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Der Geist gibt den Glauben weiter


Ansprache bei der Generalaudienz am 26. September 1990
1. Der Apostel Johannes betont in seinem Evangelium — noch stärker als
die Synoptiker — die personale Beziehung des Sohnes zum Vater, wie dies
bereits im Prolog deutlich wird, wo der Evangelist sich auf die ewige
Wirklichkeit des Vaters und des Sohnes, des Wortes, konzentriert. Er
beginnt mit den Worten: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei
Gott, und das Wort war Gott. Im Anfang war es bei Gott" (Joh 1,1-2). Dann
sagt er am Schluß: „Niemand hat Gott je gesehen. Der Einzige, der Gott ist
und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht" (Joh 1,18). Es ist
eine ganze neue Aussage in der Geschichte des menschlichen Nachdenkens
über Gott und in der Offenbarung selbst. Nie wird man die Tiefe und
Deutung des Inhaltsreichtums ausschöpfen können, den sie der Theologie
bietet. Auch die Katechese wird immer darauf Bezug nehmen, nicht nur
auf christologischer, sondern auch auf pneumatologischer Ebene.
Denn gerade die Einheit des Sohnes mit dem Vater, hervorgehoben auch an
anderen Stellen des Johannesevangeliums scheint den Aposteln den Weg
der Offenbarung des Heiligen Geistes als Person zu öffnen.
2. Bezeichnenderweise finden sich die Worte Christi, die dieses Thema
direkt behandeln, in der sogenannten Abschiedsrede im Abendmahlssaal
und damit im Ausblick auf das bevorstehende Fortgehen des Sohnes, der
zum Vater aufsteigt durch den Kreuzestod und die Himmelfahrt. Damals
sagte Jesus: „Und ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen
anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll. Es ist der
Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht
sieht und nicht kennt" (Joh 14,16-17). Tröster — Beistand: Dieser Name,
den Jesus dem Heiligen Geist gab, zeigt, daß er eine Person ist,
verschieden vom Vater und vom Sohn. Das griechische Wort „Paráklätos"
wird immer auf eine Person angewandt, denn es bedeutet „Anwalt",
„Verteidiger" oder auch „Tröster". Nur eine Person kann diese Aufgaben
wahrnehmen. Andererseits, indem er sagt: „einen anderen Beistand", gibt
Jesus zu verstehen, daß während seines Erdenlebens er selbst der erste
„Beistand" der Jünger war. Er bestätigt es dann klarer in seinem
hohepriesterlichen Gebet, wo er zum Vater sagt: „Solange ich bei ihnen
war, bewahrte ich sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast. Und ich
habe sie behütet" (Joh 17,12). Nach dem Weggang Jesu tritt der Heilige
Geist an seine Stelle bei den Jüngern in der Welt, um sie zu verteidigen in
den Auseinandersetzungen, denen sie begegnen, und um ihnen Mut zu
machen in den Bedrängnissen.
3. In der Abschiedsrede wird der Paraklet mehrmals Geist der Wahrheit
genannt (vgl. Joh 14,17). Mit dieser Bezeichnung ist die Sendung
verbunden, die ihm in bezug auf die Apostel und die Kirche anvertraut ist:
„Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen
senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich
euch gesagt habe" (Joh 14,26). „Lehren", „erinnern": Diese Tätigkeiten
zeigen, daß der Geist eine Person ist; nur eine Person kann sie ausführen.
Die von Christus den Aposteln und der Kirche übertragene Aufgabe, die
Wahrheit zu verkünden, ist und wird immer an die personale Tätigkeit des
Geistes der Wahrheit gebunden sein.
Dieselbe Feststellung gilt für das „Zeugnis", das für Christus vor der Welt
gegeben werden muß. „Wenn aber der Beistand kommt, den ich euch vom
Vater aus senden werde ... wird er Zeugnis für mich ablegen" (Joh 15,26).
Nur eine Person kann Zeugnis für eine andere ablegen. Die Apostel müssen
Zeugnis für Christus geben. Ihr Zeugnis als menschliche Personen wird
durch das Zeugnis einer göttlichen Person, des Heiligen Geistes,
unterstützt und bekräftigt.
