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改道 改道] Gǎidào

einen anderen Weg gehen


Zeitung der anarchistischen Föderation FdA-IFA
www.fda-ifa.org

G ǎ idào Nr.01 / 01.2011

Inhalt:
# Geschichte des Anarchismus in der Türkei
# Die Libertäre Gruppe Karlsruhe
# Interview mit Syndikalismus.tk
# Libertäre Aktion Winterthur
# Anarchismus in Rumänien
# Kein beliebtes Reiseziel
# Die FAU stellt sich vor
# u.v.a.m.
Editorial
Liebe Leute,
nun ist es endlich soweit – die erste Ausgabe der >改道 改道]Gǎidào - einen anderen Weg gehen<
ist da! Mit diesem Zeitungsprojekt versuchen wir einen weiteren Schritt zu einer anarchistischen
Föderation zu gehen. Darüber hinaus hoffen wir neben Zeitungen wie der >Graswurzelrevolution<
und der >Direkte Aktion> und Internetportalen wie >Syndikalismus.tk< weiterführende Informatio-
nen zur aktuellen anarchistischen Bewegung geben zu können. Dabei bemühen wir uns über den
Tellerrand des deutschsprachigen Raumes hinaus zu sehen – ob und wie uns das gelingen wird,
hängt auch von eurer Mitarbeit ab. Gleichzeitig wollen wir perspektivisch auch Platz für theoreti-
sche Auseinandersetzungen bieten, denn immerhin sind viele unserer Gedanken schon mehr als 150
Jahre alt. Es gilt also sie an unserer alltäglichen Praxis zu prüfen und zu sehen ob sie noch Zeitge-
mäß sind und wie ggf. ein modernisierter Anarchismus im dritten Jahrtausend (nach unserer Zeit-
rechnung) aussehen könnte. Beiträge dazu werdet ihr in der Rubrik „Diskussion“ finden. Und wo
wir gerade von Rubriken reden, da möchten wir euch auch gleich die anderen spezifischen Rubri-
ken der > 改道 改道]Gǎidào< kurz vorstellen. Neben den Standards, wie Nachrichten, Terminen
und Geschichte bieten wir euch vor allem die Rubriken „Alltag“, „Kultur und Unterhaltung“, „Das
schreiben die anderen“, „A-Gruppen stellen sich vor“ und hoffentlich schon ab der nächsten Ausga-
be auch die Rubrik „A-Jugend“. In der Rubrik „Alltag“ erwarten euch Rezepte, Basteltipps und an-
deres (un)nützliches für den Alltag. Die Rubrik „Kultur und Unterhaltung“ wird versuchen den klas-
sischen Rahmen der Kulturbesprechung zu sprengen. Und weil nicht alle alle A-Zeitungen lesen,
werden wir immer wieder einen Blick in diverse Medien werfen und euch kurze Schlaglichter aus
diesen zum besten geben – und wenn alles gut läuft, so werden wir ggf. auch immer mal wieder an-
archistische Perlen in nicht-anarchistischen Medien finden und euch darauf hinweisen. Die Rubrik
„A-Gruppen stellen sich vor“ muss sicher nicht näher erläutert werden. Auf die Rubrik „A-Jugend“
sind wir selbst mehr als gespannt, an dieser Stelle nur soviel: Der momentan verantwortliche Re-
dakteur ist 14 Jahre alt und sucht noch Jugendliche die mitmachen wollen!
In dieser Ausgabe stellen sich die FAU-IAA, die Libertäre Aktion Winterthur und die Libertäre
Gruppe Karlsruhe vor. Mit dem Internetportal Syndikalismus.tk haben wir ein kurzes Interview ge-
führt und von der FdA-Gruppe Karakök Autonome (TR/CH) haben wir den Artikel „Geschichte des
Anarchismus in der Türkei bekommen. Von M.V. haben wir einen Artikel zur anarchistischen Ge-
genwart in Rumänien bekommen. Dankenswerter Weise durften wir aus der Zeitschrift „analyse &
kritik“ einen Artikel über die anarchistische Bewegung in Belarus übernehmen. Außerdem möchten
wir euch schon in dieser Ausgabe mit zwei anarchistischen Büchermessen im deutschsprachigen
Raum bekannt machen und zu guter Letzt gibt es einen unvollständigen Überblick über anstehende
Aktivitäten diverser anarchistischer Gruppen innerhalb und außerhalb des „Forums deutschsprachi-
ger AnarchistInnen“ (FdA-IFA).

In diesem Sinne wünschen wir uns und euch viel Spaß mit der Nummer eins der
>改道 改道]Gǎidào<
Eure Redaktion
Menschen!
Ihr habt nur einen Feind. Er ist der verkommenste von allen. Tuberkulose und Syphilis sind furcht-
bare Seuchen, unter denen der Mensch leidet. Unermeßlich furchtbarer, tückischer und bösartiger
am Körper und an der Seele des Menschen wütet die alles verheerende Seuche: Öffentliche Hure
Presse. Jede Revolution, jede Befreiung des Menschen verfehlt ihren Zweck, wenn nicht zuerst die
Presse erbarmungslos vernichtet wird. Alle Sünden werden dem Menschen vergeben, die Sünde wi-
der den Geist wird dem Menschen in Ewigkeit nicht vergeben. Vernichtet die Presse, peitscht ihre
Zuhälter aus der Gemeinschaft der Menschen und es wird Euch Vergebung werden für alle Eure
Sünden, die Ihr begingt oder die Ihr noch begehen werdet. Keine Versammlung, keine Zusammen-
kunft von Menschen darf vor sich gehen, ohne daß nicht Euer gellender Schrei ertönt: Vernichtet die
Presse!
(Der Ziegelbrenner, n°15, 30. Januar 1919)
Rumänien:
Ein Einblick in Land und anarchistische Gegenwart
Rumänien und seine soziale Situation gerieten in den letzten Monaten verstärkt in das Blickfeld der
weltweiten Öffentlichkeit. Diktiert vom Internationalen Währungsfond und willig durchgesetzt von
der Regierung kam es im Land zu weiteren massiven sozialen Einschnitten in allen Lebensberei-
chen. Eine Aufzählung aller Verschlechterungen würde den Umfang dieses Artikels deutlich spren-
gen, zumal der Sozialabbau munter weitergeht.

Soziale Situation Für 2011 ist ebenso die abermalige „Modifizie-


rung des Arbeitsrechts“, des „Codul Muncii“ an-
Wie in anderen Ländern auch sind besonders die gekündigt. Wie immer werden die Veränderun-
Lohnabhängigen die Betroffenen der Kürzun- gen zum Nachteil der Lohnabhängigen sein. Ge-
gen. Alle im öffentlichen Dienst Beschäftigten plant ist u.a. die gesetzliche Legalisierung eines
mussten in diesem Jahr Lohneinbußen von 25% 12-Stunden-Arbeitstages. Von den durch und
hinnehmen. Und dies, nachdem im Jahr 2009 durch korrupten Gewerkschaften ist dagegen –
die Bezüge bereits um 15% reduziert worden wie bei allen vorherigen Verschlechterungen -
waren. Für das Jahr 2011 wurde bereits ein Ein- keinerlei effektive Gegenwehr zu erwarten. Wei-
stellungsstopp verkündet, mit dem Zusatz, die terhin wird nun auch das Kindergeld drastisch
wöchentliche Arbeitszeit auszudehnen (ohne gekürzt und die Freistellungszeit der Mütter von
Lohnerhöhung versteht sich). Auch den Rentne- der Lohnarbeit beschnitten. Gegen diese im De-
rinnen und Rentnern wurden die Renten ge- zember 2010 bekannt gewordenen Pläne gab es
kürzt, vom 1. Januar 2011 an, müssen sie diese Proteste vor dem Regierungssitz in Bukarest, an
zusätzlich noch versteuren. Die kostenlose me- welchen sich knapp 50 Menschen beteiligten.
dizinische Versorgung für RentnerInnen, z.B. Doch auch dies wird zu nichts anderem als einer
bei Diabetes, wurde abgeschafft. Zusätzlich kurzzeitig sichtbaren Entladung von Unzufrie-
wurde die Mehrwertsteuer auf 24% erhöht, und denheit führen. Schon zuvor im Sommer 2010
das bei permanent steigenden Preisen in allen sind die für rumänische Verhältnisse großen
Lebensbereichen (Gas, Wasser, Elektrizität, Proteste (mehrere 10.000 Menschen gingen auf
Transport, Lebensmittel). Ein anarcho-syndika- die Strassen) ohne wirklichen ökonomischen
listischer Genosse aus Bukarest spricht davon, Druck wirkungslos verpufft. Erwartungsgemäß
dass aufgrund dieser Politik ein Genozid an al- blieb das Gerede der gelben und korrupten Ge-
ten Menschen stattfindet. „…2010 und 2011 werkschaften vom „Generalstreik“ leeres Ge-
werden die Jahre mit der höchsten Sterberate schwätz.
unter den RenterInnen sein. Mit ihren Unterstüt-
zungs-Renten waren sie schon jetzt nicht zu Auswanderung
mehr in der Lage, als Essen zu kaufen. Ohne
medizinische Unterstützung (die Regierung hat Die tägliche existenzbedrohende Situation führt
bereits zahlreiche medizinische Versorgungsstät- schon seit Jahrzehnten zur Auswanderung. Nach
ten geschlossen) und ohne finanzielle Unterstüt- offiziellen Angaben der Weltbank verließen
zung für Heizung und andere Notwendigkeiten; 2010 2,77 Millionen Rumänen das Land. Viele
– diese Jahre die kommen, werden die aller- von ihnen hinterlassen Kinder. Die vielen Mil-
schlimmsten in den letzten 60 Jahren für sie lionen von Euro, die diese „Auslandsrumänen“
sein. Diese Einsparungen sind nichts anderes als in ihre „Heimat“ transferieren, sind mittlerweile
ein Genozid.“1 ein fest einkalkulierter Teil der inner-rumäni-
schen Ökonomie, was sich nicht zuletzt an stei-
genden Mietpreisen festmacht. Viele Vermieter
1
Siehe „Die Leute haben nichts zu verlieren“ – spekulieren auf die Überweisungen an Familien-
Interview mit einem rumänischen angehörige. So sind die Mietpreise auf einem
Anarchosyndikalisten zu den Protesten gegen die ähnlich hohen Stand wie in Deutschland.
Sparmaßnahmen der Regierung auf
www.syndikalismus.tk
Hinwendung zu Glauben und Nationalismus Die neo-legionäre faschistische rumänische Be-
wegung, die sich hauptsächlich in Gestalt von
Der in Rumänien ohnehin traditionell starke Na- „Noua Dreapta“ (Neue Rechte) wieder findet,
tionalismus und die sehr mächtige und extrem- konnte in den letzten Jahren neue Gruppen
reaktionäre christlich-orthodoxe Kirche sind die gründen. Seit Herbst ist sie dabei, Unterstüt-
Nutznießer der sozialen Angriffe. Anstatt den zungsunterschriften für die Zulassung einer neu-
Dingen auf den Grund zu gehen, flüchtet der en nationalistischen Partei zu sammeln, um mit
Großteil der Menschen in die reaktionären Be- dieser an Wahlen teilzunehmen. Neben den or-
wegungen. Antikapitalistische Gruppen erfahren thodoxen Neo-Legionären der Noua Dreapta,
kaum Zuwachs. Stattdessen wird noch das letzte haben sich in einigen Städten auch nach deut-
bisschen Geld einem Priester in der Kirche in schem Vorbild „Autonome Nationalisten“ gebil-
die Hand gedrückt, um sich auf diese Weise die det. Diese Neofaschisten sind weitestgehend ge-
namentliche Erwähnung in laut vorgetragenen sellschaftlich völlig akzeptiert. Aktive Mitglie-
Bitt-Litaneien zu sichern. Die Kirchen sind voll, der von Noua Dreapta schreiben u.a. auch für
religiöser Irrglaube nimmt zu und gemäß den Lokalzeitungen und betreiben damit weitere Be-
Geboten der rumänisch-orthodoxen Kirche wird einflussung. Zwischen den Neolegionären und
für die „Führer des Landes“, also die Regierung, der orthodoxen Kirche gibt es auch keinerlei
gebetet. Die Regierung selber hat erst kürzlich Berührungsängste. Regelmäßig kommt es zu ge-
zusammen mit dem Parlament eine rassistische meinsamen Messen und bei Gedenkkundgebun-
Gesetzesänderung beschlossen. Die bisherige gen für den historischen Führer der Legionäre,
Benennung von Roma als solche in offiziellen Corneliu Codreanu, sieht man Priester und
Schriftstücken und Verlautbarungen wurde Ende Grünhemden Seite an Seite. In einem Interview
November 2010 abgeschafft. Von nun an wer- äußerten sich Genossen der Anarchistischen Fö-
den Roma offiziell als „Zigeuner“ (Ţigani) be- deration (Federatia Anarhista) dahingehend,
zeichnet. Die Regierung begründete diesen dass sie der Auffassung sind, dass Noua Dreapta
Schritt, zu dem sie viel Beifall erhielt, mit der vom Inlandsgeheimdienst SRI unterstützt wird.
„Verwechslung von Rumänen mit Zigeunern“. (Insgesamt hat Rumänien 8 Geheimdienste!).2

