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„Die schmecken und man kann Dächer damit decken“, erklärte er mit
erhobener Kralle, als Anneli ihn verwundert ansah. Hilde brachte Weidenruten
vom nahe gelegenen Bach und Hoch-Hinaus rupfte mit dem Schnabel
Efeuranken ab.
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Albert zerrte unterdessen mit lautem Ächzen große Äste aus dem Wald. „Ich
bin ein königliches Pony und kein dusseliger Lastesel“, maulte er dabei vor
sich hin.
„Nein, du bist eher ein Maultier!“, japste Pepe außer Atem und guckte sich
hektisch um. „Schnell, schnell! Wir müssen noch einen Nagezahn zulegen!“
„Ja, wir sollten uns sputen“, drängelte auch Hilde, „sonst … uiuiuii.“
Anneli lächelte über die Hektik, die die beiden verbreiteten. „Wieso habt ihr es
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Aber das Stachelschwein und das Eichhörnchen flitzten schon wieder davon
und riefen noch irgendetwas im Chor. „GGG“, war alles, was Anneli verstand.
Albert stupste sie mit seiner Ponyschnauze an. „Was stottern die denn alle
hier?“, meinte er. Anneli zuckte mit den Schultern. „K-k-keine Ahnung.
Aber Albert schnaubte nur. „Du, Anneli, mir kribbelt ganz komisch die Mähne.“
„Vielleicht ein F loh?“, kicherte sie. Er schüttelte den Kopf. „Nein, ehrlich. Ich
„Ach, Albert, das hast du doch immer“, sagte Anneli. Sie kraulte ihm zärtlich
den weichen Hals und Albert hielt ganz still und schloss die Augen, bis Anneli
ihn mit einem Klaps wieder losschickte, um noch mehr dicke Äste zu holen.
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Die dünnen Zweige verflocht sie zu Matten und zurrte alles mit Weidenruten
und Efeu fest. Daraus wurden die Wände. Sogar einen Balkon mit einem
Danach deckten Anneli und Albert das Dach. Das Pony reichte ihr die
Honigkuchen mit dem Maul hoch und Anneli schichtete sie wie Ziegel
übereinander. Wenn keiner hinsah, futterte Albert auch ab und zu einen auf
und grinste dazu wie ein Honigkuchenpferd. Und das war er ja auch
irgendwie.
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Zuletzt bauten sie noch einen winzigen Aufzug und setzten Hoch-Hinaus
Hoch-Hinaus tippelte vorsichtig umher und schaute sich alles ganz genau an.
Sogar über das Balkongeländer lugte sie. Aber nur einmal. Und nur ganz kurz.
Und da hielt sie sich schnell die Augen zu und ächzte doch noch: „Hu-hu-huch,
Dann ließ sie sich auf ihrem Aussichts-Ast nieder und auf ihrem kleinen
Eulengesicht erschien ein Lächeln. Es war sehr breit und sehr, sehr froh. Sie
streckte die Flügel aus und geriet ein wenig ins Wanken. „Das ist das süßeste
Baumhaus der Welt, schuhuhuhu-hubidu“, erklärte sie. Hilde strahlte. „Ja, ist
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Anneli wurde mitten im Sommer fast weihnachtlich zumute. Vielleicht lag das
aber auch an dem PfefferkuchenDach, das nach Zimt und Nelken, Ingwer und
Kardamom duftete.
Sie wuschelte Albert durch die Mähne und drückte ihm ein Küsschen auf die
sich ganz doll freuen. Und ihre Ponys werden dann ein bisschen rot unter
ihrem Fell.
„Das muss gefeiert werden!“, erklärte Hilde. Sie holte eine karierte Decke aus
Pepes Rucksack und breitete sie auf dem Boden des Baumhauses aus.
„Fehlen nur noch ein paar Leckereien.“ Und damit krabbelte sie einen Ast
entlang.
einem Muffinbaum!
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„Wartet, ich bin auch gleich wieder da“, rief Pepe und schraubte sich in
kletterte er. Bis er schließlich mitten in die rosa Wolke eintauchte und nur
noch sein Schwanz herausguckte. Anneli hielt den Atem an. Was machte er
denn da?
