Cognate Literature
Yearbook 2008
≥
Deuterocanonical and
Cognate Literature
Edited by
Edited by
Hermann Lichtenberger
and Ulrike Mittmann-Richert
ISBN 978-3-11-020368-4
ISSN (Print) 1614-3361
ISSN (Internet) 1614-337X
© Copyright 2009 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, D-10785 Berlin
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Printed in Germany
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Vorwort
HERMANN LICHTENBERGER
ULRIKE MITTMANN
Inhalt
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V
Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII
BERND JANOWSKI
Gottes Weisheit in Jerusalem. Sirach 24 und die biblische
Schekina-Theologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
JEREMY CORLEY
The Portrait of Samuel in Hebrew Ben Sira 46 :13 – 20 . . . . . . . 31
HERBERT NIEHR
Die Gestalt des Ahiqar im Tobit-Buch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
˙
BARBARA SCHMITZ
Casting Judith. The Construction of Role Patterns in the Book
of Judith . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
RENATE EGGER-WENZEL
Mirjam, Debora und Judit – eine Prophetinnentradition? . . . . 95
HEINZ-DIETER NEEF
Das Gebet des Asarja – Daniel 3,26 – 45 LXX und Theodotion 123
NURIA CALDUCH-BENAGES
Jerusalem as Widow (Baruch 4 : 5 – 5 : 9) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
VIII Inhalt
PANCRATIUS C. BEENTJES
Portrayals of David in Deuterocanonical and Cognate
Literature . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165
STEPHEN D. RYAN
The Rabshakeh in Late Biblical and Post-Biblical Tradition . . . 183
Pseudepigrapha
GÉZA G. XERAVITS
The Wonders of Elijah in the Lives of the Prophets . . . . . . . . . . . 231
ULRIKE MITTMANN-RICHERT
Joseph und Aseneth. Die Weisheit Israels und die Weisheit der
Heiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239
JAN DOCHHORN
Die Christologie in Hebr 1,1 – 2,9 und die Weltherrschaft
Adams in Vit Ad 11 – 17 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281
CHRISTFRIED BÖTTRICH
Biblische Figuren im slavischen Henoch-Buch . . . . . . . . . . . . . . 303
BEATE EGO
Abraham’s Faith in the One God – A Motif of the Image of
Abraham in Early Jewish Literature . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337
MARKUS WITTE
Hiob und seine Frau in jüdischen Schriften aus hellenistisch-
römischer Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355
Inhalt IX
Qumran
ARMIN LANGE
Between Zion and Heaven. The New Jerusalem Text from
Qumran as a Paratext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397
MARKUS ÖHLER
Wasser in der Wüste. Ex 17 und Num 20f in den Texten von
Qumran und bei Paulus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413
OTTO KAISER
Die eschatologische Prophetie im Danielbuch bei Flavius
Josephus. Ein Beitrag zum Verständnis des Josephus . . . . . . . . 441
GERHARD SWART
Rahab and Esther in Josephus. A Comparative Analysis . . . . . 471
JÓZSEF ZSENGELLÉR
Changes in the Balaam-Interpretation in the Hellenistic Jewish
Literature (LXX, Philon, Pseudo-Philon and Josephus) . . . . . . 487
Rabbinic Literature
STEFAN C. REIF
The Figure of David in Early Jewish Prayer . . . . . . . . . . . . . . . . 509
HERMANN LICHTENBERGER
Elia-Traditionen bei vor- bzw. frührabbinischen Wundertätern 547
X Inhalt
New Testament
ODA WISCHMEYER
Abraham unser Vater. Aspekte der Abrahamsgestalt im Neuen
Testament . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 567
EVE-MARIE BECKER
Elija redivivus im Markus-Evangelium? Zur Typologisierung
von Wiederkehr-Vorstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 587
Armenian Literature
MICHAEL E. STONE
Biblical Figures in the Armenian Tradition . . . . . . . . . . . . . . . . . 629
BERND JANOWSKI
Die Frage nach der Gegenwart Gottes in Israel hat das Alte Testament
immer wieder umgetrieben. Die Antworten, die es in der langen Ge-
schichte seiner Entstehung darauf gab, entsprechen seinem dynami-
schen Gottesbild. JHWH offenbarte sich nicht nur in Gewitter- oder
Vulkanerscheinungen (Ex 19,16 – 20), sondern – jene Erscheinungen
transformierend – auch in der geheimnisvollen Stimme, die Elia am
Gottesberg vernahm (1 Kön 19,11ff ). Nach dem alten Tempelweihe-
spruch von 1 Kön 8,12f hatte JHWH sogar erklärt, im Dunkel des Al-
lerheiligsten wohnen zu wollen, und in spätnachexilischer Zeit wurde
schließlich der Himmel sein Thron und die Erde der Schemel seiner
Füße (Jes 66,1f ). Gottesberg, Tempel und Himmel sind nicht die ein-
zigen, aber doch markante Bezugspunkte des ursprünglich familien-
und sippenbezogenen Israel-Gottes. Sie bezeugen eine dramatische
Metamorphose des alttestamentlichen Gottesbildes, die in der antiken
Religionsgeschichte ihresgleichen sucht.
Integraler Bestandteil dieser Metamorphose ist auch die Schekina-
Theologie, d. h. die Vorstellung, dass JHWH im Jerusalemer Tempel
oder in seinem erwählten Volk „Wohnung genommen“ (ñkÅw ÏÄ) 1 habe und
in dieser Weise in Israel gegenwärtig sei. In der spätnachexilischen
Weisheitstheologie enthält die Vorstellung von der „Einwohnung
1 Siehe dazu die Hinweise unten Anm. 13. Der Terminus Schekina taucht erst nach 70
n. Chr. bei den Rabbinen auf und „besagt die Fortdauer der Bundes-Treue Gottes
bzw. der Erwählung Israels in der tempellosen Exilszeit. Die Schekhina-Traditionen
stützen sich auf viele biblische Aussagen, wonach Gott sich stets zu Israel hin bewegt
und im Bundeszelt, im Tempel und im Kreis der sündigen, bangenden und hoffen-
den Israeliten Wohnung nimmt“ (THOMA, Schekhina 352). Zur rabbinischen Scheki-
na-Theologie siehe die klassische Darstellung von GOLDBERG, Untersuchungen, fer-
ner KUHN, Gottes Selbsterniedrigung; SCHÄFER, Vorstellung; SCHÄFER, Gott 84f.110f.
117ff; ERNST, Schekı̂na, und SIEVERS, Begriff.
2 BERND JANOWSKI
Es geht dabei, wie das Beispiel Ägypten zeigen kann, wesentlich um den
„Ort der Gottheit“ 4 in der Spannung von himmlischer ,Herkunft’ und
irdischer ,Ankunft’.
1. 1 Ägypten
Mit der Vorstellung von der Einwohnung der Gottheit wurde schon in
Ägypten die Beziehung der Götter/Göttinnen zur Welt der Menschen
thematisiert, zunächst im Opferritual und im königlichen Totenkult
des Neuen Reichs (18. – 20. Dynastie) und dann besonders im Rahmen
der späten Bildtheologie der griechisch-römischen Zeit.5 Die ägypti-
sche Idee der „Einwohnung“ 6 lässt sich am besten durch den Begriff
der descensio, d. h. der „Herabkunft“ der Gottheit auf ihr Kultbild, fas-
sen: Die Gottheit steigt als „Ba“ (Verkörperung der vitalen Lebens-
energie) vom Himmel, ihrer ältesten Heimat, herab, um in Gestalt ihrer
Bilder am Kult teilzunehmen. Dabei wird die Unterschiedenheit von
Gott und Bild gewahrt: Die Götter/Göttinnen sind als „Ba“ im Him-
mel und ihre Bilder sind auf der Erde, aber im Kult ereignet sich täg-
lich ihre „Einwohnung“ oder „Einkörperung“. Schematisch dargestellt:
Die „Herabkunft“ der Gottheit gilt aber nicht nur dem Kultbild, son-
dern auch den Wandreliefs:
Sie vereinigt sich mit ihren Gestalten,
die eingemeißelt sind in ihrem Heiligtum.
Sie läßt sich nieder auf ihre Gestalt,
die auf der Wand eingemeißelt ist.10
Typisch für die ägyptische Idee der „Einwohnung“ sind nach diesen
Texten drei Aspekte: zum einen das Moment der „Herabkunft“ (de-
scensio), die Gott und Bild in eine vertikale Beziehung zueinander setzt,
sodann eine Art ,Zwei-Naturen-Lehre’, die zwischen dem Ba der Gott-
heit und ihrem Bild unterscheidet, und schließlich die Terminologie
der „Vereinigung“, die den „Ba“ der Gottheit und ihr Kultbild in eine
innere Beziehung zueinander bringt. Kennzeichnend für diese Art der
Gottesgegenwart ist das Moment des Prozess- bzw. Ereignishaften, das
der lokalen Dimension der göttlichen Zuwendung den Aspekt des Sta-
tischen nimmt.
„Die Götter »wohnen« nicht auf Erden, was ein Zustand wäre, sondern sie
»wohnen ein«, und zwar ihren Bildern: Das ist ein Vorgang, der sich zwar
regelmäßig und immer wieder ereignet, dessen Realisierung aber von der
Mitwirkung der Menschen, dem Kult abhängig ist.“ 12
1. 2 Altes Testament
Jes 8,16 – 18
16 Einwickeln will ich die Bezeugung,
versiegeln die Weisung unter denen, die ich belehrt habe,
17 und warten auf JHWH, der sein Gesicht verbirgt
vor dem Haus Jakobs,
und auf ihn hoffen.
18 Siehe, ich und die Kinder, die mir JHWH gegeben hat,
wir sind Zeichen und Vorbedeutungen in Israel
von JHWH Zebaoth, der auf dem Berg Zion wohnt (ñkÈÊ
Ï
WhÅ).
Wie sehr Jes 6,1– 5 der religiösen „Symbolik des Zentrums“ 16 ver-
pflichtet ist, ergibt sich aufgrund des vertikalen Gefälles, das im Motiv
des „hohen und aufragenden Throns“ (V. 1a) sowie im Motiv der (Tür-)
Zapfen/Schwellen (V. 4a) zum Ausdruck kommt, die vor der Stimme
der Seraphen erbeben. Da dieses „Beben“ der (unten befindlichen)
Tempelschwellen eine Reaktion auf die Präsenz des (in der Höhe) thro-
nenden Königsgottes sowie auf das Trishagion („Heilig, heilig, heilig
. . .“) der Seraphen ist, ergibt sich für das Weltbild der Jerusalemer
Tempeltheologie der (mittleren/späten) Königszeit eine dominante ver-
tikale Achse, die um eine horizontale, auf die „ganze Erde“ (V. 3b) be-
zogene Dimension ergänzt wird: In der räumlichen Achse der Vertika-
len überragt der Gottesthron den Tempel so hoch wie ein Berg („Got-
tesbergvorstellung), während die davon abhängige horizontale Achse
den Herrschaftsbereich dieses Königsgottes darstellt, nämlich die gan-
ze Erde, in der sich seine verzehrende Heiligkeit Ehrfurcht gebietend
äußert und auswirkt (V. 3b). Der von Jesaja im Jerusalemer Tempel
visionär geschauten Gegenwart JHWHs auf einem „hohen und aufra-
genden Thron“ (V. 1a) entspricht damit die „Ausstrahlung“ der wirk-
mächtigen Präsenz des Königsgottes in die „ganze Erde“ (V. 3b), d. h.
bis an die Peripherie des von der Herrlichkeit des Königsgottes erfüll-
ten und belebten Weltganzen. Schematisch lassen sich diese Relationen
folgendermaßen darstellen:
Gottesthron
HÖHE
ZENTRUM
PERIPHERIE PERIPHERIE
Tempel/Stadt
(Randgebirge /Meer) (Randgebirge /Meer)
TIEFE
Tempelschwellen
17 Vgl. Dtn 12,5.21; 14,23f; 16,2.6.11 und öfter; siehe dazu REUTER, Kultzentralisation
121ff.130ff.134ff; LOHFINK, Kultzentralisation; ferner KELLER, Untersuchungen, und
RICHTER, History.
8 BERND JANOWSKI
So sprach JHWH:
„Ich kehre zurück zum Zion
und wohne (ñkÅ Ï
wÄ ) inmitten Jerusalems.
Dann wird Jerusalem ,Stadt der Wahrheit’ genannt
und der Berg JHWH Zebaoths ,Berg der Heiligkeit’.“ (Sach 8,3)
Das ist eine neue ,Theologie der Stadt’, die eine Kombination der tem-
pelorientierten Schekina-Theologie der vorexilischen Zeit mit der is-
raelorientierten Schekina-Theologie der Exilszeit darstellt. Im ,neuen
Jerusalem’ wird JHWHs Herrlichkeit nicht mehr exklusiv an den
Zion/Tempel gebunden, sondern seinen Bewohnern unmittelbar und
immer sichtbar sein (vgl. Sach 2,8f ).
In der hellenistischen Zeit vollzieht sich abermals eine Transfor-
mation, wenn die spätnachexilische Weisheitstheologie – Schöpfungs-
konzeptionen der (spät-)persischen Zeit aufnehmend (Ijob 28,20 – 28;
Spr 8,22 – 31) – die Frage nach dem „Ort“ der Weisheit in der Welt stellt
und über die mediatrix Dei-Vorstellung von Ijob 28 und Spr 8 hinaus-
gehend offenbarungstheologisch beantwortet: Nach dem Willen des
Schöpfers soll die Weisheit als göttliche Schekina in Jakob Wohnung
nehmen und in Israel ihren Erbbesitz erhalten (Sir 24,7f.9 – 12).23 Auch
diese Verbindung wird umgeprägt – z. B. im äthiopischen Henoch
(äthHen 42,1f ),24 wo die Einwohnung der himmlischen Weisheit noch
nicht in diesem Äon Wirklichkeit wird, sondern wo sie zu den Engeln
zurückkehrt und von dort in der messianischen Zeit auf die Gerechten
ausgegossen wird (vgl. äthHen 62,13f ).
Es geht bei allen diesen Bestimmungen einer mehrere Jahrhunderte
umfassenden, hier nur in kurzen Strichen skizzierten Traditionsbil-
dung immer um die Inhabitatio Dei in ihrer räumlichen (Tempel/Zion),
personalen (Israel/Volk Gottes) und zeitlichen (Zukunft/Erfüllung der
Zeit) Dimension. Inhabitatio („Einwohnung“) bedeutet, dass Gott in die
Welt des Menschen eintritt, und dass er, indem er das tut, „die Para-
meter der menschlichen Existenz, einschließlich der Räumlichkeit,
nicht scheut“.25 Mit dem Sirach-Buch aus dem ersten Viertel des 2.
Jahrhunderts v. Chr. erreicht diese Traditionsbildung eine Prägnanz,
die für die weitere Entwicklung von grundlegender Bedeutung ist,26
auch wenn sie in Judentum und Christentum eine unterschiedliche
Gestalt angenommen hat.27 Der im Folgenden zu besprechende Text Sir
24,1–12 ist dabei sowohl sprachlich als auch theologisch einer der zen-
tralen Brückentexte zwischen Frühjudentum und Urchristentum.
2. 1 Kompositorische Aspekte
Der Text, der im Folgenden im Zentrum steht (V. 1 – 12), schildert nach
einer Ankündigung ihres Selbstlobs (V. 1f ) den Weg der Weisheit – die
von Anfang an in einem personalen Verhältnis zu Gott steht (V. 3f ) 32 –
durch den Kosmos und die Menschenwelt (V. 5 – 7) bis zu ihrer Ein-
wohnung in Jakob/Israel (V. 8), wo sie im heiligen Zelt auf dem Zion
Dienst tut und endgültig Wurzeln im Volk Israel schlägt (V. 9 – 12):
I. Ankündigung
1 Die Weisheit lobt sich selbst,
und inmitten ihres Volkes rühmt sie sich.
2 In der Versammlung des Höchsten öffnet sie ihren Mund,
und vor seiner Macht rühmt sie sich:
Ruheplatz (V. 3 –7) und ihrem Wirken in der Geschichte an einem kon-
kreten Ort (V. 9 –12) – wird mit V. 8 der entscheidende Hinweis darauf
gegeben, dass die Bewegung der Weisheit zur Ruhe kommt (vgl. V. 7),
indem der Schöpfer ihr „Zelt“ (skhnh ≅ lhÃÊ a /ñKÄ w
ÏÂ mÇ) 34 an einen be-
stimmten Ort hinstellt und deklariert: „In Jakob nimm Wohnung und
in Israel nimm Erbbesitz!“ Diese Anordnung, die nicht nur die Klimax
von V. 3 – 8, sondern auch die Spitzenaussage des gesamten Kapitels
darstellt, lässt sich als Sapientialisierung der alttestamentlichen Sche-
kina-Theologie verstehen.
2. 2 Traditionsgeschichtliche Aspekte
39 Vgl. GESE, Weisheit 225: „da war ich bei ihm auf dem Schoß“, zu ñu´maÄ siehe noch
MEINHOLD, Sprüche 134 Anm. 31; 147; BAUMANN, Weisheitsgestalt 131ff; KEEL /
SCHROER, Schöpfung 220f („Expertin“), und andere. Mit einer „Infantilisierung der
Frau“ (KEEL /SCHROER, Schöpfung 221 Anm. 13) hat die Übersetzung „Pflege-
kind/Schoßkind“ meines Erachtens nichts zu tun.
Gottes Weisheit in Jerusalem 15
Die präexistente Weisheit (V. 22f ), deren Vorzeitigkeit vor aller Schöpfung
in V. 24 – 26 mithilfe von „als noch nicht“/„(be-)vor“-Wendungen und
deren Gleichzeitigkeit mit der geschaffenen Welt durch „als“-Formulierun-
gen ausgedrückt wird, erscheint nach V. 30f als mediatrix Dei, d. h. als
eine personale Gestalt, in der sich Gott an die Welt vermittelt und –
gemäß der chiastischen Struktur von V. 30ab – 31 40 – diese ihr Entzü-
cken an der Schöpfungsweisheit hat:
„In der Schöpfungsordnung vermittelt sich Gott an die Welt, und in der
Erkenntnis der Weisheit kommt diese Vermittlung zum Ziel. [. . .] Die So-
phia erscheint als mediatrix Dei. Jede Erkenntnis der Sophia auf seiten des
Menschen führt zur Teilnahme an Gott. In ihr erschließt sich Gott dem
erkennenden und denkenden Menschen. In der Welt ist der Mensch nicht
absolut von Gott getrennt, sondern in der Erkenntnis der Schöpfungsord-
nung nimmt er teil am Werk der Schöpfung und ist der Welt nicht nur
dumpf und bewußtlos unterworfen.“ 41
Wenn wir von hier aus zum Sirach-Text zurückkehren, so lässt sich
beobachten, dass Sir 24,3 – 12 an bestimmte Aspekte von Spr 8,22 – 31
(und Ijob 28,20 – 28) anknüpft,42 im Übrigen aber darüber hinausgeht.
Die größte Differenz besteht in der Verbindung von Schöpfung und Ge-
schichte in Sir 24,3 –12 (V. 3 – 8/V. 9 – 12) gegenüber der Vermittlung der
Weisheit an die Menschen ohne Zuspitzung auf Israel in Spr 8,30f.43 Diese
interpretatio israelitica der Schöpfungsweisheit geht deutlich aus Sir
24,3 – 8 hervor, wo sich der Weg der Weisheit von der Totalität der
Schöpfung (V. 5 – 6a) über alle Menschen (V. 6b.7) auf Jakob/Israel (V. 8)
zuspitzt: 44
Der Weg der Weisheit aus der unmittelbaren Nähe Gottes (V. 3f ) zu
einem konkreten irdischen Ort (V. 8) 45 bildet das geheimnisvolle Zu-
sammenspiel von Transzendenz (Hervorgehen aus dem Mund Gottes)
und Immanenz (Einwohnung in Jakob/Israel) und damit die Konde-
szendenz der göttlichen Weisheit ab. Dieser Weg beginnt – der Struktur
45 Zu V. 3 – 8 als Stanze, die durch den Aspekt der Bewegung (V. 3: „aus dem Mund des
Höchsten . . .“; V. 8: „in Jakob/Israel . . .“) zusammengehalten wird, siehe auch
GILBERT, éloge 330f.
Gottes Weisheit in Jerusalem 17
von Gen 1,1– 2,4a (V. 3 – 5!) und Ps 104 (V. 1 – 4!) entsprechend 46 –
,oben’, d. h. „in den Höhen“ // „auf einer Wolkensäule“ (V. 4),47 wo die
Weisheit zuerst „Wohnung nimmt“ (kataskhnoyÄn ≅ ñkÅ w ÏÄ, vgl. V. 8b), um
von dort aus in vertikaler Richtung (Komposita mit kata-) den Weg über
den Horizont („Kreis des Himmels“) nach ,unten’ bis zum Abyssos
(„Tiefe der Abgründe“) und weiter in horizontaler Richtung bis zu allen
Völkern der Erde zu nehmen (V. 5 – 6a/V. 6b). Und er kommt schließ-
lich, weil die „Ruhe“ (aÆnaÂpaysiw ≅ hxÄ UnmÂ) bei keinem dieser Völker
gefunden wird (V. 7),48 an einem Ort zum Ziel, der aufgrund des Zu-
satzes „in Jakob // in Israel“ das Spezifikum dieser Traditionsbildung
ausmacht, insofern er gegenüber Spr 8,30f (vgl. „bei den Menschen“
V. 31b) die Korrelation von Weltschöpfung und Israel-Geschichte 49 ins Zen-
trum rückt. „Damit ist bei Ben Sira und im Weisheitsdenken Israels
überhaupt zum ersten Mal der Schritt auf eine Lokalisierung und Ein-
grenzung der eben noch universal waltenden Weisheit hin getan.“ 50
Die präexistente Weisheit (V. 9) ist jetzt im „heiligen Zelt“ auf dem
Zion wirksam, wo sie dem Höchsten dient und so zu ihrer „Ruhe“
kommt (V. 10f). Abschließend werden die Themen von V. 7f (Israel als
Volk Gottes, Erbbesitz) durch die inclusio von V. 12 wieder aufgegrif-
fen:
46 Zum Vergleich zwischen Ps 104 und Sir 24 siehe HOSSFELD, Schöpfungsfrömmigkeit 132.
47 Unter Hinweis auf Sir 24,9 („vor aller Zeit“); Ex 25,8 – 10 und 26,30 fragt MARBÖCK,
Gottes Weisheit 79 mit Anm. 21, meines Erachtens zu Recht, ob „vielleicht sogar
angedeutet [ist], daß sie [scilicet die Weisheit] im himmlischen Modell des Heiligtums
gewohnt hat, das in Zelt und Tempel in Israel Wirklichkeit wird“, siehe dazu im
Folgenden.
48 Vgl. äthHen 42,1 – 3, wo die Weisheit allerdings wieder an ihren himmlischen Ort
zurückkehrt, weil sie keinen Ort in der Welt findet (vgl. äthHen 84,3: die Weisheit als
Thronbeisitzerin Gottes):
„1 Die Weisheit fand keinen Platz, wo sie wohnen konnte, da hatte sie eine Woh-
nung in den Himmeln. 2 Die Weisheit ging aus, um unter den Menschenkindern
zu wohnen, und sie fand keine Wohnung; die Weisheit kehrte an ihren Ort zurück
und nahm ihren Sitz unter den Engeln. 3 Und die Ungerechtigkeit kam hervor
aus ihren Kammern: die sie nicht suchte, fand sie, und wohnte unter ihnen, wie
der Regen in der Wüste und wie der Tau auf dem durstigen Land“ (Übersetzung
UHLIG, Henochbuch 584; siehe dazu auch GESE, Weisheit 231, und LÖNING /ZEN-
GER, Anfang 107ff ).
Zur Figur der „entschwundenen“ Weisheit siehe noch 4 Esra 5,9f und syrBar 48,36.
Die Aussage vom Erscheinen der Weisheit (?) auf Erden und ihrem Aufenthalt unter
den Menschen in Bar 3,38 dürfte ein frühchristlicher Zusatz sein, siehe dazu SCHI-
MANOWSKI, Weisheit 63f, und STECK, Baruch 53f.
49 Vgl. oben. Zur „Weisheit in der Geschichte Israels nach dem Siraziden“ siehe den
Exkurs bei MARBÖCK, Weisheit im Wandel 68ff.
50 MARBÖCK, Weisheit im Wandel 62. GILBERT, éloge 331, nennt den Weg der Weisheit
V. 3 – 8 treffend „un mouvement de descente et de concentration“.
18 BERND JANOWSKI
51 Siehe dazu GESE, Johannesprolog 182f; GESE, Weisheit 228; MARBÖCK, Weisheit im
Wandel 68ff; MARBÖCK, Gottes Weisheit 80, und SCHOLTISSEK, Sprache 102. Zur deu-
teronomisch/deuteronomistischen „Ruhe“-Konzeption siehe BRAULIK, Konzeption.
52 In diese Richtung gehen offensichtlich auch die Andeutungen bei MARBÖCK, Weis-
heit im Wandel 64; MARBÖCK, Gottes Weisheit 79f, vgl. GESE, Weisheit 228.
53 MARBÖCK, Gottes Weisheit, 85.
54 Siehe dazu SHEPPARD, Wisdom 12ff.159f.
Gottes Weisheit in Jerusalem 19
(Ex 24,16; 25,8; 29,45f; 40,35).55 Wichtig für deren Verständnis ist die
Beachtung ihres jeweiligen Ortes im Gesamtaufriss der priesterlichen
Sinai-Geschichte (Ex *19,1– 40,35P g).56 Während die ñkÅ Ï
wÄ -Aussagen Ex
24,16 und Ex 40,35 jeweils in den Rahmenstücken Ex 19,1 + 24,15b –
18aa (Gegenwart der JHWH-Herrlichkeit auf dem Sinai) und Ex 40,17
+ 40,34f (Gegenwart der JHWH-Herrlichkeit auf dem Begegnungszelt)
begegnen, gehören Ex 25,8 und Ex 29,45f zum Mittelstück (Ex *25,1 –
39,43: Heiligtumsbau) der priesterschriftlichen Sinai-Geschichte. Hier
wiederum bildet die JHWH-Rede Ex 29,43 – 46 den sachlichen Höhe-
punkt:
43a Dort werde ich den Israeliten begegnen
b und mich als heilig erweisen in meiner Herrlichkeit:
44a Ich werde das Begegnungszelt und den Altar heiligen
b und Aaron und seine Söhne werde ich heiligen, dass sie mir
als Priester dienen.
45a Und ich werde inmitten der Israeliten wohnen
b und ich werde ihnen Gott sein (BF).
46ab Und sie werden erkennen (EF), dass ich JHWH, ihr Gott, bin (SF),
der sie aus dem Land Ägypten herausgeführt hat (HF),
ag um in ihrer Mitte zu wohnen.
b Ich bin JHWH, ihr Gott (SF).
55 Siehe dazu JANOWSKI, Tempel; ferner OWCZAREK, Vorstellung, und DOHMEN, Exodus
273f.399ff.
56 Siehe dazu und zum thematischen Zusammenhang von Ex 29,45f mit Gen 17,7f und
Ex 6,6f ausführlicher JANOWSKI, Sühne 195ff.303ff.328ff.356f.
57 KOCH, Priesterschrift 31.
20 BERND JANOWSKI
JHWH in Israel als solches, „sondern – und damit führt P g das Woh-
nen Jahwes auf seinen tiefsten Bedeutungsgehalt zurück[. . .] – die Vor-
stellung von Jahwe als dem Gott Israels die eigentliche Sinnspitze von
Ex 29,45.46 bildet“.58
Schlägt man nun von dieser Sinnmitte der priesterlichen Sinai-
Geschichte einen Bogen zu der die Sinai-Theophanie abschließenden
Darstellung in Ex 40,17.34f,59 so wird deutlich, dass mit dieser ,Besitz-
ergreifung’ des Heiligtums durch die JHWH-Herrlichkeit das auf dem
Sinai begonnene Geschehen der Gott-Mensch-Begegnung (Ex 24,15b –
18aa) zu seinem (vorläufigen) Abschluss kommt: Indem die „Herrlich-
keit JHWHs“ ihren Erscheinungsort
Ç vom Sinai zum fertiggestellten
„Begegnungszelt“ (dyÈ u m lhÃÊa) verlagert, repräsentiert dieses von nun
an – gleichsam als der ,Sinai auf der Wanderung’ (B. JACOB) – den Ort
der Offenbarungsgegenwart JHWHs in Israel.
Ebenso wichtig für Sir 24,1 – 22 wie die ñkÅ w
ÏÄ-Aussagen von Ex 29,45f
ist die schöpfungstheologische Dimension der priesterlichen Sinai-Ge-
schichte. Diese Dimension zeigt sich vor allem an der strukturellen
Entsprechung zwischen der priesterlichen Schöpfungsgeschichte (Gen
1,1 – 2,4a) und der priesterlichen Sinai-Geschichte (Ex *16,1 – 40,35), die
jeweils von einem Sieben-Tage-Schema geprägt sind (Gen 1,3 – 31: 6
Tage/Gen 2,2f: 7. Tag bzw. Ex 24,*15b – 18aa: 6 Tage 7. Tag).60 Dieser
Sachverhalt weist darauf hin, dass Ex *25,1 – 39,43 als der komposito-
risch zentrale Abschnitt der priesterlichen Sinai-Geschichte – der die
Anweisungen zum Bau des Heiligtums (Ex 25,8a.9*; *26,1– 27,8) und
die Ankündigung vom „Wohnen“ JHWHs inmitten der Israeliten (Ex
29,*43 – 46,61 vgl. 25,8b) zum Thema hat – die Konkretisierung des En-
des der priesterlichen Schöpfungsgeschichte sein will. Damit kommt
die in der Schöpfung grundgelegte Hinwendung Gottes zur Welt zur
Entfaltung – und zwar als Hinwendung JHWHs zu Israel oder mit den
Worten der Priesterschrift: als „Wohnen“ (ñkÅ w ÏÄ) JHWHs inmitten der
Israeliten.
Das ist nun auch der für Sir 24,1 – 22 entscheidende Gesichtspunkt:
Wie nach der Priesterschrift erst vom Sinai her erkennbar wird, was
mit Gottes Schöpfungshandeln „am Anfang“ intendiert war – nämlich
Gemeinschaft mit dem Menschen/mit Israel zu haben –, so besteht auch
nach Sir 24,1– 22 der tiefste Sinn des Wegs der göttlichen Weisheit in
der Zuwendung zur Schöpfung (V. 5f ), die in ihrer „Einwohnung“ in
Jakob/Israel (V. 8) ihr Ziel erreicht. Mit diesem Konzept, das Schöp-
fung und Geschichte integriert und damit der im Hellenismus längst in
Gang befindlichen, folgenreichen Diastase von Schöpfung und Offen-
barung, von „geistiger Weltdurchdringung und transzendenter Offenba-
rung“ 62 entgegentritt,63 erreicht die alttestamentlich-frühjüdische Weis-
heitstheologie eine gedankliche Tiefe, die ihresgleichen sucht. Es ist
darum alles andere als verwunderlich, dass gerade dieses Weisheits-
konzept im Urchristentum aufgegriffen wird, um das Geheimnis der
Inkarnation auszusagen.
Das Selbstlob der Weisheit Sir 24,1– 22, so können wir unsere Überle-
gungen zusammenfassen, stellt eine überaus kühne Synthese und zu-
gleich Zuspitzung der vorexilischen und exilisch-nachexilischen Sche-
kina-Theologie(en) dar. Während die Schekina-Theologie der vorexili-
schen Zeit einen tempel- bzw. zionstheologischen Hintergrund hatte
(Jes 8,18; Ps 46,5f; Dtn 12,5.11; 14,23f; 16,2.6.11 und öfter; prophetische
Kritik in Am 5,17; Mi 3,11 und öfter), geschah in der Schekina-Theologie
der Exilszeit insofern ein Umbruch, als sie jetzt eine nationale, auf die
Restitution Israels als Volk Gottes bezogene, gleichsam ,ekklesiologi-
sche’ Komponente erhielt (Ps 74,1f; Ez 43,7.9; Ex 25,8; 29,45f; 1 Kön
6,11–13, vgl. Ex 33,5 und öfter). In persischer Zeit trat dann mit dem Bau
des Zweiten Tempels der Heiligtumsbezug wieder in Erscheinung,
ohne dass der Israel-Bezug zurückgenommen wurde (Sach 2,9.14f; 8,3;
Joël 4,17.21; Ps 135,21 und öfter). Ein für die urchristliche Profilierung
des Themas (vgl. Lk 17,20f; Joh 1,14; Off 21,3 und öfter) entscheidender
Schritt wurde schließlich in hellenistischer Zeit mit dem Theologumenon
der Einwohnung der Weisheit in Jakob/Israel bzw. auf dem Zion ge-
tan (Sir 24,7f.9 –12, Vorläufer in Ijob 28,20 – 28 und Spr 8,22 – 31), für
das die Integration von Weltschöpfung und Heilsgeschichte, d. h. Gottes
„Zuwendung zur Schöpfung – insbesondere zu Israel“,64 charakteristisch
ist.
Die eigentliche Aussageabsicht von Joh 1,14 dürfte darin zu sehen sein,
dass sich der Logos, der im Anfang bei Gott war (Joh 1,1f), erniedrigt
71 Darin liegt die differentia specifica zwischen Joh 1,14 und der alttestamentlich-frühjü-
dischen Schekina-Theologie, vgl. SCHOLTISSEK, Sprache 91: „Nach alttestamentlichem
Zeugnis wohnt Gott in der Höhe bzw. im Himmel und auf dem Zion bzw. inmitten
seines Volkes (vgl. Jes 33,5; Ps 2,4; 9,12; Tob 5,17; die Bundesformel), aber nicht im
Menschen“, vgl. FRANKEMÖLLE, Frühjudentum 199, und SCHWINDT, Gesichte 409.
Von der Immanenz Gottes im Menschen spricht zum ersten Mal TestXII: TestDan 5,1;
TestJos 10,2 und TestBenj 6,4, siehe dazu SCHOLTISSEK, Sprache 98f.191, und zur Sache
im Folgenden.
72 Zu den motivlichen Querverweisen zwischen dem Johannes-Prolog und frühjüdi-
schen Weisheitstexten siehe THEOBALD, Anfang 102ff. Speziell zu der These, dass die
Logostheologie Philos von Alexandrien eine Brücke zur neutestamentlichen Christo-
logie darstellt, siehe zuletzt FRANKEMÖLLE, Frühjudentum 186ff, der im Übrigen
ebenfalls an der diesbezüglichen Differenz zwischen Frühjudentum und Urchristen-
tum festhält, vgl. unten Anm. 74.
73 SEEBASS, Gott 50, vgl. 217f, ferner SEEBASS, Theologie 45; MÜLLER, Menschwerdung
50f, und andere.
24 BERND JANOWSKI
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74 Vgl. FRANKEMÖLLE, Frühjudentum 199: „Die in den ntl Texten behauptete exklusive
Konzentration auf Jesus Christus bleibt der unaufhebbare Dissens zwischen christ-
lichem und jüdischem Glauben, letztere auch in seiner griechischen Interpretation
durch Philon und durch die Weisheitstheologen.“
75 Vgl. THOMA, Inkarnation.
76 Vgl. BÜHNER, skhnoÂv, ferner THEOBALD, Anfang 53ff.118ff.
77 WYSCHOGROD, Inkarnation 22.
78 WYSCHOGROD, Inkarnation 22.
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The Portrait of Samuel in Hebrew Ben Sira
46 :13 – 20
JEREMY CORLEY
1. Introduction
One of the major figures celebrated in Ben Sira’s Praise of the Ances-
tors is the prophet Samuel. Although the sage bases the passage on
selected portions of 1 Sam 1 – 12 and 1 Sam 28, he rarely copies the
biblical text exactly but chooses instead to emphasize a few main as-
pects. As LEO PERDUE observes, Sir 46 :13 – 20 presents Samuel as “a
prophet, a nazirite, a priest, a judge who is both a military leader and
an arbiter, and an intercessor“.1
The Cairo Genizah manuscript B contains about two-thirds of the
Hebrew text of Sir 46 :13 – 20.2 Despite serious text-critical problems,
most of the first and third stanzas are preserved, and we shall attempt
to reconstruct the rest of the Hebrew with the help of the major com-
mentaries. In a remarkable way, the Hebrew text of Sir 46 :13 – 20
agrees with an important non-Masoretic reading of 4QSam a in the des-
ignation of Samuel as a nazirite (1 Sam 1: 22; Sir 46 :13). However, by
omitting much of the opening verse, the Greek version eliminates the
references to Samuel as a nazirite and as a priest.
From a poetic viewpoint, the poem on Samuel (46 :13 – 20) belongs with
the brief portrayal of the judges (46 :11 –12), which follows the descrip-
tion of Joshua and Caleb (46 :1 – 10). This placing of Samuel with the
judges is fitting, since Samuel was the last and most famous of the
judges (1 Sam 7:15). As a whole, the minipoem on the judges and the
poem on Samuel combine to make a 16-line passage (46 :11– 20), marked
off with a double inclusio.3 Then after the portrait of Samuel there is a
one-line mention of the prophet Nathan, followed by 16 bicola devoted
to David (47: 2 –11) and a further 16 bicola dedicated to Solomon
(47:12 – 22). Thus, the length of 16 bicola in the poem on the judges and
Samuel (46 :11– 20) is significant, since it matches the length of the
poem on David (47: 2 –11) and the passage on Solomon (47:12 – 22).4
Ben Sira’s poem on Samuel neatly follows the human lifecycle,
since it begins with his birth (“his mother’s womb“, 46 :13b) and ends
with the aftermath of “his death“ (46 : 20a). The poem is unified by the
inclusio of the Hebrew term “prophecy“ (“in prophecy“ in 46 :13c and
46 : 20c).5 Further inclusios are provided by the terms “kingship“
(46 :13e) and “king“ (46 : 20b), as well as the verb “anointed“ (46 :13f )
and the adjectival noun “anointed one“ (46 :19b). In addition, if my
reconstruction is correct, there is another inclusio with “people“ in
46 :13a (“his people“ in the Genizah Hebrew) and in 46 : 20d (“of the
people“ in the Greek).
The poem may be divided into three stanzas, of which the first and
third are marked off by poetic features.6 The first stanza (46 :13 – 15),
dealing with Samuel’s birth and achievements, has internal rhyme in
its opening bicolon (“his people“ in 46 :13a; “his mother“ in 46 :13b).
While the second stanza (46 :16 –18), concerning Samuel’s intercession
at Mizpah, has fewer sound patterns, the third stanza (46 :19 – 20), on
Samuel’s death, has internal rhyme and end-rhyme in its opening bi-
colon (“his resting“ and “his bed“ in 46 :19a; “his anointed“ in 46 :19b).
3 First inclusio = verb awn, “lift up“ (“was not lifted up“ in 46 :11b; “and he lifted up“
in 46 : 20c); second inclusio = preposition irxa, “after“ (“from after“ in 46 :11c; “after“
in 46 : 20a).
4 CORLEY, Structure 61.
5 BEENTJES, Prophets 214. There is conspicuous alliteration with the letter nun: rizn
(46 :13c); haubn (prefaced by a preposition in 46 :13c, 20c); Õidign (46 :13f ); wrdn (46 :15a,
20a); ydun (as reconstructed in 46 :15b); ñman (46 :15b); ymwn (46 :17b); Õibicn (in a con-
struct form in 46 :18a); uxun (46 :19a); Õlyn (46 :19c).
6 The division into three stanzas follows MARBÖCK, Samuel 208.
The Portrait of Samuel in Hebrew Ben Sira 46 :13 – 20 33
While the Genizah manuscript calls Samuel “friend of his people and
acceptable to his Maker“ (46 :13a), most commentators reconstruct a
presumed original text form, because the Hebrew reading in 46 :13a is
not exactly reflected in the diverse versions.11 If my reconstruction of
46 :13a is correct (“honored by his people and beloved of his Maker“;
cf. 1 Sam 2 : 26), the portrayal of Samuel echoes the picture of Moses in
Sir 45 :1, where he is called “beloved of God and human beings“.12
Whereas the Hebrew text has two bicola in 46 :13a – d, the Greek
text has a much shorter form: “Beloved by his Lord, Samuel, prophet
of the Lord“ – before referring to the establishment of the monarchy as
in the Hebrew of 46 :13ef. However, at the end of the description of the
judges, the Greek manuscripts add the phrase “of their glorified
ones“.13 The absence of much of 46 :13a – d from the Greek text may be
due to a combination of three reasons: haplography, confusion about
the opening of a new poetic unit, and ideological factors. In first place,
haplography probably occurred between lauwmh (46 :13b) and laumw
(46 :13d).14 The second reason for the Greek confusion here seems to be
the translator’s misunderstanding of Ben Sira’s poetic format when
extra phrases intervene before the naming of a new character in the
Praise of the Ancestors.15 In third place, perhaps ideological factors
were at work, whereby some aspects of the description of Samuel (e. g.,
as a nazirite and a priest) were deliberately amended in the grandson’s
translation or by later copyists.16
Sir 46 :13b calls Samuel “the one dedicated from his mother’s
womb“. There is a clever Hebrew wordplay between lauwmh (“the one
dedicated“: 46 :13b) and the name laumw (“Samuel“: 46 :13d).17 The ac-
tual form lauwmh is an unusual pu al participle. The suggested mean-
ing “the one dedicated“ 18 is deduced by analogy with the qal passive
participle in 1 Sam 1: 28, where Samuel is described as “dedicated“
(luaw) to YHWH. In effect, the qal passive participle is equivalent there
to the passive of the hiph il verb “hand over (in response to a re-
quest)“; hence the translation “dedicated“. The hiph il verb appears in
the first part of 1 Sam 1: 28: “And I too have handed him over (uhtlawh)
to YHWH; all the days that he lives, he is dedicated (luaw) to YHWH“.
13 See ZIEGLER, Sapientia 343, for the correction: “Glorified by human beings“, a phrase
that more fittingly introduces the portrait of Samuel; cf. SKEHAN /DI LELLA, Wisdom
517.
14 SEGAL, Sēper 321; MARBÖCK, Samuel 206.
15 SKEHAN /DI LELLA, Wisdom 517. Similarly, the opening of the Greek depiction of the
high priest Simeon lacks the Hebrew phrase: “Greatest of his brothers and splendor
of his people“ (50 :1a). Instead, a corresponding phrase is applied to Joseph in the
Greek of 49 :15: “Beloved of his brothers, support of the people“. A comparable
confusion marks the beginning of the portrayal of Moses in some Greek manuscripts
of 44 : 23 – 45 :1.
16 PETRAGLIO, Libro 209 – 210.
17 SMEND, Weisheit (erklärt) xlii. Elsewhere in the Praise of the Ancestors Ben Sira plays
on the names of characters: 46 :1 speaks of the great “deliverance“ (hyuwt) in the days
of Joshua (ywuhi), while 48 :17 declares that Hezekiah (uhiqzxi) “fortified“ (qzx) his
city.
18 So SEGAL, Sēper 321.
The Portrait of Samuel in Hebrew Ben Sira 46 :13 – 20 35
The logic of 1 Sam 1: 27– 28 seems to be that since God has kindly
granted Hannah’s request, she will now respond generously by hand-
ing her son back to him for service at the sanctuary. However, it is also
possible that the pu al participle in 46 :13b means “asked for“, and
hence “obtained by request“. The reference in Sir 46 :13b in that case is
to Hannah’s intense prayer for a son in 1 Sam 1:11, where 4QSam a
preserves a longer text.19 It is also noteworthy that the participle in Sir
46 :13b echoes the sound of the name Saul (luaw = “asked for“, cf.
1 Sam 12 :13), even though Ben Sira does not actually name the disfa-
vored king here (or in 46 :19 – 20).
When 46 :13b presents Samuel as “the one dedicated from his
mother’s womb“, there is a general resemblance to the prophetic call of
Jeremiah: “And he from the womb was formed as a prophet“ (Sir 49 : 7;
cf. Jer 1: 5). More specifically, the phrase “from his mother’s womb“
suggests a contrast with Samson’s declaration in Judg 16 :17: “A razor
has not come upon my head, because I have been God’s nazirite from
my mother’s womb“ (cf. Judg 13 : 5, 7). While Ben Sira celebrates Sam-
uel as a proper nazirite (46 :13c), there is an implied contrast with
Samson who broke all three stipulations of the nazirite vow, as listed in
Num 6 :1–12.20 Unlike Samuel, Samson was evidently not a faithful
nazirite, and so he is not named as praiseworthy in Sir 46 :11 – 12. Since
the juxtaposition of the stories of Samson and Samuel in the Hebrew
Former Prophets may have been intended to highlight the difference
between the two figures, Ben Sira’s phraseology in 46 :13cd (“nazirite“
and “judge“) may hint at his recognition of this contrast.
In calling Samuel a nazirite, Sir 46 :13c agrees with the explicit
statement made by Hannah in 1 Sam 1: 22 according to the 1 st-century
a
B.C.E. manuscript 4QSam : “[And] I will [gi]ve him as a nazirite for
ever all the days of [his life]“.21 Though this plus is unattested in the
19 The qal verb also refers to Hannah’s praying in 1 Sam 1:17, 20, 27, but whereas 1 Sam
2 : 20 MT has the qal verb, the hiph il form (so 4QSam a ) is to be preferred in that
instance. While the name Saul means “asked for (from God)“, the biblical narrative
plays on the fact that Saul is the king “asked for“ by the people (1 Sam 8).
20 Prohibition of alcohol and grapes (Num 6 : 3 – 4; cf. Judg 14 :10, 17); prohibition of
cutting hair (Num 6 : 5; cf. Judg 16 :19); prohibition of approaching a corpse (Num
6 : 6 –7; cf. Judg 15 : 8, 15). See CRENSHAW, Samson 129 – 130; BLENKINSOPP, Structure.
21 ULRICH, Qumran Text 40; MCCARTER, Samuel 56; FIDLER, Wife’s Vow 382; CHEPEY,
Nazirites 20 – 22 and 40 – 42.
36 JEREMY CORLEY
Masoretic Text (MT),22 the view that Samuel was a nazirite also appears
in the Mishnah and Talmud (m. Naz. 9.5; j. Naz. 9.5; b. Naz. 66a).23
Although the MT of 1 Sam does not specifically call Samuel a nazirite,
such a lifestyle is probably implied in Hannah’s promise before his
birth: “No razor shall touch his head“ (1 Sam 1:11 MT; cf. Num 6 : 5).
Following biblical precedent, Sir 46 :13cd notes that Samuel was
both prophet and judge. The Hebrew word “in prophecy“ (haubnb)
may have implications beyond the evident fact that Samuel was a
“prophet“ (1 Sam 3 : 20). The context within the Praise of the Ancestors
suggests a canonical emphasis in this expression, especially since Sir
46 – 49 alludes to all eight Hebrew books of the Former and Latter
Prophets in their Hebrew canonical order.24 Thus, the book that bears
Samuel’s name is included in the Former Prophets of the Hebrew Bi-
ble. Since the Book of Joshua also belongs to the Former Prophets, it is
fitting that the figure of Joshua is also described with the same Hebrew
word “in prophecy“ (46 :1). In 46 :13d Samuel is called by his biblical
designation of “judge“, doubtless recalling 1 Sam 7:15: “And Samuel
judged Israel all the days of his life.“
After being called “judge“ in 46 :13d, Samuel is then termed a
“priest“ or “priestly officiant“ (ñhkm); the ambiguity in the understand-
ing of the Hebrew term is indicated by my translation “officiating
priest“. Possibly the pi el participle means “priestly officiant“, convey-
25 “Ben Sira [. . .] does not say of Samuel that he was a priest, but that he did perform
priestly functions“; so SKEHAN /DI LELLA, Wisdom 518. Cf. SMEND, Weisheit (erklärt)
445; PETERS, Buch 398; SEGAL, Sēper 322; BEENTJES, Prophets 213; MARBÖCK, Samuel
209.
26 MACK, Wisdom 34; LEE, Studies 221; SAUER, Jesus Sirach 318; PERDUE, Ben Sira 145.
27 In addition, the litany in the Genizah manuscript of Sir 51:12ix employs the verb for
the activity of the Zadokite priests.
28 Admittedly, there is discussion among the rabbis whether or not sacrificing makes
someone a priest; see GINZBERG, Legends 228. On the sage’s view of the priesthood
see STADELMANN, Ben Sira 56 – 138; OLYAN, Ben Sira’s Relationship; WRIGHT, Ben Sira.
29 Although the associated verb “to minister“ (trwl) appears in 1 Sam 2 :11, 18; 3 :1, the
refusal of the MT of 1 Sam to call Samuel a “priest“ may be to separate him inten-
tionally from the doomed house of Eli (1 Sam 2 : 27– 36; 14 : 3; 1 Kgs 2 : 27), as well as
from the rising house of Zadok. In place of a descendant of Eli, the prophecy in 1 Sam
2 refers to the coming of a “faithful priest“ (1 Sam 2 : 35), presumably a reference to
Zadok. It may be because Samuel is not a Zadokite that his status as a priest is not
affirmed in the MT of 1 Sam, even though he performs some functions generally
regarded as priestly (such as sacrificing).
38 JEREMY CORLEY
It is very possible that in 46 :13d (as in 46 :16a) Ben Sira was in-
fluenced by Ps 99 : 6, which places Samuel in parallel to the priestly
figures of Moses and Aaron: “Moses and Aaron were among his
priests, and Samuel was among those who called on his name; they
were calling on YHWH, and he himself would answer them.“ While
Sir 46 :13d seems to recall parts of Ps 99 : 6, Pseudo-Philo specifically
quotes the verse in its reworking of the Song of Hannah (Liber Anti-
quitatum Biblicarum 51: 6): “Asaph prophesied in the wilderness about
your son, saying, ’Moses and Aaron were among his priests, and Samuel
was there among them.’ Behold the word has been fulfilled, and the
prophecy has come to pass“.30 Indeed, within the whole context of the
Praise of the Ancestors, it is fitting that Samuel is presented as a priest
(or priestly officiant), since in this way he more closely foreshadows
Simeon the Just, who will be praised in Sir 50 :1 – 24.31 In fact, the whole
poem celebrates several other priestly characters, such as three high
priests (Aaron, Phinehas, and Jeshua) and three other prophets with a
priestly ancestry (Moses, Jeremiah, and Ezekiel).
BURTON MACK emphasizes that Ben Sira portrays Samuel in a com-
posite fashion as judge and priest and prophet: “As judge, he is said to
have ’commanded the congregation’ (46 :14); as priest, to have offered
sacrifice (46 :16); and as prophet, to have ’established the kingdom‘,
’anointed princes’, and ’declared unto the king his way’ (46 :13, 20)“.32
In addition, the Hebrew text presents Samuel as a nazirite. Because of
the confusing variations among the diverse traditions, the following
table presents those four aspects of Samuel (as nazirite, prophet, judge,
and priest) from the three main textual traditions of Sir 46 :13, in com-
parison with the three principal textual traditions of 1 Sam.
When Sir 46 :13e asserts: “By the word of God he established the
kingship“, it combines two texts from 1 Sam. Mention of “the word of
God“, fitting for the activity of a prophet, refers to Samuel’s announce-
ment to Saul immediately before he anoints him as Israel’s first king:
“And I will let you hear the word of God“ (1 Sam 9 : 27). The reference
to establishing the kingship echoes Samuel’s message to Saul that if he
had not sinned, “now YHWH would have established your kingship
over Israel for ever“ (1 Sam 13 :13). The term used in 46 :13e for king-
ship, tklmm, seems to be a by-form of the biblical word hklmm. In fact,
the idiom hklmm ñikh (“establish the kingship“) is biblical (1 Sam 13 :13;
2 Sam 7:12; 2 Chr 17: 5), while a variation on this idiom occurs at the
end of the poem on David in Sir 47:11 H (cf. 1 Sam 24 : 21): “And he gave
him the statute of kingship, and established his throne over Jerusalem.“
Comparison of 46 :13 with 47:11 suggests that the divinely authorized
kingship in 46 :13e is David’s rather than Saul’s.
40 JEREMY CORLEY
Sir 46 :13f employs the verb “anoint“ (xwm), which appears three
times in the book: Moses anoints Aaron as priest (45 :15), Samuel
anoints Saul and David as kings (46 :13), and Elijah anoints Elisha
(48 : 8).33 Later in the poem (46 :19), the sage uses the cognate noun
“anointed one“ (xiwm) to refer to the unnamed king (i. e., Saul; cf. 1 Sam
12 : 3). In a Qumran text (Ps 151: 5) David celebrates Samuel’s anointing
of him: “He sent his prophet to anoint me, Samuel to make me great“
(11QPs a 2 8.8).34 Rather than repeating the root of Ólm (“king“) from
the previous colon, Sir 46 :13f employs the term dign (“ruler“) for Isra-
el’s two leaders appointed by Samuel, namely, Saul (1 Sam 9 :16; 10 :1)
and David (1 Sam 13 :14; 25 : 30; 2 Sam 5 : 2; 6 : 21; 7 : 8). In a particular
way Sir 46 :13f echoes the phrasing of God’s command to Samuel con-
cerning Saul: “And you shall anoint him as ruler over my people
Israel“ (1 Sam 9 :16; cf. 10 :1).