Zwar sind die Wahlergebnisse der offen rechts- Die anarchistische Szene im Land
extremen und faschistischen Parteien rückläufig,
der Nationalismus ist jedoch eine tägliche Kon-
stante, und die regierenden Parteien stehen den
Rechtsextremen auch kaum nach. In den Schu-
len gibt es von der Regierung abgesegnete Wett-
bewerbe für Kinder unter Titeln wie „Warum
wir stolz sind, Rumänen zu sein“, „Unsere
christlichen Werte gegen eine Welt des Materia-
lismus“, „Schutz unserer traditionellen Werte“
oder „Rückbesinnung auf das Rumänentum“.
Schon den kleinsten wird dieser nationalistische
und von geschichtlichen Lügen durchsetzte
Müll erzählt. Zum Dank fürs Zuhören werden
Schulen geschlossen, LehrerInnen entlassen und
Abbildung 1: Die Wandparole in Podu Roş lautet
Lehrmittel, vor allem Bücher, gestrichen. Rumä-
in deutscher Übersetzung: Kapitalismus mordet,
nien ist übrigens auch ein Land, das die Evoluti-
plündert, entmenschlicht.
onstheorie der Welt offiziell leugnet, und die
Kreationistische religiöse Doktrin, von der Er- 2 Das Interview mit dem Titel „Interview mit
schaffung der Welt durch einen allmächtigen AnarchistInnen aus Iaşi (Rumänien)“ ist sehr
ausführlich und vermittelt einen guten Einblick in das
Gott, zur Grundlage gemacht hat! Weiterhin gibt
Land und die Schwierigkeiten, mit denen die
es noch heute mehr als 40 Denkmäler und zahl- GenossInnen konfrontiert sind. Es findet sich u.a. auf
reiche Strassen mit dem Namen des Faschisten dem Infoblog des Anarcho-Syndikalistischen Info-
und Hitler-Verbündeten Marschall Antonescu. Dienstes Rumänien
http://asinforomania.wordpress.com.
Wie unschwer zu erraten, ist die anarchistische Regel wöchentlich angebotene Veranstaltun-
Szene in Rumänien mit vielen Schwierigkeiten gen. Diese reichen von Lesungen und Film-
konfrontiert. Neben einer erzreaktionären Um- vorführungen bis zu Workshops. Regelmä-
welt und der Armut gehören zu den weiteren ßig gibt es einen feministischen Lesezirkel,
Problemen vor allem die staatliche Repression und zum Jahrestag der spanischen Revoluti-
sowie die Uneinigkeit der Szene. on gab es ein mehrtägiges Programm mit
Polizei und Geheimdienste haben mit ihrer Re- Debatten über ihre Bedeutung und Ansatz-
pression – auch im Zusammenspiel mit Neofa- punkten für heute. Zudem sind die Bücher
schisten - bereits in mehreren Städten anarchis- der Bibliothek entleihbar. Buchspenden sind
tische Gruppen zermürbt und zerschlagen. Na- willkommen. Bis zum Herbst 2010 hatte die
hezu unbemerkt von der anarchistischen Weltöf- Bibliothek ihren Sitz im Arbeiterstadtteil
fentlichkeit hat der rumänische Staat Genossin- Giuleşti. Ende Juli 2010 erschien in der
nen und Genossen dazu gebracht, das Land zu fälschlicherweise als seriös geltenden Tages-
verlassen. Diese politische Verfolgung führt im- zeitung „Romania Libera“ ein Artikel zweier
mer wieder zu Diskussionen innerhalb der akti- RedakteurInnen ge spickt mit Klischees und
ven GenossInnen, wie der staatlichen Repressi- Lügen, dessen Ziel die Diskreditierung der
on am besten zu begegnen ist. Nach Auffassung Arbeit der GenossInnen der Bibliothek war.
eines langjährigen Genossen muss es dabei In den Kommentarspalten wurde der Ruf
„eine Lösung geben, die zwischen der Wahl zu nach Schließung der Bibliothek und der ge-
Held oder Märtyrer liegt“. heimdienstlichen Überwachung der Genos-
Mit welchen Schwierigkeiten alleine bei der Ge- sInnen laut. In einer umfangreichen Antwort
nehmigung einer Demonstration zu rechnen ist, reagierten diese auf die falschen Anwürfe.
macht das bereits erwähnte Interview mit den Die Bibliothek befindet sich nach ihrem
GenossInnen aus Iaşi deutlich, auf das hier auch Umzug nun in deutlich zentralerer Position
in diesem Zusammenhang noch einmal hinge- in Bukarest.
wiesen sei.
Die Anarchistische Föderation
Lifestyle-Anarchismus oder revolutio-
närer Anarchismus/Anarcho-Syndikalis- Die Federaţia Anarhista ist eine aktive Grup-
mus pe in Iaşi. Die GenossInnen betreiben eine
regelmäßig gepflegte Webseite, übersetzen
Ein strittiges Problem stellt der weit verbrei- anarchistische Texte in die rumänische Spra-
tete Lifestyle Anarchismus in der Szene dar. che und sind schon seit einigen Jahren in der
Zahlreiche Gruppen verfolgen keine wie Bewegung aktiv. 2009 waren sie die einzige
auch immer geartete gesellschaftliche anarchistische Gruppe in Rumänien, die -
Strategie. Stattdessen bestimmen die Orga- unter schweren bürokratischen und entwür-
nisation von Punk-Konzerten und Partys die digenden Bedingungen - eine antifaschisti-
Aktivitäten, Klassenkampf wird verworfen. sche Demonstration anmeldete, an welcher
Dieser Lifestyle-Anarchismus wird von der am 9.11.2009 an die 50 GenossInnen teil-
Anarchistischen Föderation aus Iaşi sowie nahmen. Die anarchistische Agitation ist in
der neu gebildeten Anarcho-Syndikalisti- der Stadt bemerkbar und gemeinsam mit
schen Initiative kritisiert. Beiden geht es um Roma-Familien kam es im Juli 2007 zur Be-
den Aufbau anarchistischer Strukturen und setzung eines leer stehenden Kinos in der In-
das Eingreifen in die Gesellschaft. In Buka- nenstadt. Es wurde als Wohn- und Veranstal-
rest gibt es mit der „Biblioteca Alternativa“ tungsraum genutzt, bis auf Druck der Kir-
ein anarchistisches Wohnprojekt mit Biblio- che, die das Grundstück als Eigentum bean-
thek und regelmäßigen Veranstaltungen. spruchte und „Recht“ erhielt, die Besetzung
beendet wurde. Das Kino steht noch heute
Die Alternative Bibliothek leer. Die der Sache des Anarchismus sehr er-
gebenen GenossInnen verfügen über zahlrei-
Zum öffentlichen Programm der Alternati- che Erfahrungen im Kampf und bestechen
ven Bibliothek gehören zahlreiche, in der durch ihre Klarsichtigkeit.
historische Rückblicke auf nahezu
vergessene Ereignisse. Im Dezember
informierte die IAS so über die Gründung
der unabhängigen „Gewerkschaft 15.
November“ in Braşov im Jahr 1990 nach
dem Sturz der Ceausescu-Diktatur. Mit der
IAS sind endlich wieder zielstrebige und
klarsichtige Anarcho-SyndikalistInnen in
Rumänien öffentlich wahrnehmbar.

Die Aufgaben und die Probleme für die anar-


chistische/anarcho-syndikalistische Bewegung
in Rumänien sind gewaltig. Es ist wichtig, dass
die internationale anarchistische/anarcho-syndi-
Abbildung 2: Die Aufnahme des noch
kalistische Bewegung ihre GenossInnen dort so-
immer leerstehenden Kinos wurde im
lidarisch unterstützt und eine gemeinsame Zu-
Oktober 2010 gemacht.
sammenarbeit entwickelt. Kein Land darf der
Reaktion überlassen sein.
Die Anarcho-Syndikalistische Initiative
M.V.
Im November 2010 gründete sich die Initia-
tiva Anarho-Sindicalista Romania
(I.A.S.R.), die Anarcho-Syndikalistische In-
itiative. Ihr gehören mittlerweile GenossIn-
nen aus mehreren Städten an. Ihr Ziel ist der
Aufbau einer anarcho-syndikalistischen Or-
ganisation, welche es in Rumänien seit den
1930er Jahren nicht mehr gegeben hat. Zu
den ersten öffentlichen Aktivitäten der
Gruppe gehörte die Übersetzung und Veröf-
fentlichung der „Prinzipien des revolutio-
nären Syndikalismus“, des (zeitlosen)
Grundsatzdokuments der (anarcho-) syndi-
kalistischen Arbeiterbewegung. In einem ak-
tuellen Interview sagt ein Genosse der IAS:
„Die Initiative in ihrem jetzigen Zustand ist
ein rumänisches anarcho-syndikalistisches
Informations-Bulletin, und die Hauptabsicht
davon ist, Aufmerksamkeit zu erzielen und
vielleicht in naher Zukunft eine
Gewerkschaft aus ihr heraus zu bilden. […]
Wir wollen uns ausdehnen und soziale Ziele
verfolgen, die von der rumänischen Ar-
beiterklasse verstanden werden können. Wir
möchten alles aufgreifen, von den
alltäglichen Arbeitskämpfen zu Alternativen
bei Arbeitsproblemen bis schlussendlich
Alternativen zum Kapitalismus insgesamt.“3
Der von der IAS betriebene Blog greift
täglich aktuelle Themen auf und bietet auch
3
Ein aufschlussreiches Interview mit der IAS findet
sich ebenfalls auf dem Blog des Anarcho-
Syndikalistischen Info-Dienstes.
Zum Weiterlesen

Anarcho-Syndikalistischer Infodienst Rumänien (ASIR). Informationen in deutscher und englischer


Sprache : http://asinforomania.wordpress.com/

Initiativa Anarho-Syndicalista. Webseite der


Anarcho-Syndikalistischen Initiative Rumäniens (in
rumänisch): http://iasromania.wordpress.com/

Federatia Anarhista (Anarchistische Föderation) in


Iaşi. Umfangreiche Webseite mit Grundsatztexten
und aktuellen Nachrichten:
http://federatia-anarhista.blogspot.com/

Ein Interview mit GenossInnen der FA findet sich in Heft Nr. 184 der Anarchosyndikalistischen
Flugschriftenreihe: http://klassenkampf.uuuq.com/184.pdf.pdf

Biblioteca Alternativa in Bukarest. Ein Veranstaltungsort und eine Bibliothek:


http://biblioteca-alternativa.noblogs.org/

Nachtrag:
Am 22.12.2010 hat die Anarchistische Föderation in Iasi ihre Auflösung erklärt. In ihrer
Erklärung schreiben sie dazu: „[…] Der Grund dafür, weshalb diese Organisation gegründet
wurde, hat aufgehört zu existieren. Einer Person gegen ihren Willen zu helfen, unabhängig davon
wie viel gutes dir möglich ist zu tun, repräsentiert am Ende eine Aktion gegen den Willen des zu
Unterstützenden, und ist darum am Ende ein autoritärer Akt. Jemand sagte, die Rumänen tun nur
etwas Gutes wenn sie dazu gezwungen werden – und diese Person hatte Recht […] Die
Repression die wir durch den rumänischen Staat erfahren haben, war im Vergleich zu unseren
Aktionen viel zu groß – unsere Aktionen die in keinster Weise gewalttätig, terroristisch,
extremistisch etc. waren, sondern oftmals rein informative, humanitäre Aktionen (Gesten) oder
künstlerisch waren. […] Die so genannte „Solidarität“, demonstriert durch unsere so genannten
„Kameraden“ in Rumänien war niemals mehr als ein Fassade mit schlechtem Geschmack, ein
Habitus einer typisch rumänischen Tradition. Die dümmste und feigste Nation unter allen
europäischen Nationen war nicht in der Lage, zu viele ehrliche Exemplare hervorzubringen. […]
In Rumänien ist jeder Plan für soziale Verbesserung von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Wir
hatten mehr Erfolg als Probleme, seit dem wir unter dem Namen Anarchistische Föderation
agierten. So hätten wir weiterhin Gründe weiterzumachen. Doch wir sind weder Rumänen noch
Christen. […]

