1.1 Definition 3
1.2 Reaktion 3
1.3 Adaptation 3
1.4 Reizformen 3
1.5 Reizparameter 4
2 Hydrotherapie 5
2.1 Wirkung 5
2.1.1 Temperatur 5
2.1.2 Hydrostatischer Druck 5
2.1.3 Auftriebskraft (Archimedesprinzip) 5
2.1.4 Reibungswiderstand/Viskosität 6
2.1.5 Zusätzliche mechanische Faktoren 6
2.1.6 Zusätzliche chemische Faktoren 6
2.2 Effekte 6
2.3 Indikationen 6
2.4 Kontraindikationen 7
2.5 Pragmatische Applikationseinteilung 8
2.5.1 Anwendungen mit dem Tuch 8
2.5.2 Anwendungen mit fließendem Wasser 9
2.5.3 Anwendungen mit hydrostatischen Druck 9
2.5.4 Anwendungen ohne hydrostatischen Druck 10
2.6 Dosierungsstufen nach KRAUSS 10
3 Elektrotherapie 11
3.1 Grundlagen 11
3.2 Stromparameter und die Bedeutung für die Reizwirkung 11
3.2.1 Stromdichte 11
3.2.2 Stromverteilung 11
3.2.3 Stromformen 11
3.2.4 Wirkungen des elektrischen Stroms 12
3.3 Niederfrequenztherapie 13
3.3.1 Galvanisation (Gleichstromtherapie) 13
3.3.1.1 Wirkungen der Galvanisation 13
3.3.1.2 Methoden der Gleichstombehandlung 13
3.3.1.2.1 Gleichstrombehandlung mit Plattenelektroden 13
3.3.1.2.1.1 Indikationen 14
3.3.1.2.1.2 Hinweise zur Elektrodentechnik 14
3.3.1.2.1.3 Dosierung der Stromdichte 15
3.3.1.2.1.4 Kontraindikationen 15
3.3.1.2.2 Iontophorese 15
3.3.1.2.3 Hydroelektrische Vollbäder (STANGER) 16
3.3.1.2.4 Hydroelektrische Teilbäder 16
3.3.2 Niederfrequente Reizströme 17
3.4 Mittelfrequenztherapie 19
3.5 Neuromuskuläre Elektrostimulationsverfahren „Muskeltraining“ 21
3.5.1 Anwendungsbeispiele 21
3.5.2 Elektroden 22
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Manuskriptbearbeitung: Annett Gersch und Sebastian Hinsch
3.5.3 Indikationen 22
3.5.4 Funktionelle Elektrostimulation 22
3.6 Hochfrequenztherapie 23
3.6.1 Wirkungen, Indikationen und Kontraindikationen 23
3.6.2 Methoden 23
3.6.2.1 Kurzwelle 23
3.6.2.1.1 Kondensatorfeldmethode 23
3.6.2.1.2 Spulenfeldmethode 24
3.6.2.1.3 Dosierung 24
3.6.2.1.4 Wesentliche Sicherheitshinweise 24
3.6.2.2 Dezimeterwelle 24
3.6.2.3 915 MHz-Therapie 24
3.6.2.4 Mikrowellentherapie 24
3.7 Ultraschalltherapie 25
3.7.1 Indikationen und Kontraindikationen 25
3.7.2 Applikationen und Dosierung 25
4 Thermotherapie 26
4.1 Grundlagen 26
4.2 Wärmebehandlung 27
4.2.1 Wirkungen, Indikationen und Kontraindikationen 27
4.2.2 Anwendungsformen 27
4.2.2.1 Sauna 27
4.2.2.2 Heißluft 27
4.2.2.3 Heiße Kompressen 27
4.2.2.4 Peloide 28
4.2.2.5 Paraffin 28
4.3 Kältebehandlung (Kryotherapie) 28
4.3.1 Grundlagen 28
4.3.2 Indikationen und Kontraindikationen 28
5 Massage 29
5.1 Grundlagen 29
5.2 Wirkungen 29
5.3 Massagearten 29
6 Literaturempfehlungen 30
2
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Es ist ein „Irrglaube“, dass jede medizinische Intervention dazu führt, ähnlich einer Maschine (z.B. Auto) den
Defekt im Sinne eines Ersatzteils zu reparieren. Vielmehr ist es eine Art Hilfe zur Selbsthilfe, welche die Basis
der Physiotherapie bildet. Der menschliche Organismus wird als autarkes Wesen begriffen, bei dem die
notwendigen Reparaturvorgänge schon von sich aus vorgesehen sind. Bei einer Störung dieser
Reparaturmechanismen, besteht die Aufgabe des Therapeuten darin, diesen mittels geeigneter Interventionen
wieder in Gang zu bringen.
Dabei ist es grundsätzlich von Bedeutung, dass die Auslösung von Regelvorgängen und Reaktionen durch
physikalische Reize entsprechend der Reaktionslage des Patienten geschieht. Dies meint die Frage, ob der
Patient (zeitlich und örtlich) „gerade“ in der Lage ist, den therapeutischen Reiz zu verarbeiten, also ob der
Patient für die Therapie „geeignet“ ist.
1.1 Definition
Physiotherapie veranlasst den Körper zur aktiven Überwindung von Störungen, Fehlläufen und
Krankheitsprozessen, die er spontan (direkt) nicht überwinden kann. Physiotherapie bewirkt dies über
Reaktionsprovokation auf ihre Reize. Der Körper muß reaktionsfähig sein. Auf jede Reizsetzung erfolgt eine
entsprechende Reaktion des behandelten Organismus, die sich vom Gesunden unterscheiden kann.
Die physiologischen, gewebeschonenden Verfahren unter Nutzung der Fähigkeiten des Organismus führen ganz
allgemein zur Regulation von Funktion und Leistung des Körpers, Anpassung an Umweltanforderungen,
Regeneration und Reparation und Abwehr schädigender Einflüsse.
1.2 Reaktion
Der Begriff Reaktion bezeichnet in diesem Zusammenhang die Antwort des Körpers auf innere oder äußere
Reize. Diese Antwort ist abhängig von Reizparametern (Qualität, Stärke, Dauer, Dichte, Umfang), momentaner
Reizschwelle und Konstitution (Gesamtheit der ererbten oder erworbenen Eigenschaften und Disposition und
Resistenz). Durch Training und Übung kann die Reaktion nur teilweise beeinflußt werden.
1.3 Adaptation
Mit Adaptation ist die Fähigkeit des Organismus, sich an einen Reiz anzupassen, gekennzeichnet. In diesem
Falle muss man beachten, dass bei konstanter Reizstärke eine Gewöhnung (Abnahme der Reizantwort) entsteht;
bei zunehmender Reizstärke eine Gefahr der Überforderung (besonders bei Anwendungen, bei denen der Patient
passives Medium ist); und bei keinem bzw. zu geringem Reiz kann es zur Atrophie (negative Adaptation)
kommen.
1.4 Reizformen
3
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Reizformen Beispiele
1.5 Reizparameter
Die Reizformen wirken in Abhängigkeit von unterschiedlichen Parametern (analog Grundsätzen der
Trainingslehre; vgl. Tabelle 2). Die Auslösung von Regelvorgängen und Reaktionen durch physikalische Reize
geschieht entsprechend der Reaktionslage des Patienten (s.o.).
Reizparameter Bemerkungen
4
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2 Hydrotherapie
Die Hydrotherapie ist die Anwendung des Wassers mit seinen Aggregatzuständen flüssig, gasförmig und fest. Sie
ist eine Form der Thermotherapie, bei der alle Anwendung von kaltem oder warmem Wasser zusammengefasst
werden, sowie auch die sog. Balneotherapie, bei der es sich um die Behandlung mit Bädern handelt. Dabei wird
dem Wasser eine hohe Potenz in Heilung, Gesundheitsstörung und Therapie zugeschrieben. Die einzelnen
Möglichkeiten können für sich allein und/oder in Kombination zum Einsatz kommen. Manche von ihnen „sind
etwas unangenehm“ und manchmal muss man „Mut und Mumm haben, unkonventionelle unpopuläre
Maßnahmen durchzuführen“. Angewendet wird die Hydrotherapie in Ambulanz, Klinik, Kurwesen,
Rehabilitation, Freizeit, Sport und Sauna.
