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REALIEN ZUR LITERATUR

ABT. D:
LITERATURGESCHICHTE
KLAUS PETER

Friedrich Schlegel

MCMLXXVIII
J. B. METZLERSCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG
STUTTGART
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Peter, Klaus
Friedrich Schlegel. - 1. Aufl. - Stuttgart: Metzler,
1978.
(Sammlung Metzler; M 171: Abt. D, Literaturge-
schichte)
ISBN 978-3-476-10171-6

ISBN 978-3-476-10171-6
ISBN 978-3-476-03877-7 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-476-03877-7

Ml71

© 1978 Springer-Verlag GmbH Deutschland


Ursprünglich erschienen bei J. B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung
und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH in Stuttgart 1978
INHALT

I. Materialien . .
1. Der Nachlaß 1
2. Ausgaben 3
a) Gesamtausgaben 3
b) Auswahl-Ausgaben 7
c) Neuausgaben einzelner Werke 8
d) übersetzungen . . . . . . . 9
3. Briefe und zeitgenössische Darstellungen 10
a) Briefe . . . . . . . . . . . 10
b) Zeitgenössische Darstellungen 11
4. Einführungen in Leben und Werk 11
5. Auswahl-Bibliographie zu den zentralen Problemkreisen
von Schlegels Werk . . . . . . 13
a) Literatur und Literaturtheorie 13
b) Philosophie und Religion 13
c) Staat und Politik 14

Il. Leben und Werk 16


Historische Voraussetzungen und Zusammenhänge 16
1. Frühe Jugend (1772-93): Hannover, Göttingen, Leipzig 19
2. Literarische Anfänge (1793-97): Dresden, Jena 24
3. Die Athenäumsjahre (1798-1800): Berlin, Jena . . 34
4. Die Konversion (1801-08): Paris, Köln . . . . . 50
5. Osterreichische Politik (1808-18): Wien, Frankfurt 60
6. Das Spätwerk (1819-29): Wien 72

IIl. Zur Wirkungsgeschichte 80

IV. Zur Forschungsgeschichte 86

Personenregister 91

v
ABKÜRZUNGEN

AfK. Archiv für Kunst


Caroline Caroline. Briefe aus der Frühromantik
DNL Deutsche National Literatur
DVjs. Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissen-
schaft und Geistesgeschichte
EG Etudes Germaniques
Euph. Euphorion
GQ German Quarterly
GR Germanic Review
GRM Germanisch-romanische Monatsschrift
Jb. Jahrbuch
JbDSG Jahrbuch der deutschen Schillergesellschaft
JbFDH Jahrbuch des Freien Deutschen Hochstifts
JEGP Journal of English and German Philology
KA Kri tische Friedrich-Schlegel-Ausgabe
Körner Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel
Krisenjahre Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem
Schlegel kreis
LN Literary Notebooks
MLN Modern Language Notes
MLQ Modern Language Quarterly
MLR Modern Language Review
PMLA Publications of the Modern Language Association
of America
Rds. Rundschau
SiR Studies in Romanticism
Stransky Friedrich Schlegels Briefe an Frau Chr. v. Stransky
Walzel Friedrich Schlegels Briefe an seinen Bruder August
Wilhelm
WB Weimarer Beiträge
WW Wirkendes Wort
ZfdPh Zeitschrift für deutsche Philologie
ZfphF Zeitschrift für philosophische Forschungen

VII
I. MATERIALIEN

1. Der Nachlaß

,. Wußtest Du nicht, daß ich Mangel an innerer Kraft immer


durch Plane ersetze?« (WalzeI, 63) F. Schlegel stellte diese Fra-
ge seinem Bruder 1792, als er zwanzig Jahre alt war, und
nannte damit ein Problem, das ihn bis zu seinem Tod verfolgte.
Ob es ,.Mangel an innerer Kraft« war, wie er selbst es psycho-
logisch formulierte, oder, eher philosophisch, eine tief sitzende
Skepsis allem Vollendeten und Vollenden gegenüber: Tatsache
ist, daß Schlegels Denken sich in nie endender Bewegung be-
fand, daß er in keinem Augenblick seine Gedanken für fertig
hielt, reif zur Publikation. Er fixierte sie in Notizheften, die er
seit 1796 regelmäßig mit Aufzeichnungen füllte. Aus diesen
Notizen gingen die Arbeiten hervor, seine »Werke«, die er, oft
unter finanziellem Druck, schließlich doch publizierte. Aber
wie seine Gedanken in den Heften in ständiger Entwicklung
begriffen waren, so stellen auch seine publizierten Arbeiten,
wie Dorothea Schlegel nach seinem Tod erklärte, nur »Bruch-
stücke« dar, Fragmente eines Ganzen, das er nie abschloß.
(Tieck-Schlegel Briefe, 195) Besonders zurückhaltend zeigte
sich Schlegel bei der Veröffentlichung seiner Philosophie.
Selbst die drei letzten Vorlesungszyklen (1827-29) blieben
Fragment und ZWjU nicht nur, weil sie nur Teile eines umfas-
senderen Vorlesungsplanes waren, sondern, wie Dorothea
meinte, »weil eben noch so viel schwankendes, man möchte sa-
gen, unfertiges unklares, in diesen seinen ersten Wahrnehmun-
gen herrscht, so daß man sie in das Reich der Wahrheit noch
nicht vollkommen aufgenommen denken muß« (edb.). Da alle
Werke Schlegels in diesem Sinne ,.Bruchstücke« blieben,
kommt den Notizheften ein unschätzbarer Wert zu. Sie eröff-
nen der Forschung Einblicke in den oft widersprüchlichen ge-
danklichen Zusammenhang, aus dem das einzelne Werk her-
vorging und stellen in vielen Fällen dadurch erst einen Zugang
zu ihm her. Eine ernsthafte Beschäftigung mit Schlegel ohne
die Kenntnis dieser Hefte ist daher heute nicht mehr möglich.
Dorothea Schlegel fertigte nach Schlegels Tod einen Katalog
des Nachlasses an, der rund 180 Hefte verzeichnet: u. a. 20
Hefte mit dem Titel »Zur Philosophie«, 18 Hefte ,.Zur Ge-
schichte und Politik«, 19 Hefte ,.Zur Poesie und Literatur«
und 42 Hefte ,.Zur Theologie und Philosophie«. Außer diesen
Heften gehören zum Nachlaß jedoch auch bis dahin unveröf-

1
fentlichte Aufsätze aus Schlegels griechischer Periode, sowie
seine bis dahin unveröffentlichten Pariser und Kölner Vorle-
sungen, die in Mit-, Nach- oder Abschriften seiner Hörer, der
Brüder Boisseree und Johann Ba'ptist Bertrams, erhalten sind.
Dorothea Schlegel schickte einen Teil des Nachlasses dem Bon-
ner Philosophieprofessor C. J. H. Windischmann, einem Freund
des späten Schlegel, der sich besonders für das philosophische
Werk interessierte. Er veröffentlichte 1836/37 in zwei Bänden
Schlegels philosophische Vorlesungen der Kölner Zeit neben ei-
ner Auswahl von Fragmenten aus den philosophischen und
theologischen Heften. Nach Windischmanns Tod (1839) ging
ein Teil des ihm zur Verfügung gestellten Materials zurück an
Dorothea. Auch der Bruder A. W. Schlegel interessierte sich
für den Nachlaß; Dorothea schickte ihm Hefte über Poesie
und Literatur. Eine Ausgabe veranstaltete er freilich nicht. Er
schenkte die ihm überlassenen Manuskripte schließlich dem
Bonner Theologen f. W. Braun. Die bei Dorothea verbliebenen
Teile des Nachlasses übergab Franziska von Longard, eine En-
kelin Dorotheas, 1878 der GÖrres-Gesellschaft.
Der auf diese Weise zersplitterte Nachlaß, von dem bei dem
vielen Hin- und Herschicken auch Teile verlorengingen, galt
lange Zeit als verschollen. Erst das erneute Interesse an der
Romantik und an F. Schlegel im 20. Jh. brachte einen großen
Teil deI:' Manuskripte im Nachlaß der Bonner Professoren und
bei der Görres-Gesellschaft wieder ans Licht. Besondere Ver-
dienste erwarben sich dabei Heinrich Finke, der damalige Prä-
sident der Görres-Gesellschaft, Alois Dempf und vor allem der
Prager Germanist fosef Körner. 1927 entdeckte Körner auch
die Mitschrift eines anonymen Hörers der Jenaer Vorlesung
über Transzendentalphilosophie. Viele Manuskripte, die Doro-
thea in ihrem Katalog verzeichnet hatte, konnten freilich bis
heute nicht wieder aufgefunden werden und müssen wohl als
verloren gelten. Einige Manuskripte wurden im Zweiten Welt-
krieg zerstört. Die erhaltenen Teile des Nachlasses befinden
sich zum größten Teil bei der Görres-Gesellschaft; außerdem in
der Universitätsbibliothek ,Bonn, dem Stadtarchiv Köln, der
Stadtbibliothek Trier, der Westdeutschen Bibliothek Marbur.g
und, einige wenige Manuskripte, in Privatbesitz. Der gesamte
erhaltene Nachlaß wird, größtenteils zum ersten Mal, in der 2.
Abteilung der KA veröffentlicht.
Veröffentlichungen aus dem Nachlaß in Einzelausgaben
Philosophische Vorlesungen aus den Jahren 1804-1806. Nebst Frag-
menten vorzüglich philosophisch-theologischen Inhalts, hg. von C.

2
J. H. Windischmann, 2 Bde. Bonn 1836/37; 2. Ausg. Bonn 1846.
(Enthält vor allem die VorI. »Propädeutik und Logik«, Bd. I,
S. 1-230, und »Die Entwicklung der Philosophie in 12 Büchern«
Bd. I, S. 231-507, Bd. II, S. 1-396).
Vom Wert des Studiums der Griechen und Römer. 1795, in: A. W.
und F. Sch., in Auswahl hg. von O. Walzei, DNL 143, Stuttgart
1892, S. 245-69.
»Philosophie der Philologie«, mit einer Einleitung hg. von J. Körner,
in: Logos 17 (1928), Heft 1, S.1-72. (Enthält zwei Notizhefte
"Zur Philologie« von 1797.)
Neue philosophische Schriften, erstmals in Druck gelegt, erläutert
und mit einer Einleitung in F. Sch.'s philosophischen Entwick-
lungsgang versehen von J. Körner, Frankfurt 1935. (Enthält:
Transzendentalphilosophie, 1800-1801, S.115-219; Philosophi-
sche Privatvorlesung für Frau von Stael, 1807, S.240-57; Von
der Schönheit in der Dichtkunst, S. 363-87.)
Cours d'histoire universelle. Premiere edition du manuscrit inedit
avec introduction et notes par J. J. Anstett, Trevoux 1939. (Ent-
hält die Kölner Vorlesungen über Universalgeschichte,
1805-1806.)
Literary Notebooks 1797-1801, ed. with introduction and commen-
tary by H. Eichner, Londen 1957. (Enthält die in Marburg aufbe-
wahrten Fragmente zur Poesie und Literatur, 3 Hefte.)
Literatur:
Zum Nachlaß allgemein s. E. Behler, KA XI, Einleitung
S. IX-XXI. Hier ist auch der Nachlaß Katalog Dorothea Schlegels
abgedruckt. Zur Geschichte der einzelnen Manuskripte vgI. die Ein-
leitungen zu ihrer Edition in der KA, bzw. in den Einzelausgaben.
Zu Problemen des Nachlasses vgl. außerdem: H. Firike, über F. und
Dorothea Sch., 1918, S.4, 51 ff. J. Körner, Marginalien. Kritische
Beiträge zur geistesgeschichtlichen Forschung, 1. Folge, 1950,
S.51-56. A. Dempf, Der Schlegelnachlaß der Görres-Gesellschaft,
Hist. Jb. der GÖrres-Ges. 74 (1955), S.432-38. A. DempJ, F. Sch.
Fragmente aus dem Nachlaß, Merkur 10 (1956), S. 1175-81. H. Nüs-
se, Der Nachlaß F. Sch.'s, Schweizer Rds. 56 (1956), S.36-42. E.
Behler, Der Stand der F. Sch. Forschung, JbDSG 1 (1957),
S.253-89. (Der Aufsatz enthält eine Liste aller vorhandenen Nach-
laß-Manuskripte mit entsprechenden Ortsangaben.) H. Eichner, Neu-
es aus F. Sch.'s Nachlaß, JbDSG 3 (1959), S. 218-43.