Auf Nachfrage bei den GenossInnen erklärten sie die Einstellung ihrer öffentlichen Aktivitäten
mit der Passivität und Indifferenz der A-Szene im Land und der umfassenden Polizeirepression.
Sie bleiben weiter AnarchistInnen, werden aber keine eigenen öffentlichen Aktionen mehr
unternehmen. Ein herber Verlust und Rückschlag für den Anarchismus in Rumänien.
Die Libertäre Gruppe Karlsruhe (LGKA) stellt sich vor
Im Juni vergangenen Jahres gründete eine Mensch ist illegal" und um eine antirassistische
Handvoll Anarchistinnen und Anarchisten die Kundgebung im Herbst. Zudem beteiligte sie
Libertäre Gruppe Karlsruhe. Das langfristige sich an der Organisation weiterer Aktivitäten,
Ziel ist, wie kaum anders zu erwarten, die Errei- wie zum Beispiel der überregionalen
chung einer basisdemokratischen, solidarischen, Demonstration für Bleiberecht am 8. Mai.
herrschaftsfreien Gesellschaft. Dabei bemühen Mit weiteren Karlsruher Gruppen aus dem
wir uns, einen undogmatischen "Anarchismus linksradikalen Spektrum riefen wir zum Global
ohne Adjektive" zu vertreten, sind also offen für Tag der Arbeiterbewegung zu einer revolutio-
die verschiedensten Strömungen und Bewegun- nären Demonstration unter dem Motto "Kämp-
gen, die mit uns den "anarchistischen Minimal- fen in der Krise - Kapitalismus überwinden!"
konsens" teilen. auf.
Kurzfristiges Ziel der Zusammenarbeit war und Mehrere Vorträge zu verschiedenen Formen der
ist die Vernetzung libertär Denkender im Raum Diskriminierung wurden angeboten, z.B. zum
Karlsruhe und die Aufklärung über anarchisti- Thema Antiziganismus, zu Sexismus allgemein,
sche Theorie, Praxis und Geschichte. Zu diesem zur Diskussion der Begriffe "Patriarchat" und
Zweck dient die Gruppe als Anlaufstelle bei Ge- "Heteronormative Matrix" innerhalb des Femi-
sprächsbedarf; eine gute Gelegenheit, in Kon- nismus, aber auch über gesellschaftliche Alter-
takt zu kommen, ist das monatlich stattfindende nativen ("Matriarchate").
offene Treffen (jeweils am zweiten Mittwoch im Über anarchistische Bestrebungen weltweit
Monat um 19 Uhr im Hinterhaus der Viktoriastr. wurden und haben wir bisher zweimal infor-
12). Vor allem aber betätigt sich die Gruppe in miert: Ein Vortrag klärte uns über die gegenwär-
zwei Bereichen: Sie organisiert Informations- tige Entwicklung in Griechenland auf. Erst
veranstaltungen und engagiert sich in verschie- kürzlich wurde bei uns das Buch "Anarchismus
denen Bündnissen. Zentrales Entscheidungsgre- weltweit" vorgestellt, das einen Einblick in ver-
mium ist das wöchentliche Plenum, in dem sich schiedenste libertäre Bewegungen gegeben hat.
stets um einen Konsens bemüht wird. In die Im vergangenen Jahr bemühte sich die Gruppe
Bündnisse werden weisungsgebundene Dele- um die Etablierung eines Umsonstflohmarktes,
gierte entsandt. der alternative Warentauschformen im Kleinen
erlebbar machen soll. Die Hoffnung ist, dass
Die Gruppe ist Teil des Anarchistischen Netz- sich der "wirklich wirklich freie Markt" im
werks Südwest (http://www.a-netz.org). In Zu- kommenden Jahr zum regelmäßigen Ereignis
sammenarbeit mit den anderen hierin organisier- festigen und sich selbst verwalten wird.
ten Gruppen wurde eine von März bis Mai die- Viele unserer Veranstaltungen, so zum Beispiel
sen Jahres dauernde Veranstaltungsreihe zum auch ein Vortrag zur Frage "Was ist Anarcho-
Thema "Arbeit" angeboten. Es gab Vorträge zur syndikalismus?", werden von Aktiven der FAU
Leiharbeit, zur "Religion der Arbeit", zur Idee vorbereitet oder von der FAU vermittelt. An die-
der 5-Stunden-Woche und zum Konzept der ser Stelle möchten wir uns ganz herzlich bei al-
Peer-Ökonomie. Außerdem beteiligt sich die len Referent_Innen bedanken!
LGKA an einer Kampagne gegen Abschiebun- Für die nähere Zukunft haben wir uns einige
gen unter dem Namen "Deportation Airpark", neue Projekte vorgenommen. Neben der Vorbe-
das Bleiberecht für alle fordert. Im vergangenen reitung einer kleinen Veranstaltungsreihe zum
Jahr beschäftigte sich das Bündnis mit den über 75. Jubiläum der spanischen Revolution wollen
den Baden-Airpark stattfindenden und vom wir im Stadtbild stärker publizistisch sichtbar
Karlsruher Regierungspräsidium organisierten werden: Eine regelmäßige "Minizeitung" wird
Abschiebungen von Kosovoflüchtlingen (häufig derzeit vorbereitet. Gemeinsam mit der neu ge-
Angehörige ethnischer Minderheiten, denen un- gründeten FAU Karlsruhe wird zudem eine Ra-
würdige Lebensbedingungen im Kosovo dro- diosendung für den lokalen freien Sender
hen). Um Öffentlichkeit für diese Problematik "Querfunk" produziert, die am 2. Sonntag jeden
zu erzeugen, kümmerte sich die Gruppe um die Monats ausgestrahlt wird.
Beherbergung der Wanderausstellung "Kein Die Termine der Libertären Gruppe Karlsruhe
werden auch regelmäßig in den "Karlsruher lin-
ken Kalender" eingetragen, der unter http://ww- Wer Interesse oder Fragen hat, kann gerne zum
w.ka-lin-ka.org eingesehen und abonniert oben erwähnten offenen Treffen kommen oder
werden kann. uns anschreiben:

Libertäre Gruppe Karlsruhe


Viktoriastr. 12
76133 Karlsruhe
lka@riseup.net
http://lka.tumblr.com
@libertaereka

Abbildung 3: Quelle: anarchie-mannheim.de


Aus ak - zeitung für linke debatte und praxis / Nr. 555 / 19.11.2010

Kein beliebtes Reiseziel


Die Solidaritätsbewegung mit den gefangenen
AnarchistInnen in Belarus muss stärker werden
In den etablierten Medien wird kaum über Repression in Belarus berichtet - zumindest nicht, wenn
es um politische AktivistInnen geht. Deutlich anders sieht es beim belarussischen indymedia aus:
Hier finden sich noch immer beinahe täglich neue Nachrichten zu der Repressionswelle, die seit
dem 3. September über lokale AnarchistInnen und AntifaschistInnen hinwegrollt. Was ist passiert?

"Vor anstehenden Wahlen gibt es immer wieder Nach den Auseinandersetzungen um den Bau ei-
Repressionswellen", erzählt eine Freundin mit ner Autobahn durch den Wald bei Khimki in der
guten Kontakten zur Szene in Minsk. Im De- Nähe von Moskau gab es auch in Minsk Solida-
zember will sich Lukaschenko, der "letzte Dik- ritätsaktionen mit den "Geiseln von Khimki"
tator Europas", wieder einmal im Amt bestäti- (http://khimkibattle.org). Zwei russische Akti-
gen lassen. Während seiner Präsidentschaft hat visten wurden nach Protesten gegen den Stra-
er viel für seinen Machterhalt getan - umfang- ßenneubau monatelang inhaftiert. In der Nacht
reiche Zensur, Einschüchterung politischer Geg- des 31. August flogen Molotov-Cocktails auf
nerInnen und eine Gesetzesänderung, um trotz die russische Botschaft in Minsk, ein davor par-
seiner langen Amtszeit weiter kandidieren zu kendes Auto wurde zerstört. Am 2. September
können, sind nur einige offensichtliche Beispie- wurde die Aktion in einem Bekennerschreiben
le. Auch wenn sein Erfolg bei der kommenden der bis dahin unbekannten Gruppe "Freunde der
Wahl als sicher gilt, werden politische Gegne- Freiheit" per Posting bei indymedia mit der Re-
rInnen momentan stärker verfolgt. Das geht bis pression in Moskau in Verbindung gebracht.
zu "ungeklärten Todesfällen" - zuletzt wurde der Wie im deutschsprachigen indymedia, wird
systemkritische Blogger und Journalist Oleg Be- auch bei indymedia Belarus erst nach den Pos-
benin am 3. September tot aufgefunden. Er lei- tings moderiert. Die Moderation entschied zwar,
tete eines der prominentesten unabhängigen das Posting zu löschen, die Aktion wurde den-
Blogs der Region. noch zum Vorwand für die am Tag darauf star-
tende Repression.
Solidarität wird mit Repression beantwortet
In den folgenden Tagen wurden zehn Anarchis-
Die anarchistische und antifaschistische "Szene" tInnen festgenommen und ihre Wohnungen
ist sehr klein. Trotz der allgegenwärtigen Re- durchsucht. Da in Belarus ohne triftigen Grund
pression gibt es im Verhältnis zur Größe der rechtlich lediglich eine dreitägige Haft möglich
Szene viele Aktionen wie "Food not Bombs", ist, änderten sich die erhobenen Vorwürfe immer
Critical Mass oder kleinere unangemeldete wieder. Neben der Solidaritätsaktion mit den
Kundgebungen. Einmal im Jahr wird mit einer Khimki-Gefangenen wurden andere Aktionen
Demonstration an Tschernobyl erinnert, eine der genannt sowie der universell einsetzbare Vor-
zwei legalen Demonstrationen in Minsk. Die wurf des "Hooliganismus" bemüht.
Menschen vor Ort leiden noch heute massiv un-
ter den Folgen der Reaktorkatastrophe, das Bei den Verhören kam es zu Übergriffen, eine
Spektrum der an der Demonstration Teilneh- Betroffene schnitt sich während des Verhörs mit
menden ist entsprechend groß. Da in der Ver- einem herumliegenden Messer die Pulsadern auf
gangenheit vermehrt FaschistInnen an der De- und wurde noch während der Erste-Hilfe-Maß-
monstration teilnahmen, gab es 2010 erstmals nahmen weiter befragt. Zusätzlich zu den Fest-
eine eigene, nicht angemeldete, anarchistische genommenen wurden AktivistInnen in ganz Be-
Demonstration zum Tschernobyl-Jahrestag. larus verhört, noch immer wird nach weiteren
gefahndet. Bis heute wurden rund 50 Personen
vom KGB verhört. ist kein beliebtes Reiseziel und es gibt wenig
Kontakte zur örtlichen Szene. Informationen
Von den seit September verhafteten 15 Aktivis- von Betroffenen gab es anfangs gar nicht, später
tInnen sind noch vier in Haft. Die anderen wur- war der Informationsfluss immer wieder
den nach drei bis neun Tagen entlassen, werden unterbrochen und widersprüchlich.
aber weiterhin verdächtigt und dürfen das Land
nicht verlassen. Mikalai Dzyadok, Aleksandr Im Rahmen der ersten internationalen Solidari-
Frantskevi und Sergeij Slyusar sind bereits seit tätsaktionstage machten zwischen dem 14. und
bis zu zwei Monaten inhaftiert. Zuletzt wurde 20. Oktober AktivistInnen aus ganz Europa auf
am 4. November Maksim Vetkin verhaftet. Ihm die Lage der Gefangenen aufmerksam. Nach-
wird derzeit "Hooliganismus" vorgeworfen. dem zuvor schon eine kleine Demonstration zur
belarussischen Botschaft in Berlin stattgefunden
Mikalai wird vorgeworfen, an der Aktion mit hatte, gab es nun vermehrt Banner, Graffities,
Bezug auf die Khimki-Gefangenen beteiligt ge- Konzerte, Infoveranstaltungen und Mahnwa-
wesen zu sein, Aleksandr soll Feuer an einer Po- chen. Zudem solidarisierten sich 19 Gruppen
lizeistation gelegt und Sergeij ein KGB-Gebäu- und Einzelpersonen der "Trade to climate cara-
de angegriffen haben. Auch wenn die Anklage- van 2009" in einer ausführlichen Erklärung.
konstrukte wackelig sind, müssen die Betroffe-
nen mit langen Haftstrafen rechnen. Trotz der erneuten Verhaftung organisiert sich
die anarchistische Szene derzeit wieder. Food-
Internationale Aktionstage im Dezember not-Bombs-Aktionen finden nach wie vor statt
und für den 18. und 19. Dezember wird wieder
Bereits kurz nach den Festnahmen gab es erste zu internationalen Aktionstagen aufgerufen.
Postings auf indymedia in verschiedenen Län-
dern. Die internationale Solidaritätsbewegung Fabian Waibel
kam dennoch nur schleppend zusammen. Minsk