Although the exact Hebrew wording of 46 :14a is unclear, the ver-
sions suggest: “By the [instruction of YHWH he comman]ded the con-
gregation.“ The verb “command“ refers to Samuel’s speaking in 1 Sam
13 :13 –14, while his effective instruction appears in 1 Sam 7 : 3 – 6. In
more general terms, Sir 46 :14a reflects the situation described soon
after the account of Samuel’s calling: “And the word of Samuel came to
all Israel“ (1 Sam 4 :1). Sir 46 :14a presents Samuel as a leader of the
people almost like Moses in his commanding role, while the parallel
references to the “word of God“ (46 :13e) and the “instruction of
YHWH“ (46 :14a) highlight Samuel’s obedience to God.
The Genizah Hebrew text of 46 :14b reads: “And the God of Jacob
punished (or: visited; or: kept watch)“,35 but this reading is question-
able, since the qal verb dqp when used intransitively generally refers to
punishment (Job 35 :15; Isa 26 :14).36 By analogy with the Qumran lead-
er called the dqpm (“guardian“), the verb could be understood as a pi el
form, to yield the meaning: “And the God of Jacob kept guard“. If the
verb is viewed as hiph il, the meaning could be: “And the God of Jacob
33 These three instances reflect the major biblical uses for anointing, since Sir 45 :15
applies the rite to Aaron the priest (cf. Lev 8 :12); Sir 46 :13 to kings Saul and David
(cf. 1 Sam 10 :1; 16 :13); and Sir 48 : 8 to “a prophet“ (= Elisha) in the Hebrew text
(though the Greek text has the plural form “prophets“; cf. 1 Kgs 19 :16). Cf. CORLEY,
Seeds 302.
34 SANDERS, Scroll 97.
35 A reading with God as subject of the verb is maintained by MARBÖCK, Samuel 205 –
206.
36 1 Sam 2 : 21 uses the verb transitively to describe YHWH “visiting“ or “taking note
of “ Hannah (MT: dqp; 4QSam a: dqpiu).
The Portrait of Samuel in Hebrew Ben Sira 46 :13 – 20 41
had appointed [him]“,37 but the absence of a direct object (though com-
parable to 1 Kgs 14 : 27//2 Chr 12 :10) is difficult in this understanding.
Where the Genizah manuscript (followed by G and S) has the phrase
“God of Jacob“, many commentators emend it to “tents of Jacob“ and
understand the grammatical subject as Samuel rather than God.38 It is
easy to see how a scribe might have written the divine title bqyi ihla
(“God of Jacob“), which is familiar from earlier biblical texts (e. g.,
2 Sam 23 :1; Isa 2 : 3), instead of the phrase bqyi ilha (“tents of Jacob“:
also in Jer 30 :18; Mal 2 :12), which fits better here.39 If we accept this
emendation of 46 :14b (“And he visited the tents of Jacob“), there is a
reference to Samuel’s activities as a kind of circuit judge in Israel, as
described in 1 Sam 7:16 –17.40
When Sir 46 :15a declares: “For [his faithfulness he was s]ought out
as a seer“, it echoes the language of 1 Sam. After the call of the young
prophet, 1 Sam 3 : 20 says: “And all Israel from Dan to Beersheba knew
that Samuel was trustworthy (ñman) as a prophet for YHWH.“ Later,
1 Sam 9 : 6 reports the testimony to Samuel given by Saul’s servant:
“Everything that he speaks will indeed come about.“ In an echo of
Num 12 : 7, the same term hnuma (“fidelity“) is applied to Moses in Sir
45 : 4: “For his fidelity and his humility, He chose him out of all flesh.“
This is an example of Samuel being portrayed with features of Moses,
just as Jer 15 :1 places them in parallel as intercessors. However, an-
other interpretation of the noun hnuma is possible in Sir 46 :15: “In [his
office of trust he was s]ought out as a seer.“ Employing the noun with
the same interpretation, 1 Chr 9 : 22 declares of the sanctuary gate-
keepers: “David and the seer Samuel established them in their office of
trust (Õtnumab)“ (New Revised Standard Version).
Just as Sir 46 :15a reports that Samuel “was sought out as a seer“,
so the Hebrew Bible employs the verb wrd for consulting a prophet or
religious advisor (1 Kgs 22 : 7; 1 Chr 10 :13; cf. Sir 34 :1). The consulta-
tion of a seer is mentioned in 1 Sam 9 : 9: “Formerly in Israel, this is
what someone said when he went to consult God: ’Come, and let us go
37 “Und der Gott Jakobs setzte ihn ein in sein Amt“; so SAUER, Jesus Sirach 317.
38 LÉVI, L’Ecclésiastique 84; SMEND, Weisheit (erklärt) 445; SEGAL, Sēper 322; SKEHAN /
DI LELLA, Wisdom 518.
39 Similarly, where Ps 83 : 7 MT speaks of “the tents of Edom“, the Masada manuscript
of Ps 83 : 7 reads “the God of Edom“ (from 2 Chr 25 : 20); cf. TALMON, Fragments
87– 88.
40 Note that in Judg 15 :1 the same meaning “visited“ appears: “And Samson visited
(dqpiu) his wife.“ It is also possible that the verb in Sir 46 :14b is pi el: “And he
guarded [= kept watch over] the tents of Jacob.“
42 JEREMY CORLEY
to the visionary (harh).’“ The same form wrdn (“sought out, consult-
ed“) appears in 46 : 20a to describe the post-mortem consultation of
Samuel by Saul at Endor (1 Sam 28). It is interesting that Sir 46 :15a
refers to Samuel as a “seer“ (hzx), even though the MT does not refer to
Samuel as a “seer“ with the word hzx (preferring the synonym haur in
1 Sam 9 :11, 18 –19).41 However, 1 Sam 3 :1 uses a cognate noun when it
says that before Samuel’s calling, “visions (ñuzx) were not widespread.“
Samuel is evidently included among those mentioned in Sir 44 : 3
(“Seers of everything [lk izux] in their prophecy“), while the verb is
used of Isaiah’s ministry: “With a powerful spirit he saw (hzx) the end“
(48 : 24).
The exact text of 46 :15b is uncertain. The Genizah Hebrew manu-
script reads: “And also in his word he was shown to be trustworthy as
a shepherd (hyur)“.42 However, scholars usually correct the final parti-
ciple (by changing one vowel letter) to read “visionary“ (haur), echo-
ing 1 Sam 9 :11, 18 –19 and fitting better as a parallel to “seer“ in
46 :15a.43 However, the problem with such a statement here is that it is
tautological. Such a text twice states that Samuel was a “seer“ or “vi-
sionary“, and also twice uses the root ñma (“trustworthy, faithful“) for
him. Accordingly, it is better to have recourse to the Greek text of
46 :15b: “And he was known by his word(s) to be faithful in vision.“
Hence SKEHAN and DI LELLA reconstruct a Hebrew text, yielding the
meaning: “And in his words he was known to be trustworthy (ñman)“.44
This formulation echoes the statement in 1 Sam 3 :19 – 20: “He did not
allow any of his words to fall to the ground (. . .). And all Israel from
Dan to Beersheba knew that Samuel was trustworthy (ñman) as a proph-
et for YHWH.“ Elsewhere Ben Sira uses the same participle to describe
Abraham: “In testing he was found faithful (ñman)“ (44 : 20), while Sir
48 : 22 G refers to the prophet Isaiah as “trustworthy in his vision“.45
41 A Qumran text (4Q160) has been dubbed “The Vision of Samuel“ because it mentions
Õihulah harm (“the vision of/from God“, 4Q160 1.5).
42 The reading “shepherd“ is understandable on the basis of 1 Chr 17 : 6, which men-
tions “Israel’s judges whom I commanded to shepherd my people.“ Although Sam-
uel was not a shepherd, Ben Sira could have transferred to him the title used of
David (1 Sam 16 :11; 17: 34; cf. 2 Sam 5 : 2; 7 :7), since through his leadership he also
had a kind of a shepherding role for Israel.
43 SEGAL, Sēper 322; PETERS, Buch 397; MARBÖCK, Samuel 206. A comparable inter-
change of alef and ayin appears in Sir 44 :11a, where the Masada manuscript mistak-
enly reads Õa (“if “) for Õy (“with“).
44 SKEHAN /DI LELLA, Wisdom 518.
45 MACK, Wisdom 207 – 208.
The Portrait of Samuel in Hebrew Ben Sira 46 :13 – 20 43
This stanza recalls the battle of the Israelites against the Philistines at
Mizpah (1 Sam 7: 5 –13), when the people were saved by divine inter-
vention in response to Samuel’s intercession. The biblical text describes
Samuel as a man of prayer and intercession (1 Sam 7 : 5; 12 :19, 33), just
as his mother Hannah was a woman of prayer (1 Sam 1:10 – 12, 26 – 27).
Samuel’s fame as an intercessor alongside Moses appears also in Jer
15 :1: “If Moses and Samuel were to stand before me, my heart would
not be toward this people.“
According to ALON GOSHEN-GOTTSTEIN, whereas the Torah charac-
ters in Sir 44 :17– 45 : 26 are described as receiving gifts from God, the
Prophets section in 46 :1– 49 :13 portrays the human actions of Israel’s
prophets and kings in response to the divine calling.48 In fact, there is a
pattern in 46 :1– 49 :13 whereby the hero in a crisis calls on God and
receives a favorable response. This pattern appears in the poems on
46 Apart from the reconstruction of 46 :16d (and tiny variations in 46 :17a and 46 :18b),
restoration of lacunae in 46 :16 – 18 follows SEGAL, Sēper 321.
47 Restoration of 46 :16d, absent from all ancient forms of the text, follows SMEND,
Weisheit (erklärt) 446.
48 GOSHEN-GOTTSTEIN, Ben Sira’s Praise 251.
44 JEREMY CORLEY
Joshua (46 : 5 – 6), Samuel (46 :16 – 18), David (47 : 5), and Hezekiah
(48 : 20).49 Indeed, the wording of 46 :16a parallels the phraseology of
the other three passages, except that the depiction of Samuel’s interces-
sion omits the divine title “Almighty“. Samuel’s intercession is de-
scribed with the phrase: “And h[e] too [called o]n [G]od“ (46 :16a), just
as the prayers of Joshua and David are each portrayed with the phrase:
“For he called on God Almighty“ (46 : 5; 47 : 5), and the entreaties of
Hezekiah’s contemporaries are also depicted with similar phraseology:
“And they called on God Almighty“ (48 : 20). In this way Ben Sira
draws a parallel between Samuel’s powerful prayer and the interces-
sions offered by Joshua and David and the Jerusalemites 50 of Heze-
kiah’s time, all of which were answered with divine deliverance.
While 46 :16a echoes the content of 1 Sam 7 : 8 (“do not cease to cry
out for us to YHWH our God“), its actual idiom (“call on God“) is
borrowed from the account of Samuel’s intercession at Gilgal (1 Sam
12 :18): “And Samuel called on YHWH, and YHWH gave thunder and
rain on that day.“ The idiom also appears in Ps 99 : 6, speaking of the
intercessory role of Samuel along with the priestly role of Moses and
Aaron: “Moses and Aaron were among his priests, and Samuel was
among those who called on his name; they were calling on YHWH,
and he himself would answer them.“
Although the Genizah manuscript of 46 :16b is incomplete, the
lacuna can be filled by analogy with the description of Joshua’s inter-
cession in 46 : 5ab: “For he called on God Almighty, when there was
pressure for hi[m, with enemies on every side].“ The verbal noun hpka
(“pressure“),51 absent from the MT, is a feminine by-form of úka
(“pressure“, a hapax in Job 33 : 7). In the context, the pressure from
enemies evidently refers to the Philistine threat at Mizpah (1 Sam
7: 7), while the phrase “with enemies on every side“ (46 :16b) echoes
Samuel’s reminder about God’s deliverance in 1 Sam 12 :11: “And he
rescued you from the hand of your enemies on every side.“
52 KAUTZSCH /COWLEY (eds.), Grammar 148 (§ 53q). This elision is more common with
a prefixed lamed (e. g., ribyl = “to bring across“ in 2 Sam 19 :19), but it also occurs
with a prefixed bet, since we find the form utlgb (“at his exiling“) in Jer 27 : 20.
53 SMEND, Weisheit (erklärt) 446. An alternative reconstruction, larwi dyb llptiu (“and
he prayed on behalf of Israel“; cf. 1 Sam 7 : 5), is also suggested by SMEND. However,
the latter reconstruction is less likely, since its wording provides no ground for
haplography by homoioarchton or homoioteleuton and no ideological grounds for
omission.
54 So REYMOND, Innovations 1; cf. RICKENBACHER, Weisheitsperikopen 130 – 131.
55 Some rabbinic texts suggest that in this case an exception was made for a non-priest
to offer sacrifice; cf. GINZBERG, Legends 228.
46 JEREMY CORLEY
56 The sage’s non-mention of Samuel’s Levitical status matches his general omission of
references to the Levites in his work (WRIGHT, Ben Sira 243). However, Sir 45 : 6 notes
that Aaron belongs to “the tribe of Levi“.
57 MINISSALE, Versione 222 – 224. Some changes in G by comparison with H (e. g., 45 : 26;
50 : 23 – 24) may derive from the grandson’s attitude of caution toward the Hasmo-
nean priestly rulers of his day.
58 So SEGAL, Sēper 305; MINISSALE, Versione 130. The most common biblical usage of
turmwm (e. g., Num 4 : 28; 1 Chr 26 : 6, 12) refers to “watches“ or “guard duties“ or
“liturgical offices“ (even priestly duties of service) in the sanctuary, so that the Õilwm
(“rulers“) would then refer to the leaders of these liturgical duties (cf. Num 3 : 32).
Presumably 44 : 4d is omitted by G because of its favorable attitude to the priesthood;
so MINISSALE, Versione 127, 134.
59 Here I follow S (“in the heavens“, matching Ps 18 :14[13]), whereas G (“from heaven“,
echoing 2 Sam 22 :14) is followed by SEGAL, Sēper 321.
60 In comparison with 1 Sam 2 :10 MT, extra words appear in 4QSam a and LXX (includ-
ing the copula: “and he thundered“); cf. MCCARTER, Samuel 71; ULRICH, Qumran
Text 72.
The Portrait of Samuel in Hebrew Ben Sira 46 :13 – 20 47
61 The related feminine plural noun tyqp occurs in 2 Kgs 4 : 39 to denote “gourds“, and
the connection may be the crashing sound made by ripe gourds when they burst
open.
62 Whereas Sir 46 :17 says that God’s voice was heard by human beings, the reverse
direction of response appears in the description of the Jerusalemites’ pleading when
threatened by the Assyrian king: “And he heard the voice of their prayer“ (48 : 20).
63 The verbal subject of Sir 46 :18a seems to be God (rather than the prophet); so
SKEHAN /DI LELLA, Wisdom 521.
64 Like 46 :18 (if God rather than Samuel is the subject of the verb), 36 : 9 speaks of God
doing the subduing, whereas 47 : 7 refers to the activity of David. On 36 : 9 see PAL-
MISANO, Dio 209 – 211.
48 JEREMY CORLEY
65 The word is translated “rulers“ by SKEHAN /DI LELLA, Wisdom 516. The versions
may have read the plural niph al participle (Õibcn = “prefects“) here.
66 The place name Nezib (bicn) in Josh 15 : 43 also means Garrison-Town.
67 The restoration of 46 : 20d (in accordance with G) follows SEGAL, Sēper 321.
68 On the sage’s use of rhyme elsewhere, see CORLEY, Rhyme 64 – 67.
The Portrait of Samuel in Hebrew Ben Sira 46 :13 – 20 49
46 :19a is identical to 40 : 5c: “And at the time of his resting on his bed“,
though the earlier text simply refers to sleep. In 46 :19, however, the
notion of “resting on his bed“ is a euphemism for death, as indicated in
1 Sam 12 by the prophet’s making of a farewell speech (even though
his death is not narrated till 1 Sam 25 :1).69 The particular idiom of
resting on one’s bed derives from Isa 57 : 2, where the context deals
with the theological problem of the death of the devout: “The righ-
teous person perishes, and there is no one who takes it to heart; and
men of loyalty are gathered in, while no one understands, though the
righteous person is gathered in from the face of calamity; he enters into
peace. They rest on their beds, each one who walks uprightly“ (Isa
57:1– 2).70
Sir 46 :19 goes on to recall the aged Samuel’s testimony that he was
blameless of any wrongdoing or theft against the Israelites (1 Sam
12 : 3). Samuel’s declaration of innocence in 46 :19 implicitly parallels
Moses’ assertion of guiltlessness in Num 16 :15: “I have not taken a
single donkey from them, nor have I harmed a single one of them“.71
The actual phrase in 46 :19b (“He called YHWH and his anointed one
to witness“) draws on 1 Sam 12 : 5: “YHWH is witness against you, and
his anointed one is witness against you this day“.72 This declaration is
Samuel’s answer to his earlier invitation to the people in 1 Sam 12 : 3:
“Here I am! Respond against me before YHWH and before his anointed
one.“ It is striking that Saul is again not named, even though he is
meant by the term “his anointed one“, just as 46 : 20 refers to Saul as
“the king“ but without naming him.
69 In Job 3 :17 the verb xun (“rest“) also denotes resting in Sheol, while the term “bed“ or
“lying place“ (bkwm) refers to the grave in Ezek 32 : 25 (although in 2 Chr 16 :14 it
means “bier“).
70 At the opening of the Praise of the Ancestors, Ben Sira also recalls Isa 57 :1 in calling
those he wishes to celebrate dsx iwna (“men of loyalty“: 44 :1a), while the wording of
Sir 44 :14a (“In peace their corpse was gathered in“) describes the burial of devout
Israelites with a further echo of Isa 57:1 – 2.
71 The parallel is explicit in Pseudo-Philo (Liber Antiquitatum Biblicarum 57 : 2): “I say to
you as my lord Moses the servant of God said to your fathers in the wilderness when
the company of Korah rose up against him, ’You know that I have not taken anything
from you, nor have I harmed anyone of you.’“; so HARRINGTON, Pseudo-Philo 371.
72 In Sir 46 :19b H the hiph il verb diyh with a direct object has the sense “call as
witness“, as in Deuteronomy (Deut 4 : 26; 30 :19; 31: 28); in this way, Samuel’s speech
subtly echoes the work of Moses. However, Sir 46 :19b G and S take the verb in the
sense “testify“ and supply the preposition “before“ (perhaps under the influence of
1 Sam 12 : 3).
50 JEREMY CORLEY
78 This lack of naming of Saul matches Ben Sira’s view that the righteous deserve an
eternal remembrance whereas the wicked deserve to be forgotten (cf. 10 :17; 40 :15 –
16; 41: 6 –10; 44 : 8 –15; 47: 23); cf. MACK, Wisdom 78. The sage may have been in-
fluenced here by the editorial policy of the Chronicler, who mentions only Saul’s
genealogy and his death (1 Chr 9 : 35 – 10 :14).
79 SMEND, Weisheit (erklärt) 447; STADELMANN, Ben Sira 196.
80 See Isa 26 :19; Jonah 2 : 7(6); Ps 22 : 30(29); Job 10 : 21 – 22; Qoh 3 : 21. The noun “earth“
occurs in parallel with “netherworld“ in the sage’s thanksgiving hymn, where (as in
52 JEREMY CORLEY
For Sir 46 : 20d I have followed SEGAL in supplying the colon from
the Greek: “to put an end to the iniquity of the people“.81 We may
amplify Sir 46 : 20cd so as to bring out the sense: “And he lifted his
voice from the earth in prophecy (announcing the death of Saul), to put
an end to the iniquity of the people (in their demand for a king)“. In
my view, the people’s iniquity is its demand for a king (1 Sam 8 : 6 – 8;
12 :17– 20), but this iniquity is brought to an end by the death of Saul
(foreseen by the witch of Endor), to make way for the God-given king
David.82 It seems that ultimately Ben Sira regards the death of Saul
(whose name means “asked for“) as the just outcome for the people’s
sinful request for a king. By way of contrast, Pseudo-Philo understands
Saul’s death as contributing to atonement for his personal sins: “Be-
hold I am going to die with my sons; perhaps my destruction will be an
atonement for my wickedness“ (Liber Antiquitatum Biblicarum 64 : 9).83
Although the verb “atone“ is absent from Sir 46 :13 – 20, it is possible
that there is some kind of priestly aspect in Samuel’s intervention,
whereby his mediation somehow ensures that Saul’s death atones for
the people’s sin.84
Samuel is not the only prophet about whom some activity after
death is narrated.85 Sir 48 :13 refers to the resuscitation of a corpse
(2 Kgs 13 : 21) thrown into Elisha’s grave: “from his place, his flesh
prophesied (= G; “was created“ H).“ The reference continues in Sir
48 :14: “In his life he performed wonders, and in his death portentous
deeds.“ In addition, both Enoch and Elijah were taken up to heaven
([44 :16]; 48 : 9; 49 :14). Thus, although Ben Sira has no clear belief in the
afterlife, he refers to a few biblical examples showing how death is
transcended by God’s power in some special cases.86
Ps 56 :14[13]; 116 : 8) the thought is that the severe distress is like an experience of
death in advance: “And I raised my voice from the earth, and from the gates of the
netherworld I cried out“ (Sir 51: 9).
81 SEGAL, Sēper 321. The mention of the “people“ forms a second inclusio between
46 :13 and 46 : 20 (along with the term “prophecy“).
82 RYSSEL, Sprüche 459. The sin encumbering the people is Saul’s failure to put all the
Amalekites under the ban (1 Sam 15 : 9 – 10; 28 :18 – 19), according to LEE, Studies 16.
Both sins are included by MARBÖCK, Samuel 211.
83 HARRINGTON, Pseudo-Philo 377. Some rabbinic texts also regard Saul’s death as aton-
ing for his own sins. For the view that 46 : 20d originally spoke of the sin of Saul
rather than of the people (since the word “people“ is absent from S, which merely has
“to put an end to sins“), see SMEND, Weisheit (erklärt) 448; SKEHAN /DI LELLA, Wis-
dom 518.
84 LEE, Studies 16.
85 Sir 46 : 20 may be regarded as a miraculous deed, akin to other prophetic wonders
(Sir 45 : 2 – 3; 46 : 4; 48 : 3 – 5; 48 :12 –14; 48 : 23); so MACK, Wisdom 212.
86 HILDESHEIM, Prophet 261 – 262.
The Portrait of Samuel in Hebrew Ben Sira 46 :13 – 20 53
6. Conclusion
Although the source for Ben Sira’s poem on Samuel is the Hebrew
Bible, he uses the biblical tradition selectively. From 1 Sam he high-
lights several key incidents: the prophet’s birth at Ramah, calling at
Shiloh, intercession during the battle of Mizpah, farewell speech at
Gilgal, and post-mortem appearance at Endor (1 Sam 1, 3, 7, 12, and
28). While he also reports Samuel’s anointing of Saul and David (1 Sam
10 and 16), he does not name Saul, whose infidelity means that he does
not deserve to be remembered (1 Chr 10 :13 – 14); nor does he name
David here, since the following poem (47 :1 –11) will portray him in
some detail.87 Besides drawing on Ps 99 : 6, the sage uses language from
other Psalms (e. g., Ps 18 :14[13]).
Echoing earlier biblical tradition, Ben Sira presents Samuel as a
prophet and a judge, as well as the anointer of kings. Developing the
widespread Jewish tradition that likened Moses and Samuel as inter-
cessors (e. g., Ps 99 : 6; Jer 15 :1), Ben Sira notes several aspects about
him similar to Moses (e. g., his enjoying divine and human favor, his
fidelity to God, and his blamelessness in leading the people). He also
makes reference to Samuel in his status as a nazirite (matching 4QSam a ),
which is implied but not stated in the MT of 1 Sam. Most significantly,
however, Ben Sira employs the participle of the same pi el verb ñhk
(“serve as priest“) that is used of Aaron in 45 :15, and thereby makes
Samuel more similar to the high priest Simeon II, celebrated at the end
of the Praise of the Ancestors.88
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Die Gestalt des Ahiqar im Tobit-Buch
˙
HERBERT NIEHR
Einführung
4 Vgl. SACHAU, Papyrus XXIII: „Etwas spezifisch Hebräisches habe ich im Achı̄kar-
˙
Buche nicht zu entdecken vermocht. Es ist nicht jüdischen, sondern heidnischen,
aramäischen Ursprungs.“
5 Die neueste kritische Edition liegt vor bei PORTEN /YARDENI, Textbook 24 – 53, die
neueste deutsche Übersetzung bietet NIEHR, Ahiqar 38 – 52.
6 Zum Ahiqar-Papyrus vgl. YARDENI, Trade, und˙ NIEHR, Ahiqar 5f.
7 ˙ , Ahiqar 10 –12.21f.
Vgl. NIEHR ˙
8 Vgl. NIEHR, Ah˙ iqar 4 –7.
˙
Die Gestalt des Ahiqar im Tobit-Buch 59
˙
1. 2 Die Ahiqar-Erzählung
˙
Die Erzählung vom Schicksal des weisen Ahiqar spielt in der Zeit der
Assyrerkönige Sanherib (704 – 681 v. Chr.) und ˙ Asarhaddon (680 – 669
v. Chr.). In der Ahiqar-Erzählung wird Ahiqar als „weiser und erfah-
˙ „Ratgeber von ganz Assyrien“
rener Schreiber“, als ˙ und als „Bewahrer
des Siegels des Sanherib“ (Ah 1,2 – 3.12; vgl. auch Ah 2,19) charakte-
˙
risiert. Diese Titel haben Entsprechungen ˙
der Verwaltungshierarchie
des assyrischen Königshofs, auch wenn sie hier nicht auf einen einzi-
gen Amtsträger zentriert sind.9
Der Inhalt der Ahiqar-Erzählung lässt sich wie folgt wiedergeben.
˙
Ahiqar ist ein verdienter Kanzler und Siegelbewahrer am Hofe der
˙
Assyrerkönige Sanherib und Asarhaddon. Da er aufgrund des Alters
dieses Amt nicht weiter versehen kann, schlägt er Nadin, den Sohn
seiner Schwester, als seinen Nachfolger vor. Dieser sucht jedoch Ahi-
qar aus dem Wege zu schaffen. Er setzt das Gerücht von einer Ver- ˙
schwörung in die Welt, demzufolge Ahiqar nach dem Leben des Herr-
˙
schers getrachtet habe. Der Offizier Nabusumiskun, der im Auftrag
des Königs den weisen Ahiqar umbringen soll, war aber seinerseits vor
einiger Zeit von Ahiqar aus˙ Todesgefahr errettet worden. Aus diesem
˙
Grund beschließt er, Ahiqars Leben zu verschonen und an seiner statt
˙
einen Sklaven hinzurichten (Ah 1– 5). Hier bricht die aramäische Ahi-
˙
qar-Erzählung ab. Es fehlt mindestens eine Kolumne, so dass man über˙
die Bestrafung Nadins leider nichts mehr erfährt.
Was das literarische Genus dieser Erzählung angeht, so muss man
von einer weisheitlichen Lehrerzählung ausgehen.10
Auf die Ahiqar-Erzählung folgt eine Sammlung von Weisheits-
sprüchen (Ah 6˙ –14), die sprachgeschichtlich einen älteren Dialekt des
Aramäischen˙ repräsentiert. Die nächsten sprachlichen Parallelen zum
Dialekt der Ahiqar-Sprüche bieten die Barrakib-Inschriften aus Zincirli
(KAI 215 – 221)˙ und die Neirab-Stelen aus der Nähe von Aleppo (KAI
225 – 226). Allerdings sind die aramäischen Weisheitstexte im Tobit-
Buch nicht rezipiert worden, vielmehr gibt es Bezüge zur syrischen
Version der Weisheit des Ahiqar.11
˙
2. 1 Die Handschriften
12 Die Texte sind zusammen mit Einführung und Kommentar zugänglich bei BEYER,
Texte 172 – 186; FITZMYER, Tobit (Qumran); HALLERMAYER, Text.
13 Vgl. EGO, Buch Tobit 880f; EGO, Tobit (Buch) 574; FITZMYER, Tobit (Commentary)
18 – 28; TOLONI, Tobi 144 –146; HALLERMAYER, Text 3f.175 –179.
14 Vgl. HANHART, Text 1– 48; WAGNER, Tobit-Synopse XIII – XVI; FITZMYER, Tobit (Com-
mentary) 3 – 17, sowie die Textausgaben bei HANHART, Tobit, und WAGNER, Tobit-
Synopse 1 –173.
15 So FITZMYER, Tobit (Commentary) 52 – 54.
16 So EGO, Buch Tobit 898f; EGO, Tobit (Buch) 573.
Die Gestalt des Ahiqar im Tobit-Buch 61
˙
an die Zeit zwischen 200 und 175 v. Chr. Hiermit käme man bis zum
Beginn der Makkabäer-Zeit in Palästina.17
2. 2 Die Tobit-Erzählung
Das Tobit-Buch führt uns die Gestalt eines vorbildlichen Juden im Exil
vor Augen. Der zum Stamm Naphtali gehörende Tobit lebt aufgrund
des Exils in Ninive. Unter König Salmanassar V. (726 – 722 v. Chr.) hatte
er ein hohes Amt am Königshof inne. Trotz dieser Position verhält sich
Tobit als ein vorbildlicher Jude: Er isst nicht von den Speisen der As-
syrer (Tob 1,10 –12), er hilft den Armen und bestattet die verstorbenen
Juden (Tob 1,16 –19; 2,2 – 8). Hatte er deswegen schon Nachteile in
Kauf nehmen müssen (Tob 1,19 – 22), so erblindet er auch noch (Tob
2,9 –10). Parallel zum Schicksal Tobits wird das unglückliche Schicksal
seiner zukünftigen Schwiegertochter Sara, der ein Dämon sieben Män-
ner getötet hatte, erzählt (Tob 3,7– 15). Sowohl Tobit als auch Sara er-
fahren eine Befreiung aus ihren Schicksalen (Tob 4 – 11). Im Hinblick
auf die Heirat von Tobias und Sara ist das Prinzip der Endogamie
wichtig (Tob 6,16).18 Alles in allem verkörpert Tobit das Ideal der Ge-
rechtigkeit, Treue und Barmherzigkeit.19 Nachdem Tobias seinen im
hohen Alter verstorbenen Vater Tobit bestattet hat, verzieht Tobias von
Ninive nach Ekbatana und hört vor seinem Tode noch vom Untergang
Ninives (Tob 14,12 –15).
17 So EGO, Buch Tobit 899f; EGO, Tobit (Buch) 573f; FITZMYER, Tobit (Commentary) 50 –52;
TOLONI, Tobi 146.
18 Vgl. EGO, Heimat 278 – 280, mit Hinweis auf Tob 3,15; 4,12f (G I); 6,11 – 13; 7,10 – 12.
19 Vgl. ENGEL, Auf zuverlässigen Wegen; EGO, Buch Tobit 890 – 893; EGO, Heimat 271f.
275 – 280.
20 Vgl. zum Forschungsüberblick DENIS u. a., Introduction 1014 – 1016.
62 HERBERT NIEHR
3. 2 Weiterführende Überlegungen
Des Weiteren hält A. R. GEORGE fest: „[. . .] there was certainly a vital
Mesopotamian Aramaic literature, now largely lost.“ 26
Auf diesem Hintergrund ist es dann auch nicht verwunderlich,
dass in den letzten Jahrzehnten immer wieder auf die wichtige Ver-
mittlungsrolle der Aramäer und auch der Phönizier für mesopotami-
sches Wissen nach Westen hin verwiesen wurde. Über die Levante
nach Westen hinaus kam den Aramäern wohl auch eine entscheidende
Rolle bei der Vermittlung der assyrisch-babylonischen Dichtung an
griechische Schriftsteller zu. Im Hinblick auf diesen Prozess haben vor
allem W. BURKERT und A. R. GEORGE einschlägige Einsichten vorge-
bracht.27
Im Rahmen einer Untersuchung zu den Hafenorten Südanatoliens
und Nordsyriens im Zeitraum von 1200 v. Chr. bis 700 v. Chr. hat A.-M.
WITTKE deren entscheidende Rolle für die Kontakte zwischen Orient
und Okzident aufgezeigt. Bis zur assyrischen Vorherrschaft führten
Luwier und Aramäer ihre von Ura bis Tall Sukas reichenden Häfen
38 Der Text bei VAN DIJK, Inschriftenfunde 45; vgl. dazu zuletzt NIEHR, Ahiqar 9f.28.
39 Vgl. dazu STRUGNELL, Problems 204*. ˙
66 HERBERT NIEHR
4. 1 Ahiqar als Verwandter des Tobit und hoher Beamter (Tob 1,21f )
˙
Noch bevor das Tobit-Buch Rang und Stellung des Ahiqar in der Ad-
ministration des neuassyrischen Reiches nennt, wird der ˙ Leser mit der
Beziehung zwischen Tobit und Ahiqar vertraut gemacht: Ahiqar ist der
Sohn seines Bruders Hanael (Tob˙ 1,21) und insofern Tobits˙ Neffe (Tob
1,22).
Hiermit wird ein Gegenszenario zur aramäischen Ahiqar-Erzäh-
lung, wie sie in der alten Welt wohlbekannt war, eröffnet. ˙ War doch
Ahiqar, der selber kinderlos war und der seinem Neffen Nadin seine
˙
eigene Stelle als Amtsnachfolger verschafft hatte, von diesem schmäh-
lich des Hochverrats bezichtigt worden und nur knapp mit dem Leben
davongekommen. Wie anders nun die Grundkonstellation des Tobit-
40 Grundlegend dazu MÜLLER, Lehrerzählung; zur Diskussion der Gattung des Tobit-
Buches vgl. EGO, Buch Tobit 884; EGO, Tobit (Buch) 573; ENGEL, Buch Tobit 285f, und
WEIGL, Macht 217.
41 So etwa die Position bei RUPPERT, Funktion 233 – 237; DESELAERS, Buch Tobit 424 – 540;
RABENAU, Studien 12f. Dagegen zu Recht KÜCHLER, Weisheitstraditionen 367; SCHMITT,
Achikar-Notiz 19f; ENGEL, Buch Tobit 285; FITZMYER, Tobit (Commentary) 44f; WEIGL,
Macht 221f Anm. 24.
Die Gestalt des Ahiqar im Tobit-Buch 67
˙
Buches. Auch hier ist der Onkel, d. h. Tobit, aufgrund seiner Taten in
der Verbannung, aber diesmal ist es der Neffe, Ahiqar, der sich für
˙
seinen Onkel einsetzt, so dass er wieder an seinen Wohnsitz in Ninive
zurückkehren darf. Somit erweist sich im Tobit-Buch der Neffe, der
jetzt Ahiqar ist, als Retter. Nimmt Ahiqar damit die ursprüngliche Rol-
le des ˙Nadin ein, so hat Tobit seinerseits
˙ die Rolle des Onkels über-
nommen, denn er ist Einkäufer am Hofe des Sanherib in Ninive und er
steht in Ansehen beim König, welches sich in der hohen Position des
Tobit spiegelt. Somit ist Tobit in gewisser Weise auch der Vorgänger
des Ahiqar am Königshof.42
Dem˙ Tobit-Buch zufolge hatte Ahiqar eine hohe Stellung am assy-
rischen Königshof unter Asarhaddon˙ inne. Als Titel des Ahiqar begeg-
nen „Obermundschenk“ und „Siegelbewahrer“. Zudem ˙hatte er die
Verwaltung und das Rechnungswesen des Reiches unter sich (Tob
1,21– 22).
Mit der Verwandtschaft zwischen Tobit und Ahiqar ist ein zweites
wichtiges Moment gegeben: Ahiqar, der Sohn des˙ Hanael (Tob 1,21),
ist Jude, der wie Tobit dem Stamme ˙ Naphtali entstammt (vgl. Tob 1,1).
Also ist die prominente Gestalt des weisen Ahiqar in das Judentum
hereingeholt worden. ˙
Dieser Text ist in aramäischer Fassung auch in Qumran belegt
(4Q196 frg. 2).43 Einen detaillierten Vergleich zwischen der aramäischen
Qumran-Fassung und dem LXX-Text des Tobit-Buches hat A. SCHMITT
vor einigen Jahren vorgelegt.44
In diesem Text werden die Titel des Ahiqar mit „Mundschenk“ (rb
˙
šqh), „Herr der Siegelringe“ (rb zqn), Finanzminister (hmrkl) und Wirt-
schaftsminister (šyzpn) benannt. Ahiqar amtiert unter dem König Asar-
herib, dessen Namen man unschwer ˙ als eine Kontraktion aus Asar-
haddon und Sanherib aufschlüsseln kann.45 Des Weiteren erfahren wir,
dass König Asarhaddon (diesmal richtig!) ihn zum zweiten (Mann) bei
sich bestellte, d. h. er machte ihn zum Reichswesir bzw. zum Vize-
regenten. Hierin liegt eine deutliche Parallele zu den Gestalten Josef,
Mordechai und Daniel aus dem Alten Testament vor.46
Nach der G II-Tradition ist die Fürsorge des Ahiqar für seinen
Onkel Tobit auf zwei Jahre beschränkt. Nach diesem˙ Zeitraum geht
Ahiqar in die Elymais. Ohne die Angabe des Zeitraums findet sich der
˙
Weggang des Ahiqar in die Elymais auch in den G I-Manuskripten.
Die Erwähnung˙ des Wegzuges des Ahiqar in die Elymais entzieht
sich bislang einer überzeugenden Erklärung. ˙ 49 Hier seien nur die letz-
ten beiden Positionen vorgestellt. I. KOTTSIEPER sieht im Wegzug das
Motiv des im Ruhestand befindlichen Ahiqar, der laut dem aramäi-
schen Ahiqar drei Tagereisen entfernt von˙ Ninive wohnte.50 M. WEIGL
denkt an˙ das Reisemotiv aus der syrischen Ahiqar-Tradition, da ihr-
zufolge Ahiqar von Mesopotamien nach Ägypten ˙ gezogen war, um
˙
dort einen Auftrag zu erfüllen.51
Es ist allerdings nicht ausgemacht, dass sich die Erwähnung der
Reise des Ahiqar nur unter Zuhilfenahme der Vorlage der Ahiqar-
˙
Tradition erklären lässt. Vielleicht haben wir einfach mit einem˙ dra-
maturgischen Mittel zu rechnen, da von Tob 2,10 bis zum Empfang
Saras im Hause ihres Schwiegervaters (Tob 11,18) Ahiqar nicht mehr
auftritt. Seinen Abgang begründet man elegant mit einer ˙ Reise, die ihn
weit weg von Ninive in ein anderes Reich führt und über deren Zweck
sich der Autor ausschweigt.
49 Vgl. die Positionen bei LINDENBERGER, Ahiqar 489 mit Anm. 62 und 63.
50 Vgl. KOTTSIEPER, Geschichte 322.
51 Vgl. WEIGL, Neffe 224 Anm. 27.
70 HERBERT NIEHR
52 Vgl. auch FITZMYER, Tobit (Commentary) 283: „The reading in G I is probably more
correct, since it rightly calls Nadin oë eÆjadelfoÁw ayÆtoyÄ, i.e. Ahiqar’s nephew.“
53 Die Übersetzung stammt von EGO, Buch Tobit 1003. ˙
Die Gestalt des Ahiqar im Tobit-Buch 71
˙
Mit dieser Zusammenfassung geht das Tobit-Buch ein Stück über den
aramäischen Ahiqar-Papyrus von Elephantine hinaus. Der aramäische
Papyrus bricht ˙nach der Errettung des Ahiqar ab; es fehlt mindestens
eine Kolumne mit der Erzählung der Strafe ˙ an Nadin. Dafür kennen
die späteren syrischen Versionen genau die Motive von Tob 14,10: Der
verfolgte Ahiqar wird in einer Grube unter seinem Haus versteckt.54
˙
Dies entspricht im Tobit-Buch der Wendung „Wurde er nicht lebendig
unter die Erde gebracht?“. Sodann wird in den syrischen Versionen die
tödlich ausgehende Strafe an Nadin berichtet,55 die im Tobit-Buch mit-
tels der „Schlinge des Todes“ überliefert ist. Auch hier haben wir wie-
der einen Hinweis auf eine innersyrische Erzähltradition vom Schick-
sal des Ahiqar, die uns aufgrund des fragmentarischen Charakters des
˙
Elephantine-Papyrus nicht überliefert ist.
Wichtig ist des Weiteren in diesem Kontext der Tun-Ergehen-
Zusammenhang, als dessen Beispiel das Geschick des Ahiqar präsen-
tiert wird.56 ˙
5. Auswertung
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Casting Judith
The Construction of Role Patterns in the Book of Judith
BARBARA SCHMITZ
“Who can despise these people, who have women like this among
them?” (Jdt 10 :19). This is the question the soldiers in the Assyrian
army pose when they meet Judith. They are so overwhelmed by her
appearance that the whole camp is gripped with excitement (Jdt 10 :18).
“And they marveled at her beauty and because of her marveled at the
Israelites” (Jdt 10 :19). They are so fascinated by her beauty that they are
not only astonished (eÆûayÂmazon), but experience Judith’s appearance as
an epiphany (paroysiÂa). Obviously deeply impressed by this “parusia”,
they project the whole people of Israel from her: “Who can despise
these people, who have women like this among them?” (Jdt 10 :19).
The portrayal of Judith’s arrival in the camp of the Assyrians (Jdt
10 :11– 23) is an important scene in the narrative of Judith. The typical
ways of representation and strategies of narration are concentrated
showing the style of the narrative. An important motif is Judith’s
beauty. Her exceeding beauty is stated by the narrator and confirmed
by the characters of the narrative through whose eyes the events are
perceived and communicated to the reader. However, the motif of
beauty is more than an aesthetic judgment as might originate from
Vogue. The way in which Judith is presented, how she is seen and
evaluated and which meanings are connected with these representa-
tions are keys to understanding the narrative.
For this reason the representation of the character Judith in the
narrative will be the focus of this essay. Frequently the intertextual
relations between the character Judith and her biblical models (Miriam,
Jael, Deborah, David, Mose, Judas Maccabaeus etc.) have been demon-
strated.1 However, references between the character Judith and (gen-
der) roles of women in biblical tradition have been neglected thus far.
This analysis will therefore be concerned more with general roles (wife,
Before starting the analysis of the book of Judith, the exegetical tradi-
tion this treatment is based on will first be stated. The object of this
exploration is the Greek text according to the edition of HANHART,4 i. e.
the narrative of Judith in the tradition of the Septuagint. It is presumed
that the present narrative is not a translation of a lost Hebrew original,
2 This question is distinctly different from the actantial model of GREIMAS; see GREI-
MAS, Semantik.
3 The question of focalization follows the theory of MIEKE BAL, who differentiates
between the focalizer and the focalized. Focalizer can be the narrator (narrator-focal-
izer) or individual characters (character-focalizer). If it is a character-bound focaliza-
tion, the focalized object is filtered twice by the narrator and focalizing character. The
focalizing instances can also change within a narrative. For the query of focalization,
three questions are relevant: What is focalized? How and with which attitude is the
object focalized? Who focalizes? BAL, Narratology 142 –161; BAL, Story Telling 75 –108.
4 HANHART (ed.), Iudith.
Casting Judith 79
treatments in biblical tradition are focused on. This is with the aim of
posing general theological questions to which the story of Judith has
narrative answers. The search for role patterns that are actualized and
modified in the narrative stands in this horizon of questioning.
The character Judith enters the narrative very late. The audience has to
be patient for seven chapters before Judith appears for the first time;
almost halfway through the book. With her entry, the whole narrative
is set anew by grammatically and syntactically replicating the first
verse of the book (Jdt 1:1). Jdt 8 :1 is an incomplete sentence and is not
finished until Jdt 8 : 9 (like Jdt 1:1 in 1: 5). The verses in between stand
as if in parenthesis within the started, but only later resumed, sentence.
The inserted sequence provides important information for compre-
hending what follows. While it is information about the political situa-
tion in the first chapter, chapter eight introduces the character Judith.
Through this correspondence, the character Judith is structurally par-
alleled with the political part already in the introduction that initially
only deals with her personal and family history.
For the question of the portrayal of the character Judith, her intro-
duction is of special interest. When looking for role patterns behind the
character it is significant to note in what order information is provided,
because each piece of information is connected to a certain female role.8
First Judith’s family background is described in the form of a geneal-
ogy (Jdt 8 :1) and then her deceased husband Manasseh is introduced
(Jdt 8 : 2). With this form of introduction, the perspective is guided in a
certain way. The character Judith is not first of all presented as ’Judith‘,
but before her introduction she is defined in relation to two male char-
acters: the first role attributed to Judith in the narrative is that of the
“daughter”. The mentioning of her father Merari is followed by a long
genealogy – the longest for a woman in the Bible – that traces her
family back to her ancestor Israel / Jacob. In the next verse (Jdt 8 : 2),
Judith’s second role is specified. Judith is “wife” of Manasseh. With
this role, she is again defined through a man. This short description is
followed by the next. Judith is a “widow” (Jdt 8 : 2 – 3), because Manas-
seh has already died. The circumstances of Manasseh’s death are de-
8 The introduction of Judith (8 :1– 8) can be divided into three parts (8 :1.2 – 3.4 – 8).
Casting Judith 81
scribed remarkably elaborately although they are not important for the
further plot (Jdt 8 : 2 – 3). It seems that first potential questions about
her husband have to be clarified before the narrative can continue with
Judith, because only then does the narrative move on with the descrip-
tion of Judith’s situation.
In the first three verses, the narrator presents Judith in the triple
role structure as daughter, wife and widow. Judith’s introduction in
the narrative thereby begins with exclusively stereotypical role pat-
terns in which she is defined through a man and not introduced indi-
vidually. Interestingly these role patterns are immediately replaced.
Judith’s status as daughter makes way for that as wife, which again is
replaced by her status as a widow. This widowhood, however, is em-
phasized by stressing the duration of her being a widow; for three
years and four months. Thereby the line of development is opened.
How does Judith deal with her status as a widow? Instead of elaborat-
ing on urgent legal or economic aspects connected with the status of a
widow, the narrator describes her personal and religious life and con-
duct. Judith lives in a tent on the roof of her house and “put sackcloth
on her loins, and the garments of her widowhood were upon her” (Jdt
8 : 5). With this description, the reader’s view is directed to her body. In
describing her clothes and her place of living, it is insinuated that
Judith would take on her role as a widow in mourning and assimilate
to this new life. This description of a widow completely devoted to her
religious orientation is continued in the next verse: “And she was wont
to fast all the days of her widowhood, save on the day before the
Sabbath and the Sabbath and the day before the new moon and the day
of the new moon and the feasts and days of joy of the house of Israel”
(Jdt 8 : 6).
Until this point the introduction of Judith completely meets the role
expectations called forth by the mentioned three roles – daughter, wife
and widow. Now the image of Judith is changed unexpectedly with
two more descriptions: First Judith’s beauty is characterized: “She was
beautiful in appearance, and was very lovely to behold” (Jdt 8 : 7).
Thereby the focalized object remains not just Judith’s body as de-
scribed by her clothes, but the orientation towards her body is inten-
sified. From the description of Judith’s appearance and the manner of
her clothing the description moves to the form of her body. The de-
scription of her as beautiful stands in stark contrast to her unattractive
attire which especially emphasizes her beauty. It obviously does not
have to be produced or intensified by clothes or cosmetics.
82 BARBARA SCHMITZ
Only at the end of the introduction does the narrator speak of the
practical circumstances of Judith’s life. Until now, the audience does
not know what she lives on. On the contrary, the emphasis on her
status as a widow and on her pious conduct conveys that Judith is a
poor widow in need of protection. Most biblical references talk about
widows in this role (cf. Exod 22 : 21; Deut 24 :17; 26 :12 etc.). Only now
do the readers learn that Judith is a wealthy woman. In her possession
are property, livestock, male and female servants as well as gold and
silver (Jdt 8 : 7). It is startling at first that this information is given only
here and not in connection with the description of Manasseh’s death,
but it serves to build a certain role expectation, which is then disap-
pointed and modified by new information. Instead of a pious widow in
need of protection, Judith emerges as a privileged woman who has
become wealthy and independent by the death of her husband.9 With
this background, the motif of widowhood looks very different. Judith’s
status as a widow is “a kind of legal liberation for a woman, making
her a legal entity of herself ”.10 “Like the divorcée, the widow is auton-
omous, falling under no man’s jurisdiction. So we expect her to have
power to conduct her personal affairs freely within the limits of the
law”.11 Judith’s widowhood is therefore not referring to social distress,
but to the decision to remain autonomous. Her way of life does not
result from the role of a stereotypical “widow”, but is a personally
chosen life style possible on the basis of her material life circumstances.
Independence and wealth are the presuppositions for Judith’s secluded
life allowing her to pray and to fast without having to work for her
livelihood. “Judith, then, is allowed to remain her ’own person‘, inde-
pendent of husband and children, and her wealth enables this unusual
situation to be sustained”.12
The last description of Judith in the introduction is her “fear of
God” (Jdt 8 : 8). “Fear of God” signifies a comprehensive attitude in life
9 Biblical woman who command property on their own are an exception (cf. Naomi
[Ruth 4 : 3.4], Abigail [1 Sam 25], the woman of Schunem [2 Kgs 8 :1– 6] and the
widow of Zarepta [1 Kgs 17 :17; 2 Kgs 4 : 2]). Cf. in the Greek sphere Tomyris, queen
of the Massagetes (Herodot I 205f; 212,3; 214,1.4); Kratesipolis, the female ruler of
Sikyon (Diodorus S 19, 67,1f ) as well as the literary character Melite (Achilles Tatius
V 11,5f ).
10 ILAN, Women 147. ILAN cites mQidd. 1.1: “A woman acquires her freedom (lit. ac-
quires herself ) in two ways . . . by a bill of divorce and by the death of her husband”.
11 WEGNER, Chattel 138f. Cf. to widows in Hellenistic times also ELDER, Transformation
10 – 31.
12 SAWYER, Dressing up 27.
Casting Judith 83
13 Most translations add a general object even though this is not in the Greek text: The
New Revised Standard Version translates: “Now in those days Judith heard about these
things: she was the daughter of Merari” (the words in Italics are added). The New
Jerusalem Bible translates even more free: “Judith was informed at the time of what
had happened. She was the daughter of Merari”.
14 Jdt 8 :1 kaiÁ hÍkoysen eÆn eÆkeiÂnaiw taiÄw hëmeÂraiw Ioydiû ûygaÂthr Merari yiëoyÄ Vj [. . .] Jdt
8 : 9 kaiÁ hÍkoysen taÁ rëhÂmata toyÄ laoyÄ taÁ ponhraÁ [. . .].
15 Following the definition of MIEKE BAL the ’fabula‘ is the (logical) sequence of events,
whereas the ’story‘ is the way in which these events are presented, BAL, Narratology
6.
84 BARBARA SCHMITZ
with the role patterns the readers are familiar with. Whoever wants to
pray falls down before God as a sign of reverence and adoration. The
second preparation is familiar to the readers, too. Putting ashes on
one’s head is a sign of grief and lament (cf. 2 Sam 13 :19; Job 2 :12; Lam
2 :10) as well as repentance (Isa 58 : 5; Lam 3 :16; Dan 9 : 3). This com-
mon gesture, however, is surprising in this place. Why should Judith
pray here as a penitent or in mourning? In addition, the third prepa-
ration is completely strange. When Judith opens the sackcloth she has
put on her skin, the reader wonders if she is probably naked.16 Most
translations picture Judith showing her sackcloth, but then the scene is
defrauded of its decisive aspect. In the whole of the Ancient Near East,
nudity is a sign of low status including in the Old Testament where it is
qualified negatively (2 Sam 6 :14; Exod 20 : 26). If she is naked, Judith
humbles herself in voluntary nakedness and moves herself into a sit-
uation of no status. And in Jdt 9 :1, the scene of the narrative of Tamar
is taken up to describe Judith’s posture when praying. Tamar tore her
clothes after being raped and put ashes on her head (2 Sam 13 :19). This
scene is taken up in Jdt 9 :1. Therefore, the character Judith behaves like
a raped woman who turns to God in prayer after the violence done to
her. This fits the content of the prayer that follows. Here Judith com-
pares herself to Dinah who was raped as well. In this way, Judith prays
herself into a raped woman through ritual anticipation. This has to be
confusing to the reader – why does she do so? Judith has announced a
plan to save Israel to the elders without disclosing it (Jdt 8 : 32 – 34).
Therefore, neither the elders nor the reader know what Judith plans.
Only afterwards will they be able to understand the significance of the
scene of prayer depicted in 9 :1. In the camp of the Assyrians Judith is
in danger of rape. In light of this risk, she asks God for strength and
power. She specifically asks God in prayer for the strength of Dinah’s
brother Simeon who, with the help of his brothers, killed the rapist of
his sister as well as the fellow countrymen of this man (Gen 34).
With the outer form of her prayer, Judith takes on two roles in
chapter nine: As a praying woman and as a raped woman. As in chap-
ter eight, we find her a movement from things familiar to the readers
and corresponding to their expectations towards the surprising, maybe
even the scandalous. The praying character Judith conforms to the role
expected of a pious widow living withdrawn, but by praying to God
16 The verb gymnoÂv “to be naked” is found in the Septuagint again only in reference to
the naked and exposed Noah (Gen 9 : 21).
86 BARBARA SCHMITZ
naked as a raped woman asking for the strength of the brother aveng-
ing his sister, she breaks this role fundamentally.