Besondere Förderer der Hydrotherapie waren Vincent Prießnitz (1790-1852) und „Badepfarrer“ Sebastian
Kneipp (1821-1897), die Wasser als Mittel zur Erhaltung, Förderung und Wiederherstellung der Gesundheit in
den Mittelpunkt ihrer Arbeiten gestellt haben.
2.1 Wirkungen
2.1.1 Temperatur
Die Wassertemperatur wirkt auf die Wärmeregulation (wird in Zusammenhang mit der Thermotherapie noch
ausführlicher betrachtet) und die Gefäßreagibilität auf zwei Ebenen: (1) auf der Ebene der
Umgebungstemperatur (wirkt direkt auf die Schichtentemperaturen im Körper) und (2) auf der Ebene der
Thermoregulation („eigenes Körpertemperaturmanagement“). Deren Empfinden ist von momentaner
Hauttemperatur und gewohnter Umgebungstemperatur abhängig. Es gibt Hautrezeptoren entweder für kalt oder
warm, aber keine, die auf beides gleichzeitig reagieren. Bei zu starkem Reiz (kalt bzw. warm) reagieren die
Rezeptoren auch als Nozizeptoren (Schmerzempfinden).
Wassertemperatur Temperaturgefühl
10-12° brunnenkalt
unter 30° kalt
30-33° lau-kühl
34-35° indifferent
36-38° warm
39-40° sehr warm
über 40° heiß
Tabelle 3: Das Verhältnis von tatsächlicher Wassertemperatur und dem subjektiven Temperaturgefühl.
Der hydrostatische Druck ist abhängig von der Eintauchtiefe. Ruhende Flüssigkeiten üben infolge ihrer Schwere
einen Druck aus, der mit zunehmender Eintauchtiefe steigt. Die Verteilung des Druckes erfolgt über die gesamte
Körperoberfläche (relativ harmonische Druckverteilung). Im Stehen kommt es beispielsweise zu einer
Erleichterung des venösen und lymphatischen Rückstroms und zu einer Verminderung von
schwellungsbedingten Schmerzen. Steht man bis zum Hals im Wasser vermindert sich die Vitalkapazität um
10%, das exspiratorische Reservevolumen (ERV) geht auf 1l zurück (normal 2,5), die Ausatmung ist erleichtert.
Letzteres ist besonders bei der Aquagymnastik mit kardiologischen Patienten zu beachten.
Die Auftriebskraft reduziert das „scheinbare“ Gewicht, und es werden Bewegungen mit dem Auftrieb erleichtert.
Bewegungen gegen den Auftrieb werden dagegen erschwert. Auftrieb wird ebenfalls zum Widerstand wenn man
in Richtung des Auftriebes, aber schneller arbeitet.
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Durch ihn werden die Bewegungen langsamer und schwerer und der Arbeitsaufwand wird größer. Er kann somit
der Muskelkräftigung dienen.
Dazu gehören der Applikationsdruck eines Wasserstrahls, Reibungen bzw. Bürstungen das Perlbad oder
Whirlpool.
Sie spielen vor allem in der Balneotherapie eine Rolle. Es werden u.a. CO2, Arzneimittel, natürliche Zusätze (die
Auswahl erfolgt meist aus lokalen und wirtschaftlichen Erwägungen) genutzt.
2.2 Effekte
Im Folgenden werden die einzelnen Effekte der Hydrotherapie vorgestellt. Es bleibt anzumerken, dass nicht alle
Effekte physiologisch erklärbar sind.
Indikationen sind je nach gewünschter Wirkung, Ausgangslage und Reaktion auf Probemaßnahmen
unterschiedlich und im Einzelfall zu bestimmen.
Die ausgelösten Reaktionen sind abhängig von der „Ausgangslage“: Hauttemperatur, Kerntemperatur,
Herzfrequenz, Herzrhythmus, RR, Atemfrequenz und Atemtiefe sowie Schweißsekretion. Allgemein gilt, dass
Hydrotherapie an den oberen Extremitäten stärker wirkt als an unteren (bessere Gefäßversorgung).
6
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Kontraindikationen sind in Abhängigkeit von der Applikation (thermische Reize) zu berücksichtigen (Tabelle 5).
7
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Unter pragmatischen Gesichtspunkten können die Applikationen in vier Gruppen eingeteilt werden:
Anwendungen mit dem Tuch, Anwendungen mit fließendem Wasser, Anwendungen mit hydrostatischem Druck
(Zusätze, hydroelektrisch) und Anwendungen ohne hydrostatischen Druck. Auf die einzelnen Punkte wird im
Folgenden näher eingegangen.
Unter einem Wickel (Kneipp) bzw. einem Umschlag (Prießnitz) wird ein feuchtes Tuch verstanden, mit dem
Körperteile umhüllt werden und das wiederum mit einem trockenen Leinentuch und einem Wolltuch abgedeckt
wird. Es werden Hals-, Brust-, Leib-, Rumpf- und Wadenwickel unterschieden, und es wirkt die reaktive Wärme.
Die Wickel bzw. Umschläge sind an jeder genügend durchwärmten Körperstelle applizierbar, wobei eine
zweiphasige Wirkung zu beobachten ist (Der Kältereiz bewirkt nach kurzer Vasokonstriktion eine Vasodilatation
und Mehrdurchblutung).
Applikation Beschreibung
Halswickel - bei Mandel- und Kehlkopfentzündung, Angina
- vorwiegend wärmestauend angewendet
- zur Fiebersenkung und Entzündungsdämpfung (z.B. akute Mandelentzündung) den gut feuchten Wickel
häufig wechseln
Brustwickel - bei bronchitischen Beschwerden, Pleuritis, Pneumonie, wirkt bei Fieber wärmeentziehend und
fiebersenkend, bei chronischen Prozessen wärmestauend
- von Achselhöhlen bis Rippenbogen in mittlerer Atemstellung anlegen
Wärmeentziehender - Liegedauer bis Tuch am Körper warm geworden ist (kleine, wenig ausgewrungene Wickel), hoher Kältereiz
Wickel - Senkung der Körpertemperatur auch durch wärmeentziehende Packung (bedeckt mehr als 50% der
Körperoberfläche)
- z.B. bei örtlichen Entzündungen an Venen und Gelenken
Wärmestauender Wickel - Liegedauer etwa 1h, Tuch reichlich ausgewrungen, schwacher Kältereiz führt zu rascher Erwärmung, keine
Schweißbildung („Dunstwickel")
- z. B. bei Unruhe, Schlafstörungen, Obstipation
Schweißtreibender Wickel - Liegedauer etwa 2 h, Tuch sehr gut ausgewrungen, zusätzliche Wärme durch zudecken
- Schweißbildung erwünscht
- vorher heißen Tee trinken, anschließend Kaltwaschung und Nachruhe
- zur Infektüberwindung und Stoffwechselanregung
Grundsätzlich werden Wickel nur im Bett und in einem gut gewärmten Raum verabreicht. Es ist darauf zu
achten, dass der Patient vorher Blase und Darm entleert hat. Gewöhnlich geht man davon aus, dass der Wickel
kalt angelegt wird. Wenn einem Patienten kalt ist und er fröstelt, dann sollten keine kalten Maßnahmen
durchführt werden. Hier empfehlen sich temperierte bzw. warme Wickel. Wichtig ist, dass alle Tücher faltenfrei
angelegt werden, da sonst die Wiedererwärmung behindert wird und die Wickelwirkung gefährdet ist. Die
Lokalisation erfolgt je nach Krankheitsbild, bei inneren Erkrankungen im zugehörigen Segment (vgl. Tabelle 6).