Weitere Informationen:
http://belarus.indymedia.org/blog/minsksolidarity

http://a3yo.noblogs.org

Mittlerweile ist es möglich, den Gefangenen zu schreiben. Englisch- oder russischsprachige Briefe
können per Email an minsksolidarity@riseup.net geschickt werden.
Interview mit Syndikalismus.tk
Syndikalismus.tk ist ein deutschsprachiges anarcho-syndikalistisches Infoportal. Die Seite ist unter
wechselnder Aufmachung seit 2005 im Netz und Organisationsunabhängig und wird als Blog mit
Kommentarmöglichkeiten betrieben.
改道 _ 改道] Seit wann gibt es euch? nolithischen Block betrachten. Neben unserer
Arbeit an Syndikalismus.tk sind wir auch in
Syndikalismus.tk gibt es in seiner heutigen weiteren Bereichen auf lokaler und überregiona-
Form seit Juli 2009. Zuvor existierte seit 2005 ler Ebene aktiv. Einige in Gruppen. Für Syndi-
eine andere Seite unter dem selben Namen, die kalismus.tk ist das wichtigste natürlich die In-
vorwiegend Texte von Interesse für Anarcho- formation und Kommentierung über vergange-
SyndikalistInnen und klassenkämpferische An- ne- und ganz besonders über aktuelle Entwick-
archistInnen veröffentlichte, darunter auch Bro- lungen von einem anarcho-syndikalistischen
schüren. 2009 trat ein Wechsel der Redaktions- Standpunkt aus.
gruppen ein und seitdem gibt es Syndikalis-
mus.tk als Blog mit der Möglichkeit der Interak- 改道 _ 改道] Was plant ihr für die nächste Zu-
tion. kunft?

改道 _ 改道] Wart ihr in der FAU-IAA? Im Moment gibt es Überlegungen eine Art Vi-
deo-Nachrichtensendung in
Ein Teil war in der FAU- das Leben zu rufen. Da müs-
IAA, andere nicht. sen wir sehen welche Mög-
lichkeiten sich uns dafür bie-
改道 _ 改道] Wenn ja: ten. Generell sind wir am
Warum/wie seit ihr aus der weiteren Ausbauen des
FAU ausgetreten Blogs, der Anarcho-Syndika-
listischen Flugschriftenreihe
Neben anderen Gründen waren einer, der von und sicherlich wird es mit der Zeit auch ein (von
allen so gesehen wird, die weitverbreitete Passi- vielen GenossInnen gewünschtes) Forum geben.
vität unter den Mitgliedern der FAU. Dazu Ganz aktuell wurde von mehreren Gruppen die
kommt die Akzeptanz Antideutscher in der FAU Einrichtung eines „Anarcho-Syndikalistischen
Hamburg und inhaltliche Auseinandersetzungen Kampffonds (Soli-Fonds) ins Gespräch ge-
über die Ausrichtung der FAU. bracht. Diese Art Schwarz-Roter Hilfe wäre un-
serer Auffassung nach ein Schritt nach vorne für
改道 _ 改道] Wenn nein: Warum wolltet ihr die Bewegung und ist erforderlich. Bei einem
nicht bei der FAU-IAA mitmachen? positiven Ausgang dieser Diskussion werden
wir dann sicherlich auch auf Syndikalismus.tk
Dazu gibt es von Person zu Person und von Ort darüber berichten und dafür werben.
zu Ort verschiedene Gründe. Übereinstimmung
gibt es bei der Ablehnung von Antideutschen 改道 _ 改道] Seit ihr mit anderen Gruppen/In-
und der Ablehnung inner-organisatorischer Un- itiativen vernetzt?
korrektheiten bei Entscheidungsfindungen. Für
andere ist es auch einfach ein Akt der Solidarität Wir sind mit anarcho-syndikalistischen und an-
mit guten Genossinnen und Genossen welche archistischen Gruppen vernetzt und bemühen
die FAU verlassen mussten, nicht in die FAU uns eine Vernetzung unter allen Gutwilligen
einzutreten. Die Gründe sind eben vielfältig. nach Kräften mit voranzubringen. Unser Inter-
esse ist eine wachsende, schlagkräftige und vita-
改道 _ 改道] Was waren eure (wichtigsten) le anarcho-syndikalistische Bewegung.
Aktivitäten zwischen 2000 und 2010?
改道 _ 改道] Wie ist eure Stellung zur IAA? /
Man darf Syndikalismus.tk nicht als einen mo- zur FAU?
bzw. nicht vorhandene Schulungen, Inaktivität
Auch hier gilt das, was bereits zuvor gesagt großer Teile etc.) unterstützen aber selbstver-
wurde. Syndikalismus.tk ist kein monolithischer ständlich auch FAU-Initiativen die wir für gut
Block. Grundsätzlich teilen aber alle die Auffas- befinden und haben freundschaftliche, zumin-
sung, dass die anarcho-syndikalistische Bewe- dest aber solidarische Beziehungen zu FAU-Ge-
gung in Deutschland mehr ist als die FAU allei- nossInnen. Über die IAA gab es keine wirkliche
ne. Wir kritisieren Entwicklungen innerhalb der Diskussion unter uns. Wir finden es wichtig,
FAU die wir für Verhängnisvoll halten (Akzep- dass sich eine schlagkräftige und strukturierte
tanz Anti-Deutscher, eine Tendenz zum „reinen“ AS-Bewegung bildet, die von aktiven Genossin-
und legalistischen Syndikalismus, mangelnde nen und Genossen getragen wird.

Weitere Informationen über uns kannst du auch auf der Anarchopedia finden:
http://deu.anarchopedia.org/Syndikalismus.tk

Geschichte des Anarchismus in der Türkei


Nachdem das Osmanische Reich während des 1. Weltkriegs zusammenbrach, wurde 1923 die
heutige Türkische Republik durch Mustafa Kemal Atatürk gegründet. Dies brachte grundlegende
Veränderungen mit sich; so ist die Türkei beispielsweise der einzige islamische Staat, in welcher
der Laizismus (die Trennung von Staat und Religion) gesetzlich verankert ist.