4. Deshalb ist der Heilige Geist auch der unsichtbare Meister, der von
Generation zu Generation dieselbe Lehre Christi, sein Evangelium,
weitergibt. „Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch
in die ganze Wahrheit führen. Denn er wird nicht aus sich selbst heraus
reden, sondern er wird sagen, was er hört, und euch verkünden, was
kommen wird" (Joh 16,13). Daraus geht hervor, daß der Heilige Geist in
der Kirche nicht nur über die Zuverlässigkeit und die Echtheit der Wahrheit
Christi wachen, sondern auch den Weg der Weitergabe dieser Wahrheit an
die jeweils neuen Generationen weisen wird, die in den verschiedenen
Epochen aufeinanderfolgen, an die Völker und Gesellschaften allerorts, je
nach ihren Bedürfnissen und ihrer Einsicht, und er wird jedem die Kraft
geben, diese Wahrheit im Innern aufzunehmen und sein eigenes Leben
nach ihr zu formen.
5. Ein besonderer Aspekt dieser Tätigkeit, in der Enzyklika Dominum et
vivificantem (vgl. Nr. 27-28) bereits hervorgehoben, ist der, den Jesus
selbst mit folgenden Worten ankündigt: „Wenn er kommt, wird er die Welt
überführen und aufdecken, was Sünde, Gerechtigkeit und Gericht ist" (Joh
16,8). Diese besondere Macht, die Welt, das heißt jene, die in der Welt
sind, der Sünde zu überführen, ist ein wesentlicher Umstand in der
Sendung des Geistes der Wahrheit. Aufdecken, was Gericht ist, heißt nach
den Worten Jesu, „daß der Herrscher dieser Welt gerichtet ist" (Joh 16,11).
Und der, der als Tröster und Anwalt kommen soll, der Heilige Geist, soll
die Menschheit zum Sieg über das Böse und den Urheber des Bösen in der
Welt führen.
Es besteht eine enge Beziehung zwischen dem Erlösungstod Christi am
Kreuz und dem, was er den Apostel gleich nach seiner Auferstehung
hinterläßt: „Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden vergebt,
dem sind sie vergeben" (Joh 20,22-23). Gerade hier geht der Weg, der zum
Sieg über das Böse führt, von dem der Geist der Wahrheit die Welt ständig
überzeugen muß.
6. Alle diese Stellen aus der Rede Jesu im Abendmahlssaal offenbaren den
Heiligen Geist als Person in der Einheit der Dreifaltigkeit mit dem Vater
und dem Sohn. Sie zeigen die Sendung, in der er durch die von Christus
gewirkte Erlösung eng verbunden ist: „Wenn ich nicht fortgehe, wird der
Beistand nicht zu euch kommen" (Joh 16,7). Aber auch andere Stellen sind
im gleichen Sinn sehr bedeutsam.
7. Jesus kündigt an, daß der Heilige Geist kommen wird, um bei uns „zu
bleiben": „Ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen anderen
Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll" (Joh 14,16); der selbst
bleiben soll, nicht nur seine Kraft, seine Weisheit, sein Wirken, sondern er
selbst als Person.
Und weiter: Er selbst wird nicht nur „bei euch", sondern „in euch" bleiben.
„Ihr aber kennt ihn, weil er bei euch bleibt und in euch sein wird" (Joh
14,17), sagt Jesus. Diese Worte drücken die Einwohnung des Heiligen
Geistes als Gast im Herzensinnern des Menschen aus, jedes Menschen, der
ihn aufnimmt, aller Herzen, die Christus anhängen. Auch der Vater und der
Sohn kommen, um in diesen Herzen „zu wohnen" (Joh 14,23); also ist in
ihnen die ganze Dreifaltigkeit gegenwärtig, aber weil es sich um eine
geistliche Gegenwart handelt, wird diese Anwesenheit enger auf die Person
des Heiligen Geistes bezogen.