The second observation regards the motif of the widow resumed in
Judith’s prayer. In her prayer she emphasizes her status as a widow
twice: “O God, my God, now hear this widow too” and “Give to me, a
widow, the strong hand to do what I plan” (Jdt 9 : 4.9). In the biblical
tradition, God is portrayed as the helper of widows and orphans again
and again (Exod 22 : 21 – 23; Deut 10 :18; Jer 30 : 5 [LXX]; Ps 67 : 6; 145 : 9
[LXX] etc.). Judith’s self-designation in the prayer works to remind
God of his special relationship to the widows in order that he might
help her. Thereby Judith takes on the position of a poor widow in need
of protection, without any rights or power, even though this is every-
thing she is not. She is wealthy, autonomous and independent (Jdt
8 : 4 – 8). As Judith in chapter nine takes on the role as a raped woman –
which she is not – here she speaks before God as a poor widow –
which she is not either.
While in chapter eight there are role ascriptions to the character
Judith by the narrator, the roles in chapter nine are chosen by the
character Judith herself. This shows how the Judith narrative uses dif-
ferent role patterns arising out of different perspectives. So the role
assignment “widow” has a different aim in chapter eight than it has as
self-designation in chapter nine. These different perspectives appear
within the narrative as well, as the reaction of Uzziah to Judith’s
speech shows. In his answer, Uzziah emphasizes that Judith has a true
heart, wisdom and understanding, and that she is a pious woman and
may therefore pray to God for rain (Jdt 8 : 28 – 31). Hence, he sees in
Judith the woman the narrator presented in his introduction (Jdt 8 :1–
8): the pious, withdrawn, God-fearing widow. With this he does not
only underestimate Judith, he also misunderstands her.17 This misjudg-
ment of Uzziah becomes even more obvious when Judith’s radical self-
dramatization as a raped woman follows immediately after his belit-
tling estimation.
18 Jdt 10 : 3 – 4: kaiÁ perieiÂlato toÁn saÂkkon oÊn eÆndedyÂkei kaiÁ eÆjedyÂsato taÁ iëmaÂtia th Äw
xhreyÂsevw ayÆth Ä w kaiÁ perieklyÂsato toÁ sv Ä ma yÏdati kaiÁ eÆxriÂsato myÂrvì paxeiÄ kaiÁ deÂ-
tajen taÁw triÂxaw th Ä w kefalh Ä w ayÆthÄ w kaiÁ eÆpeÂûeto miÂtran eÆp’ ayÆth Ä w kaiÁ eÆnedyÂsato taÁ
iëmaÂtia th
Ä w eyÆfrosyÂnhw ayÆth Ä w eÆn oiÎw eÆstoliÂzeto eÆn taiÄw hëmeÂraiw th Ä w zvhÄ w toyÄ aÆndroÁw
ayÆthÄ w Manassh kaiÁ eÍlaben sandaÂlia eiÆw toyÁw poÂdaw ayÆth Ä w kaiÁ perieÂûeto toyÁw xlidv Ä-
naw kaiÁ taÁ ceÂlia kaiÁ toyÁw daktyliÂoyw kaiÁ taÁ eÆnvÂtia kaiÁ paÂnta toÁn koÂsmon ayÆth Ä w kaiÁ
eÆkallvpiÂsato sfoÂdra eiÆw aÆpaÂthsin oÆfûalmv Ä n aÆndrv Ä n oÏsoi aÃn Íidvsin ayÆthÂn.
19 Isa 3 :18 – 20: eÆn th Äì hëmeÂraì eÆkeiÂnhì kaiÁ aÆfeleiÄ kyÂriow thÁn doÂjan toyÄ iëmatismoyÄ ayÆtv Ä n kaiÁ
toyÁw koÂsmoyw ayÆtv Ä n kaiÁ taÁ eÆmploÂkia kaiÁ toyÁw kosyÂmboyw kaiÁ toyÁw mhniÂskoyw kaiÁ toÁ
kaÂûema kaiÁ toÁn koÂsmon toyÄ prosvÂpoy ayÆtv Ä n kaiÁ thÁn syÂnûesin toyÄ koÂsmoy th Ä w doÂjhw
kaiÁ toyÁw klidv Ä naw kaiÁ taÁ ceÂlia kaiÁ toÁ eÆmploÂkion kaiÁ taÁ perideÂjia kaiÁ toyÁw dakty-
liÂoyw kaiÁ taÁ eÆnvÂtia.
20 Cf. RAKEL, Judit 278 – 282.
88 BARBARA SCHMITZ
knows all the better the role she now takes on and she knows how to
appear in it. The aim of her change of role is clearly stated: “to beguile
the eye of any man who saw her” (Jdt 10 : 4; another translation: “to
entice the eyes of all the men who might see her”).
The Greek semantic field aÆpaÂtav signifies “cheat, trick, outwit, be-
guile, deceit”.21 Judith herself has said earlier in her prayer to God that
she aims to deceive and seduce (Jdt 9 :10.13), yet referring not to her
body, but to her words. Only after she has accomplished her goal she
reiterates the connection between her body and the deceit (Jdt 13 :16;
16 :10) – again in prayer. In the whole narrative the semantic field of
aÆpaÂtav oscillates between “seducing” and “deceiving” and thereby
corresponds to Judith’s change of roles in Jdt 10 : 3 – 4. Judith disguises
herself as a seductress in order to seduce and deceive with this role.
This means that Judith is beautiful, but not identical to the role of the
“beautiful, seducing and dangerous woman”. She reckons with a cer-
tain way in which men will see her. She anticipates the reaction of the
men and develops a strategy to face the reason for their gaze. As Judith
chose the role of the raped woman, she now chooses that of the beau-
tiful and seductive dangerous woman.
In her new role, Judith leaves her house and already has striking suc-
cess in her hometown Bethulia (Jdt 10 : 6 – 10). The elders, with whom
Judith has spoken as a withdrawn widow are astonished at her change,
“When they saw Judith, her face so changed and her clothes so differ-
ent, they were lost in admiration of her beauty” (Jdt 10 : 7). Through
the eyes of these men, the readers see Judith anew and can discover her
in her new role. Thereby it becomes clear that in the moment Judith
leaves her house, the perspective of her changes. As before the focal-
ized object is Judith’s body, but now the audience perceives Judith
through the eyes of the men surrounding her. This change of focaliza-
tion is important for the perception of Judith’s roles. While the readers
first become witnesses of Judith’s personally chosen change of roles,
they now see Judith and her body through the eyes of strange men.
With the men of Bethulia the readers watch as Judith and her ser-
vant maid go to the camp of the Assyrians: “while the men of the town
watched her all the way down the mountain and across the valley,
until they lost sight of her” (Jdt 10 :10). The way to Holofernes is nar-
rated in three stages. On the way, Judith and her maid are seized by
soldiers and taken to the camp until they reach Holofernes’ tent (Jdt
10 :11– 23). At each stage it is described how men see Judith and are
amazed at her beauty (Jdt 10 : 7.14.19.23; cf. 11: 8.20).
By leaving her hometown and entering the camp of the Assyrians
the context for the role as a beautiful woman that Judith has taken on
changes fundamentally. While in Bethulia Judith is a well-respected
woman of the upper class, she becomes an endangered woman the
moment she enters the camp. There she is facing the real danger of
rape. Endangered and as a stranger, she is without any rights or pro-
tection. She faces this risk with her role as a beautiful woman who
wants to be desired by men and thereby hopes to get access to Holo-
fernes. This is exactly the strategy of her aÆpaÂthsiw in both its connota-
tions. She tries to seduce and deceive the men.
Here, the differences between lying and deception should be ex-
plained:
“Lying is the intentional prevarication of facts through the manipulation of
language. Deception is the intentional production of (a) misleading mes-
sage(s) – through linguistic or other means – or the intentional concealment
of required information. [. . .] To deceive is to signify something to which
no real state of things corresponds”.22
With this strategy, Judith speaks to Holofernes. She does not lie, but
phrases her concerns in a way that Holofernes has to understand them
as misleading messages. She masks the truth of her words with inten-
tional double meanings.
In this respect, Judith’s behavior can be interpreted as trickery.
“[T]rickery is used by a person in a position of social disadvantage in
order to influence the course of events. [. . .] each of the stories is not
without a comical side to it”.23 Trickster-narratives thereby belong to
underdog-situations:
“[W]hen individuals lack authority – whether it be political, economic,
religious, or domestic authority – they resort to strategies which allow
them to achieve their goals and gain compliance with their wishes. I under-
24 STEINBERG, Tricksters 6.
25 ASHLEY, Deception 113.
26 Exceptions can only be found in her prayer in chapter 16, which do not count insofar
as in this prayer the events are reviewed and interpreted in retrospection.
Casting Judith 91
The last five verses of the book of Judith (Jdt 16 : 21– 25) narrate
how Judith returns to the original lifestyle she has chosen, thereby
returning to herself. It is significant that her wealth is mentioned first
of all (Jdt 16 : 21). It is the material basis for her life in autonomy.
Accordingly, it is told secondly that she turns down any proposal of
marriage. This is how she can maintain her freedom (Jdt 16 : 23).
7. Conclusion
The construction of roles of the character Judith is complex. Based on
the circumstances of her life, Judith is wealthy, beautiful, has a large
estate (Jdt 8 : 7), and belongs to the leading class in Bethulia. Thereby
she fulfills the outer criteria of the female against which Jesus Sirach
warns so emphatically, “Do not be taken in by a woman’s beauty,
never lose your head over a woman. Bad temper, insolence and shame
hold sway where the wife supports the husband” (Sir 25 : 21– 22).
While in her hometown she actually belongs to the high society, she
renounces voluntarily a life of wealth, luxury and paraded beauty.
Thus, the difference between Judith and the type of woman warned of
in Jesus Sirach is marked. Judith instead chooses a simple lifestyle but
maintains enough influence to be able to call the leading men of town
into her house, to dispute with them about their behavior, and criticize
them in a fundamental way, theologically and politically.
In view of her plan, Judith humbles herself even before God like a
raped woman. However, her role in the camp of the Assyrians is quite
the opposite. Here Judith is a woman and stranger without protection
who has no rights and depends on the will of the men surrounding
her. There she is in an underdog-situation, in which she shows herself
as a beautiful woman. The woman belonging to the upper class in
Israel becomes the endangered woman at the edge in the camp of the
Assyrians. To face this risk, she masks herself as a beautiful woman,
thereby becoming a dangerous woman. This change of roles is the
reason why Judith, while in the camp of the Assyrians, fits the model
of the ’strange woman‘ known in biblical literature. Judith can carry
out this change of roles only because she is a beautiful woman. How-
ever, her beauty is understood as a sign and expression of her fear of
God. Thereby Judith proves to be the dangerous-endangered savior of
Israel not based on her beauty, but based on her fear of God. She is
indeed what she claims to be before Holofernes: ûeosebhÂw – god-fearing
(Jdt 11:16)!
92 BARBARA SCHMITZ
beyond these traditional roles which she has used to her advantage. A
woman who is wealthy and beautiful is not necessarily a dangerous
and strange woman. Such a woman, however, can accomplish a great
mission using the possibilities she has. It is the wealthy, beautiful and
educated Judith who saves all of Israel. Indeed the book of Judith
contributes to overcoming restrictive role ascriptions to women in Hel-
lenistic time.
The question of the soldiers “Who can despise these people, who
have women like this among them?” (Jdt 10 :19) is not answered ex-
plicitly in the narrative, but passed to the readers. Their answer might
be as clear as the last sentence of the narrative: “No one ever again
spread terror among the Israelites during the lifetime of Judith, or for a
long time after her death” (Jdt 16 : 25).
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Mirjam, Debora und Judit –
eine Prophetinnentradition?
RENATE EGGER-WENZEL
1. Vorbemerkungen
1 Vgl. zu profhÄtiw im Neuen Testament Lk 2,36: Hanna; Offb 2,20: falsche Prophetin Isebel.
2 Die zusätzliche Bezeichnung der Zeilen (= Z.) mit Kleinbuchstaben geschieht, um Sätze
abzugrenzen.
3 So betätigt sich Hulda in 2 Kön 22,16 – 20 // 2 Chr 34,23 – 28 als Unheilsprophetin,
indem sie Jerusalem das Gericht, dem bußfertigen König Joschija aber die Vergebung
Gottes ankündigt. Weiters ist mit Neh 6,14 Noadja als falsche Prophetin (profhÂthw
s,m!; vgl. Ez 13,17ff ) zu nennen, die nicht in einem positiven Kontext einer Rettungs-
tat steht und Gott einen Lobpreis singen will, sondern Nehemia in Angst und Schre-
cken zu versetzen sucht. Die Frau des Propheten Jesaja wird in Jes 8,3 zum Zwecke
einer zeichenhaften Kindszeugung erwähnt, wobei der Name des zu gebärenden
Kindes auf das anstehende Gerichtshandeln Gottes verweist. In Joël 3,1 wird durch
das Verb abn / profhteyÂv lediglich erwähnt, dass nach der Geistausgießung Söhne
und Töchter die Gabe der Prophetie erhalten werden.
96 RENATE EGGER-WENZEL
Ç
– Lobpreis Gottes (z. B. 4Q365 hëtëa ludg; Jdt 16,13 kyÂrie meÂgaw eiË ) für
das Rettungshandeln aus vorheriger Bedrohung des Volkes Israel
durch Feinde.
Damit bleibt zu klären, warum Judit in diesen prophetischen Kreis
aufgenommen wurde, denn sie wird ja nicht als profhÄtiw bezeichnet.
Ihr Leben wird ab Kapitel 8 beschrieben. Sie erwähnt im Gespräch mit
Holofernes innerhalb einer doppeldeutigen Rede, dass sie proÂgnvsiw,
also „vorausschauende Erkenntnis“, besitzt (Jdt 11,19), die ihr Einblick
darüber verleiht, wann die Bewohner Betulias sündigen und damit
Holofernes Tür und Tor öffnen. Judits gewaltsame Rettungstat ist mit
der von Debora / Jaël vergleichbar, und alle drei Frauen – Mirjam, De-
bora und Judit – haben nach der offenbar gewordenen Beseitigung des
Feindes einen Lobpreis auf Gott gesungen (Ex 15,20f; Ri 5; Jdt 16,1 –17).
Jede dieser drei Frauen wird als eine große Autoritätsfigur für das
Volk Israel (Num 12,15; Ri 4,4; 5,7; Jdt 16,21.25) beschrieben, die jeweils
Leitungsfunktion innehatte (Mi 6,4; Ri 4 – 5; Jdt 8,11 – 36). Näheres
dazu im Folgenden.
4 Num 26,59: Die Frau Amrams hieß Jochebed; sie war die Tochter Levis, die dem Levi noch in
Ägypten geboren wurde. Sie gebar dem Amram Aaron und Mose sowie deren Schwester
Mirjam (kursiv gestellte Bibeltexte sind der Einheitsübersetzung entnommen).
Mirjam, Debora und Judit – eine Prophetinnentradition? 97
2. 1 Mirjams Autorität
2. 2 Die Textbasis
5 Dieses Material über Mirjam ist im Vergleich mit dem über Mose und Aaron relativ
gering, im Verhältnis aber zu anderen biblischen Prophetinnen wiederum umfang-
reich. Bisher hat in der Forschungsgeschichte Mirjam, von einigen Ausnahmen abge-
sehen, wenig Aufmerksamkeit erfahren; vgl. BURNS, Lord; BRENNER (Hg.), Compan-
ion; RAPP, Mirjam.
6 Vgl. PARRY / TOV (Hg.), Reader III, 277 – 279.
7 Vgl. RAPP, Mirjam 327– 361, zu dieser Thematik.
8 Vgl. NOTH, Exodus 96f: „Seine Kürze spricht für einen sehr frühen Ursprung; und
man kann mit der Möglichkeit rechnen, daß wir in ihm die älteste uns im Alten
Testament erhaltene Formulierung der Aussage vom Gotteswunder am Meer vor uns
haben, zumal ohnehin anzunehmen ist, daß das Thema von der ,Herausführung aus
Ägypten‘ ebenso wie die anderen Pentateuchthemen zuerst im gottesdienstlichen
Lobpreis ausgesprochen und im Rahmen gottesdienstlicher Gelegenheiten immer
wiederholt worden ist“; siehe auch die weitere Diskussion bei JANZEN, Song; VAN
DIJK-HEMMES, Views.
98 RENATE EGGER-WENZEL
9 V. 19 wird von JANZEN, Song 188, als „present introduction“ gesehen. Der Prosatext
schließt sich nahtlos an Ex 14,29 an (vgl. FISCHER, Gotteskünderinnen 65). Ç
10 Auffällig ist häufige Plene-Schreibung in 4Q365: Z. 6a ñurha; Z. 6b . . . l[uk ]hnict[uÅ
tuluxmbu Õiput]b.
11 Die Texte folgen PARRY / TOV (Hg.), Reader III, Ç 276ff, wobei die mit aë versehenen
Konsonanten als „possible letter“ und die mit a markierten Buchstaben als „probable
letter“ bezeichnet werden (xviii).
12 Die figura etymologica verstärkt die Aussage.
Mirjam, Debora und Judit – eine Prophetinnentradition? 99
Mirjam ist hier die Erste, die einen Gesang anstimmt. Sie feiert
Gottes Sieg über Sklaverei und Tod. Ihr Lied interpretiert die Erfah-
rungen des Auszugs für das Volk als Gottes Geschenk neuen Lebens
und offenbart Gottes Macht, die für das Volk eingesetzt wird (Ex 15,2 –
10). Einziges menschliches Zutun bei diesem Sieg über die Ägypter ist
der Gehorsam der Israeliten, welche die Flucht wagen. Insofern zieht
Mirjam keinem menschlichen Sieger über irgendwelche Feinde entge-
gen, sondern schreitet den Israeliten im Lobpreis Gottes voran, was ja
durch ihre Mit-Leitungsfunktion (Mi 6,4) und Aufgabe als Prophetin 18
begründet ist.
feiert; 1 Sam 18,6f: Frauen gehen David, der die Philister besiegt hat, musizierend,
singend und tanzend entgegen; nach Jdt 15,12 – 16,2 führt Judit die Feierlichkeiten
nach der Niederlage der Assyrer an: Frauen tanzen, Männer singen Lobgesänge).
Doch beruht der Sieg im „heiligen Krieg“ auf einer Gabe Gottes, nicht auf mensch-
licher Stärke (siehe Ri 7,1– 7; Ps 20,8). – Nicht nur Frauen tanzen bei kultischen
Anlässen, sondern auch Männer. Bei der Heimführung der Lade nach Jerusalem
tanzt z. B. David im leinenen Efod vor der Lade her (2 Sam 6,14 –16), was ihm die
Verachtung seiner Frau Michal einbringt.
18 Doch urteilt BURNS, Lord 47: Mirjams „prophetess is an anachronism“ mit der Be-
gründung „that these later writers did not have access to a complete account of
Miriam’s role in the community. [. . .] Since prophetesses appear to have been com-
mon in Israelite circles, the prophetic designation would have been readily available“
(48).
19 Vgl. Ex 15,1.21; (Ri 5,3); 1 Chr 16,23; 25,7; 2 Chr 20,21; Ps 7,1; 13,6; (27,6); 96,1f; 98,1;
101,1; 104,33; 149,1; Jes 42,10 (Freudenlied über die Rückkehr der in Babel Exilierten);
Jer 20,13 (5. Konfession des Jeremia).
20 So hinterfragt BUTTING, Prophetinnen 43, warum Mirjams Bezeichnung als Prophetin
oft auf Unverständnis stößt und ihr Lobpreis in Spiel und Tanz nicht als „propheti-
scher Dienst verstanden werden kann“; vgl. oben BURNS, Lord 47f.
Mirjam, Debora und Judit – eine Prophetinnentradition? 101
2. 6 Das Lied der Mirjam nach 4Q365 f6a col. ii und 6c Add.
21 Vgl. Ex 14,9.23; 15,1.19.21; Dtn 11,4; 20,1; Ps 20,8; 76,7; Jes 30,16; 31,1; 43,16f.
22 Vgl. SEGAL, Bible 15.
102 RENATE EGGER-WENZEL
23 Vgl. Ex 15,20; Ri 11,34; 1 Sam 18,6; 2 Sam 6,5; 1 Chr 13,8; Ps 149,3; 150,4.
24 Vgl. 1 Sam 18,6; 2 Sam 6,5; 1 Chr 13,8; 15,16.19.28; 16,5.42; 25,1.6; 2 Chr 5,12f; 29,25;
Esra 3,10; Jdt 16,1; 1 Makk 4,54; 13,51; Ps 150,5 in überwiegend kultischen Kontexten.
25 Vgl. Ex 14,23; 15,1.19.21; Dtn 20,1; Jdt 2,5; 9,7; Hag 2,22; Jer 28,21.
Mirjam, Debora und Judit – eine Prophetinnentradition? 103
Jdt 16,13 setzt ein, indem Judit ein neues Lied (yÏmnon kainoÂn; vgl. Jes
42,10; PsSal 3,1) singen will, welches mit den Worten kyÂrie meÂgaw eiË
beginnt.
Die beiden anderen Belege von meÂgaw eiË sind in den griechischen Zu-
sätzen zum Buch Daniel zu finden. Zunächst bezeichnet der König der
Babylonier den heimischen Gott Bel in 14,18 mit diesen Worten. Aber
er sitzt einem Betrug der Priesterschaft des Bel auf, die über Nacht mit
ihren Familien die Speiseopfer verzehrt. Vordergründig sieht es so aus,
als ob die Gottheit Bel des Nachts Nahrung zu sich nimmt. Nachdem
Daniel wiederholt die Götzen der Babylonier bloßgestellt hat und sich
der Volkszorn nun gegen ihn und den König richtet, soll Daniel in der
Löwengrube umkommen. Der Gott Daniels erweist sich aber als Retter,
sodass dieser überlebt. Das veranlasst den babylonischen König zu
dem Bekenntnis: meÂgaw eiË kyÂrie oë ûeoÁw toyÄ Danihl kaiÁ oyÆk eÍstin plhÁn soyÄ
aÍllow. Die Macht und Einzigkeit von Daniels Gott ist für den König
nach dem siebentägigen Aufenthalt in Çder Löwengrube offensichtlich.
In 4Q365 ist allerdings nachÇ hëtëa ludg ein weiteres Wort als Anrede,
nämlich aiwum, vermutlich yiwÅ Ïu
Ç m / „Retter“, erhalten. Danach bricht der
Text ab. Als Retter werden unterschiedliche Subjekte angesprochen,
einerseits von Gott berufene Menschen, die aus Notsituationen heraus-
führen 30 und Gott selbst. In vorliegendem Kontext dürfte Gott gemeint
sein. – So klagt Samuel in 1 Sam 10,19 darüber, dass das Volk Gott als
Retter aus allen Nöten verworfen hat, weil es einen König einsetzen
will. In Ps 7,11; 17,7 wird Gott als Retter thematisiert, der geradlinigen
Menschen gegen Feinde hilft (vgl. Ps 18,42). Mit Jes 43,11 bezeichnet
sichÇ Gott selbst sogar als einzigen Retter (idÅyÄlÂBÅmÇ ñiaÈu huÄhi ikÇÊa
Çn Ä ikÇÊa
nÄ
yiw
Å Ïu
Ç m) für sein Volk (vgl. Jes 45,15; Sach 8,7). Damit ist yiw Å Ïu
Ç m eine
durchaus übliche Bezeichnung Gottes im Kontext von Bedrängnis durch
Feinde.
Die Wendung 31 hnuw tuqt hëdëba („Die Hoffnung des Feindes ist ver-
loren gegangen“) in Z. 4a thematisiert nun den Feind Ägypten, der die
Israeliten nicht ziehen lassen wollte und sie schließlich mit schwerem
Kriegsgerät verfolgt hat. Jedoch wurde den Feinden durch das Ret-
tungshandeln Gottes ein Strich durch die Rechnung gemacht. Ihre
Hoffnung, die billigen Arbeitskräfte zurückzuholen (Ex 14,5), hat sich
Ç
30 Zu yiw
Å Ïu
Ç m: menschliche Helfer / Mitmenschen sind in Not nicht zugegen, so in Dtn
22,27; 28,29.31 (Gesetzeskontext); von Gott gesandte Richtergestalten in Ri 3,9: Otniël.
15: Ehud; 6,36: Gideon; nach 12,3 benötigt der Richter Jiftach Hilfe im Kampf, welche
ihm aber verweigert wird; nach 2 Kön 13,5 braucht das Nordreich Hilfe gegen den
König von Aram, und Gott sendet Joahas; nach 1 Sam 11,3 wollen sich die Ältesten
von Jabesch nach einem Retter umsehen; besonders zu erwähnen ist noch Jes 19,20,
wo Gott das Gericht über Ägypten ankündigt und verspricht, einen Retter zu schi-
cken; vgl. (ywÏi, H-Stamm, Partizip Singular maskulin) in 4Q365 8, 3; 4Q385a 5, 9;
4Q387 3, 11; 4Q389 9, 3; 11Q19 58, 8; 65, 8 [= YADIN (Hg.), Temple Scroll pl. 78 und
80]. Ç
31 Vermutlich ist anÈuwÊ gemeint.
Mirjam, Debora und Judit – eine Prophetinnentradition? 105
zerschlagen. Ein weiterer Beleg für die Phrase findet sich noch in
4Q418 f198 Z. 3., wobei dieses Fragment nur als „Sapiental Instruc-
tions“ 32 mit Z. 2 ([ . . ]hbu uiwym / „seine Taten“) ohne ersichtlichen Kon-
text bestimmt werden kann. Darüber hinaus trifft man auf die Kom-
bination huÄ qT Â Ç + dba noch in Spr 11,7, wo beim Tod des Frevlers auch
dessen Hoffnung zunichte wird. Ez 19,5 mit analoger Wortwahl han-
delt vermutlich davon, dass mit dem Schicksal des Joahas und Jojachin
die Hoffnung des Königshauses zugrunde geht. In Ez 37,11 sprechen
metaphorisch die Gebeine der Exulanten, Ç deren Hoffnung verloren ist.
Z. 4b bietet nur das Wort [ . . xk]wnu (Konjunktion + N-Stamm Par-
tizip Singular maskulin) / „und ein Vergessener“, welches zudem Un-
sicherheiten in der Überlieferung aufweist. Geht man vom Konsonan-
tenbestand aus, findet man das identische Wort nur mehr in Gen 41,30
(wörtlich): „und ein vergessener [war] der ganze Überfluss im Land
Ägypten“. Durch den Ägypten-Bezug könnte hier eine Anspielung
vorliegen, wobei der Genesistext allerdings die sieben Jahre der Hun-
gersnot meint, die jeden vorherigen, durch Josef angehäuften wirt-
schaftlichen Reichtum vergessen macht. Ç
Der Text von Z. 5a mit [ . . ]hënëuëw Õirida Õimb udba („Sie [vermutlich
die Israeliten] sind umhergeirrt an den gewaltigen Wassern des Feindes
. . .“) bietet wiederum eine wörtlich Ç identische Phrase zu Ex 15,10c,
dem Mose-Lied: ÕirÇiDÇaÅ ÕiÇmÅBÂ trÃpÃuyKÅ UllÎcÄ („Sie [die Ägypter] sind ver-
sunken wie Blei in den gewaltigen Wassern“), wobei hier auch das Lied
der Debora und Baraks ins Spiel kommt. Beide Worte – wenn auch
nicht im direkten Zusammenhang – stehen in Ri 5,25: Sisera, der nach
seiner Niederlage in Jaëls Zelt geflohen war, hatte von ihr Wasser (ÕiÇmÅ)
verlangt, aber stattdessen in einer prächtigen (ÕirÇiDÇaÅ) Schale Sahne
erhalten, d. h. Wasser kann gefährlich sein.
Z. 6 fährt fort mit einem wiederum lückenhaften Text, Ç von dem am
Beginn (a) zwei Worte erkennbar sind: ]mmurml hnmmuru („Erhebt euch
[Plural feminin] für das Preisen!“). Damit sind eindeutig Frauen ange-
sprochen, welche Mirjam, die Sprecherin dieser Passage, zum Lobpreis
auffordert. Eine vergleichbare Wortwahl ist in Ex 15,2c belegt: ihÈ´laË
UhnÂmÃmÂr
ÊaÎuÅ ibÇaÄ („den Gott meines Vaters, und ich will ihn erheben“).
Sprecher ist hier Mose. Der Sinn der Aufforderung ist in beiden Fällen
derselbe, nur die Subjekte wechseln. Gott soll im Lob eine Ehrenposi-
tion erhalten.
Summe: Der Text von 4Q365 ist um zwei Drittel länger als der maso-
retische. Es werden – soweit Kontexte erkennbar sind – wörtliche An-
spielungen auf innerbiblische Passagen geboten, die zum Teil die
Ägypten-Thematik aufnehmen. Es wird ein Lobpreis auf Gottes Größe,
seine Einzigartigkeit und sein Rettungshandeln in einer kriegerischen
Auseinandersetzung angestimmt. Kultische Bezüge sind gegeben.
3. Debora (Ri 4 – 5)
Geht man bei der Darstellung der Debora von den eingangs gewählten
Kriterien aus, ist darauf zu verweisen, dass sie unter Rückbezug auf
ein männliches Familienmitglied vorgestellt wird: Ri 4,4 nennt zu-
nächst den Eigennamen Debora. Im Anschluss hält es der Autor –
interessanterweise – für wichtig zu betonen, dass sie eine Frau ist. Da-
nach wird ihre Profession als Prophetin 34 erwähnt. Erst danach folgt
die Zuordnung zu ihrem Ehemann Lapidot.Ç Schließlich wird ihr Rich- Ç
teramt für Israel angeführt (-taà hjÄpÂw
Ê aihÇ tudiPÇlÅ tw
Ï ÏÃaÈ haÄibÇn hW
ÏÄaÇ hrÄubdÂU
laÈrÄw
Êi
Â Ç ). Auch ihr Amtssitz zwischen Rama und Bet-El findet Erwäh-
nung (4,5).
33 Da allerdings tudë[p einige Unsicherheiten aufweist, könnte hier auch eine Anspie-
lung auf Ps 78,5 vorliegen, wonach Ç Gott sein Gesetz / Verordnung aufgestellt sowie
seine Weisung gesetzt hat (ÕwÊÄ hrÄutu bq
ÊyÎiÅBÂ tUdyÈ Õ qI
Ã Ä uÅ) und den Vätern geboten wurde,
die Kinder zu unterweisen. Somit wäre über 4Q365 für Mirjam sehr wohl Tora-Bezug
möglich. – Diesen Hinweis verdanke ich Markus Witte, wobei anzumerken ist, dass
sich Ps 78 rein auf „Väter“ bezieht.
34 GÖRG, Richter 27, wertet Prophetin als „dtr Zusatz“.
Mirjam, Debora und Judit – eine Prophetinnentradition? 107
Ri 5,1 nennt nach dem Sieg über Ç die Kanaanäer in erster Linie Debora
als Sängerin eines Liedes (hrÄubDÂ rw ÏÅTÄuÅ; Narrativ Grundstamm, Präfix-
konjugation 3. Person Singular feminin), dem sich Barak anschließt.
V. 3 nimmt die Thematik nochmals auf und präzisiert: „Ich, für JHWH,
ich, ich will singen, ich musiziere für JHWH, den Gott Israels“ (ikÇÊa nÄ
laÈrÄw
ÏÂiÇ ihÈ´laË huÄhilÅ rMÈzÅaÎ hrÄiw
ÏÇaÄ ikÇÊa
n Ä huÄhilÅ). Vergleicht man den Text mit
dem Mirjam-Lied, so sind die Subjekte unterschiedlich. Mirjam hatte in
15,21b den Israeliten befohlen, für JHWH zu singen (huÄhilÅ Uriw ÏÇ), hier
fordert sich Debora unter Betonung ihrer eigenen Person selbst auf zu
singen.
In Ri 5,11 wird weiters berichtet, dass das Volk die Gerechtigkeit
JHWHs besingt (hnt II). Sodann wird Debora in V. 12 vom Volk aufge-
fordert, ein Lied zu singen (riw ÏÇ-irÇBÂDÅ), wird also als Vorsängerin ange-
sehen.
3. 3. 2 Wasser
Wasser drängt sich für den Vergleich als weitere Thematik auf. Wäh-
rend des Exodus der Mose-Schar spielt das Wasser in unterschiedlicher
Hinsicht eine Rolle. Einerseits fehlt es bei der Wanderung durch die
Wüste (Ex 15,22d // 4Q365 6a col. ii und 6c Add. Z. 8c) oder es ist wie
in Mara nicht genießbar (Ex 15,23b.c // 4Q365 6a col. ii und 6c Add.
Z. 9b.c). Der Wassermangel ist Anlass, sich gegen Mose aufzulehnen
(Ex 15,24a.b // 4Q365 6a col. ii und 6c Add. Z. 10a.b). Andererseits ist
das Wasser eine Schöpfungsgegebenheit, die Gott für die Israeliten bei
der Durchquerung des Meeresbodens bändigt, indem er es zu Wänden
aufstaut (Ex 15,19c; 14,22b.29b // 4Q365 f6f Z. 4b.5a). Damit wird der
Mose-Schar eine Fluchtmöglichkeit geschaffen. Die Streitmacht des
Pharao aber macht eine gegensätzliche Erfahrung. Über ihnen bricht
das aufgestaute Wasser zusammen (Ex 15,19b.21d // 4Q365 f6f Z. 3c/
4a) und schützt so die Israeliten vor den Feinden. In Ex 15,10c wird
zudem konstatiert, dass die Ägypter wie Blei in den gewaltigen Was-
sern versunken sind. Erwähnt sei, dass nach 4Q365 6a col. ii und 6c
Add. Z. 5a die Israeliten vor den gewaltigen Wassern umherirrten,
bevor sie den Fluchtweg fanden.
Für Debora hat Wasser ebenfalls unterschiedliche Funktionen: Gott
wird zugunsten der Israeliten tätig, als er nach Ri 5,4 Wasser aus den
Wolken fließen lässt, um die Streitwagen Siseras am Weiterkommen zu
hindern. Für die Truppen des Barak ergibt sich so ein militärischer
Vorteil (5,21f; vgl. 4,15). Demgegenüber verlangt nach Ri 4,19 der flüch-
tige Sisera von Jaël Trinkwasser (vgl. 5,25).
Auch im Buch Judit spielt Wasser eine bedeutsame Rolle. Nachdem
Betulia von den Truppen des Holofernes eingeschlossen ist, sind die
Einwohner von der Wasserversorgung abgeschnitten und leiden Durst
(Jdt 7,19 – 22). In ihrer Verzweiflung lassen sich die Verantwortlichen
der Stadt dazu drängen, Gott ein fünftägiges Ultimatum zu stellen
(7,30 – 32). Andererseits bereitet sich Judit in 10,3 auf ihre Begegnung
mit Holofernes vor, indem sie sich mit Wasser wäscht, um dann par-
fümiert und in Festkleider gehüllt ins feindliche Lager zu gehen. Auch
dort bewahrt sie sich durch ihr nächtliches Bad ihre Reinheit und be-
reitet bei dieser Gelegenheit ihre Flucht vor (12,7).
110 RENATE EGGER-WENZEL
3. 3. 3 Der Sieg über die Feinde durch die „Hand einer Frau“
Dieses Thema kommt bei Mirjam nicht vor. Im Richter- und Judit-Buch
jedoch wird der militärische Sieg durch weibliche Hände errungen.
Insbesondere im Judit-Buch erweist sich die Rettungstat durch die
Frau Judit als Leitmotiv.40
Debora ist die führende Richtergestalt im Kampf gegen den Ka-
naanäerkönig Jabin samt seinem Feldherrn Sisera. Die besondere Rolle
Deboras wird aus folgender Begebenheit ersichtlich. Der Feldherr Ba-
rak weigert sich, allein ohne die Prophetin in den Kampf zu ziehen. Da
betont Debora, dass, wenn sie sich den Soldaten anschließt, Gott den
Sieg in die Hand einer Frau legen werde (-taà huÄhi rK ÊmÂiÇ hW ÏÄaÇ-diÅb iKÇ
arÄsÂisÇ / eÆn xeiriÁ gynaikoÂw; Ri 4,9). Den Schlusspunkt setzt dann eine Mit-
streiterin Deboras. Jaël, die Frau Hebers, dessen Familie eigentlich mit
König Jabin in Frieden lebte, tötet den gegnerischen Feldherrn Sisera
im Schlaf, indem sie einen Hammer in ihre Hand (HdÄiÄB tbà QM à ŠhÅ-taà / thÁn
sfyÄran eÆn th Ä w) nimmt und dem Mann einen Zeltpflock durch
Äì xeiriÁ ayÆth
die Schläfe treibt (4,21). Mit kleinen Varianten beschreibt diesen Vor-
gang auch Deboras Lied in 5,26. Hier streckt Jaël ihre Hand nach dem
Pflock aus und ihre Rechte nach dem Hammer (HnÄimÇiuÇ hnÄxÂlÅw ÏÂTÇ dtÈIÄlÅ HdÅiÄ
ÕilÇmÈyÎ tUmlÂhÅl / xeiÄra ayÆthÄw aÆristeraÁn eiÆw paÂssalon eÆjeÂteinen kaiÁ dejiaÁn
ayÆthÄ w eiÆw sfyÄran kopivÂntvn), um Siseras Schläfe zu durchbohren.
Sowohl im Prosatext als auch im Lied der Debora hat Sisera vorher
Milch (4,19) bzw. Sahne (5,25) getrunken. Warme Milch mit Honig gilt
aufgrund des Wirkstoffes L-Tryptophan auch heute noch als Ein-
schlafhilfe für Kinder.
Ebenso nimmt Holofernes im Judit-Buch Flüssigkeit, sprich Un-
mengen von Wein (eÍpien oiËnon polyÁn sfoÂdra oÏson oyÆk eÍpien pvÂpote eÆn
hëmeÂraì mia Äì aÆf’ oyÎ eÆgennhÂûh; Jdt 12,20) zu sich, der ihn außer Gefecht
setzt. Damit kann Judit den Plan Gottes ausführen und „Hand anle-
gen“, wie sie es bei ihrem Gespräch mit den Ältesten der Stadt in 8,33
angekündigt hatte: eÆpiskeÂcetai kyÂriow toÁn Israhl eÆn xeiri moy. Auch in
ihrem Gebet spricht Judit diese Thematik an und bittet Gott um ge-
nügend Kraft für ihre Hand, um die geplante Tat auszuführen: doÁw eÆn
40 Vgl. DUBARLE, Judith 142f; OTZEN, Tobit 103, der auch Zusammenhänge mit dem
Exodusbuch sieht und sich dabei auf SKEHAN, Hand, bezieht: „Exodus 1 – 15. Just as
God uses Moses’ hand, when Israel is delivered, so he uses Judith’s hand to free his
people. Both Moses and Judith are in post-exilic times seen as oustanding examples
of Jewish piety and as the elect ones used by God as his instruments“; weiters RAKEL,
Judit 118 –124.
Mirjam, Debora und Judit – eine Prophetinnentradition? 111
xeiri moy thÄ w xhÂraw oÊ dienohÂûhn kraÂtow (9,9). Weiters bittet sie Gott, den
Hochmut der Feinde durch die Hand einer Frau zu zerbrechen:
ûrayÄson ayÆtv Ä n toÁ aÆnaÂstema eÆn xeiriÁ ûhleiÂaw (9,10). Sogar Holofernes
gegenüber erwähnt Judit auf verschleierte Weise ihre Absicht, indem
sie sagt, dass Gott durch ihre Hand vollbringen wird, was er beschlos-
sen hat: poihÂshì kyÂriow eÆn xeiri moy aÊ eÆboyleyÂsato (12,4). Kurz bevor sie
dann zur Tat schreitet, tätigt Judit noch ein Stoßgebet, dass der Gott
aller Macht ihr in dieser Stunde gnädig sein und durch das Werk ihrer
Hände (eÆpiÁ taÁ eÍrga tv Ä n moy) die Erhöhung Jerusalems ermögli-
Ä n xeirv
chen möge (13,4). Daraufhin schlägt Judit dem Feldherrn mit dessen
Schwert den Kopf ab (13,8). Nach ihrer aufsehenerregenden Rückkehr
nach Betulia fordert sie die Anwesenden auf, Gott zu loben, denn
durch ihre Hand seien die Feinde vernichtend geschlagen (aÆll’ eÍûray-
se toyÁw eÆxûroyÁw hëmv Ä n diaÁ xeiroÂw moy; 13,14). Zum Beweis, dass Gott
Holofernes durch die Hand einer Frau erschlagen hat, zieht sie dessen
abgeschlagenen Kopf aus dem Sack und konstatiert: eÆpaÂtajen ayÆtoÁn oë
kyÂriow eÆn xeiriÁ ûhleiÂaw (13,15). Der Hohepriester Jojakim und die Ältes-
ten ehren Judit, als sie sie in ihrer Heimatstadt aufsuchen (15,10). Sie
halten fest, dass all das Gute durch ihre Hand (eÆpoiÂhsaw tayÄta paÂnta eÆn
xeiri soy) über ganz Israel kam. Zu guter Letzt besingt Judit in ihrem
Lied nochmals Gott, den Allmächtigen, weil er die Feinde durch die
Hand einer Frau (eÆn xeiriÁ ûhleiÂaw) der Vernichtung preisgab (16,5).
In diesen Beispielen ist „die Hand einer Frau“ bzw. die „weibliche
Hand“ durch Gottes Bevollmächtigung das „Rettungswerkzeug“, wel-
ches die Israeliten aus äußerster militärischer Not befreit und vor Ver-
nichtung bewahrt.
4. Judit
Mehrere Aspekte der Judit-Geschichte sind bereits bei Mirjam und De-
bora behandelt worden. Es verbleiben folgende Punkte: Die Verortung
Judits in der männlichen Verwandtschaft, ihre Autoritätsposition in
der Gesellschaft, ihr Loblied und die Frage, wie weit Judit als Pro-
phetin angesehen werden kann.
112 RENATE EGGER-WENZEL
4. 2 Judits Autorität
Judits Autorität mag teils auf ihrer Abstammung, teils auf ihrer Schön-
heit, teils auf ihrem ererbten Reichtum gründen, aber vor allem wird
ihr zurückgezogener Lebenswandel als Witwe 43 mit der Orientierung
an den kultischen Gepflogenheiten am Jerusalemer Tempel (Jdt 9,1;
12,2.5f.7– 9.19) geschätzt und hervorgehoben. Ihr wird ein guter Leu-
mund ausgestellt (oyÆk hËn oÊw eÆphÂnegken ayÆthÄì rëhÄma ponhroÂn). Vertiefend
kommt hinzu, dass sie überaus gottes(ehr)fürchtig war (oÏti eÆfobeiÄto
41 CORLEY, Judith 73, hebt hervor: „Judith is introduced with a genealogical list of
sixteen male ancestors [. . .] is unparalleled among female characters in biblical
tradition. The narrator wishes to highlight Judith’s importance as a leading figure
whose noble ancestry may be compared to the genealogy of male heroes such as
Abraham or Moses or David (Gen 11:10 – 27; Exod 6 :16 – 20; 1 Chr 2 : 9 –15.“
42 Vgl. HELLMANN, Judit 65.
43 Nach ENGEL, Judit 300: „einmalig im AT!“; vgl. ansonsten die Stellung der Trias
Arme, Witwe und Waise innerhalb der sozialen Randgruppen der damaligen Gesell-
schaft, die zusammen mit den Fremden als schützenswert angesehen wurden (vgl.
z. B. Lev 19,9f; 23,22; Dtn 26,12 – 15; 27,19; KTU 1.16 III 44 – 54); siehe auch EGGER-
WENZEL, Recht.
Mirjam, Debora und Judit – eine Prophetinnentradition? 113
toÁn ûeoÁn sfoÂdra; 8,8; vgl. 8,31: oÏti gynhÁ eyÆsebhÁw eiË; 16,15f ). Damit ist sie,
wie ZENGER sagt, „der Typus der weisen Frau bzw. der Frau Weisheit
selbst [. . .]. Als schöne Witwe ist sie aber auch Personifikation Jerusa-
lems, der im Exil kinderlos gewordenen Mutter und Witwe Zion (vgl.
Klgl) und zugleich die Geliebte JHWHs, der sie nicht im Stich lässt
(vgl. Jes 62,1– 5)“.44 Die Stadtältesten bescheinigen ihr, dass seit ihrer
frühesten Jugend ihre Weisheit offenbar ist (oÏti oyÆk eÆn thÄì shÂmeron hë
sofiÂa soy proÂdhloÂw eÆstin; 8,29; vgl. 11,20f ).
Als Judit erfährt, dass das Stadtoberhaupt von Betulia Gott ein
fünftägiges Ultimatum aufgrund des Wassermangels stellt, zitiert sie
wie selbstverständlich die Ältesten der Stadt zu sich, um ihnen ins
Gewissen zu reden: Wer seid ihr denn, daß ihr am heutigen Tag Gott auf die
Probe stellt und euch vor allen Leuten an die Stelle Gottes setzt? (8,12). Gott
ist völlig frei in seinem Handeln, ob er Betulia retten oder untergehen
lassen will. Man kann ihn nicht mit einer Fristsetzung zwingen. Judit
ist sich sicher, dass Gott die Israeliten retten wird, denn es gibt nie-
manden im Volk, der, wie in früheren Zeiten, Götzen anbetet (8,16).
Bekennend fährt Judit fort: „Wir kennen keinen anderen Gott als ihn
allein“ (hëmeiÄw deÁ eÏteron ûeoÁn oyÆk eÍgnvmen plhÁn ayÆtoyÄ; 8,20). Das ist für
Judit Begründung genug, um sich Gottes Rettung gewiss zu sein. Fort-
an wird sie selbst in die Durchführung des Gottesplanes eingebunden
und die Sache in die Hand nehmen, was die Stadtoberen selbstver-
ständlich akzeptieren, ohne in Judits Pläne eingeweiht zu sein.
Nach des Holofernes Tod und dem Sieg über die Feinde wird Judit
laut 15,8 –10 vom Hohepriester Jojakim mit den Ältesten ganz Israels
aufgesucht und aufs Höchste geehrt, indem ihr alle politischen Füh-
rungspersonen samt Volk für ewige Zeiten den Segen Gottes wünschen
(eyÆloghmeÂnh giÂnoy paraÁ tv Äì pantokraÂtori kyriÂvì eiÆw toÁn aiÆv
Ä na xroÂnon kaiÁ
eiËpen paÄ w oë laoÂw geÂnoito).
Judit erhält einen ansehnlichen Anteil aus dem geplünderten Lager
der Feinde, insbesondere die Ausrüstungsgegenstände des Holofernes,
ganz so als sei sie ebenfalls eine Soldatin der kämpfenden Truppe oder
gar eine Heerführerin (15,11; vgl. Antiquitates Iudaicae 5,203). Man über-
lässt ihr das erbeutete Zelt des Feldherrn mit allen Kostbarkeiten.
In 15,12 wird Judit von den aus ganz Israel herbeigeeilten Frauen
geehrt. Sodann führt sie zusammen mit den mit einem Siegeskranz
44 ZENGER (Hg.), Stuttgarter Altes Testament 848. Vgl. dagegen die Beschreibung von
MOORE, Judith 61: „– for the sake of her God and her people – a shameless flatterer
(11: 7 – 8), a bold-faced liar (11:12 – 14, 18 – 19), and a ruthless assassin“.
114 RENATE EGGER-WENZEL
Dieser Abschnitt beschränkt sich nur auf jene Bezüge, die zum Mirjam-
Lied (Ex 15,20f // 4Q365) bestehen, wobei einige Elemente bereits un-
ter 2. 6 oben abgehandelt wurden.
Nach der Rettung der extrem unterlegenen Israeliten aus höchster
militärischer Gefahr stimmt Judit, ähnlich wie Mirjam und Debora, im
Beisein des ganzen Volkes 45 einen Lobpreis an 46 (eÆjhÄrxen Ioydiû thÁn
eÆjomoloÂghsin tayÂthn eÆn pantiÁ Israhl kaiÁ yëperefvÂnei pa Ä w oë laoÁw thÁn aiÍ-
nesin tayÂthn; Jdt 15,14; vgl. Ex 15,21a eÆjh Ä n Mariam). Judit
Ä rxen deÁ ayÆtv
ermuntert ihr Volk, in ihr Lied einzustimmen und dieses auch musi-
kalisch zu begleiten: eÆjaÂrxete tv
Äì ûev
Äì moy eÆn tympaÂnoiw aÍìsate tvÄì kyriÂvì eÆn
kymbaÂloiw eÆnarmoÂsasûe ayÆtv Äì calmoÂn (16,1; V. 13 yëmnhÂsv tv Äì ûevÄì moy
yÏmnon kainoÂn). Die Pauken (tyÂmpanon) sind ebenso im griechischen Text
des Mirjam-Liedes zu finden.
Der rote Faden, der sich durch die Loblieder Mirjams, Deboras und
Judits zieht, ist folgender: Gott beendet Kriege und dafür gebührt ihm
Lobpreis. In Ex 15,21d wird das Kriegsende durch Gottes Handeln
bewirkt. Die Kriegsmaschinerie des Pharao hat Gott ins Meer gewor-
fen. – Das Lied der Debora beschreibt in Ri 5,4 – 5 mögliche Begleiter-
scheinungen einer Theophanie und erzählt Ç in V. 11, dass man die Ge-
rechtigkeit JHWHs besingt (tÊqdÂcÇ huÄhi tuqdÂcÇ UNtÅi / dvÂsoysin dikaiosyÂnaw
kyriÂvì dikaiosyÂnaw ayÍjhson eÆn Israhl), die letztlich den Israeliten zum
Sieg über König Jabin verhilft. Sogar Schöpfungsgegebenheiten wie die
Sterne stehen auf Seiten des Volkes und kämpfen vom Himmel her
gegen den Feldherrn Sisera (V. 20). Auf analoger Ebene kann man den
Bach Kischon interpretieren, der die Feinde fortschwemmt (V. 21). Ein-
deutig ist Ç aber JHWH der Held dieser kriegerischen Auseinanderset-
zung (ÕirÇuBGÇBÅ huÄhiÂ; V. 23). – Judits Preislied drückt in 16,2 explizit aus,
wer den Kriegen ein Ende setzt (Jdt 9,7; vgl. Ps 46,10), wobei er sich
Judits als Werkzeug bedient: ûeoÁw syntriÂbvn poleÂmoyw kyÂriow. Bereits in
Jdt 9,7 hatte Judit in ihrem Gebet diese Gewissheit geäußert (syÁ eiË kyÂ-
riow syntriÂbvn poleÂmoyw; vgl. Ex 15,3.7). RAKEL48 systematisiert die Ge-
meinsamkeiten zwischen dem Richter- und Judit-Buch mit folgender
Tabelle:
Die Frage, ob Judit wie eine von Gott berufene Prophetin anzusehen
ist, soll nun in erster Linie mit dem Text von Jdt 11,19 beantwortet
werden. Der Kontext beinhaltet eine geschichtstheologische Rede Ju-
dits an Holofernes, die mit ironischen Zweideutigkeiten nur so ge-
47 Vgl. GARDNER, Song 417 – 422, wo insbesondere die biblischen Querverbindungen mit
Schwerpunkt auf Ex 15,1 –18 und Ri 5,2 – 31 aufgearbeitet werden.
48 Vgl. RAKEL, Judit 244 – 248.
49 Ri 5,11 ist hier ebenso einzufügen.
116 RENATE EGGER-WENZEL
spickt ist, worauf einzugehen an dieser Stelle nicht der Rahmen ist.
Judit kündigt dem von ihrer Schönheit frappierten Feldherrn in Kapitel
11 an, dass sie ihn durch Judäa bis nach Jerusalem führen und ihn auf
seinen ihm zustehenden Sitz befördern wird. – Genau das wird mit
den Machtsymbolen des toten Holofernes (Moskitonetz und gesamte
Ausrüstung des Feldherrnzeltes) auch geschehen. – Zudem würde er
die Judäer wie Schafe wegführen können, da sie keinen Hirten (oyÆk
eÍstin poimhÂn) haben. – In der Person Judits steht aber Holofernes der
Hirtin Israels von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Sie ist es, die die
Schafe vor dem Wolf Holofernes retten wird.50 – Um die Zusage an den
Heerführer noch verführerischer zu machen, verspricht ihm Judit, dass
nicht einmal ein Hund ihn verbellen würde, d. h., dass er auf keinen
noch so geringen Widerstand treffen werde. – Da Holofernes zur Gän-
ze betrunken war, musste andererseits Judit nicht mit Gegenwehr rech-
nen, als sie ihm den Kopf abhieb.
All diese verlockenden Aussichten präsentiert Judit dem Holofer-
nes mit der Zusage, dass ihr diese Dinge aufgrund ihres Vorverständ-
nisses mitgeteilt bzw. angekündigt worden seien (tayÄta eÆlalhÂûh moi
kataÁ proÂgnvsiÂn moy kaiÁ aÆphggeÂlh moi). Darüber hinaus sei sie gesandt
worden, um ihm dies zu verkünden (aÆpestaÂlhn aÆnaggeiÄlai soi).51 Damit
ist ihr eine vorausgehende, auf exakter Analyse basierende Erkenntnis
der kommenden Dinge gegeben, wie sie eben Propheten besitzen (vgl.
Am 3,7), um künftige Geschehnisse im Namen Gottes beeinflussen zu
können. Die Frage, von wem Judit gesandt ist, bleibt vorerst offen.
SCHMITZ meint hierzu: „[. . .] die Formulierung klingt nach einem pas-
sivum divinum, aber die Aussage ist auffallender- und zugleich richti-
gerweise nicht als Gottesaussage eindeutig gemacht“,52 wobei sie den-
noch auf ein Kommunikationsmodell Judits verweist (Jdt 11,5d.8b.
9e.15b), nachdem Gott „ihr die Inhalte angekündigt und sie gesandt“
habe.