1920 hatte sich bereits die Türkische Kommu- sondern die USA-freundliche DP (Demokrati-
nistische Partei gegründet. Der Kommunismus sche Partei) mit Ministerpräsident Adnan Men-
war in der Türkei aufgrund der geographischen deres an der Spitze. Als dieser 1960 ein Gesetz
Nähe zu Russland sehr populär, insbesondere proklamierte, um die politische Opposition
nach der Oktoberrevolution. Die TKP war Mit- auszuschalten, griff das Militär ein und mach-
glied der Komintern, und deshalb bedeutete der te kurzen Prozess, indem es sowohl Menderes,
Kommunismus eine ernstzunehmende Gefahr als auch zwei seiner Minister, erhängte.
für den Kemalismus von Atatürk. Die TKP wur- Dann folgte die Zeit um 1968, die weltweit eine
de daher 1923 verboten und die Führer der Par- Epoche von Erneuerungsbewegungen war (z.B.
tei mussten fortan im ausländischen Exil leben. Friedensbewegungen, Ökologie, Musik, , Femi-
Seit der Gründung der Republik stellt das Mili- nismus, Hippies, Freie Liebe, Revolutionäre Po-
tär in der Türkei einen Staat im Staat dar. Es ist litik). Von all diesen verschiedenen Bewegun-
das höchste Organ des türkischen Staates und gen gelangte nur eine einzige in die Türkei:
absolut unantastbar. Das Militär zu kritisieren, nämlich die politisch revolutionäre Bewegung.
schlecht über es zu reden oder es gar zu verwei- Die politische Bewegung in der Türkei war vor
gern, ist eine schwere Straftat. Das Militär hat in erster Linie eine Jugendbewegung. Junge
eine Aufseherfunktion: es hat sich in Krisenzei- Menschen im ganzen Land wurden beeinflusst
ten des Staates immer wieder gegen die Bevöl- durch den Vietnamkrieg, durch die Volksauf-
kerung gestellt und es mit Gewalt zum Still- stände in Kuba, China, Kambodscha, Laos und
schweigen gebracht. Somit verhilft es der türki- den lateinamerikanischen Ländern. Sie wurde
schen Republik immer wieder von Neuem zu ergriffen von einer Welle revolutionärer Roman-
Macht und Selbstvertrauen. tik und der Marxismus-Leninismus wurde einer
breiten Öffentlichkeit bekannt.
Als Folge des 2. Weltkriegs (2. Imperialisten-
krieg) wandelte sich die türkische Regierung Die 1920 gegründete TKP (Türkische Kommu-
erstmals von einem kemalistischen Einparteien- nistische Partei) verlor seine Wirkung auf die
system zu einem Vielparteiensystem. Die Regie- Jugend; stattdessen zog die 1960 erstarkte TIP
rungspartei war schliesslich nicht Atatürks CHP, (Türkische Arbeiter Partei) die Massen zu sich.
Zu jener Zeit konnte die Jugend sich noch nicht wurde von einer Vielzahl von Menschen gele-
von der kemalistischen Ideologie losreissen und sen. Es gelangten aber nebst klassischer deut-
war deshalb auch nicht gegen das Militär, das ja scher Philosophie ausschliesslich Schriften und
ein Hüter des Kemalismus war (und ist). Erst Bücher der Komintern ins Land, so z.B. Litera-
zwischen 1969 und 1971 begannen Teile der tur zu Themen wie Sowjetische Geschichte,
jungen Bevölkerung, diese Ideologie in Frage zu Marxismus-Leninismus, Warschauer Pakt, Stali-
stellen, zu kritisieren und sich gar davon zu ent- nismus, Manifeste von Kommunistischen Par-
fernen. teien diverser Länder und Anti-Trotzkismus.
Bücher über Bakunismus, Anarchosyndikalis-
Die Revolutionäre wurden nun vom Staat „An-
mus, Narodniki, Linkskommunismus oder
archisten“ genannt in dem Sinn, da sie Wider-
Trotzkismus gelangten gar nicht erst in die Tür-
stand gegen das bestehende System leistete. Der
kei. Die Jugendbewegung war marxistisch-leni-
Begriff „Anarchist“ war also damals gleichbe-
nistisch und durchlebte schliesslich Fraktions-
deutend mit „Terrorist“, ganz egal, um welche
teilungen in sich selber. Ein Teil wurde durch
Ideologie es sich dabei handelte. Die gesamte
die Sowjets beeinflusst, ein anderer durch Mao
revolutionäre Bewegung wurde von Staat und
und wieder ein anderer durch Enver Hoxha.
Gesellschaft als anarchistische Bewegung be-
Manche wiederum verfolgten einen mittleren
zeichnet.
Weg. Die Zahl der Revolutionäre erreichte meh-
Als sich schliesslich Staatskräfte und vom Staat rere Millionen. Gleichermassen wuchsen zivile
bewusst geförderte zivile faschistische Organi- faschistische Organisationen und fuhren damit
sationen verbündeten und begannen, Jugendauf- fort, bewaffnete Angriffe auf die Linke zu ver-
stände mit Waffengewalt niederzuschlagen, wa- üben. Bewaffnete Auseinandersetzungen waren
ren die Revolutionäre gezwungen, mit dersel- an der Tagesordnung und die Lage war einem
ben Sprache zu antworten. Beweggrund von Bürgerkrieg nahe: pro Tag starben durchschnitt-
Staat und Faschisten war die Liebe zum Vater- lich 26 Personen. Auch die kurdische Bevölke-
land; Beweggrund der revolutionären Bewe- rung der Türkei kämpfte aktiv gegen ihre Unter-
gung hingegen einerseits Notwehr, andererseits drückung und begann Guerilla-Kämpfe in den
Themen wie Anti-Imperialismus, Sozialismus, Bergen. Die Türkei war ein brodelnder Kessel.
Akademische Probleme an Universitäten und Ein weiteres Mal griff das Militär ein.
Gymnasien, der gewerkschaftliche Widerstand
1980 putschte sich das Militär an die Macht.
der Arbeiterinnen und Arbeiter, sowie die
650‘000 Personen wurden festgenommen, 1.7
Durchsetzung der den Bauern versprochenen
Millionen fichiert. Für 7000 Personen wurde die
Landreform. Auch die Medien stellten sich ge-
Todesstrafe beantragt, 50 Personen wurden er-
gen die revolutionäre Bewegung und praktizier-
hängt. 570 Personen wurden zum Tod verurteilt.
ten Antipropaganda.
299 Personen starben in den Gefängnissen
1971 griff wieder das Militär ein und zer- durch Folter, 585 durch andere Art und Weise,
schlug die Bewegung. Drei wichtige revolutio- 144 starben durch ungeklärte Weise, 30‘000
näre Führer und etliche weitere Kämpfer wur- Personen beantragten als politische Flüchtlinge
den hingerichtet. Die Türkei geriet als Folge im Ausland Asyl. 23‘700 Büros von Revolutio-
darauf in einen Zustand der Angst und des Still- nären Organisationen wurden geschlossen, für
schweigens. 400 Journalisten wurde insgesamt eine Gefäng-
Global gesehen folgte eine Zeit, in der die Kom- nisstrafe von 4000 Jahren beantragt, für eine
munistischen Parteien verschiedener Länder un- Zeit von 300 Tagen nach dem Putsch wurden
tereinander Schwierigkeiten durchlebten. Es be- sämtliche Zeitungen stillgelegt und publizierten
gannen Befreiungskämpfe von Minderheitsvöl- nicht mehr. In allen Ecken des Landes machten
kern, sozialistische Staaten entwickelten dikta- die Staatskräfte Jagd auf -wie sie es nannten-
torische Herrschaften und die Vernetzung zwi- Anarchisten und Terroristen. An allen Wänden
schen den kapitalistischen Staaten nahm zu. hingen Listen mit den Namen und Fotos der so-
genannten „gesuchten Anarchisten“.
All diese Umstände führten 1974 zu einem er-
neuten Aufkommen der revolutionären Bewe-
gung in der Türkei. Revolutionäre Literatur
Der Putsch brachte eine neue Epoche mit sich. neue Alternative. Viele ehemalige marxistische
Er stiess die Massen in ein apolitisches und aso- AktivistInnen gesellten sich zu dieser neuen
ziales Umfeld, in eine Totenstille. Ideologie des Anarchismus, so dass in der
Türkei der Altersdurchschnitt der
Erst 1985 begann im Osten der Türkei eine
anarchistischen Bewegung relativ hoch ist.
neue, kurdische Bewegung in Form der PKK
sowie kurdischen Marxistisch-Leninistischen Heute befindet sich die Anarchistische Bewe-
Organisationen. gung in allen Ecken des Alltags, sei es in Form
von Organisationen, Autonomen, Initiativen
In Istanbul erschien die Zeitschrift „Kara“
oder Einzelpersonen. Die Anarchisten sind in
(=Schwarz) und machte erstmals den Anarchis-
Universitäten, Fabriken, Quartieren, Schulen
mus publik. Zum ersten Mal in der Geschichte
und Arbeitsplätzen und greifen die Probleme der
der Türkei wurden nicht mehr alle revolutio-
Bevölkerung auf. Auch an Orte, die der Marxis-
nären Bewegungen mit dem Etikett „anarchis-
mus nicht erreicht hatte, erstreckt sich der Anar-
tisch“ versehen, sondern der Anarchismus als
chismus hinaus. Themen wie Ökologie, Vegeta-
eine eigenständige Ideologie und Philosophie
rismus/Veganismus, Feminismus, Transgender
wahrgenommen. Die Zeitschrift kritisierte den
oder Flüchtlingspolitik, denen die Marxistische
Staat und die Rolle der Frau im Islam und Kapi-
Bewegung ferngeblieben war, finden nun ihren
talismus. Erstmals wurde das Thema von Frau-
Platz im Anarchismus. Dies beinhaltet beispiels-
enrechten konkret aufgegriffen. Die traditionelle
weise gemeinsame Aktionen oder Demos mit
hierarchische Struktur und Machtverhältnisse,
den Betroffenen.
auch in marxistischen Kreisen, wurde kritisiert.
Die Schreiber der „Kara“ übten Selbstkritik und Beispielsweise wurde vergangenes Jahr der ni-
realisierten, dass sie sich als revolutionäre Orga- gerianische Flüchtling Festus Okey auf der Poli-
nisationen gleich wie der Staat und wie staatli- zeiwache von Istanbul-Beyoglu ermordet. Dar-
che Institutionen verhalten hatten und dass sie auf starteten Anarchistische Gruppen (darunter
sich falsche Ziele gesetzt hatten. Manche Men- auch wir) eine Antirassismus-Kampagne und
schen aus marxistischen Kreisen, denen der An- besuchten in diesem Rahmen das Flüchtlingsla-
archismus bis dahin unbekannt war, fühlten sich ger, in dem Festus Okey lebte. Dort protestierten
durch den Inhalt dieser handgeschriebenen Zeit- sie gemeinsam mit den Flüchtlingen gegen den
schrift angezogen: für sie beinhaltete die „Kara“ Rassismus und die brutale Gewalt des türki-
einen grossen Funken Wahrheit. Hier waren Ge- schen Staates.
danken geschrieben, die sie selber jahrelang ge- Im März 2008 wurde die italienische Friedens-
hegt hatten, aber sich selber und ihrem Umfeld
botschafterin Pippa Bacca ermordet. Sie war per
gegenüber nicht auszusprechen gewagt hatten. Anhalter von Italien nach Israel und Palästina
Weil aber immer noch die Marxistische Traditi- unterwegs. Grund ihrer Reise war es, in Krisen-
on stark in der Gesellschaft verankert war, gebieten zu Frieden und Freiheit aufzurufen. Ein
konnte die Zeitschrift nach der 6. Ausgabe nicht Lastwagenfahrer vergewaltigte und tötete die
mehr erscheinen. Frau in der Nähe von Istanbul. Dies führte zu
Erst in den 90-ern begann die jüngere Generati- gewaltigen Protestaktionen. Anarchistische Or-
on, freier zu denken. Sie war einerseits nahe ge- ganisationen, darunter die Karakök Autonome,
nug an der linken Bewegung, um durch den re- organisierten mehrere Demonstrationen unter
volutionären Grundgedanken beeinflusst zu dem Motto „Wir sind keine Männer“. Es sollte
werden; andererseits hatte sie den nötigen Ab- signalisiert werden, dass man das türkische
stand, um sie objektiv zu beurteilen. Sie übte Männerbild ablehnte und gegen die Unter-
Kritik aus an der Unterdrückung, Macht und drückung der Frauen von Staat und Gesellschaft
Hierarchie, die in Marxistischen Organisationen protestierte.
stattgefunden hatte und ebnete so den Weg für Eine explizit feministische Bewegung begann
eine Bewegung gegen Herrschaft, Autorität und -wie gesagt- erst nach 1980. Die Frauen began-
Macht: der Anarchismus war geboren. Nun ge- nen, sich unabhängig zu organisieren und Publi-
langte auch anarchistische Literatur in die Tür- kationen zu veröffentlichen. Während früher der
kei. Die anarchistische Bewegung wuchs, zog 8. März von marxistischen Organisationen ge-
die Menschen zu sich und zeigte ihnen eine feiert wurde, wird er nun von Frauenorganisa-
tionen selber gefeiert. Es gibt heute eine Viel- Sie kann gut bis 22 Uhr andauern. Etliche
zahl von Frauenhäusern, in denen unterdrückte Organisationen, darunter Anarchisten,
oder unter häuslicher Gewalt leidende Frauen Marxisten, Feministinnen und
Zuflucht finden können. Diese Frauenhäuser Menschenrechtler, solidarisieren sich mit Emine
wurden nicht etwa vom Staat gegründet (dem Arslan und leisten ihr Beistand. Die Polizei
Staat ist die Situation der Frauen schnurzegal), wiederum beobachtet die Aktion rund um die
sondern von feministischen Organisationen. Uhr und fotografiert Besucher und Mitstreiker.
Von vielen Menschen werden nun die Produkte
Auch die Arbeiterbewegung hat einen wichtigen
der DESA Fabrik boykottiert.
Platz in der heutigen Anarchistischen Bewegung
und so sind Streiks, an denen Arbeiter und Anar- Dann gibt es die Situation der IBM-Arbeiter.
chisten Seite an Seite streiken oder demonstrie- Diese haben am 24. Oktober 2008 eine Presse-
ren, an der Tagesordnung. mitteilung herausgegeben, wo sie eine Verbesse-
rung der Arbeitsbedingungen sowie für das
Um einige Beispiele zu nennen:
Recht auf gewerkschaftliche Organisierung for-
In einer Jeansfabrik in Istanbul, wo fertige Ho- dern. Sie protestieren gegen zu lange Arbeitszei-
sen mittels dem stone-wash Verfahren aufgehellt ten, Lohnkürzungen, Konkurrenz- und Ver-
werden, erkranken immer mehr Arbeiter an Sili- kaufsstress. Um die Rechte auch der Arbeiterin-
kose, einer Lungenerkrankung aufgrund Inhala- nen und Arbeiter in dieser Branche zu verteidi-
tion von mineralischem Staub. In der Fabrik gen, wurde eine Solidaritäts-Plattform, beste-
werden gemeinsam Protestaktionen mit den Fa- hend aus verschiedenen Organisationen, gegrün-
brikarbeitern durchgefüht. det.
Auch in Istanbul sind am Hafen von Tuzla die Erstmals in der Geschichte der Türkei entstand
Fabrik- und Hafenarbeiter elenden Arbeitsbe- aus der Anarchistischen Bewegung heraus auch
dingungen ausgesetzt. Auf ihre Gesundheit wird eine radikale Bewegung gegen das unantastbare,
keinerlei Wert gelegt und immer wieder sterben heilige Militär. Früher waren viele Junge sogar
Arbeiter durch Arbeitsunfälle. Aktuell sind 103 stolz darauf, Militärdienst für das Vaterland zu
Menschen gestorben. In einer Fabrik wurden leisten. Es galt das Motto: „Ein Mann ist erst ein
zum Beispiel als Gewicht Arbeiter anstatt Sand- Mann, nachdem er den Militärdienst geleistet
säcke benutzt. Zwei Arbeiter fielen herunter und hat“. Heute verweigern ihn immer mehr aus
starben, zwölf weitere wurden verletzt. Der anti-militaristischen Gründen. Sie lehnen es ab,
Staat sorgt nicht für eine Verbesserung der Be- vom Militär für seine Ausbeutung benutzt zu
dingungen, im Gegenteil: protestierende und werden, sich am schmutzigen und brutalen
streikende Arbeiter werden immer wieder von Krieg gegen die Kurden zu beteiligen und sie
Polizei und von zivilen Faschisten angegriffen. lehnen das Militär an und für sich ab, mit all sei-
Die Anarchisten unterstützen die Arbeiter so- nen autoritären und hierarchischen Eigenschaf-
wohl an Streiks, als auch durch Protestaktionen ten.
in der Innenstadt, wo die breite Masse erreicht
Die Verweigerung läuft für gewöhnlich so ab,
wird.
dass der Verweigerer einen Anwalt, die Medien
In Düzce unterstützen Anarchistische Organisa- und den eigenen Freundeskreis benachrichtigt
tionen den Streik von 41 Fabrikarbeiterinnen und in einem gemeinsamen Treffen seine Ver-
und –arbeiter der DESA-Lederfabrik. In Istan- weigerung bekannt gibt. Er lehnt dabei nicht nur
bul wurde in einer Filiale derselben Fabrik die den Militärdienst, sondern den Staat an und für
Arbeiterin Emine Arslan entlassen, weil sie ge- sich ab. Er verkündet, nichts vom Staat zu for-
werkschaftlich organisiert war. Aus Protest hat dern und ihm umgekehrt zu nichts schuldig zu
sie die Fabrik nicht verlassen, sondern führt seit sein. Meistens wird anschliessend der Ausweis
rund zweieinhalb Monaten im Alleingang einen verbrannt oder an die Behörde zurückgeschickt.
Sitzstreik durch. Sie protestiert nicht nur gegen
Als Folge versucht das Militär jeweils, ein
die Kündigung, sondern auch gegen die Arbeits-
psychiatrisches Gutachten einzuholen, welches
bedingungen in der Fabrik: die Arbeiterinnen
die Verweigerer aber ablehnen. Durch die Medi-
und Arbeiter beginnen täglich um 08.30, doch
enpräsenz ist die Aktion dann in aller Munde,
abends ist der Arbeitszeit keine Grenze gesetzt.
entsprechend wird der Dienstverweigerer nicht
gleich verhaftet, sondern der Staat wartet, bis tärdienst zu verweigern. Als Folge darauf eröff-
die Angelegenheit nicht mehr aktuell ist und nete der Staat einen Prozess gegen die Initiative.
verhaftet ihn erst dann. Dies ist ungefähr nach 1 Die Menschen in den Gefängnissen sind nach
Jahr der Fall. wie vor schwerer Folter ausgesetzt, sogar mehr
Die Strafe der Verweigerung beinhaltet sowohl denn je. Besonders politische Gefangene wie
die Anschuldigung, das Volk dem Militär gegen- Dienstverweigerer oder kurdische Aktivisten
über kaltzustellen als auch, das Militär öffent- leider unter Folter und fehlenden Menschen-
lich erniedrigt zu haben. Die Gefängsnisstrafe rechten, da sie als Landesverräter gelten. Im
beträgt mehrere Jahre und wird im Militärge- Gebze-Gefängnis ereignete sich jüngst ein Vor-
fängnis abgegessen, wo die Verweigerer schwer fall, wo inhaftierte kurdische Frauen von männ-
gefoltert werden. lichen Inhaftierten mündlich sexuell belästigt
wurden. Nach einer Weile wurde daraus eine
Die Anti-Militär-Bewegung ist erstmalig und
körperliche Belästigung. Die Männer gelangten
einzigartig in der türkischen Geschichte. Mit der
bis zu den Zellen der Frauen, zerschlugen die
Idee einer Dienstverweigerung hat die Anarchis-
Fenster und stürmten hinein. 9 Frauen wurden
tische Bewegung eine neue Idee in der Gesell-
verletzt. Weder Gefängniswärter, noch Soldaten
schaft verankert und den Menschen Mut gege-
schritten ein. Darauf angesprochen, meinten sie,
ben. Das Aufgreifen dieses Themas hat dazu ge-
die nationalen Gefühle der Männer seien ausge-
führt, dass weite Teile der Bevölkerung den An-
brochen und man hätte dagegen nichts ausrich-
archismus nunmehr als ernstzunehmende und
ten können. Und das, obwohl wir erfahrungsge-
eigenständige Bewegung sehen und auch andere
mäss sehr wohl wissen, wie hart und gewalttätig
Organisationen von der Verweigerung beein-
Soldaten und Wärter eingreifen, wenn sie wol-
flusst wurden: so gibt es z.B. heute auch Dienst-
len.
verweigerer aus Kreisen kurdischer Befreiungs-
bewegungen. Erst vor kurzem wurde wieder ein Inhaftierter
während der Folter getötet. Er war wegen des
Die jüngste Verweigerung fand am 27. Septem-
Verbreitens einer legalen Zeitschrift verhaftet
ber um 19 Uhr statt. Der Anarchist Inan Mayis
worden.
Aru hat sich mit rund 30 Personen am Grab von
Scheich Bedreddin in Istanbul versammelt. Schwerwiegend ist auch die nicht-körperliche
Folter, die angewandt wird, z.B. disziplinare
Zur Info: Scheich Bedreddin war ein Gelehrter
Strafen, psychische Folter oder Isolationhaft.
und Philosoph, der um 1400 im damaligen Os-
Auch PKK-Führer Abdullah Öcalan befindet
manischen Reich lebte. Mit seinen revolutio-
sich seit 9 Jahren in Isolationshaft. Von seinen
nären Ideen gilt er als Frühkommunist und war
Anwälten wurde neulich bekanntgegeben, dass
Anführer mehrerer Volksaufstände. 1420 wurde
schwere körperliche Angriffe an ihm verübt
er deswegen von islamischen Geistlichen als
werden.
Ketzer verurteilt und erhängt.
Während die Marxistischen Organisationen die
Dort hat er seine Verweigerungserklärung vor-
Anarchisten zuvor als kontrarevolutionär begrif-
gelesen, in welcher er verkündete, unter keinen
fen, haben sie mittlerweile erkannt, dass die an-
Umständen in die Armee einzurücken. Eine Ko-
archistischen Kämpfe als revolutionäre Kämp-
pie der Erklärung legte er mit einem Blumen-
fen gegen die Staatsmacht und gegen die Fa-
strauss aufs Grab. Die Medien hat er bewusst
schisten stattfinden. Gemeinsam geht man in die
nicht benachrichtigt, da er sie als einen Teil des
Fabriken oder leistet Widerstand gegen zivile
Militarismus und der Lügen versteht, die er ab-
Faschisten, die z.B. die Schulen stürmen. Auch
lehnt. Stattdessen gab er an: „Ich glaube an die
am 1. Mai reihen sich die Anarchisten zahlreich
Kraft unserer eigenen Medien, unserer Informa-
in die Reihen der Demonstrierenden. Gemein-
tionsnetzwerke, Untergrundmagazine und –radi-
sam mit allen revolutionären Organisationen
os.“
werden Aktionsbündnisse gegründet. Die Parole
Auch in der osttürkischen Stadt Van wurde eine „Es lebe die revolutionäre Vereinigung“ wurde
anarchistische „Anti-Militär Initiative“ gegrün- zu einem wichtigen Schlagwort an allen Demos.
det. Am 21. Juli verlas sie eine Pressemitteilung.
Eine Verbündung ist immer wichtiger, um der
In dieser rief sie die Bevölkerung auf, den Mili-
Macht des Staates eine Kraft entgegenzusetzen. archisten an einem IFA-Kongress teil (IFA = In-
Daher befinden wir uns in enger Zusammenar- ternationale der Anarchistischen Föderationen).
beit mit den Anarchistischen Bewegungen ande- Der diesjährige Kongress der IFA fand vom 4.
rer Länder. Die Grenzen des anarchistischen bis 6. Juli im italienischen Carrara statt, wo die
Kampfes wurden geöffnet und beschränken sich IFA vor 40 Jahren gegründet wurde. Anarchis-
heute nicht nur auf die Türkei. Innerhalb der tinnen und Anarchisten aus 32 verschiedenen
Türkei sind wir dabei, ein Bündnis aus allen tür- Ländern berichteten über den Widerstand und
kischen anarchistischen Organisationen zu grün- die Ausrichtung im jeweils eigenen Land. Da
den: bis jetzt sind wir drei Organisationen, die Carrara eine bedeutende Stadt in der Geschichte
eng zusammenarbeiten: Karakök Autonome, der Anarchistischen Kämpfe ist, sind wir von
Otonom A und die AKA (Anarchistisches Kol- der Bevölkerung mit offenen Armen empfangen
lektiv Ankara). Weitere Gruppen diskutieren ak- worden und haben uns wie zuhause gefühlt:
tuell eine Beteiligung an einer gesamttürkischen überall in der Stadt flatterten anarchistische und
Föderation. Auch ausserhalb des Landes ist die anarchosyndikalistische Flaggen im Wind. Am
Gründung von Föderationen in Bearbeitung, Kongress nahmen 4 Delegierte der Karakök Au-
z.B. im Balkan oder in Griechenland. Immer tonome aus der Türkei und der Schweiz teil. Wir
wieder kommen Aktivisten anderer Länder in informierten über die Geschichte des Anarchis-
die Türkei oder umgekehrt. Letztes Jahr kam mus in der Türkei sowie über die aktuelle Situa-
beispielsweise die PGA (People’s Global Acti- tion der anarchistischen Kämpfe. Für das kom-
on), der Wegbereiter der ersten Anti-Globalisie- mende Jahr haben wir alle anwesenden Organi-
rungswelle in Seattle, als Karakök-Gast in die sationen zu einem Treffen in Istanbul eingela-
Türkei. den.
Erstmals nahmen dieses Jahr auch türkische An-
Karakök Autonome (http://www.karakok.org/)
Libertäre Aktion Winterthur
Die Libertäre Aktion Winterthur ist eine der „dienstältesten“ anarchistischen Organisationen in der
Deutschschweiz. Dies ist allerdings weniger ihrer Standhaftigkeit zu verdanken als der Tatsache,
dass libertäre Strukturen in diesem Teil des Landes im Allgemeinen eine ziemlich kurze
Halbwertszeit haben. Dies ist dann auch eines der Hauptprobleme, zu dem eine längerfristige
anarchistische Strategie in diesem Land Lösungsansätze bieten muss.

