und
werden wieder darüber sprechen, wenn wir euch nicht überreden, von
solchen Fehlern abzulafsen. Ueber das aber, worüber ich schon anfangs
zu sprechen enschlossen war, will ich mich nur noch kurz äußern, und
dann denen den Platz räumen, welche über diese Gegenstände noch
ihren Rath ertheilen wollen. (78) Wenn wir nämlich den Staat so
verwalten, wie es gegenwärtig geschieht, so ist es nicht anders möglich
als daß wir Beschlüsse fafsen und Krieg führen und leben und fast in
Allem so daran sein und handeln werden, wie im gegenwärtigen Mo
ment und in den verflossenen Zeiten; wenn wir aber die Staatsver
fafsung ändern, so ist offenbar, daß die Verhältnisse in demselben Zu»
stande, wie die bei unseren Vorfahren, ebenso sich auch bei uns besinden
werden: denn nothwendig müssen aus denselben Staatsgrundsätzen stets
die völlig gleichen Handlungen hervorgehen.'
(79) 'Wir müssen aber die wichtigsten derselben nebeneinanderstellen
und berathen, welche wir wählen füllen. Und zwar wollen wir zuerst
die Hellenen und die Barbaren betrachten, wie sie sich zu jener Staats
verfassung verhielten und wie sie jetzt mit uns stehen; denn nicht zum
geringsten Theile tragen diese Volksstämme zu unserm Glücke bei, wenn
sie im rechten Verhältnisse zu uns sich besinden.'
(80) 'Was nun die Hellenen betrifft, so hegten sie gegen die
jenigen, welche um jene Zeit den Staat leiteten, ein solches Vertrauen,
daß die Meisten von ihnen sich selbst freiwillig unserm Staate über
gaben; die Barbaren aber waren so weit entfernt, sich in die helle
nischen Angelegenheiten zu mischen, daß sie weder mit Kriegsschissen
diesseits Phaftzlis fuhren, noch mit ihren Heeren den Halnsfluß über
schritten, sondern sich völlig ruhig verhielten. (81) Ietzt aber haben
die Verhältnisse sich so sehr umgestaltet, daß Iene unfern Staat hassen,
154 I8oKrateL, H.re0M8itiKo8. Oap. XV, 77d. 76.
diese uns verachten. Ueber den Haß der Hellenen habt ihr die Feld
herren selbst gehört; wie aber der (Perser»)König gegen uns gesinnt ist,
ist aus dem von ihm gesandten Schreiben klar geworden.'
(82) 'Außerdem aber wurden unter jener wohlgeordneten Verfas
sung die Bürger so zur Tugend herangebildet, daß sie einander nichts
zu Leide thaten, diejenigen aber, welche in das Land einsielen, alle»
sammt (gemeinschaftlich) bekämpften und besiegten. Wir aber thun das
Gegentheil. Denn einander Vöses zuzufügen unterlafsen wir keinen
Tag; was aber zum Kriege gehört, haben wir sosehr vernachlässigt,
daß wir nicht einmal zu den Musterungen zu gehen uns entschließen,
wenn wir nicht Geld dafür bekommen. (83) Das Wichtigste aber ist:
damals litt kein Bürger Mangel am Nothwendigen, noch beschimpfte
er den Staat durch Anbetteln der ihm Begegnenden ; jetzt aber ist die
Zahl der Bedürftigen größer als die der Besitzenden, und es ist darum
billig, Nachsicht mit ihnen zu haben, wenn sie sich nicht um das Ge
meinwesen kümmern, sondern darnach trachten, wovon sie jedesmal den
Tag durchbringen.'
(84) 'Ich, für meinen Theil nun, habe, in der Meinung, daß
wir, wenn wir unseren Vorfahren nachahmen, sowol von diesen Uebeln
befreit als die Retter nicht blos dieses Staates, sondern auch aller
Hellenen werden, mich zum Vortrage gemeldet und diese Rede gehalten.
Ihr aber überleget alles dies und beschließet das, was euch das für
den Staat Heilsamste zu sein scheint.'
77b. »«orkaov, näml. in der Rede 'vom Frieden', bes. daf. § 49 ff,
— /3a«/k«, s. v. a. öX/^«, 'Weniges', 'in Kürze' — ^«««/w^cü,
näml. rov /3^«ro? (von der Rednerbühne), 'den Platz räumen', 'Platz
machen'; vgl. ^ezeliiu. 3 § 165: ?i«««/w^lu <70l rov /3^«ro?, AU^
«v kl?iH?; auch absolut, H,utiplic>ll 1 § 26: ««i ülw?lcü x«i ?i«^«-
^
IzuKrate8, H,reopaMiKo8. Oap. XV, 79 — 84. 155
?l<l^<7/«v k/kl roi)r0l? r^v 6vv«^lv. Itlue. 1, 140: oplü x«i vi!v
o^ol« x«l ?l«p«?i^^<7l« ^v^/sov^k^rk« ^<ol «,'r« (s. unsre Bemerk,
z. d. St. S. 240).