Je nasser das Wickeltuch, desto stärker ist die Wirkung.
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Zu den Anwendungen mit fließendem Wasser gehören Güsse und Druckstrahlgüsse (vgl. Tabelle 7).
- Hervortreten des Wassers bei senkrecht gehaltenem - Stärkerer Druck aus Duschkatheter (Kalt-, Warmzufluß,
Schlauchende max. 1 Zeigefinger Thermometer, Manometer)
- zum Gießen wie Füller halten - Blitzgusskopf verengt Wasserstrahl konisch auf 5-10mm
- Abstand zum Körper 10-15cm - Druck 1-3kp/cm2
- Wasser soll sich breitflächig wie ein Mantel über die Haut - Zusätzlicher mechanischer Reiz
ausbreiten - Entfernung mindestens 3m
- kalte Güsse oder wechselwarme Güsse (warm 10x so lange wie - nicht an einer Stelle verharren
kalt, bis 80s)
- Durchführung:
- Abgießung: Dauer weniger als 40s
Beginn mit „Regen", Steigerung auf vollen Strahl, dann
- Begießung: „Peitschen", das durch „Regen" unter gleichzeitiger 360° Drehung
5-10s dauernde Bewegung mit dem Wasserstrahl auf einer des Patienten abgeschlossen wird
Stelle - Formen:
- Umspülung: Kalt, heiß, wechselwarm, Knie-, Schenkel-, Rücken-, Lenden-,
nur eine kurze Tour mit dem Strahl z. B. am Schultergelenk Segment-, Vollblitzguss
- Durchführung:
Beginn herzfern (Füße) rechte Rückseite eines Körperteils,
zuletzt li. Vorderseite an der Außenseite aufwärts, an der
Innenseite abwärts, kann wiederholt werden
- Formen:
Gesichts-, Arm-, Brust-, Ober-, Unter-, Knie-, Schenkel-,
Rücken- (Atemtraining), Vollguß (Abhärtung)
- Indikationen:
peripheres Gefäßtraining (US) Varikosis,
Stauungserscheinungen, Kopfschmerzen, Tonisierung der
Muskulatur, Stoffwechselanregung
Unterwasserdruckstrahlmassage Bewegungsbad
Temperatur 34-37°C Temperatur 34-36°C
mechanische Massagewirkung und spezifische Wirkungen des Bades bewirken Indikationen:
tiefgehende Auflockerung und Durchblutungsanregung im Gewebe, Verbesserung der bessere Beweglichkeit, Förderung der Ausatmung,
Gewebstrophik und Gewebsreaktion Muskelkräftigung, Muskelentspannung
Utensilien: Formen:
600l Wasser, Umwälzpumpe, Massageschlauch mit verschiedenen Düsen wandelbare Schwierigkeitsgrade mit Bällen,
Platten, Ringen, Matten
Durchführung:
Führen des Druckstrahls von herzfern zu herznah, zentrale blasse Delle mit
unterschiedlich ausgeprägtem ringförmigen roten Wall, abhängig vom Strahlwinkel
und Abstand (3-15cm), Bewegungen kreisförmig oder streichend, Nachruhe evtl. in
Stufenlagerung, vor dem Aufstehen isometrische Übungen
Indikation:
degenerative Erkrankungen des Stütz- und Bewegungssystems, Muskelverspannungen,
posttraumatische Zustände, trophische Störungen
Kontraindikation:
wie Massage, hypermobile Areale, Gebiet über Bandscheiben-Vorfall, Varizen,
Blutungsneigung, Schwangerschaft, Hypertonie, Z. n. Herzinfarkt, Angina pectoris,
Herzinsuffizienz, Thrombosen, Phlebitiden, Hauterkrankungen, paVK
Außerdem gibt es noch Bäder mit Zusätzen und Hydroelektrische Bäder (siehe Elektrotherapie).
9
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KRAUSS teilt die hydrotherapeutischen Anwendungen in drei Stufen ein, die sich an der jeweiligen Dosierung
orientieren (Tabelle 9). Er unterscheidet dabei milde, mittelstarke und starke Reize und ordnet diesen drei
Gruppen die Begriffe kleine Hydrotherapie, mittlere Hydrotherapie und große Hydrotherapie zu.
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3 Elektrotherapie
3.1 Grundlagen
Unter Elektrotherapie werden alle Behandlungsverfahren zusammengefasst, bei denen elektrische Energie
therapeutisch genutzt wird. Elektrischer Strom ist die Bewegung elektrischer Ladungen in leitfähigen
Materialien. Dabei ergibt die Spannung zwischen zwei Polen die Möglichkeit dieser Bewegung im elektrischen
Feld. Dabei ist die Anode definitionsgemäß der positive Pol und die Kathode der negative.
Als Ladungsträger können Elektronen (bei metallischen Leitern) oder Ionen fungieren (Elektrolyte, die
dissoziieren) und sich im elektrischen Feld entsprechend ihrer Ladung (positiv oder negativ) zwischen den
Elektroden bewegen. Die Dissoziation ist die Voraussetzung für die Ionenbewegung. Daneben spielt in
biologischen Systemen auch der Transport größerer Moleküle (Proteine, Fett- oder Stärkepartikel) im
elektrischen Feld eine Rolle, da diese entsprechend der pH - Verhältnisse ihres Umgebungsmediums eine oder
mehrere elektrische Ladungen zeigen können (Anlagerung oder Abspaltung von H+- Ionen). Große Objekte
(Einzelzellen, auch Bakterien), die primär elektrisch neutral sind, können durch Adsorption beispielsweise von
Ionen Ladungen gewinnen und damit ebenfalls durch den elektrischen Strom in Bewegung geraten.
Als Elektroosmose bezeichnet man durch die Zellmembran auftretende Wasserverschiebungen unter Einwirkung
des Gleichstroms. Kathodisch ist ein Oedem zu erwarten.
Bei der Iontophorese wird die Ionenwanderung im Gewebe zu therapeutischen Zwecken genutzt. Medikamente
werden durch die intakte Haut in den Körper gebracht, indem man die Elektrodenunterpolsterung mit
entsprechenden Medikamenten durchtränkt.
3.2.1 Stromdichte
Soll ein Reiz wirksam werden, dann muss er eine Mindeststärke haben und über eine Mindestdauer fließen.
Verwendet man Elektroden unterschiedlicher Größe, dann hat man unterschiedlich große Erregungsflächen der
Nerv- und Muskelfasern (große Elektrode – große Membranbezirke). An kleinen Elektroden verdichtet sich der
Strom und deshalb ist bei gleichbleibender Stromstärke die Reizwirkung unter einer kleinen Elektrode größer.
Somit ist primär die Stromdichte und nicht die Stärke entscheidend. Die Stromdichte ist abhängig von der
Stromstärke und der Elektrodengröße, d.h. je größer die Stromstärke desto höher auch Stromdichte, und
umgekehrt eine Vergrößerung der Elektroden geht einher mit einer verminderten Stromdichte. Therapeutisch
relevante Stromdichten liegen bei 0,05-0,2 mA/cm2.
3.2.2 Stromverteilung
Bei der Längsdurchflutung handelt es sich um eine parallel zur Körperlängsachse liegende Stromrichtung. Dem
gegenüber wird das Elektrodenpaar bei der Querdurchflutung so angelegt, dass der Strom quer zur
Körperlängsachse fließt. Hauptanwendungsgebiet hierfür ist die Behandlung von Gelenken.
3.2.3 Stromformen
Es werden grundsätzlich zwei Stromformen unterschieden (vgl. Tabelle 10): (1) der Gleichstrom (Galvanisation)
und (2) der Wechselstrom. Der Gleichstrom ist durch eine konstante Stromstärke (Amplitude) und
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Stromrichtung charakterisiert. Er eignet sich z. B. zur Iontophorese (Einbringen von Medikamenten in den
Körper über die Haut). Der Wechselstrom hingegen zeichnet sich durch Veränderungen der Stromparameter aus.