2. Ausgaben
a) Gesamtausgaben:
Von 1822 bis 1825 erschien die erste Gesamtausgabe: Schle-
gel selbst war der Herausgeber. 16-18 Bände waren geplant,

3
die Ausgabe blieb jedoch nach dem 10. Band stecken, da die
Partner des Verlages Jacob Mayer und Co. sich trennten und
der Verlag praktisch aufhörte zu bestehen. (Walzei, 643 f.)
Schlegel nahm in diese Ausgabe wesentliche Werke seiner
Frühzeit, mit denen er sich nicht mehr glaubte identifizieren zu
können, nicht auf. Es fehlt die »Lucinde«, aber es fehlen außer
dem Aufsatz »Ober Goethes Meister« und dem »Gespräch über
die Poesie« alle Werke der >Athenäums<-Zeit, insbesondere also
die Aufsätze über den Republikanismus, über Jacobi, Forster
und Lessing, sowie alle Fragmente. Die frühen Werke, die
Schlegel in die Ausgabe aufnahm, vor allem seine Studien über
die griechische Poesie, arbeitete er entsprechend se~ner Auffas-
sung von 1820 um, sowohl in sachlicher wie auch in sprachli-
cher Hinsicht. Die Ausgabe ist daher für die Kenntnis des jun-
gen Schlegel wertlos. Nach dem Vorwort des Verlegers der
zweiten Ausgabe (1846) erschien diese erste Ausgabe in fünf
Auflagen.
Im Jahre 1846 veranstaltete der Wiener Buchhändler Ignaz
Klang eine zweite Gesamtausgabe, die die erste um fünf Bände
erweiterte. Das in der ersten Ausgabe von Schlegel Publizierte
wurde unverändert übernommen. Hinzu kam die Schrift
»über die Sprache und Weisheit der Indier«, die Schlegel aus-
gelassen hatte, weil er sie vor einer erneuten Publikation auf
den neusten Stand der Wissenschaft bringen wollte; und hinzu
kamen die Vorlesungen »Ober die neuere Geschichte« und die
drei letzten Vorlesungszyklen »Die Philosophie des Lebens«,
»Die Philosophie der Geschichte« und »Die Philosophie der
Sprache und des Wortes«.
Im Jahre 1882 publizierte Jacob Minor eine »Gesamtausga-
be« der Jugendschriften in zwei Bänden. Minor schloß nicht
aus, die Ausgabe fortzusetzen; es blieb jedoch bei den zwei
Bänden. Sie enthalten die Jugendschriften in ihrer ursprüngli-
chen Form und waren daher bis zum Erscheinen der KA die
Basis aller wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem jun-
gen Schlegel. Da der erste Band der KA mit den Schriften über
die griechische Poesie noch nicht erschien, ist für diese Schrif-
ten immer noch der erste Band Minors maßgebend.
Seit 1958 erscheint die von Ernst Behler unter Mitwirk~ng
von Jean Jacques Anstett, Hans Eichner u. a. herausgegebene
»Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe«. Die Ausgab,e soll,
wenn sie vollendet ist, 35 -Bände umfassen und das gesamte
Werk sowohl Friedrich wie auch Dorothea Schlegels enthalten;
dazu den vollständigen Nachlaß, soweit er verfügbar ist, und

4
die Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Ent-
sprechend gliedert sich das gewaltige Unternehmen in vier Ab-
teilungen. Die erste enthält die Neuausgabe der schon zu Leb-
zeiten Schlegels gedruckten Schriften; die zweite den Nachlaß;
die dritte die Briefe und die vierte Editionen und Übersetzun-
gen Schlegels, sowie die Werke Dorotheas. Alle Bände eröffnen
Einleitungen der Herausgeber, die Nachlaßbände sind mit ei-
nem Kommentar versehen. Dabei zeichnen Behler und Anstett
verantwortlich für die philosophischen, theologischen und hi-
storischen Schriften, Eichner für die Dichtungen und die Lite-
raturkritik und -geschichte.
In den Einleitungen und Kommentaren vermitteln die Her-
ausgeber ein bestimmtes Schlegel-Bild. Gestützt vor allem auf
die Manuskripte des Nachlasses versuchen sie, die »innere«
Biographie Schlegels darzustellen. Nachweisen möchten sie auf
diese Weise die trotz aller Widersprüche ungebrochene Konti-
nuität des Gesamtwerkes. Behler stellte fest, daß die Edition
»sich keineswegs mit einem bloßen Abdruck der Texte [ ... ]
zufrieden geben kann, vielmehr die neuen Quellen mit reicher
Konkordanzdokumentation so in das Gesamtwerk einbauen
muß, daß die innere Kontinuität der Schlegelsehen Gedanken-
welt nicht durch einseitige Interpretation von bloßen Bruch-
stücken zerrissen werden kann«. (Neue Ergebnisse, 354) Neben
dem erstmals vollständigen Abdruck der Schriften und des er-
haltenen Nachlasses und neben wertvollen Hinweisen auf hi-
storische und biographische Zusammenhänge bietet die Ausgabe
dem Leser damit zugleich eine Interpretation Schlegels an,
ohne daß Information und Interpretation immer klar vonein-
ander geschieden sind. (Über das Schlegel-Bild der Herausgeber
s. Forschungsgeschichte.)
Sämmtliche Werke, 10 Bde., Wien 1822-25.
Sämmtliche Werke, 15 Bde., zweite Originalausgabe, Wien 1846.
F. Sch. 1794-1802. Seine prosaischen Jugendschriften, 2 Bde., hg. von
Jakob Minor, Wien 1882.
Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe, 35 Bde., hg. von Ernst Behler
unter Mitwirkung von Jean-Jacques Anstett, Jakob Baxa, Ursula
Behler, Liselotte Dieckmann, Hans Eichner, Raymond Immerwahr,
Robert L. Kahn, Euglme Susini, Bertold Sutter, A. Leslie Willson
u. a. Mitarbeitern, Paderborn (Schöningh) 1958 H.
1. Abteilung. Kritische Neuausgabe:
Band I: Zur griechischen Literatur, hg. von E. Behler und U. Struck-
Oppenberg (noch nicht erschienen).
Band 11: Charakteristiken und Kritiken I (1796-1801), hg. und ein-
gel. von H. Eichner, 1967.

5
Band III: Charakteristiken und Kritiken II (1802-1829), hg. und
einge!. von H. Eichner, 1975.
Band IV: Ansichten und Ideen von der christlichen Kunst, hg. und
einge!. von H. Eichner, 1959.
Band V: Dichtungen, hg. und einge!. von H. Eichner, 1962.
Band VI: Geschichte der alten und neuen Literatur, hg. und einge!.
von H. Eichner, 1961.
Band VII: Studien zur Geschichte und Politik, hg. und einge!. von
E. Behler, 1966.
Band VIII: Studien zur Philosophie und Theologie (1796-1824), hg.
und einge!. von E. Behler, 1976.
Band IX: Philosophie der Geschichte. In achtzehn Vorlesungen ge-
halten zu Wien im Jahre 1828, hg. und einge!. von J.-J. Anstett,
1971.
Band X: Philosophie des Lebens. In fünfzehn Vorlesungen gehalten
zu Wien im Jahre 1827, und Philosophische Vorlesungen insbesonde-
re über Philosophie der Sprache und des Wortes. Geschrieben und
vorgetragen zu Dresden im Dezember 1828 und in den ersten Tagen
des Januars 1829, hg. und einge!. von E. Behler, 1969.
2. Abteilung. Schriften aus dem Nachlaß:
Band XI: Wissenschaft der europäischen Literatur, mit Ein!. und
Kommentar hg. von E. Behler, 1958.
Band XII: Philosophische Vorlesungen (1800-1807), Erster Teil, mit
Ein!. und Kommentar hg. von J.-J. Anstett, 1964.
Band XIII: Philosophische Vorlesungen (1800-1807). Zweiter Teil,
mit Ein!. und Kommentar hg. von J.-J. Anstett, 1964.
Band XIV: Vorlesungen über Universalgeschichte (1805-1806), mit
Ein!. und Kommentar hg. von J.-J. Anstett, 1960.
Band XV: Fragmente zur Poesie und Literatur I (noch nicht erschie-
nen).
Band XVI: Fragmente zur Poesie und Literatur II (noch nicht er-
schienen).
Band XVII: Fragmente zur Poesie und Literatur III (noch nicht er-
schienen).
Band XVIII: Philosophische Lehrjahre 1796-1806 nebst philosophi-
schen Manuskripten aus den Jahren 1796-1828. Erster Teil, mit
Ein!. und Kommentar hg. von E. Behler, 1963.
Band XIX: Philosophische Lehrjahre 1796-1806 nebst philosophi-
schen Manuskripten aus den Jahren 1796-1828. Zweiter Teil, mit
Ein!. und Kommentar hg. von E. Behler, 1971.
Band XX: Fragmente zur Geschichte und Politik I. Die politischen
Denkschriften und Verfassungsentwürfe aus der Zeit des Wien er
Kongresses und Frankfurter Bundestages sowie die Studien zur öster-
reichischen Geschichte (noch nicht erschienen).
Band XXI: Fragmente zur Geschichte und Politik II (noch nicht er-
schienen).

6
Band XXII: Fragmente zur Geschichte und Politik III (noch nicht
erschienen) .
3. Abteilung. Briefe von und an F. und Dorothea Sch. (alle noch
nicht erschienen):
Band XXIII: Bis zur Begründung der romantischen Schule
(1788-1797).
Band XXIV: Die Periode des Athenäums (1797-1799).
Band XXV: Höhepunkt und Zerfall der romantischen Schule
(1799-1802).
Band XXVI: Pariser und Kölner Lebensjahre (1802-1808).
Band XXVII: Die Anfänge in Wien bis zum Ende des Jahres 1810.
Band XXVIII: Während der europäischen Erhebung gegen Napoleon
(1811-1814).
Band XXIX: Vom Wien er Kongreß zum Frankfurter Bundestag
(1814-1818).
Band XXX: Die Epoche der Zeitgeschichte Concordia (1818-1832).
Band XXXI: Späte Mystik (1823-1827).
Band XXXII: Friedrich und Dorothea Schlegels letzte Lebensjahre
(1827-1838).
4. Abteilung. Editionen, übersetzungen und Dorotheas Werke (alle
noch nicht erschienen):
Band XXXIII: Sammlung romantischer Dichtungen des Mittelalters.
Aus gedruckten und handschriftlichen Quellen.
Band XXXIV: tJbersetzungen aus dem Griechischen, Französischen
und Spanischen. Platons Eutyphron; Madame de Staels Corinna;
Spanische Aktenstücke und Flugschriften; Lessings Geist aus seinen
Schriften zusammengestellt.
Band XXXV: Dorothea Schlegels Werke.
Literatur zur KA:
E. Behler, Die neue F.-Sch.-Ausgabe, Neue Rds. 70 (1959),
S.117-25. O. Pöggeler, Rezension der KA, Philos. Rds. 7 (1959),
S.227-41. H. Juretschke, En torno a la edicion critica de les obras
de Federco Schlegel, Filologia moderna 1 (1961), 11. S.49-67. J.
Dyck, Bildung als Universalgeschichte. Die Kritische F.-Sch.-Ausga-
be, ZfdPh 88 (1969), Sonderheft, S. 162-70. V. Deubel, Die F. Sch.-
Forschung 1945-1972, DVjs. 47 (1973), Sonderheft Forschungsrefe-
rate, S. 48-181, über die KA, S. 67-74.

b) Auswahl-Ausgaben
Zwei handliche und brauchbare Auswahl-Ausgaben in je-
weils einem Band liegen vor. Wal/dietrich Raschs »Kritische
Schriften« bringen vor allem Texte des frühen Schlegel und
basieren im wesentlichen auf der Edition Minors. Interessiert
ist Rasch hauptsächlich am Literaturkritiker Schlegel. Die Aus-

7
gabe enthält jedoch auch die Fragmente. Um den Wandel in
Schlegels Auffassungen nach 1800 zu dokumentieren, bringt
die Ausgabe kurze Beispiele aus den Schriften des späteren
Schlegel, z. B. Auszüge aus den Wiener Vorlesungen über die
alte und neue Literatur. Im Gegensatz zu dieser Ausgabe ging
es Ernst Behler, dem Herausgeber auch der KA, in seiner Aus-
wahl »Schriften und Fragmente« um die Repräsentation des
»ganzen« Schlegel. Er wählte nicht nur Texte aus allen Lebens-
perioden Schlegels, sondern auch aus allen Wissensgebieten. So
enthält die Sammlung neben Texten über Literatur auch solche
über Philosophie, Geschichte und Politik; ebenso Texte aus
dem Nachlaß. Gezeigt werden soll auf diese Weise der Zusam-
menhang des Gesamtwerkes. Die Texte und Vorstellungen des
späteren Schlegel dominieren.
Kritische Schriften, hg. von W. Rasch, München 1956, 2. erweiterte
Aufl. 1964; eine gekürzte Fassung dieser Ausgabe erschien als Ta-
schenbuch: F. Sch., Schriften zur Literatur, hg. von W. Rasch,
München (dtv text-bibliothek 6006) 1972.
Schriften und Fragmente. Ein Gesamtbild seines Geistes, aus den
Werken und dem handschriftlichen Nachlaß zusammengestellt und
eingel. von E. Behler, Stuttgart (Kröners Taschenausg. 246) 1956.
Literatur:
B. Guttmann, F. Sch., Die Gegenwart 12, 9. 2. 1957, S. 84 f. (Re-
zension der beiden Ausgaben). V. Deubel, Die F. Sch.-Forschung
1945-72. DVjs. 47 (1973), Sonderheft Forschungsreferate, S. 74-76.

c) Neuausgaben einzelner Werke

Seit dem Erscheinen der KA hat die Neuausgabe einzelner


Werke die Bedeutung, die sie für die Forschung bis dahin be-
saß, weitgehend eingebüßt. Außer vor 1950 erschienenen Aus-
gaben werden daher nur solche genannt, die sich zur Benut-
zung in Seminaren eignen.
Auswahl, hg. von O. Walzel, DNL 143, Stuttgart 1892. (Enthält:
»Reise nach Frankreich«, 1803, S.270-96; »Literatur«, 1803, S.
297-313; die Rez. aus den Heidelb. Jb., 1808: über Fichte,
S.314-40; über Stolberg, S. 340-61; über Büsching und v. d.
Hagen, S.361-69; über Goethe, S.369-405; über A. Müller,
S.405-21.)
»Anfangspunkte christlichen Nachdenkens«, neu hg. von H. L. Held,
München-Leipzig 1917.
»Signatur des Zeitalters«, neu hg. von W. E. Thorman, Mainz 1920;
2. Aufl. unter dem Titel: Prophetische Romantik, Mainz 1924.