Die Heldin spricht bereits in ihrem Gebet in 9,6 davon, dass Gott
den Ablauf der Geschichte bestimmt, so auch die gegenwärtige Si-
50 ZENGER, Judit 502, verweist darauf, dass „die Herde ohne ihren Hirten [. . .] ein
verbreiteter Topos im Alten Orient und in Ägypten“ ist (vgl. Num 27,17; 1 Kön 22,17;
Ez 34,5; Sach 11,16; 13,7) und sieht im Bild schon die flüchtenden Assyrer nach dem
Tod des Holofernes vorgezeichnet.
51 Vgl. Moses Beauftragung durch Gott (aÆposteÂllv / xlw Ï): Ex 3,14f; 4,13.28; 5,22; 7,16
und öfter; Berufung des Jesaja: Jes 6,8; Jer 7,25 etc.
52 SCHMITZ, Geschichte 345.
Mirjam, Debora und Judit – eine Prophetinnentradition? 117
tuation mit der Bedrohung durch das Heer des Nebukadnezzar und
ebenso die Zukunft. Damit ist Gottes Gericht als weltumspannende
Regentschaft Bestandteil seiner vor allem liegenden Erkenntnis (hë kriÂ-
siw soy eÆn prognvÂsei).
Das Nomen proÂgnvsiw (in der Einheitsübersetzung mit Sehergabe
übersetzt) findet sich nur 2-mal im Alten Testament 53 und das im Buch
Judit. Sucht man weiters nach dem zugehörigen Verb, so ist der Ertrag
auch nicht umfangreicher. proginvÂskv ist lediglich 3-mal 54 im relativ
späten Buch der Weisheit nachzuweisen: Weish 6,13 gehört zu einer
Passage, die anmahnt, die Weisheit stets zu suchen. Wer dies tut, dem
gibt sie vorausgehende Erkenntnis. Ruft man sich Judits offensichtliche
Weisheit von Jugend an in Erinnerung (Jdt 8,29), ist es nicht verwun-
derlich, wenn sie eine solche Erkenntnis besitzt. Weish 8,8 steht im
Kontext von Weisheit, die als Lehrerin der Tugend auftritt. Sie ermög-
licht einen reichen Erfahrungsschatz aus der Vergangenheit, ist der
kommenden Dinge gewärtig, befähigt zur Eloquenz, vermag Zeichen
zu deuten, kann außergewöhnliche Ereignisse vorherwissen (progi-
nvÂskv) 55 und kennt den Ausgang der Zeiten. Weish 18,6 steht inmitten
eines Geschichtsrückblickes (Weish 18,5 – 19,22), der just das Exodus-
geschehen bietet, angefangen mit der Erinnerung an die Ermordung
der Erstgeburt bei den Israeliten, über die ägyptischen Plagen, die Ret-
tung am Meer bis hin zum Aufstand des Korach, Datan und Abiram in
unterschiedlicher Reihenfolge.
Jene Nacht (eÆkeiÂnh hë nyÂj; vgl. Ex 12,42) des mit dem ersten Pascha
beginnenden Exodus wurde den Israeliten im Vorhinein zur Kenntnis
gebracht (proginvÂskv), denn sie sollten voll Zuversicht dem göttlichen
Versprechen folgen können.
Somit könnte man schließen, dass Judit aufgrund ihrer von frühes-
ter Jugend an geschenkten Weisheit zu vertiefter Einsicht befähigt ist,
wegen der besonderen Beauftragung die Entwicklung um Holofernes
richtig beurteilen und diese Erkenntnis auch korrekt formulieren kann.
Nebenbei sei erwähnt, dass Achior, als er Holofernes von dem
Feldzug gegen Israel abbringen will, mit der Bemerkung verspottet
wird, dass er sich im Beratergremium als Prophet aufspielt (kaiÁ tiÂw eiË syÂ
Axivr kaiÁ . . . oÏti eÆprofhÂteysaw eÆn hëmiÄn kaûvÁw shÂmeron; 6,2). Damit
scheint er das prophetische Pendant zu Judit 56 zu sein, nur hat er klare
Worte gesprochen, während Judit mit Doppeldeutigkeit ihre Aussage
verschleiert.
5. Zusammenfassung
Festzuhalten ist, dass zwischen den Texten des Buches Exodus, insbe-
sondere Ex 15, dem Richterbuch mit den Kapiteln 4 – 5 und dem Buch
Judit (Kapitel 8 – 9; 15 –16) Bezüge bestehen. Diese Bezüge sind nicht
nur inhaltlicher Art – wie oben gezeigt werden konnte –, sondern ge-
hen bis zu wörtlichen Formulierungen und gemeinsamen Wortfeldern
hin. Insbesondere sind die unter leitender Funktion einer Frau vorge-
tragenen Lobgesänge (Ex 15 – Ri 5 – Jdt 16), die jeweils nach überstan-
dener Kriegsnot mit dem Volk gesungen werden, zu nennen. Gerade
der Autor des Judit-Buches kann auf die heroischen Gestalten aus der
Vorzeit zurückblicken. Die weiblichen Figuren Debora und Jaël (vgl. Ri
9,53) – aus der Richterzeit stammend – werden mit ihrem mutigen
Auftreten für die Darstellung der weisheitlich geprägten Heldin Judit
Patin gestanden haben.57
Eine formale Übersicht soll die bisher gesammelten Beobachtungen
verdeutlichen:
56 Vgl. ROITMAN, Achior 35f.43 Anm. 31. – Weiters wird Judit nach WÜNSCHE, Israels
Lehrhallen 183 (JELLINEK [Hg.], Bet ha-Midrasch 130f ), als eine „unter den Töchtern
der Propheten in Jerusalem“ bezeichnet.
57 Vgl. HELLMANN, Judit 96 – 103, welche diesen Abschnitt als „Judit – eine zweite De-
bora?“ betitelt; WHITE, Steps 5, stellt Judit in eine Linie von „leading female charac-
ters“ mit „Miriam, Deborah, Jael, the wise women of Tekoa and Abel-beth-Maacah,
and Ester“ dar; CORLEY, Judith 76 – 84, sieht Aspekte von weiblichen (Sara, Dina,
Mirjam, Jaël, Debora, Delila, Abigajil, Ester, Alexandra Salome) und männlichen Pro-
totypen (Abraham, Simeon, Moses, Ehud, Simson, David, Daniel, Judas Makkabäus)
in Judit vereinigt; siehe weiters OTZEN, Tobit 75f. Auch das rabbinische Schrifttum
bringt bei der Beschreibung Judits ihre Nähe zu Debora zum Ausdruck, so z. B. mit
dem Verweis auf die von Debora bekämpften Jabin samt Sisera (168) und mit der
Bezeichnung Judits als „Mutter in Israel“ (180; siehe Ri 5,7; 2 Sam 20,19; vgl. oben
3. 1) in WÜNSCHE, Israels Lehrhallen. – Im Grunde werden im Judit-Buch einzelne
Züge von Debora und Jaël in einer Person zusammengefügt.
Mirjam, Debora und Judit – eine Prophetinnentradition? 119
58 TRIBLE, Miriam 175, merkt an: „[. . .] the problem of the Cushite wife yields quickly to
a prophetic matter. If the cultic purity of Moses can be criticized, then his supreme
authority can be disputed“.
59 Vgl. BUTTING, Prophetinnen 110.
60 Mit Jdt 11,12 findet sich der einzige Beleg für noÂmow im Buch; vgl. Judits Gesetzes-
treue beschrieben bei HELLMANN, Judit 126 – 131. ENGEL, Judit 296, geht in seiner
Beschreibung noch einen Schritt weiter: „[. . .] ist Judit als persönlich, gesellschaftlich
und wirtschaftlich unabhängige, selbständig und klug handelnde Frau, als überzeu-
gend argumentierende Weisheitslehrerin und als ermutigende Theologin gezeichnet,
die sich in Schrift und Tradition Israels hervorragend auskennt“.
120 RENATE EGGER-WENZEL
Bibliographie
HELLMANN, M., Judit – eine Frau im Spannungsfeld von Autonomie und gött-
licher Führung. Studie über eine Frauengestalt des Alten Testaments
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Das Gebet des Asarja – Daniel 3,26 – 45
LXX und Theodotion
HEINZ-DIETER NEEF
1. Einleitung
Das Daniel-Buch ist uns in zweifacher griechischer Form überliefert:
LXX und Theodotion. Diese Doppelüberlieferung stellt die Forschung
nun allerdings vor das Problem, dass die frühe christliche Kirche den
LXX-Text zugunsten des sogenannten Theodotion-Textes aufgab. Sie
verwarf den Septuagintatext, um ihn durch die wortgetreuere grie-
chische Übersetzung Theodotions (ca. 180 n. Chr.) zu ersetzen.
Der Kirchenvater Hieronymus bereits gesteht, dass er die Gründe
für die Aufgabe der LXX nicht kennt: „Hoc cur acciderit nescio.“ Als
Vermutung fügt er hinzu: „Hoc unum affirmare possum, quod multum
a veritate discordat et recto iudicio repudiatus sit.“
Die unmittelbare Folge der Bevorzugung des Theodotion-Textes
war, dass der LXX-Text fast ganz in Vergessenheit geriet. Er war bis ins
17. Jahrhundert hinein nur in kleinen Fragmenten aus Kirchenväter-
Zitaten bekannt. Er konnte erst durch die Entdeckung einer Minuskel-
handschrift des 10. Jahrhunderts (Codex Chisianus = 88) wieder auf
eine bessere Grundlage gestellt werden. Durch die Entdeckung des
Papyrus 967 in jüngster Zeit konnte dann Daniel komplettiert werden.
967 kann jetzt wie eine vollständige Handschrift behandelt werden. In
dem von Olivier Munnich verantworteten Band „Susanna – Daniel –
Bel et Draco“ im Rahmen der Göttinger Septuaginta-Ausgabe liegt
nunmehr eine hervorragende kritische Ausgabe vor. Vergleicht man
nun LXX und Th miteinander, so fällt bezüglich von Daniel Kapitel 3
Folgendes auf: LXX und Th schieben zwischen Dan 3,23 und 3,24 ins-
gesamt 66 Verse ein: die Einleitung in V. 24f, das Gebet des Asarja in
V. 26 – 45, den Bericht vom Feuertod der Chaldäer in V. 45 – 51 und den
Schöpfungshymnus in V. 52 – 90. Der Einschub endet in V. 91a.1
2. 2 Zur Gliederung
Das Gebet des Asarja lässt sich in drei große Teile gliedern: V. 26 – 32,
V. 33 – 40 und V. 41– 45.
Der erste Abschnitt V. 26 – 32 wiederum besteht aus drei Unterab-
schnitten: Im ersten dieser Unterabschnitte V. 26 – 28 geht es um das
Rühmen Gottes. Hier dominieren hymnische Elemente in V. 26 ebenso
2. 3 Zur Form
findet sich in den Psalmen 46,5; 48,2.9; 87,3 ebenso wie in Jes 52,1;
60,14; Neh 11,1 und JesSir 24,11. Leider wird nicht näher konkretisiert,
woran gedacht ist. An Abrahams Opfer auf dem Berg Morija, der in
2 Chr 3,1 mit dem Tempelberg gleichgesetzt wird? An die ersten
Könige David und Salomo, die die Stadt gründeten und ausbauten?
V. 29: Der Hinweis auf die Schuld des Volkes verbindet V. 29 mit
V. 28. Jetzt wird der Übergang vom Hymnus Gottes zur Schuld der
Beter vollzogen. Ebenso wie in den vorangehenden Versen ist von der
Sünde in einer Trias die Rede: „wir haben (. . .) gesündigt“ (zweimal),
„wir haben gesetzwidrig gehandelt“, wobei die erste Notiz wiederholt
wird. Eine ähnliche Trias findet sich in Ps 106,6: „Wir haben gesündigt
samt unseren Vätern, wir haben unrecht getan, und wir sind gottlos
gewesen.“ Die gleiche Trias lässt sich noch im Gebet Salomos in 1 Kön
8,47 sowie in Dan 9,5 feststellen. Die bekannte Trias der Verben ajx,
huy und ywr bringt somit das Schuldeingeständnis der Frommen zum
Ausdruck (vgl. 1QS 1,24 – 25).
V. 30: Das Bekenntnis der eigenen Schuld wird im nächsten Vers
weitergeführt und konkretisiert. Die hier begegnenden Ausdrücke er-
innern stark an deuteronomische Wendungen. So heißt es in Dtn 4,1f
etwa: „Und nun höre, Israel, die Gebote und Rechte, die ich euch lehre,
dass ihr sie tun sollt, auf dass ihr lebet (. . .), damit ihr die Gebote (. . .)
bewahrt (. . .)“. In ähnlicher Weise ist so in Dtn 5,1.16.29; 6,3; 7,12 die
Rede. Charakteristisch sind die immer wiederkehrenden Verben hwy,
rmw und ymw.
V. 31: Der Vers betont Jahwes gerechtes Handeln an seinen From-
men! Sachlich wird gegenüber V. 30 nichts Neues gesagt, aber der Hin-
weis auf das berechtigte Gericht wegen der Sünden wird hier unge-
mein stark ausgedrückt.
V. 32: Die Notlagenschilderung aufgrund der Auslieferung in die
Hände von gesetzlosen Feinden und feindseligen Abtrünnigen be-
herrscht diesen Vers. Auch hier steht ein Psalmenmotiv der Klage- und
Danklieder im Hintergrund; so bittet der Beter in Ps 71,4: „(. . .) hilf mir
aus der Hand des Gottlosen, aus der Hand des Ungerechten und
Tyrannen.“
Das Motiv der Auslieferung an die Feinde findet sich zudem im
Deuteronomistischen Geschichtswerk, etwa in Ri 2,14 und öfter, wo
von der Auslieferung Israels an die Feinde die Rede ist. Dieses Motiv
gehört zum festen Bestandteil des Rahmens des Richterbuches. Nach-
dem die Israeliten das taten, was dem Herrn missfiel, und den Baalim
und Astarten dienten, wurde der Herr zornig und verkaufte sie in die
132 HEINZ-DIETER NEEF
Gewalt der Feinde. Sprachlich wird dies im Richterbuch mit dem Verb
rkm zum Ausdruck gebracht.22
Der Hinweis auf die Auslieferung an den ungerechten und bö-
sesten König auf der ganzen Erde dürfte eine versteckte Anspielung
auf Antiochus IV. Epiphanes sein, der in den Makkabäerbüchern als
der „gottloseste aller Bösewichte“ und als „größter Verbrecher der
Menschheit“ charakterisiert wird (1 Makk 1,10; 2 Makk 7,34; 4 Makk
12,11). Im Kontext von Dan 3 ist freilich auch an Nebukadnezar zu
denken.
V. 33: Ebenso wie in V. 29 – 30 betont V. 33 die Akzeptanz des gött-
lichen Gerichtes bei denen, die Gott verehren. Das Besondere, dass die
Betenden nicht den „Mund öffnen“ können, ist ein den Klageliedern
vertrauter Gedanke. Die Unmöglichkeit des Sprechens ist Hinweis auf
ein großes Unglück. So heißt es etwa in Ps 38,14: „Ich bin wie taub und
höre nicht, und wie ein Stummer, der seinen Mund nicht auftut.“
Sprachlich erinnert der Vers an Ez 16,62f, wo Jerusalem, Israel und
Juda verheißen wird, dass sie sich nicht mehr zu schämen brauchen
und ihren Mund nicht mehr vor Scham geschlossen halten müssen.
V. 34: Der Vers besteht aus zwei Bitten: Die erste bezieht sich auf
die bleibende Verbindung der Beter mit Jahwe, die zweite spricht den
nicht aufzulösenden Bund an. Die Bitten erinnern an Ps 27,12, wo der
Beter bittet: „Liefere mich nicht aus an den Willen meiner Feinde!“
Ähnlich wie V. 34 ist auch die Aussage in Ps 25,11: „Um deines Na-
mens willen, Herr, vergib mir meine Schuld.“ Ebenso könnte Jer 14,21
genannt werden, wo ebenfalls darum gebeten wird, nicht wegen des
göttlichen Namens verworfen zu werden, und an Gottes Bund appel-
liert wird. Die Bitten in V. 34 sind im Duktus des Gebetes des Asarja
gut vorbereitet durch einen Hymnus auf Jahwes Gerechtigkeit, durch
ein Bekenntnis der eigenen Schuld und eine Schilderung der eigenen
Not und schließlich durch den Hinweis auf die eigene Frömmigkeit.
„Denn wer fromm ist – das ist allgemeiner Glaube, der sich auch in
Dan 3 spiegelt, wird nicht von Gott verlassen.“ 23
V. 35: Er bezieht sich zurück auf V. 34, denn die Begriffe „Bund“
und „Barmherzigkeit“ gehören zusammen, wie viele Stellen, vor allem
aus dem Deuteronomium (7,9.12) oder auch Jes 54,10 und Dan 9,4,
zeigen. Jahwes Barmherzigkeit ist dem Bund koordiniert. Die nähere
Begründung ist dadurch gegeben, dass Jahwe mit den Vätern seinen
Jes 41,8 wird in 2 Chr 20,7 aufgenommen. Es geht um die Gabe des
Landes. Ebenso wie in Jes 41,8 ist von der Nachkommenschaft „deines
Freundes Abraham“ die Rede. Im Schrifttum von Qumran wird in der
wohl aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. stammenden Damaskus-Schrift
auf Jes 41,8 angespielt. Hier heißt es in CD III,1– 4:
„Darin sind die Söhne Noahs und ihre Familien in die Irre gegangen, sie
sind deswegen ausgerottet worden. Abraham wandelte nicht darin und
wurde als Freund (bhua) geachtet, weil er die Gebote Gottes hielt (. . .) und
er gab (sie) weiter an Isaak und Jakob, die hielten (sie) und wurden aufge-
schrieben als ,Freunde Gottes‘ (lal Õibha) und Teilhaber am Bund für
immer.“
Inwiefern Abraham und mit ihm Israel Jahwes Liebe und Freund-
schaft erfahren hat, wird in Jes 41,9 ausgeführt. Das gegenwärtige Is-
rael wird so angeredet, als habe es Abrahams Schicksal erlebt. Jahwe
hat in Abraham Israel von den Enden der Erde geholt und von ihren
Säumen gerufen. Hier wird offenbar auf Gen 12 angespielt. Es geht in
Jes 41,8f darum, Israel die Furcht und Lebensangst zu nehmen.
„Indem Jahwe durch seine Anrede Israel seine Herkunft aus der Verheis-
sung an Abraham in Erinnerung bringt, lässt er es verstehen, dass es Hoff-
nung auf Rettung haben darf. [. . .] Israel wird aufgrund der Verheissung
an Abraham gerettet, die Jahwe weiterhin einhalten will.“ 24
In diese Traditionslinie fügt sich Dan 3,35 LXX mit seiner Bitte an
Gott, seine Barmherzigkeit nicht von dem Volk wegzuziehen wegen
seines Freundes Abraham, hervorragend ein. Neben Abraham wird
noch Isaak genannt, der hier wie in Gen 24,14 als „Knecht“ tituliert
wird. Israel selbst wird mit dem ansonsten recht häufigen Adjektiv
„heilig“ angesprochen, allerdings ist die Rede von Jakob als „Israel,
dein Heiliger“ – sehe ich recht – singulär. Diese Aussage führt dann
direkt zu V. 36 weiter.
V. 36: Der Vers nimmt Bezug auf die Mehrungsverheißung an die
Väter. So heißt es etwa in Gen 22,17: „Ich werde dich bestimmt segnen
und deine Nachkommenschaft über die Maßen zahlreich machen, so
wie die Sterne des Himmels und wie den Sand am Ufer des Meeres
(. . .)“. Vergleicht man Dan 3,36 LXX mit Gen 22,17, so muss man die
nahezu völlige Übereinstimmung zubilligen. Dan 3,36 lässt sich gera-
dezu als Zitat dieser in Gen 22,17 und anderen Stellen (vgl. noch Ex
32,13) greifbaren Mehrungsverheißung verstehen. Es fällt dabei auf,
dass in V. 36 die Landverheißung offenkundig keine Rolle spielt. Der
These von CURT KUHL, wonach „wie die Sterne des Himmels und den
Sand am Meer“ ein späterer Zusatz sei, sollte man meines Erachtens
nicht zustimmen. Nach KUHL würde dies das Formalprinzip, dass im-
mer zwei Verse zusammengehören, stören. Hier beharrt er zu starr auf
seinem Prinzip und ordnet den Inhalt zu sehr der Form unter.25
In V. 37 wird diese Verheißung mit der gegenwärtigen Situation
konfrontiert. Das Volk der Verheißung wurde kleiner als alle anderen
Völker gemacht und lebt heute niedergeschlagen auf der ganzen Erde.
Offenbar wird hier eine politische Not angesprochen. Inhaltlich ähnli-
che Aussagen finden sich etwa in Dtn 4,27, wo die Zerstreuung des
Gottesvolkes unter die Völker und die Reduzierung auf eine kleine
Zahl angekündigt wird. Auch im Jeremia-Buch 29,6; 42,2 finden sich
solche Gerichtsaussagen. Diese Not freilich wird angenommen, weil
sie selbstverschuldet ist: „wegen unserer Sünden“ heißt es am Ende
des Verses. Zugleich werden damit die Verheißungen immer noch als
gültig angesehen. Hier zeigt sich ein unerschütterlicher Glaube an Got-
tes Zusage.
V. 38 präzisiert die Not, indem er auf den fehlenden Herrscher
sowie die fehlenden Propheten und Anführer verweist. Es kommt zu
einer Krise der Frömmigkeit, die sich als „interruption du culte“ 26
zeigt. Es können weder Opfer dargebracht werden, noch gibt es einen
Ort, um Früchte vor Gott darzubringen. Es ist die Situation, die einst
die Propheten als Gericht Gottes angekündigt hatten. So heißt es in
Hos 3,4: „Denn lange Zeit werden die Kinder Israel ohne König und
ohne Obere bleiben, ohne Opfer, ohne Steinmal, ohne Ephod und ohne
Hausgott.“ 27 Das Schlimme an dieser Unmöglichkeit des Kultes ist der
damit verbundene fehlende Kontakt mit Gott. Opfer sind Möglichkei-
ten, mit Gott in Verbindung zu treten! Wo diese aber unmöglich wer-
den, scheint Gott in unendliche Ferne zu entschwinden.
V. 39: Trotz dieser Schwierigkeiten hoffen die Beter, dass sie mit
zerbrochener Seele und niedergeschlagenem Geist von Gott angenom-
men werden können. Inhaltlich erinnert V. 39 an Ps 51,18f, wo von
einem geängstigten Geist und zerschlagenem Herz als Gott wohlgefäl-
ligen Opfern die Rede ist: „Denn Schlachtopfer willst du nicht, ich
wollte sie dir sonst geben, und Brandopfer gefallen dir nicht. Die Op-
fer, die Gott gefallen, sind ein geängstigter Geist, ein geängstigtes, zer-
schlagenes Herz wirst du, Gott, nicht verachten.“ 28 Die Betenden wol-
len sich gleichsam selbst in ihrer Ohnmacht Gott hingeben und hoffen
so auf seine Barmherzigkeit. Wahres Opfer kann nur „im büßenden,
zerbrochenen Geist und Herz liegen“.29
Dieses Thema wird in V. 40 weitergeführt. Die Hingabe des Beters
an Gott mit zerschlagenem Geist soll in Jahwes Augen so viel gelten
wie die Opfer von Widdern, Stieren und Zehntausenden von fetten
Lämmern. Diese Aufzählung erinnert stark an die Opfervorschriften
für Brand- und Schlachtopfer, wie wir sie etwa in Num 15,6 – 8, Jes
1,11; 2 Chr 29,21f, aber auch in Ps 66,15 und Dtn 32,14 finden. Mit der
Wendung „so geschehe unser Brandopfer heute vor dir“ wird der
Schlussstrich unter dieses Thema gezogen.
Der Schlussteil, bei dem von denen die Rede ist, „die auf dich
vertrauen“, leitet zu V. 41 über, wo von denen gesprochen wird, die
Gott mit ganzem Herzen folgen, ihn fürchten und sein Angesicht su-
chen. Dieses Treuebekenntnis zu Jahwe erinnert nicht nur an V. 33 und
V. 39, sondern wiederum an Psalmenaussagen wie Ps 33,8; 85,10 und
andere: „Gottes Hilfe ist nahe allen, die ihn fürchten“ heißt es etwa in
Ps 85,10.
Das Treuebekenntnis in V. 41 bereitet zugleich die Bitte in V. 42 vor.
Die Beter bitten um Gottes Nachsicht und um die „Fülle seiner Barm-
herzigkeit“. In einer positiv und negativ formulierten Bitte „beschäme
uns nicht“ und „tue an uns entsprechend deiner Barmherzigkeit“ wird
um Gottes Hilfe gebeten. Die negativ formulierte Bitte bezieht sich
zurück auf V. 33 und V. 40, wo von der Schmach und Schande die Rede
ist, die den Dienern Gottes widerfuhr. Inhaltlich und sprachlich zeigt
sie eine Nähe zu Aussagen wie in Ps 119,116, wo der Beter ruft: „(. . .)
lass mich nicht zuschanden werden in meiner Hoffnung.“ Die positiv
formulierte Bitte um die Fülle der göttlichen Barmherzigkeit erinnert
an Ps 69,14, wo der Beter ruft: „(. . .) Gott, nach deiner großen Güte
erhöre mich (. . .)!“
Die Bitten finden in V. 43 ihre Fortsetzung: „befreie uns“ und „gib
deinem Namen Herrlichkeit, Herr!“ Auch hier finden sich ähnliche
Aussagen in den Psalmen. Die Bitte um Rettung ist ein stehendes Mo-
tiv der Klagepsalmen, wie etwa in Ps 7,2; 9,2f; 31,16; 59,2f. Mit der
Nennung der Wunder wird auf die großen Taten Gottes, die Israel in
seiner Geschichte immer wieder erlebte, hingewiesen (vgl. unter an-
derem Ex 3,20; 34,10; Jos 3,5 und öfter). Mit dem Hinweis auf den
Namen Gottes wird am Ende des Psalms wieder auf den Anfang zu-
rückverwiesen. Es geht um Gottes Ehre und Ansehen!
Im vorletzten Vers des Gebetes V. 44 wechselt die Blickrichtung. Es
geht um die, die Böses an den Frommen getan haben. Sie sollen um-
kehren, von jeder Herrschaft beschämt werden, und ihre Stärke möge
zerbrochen werden. Meines Erachtens sollte man hier nicht wie CURT
KUHL von „Haß und Rache an den Feinden“ 30 reden. Er spricht von
den Verwünschungen, in denen sich die Betenden ergehen würden.
Ganz so scharf wird dies allerdings nicht formuliert. Es geht doch eher
wie in vielen Psalmen und Prophetenbüchern 31 um die Bitte zur Um-
kehr sowie um das Zerbrechen ihrer früheren Macht. Von der Rache
der Beter ist hier eigentlich nicht die Rede. Es ist nicht von dem Unter-
gang der Feinde die Rede, vielmehr wird um deren Umkehr gebeten.
Von daher fügt sich auch der letzte Gedanke in V. 45 gut in das
Gebet ein, wonach die Feinde erkennen sollen, dass Jahwe allein der
Herr und voller Herrlichkeit ist. Man braucht hier nicht von einer
„Kehrtwende“ 32 innerhalb des Gebetes zu sprechen. Die Aussage der
Gotteserkenntnis erinnert sehr an entsprechende Wendungen im Ezechiel-
Buch,33 aber auch in den Psalmen und in der Prophetie. So heißt es
etwa im Jes 37,20: „(. . .) damit alle Königreiche auf Erden erkennen,
dass du, Herr, allein Gott bist.“ In Ps 83,19 heißt es: „So werden sie
erkennen, dass du allein Herr heißt und der Höchste bist in aller Welt.“
Welches Fazit lässt sich aus den Beobachtungen zur Traditions- und
Motivgeschichte des Asarja-Gebetes ziehen? Ich möchte dies in zwei
Punkten zusammenfassen:
1. Das Gebet Asarjas zeigt eine große sprachliche und sachliche Nähe
zu den Psalmen, dem Deuteronomium, dem Deuteronomistischen
Geschichtswerk, der Prophetie, vor allem zu Deuterojesaja sowie
zu den Erzvätererzählungen mitsamt ihren Verheißungen. Es lebt
von den in den Psalmen greifbaren hymnischen Elementen (V. 26),
dem Preisen und Rühmen Gottes (V. 26), dem Hinweis auf Gottes
Gerechtigkeit (V. 27), der Rede von Jerusalem als der heiligen Stadt
(V. 28), dem Motiv des Ausgeliefertseins an die Feinde (V. 32), der
Bitte um den Beistand Gottes (V. 34) sowie der Rede von Gott
wohlgefälligen Opfern (V. 38). Mit dem Deuteronomium teilt es die
Rede von dem „Gott unserer Väter“ (V. 26), dem Bekenntnis zur
eigenen Schuld (V. 30), dem Hinweis auf den Bund (V. 35) sowie
der Ankündigung der Zerstreuung der Frommen über die ganze
Erde (V. 37). Das Motiv der Übergabe an die Feinde und die damit
verbundene Einsicht in die eigenen Vergehen zeigt die Nähe des
Gebetes zum Gedankengut des Deuteronomistischen Geschichts-
werkes (V. 32; 42). Die prophetische Tradition zeigt sich in der Rede
von Abraham als dem Freund Gottes sowie der Ankündigung des
Hosea-Buches, dass die Kinder Israel lange Zeit ohne König, ohne
Obere und ohne Opfer leben müssen (V. 38). Schließlich wird die
Väterverheißung in der Gestalt von Gen 22,17 in V. 36 fast wörtlich
zitiert.
Ich möchte hier zunächst der Frage nachgehen, warum das Gebet des
Asarja mitsamt dem Schöpfungshymnus gerade zwischen Dan 3,23
und 3,24 eingefügt wurde.
Nach dem Urteil von MAURICE GILBERT 39 steht das Gebet in engster
Verbindung mit der Erzählung der drei Männer im Feuerofen, weil
diese in hervorgehobener Weise die Verfolgung und das Martyrium
des jüdischen Volkes repräsentierten. Gerade diese Perspektive sei
auch im Gebet des Asarja, vor allem in V. 39f, erkennbar. Meines Er-
achtens ist diese Sichtweise jedoch nicht unproblematisch, denn die
aramäische Erzählung in Dan 3 und das Gebet Asarjas unterscheiden
sich fundamental in der Frage nach der Schuld. Die drei Männer, die
auf Befehl Nebukadnezars in den Ofen geworfen wurden, sind gänz-
lich ohne Schuld. Sie müssen erst von den Babyloniern denunziert wer-
den, damit überhaupt ein Vorwand für ihre grausame Bestrafung ge-
geben werden kann. Das Gebet des Asarja dagegen ist bestimmt von
dem Bekenntnis der eigenen Schuld und der Richtigkeit der damit ver-
bundenen Strafe. „Wir haben in allem gesündigt und gesetzwidrig ge-
handelt!“ (V. 29) ist der cantus firmus des Gebets.
In die gleiche Richtung wie bei MAURICE GILBERT gehen die Über-
legungen von KLAUS KOCH. Auf dem Hintergrund seiner Rekonstruk-
tion des Asarja-Gebetes aus dem Aramäischen entnimmt er ihm eine
palästinische Märtyrertheologie. Er schreibt dazu:
„Auf dem Hintergrund einer solchen Bestimmung der Texte wage ich die
Behauptung, daß im Asarja-Gebet das erste greifbare Zeugnis einer paläs-
tinischen ’Märtyrertheologie‘[. . .] vorliegt. Denn in diesem Gesang wird
dem gewaltsamen Tod israelitischer Gotteszeugen eine sühnende Wirkung
für das übrige fromme Volk zugeschrieben. Das haben der griechische
Übersetzer und die von ihm abhänggigen [sic!] Versionen nicht völlig ver-
standen, es geht aber aus dem mutmaßlichen Urtext mit Deutlichkeit her-
vor.“ 40
KOCH stützt sich dabei auf Dan 3,38 – 40. Diese Verse geben
„in der aramäischen Fassung einer Überzeugung Ausdruck, daß das Hin-
schlachten von Märtyrern für die ’Bekenner‘ in Israel zur Vergebung der
Sünde beiträgt und also sühnende Kraft besitzt wie vordem die Opfer.“ 41
KOCH hat diese Sicht in seinem beeindruckenden Daniel-Kommentar
wiederholt und das Asarja-Gebet in die alt- und neutestamentliche
Sühnetheologie von der Priesterschrift über Ezechiel bis hin zu Hebr
9,12f eingeordnet.42
Meines Erachtens ist bei dieser sühnetheologischen Deutung von
Dan 3,38 – 40 aus folgenden Gründen äußerste Vorsicht geboten: In der
Septuaginta-Version und bei Theodotion findet sich in Dan 3,38 – 40
nach der Ausgabe von OLIVER MUNNICH keinerlei Hinweis auf einen
Sühnevorgang. Das Verb iëlaÂskesûai, das traditionell das hebräische
rpk Pi el wiedergibt, fehlt jedenfalls im ganzen Asarja-Gebet. Auch die
Übersetzung von hëmv Ä n hë ûysiÂa „unser Opfer“ in V. 40 mit „das Hin-
schlachten von uns“ durch KLAUS KOCH 43 ist sprachlich problematisch.
Die Frage, warum das Gebet des Asarja mitsamt dem Schöpfungs-
hymnus gerade zwischen Dan 3,23 und 3,24 eingefügt wurde, lässt sich
aus der Perspektive von 3,26 und 3,52 beantworten: „Gepriesen bist
du, Herr, Gott unserer Väter, und lobwürdig und verherrlicht ist dein
Name bis in die Ewigkeiten.“ Es geht um das Bekenntnis zu dem einen
Gott, dem Vätergott. Dieses Bekenntnis leisten Schadrach, Meschach
und Abed-Nego im Feuerofen, dieses Bekenntnis leisten die sich ihrer
Schuld bewussten Beter des Asarja-Gebetes, dieses Bekenntnis leistet
die gesamte Schöpfung, ja sogar auch der babylonische König Nebu-
kadnezar. So geht es letztlich um die Verherrlichung Gottes, die Do-
xologie durchzieht das gesamte 3. Kapitel des Daniel-Buches. Aus die-
sem Grund ist das Asarja-Gebet auch nicht in Dan 4 eingefügt worden,
da dort das Thema der menschlichen Hybris im Vordergrund steht.44
45 Anders PLÖGER, Zusätze 69; vgl. dazu auch BOGAERT, Daniel 24f.34 – 37.
46 KOCH, Daniel 343.
47 STECK, Israel 121– 128; BOGAERT, Daniel 37.
142 HEINZ-DIETER NEEF
oder sogar mit Gott. Im Gegenteil! Die Beter bitten Gott inständig, sich
nicht von ihnen zu entfernen, sondern ihnen zugewandt zu bleiben.
Der zweite Teil des Gebetes wird dominiert von Bitten: „Liefere uns
doch nicht endgültig aus (. . .)“ (V. 34), „Entferne deine Barmherzigkeit
nicht von uns (. . .)“ (V. 35), „Beschäme uns nicht (. . .)“ (V. 42), „befreie
uns (. . .)“ (V. 43). Die Beter wollen sich mit zerbrochener Seele und
niedergeschlagenem Geist Gott in der Hoffnung hingeben, von ihm so
angenommen zu werden, wie sie sind. Sie sehen sich dabei in einer
Kette der Zeugen von Abraham, Isaak und Jakob an (V. 35), die von
Gott die Zusage der Mehrung bekommen hatten.
Alles in allem kann man sagen: Das Gebet des Asarja ist ein höchst
kunstvoll aufgebautes und theologisch dichtes Gebet, das alle Auf-
merksamkeit verdient.48 Es ist einem Mosaikboden vergleichbar, auf
dessen Einzelmosaiken die zentralen Aussagen und Zitate israelitisch-
jüdischer Theologie verzeichnet sind. Es ist ein Beispiel für die höchst
lebendige Tradition israelitisch-jüdischen Gedankengutes in hellenisti-
scher Zeit, d. h. in unserem Text im 2. Jahrhundert v. Chr., und in dieser
Lebendigkeit ein Vorbild für uns heute.49
Bibliographie
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BOGAERT, P.-M., Daniel 3 LXX et son supplément grec, in: WOUDE, A. S. VAN
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BROCKELMANN, C., Hebräische Syntax, Neukirchen, Kreis Moers 1956.
144 HEINZ-DIETER NEEF
NURIA CALDUCH-BENAGES
a woman, a motif that is widely attested in the Bible and elsewhere. For
this reason, before focusing our attention on the text of Baruch, we
shall consider the feminization of cities in antiquity and the Bible, as
well as the biblical texts using the widow metaphor for a city, especial-
ly Jerusalem.
1. 1 Antiquity
The prophets were not the first to personify cities as women. This was
a tradition very widely spread in the Ancient Near East and in the
eastern part of the Mediterranean, although its origin is unknown.
From a psychological point of view, this kind of feminization functions
perfectly according to T. FRYMER-KENSKY “for the city contains the
populace within her walls, nurtures it, provides for it, and defends it“,5
doing just as a mother does for her children. The founder of analytical
psychology, CARL GUSTAV JUNG, asserts: “The city is a maternal sym-
bol, a woman who harbours the inhabitants in herself like children“.6 It
is noteworthy that in the writing of Egyptian hieroglyphics, the ideo-
grams “house“ and “city“ can also mean “mother“.7 From a literary
perspective the city as mother could be understood as a “conceptual
metaphor“, i. e., an image so deeply rooted in the culture of the people
that it ends up by being invisible, without actually losing any of its
suggestive power. Be that as it may, there is one evident fact: in the
West Semitic cultures of the Ancient Near East, it was customary to
describe cities, and especially capital cities, as wives of the patron
gods.8 We find proof of this in various inscriptions written in West
Semitic attributing the same titles to the cities as to the goddesses (tbr
“lady“, “princess“, “queen“; tlutb/tb “virgin“, “daughter“ 9 ) and in
the names of some Assyrian cities containing feminine theophoric
elements (“the city Assyria is a queen“, while “the city Arba il is the
one who governs“).10 Moreover, the cities are not only personified as
wives but also as mothers (in the Sumerian poem “Lamentation over
the Destruction of Ur“,11 the city appears as the queen and mother of
its inhabitants, and in a Hebrew inscription we read “Tyre, the mother
of the Sidonians“ 12 ) or even as widows (on the Egyptian Stele of
Merneptah, Palestine has become the widow of Egypt).13
The depiction of the city as a woman is also frequent in Greek
culture. A first illustration of this is the tyxhÁ poÂlevw (“the fortune of the
city“), a goddess guardian of the prosperity of the city and its destiny.
Because of her comprehensiveness this goddess could be associated
with any Greek polis, unlike the other goddesses who were each exclu-
sively tied to one particular city. Many Phoenician coins dating from
the 3 rd century B.C. bear her image: a woman wearing a turreted or
walled crown and with the cornucopiae in her right hand. Another
example is the mhtroÂpoliw (“Mother City“),14 i. e., a capital city with
several dependent colonies (well known, e. g., was the metropolis of
Miletus, with its 90 colonies spread throughout the entire Mediterra-
nean region). The creation of the metropolis reflects the prominence of
the city in the Greek world: it was “the fundamental category, the
supreme norm, of thought and culture”.15
Finally, let us recall the image of Judea Capta (“Judah captured“)
pictured on many Roman coins: a Jewish female (personifying Judah)
seated on the right in an attitude of mourning at the base of a palm
tree, with a captive male standing on the right, hands bound behind
his back, with weapons, shields, and helmets to the left.
1. 2 Scripture
especially their capital cities, as feminine figures.16 This is, for example,
what the biblical prophets did in many of their texts.17 They had
recourse to various feminine images and themes, the most recurrent of
which are: marriage/adultery, childbirth, nakedness/exposure, widow-
hood and menstruation.18 As ardent defenders of monotheism, the
prophets used the tradition of feminizing cities for their own literary
and theological ends, above all to point out God’s reaction to Israel’s
idolatry as a husband’s conduct faced with his wife’s adultery/pros-
titution.19
Jerusalem (Zion), while being the favourite, is not the only person-
ified capital city. Jeremiah and Ezekiel give her special attention, where-
as Hosea – the first author who uses the bridal metaphor to describe
the relationship between God and Israel – addresses his message to
Samaria, the capital of the northern kingdom, which throughout the
8 th century B.C. was struggling in the midst of calamities and ruin.20
Even if the capital cities are usually the main protagonists, it is not
always easy to distinguish whether the image of the adulterous/pros-
tituting wife is applied to the capital city, the land or the nation (see,
for example, Hos 2 : 5 –7 and 2 :16 – 20). The cities and towns of Israel
were not only seen as wives but also as mothers (in 2 Sam 20 :19, the
city of Abel of Beth-Maacah, is “a mother in Israel“), as daughters (23
times “daughter of Zion“, 7 times “[the] daughter of Jerusalem“), as
virgins (3 times “virgin daughter of Zion“) 21 and as widows (see below
2.).
Foreign cities do not escape this personification either; Phoenician
cities like Tyre and Sidon appear as matrons in the eyes of Isaiah (Isa
23 :1–10) and an enemy city (perhaps Edom) receives the vehement
reproaches of Zion: “Rejoice not over me, O my enemy! Though I have
fallen, I will arise [. . .]. My eyes shall see her downfall; now she shall
be trampled underfoot, like the mire in the streets“ (Mic 7 : 8, 10). Like-
wise, the Book of Lamentations incriminates Edom: “Though you
rejoice and are glad, O capital of Edom, you who dwell (tbw Ïui) 22 in the
land of Uz, to you also shall the cup be passed; you shall become
drunk and naked“ (Lam 4 : 21). Jeremiah also talks about foreign cities
(and nations) as if they were women: “Come down from glory, sit on
the ground, O inhabitant, daughter of Dibon [. . .]. Stand by the way-
side, watch closely, you that dwell in Aroer“ (Jer 48 :18 – 19). “Wail, O
Heshbon, for Ai is laid waste! Cry, O daughters of Rabbah! 23 Gird
yourselves with sackcloth, lament, and run to and fro among the
hedges!“ (Jer 49 : 3). Damascus, the capital of Syria, “has become feeble,
she turned to flee, and panic seized her; anguish and sorrows have
taken hold of her, as of a woman in travail“ (Jer 49 : 24). The virgin,
daughter of Egypt, must prepare herself for exile, since for her there
are no longer any remedies or cures; her howling fills the earth (Jer
46 :11; cf. 46 :16). Among all the enemy cities, Babylon – the capital of
the Chaldeans – stands out; she devastated Judah, destroying the
nation, its capital and the temple. She, who once was the matron,
mother of sons and mistress of kingdoms, who felt secure in her mis-
deeds and in the power of her magic (Isaiah 47),24 shall be completely
humiliated and devastated, depopulated and left grieving: “Your
mother shall be sorely put to shame, she that bore you shall be abashed;
see, the last of the nations, a desert, dry and waste” (Jer 50 :11). Her
wounds are so numerous that those who pass by her cannot contain
their appalled hissing (Jer 50 :12).
motif of the widowed city is the legal definition of the Akkadian term
almattu in the Middle Assyrian Laws. This term, which corresponds to
the Hebrew hnmla (“widow“), refers to only one type of widow: “a
once married woman who has no means of financial support and who
is thus in need of special legal protection“.25 This is the case, for exam-
ple, of Tamar, the daughter-in-law of Judah. However, it should be
noted that she is not called hnmla until her father-in-law sends her
home to her father: “Remain a widow in your father’s house, till
Shelah, my son, grows up“ (Gen 38 :11). By going back to her father’s
house, she loses the protection of her father-in-law and becomes com-
pletely defenseless; moreover, she has no male child capable of helping
her.26 Applied to a city, this concept of the widow would depict a city
that, having lost its independence, finds itself totally oppressed by
another kingdom or nation. As COHEN puts it, “the widowed city motif
seems to refer to a once independent city which has become a vassal of
another state“.27 This interpretation perfectly fits the four texts we have
mentioned. Now, let us briefly take a closer look at Isa 47: 8 – 9 and Jer
51: 5.
30 We consider ñmla to be a verbal form (cf. ZORELL [ed.], Lexicon 58); according to
others, it is the masculine form of hnmla, used here in a collective sense (COHEN, City
80 n. 51).
31 Other authors read “their land“ (Õcra) in reference to Israel/Judah, and generally
translate the initial ik of verse 5a as a concessive particle; see, for example, FISCHER,
Jeremia 593: “obwohl ihr Land voll von Schuld ist vor dem Heiligen Israels“ or the
New Revised Standard Version: “though their land is full of guilt before the Holy One
of Israel.“ J. LUNDBOM instead translates the Hebrew ik . . . ik as a sequence: “But
Israel is not widowed [verse 5a; . . .] But their land is filled with guilt [verse 5c]“
(LUNDBOM, Jeremiah 430). Quite different is the suggestion by COHEN, City 79 – 80.
32 The problem of this verse comes from its questionable relation with the context,
which has led many authors to consider it misplaced (cf. BRIGHT, Jeremiah 356, and
others).
154 NURIA CALDUCH-BENAGES
of her crime: she used violence to conquer her vassals and the Lord has
seen himself obliged to intervene. As ALONSO SCHÖKEL rightly noted,
“el castigo de Babilonia es medio para la liberación de Israel y Judá“.33
2. 3 Jerusalem as Widow
35 Most authors maintain the division of Lam 1:1 into three bicola. COHEN, on the other
hand, basing himself on the presence of the atnah in the term hnmlak, prefers to
divide the verse in two tricola; cf. COHEN, City 81.
36 MORLA ASENSIO, Lamentaciones 65.
37 KABASELE MUKENGE, unité 290.
156 NURIA CALDUCH-BENAGES
the exiles (1:15 – 3 : 8). The entire oracle assumes a tone of exhortation
calling for courage (ûarseÂv), through either the words of the prophet
(4 : 5 “Take courage, my people“, UarseiÄte, laoÂw moy; 4 : 30 “Take cour-
age, O Jerusalem“, UaÂrsei, Ieroysalhm) or the words of Jerusalem
(4 : 21 “Take courage, my children“, UarseiÄte, teÂkna; 4 : 27 “Take cour-
age, my children“, ûarshÂsate, teÂkna). Given the discourses and the
speakers, we can distinguish three sections in this text: a) the announce-
ment of salvation the prophet addresses to his people (4 : 5 – 9a); b) the
discourse Jerusalem addresses to her neighbours (aië paÂroikoi Sivn) and
to her exiled children (4 : 9b – 29); 38 and c) the exhortation the prophet
addresses to Jerusalem (4 : 30 – 5 : 9).39 In these three sections Jerusalem
appears personified as the mother and innocent widow who intercedes
for her children before the Lord. We shall now direct our attention to
the features that characterize this figure.
3. 2 Jerusalem as Mother
In line with the prophetic tradition, above all that of Deutero-Isaiah (cf.
Isa 51: 8; 54 :13; 60 : 4; 66 :7– 14 40 ), Jerusalem appears as a matron city,
as the mother of the Jewish people. In Bar 4 : 8, we hear the voice of the
prophet as he reprimands the exiles:
8 eÆpelaÂûesûe deÁ toÁn trofeyÂsanta yëma Ä w ûeoÁn aiÆvÂnion,
eÆlyphÂsate deÁ kaiÁ thÁn eÆkûreÂcasan yëmaÄ w Ieroysalhm´
You forgot the everlasting God, who nourished you,
and you grieved Jerusalem, who reared you.
The two sentences of this verse, perfectly parallel, establish a close tie
between God/father and Jerusalem/mother, both of whom are seen
in relationship to their children. God’s fatherhood and Jerusalem’s
motherhood allude to the marriage between God and Israel (Jerusa-
lem/Zion), although it is not explicitly stated in our text (cf. Hos 2; Isa
1:1– 26; Jer 2 : 2; Ezek 16; 22, among others).41 The verb attributed to
38 In the Book of Lamentations, Jerusalem as mother also speaks out, alternating her
voice with that of the prophet.
39 Cf. STECK, Baruchbuch 187 – 200. KABASELE MUKENGE distinguishes two parts in the
exhortation of Bar 4 : 5 – 5 : 9; the first one is addressed to the exiles (4 : 5 – 29) and the
second to personified Jerusalem (4 : 30 – 5 : 9) (KABASELE MUKENGE, unité 293).
40 For the image of Jerusalem as a woman in childbirth, see also Mic 4 : 9 – 10 and Jer
4 : 31.
41 According to ALONSO SCHÖKEL, the marital relationship is also indicated by the im-
Jerusalem as Widow (Baruch 4 : 5 – 5 : 9) 157
position of the name (Bar 4 : 30; 5 : 4; cf. Isa 62 : 2); cf. ALONSO SCHÖKEL, Hermenéutica
82.
42 MOORE, Daniel 309: “Given the strongly patriarchal character of Yahwism, one might
argue that ’nursing’ was an inappropriate activity for a male deity like Yahweh; but
see Hosea 11: 4, where Yahweh seems to refer, quite literally, to nursing when he
says, ’And I bent down to them and fed them’; see also Ezek 16 : 4 – 7.“ Also cf. Deut
32 :18, where the verbs gennaÂv and treÂfv (respectively translations of the Hebrew
dli and lux) are used in reference to God.
43 On this subject, see SCHMITT, Motherhood.
158 NURIA CALDUCH-BENAGES
44 KABASELE MUKENGE, unité 302 n. 37: “Cette comparaison de la ville à une veuve a
quelque chose de poétique, car le veuvage signifie ici la perte de ses enfants, et non
pas, comme dans l’acception courante, la perte du mari.“
45 It should be noted that, in 4 :14, Jerusalem uses the direct style, whereas in 4 :15 – 16
she speaks in the 3 rd person.
Jerusalem as Widow (Baruch 4 : 5 – 5 : 9) 159
She is this widow whose cherished sons the Lord has carried away,
leaving her solitary (moÂnhn) 46 and desolate (hÆrhÂmvsan). Finally, speak-
ing directly to her children, Jerusalem once again stresses her solitude:
“Go, my children, go; for you have left me desolate (kateleiÂfûhn
eÍrhmow)“ (4 :19).
Lastly, the solitude Jerusalem experiences within herself is also ex-
pressed by a series of gestures that recall the rites of mourning that
usually accompanied situations of disgrace or great affliction, public
calamities or times of penance: putting on sackcloth, sitting or lying
down in ashes and intoning the funeral hymn, among others.47 Thus,
for example, Jerusalem says farewell to her children “with tears of
mourning“ (4 :11, 23) and with “the sackcloth of supplication“ (4 : 20;
cf., by contrast, 5 :1). Moreover, the invitation of the poet in 5 : 5 (“Arise,
Jerusalem“) leads us to suppose that she was seated or prostrated on
the ground when she uttered her lamentation.48
3. 4 Jerusalem is Innocent
puts the emphasis on the wife’s treason, chapter 23 insists on her incur-
able immorality and perversion that will lead her to a tragic end: she
will be raped, thrashed and mutilated. Guilty Jerusalem is not the ex-
clusive legacy of the prophets, since the Book of Lamentations men-
tions numerous confessions, denunciations and sins of the city. In Lam
1: 2, the poet states, although indirectly, that the widow (Jerusalem)
was unfaithful to her husband: she had several lovers. In 1: 4, the Lord
punishes her for her many crimes; in 1: 8, she is explicitly accused of
having become impure because of her many sins; in 1:18, she person-
ally confesses that she has been disobedient to the commandments of
the Lord; in 2 :14 the prophets deliberately hide her faults, and in 4 :16
her sin is even greater than that of Sodom.
In Bar 4 : 5 – 5 : 9, on the contrary, Jerusalem is completely inno-
cent.49 She does not confess that she has sinned, and the prophet does
not accuse her of this. Nothing and no one in the text suggests that the
city-wife is guilty. In the present case, Jerusalem is the innocent victim,
whereas her children are responsible for her widowhood (cf. Tob 13 : 9):
3. 5 Jerusalem as Intercessor
“For he who has brought these disgraces (taÁ kakaÂ) upon you will, in
saving you, bring you back enduring joy“ (4 : 29; cf. 4 :18). The interces-
sion and the exhortation give an undeniably prophetic character to the
discourse of personified Jerusalem. As ALONSO SCHÖKEL notes,
“En una época en que ’no hay profeta’ (Sal 74,9; 1 Macc 14,41), Baruc
encomienda a la ciudad personificada oficio tan importante. Ella ha de
interpretar y explicar los sucesos, con sus consejos ha de acompañar a sus
hijos hasta el destierro para que éste se convierta en medicina, ha de sus-
citar y avivar la esperanza del retorno“.53
4. Conclusion
precisely in her innocence (those who have sinned are her children)
and her function as intercessor (she intercedes for her children before
the Lord), two typical characteristics of the prophets that had never
before been attributed to Jerusalem in a feminine personification. The
prophetic image of Jerusalem as mother and widow, innocent and in-
tercessor, is one more piece in the mosaic of symbols that is still a
challenge for today’s readers.
Bibliography
PANCRATIUS C. BEENTJES
two corpora, all the more since it represents an important phase within
the “Wirkungsgeschichte“ of older biblical material.
wife of Uriah the Hittite, to his own wife (2 Sam 11 – 12). The author
wants to portray David being a pious hero, not a murderer and
adulterer. No wonder the Chronicler has entirely omitted these
chapters. The idealization of David has assumed vast proportions
and appears to be a common feature of deuterocanonical and cog-
nate literature.