79. ?i«r«<>«? ««pkrkov, zur Construction des Neutrum des Ver-
baladjektivs mit dem Objectsaccus. vgl. ?an«ß. § 8 zu ^kvx«ov
r«5r«, s. die Bemerk, z. d. St. — roö? "MX^v«?, f. v. a. roi>?
«X<!.ov? ^M^v«? — x«r« ^o?i«v, prägnant: 'in der rechten Weise',
'im rechten Verhältnisse'.
80. k'?Aklp/a«l rZ no'Xkl <7<p«? «vrov?, näml. unter Aristides,
Vgl. 8 § 76: ftöv cki ckM0v k^pi?<7krk) ovrw ?i«<7rkT'«/Ukv«v, wark
für
Hausbibliothel
ausländischer ClassiKer
in guten deutschm Uebeisetzungen.
Erschienen ist bis jetzt:
Voltaire, Geschichte K»rl« XII., vollständig in Lieferungen. (Heft 1—3.)
Florian, Tel!. (Heft 4,)
„ llnma Pompilius, vollständig in 3 Lieferungen. (Heft 5—7.)
Irving, HKizzcnliuch, vollständig in 5 Lieferungen. <Heft 8—12.)
Scott, GiMuugen eine» Eroßvatcr», vollständig in 3 Lieferungen
«Heft 13-15.)
Fenelon, Telcnmch, vollständig in 5 Lieferungen. (Heft 16—20.)
HU° Iedes Heft wird auch einzeln zu 50 Pfge. verkauft.
Die Hausbibliothek ausländischer Claffiker wird die gelesensten
französischen und englischen Werle in guten deutschen Übersetzungen
bringen, jedoch nur solche Erscheinungen umschließen, deren Inhalt
besonders der heranwachsenden Jugend beiderlei Geschlechts lehrreich
und nützlich ist.
Alle Buchhandlungen nehmen Bestellungen sowol auf die ganze
Hllusbibliothel als auf einzelne Hefte derfelben an.
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Unter Anweisung auf den dem Werke vorgedruckten Pro»
fpectus bemerkt der Verleger, daß von sämmtlichen Klassikern,
die auf Schulen gelesen »erden, die Pläparatiouen in ein»
zelnen Lieferungen il 50 Pfge. erscheinen und auch ewzeln durch
jede Buchhandlung des In» und Auslandes zu beziehen sind.
Erschienen sind bis jetzt:
Präparationen zu Ciisllr's Bürgerkriege, vollst, in 6 Lfgn,
„ „ zu Ciisllr's Gall. Kriege, vollst, in 6 Lfgn.
„ „ zu llicero's Cato, Liilius, Catilinar. Reden, für
Roscius Amer., Oberbef. d. Pomp.. Archias, Milo.
Murena, Ligarlus, Dejotarus, Sulla, 2. und 14.
Philipp. Rebe, Pflichten, Marcetlus, Sestius,
Tusculanen, Lfg. 1—31.
,. « zu Cornelins Ntpos, vollst, in 5 Lfgn.
„ „ zu VemosthtNls'olynth.u.philipp.Reden.Lfgl—».
.. „ zu Htrodot's Geschichte, Lfg, 1-9 «Buch I-III).
„ „ zu Homer's Ilias, vollst, in 14 Lfgn.
„ „ zu Homer's Odyssee, vollst, in 13 Lfgn.
„ ,> zu Hor»z' Werken, vollst, in 16 Lfgn.
„ „ zu Ifokrlltts' ausgewählten Reben, Lfg. I u, 2.
„ „ zu Livius' RVm. Geschichte. Lfg. 1-13. ,
i, „ zu Lysills' ausgewählten Reden, Lfg. 1—3.
„ „ zu Ovid's Metamorphosen, vollst, in 5 Lfgn.
„ „zu Plllto's Apologie, Krlton, Euthyphron, Pro»
tagoras, Gorgias, Lfg. 1—8.
„ „ , zu Sllllnst's Werken, vollst. In 5 Lfgn.
„ „ zu SophoNts' Antigone, Tlectra, Aias, K. Oedlpus,
Oedipus a. Kol. Lfg. 1—15.
„ „ zu Tacitus' Germania, Agricola, Annale«,
Lfg. 1- 10 (Buch I—V)>
.„, ,. zu Thuchdibts' Werken. Lfg. 1-9 (Buch I-IV>
„ „ zu Ntrgil's Aenels, vollst, in 6 Lfgn.
„ „ zu »enophon's Anabasis, vollst, in S Lfgn,
„ „ zu Xenophon's Cyropäbi«, vollst, in S Lfgn.
„ „ zu Xenophon's Hellenlca, vollst, in 5 Lfgn.
,. „ zu llnophon's Memorabilien, vollst, in 4 Lfgn.
Demnächst erscheint Demosthenes, Lfg. 4. u. f,, Rede vom Kranze.
Wilhelm Violet in Leipzig.
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