8
»Von der Seele«, mit einer Einf. hg. von G. Müller, Augsburg-Köln
1927.
Neue philosophische Schriften, hg. von J. Körner, Frankfurt 1935.
(Enthält außer den Schriften aus dem Nachlaß die beiden Aufsät-
ze über Jacobi von 1812 und 1822, S. 263-78 bzw. 278-89.)
»Von der wahren Liebe Gottes und dem falschen Mystizismus. Ein
Nachtrag zum heiligen Bernhardus«, hg. von F. Braig, Der Kath.
Gedanke 10 (1937), S. 170-94.
»Ober das Studium der griechischen Poesie«, hg. von P. Hankamer,
Bad Godesberg 1947.
»Lucinde«, hg. und mit einem Nachwort versehen von K. K. Pol-
heim, Stuttgart (Reclam) 1964.
»Gespräch über die Poesie«, mit Nachwort hg. von H. Eichner,
Stuttgart 1968.
»Lucinde«, hg. mit Dokumentenanhang und Nachwort von E. Mid-
dell, Leipzig (Reclam) 1970 (Enthält auch Schleiermachers »Ver-
traute Briefe über Schlegels Lucinde«.)

d) Obersetzungen
Im 19. ]h. wurden fast nur Vorlesungen der Wiener Zeit
übersetzt und zwar ins Englische, Französische, Italienische,
zum Teil ins Schwedische und Polnische. Erst im 20. Jahrhun-
dert entstanden auch Übersetzungen der früheren Werke. Ge-
nannt werden im folgenden nur die neue ren übersetzungen.

Englisch:
Dialogue on Poetry and Literary Aphorisms, tr., intro and annotated
by E. Behler and R. Struc, Univ. Park and London (The Pennsyl-
vania State Univ. Press) 1968.
Lucinde and the Fragments, tr. with an introduction by P. Firchow,
Minneapolis (Univ. of Minnesota Press) 1971.
Französisch:
Lucinde (dt. und franz.), intr., tr. et commentaire de J.-J. Anstett,
Paris 1971.
I talienisc h:
Frammenti critici e scritti de estetica, tr. e intr. di V. Santoli, Firenze
1937,2. ed. 1967.
Alarcos (dt. und ita!.), intr. testo, versione e nota a cura di A.
Escher, Padova 1965.
Frammenti sulla poesia (dt. und ita!.), a cura di M. E. D'Agostini,
Parma 1972.

9
3. Briefe und zeitgenössische Darstellungen

a) Briefe
Eine umfassende Ausgabe der Briefe von und an Friedrich
und Dorothea Schlegel ist für die dritte Abteilung der KA ge-
plant. 10 Bände sind dafür vorgesehen, die die Korrespondenz
in chronologischer Folge bringen sollen. Bisher sind die Briefe
Schlegels nur in einer Vielzahl von Einzeleditionen zugänglich.
Diejenigen von losef Körner besitzen durch ihre ausführlichen
Kommentare vorbildlichen Charakter.
Aus Schleiermachers Leben. In Briefen, 3 Bde. hg. von L. Jonas und
W. Dilthey, Berlin 1858-63.
Sulpiz Boisseree, 2 Bde. hg. von M. Boisseree, Stuttgart 1862.
Dorothea von Schlegel und deren Söhne. Briefwechsel, 2 Bde. hg.
von J. M. Raich, Mainz 1881.
F. Sch.'s Briefe an seinen Bruder August Wilhelm, hg. von O. Wal-
zel, Berlin 1890.
F. Sch.'s Briefe an Frau Christine von Stransky, 2 Bde. hg. von M.
Rottmanner, Wien 1907 und 1911.
Caroline. Briefe aus der Frühromantik, nach G. Waitz vermehrt hg.
von E. Schmidt, Leipzig 1913.
Briefe von Dorothea und F. Sch. an die Familie Paulus, hg. von R.
Unger, Berlin 1913.
Briefe von Dorothea Schlegel an Friedrich Schleiermacher, hg. von
H. Meisner und E. Schmidt, Berlin 1913.
Briefe an F. Sch., hg. von H. Finke, Köln 1917.
Briefe von F. Sch. an /ohann Georg Zimmer, hg. von E. Jenisch, Eu-
phorion 13 (1921), Ergänzungsheft.
Der Briefwechsel F. und Dorothea Sch.'s 1818-1820, hg. von H.
Finke, München 1923.
Briefe von und an F. und Dorothea Sch., gesammelt und einge!. von
J. Körner, Berlin 1926.
August Wilhelm und F. Sch. im Briefwechsel mit Goethe und Schil-
ler, hg. von J. Körner und E. Wieneke, Leipzig o. J.
Ludwig Tieck und die Brüder Schlegel, hg. von H. Lüdeke, Frank-
furt 1930. Auf der Grundlage dieser 'Edition neu hg. und kommen-
tiert von E. Lohner, München (Winkler Texte) 1972.
Der Briefwechsel zwischen F. Sch. und Novalis, hg. von M. Preitz,
Darmstadt 1956. Der Briefwechsel ist jetzt auch in: Novalis,
Schriften IV, hg. von R. Samuel, Stuttgart 1975.
Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis, 3 Bde.
hg. und kommentiert von J. Körner, die ersten beiden Bde.:
Brünn-Wien-Leipzig 1936; die Neuausgabe mit dem 3. Bd.: Bern
1958.

10
Siehe außerdem:
R. L. Kahn, 15 Letters from F. and Dorothea Sch. to J. G. Schweig-
häuser, Paris 1802-1804, PMLA 75 (1960), S. 197-215.
E. Klin, F. Sch. an Friedrich Majer. Zwei unbekannte Briefe, DVjs.
38 (1964), S. 561-64.
H. Eichner, Unbekannte Briefe von und an F. Sch., JEGP 65 (1966),
S.511-15.
R. Immerwahr, Bisher unbekannte Briefe F. Sch.'s, JbFDH (1967),
S.386-405.
U. Behler, Unbekannte Briefe und Dokumente von F. Sch., JbDSG
12 (1968), S. 9-47.
R. Samuel and H. Eichner, Unpublished Letters by F. Sch. and Karl
von Hardenberg to Georg Andreas Reimer, Seminar 6 (1970),
S.128-37.
b) Zeitgenössische Darstellungen
Karl Schlegel (F. Sch.'s Bruder) in: Zeitgenossen. Biographien und
Charakteristiken, Bd. I, Leipzig-Altenburg 1816, 4. Abt., S. 179 H.
Franz 'Von Bucholtz, Zur Erinnerung an F. Sch., Neues Archiv für
Geschichte, Staatskunde, Literatur und Kunst 1 (1829), Nr. 21, 22,
S. 161 H.
Carl August Böttiger, F. v. Sch., Allgemeine Zeitung 1829, Nr.
25-27, Beilage.
Ders., F. v. Sch., Neuer Nekrolog der Deutschen 7 (1829), S. 80 H.
joseph Görres, über das Recht der Toten, Eos. Münchner Blätter für
Poesie, Literatur und Kunst, 18. 2. 1829.
Helmina 'Von Chezy, überlieferungen und Umrisse aus Napoleons
Tagen: F. und Dorothea von Sch., Der Freihafen 3 (1840), 3.
Heft, S. 157 H., 4. Heft, S. 47 H.
Dies., Unvergessenes. Denkwürdigkeiten aus dem Leben, 2 Bde.,
Leipzig 1858, Bd. I, S. 240 H.
Rudolf Köpke, Ludwig Tieck. Erinnerungen aus dem Leben des
Dichters nach dessen mündlichen und schriftlichen Mitteilungen,
Leipzig 1855; Nachdruck: Darmstadt 1970, 1. Tl., S. 195 f., 250 H.,
2. Tl., S. 73 f.
Henrich Steffens, Was ich erlebte, Bd. IV, Breslau 1841.
Karl August Varnhagen 'Von Ense, Galerie von Bildnissen aus RaheIs
Umgang und Briefwechsel, Leipzig 1836, Bd. I, S. 223-38.
Eine Reihe von Schlegel-Portraits sind überliefert. Dazu: E. Behler,
F. 5ch. im Portrait, Zeitschr. f. Kunstwissenschaft 13 (1959),
5.106 H.

4. Einführungen in Leben und Werk


Eine umfassende Gesamtdarstellung Schlegels fehlt bisher. Es
gibt jedoch zwei ausgezeichnete kürzere Darstellungen, die bei-
de als Einführung in Schlegels Leben und Werk hervorragend

11
geeignet sind. Sie stammen von Ernst Behler und Hans Eich-
ner, die beide Herausgeber der KA sind. Ihre Darstellungen
basieren auf dem neusten Stand der Schlegel-Forschung und
zeigen das Leben und Werk Schlegels unter dem für die KA
wesentlichen Aspekt der inneren Einheit. Während Behler das
Gewicht seiner Darstellung auf die verschiedenen Perioden in
Schlegels Leben gleichmäßig verteilt, so daß die wenigen Jahre
der Frühromantik vor und um 1800 tatsächlich nur als Vorstu-
fe späterer Entwicklungen erscheinen, hat Eichners englisch ge-
schriebene Darstellung gerade hier, in der Zeit der frühroman-
tischen Ästhetik und Literaturtheorie ihren Schwerpunkt.
Während Behlers mehr geistesgeschichtlich orientierte Darstel-
lung den Philosophen, Historiker und Politiker Schlegel nicht
weniger eindringlich vorstellt als den Literaturtheoretiker und
-kritiker, konzentriert sich Eichners Darstellung auf eben die-
sen und gibt in diesem Zusammenhang ausführliche Erklärun-
gen zentraler Begriffe wie »progressive Universal poesie« und
»Ironie«. In beiden Darstellungen, sowohl in Behlers geistesge-
schichtlicher wie in Eichners mehr literaturimmanenter, fehlen
Hinweise auf die gesellschaftlichen Verhältnisse der Zeit und
damit auf die sozialen Bedingungen der Werke Schlegels. Hier
müßte eine zukünftige Darstellung von Schlegels Leben und
Werk neu ansetzen.

E. Behler, F. Sch. in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, Reinbek


bei Hamburg (rowohlts bildmonographien 123) 1966.
H. Eichner, F. Sch., New York (Twayne's World Author Series 98)
1970.
Vgl. auch die folgenden Darstellungen:
E. F. von Feuchtersleben, F. Sch.'s Biographie, in: F. v. Sch.'s sämmt-
liehe Werke, Wien 1846, Bd. 15, S. 263-88.
W. Dilthey, Leben Schleiermachers, Berlin 1870, 2. Aufl. hg. von H.
Mulert, BerEn-Leipzig 1922, S. 240 H.
R. Haym, Die romantische Schule. Ein Beitrag zur Geschichte des
deutschen Geistes, Berlin 1870; Nachdruck: Darmstadt 1961,
S. 177-286, 412-551, 661-99 (bis 1800).
F. Muncker, Karl Wilhe1m Friedrich Sch., in: Allgemeine deutsche
Biographie, Leipzig 1891, Bd. 33, S. 737-52.
O. WalzeI, August Wilhe1m und F. Sch., in: DNL 143, Stuttgart
1892, S. I-LXV.
F. Gundolf, F. Sch., in: F. G., Romantiker, 1930, S.9-140 (bis zur
Konversion). .
Romantik. Erläuterungen zur deutschen Literatur, Berlin (Ost) 1967,
S. 93-122 (bis 1800).

12
E. Behler, F. Sch., in: Deutsche Dichter der Romantik. Ihr Leben
und Werk, hg. von B. v. Wiese, Berlin 1971, S. 163-89.

5. Auswahlbibliographie zu den zentralen Problemkreisen von


Schlegels Werk

a) Literatur und Literaturtheorie:


R. Haym, Die romantische Schule, Ein Beitrag zur Geschichte des
deutschen Geistes, Berlin 1870; Nachdruck: Darmstadt 1961, über
F. Sch., S. 177-286,412-551,661-699.
W. Benjamin, Der Begriff der Kunstkritik in der deutschen Roman-
tik, 1919, in: W. B., Gesammelte Schriften I, 1, Frankfurt 1974,
~~n .
O. Walzel, Frühe Kunstschau F. Sch.'s, Mnemosyne 18 (1934),
S.7-110.
A. Schlagdenhauffen, Frederic Sch. et son groupe. La doctrine de
l'Athenaeum (1798-1800), Paris 1934. Vgl. auch A. Sch., Die
Grundzüge des Athenäum, ZfdPh 88 (1969), Sonderheft,
S.19-41.
H. Eichner, F. Sch.'s Theory of Romantic Poetry, PMLA 71 (1956),
S. 1018-41. S. auch die Einleitungen zu KA II, III, V und VI.
E. Behler, F. Sch.'s Theorie der Universalpoesie, JbDSG 1 (1957)
S.211-52.
K. Briegleb, Ästhetische Sittlichkeit. Versuch über F. Sch.'s System-
entwurf zur Begründung der Dichtungskritik, Tübingen 1962.
E. Klin, Die frühromantische Literaturtheorie F. Sch.'s, Wroclaw
1964. Ders., Die hermeneutische und kritische Leistung F. Sch.'s in
den romantischen Krisenjahren, Wroclaw 1971.
K. K. Polheim, Die Arabeske. Ansichten und Ideen aus F. Sch.'s Poe-
tik, Paderborn 1966.
R. Belgardt, Romantische Poesie. Begriff und Bedeutung bei F. Sch.,
The Hague-Paris 1969.
F. N. Mennemeier, F. Sch.'s Poesiebegriff dargestellt anhand der lite-
raturkritischen Schriften. Die romantische Konzeption einer objek-
tiven Poesie, München 1971.
E. Huge, Poesie und Reflexion in der Ästhetik des frühen F. Sch.,
Stuttgart 1971.
H.-W. Weber, F. Sch.'s »Transzendentalpoesie«. Untersuchungen zum
Funktionswandel der Literaturkritik im 18. Jahrhundert, München
1973.
b) Philosophie und Religion:
W. Dilthey, Leben Schleiermachers, Berlin 1870; 2. Aufl. hg. von H.
Mulert, Berlin-Leipzig 1922, über Sch., S. 240 ff.
P. Lerch, F. Sch.'s philosophische Anschauungen in ihrer Entwick-
lung und systematischen Ausgestaltung, Berlin 1905.