Das Knäuel landete im Baumhaus und Pepes Kopf tauchte daraus auf. An
seinen puscheligen Ohren klebte rosaroter Flaum und auf seinem Kopf saß,
wie eine Perücke, eine rosarote Haube. Und das sah so niedlich und so
schob beleidigt die Unterlippe vor, aber dann musste er mitkichern. Als er
schließlich nicht umsonst im Süßen Wald. Bei uns sind sogar die Wolken aus
Zuckerwatte. Aber gut festhalten, die fliegt sonst weg!„, erklärte er und
verteilte großzügig die Leckerei. „Greift tfu!“, nuschelte er mit vollem Mund.
sagte gar nichts. Genüsslich schmatzend saß sie auf ihrem Ast, sah sich die
Welt und den Wald von oben an und war glücklich. Bis auf einmal ein lautes
Stampfen und heiseres Gebrüll zu hören waren. Da schlug sie sich einen
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Flügel vor den Schnabel und hauchte: „Oh nein! Der GGG!“
rauer Stimme vor sich hin. „He, du alter Bodenhocker“, schallte es über die
Anneli fuhr herum. Zwischen den Büschen am anderen Ende der Lichtung
erschien ein sonderbares Wesen und das war grässlich hässlich. Mit seinen
kurzen krummen Beinen und der langen krummen Nase erinnerte es sie an
die Gnome aus ihren Märchenbüchern. Aber für einen Gnom war es viel zu
groß. Dieses Wesen hier war nur einen Kopf kürzer als Anneli.
Es hatte einen Mund wie ein Schlund, zwei fies funkelnde Augen, drei
„Was ist das denn?“, raunte Anneli. Mit weit aufgerissenen Augen sah sie zu,
wie der gruselige Kerl über die Wiese stampfte und den Klee zertrat. Hastig
warf sie einen Blick zu Albert hinunter. Doch der hatte sich schon hinter dem
„Das ist der GGG“, flüsterte Hilde verzagt. „GGG?“, wiederholte Anneli und
starrte die anderen fragend an. Hildes Stacheln zitterten. „Der zu groß
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„Die liegen zwischen unserem Wald und dem Grauen Gebirge.“ Pepe deutete
nach Norden. Er zog eine lustige Schielegrimasse, aber Anneli hörte, dass
seine Nagezähne leise aufeinanderschlugen. „Alles, was von dort kommt, ist
„Und was will er hier?“, fragte Anneli. Hoch-Hinaus blinzelte ängstlich. „Mich
ärgern. Er zieht mich an den Flügeln und bewirft mich mit Schlamm und …
manchmal sagt er, dass er Lust auf Eulenfrikassee hat …“ Sie verstummte.
Unten kam der Gnom näher. Noch hatte er sie nicht entdeckt. „He, Eule!“,
schrie er. „Heute schon geheult?“ Vor dem Baum blieb er stehen. „Seltsam,
oben.
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entdeckte, zogen sich die Wülste seiner Augenbrauen noch enger zusammen.
Als Hoch-Hinaus keinen Pieps machte, sondern sich mit den Flügeln die
Augen zuhielt, versuchte der Gnom, den Baum hochzuklettern. Aber er kam
Er fluchte und schrie. Doch das hilft ja nie. Er stampfte und drohte mit seiner
Gnompfote. Er hopste und sprang, zornig und lang. Er schlug mit einem Ast
Er fauchte und trat und machte Spagat. Er warf sich gegen den Stamm, bis
das Baumhaus bebte. Aber sosehr er auch tobte: Er kam nicht heran. Und das
Dann wurde es plötzlich still. Sehr still. Anneli lugte über das Geländer und
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Oh nein! Der GGG hatte Albert entdeckt! Mit einem bösartigen Grinsen im
Gesicht und einem dicken Ast in den Pranken stand er vor dem verängstigten
Als Anneli das hörte, bekam sie eine Riesenwut, so dick und borstig wie
Hildes Stacheln. Und mit der Wut wuchs auch ihr Mut. Mit einem großen Satz
hopste sie vom Baum und stellte sich schützend vor ihr Pony. Ihrem Albert
durfte keiner ein Fellhaar krümmen! Gar keiner. Und zu groß geratene Gnome
erst recht nicht. „Lass mein Pony in Ruhe!“, schrie sie den GGG an.
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Der Gnom wich ihr aus. „Sieh an, sieh an“, krächzte er. „Wen haben wir denn
Prinzesschen!“
du mickriger Kerl!“
Doch auf einmal drängte sich jemand zwischen sie. Es war Hilde. Eine
ziemlich wilde Hilde. So klein sie auch war, baute sie sich vor dem Gnom auf
und trappelte zornig mit den Füßen. Die spitzen Stacheln hatte sie
Stimme klang auf einmal gar nicht mehr so schüchtern. „Momentchen mal!