Wird nur die Stromstärke verändert spricht man von einem monopolaren Wechselstrom, da die Stromrichtung
weiterhin konstant bleibt. Bei einem bipolaren Wechselstrom wird auch die Polarität verändert (bei 50 Hz ist
jede Elektrode 50x positiv und 50x negativ, damit erfolgt keine Wanderung der Ladungsträger zu den
Elektroden).
Eine weitere Differenzierung des Wechselstroms bezieht sich auf die Frequenz, mit der sich die Polung
verändert. So unterscheidet man Niederfrequenzströme (< 1000 Hz) von Mittelfrequenz- (1000 Hz – 100.000
Hz) und Hochfrequenzströmen (>100.000 Hz). Diese Differenzierung ist insofern von großer Bedeutung für die
Physiotherapie, als sich durch die verschiedenen Frequenzen unterschiedliche Effekte erzielen lassen, was
wiederum ihren Indikationsbereich bestimmt und bei Kontraindikationen zu beachten ist. Hieraus resultiert die
Einteilung in Niederfrequenz-, Mittelfrequenz- und Hochfrequenztherapie.
Wechselstrom, verändert wechselnd Niederfrequenz (< 1000 Faradischer Strom, Schwellstrom, TENS,
bipolar Hz) Exponentialstrom, Diadynamischer Strom,
Ultrareizstrom, Hochvoltimpulsstrom
Mittelfrequenz (1000 Hz Interferenzstrom
– 100.000 Hz)
Hochfrequenz (>100.000 Kurzwelle, Dezimeterwelle, Mikrowelle
Hz)
Tabelle 10: Übersicht der Stromformen in der Elektrotherapie und ihrer charakteristischer Merkmale.
Der elektrische Strom wirkt auf zwei Wegen auf den menschlichen Organismus:
(1) auf dem direkten Wege durch die Bewegung der Ladungsträger. Diese bewirken dabei an erregbaren
Zellmembranen Aktionspotentiale zur Erregungsweiterleitung oder zur Kontraktion, oder sie rufen eine
veränderte Rezeptorwirkung durch Verschiebung des Membranpotenzials hervor.
(2) Auf dem indirekten Weg wirkt der elektrische Strom durch Erwärmung („Reibung" der Ladungsträger;
Joulesche Wärme). Die erzeugte Wärmemenge entspricht dem Produkt aus dem Quadrat der Stromstärke, dem
Widerstand und der Zeit (Wärmemenge Q = I2 · R · t).
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3.3 Niederfrequenztherapie
Zur Niederfrequenztherapie wird gleichfalls die Galvanisation (Gleichstromtherapie) gezählt. Sie ist eine
Behandlung mit einem konstanten Strom gleicher Stromrichtung und gleichbleibender Intensität (s. o.).
Die Galvanisation wirkt über die Reizung von Rezeptoren durch Ionenverschiebung und erzeugt dadurch eine
Veränderung des Elektrolytmilieus im Gewebe. Diese wiederum kann eine Hyperämisierung, eine Analgesie,
eine Förderung der Regeneration und periphere sowie zentralnervöse Erregbarkeitsveränderungen bewirken. Die
Wirkungen sind bisher nicht alle vollständig geklärt, sondern spiegeln teils experimentelle oder empirische
Erfahrungen wider.
Bei der Galvanisation können folgende Methoden zur Anwendung kommen: Gleichstrombehandlung mit
Plattenelektroden, Iontophorese und hydroelektrische Voll- und Teilbäder. Sie sollen im Folgenden vorgestellt
werden.
Für die Dosierung (s. o.) spielen die benutzte Stromstärke (Stromdichte) und die Elektrodengröße eine Rolle. Bei
unterschiedlich großen Elektroden ist die Stromdichte an der kleineren Elektrode größer, sodass dort die
Hauptwirkung zu erwarten ist (differente Elektrode). Sie wird über dem Behandlungsareal platziert. Die größere
Bezugselektrode wird meist proximal von der differenten Elektrode angebracht.
Sind beide Elektroden gleich groß, spricht man von indifferenten Elektroden. Die zu erwartende Stromdichte ist
unter beiden gleich.
Das Behandlungsprinzip lautet: Ein- und Ausschleichen beim Ein- und Ausschalten, d.h. die Stromstärke wird
nur allmählich „einschleichend“ (in der Intensität langsam ansteigend) und am Behandlungsende
„ausschleichend“ (langsam auf null zurückgehend) verändert.
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3.3.1.2.1.1 Indikationen
Indikationen
Neuralgien
Herpes Zoster
Vorbehandlungen peripherer schlaffer Lähmungen
Hypästhesien-, Parästhesien nach operativen Eingriffen
Angioneuropathien
Idiopathische Facialisparese
Rheumatoidarthritis
Morbus Bechterew
Myalgien
Posttraumatische Zustände: Schmerzlinderung (+); Resorptiosförderung (-)
Osteogeneseanregung bei verzögerter Knochenbruchheilung: 1-4 Kirschnerdrähte im Frakturspalt, Anode proximal auf Haut, 12 Wochen
Dauerstimulation mit Kleingerät, Ruhigstellung erforderlich, keine Gewichtsbelastung
Chronisch venöse Hautulcera: physiologische NaCl/Ringer-Lösung bzw. Sulfachin/Chinosol an „Ulcuselektrode“ (etwas größer als das
Ulcus) 7 Tage kathodisch behandeln, nach Säuberung des Ulcusgrundes alle 3 Tage die Polung wechseln, Gegenelektrode proximal anlegen.
0,1-1,0 mA/cm2, täglich 3x1 oder 2x2 Stunden
An den Elektroden (Polen) geben die Ionen ihre Ladung ab und gewinnen ihre chemische Aktivität wieder
(chemische Prozesse - Ionen verlieren ihre Ladungen). An den Anoden bilden sich Säuren (z. B. HCl), d.h. es
kommt zu einer oxidierende (sauren) Wirkung an der Anode z.B. 2Cl- + H2O → 2e- + 2HCl + 1/2O2.
An der Kathode bilden sich Laugen (z. B. NaOH), d.h. es kommt zu einer reduzierenden (basischen) Wirkung an
der Kathode z.B. 2Na+ + 2e- + H2O → H2 + 2NaOH.
Dieser Prozess wird als Elektrolyse bezeichnet.
Findet dieser an den Metallelektroden stattfindende Prozess der Säure- und Laugenbildung in unmittelbarer Nähe
von Haut oder Schleimhaut statt, so kann es zu Zellschädigungen in Form von Säureverätzungen
(Koagulationsnekrose an der Anode) oder Laugenverätzungen (Kolliquationsnekrose unter der Kathode)
kommen. Durch dicke feuchte Unterpolsterungen muss vermieden werden, dass Haut und Metall in
unmittelbaren Kontakt kommen.
Die Elektrodenmaterialien können verschiedener Art sein, so z.B. aus Zinn, Zink, Blei, Messing oder Kupfer,
wobei die Elektroden glatte Oberflächen haben sollten. Normalerweise werden Standardgrößen oder
selbstangefertigte Elektroden verwendet. Bei Trigemiusneuralgie oder Fascialisparese kommt eine Bergonié-
Maske zum Einsatz. Außerdem gibt es noch Einmalhaftelektroden, die aus hygienischer Sicht vorteilhaft sein
können und Saugelektroden.
Die Unterpolsterung sollte zur Verdünnung der Elektrolyseprodukte gut durchfeuchtet sein, Es sollte darauf
geachtet werden, dass kein Hautkontakt der Platten zustande kommt, dass beispielsweise ein Frotteetuch oder ein
Viskoseschwamm untergelegt wird. Eine gründliche Reinigung der verwendeten Materialien ist
selbstverständlich. Bei hydroelektrischen Bädern werden die Elektroden ins Wasser eingelassen; die
Wasserlösung verhindert Elektrolyseschäden.