2. 1 Sir 47 :1 – 11
In the Hebrew text of Ben Sira’s Hymn to the Fathers (Sir 44 – 50), David
is mentioned nine times,7 of which his portrayal in 47 :1 – 11 has to be
studied in the first place.8 On the face of it, it looks as if the opening
line with its reference to Nathan serves as the start to an historical
overview of David’s life: “After him [Samuel] came Nathan to stand
before David“ (47 :1). This general communication, however, remains
the only reference to Nathan’s activities. No word, for instance, about
his prophetic role to announce God’s promise with respect of the
Davidic dynasty, as handed down in 2 Sam 7 or 1 Chr 17.9
As far as other references to biblical narratives about David are
concerned, a kind of a pattern can be observed. At first glance, the
reader gets the impression Ben Sira is just referring to traditional bib-
lical stories, such as the episode in which David reports to Saul how he
as a shepherd rescued the lamb from a lion’s or a bear’s mouth (1 Sam
17: 34 – 36 / Sir 47: 3), his fight against Goliath and the Philistines
(1 Sam 17: 45 – 50/Sir 47: 4 – 5, 7), as well as the reference to the women’s
song as David was coming home (1 Sam 18 : 6 – 7 / Sir 47 : 6ab).
Ben Sira has used all this material, however, to create a particular
view of David. The real intention of Ben Sira’s portrayal of David is
already revealed in the second line, where David’s election is worded
in cultic terminology: “As fat is lifted up from the holy offering, so was
David from Israel“ (47: 2). Furthermore, it appears that all David’s
heroic deeds are interpreted by Ben Sira as God’s reaction to David’s
religious attitude: “He called upon God Most High“ (Sir 47 : 5a), so that
it in fact are God’s actions: “God Most High, who gave strength to his
right arm“ (Sir 47: 5b). At this point in the portrayal of David, Ben Sira
has used the collocation “to call upon God Most High“ (la la arq
ñuily), which appears to be a thematic thread throughout the Laus
Patrum, since it shows up at specific points: Sir 46 : 5a (Joshua), Sir
46 :16a (Samuel), Sir 48 : 20a (Hezekiah and the people of Judah).
When David in Ben Sira’s presentation has actually come into power,
the King is extensively – and exclusively – portrayed as the organizer
of the Jerusalem cult. No less than ten successive cola (47 : 8 – 10) have
been devoted to depict David as someone who is constantly giving
thanks to God, arranging musical instruments, composing songs,
ordering feasts, and so on. In his enthusiasm, Ben Sira even imported
an anachronistic element. The wording “before the altar“ (47 : 9a)
makes it as if in David’s days the Temple already existed!
In a remarkably general way, the text in 47:11a (uywp ribyh iii [Õgu])
mentions David’s sin, which undoubtedly refers to his affair with
Bathsheba (2 Sam 11–12). The phrasing of this colon has a direct bear-
ing on 2 Sam 12 :13 (Ótajx ribyh huhi-Õg), which in the biblical context
has explicitly been put in the mouth of Nathan. In the Ben Sira text,
however, there is no role for Nathan as a mediator. The same phrase is
now directly from the author to his readers: “JHWH even forgave him
his sin“, just as the remainder of this verse: “and He raised his horn
forever; He gave him the right of kingship and established his throne
over Jerusalem“.10
I am convinced that these concluding cola are an important key to
Ben Sira’s Hymn to the Fathers. First, we have to ascertain that, in spite
of 47:11a which undoubtedly quotes Nathan’s words, again the prophet
plays no role at all. Second, it is a matter of highest concern that
nowhere in 47:11b – d Ben Sira is referring to an everlasting Davidic
dynasty. Several scholars have correctly laid emphasis on the fact that
ñrq (“horn“) in 47:11b has to be linked with the same noun in 47: 5b
(“to restore the horn of his people“), in 47 : 7c (“and broke their horn till
this day“), and 49 : 5 (“He [God] gave their horn to others“).11 Since ñrq
(“horn“) refers to three different groups or persons, it is impossible
that in Sir 47:11b it should exclusively relate to the Davidic dynasty.
The words of this colon have only a bearing on David himself. Third,
the fact that Sir 47:11c has the noun qx, and not the noun tirb (“cov-
What strikes one most here, in the first place, is that Ben Sira for the
first time abandons the strictly chronological order which is so char-
acteristic of his Hymn to the Fathers. Subsequent to the passage on
Phinehas (45 : 23 – 24), which has been composed with the help of a
conscious selection of cola from Num 25 :11 – 13, in 45 : 25 suddenly the
theme of God’s covenant with David is introduced.13 This untimely
mention of David – to whom in 47 :1 – 11 a lengthy passage has been
devoted – must therefore play a special role within the context of the
Phinehas pericope. The Hebrew text of Manuscript B. runs as follows:
hduhi hjml iwi ñb dud Õy utirb Õgu
uyrz lkl ñrha tlxn udubk inpl wa tlxn
12 Sir 44 :12, 17, 20, 22; 45 :15, 24 – 25; 50 : 24. Later on we will argue that the last two
occurrences appear to be essential.
13 For the composition of Sir 45 : 23 – 24, see BEENTJES, Canon 601f.
14 BEENTJES, Jesus Sirach 175 – 200.
15 An overview is offered by CAQUOT, Ben Sira 59 – 64; PRIEST, Ben Sira.
170 PANCRATIUS C. BEENTJES
the one in the lineage of Aaron (45 : 25d). According to this argumen-
tation, both the Greek and the Syriac translation confirm the aspect of
comparison.
Greek
KaiÁ diaûhÂkhn tv Äì Dayid “And a covenant with David,
yiëv
Äì Iessai eÆk fylh Ä w Ioyda son of Jesse from the tribe of Judah;
klhronomiÂa basileÂvw an inheritance of a king
yiëoyÄ eÆj yiëoyÄ moÂnoy is a son from a son only,
klhronomiÂa Aarvn an inheritance of Aaron
kaiÁ tv Äì speÂrmati ayÆtoyÄ is also to his seed.“
Syriac
w p dwyd br yšy “And also David, son of Jesse,
yhrtn dmlk blhwdwhy yrt an inheritance of kings alone he inherited,
wywrtn d hrwn˙ but an inheritance of Aaron
lh wlzr h is to him and his seed.“
On the basis of these two versions, several proposals have been sub-
mitted to reconstruct the “original“ Hebrew text of 45 : 25c. Since both
the Greek and the Syriac have the notion “alone“, it has often been
suggested to alter udubk (“his glory“) into udbl (“alone“), and to substi-
tute unbl (“his son“) for unpl (“in his presence“).16 It is quite remarkable,
however, that a fundamental question has consistently been left un-
answered, viz. in what way that “original“ Hebrew text of 45 : 25c
could have corrupted into the extant text of Manuscript B.
I therefore recommended an investigation into the question whether
the factual discovered Hebrew text could have a meaningful sense
within the Phinehas passage, since it was my firm conviction it has
indeed. To that end, one should get rid of the idea that 45 : 25a is the
start of a new sentence. Instead of it, it deserves serious consideration
to look upon 45 : 25a as the immediate continuation of 45 : 24cd. So doing,
the translation of 45 : 24c – 25b runs as:
“So that he [Phinehas] and his descendants
should possess the high priesthood forever,
but even His covenant with David,
the son of Jesse of the tribe of Judah“.
This translation, which had not even been considered in scholarly dis-
cussion, in any case can explain why the Hebrew of 45 : 25ab has no
verb; these cola must be seen as a subordinate clause to 45 : 24c. The
Greek text, too, appears to contain a similar lead. Nearly all Greek
manuscripts render an accusative (diaûhÂkhn), which by all commenta-
tors is immediately amended into a nominative.17 The mere fact, how-
ever, that the vast majority of the Greek manuscripts in Sir 45 : 25a
render an accusative is significant and should be given due protection.
It could be an indication that Ben Sira’s grandson, as the translator of
the Greek text, indeed made diaûhÂkhn depend on a preceding verb, or
that he thought this was the case, even though the Greek syntax of
45 : 24 does not suit for that kind of dependence.
Associating God’s covenant with David (45 : 25a), however, with
the institution of High Priesthood – viz. by the way of Phinehas –, at
the same time the purport of 45 : 25c would be perfectly clear, to the
effect that in the Hebrew text no emendations whatsoever are needed.
There is no need anymore to emend wa (“fire“) into wia (“man“),18
because the former notion no longer has a bearing on David, but on
Phinehas and his descendants, and can therefore be interpreted within
the area of the high priestly institution, viz. the cult:
“the inheritance of fire before his glory,
the inheritance of Aaron for all his descendants“.
Ben Sira, however, did not just adopt this tradition, but made some
adjustments to it; instead of Kohath, he favoured Aaron and Phinehas.
In Sir 50 : 24b, for instance, we come across the collocation sxnip tirb
(“the covenant with Phinehas“), a word combination that is unknown
to the Hebrew Bible and is therefore to be considered a creation by Ben
Sira himself. By means of this unique collocation, the author in a two-
fold way directly points back to 45 : 24. First, the mention of the name
of Phinehas in 50 : 24 immediately refers to the crucial passage on this
High Priest in chapter 45. Second, it is quite remarkable that precisely
in Sir 50 : 24 we find the one and only reference to the notion tirb
(“covenant“) after its remarkable occurrence in Sir 45 : 24 – 25.
3. David in 1 Macc
3. 1 1 Macc 2 : 57
Though David’s name is found six times in the First Book of Macca-
bees, the factual yield is quite meagre, since in four occurrences (1 Macc
1: 33; 2 : 31; 7: 32; 14 : 36) it has been used in the collocation poÂliw DayeiÂd
(“city of David“).28 The other two references to David, however, are
quite interesting.
In his valedictory speech (1 Macc 2 : 49 – 68), Mattathias summons
his sons to show zeal for the Torah, and to give their lives for the
covenant of their ancestors: “Remember the deeds of the ancestors,
which they did in their generations; and you will receive great honour
and an everlasting name“ (2 : 51). Then he recalls a series of Israel’s
heroes of the past that are to be considered examples of piety and
brave deeds: “Was not Abraham found faithful when tested, and it was
reckoned to him as righteousness? Joseph in the time of his distress
kept the commandment, and became lord of Egypt“ (2 : 52 – 53).
It is no coincidence, of course, that Mattathias, being a priest him-
self, subsequently refers to Phinehas: “Phinehas our ancestor, because
he was deeply zealous, received the covenant of everlasting priest-
hood“ (2 : 53). Having mentioned Joshua (“because he fulfilled the
commandment“), and Caleb (“because he testified in the assembly“),
David is put on the scene: “David, eÆn tv Äì eÆleÂei ayÆtoyÄ, inherited the
throne of the kingdom for ever“ (2 : 57). It is followed by a reference to
Elijah: “because of great zeal for the Law, he was taken up into heav-
en“ (2 : 58).
We can only speculate whether the author of 1 Macc for this series of
portrayals has been inspired by Ben Sira’s overview of biblical heroes
(Laus Patrum) that was published seventy years or so earlier. Much
more important, in my opinion, is what is meant by the notion eÆn tv Äì
eÆleÂei ayÆtoyÄ referring to David. To my mind, the rendering of the New
Revised Standard Version (“because he was merciful“) does not properly
fit the context; on whom should it have a bearing? For all the other
heroes are described and praised because of their loyalty to God, their
zeal for the Torah, their keeping the commandments. That this is pre-
cisely the purport of Mattathias’ address, indeed, is explicitly confirmed
at the end of it: “Put your trust in God“ (2 : 61), “grow strong in the
Law“ (2 : 64).
The most obvious conclusion, therefore, would be that David’s por-
trayal is no exception in this series and that his description is on a par
with that of all the other heroes. In that case, eÍleow does not mean
“mercy“, but is more than likely referring to David’s piety and loyalty,
as many modern Bible translations have rendered indeed: “man of
loyalty“ (Revised English Bible), “David hielt die Treue“ (Einheitsüber-
setzung), “David pour sa piété“ (Traduction Oecuménique de la Bible).
Moreover, since there is solid proof – provided by Flavius Josephus,
Origen, and Jerome –, that 1 Macc has originally been written in Hebrew,
eÍleow undoubtedly is the rendering of the Hebrew dsx, which justifies
the translation “loyalty“. Consequently the author makes Mattathias
refer to “the good deeds of David“ (dud idsx), a collocation that also
occurs in Isa 55 : 3 and 2 Chr 6 : 42.29 An identical characteristic of David
has come down to us in the fifth fragment of the so-called Halakhic
Letter from Qumran (4QMMT e ): “Remember David, a man of pious
deeds (Õidsx) (. . .)“.30
To my mind, one aspect of 1 Macc 2 : 57 deserves some further atten-
tion. The fact that David is not linked with the notion of “covenant“
here, as was Phinehas some lines before, could be adduced as additional
evidence to KENNETH POMYKALA’s cogent argumentation that in 1 Macc
3. 2 1 Macc 4 : 30
saw the rout of his troops and observed the boldness that inspired
those of Judas, (. . .) he withdrew to Antioch and enlisted mercenaries
in order to invade Judea again with an even larger army“ (4 : 35).
Judas’ prayer has some interesting features. It starts as a hymn of
praise (verse 30) and turns into a supplication (verse 31 – 33). In the
Hebrew Bible, a hymn of praise is usually phrased in the third person
singular: “Blessed be God Most High who (. . .)“ (Gen 14 : 20); “Blessed
be YHWH your God who (. . .)“ (2 Sam 18 : 28); “Blessed is God who
(. . .)“ (Ps 66 : 20); “Blessed be YHWH the God of Israel“ (2 Chr 2 :11);
“Blessed be YHWH, for He (. . .)“ (Ps 28 : 6; 31: 22). The speaker addresses
himself to an audience and lists the benefactions God has conferred.
In the Hebrew Bible, the phrasing “Blessed are you, (. . .)“, in the
second person singular, occurs only twice (1 Chr 29 :10; Ps 119 :12), but
circulates quite often in deuterocanonical literature (1 Macc 4 : 30; Tob
3 :11; 8 : 5, 15 –17; 11:14; Dan 3 : 26 (Greek); 3 : 52, 54 – 56 (Greek) and in
the Dead Sea Scrolls as well (1 QS 11:15; 1QH 5 : 20; 10 :14; 11: 27 – 33;
16 : 8).
The reference to David and Jonathan fits Judas’ battle into a biblical
scope, just as was the case in 1 Macc 4 : 9, that referred to Pharaoh with
his forces at the Red Sea.34 It is quite remarkable that the author of
1 Macc does not mention Goliath’s name, but instead has only the collo-
cation “the attack of the strong one“. To my mind, the non mention of
Goliath’ s name has a twofold purport. First, the author wants to high-
light the deed of David, the servant of God, and the brave action of
Jonathan. It is interesting, by the way, that the author has tied together
the narrative about David and Goliath (1 Sam 17) with the story of
Jonathan (1 Sam 14 :1–15). This has to do, of course, with the welcome
coincidence that Jonathan is also the name of one of the Maccabean
brothers, who after the death of Judas was chosen to take the lead in
their revolt (1 Macc 9 : 28 – 31); later on, he was even appointed high
priest (1 Macc 10 : 20).
The mention of David and Jonathan in 1 Macc 4 : 30 not only has the
function of intertwining Judas’ deeds with those two former biblical
heroes, it should at the same time be considered a preparation to the
extensive narrative on the cleansing and dedication of the sanctuary
that is reported immediately after the battle (1 Macc 4 : 36 – 61) and
34 In 1 QM XI, both references are just in the reversed order: “Goliath from Gath, gallant
giant, you delivered into the hands of David, your servant“ (1 QM XI, 1 – 2); “you
shall treat them like pharaoh, like the officers and their chariots in the Red Sea“
(1 QM XI, 9 – 10). Translation according to GARCÍA MARTÍNEZ, Dead Sea Scrolls 104.
Portrayals of David in Deuterocanonical and Cognate Literature 177
4. David in 4 Macc
35 The noun pastofoÂrion (“chamber“) in 1 Macc 4 : 38 reminds one of the frequent use of
it in the LXX of 1– 2 Chr: 1 Chr 9 : 26; 23 : 28; 26 :16, 18; 28 :12; 2 Chr 31:11.
36 Translation according to ANDERSON, 4 Maccabees 544.
37 VAN HENTEN, Martyrs 58 – 82.
178 PANCRATIUS C. BEENTJES
absolutely ludicrous, for reason is clearly not sovereign over its own inher-
ent inclinations but over those of the body. For instance, none of you can
eradicate desire, but reason can ensure that you do not become enslaved to
desire. Anger none of you can eradicate from his soul, but reason can help
you resist anger. None of you can eradicate malice, but reason may be your
ally in not allowing you to be overwhelmed by malice. For reason is not the
uprooter of the passions but their antagonist.
This becomes even clearer, in fact, when we consider the case of King
David’s thirst.38
It strikes the eye that this philosophical statement is paving the road
with a number of words that hint at a royal application: eÆnûroniÂzv (“to
enthrone“; 2 : 22); basileyÂv (“to be king“; 2 : 23); basileiÂa (“kingdom“;
2 : 23). This feature will be discussed in due course.
Subsequent to the passage quoted above, 4 Macc 3 : 7 – 17 comes up
with an extensive restatement of the biblical story in 2 Sam 23 :13 – 17,
which on the one hand is stripped of all its geographical details
(Adullam, Rephaim, Bethlehem), whereas on the other hand it has
been provided with a lot of peculiarities that have to do with the
philosophical application of the biblical narrative. Whereas, for example,
2 Sam 23 :13 –17 says nothing about David having water at his dis-
posal, 4 Macc 3 :10 explicitly states: “King David had plentiful springs
of water“. This statement serves as a leg up to the phrase “an unrea-
sonable desire for the water in the enemy’s territory racked him“
(3 :11).39
Why, someone may ask, did the author of 4 Macc use this specific
biblical story about David? In the first place, of course, because of the
topic “thirst“; this could serve as an excellent example in what way
reason is master over the passions. Second, because the author has a
double entendre. He is depicting David “as a model king because of his
right attitude towards the emotions, not on the basis of his power“.40 It
is no coincidence that – contrary to the Samuel passage – David is
explicitly called “King“ four times here (4 Macc 3 : 6, 10, 11, 14) and that
he is situated in a “royal tent“ (3 : 8). All these things have to do with
the author’s view of martyrdom, to which 4 Macc 7 :10 is most solid
proof: “O aged man, mightier than torture; revered elder more vigor-
ous than the flame; great king, ruler of the passions, Eleazar!“.41 In this
perspective, one can also grasp why, on the other hand, David’s mental
and physical condition is described with the help of verbs which are
used in passages relating to martyrdom.42
David is mentioned just one more time in 4 Macc, viz. in the final
chapter where the mother of the seven sons addresses a collection of
righteous sayings to her children (18 : 6 – 19). This passage, in fact, is a
mosaic of thirteen biblical references and allusions, five of which are
from the Book of Genesis. Referring to her husband, the author makes
the mother say: “He sang to you 43 the psalm of David which says
’Many are the afflictions of the righteous’“ (18 :15).44
5. Conclusion
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42 katafleÂgv (“to burn up“) in 3 :11 and 6 : 25 (see 15 :14); diapyroÂomai (“to be consumed
by fire“) in 3 :15 (see 9 :17; 11:19).
43 In 18 :10 –11, 15 some Greek manuscripts have hëmiÄn (“to us“). To my mind, for the
sake of context and coherence yëmiÄn is to be preferred.
44 It is a literal quotation from Ps 33 : 20 (LXX).
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The Rabshakeh in Late Biblical and Post-Biblical
Tradition
STEPHEN D. RYAN
1. Introduction
In the year 408 a blind priest from Spain wrote to Saint Jerome seeking
assistance in his struggle against sin. Jerome’s response, Letter 76, re-
fers to “slaying the Rabshakeh within”. He assures the Spanish priest
that had the Rabshakeh been alive within him, he never would have
thought to write for assistance.1 This reference to the Rabshakeh, made
over 1 000 years since he stood outside the walls of Jerusalem to ad-
dress King Hezekiah in the year 701 (2 Kgs 18 :17, Isa 36 : 2), is part of a
long tradition of allegorical and polemical reference to this Assyrian
officer, whose title means “Chief Cupbearer”.2
The brief but fiery speeches attributed to this figure in the Hebrew
Bible have received considerable attention in biblical scholarship. The
daring nature of the Rabshakeh’s words, which are never adequately
answered in the biblical text, and the fact that he spoke in Hebrew,
have made him an intriguing but troubling character to generations of
exegetes. Jewish and Christian traditions understood the Rabshakeh to
be an apostate Israelite, thereby increasing the enormity of his crimes.
Schooled by psalm titles, glosses, catenae, and commentaries, genera-
tions of Christian readers learned to see hidden references to the Rab-
shakeh throughout the Bible, particularly in the Psalter and the Minor
Prophets, and in almost any text referring to malicious speech.
3 2 Kgs 18 : 25: “Moreover, is it without the LORD that I have come up against this
place to destroy it? The LORD said to me, Go up against this land, and destroy it.”
Unless otherwise noted, all biblical translations are taken from the New Revised Stan-
dard Version, occasionally with slight modifications.
4 2 Kgs 18 : 35: “Who among all the gods of the countries have delivered their countries
out of my hand, that the LORD should deliver Jerusalem out of my hand?”
5 MACHINIST, Rab Šāqēh. I am grateful to Professor MACHINIST for his comments on an
earlier draft of this paper written for a graduate seminar at Harvard University.
6 Sources in 2 Kgs 18 – 19: A – 2 Kgs 18 :13 –16; B 1 – 2 Kgs 18 :17– 19 : 9a, 36 – 37; B 2 –
2 Kgs 19 : 9b – 35; see MACHINIST, Rab Šāqēh 154 – 156; for a recent discussion of the
rhetorical content of the B 1 speech see RUDMAN, Rabshakeh.
The Rabshakeh in Late Biblical and Post-Biblical Tradition 185
He shook his fist at Zion, and blasphemed God in his pride” (48 :18).8
SKEHAN and DI LELLA understand the Rabshakeh to be the subject of
the verbs “shook” and “blasphemed”.9 Sirach gives the Rabshakeh
more prominence than he is given in the B 2 and Chronicles accounts,
where he is not named. At the same time Sirach silences the Rabshakeh
by not repeating his words, and rebukes him by characterizing his
speech as blasphemy.
Tob 1:18 refers to King Sennacherib and his blasphemies very briefly:
“I also buried any whom King Sennacherib put to death when he came
fleeing from Judea in those days of judgment that the king of heaven
executed upon him because of his blasphemies.” No mention is made
of the Rabshakeh. What is decisive for the author of Tobit is that King
Sennacherib had been duly punished by the King of Heaven.
A second text, Tob 1: 22, mentions a different Rabshakeh. Tobit
identifies his nephew Ahikar as a rab šāqēh (chief cupbearer) serving
under Sennacherib’s son Essarhadon: “Now Ahikar was chief cup-
bearer (hqwÏ br), keeper of the signet, and in charge of administration
of the accounts under King Sennacherib of Assyria; so Esar-haddon
reappointed him”.10 One wonders if the later Jewish tradition making
the Rabshakeh of 2 Kgs an Israelite, something the Bible does not do, is
in any way related to this account about Tobit’s nephew, who is both
an Israelite and a Rabshakeh.
A brief reference to the invasion of Sennacherib is found in 1 Macc
7 : 41: “When the messengers from the king spoke blasphemy, your
angel went out and struck down one hundred eighty-five thousand of
the Assyrians.” 3 Macc 6 : 5 contains a slightly longer reference:
Sennacherib exulting in his countless forces, oppressive king of the Assyr-
ians, who had already gained control of the whole world by the spear and
was lifted up against your holy city, speaking grievous words with boast-
ing and insolence, you, O Lord, broke in pieces, showing your power to
many nations.
8 This translation follows SKEHAN / DI LELLA, Wisdom 538. The Hebrew text can be
found in BEENTJES, Book 86.
9 SKEHAN / DI LELLA, Wisdom 538. The Bibel in gerechter Sprache interprets the text in
the same way: “und Rabschake erhob seine Hand gegen Zion” (BAIL et al. [eds.],
Bibel).
10 4Q196 Fragment 2 reads: hqw br; for a convenient synopsis of the original texts see
WEEKS / GATHERCOLE / STUCKENBRUCK (eds.), Book 90f.
The Rabshakeh in Late Biblical and Post-Biblical Tradition 187
3. Post-Biblical Traditions
Other traditions make him the son of Isaiah himself, or his grandson.
For example, manuscript M of Berakoth 10b reads:
Finally [Isaiah] gave [Hezekiah] his daughter [in marriage] and there is-
sued from him Manasseh and Rabshakeh. One day he [Hezekiah] carried
them on his shoulder to the Synagogue and one of them said, “Father’s
bald head is good for breaking nuts on,“ while the other said, “It is good
for roasting fish on.“ He thereupon threw them both on the ground and
Rabshakeh was killed, but not Manasseh.13
HAYIM TADMOR has argued for an historical basis for the tradition that
the Rabshakeh was an apostate. According to TADMOR, of the three
Assyrian officials mentioned in 2 Kgs 18 :17 only two, the Tartan and
the Rabsaris are known to have performed military roles in the neo-
Assyrian empire. He finds little evidence that the “Chief Cupbearer”
regularly performed the kind of military role assigned to him in the
biblical account.14 To explain this apparent breach of protocol, that is,
that the Rabshakeh does all the talking even though these other
officials outrank him, TADMOR suggests it was the Rabshakeh’s status
as an Israelite that qualified him to speak. The theory that he was an
apostate Israelite would thus account for his knowledge of the Hebrew
language and of things Judaean and help to explain the apparent
breach of protocol. TADMOR’s argument is attractive but overlooks
15 GELB, šāqû A in rab šāqı̂, cites texts in which chief cupbearers appear to direct troops
and oversee provinces. VAN DER KOOIJ, Heer 104 n. 77, discusses the rank of the
Assyrian officials and gives instances in Akkadian texts where the position of the
Rabshakeh varies between second and third rank.
16 Theodore of Mopsuestia, Commentaire 342.
17 Ishodad of Merv, Commentaire III, 142f.
The Rabshakeh in Late Biblical and Post-Biblical Tradition 189
biblical text. He sees the Lord’s destruction of the Assyrian army and
the salvation of Jerusalem as the answer God provided to the Rab-
shakeh’s words. An answer that was conveyed in deeds, rather than by
words.
The Rabshakeh also served as a trigger for polemics against all the
perceived enemies of the Church. In his Commentary on Isaiah the
monk Herveus of Bourg-Dieu writes:
Rabshakeh, because he functions as a type for Jews and heretics as well as
pagans, speaks in the voice of all of these . . . What is designated by Rab-
shakeh if not the famed friendship of the scribes and the Pharisees? . . . let
us by Rabshakeh understand the Pharisees and the Sadducees and the
leaders, in such a way that we also allow that name to include secondarily
other leaders of the adversaries of the church, i.e., the leaders of the heretics
and the gentiles.20
Here again the proper response of the wise person is silence, as Heze-
kiah demonstrated and as the texts Jerome can cite from the psalms
and wisdom books confirm.
that of the heretics of his own day, among whom he includes Nesto-
rius.24 Such use of the Rabshakeh’s name continued well into modern
times. An anonymous pamphlet published in London in 1691 was
entitled Rabshakeh Vapulans (Rabhsakeh Thrashed).25 A similar work
appeared four years later: Rabshakeh Rebuked, and His Railing Accusa-
tions Refuted.26 Both pamphlets deal with confessional and political
controversies in late seventeenth-century Britain.
In homiletic usage the Rabshakeh came to be seen as a symbol of
moral evil. Bonaventure writes: “By the Rabshakeh, who was sent by
the King of the Assyrians to blaspheme God, is understood the bad
Christian, who is sent by a diabolical suggestion to commit sin, and
thus blaspheme God.” 27 Jerome’s spurious etymology of the name
Rabshakeh as “chief of kissing” or “abundant in kissing”,28 an etymolo-
gy found in the Glossa Ordinaria to 2 Kgs 17, led later preachers such
as Gottfried of Admont (12 th century) to draw a connection between
the Rabshakeh and sexual excess. Gottfried explains: “The name
Rabshakeh, which is interpreted as ’chief of kissing‘, or ’abundant in
kissing‘, signifies – not inappropriately – the spirit of carnal desire.” 29
In a model marriage sermon from the 13 th century, the Dominican friar
Gérard de Mailly compares the Rabshakeh to the Devil. He under-
stands Hezekiah’s command not to respond to the Rabshakeh (Isa
36 : 21) to mean that a bride should not reply to the speeches or sugges-
tions of the Devil, even if she cannot help but to hear them.30
4. Conclusion
This paper has studied the interpretive life of the Rabshakeh in Jewish
and Christian sources. Three general conclusions from our survey of
the biblical and post-biblical materials can be proposed:
a. The first is that already in the Hebrew Bible, as exemplified in the
B 2 account and in 2 Chr 32, there has been an attempt to remove
some of the sting of the Rabshakeh’s words, a type of diminution
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2 Den Eindruck erweckten die Rezensionen zu meinen Untersuchungen; vgl. vor allem
MITTMANN-RICHERT, Einführung 156 – 171; sie schloss sich meinen Ergebnissen an
und führte sie weiter. Aber GÜNTER STEMBERGER hat mich im Sommer bei einer
Tagung freundlich kritisiert und mir entgegengehalten, es sei eine meiner typischen
Frühdatierungen und DAVID SATRAN habe doch recht. So ergreife ich die Gelegenheit
und antworte mit diesem Beitrag zugleich GÜNTER STEMBERGER und meinen anderen
Kritikern, zu denen auch D. SATRAN insofern gehört, als er meine Dissertation kannte,
aber die Diskussion mit meinen Ergebnissen nicht mehr in sein Buch aufnahm.
3 SATRAN, Daniel; SATRAN, Lives; SATRAN, Prophets; SATRAN, Prophets in Byzantine
Palestine 77: „It is as ill-advised to deny categorically the possibility of a Jewish text
underlying the Lives as it would be futile to speculate about the nature or contents of
such a document. We simply remain uncertain whether such a text ever existed and,
if so, what its form may have been.“ Im Anschluss an ihn, aber sehr viel weniger
vorsichtig, behandelt die Jerusalemer Dissertation von NIR, Destruction 68f.71, die
VitProph; R. NIR – eine Schülerin von EFRON – hält alle apokalyptische Literatur für
christlich (11). Ihre Untersuchung ist philologisch und historisch recht oberflächlich.
Zur apologetischen Tendenz vgl. unten Anm. 57.
Vitae Prophetarum und Neues Testament 201
deren Herkunft man sich anscheinend endlos streiten kann. Sind sie
nun in ihrem Ursprung jüdisch und von Juden verfasst und später
christlich tradiert und ergänzt worden oder gehören sie zu den christ-
lichen Schriften, die jüdische Traditionen aufgenommen, bewahrt und
weitergebildet haben? Hinzu kommt, dass auch die christlichen Ergän-
zungen unterschiedlich eingeschätzt werden. SATRAN hat in mehreren
Untersuchungen die christliche Herkunft verfochten und sich dabei
vor allem auf die Vita des Propheten Daniel gestützt, aber – so viel ich
sehe – nie alle Viten im Ganzen untersucht. Es sind gerade die Ele-
mente in den VitProph, die SATRAN vernachlässigt oder von vornher-
ein für unsinnig erklärt hat, die es nahelegen, dass die VitProph als
frühjüdische Schrift konzipiert wurden. SATRAN will und kann den
Prozess der Tradierung der Rezensionsformen nicht deutlich machen,
denn genau dies rügt er als einen naiven rückwärts gewandten Kon-
sens in der Forschung, die mit ihrer Suche nach dem Urtext auf dem
Holzweg gewesen sei.4
Die Argumente, die SATRAN zur Deutung der VitProph als christ-
lichem Text anführt, lassen sich zumeist eindeutig und leicht widerlegen:
1. Zu seiner falschen Bestimmung der Gattung: Für eine frühe und
jüdische Herkunft spricht die Gattung der VitProph. Sie stellen kei-
nen völlig singulären Text dar, wie man immer wieder lesen kann.
Dieser Eindruck entsteht, wenn man nur die jüdische bzw. christ-
liche Literatur vergleicht. Seit dem 3. Jahrhundert v. Chr. gab es
jedoch in der griechischen Literatur die variantenreiche Gattung
des Bios, unter anderem die Sammlungen von Kurzbiographien
über Philosophen, Dichter, Staatsmänner. Die VitProph richten sich
nach dem Vorbild der in hellenistisch-römischer Zeit entstandenen
Vitensammlungen. Und zwar gehören sie zu der sehr schlichten
Form, wie sie sich etwa in dem POxy 1800 erhalten haben, einem
Kompendium von „Bildungswissen“ 5 über philosophische und li-
terarische Gestalten mit besonderem Interesse an ungewöhnlichen
Todesarten. Sappho hätte sich aus Liebeskummer zu Tode gestürzt
– sie war hässlich; Euripides sei wegen seiner Asebie von Hunden
gefressen worden. Äsop sei von den Delphern den Felsen hinab-
gestürzt worden, weil er sie des Opferfrevels überführt hatte. Dar-
aufhin suchte eine Seuche die Stadt heim, die erst aufhörte, als die
Delpher ihm sühnende Opfer dargebracht, den Todesort mit einer
Mauer abgegrenzt und einen Altar für den Heros errichtet hatten.6
Hier finden wir genau dasselbe Nebeneinander von längeren Vi-
ten, dem Bios, und ganz kurzen, dem Genos, ganz wie in den
VitProph. Zudem haben die VitProph und die griechischen Viten-
sammlungen folgende Elemente gemeinsam:
1. Chronologische Ordnung,
2. Ordnung nach Gruppen einer bestimmten Schriftstellergattung,
3. vorangestellter Name,
4. Herkunft,
5. Todesart,
6. Todesort,
7. Grab (und Ehren),
8. kennzeichnende Episoden aus dem Leben.
6 POxy 1800 (F 2 ii 33 – 63), deutsche Übersetzung in: SCHWEMER, Studien I, 47; vgl.
SCHWEMER, Vitae 544f. Es ist anzunehmen, dass es im Alten Israel eine ähnliche
Totenverehrung gab, die zwar als Sitten der Kanaanäer scharf abgelehnt, aber den-
noch praktiziert wurde. Siehe dazu VAN DER TOORN, Family Religion; VAN DER
HORST, Prophetengräber 6f, der annimmt, dass der Totenkult angesichts des sich
durchsetzenden strengen Monotheismus in nachexilischer Zeit in den Untergrund
ging. Wahrscheinlich lebte er weiter in Form des Besuchs der Gräber in Hoffnung auf
die Fürbitte der dort Ruhenden und in der Erwartung der dort geschehenden Wun-
der, wie wir aus den VitProph schließen können.
7 SATRAN, Prophets in Byzantine Palestine 90f.102 –105.
8 Siehe die Edition von SCHERMANN, Prophetarum vitae.
Vitae Prophetarum und Neues Testament 203
. . . Und da dieses durch Jesaja geschah, begrub ihn das Volk um des An-
denkens willen in der Nähe mit Sorgfalt und Pracht, damit es durch seine
Gebete auch nach seinem Tode in gleicher Weise in den Genuss des Was-
sers käme, denn es war ihnen auch eine Weissagung über es gegeben wor-
den. Das Grab aber ist in der Nähe des Grabes der Könige, hinter dem
Grab der Priester auf dem Teil Richtung Süden.“
Oder kurz:
„Joel war aus dem Land des Stammes Ruben im Gehöft Bethomoron. In
Frieden starb er und wurde dort begraben.“
Zeit und in Jesu Umwelt. Sogar auf die Bauten des Herodes I. am
David-Grab und dann in Hebron und Mamre, die durch Josephus
bezeugt bzw. archäologisch gesichert sind, geht er nicht ein. Die
Bauten in Hebron und Mamre sind im selben Stil wie der Jerusa-
lemer Tempel errichtet.13 Am David-Grab rühmt Josephus den
schönen weißen Stein und gibt an, Herodes habe es als eine „Süh-
negabe“, iëlasthÂrion mnhÄma, für seinen Grabfrevel errichtet.14 So
nimmt es nicht wunder, dass PIETER W. VAN DER HORST in seiner
DELITZSCH -Vorlesung zu den Prophetengräbern SATRAN nicht zu-
stimmen konnte und zu dem Ergebnis kommt:
„Die Annahme eines christlichen Hintergrundes [für die VitProph] im spä-
ten 4. Jh. schafft mehr Probleme, als sie löst, und sei es nur, daß das Wort
Jesu und die frühen christlichen Pilgerberichte über (jüdische) Gräber bi-
blischer Heiliger ihres Kontextes beraubt werden. Wir sind also zu dem
Schluß genötigt, daß es tatsächlich einen frühen, in das 1. Jh. zurückrei-
chenden jüdischen Kontext für die Grabtraditionen der Vitae Prophetarum
gibt.“ 15
19 Siehe dazu FREYNE, Galilee 60.67f.128.177 – 182; HENGEL / SCHWEMER, Jesus 274. Vgl.
Joh 7,52.
20 Paulinus von Nola, Epistulae 23,19 – 20 (HARTEL, 177); Johannes Chrysostomus, A
Théodore 1,6 (DUMORTIER, 106); Cyrill von Jerusalem, Opera, Catecheses 2,18
(MIGNE, 407A; REISCHEL I, 60 – 62; vgl. die recensio altera MIGNE, 421C); dazu SATRAN,
Prophets in Byzantine Palestine 86f.
21 Dan 4,16.33 (LXX) spricht am deutlichsten von körperlicher Verwandlung; sie klingt
aber auch bei Theodotion an.
22 So schon in: SATRAN, Daniel 39f; weiter SATRAN, Prophets in Byzantine Palestine 90f.
23 Vgl. Josephus, Antiquitates Iudaicae 10,190: oÍspria kaiÁ foiÂnikaw.
24 tMak 2,1; vgl. dazu DEINES, Steingefäße 236.
206 ANNA MARIA SCHWEMER
König, die in den VitProph wie im Gebet des Nabonid aus Qumran
erscheint und entscheidend ist, bei den Kirchenvätern zu fehlen.25
Dan 4 wurde aus verständlichen Gründen im 4. Jahrhundert als
Thema von der Kirche wiederentdeckt, vorher, aber auch noch
nachher war Dan 7 für Christen sehr viel wichtiger.26 Zudem ver-
wendet die Daniel-Vita den alten LXX-Text, der im 4. Jahrhundert
praktisch schon verschwunden war, neben der Theodotion-Über-
setzung. Einem christlichen Hagiographen kann das im 4. Jahrhun-
dert nicht so einfach aus der Feder geflossen sein. Dass die rabbi-
nische Haggada ein anderes Bild von Nebukadnezar zeichnet, ist
nicht verwunderlich, denn sie legt ja den aramäischen Text aus und
nicht den hier stark abweichenden griechischen, in dem eine tat-
sächliche Verwandlung des Königs beschrieben wird. Ich halte es
für völlig verkehrt, die rabbinische Haggada zum Maßstab für das
zu machen, was im 1. Jahrhundert n. Chr. als jüdisch gelten kann.
In der halachischen Auslegung sehen wir eine durchgehende Kon-
tinuität von den Diskussionen in den Texten aus Qumran bis zu
den rabbinischen. In der Haggada dagegen sind sehr viel mehr
Umwandlungen, gerade auch polemische, und Brüche festzustel-
len. Es ist ja kein Zufall, dass die jüdisch-hellenistische Literatur in
griechischer Sprache, wie Josephus und Philo und all die anderen
Autoren, von denen wir nur noch Bruchstücke haben, nur in der
Kirche tradiert wurden und erhalten blieben. Die Daniel-Vita zeigt
zudem Berührungen mit den Testamenten der Zwölf Patriarchen,
die ich an diesen Stellen nicht für christlich halte.27 Aber da beißt
sich die Katze in den Schwanz . . .
5. Es gibt christliche Interpolationen und Kürzungen in allen hand-
schriftlichen Zeugen der VitProph. Keine der Rezensionsformen ist
von christlichen Korrekturen frei. So etwa, dass die Wiederkunft
des Kyrios zum Sinai zu erwarten sei, wenn alle Völker das jyÂlon,
25 Der König wird durch die Verwandlung bestraft, damit er – durch Buße – gerettet
wird (eÆmastigoyÄto Ïina svûh
ì Ä ); vgl. Cyrill von Jerusalem, Opera, Catecheses 2,18
(MIGNE, 407A; 421C). Die Fürbitte der Propheten für Einzelpersonen und für das
Volk in lebensbedrohlichen Situationen bildet dagegen einen charakteristischen Zug
in alttestamentlichen und frühjüdischen Texten. In den VitProph sind die großen
Propheten (Jesaja, Jeremia, Ezechiel und Daniel) solche Fürbitter und Wundertäter.
Die lange Liste der Wunder von Elia und Elisa sind Bibelparaphrase und scheinen
sekundär zugewachsen zu sein. Vgl. auch unten.
26 Vgl. die Belege in ALLENBACH u. a. (Hg.), Biblia Patristica.
27 Zum Nachweis siehe SCHWEMER, Studien I, 346f.350 und öfter.
Vitae Prophetarum und Neues Testament 207
28 SCHWEMER, Studien I, 215ff; NIR, Destruction 68f, sieht die Legende vom Verbergen
der Lade und ihrer Auferstehung insgesamt in Abhängigkeit vom Begräbnis und der
Auferstehung Jesu in den Evangelien (siehe dazu unten Anm. 52). Die Lade (kibvtoÂw)
sei nichts anderes als die Arche, die die Kirche symbolisiere. Das könnte vielleicht
eine Interpretation der Vita Jeremias aus dem 5. Jahrhundert sein, aber auch eine
solche ist nicht belegt. Nir scheint mir für ihre Rekonstruktion vom englischen Text
auszugehen.
29 Vgl. Jes 7,14 (LXX: parûeÂnow); 19,1 (LXX); 19,20 (LXX); Jer 18,7.9 (LXX); zu weiteren
Parallelstellen siehe SCHWEMER, Vitae 576ff. Zum Ritual der jährlich in Ägypten in
den Geburtshäusern der Tempel gefeierten „Geburt des Kindes“, d. h. des Pharao,
aus der „Jungfrau“, der Königin und Gemahlin des Pharao, siehe BRUNNER-TRAUT,
Pharao. Auf ganz anderem Wege stellt MERKLEIN, Einflüsse, eine Verbindung zwi-
schen jüdischen Traditionen aus Ägypten, die auf die lukanische Kindheitsgeschichte
eingewirkt haben, her und kommt zu dem Schluss, dass Lk 1,34f eine „über das
hellenistische Judentum vermittelte spätägyptische Weiterentwicklung des klassi-
schen ägyptischen Mythos von der Zeugung bzw. der Geburt des Gottesohnes“ (34)
aufnimmt.
30 Vgl. dagegen den Artikel von HENGEL, faÂtnh 55 Anm. 44; auch MITTMANN-RICHERT,
Einführung 117 Anm. 39, hält die ganze Passage in der Jeremia-Vita (VitProph 2,8)
für christlich, denn die messianische Erwartung würde in den VitProph fehlen, weil
der Zion seine Heilsfunktion verloren habe. Nun, die Jeremia-Vita erzählt von einem
kriegerischen Messias, der dem Götzendienst der Ägypter und der Herrschaft der
Ptolemäer ein Ende bereitet (zur Erwartung eines solchen „Messias“ vgl. die vorige
Anm.). Schließlich wurde auch der jüdische Aufstand in der Kyrenaika und Ägypten
unter Trajan (115 –117 n. Chr.) von einem messianischen „König“ Lukuas angeführt
(Eusebius, Historia ecclesiastica 4,2,4). Zu den messianischen Erwartungen in Ägyp-
ten siehe HENGEL, Hoffnung; HORBURY, Beginnings.
208 ANNA MARIA SCHWEMER
Es ist das bleibende Verdienst von JOACHIM JEREMIAS, dass er nicht nur
breit alle Überlieferungen zur Verehrung und Pflege der jüdischen
Heiligengräber zusammengetragen und kommentiert und auf diesem
Hintergrund auch den Weheruf Jesu über die Erbauer von Propheten-
gräbern beleuchtet hat, sondern er hat auch auf die Bedeutung dieser
Hochschätzung für die Überlieferung vom Grab Jesu hingewiesen.33
33 JEREMIAS, Heiligengräber.
34 1 Makk 13,27– 30. JEREMIAS, Heiligengräber 64 – 68; VAN DER HORST, Prophetengräber.
Zu Jerusalem siehe jetzt KÜCHLER, Jerusalem 43.78.698 – 729.734 – 738.
35 MITTMANN-RICHERT, Einführung 162.168.
36 Nach Dio Cassius, Epitome 69,14,2, stürzte „Solomos Grabmal, das die Juden hoch
verehren“ im Bar Kochba-Krieg von selbst ein. Vgl. zu den von R. WEILL auf dem
Südosthügel vermuteten Resten der Grabhöhlen der David-Dynastie: KÜCHLER, Je-
rusalem 81f.83f; es handelt sich nicht um die davidische Grablege, sondern um die
„Substrukturen der Theodotos-Synagoge“.
37 Josephus, Antiquitates Iudaicae 10,187; Vita 1 – 6.
210 ANNA MARIA SCHWEMER
38 Josephus, Antiquitates Iudaicae 16,179 – 183. Auch die weitere Angabe des Josephus,
der das „häusliche Unglück“ des Königs mit seiner Grabschändung verbindet
(10,188), stimmt mit dem Motiv des Grabfrevels überein. In der Jesaja-Vita (VitProph
1,9) trifft Gottes Fluch den König Hiskia, weil dieser die davidische Grablege mit
Heiden verunreinigt hatte, sodass er selbst von da an unfruchtbar wurde und seine
Nachkommen später ins Exil mussten. Dem Grabschänder droht schon der inschrift-
liche Grabfluch auf den Särgen kanaanäischer und phönizischer Kleinkönige mit
Vernichtung der Nachkommenschaft und Unfruchtbarkeit. Siehe SCHWEMER, Vitae
569.
39 Apg 2,25 – 31; 13,34 – 36.
Vitae Prophetarum und Neues Testament 211
„[s]ie rufen mit ernsten Worten das Volk auf, durch Sühnemäler die Pro-
phetenmorde der Väter zu sühnen und stehen selbst im Begriff, einen Pro-
phetenmord, furchtbarer als die Morde der Väter, zu begehen.“ 40
In diese Richtung zielt der Vorwurf bei Lukas: „Ihr seid einverstanden
mit den Taten eurer Väter!“ syneydokeiÄte toiÄw eÍrgoiw tv Ä n.
Ä n pateÂrvn yëmv
Der Vergleich zwischen Lukas und Matthäus zeigt, wie Matthäus die
Polemik aus der Sicht seiner – späteren – Zeit verschärft und aktuali-
siert:
„Ihr habt das Maß eurer Väter voll gemacht. Schlangen und Otterngezücht,
wie wollt ihr dem Gericht der Gehenna entkommen?“ 41
40 JEREMIAS, Theologie 145. In den VitProph fehlt jedoch der Gedanke der Sühne, diesen
finden wir bei Josephus, Antiquitates Iudaicae 16,179 – 182 (siehe oben Anm. 14 und
38) und in POxy 1800 für den Mord an Äsop (siehe oben). Einen Satz wie Sir 46,20
(LXX) sucht man in den VitProph vergebens. Hier setzt der Enkel den Abschlussvers
seines Großvaters über den Propheten Samuel: „Und auch nach seinem Tod wurde er
befragt und er verkündete dem König sein Ende (hebräisch: seine Wege) und er
erhob aus der Erde seine Stimme durch (das Wort / den Geist der) Prophetie“ (haubnb,
vgl. 11QPs a XXVII 11), einen weiteren Versteil hinzu, in dem er die Absicht dieser
Prophetie erklärt: „um durch (das Wort / den Geist der) Prophetie auszulöschen das
Vergehen des Volkes“ (eÆn profhtei
ì Â aì eÆjaleiÄcai aÆnomiÂan laoyÄ).
41 Die Schärfe ist das Resultat der Trennung zwischen Judentum und Christentum um
90. „Mt 23 wäre ohne eine akute Auseinandersetzung mit den jüdischen Führern
nicht geschrieben worden. Das Kapitel weist zugleich auf die Herkunft des Evan-
gelisten hin. Ähnlich wie Paulus wird er in seiner Polemik dort am schärfsten, wo er
sich indirekt auch mit seiner eigenen Vergangenheit auseinandersetzt“, so HENGEL,
Bergpredigt 375; vgl. BECKER, Kathedra; zur Datierung der Evangelien siehe HENGEL,
Gospels.
42 VitProph 2,1– 6. Vgl. Sir 48,13f zum Elisa-Grab: „Kein Ding war ihm zu wunderbar,
noch aus dem Grab heraus wirkte sein Leib prophetisch. Zu Lebzeiten vollbrachte er
Wundertaten und bei seinem Tod staunenswerte Werke.“ Auch Ezechiel ist ein sol-
cher hervorragender Wundertäter. Die lange Liste der Wunder bei Elia und Elisa ist
den VitProph vermutlich sekundär zugewachsen.
212 ANNA MARIA SCHWEMER
kende Kraft seiner Gebete und auf seine Verheißung über den Siloah
als Lebensquell und -ader der Stadt.43 Von eigener Schuld oder gar von
Sühne für den gewaltsamen Tod der Propheten aus der Sicht des Vol-
kes ist in den VitProph nicht die Rede, es wird jedoch betont, dass
Jeremia, der „Prophet für die Völker“, der von seinen Landsleuten
gesteinigt wurde, von den Ägyptern besonders verehrt wird.44
Im Jesus-Wort richtet sich die Anklage nicht an das Volk, das die
Gräber ehrt, sondern gegen die religiöse Elite, die den Gräberbau ver-
anlasst und fördert. Bei den Adressaten hat Lukas ein ursprüngliches
Element erhalten, während Matthäus stereotyp von den „Schriftgelehr-
ten und Pharisäern“ spricht. Die Gesetzeslehrer 45 werden damit als die
treibende Kraft bei der Unterstützung der Traditionspflege bezeichnet.
Beim modernen Leser erwecken die VitProph zwar nicht den Eindruck
besonderer Gelehrsamkeit, sondern werden als Zeugnisse der „Volks-
religion“ 46 bzw. Volksfrömmigkeit eingestuft. Doch die in den VitProph
enthaltene haggadische Schriftauslegung, gerade die Legenden, bedür-
fen der Pflege und die Abfassung der VitProph selbst bedurfte vielsei-
tiger geographischer und historischer Kentnisse. Die alttestamentlichen
Gestalten wurden nicht nur von den Vätern den Söhnen als Vorbild
vor Augen gehalten,47 sondern dienten als anschauliche Ausschmü-
ckung der Predigt. Es ist kein Zufall, dass die wenigen Beispiele der
frühen Synagogenpredigt, die uns erhalten sind, wie etwa die pseudo-
43 VitProph 1,5. MITTMANN-RICHERT, Einführung 166f, meint, dass die Fürbitte der Pro-
pheten an die Stelle der kultischen Sühne im gefährdeten Tempel getreten sei. Ich
kann ihr da nicht zustimmen. Die Fürbitte der Propheten hat ihre Vorgeschichte im
Alten Testament; zur prophetischen Interzessio siehe JANOWSKI, Stellvertretung 27ff
(Literatur). Vgl. auch VAN DER HORST, Prophetengräber 7f.13f. Die Jesaja-Vita berich-
tet von der Rettung der Stadt bei der Belagerung durch Sanherib (2 Kön 18 – 19; Jes
37,36f ) durch den Propheten, dessen Grab in der Stadt lag und wegen der Rettung
durch ein Quellwunder von ihren Bewohnern verehrt wird. Dieses Rettungswunder
war das Paradigma schlechthin für die Bewahrung der Stadt vor dem Untergang
durch Feinde; vgl. Sir 48,20; Tob 1,18 (G II); ausführlich Josephus, Bellum Iudaicum
5,362 – 419. Innerhalb der VitProph widerspricht dieser Tradition die Prophetie Jonas,
der Jerusalems Zerstörung weissagt. In Sir 49,7 verheißt Jeremia – im Gegenzug zu
Jesaja – den Untergang der Stadt. Vgl. dazu SCHWEMER, Studien I, 130 – 136.
44 Jer 1,5.10; VitProph 2,2ff.
45 Zum Stand der Gelehrten siehe JEREMIAS, Jerusalem 265 – 278; SCHÜRER, History
314ff.356ff; zur Forschungsgeschichte siehe DEINES, Pharisäer 642 Index sub voce
„Volksfrömmigkeit vs. Gelehrtenfrömmigkeit“. Vgl. zu dieser erzählenden Form der
frühjüdischen Exegese in Palästina die gründliche Untersuchung von DOCHHORN,
Apokalypse 116 – 120.149 – 172.
46 Siehe den Titel von JEREMIAS’ Monographie von 1958; vgl. weiter etwa STRANGE,
Archaeology 667f.
47 4 Makk 18,10 –19.
Vitae Prophetarum und Neues Testament 213
Sicht mit größerem Abstand von der Katastrophe im Jahr 70 und ver-
steht die Zerstörung Jerusalems – wie HANS-JÜRGEN BECKER 59 gezeigt
hat – in großer Nähe, ja in einer gemeinsamen „Familiensprache“ mit
den ihm zeitgenössischen frühen Rabbinen als gerechte Strafe für die
vorangegangene Schuld Israels, von der Matthäus die Christen jedoch
frei sieht.