13
F. Lederbogen, F. Sch.'s Geschichtsphilosophie. Ein Beitrag zur Gene-
sis der historischen Weltanschauung, Diss. Leipzig 1908.
B. v. Wiese, F. Sch. Ein Beitrag zur Geschichte der romantischen
Konversionen, Berlin 1927.
F. [mle, F. v. Sch's Entwicklung von Kant zum Katholizismus, Pa-
derborn 1927.
H. Folwartschny, F. Sch.'s Verhältnis zur Philosophie. Ein Beitrag
zur deutschen Geistesgeschichte im Ausgang des 18. Jahrhunderts,
Diss. Breslau 1930.
O. Rothermel, F. Sch. und Fichte, Gießen 1934; Nachdruck: Amster-
dam 1968.
J. Kärner, F. Sch.'s philosophische Lehrjahre, Einleitung zu: F. Sch.
Neue philosophische Schriften, erstmals in Druck gelegt, erläutert
und mit einer Ein!. in F. Sch.'s philosophischen Entwicklungsgang
versehen von J. K., Frankfurt 1935, S. 3-114.
L. Wirz, F. Sch.'s philosophische Entwicklung, Bonn 1939.
J.-J. Anstett, La pensee religieuse de F. Sch., Paris 1941.
A. DemPf, Der frühe und der späte F. Sch., in: A. D., Weltordnung
und Heilsgeschehen, Einsiedeln 1958, S. 79 H.
E. Behler, Die Kulturphilosophie F. Sch.'s, ZfphF 14, 1· (1960),
S. 68 H. Vgl. auch E. B., F. Sch. und Hegel, Hegel-Studien 2
(1963), S. 203-50. Und: Ders., KA VIII (1975), Einleitung.
H.-J. Heiner, Das Ganzheitsdenken F. Sch.'s. Wissenssoziologische
Deutung einer Denkform, Stuttgart 1971.
B. Lypp, Xsthetischer Absolutismus und politische Vernunft. Zum
Widerstreit von Reflexion und Sittlichkeit im deutschen Idealis-
mus, Frankfurt 1972, über Sch., S. 23-94.
K. Peter, Idealismus als Kritik. F. Sch.'s Philosophie der unvollende-
ten Welt, Stuttgart 1973.
J. Härisch, Die fröhliche Wissenschaft der Poesie. Der Universali-
tätsanspruch von Dichtung in der frühromantischen Poetologie,
Frankfurt 1976.
c) Staat und Politik:
F. Meinecke, Weltbürgertum und Nationalstaat, 1907, 9. Auf!., hg.
und einge!. von H. Herzfeld, München 1963, über Sch., S. 58-83.
R. Volpers, F. Sch. als politischer Denker und deutscher Patriot, Ber-
lin-Leipzig 1917.
C. Schmitt, Politische Romantik, 2. Auf!., München-Leipzig 1925.
P. Kluckhohn, Persönlichkeit und Gemeinschaft. Studien zur Staats-
auffassung der deutschen Romantik. Halle 1925, über Sch.,
S.59-63.
J. Baxa, Einführung in die romantische Staatswissenschaft, 2. erwei-
terte Auf!., Jena 1931.
H. Reiss, The Political Thought of the German Romantics
(1793-1815), Oxford 1955; deutsch: H. R., Politisches Denken in

14
der deutschen Romantik, Bern-München (Dalp :raschenbücher 386)
1966, über Sch., S.40-45.
A. Kuhn, Die Staats- und Gesellschaftslehre F. Sch.'s, Diss. München
1959.
G. P. Hendrix, Das politische Weltbild F. Sch.'s, Bonn 1962.
E. Behler, KA VII (1966), Einleitung.

15
II. LEBEN UND WERK

Historische Voraussetzungen und Zusammenhänge

Friedrich Schlegels Karriere begann und endete in einem


Deutschland, das in zahlreiche (um 1790 ca. 300) souveräne
Staaten und Fürstentümer zerspalten war. Abgesehen von den
wenigen Ausnahmen, wo landständische Verfassungen überlebt
hatten und die Stände alte Rechte verteidigten (wie z. B. in
Württemberg), erlaubte die herrschende Regierungsform, der
Absolutismus, den Untertanen keinerlei Mitbestimmung in der
Regierung des Landes, auch nicht, wo die Herrscher aufgeklärt
waren (wie in Preußen) und Reformen einleiteten, die das Los
der Bevölkerung erleichtern sollten. Die Politik war das aus-
schließliche Privileg der Fürsten, die ihre Ratgeber, meist Adli-
ge, ihren Interessen entsprechend wählten. Im Widerspruch zu
der Fürstenherrschaft, die von der Kirche gestützt wurde,
stand die ökonomische Entwicklung, d. h. die wachsende Be-
deutung von Industrie und Handel. Wie in England und
Frankreich erstarkte im Zuge dieser Entwicklung auch in
Deutschland das Bürgertum, anders als in England und Frank-
reich aber verhinderte die Vielstaaterei, daß dieses Bürgertum
auch in Deutschland zu einer Macht heranwuchs, die sich poli-
tisch hätte emanzipieren können. Während in England das
Bürgertum bereits 1688 die Mitbestimmung in der Regierung
des Landes erkämpft hatte und in Frankreich 1789 die Revolu-
tion der Fürstenherrschaft ein Ende bereitete, fand sich das
Bürgertum in Deutschland auch am Ausgang des Jahrhunderts
noch ohne Hoffnung auf politische Repräsentation.
Die bürgerliche Intelligenz, von der Macht im Staate ausge-
schlossen, nahm für sich das Recht in Anspruch, über Tugend
und Laster zu entscheiden, etablierte in ausgesprochener Kon-
kurrenz zum Gesetz des Staates, hinter dem die Gewalt des
Fürsten stand, das Gesetz der Moral. (Vgl. R. Koselleck, »Kri-
tik und Krise«.) Dessen Verbreitung dienten die Institutionen,
die im 18. Jh. die >bürgerliche öffentlichkeit< begründeten.
(Vgl. J. Habermas, »Strukturwandek) Philosophie und Lite-
ratur propagierten Wertkategorien, die, indem sie zu denen der
bestehenden gesellschaftlichen Ordnung in Konkurrenz traten,
deren Autorität in Frage stellen mußten. Freilich führte der
Anspruch, den die avanciertesten Schriftsteller gegenüber der
Gesellschaft damit erhoben, in Deutschland kaum zu politi-
schen Konsequenzen. (Die bekannteste Ausnahme: Georg For-

16
ster.) Trotzdem läßt die Progressivität der bürgerlichen Intelli-
genz sich daran messen, wie weit sie von diesem Anspruch auf
die Notwendigkeit von Veränderungen schloß.
Schriftsteller war im 18. Jh. noch kein Beruf, von dem man
leben konnte. Lessing hatte es versucht und einige Zeit durch-
gehalten, aber schließlich war auch er als Bibliothekar in die
Dienste eines Fürsten getreten. Das lesende Publikum war im
Laufe des Jahrhunderts zwar gewaltig angewachsen, blieb je-
doch auch am Ende des Jahrhunderts noch auf eine relativ
schmale Schicht von Gebildeten beschränkt, von denen im üb-
rigen nur die wenigsten anspruchsvollere Bücher kauften.
Selbst bedeutende und für die Verhältnisse damals populäre
Publikationen erreichten nur kleine Auflagen. Die Jenaer >All-
gemeine Literaturzeitung< (1785-1849) z. B., das Rezensions-
organ mit der am Ende des Jahrhunderts weitesten Verbrei-
tung, erschien in einer Auflage von nur 2000 Exemplaren. Von
Schillers >Horen< (1795-97) wurden im ersten Jahr über 2000
Exemplare verkauft, danach ging die Auflage jedoch stark zu-
rück: im zweiten Jahr sank sie auf 1500, im dritten gar unter
1000. Der Verleger Göschen brachte Goethes Werke
(1787-90) in einer Auflage von 2000 Exemplaren heraus,
dazu eine billigere Ausgabe von 3000. Es gab jedoch nur 602
Subskribenten und nach zwei Jahren war die Ausgabe darüber
hinaus nur noch 536mal verkauft worden. Die Einnahmen der
Schriftsteller blieben, selbst wo die Verleger gut zahlten, ge-
ring. Hinzu kam, daß anders als in England (seit 1710) in
Deutschland noch kein Copyright Gesetz Raubdrucke verbot,
von denen es viele gab.
Nicht nur die politischen, auch die ökonomischen Verhält-
nisse übten so eine wirkungsvolle Zensur gegenüber Schriften
aus, die sich kritisch äußerten. Um so sensationeller wirkte es,
als sich nach 1789 der Philosoph Johann Gottlieb Fichte in ei-
ner Reihe zunächst anonym erscheinender Schriften für die
Französische Revolution einsetzte, indem er ihre Berechtigung
moralisch begründete. Auch seine Philosophie, die 1794 erst-
mals publizierte »Wissenschaftslehre«, verstand er mit ihrer
Lehre von der absoluten Freiheit des Ich als das Zerreißen von
traditionellen Fesseln und damit als Ausdruck der revolutionä-
ren Tendenzen der Zeit. Auf die um 1770 geborenen Philoso-
phen und Schriftsteller, die in den 90er Jahren zu schreiben be-
gannen und zusammen mit Kant und Fichte zu den Hauptver-
tretern der Philosophie des Deutschen Idealismus wurden, auf
Hegel und Hölderlin, auf F. Schlegel, Novalis und Schelling

17
übte Fichtes Lehre einen entscheidenden Einfluß aus. Sie alle
sympathisierten mit der Revolution. Da für die Verwirkli-
chung ihrer Ziele in Deutschland jedoch die nötigen Vorausset-
zungen fehlten, blieben sie mit ihren Ideen weitgehend allein.
Die Isolation und die Suche nach Bundesgenossen, nach
Freundschaft und Liebe, um dieser Isolation zu entrinnen, wur-
de für sie zur zentralen Erfahrung. Als Schriftsteller - Philoso-
phen oder Dichter - gehörten sie zu der kulturellen Elite, die
ihre überlegenheit als Trennung erfuhr und deshalb stets auf
der Suche nach ihrer Identität war, nach der Einheit nicht nur
mit den Mitmenschen, ihrer Klasse, sondern am Ende auch mit
dem eigenen Selbst. Denn ihre ökonomische Lage erlaubte ih-
nen nicht, allein ihrer Aufgabe zu leben, zwang sie zu unterge-
ordneten Stellungen als >Hofmeister< oder Beamte, in die Ab-
hängigkeit also von Verhältnissen, gegen die sie literarisch re-
bellierten. Der >freie< Schriftsteller, das lehrt gerade das Bei-
spiel F. Schlegels, blieb stets auf die Hilfe von Verwandten
und Freunden angewiesen.
Neben Novalis war F. Schlegel als idealistischer Philosoph
zugleich der entscheidende Literaturtheoretiker der ersten Pha-
se der Romantik, der Frühromantik (ca. 1795-1801), und nach
der Jahrhundertwende als Philosoph und Historiker ein
Hauptvertreter der späteren Romantik. Die Romantik war je-
doch nicht nur mit der idealistischen Philosophie aufs engste
verbunden, sondern - ebenso wie diese Philosophie auch -
durch zahlreiche Entwicklungslinien mit der Au/klärung und
dem Sturm und Drang, und sie teilte die Epoche mit der Klas-
sik. Von der Aufklärung und dem Sturm und Drang unter-
scheidet sie die Erfahrung der Revolution, von der Klassik,
daß sie die Versöhnung mit der gesellschaftlichen Realität
ablehnte. Während Goethe und Schiller in Weimar eine Kultur
zu begründen suchten, die im Schutz der aufgeklärten Monar-
chie einer Elite von Gebildeten ein >humanes< Leben ermögli-
chen sollte, lehnten die Romantiker ein solChes Bündnis mit
dem Bestehenden ab. Nach der Enttäuschung der revolutionä-
ren Hoffnungen in der Frühromantik wandten sie sich daher
Gegenständen zu wie Vergangenheit und Märchen, Volksdich-
tung und Mythus, Religion und Natur, Psychologie und
Krankheit. Der Zusammenhang von idealistischer Philosophie
und romantischer Dichtung spiegelt so die Entfremdung meist
bürgerlicher Autoren von der Wirklichkeit, in der sie sich nicht
zu Hause fühlten. Dies kommt in F. Schlegels Werk exempla-
risch zum Ausdruck. Darin besteht bis heute seine Bedeutung.

18
Literatur:
W. H. Bruford, Germany in the Eighteenth Century. The Sodal
Background of the Literary Revival, Cambridge 1935, 71968. Ders.,
Die gesellschaftlichen Grundlagen der Goethezeit, 1975 (Ullstein-TB
3142). H. Gerth, Die sozialgeschichtliche Lage der bürgerlichen Intel-
ligenz um die Wende-des 18. Jahrhunderts, Diss. Berlin 1936. Neu-
auflage 1976 unter d. Titel »Bürgerliche Intelligenz um 1800«. N.
Elias, über den Prozeß der Zivilisation. Soziogenetische Untersu-
chungen, 1939; neuerdings: stw 158, Bd. I, 21977, S.1-42: Zur So-
ziogenese des Gegensatzes von »Kultur« und ,.Zivilisation« in
Deutschland. H. Brunschwig, La crise de l'chat prussien a la fin du
18. siede et la genese de la mentalite romantique, Paris 1947; dt.
1977 (Gesellschaft und Romantik in Preußen im 18. Jh.). G. Lukacs,
Kurze Skizze einer Geschichte der neueren deutschen Literatur, 1953,
Neuauflage: 1963, (Sammlung Luchterhand 194) 1975, S.23-43:
Größe und Grenzen der deutschen Aufklärung; S.44-63: Das Zwi-
schenspiel des klassischen Humanismus; S. 64-87: Die Romantik als
Wendung in der deutschen Literatur. A. Hauser, Sozialgeschichte der
Kunst und Literatur, 2 Bde., 1953, Sonderausgabe in 1 Bd. 1967,
S.617-48: Deutschland und die Aufklärung; S.682-750: Die deut-
sche und die westeuropäische Romantik. R. Koselleck, Kritik und
Krise. Ein Beitrag zur Pathogenese der bürgerlichen Welt, 1956; 1973
(stw 36). f. Habermas, Strukturwandel der öffentlichkeit. Untersu-
chungen zu einer Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft, 1962; 1976
(Slg. Luchterhand 25). H. f. Haferkorn, Zur Entstehung der bürger-
lich-literarischen Intelligenz und des Schriftstellers in Deutschland
zwischen 1750 und 1800, in: B. Lutz (Hg.), Deutsches Bürgertum
und literarische Intelligenz 1750-1800, (Metzler Literaturwissen-
schaft und Sozialwissenschaften 3), 1974, S. 113-275.