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Die Dosierung der Stromdichte kann in drei Bereichen erfolgen (vgl. Tabelle 13):
3.3.1.2.1.4 Kontraindikationen
Kontraindikationen
Hautirritationen (Ekzeme, offene Hautstellen) wegen Elektrolyseprodukten (abdecken mit Paste bzw. Vaseline)
Sensibilitätsstörungen (Analgetikagabe beachten)
Herzschrittmacher!!!
Metallteile (Osteosynthesen, Splitter, Spirale)
Herz-Kreislauf-Dekompensation oder Emboliegefahr bei hydroelektrischen Vollbädern
CAVE: Verätzungsgefahr durch zu hohe Stromdichte, Fehler bei der Elektrodenanlage (z. B. zu kleine
Elektroden, mangelnde Unterpolsterung).
3.3.1.2.2 Iontophorese
Diese Sonderform der Gleichstrombehandlung benutzt die Ionenwanderung zum Einbringen von Medikamenten
(Lösungen, Salben, Gele) durch die intakte Haut zur Lokalbehandlung. Das Prinzip ist, dass die Ionen jeweils
vom Pol gleicher Ladung zum Pol entgegengesetzter Ladung wandern. Die Medikamente sind immer vom Pol
gleicher Ladung einzubringen, weil sie sonst nicht in den Körper gelangen. Die Polung der Elektrode, an die
man die Medikamente anbringt, ist deshalb zu beachten. Die Anwendung ist prinzipiell als topische (örtliche)
Überwindung der Hornhaut gedacht. Jedoch führt das subkutane Kapillarsystem zu einem schnellen
Wirkstoffabtransport. Das erklärt, dass die Wirkung relativ oberflächlich lokal bleibt, andererseits eine
systemische Behandlung möglich ist (z. B. beim Rheumatiker unter Verwendung großer Elektroden).
Medikamentengruppe Medikament
Antirheumatika Histamin (+), Bienengiftsalbe (+), Phenylbutazon (–) Mobilat (–), Diclofenac (–), Indometazin (–)
Vasodilatantien Histamin (+)
[Kontraindikation: Allergien, Asthma]
Acetylcholin (+)
Lokalanästhetika Procain (+), Lidocain (+) [Indikation: Epicondylopathien, Tendopathien, Myogelosen, Arthrosen,
Narbenbehandlung, umschriebene Lokalanaesthesie]
„erweichende" Medikamente Hyaluronidase (+) [Indikation: Narbenbehandlung]
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Herr STANGER war ein Gerber, der nach Vollendung seines Tagewerkes der Lederhaltbarmachung mittels
galvanischem Strom in die Elektrowanne stieg, um sein Rheuma zu behandeln.
Heute besteht die Badewanne aus Kunststoff und hat an den Seitenwänden je 3 Graphitplattenelektroden und am
Kopf- und Fußende je 1 Elektrode. Zusätzlich kann eine differente Zusatzelektrode möglich (z. B. am
Schmerzpunkt anodisch) eingebracht werden. Dadurch ergeben sich vielfältige Möglichkeiten der Schaltung. Für
die Längsdurchflutung sind die angegebenen Varianten Anode (+) am Kopf (absteigende Stromrichtung) bzw.
Kathode (-) am Kopf (aufsteigende Stromrichtung) wegen ihrer Wirkung auf zentralnervösen Vigilanzzustand
am bedeutendsten.
Die Wasserfüllung beträgt ca. 600l. Da der Körper im Nebenschluß des elektrischen Stroms liegt (ca.1/3), nimmt
ein großer Teil des Stromes den bequemeren Teil durch das niederohmige Badewasser, statt durch den Körper,
d.h. er fließt um ihn herum. Dabei spielt allerdings das Leitungsvermögen des Wassers in Abhängigkeit von
seiner Elektrolytkonzentration eine Rolle. (Je mehr Elektrolyte z. B. Kochsalz desto stärker die Leitfähigkeit des
Wassers.)
Die hydroelektrischen Teilbäder sind auch als Zellenbäder bekannt. Das in den Zellenbädern eingefüllte Wasser
stellt eine gut anliegende großflächige ,,Elektrode“ dar, bei der keine Verätzungsgefahr besteht und relativ hohe
Stromstärken vertragen werden. Nach SCHNEE gibt es 50 Polungsmöglichkeiten. Häufig werden
Kombinationen von Zellenbädern mit Plattenelektroden benutzt. Während der Behandlung sollen die
Extremitäten nicht herausgenommen werden. Anwendbar sind diese Zellbäder beispielsweise bei
Kontraindikationen gegen Vollbäder.
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Die Charakteristika von niederfrequenten Reizströmen sind in Tabelle16 zusammengefasst. Für die Praxis
werden niederfrequente Reizströme nach TRÄBERT, diadynamische Ströme nach BERNARD sowie
Schwellströme und TENS (transkutane elektronervale Stimulation; vgl. Tabelle 18), außerdem Hochvoltströme
und Ultraschall-Reizstromtherapie unterschieden (Tabelle 17).
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Reizstromform Beschreibung
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= ca. 2,5-3 fache Empfindungsschwelle: = bis 5 fache Empfindungsschwelle: = bis 5 fache Empfindungsschwelle:
Parästhesien, Kribbeln, Vibrieren Muskelkontraktionen nahe der tiefes schmerzhaftes Gefühl
Toleranzgrenze
3.4 Mittelfrequenztherapie
Da der Basisstrom jedoch mittelfrequent bleibt sind höhere Intensitäten nötig und möglich. Das ist insbesondere
dank des im Mittelfrequenzbereich sehr niedrigen Hautwiderstandes realisierbar, der es ermöglicht, ohne
wesentliche sensible Belästigung zu reizen.
Die hohe Frequenz des Wechselstromes führt lediglich zu einem „Pendeln“ der Ladungsträger. Dadurch
bestehen eine lokale und systemische Verträglichkeit, keine Verätzungs- und Verbrennungsgefahr, eine hohe
Schmerzschwelle, niedrige Hautwiderstände, gebündelte Eindringtiefe (senkrecht zu den Hautschichten) und
eine Volumenreizung (Quer- und Längsreizung) aufgrund von dreidimensionaler Reizung. Tabelle 18 gibt
Aufschluss über die Anwendungsmethoden der Mittelfrequenztherapie. Beide haben Wechselstrom von ca. 4000
Hz. In einer weiteren Tabelle sind Wirkungen, Vor- und Nachteile, sowie Indikationen und Kontraindikationen
der Mittelfrequenztherapie zusammengefasst.
Methoden Beschreibung
Extern amplitudenmodulierter MF-Strom 5kHz werden vom Therapiegerät zu Hüllkurven von 10 bis 100 Hz moduliert
Interferenzstromverfahren (IF) nach Dabei interferieren 2 sinusförmige MF-Wechselströme unterschiedlicher Frequenz über dem
Nemec Behandlungsgebiet, so dass eine endogene Amplitudenmodulation von 0-100Hz entsteht. Dazu
werden 4 Elektroden kreuzweise am Behandlungsort plaziert. An die jeweils gegenüberliegen-
den Elektroden werden 2 MF-Ströme angelegt, die in ihrer Frequenz von 0 bis 100 Hz
differieren (4000 Hz und 3900 bzw. 4100 Hz [veränderlich]). Die jeweilige Differenz ist die
Modulationsfrequenz.
So wird die für die Reizwirkung wichtige Niederfrequenz durch Amplitudenmodulation erst im
Körper erzeugt.
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Tabelle 20: Wirkungen, Vor- und Nachteile, Indikationen und Kontraindikationen der Mittelfrequenztherapie.