In den VitProph heißt es über diesen Sacharja:
„Sacharja (war) aus Jerusalem, der Sohn Jodaës des Priesters; ihn tötete
Joas, der König von Juda, in der Nähe des Altars, und es vergoss sein Blut
das Haus David mitten vor dem Ailam. Und es nahmen ihn die Priester
und begruben ihn bei seinem Vater.“ 60
59 BECKER, Zerstörung.
60 VitProph 23,1ff.
61 Vgl. oben Anm. 14 und 35; aber Josephus, der als Jerusalemer dieses „iëlasthÂrion
mnhÄ ma“ gesehen hat, stellt eine solche Verbindung nicht her: Josephus, Antiquitates
Iudaicae 9,167ff, prophezeit Sacharja der Volksmenge und dem König eine schwere
Strafe, wenn sie nicht von ihrer Vernachlässigung des Gottesdienstes und ihren Ge-
setzesübertretungen abließen. Den Mord an Sacharja rächen (eÆkdikoyÄntew) dann bald
darauf die Freunde des Königs, d. h. seine Höflinge, indem sie den König umbringen,
der dann – 2 Chr 24 folgend – nicht in der königlichen Grablege bestattet wird
(Antiquitates Iudaicae 9,171f ). Vom Grab des Sacharja berichtet Josephus dagegen –
im Gegensatz zur Bestattung von dessen Vater (eÆn taiÄw basilikaiÄw ûhÂkaiw) (9,166) –
ebenso wenig wie von dem des Propheten Jesaja.
62 Zum großen Komplex der Ausgestaltung der Sacharja-Legende vgl. SCHWEMER,
Studien II, 287– 320.326; zu den altkirchlichen Nachrichten über das frühjüdische
Sacharja-Apokryphon vgl. DUBOIS, Études 258 – 303; dort auch zu den rabbinischen
Belegen 56ff; weiter BECKER, Zerstörung 62 – 68; EGO, Targum Scheni 180f: Als frü-
hester Tradent wird für die rabbinische Blutlegende R. Jehoschua b. Qarcha (130 – 160)
genannt, der selbst die Geschichte in Jerusalem von einem alten Mann gehört haben
will. B. EGO erwägt eine Datierung in die Zeit der „Hadrianischen Verfolgung“.
216 ANNA MARIA SCHWEMER
Er zeigt damit, dass er die Auswirkung von Sacharjas Tod auf den
Tempel kennt, wie sie in dieser Weise in der Sacharja-Vita noch nicht
anklingt (siehe unten), aber in der rabbinischen Haggada ausgestaltet
wird. In späteren Rezensionen der VitProph dringt der Wortlaut von
Mt 23,35 ein und die Sacharja-Vita wird zur christlichen Zacharias-
Legende, die in dem Ermordeten den Vater des Täufers sieht, eine
Legende, die durch das Protevangelium des Jakobus seit ca. der Mitte
des 2. Jahrhunderts n. Chr. und wahrscheinlich auch im Brief der Mär-
tyrer von Lyon belegt ist (177 n. Chr.).64
Die ersten Christen haben den Ort, „wo sie den Herrn hingelegt haben“
(Mk 16,6), im Gedächtnis behalten, aber wir finden kein Indiz für eine
frühe Verehrung des Grabes.65
Die Überlieferung vom Auffinden des leeren Grabes Jesu ist mit
den Frauen verbunden, die dieses Grab zu ihrem großen Schrecken am
66 Vgl. HENGEL, Maria Magdalena; HENGEL, Begräbnis 123; HENGEL / SCHWEMER, Jesus
641– 644.
67 Josephus, Antiquitates Iudaicae 4,219.
68 Siehe dazu ILAN, Women 163 – 166.
69 Origenes, Contra Celsum 2,55.
70 Vgl. dazu HENGEL, Begräbnis 135.
218 ANNA MARIA SCHWEMER
zurückgehen. Für sie war nicht das Grab „das ehrwürdige und aller-
heiligste Zeugnis der Auferstehung des Heilands“ (toÁ semnoÁn kaiÁ pan-
Ä w svthriÂoy aÆnastaÂsevw martyÂrion),71 sondern diejenigen, die
aÂgion th
den Herrn gesehen hatten. Das leere Grab an sich war völlig ambiva-
lent und löste „Zittern und Entsetzen“ (Mk 16,8: troÂmow kaiÁ eÍkstasiw)
aus. Erst die Ostererscheinungen machten es verständlich.72
Auch PETER STUHLMACHER hat im Anschluss an JOACHIM JEREMIAS
darauf hingewiesen, dass die Berichte vom leeren Grab Jesu keine spä-
te apologetische Legende sein können, sondern wie die Traditionen
von den Frauen am Grab und Maria Magdalena als erste der Aufer-
stehungszeugen zu den frühen Elementen der Osterüberlieferungen
gehören müssen.73 Ebenso betont JAMES D. G. DUNN in seinem Jesus-
Buch mit Verweis auf die VitProph, dass die Spekulationen vieler Neu-
testamentler über das Begräbnis Jesu in einem Massengrab völlig halt-
los sind, dass die ersten Christen vielmehr dem Grab, in dem Jesus
gelegen hatte, wenig Beachtung schenkten, weil er nicht in diesem
Grab geblieben war.74 Doch die Stelle des Grabes behielten die Christen
in Erinnerung bis in die Zeit Konstantins.
Im neuen Jerusalem-Führer von MAX KÜCHLER 75 sind die topogra-
phischen Verhältnisse ausführlich beschrieben. Auch KÜCHLER rechnet
mit einer Jerusalemer Lokaltradition für Golgata und für das Grab, die
die Stadterweiterung von Agrippa I., die Eroberung und Zerstörung
durch Titus im Jahr 70 und den Neubau des Stadtzentrums von Aelia
Capitolina durch Hadrian überdauert hat, und mit einem Traditions-
zusammenhang zwischen dem Grab Jesu und dem Heiligtum Kon-
stantins. Er begründet dies durch einen Hinweis auf die VitProph und
mit der Zitierung des Schlussworts von JOACHIM JEREMIAS’ Heiligen-
gräber:
„Diese Welt der heiligen Gräber war ein realer Bestandteil der Umwelt, in
der die Urgemeinde lebte. Es ist undenkbar, dass sie, in dieser Welt lebend,
das Grab Jesu der Vergessenheit anheimgegeben haben sollte.“
71 Eusebius, Vita Constantini 3,28. J. JEREMIAS zitiert dies als Schlusswort seines Buches
über die Heiligengräber.
72 Vgl. dazu HENGEL, in: HENGEL / SCHWEMER, Jesus 641– 644.652 und öfter.
73 STUHLMACHER, Theologie 175 – 179.
74 DUNN, Christianity 781ff.837f.
75 KÜCHLER, Jerusalem 418ff (Zitat 420).
Vitae Prophetarum und Neues Testament 219
Für das Tempelwort Jesu (Mk 14,58) haben die VitProph einige Paral-
lelstellen erhalten, die man zum Vergleich heranziehen sollte. Dieses
Tempelwort wird als Vorwurf der falschen Zeugen beim Verhör Jesu
vor dem Hohen Priester und seinem Synhedrium von Markus mitge-
teilt und trägt alle Züge von Echtheit:
ÆEgvÁ katalyÂsv toÁn naoÁn toyÄton toÁn xeiropoiÂhton
kaiÁ diaÁ triv
Ä n hëmerv
Ä n aÍllon aÆxeiropoiÂhton oiÆkodomhÂsv
„Ich werde diesen mit Händen gemachten Tempel niederreissen,
und nach drei Tagen einen anderen, nicht mit Händen gemachten Tempel
erbauen.“
76 Apg 6,14.
77 Siehe dazu SCHWEMER, König 356f; ÅDNA, Stellung, passim.
220 ANNA MARIA SCHWEMER
lung gegangen war. Nun trat als Tempelwort das wörtliche Schriftzitat
an seine Stelle:
„Mein Haus wird ein Haus des Gebets für alle Völker genannt werden,
ihr aber habt eine Räuberhöhle daraus gemacht.“ (Mk 11,17)
Das Mischzitat aus Jes 56,7 und Jer 7,11 spiegelt die Deutung der Funk-
tion des Tempels in der frühesten Urgemeinde, die mit der Völker-
wallfahrt zum Zion rechnete, bevor nach der Steinigung des Stephanus
und der Vertreibung der Hellenisten aus der Stadt die Hinwendung
zur Heidenmission als von Gott gewollt erkannt wurde.78
Beide Formen des Umgangs mit der Erwartung der Zerstörung des
Tempels und der Hoffnung auf den eschatologischen sind typisch neu-
testamentlich und christlich: So ein selbstbewusstes Ich-Wort von
einem Propheten finden wir in den VitProph ebenso wenig wie ein
wörtliches Schriftzitat in ihrer frühesten Überlieferungsform.79 Wieder
illustriert die bunte Blütenlese der VitProph, ebenso wie Josephus und
andere frühjüdische Schriften, was die jüdische Umwelt dachte und für
die Endzeit befürchtete und erhoffte:
In der Jeremia-Vita wird die Lade des Gesetzes nach der Zerstö-
rung des Ersten Tempels von Jeremia im Sinai geborgen. Im Eschaton
wird die Lade als Erste auferstehen. Aaron wird sie herausholen und
Mose wird die Gesetzestafeln „aufrollen“ wie ein Buch und das Gesetz
verlesen. Gottes Herrlichkeit offenbart sich in seinem Gesetz und wird
nie von diesem weichen. Zuvor sind die Heiligen vor dem Endfeind
zum Sinai geflüchtet, um dort das Kommen Gottes auf diesen Berg zu
erwarten.80
Ezechiel schaut wie Mose das himmlische Tempelurbild und den
Entwurf für den eschatologischen Tempel auf dem Zion wie Daniel.81
85 Mk 13,24f zitiert Jes 13,10; 34,10, aber sonst steht Daniel im Hintergrund: vgl. jetzt
PITRE, Jesus 312f. Er sieht in Mk 13,14 „wer es liest, der soll verstehen!“ eine Auffor-
derung Jesu an seine Jünger, das Daniel-Buch zu lesen und paraphrasiert: „‘When
you see the abomination of desolation, let he who reads (Daniel) understand’ that the
time of the end, the time of ‘unsealing’ the words of Daniel’s prophecy – the time of
the Great Tribulation – is at last at hand“ (313).
86 Vgl. PITRE, Jesus 223 – 379, der die Authentizität der eschatologischen Prophetien Jesu
in seiner Rede auf dem Ölberg (Mk 13,1 – 27) nachzuweisen sucht. Die VitProph
bezieht er nicht in seine Untersuchung ein.
87 SCHWEMER, Studien II, 129f. Vermutlich ist die Weissagung, dass der innere Vorhang,
der die Erde symbolisierte, zerrissen wird (aÏplvma . . . toyÄ DabhÂr eiÆw mikraÁ rëaghÂse-
tai), aus Hab 3,9 (LXX) entstanden: rëaghÂsetai gh Ä.
88 Mk 1,10; 15,38. Siehe dazu FELDMEIER, Der Gekreuzigte.
Vitae Prophetarum und Neues Testament 223
Nach Josephus haben die Orakel aus dem Debir 200 Jahre, bevor er
schreibt, aufgehört, weil die Gesetze nicht gehalten wurden. Er denkt
an Johannes Hyrkan als letzten Hohen Priester, der um 110 v. Chr.
89 VitProph 10,8f; vgl. SCHWEMER, Studien II, 82; MITTMANN-RICHERT, Einführung 170.
90 Vgl. etwa zur jüdischen Bewohnerschaft von Tyrus VitProph 10,2 und Mk 7,24 – 30
den Exkurs in SCHWEMER, Studien II, 64 – 67; weiter dort den Index 358 – 361 zu den
neutestamentlichen Parallelstellen.
91 VitProph 23,2. MITTMANN-RICHERT, Einführung 163 – 168, deutet diese Verse einseitig
auf den Verlust der Sühnefunktion des Tempels, obwohl es an dieser Stelle um die
Vorzeichen geht, die die Zerstörung des Tempels anzeigen, und in den VitProph
insgesamt Sühneterminologie – ja auch Opferterminologie abgesehen von den se-
kundären Passagen – fehlt, und sieht hier den „Fixpunkt des theologischen Ringens“
der VitProph, denn „auch die Vitae Prophetarum sind nur von diesem Fixpunkt her
in ihrer Tiefe zu verstehen“ (168). Das kann ich beim besten Willen in den VitProph
nicht erkennen. Sie sind gerade nicht auf ein theologisches Zentralthema ausgerich-
tet, sondern enthalten eine Sammlung aus der Vielfalt der verschiedenen endzeitli-
chen Erwartungen und sind ein Zeuge für die Aspekthaftigkeit des frühjüdischen
Denkens, dem eine systematische Dogmatik völlig fernlag und das vielmehr an der
Vielfalt der Annäherungsweisen interessiert war. Es ist doch bezeichnend, dass eine
Aussage wie Sir 46,20 (LXX) in den VitProph fehlt (siehe dazu oben Anm. 40).
224 ANNA MARIA SCHWEMER
noch einmal Orakel aus dem Debir gegeben haben soll.92 Der düstere
Schluss in den VitProph sieht den irdischen Tempel schon seit den
Zeiten des Königs Joas als defekt an und die Vorzeichen künden das
Ende des (Ersten) Tempels an. Auch an anderen Stellen in den VitProph
kann man die Enttäuschung über die Priesterschaft und die Überzeu-
gung, dass in der Endzeit der Zweite Jerusalemer Tempel so wie einst
der Erste zerstört werden wird, ebenso wie die Erwartung der endzeit-
lichen Zerstörung Jerusalems feststellen.93 Die Heilshoffnungen richten
sich auf die Rückkehr aus dem Exil,94 die eschatologische Auferste-
hung, die erneute Gabe des Gesetzes durch Aaron und Mose am Sinai,
die Flucht der Heiligen zu diesem Berg, wo sie das endzeitliche Kom-
men Gottes zum Sinai 95 bzw. auf die Erde zum Gericht und zur Samm-
lung des Zwölfstämmevolkes 96 und die Errichtung des eschatologi-
schen Tempels erwarten.97
Die Vita des Propheten Sacharja ben Jojada steht am Ende der ur-
sprünglichen Sammlung, weil die Chronikbücher den Schluss des da-
maligen Kanons bilden. Diese Kanonsgrenze vertritt das Jesus-Logion
Lk 11,51 ebenso wie der halachische Brief aus Qumran, der wohl auf
die priesterliche Gründerautorität der Religionspartei der Essener, den
Lehrer der Gerechtigkeit, zurückgeht.98 Den negativen Schluss mit der
92 Josephus, Antiquitates Iudaicae 3,218; vgl. 13,282 zur Weissagung Hyrkans, die auch
die rabbinische Literatur tradiert (tSota 13,5 [ZUCKERMANDEL 319] und öfter). Aus-
führlicher SCHWEMER, Studien II, 312 – 320. Vgl. weiter mSota 9,12; tSota 13,2: Mit
dem Tod der früheren Propheten bzw. der Zerstörung des Ersten Tempels hörten
Urim und Tummim auf.
93 Auch die Vita des Propheten Sacharja aus dem Zwölfprophetenbuch übt Kritik an
der Priesterschaft (VitProph 15,6); damit wird Sach 14 aufgenommen: Im eschatolo-
gischen Tempel gibt es keine Priester mehr. Auf der anderen Seite wird die priester-
liche Abstammung – als die vornehmste – für die Propheten am häufigsten ange-
nommen. Vgl. zu den verschiedenen Aspekten der Kritik an der Priesterschaft in der
klassischen Prophetie, in der Apokalyptik, bei den Essenern, bei Johannes dem Täu-
fer und Jesus von Nazareth: GRUENWALD, Priesthood.
94 Ezechiel-Vita (VitProph 3,6f.19) rechnet mit der Rückkehr der verlorenen Stämme,
wenn sie am Ende ihren Götzendienst aufgegeben haben, siehe SCHWEMER, Vitae
589.595. In der Daniel-Vita kehrt das Volk in sein Land zurück und wird dort be-
wahrt, bevor „das Morden Beliars auf der ganzen Erde sein wird“ (VitProph 4,22).
Zur Hosea-Vita siehe unten Anm. 96. Zur endzeitlichen Sammlung der Erwählten
aus allen Himmelsrichtungen vgl. Mk 14,27.
95 VitProph 2,12; vgl. Dtn 33,2 (LXX); 1 Hen 1,3f; dazu SCHWEMER, Vitae 580.582.
96 VitProph 5,2; vgl. SCHWEMER, Vitae 611; dass sich die „Eiche von Silo“ (Jos 24,25ff
[LXX]) von selbst in zwölf Bäume teilt, weist nicht nur auf das Gericht hin, sondern
auch auf die Sammlung des Zwölfstämmevolkes.
97 VitProph 3,16.
98 4QMMT C 11 (QIMRON / STRUGNELL, Qumran 27.58; GARCÍA MARTÍNEZ / TIGCHELAAR
[Hg.], Dead Sea Scrolls 800.802); vgl. auch Josephus, Contra Apionem 1,40f. Dazu
HENGEL, Schriftauslegung 13.52.
Vitae Prophetarum und Neues Testament 225
99 Lk 1,11.
100 Auch die sogenannte 2. anonyme Rezension (An2) und andere Rezensionen ergänzen
oder streichen am Schluss. Zu den verschiedenen Rezensionsformen siehe SCHWE-
MER, Studien I, 14 –18.28f (Tabelle zur Reihenfolge der Viten).
101 Siehe dazu SCHWEMER, Studien II, 294f.299f; SCHWEMER, Vitae 652 Anm. 1 b.
102 Vgl. SCHWEMER, Studien II, 325 – 328.
103 Vgl. SCHERMANN, Indices.
226 ANNA MARIA SCHWEMER
des Grabes nicht zu und machte sie überflüssig.104 Zur Verehrung des
Grabes Jesu kam es erst Jahrhunderte später nach dem Vorbild des
Besuchs der christlichen Pilger an den Stätten der alttestamentlichen
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230 ANNA MARIA SCHWEMER
GÉZA G. XERAVITS
The above-mentioned title of the Lives of the Prophets relates the basic
structure of the individual sections of the work respectively. The most
1 SCHWEMER, Studien I, 12 – 90; HARE, Lives (in this paper we quote the Lives according
to this translation, but with the numbering of SCHWEMER’s “Synopse“: SCHWEMER,
Studien II, 3* – 75*). See furthermore DENIS et al., Introduction 577 – 607. The Christian
origin of the collection is defended by SATRAN, Prophets, unconvincingly.
232 GÉZA G. XERAVITS
The two Vitae are common firstly in relating miracles that follow the
prophet’s birth (nowhere else in the Lives); secondly in using an iden-
tical superscript before treating the activity of the prophet (nowhere
else in the Lives); thirdly in giving a systematic treatment focusing on
the wonders the prophet made (nowhere else in the Lives). It seems
furthermore, that in the case of Elisha, an originally shorter Vita was
reshaped in the style of the Elijah-Vita, which is indicated by the antic-
ipated account of Elisha’s death in the middle of the section.
The two framing wonders of the section are connected to nature. The
first wonder relates Elijah’s prayer after which three years it did not
rain, and then his new prayer after which the rain came again (21: 4b).
This passage combines two successive events described by 1 Kgs 17 :1
and 18 : 42b – 45. The eighth wonder (21:12) relates the two prophets
crossing the Jordan, when Elijah divided the waters by his sheepskin
mantle. This passage comes from 2 Kgs 2 : 8. Both wonders reveal Eli-
jah’s power over the forces of nature, especially over the waters, com-
ing either from the skies (rain) or being on the face of the earth (river).
That a prophet is able to master the waters is a familiar topic in the
Lives, we find similar passages in the Vitae of Isaiah (1: 2 – 3) and Eze-
kiel (3 :10).
The Wonders of Elijah in the Lives of the Prophets 235
Then, we find two passages connected with food. The second won-
der summarises Elijah’s meeting the widow of Zarephtha, when her
provision was provided after Elijah had given an oracle for her (21: 5a),
a story that comes from 1 Kgs 17 : 7 – 16. The seventh wonder, based on
1 Kgs 17: 4 – 6 relates the event when ravens brought food for Elijah
lest he not starve during his stay at Wadi Kerith (21:11). The topic of
miraculous feeding occurs also in some passages of the Lives. After a
prayer of Ezekiel, the people got “an abundant supply of fish“ (3 :11). It
is worth noting, that the Isaiah-Vita combines the theme of water and
surviving when recalling the prophet’s prayer for drinking-water
(1: 2 – 3).
The third circle of wonders concerns human life. The third wonder
continues to recall the Zarephtha episode (21: 5b), and, based on 1 Kgs
17:17– 24 relates the resurrection of the widow’s dead son. The sixth
wonder (21:10) summarises the wonder when Elijah saves his own life
by killing with heavenly fire the captains of king Ahaziah who were
sent to arrest him. This event was taken from 2 Kgs 1: 9 – 14. The Lives
know of prophets who can miraculously heal, such as Jeremiah (2 : 4);
and even of prophets whose presence can raise the dead, such as the
buried body of Elisha (22 : 20). The son of the widow of Zarephtha was
furthermore identified by the prophet Jonah in his Vita (10 : 4 – 5); and
one of the captains of the king was identified by the prophet Obadiah
(9 : 3).
Finally, at the middle of the section, we find two wonders connect-
ed to the right worship of the God of Israel. The fourth, lengthy sub-
section evokes thus the victory over the priests of Baal at Mount Car-
mel (21: 6 – 8), taken from 1 Kgs 18 :16 – 40; while the fifth wonder
(21: 9) – based on 2 Kgs 1:1 – 6 – is the giving of a prophecy of judge-
ment for king Ozias (sic!) when he asked an oracle from Beelzebub
(here: “from idols“). These wonders reveal the zeal for God’s unique-
ness over the idols, a topic that occurs e. g. in the Vita of Jeremiah (2 : 7).
These subsections show relative fidelity to the original narrative,
we find nevertheless a sort of selectivity regarding the material the
author has picked up from the Bible, and also slight rearrangements in
wonders 1 and 7, where the author changed the original place of the
events. To recapitulate the use of the sources, we find the following
sequence:
236 GÉZA G. XERAVITS
Sources Topics
The selection of the Biblical material and the replacement of some of its
elements were certainly intentional, and testify to the creative power of
the author. Although – as we have seen – the individual themes the
author evokes here are all familiar from other Vitae of the collection,
we cannot find anywhere else such a structurally emphatic arrange-
ment of the elements. The concentric structure of the miracles-section
of the Elijah-Vita is as follows:
1. nature (water)
2. food
3. life and death
4. God
5. God
6. life and death
7. food
8. nature (water)
Seen from inside, the entire passage is centred on theo-logical matters;
the two wonders in the middle emphasize the refusal of the service of
other deities. At the same time, both wonders allude to the active role
of Elijah in defending the only authority of God, by which they under-
line the prophet’s figure as an example of the zealous worshipper. In
doing this, the intention of this section is to strengthen the fidelity of
the addressees to the God of Israel. The encircling sections show how
the authority of God emanates into various realms of the creation,
which comprises humanity, and nature as well. God is depicted as
master of life and death, who can save the one belonging to him in
various kinds of menaces, both in the cases of illness and persecution.
Then, the author turns to everyday life, and presents God as the one
The Wonders of Elijah in the Lives of the Prophets 237
who nourishes the pious – either when he or she has to be faced with
challenges of poverty, or when he or she intends to seek God in remote
places of desert. Finally, the passage is framed by sections that deal
with God’s authority over nature, an entity far beyond the realm of
humanity, which, on the one hand, gives a basis for human subsistence
(first miracle), and, on the other hand, is under divine control both in
creation and in history (eighth wonder, with its direct allusions to the
Exodus and the waters of the creation).
Seen from outside, the passage directs the readers more and more
close to God. Nature, basic human needs, questions of life and death
naturally lead to meditate on God. The perspective of providence,
which is evident when we understand the passage in the middle of the
pericope refers to the knowledge of God, when understanding the pas-
sage from outside.
A final note, which deserves attention, concerns the role of Elijah in
these episodes. We can easily detect a bipartite macro-structure of the
passage. All the wonders are performed through the active collabora-
tion of Elijah. In the first three sections, the object of the wonders are
various entities: the people, the widow and the dead son, respectively.
In the last three sections, however, the object of the wonders is Elijah
himself: his life is saved, he obtained food and he crossed the Jordan,
respectively. Thus, the attention of the reader is directed more and
more to this pre-eminent figure, which is crowned by his explicit
manifestation as the new Moses – when dividing the Jordan – an
exemplary ideal of the Jewish faith.
4. Conclusion
To sum up, we can conclude that the overall intention of the passage of
the Elijah-Vita that deals with the wonders of the prophet is to encour-
age piety and perseverance in the faith of the God of Israel. The overall
goal of hagiography is threefold: to give an itinerary to the pilgrims, to
give theological (re)interpretation to the exemplary figures of the past,
and to promote the piety of the addressees. In the case of the Elijah-
Vita, this third aspect seems to be the more emphatic one. Within the
complicated religious and political circumstances of the early 1 st cen-
tury A.D., the stress on perseverance is the more important perspective
an author could give to a pious Jewish audience. That is why we find
nothing about personal mysticism, and this is the reason why Elijah’s
238 GÉZA G. XERAVITS
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Joseph und Aseneth
Die Weisheit Israels und die Weisheit der Heiden
ULRIKE MITTMANN-RICHERT
2 Nicht überzeugend ist der aus jüngster Zeit stammende Kommentar BURCHARDs,
Joseph und Aseneth, ThZ 61, 74, zum Thema: „Das hellenistische Judentum las das
[scilicet die Heirat Josephs mit einer Heidin] mit Befremden. JosAs schaffte Rat da-
durch, dass Aseneth [. . .] sich unter himmlischer Mitwirkung bekehrte, unter die
Israeliten aufgenommen wurde und seither mit Sara, Rebekka und Rahel das Quar-
tett der Erzmütter bildete.“ Von Aseneths Rolle als Mutter von Manasse und Ephraim
und also als Stammmutter Israels ist in der ganzen Schrift an keiner Stelle die Rede.
Die Rolle Aseneths wird eschatologisch gefasst, bezeichnenderweise aber ohne dass
ihre Person mit der Wiederherstellung der zwölf Stämme Israels in Verbindung ge-
bracht würde.
3 Siehe BURCHARD, Joseph und Aseneth, PVTG 5, 39; CHESNUTT, Death 76 – 80. Vgl. den
Überblick bei STANDHARTINGER, Frauenbild 14 – 20, deren eigene Vorbehalte gegen-
über einer Eingrenzung des äußeren Entstehungsrahmens auf Ägypten allerdings
erstaunen, da sie auf soziologischem Gebiet aufgrund weit weniger markanter In-
dizien überraschend konkrete Ergebnisse präsentiert, die notwendig der historischen
Verankerung bedürfen. – Die Möglichkeit eines nicht jüdischen, sondern christlichen
Ursprungs wird mehrheitlich verneint; siehe dazu ausführlich COLLINS, Joseph and
Aseneth.
4 Die Datierungen bewegen sich mehrheitlich in einem Zeitrahmen, der vom 1. Jahr-
hundert v. Chr. bis zum frühen 2. Jahrhundert n. Chr. reicht. Siehe BURCHARD, Joseph
und Aseneth, JSHRZ II/4, 613 – 615; vgl. BURCHARD, Joseph and Aseneth, OTP II,
177.187f; BURCHARD, Joseph und Aseneth, TRE XVII, 247; SCHÜRER, History 549. Vgl.
nochmals STANDHARTINGER, Frauenbild 14 – 20. Ins 2. Jahrhundert v. Chr. datiert
BOHAK, Joseph and Aseneth 84 – 87, den Text aufgrund seiner angeblich oniadischen
Herkunft. Die Spätdatierung ins 3./4. Jahrhundert n. Chr. wird von KRAEMER, When
Aseneth Met Joseph 225 – 244, vertreten. Vgl. KRAEMER, Aseneth as Wisdom 220. Der
Artikel fasst die Ergebnisse des 2. und 7. Kapitels ihrer vorgenannten Monographie
zusammen.
Joseph und Aseneth 241
Charakter der Schrift diffus.11 Dies mehr noch, wenn man die Hand-
lung allegorisiert 12 und bzw. oder die Schrift zum mystischen Roman
erhebt,13 wobei vor dem Hintergrund religionsgeschichtlicher Paralle-
len Aseneth in der Regel als Verkörperung der Göttin Neith gilt.14 Ein
wirkliches Einvernehmen besteht im Blick auf den literarischen Cha-
rakter der Schrift also nicht 15 und wird unmöglich bleiben, solange
man das Diktum für gültig hält, mit dem BOHAK den Stand der Er-
kenntnis zusammenfasst: „Much in this fascinating text remains dis-
turbingly mysterious.“ 16
Auffällig bei allem Bemühen, den Skopus der Erzählung zu erfas-
sen, ist der Umstand, dass sich ein Erzählelement nicht oder nur
schwer in die bisherigen Versuche einer Gesamtdeutung der Schrift
11 Vgl. BURCHARD, Joseph und Aseneth, TRE XVII, 247: „Man vermeidet wohl besser
ausschließende Gattungsbestimmungen.“ Diese Feststellung kommt dem Einge-
ständnis gleich, dass man die Schrift nicht befriedigend zu klassifizieren weiß.
12 Die vielfältigen Allegorisierungsversuche dokumentiert STANDHARTINGER, Frauen-
bild 13f.
13 PHILONENKO, Joseph et Aséneth 53 – 98; vgl. PHILONENKO, Initiation. Vgl. bereits KIL-
PATRICK, Last Supper 6, und REITZENSTEIN, Mysterienreligionen 249. Zur Kritik an
PHILONENKO siehe BERNER, Initiationsriten 26 – 91.156 – 172; SÄNGER, Judentum 148 –
190; CHESNUTT, Death 217– 253. – Obwohl er die Proselytenproblematik als das
Hauptthema der Schrift herausstellt (siehe Anm. 7), verweist auch BARCLAY, Jews
211– 213, auf den mystischen Charakter der Schrift. Vgl. auch COLLINS, Athens 219.
Dass in vielen Fällen der Begriff „mystisch“ verwendet wird, ohne definiert zu wer-
den, verschärft das Problem einer unklaren Gattungszuordnung.
14 Zu dieser vor allem von PHILONENKO (siehe Anm. 13) mit Überzeugung vertretenen
These ausführlich und kritisch SÄNGER, Judentum 58 – 67, mit zahlreichen weiterfüh-
renden Literaturhinweisen.
15 Vgl. CHESNUTT, Death 85 – 92, besonders 91.
16 BOHAK, Joseph and Aseneth XIV, in Fortführung eines Zitats von NICKELSBURG, Litera-
ture (1. Auflage) 261: „Joseph and Aseneth has more than its share of obscure pas-
sages.“ Anders formuliert in der 2. Auflage, 337: „The story’s many obscure and
elusive elements defy simple solution.“ Vgl. STANDHARTINGER, Frauenbild 12, die
1995 ihre monographische Untersuchung mit der Feststellung beginnt, dass „die Ein-
ordnung von JosAs in das zeitgenössische Judentum immer noch ungeklärt“ sei, eine
Feststellung, die nach wie vor Gültigkeit hat. – Die als kritische Forschungsgeschichte
gedachte Aseneth-Persiflage von HUMPHREY, Bees, in welcher BOHAK, KRAEMER und
STANDHARTINGER (siehe Anm. 3 und 4) eine Hauptrolle spielen, zeigt eindrücklich,
dass nicht nur in der Frage der Textgestalt, Datierung und Herkunft der Erzählung,
sondern auch in der theologischen Klassifikation der Schrift inzwischen so große
Meinungsverschiedenheiten bestehen, dass für den noch unbefangenen Leser die
Konturen zunehmend verschwimmen, statt immer deutlicher hervorzutreten. Ein
Konsens ist in weite Ferne gerückt, und wer ihn auch für die bislang mehr oder
weniger unumstrittenen historischen Grunddaten wiederherstellen will, muss die
theologischen, historischen und soziologischen Aspekte der Schrift neu prüfen. Auch
wenn dies nur monographisch ins Werk zu setzen ist, soll die vorliegende Unter-
suchung dazu dienen, zumindest den hermeneutischen Rahmen einer Folgeunter-
suchung neu zu definieren.
Joseph und Aseneth 243
integrieren lässt: die auf den ersten Blick ganz merkwürdige, leitmo-
tivisch wiederkehrende Bezeichnung Aseneths als zukünftige Zu-
fluchtsstadt und himmlischer Ruheort aller Heiden, die sich wie sie
zum höchsten Gott bekehrt haben (JosAs 15,7f; 16,16; 19,5 – 8). Die Er-
hebung Aseneths zur himmlischen Zufluchtsstadt ist die crux inter-
pretum, und die bisherigen Deutungsversuche erscheinen mehrheitlich
als Verlegenheitslösungen. BURCHARD etwa versteht den Begriff „Zu-
fluchtsstadt“ als reinen Beinamen der Aseneth, so wie im Neuen Testa-
ment „der Fels“ der Beiname des Petrus ist (Mt 16,16 – 18) oder „die
Säulen“ – ebenfalls ein architektonischer Begriff – Ehrentitel für Jako-
bus, Petrus und Johannes (Gal 2,9).17 Bei dieser rein bildhaften Deu-
tung des Begriffs muss BURCHARD allerdings den interpretatorisch
hochbedeutsamen Tatbestand ignorieren, dass die gesamte theologi-
sche Reflexion der Schrift auf das Leben in der Ewigkeit ausgerichtet
ist (eiÆw toÁn aiÆv
Ä na xroÂnon; JosAs 4,8; 6,8; 8,11; 12,11; 13,15; 15,6f.9; 16,14;
17,6; 19,5; 21,3), das Leben zunächst Josephs und Aseneths und dann
das Leben des Menschen überhaupt, sofern er sich auf Erden zum Gott
Josephs bekannt hat. Der Begriff „Ewigkeit“, wörtlich „Ewigkeits-
Zeit“, findet sich zwölfmal. Er macht es unmöglich, das Geschehen
rein exemplarisch zu deuten. Daher verbietet es sich auch – dies ist die
zweite der in der Literatur diskutierten Denkmöglichkeiten –, die Be-
titelung Aseneths als zukünftige Zufluchtsstadt als Topos zu verstehen,
als Topos für die Gottesgemeinschaft Aseneths und der ihrem from-
men Beispiel folgenden Heiden.18 Denn auch hier verliert Aseneht ihre
eigenständige Bedeutung, und das, was zu sein ihr verheißen wird –
ein himmlischer Zufluchtsort –, wird zum Sinnbild dessen, wessen sie
selbst bedarf. Sie ist also auch im Rahmen der topischen Deutung nicht
mehr als das jeder Individualität entkleidete Exempel der gnädig von
Gott angenommenen Heidin. Dass dies in Spannung steht zu dem
ganz einmaligen Bild der Aseneth zugesprochenen Ewigkeitsexistenz,
zeigt sich gerade dort, wo man – in einem dritten Deutungsansatz –
Aseneth als Sinnbild des himmlischen Jerusalem interpretiert und mit
dem zukünftigen Ruheort des Volkes Gottes identifiziert.19 Denn da
man diese personale Identifikation traditionsgeschichtlich einseitig pro-
phetisch verankert und daher die Frage der irdischen Erscheinungs-
form des himmlischen Jerusalem in Gestalt Aseneths nicht zu lösen
23 Die Möglichkeit, dass Joseph und Aseneth Verkörperungen der Weisheit seien, dis-
kutiert im Rahmen seiner allegorischen Interpretation des Textes auch PHILONENKO,
Joseph et Aséneth 53 – 98, allerdings nur aus gnostischer Sicht, wonach Joseph als
Personifikation des göttlichen Logos die gefallene Weisheit in Gestalt Aseneths rettet.
Vgl. GEORGI, Gegner 52f Anm. 2. Daher meint BURCHARD, Joseph und Aseneth,
JSHRZ II/4, 600, die weisheitliche Deutung der Figuren ganz allgemein mit der
Feststellung abweisen zu können, dass Joseph in der Erzählung nicht als Erlöser
fungiere.
24 Grundlegend GESE, Weisheit. Die folgende Zusammenfassung folgt den in der ge-
nannten Studie textlich ausführlich dokumentierten Ergebnissen. Vgl. auch MITT-
MANN-RICHERT, Thesen, wo die Erkenntnisse GESEs ausführlich vorgestellt und in
ihrer Bedeutung für ein vertieftes Verständnis der christologischen Entwicklung in
neutestamentlicher Zeit diskutiert werden. Da dieser Beitrag etwa zeitgleich mit der
vorliegenden Studie zu Joseph und Aseneth erscheint, ist hier auf die nochmalige
Dokumentation der weisheitlichen Entwicklung verzichtet worden. Der Exkurs zu
SapSal 18 in Abschnitt 3. des vorliegenden Aufsatzes ergänzt allerdings die dortige
Darstellung.
25 Zur Deutung des Textes siehe unten S. 260 – 263.
246 ULRIKE MITTMANN-RICHERT
und mit der Schekina identifiziert. Das aber bedeutet: Die Weisheit ist
der auf Erden offenbare Gott, der Deus praesens, und d. h.: der im Wort
der Selbstteilgabe auf Erden dem Menschen in Person gegenübertre-
tende Gott (vgl. SapSal 7, 21.25).26
Dies ist in aller Kürze der Vorstellungshorizont, den bei einer als
weisheitlich klassifizierten Schrift der hellenistischen Ära zu ignorieren
ein grundlegendes exegetisches Versäumnis bedeutet. Da aber genau
dieses Versäumnis die Diskussion um die Bedeutung der Schrift „Jo-
seph und Aseneth“ bestimmt und sie daher bis heute mehr wegen
ihres angeblich erbaulichen Charakters als wegen ihres theologischen
Niveaus geschätzt wird, ist eine Neuinterpretation der Erzählung drin-
gend geboten. Eine solche soll im Folgenden versucht werden. Dass
dabei im Licht der offenbarungsgeschichtlichen Aufweitung der weis-
heitlichen Personvorstellung in hellenistischer Zeit auch die Gattung
der Schrift neu zu bestimmen ist, liegt in der Konsequenz des theolo-
gischen Neuansatzes.
Den Ausgangspunkt der Neuinterpretation bildet die bereits ge-
nannte, dem Verstehen bis heute widerständige Stelle JosAs 15,4 – 7a, in
welcher Aseneths Funktion in der Ewigkeit durch die Betitelung ihrer
Person als himmlische Zufluchtsstadt definiert wird. Grundlage der
Auslegung ist der von CHRISTOPH BURCHARD rekonstruierte Text.27
4 ûaÂrsei ÆAseneÁû hë parûeÂnow aëgnhÂ. iÆdoyÁ gaÁr eÆgraÂfh toÁ oÍnoma soy eÆn th Äì
biÂblvì tv Ä n zvÂntvn eÆn tv Äì oyÆranvÄì eÆn aÆrxh
Äì thÄ w biÂbloy prv Ä ton paÂntvn
<eÆgraÂfh> 28 toÁ oÍnoma soy tv Äì daktyÂlvì moy kaiÁ oyÆk eÆjaleifûhÂsetai eiÆw toÁn
aiÆvÄ na. 5 iÆdoyÁ dhÁ aÆpoÁ th Ä w shÂmeron aÆnakainisûhÂshì kaiÁ aÆnaplasûhÂshì kaiÁ
aÆnazvopoihûhÂshì kaiÁ fageiÄw aÍrton eyÆloghmeÂnon zvh Ä w kaiÁ pieiÄw pothÂrion
eyÆloghmeÂnon aÆûanasiÂaw kaiÁ xrisûhÂshì xriÂsmati eyÆloghmeÂnvì th Ä w aÆfûarsiÂaw.
6 ûaÂrsei ÆAseneÁû hë parûeÂnow aëgnhÂ. iÆdoyÁ deÂdvka se shÂmeron nyÂmfhn tv Äì
ÆIvshÁf kaiÁ ayÆtoÁw eÍstai soy nymfiÂow eiÆw toÁn aiÆv Ä na xroÂnon. 7 kaiÁ toÁ oÍnomaÂ
soy oyÆkeÂti klhûhÂsetai ÆAseneÁû aÆll’ eÍstai toÁ oÍnoma soy poÂliw katafyghÄw
dioÂti eÆn soiÁ katafeyÂjontai eÍûnh pollaÁ eÆpiÁ kyÂrion toÁn ûeoÁn toÁn yÏciston kaiÁ
yëpoÁ taÁw pteÂrygaÂw soy skepasûhÂsontai laoiÁ polloiÁ pepoiûoÂtew eÆpiÁ kyriÂvì
<tv Äì ûev Äì> kaiÁ eÆn tv
Äì teiÂxei soy diafylaxûhÂsontai oië proskeiÂmenoi tv Äì ûevÄì
tvÄì yëciÂstvì <eÆn oÆnoÂmati th Ä w> metanoiÂaw.
4 Sei getrost, Aseneth, du keusche Jungfrau. Denn siehe, dein Name wur-
de aufgeschrieben im Buch der im Himmel Lebenden, am Anfang des Bu-
ches, als erster von allen wurde dein Name aufgeschrieben mit meinem
Finger und wird in Ewigkeit nicht ausgetilgt werden. 5 Sieh doch, vom
heutigen Tage an wirst du erneuert und umgebildet und zu neuem Leben
erweckt werden und gesegnetes Brot des Lebens essen und gesegneten
Kelch der Unsterblichkeit trinken und dich mit gesegneter Salbe der Un-
verweslichkeit salben. 6 Sei getrost, Aseneth, du keusche Jungfrau! Siehe,
ich habe dich heute dem Joseph zur Braut gegeben, und er wird für ewige
Zeit dein Bräutigam sein. 7 Und dein Name wird nicht mehr „Aseneth“
heißen, sondern dein Name wird „Zufluchtsstadt“ sein, denn in dir wer-
den viele Völker Zuflucht nehmen zu Gott, dem Herrn, dem Höchsten, und
unter deine Fittiche werden sich bergen viele Nationen im Vertrauen auf
Gott, den Herrn, und innerhalb deiner Mauer werden diejenigen bewahrt
werden, die sich Gott, dem Höchsten, im Namen der Umkehr angeschlos-
sen haben.
Dieser Abschnitt lässt keinen Zweifel daran, dass der neue Name, den
Aseneth hier erhält, nicht ein Symbolname ist, sondern Aseneths
himmlische und ewige Funktion real bezeichnet. Diese Funktion ist
durch ein doppeltes Bild bestimmt: zum einen durch das Bild der
Stadt, in welcher die Völker Zuflucht finden, zum anderen durch das
Bild der Flügel, die hier deutlich als deine, also Aseneths Flügel iden-
tifiziert sind (aië pteÂrygai soy). Auf den ersten Blick scheinen die beiden
Bilder nicht zusammenzupassen. Eine Stadt hat keine Flügel. Aber
man verfehlte den Sinn der Passage, wenn man hier sachlogisch statt
traditionsgeschichtlich argumentieren wollte. Ein Blick in die frühjü-
dischen Weisheitsschriften genügt, um zu erkennen, dass die Bilder
vorzüglich zusammenpassen.
28 Spitze Klammern bezeichnen ein rückübersetztes bzw. konjiziertes Wort; siehe BUR-
CHARD, Joseph und Aseneth, PVTG 5, 49.
248 ULRIKE MITTMANN-RICHERT
Der Zusammenhang erschließt sich von den über den Völkern aus-
gebreiteten Flügeln Aseneths her. Die ausgebreiteten Flügel – das weist
auf die Cherubenflügel über der Lade; das ist das Bild der Schekina,
der Einwohnung Gottes im Irdischen. Sie erscheint bereits in Sir 24 als
mit der Weisheit identifiziert und damit personifiziert.
1 Die Weisheit preist sich selbst,
inmitten ihres Volkes rühmt sie sich.
2 In der Gemeinde des Höchsten tut sie ihren Mund auf,
und vor seiner Macht rühmt sie sich:
3 Ich ging aus dem Munde des Höchsten hervor,
und wie Nebel bedeckte ich die Erde.
4 Ich schlug mein Zelt auf in den Höhen,
und mein Thron war auf einer Wolkensäule.
5 Den Himmelskreis durchwaltete ich allein,
und in der Tiefe des Abgrundes wandelte ich einher.
6 Auf den Wogen des Meeres und auf der ganzen Erde
und in jedem Volk und jeder Nation errichtete ich (meine) Herrschaft.
7 Bei allen diesen [den Völkern] suchte ich Ruhe:
In wessen Erbbesitz soll ich lagern?
8 Da befahl mir der Schöpfer des Alls,
und der mich erschaffen hatte, brachte zur Ruhe mein Zelt
und sprach: „In Jakob nimm Wohnung,
und in Israel nimm Erbbesitz!“
...
10 Im heiligen Zelt tat ich vor ihm Dienst
und erhielt so in Zion (meinen) festen Platz.
11 In der geliebten Stadt gab er mir auf diese Weise Ruhe,
und in Jerusalem ist mein Machtbereich.
12 So wurzelte ich ein in einem Volke, dem (dadurch) Doxa verliehen wurde,
im Anteil des Herrn, in seinem Erbbesitz.
Die Weisheit ist nach dem Verständnis dieses Textes der auf Erden
einwohnende, auf Erden gegenwärtige Gott; sie ist Gott selbst in seiner
dem Menschen zugewandten Gestalt. Was hier allerdings zunächst
zeitlich definiert ist als das geschichtliche Ereignis der Erwählung Is-
raels zum Volk, in dessen Mitte Gott wohnen will, hat stets auch eine
räumliche Komponente. Denn die Vorstellung von der irdischen Ein-
wohnung Gottes ist ja in der Tradition verbunden mit der göttlichen
Erwählung eines Einwohnungsortes, ist verbunden mit der Zionser-
wählung. Der Zion als der von Gott zum ewigen Ruheort (hebräisch
hxÄÁnmÂ, griechisch kataÂpaysiw) erwählte Ort ist ein konstitutives Element
der Schekina-Vorstellung, auch der weisheitlichen (Sir 24,10 – 12), und
ist es zunächst auch dort, wo in Reaktion auf die historische Entwick-
lung die Zionsbindung der Weisheit aufgegeben wird. Das eindrück-
lichste Beispiel ist äthHen 42,1f: 29
Joseph und Aseneth 249
Hier ist ganz deutlich der Zion als der erwählte, aber seiner Funktion
als Ruheort Gottes beraubte irdische Einwohnungspunkt Gottes im
Blick.30 Die Weisheit kehrt in den Himmel zurück; aber alle mit dem
Zion verbundenen Vorstellungen werden auf den himmlischen Wohn-
und Ruheort der Weisheit übertragen. Genau diese Übertragung kon-
stituiert auch den oben zitierten Textabschnitt JosAs 15,4 – 7a. Die
Zionsbindung der Schekina ist aufgegeben, ohne dass gleichzeitig
der Heilscharakter der Zionserwählung in Frage gestellt würde. Es
überrascht aber diese Loslösung der eschatologischen Heilserwartun-
gen vom Zion schon deshalb nicht, weil die geographische Distanz
zum Zion zu den geschichtlichen und damit automatisch zu den das
theologische Denken heilsgeschichtlich bestimmenden Voraussetzun-
gen der Diasporaschrift gehört. Gleichzeitig erweist die personale
Identifizierung der Schekina mit Aseneth, dass Aseneth selbst in ihrer
himmlischen Existenz niemand anderes ist als Gottes Weisheit, welche,
als Verkörperung des in seinem Volk einwohnenden Gottes, ihrerseits
zum himmlischen Anwohnungsort des ihr verbundenen Volkes wird.
Dieses Volk allerdings ist nicht Israel, sondern das Volk der den Gott
Josephs bekennenden Heiden. Es ist nun keine Frage mehr, warum in
der himmlischen Botschaft an Aseneth sowohl von Aseneths Flügeln
die Rede ist, unter welche sich die Völker bergen, als auch von der
Stadt, welche zum Namen Aseneths wird. Denn sobald die Schekina-
vorstellung sich aus den irdischen Bezügen löst, wird Gott selbst zum
„Ort“ des zur ewigen Gemeinschaft mit ihm berufenen Menschen, zur
himmlischen poÂliw. Was daher in Sir 24,12 als irdisches Bild entworfen
wird – die Zionseinwohnung der Weisheit und das Wohnen Israels
unter den Flügeln Gottes im Sinne der Anteilhabe an der göttlichen
Doxa –, das wird im Wort des himmlischen Menschen an Aseneth zum
Bild der himmlischen Einwohnung des irdischen Menschen. Dabei fal-
len im Blick auf die Gemeinschaft des Menschen mit Gott der Bezie-
hungsaspekt und der geographische Aspekt in eins und wird die Weis-
heit in Gestalt Aseneths zum himmlischen „Ort“, an welchem der
Mensch das ewige Leben in Gemeinschaft mit Gott empfängt.
So lässt sich zusammenfassend feststellen, dass die stets als rätsel-
haft empfundene Erhebung Aseneths zur zukünftigen Zufluchtsstadt,
unter deren Flügel sich die Heiden sammeln (JosAs 15,7), ihre Rätsel-
haftigkeit verliert, wenn man sie in den weisheitlichen Gesamthorizont
der damaligen Zeit einordnet: Aseneth erscheint als die Schekina und
damit als die Verkörperung des offenbaren Gottes. Das aber heißt vor
dem Hintergrund der weisheitlichen Tradition, in welcher die Schekina
personifiziert ist: Aseneth erscheint in ihrer himmlischen Gestalt als die
mit Gott wesenseine Person der Weisheit. Sie ist die personifizierte
Einwohnung Gottes, deren Einwurzelungsort allerdings nicht mehr,
wie noch in Sir 24, der Zion ist, sondern, wie in äthHen 42, die göttliche
Transzendenz. Als Personifikation der Einwohnung wird sie daher
gleichgesetzt mit der himmlischen poÂliw. Der Ort ihres Seins ist das
Identifikationsmerkmal ihrer Person, weshalb sie unter doppelter Be-
zeichnung auftreten kann: als Einwohnungsort Gottes und als der
Wohnung nehmende Gott selbst. Aseneth ist die Stadt der Einwoh-
nung Gottes, und sie ist die verkörperte Gegenwart Gottes in dieser
Stadt und daher die Schekina, unter deren Flügel die Völker Wohnung
finden. Das Bild der Sammlung der Völker unter den Flügeln Aseneths
zeigt in diesem Zusammenhang deutlich den Einfluss der alttestament-
lichen Zionstheologie, in welcher das Wohnen Gottes in Israel und das
Wohnen Israels im Angesicht Gottes miteinander korrespondieren. Der
Begriff „Ruhe“, hxÄÁnmÂ, umfasst stets beide Aspekte des Offenbarungs-
und Erwählungsgeschehens.
Mit dieser Deutung Aseneths als göttliche Schekina bzw. als Per-
sonifikation der Weisheit in JosAs 15,4 – 7a eröffnen sich allerdings zu-
nächst mehr Fragen, als schon beantwortet wurden. Denn die strenge
Begrenzung der himmlischen Ruhefunktion Aseneths auf die Heiden-
völker stellt einen Bruch in der Weisheitsvorstellung dar. Israel ist, wie
Sir 24 deutlich gezeigt hat, in der Tradition dasjenige Volk, in dessen
Mitte Gott Wohnung nimmt und welchem das Wohnen unter Gottes
Flügeln verheißen ist. Und selbst dort, wo – wie in den Bilderreden des
äthiopischen Henochbuches – das Geschehen vom Zion gelöst ist und
der himmlische Transzendenzraum als Wohn- und Ruheort der Weis-
heit und des erlösten Menschen erscheint, ist es zunächst Israel bzw., in
den Gerechten des Volkes verkörpert, das wahre Israel, dessen himmli-
sche Ruhe im Blick ist. Als Beispiel sei hier äthHen 39,4f.7 genannt, wo
Joseph und Aseneth 251
Dass auch Joseph weit mehr ist als der elfte der Söhne Jakobs, der es in
Ägypten zu Ruhm und Ansehen und zum zweiten Mann im Staat
gebracht hat, wird offensichtlich, wenn man die Stellen betrachtet, an
welchen er die Szene betritt. Ganz auffällig ist nämlich, dass das Kom-
men Josephs und die Erscheinung Josephs stets in Begriffe gefasst wer-
den, die traditionell das Offenbarwerden Gottes ins Bild setzen. Joseph
ist „der Starke Gottes“ (oë dynatoÁw toyÄ ûeoyÄ; JosAs 3,4; 4,7; 18,1f; 21,21),
ein Titel, der sich Jes 9,5 verdankt und dort dem Heilskönig der End-
zeit verliehen wird. Ja, er ist der eigentlich nur Gott gebührende
Thronname
Ç des von Gott zur Errettung Israels gesandten Messias:
ruBGÇ laÈ – starker Gott. Der Akzent in „Joseph und Aseneth“ liegt auf
dem göttlichen Bezug Josephs. Die Parallele ergibt sich allerdings –
dies ist ausdrücklich festzuhalten – nur vom MT her. Dass hier gleich-
wohl auf die jesajanischen Geburtsverheißungen angespielt wird, zeigt
sich in JosAs 4,7, wo Joseph nun mit Worten aus Jes 11,2 charakterisiert
wird. Hier ist der Bezug auch im LXX-Text deutlich:
kaiÁ eÍstin ÆIvshÁf aÆnhÁr dynatoÁw eÆn sofiÂaì kaiÁ eÆpisthÂmhì kaiÁ pneyÄma ûeoyÄ
Äì kaiÁ xaÂriw kyriÂoy met’ ayÆtoyÄ.
eÆstin eÆp’ ayÆtv
Es ist Joseph ein Mann stark in Weisheit und Verstand, und es ist der Geist
Gottes auf ihm, und die Gnade des Herrn ist mit ihm.