1. Frühe Jugend (1772-93): Hannover, Göttingen, Leipzig

Carl Wilhelm Friedrich Schlegel wurde am 10. März 1772 in


Hannover geboren. Er war der Sohn Johann Adolf Schlegels
(1721-93) und dessen Frau Johanna Christiane Erdmuthe
(geb. Hübsch).
Die Schlegels konnten auf eine lange und verzweigte Familientra-
dition zurückblicken, in der sich seit dem 17. Jh. die Namen bedeu-
tender Pastoren, Juristen, Beamter und Schriftsteller finden. Der Ur-
großvater F. Schlegels, Christoph Schlegel (1613-78) war wegen sei-
ner Verdienste als Prediger in Leutschau 1651 von Ferninand IH. mit
dem Beinamen >von Gottleben< geadelt worden. Während die Familie
im 18. Jh. von dem Adelstitel keinen Gebrauch machte, ließen F.
Schlegel und sein Bruder August Wilhelm den Titel während des
Wiener Kongresses erneuern. - Der Großvater Friedrichs, Johann

19
Friedrich Schlegel (1689-1748), hatte als Appellationsrat und Stifts-
syndikus in Meißen hohe Kmter in der protestantischen Kirche inne.
Ein unveröffentlicht gebliebener Gedichtband zeugt von seinen litera-
rischen Neigungen. Von seinen 13 Kindern zeichneten sich drei Söhne
durch außerordentliche Leistungen aus: der Dramatiker und Litera-
turkritiker Johann Elias Schlegel (1719-49), F. Schlegels Vater Jo-
hann Adolf Schlegel und Johann Heinrich Schlegel (1724-80), der
in Kopenhagen königlich dänischer Bibliothekar und Historiograph
wurde und eine zweibändige "Geschichte der Könige von Dänemark«
schrieb. F. Schlegels Vater, Johann Adolf, wurde während seines
Theologiestudiums in Leipzig von seinem älteren Bruder Johann Elias
in den Dichterkreis um Gellert, Rabener, Cramer und Gärtner einge-
führt und redigierte vorübergehend die ,Bremischen Beiträge<. Er
übersetzte Batteux' Buch »Les beaux arts reduits a un m~me princi-
pe«, dessen Neoklassizismus er kritisch kommentierte. Seine Karriere
als protestantischer Geistlicher brachte ihn 1745 als Pastor und Pro-
fessor der Theologie und Metaphysik an das Gymnasium in Zerbst
und, als er einen Ruf an die damals neue Universität in Göttingen
ablehnte, als Pastor an die Marktkirche in Hannover. Hier avancier-
te er zum Konsistorialrat und wurde dann Pastor an der Neustädter
Hof- und Stadtkriche und Generalsuperintendent für Hoya und Ca-
lenberg. Seinen literarischen Neigungen folgte er in Hannover mit
der Edition mehrerer Bände mit Kirchenliedern.

Die gebildete Bürgerlichkeit dieser Familientradition be-


stimmte auch die Lebensläufe der sieben Kinder Johann Adolf
Schlegels. Die beiden ältesten Söhne wurden Pfarrer, der dritte
Sohn, Carl August (1761-89) zog im Dienst des englischen
Königs nach Indien, stellte dort eine Karte des Landes her und
verfaßte eine Schrift über dessen Geographie. Von den beiden
Töchtern der Familie, Henriette und Charlotte, spielte Char-
lotte (gest. 1826), die in Dresden mit dem Hofbeamten Ludwig
Emanuel Ernst verheiratet war, eine wichtige Rolle in Fried-
richs späterem Leben. Die beiden jüngsten Söhne schließlich
waren die beiden Romantiker August Wilhelm (1767-1845)
und Friedrich, die wegen ihrer Zusammenarbeit und engen gei-
stigen Gemeinschaft als die Brüder Schlegel bekannt wurden.
August Wilhelm war der Liebling der Familie, früh fiel seine
Begabung auf, im Gymnasium glänzte er bereits mit seinem li-
terarischen Talent. Friedrich dagegen bereitete der Familie
Kummer: in sich zurückgezogen erschien das Kind schwer er-
ziehbar und zudem von labiler Gesundheit. Sei es, daß der Va-
ter von Geschäften überlastet war und der Erziehung des jüng-
sten Sohnes nicht genügend Aufmerksamkeit schenken konnte,
sel es aus Gesundheitsgründen: das Kind wurde dem Bruder

20
des Vaters, Johann August, der auf dem Land in Rehburg eine
Pfarrei besaß, zur Erziehung überlassen und, als der Onkel be-
reits 1776 starb, dem ältesten Sohn der Familie, Moritz, der
ebenfalls Landpfarrer war. über diese frühen Jahre ist wenig
bekannt. 1785 wohnte Friedrich dann wieder bei den Eltern in
Hannover; er hat jedoch nie ein enges Verhältnis zu der Fami-
lie gewonnen. Trotzdem respektierte er auch später noch die
Familientradition und fürchtete lange, ihr mit seinen Leistun-
gen nicht zu genügen. Der für bürgerliche Intellektuelle cha-
rakteristische Konflikt zwischen dem Streben nach gesellschaft-
lichem Erfolg und Ansehen und der Existenz als Schriftsteller,
die dieses Streben nie ganz befriedigen kann, hatte bei Schlegel
hier seinen Grund. In der Familie galt Friedrich stets als Sor-
genkind. 1788 schickte man ihn daher nach Leipzig zu dem
Bankier Schlemm, um eine Kaufmannslehre zu absolvieren.
Man hoffte, mit einer soliden bürgerlichen Ausbildung seinem
Hang zum Grübeln entgegenzuwirken. Friedrich selbst scheint
diese Hoffnung geteilt zu haben, flehte aber den Vater schon
nach kurzer Zeit an, ihn wieder nach Hause kommen zu lassen.
Völlig niedergeschlagen über den Mißerfolg kehrte er nach
Hannover zurück. Aus dieser Depression riß ihn der Enthusias-
mus, mit dem er damals begann, das klassische Altertum, vor
allem die griechische Sprache und Geistesgeschichte zu studie-
ren. Mit diesem Studium schuf Schlegel die Basis für seine aus-
gedehnten und gründlichen Kenntnisse nicht nur der antiken,
sondern schließlich auch der modernen Philosophie und Dich-
tung. Die Intensität, mit der er arbeitete war typisch: auch
später erfaßte ihn, wenn eine Sache ihn begeisterte, eine wahre
Arbeitswut. Sie war und blieb die andere Seite seiner Depres-
sionen, die auch in Zukunft immer wieder auftraten.
1790/91 besuchte F. Schlegel zusammen mit seinem Bruder
August Wilhelm die Universität Göttingen. Dieses Jahr, in dem
sie zusammen studierten, begründete die >Freundschaft< der
Brüder, die zunächst besonders für Friedrich sehr wichtig wur-
de: der ältere Bruder befreite ihn aus seiner Einsamkeit und zeig-
te ihm den Weg zu einer Karriere als Schriftsteller und Gelehr-
ter. August Wilhelm, der nach Göttingen gekommen war, um
Theologie zu studieren, hatte sich sehr schnell der Philologie
zugewandt. Sein Lehrer war der Altphilologe Heyne, dessen
Vergil-Ausgabe er ein Register beifügte, das ihn schon damals
als Gelehrten empfahl. Außerdem ver faßte er 1787 eine viel ge-
rühmte Preisschrift »De geographia Homerica commentatis«
und fiel bereits als übersetzer Dantes und Shakespeares auf.

21
Bürger, den August Wilhelm als Dichter verehrte, half ihm,
sich als Kritiker zu etablieren; als Student veröffentlichte er
schon Rezensionen in den >Göttinger Gelehrten Anzeigen< und
Aufsätze über literarische Gegenstände. Für Friedrich wurde er
durch solche Tätigkeiten zum bewunderten Vorbild. Friedrich
freilich war nach Göttingen gekommen, um Jura zu studieren.
Wie schon die Kaufmannslehre sollte auch das Jurastudium da-
für sorgen, dem unruhigen Geist eine solide bürgerliche Grund-
lage zu schaffen. 1791 schrieb er darüber dem Bruder: »Das ju-
ristische Studium betrachte ich viel ernsthafter wie Du. - Es
scheint mir viel seiner bürgerlichen Bestimmung gut zu erfül-
len, und ich werde immer darnach streben.« (WalzeI, 9 f.) Tat-
sächlich aber besuchte er mit seinem Bruder zusammen die
Lehrveranstaltungen Heynes, hörte er Vorlesungen in Ge-
schichte und Philosophie, selbst in Medizin und Mathematik,
las er Werke von Herder, Kant, Hemsterhuis, Winckelmann
und Dalberg. Die Geistesgeschichte stand deutlich im Vorder-
grund.
1791 trennten sich die Brüder. August Wilhelm schloß sein
Universitätsstudium ab und wurde Hauslehrer bei dem Bankier
Muilman in Amsterdam. Friedrich setzte seine Studien, offiziell
immer noch Jura, in Leipzig fort. Der Briefwechsel der bei den
ist das wichtigste Dokument dieser frühen Jahre. Erhalten sind
allerdings nur die Briefe Friedrichs, da August Wilhe1m Doro-
thea Schlegel nach Friedrichs Tod bat, seine eigenen Briefe an
Friedrich zu vernichten.
Ein Hauptgegenstand der Briefe, die F. Schlegel aus Leipzig nach
Amsterdam schickte, ist die Literatur: Friedrich berichtete über seine
Lektüre und über Neuerscheinungen. Von Herder ist die Rede, von
Klinger, Schiller, Voltaire und Wieland. Außerdem las und studierte
er Kant, Klopstock, Goethe, Hemsterhuis und Spinoza und seine
Kommentare erweiterten sich oft zu kleinen Abhandlungen. Er
machte sich Gedanken über die Asthetik und die Geschichte und als
der Bruder ihn fragte, ob er bei all dem nicht Lust zur Schriftstelle-
rei bekomme, antwortete er: »Allerdings habe ich sehr viel Plane
dazu, und ich glaube ich werde die meisten ausführen; nicht sowohl
aus Liebe zum Werke als aus einem Triebe, der mich von früh an
schon beseßen, dem verzehrenden Triebe nach Thätigkeit, oder wie
ich ihn noch lieber nennen möchte die Sehnsucht nach dem unendli-
chen.« (Walzei, 18) - Wie in das Werden des Schriftstellers Schle-
gel, so geben die Briefe auch wertvolle Einblicke in seinen Charakter.
Mit einer Hamlet-Interpretation z. B. versuchte er seine eigene >Tra-
gik< literarisch zu formulieren: bei Hamlet gehe die »Verzweiflung
des Gefühls« am Ende in die "höchste Verzweiflung des Verstandes«

22
über. Von sich selbst stellte er darauf fest: »über den gemeinen Pö-
bel der Sünder setze ich mich hoch weg; aber ich fühle es oft, recht
viel bin ich nicht werth.« Er hielt sich für »seelenkrank« und erklär-
te: »Was ich aber eigentlich am meisten an mir zu tadeln habe, dafür
finde ich keine Worte, es auszudrücken; es gehört mit dahin daß die
seltsamsten Absprünge von der höchsten Höhe zur tiefsten Tiefe mei-
nem Gefühl so gewöhnlich sind.« (24 H.) Die »Sehnsucht nach dem
unendlichen «, die ihn zur Schriftstellerei trieb und über andere Men-
schen scheinbar erhob, war auch der Grund seiner dauernden Enttäu-
schungen. Und das nicht nur im Literarischen: Liebe und Freund-
schaft waren ihm ebenfalls nie groß genug, und selbst die Freund-
schaft zu seinem Bruder, fürchtete er, sei am Ende nicht vollkom-
men. (Vgl. 73) Er wußte, daß er »ewig unbefriedigt seyn würde«
(11) und verriet, daß Selbstmord sein »täglicher Gedanke. sei (70).
- Ausführlich schilderte Friedrich dem Bruder seine LiebesaHäre
mit einer Dame der Leipziger Gesellschaft. (55 H.) Es war nicht seine
erste Liebe. In Hannover hatte er sich in Caroline Rehberg, die
Tochter einer mit den Schlegels befreundeten Familie, verliebt. (Ca-
roline war die Schwester des bekannten konservativen Schriftstellers
August Wilhelm Rehberg (1757-1836].) Diese erste Liebe endete da-
mit, daß Friedrich, wie er selbst gestand, »aus jugendlichem Unsinn
der R. gutgemeyntes Wohlwollen zurückstieß. (65). Auch die Leipzi-
ger Affäre bewies seine Unreife. Die Heftigkeit seiner Leidenschaft
einerseits und die durch unausgesetzte Selbstreflexion produzierten
Hemmungen andererseits erzeugten nur neues Leiden. In der stark
autobiographischen »Lucinde« hat er später diese frühen Liebeserleb-
nisse verarbeitet.
In diese Leipziger Jahre fiel 1792 die erste Freundschaft mit
Friedrich von Hardenberg (Novalis) (1772-1801), dessen Be-
gabung Schlegel sofort richtig erkannte. Auch hier scheint der
schwierige Charakter Schlegels zu frühen Spannungen geführt
zu haben. (Vgl. Walzel, 34, 68 f.) Im Mai 1792 fand im Hause
Körners in Dresden die erste Begegnung Schlegels mit Schiller
statt. (Walzei, 45 f.) Schiller machte auf Schlegel den Eindruck
eines »großen Mannes«, zu einer fruchtbaren Annäherung kam
es jedoch nicht: Schiller wurde durch Schlegels Wesen abgesto-
ßen und konnte auch in Zukunft diese Abneigung nie überwin-
den. - Wichtig wurde in dieser Leipziger Zeit vor allem die
Wiederbegegnung mit Caroline Böhmer (1763-1809). August
Wilhelm und Friedrich hatten die Tochter des Göttinger
Orientalisten Michaelis in Göttingen kennengelernt, wo sie als
junge Witwe des Clausthaler Arztes Böhmer bei ihren Eltern
wohnte. August Wilhelm hatte sie heftig umworben. Von Am-
sterdam aus blieb er in brieflichem Kontakt mit ihr; in den
Briefen der beiden Brüder ist oft von ihr die Rede. Seit Anfang