30-70 Hz werden für die Muskelkontraktion und 90-100 Hz für Sympathikusdämpfung (leichte Sedierung und
Analgesie) empfohlen. Insgesamt gilt, dass die Muskelstimulation weniger wirksam ist als bei NF (auch bzgl.
Analgesie und Durchblutungsförderung).
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Nach Abhandlung von Niederfrequenz und Mittelfrequenz bietet sich die Betrachtung eines Anwendungsfeldes,
in dem beide Frequenzbereiche wirksam sind an. Die Reizung von Nerven bzw. von Muskeln direkt zur
Auslösung von Kontraktionen wird als Elektrostimulation bezeichnet.
Bei einem normal innervierten Muskel besitzen die Nerven eine geringere Reizschwelle als die Muskeln, d.h. sie
werden zuerst erregt. Bei einen denervierten Muskel hingegen ist nur die Muskelfaser selbst erregbar. In einem
solchen Fall wird eine längere Impulsdauer benötigt.
Myelinarme Nervenfasern werden zuerst erregt Myelinreiche Nervenfasern werden zuerst erregt
→ langsame Muskelfasern werden vor den schnellen angesprochen → schnelle Muskelfasern werden vor den langsamen angesprochen
→ vordergründige Beeinflussung der Ausdauerkomponente → vordergründige Beeinflussung der Schnelligkeitskomponente
3.5.1 Anwendungsbeispiele
Schwellstrom:
amplitudenmodulierte Niederfrequenz 1s on, 1s off (wird auch als Elektrogymnastik bezeichnet)
Hochvoltstimulation:
Die Hochvoltstimulation ist charakterisiert durch: hohe Impulsspannung, kurze Impulsdauer, möglichst
Rechteckimpulse, 50 Hz Modulationsfrequenz, Impulsdauer 0,3 ms, Impulsgruppendauer (on-Zeit) 8-10 s,
Impulsgruppenpause (off-Zeit)16-50 s. Das Wirkprinzip ist hierbei die Reizsummation.
Frequenzmodulierte Mittelfrequenz:
2500-5000 Hz → 10-150 Hz, höhere Intensitäten nötig, keine Elektrolyse Reizprinzip ist eine direkte
Membranwirkung welche zur Auslösung sekundärer Aktionspotentiale führt.
3.5.2 Elektroden
Prinzipiell kommen Oberflächenelektroden (selbsthaftend) zur Anwendung. Ihre Größe wird abhängig vom
Muskel gewählt. Eine bipolare Elektrodenanlage ist meist günstig. Beispiel: Elektrodenlage N. femoralis
(Leistenbeuge) + distaler Bereich M. quadriceps femoris. Die effektivste Lage der Elektroden sollte ausgetestet
werden. Sollen Agonist und Antagonist alternierend stimuliert werden müssen 4 Elektroden angelegt werden.
Die Kopplung der Elektrostimulation mit Willkürkontraktionen ist meist sinnvoll.
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3.5.3 Indikationen
Spastik:
autogene Hemmung des Agonisten durch Fazilitation des Antagonisten, rhythmisch alternierend nach
HUFSCHMIDT
Ideopathische Skoliose:
auf konvexer Seite Mm. quadratus lumborum, intercostales, obliqui abdominis stimulieren
Denervierte Muskulatur:
bei Aussicht auf Reinnervation Atrophieverhinderung entsprechend I/t-Kurve
lange Impulsdauer nötig → Exponentialstrombehandlung 0,5 Hz isometrische Kontraktion
Alternative: monopolare Rechteckimpulse, 20 ms Dauer, 20 ms Pause, 15-20 Hz, 30mA
Hier wird die Elektrostimulation als Orthese oder Therapietrainingsgerät bei Hemiplegikern und,
Querschnittslähmungen eingesetzt.
Beispiel: gangsynchrone Stimulation des N. peronaeus zur Spitzfußprophylaxe
Die EMS dient der Behandlung von Kraftminderungen an Muskeln und Atrophien bei posttraumatischen und
postoperativen Zuständen.
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3.6 Hochfrequenztherapie
Die Hochfrequenztherapie wird auch als Wärmetherapie und Diathermieverfahren bezeichnet. Dabei führen
hochfrequente elektromagnetische Wellen und Felder im MHz-Bereich zur Erwärmung im Gewebe selbst. Es
wird also elektromagnetische Energie in Wärmeenergie umgewandelt. Dabei entsteht eine echte Tiefenwirkung.
Je nach Applikationsform und Ausbreitungsrichtung der Wellenlinien werden tiefere oder oberflächliche
Schichten im Körper erreicht.
3.6.2 Methoden
3.5.2.1 Kurzwelle
Bei der Kurzwelle wird Diathermie im hochfrequenten Wechselstromfeld (27,12 MHz) erzeugt (keine
„Bestrahlung" mit Wellen). Man kann kontinuierliche oder Impulsbehandlung unterscheiden. Ebenfalls gibt es
zwei Applikationsarten: die Kondensatorfeldmethode und die Spulenfeldmethode.
3.5.2.1.1 Kondensatorfeldmethode
Bei der Kondensatorfeldmethode befindet sich das zu behandelnde Körperteil zwischen 2 Elektroden, ist ein
Teil des Gesamtstromkreises und Dielektrikum (Isolator/Nichtleiter) zusammen mit dem isolierenden Material
der Elektroden (Luft, Glas, Filz, Gummi). Er liegt damit im elektrischen Feld des Behandlungskreises. In ihm
fließt der Strom z. T. als Verschiebungs- und z .T. als Leitungsstrom und setzt sich in Wärme um. Ein
Abstimmungskondensator sorgt in Form einer automatischen Abstimmung dafür, dass dich die beiden
Schwingungskreise: der Generator (Erzeuger-)Kreis und der Behandlungskreis, in Resonanz befinden, da es
sonst zu erheblichen Leistungsverlusten käme.
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Im Normalfall werden Glaskapselelektroden verwendet, wobei die Wirkung von der Elektrodenanlage und -art,
sowie von der Intensität und Behandlungsdauer abhängig ist. Durch Wahl unterschiedlicher Elektrodengröße
besteht die Möglichkeit der Nutzung einer differenten Elektrode. Der Therapiesteuerung dient der Elektroden-
Haut-Abstand (EHA), der durch Zapfen eingestellt werden kann: kleiner EHA → es kommt zur
Oberflächenerwärmung; großer EHA → es kommt zur Tiefenerwärmung.
Zu beachten ist, dass Feldverdichtungen zu „Spitzeneffekten" führen können. Diese entstehen durch die falsche
Elektrodenposition z. B an vorspringenden Körperabschnitten oder Verkantungen der Elektroden.
3.5.2.1.2 Spulenfeldmethode
Bei der Spulenfeldmethode wird die Hochfrequenzenergie des Generators durch eine Spule
(Wirbelstromelektrode) geleitet. Das dabei auftretende Magnetfeld ruft die elektromagnetische Induktion hervor.
Das hochfrequente magnetische Feld induziert im Körper elektrische Spannungen, die zu zirkulierenden
Wirbelströmen Anlass geben. Diese werden im Nahfeld der Spule, besonders in Geweben mit hoher elektrischer
Leitfähigkeit (z.B. Muskulatur) in Wärme umgesetzt. Effekt ist eine Muskelerwärmung ohne wesentliche
Fetterwärmung.
3.5.2.1.3 Dosierung
Die Dosierung der Kurzwellentherapie ist abhängig von der Krankheitsart, -stadium und individuellem
Reaktionsverhalten. Die Elektrodenposition richtet sich danach, ob eine Quer- oder Längsdurchflutung
angebracht ist. Die übliche Dauer beträgt 10-30 min während bis zu 12 Behandlungen, wobei auch längere
Serien mit behandlungsfreien Intervallen möglich sind.