Jes 11,2 LXX: kaiÁ aÆnapayÂsetai eÆp’ ayÆtoÁn pneyÄma toyÄ ûeoyÄ pneyÄma sofiÂaw
kaiÁ syneÂsevw pneyÄma boylhÄ w kaiÁ iÆsxyÂow pneyÄma gnvÂsevw kaiÁ eyÆsebeiÂaw.
32 Die Bilder sind vielfältig, aber durchgehend von der Vorstellung geprägt, dass der
Sonnenaufgangspunkt im Osten den Eintrittspunkt Gottes in die irdische Welt mar-
kiert. So liegt nach Gen 2,8; 4,16 der Paradiesgarten im Osten und geschieht nach
Sach 6,1 die endzeitliche Ausgießung des Geistes Gottes von den Metallbergen her,
die der altorientalischen Mythologie zufolge im Osten liegen. Dazu GESE, Anfang
214. Vom Sonnenaufgang her ist auch die Zeit des Erscheinens der Sonne am Himmel
Joseph und Aseneth 253
11,15.19; 14,1f; 17,7– 9). Wie sehr die Bilder verschwimmen und das
Kommen Josephs als Kommen Gottes selbst erscheint, zeigt sich in
JosAs 6,2, wo es bei der Ankunft Josephs in seinem goldenen und von
schneeweißen Pferden gezogenen Wagen heißt:
iÆdoyÁ oë hÏliow eÆk toyÄ oyÆranoyÄ hÏkei proÁw hëma Äì aÏrmati ayÆtoyÄ.
Ä w eÆn tv
Siehe, die Sonne ist zu uns aus dem Himmel gekommen in ihrem Wagen.
Dass hier Joseph indirekt mit der Weisheit Gottes identifiziert wird,
zeigt sich nur wenige Zeilen weiter, wo es heißt (JosAs 6,6):
oyÆdeÁn kryptoÁn leÂlhûen ayÆtoÁn diaÁ toÁ fv Äì.
Ä w toÁ meÂga toÁ oÍn eÆn ayÆtv
Kein Verborgenes entgeht ihm wegen des großen Lichtes, das in ihm ist.
theologisch qualifiziert und wird Gottes Rettungshandeln als Hilfe früh am Morgen
erkannt (Ps 45,6 LXX). Dementsprechend bezeichnet in Ps 110,3 (109,3 LXX) das
Frühlicht der Morgenröte die Geburtsstunde des davidischen Königs am Tag seiner
göttlichen Inthronisation. Zur altorientalischen Vorstellung siehe JANOWSKI, Ret-
tungsgewißheit.
33 Abzuweisen ist in diesem Zusammenhang die von DÍEZ MACHO, Apócrifos 218, vor-
geschlagene Gleichsetzung der Sohn-Gottes-Titulatur mit dem in der hellenistischen
Literatur geläufigen ûeiÄow-aÆnhÂr-Titel.
34 Dass man sogar dort, wo man das Sohn-Gottes-Motiv als solches mit der Weisheit
verknüpft, in ihrem Bezug zu Joseph die Sohn-Gottes-Prädikation selbst nur als un-
eigentlichen Titel zur Bezeichnung des Weisen versteht, zeigt ein weiteres Mal, wie
konsequent man die weisheitliche Personvorstellung aus der Reflexion ausklammert.
So etwa BYRNE, „Sons of God“ 49 – 54, der, um dennoch die äußerliche Charakteri-
sierung Josephs im oben beschriebenen Sinne erklären zu können, auf die Engelvor-
stellung zurückgreifen muss, was das Bild gänzlich verwirrt. Die Kombination von
nur vage passenden Deutungsmustern erweist sich hier als ein Hilfskonstrukt, das
die Not, die man mit der Erklärung der Gottessohnschaft Josephs hat, nicht ver-
schleiern kann. – Ausführlich zum Problem der Engelvorstellung Abschnitt 3.
254 ULRIKE MITTMANN-RICHERT
35 Vgl. SAUER, Jesus Sirach 310. – Die einseitig königliche Deutung des Kranzes in JosAs
5,5 durch BURCHARD, Joseph und Aseneth, JSHRZ II/4, 643 Anm. 5, verfehlt den Sinn
des Textes. Vgl. auch SapSal 18,24, wo die priesterlich personifizierte Weisheit ein
Diadem auf dem Kopf trägt; siehe den Exkurs zu 3.
Joseph und Aseneth 255
lische Schönheit der Spiegel ihres Wesens ist (JosAs 20,6) und sie als
„Tochter des Höchsten“ hervortreten lässt. Bemerkenswert ist in die-
sem Zusammenhang auch, dass bei Joseph das Essen des Lebensbrotes,
das Trinken des Kelchs der Unsterblichkeit und die Salbung mit der
Salbe der Unverweslichkeit von vornherein als das Charakteristikum
seiner Person herausgestellt wird (JosAs 8,5).36 Die himmlischen Güter
sind also nicht etwas, das Joseph erst noch zuteil werden muss, son-
dern etwas, das er immer schon besitzt. Deutlicher könnte das göttliche
Wesen Josephs nicht vor Augen gestellt werden.37
Dies festzuhalten bedeutet aber, eine zunächst ganz eigentümliche
Vorstellung zu fixieren: Die Weisheit wird in JosAs in gleichzeitig
männlicher und weiblicher Form verkörpert. Sowohl Joseph als auch
Aseneth erscheinen als Personifikation der Weisheit. Allerdings wird
Aseneth Joseph dadurch untergeordnet, dass ihr weisheitliches Sein
sich dem seinen verdankt und ihre weisheitliche Existenz durch Joseph
qualifiziert wird. Gleichwohl verkörpern beide Protagonisten je für
sich, was in der Tradition stets nur eine Person ist: die alles durchdrin-
gende, alles mit ihrer Schönheit überstrahlende und mit Gott wesens-
eine Person der Weisheit Gottes, das Doxa-Licht Gottes, die Schekina,
unter deren Flügel der Mensch seine Ruhe findet. Unterschieden wer-
den die beiden Figuren also nicht ihrem Wesen, sondern allein ihrer
Funktion nach: Joseph steht für Israel, Aseneth für die Heiden, die
kraft der Gotteszugehörigkeit des Joseph ein himmlisches Wohnrecht
erhalten. Dass dabei Aseneth in der Erzählung erst zeitlich versetzt
zuteil wird, was Joseph von Anfang an besitzt, nämlich Anteil an den
himmlischen Gütern, entspricht der heilsgeschichtlichen Vorordnung
Israels vor die Heiden kraft der Erwählung des Volkes zum Bundes-
partner Gottes.38 Da gleichwohl beide Figuren als Personifikationen der
Weisheit erscheinen, kann am weisheitlichen Gesamtduktus der Schrift
kein Zweifel mehr bestehen. Die Erzählung ist durch und durch weis-
heitlich stilisiert.
36 Die hohe Symbolik der triadisch miteinander verbundenen Begriffe verbietet eine
historische Verankerung der Formel in unbekannten rituellen Vollzügen des helle-
nistischen Diasporajudentums. Vgl. CHESNUTT, Perceptions.
37 Abzulehnen ist die von O’NEILL, Joseph and Aseneth 195 – 198, vorgeschlagene mes-
sianische Deutung der Person Josephs.
38 Vor diesem weisheitlichen Hintergrund erscheint die von BOHAK, Joseph and Aseneth
2, vorgenommene Charakterisierung Aseneths als einer arroganten Frau als Fehldeu-
tung des Textes, denn die Abwehr der an ihr interessierten Männer Ägyptens und die
Erhaltung ihrer Keuschheit sind auf der Erzählebene das Zeichen der besonderen
göttlichen Bestimmung Aseneths.
256 ULRIKE MITTMANN-RICHERT
39 Vgl. BURCHARD, Joseph und Aseneth, TRE XVII, 246; BURCHARD, Joseph und Aseneth,
ThZ 61, 72: „eine biblisch-jüdische Engelerscheinung auf Breitwand“. Stellvertretend
für viele – nahezu alle –, die die Frage nach dem Wesen des Menschen aus dem
Himmel gar nicht stellen bzw. sie mit der Klassifizierung als Engel für von vornher-
ein beantwortet halten, BOHAK, Joseph and Aseneth 2f.
40 Zur Diskussion siehe PLÖGER, Daniel 148; DI LELLA, Daniel 279f; GOLDINGAY, Daniel
290; COLLINS, Daniel 373f.
258 ULRIKE MITTMANN-RICHERT
Es ist allerdings die Frage, was mit dieser Bezeichnung gemeint ist.
Stellt sich der Mensch aus dem Himmel hier als Höchster der Engel
vor, wie es der Gesamtzusammenhang von Dan 10 zu implizieren
scheint, oder unterscheidet seine Herrschaftsfunktion ihn von den En-
geln? An welche himmlische „Person“ aber wäre in diesem Fall zu
denken?
Die Antwort ergibt sich, wenn man neben den Gemeinsamkeiten
auch die Unterschiede zur Engelsgestalt des Danielbuches in die Be-
trachtung miteinbezieht. Der Hauptunterschied liegt im Königtum der
vor Aseneth erscheinenden Person. Von ihr wird ausdrücklich gesagt,
sie trage das königliche Zepter in der Hand und auf dem Haupt einen
Kranz (JosAs 14,9), die Insignien herrscherlicher Macht. Diese könig-
liche Charakterisierung macht es ganz unmöglich, in der vor Aseneth
erscheinenden Menschengestalt einen Engel zu sehen, zumal das Zep-
ter auch die richterliche Vollmacht des so Erscheinenden manifestiert.
Dass hier weit mehr im Blick ist als eine Führungsrolle unter den En-
gelwesen, zeigt ferner in der Selbstvorstellung des Menschen aus dem
Himmel der Hinweis auf das Haus Gottes (oë oiÍkow kyriÂoy), über wel-
ches er herrscht. „Der Mann, in allem gleich dem Joseph“ (JosAs 14,9;
15,12x), ist also kein Geringerer als der Herrscher des transzendenten
Gottesreiches. Für eine solche Sonderstellung eines Engelwesens in der
himmlischen Welt gibt es in der frühjüdischen Literatur keine Parallele
und kann es keine Parallele geben, da trotz ihrer himmlischen Existenz
die Engel des himmlischen Heeres stets als Gott untergeordnet gelten,
während der vor Aseneth erscheinende Mensch im Himmel offensicht-
lich Gottes eigenes Amt innehat.
Sucht man in der Tradition nach einer Person, die zum Herrscher
des transzendenten Gottesreiches eingesetzt ist, so könnte man – auch
wegen der Charakterisierung der vor Aseneth erscheinenden Gestalt
als „Mensch aus dem Himmel“ – zunächst an den Menschensohn den-
ken, wie er als messianische Gestalt erstmals in Dan 7 und dann in den
Bilderreden des äthiopischen Henochbuches (äthHen 37 – 71) offenbar
Joseph und Aseneth 259
wird (Dan 7,13f; äthHen 46,1 – 6; 48,2f und öfter). Allerdings ist auch
hier der konzeptionelle Unterschied beträchtlich. Denn während der
Menschensohn der von der Erde in den Himmel erhöhte Menschheits-
repräsentant ist, dessen menschliches Wesen nie außer Frage steht und
dessen Wirkkreis nach seiner Inthronisation das transzendente Gottes-
reich ist,41 kommt der vor Aseneth Erscheinende aus dem Himmel her-
ab 42 – „der Himmel spaltete sich“ (JosAs 14,1) – und wird auf Erden
von Aseneth als Gott selbst erkannt (JosAs 17,9):
oyÆk hÍìdein oÏti ûeoÁw hËlûe proÂw me.
Ich wusste nicht, dass Gott zu mir kam.
Obwohl im Preis der Weisheit SapSal 7 die Weisheit, hë sofiÂa, weiblich quali-
fiziert ist im Sinne der älteren Weisheitsvorstellung, findet sich in SapSal 18 der
auf Erden offenbare Gott unvermittelt in männlicher Form hypostasiert bzw.
personifiziert; an die Stelle der weiblichen Bezeichnung „Sophia“ tritt nun der
Logostitel (SapSal 18,14 – 16):
14 Denn als tiefes Schweigen das All umfing
und die Nacht in der ihr eigenen Geschwindigkeit ihre Mitte erreichte,
15 da fuhr dein allmächtiges Wort [loÂgow] vom Himmel herab, vom
königlichen Thron,
als harter Kriegsmann, mitten in die Zerstörung der Erde,
16 und trug als scharfes Schwert deinen unmissverständlichen Befehl
und stellte sich hin und erfüllte das All mit Tod;
dabei berührte es den Himmel, schritt aber auf der Erde einher.
Dass hier Logos und Sophia miteinander identifiziert werden, zeigt schon die
Tatsache, dass das Herabkommen des Logos auf die Erde vom himmlischen
Thron her geschieht, der nach Sir 24,4 der himmlische Sitz der Sophia ist. Die
Identifikation von Weisheit und Logos ist auch deshalb konsequent, weil vom
Sinai her das Wort das Offenbarungsmedium Gottes ist, durch welches Gott als
Person erkennbar wird, weshalb die Weisheit – als die Norm der Gottesbezie-
hung im menschlich-ethischen Bereich – auch mit der Tora identifiziert wird.43
In der Sapientia Salomonis ist daher der vom himmlischen Thron herabstei-
gende Logos die Personifikation des göttlichen Offenbarungswortes und somit
identisch mit der Weisheit. Wie konkret diese Personifizierung werden kann,
zeigt ferner das Auftreten des Logos als „harter Kriegsmann“ (aÆpoÂtomow pole-
misthÂw; SapSal 18,15). Dieser Titel verdeutlicht die Funktion, die der Logos im
fraglichen Zusammenhang hat: Er muss Gericht halten und Gottes Recht auf
Erden durchsetzen.44 Geschichtlich ist dabei zunächst auf Israels Zeit in Ägyp-
ten angespielt und wird das Gericht verstanden als Strafe an den Ägyptern, der
Macht, die Israel versklavt. Ägypten steht hier, wie in anderen alttestamentli-
chen und frühjüdischen Texten auch, für das Urböse, das am Anfang der Ge-
schichte Israel in Gefangenschaft hielt und zum Typos der widergöttlichen
Macht wurde. Auch wenn im ersten Teil von „Joseph und Aseneth“ zunächst
noch die Friedenszeit unter Joseph und einem dem Volk wohlgesinnten Pharao
vor Augen steht, so deutet sich im zweiten Teil, der von den Nachstellungen
des Sohnes Pharaos und der Gefährdung Aseneths handelt, doch schon die
künftige Katastrophe an.45 Bedeutsam im Blick auf das Verständnis von „Joseph
und Aseneth“ ist zunächst der ägyptische Bezugsrahmen, den die Sapientia
Salomonis und die Asenethschrift gemeinsam haben.
Allerdings trifft in der Sapientia Salomonis das Gericht nicht allein die
Ägypter, sondern auch das Volk Israel, von dem es heißt, dass es ebenfalls den
Gotteszorn auf sich gezogen habe (SapSal 18,20). Der Frevel Israels macht die
Entsühnung des Volkes notwendig, weshalb nun die – wiederum männlich
verkörperte – Weisheit in priesterlicher Funktion erscheint, als Weltenpriester,
der die kultische Ordnung des Kosmos verbürgt und wiederherstellt (SapSal
18,21 – 25):
20c Aber der Zorn [Gottes] währte nicht lang.
21 Denn ein Mann ohne Fehl eilte herbei und kämpfte für sie
und hatte mitgebracht die Waffe seines eigenen [priesterlichen] Dienstes:
Gebet und sühnendes Räucherwerk.
Er widerstand dem Zorn und machte dem Unheil ein Ende
und zeigte so, dass er dein Diener ist.
22 Er überwand aber den Zorn nicht mit Körperkraft
und nicht mit Waffengewalt,
sondern unterwarf den Strafgewaltigen mit dem Wort,
indem er an die den Vätern geltenden Eide und Bundesschlüsse
erinnerte.
...
24 Denn auf seinem fußlangen Gewand befand sich die ganze Welt,
und die Doxa der Väter stand eingraviert auf dem vierreihigen
Schmuck von Steinen,
und deine Majestät war auf dem Diadem seines Hauptes.
25 Davor wich der Verderber.
Äußerlich scheint der Textabschnitt SapSal 18,20 – 25 auf Num 17 anzuspielen,
wo die Rede ist vom Aufbegehren Israels gegen Gott in der Wüste und von der
Vernichtung großer Teile der Gemeinde. Sie endet durch das Einschreiten
Aarons, der zwischen die Toten und die Lebenden tritt und für Israel Sühne
wirkt. Die sprachlichen Bezüge aber zeigen, dass hier ein ganz anderer Text im
Vordergrund steht, nämlich 1 Chr 21. Auch in diesem Text geht es um ein
Strafhandeln Gottes an Israel; der Grund des göttlichen Zornes ist in diesem
Fall aber nicht das Volk, sondern David, der mit einer Volkszählung Gottes
Eigentumsrecht an Israel verletzt hat. Und so sendet Gott, als irdischen
21 Gott die Entsühnung Israels durch David vollziehen lässt, wirkt in SapSal
18,21 – 24 Gott selbst die Entsühnung. Dabei ist – wie schon im Fall des Ge-
richtswortes Gottes – auch das Wort, das den Strafbefehl aufhebt, personifiziert:
Es kommt ein „Mann ohne Fehl“ (aÆnhÁr aÍmemptow), wie es in SapSal 18 heißt,
und das bedeutet: ein Priester. Dass diese priesterliche Gestalt kein irdischer
Mensch ist, sondern der seinem Volk in Liebe und Erbarmen zugewandte Gott
in Person, zeigt sich an zweierlei: 1. Der Priester trägt ein Gewand, auf wel-
chem die ganze Welt ist (oÏlow oë koÂsmow). Er ist der Garant der kultischen Inte-
grität der Schöpfung und daher niemand anderes als die Weisheit in Person,
die als principium der Schöpfung und als principium der im Kult manifesten
Offenbarung die Welt durchwaltet. 2. Die Entsühnung Israels geschieht nicht
durch irdisch vollzogene Opfer, sondern allein durch das Wort (SapSal 18,22),
wie auch der als strafender Richter auftretende Logos das Gericht allein durch
das Wort vollzieht (SapSal 18,16). Die beiden Aspekte des Wirkens Gottes nach
außen, sein Gerichtshandeln und sein Gnadenhandeln, sind hier in zweifacher
Weise hypostasiert bzw. personifiziert, wobei im Gesamtkontext der Sapientia
Salomonis klar ist, dass es sich in beiden Fällen um die Weisheit Gottes handelt,
deren universelle richterliche und kultische Funktion in SapSal 7 vor Augen
gestellt wurde und die in SapSal 18 zur Garantin der göttlichen Weltordnung
wird. Dass dabei das Gnadenhandeln Gottes sich in der Entsühnung Israels
vollzieht und daher die Weisheit priesterlich personifiziert erscheint, entspricht
ganz Sir 24,10, wo die Weisheit ebenfalls das priesterliche Amt auf dem Zion
ausübt. Wenn daher in „Joseph und Aseneth“ die Weisheit weiblich und männ-
lich zugleich personifiziert wird und den verschiedenen Aspekten des Offen-
barwerdens Gottes unterschiedliche Figuren zugeordnet werden, dann ent-
spricht das den Denkkategorien, welche die Sapientia Salomonis bestimmen.
Zum gemeinsamen Vorstellungsrahmen gehört auch, wie gleich zu zeigen ist,
die priesterliche Charakterisierung der aus dem Himmel zu Aseneth herab-
steigenden Gestalt.
Identifikation des Wortes Gottes mit der Weisheit auch auf die Weisheit
übertragen (Prov 24,13f; Sir 24,20). Als genuin weisheitlich aber gibt
sich das Bild dort zu erkennen, wo davon die Rede ist, dass die erste
Honigwabe, die Aseneth in ihrer Kammer findet und aus der später
die Bienen kommen, hervorgegangen ist aus dem Munde des himmli-
schen Menschen (JosAs 16,11). Denn es ist die Weisheit selbst, die nach
Sir 24,1 aus dem Munde des Höchsten hervorgeht und deren göttliches
Wesen dieser Akt der Selbstentäußerung Gottes manifestiert. Dieses
Bild der göttlichen Selbstentäußerung wird – auf einer zweiten Ab-
straktionsebene mit der Weisheit als der sich selbst teilgebenden Per-
son – in der rituellen Einsetzung Aseneths in ihr weisheitliches Amt 48
zum Sinnbild der Wesenseinheit des Menschen aus dem Himmel mit
Aseneth, einer Einheit, die erzählerisch durch die Nachbildung der
ersten Honigwabe auf dem Munde Aseneths konstituiert wird (JosAs
16,19). Dass dabei die Bienen, welche die zweite Wabe aufbauen,
priesterliche Farben tragen, dokumentiert den Vorgang der kultischen
Integration der durch Aseneth repräsentierten Heiden.49 Der Hinweis,
dass einige der Bienen Aseneth mit ihrem Stachel angreifen (JosAs
16,22), aber zeigt, wie brisant die Vorstellung war, die Heiden hätten in
der Weisheit Gottes selbst ihre Repräsentantin und damit von jeher
Anteil am göttlichen Heil. Daher bleibt – wie in der Bestimmung des
Verhältnisses zwischen Joseph und Aseneth – auch hier die Vorrang-
stellung Israels dadurch gewahrt, dass Aseneth ihr himmlisches Amt
nicht schon von jeher innehat, sondern dasselbe erst durch den Men-
schen aus dem Himmel empfängt.50
Dass der himmlische Mensch kein anderer ist als die männlich
personifizierte Weisheit Gottes, erweist auch die Tatsache, dass er am
Ende seines Besuchs bei Aseneth ihre sieben Jungfrauen zu den sie-
ben Säulen der Stadt der Zuflucht erhebt (JosAs 17,4 – 6). Denn er
vollzieht damit, was nach Prov 9,1 das irdische Handeln der Weisheit
ist:
Die Weisheit hat ihr Haus gebaut
und ihre sieben Säulen ausgehauen.
51 STANDHARTINGER, Frauenbild 189 – 197, kann, da sie die Identifikation des Men-
schen aus dem Himmel mit einem Engel ohne Prüfung des Sachverhalts voraus-
setzt, gleichzeitig aber erkennt, dass die Schwester des Menschen mit Namen „Um-
kehr“ als die personifizierte Weisheit charakterisiert ist, das Bruder-Schwester-
Verhältnis im Rahmen der Engelvorstellung nur durch die Behauptung stützen,
die „Umkehr“ sei in „Joseph und Aseneth“ ihrer weisheitlichen Würde entklei-
det und zu einem Engelwesen degradiert worden. Von einer solchen Degra-
dierung ist im Text weder explizit die Rede, noch impliziert die Charakterisierung
der „Umkehr“ an irgendeiner Stelle, dass die Herabstufung von Seiten des Ver-
fassers vorausgesetzt sei. Hier zeigt sich, wie sehr man den Text beugen muss, um
am etablierten angelologischen Deutungsmuster festhalten zu können, selbst dort,
wo man den weisheitlichen Vorstellungsrahmen bereits herausgearbeitet hat. Da in
der Tat Bruder und Schwester, der himmlische Mensch und die „Umkehr“, nicht
verschiedenen „Personen“kreisen zugeordnet werden können, bleibt nur die Iden-
tifikation auch des himmlischen Menschen mit der zur himmlischen Regentschaft
berufenen göttlichen Weisheit. – In diesem Zusammenhang ist auch Kritik an
STANDHARTINGERs Versuch zu üben, den Kurztext aufgrund seines angeblich pro-
vokanteren Frauenbildes als den ursprünglichen Text auszugeben. Denn die von
der Autorin zum Vergleich der Textfassungen entworfene Graphik auf S. 196 ihres
Werkes zeigt deutlich die Entwicklung von der theologisch hochdifferenzierten
Erzählform des Langtextes, in welchem die Funktion der Umkehr von der weis-
heitlichen Schekinavorstellung her definiert wird, zu einer Liebeserzählung. In ihr
wird die Vorstellung vom himmlischen Einwohnungs- und Ruheort (JosAs 15,7)
aufgegeben und durch das Bild des Brautgemachs ersetzt, in welchem Joseph und
Aseneth ihre ewige himmlische Vereinigung besiegeln. STANDHARTINGER kann an
dieser Stelle die Klassifikation des Kurztextes als des theologisch angeblich an-
spruchsvolleren Textes auch nur deshalb aufrechterhalten, weil sie „die Vorstel-
lung, die hinter dem himmlischen Ruheort [. . .] steht“ als „undeutlich“ und daher
als nicht weiter bedenkenswert disqualifiziert (196f ). Dass Joseph und Aseneth mit
dem Eintritt in das ihnen bereitete Brautgemach zu Engeln erhoben würden, run-
Joseph und Aseneth 267
det das Bild einer textbeugenden Exegese ab, zumal die Verwandlung von Men-
schen in Engel in der alttestamentlich-frühjüdischen Tradition keine Parallele hat.
Das gilt auch gegen LIEBER, Table 65, die ohne weitere Untersuchung des Sach-
verhalts feststellt, durch den Verzehr der vom Engel bereiteten Nahrung werde
Aseneth selbst in einen Engel verwandelt. – Dass STANDHARTINGER schließlich die
Protagonisten in ihrem nur wenig später erschienenen Aufsatz „From Fictional
Text to Socio-Historical Context“ in ganz anderer Weise charakterisiert als in ihrer
Monographie, verwirrt das Bild noch mehr, zumal sie auch hier die Figuren im
Kurz- und im Langtext verschieden deutet: Hauptbezugspunkt der Personende-
batte ist jetzt nicht mehr die Angelologie, sondern die weisheitliche Charakterisie-
rung der „Umkehr“, deren Identifikation mit der Sophia STANDHARTINGER nun
nicht mehr in Frage stellt (Fictional Text 308 – 310). Da sie aber im Blick auf den
Menschen aus dem Himmel auf eine Wesensbestimmung verzichtet und auch im
Blick auf Aseneths himmlische Existenz vage bleibt, misslingt die weisheitliche
Systematisierung der Personen und bleibt die Verhältnisbestimmung unklar. Das
gilt auch für den von der Autorin als sekundär klassifizierten Langtext, dem sie
vorwirft, er ersetze der Tendenz nach die weibliche Sophia durch die männlichen
Protagonisten, was eine Diskussion über das wahre Geschlecht der Sophia wider-
spiegele (313f ). Im Langtext finde außerdem in der Begegnung mit dem Menschen
aus dem Himmel zunächst keine Transformation Aseneths in ein himmlisches
Wesen statt, da der Bau der Honigwabe auf Aseneths Mund, von dem nur im
Langtext die Rede ist, ihr den Mund verschlösse und ihre Stellung als Mensch
manifestiere, der eine himmlische Botschaft empfängt (310 – 312). Diese Interpre-
tation bedeutet die völlige Verkehrung der Verhältnisse, da gerade der Kurztext
durch die Streichung des Wabenbaus auf Aseneths Mund die weisheitliche Sym-
bolik minimiert. – Dass gerade die Weisheitsanspielungen nachträglich getilgt
wurden um der Herstellung einer kurzen, theologisch nicht überfrachteten, gefäl-
ligen Liebeserzählung willen, zeigt auch die oben erwähnte Erhebung der sieben
Jungfrauen Aseneths zu den sieben Säulen der himmlischen Zufluchtsstadt, die
der Kurztext nicht enthält. Siehe BURCHARD, Joseph und Aseneth, PVGT 5, 224f.
Festzuhalten bleibt allerdings, dass die Schwierigkeiten, denen sich STANDHARTIN-
GER im Blick auf die Verhältnisbestimmung der Personen ausgesetzt sieht und die
einer Lösung harren, allein dadurch entstehen, dass die Autorin im Grunde er-
kennt, dass alle vier Personen die Züge der Weisheit tragen. Die einseitige Fixie-
rung auf Gender-Fragen verstellt allerdings eine theologische Lösung.
268 ULRIKE MITTMANN-RICHERT
7b dioÂti hë metaÂnoia eÆstin eÆn toiÄw oyÆranoiÄw ûygaÂthr yëciÂstoy kalhÁ kaiÁ
aÆgaûhÁ sfoÂdra. kaiÁ ayÆthÁ eÆklipareiÄ toÁn ûeoÁn toÁn yÏciston yëpeÁr soyÄ pa Ä san
vÏ ran kaiÁ yëpeÁr paÂntvn tv Ä n metanooyÂntvn eÆn oÆnoÂmati ûeoyÄ toyÄ yëciÂstoy
eÆpeidhÁ pathÂr eÆsti thÄ w metanoiÂaw. kaiÁ <ayÆth > eÆstin eÆpiÂskopow paÂntvn tv Än
parûeÂnvn kaiÁ fileiÄ yëma Ä w sfoÂdra kaiÁ periÁ yëmv Ä n eÆrvtaÄì paÄ san v
Ï ran toÁn
yÏciston kaiÁ pa Ä si toiÄw metanooyÄsin toÂpon aÆnapayÂsevw hëtoiÂmasen eÆn toiÄw
oyÆranoiÄw kaiÁ aÆnakainieiÄ paÂntaw toyÁw metanohÂsantaw kaiÁ <ayÆthÁ > dia-
Ä na xroÂnon. 8 kaiÁ eÍstin hë metaÂnoia kalhÁ sfoÂdra
konhÂsei ayÆtoiÄw eiÆw toÁn aiÆv
parûeÂnow kaûaraÁ kaiÁ gelv Ä sa paÂntote kaiÁ eÍstin eÆpieikhÁw kaiÁ praeiÄa. kaiÁ
diaÁ toyÄto oë pathÁr oë yÏcistow aÆgapa Äì ayÆthÁn kaiÁ paÂntew oië aÍggeloi aiÆdoyÄntai
ayÆthÂn. kaÆgvÁ aÆgapv Ä ayÆthÁn sfoÂdra dioÂti aÆdelfh moy eÆsti kaiÁ ayÆthÂ. kaiÁ
kaûoÂti yëmaÄ w taÁw parûeÂnoyw aÆgapa Äì kaÆgvÁ yëma
Ä w aÆgapv Ä.
7b Denn die Umkehr ist im Himmel die Tochter des Höchsten, schön und
sehr gut. Und sie fleht Gott, den Höchsten, alle Stunde an für dich und für
alle, die umkehren im Namen Gottes, des Höchsten, weil er doch der Vater
der Umkehr ist. Und sie ist die Hüterin aller Jungfrauen und liebt euch
sehr und bittet alle Stunde den Höchsten für euch und hat allen, die um-
kehren, einen Ort der Ruhe im Himmel bereitet. Und sie wird alle erneu-
ern, die umkehren, und sie wird ihnen dienen für ewige Zeit. 8 Und die
Umkehr ist sehr schön, eine Jungfrau, rein und allezeit lachend, und ist
milde und sanftmütig. Und deswegen liebt sie der Vater, der Höchste, und
all die Engel scheuen sie. Und ich liebe sie sehr, denn auch sie ist meine
Schwester. Und wie sie euch, die Jungfrauen liebt, so liebe auch ich euch.
Wieder ist hier – nun im Blick nicht auf das Zur-Welt-Kommen der
Weisheit, sondern auf ihr transzendentes Sein bei Gott – die Weisheit in
zweifacher Personifikation vorgestellt. In weiblicher Gestalt trägt sie
den Namen „Umkehr“. Ihr göttliches Wesen tritt in ihrer Bezeichnung
als „Tochter des Höchsten“ zutage. Ihre Offenbarungsfunktion mani-
festiert sich darin, dass sie denen, die sich zu ihr kehren, einen Ruheort
bereitet. Dass sie als rein (kaûaraÂ) und alles erneuernd vorgestellt
wird, entspricht wieder ganz der Charakterisierung der Weisheit in
SapSal 7,22 – 27. Ja, es scheint fast, als hätte der Autor von „Joseph und
Aseneth“ die Liste der Wesensmerkmale der Weisheit aus SapSal 7
verteilt auf die männlichen und die weiblichen Figuren der Erzählung.
Denn beide Seiten sind zwar individuell charakterisiert, aber so, dass
in der Zusammenschau der Merkmale das Gesamtbild der Weisheit
nach SapSal 7 entsteht. Dass die Charakterisierung des Bruders der
„Umkehr“ als Engel eine sinnentstellende Fehlinterpretation des Tex-
tes ist, zeigt in diesem Zusammenhang auch die im Text ausdrücklich
vollzogene Unterscheidung der Person der Umkehr von den Engeln:
Da die Engel ihr als Gruppe ausdrücklich untergeordnet werden
(JosAs 15,8) und sie scheuen, ihr also wegen ihres höheren Ranges mit
Ehrfurcht begegnen, kann ihr Bruder, der Mensch aus dem Himmel,
Joseph und Aseneth 269
52 Gegen BROOKE, Men, der auf die Parallelen zwischen der in den Schriften von Qum-
ran hervortretenden Engelvorstellung und der Charakterisierung Aseneths, Josephs
und des Menschen aus dem Himmel verweist, dabei aber bezeichnenderweise nicht
auf die vierte Hauptperson mit Namen „Umkehr“ eingeht, die sich ganz offensicht-
lich jeder Engelsystematik entzieht. Da BROOKE aber drei der vier Personen – ein-
schließlich der irdischen Protagonisten! – als Engelwesen kennzeichnet, ist der Schritt
zu einer weisheitlichen Klassifikation aller Hauptdarsteller nicht mehr weit, sobald
man die Schwester des Menschen aus dem Himmel eindeutig als Sophia identifiziert.
Die Problematik der von BROOKE beigebrachten Parallelen liegt außerdem darin, dass
– wie in der Forschung zu Joseph und Aseneth – auch in der Qumran-Forschung alle
Wesen mit himmlischer Funktion als „Engel“ klassifiziert werden, ohne dass dieser
Begriff einer traditionsgeschichtlichen Systematik unterworfen würde. So ist es bei-
spielsweise höchst fraglich, ob man einen Text wie 4Q541 9 i 2b – 5 als angelologisches
Zeugnis heranziehen kann, zumal in der von BROOKE nicht mehr zitierten Zeile
4Q541 9 i 2a von der Vermittlung der Weisheit die Rede ist. Auch für die Qumran-
Forschung trifft zu, was eingangs über die Einbeziehung der Weisheit in die Deutung
der Texte gesagt wurde, dass nämlich die weisheitliche Personvorstellung völlig aus
der Diskussion ausgeklammert wird. So ist auch auf diesem Gebiet eine Entschlüs-
selung mancher der als rätselhaft geltenden Texte zu erwarten, wenn man die Per-
sonalität der Weisheit in die Interpretation miteinbezieht, zumal die Bedeutung der
Weisheit im Qumran-Schrifttum unumstritten ist.
53 Die beliebte mystische Klassifikation der Schrift (siehe Anm. 13) bedeutet die Ver-
kennung des offenbarungsgeschichtlichen Gesamtrahmens der Weisheit in hellenisti-
scher Zeit.
270 ULRIKE MITTMANN-RICHERT
aber, den Gott aus dem Gericht errettet, öffnet er seinen Transzendenz-
bereich, öffnet er die himmlische Welt.
Da nun aber die Weisheit in „Joseph und Aseneth“ vierfach per-
sonifiziert erscheint, ist die letzte, entscheidende Frage, die es noch zu
beantworten gilt, die nach dem inneren Zusammenhang der Figuren.
historische Indizien und sind nicht geeignet, als Grundlage einer Datierung der
Schrift zu dienen. Gegen SÄNGER, Erwägungen.
272 ULRIKE MITTMANN-RICHERT
59 „Denn die Bewohner von Heliopolis sollen die gelehrtesten Ägypter sein.“ Text: FEIX
(Hg.), Herodot, I, 199 – 202.
60 Nach Strabo gelten die Priester von Heliopolis als in der Erkenntnis der himmlischen
Dinge (hë eÆpisthÂmh tvÁn oyÆraniÂvn) alle anderen weit überragend. Text: JONES, Geogra-
phy, VIII, 82 – 85.
61 Siehe WILDUNG, Imhotep 289 – 302.
62 Siehe ASSMANN, Einwohnung; HORNUNG, Der Eine, besonders 62 – 149. Siehe ferner
im vorliegenden Band den Beitrag von JANOWSKI, der im Blick auf die jüdische Weis-
heit das tierische Manifestwerden der ägyptischen Gottheiten vor dem Hintergrund
der Hypostasenvorstellung erhellt.
63 In diesen Zusammenhang mag auch die Bienensymbolik gehören, da in Ägypten den
Bienen, entstanden aus den Tränen des mit Heliopolis in besonderer Weise verbun-
denen Sonnengottes Re, schöpferische Mittlerfunktion zuerkannt wurde. Siehe LECLANT,
Biene 788. Dort auch zur Verbindung der Biene zu anderen Göttern, insbesondere der
Göttin Neith, und zum Königtum.
64 So auch BOHAK, Fiction 277; CHESNUTT, Joseph and Aseneth 970; CHESNUTT, Text
300 – 302, allerdings mit jeweils anderem theologischen und soziologischen Akzent.
Zur sozialen Problematik siehe auch CHESNUTT, Setting 40.42, und CHESNUTT, Death
Joseph und Aseneth 275
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351.354. MOMIGLIANO, Hochkulturen 140, redet von „Joseph und Aseneth“ gar als
von einem „typische[n] Dokument des ganz mit sich selbst beschäftigten ägyptischen
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BURCHARD, Küssen.
276 ULRIKE MITTMANN-RICHERT
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Joseph und Aseneth 279
JAN DOCHHORN
1. Ziel
Die Gegenüberstellung Christi und der Engel in Hebr 1,1– 2,9 beruht
auf religionsgeschichtlichen Voraussetzungen, die in diesem Artikel
aufgezeigt werden sollen. Der entscheidende Referenztext ist die Teu-
felsfallsgeschichte der Vita Adae et Evae (Vit Ad 11–17), die als Par-
allele zu Hebr 1,1– 2,9 bisher nur beiläufig berücksichtigt wurde.1 Die
Parallelität der Texte besteht darin, dass in beiden ein Mensch als Welt-
herrscher präsentiert wird, und zwar speziell im Hinblick auf die En-
gel. Der nachfolgende Abschnitt (§ 2) soll zeigen, inwiefern dies in
Hebr 1,1– 2,9 der Fall ist. Daran anschließend soll dasselbe Phänomen
an Vit Ad 11–17 – im Rahmen einer ausführlichen Analyse des Textes –
demonstriert werden (§ 3). Ein Schlussabschnitt wird die Hintergrund
stehenden religionsgeschichtlichen Zusammenhänge skizzieren (§ 4).
1 Die Proskynese der Engel vor Adam in Vit Ad 14 wird etwa bei BRAUN, Hebräer 37,
als Parallele zu Hebr 1,6 aufgeführt und unter „jüdische Gnosis“ subsumiert. Diese
religionsgeschichtliche Kategorisierung kann nicht aufrechterhalten werden, vgl. § 3.
Der hier diskutierte religionsgeschichtliche Zusammenhang wird auch bei STEEN-
BURG, Worship, angesprochen, allerdings mit ganz anderen Ergebnissen.
282 JAN DOCHHORN
Hebr 1,6 // Dtn 32,43 LXX und Ps 96,7 LXX; Hebr 1,8 – 9 // Ps 44,7– 8 LXX;
Hebr 1,13 // Ps 109,1LXX; Hebr 2,6 – 8a // Ps 8,5 –7 LXX ). Indessen bleibt
die „Wesenschristologie“ immer noch mit Hebr 1,10 –12 // Ps 101,26 –
28 LXX berücksichtigt, und Hebr 1,7 // Ps 103,4LXX verhält sich in dieser
Sache neutral.
Der Grund für die Dominanz des eschatologischen Geschehens
liegt in der paränetischen Funktion der Christus-Engel-Antithese, wie
sie in Hebr 2,1– 4 sichtbar wird: Die Adressaten sollen sich hüten, die
in Christus gegebene endzeitliche Errettung zu vernachlässigen, die-
weil schon das durch die Engel geredete Wort (vgl. Hebr 2,2!), also das
– als Engelwort viel geringere – Gesetz (vgl. Gal 3,19), mit Lohn und
Strafe bewehrt war (zur heilsgeschichtlichen Funktion des noÂmow im
Hebräerbrief vgl. Hebr 7,19.28; 9,19; 10,1).
In der Paränese in Hebr 2,1 – 4 liegt der einzige am Text des Hebräerbriefs selbst
auszumachende Grund für die Gegenüberstellung Christi und der Engel. Ihre
Funktion besteht darin, die Qal-Wachomaer-Struktur in 2,1 – 4 vorzubereiten:
Achtet auf das mit Christus verbundene Heil, denn ihr kennt die Strafen für die
Vernachlässigung des Gesetzes, das ja nur durch die Engel gegeben wurde!
Meines Erachtens besteht keinerlei Anlass, Hebr 1,1 – 2,9 als Polemik gegen
Engelchristologie oder Engelverehrung zu lesen. Hätte der Verfasser eine sol-
che Abzweckung nicht deutlich machen können? 2
4 Die Asc Isa erzählt von dem Martyrium Jesajas, das sie als Konsequenz zweier Pro-
phezeiungen darstellt, eine davon eine Himmelsreise und eine visionäre Schau des
endzeitlichen Descensus und Ascensus Christi betreffend (Asc Isa 6,1 – 11,40). Diese
sogenannte Vision des Jesaja enthält unter anderem eine Schilderung der – klar sub-
ordinatianisch verstandenen – Trinität (Asc Isa 9,27 – 10,6) und entfaltet damit eine
Wesenschristologie, nach der Christus seit je eine bestimmte Hoheit im Verhältnis
zum Vater einnimmt. Gleichwohl gewinnt Christus mit seinem endzeitlichen Ascen-
sus und Descensus auch eine neue Machtstellung, und zwar setzt er sich auf seinen
himmlischen Thron, nachdem er zuvor stehend war, wird also endzeitlich inthroni-
siert (Asc Isa 11,32). Vgl. hierzu DOCHHORN, Ascensio 37 – 39 (zum Wesen der guten
Geistmächte in der Asc Isa) und 42 – 45 (zur Eschatologie).
5 Zur dramatischen Inszenierung biblischer Texte in der frühjüdischen und frühchrist-
lichen Literatur vgl. DOCHHORN, Apokalypse 316f (dort Anm. 18).
6 Zur Zeugung des Königs als Rechtsakt bei der Inthronisation in Ps 2,7 vgl. KRAUS,
Psalmen 151 –153.
284 JAN DOCHHORN
nennt er sich selbst seinen Vater (Hebr 1,5b // 2 Sam 7,14 LXX und 1 Chr
17,13 LXX). Das Tempus der Zitationsformeln in Hebr 1,5 ist der Aorist;
vielleicht deutet dies die Fortsetzung der in Hebr 1,3b – 4 erzählten
Handlung an.
Thematisch zum Inthronisationsgeschehen passt auch die Auffor-
derung an die Engel, vor dem Sohn, hier näherhin als Erstgeborener
qualifiziert, die Proskynese zu vollziehen (Hebr 1,6b // Dtn 32,43 LXX
und Ps 96,7 LXX ). Doch ergeht diese tatsächlich zu derselben Zeit und
damit in derselben Szene? Der Aorist Konjunktiv mit oÏtan, der für ein
Futurum exactum stehen dürfte,7 deutet auf einen futurischen Zeit-
punkt, und paÂlin wird nicht – wie in Hebr 1,5b – Zitatakkumulation
signalisieren, sondern bezeichnet ausweislich seiner Stellung eher eine
zweite Einführung des betreffenden Herrschers in die bewohnte Welt.
Damit geht Hebr 1,6 auf eine noch ausstehende Ermächtigung Christi
bzw. seine Parusie (vgl. Hebr 9,28: oë XristoÁw . . . eÆk deyteÂroy . . . oÆfûhÂ-
setai). Sie ist als Abschluss des mit 1,3b eingeleiteten Erhöhungsge-
schehens zu verstehen, ähnlich wie vielleicht in Phil 2,9 –11, wo die
Verehrung Jesu Christi durch sämtliche Mächte (2,10 –11) wohl auch
ein noch zu erwartendes Ereignis ist, das an eine ausweislich 2,9 be-
reits vorgefallene Erhöhung Christi anschließt.8
Es reihen sich präsentische Zitationsfomeln an, und das Zitierte
harmoniert nicht mehr mit der Inthronisationsszenerie: Hebr 1,7 // Ps
103,4LXX hebt auf die wesensmäßige Inferiorität der Engel ab und Hebr
1,8 – 9 // Ps 44,7– 8 LXX auf die Superiorität Christi, freilich doch wohl
des endzeitlich Inthronisierten.9 Hebr 1,10 – 12 // Ps 101,26 – 28 LXX
betrifft die Schöpfungsmittlerschaft Christi, gehört also gewiss nicht
in den Inthronisationszusammenhang. Erst in Hebr 1,13, eingeleitet
durch das einem Aorist formal und funktional ähnliche eiÍrhken,10
7 So WINER, Grammatik 356f, unter Verweis auf Mk 8,38; Röm 11,27; Joh 4,25; 16,13;
Apg 23,35; 1 Kor 16,3; 1 Joh 2,28.
8 Zur oben vorgetragenen Auslegung von Hebr 1,6 vgl. die vorzügliche Darstellung
bei LÜNEMANN, Handbuch 76 – 79.
9 Dem Zitat aus Ps 44,7 – 8 LXX in Hebr 1,8 – 9 ist zu entnehmen, dass der Thron des
Angeredeten (= Christus) „in alle Ewigkeit“ (eiÆw toÁn aiÆv Ä now) bestehen
Ä na toyÄ aiÆv
werde. Das heißt nicht, dass er seit jeher bestand, sondern dass er zukünftig immer
bestehen wird. Dies fügt sich gut zur Vorstellung einer endzeitlichen Inthronisation.
Wenn der Angeredete in Hebr 1,9 // Ps 44,8 LXX als „Gott“ prädiziert wird (diaÁ toyÄto
eÍxriseÂn se oë ûeoÁw oë ûeoÂw soy), so dürfte diese Prädikation der mit der Inthronisation
verliehene Thronname sein, vgl. Phil 2,9.11. Die Funktion des Psalmenzitats in Hebr
1,8 – 9 wird freilich anderenorts eingehender zu erörtern sein.
10 Zu Perfekten, die Aoristen ähnlich sehen (wegen der Augmentierung) und sich so
verhalten vgl. BLASS / DEBRUNNER, Grammatik § 343 2 (S. 281).
Christologie in Hebr 1,1 – 2,9 und Weltherrschaft Adams in Vit Ad 11 – 17 285
Wir dürfen uns aufgrund der Zitation und Auslegung von Ps 8,5 –
7 LXX in Hebr 2,5 – 9 also sicher sein, dass der inthronisierte Sohn in
Hebr 1,1– 2,9 als Mensch zu denken ist. Es herrscht mit Christus in der
Endzeit also ein Mensch als „Erbe des Alls“, der sich nach vollbrachter
Reinigung der Sünden zur Rechten Gottes gesetzt und damit eine
Machtstellung errungen hat, die ihn unter anderem berechtigt, bei sei-
ner Präsentation in der oiÆkoymeÂnh die Proskynese der Engel entgegen-
zunehmen.
Der Vollständigkeit halber soll die exegetische Arbeit des Hebräerbriefs mit Ps
8,5 – 7 LXX erläutert werden: Ps 8,5 – 7 LXX wird (beinahe) umfassend ausgewertet,
und zwar von den Rändern her: Die beiden ersten Zeilen empfangen ihre In-
terpretation im Prätext: „Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkest, / oder
des Menschen Sohn, dass du ihn heimsuchst?“ (Hebr 2,6b // Ps 8,5 LXX ) ist
aufgrund der Prätextsignale auf Christus zu beziehen. Das zu aÍnûrvpow in
Zeile 1 parallel stehende yiëoÁw toy aÆnûrvÂpoy in Zeile 2 scheint den Ausleger
nicht weiter interessiert zu haben; ein Titel yiëoÁw toy aÆnûrvÂpoy kommt im He-
bräerbrief ansonsten nicht vor. Der betreffenden Zeile ist seine Aufmerksam-
keit von allen wohl am wenigsten zuteil geworden.11 Die Zeilen 3 – 5 (Hebr
2,7 – 8a // Ps 8,6.7b LXX ) werden im Folgekontext gedeutet, und zwar zuerst die
letzte: „Alles hast du unter seine Füße geordnet“ (Hebr 2,8a // Ps 8,7b LXX ) wird
in Hebr 2,8b dahingehend aufgefasst, dass damit der so gezeichnete Weltherr-
scher wirklich alles beherrscht. Vermutlich wird damit auf die Suprematie
11 Vgl. GRÄSSER, Beobachtungen, der konstatiert, dass dem Verfasser des Hebräerbriefs
an der Menschensohnterminologie in Ps 8,5b LXX nicht gelegen war (speziell S. 409).
Dieser Befund ist wichtig für die Klärung der Frage, ob im Hebräerbrief Menschen-
sohnchristologie realisiert oder wenigstens im Hintergrund aktiv ist.
288 JAN DOCHHORN
Christi über die Engel abgehoben. Danach werden die Zeilen 3 – 4 „Du hast ihn
ein wenig unter die Engel erniedrigt, / mit Herrlichkeit und Ehre hast du ihn
gekrönt“ (Hebr 2,7 // Ps 8,6 LXX ) ausgelegt, und zwar auf ein Geschehen, das
der in Zeile 5 geschilderten Unterordnung des Alls vorausgeht: Christus wurde
zunächst ein wenig unter die Engel erniedrigt und dabei mit Herrlichkeit und
Ehre gekrönt, damit er für jeden (?) den Tod schmecke.12 Seine Herrschaft über
das All hingegen ist jetzt „noch nicht“ (oyÍpv) zu sehen, damit allerdings im-
plizit in der Zukunft. Zeile 3 – 5 werden also in Christus-Geschichte umgesetzt.
Erneut erweist sich der Verfasser des Hebräerbriefs, der in Hebr 1 Bibelverse
dramatisch umgesetzt hat, als Meister einer narrativen Exegese.13
Wie in Hebr 1,1– 2,9 fungiert auch in Vit Ad 11–17 ein Mensch als
Weltherrscher, und dies wird auch dort speziell im Hinblick auf die
Engel demonstriert. Vit Ad 11–17 erzählt eine Geschichte vom urzeit-
lichen Fall des Teufels, die partiell im frühen Judentum, vor allem aber
im frühen Christentum erhebliche Verbreitung gefunden hat, daneben
bei den Mandäern und nicht zuletzt im Koran.14 Im Christentum ist sie
später sukzessive von dem auf Jes 14,12 –15 basierenden Luzifermythos
verdrängt worden.15 Die Teufelsfallsgeschichte von Vit Ad 11 – 17
dürfte, wie auch hier noch einmal gezeigt werden wird, in der Vit Ad
12 Hebr 2,9 ist in der Auslegung heftig umstritten. Probleme bereitet vor allem der
oÏpvw-Satz, der im Grunde nahelegt, dass die Krönung Jesu mit Ehre und Herrlichkeit
vor dem Todesleiden stattfand, was aber gewöhnlich nicht akzeptiert wird. Hinzu
kommt die Variantenbildung xaÂriti ûeoyÄ versus xvriÁw ûeoyÄ in dem betreffenden Satz,
vgl. hierzu VON HARNACK, Korrekturen 235 – 245, und (wohl besser!) LÜNEMANN,
Handbuch 87f.103f.
13 Die Auslegung des Psalmenzitats in Hebr 8,8b – 9 lässt Ps 8,7a LXX (kaiÁ kateÂsthsaw
ayÆtoÁn eÆpiÁ taÁ eÍrga tv Ä n soy) unberücksichtigt. Es fehlt auch in zahlreichen
Ä n xeirv
Textzeugen, unter anderem dem Codex Vaticanus und der Koinê-Überlieferung. Im
Grunde besser ist die Bezeugung für einen Langtext mit Ps 8,7a LXX in Hebr 2,7
(Sinaiticus, Alexandrinus, Übersetzungen etc.). Weil dieser Teilvers aber in der nach-
folgenden Auslegung überhaupt keine Berücksichtigung findet, dürfte der Langtext
indes sicher sekundär sein; so entscheidet auch NA27. Äußere Kriterien sind in der
Textkritik des Neuen Testaments offenbar nicht immer entscheidend.
14 Vgl. DOCHHORN, Apokalypse 52f, dort Anm. 39.
15 Der Luzifermythos, dem zufolge der Teufel der in Jes 14,12 – 15 erwähnte Morgen-
stern ist, der seinen Thron über den Wolken errichten und dem Höchsten gleich sein
wollte, ist erstmalig datierbar belegt bei Origenes, De Principiis I,5,2 – 5. Er stellt die
Standardversion der Teufelfallsvorstellung in der späteren kirchlichen Literatur dar,
vgl. etwa Isidor, Liber Sententiarum I,10,5 – 12 (PL 83,554 – 556); Petrus Lombardus,
Liber Sententiarum II,6 (PL 192,662 – 664); Thomas Aquinas, Summa Theologiae, q. 63
(BAC 77,435 – 447).
Christologie in Hebr 1,1 – 2,9 und Weltherrschaft Adams in Vit Ad 11 – 17 289
ihren ursprünglichen Sitz haben; 16 die anderen Belege sind damit mit-
telbar oder unmittelbar Derivate der in Vit Ad 11–17 bezeugten Ver-
sion.