23
1792 wohnte Caroline in Mainz im Hause Georg Forsters, der
mit einer ihrer Jugendfreundinnen verheiratet war. Im Okto-
ber 1792 erlebte sie in Mainz die Besetzung der Stadt durch die
französischen Revolutionstruppen unter Custine und begeister-
te sich in der Folge für die neugegründete Republik. Als sie
während der Belagerung der Stadt im Sommer 1793 Mainz
verließ, wurde sie verhaftet und als Geisel auf die Festung Kö-
nigstein im Taunus gebracht. Nach ihrer Freilassung versteckte
sie A. W. Schlegel, der von Amsterdam herbeieilte, in Lucka
bei Leipzig, da sie, als »Revolutionärin«, überall in Deutsch-
land persona non grata war. Weil August Wilhelm nach Hol-
land zurückkehren mußte, kümmerte sich in ihrem Versteck
vor allem Friedrich um sie. (Vgl. WalzeI, 98 ff.) Während er
sie über ihre Lage tröstete, hatte sie einen nicht weniger positi-
ven Einfluß auf ihn. Er selbst gestand: »Carolinens Meynung
ist seit der letzten Zeit von großem Werthe für mich gewesen,
was mich über alles stärkte und freute. [ ... ] sie hat meine
Freundschaft auf immer. Ich bin durch sie beßer geworden.«
(WalzeI, 149) Durch sie begann er, sich für die große Politik
zu interessieren: »Seit einigen Monaten nun ist es meine liebste
Erhohlung geworden, dem mächtigen räthselhaften Hange der
Zeit-Begebenheiten zu folgen.« Den von zu Hause her Konser-
vativen gewann Caroline für die Revolution. Er bewunderte ihre
»Begeistrung für eine große öffentliche Sache« (WalzeI, 127 f.)
und verteidigte gegen den Bruder die französischen Ereignisse:
»Ich wünsche die Erhaltung der französischen Freiheit.« (Wal-
zel,145)
Literatur:
Das meiste Material über Sch.'s Kindheit und frühe Jugend ist zu-
sammengetragen in: C. Enders, F. Sch. Die Quellen seines Wesens
und Werdens, 1913. Vgl. außerdem: I. Rouge, Frederic Sch. et la
genese du romantisme allemand, Paris 1904, 5.1-44. H. W. Ziegler,
F. Sch.'s Jugendentwicklung, Archiv für die ges. Psychologie 60
(1927), 5.1-128.

2. Literarische Anfänge (1794-97): Dresden, Jena


Im Januar 1794 zog Schlegel - hauptsächlich aus finanziel-
len Gründen - von Leipzrg nach Dresden um. Geldsorgen
verfolgten ihn fortan bis zu seinem Tod. In Leipzig hatte ihn
August Wilhe1m immer wieder großzügig unterstützt und er
tat dies auch in Zukunft noch oft, in Dresden rechnete Fried-
rich mit finanzieller Entlastung durch seine Schwester Charlot-

24
te. Außerdem hoffte er, in der neuen Umgebung und inspiriert
durch die Dresdener Antikensammlung endlich einige der zahl-
reichen literarischen Pläne verwirklichen zu können. Das Jura-
Studium hatte er in Leipzig bereits aufgegeben, eine Hofmei-
ster-Stelle wollte er nach Möglichkeit nicht annehmen. (V gl.
WalzeI, 137) Er widmete sich jetzt ausschließlich der Literatur,
insbesondere, wie schon die letzten Briefe aus Leipzig bezeu-
gen, der griechischen.
Der Umfang dieser 'Pläne war das Haupthindernis zu ihrer
Ausführung. Was ihm damals vorschwebte, berichtete Schlegel
dem Bruder im April 1794: »Das Meiste, was Du verlangst ist
schon geschehen; das Werk ist aber von noch größerm Umfan-
ge, als Du angiebst. - Die Geschichte der Griechischen Poesie
ist eine vollständige Naturgeschichte des Schönen und der
Kunst daher ist mein Werk - Aesthetik. Diese ist bisher noch
nicht erfunden, sie ist das philosophische Resultat der Ge-
schichte der Aesthetik und auch der einzige Schlüßel dersel-
ben.« (WalzeI, 173) In der Nachfolge Winckelmanns und des-
sen »Geschichte der Kunst des Altertums« (1764) wollte er die
Darstellung der Geschichte der antiken Dichtung mit der einer
normativen Ksthetik verbinden. Aus dem Umkreis dieser Pro-
blematik, zu der, wie er im Juli Novalis mitteilte, auch »eine
Geschichte der Griechischen Moral, vorzüglich von Socrates
an« und »ein System Griechischer Politik (Geschichte und
Geist der Staaten und Verfassungen, Politische Philosophie)«
gehörten (Novalis IV, 362), veröffentlichte er schließlich neben
einigen Aufsätzen vor allem zwei umfangreichere Bände: 1797
erschien der erste und einzige Band des mehrbändigen Projekts
»Die Griechen und Römer«, 1798 die großangelegte »Geschich-
te der Poesie der Griechen und Römer«, von dieser allerdings
nur die erste Abteilung des ersten Bandes. Keines der beiden
Werke wurde fortgesetzt. Der erste dieser Bände enthielt neben
den beiden schon vorher publizierten Studien ȟber die Dar-
stellung der Weiblichkeit in den griechischen Dichtern« (zuerst
1794) und »über die Diotima« (zuerst 1795) die Abhandlung
»Ober das Studium der griechischen Poesie«.
Diese Abhandlung ist die umfangreichste und in sich ge-
schlossenste der damaligen Arbeiten Schlegels. Sie ist zugleich
die bedeutendste, weil Schlegel hier eine Geschichtskonzeption
entwickelte, die die griechische Poesie erstmals in ein Verhält-
nis zur modernen setzte. Diese Konzeption wurde wegweisend
für den gesamten Idealismus. In dem Gegensatz von »Objekti-
vität« und »Interesse« versuchte Schlegel die Eigentümlichkeit

25
der griechischen Kulmr von der nachantiken abzuheben. Bei
den Griechen, erklärte er, bildete die Poesie mit der Gesamt-
heit des gesellschaftlichen Lebens eine »natürliche« Einheit, die
in der nachantiken, der modernen Welt verloren ging. Schuld
daran sei die Entfaltung der »Subjektivität«, des »interessan-
ten« Individuums. Die moderne Kultur sei deshalb in sich zer-
splittert und Ausdruck einer »Krise«. Diese gelte es zu überwin-
den, freilich nicht durch eine Rückkehr zur Vergangenheit,
sondern dadurch, daß aus der »Subjektivität« selber ein neues
»Objektives« erzeugt wird. Die Tendenz dazu sah Schlegel in
den Werken Goethes. Geistesgeschichtlich besteht die Bedeu-
tung dieser Abhandlung in der Verbindung der normativen
Ksthetik noch Winckelmanns mit dem Historismus Herders.
Mit dem Dreischritt des historischen Prozesses knüpfte er an
die christliche Typologie an, wie sie im 18. Jh. vor allem die
Geschichtskonstruktionen der Pietisten überlieferten, konkreti-
sierte den Prozeß jedoch im Sinne der Dialektik, derzufolge
die »Krise« als Antithese einer These die Voraussetzung von
beider Synthese ist. Khnliche Konzeptionen entwickelten nach
Schlegel vor allem Novalis und Hege!. Der Gegensatz von
»objektiv« und »interessant« erinnert zudem an Schillers Ab-
handlung »über naive und sentimentalische Dichtung«, die zur
gleichen Zeit entstand. Schiller definierte seine Kategorien je-
doch noch ohne die historische Konsequenz, die sie bei Schlegel
besitzen.
Mit dem »Studium«-Aufsatz gelang Schlegel damit nicht nur
die historische Definition der Antike, sondern auch und insbe-
sondere die der Moderne und der eigenen Gegenwart. Zwar er-
scheint diese, da sie von der Antike - als »Krise« - negativ
unterschieden wird, anfangs noch a la Winckelmann als das
Gegenteil des Schönen. Aber nicht nur die engagierte Beschrei-
bung vor allem der Werke Shakespeares, die im Zentrum des
»Interessanten« stehen, zeigt einen Wandel der Beurteilung;
die historische Konzeption im ganzen, die die bessere Zukunft
aus der schlechten Gegenwart hervorgehen läßt, setzt auch auf
diese Gegenwart einen Akzent, der deutlich über die »Graeco-
manie« nicht nur Winckelmanns, sondern Schlegels selbst hin-
ausweist. Die überwindung der gegenwärtigen »Krise«, des
»Interessanten«, sah Schlegel in deutlicher Parallele zu den Er-
eignissen in Frankreich. Ksthetische und politische Revolution
bildeten ihm eine Einheit. Diese Aktualisierung seines Interesses
an den Griechen wurde die Voraussetzung der Literaturtheorie,
die er in den folgenden Jahren ausarbeitete.

26
Schlegels Teilnahme an der aktuellen Politik unterstreichen
darüber hinaus zwei Schriften, die ebenfalls in der Dresdner
Zeit entstanden: die Rezension von Condor~ets »Esquisse d'un
Tableau Historique des Progres de l'Esprit Humain«, die 1795
in Niethammers >Philosophischem Journal< erschien, und vor
allem der Aufsatz »über den Begriff des Republikanismus«,
den er 1796 in Reichardts >Deutschland< publizierte und der
sich mit Kants Schrift »Zum ewigen Frieden« (1795) auseinan-
dersetzt. In der Condor~et-Rezension diskutierte Schlegel Con-
dor~ets Begriff der Geschichte und kritisierte dessen Rationalis-
mus; Schlegel bewunderte jedoch Condor~ets Zuversicht in den
Sinn der Revolution (der er 1793 selbst zum Opfer gefallen
war) und den damit verbundenen Glauben an den Fortschritt
in der Geschichte. In der Auseinandersetzung mit Kant benutz-
te Schlegel seine Kenntnis des griechischen Republikanismus
gegen Kants Auffassung, daß die Republik nur i!l der aufge-
klärten Monarchie sinnvoll zu verwirklichen sei. Schlegel dage-
gen behauptete mit Rousseau, daß die Republik auf den »Wil-
len der Mehrheit« gegründet sein müsse, und schloß: »Der Re-
publikanismus ist also notwendig demokratisch.« (KA VII, 17)
Mit dieser Auffassung geriet Schlegel damals in den Ruf eines
Radikalen.
Im Dezember 1795 lud Schiller A. W. Schlegel zur Mitarbeit
an den gerade gegründeten >Horen< ein und schlug ihm vor,
nach Jena überzusiedeln. Für A. W. Schlegel, der längst aus
Holland nach Deutschland zurückkehren wollte und nach
Möglichkeiten suchte, sich hier zu etablieren, kam diese Einla-
dung höchst gelegen und als andere Möglichkeiten sich zer-
schlugen, folgte er Schillers Rat und wählte Jena zu seinem
künftigen Wohnsitz. Am 1. Juli 1796 heiratete er Caroline
Böhmer und traf am 8. Juli mit ihr in Jena ein. Dies verschaff-
te F. Schlegel endlich die Gelegenheit, sich mit seinem Bruder
wieder zu vereinigen. Er verließ Dresden und wohnte seit dem
7. August 1796 bei seinem Bruder in Jena.

Jena, das in der Folge zum Zentrum der Frühromantik wurde, die
deshalb auch Jenaer Romantik heißt, gehörte zum Herzogtum Wei-
mar und war mit seinen ca. 4000 Einwohnern eine noch stillere
Kleinstadt als Weimar selbst. Den Mittelpunkt des geistigen Lebens
bildete die Universität. Jena war damit eine der Universitätsstädte,
die im 18. Jh. als Zentren des bürgerlichen Denkens neben den Resi-
denzstädten mit ihrer höfischen Tradition kulturelle Bedeutung ge-
wannen. In den 1790er Jahren erlebte die Jenaer Universität eine
kurze Blütezeit, es studierten damals dort fast 900 Studenten. Trotz

27
autoritärer Verwaltungsmethoden verhielt sich Herzog earl August
von Weimal· in geistigen Dingen relativ liberal. So konnte die Uni-
versität in Jena zur Hochburg der neuen, der Kantischen Philosophie
werden: es lehrten dort als Kantianer der Philosoph Reinhold, der
Jurist Hufeland und der Theologe Schmid. Nachfolger Reinholds
wurde 1794 Fichte, seit 1794 wirkte Schiller in Jena. In Jena gab
Schütz seit 1785 die >Allgemeine Literatur-Zeitung< heraus, das wich-
tigste Rezensionsorg;ln der Zeit. Der literarische Ruhm Weimars
färbte auf das nahe Jena ab, zudem kam Goethe selbst, seit er mit
Schiller befreundet war, oft nach Jena herüber. Als die Schlegels sich
1796 hier niederließen, fanden sie also bereits ein reges geistiges Le-
ben vor.