Das brachte Anneli auf eine Idee. Sie riss sich die Krone vom Kopf und reckte
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dem GGG die goldenen Zacken entgegen. Und dann rückten sie ihm
gemeinsam auf den Pelz. Unten stachelte Hilde und oben stachelte Anneli.
Hilde pikste ihn in die knubbeligen Knie und Anneli in die lange Nase und in
den Bauch.
„Aua!„, fluchte der Gnom und riss die Hände hoch. „Das sticht wie Hölle!“
„Nein, wie Hilde„, ertönte Pepes Stimme von oben. „Und ich kann
EichhörnchenKarate!“ Dazu schlug er mit den Pfoten in die Luft und stieß eine
auf dem Schwanz ab und kickte mit den Hinterbeinen. Und dann feuerte er
eine Nuss auf den GGG. Und noch eine und noch eine. Dabei schmetterte er
ein Lied:
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den Bösewicht-wicht-wicht!“
Hoch-Hinaus lugte vorsichtig durch die Federn und nahm schließlich die
Flügel von den Augen. Die kleine Eule schluckte, dann sprang sie über ihren
ihr Hinterteil vor und machte dem Gnom mitten auf den Kopf.
Und sogar der Muffinbaum schien auf ihrer Seite zu sein. Denn plötzlich flog
dem Fiesling auch noch ein überreifes Törtchen ins Gesicht. F latsch, klatsch,
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Der GGG jaulte auf. Das war zu viel für ihn. Er ließ den Ast fallen und nahm
Reißaus.
„Geh zurück in deinen Sumpf, du alte Heulsuse! Und lass dich hier nie wieder
blicken!“, rief Hoch-Hinaus ihm hinterher. Und Pepe fiepte: „Verschwinde wie
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Anneli atmete auf. Puh, das war knapp gewesen! Aber für heute war der GGG
in die Flucht geschlagen. Sie schlang Albert die Arme um den Hals und
schmiegte sich an ihn. Durch sein Fell hindurch spürte sie, wie sein Herz
aufgeregt pochte.
Im Baumhaus riss Pepe jubelnd die Arme über den Kopf, verlor das
Gleichgewicht, stürzte in die Tiefe – und landete mit einem „Hoppala“ auf
Annelis Schulter.
Als Hoch-Hinaus das sah, wurde sie ein wenig blass um die Schnabelspitze.
Sie krallte sich am Geländer fest und Anneli musste auf Alberts Rücken
Unten angekommen fielen sich alle in die Arme. Bis Hilde zu doll stachelte.
Da ließen sie sie schnell wieder los. Anneli entging nicht, dass das
Stachelschwein ein wenig gekränkt war. Es schob die Unterlippe vor und gab
ein grantiges Grunzen von sich. Schnell streichelte sie Hilde über die
„Hilde“, erklärte sie, „hiermit ernenne ich dich zur königlichen HHH!“ „Was
heißt das?“, wollte Hoch-Hinaus wissen. Anneli lächelte. „Holde Heldin mit
Herz.“
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„Nöö! Das heißt hammerharte Hilde!“, rief Pepe dazwischen und alle lachten.
„Tausend Dank, dass ihr drei uns so toll geholfen habt“, sagte Anneli und
Albert nickte so kräftig dazu, dass seine Mähne flog. „Das war unheimlich
Pepe turnte von Annelis Schulter auf ihren Kopf und ließ sich in ihrem
Krönchen nieder. „Dafür sind Freunde doch da, oder?“, meinte er und grinste
sehr breit und sehr zufrieden. Und da pflückte Anneli ihn von ihrem Kopf und
kuscheln wollte, sprang sie schnell auf Alberts Rücken. „Es ist schon spät“,
sagte sie und winkte. „Albert und ich, wir müssen jetzt zurück zum Schloss.“
„Hach, ein Schloss!“ Auf Hildes Gesicht erschien ein verträumtes Lächeln.
„Wie gerne würde ich auch einmal in einem richtigen echten Schloss wohnen.
Und wenn es nur für eine einzige Nacht wäre!“ Sie seufzte so borstig tief, wie
nur Stachelschweine seufzen können, und durch ihre Stacheln lief ein
sehnsüchtiges Zittern.
Und da begann Anneli ebenfalls zu lächeln. Denn sie hatte schon so eine Idee,
wie sie Hildes Herzenswunsch erfüllen konnte. Dafür sind Freunde nämlich
auch da.
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