Zu anderen therapeutischen oder diagnostischen Geräten muss das Kurzwellengerät mindestens 5m Abstand
haben.
Die Behandlungsliege darf nicht aus Metall bestehen.
Metall (Schmuck), Hörgeräte und Brille müssen abgelegt werden. Das zu behandelnde Körperteil muss
entkleidet sein, keine Salben, keine Kleidung aus Kunstfasern.
Der Behandler muss sich vergewissern, dass der Patent keinen Pacemaker, Metallimplantat oder
Intrauterinpessar (Spirale) trägt und keine Metallsplitter im Körper liegen.
3.5.2.2 Dezimeterwellentherapie
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3.7 Ultraschalltherapie
Da Ultraschall durch Luft schlecht fortgeleitet wird, ist ein Ankopplungsmedium (Paraffinöl, Gel, Wasser)
notwendig. Damit kann eine verlustarme Übertragung der US-Energie ins Gewebe erfolgten
Daraus ergibt sich die Möglichkeit der Beschallung im Wasserbad (z. B. eines Hand- oder Fußgelenkes).
Indikationen Kontraindikationen
Arthrosen Malignome
degenerative Wirbelsäulenerkrankungen akut entzündliche Prozesse
Muskelhartspann organische Herzerkrankungen
posttraumatische Zustände Thrombose
Tendopathien Thrombophlebitis
Narben Blutungsneigung
Dupuytren´sche Kontraktur Naevi
Rheumatischer Formenkreis Varizen
Reflexzonenbehandlung im neuraltherapeutischen Aufbau frische Hämatome
Oedeme
Schwangerschaft
obliterierende arterielle Durchblutungsstörungen
Keimdrüsen
Augen
jugendliche Knochen (Epiphysenlinien)
Rückenmarkserkrankungen
Die Applikationstechniken werden unterschieden in (1) dynamische Beschallung (allgemein) und (2) statische
Beschallung, wobei letztere bei 0,05-0,5 W/cm2 eine sklerosierende Wirkung hat. Der Beschallungsort wird
lokal und segmental ausgewählt. Methodisch werden Dauerschall und Impulsschall (Verminderung der
thermischen Wirkung durch Pausen) voneinander abgegrenzt.
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4 Thermotherapie
4.1 Grundlagen
Der „Transport“ von Wärmeenergie erfolgt entweder durch Konduktion (Leitung), Konvektion (Strömung) oder
Radiation (Strahlung). Der Grad der Erwärmung und die Erwärmungsgeschwindigkeit sind abhängig von
Wärmekapazität, Wärmeleitzahl und Temperaturdifferenz der betroffenen Medien.
Eine kurze Anwendung erzeugt eine reflektorische Wärmewirkung; eine längere Anwendung erzeugt einen
direkten Temperatureinfluss.
Sichtbare Reaktionen bei Kaltapplikationen sind zuerst eine Blässe (Vasokonstriktion, jedoch
Muskelmehrdurchblutung) und anschließend die Rötung (gegenregulatorische Vasodilatation) der Hautgefäße.
Dabei kann die Temperatur der Haut kann über Ausgangswerte steigen.
Bei Warmapplikationen kommt dagegen zu einer einphasigen Reaktion; es kann eine allmähliche Rötung
beobachtet werden. Warmapplikationen an den unteren Extremitäten führen dem Körper die Wärme
allmählicher, d.h. schonender zu. Das Herzkreislaufsystem wird dadurch weniger belastet. Auch tritt die
blutdrucksenkende Wirkung langsamer und schwächer ein.
Blässe:
normale Primärreaktion auf Kalt- oder extreme Heißreize
unnormal, wenn zu lange anhaltend mit schneidendem Schmerz, livide fleckige Haut
Gänsehaut:
zu Beginn einer Kalt- oder Heißapplikation
Verbunden mit Frösteln, Hautblässe und Schmerz – Fehlreaktion
Dunkle Röte:
vermehrte Blutfülle bis Stauung
Bei fehlender Wiedererwärmung (bei Kaltapplikationen) ist Reiben, Frottieren, Bewegung oder auch ein
ansteigendes Bad empfehlenswert, während bei Wärmestauungszeichen die Wärmezufuhr abgebrochen werden
muss.
Konsensuelle Reaktionen sind möglich, d. h. die vasomotorische Reaktion bleibt nicht auf die Gefäße am Ort der
Temperatureinwirkungen beschränkt, auch die Gefäße der nichtbehandelten Seite reagieren gleichsinnig mit
denen der behandelten. Beispielsweise stieg der Volumenpuls des thermotherapeutisch behandelten Beines um
141%, während der des unbehandelten Beines noch um 82% anstieg.
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4.2 Wärmebehandlung
Unter Thermotherapie mit der Ausrichtung Wärme versteht man (1) die unmittelbare Erwärmung von Geweben
durch direktes Einfließen von Wärmeenergie und (2) die mittelbare Erwärmung nach Energieabsorption.
Stoffwechselsteigerung durch Hyperämie Erkrankungen des Bewegungsapparat im Akute Schübe von Arthritiden
chronischen Stadium
Schmerzlinderung, Muskeldetonisierung Arthrosen
Entspannung und Sedierung
Viskositätsabnahme der Synovia Varikosis
Kombination mit anderen physikalischen
Verbesserung der Dehnfähigkeit des Maßnahmen Lymphabflussstörungen
Bindegewebes
pAVK III und IV
Wachstums- und Regenerationsförderung
Herz-Kreislaufinsuffizienz
bei Ganzkörperanwendung Steigerung der
Herzfrequenz respiratorische Insuffizienz
hochfieberhafte Infekte
konsumierende Erkrankungen
4.2.2 Anwendungsformen
Grundsätzlich unterscheidet man „trockene“ und „feuchte“ Wärme. Mögliche Anwendungsformen der
Wärmetherapie sind Heißluft (Sauna), Packungen, Wickel, Heiße Rolle, Peloide, Paraffinbad der Hände,
Infrarot, Ultraschall, Hochfrequenztherapie und Ganzkörperhyperthermie
4.2.2.1 Sauna
Sauna ist eine Form des Luftbades mit Temperaturen von 65-95°C je nach Bankstufe. Zur Abkühlung dienen das
Kaltwassertauchbecken, die Schwallbrause (Prießnitzguß) oder der Kneippguß (s.o.). Beim Saunagang selbst
kommt es im Regelfall zu einer Schweißbildung von 20-40g/min, von denen etwa 10g/min verdunsten, was zur
Hautkühlung beiträgt. Die Hauttemperatur steigt um ca. 10°; und sogar die Körperkerntemperatur steigt um 1°.
Diese Hyperthermie regt das Immunsystem an, Hautfette werden ausgespült. Letzteres macht eine abschließende
Hautpflege nötig. Die große Schweißmenge von 0,5-1l führt zu einer Wasserverschiebung
(Oedemausschwemmung), kann eine Entschlackung begünstigen (wichtig z.B. bei Dialysepatienten) und erzeugt
eine Dilatation der peripheren Gefäße. Die Herzfrequenz steigt, die Druckbelastung des Herzens wird
vermindert, der Blutdruck sinkt. Ebenfalls kommt es durch eine vegetative Umstimmung zur allgemeinen
Entspannung von Muskulatur und Psyche.
4.2.2.2 Heißluft
Durch Heißluftanwendungen (wie beispielsweise Lichtkasten oder Infrarot) kann eine schonende
hautkontaktfreie Erwärmung von Gelenkregionen oder Muskelpartien von außen erreicht werden. Indikationen
für solche Anwendungen sind Gelenk- und Weichteilerkrankungen, chronische Entzündungen und
Muskelverspannungen.
Kleine mehrfach gefaltete gut lokalisierbare Auflagen sind sehr gezielt einsetzbar.