Das Verhältnis F. Schlegels zu Schiller war, als er nach Jena


kam, bereits gespannt. Trotzdem hoffte er, wie sein Bruder
Mitarbeiter der >Horen< zu werden; aber Schiller hielt ihn hin.
Als sich Schlegel daher die Möglichkeit bot, in Johann Fried-
rich Reichardts (1752-1814) 1796 gegründeter und stark poli-
tisch orientierter Zeitschrift >Deutschland< zu publizieren, griff
er zu. Dies war eine folgenreiche Entscheidung. Reichardt, der
seit 1795 ebenfalls die Zeitschrift >Frankreich< herausgab, in
der er versuchte, die durch die Schreckensherrschaft in Paris
der Revolution entfremdeten deutschen Intellektuellen für die
Revolution zurückzugewinnen, stand in offenem Gegensatz zu
Goethe und Schiller, denen er in einer Kritik der >Horen< ihre
antirevolutionäre Tendenz vorwarf. In Reichardts >Deutsch-
land< erschien von F. Schlegel außer dem Republikanismus-
Aufsatz im Juli 1796 zuerst eine Rezension des Schillerschen
Musenalmanachs auf 1796 und dann im Herbst eine Reihe von
Rezensionen der >Horen<, in denen Schlegel zwar Goethe im-
mer wieder uneingeschränkt lobte, aber zunehmend scharf
Schillers Werke kritisierte. Schiller schlug zurück in den »Xe-
nien«; im Mai 1797 kam es zum offenen Bruch zwischen Schil-
ler und den Schlegels, indem Schiller A. W. Schlegel wegen
der Attacken des Bruders auf die >Horen< aus der Mitarbeit an
dieser Zeitschrift entließ .. (Vgl. den Brief Schillers an A. W.
Schlegel, 31. 5. 1797.)
Spielten bei der Konfrontation F. Schlegels und Schillers ·po-
litische und persönliche Differenzen eine Rolle, so nicht weni-
ger und in engstem Zusammenhang mit diesen auch sachliche.
Sie bezeichnete jetzt vor allem Schlegels Bündnis mit dem Phi-
losophen Johann Gottlieb Fichte (1762-1814). Dessen Schrif-
ten hatte Schlegel in Dresden entdeckt und dem Bruder im Au-
gust 1795 darüber berichtet: »Der grösste metaphysische Den-

28
ker, der jetzt lebt, ist ein sehr populärer Schriftsteller. Das
kannst Du aus den berühmten Beyträgen sehn, in welchen Reh-
berg gespießt wird.« (Walzei, 235 f; es handelt sich um Fichtes
»Beitrag zur Berichtigung der Urtheile des Publikums über die
französische Revolution« [1793].) Unmittelbar verglich Schle-
gel Fichte mit Schiller: »Vergleiche die hinreißende Beredsam-
keit dieses Mannes in den Vorlesungen über die Bestimmung
des Gelehrten mit Schillers stylisirten Deklamationsübungen.«
(236) Seine eigene Differenz zu Schillers »Rationalismus«, die
bereits im »Studium«-Aufsatz hervorgetreten war, sah er in
Analogie zu Fichtes Kritik an Kant. In Jena lernte Schlegel
Fichte nun auch persönlich kennen und schätzen. Wie sehr je-
doch Schlegel in der Folge Fichte verpflichtet war und als ei-
ner seiner Schüler zu gelten hat: sein Studium Fichtes erfolgte
nicht kritiklos. Im Gegenteil: ähnlich wie gleichzeitig Schelling
und Hölderlin und später Hegel kritisierte er Fichtes »Ab-
straktheit«, daß die »Wissenschaftslehre« das Ich aus seinem
natürlichen und historischen Zusammenhang löste und isolierte.
Dokument seiner Auseinandersetzung mit Fichte sind vor allem
die unter dem Titel »Philosophische Lehrjahre« gesammelten
Notizen, die Schlegel seit 1796 in zahlreichen Heften festhielt.
Diese Notizen waren nicht für den Druck bestimmt, erst die
KA machte sie in zwei Bänden (1963 und 1971) der Forschung
zugänglich. Schon die ersten Aufzeichnungen dieser »Lehrjah-
re«, in denen Schlegel Fichte Mystizismus vorwirft, zeigen die
Richtung seiner Kritik, z. B. wenn es heißt: »Auch in der Wis-
sensehaftslehre muß die Methode kritisch sein: das ist Fichte
nicht.« (KA XVIII, 8 [52]) Indem Fichte das Ich absolut setz-
te, fiel er nach Schlegel zurück in Dogmatismus. Schlegel be-
hauptete deshalb: »Es muß sich apriori zeigen lassen daß man
nichts willkührlich setzen kann, als das Widersprechende.«
(Ebd., 13 [96]) Erst das Ich, das sich selbst negierte, wäre mehr
als bloß Ich, wiese über sich selbst hinaus auf den Zusammen-
hang, von dem es ein Teil ist, auf die Natur und auf die Ge-
schichte, wäre es befreit aus seiner Isolation.
In dieser Auseinandersetzung mit Fichte fand Schlegel Un-
terstützung bei Novalis. Er hatte den Freund, kurz bevor er
nach Jena kam, in Weißenfels besucht, um die seit drei Jahren
unterbrochene Verbindung neu zu beleben. Auch Novalis hatte
1795 mit einem intensiven Studium Fichtes begonnen, auch er
hatte eine umfangreiche Sammlung von Notizen, die »Fichte-
Studien« (1795/96), angelegt. Auch er dachte über Fichte hin-
aus, versuchte das Ich im Kontext vor allem der Natur, aber

29
auch der Geschichte zu begreifen. Philosophisch ging es ihm
darum, Fichte mit Spinoza zu versöhnen, da Spinoza die »un-
endliche Idee der Liebe« erforscht habe, das Prinzip, von dem
Novalis behauptete, daß es die Natur zu einem harmonischen
Ganzen verbinde. Pietistische Gedanken wurden hier ebenso
fruchtbar wie der Einfluß von Hemsterhuis. Obwohl Schlegels
eigene Vorstellungen denen des Novalis nie völlig entsprachen,
übte Novalis in den folgenden Jahren einen großen Einfluß
auf ihn aus. Im Zusammenwirken der Freunde, ihrem »Sym-
philosophieren« (Novalis IV, 496) entstand die frühromanti-
sche Literaturtheorie.
Für Reichardt schrieb Schlegel noch in Jena zwei weitere
Beiträge, die er »Charakteristiken« nannte: die eine über
Friedrich Heinrich Jacobis (1743-1819) Roman »Woldemar«,
die andere über Georg Forster (1754-1794). Schlegel eröffnete
mit diesen »Charakteristiken« eine Tradition der Literaturkri-
tik, die literarische Werke nicht mehr, wie es bis dahin üblich
war, an vorgegebenen Normen maß oder bei subjektiven Ein-
drücken stehen blieb, sondern versucht, ein Werk im Kontext
des Gesamtwerkes eines Autors oder einer Epoche zu »charak-
terisieren«. Die Intention ist, die Eigengesetzlichkeit eines Au-
tors oder eines Werkes zu entdecken und das Werk an dieser
zu messen. So versuchte Schlegel im Falle des »Woldemar«,
Widersprüche innerhalb des Romans selbst nachzuweisen, um
von 'hier aus den Egoismus von Jacobis Ethik bloßzustellen. Im
Falle Forsters prägte Schlegel die Kategorie des »gesellschaftli-
chen Schriftstellers«, dessen Bestimmung es sei, »alle wesentli-
chen Anlagen des Menschen anzuregen, zu bilden und wieder
zu vereinigen« (KA H, 91). Forster bezeichnete er im Sinne
dieser Definition als einen »klassischen« Schriftsteller und setz-
te sich damit für einen Mann ein, der damals wegen seines En-
gagements für die Revolution in ganz Deutschland verpönt
war.

Werke:
1. Ober die griechische Poesie
»Von den Schulen der griechischen Poesie«. Berlinische Monatsschr.
24 (1794), Nov. Nr. 3, S. 378-400; Minor I, S. 1-10.
»Vom ästhetischen Werthe der Griechischen Komödie«. Berlinische
Monatsschr. 24 (1794), Dez. Nr. 3, S. 485-505; Minor I, S. 11-20.
»Ueber die Grenzen des Schönen«. Der neue Teutsche Merkur 5
(1795), Mai Nr. 5, S. 79-92; Minor I, S. 21-27.
»Ueber die weiblichen Charaktere in den griechischen Dichtern«.

30
Leipziger Monatsschr. für Damen 4 (1794), Okt. Nr.1, S.3-25,
Nov. Nr. 2, S. 103-21; Minor I, S. 28-45.
»Ober die DiotimM. Berlinische Monatsschr. 26 (1795) Juli Nr.3,
S. 30-64, Aug. Nr. 4, S. 154-86; Minor I, S. 46-74.
»Die Griechen und Römer. Historische und kritische Versuche über
das Klassische Alterthumff, Bd. I, Neustrelitz (beim Hofbuchhändler
Michaelis) 1797; der Band enthält den 1795-96 entstandenen Auf-
satz »Ueber das Studium der griechischen Poesie«, S.1-250, eine
»Vorrede« zu diesem Aufsatz, S.III-XXIII; und Wiederabdrucke
der bereits veröffentlichten Aufsätze »über die Diotima«,
S.251-326, und »Ueber die Darstellung der Weiblichkeit in den
Griechischen Dichtern«, S. 327-58; Minor I, S. 75-180.
»Der Epitafios des Lysias«. Attisches Museum I (1797), Heft 2,
S. 213-78; Minor I, S. 181-93.
»Kunsturtheil des Dionysios über den Isokrates«; übersetzung Schle-
gels. Von ihm stammt die »Nachschrift des Uebersetzers«. Attisches
Museum I (1797), Heft 3, die übersetzung S.125-60, die Nach-
schrift S. 161-75; Minor I enthält nur die Nachschrift, S. 194-200.
»Ober die Homerische Poesie". Deutschland 4 (1796) 11. Stück
Nr. 2, S. 124-56; Minor I, S. 215-29.
»Geschichte der Poesie der Griechen und Römer«, Bd. I, 1. Abt., Ber-
lin (bei Johann Friedrich Unger) 1798; Minor I, S. 231-362.
Von Schlegel nicht veröffentlichte Arbeiten über die griechische
Dichtung aus dem Jahre 1795; die Manuskripte dieser Arbeiten sind
in der Stadtbibliothek Trier; mit Ausnahme des Aufsatzes »Vom
Wert des Studiums der Griechen und Römer«, sind diese Aufsätze
jetzt in der KA zugänglich:
»Vom Ursprung der griechischen Dichtkunst«. KA XI, S. 189-91.
»Geschichte der lyrischen Dichtkunst unter den Griechen«. KA XI,
S.192-202.
»Charakteristik der griechischen Tragiker«. KA XI, S. 203-10.
»Geschichte der attischen Tragödie". KA XI, S. 211-17.
»Von den Organen der griechischen Poesie«. KA XI, S. 218-25.
»Von den Zeitaltern, Schulen und Stilen der griechischen Poesie«.
KA XI, S. 226-63.
»Vom Wert des Studiums der Griechen und Römer«. DNL 143, S.
245-69.
2. Fragmente zur Philosophie
»Philosophische Lehrjahre (1796-1806) nebst philosophischen Ma-
nuskripten aus den Jahren 1796-1828«; die Manuskripte sind 1m
Besitz der Görres-Gesellschaft; Erstdruck: KA XVIII und XIX.
3. Rezensionen:
G. A. Bürger, »Akademie der schönen Redekünste«. Allg. Lit.-Zei-
tung, 26. April 1792, Nr. 107, Co!. 169-76; LN, S. 297-305; Schle-
gels erste Veröffentlichung. (Vgl. jedoch: E. Behler, Neue Ergebnisse
der F.-Sch.-Forschung, GRM 39 [1958], S.355). - Condor~et, »Es-

31
quisse d'un tableau historique des progres de l'esprit humain«. Philo-
sophisches Journal 3 (1795) Heft 2, S. 161-72; KA VII, S.3-10.
- Schiller, >Musenalmanach für das Jahr 1796<. Deutschland 2
(1796), 6. Stück, Nr.3, S.348-60; KA II, S.3-9. - Schiller, >Ho-
ren<, 2.-5. Stück. Deutschland 3 (1796) 7. Stück, Nr.6, S.74-97;
KA II, S.9-20. - Schiller, >Horen<, 6. Stück. Deutschland 3 (1796)
8. Stück, Nr. 10, S. 217-21; KA II, S.21-23. - Herder, »Briefe
zur Beförderung der Humanität«, 7. und 8. Sammlung. Deutschland
3 (1796) 9. Stück, Nr.10, S.326-36; KA II, S.47-54. - Schiller,
>Horen<, 7. Stück. Deutschland 4 (1796) 10. Stück, Nr.6, S.67-70;
KA II, S.24-25. - Schiller, >Musenalmanach auf 1797<. Deutsch-
land 4 (1796) 10. Stück, Nr.7, S.83-102; KA II, S.26-38. - G.
G. Fülleborn, »Kleine Schriften zur Unterhaltung«. Deutschland 4
(1796) 11. Stück, Nr. 11, S.225-27; KA II, S.55-56. - Schiller,
>Horen<, 8.-12. Stück. Deutschland 4 (1796) 12. Stück, Nr.8,
S.350-361; KA II, S.38-47. - F. J. Niethammer, >Philosophi-
sches Journal<, 1.-4. Band. Allg. Lit.-Zeitung I (1797) Nr. 90 (21.
März), S.713-20, Nr. 91 (22. März), S.721-28, Nr.92 (22. März),
S.729-35; KA VIII, S.12-32. - "P. Terentii Afri comoediae« hg.
von C. A. Böttiger. Allg. Lit.-Zeitung, 13. Nov. 1797, Nr. 361, Co!.
386-88; LN, S. 313-15. - ]. G. Schlosser, "Schreiben an einen
jungen Mann, der die kritische Philosophie studieren wollte«. Philo-
sophisches Journal 5 (1797), S.184-92; KA VIII, S.33-37. -
»Auserlesene Gespräche des Platon«, übersetzt von F. L. Graf von
Stolberg. Philosophisches Journal 5 (1797), S. 192-96; KA VIII,
S.38-40.
4. Charakteristiken und Kritiken:
»Versuch über den Begriff des Republikanismus, veranlaßt durch die
Kantische Schrift zum ewigen Frieden«. Deutschland 3 (1796) 7.
Stück, Nr. 2, S. 10-41; KA VII, S. 11-25.
»Jacobis Woldemar«. Deutschland 3 (1796) 8. Stück, Nr. 9,
S. 185-213; KA H, S.47-77.
»Der deutsche Orpheus. Ein Beitrag zur neuesten Kirchengeschichte«.
Deutschland 4 (1796) 10. Stück, Nr. 5, S.49-66; KA VIII,
S.3-11.
»Georg Forster. Fragment einer Charakteristik der deutschen Klassi-
ker«. Lyceum der schönen Künste I (1797) 1. Teil, S. 32-78; KA II,
S.78-99.
»Caesar und Alexander. Eine welthistorische Vergleichung«. Entst.:
1796; Erstdruck: Werke 4 (1846), S. 200-36; KA VII, S. 26-55.
Literatur:
1. Allgemein über den jungen Sch. vgl.: I. Rouge, Fn~deric Sch. et la
Genese du Romantisme Allemand (1791-1797), 1904. C. Enders, F.
Sch. Die Quellen seines Wesens und Werdens, 1913. O. Mann, Der
junge F. Sch. Eine Analyse von Existenz und Werk, 1932. W. Wei-