Die Geschichte der LAW kann als ein diesbe- Schweiz anziehen konnte. Damit wuchsen aber
züglicher Versuch gesehen werden. Seinen An- auch unsere eigenen Anforderungen an den
fang nahm er vor gut sechs Jahren. Zu dieser „Event“: Aus dem beschaulichen Anlass wurde
Zeit existierte im ehemaligen Industriezentrum zuerst eine zwei Wochen dauernde Mega-
(Sulzer, Rieter) im Nordosten der Schweiz eine Veranstaltungsreihe, dann, wieder gekürzt, mit
relativ grosse linksradikale Bewegung, die aus einer Buchmesse ergänzt, und schliesslich 2009,
den Antikriegs-Mobilisierungen 2003 hervorge- an unserer eigenen Kapazitätsgrenze, auf ein
gangen ist. Die LAW war also ein typisches Pro- prallvolles Wochenende gestaucht.
dukt der autonomen Subkultur, deren enge Je länger je mehr wurde uns rund zehn Aktivis-
Grenzen, aber auch deren weitverbreitete tinnen und Aktivisten bewusst, dass die LAW
„Theorielosigkeit“ sie allerdings von Anfang an damit zu einem eigentlichen anarchistischen
nicht akzeptieren wollte: Mit den Anarchieta- Dienstleistungsbetrieb verkam. Einerseits woll-
gen, die im Februar 2005 zum ersten Mal statt- ten wir uns wieder Ressourcen jenseits der An-
gefunden haben, sollten nicht nur ein paar theo- archietage und unserer damals betriebenen klei-
retische Pflöcke in der Bewegung eingeschlagen nen Bibliothek „Blackbox“ offenhalten, ander-
werden, sondern auch Brücken zu Menschen ge- seits strebten wir auch eine stärkere theoretische
schlagen werden, die sich für libertäre Ideen, und gesellschaftsanalytische innerhalb der Orga-
doch nicht für den Aktionismus der „Szene“ er- nisation an. Zudem schrumpfte die organisierte
wärmen konnten. Parallel zu diesem ersten gros- libertäre Bewegung in der Deutschschweiz nach
sen Projekt, das auf relativ grosses Interesse dem sang- und klanglosen Abgang der FAUCH
stiess, arbeitete die Gruppe ein erstes Selbstver- ganz gewaltig zusammen, und auch in Winter-
ständnis aus: Ein libertäres Netzwerk sollte die thur war der aktionistische Geist allmählich ver-
LAW sein, das „Menschen mit verschiedensten schwunden.
antiautoritären und anti-staatlichen Ansätzen zu Heute bildet die LAW im Prinzip ein Zweckzu-
erreichen“ suchte. Daneben streckte sie die Füh- sammenschluss mit dem Ziel, anarchistisch-
ler auch zum ersten Mal über die Stadt hinaus, kommunistische Ideen und Strategien zu ver-
und wurde kurzfristig Teil der Freien ArbeiterIn- breiten. Die Propagandamittel sind dabei sehr
nen-Union Schweiz (FAUCH), die jedoch auch unterschiedlich, und wir passen sie jeweils unse-
ausserhalb von Winterthur mitnichten nur Syn- ren Fähigkeiten und Motivationen an. Veranstal-
dikalistinnen und Syndikalisten vereinigte. tungen, Vortrags-Rundreisen, Flugblätter, Inter-
netblogs, Zeitungen, Radiosendungen und De-
Die Anarchietage waren für die ersten Jahre der monstrationen haben sich bei uns mittlerweile
LAW stilbildend: Vorträge, Lesungen, Filma- etabliert.
bende und Diskussionsrunden zu libertärer Viele von uns sind zudem in weiteren Zusam-
Theorie und Praxis machten den Haupt teil der menhängen aktiv. So organisieren wir uns je
Aktivitäten aus. Doch wandelten sich die The- nach sozialer Lage oder nach Interesse bei der
matiken und auch das Publikum. Während zu Arbeit, an der Uni, in Flüchtlingsbewegungen,
Beginn vorwiegend Szenegängerinnen und im Kulturbereich, in Gendergruppen oder auch
-gänger unsere Veranstaltungen besuchten, öff- im Häuserkampf. Die LAW bildet dabei eine
nete sich das Spektrum zunehmend. Die Anar- hilfreiche Basis, um die gemachten Erfahrungen
chietage wandelten sich von einem lokalen An- zu diskutieren und libertäre Positionen und Stra-
lass zu einem internationalen libertären Treffen, tegien zu erarbeiten. Unser Anspruch ist also
das schon mal über 100 Besucherinnen und Be- eine stets flexible aber auch über die Zeit kon-
sucher aus Deutschland, Österreich und der stante Organisation, die aber auch durchaus in
der Lage ist, in Form von Kampagnen und pierungen besucht wird. Ein engeres Verhältnis
Solidaritätsaktionen auch selbst zu besteht schliesslich auch zur Organisation So-
intervenieren. Dies ist zwar mit einem grossen cialiste Libertaire (OSL) in der Westschweiz
organisatorischen und disziplinarischen Effort und zu verschiedenen libertären Aktivistinnen
verbunden, doch im Endeffekt überwiegen für und Aktivisten im Tessin.
uns die Vorteile.
Um den Austausch über die Landesgrenzen hin-
Um unsere Ziele zu erreichen, steht die LAW aus zu gewährleisten, ist die LAW zudem seit
mit diversen Organisationen in Kontakt. Wäh- kurzer Zeit Mitglied von Anarkismo, einem in-
rend unser Fokus in der Region besonders auf terkontinentalen anarchokommunistischen Zu-
der Propagierung einer antikapitalistischen Per- sammenschluss rund um die gleichnamige Web-
spektive liegt und wir dafür auch öfters mit site (www.anarkismo.netwww.anarkismo.net).
nicht-libertären Gruppen und Personen zusam- Einen Schritt darüber hinausgehend, sind die eu-
menarbeiten, ist unser Ziel für die Deutsch- ropäischen Organisationen von Anarkismo im
schweiz vorrangig der Austausch und die Ver- Moment daran, sich in Form von Kongressen
netzung von Anarchistinnen und Anarchisten. und gemeinsamen Kampagnen auch ausserhalb
Zu diesem Zweck findet ein halbjährliches Tref- des Internets zu koordinieren.
fen statt, das von den meisten libertären Grup-