8. Aufgrund dieser im Herzen wirkenden Gegenwart kann der Mensch
Gott, der Geist ist, „in der Wahrheit anbeten" (Joh 4,24), wie Jesus bei der
Begegnung mit der samaritischen Frau am Jakobsbrunnen sagt (vgl. Joh
4,23). Die Stunde derer, die „den Vater im Geist und in der Wahrheit
anbeten", ist mit Christus gekommen und wird in jeder Menschenseele
Wirklichkeit, die den Heiligen Geist aufnimmt und nach seiner Eingebung
und unter seiner personalen Führung lebt. Es ist das Größte und Heiligste
in der religiösen Spiritualität des Christentums.
In deutscher Sprache sagte der Papst:
Liebe Schwestern und Brüder!
Der Apostel Johannes betont in seinem Evangelium — noch stärker als die
Synoptiker — die personale Beziehung des Sohnes zum Vater, wie dies
bereits im Prolog deutlich wird. In der Tat, gerade die Einheit des Sohnes
mit dem Vater scheint den Aposteln den Weg zu öffnen zur Offenbarung
des Heiliges Geistes als Person.
Bezeichnenderweise finden sich die Worte Christi zu diesem Thema in der
sogenannten Abschiedsrede im Abendmahlssaal: „Ich werde den Vater
bitten, und er wird euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei
euch bleiben soll. Es ist der Geist der Wahrheit, den die Welt nicht
empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht und nicht kennt" (Joh 14,16-17).
Tröster — Beistand: Dieser Name, der dem Heiligen Geist von Jesus
gegeben wird, zeigt, daß Er eine Person ist, verschieden vom Vater und
vom Sohn. Das griechische Wort „Paráklätos" wird immer auf eine Person
angewandt, denn es bedeutet „Anwalt", „Verteidiger" oder, auch „Tröster".
Nur eine Person kann solche Aufgaben wahrnehmen. Nach dem Abschied
Jesu wird der Heilige Geist seine Stelle bei den Jüngern einnehmen, um sie
zu verteidigen in den Auseinandersetzungen, denen sie begegnen, und um
ihnen Mut zu machen.
In der Abschiedsrede wird der „Paráklätos" wiederholt der Geist der
Wahrheit genannt. Er wird sie alles lehren und sie an alles erinnern, was
Jesus ihnen gesagt hat (vgl. Joh 14,26). Diese Aufgaben beweisen, daß der
Geist eine Person ist. Die von Christus den Aposteln und der Kirche
übertragene Aufgabe, die Wahrheit zu verkünden, ist und wird immer an
der Tätigkeit des Geistes der Wahrheit gebunden bleiben.
Der Heilige Geist ist auch der unsichtbare Meister, der fortfährt, von
Generation zu Generation die Lehre Christi, nämlich sein Evangelium, zu
vermitteln. Ein besonderer Aspekt dieses Handelns, den ich schon in der
Enzyklika Dominum et vivificantem hervorgehoben habe (vgl. Nr. 27-28),
ist jener, den Jesus selbst mit folgenden Worten ankündigt: „Wenn er
kommt, wird er die Welt überführen und aufdecken, was Sünde,
Gerechtigkeit und Gericht ist" (Joh 16,8).
Mit dieser kurzen Betrachtung grüße ich alle deutschsprachigen Pilger und
Besucher sehr herzlich. Mein besonderer Gruß gilt den Mitgliedern des
Landwirtschaftsausschusses des Deutschen Bundestages, die sich zu
Gesprächen mit der FAO in Rom aufhalten, sowie den Teilnehmern an der
Diözesanwallfahrt des Bistums Hildesheim unter der Leitung des Herrn
Weihbischofs Heinrich Pachowiak, unter ihnen eine Gruppe von blinden
und taubstummen Mitchristen. Gebe Gott, daß eure Wallfahrt zum Grab
des Apostels Petrus euren Glauben und die Einheit mit seinem Nachfolger
festige. Euch allen und euren Angehörigen in der Heimat sowie den mit
uns über Radio Vatikan verbundenen Hörerinnen und Hörern erteile ich
von Herzen meinen Apostolischen Segen.

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