Die Vita Adae et Evae stellt eine Erzählung über das Leben Adams
und Evas nach deren Vertreibung aus dem Paradies dar. Sie ist in einer
lateinischen, einer armenischen und einer georgischen Version erhal-
ten, die mehr oder weniger stark voneinander abweichen; 17 es existie-
ren fragmentarische Zeugen einer koptischen Version.18 Die lateinische
Version wurde am ehesten bekannt, und gleichwohl ist sie es, die noch
am wenigsten editorisch bearbeitet erscheint; in neuerer Zeit hat sich
vor allem PETTORELLI um die Vit Ad (lat) verdient gemacht.19 Der aus
den drei Versionen (mehr oder weniger sicher) zu erschließende
Grundtext der Vit Ad kann als redaktionelle Fortentwicklung der
ebenfalls vom Leben Adams und Evas handelnden Apokalypse des
Mose (Apc Mos) erwiesen werden, und zwar speziell eines Zweigs von
deren Textüberlieferung, nämlich des Subarchetypen *Ia, der nicht nur
der Vit Ad, sondern auch den griechischen Handschriften A AC Ath C
sowie der Gruppe Va-P 1-slavisches Adambuch zugrunde liegt.20 Vit Ad
erscheint damit als Teil einer griechischsprachigen Tradition, und dies
legt nahe, dass ihr Grundtext griechisch war.21 Dies wird auch durch
spricht ein ganz elementarer Sachverhalt: Weder im frühen Judentum noch im frühen
Christentum noch überhaupt in der antiken Welt gab es einen einzigen Menschen,
der sich selbst als ‘Apokalyptiker‘ bezeichnet hätte oder den seine Umwelt als
‘Apokalyptiker‘ identifiziert hätte“ (174). WOLTER versucht „Apokalyptik“ gleich-
wohl als metaprachlichen Terminus zu retten, freilich durch den Versuch einer Neu-
definition. Vielleicht sollte man ihn besser ganz fallen lassen. Er regt nicht gerade
selten zu textfernen Debatten an.
26 Für den synoptischen Vergleich bietet ANDERSON / STONE (Hg.), Synopsis, eine Über-
sicht; daneben ist auf jeden Fall der in Anm. 15 erwähnte Pariser Textzeuge zu halten,
vgl. PETTORELLI (Hg.), Vie.
Der oben genannte Rekurs auf den Luzifermythos in Vit Ad 15 fehlt in Vit Ad
(arm.georg) sowie im Pariser Textzeugen (vgl. PETTORELLI [Hg.], Vie 14). Er ist damit
sicher sekundär.
292 JAN DOCHHORN
(14,1; < Dtn 32,43 Q/LXX [4Q Deut q ]; Ps 96,7 LXX, vgl. Hebr 1,6; 27 < Apc
Mos (*Ia) 16,2).28 Ja, in der Tat: Dies ist die Aufforderung, die an die
Engel erging! Das Vokabular ist bei dem, was Adam im Hinblick auf
Gott tut, in den unterschiedlichen Versionen der Erzählung dasselbe
wie bei der von den Engeln im Hinblick auf Adam abverlangten Hand-
lung. In Vit Ad (lat) etwa steht beide Male adorare („anbeten“), in der
armenischen Parallele erkir paganel („zu Boden fallen“).29 Wir dürfen
als griechischen Grundbegriff proskyneiÄn ansetzen (vgl. die Sekundär-
überlieferung in Apc Sedrach 5,2; Didascalia Christi 23; Quaestiones
Bartholomaei 4,54) 30 und können hier offenlassen, welcher Gestus da-
mit genau gemeint gewesen ist.31 Dem Teufel nun mag diese Auffor-
derung Michaels nicht gefallen: Er weigert sich mit der Begründung,
dass er eher erschaffen sei als Adam und darum nicht er Adam, son-
dern Adam ihm die Proskynese schulde (< Lib Jub 2,2).32 Die dem
Teufel zugeordneten Engel schließen sich seiner Weigerung an (Vit Ad
15). Daraufhin zürnt Gott dem Teufel und seinen Engeln und lässt sie
vom Himmel auf die Erde vertreiben. Dort angekommen, missgönnt
der Teufel, nachdem er den Verlust seiner Herrlichkeit wahrgenommen
hat, Adam den Aufenthalt im Paradies und sorgt dafür, dass er aus
diesem vermittels seiner Frau vertrieben wird, wie zuvor er, der Teu-
fel, vertrieben worden war (Vit Ad 16; < Apc Mos 16,3b).33 Das ist die
27 Dtn 32,43 LXX liest kaiÁ proskynhsaÂtvsan ayÆtv Äì paÂntew yiëoiÁ ûeoyÄ: dieser Text findet in
Dtn 32,43 MT keine Entsprechung, wohl aber in 4Q Dtn q, das Õihla lk ul uuxtwhu bietet.
Zu 4Q Dtn q vgl. SKEHAN / ULRICH, 4QDeut q. In Ps 96,7 LXX steht proskynhÂsate ayÆtv Äì,
paÂntew oië aÍggeloi ayÆtoyÄ, vgl. Ps 97,7 LXX : Õihla-lk ul uuxtwh.
28 In Apc Mos 16,2 bietet Subarchetyp *Ia den Zusatz: oÏmvw proskyneiÄw toÁn eÆlaxistoÂ-
teron („Gleichwohl fällst du vor dem so geringen [scilicet Adam] nieder?“), vgl.
Lemma °16,2f bei DOCHHORN, Apokalypse 308. Der Zusatz gehört einer Frage des
Teufels an die Schlange an. Sie vollzieht demnach die Proskynese vor Adam.
29 Zur Vit Ad (arm) vgl. STONE (Hg.), Penitence (Edition), und STONE, Penitence (Über-
setzung).
30 Zur Apc Sedrach vgl. WAHL (Hg.), Apocalypsis, zur Didascalia Christi NAU (Hg.),
Didascalie, zu den Quaestiones Bartholomaei BONWETSCH (Hg.), Fragen.
31 Wahrscheinlich ist eher ein Niederfallen im Blick (vgl. Apc Joh 19,10) als eine knieend
dargebotene Kusshand (so bei Herodot I,134). Im erstgenannten Sinne jedenfalls hat
Vit Ad (arm) den Gestus wiedergegeben (siehe oben). Zu adorare als Korrelat für
proskyneiÄn vgl. GEORGES, Handwörterbuch, I,147 (sub voce: ad-ōro § 2b).
32 Laut Lib Jub 2,2 wurden die Engel am ersten Schöpfungstage erschaffen. Wenn der
Teufel, wie Vit Ad 11– 17 voraussetzt, ein Engel war, gilt dies auch für ihn.
33 Apc Mos 16 berichtet, wie der Teufel die Schlange verführt, sodass diese ihm dann
als Werkzeug für die Verführung der Erzeltern dient. In Apc Mos 16,3 sagt er zur
Schlange: aÆnaÂsta kaiÁ deyÄro, kaiÁ poihÂsvmen ayÆtoÁn eÆkblhûh Ä nai eÆk toyÄ paradeiÂsoy, vëw
kaiÁ hëmeiÄw eÆjeblhÂûhmen di’ ayÆtoyÄ („Steh auf und komm, und sorgen wir, dass er her-
ausgeworfen wird aus dem Paradies, wie auch wir herausgeworfen worden sind um seinet-
Christologie in Hebr 1,1 – 2,9 und Weltherrschaft Adams in Vit Ad 11 – 17 293
Geschichte des Teufels, und nachdem Adam sie sich angehört hat, be-
kennt er zunächst, dass sein Leben in Gottes Händen sei (< Ps 31,6),
um dann Gott zu bitten, dass er diesen Feind von seinem Angesicht
entfernen und dessen verloren gegangene Herrlichkeit ihm selbst zu-
kommen lassen möge. Der Teufel ist unmittelbar danach verschwun-
den (Vit Ad 17).
Dieser Geschichte hat man gelegentlich eine gnostische Provenienz
oder die Zugehörigkeit zu einer jüdischen Gnosis attestiert.34 Sie kann
aber als genuiner Bestandteil der ganz und gar ungnostischen Vit Ad
gelten, die wie die Apc Mos dem Judentum entstammen dürfte (siehe
oben). Dies mag die nun erfolgende Rekonstruktion ihrer exegetisch-
narrativen Substruktur erweisen, die zugleich das in ihr aktivierte kos-
mische Ordnungsdenken offenlegen wird:
1. Mit seiner Erzählung reagiert der Teufel auf die Frage, warum er
sich gegen Adam und Eva feindlich verhalte. Faktisch aber erklärt
er, warum er dafür gesorgt hat, dass Adam aus dem Paradies ver-
trieben wurde, wie auch er selbst aus seiner Doxa vertrieben wor-
den sei (vgl. Vit Ad [lat] 16 nach Anm. 33). Dies ist der Zielpunkt
der Geschichte, und dieser findet eine klare Parallele in Apc Mos
16,3b, wo der Teufel die Schlange auffordert, mit ihm zusammen
die Vertreibung Adams und Evas aus dem Paradies zu bewirken,
„wie auch wir vertrieben worden sind um seinetwillen“. Der Hin-
weis des Teufels auf eine vormalige Vertreibung seiner selbst – und
der Schlange (?) – wirkt im Kontext von Apc Mos 16 rätselhaft;
wahrscheinlich haben die Verfasser von Apc Mos 16 hier etwas
gewusst, was sie an gegebener Stelle nur andeuten wollten (das ist
bei einem esoterischen Literaturprodukt, als welches die Apc Mos
zu bestimmen ist, ohne Weiteres denkbar).35 Die Teufelsfallsge-
willen“), vgl. DOCHHORN, Apokalypse 306.649f. Vgl. dazu Vit Ad (lat): et feci te expelli
per eam de delitiis laetitiae tuae, sicut ego expulsus sum de gloria mea – zitiert nach MEYER,
Vita 226.
34 Die Kennzeichnung von Vit Ad 11 – 17 als „gnostisch“ findet sich etwa bei BRAUN,
Hebräer; vgl. auch MERK / MEISER, Leben 766f (Literatur!).
35 Zur Apc Mos als esoterischem Literaturwerk: Generell lässt sich die Beobachtung
machen, dass im Verlaufe der Entstehungsgeschichte der Apc Mos gleichermaßen
wie der nachfolgenden Vit Ad die kongeniale Ausdeutung älterer Arbeitstexte eine
große Rolle spielte: Speziell Apc Mos 15 – 30 (die Erzählung der Eva vom Sündenfall,
wohl zur ältesten Schicht der Apc Mos gehörig) war als Arbeitstext wichtig. Ihm
entnahm man Ideen für neue narrative Kreationen, die dann auch noch dieselbe
biblisch-exegetische Grundlage aufnahmen und weiterentwickelten wie der Vorla-
gentext, so etwa paradigmatisch bei der Geschichte von der Nahrungssuche Adams
294 JAN DOCHHORN
und Evas, die durch den Hinweis auf die minderwertige Nahrung der Schlange in
Apc Mos 16,3a angeregt ist und darüber hinaus dieselbe exegetische Substruktur
weiterentwickelt, nämlich eine kombinatorische Lektüre von Gen 3,1 + 3,18 (vgl.
DOCHHORN, Apokalypse 140 – 142). Dieser Befund lässt sich literatursoziologisch am
besten dahingehend erklären, dass der Textentstehungsprozess von Apc Mos 15 – 30
über Apc Mos, Subarchetyp *Ia und schließlich die Vit Ad innerhalb eines Milieus
stattfand, das wie eine Schule arbeitete und intern einen – esoterischen – Text ent-
wickelte, der erst später, als er aus dem Schulmilieu heraustrat und nicht mehr eso-
terisch war, anderen als kongenialen Interpretationen ausgeliefert war, etwa als die
christologische Interpolation in Vit Ad 42 hinzutrat, vgl. Lemma °13,3/5B bei DOCH-
HORN, Apokalypse 257. Vgl. zum Ganzen ibidem 135 – 145.
Christologie in Hebr 1,1 – 2,9 und Weltherrschaft Adams in Vit Ad 11 – 17 295
sagt dies als einer der Engel und setzt damit voraus, dass die Engel
eher erschaffen wurden als Adam. Dieses Wissen dürfte dem Ju-
biläenbuch, speziell Lib Jub 2,2, entstammen, das in der Apc Mos
gleichermaßen wie in der Vit Ad mehrfach als quasi-biblischer
Referenztext Verwendung fand (vgl. DOCHHORN, Apokalypse 122).
Auch hierin erweist sich die Teufelsfallsgeschichte als genuines
Produkt desjenigen Milieus, das die Apc Mos und die Vit Ad her-
vorgebracht hat.
Mit seinem Widerspruch liefert der Teufel allerdings, ohne es zu
wollen, gleich auch eine Begründung für das von ihm abgelehnte
Herrschaftsrecht Adams. Eher als dieser sind ja auch die Tiere er-
schaffen! Dass daran tatsächlich zu denken ist, zeigt erneut Vit Ad
44 (vgl. DOCHHORN, Apokalypse 308 [dort Anm. 4]). Dort stellt der
Teufel der Schlange die Proskynese vor Adam als absurd dar – mit
der Begründung, dass sie schließlich eher erschaffen sei.
6. Vorausgesetzt ist schließlich das Wissen, dass der Teufel einmal ein
Engel war. Dieses dürfte exegetisch nicht so ohne Weiteres herzu-
leiten sein. Wahrscheinlich haben wir es hier mit einem Traditions-
wissen zu tun, dass zur Zeit der Abfassung der Vit Ad schon ei-
nigermaßen etabliert war. Vielleicht war es schon in dem Hinweis
des Teufels auf seine vormalige Vertreibung in Apc Mos 16,3 aktiv,
aber dies ist unsicher, da der Text auch eine Vertreibung der
Schlange anzudeuten scheint, sodass also weniger an einen Engel-
fall zu denken ist. Eher schon liegt ein Implement des Subarche-
typen *Ia in Apc Mos 39,3 auf dieser Linie (vgl. Lemma °39,3a bei
DOCHHORN, Apokalypse 514f). Dieses konstatiert, dass der Thron
des Teufels (im Himmel?) durch seinen Hochmut vakant wurde.
Erneut zeigt sich eine spezielle Affinität zwischen der Vit Ad und
dem Subarchetypen *Ia.
Die Rede vom Teufel als einem ehemaligen Engel könnte auf einer Trans-
formation älterer Traditionen beruhen, in welchen der Teufel schlicht als
ein Engel gedacht wird: In der Rahmengeschichte des Ijob-Buches erscheint
der Teufel unter den Söhnen Gottes (so in Ijob 1,6; 2,1MT ) bzw. den Engeln
(so in Ijob 1,6; 2,1LXX ); es bleibt allerdings offen, ob er nun zu dieser Gruppe
gehört oder nicht (in Apc Mos 17,1b – 17,2a erscheint diese Szene dahin-
gehend gedeutet, dass der Teufel durch Täuschung wie ein Engel erscheint,
vgl. DOCHHORN, Apokalypse 320 – 323). Eindeutig als Engel bezeichnet
wird der dem Finsternisbereich zugeordnete Geist in der Zwei-Geister-
Lehre von Qumran (1Q S III,14 – IV,26), vgl. Ówx Óalm in 1Q S III,20 – 21.
Zur Vorstellung vom Teufel als einem Engel passt die Tatsache, dass der
Teufel in Lib Jub 48,2 eine Funktion bekleiden kann, die in einer synopti-
schen Parallele ein Engel wahrnimmt, vgl. Lib Jub 48,2, wo Mastema Mose
Christologie in Hebr 1,1 – 2,9 und Weltherrschaft Adams in Vit Ad 11 – 17 297
36 Die Zwei-Wege-Lehre ist eine unter anderem in die Didache und den Barnabas-Brief
eingegangene, ursprünglich wohl jüdische Schrift; ihr bester Zeuge ist die lateinisch
in zwei Handschriften erhaltene Doctrina Apostolorum, vgl. hierzu NIEDERWIMMER,
Didache 48 – 64. Für eine erste Orientierung vgl. den Text der Doctrina Apostolorum
bei LIETZMANN (Hg), Didache 3 – 9.
37 Schon FICHTNER, Weisheit 18, zieht Vit Ad 16 zur Erklärung von Sap Sal 2,24 heran.
38 In einer koptischen Engelmonographie kommt dem Teufel der fromme Einfall, seine
Proskyneseverweigerung damit zu begründen, dass diese doch Gott allein zukomme,
vgl. Theodosius, In Michaelem / London Or. 7021 p. 13b:
(„nicht soll es mit mir soweit kommen, dass ich zwei Herren
diene“), zitiert nach BUDGE (Hg.), Coptic Texts 338,2 – 3.
298 JAN DOCHHORN
Die Ähnlichkeiten zwischen Hebr 1,1– 2,9 und Vit Ad 11–17 sind be-
trächtlich: Laut beiden Texten herrscht ein paradigmatischer Mensch
über die Welt, hier Christus als der „Mensch“ von Ps 8, dort Adam als
Urvater der Menschheit. In beiden wird diese Kosmokratie speziell im
Hinblick auf die Engel demonstriert: Adam wie Christus empfangen
die Proskynese der Engel. Die Herrschaft kommt in beiden Texten dem
Menschen vonseiten Gottes zu: In Vit Ad 11–17 empfängt zuerst Gott
die Proskynese Adams, bevor die Engel sie auf seinen Befehl vor
Adam als seinem Ebenbild vollziehen, und in Hebr 1,1– 2,9 ist es Gott,
der Christus zum Erben des Alls eingesetzt hat (Hebr 1,2) und schließ-
lich, in einer noch zu erwartenden Szene, die Proskynese der Engel vor
dem Sohn fordert. Die motivischen Übereinstimmungen zwischen den
Texten sind zu dicht, als dass hier nicht an einen traditionsgeschicht-
lichen Zusammenhang zu denken wäre.
Dieser traditionsgeschichtliche Zusammenhang lässt sich zunächst
allgemein dahingehend benennen, dass es im frühen Judentum (und
41 Zur Thronvision des Mose in der Exagogê vgl. VAN DER HORST, Throne.
42 Vgl. hierzu SCHÄFER / HERRMANN (Hg.), Übersetzung 9 – 48.
43 Die Gestalt des Aza el ist vor allem aus der Wächterengelüberlieferung bekannt, vgl.
etwa 1 Hen 6ff. Eine diabolische Rolle spielt er in Apc Abr 14, wo er als der Verführer
Adams und Evas im Paradies agiert.
44 Vgl. SCHÄFER / HERRMANN (Hg.), Übersetzung 15f.
300 JAN DOCHHORN
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arbeitet von Friedrich Rehkopf, Göttingen 17 1990.
45 Zu Ber R 8,10 vgl. den Text bei THEODOR /ALBECK (Hg.), Bereschit Rabba I,63f. Zu
rabbinischen Reaktionen auf Hoheitsaussagen über Adam vgl. FOSSUM, Adam.
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Biblische Figuren im slavischen Henoch-Buch
CHRISTFRIED BÖTTRICH
1 Gen 5,21 – 24 (eine Auflistung der Namen des Sethitenstammbaums bietet auch 1 Chr
1,1– 4); die Erwähnung Henochs im Kainitenstammbaum steht in einem anderen
Zusammenhang; weitere Anspielungen finden sich in Sir 44,16; Hebr 11,5 – 6; Jud
14 – 15.
2 Grundlegende Bedeutung hat das 1. Henoch-Buch; vgl. vor allem MILIK (Hg.), Books
of Enoch; BLACK (Hg.), Apocalypsis; UHLIG, Henochbuch; BLACK, Book of Enoch;
NICKELSBURG, Enoch; vgl. weiterhin zur älteren Henoch-Tradition noch Jub 4,13 – 26.
3 Die wichtigste Ausgabe der slavischen Texte bietet SOKOLOV, Materialy; VAILLANT,
Livre; im Folgenden beziehen sich Zitate vor allem auf BÖTTRICH, Henochbuch
(Handschrift R, längere Fassung); eine synoptische Präsentation der beiden Text-
rezensionen bietet die englische Übersetzung von ANDERSEN, Apocalypse.
304 CHRISTFRIED BÖTTRICH
1. Vorüberlegungen
Der biblische Horizont des 2. Henoch-Buches ist durch den klar um-
grenzten Bestand der Urgeschichte vorgegeben.6 Auf der Erzählebene
bleibt dieser zeitliche Rahmen konsequent gewahrt. Anachronismen
meidet der Autor mit sichtbarer Sorgfalt.7
Für einen solchen intertextuellen Bezug existieren im 1. Jahrhun-
dert n. Chr. bereits verschiedene Modelle.8 Sie alle verfolgen das ge-
meinsame Anliegen, den alten Text unter veränderten Umständen neu
zur Sprache zu bringen. Ob das in Form eines Kommentares, einer
4 Das betrifft vor allem die Überlieferung vom Engelfall, der Himmelsreise Henochs,
des astronomischen Buches sowie der Mahnreden; genaue Nachweise bei BÖTTRICH,
Henochbuch 807f.
5 Nach den ersten frühen Hinweisen von H. ODEBERG (1928) und G. SCHOLEM (1941)
jüngst in monographischer Breite bei ORLOV, Enoch-Metatron Tradition.
6 Dass der Bezug auf Gen 1 – 11 bereits von einer reichen Auslegungsgeschichte be-
gleitet wird, ändert nichts an dieser Begrenzung. Größtes Interesse haben dabei die
Entrückung Henochs (Gen 5,24) und der Engelfall (6,1 – 4) gefunden; ansonsten wer-
den vor allem die Adam- und die Noah-Geschichte in den Offenbarungen an die
Adresse des Urvaters neu akzentuiert.
7 Das wird z. B. erkennbar an den Bezügen auf die ihrem materialen Gehalt nach
allgegenwärtige Tora, die sich terminologisch jedoch nur in so vorsichtigen Wendun-
gen wie „Gesetzlosigkeit“ oder „gesetzlos handeln“ bzw. in der Metapher vom
„Joch“ niederschlagen; vgl. BÖTTRICH, Weltweisheit 176 – 196. Da 2 Hen im Gegensatz
zu 1 Hen nicht an der Geschichte, sondern vor allem an der Kosmologie interessiert
ist, fehlt es auch an vaticinia, die über die Urzeit hinausweisen könnten.
8 CHARLESWORTH, Biblical Interpretation.
Biblische Figuren im slavischen Henoch-Buch 305
auch nahe, denn erst die Verfehlung Adams macht ja die neuen Offen-
barungen an Henoch erforderlich.14 Kann man jedoch behaupten, dass
Henoch nun Adam gezielt verdrängen würde? A. ORLOV versucht an-
hand von acht Motiven nachzuweisen, dass im 2. Henoch-Buch eine
Übertragung bzw. Verschiebung von Eigenschaften und Funktionen
von Adam auf Henoch in polemischer Absicht stattgefunden habe.
Von diesen acht Motiven halten meines Erachtens allein zwei einer
kritischen Rückfrage stand, indem sie eine gezielte Anspielung auf
Adam-Traditionen erkennen lassen: Das betrifft zum einen jene Szene,
in der Henoch vor dem Thron Gottes Verehrung durch die Engel des
himmlischen Hofstaates erfährt,15 zum anderen den Bezug auf das Öl,
durch dessen Anwendung sich Henochs Verwandlung in einen der
„Herrlichen des Herrn“ vollzieht.16 Aber dadurch wird Adam nicht
einfach „verdrängt“ – vielmehr stellt seine Geschichte erst das Modell
bereit, das nun von Henoch positiv aufgenommen und überboten wer-
den kann!
Vier weitere Motive zielen auf Analogien, bei denen sich ein kon-
kreter Bezug nur sehr bedingt feststellen lässt – sei es, weil die Text-
basis zu unsicher ist,17 oder sei es, weil die jeweiligen Kontexte zu
verschieden sind:
1. Dass Henoch als ein König der Erde fungiere und damit in Adams
praelapsarische Rolle eintrete, stellt eine Überinterpretation des
Textes dar 18 – Adams Herrschaft erstreckte sich zudem auf die Erde,
Enoch-Metatron Tradition 218 Anm. 29, polemisiert gegen meinen Verweis auf
VitHen („dubious associations“), den er falsch verstanden hat: Ich hatte darauf ver-
wiesen, dass in VitHen als einzigem Text der Henoch-Tradition von Henoch könig-
liche Würde auf Erden ausgesagt sei, und erwogen, ob hier ein (wie auch immer
gearteter) Rückbezug der rabbinischen Henoch-Überlieferung auf 2 Hen 39,8 beste-
hen könne.
19 2 Hen 36,3 (U/A); 64,5; 67,2. Henoch ist dabei nicht mehr als eine Art oberster
Dienstengel, dessen Aufgabe vor allem in der Protokollierung aller menschlichen
Taten und des endzeitlichen Gerichtes besteht. Königliche Funktion hätte er allein,
wenn er auf Erden agierte.
20 Die Belege werden von A. ORLOV nur unvollständig genannt (vgl. die ungleich ver-
teilte Lesart in B/V: 1,8; B: 9,1; 10,4; 24,2; V: 20,2; 21,3; 22,5). Er verschweigt, dass es
sich bei B und V zudem um die schlechtesten Handschriften der kürzeren Fassung
handelt. Eine Verschreibung des Vokativs im Bereich der slavischen Überlieferung
(,Junosche‘ statt ,Jenosche‘ – aus I-o wird I-c-; beide Varianten finden sich in B und V
nebeneinander) liegt hier meines Erachtens näher als die Bewahrung einer ursprüng-
lichen Lesart inmitten eines ansonsten stark korrumpierten Wortlautes. Dennoch bleibt
diese Variante natürlich merkwürdig und sollte immerhin in Betracht gezogen werden.
21 Einen solchen Bezug könnte man von der Hekhalotmystik aus, wo der Titel pro-
grammatisch verwendet und auch erklärt wird, herstellen. Vom 2. Henoch-Buch aus
trägt diese Brücke nicht.
22 ORLOV, Enoch-Metatron Tradition 229 Anm. 77, weist meine Argumente für den se-
kundären Charakter von 2 Hen 22,1 und 39,3 – 8 ohne ein einziges Gegenargument
ab, was in der Tat „dramatic consequences“ hat! Für 2 Hen 22 habe ich zudem eine
Interpolation nicht pauschal, sondern präzis nur für 22,1 (einen Vers, der nur in J/P
steht) nachgewiesen; für 39,3 – 8 sind die Spannungen dreifacher Art: hinsichtlich der
Kapitelfolge (40 schließt einfacher an 38 an), hinsichtlich der Sache (Widerspruch
zwischen einer Betonung von Henochs „menschlicher Natur“ und seiner zuvor be-
richteten Verwandlung, Spannung zwischen dem Shi ur-Qoma-Motiv und der sons-
tigen Zurückhaltung gegenüber einer Beschreibung Gottes), hinsichtlich des Wort-
lautes (39,3/22,1; 22,1 schließt die Beschreibung des 8. – 10. hebräisch benannten
Himmels ab und fällt damit völlig aus dem gesamten Schema von 7 Himmeln heraus).
308 CHRISTFRIED BÖTTRICH
23 Vgl. ausführlich BÖTTRICH, Adam. Beide Motive (der Körper stammt von den 7 oder 8
Elementen der Welt, der Name von den 4 Himmelsrichtungen) fügen sich in das
Bildungsmilieu hellenistischer Popularphilosophie ein.
24 Vgl. die Belege bei ALEXANDER, Son.
25 2 Hen 56,1– 2. Zum Hungermotiv in der Adam-Literatur verweist A. ORLOV auf
ANDERSEN, Penitence.
26 Vgl. noch Tob 12,19; JosAs 16; TestAbr A 4.
27 ORLOV, Enoch-Metatron Tradition 232 – 234. Sein Kardinalbeleg ist 2 Hen 64,5 mit der
Wendung „the one who carried away the sin of mankind“. Meine präsentische Über-
setzung „Wegnehmer der Sünden der Menschheit“, die nur die Erwartung der Äl-
testen, nicht aber die reale Funktion Henochs beschreibt, versucht ORLOV mit einem
philologischen Possenspiel zu widerlegen: Er behauptet frisch (233 Anm. 96), dass
der von dem Verb „otimati / wegnehmen, aufheben“ abgeleitete Begriff „otimitel /
Wegnehmer“ das bereits geschehene Faktum bezeichne! Der grammatische Befund
sieht anders aus: Das Verb ,otimati‘ ist ein imperfektives Verb, sodass hier eben genau
das gegenwärtige oder immer wieder geschehende „Wegnehmen“ bezeichnet wird!
Zuzugeben ist, dass die Wortbildung und die dazugehörigen Belege mit vielen Un-
Biblische Figuren im slavischen Henoch-Buch 309
klarheiten behaftet bleiben und deshalb als Basis weitreichender Hypothesen wenig
geeignet sind (vgl. zum ganzen Problem ausführlich KEIPERT, Adjektive). Der Kon-
text bzw. der Sachzusammenhang erzwingt jedoch im vorliegenden Fall eine imper-
fektive Bedeutung: Jede Fürbitte im göttlichen Gericht wird im 2. Henoch-Buch ra-
dikal abgewiesen (7,4 – 5; 53,1 – 3); es kann sich hier also nur um eine Erwartung,
nicht aber um ein bereits vollzogenes Geschehen handeln. Der Vorwurf einer „faulty
methodology“ fällt auf A. ORLOV selbst zurück.
28 Im Vergleich zur älteren Henoch-Tradition (Fürbitte für die Menschen: 1 Hen 83,8.10;
84,2 – 6; 89,57 – 58; für die Engel: 1 Hen 12,6; 13,4 – 7; 14,4; 15,2) hat die strikte Ab-
weisung der Fürbitte im 2. Henoch-Buch programmatischen Charakter. 2 Hen 64,5
kann nicht an diesem klar erkennbaren Anliegen vorbei interpretiert werden.
29 Das betrifft vor allem die „Zehn-Wochen-Apokalypse“ (1 Hen 92,1 – 5; 93,1 –10; 91,11 –
17) sowie die „Tiersymbolapokalypse“ (1 Hen 85 – 90), die sich dezidiert auch mit
Mose befassen; vgl. dazu ORLOV, Enoch-Metatron Tradition 254 – 258.
30 So erstmals DIX, Pentateuch; programmatisch entwickelt von MILIK, Books of Enoch;
ALEXANDER, Son 107f. Inzwischen wird diese These, vor allem in der Auseinander-
setzung mit MILIK, wieder mit größerer Zurückhaltung betrachtet.
31 Ausführliche Nachweise bei ORLOV, Enoch-Metatron Tradition 260 – 270.
32 Vgl. z. B. IDEL, Enoch; ALEXANDER, Son.
310 CHRISTFRIED BÖTTRICH
33 Gerade seit Esra ist die Konzentration auf die Tora derart dominant, dass eine so
grundsätzlich angelegte Kritik wie im Falle der polemischen Verdrängung Moses
durch Henoch zumindest hart an die Grenze der Apostasie führen müsste, was dann
erst recht für die Lage nach der syrischen Religionskrise gilt.
34 Das betrifft: die Metaphorik und die Schau des göttlichen Angesichts, die Gefahr der
Gottesbegegnung, das Stehen in der Gegenwart Gottes, den göttlichen Abglanz auf
dem menschlichen Gesicht, die Metaphorik der Hand.
35 Dennoch ist gerade im Blick auf das göttliche Angesicht noch einmal auf die textliche
Unsicherheit in 2 Hen 39 zu verweisen; hier muss die Analyse sorgfältiger zwischen
Biblische Figuren im slavischen Henoch-Buch 311
2 Hen 22 und 39 unterscheiden (siehe oben Anm. 22), was die von A. ORLOV undif-
ferenziert angeführten Belege relativiert.
36 2 Hen 22 – 33; es geht um Offenbarungen aus himmlischen Büchern und aus dem
Munde Gottes.
37 Henochs differenzierte Belehrungen umfassen den gesamten zweiten Teil des Buches
(2 Hen 40 – 67).
38 Vgl. z. B. 3,2 (Äther und Aër); 13,2/30,6 (Tierkreis); 14,2 (gekrönter Helios); 15,4/16,8
(astronomische Zyklen); 23,1/30,6/40,9 (Brontologien); 23,5 (Präexistenz der Seele);
24,2 (Schöpfung aus dem Nichts); 25,1 (Unsichtbares / Sichtbares); 23,5 (Schöpfung
als Mischung); 27,3/28,1/48,1 (kristallene Planetensphären); 29,1 (Feuergestalt des
Äthers); 30,8 (Mikrokosmosidee); 30,9 (Seelenteile); 30,16 (Sünde als Erkenntnisdefi-
zit); 33,4 (Gott als unwandelbar Seiender); 48,1 (182 Parallelkreise nach Geminos).
39 BÖTTRICH, Weltweisheit 184 –189.
40 Esra schreibt inspiriert 94 Bücher – d. h. noch einmal die 24 kanonischen, dazu 70
weitere, geheime Bücher. Beide Gruppen korrespondieren einander; ein Gegensatz
lässt sich nicht erkennen. Vgl. KAESTLI, Récit; KAESTLI, Annexe.
312 CHRISTFRIED BÖTTRICH
41 Dass dies gleichwohl eine Gratwanderung darstellt, zeigt die berühmte Überliefe-
rung von den „Vier im Paradies“ (bChag 14b; Text bequem bei LENHARDT / VON DER
OSTEN-SACKEN, Rabbi Akiva 124 – 137), deren Intention ganz eindeutig ist: Der Mys-
tiker steht mehr als andere in der Gefahr der Apostasie und bedarf gerade deshalb
einer besonderen Rückbindung an die Gemeinschaft! Zum Ganzen vgl. auch SEGAL,
Powers.
42 Vgl. die Argumente bei BÖTTRICH, Weltweisheit 118 – 125.
Biblische Figuren im slavischen Henoch-Buch 313
Erde kehrt Melchisedek definitiv nicht zurück,45 und wer nach der Flut
die priesterliche Sukzession fortsetzt, bleibt offen.46
Insofern ist es falsch, Melchisedek als einen Konkurrenten Noahs
bei der Überbrückung der Flut zu betrachten: Noah überlebt, Melchi-
sedek aber wird entrückt. Das folgenreichste Missverständnis liegt des-
halb in der Annahme, die in der targumischen und späteren rabbini-
schen Tradition gezeichnete Linie Noah – Sem (= Melchisedek) werde
hier durch die andere Linie Nir – Melchisedek ersetzt. Der Melchise-
dek-Knabe des 2. Henoch-Buches hat mit dem Priesterkönig von Gen
14 nichts gemeinsam außer dem Namen. „Melchisedek“ ist Chiffre für
die Dauer und Legitimation des Priestertums. Der Priesterkönig von
Salem aber ist nicht etwa die „Reinkarnation“ des wunderbar geborenen
und zu Gott entrückten Knaben aus 2 Hen 70 –71, sondern das voll-
endete irdische Abbild jenes urzeitlich von Gott offenbarten Urbildes.
Im 2. Henoch-Buch hat Melchisedek demnach die Funktion, den
jüdischen priesterlichen Kult als eine für die gesamte Menschheit gül-
tige Institution zu präsentieren. Gruppeninterne Oppositionen lassen
sich nicht nachweisen. Das gilt im Besonderen auch für den von A.
ORLOV erneut reklamierten „sektiererischen“ Charakter der Opfervor-
schriften,47 in denen sich ganz einfach ägyptische Schlachtungsbräuche
spiegeln.48 Auch die abschließenden Beobachtungen A. ORLOVs zur
Datierung des ganzen Buches anhand dieses letzten Teiles bedürfen
polemischer Konstellationen nicht.49 Sie beruhen völlig ausreichend auf
der Sichtweise kultischer Praxis, wie sie hier entwickelt wird.
45 2 Hen 72,5 („Ich [Michael] werde mit ihm gehen und werde ihn in das Paradies Eden
setzen, und dort wird er sein in Ewigkeit.“) wird von A. ORLOV wie von den meisten
jüngeren Äußerungen zur Sache ignoriert – vermutlich unter dem Einfluss der kür-
zeren Fassung (U/A/B/Rum lassen die Schlusswendung „und dort wird er sein in
Ewigkeit“ aus). Hier liegt jedoch der Zielpunkt der ganzen Erzählung, den die an
einer irdischen Priesterreihe interessierte christliche Interpolation dann schlicht kon-
terkarriert.
46 Der Schluss des Buches ist korrumpiert. Dass die Erzählung bei der Flut endete, geht
aus der Anlage des gesamten Buches jedoch deutlich hervor. Wie die ursprüngliche
Textgestalt dieses Schlusses aussah, lässt sich allerdings nicht mehr ermitteln; vgl. die
Nachweise zum christlichen Profil von 2 Hen 73 bei BÖTTRICH, Henochbuch, zur
Stelle.
47 A. ORLOV bezieht sich dabei auf die These von PINES, Eschatology.
48 Vgl. meinen Vorschlag in BÖTTRICH, Henochbuch, zu 59,3a.
49 A. ORLOV wirft mir vor, die Bezüge des Glanzes auf Methusalems Gesicht zur Noah-
Tradition nicht wahrzunehmen – was hier auch gar nicht nötig ist: Die kalendarische
Struktur des Buches, in der ich das Hauptargument für eine Datierung des 2. He-
noch-Buches vor 70 sehe, besteht unabhängig vom Profil der einzelnen Figuren. An-
sonsten bin ich mit A. ORLOV darin einig, dass gerade der letzte Teil des Buches die
wichtigsten Indizien für eine frühe Datierung des 2. Henoch-Buches enthält.
Biblische Figuren im slavischen Henoch-Buch 315
50 2 Hen 35,2 (alle kürzeren Handschriften: „treue Männer“; alle längeren: „treue und
mir wohlgefällige Männer“); vgl. ORLOV, Heirs.
51 WILLI, Chronik, der stattdessen das Moment der Interpretation betont.
52 RÖSEL, Übersetzung 72 – 87, betont das Arrangement; RÖSEL, Brief.
316 CHRISTFRIED BÖTTRICH
53 Dabei kann offenbleiben, ob der Begriff qualifizierend „der Reihe nach“ bzw. „wohl
geordnet“ oder nur temporal „im folgenden“ heißt; vgl. dazu KÜRZINGER, Lk 1,3. Der
Duktus des ganzen Vorwortes lässt die Absicht eines Neuentwurfes deutlich genug
erkennen; vgl. zum Ganzen ALEXANDER, Preface.
54 So mit guten Argumenten z. B. SIMON, Petrus; so bereits LUZ, Evangelium 469.
55 Jak 2,14 – 26. Die Illustration „lebendigen“ Glaubens durch sozialgerechtes Handeln
deckt sich mit dem, was Paulus in Gal 5,6 die piÂstiw di’ aÆgaÂphw eÆnergoymeÂnh nennt.
Vgl. zum Ganzen KONRADT, Existenz 241 – 246 (= zur Frage des traditionsgeschicht-
lichen Verhältnisses von Jak 2,14 – 26 zur paulinischen Tradition).
56 Text in: SCHNEEMELCHER (Hg.), Apokryphen II, 479 – 488, hier 485.
57 Text in: SCHNEEMELCHER (Hg.), Apokryphen I, 313 – 315; KLAUCK, Evangelien 217;
PETERSEN, Werke 163 –188.
58 KASSER / MEYER / WURST (Hg.), Gospel 23.33.
Biblische Figuren im slavischen Henoch-Buch 317
2. Konstellationen
59 Zentral Gal 3,6 – 18.26 – 29; 4,21 – 31; Röm 4,1– 25.
60 Joh 8,31 – 59.
61 SIKER, Jews.
62 Ein solches Verfahren gerät leicht in die Gefahr der „Parallelomanie“; vgl. SANDMEL,
Parallelomania.
318 CHRISTFRIED BÖTTRICH
3. Figuren
Die folgende Übersicht stellt die handelnden Figuren nach der Chro-
nologie der biblischen Urgeschichte zusammen. Dabei kann es im
Folgenden lediglich darum gehen, auf einige Besonderheiten ihrer
Darstellung hinzuweisen.68 Insgesamt fügen sich die Figuren des
2. Henoch-Buches in ihrer jeweiligen Profilierung wie auch in ihrer
gegenseitigen Zuordnung stimmig in das Milieu frühjüdischer Schrift-
auslegung ein und sind damit auf vielfältige Weise verbunden.
73 Eva wird in 30,17 – 18 und 31,1 nur ergänzungsweise angefügt, was durchaus dem
biblischen Modell entspricht. Bei ihrer Erschaffung aus Adams Rippe (30,17) fällt der
Mikrokosmosgedanke fort, und auch ihre Namensgebung (30,18 und 31,1) lehnt sich
nur noch an Adam an.
74 Literatur bei BÖTTRICH, Adam; ergänze noch CERBELAUD, Nom, der weniger den
jüdischen Ursprung des Akronyms als dessen christliche Rezeptionsgeschichte be-
handelt.
Biblische Figuren im slavischen Henoch-Buch 321
75 Zunächst mag man dabei an den Descensus Christi und die Herausführung der
Voreltern aus dem Hades denken. Der Sprachgebrauch in 2 Hen 32,1 und 70,7 macht
es jedoch sehr viel wahrscheinlicher, dass hier Gottes endzeitliches Kommen zum
Gericht gemeint ist.
322 CHRISTFRIED BÖTTRICH
76 Ergebnis einer christlichen Interpolation ist indessen die Angabe von 5 1/2 Stunden
(2 Hen 32,1), die das Schema der frühchristlichen Chronographie aufnimmt.
77 Das entspricht der Sicht von Sir 25,24; ApkMos 7; VitAd 3.5.
78 Vgl. auch Josephus, Antiquitates Iudaicae I 36 (1,2). Zu den verschiedenen etymologi-
schen Erklärungen des Namens vgl. HELLER, Name.
Biblische Figuren im slavischen Henoch-Buch 323
sich demnach in 31,6 gezielt gegen Eva und ist offensichtlich im Sinne
einer sexuellen Verführung verstanden.79 In 41,1 ist sie dann lediglich
in das gemeinsame Geschick mit Adam eingebunden. Das 2. Henoch-
Buch folgt hier jener frühjüdischen Tradition, die alle Schuld des Sün-
denfalls Eva anlastet und damit ein spezifisches Frauenbild theologisch
zu untermauern versucht.
Drei kurze Anspielungen erfolgen im Kontext christlicher Inter-
polationen des dritten Teiles. 71,35 weiß, dass Adam „in der Mitte der
Erde“ erschaffen und schließlich auch begraben worden sei, wofür sich
vor allem in der christlichen und rabbinischen Adam-Tradition zahl-
reiche Parallelen finden.80 Eng damit verbunden erscheint die Überlie-
ferung vom Brudermord und von Abels Bestattung (71,35), die eine
seit dem 5. Jahrhundert weitverbreitete Legende aufnimmt.81 Schließ-
lich liefert 72,6 eine Zeitrechnung von der „Erschaffung Adams“ an,
führt also eine „Weltära“ ein, wie sie erst seit dem 4. Jahrhundert üblich
wurde.82 In diesen Interpolationen zeichnet sich bereits die Spur der
christlichen Adam-Literatur in den Text des 2. Henoch-Buches ein.
79 So schon Philo, De opificio mundi 151 –157; ApkAbr 23; ebenso 2 Kor 11,2 – 3 und
1 Tim 2,14. Zum Ganzen vgl. KÜCHLER, Schweigen 36 – 50.
80 JEREMIAS, Golgotha.
81 Ausführlich BÖTTRICH, Vögel.
82 Vgl. BORK, Chronologie.
83 Bei aller Kritik im Detail ist darin ORLOVs materialreicher Untersuchung (ORLOV,
Enoch-Metatron Tradition) zuzustimmen.
324 CHRISTFRIED BÖTTRICH
3. 4 Melchisedek
Mit der Figur Melchisedeks tritt die merkwürdigste und gegenüber der
biblischen Überlieferung am eigenständigsten profilierte Figur des
2. Henoch-Buches in den Blick. Auch in der verzweigten jüdisch-
christlichen Melchisedek-Tradition nimmt sie eine Sonderstellung ein.90
Zwei Beobachtungen sind dabei von grundlegender Bedeutung, um
ihre ursprünglichen Konturen möglichst präzise zu erfassen. Zum Ers-
ten: Die Melchisedek-Erzählung (2 Hen 71,1–72,11) zeigt in ihrer vor-
liegenden Textgestalt deutliche Spuren einer christlichen Bearbeitung.
In den Passagen 71,32 – 37 und 72,6 –7 tritt eine Melchisedek-Christus-
bzw. Adam-Christus -Typologie zutage, die zu der umgebenden Erzäh-
lung in Widerspruch steht. Wenn man hier nicht unterscheidet, erfasst
man die Melchisedek-Figur nach der Konzeption des christlichen In-
terpolators und nicht nach der Konzeption des ursprünglichen Autors.
Zum Zweiten: Der auf wunderbare Weise geborene Knabe ist nicht der
Priesterkönig aus Gen 14. Er kommt aus Gottes Welt und kehrt in
dieselbe zurück, wo er auch „in Ewigkeit“ bleibt (2 Hen 72,5). Seine
Aufgabe besteht nicht darin, als Priesterkönig von Salem wieder in die
Geschichte einzutreten, sondern als Urbild des Priestertums überhaupt
der irdischen Institution Schutz und Obhut zu garantieren (2 Hen
71,19 – 20). Dennoch erfolgt das Spiel mit der Namensgleichheit gezielt.
Der Name „Melchisedek“ ist unter allen möglichen alttestamentlichen
Namen derjenige, der das Phänomen „Priestertum“ auf dichteste und
90 Sie schließt sich noch am ehesten der durch 11QMelch und Hebr 7,3 belegten Vor-
stellung einer himmlischen Melchisedek-Gestalt an.
Biblische Figuren im slavischen Henoch-Buch 327
zugleich auf offenste Weise assoziiert. Auch die Christologie des He-
bräerbriefes spielt ja nicht von ungefähr mit dem typologischen Poten-
zial dieses Namens und seines rätselhaften Trägers. Der Knabe Mel-
chisedek ist eine eigenständige, mit Gen 14 und Ps 110,4 nur über die
assoziative Brücke „Priestertum“ verbundene Figur.
Ohne Frage hat die Geschichte der wunderbaren Empfängnis und
Geburt Melchisedeks eine Reihe von Zügen aus der Geburtsgeschichte
Noahs (1 Hen 106 –107; GenAp 2 – 5) entlehnt. Dennoch ist der jewei-
lige Kontext grundverschieden. Für die Erzählung in 2 Hen 71– 72
muss deshalb das gesamte Spektrum alttestamentlich-jüdischer Ge-
burtsgeschichten zum Vergleich herangezogen werden. Die Besonder-
heit der Geburtsgeschichte Melchisedeks liegt darin, dass sie den Ge-
danken einer übernatürlichen Empfängnis im Kontext einer jüdischen
Schrift entwickelt. Der Knabe tritt als göttliche Bestätigung des Pries-
tertums in diese Welt ein. Einkleidung und Gabe von „Brot der Heili-
gung“ als Zeichen priesterlicher Legitimation vollziehen lediglich
nach, was an dem Kind sichtbar schon vorgegeben ist. Der Melchise-
dek-Knabe des 2. Henoch-Buches gehört nicht in die Traditionslinie
des Priesterkönigs von Salem, sondern in die einer himmlischen
Melchisedek-Gestalt.
Davon unterscheidet sich die Konzeption des Interpolators (71,32 –
37/72,6 – 7) sehr klar. Ihm geht es um einen typologischen Bezug zu
Christus. Die Epitheta, die diesem letzten künftigen Priester beigefügt
sind, sprechen eine klare Sprache.91 Nicht weniger aussagekräftig sind
die weiteren Traditionen, die der Interpolator damit verbindet. Sie grei-
fen jüdisch-christliche Legenden des 4./5. Jahrhunderts auf und spei-
sen sich aus den Interessen typologischer Exegese.92
Ein bemerkenswertes Detail dieser christlichen Fortschreibung ver-
dient noch besondere Beachtung. In 72,6 fügt der christliche Interpo-
lator eine Anspielung auf die Begegnung zwischen Abraham und
Melchisedek ein, die der apokryphen „Geschichte Melchisedeks“
(HistMelch) entnommen ist.93 Zur Konzeption des jenseitigen, über-
91 2 Hen 71,34: „Haupt aller, großer hoher Priester, Wort Gottes und Kraft, der große
Wunder vollbringt und herrlichere als alle gewesenen“; 72,7: „großer Hegemon, das
heißt Führer, der alles Sichtbare und Unsichtbare herausführt“.
92 71,3: Adam am Erdmittelpunkt, Abels Bestattung; 72,6: Bau der Arche, „Geschichte
Melchisedeks“.
93 DOCHHORN, Historia; dazu BÖTTRICH, Melchisedek. Eine ausführliche Darstellung
der Textüberlieferung mit Übersetzung, Einleitung und Kommentar wird meine Be-
arbeitung der „Geschichte Melchisedeks“ für die Reihe JSHRZ.NF voraussichtlich
2009 bieten.
328 CHRISTFRIED BÖTTRICH
3. 5 Väterreihen / Genealogien
3. 6 Engelgestalten
96 MACH, Entwicklungsstadien.
97 „Raguil / Raguel“ ist offensichtlich einer der 7 Erzengel (1 Hen 20,4), der schon in
1 Hen 23,4 als Reisebegleiter Henochs erscheint; „Samoil“ lässt sich dann am ehesten
als Analogiebildung verstehen.
98 Die stereotype Benennung als „Archistratege“ könnte eine spätere, christliche Titu-
lierung sein. In frühjüdischer Zeit ist der Titel noch völlig singulär; vgl. ROHLAND,
Erzengel.
99 Dass die kürzeren Handschriften U/A Michael gelegentlich gegen Gabriel austau-
schen (so in 71 –72), hängt mit der redaktionellen Einfügung bzw. Interpolation in
2 Hen 71,11 in A/U zusammen, die deutlich an der Rolle Gabriels in Lk 1– 2 ori-
entiert ist.
330 CHRISTFRIED BÖTTRICH
100 Nachweise bei BÖTTRICH, Henochbuch, zu 33,11c; zuletzt in einem Vortrag auf der
SBL-Tagung 2005 in Philadelphia J. C. REEVES, Enoch Arabus: The Parascriptural
Dimension of the “Tale of Harut and Marut“.
101 18,3 steht in Widerspruch zu der Vorstellung eines Engelsturzes im Zusammenhang
zur Erschaffung des Menschen. 31,4b – 5 gibt sich deutlich als christliche Interpola-
tion zu erkennen; vgl. auch GAYLORD, Satanael.
102 VitAd 12 –14.
Biblische Figuren im slavischen Henoch-Buch 331
Eng mit der älteren Henoch-Tradition ist die Gruppe der „Grigo-
roi / Wächter“ verbunden, deren Geschichte als Rückblende zur Spra-
che kommt: Im zweiten und fünften Himmel (2 Hen 7/18) begegnet
Henoch jenen gefallenen Engeln bereits an ihren Straforten, wo sie das
„maßlose Gericht“ erwarten. Dabei erleidet die Gefolgschaft im zwei-
ten Himmel Fesselung und Qual, was für ihre Anführer im fünften
Himmel offensichtlich nicht gilt. Henoch fordert sie sogar auf, sich am
liturgischen Dienst zu beteiligen (2 Hen 18,9).
Auf die Gefangenen bezogen nennt 2 Hen eine Gruppe von Straf-
engeln, die bei den „Grigoroi“ nicht ausdrücklich genannt, bei den im
Hades des dritten Himmels aufbewahrten Menschen dann jedoch
umso deutlicher beschrieben werden (2 Hen 10,3). Sie bleiben als
Dienstengel Gott selbst unterstellt. Die Vorstellung von Engeln Satans,
die den Menschen bedrohen und einen eigenständigen, wenngleich
von Gott nur zugelassenen Spielraum besäßen, kennt das 2. Henoch-
Buch nicht.103
4. Fazit
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Abraham’s Faith in the One God – A Motif of the
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BEATE EGO
1. Introduction
In order to fill the “narrative gaps“ that are typical especially for the
beginning of the story of the patriarchs in Gen 11: 27ff, a plot is devel-
oped where Abraham distances himself from the many gods of his
environment and only worships the one God from his youth on. Be-
cause his family continues to worship many gods it comes to a quarrel
which ends in Abraham finally dissociating himself from his family
and, having been anointed by God, finding a new home in Canaan. By
means of this narrative construction, we find God’s appeal to Abraham
to move to a land hitherto unknown to him, as well as the promise of
the land and descendants of the biblical text of Gen 12 being explained
to a certain extent.
The comprehensive representation of the motif of Abraham as a
devotee of the one God to be found in the Hellenistic-Roman period
can be regarded as a desideratum of research. Thus, the following
Probably the earliest attestation to the story of Abraham and his wor-
ship of the one God is to be found in the Book of Jubilees. This opus,
which is known to have originated after the Maccabean uprising,2 con-
tains a detailed story of Abraham’s youth, which shall be summed up
briefly: Abraham’s birth coincides with a plague of ravens on earth
caused by Mastema, a negative angelic authority. These ravens devour
all the grain before it can grow; besides this, they eat all the fruit of the
trees. The saying of the poet HÖLDERLIN, “Wo Gefahr naht, wächst das
Rettende auch“, applies in this context, for here relief also comes:
Rather suddenly the lad Abraham recognises it as a grave error that all
stray after idols, statues and the castings of their own hands. At the age
of 14 years, he thus dissociates himself from his father’s idols and he
begins “to pray to the Creator of all so that he might save him from the
straying of the sons of men, and so that his portion might not fall into
straying after the pollution and scor