Libertäre Aktion Winterthur


c/o Verein für libertäre Kultur
Postfach 286
CH-8406 Winterthur

law@arachnia.ch
http://www.libertaere-aktion.ch
FAU – mehr als nur eine Gewerkschaft!
Eher unsexy klingt das Wort Gewerkschaftsarbeit in den Ohren vieler selbsternannter radikaler
Linker, ob es sich nun um Autonome, Antifas, Kommunisten_innen oder um Anarchist_innen han-
delt. Kein Wunder, ist mit dem Begriff Gewerkschaft hierzulande statt revolutionärer Innovation
doch eher der Staub der Systemimmanenz und die innerhalb großer Apparate so häufig geforderte
Kaderdiziplin assoziiert. Nichts also, was Libertäre für gewöhnlich hinter dem Ofen hervorlockt.
Dennoch ist die Freie Arbeiterinnen und Arbeiter Union (FAU) als bundesweit mitgliederstärkster
Zusammenschluss libertär denkender Menschen aus der anarchistischen und antikapitalistischen
Bewegung der BRD derzeit kaum wegzudenken. Dabei ist die FAU eher als Interessens -, denn als
Ideengemeinschaft einzuordnen. Nicht die „Reinheit“ der anarchistischen Lehre, sondern das ge-
meinsame Interesse zur Verbesserung der sozialen Lebensbedingung ist das Verbindende innerhalb
des facettenreichen Spektrums an Personen, die sich in dieser Gewerkschaft wiederfinden. Seit über
30 Jahren verleihen die Aktivisten_innen der FAU nunmehr Ihrem Verständnis von gewerkschaftli-
cher Arbeit sowohl theoretischen als auch praktischen Ausdruck. Dabei beziehen sie sich, wie be-
reits ihre Vorgängerorganisation, die FAUD (Freie Arbeiter Union Deutschland) auf die Ideen des
Anarcho Syndikalismus.

Die Utopie selbstständig Beschäftige, Erwerbslose,


Rentner_innen und alle, die vom eigenen oder
Ausgehend von der Überzeugung, dass der öko- dem Lohn anderer abhängen.
nomische Bereich in allen Gesellschaften immer Die einzelnen Gewerkschaften der FAU orien-
eine zentrale Rolle eingenommen hat, aktuell tieren sich an den Bedürfnissen Ihrer Mitglieder
einnimmt und auch in Zukunft einnehmen wird, und den Gegebenheiten vor Ort. Sie setzten
stellt die FAU diesen in das Zentrum ihres sozi- dementsprechend ihre Arbeitsschwerpunkte. In-
alpolitischen Ansatzes. haltlich bindend für alle FAU Gewerkschaften
Langfristig verfolgt die FAU die klassischen sind gemeinsam verabschiedete Prinzipien, auf
Ziele des Anarcho Syndikalismus, den sie trotz deren Grundlage die konkrete Ausgestaltung der
der Konzentration auf die ökonomischen Ver- einzelnen Aktivitäten stattfindet.
hältnisse als gesamtgesellschaftliche Perspekti-
ve zum Kapitalismus betrachtet. Hierzu gehören Bereits im Hier und Jetzt sollen zumindest orga-
die Vergesellschaftung von Besitz und Produkti- nisationsintern die Ideen herrschaftsfreier Ent-
onsmitteln jenseits staatlicher und privater Or- scheidungsstrukturen verwirklicht werden. Da-
ganisationsstrukturen, sowie der kollektive und bei wird bewusst auf Führungsgremien und
herrschaftsfreie Aufbau einer Gesellschaft, die hauptamtliche Funktionäre verzichtet. Quasi als
den Kapitalismus erfolgreich überwunden hat. Schule auf dem Weg in eine andere Gesell-
Weit entfernt davon, diese Utopie zu erreichen, schaft, arbeitet die FAU bei überregionalen Ent-
bewegt sich die FAU im Spannungsfeld der scheidungen nach dem Delegiertenprinzip. Da-
Notwendigkeit aktueller Tageskämpfe und dem bei fungieren die Delegierten als Sprachrohr der
Willen, Herrschaftsverhältnisse wie Kapitalis- Basis, sind an deren Aufträge gebunden und je-
mus, Patriarchat und Rassismus abzuschaffen. derzeit abwählbar. Vermutlich ist es unter ande-
rem der Bemühung um Transparenz in Entschei-
Der lange Weg von der Realität zur Utopie dungen und Handlungen zu verdanken, dass die
FAU im Verhältnis zu anderen libertären und
Nicht nur die beschriebene Utopie unterscheidet linksradikalen Gruppen eine vergleichsweise
das Selbstverständnis der FAU von dem anderer lange Kontinuität aufweisen kann.
Gewerkschaften. So betrachtet sich die FAU
zum Beispiel nicht als Dienstleistungsbetrieb Der Schulgedanke bleibt nicht beim Organisati-
für, sondern als Selbstorganisation von Lohnab- onstechnischen stehen. Er erstreckt sich auch
hängigen. Der Begriff der Lohnabhängigen um- auf die Frage, welche Fähigkeiten in den aktuel-
fasst hierbei sowohl Angestellte und len Tageskämpfen notwendig sind und welche
Arbeiter_innen, als auch auch sogenannte Kompetenzen in einer auf Selbstverwaltung
gründenden Gesellschaft notwendig sein Fauistas oder ganze FAU Gruppen in den unter-
könnten. schiedlichsten sozialen Bewegungen und Bünd-
Dabei folgen Fauistas der Überzeugung, dass in nissen, die einen Hauch von emanzipativem An-
selbstorganisierten tagespolitischen Kämpfen satz erkennen lassen verankert. Ob Bündnisse
die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen anlässlich der aktuellen Wirtschaftskrise,
gewonnen werden, um in einer Phase gesell- Stuttgart 21, Anti Atomkraft Bewegung,
schaftlicher Umbrüche die Chance auf Selbst- Antifaschismus, Agenturschlussaktionen
verwaltung, also die Organisation von Produkti- anlässlich der Einführung der Agenda 2010,
on, Konsumption und Gemeindewesen wahrzu- Häuserkampf oder Aktionen gegen verbohrten
nehmen. Religionsfundamentalismus - Mitglieder der
FAU finden sich in diesen und anderen
Mehr als nur Gewerkschaft! Bewegungen. Dabei profitiert die FAU vom
Austausch. Neue Ideen und Ansätze finden,
Der Gewerkschaftsbegriff der FAU umfasst ei- eingebracht über einzelne Personen und
nerseits die klassischen Betätigungsfelder von Gruppen, ihren Niederschlag in der inhaltlichen
Gewerkschaften. So ist es das erklärte Ziel der und strategischen Ausrichtung der FAU.
FAU, die Bedingungen unter denen sich Men-
schen in der Lohnarbeit verkaufen, solange die- Deutschland ist keine Insel
se existiert, zu verbessern.
Die Palette der Aktivitäten in diesem Feld reicht Der antinationale Ansatz der FAU spiegelt sich
von arbeitsrechtlicher Beratung, über Vertretung in einer nationalstaaatlich aufgeteilten Welt in
bei Arbeitsgerichtsprozessen, Solidaritätsaktio- erster Linie in der solidarischen Zusammenar-
nen für sich im Arbeitskampf befindliche Ge- beit mit den anarchosyndikalistischen Schwes-
nossen_innen, direkte Aktionen, die den Forde- terorganisation, die innerhalb der Internationa-
rungen von Mitgliedern Nachdruck verleihen len Arbeiter Assoziation (IAA) vernetzt sind,
bis hin zu Tarifverhandlungen und Kampagnen- wieder. Die FAU bildet die deutsche Sektion der
arbeit. IAA. Über die IAA hinaus existieren weitere
Zentrale Themen in diesem und im letzten Jahr Basisgewerkschaften, zu denen die FAU Kon-
stellen unter anderem die bundesweite Kampa- takt pflegt. Zahlreiche Solidaritätsaktionen vor
gne zur Abschaffung der Leiharbeit, der Arbeits- Betrieben in Deutschland, die in anderen Län-
kampf der Beschäftigten im Berliner Kino Ba- dern von Basisgewerkschaften bestreikt wurden
bylon, sowie die Kampagne „Finger weg von oder Protestdemonstrationen vor Konsulaten auf
Streikrecht! – Gewerkschaftsfreiheit statt Ar- Grund repressiver Handlungen gegenüber Ge-
beitsfront!“ anlässlich der gemeinsamen Geset- onssen_innen, legen praktisches Zeugnis der in-
zesinitiative vom Bund Deutscher Arbeitgeber ternationalen Zusammenarbeit ab.
und dem DGB dar.
Um eine Basis im Betrieb zu schaffen verfolgt Als der FAU Berlin vor ca. einem Jahr in Folge
die FAU das Konzept von Betriebsgruppen, in eines Arbeitskampfes bei Strafe gerichtlich ver-
denen die Mitglieder analog zu den Organisati- boten werden sollte, sich selber als Gewerk-
onsprinzipien der FAU selber über ihr Tun ent- schaft zu bezeichnen, war die internationale Re-
scheiden. Obwohl die Idee der Betriebsgruppen sonanz an Solidarität überwältigend. Aus über
als Gegenstück zum korporatistischen Ansatz 35 Ländern drückten Gewerkschaften ihre Soli-
des Betriebsrätemodells zu betrachten ist, nut- darität mit der FAU Berlin aus. Von Israel über
zen einzelne FAUistas in Ermangelung anderer Pakistan, Polen bis hin nach Argentinien erhielt
Möglichkeiten auch dieses Gremium, um ihre die FAU Solidaritätsbekundungen, in über 20
Vorstellung von basisdemokratischen Entschei- Ländern wurden Aktion zur Unterstützung der
dungsstrukturen, Arbeitskampf und Ähnlichem FAU Berlin vor deutschen Botschaften abgehal-
im Betrieb zu verbreiten und an Einfluss zu ge- ten. Die FAU kam so in den Genuss, zu erfah-
winnen. ren, dass Solidarität keine Einbahnstraße ist.