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4.2.2.4 Peloide
Peloide sind feinkörnige Stoffe, die durch geologische Vorgänge entstanden sind. Man unterscheidet Auflagen
aus natürlichen anorganischen (Fango, Schlamm, Schlick) oder organischen Sedimenten (Moor, Torf). Auch hier
kann die Anwendung nach Bedarf gezielt einsetzt werden (klein- großflächige lokale Anwendung). Dabei sind
diese Applikationen wenig kreislaufbelastend, obwohl oder gerade weil es zu einem direkten Hautkontakt
kommt. Zur gewünschten Wärmeübertragung ist eine Applikationsdauer von ca. 15-20 Minuten bei 45-50°C
nötig. Es besteht keine Gefahr der allmählichen Hautverbrühung (geringe Wärmeleitzahl, hohe Wärmekapazität
der Peloide). Fangopackungen haben daher eine große subjektive Akzeptanz.
4.2.2.5 Paraffin
Paraffin ist auch ein schlechter Wärmeleiter mit großer Wärmeaufnahmefähigkeit und kann im Gegensatz zu den
Peloiden nach entsprechender Aufbereitung wiederverwendet werden. Die Paraffinauflage muss feuchtigkeitsfrei
sein, da es sonst zu Verbrennungen kommen kann.
4.3.1 Grundlagen
Bei der Kryotherapie macht man sich die zweiphasige Wirkung, erst Vasokonstriktion dann Vasodilatation der
Hautgefäße, von Kälteanwendungen auf den menschlichen Organismus zunutze. Eine Wiederholung in Serie
stellt ein Gefäßtraining dar. Mit Kälteanwendungen können gezielt einige Wirkungen erzeugt werden. Wie
bereits im Abschnitt Wärmetherapie besprochen, kann eine gesteigerte Wärmebildung durch
Stoffwechselanregung über Kälteanwendungen am Rumpf (insbesondere Rücken und Gesicht) erreicht werden.
Hier überschneiden sich die beiden Formen der Thermotherapie. Weiterhin kann durch die Kaltanwendung an
Gliedmaßen Wärmeabstrom erzeugt werden. Bei akuten mit örtlicher Temperaturerhöhung verbundenen
Entzündungen führen Kaltanwendungen zur Schmerzstillung, und sie wirken resorptionsfördernd. Die
zweiphasige Wirkung lässt sich auch daran erkennen, dass es zuerst zur Anregung von Atmung, Blutdruck und
Herztätigkeit, dann zur Beruhigung kommt. Bei ergotroper Ausgangslage kann Kältetherapie zur Beruhigung
und Schlafförderung, bei trophotroper Ausgangslage zur Entmüdung und Erfrischung eingesetzt werden.
Weitere Wirkungen sind: Dämpfung mechanisch, biochemisch oder infektiös bedingter Entzündungen,
Herabsetzung der Nervenleitgeschwindigkeit, Hemmung der Nozizeption, Verminderung der
Stoffwechselaktivität, Freisetzung schmerzhemmender Transmitter, Verminderung der Entzündungsaktivität.
Außerdem erhöhen kurze Reize die Muskelspindelaktivität, lange Reize sorgen für eine Verminderung dieser.
Indikationen Kontraindikationen
posttraumatisch Kälteempfindlichkeit
Sportmedizin Kälteallergie
im Rahmen der Krankengymnastik – Kältespray Sklerodermie
Packung trophische Störungen
Eislolli
Kryopack Morbus Raynaud
Kaltluft Angina pectoris
schlaffe Paresen – Eisabtupfungen paVK
Spastiken Blasen- oder Niereninfekt
Multiple Sklerose – Eistauchbad
Morbus Sudeck I (vorsichtig nur Wasser)
Arthritiden
Periarthritiden
Muskelhartspann
Schmerzausstrahlung bei Bandscheiben-Prolaps
Kneipp-Therapie
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5 Massage
5.1 Grundlagen
Der Begriff Massage fasst zunächst ganz allgemein Techniken zu Druck- und Zugreizsetzungen mit der Hand
oder Geräten in verschiedenen Gewebeschichten mit unterschiedlichen Techniken zusammen. Die allgemeinen
Wirkungen und die Kontraindikationen sollen in der folgenden Tabelle 25 dargestellt werden. Für die
Indikationen gilt, dass diese entsprechend der Situationsdiagnose und dem Gewebszustand unterschiedlich sind.
5.2 Wirkungen
5.3 Massagearten
Die Klassische Massage umfasst folgende Handgriffe: Streichungen, Reibungen, Knetungen, Rollungen,
Walkungen, Hautverschiebungen, Zirkelungen, Vibrationen, Erschütterungen (Hackungen, Klatschungen,
Klopfungen), Drückungen und Schüttelungen. Dabei gibt es bestimmte Handgriffe für bestimmte
Gewebestrukturen. Beispielsweise können einige zur Gesundheitsmassage, d. h. zur Hygiene oder Kosmetik,
andere wiederum zur Sportmassage, d. h. zur Erholung und Entmüdung eingesetzt werden.
Bei der Bindegewebsmassage (BIGEMA) handelt es sich um eine neuraltherapeutische Technik, die mit
charakteristischer Zugreizsetzung in verschieden Gewebeschichten arbeitet. Sie wirkt speziell auf das
Bindegewebe (DICKE, TEIRICH-LEUBE). Haut-, Unterhaut- oder Faszientechniken werden von kaudal nach
kranial zur Schmerzlinderung und Tonussenkung angewandt. Bei der Dosierung werden zwei Stufen
unterschieden: (1) schwellig mit Schneidegefühl, (2) unterschwellig ohne Schneidegefühl.
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Die Lymphdrainage (VODDER) regt die Lymphvasomotorik an und fördert die Ausbildung von Kollateralen.
Atemmassage
Akupressurmassage
Meridianmassage (HEIDEMANN)
Reflexzonenmassage z. B am Fuß
6 Literaturempfehlungen
Cordes J C, Albrecht U, Edel H, Callies R (1980) Spezielle Physiotherapie in der Kardiologie, Angiologie,
Broncho-Pneumologie, Rheumatologie und Chirurgie-Traumatologie. Volk und Gesundheit, Berlin
Cotta H u. a. (Hrsg.) (1986) Krankengymnastik Band III. Georg Thieme, Stuttgart New York
Delbrück H, Haupt E (Hrsg.) (1996) Rehabilitationsmedizin. Therapie- und Betreuungskonzepte bei chronischen
Krankheiten. Urban & Schwarzenberg, München Wien Baltimore
Edel H (1991) Fibel der Elektrodiagnostik und Elektrotherapie. 6., bearb. Aufl. Gesundheit, Berlin
Gillert O, Rullfs W, Boegelein K (1995) Elektrotherapie. 3., neu bearb. Aufl. Pflaum, München Bad Kissingen
Berlin Düsseldorf Heidelberg
Haarer-Becker R, Schoer D (1996) Checkliste Physiotherapie in Orthopädie und Traumatologie. Georg Thieme,
Stuttgart
Knauth K, Reiners B, Huhn R (1991) Physiotherapeutisches Rezeptierbuch. 5., überarb. u. erw. Aufl.
Gesundheit, Berlin Steinkopff, Darmstadt
Kolster B, Ebelt-Paprotny G (1998) Leitfaden Physiotherapie. 3., überarb. Aufl. Fischer, Lübeck Stuttgart Jena
Ulm
List M (1996) Physiotherapeutische Behandlung in der Traumatologie. 3. Aufl. Springer, Berlin Heidelberg
Reichel H S, Groza-Nolte R (1998) Physiotherapie. Hippokrates, Stuttgart
Schmidt K L, Drexel H, Jochheim K A (1995) Lehrbuch der Physikalischen Medizin und Rehabilitation. 6., neu
bearb. Aufl. Gustav Fischer, Stuttgart Jena New York
Werner G, (2000) Checkliste Physikalische und Rehabilitative Medizin. 2. Aufl. Georg Thieme, Stuttgart
NewYork
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