Über die klassischen gewerkschaftlichen Betäti- Die FAU in den Medien


gungsfelder hinaus sind andererseits einzelne
Da die FAU es bedauerlicher Weise gewohnt ist, Die Zeitung der FAU, „DA“ (Direkte Aktion),
in den Medien zu selten mit ihren Aktivitäten erscheint alle 2 Monate. Darüber hinaus kann
Erwähnung zu finden, unterhält sie eigene Pres- mensch sich auf der Webseite www.fau.org über
seorgane. aktuelle Entwicklungen und Aktivitäten infor-
miern.
Dörthe Stein (FAU Frankfurt)
Frankfurt, 14.12.2010
Kontakt
Die Kontaktmöglichkeiten zu den FAU Gewerkschaften in den einzelnen Städten sind ebenfalls auf
www.fau.org unter dem Link „Vor Ort“ zu finden.
Anarchistische Buchmessen 2011
1. Anarchistische Buchmesse Mannheim 9./10. April 2011

http://buchmessemannheim.blogsport.de/ Rhein-Neckar-Region) ein vielseitiges anarchis-


tisches kulturelles Leben aufzubauen.
Unserer Überzeugung nach ist der Anarchismus Das libertäre Literaturangebot umfasst heute
die vielversprechendste Alternative zum gegen- nicht nur die „Klassiker“. Gerade die kleineren
wärtigen kapitalistisch-parlamentarischen Ge- Verlage tragen zu einer großen Bandbreite an
sellschaftssystem, da sich der Staatskommunis- Autor_innen und Themen bei.
mus bzw. -sozialismus auch nicht als erstrebens- Veranstaltungsort:
wert erwiesen hat. Jugendkulturzentrum FORUM
Neckarpromenade 46
Die Buchmesse soll dazu beitragen, (auch in der 68167 Mannheim

2. Anarchistische Buchmesse in Biel/Bienne (CH)

Farelsaal, Oberer Quai 12 in Biel-Bienne decken zu können, werden wir pro belegten
Tisch eine Standgebühr in der Höhe von 20
Samstag 4. und Sonntag 5. Juni 2011 (Am 3. Franken erheben, die am ersten Ausstellungstag
Juni finden bereits Veranstaltungen statt.) eingezogen werden wird. Sie soll dich aber
keineswegs davon abhalten, an der Buchmesse
Liebe Leute, teilzunehmen! Falls du dir den Betrag nicht
leisten kannst, melde dich doch bitte bei uns.
nach einer kurzen Verschnaufpause haben wir
uns wieder voller Elan an die Planung der Wenn du eine Lesung oder ein Referat mit anar-
nächsten anarchistischen Buchmesse in Biel/Bi- chistischem Inhalt halten, ein Workshop anbie-
enne gemacht. Sie wird 2011 am Wochenende ten oder gar ein Theaterstück aufführen willst,
vom 3. bis 5. Juni stattfinden. MusikerIn mit libertärem Geist bist, thematisch
passende Bilder, Skulpturen oder Installationen
Als Betreuerin eines anarchistischen Verlages ausstellen möchtest bieten wir dir an der Buch-
oder Vertriebes, als AutorIn oder als Mitglied ei- messe gerne eine Plattform. Da unser Budget
ner libertären Organisation hast du die Möglich- sehr beschränkt ist, können wir allerdings keine
keit, deine Bücher, Broschüren, Pamphlete, Gagen, und Spesen nur in Ausnahmefällen be-
Zeitschriften, CDs, Bekleidung an der Buch- zahlen. Eine Übernachtungsmöglichkeit können
messe auszustellen. Grundsätzlich schätzen wir wir dir aber in jedem Fall zur Verfügung stellen.
es, wenn du persönlich am Anlass anwesend Um uns die Arbeit zu erleichtern, bitten wir
bist, es gibt aber auch die Möglichkeit, uns Gra- dich, zur Anmeldung das entsprechende Formu-
tismaterial zu senden, damit wir dieses auflegen lar auf unserer Website zu benützen. Damit dei-
können. Wir bitten dich in diesem Fall, uns für ne Veranstaltung beim potentiellen Publikum
genauere Informationen via E-Mail zu kontak- auch gebührende Aufmerksamkeit erregt, ist es
tieren. von Vorteil, wenn du dich möglichst frühzeitig
bei uns meldest.
Tische und Stühle stellen wir selbstverständlich
ebenso wie eine Übernachtungsmöglichkeit zur Wir freuen uns auf dein Kommen!
Verfügung. Um uns die Planung zu erleichtern,
sind wir froh, wenn du bereits bei deiner Anmel- Mit bibliophilen Grüssen,
dung angibst, wie viele Tische du ungefähr be- die Vorbereitungsgruppe der anarchistischen
nötigst und wie viele Personen mit dir anreisen Buchmesse Biel/Bienne 2011
werden. Ein Tisch misst ca. 1,6 x 0,8 m. Um die
anfallenden Kosten (Raummiete, Werbung etc.) http://www.buechermesse.ch
Termine:
Berlin: Sex Works (Podiumsdiskussion)
Am Fr, 14. Januar um 19.00 Uhr | Ort: (Neues) FAU-Lokal, Lottumstr. 11 (nahe U2 Rosa-
Luxemburg-Platz) Eintritt frei.

Eine Diskussionsveranstaltung über Armut und Prostitution, Sexarbeit als Lohnarbeit, Zwangs-,
Macht- und Arbeitsverhältnisse in der Prostitution, Selbstorganisation und Betroffenenhilfe…

Es diskutieren:

* Simone Kellerhoff (Hydra – Treffpunkt und Beratung für Prostituierte)

* Ralf Rötten (Querstrich – Projekt von und für Callboys)

* Nivedita Prasad (Ban Ying – Beratungs- und Koordinationsstelle gegen Menschenhandel)

Moderation: Holger Marcks

Release der neuen DA (Ausgabe 203) mit Themenschwerpunkt Sexarbeit.

Seit sich in den 1960er/70er Jahren eine Prostituiertenbewegung formierte, verwiesen deren
AktivistInnen immer wieder auf die allgemeine soziale Ungerechtigkeit und die Ausbeutung durch
Lohnarbeit, in deren Kontext sie ihre Sexarbeit einordneten. Gesetze gegen Prostitution galten ihnen
als Verordnungen zur „Bestrafung von Frauen, die sich gegen ihre Armut wehren“, wie es etwa eine
britische Prostituiertenorganisation formulierte. In Konsequenz forderten Prostituierte weltweit die
„Ächtung der Armut und nicht der Prostitution“.

Auch wenn die streikenden Prostituierten in London 1972 richtigerweise proklamierten: „Jede
Arbeit ist Prostitution“, so ist nicht von der Hand zu weisen, dass es sich bei Sexarbeit um ein sehr
spezielles Arbeitsverhältnis handelt. Dazu zählt die weit verbreitete Einwirkung sexistischer und
rassistischer Stereotype ebenso wie die Tatsache, dass in der Prostitution häufig die
Machtverhältnisse zwischen Männern und Frauen verschärft auf den Punkt gebracht werden. Ihren
krassesten Ausdruck nimmt dabei Prostitution in Form von Zwangsprostitution und
Menschenhandel an, die in Zeiten der Globalisierung eine deutliche Zunahme erfahren haben.
Prostitution kennt aber auch viele Gesichter, inklusive der männlichen Sexarbeit. Darauf verweisen
viele Prostituiertenorganisationen, die für eine Entstigmatisierung und die gesellschaftliche
Anerkennung ihrer Arbeit eintreten. Denn nach wie vor müssen Prostituierte härter als viele andere
für ihre Rechte als Lohnabhängige kämpfen.

Nicht nur in Deutschland, wo es über 400.000 Prostituierte gibt, ist eine Zunahme der Prostitution
festzustellen. Allein in Frankreich sollen mittlerweile 40.000 Studierende die Finanzierung ihres
Studiums durch Sexarbeit sicherstellen. Zunehmend finden sich Beiträge in den Medien, die
Prostitution vor dem Hintergrund einer prekären Arbeitswelt behandeln. Dies führt uns wieder
zurück zu der frühen Prostituiertenbewegung. Deren Einordnung der Prostitution als Teil einer
(globalen) Armutsökonomie scheint nichts an Aktualität eingebüßt zu haben.

Weitere Informationen: http://www.fau.org/berlin

Organisiert von: Direkte Aktion | siehe http://www.direkteaktion.org


Hannover: Workshop „Autonomie braucht Energie“
Sa. & So., 15. & 16. Januar in der UJZ Korn, Kornstr. 28-30

Über libertäre Perspektiven einer zukünftigen Energieversorgung. Anmeldung unter:


hannoverinfo(a)fau.org

Landau: Politik & Feierei: Zeitzeugen-Vortrag & Ska-Party


Wann: 28.01.2011 19:00 Uhr | Wo: Unikneipe Fatal, Im Fort 7, 76829 Landau, Rheinland-Pfalz

präsentiert von der antifa ld und RASH Landau


Wie immer im fatal, Landau -> myspace.com/unikneipe

Lippe: Anarchie! – Die Utopie für Morgen!?


Am Fr, 4. Februar um 19.30 Uhr | Ort: alte Pauline, Bielefelder Str. 3, 32756 Detmold (nähe
Bahnhof) Eintritt: Frei

Viele Menschen, die sich in Zeiten von sozialer Ungerechtigkeit, kapitalistischen Krisen,
Umweltzerstörung, Rassismus und dem wachsendem autoritären Staat auf die Suche nach
alternativen Gesellschaftsformen machen, stoßen früher oder später auf die Utopie des
Anarchismus. Dr. Bernd Drücke (Koordinationsredakteur der „graswurzelrevolution“) wird die
libertäre Gesellschaftsform am Freitag den 04. Februar 2011 im Kulturzentrum „alte Pauline“ in
Detmold, im Rahmen des „Bambule Cafe’s“, um 19.30 Uhr vorstellen und im Anschluss gibt es die
Möglichkeit zur Diskussion.

Nach der Veranstaltung spielen „Ari & Rott„

Weitere Informationen: http://www.anarchie-in-lippe.tk

Organisiert von: [lnl] und alte Pauline | siehe http://www.alte-pauline.org


Forum deutschsprachiger AnarchistInnen (FdA-IFA)
Wer Wir Sind & Was Wir Wollen:
1. Unser Ziel ist eine herrschaftsfreie Gesellschaft ohne Grenzen, Klassen und Staaten auf
Grundlage der freien Vereinbarung, der gegenseitigen Hilfe und des anarchistischen
Föderalismus, der durch gebundene Mandate seitens der Basis gekennzeichnet ist.

Da wir jede Herrschaft über und Ausbeutung von Menschen ablehnen, setzen wir uns ein für
die Abschaffung aller Formen von Herrschaft und Ausbeutung in kultureller, politischer,
sexueller, sozialer, wirtschaftlicher oder sonstiger Hinsicht.

2. Das FdA will auf allen Gebieten des gesellschaftlichen Lebens an die föderalistischen Ideen
anknüpfen und sie den Erfordernissen der heutigen Zeit anpassen. Im anarchistischen
Föderalismus sehen wir die Grundlage einer wirklichen und dauerhaften Selbstbestimmung,
die allein die Gewähr für Freiheit, Gleichheit und Solidarität gibt.

Wir streben keine Übernahme, sondern die Abschaffung der politischen Herrschaft an.

3. Erst Gemeinschaften ermöglichen die gegenseitige Hilfe und bilden die Grundlage, auf der
eine anarchistische Gesellschaft wachsen kann. Informelle, unverbindliche
Zufallsbegegnungen sind für diese Gemeinschaften nicht ausreichend. Deshalb organisieren
wir uns, um Solidarität zu leben, Mut zum Handeln zu geben und die Wirksamkeit unseres
Handelns zu steigern.
Das FdA hat das Ziel, den Aufbau einer deutschsprachigen anarchistischen Föderation
voranzutreiben.

Kontakte:

FdA-IFA: http://www.fda-ifa.org/

IFA: http://www.iaf-ifa.org/

Anarchistische Föderation Berlin: http://afb.blogsport.de/

Anarchistische Gruppe Mannheim: http://www.anarchie-mannheim.de.vu/

Karakök Autonome (TR/CH): http://www.karakok.org/

Libertäres Bündnis Ludwigsburg: http://lbquadrat.de.vu//

Antinationale Offensive Saarbrücken: http://www.antinationale.org/

Libertäre Aktion Winterthur: http://www.law.ch.vu/

Libertäre Initiative Schleswig Holstein: sortesindet@marsmail.de

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