32
land, Der junge F. Sch. oder die Revolution in der Frühromantik,
1968.
2. Zu den Griechenstudien: W. Mettler, Der junge F. Sch. und die
griechische Literatur. Ein Beitrag zur Problematik der Historie, Diss.
Zürich 1955. ]. F. McMahon, F. Sch. and Winckelmann. A Study of
the Evolution of Sch.'s Literary Theory, Diss. New York 1962. E.
Thurnher, F. Sch. und J. J. Winckelmann, Diss. Innsbruck 1970. I.
Woldrich, F. Sch. und J. J. Winckelmann, Diss. Innsbruck 1971. G.
F. Leneaux, A Critical Analysis of F. Sch.'s Grecian Era, Diss. Univ.
of Kansas (Lawrence) 1972/73. Vgl. auch die für die Athenäumsjah-
re genannte Lit., bes. 3b.
3. über das Verhältnis des jungen Sch. zu Zeitgenossen unterrichten
die folgenden Arbeiten.
Zu dem Bruder A. W. Sch.: ]. M. Mayer, A. W. and F. Sch. A Study
of Their Literary Relationship, Diss. Toronto 1971.
Zu Schiller: Im Zentrum der Diskussion steht hier meistens der Ver-
gleich des Studiumaufsatzes mit Schillers Schrift ȟber naive und
sentimentalische Dichtung«. Genannt werden hier deshalb auch die
Arbeiten über den Studiumaufsatz. M. Bernays, F. Sch. und die Xe-
nien, in: M. B., Sehr. zur Kritik und Literaturg. Ir, 1898, S. 225-81.
C. Alt, Schiller und die Brüder Sch., 1904. M. Teichmann, über
Schillers und F. Sch.'s Stellung zur griechischen Poesie, 1919. J. Kör-
ner, Romantiker und Klassiker. Die Brüder Sch. in ihren Beziehun-
gen zu Schiller und Goethe, 1924. E. E. Bohning, Sch.'s Debt to
Schiller's Concept of the Sentimental, Delaware Notes 18 (1945),
S.l-lO. H. Eichner, The Supposed Influence of Schiller's ȟber
naive und sentimentalische Dichtung« on F. Sch.'s »über das Stu-
dium der griechischen Poesie«, GR 30 (1955), S. 260-64. R. Brink-
mann, Romantische Dichtungstheorie in F. Sch.'s Frühschriften und
Schillers Begriffe des Naiven und Sentimentalischen, DVjs. 32
(1958), S.344-71. H. Eichner, KA Ir, Einleitung, S. X-XVII. R.
Belgardt, Romantische Poesie in F. Sch.'s Aufsatz über das Studium
der griechischen Poesie, GQ 40 (1967), S. 165-85. H. R. Jauß, Sch.'s
und Schillers Replik auf die >Querelle des Anciens et des Modernes<,
in: H. R. J., Literaturgeschichte als Provokation, 1970, S.67-106
(zuerst in: Europäische Aufklärung - H. Dieckmann zum 60. Geb.,
1967, S. 117-40). K. Peter, Objektivität und Interesse. Zu zwei Begrif-
fen F. Sch.'s, in: V. Sander (Hg.), Ideologiekritische Studien zur Lit.,
Essays I, 1972, S. 9-34. P. Szondi, Das Naive ist das Sentimentalische.
Zur Begriffsdialektik in Schillers Abhandlung, in: P. S., Lektüren und
Lektionen, 1973, S. 47-99 (zuerst: Euph. 66 [1972], S. 174-206). B.
Bräutigam, Eine schöne Republik. F. Sch.'s Republikanismus im Spie-
gel des Studium-Aufsatzes, Euph. 70 (1976), S. 315-39. I. Oesterle,
Der »glückliche Anstoß« ästhetischer Revolution und die Anstößigkeit
politischer Revolution. Ein Denk- und Belegversuch zum Zusammen-
hang von politischer Formveränderung und kultureller Revolution im

33
»Studium«-Aufsatz F. Sch.'s. In: D. Bänsch (Hg.), Zur Modernität
der Romantik. Literaturwissenschaft und Sozialwissenschaften 8,
1977, S. 167-216. G. Oesterle, Entwurf einer Monographie des äs-
thetisch Häßlichen. Die Geschichte einer ästhetischen Kategorie von
F. Sch.'s »Studium«-Aufsatz bis zu Kar! Rosenkranz' »1\sthetik des
Häßlichen« als Suche nach dem Ursprung der Moderne. In: ebda>
S.217-297.
Vgl. auch die im Kap. Materialien Sa genannte Lit.
Zu Reichardt: S. P. Capen, F. Sch.'s Relations with Reichardt and
his Contributions to >Deutschland<, Philadelphia 1903.
Zu Fichte. Vgl. die im Kap. Materialien Sb genannte Lit. Außerdem:
W. Schmidt, Fichtes Einfluß auf die ältere Romantik, Euph. 20
(1913), S.435-58, 647-81, über Sch., S.667-81. R. Lauth, Fichtes
Verhältnis zu Jacobi unter besonderer Berücksichtigung der Rolle F.
Sch.'s in dieser Sache, in: K. Hammacher (Hg.), F. H. Jacobi. Philo-
soph und Literat der Goethezeit, 1971, S. 165-208. M. Frank, Das
Problem der >Zeit< in der deutschen Romantik. Zeitbewußtsein und
Bewußtsein der Zeitlichkeit in der früh-romantischen Philosophie
und in Tiecks Dichtung, 1972, über Sch., S.22-96. S. Summerer,
Wirkliche Sittlichkeit und ästhetische Illusion. Die Fichterezeption in
den Fragmenten und Aufzeichnungen F. Sch.'s und Hardenbergs,
1974.
Zu Novalis: Auch hier vgl. die im Kap. Materialien 5 genannte Lit.
Außerdem: E. Hellmer, F. Sch. und Novalis nach ihren Briefen, Diss.
München 1955. H. Schanze, »Dualismus unsrer Symphilosophie«.
Zum Verhältnis Novalis-F. Sch., JbFDH (1966), S.309-35. R. Sa-
muel, F. Sch.'s »Ideen« in Dorothea Sch.'s Abschrift mit Randbe-
merkungen von Novalis, JbDSG 10 (1966), S. 67-102.
Zu Forster: C. Krüger, Georg Forsters und F. Sch.'s Beurteilung der
Französischen Revolution als Ausdruck des Problems einer Einheit
von Theorie und Praxis, 1974. H. Schlaffer, F. Sch. über Georg For-
ster. Zur gesellschaftlichen Problematik des Schriftstellers im nachre-
volutionären Bürgertum, Literatursoziologie, 1974, II S. 118-38.

3. Die Athenäumsjahre (1798-1800): Berlin, Jena

In den folgenden Jahren begründete Schlegel seine Bedeu-


tung als führender Kopf der neuen Literatur, der >Romantik<.
Ohne festes Einkommen war er als Schriftsteller gezwungen,
schnell und möglichst viel zu produzieren. Während deshalb
die Ausarbeitung seiner damaligen Philosophie zurückstehen
mußte und nur in zahlreichen Notizen, die zuerst in der KA
publiziert wurden, überliefert ist, richteten sich seine Veröf-

34
fentlichungen vor allem auf die Literaturtheorie. Die Zusam-
menarbeit mit einer Gruppe von engen Freunden, deren
Hauptinteresse die Dichtung war, schuf die Voraussetzung da-
für, daß Schlegel nun in relativ kurzer Zeit die Texte verfaßte,
für die er bis heute hauptsächlich bekannt ist.
Die Gegnerschaft zu Schiller verhinderte, daß Schlegel in
Jena Fuß fassen konnte. Reichardt setzte seine Zeitschrift
>Deutschland<, wegen der er Schwierigkeiten mit der Zensur
hatte, 1797 unter dem neuen Titel >Lyceum der schönen Kün-
ste< fort; Schlegels Forster-Aufsatz war bereits in diesem >Ly-
ceum< erschienen. Im Juli 1797 ging Schlegel als Redakteur
dieser Zeitschrift nach Berlin. In Berlin schloß er sich dem lite-
rarischen Kreis um Henriette Herz (1764-1847), der Gattin
des Arztes Marcus Herz, und Rahel Levin (1771-1833), der
späteren Gattin Karl August Varnhagen von Enses, an. Die Be-
sucher der Salons dieser Damen verband die Verehrung Goe-
thes und die Opposition gegen die Berliner Vertreter der Spät-
aufklärung, die damals unter der Führung Nicolais in Berlin
noch immer den Ton angaben. Hier lernte Schlegel noch im
Spätsommer 1797 den protestantischen Geistlichen Friedrich
Schleiermacher (1768-1834) und Dorothea Veit (1763-
1839), seine spätere Frau, kennen; im Oktober auch den
Dichter Ludwig Tieck (1773-1853). Mit Schleiermacher,
der damals Prediger an der Charite war, verband ihn bald eine
enge Freundschaft. Schleiermacher wurde der Vertraute aller
seiner literarischen Pläne und übte seinerseits einen großen Ein-
fluß auf Schlegel aus. Ihm ist neben Novalis die stark >panthei-
stische< Richtung in Schlegels damaligen Arbeiten zuzuschrei-
ben. - Dorothea Veit, die Tochter Moses Mendelssohns, war
mit dem Bankier Simon Veit unglücklich verheiratet. Ihr Lie-
besverhältnis mit Schlegel, das schon im Herbst 1797 begann,
führte im Dezember 1798 zur Trennung von ihrer Familie und
im Januar 1799 zur Scheidung. Wegen kirchlicher Schwierig-
keiten und weil Dorothea ihren Sohn Philipp Veit, den späte-
ren Maler, der ihr bei der Scheidung zugesprochen worden
war, nicht verlieren wollte, heiratete sie Schlegel erst 1804.
Schlegel wäre finanziell freilich auch kaum in der Lage gewe-
sen, eine Familie zu ernähren. (Vgl. Brief an Novalis, Novalis
IV, 504, 511) - Tieck war als Schriftsteller durch seine Mitar-
beit an Nicolais »Straußfedern« bekannt geworden und hatte
die Romane »Peter Lebrecht« (1795/96) und »William Lovell«
(1795/96) veröffentlicht. 1797 erschienen die »Volksmärchen«;
A. W. Schlegel hatte den Vorabdruck von »Ritter Blaubart«

35
und »Der gestiefelte Kater« in der Jenaer >Allgemeinen Litera-
tur-Zeitung< sehr positiv besprochen. Tieck wurde von nun an
in die literarischen Pläne der Brüder Schlegel mit einbezogen.
Im Herbst 1797 veröffentlichte Schlegel zwei weitere Texte
im >Lyceum<: den ersten Teil eines Lessing-Aufsatzes (die Fort-
setzung entstand erst vier Jahre später) und die »Kritischen
Fragmente«.
Seit dem Frühjahr 1796 beschäftigte sich Schlegel intensiv
mit Lessing. In seinem noch in Jena begonnenen, dann in Ber-
lin in der im >Lyceum< gedruckten Form beendeten Aufsatz
versuchte er, Lessing von seinen Verehrern, d. h. den Berliner
Aufklärern um Nicolai, zu retten. Er pries Lessings »Charak-
ter« und stellte ihn als einen »von den revolutionären Gei-
stern« vor, »die überall, wohin sie sich auch im Gebiet der
Meinungen wenden, gleich einem scharfen Scheidungsmittel,
die heftigsten Gärungen und gewaltigsten Erschütterungen ver-
breiten« (KA 11, 101). Die eigenwillige Interpretation, die den
Dichter Lessing fast ganz zugunsten des »Philosophen« preis-
gibt, ist am Ende mehr eine »Charakteristik« dessen, was
Schlegel damals als seine eigene Stärke erkannte. Wie sehr er
hier pro domo sprach, verrät die Feststellung: »Das Interessan-
teste und das Gründlichste in seinen Schriften sind Winke und
Andeutungen, das Reifste und Vollendetste Bruchstücke von
Bruchstücken.« (112) Solche Paradoxe dienten ihm zugleich als
Rechtfertigung seiner eigenen Fragmente, deren erste Masse die
»Kritischen Fragmente« des >Lyceums< sind. Schlegel führte au-
ßer den bereits erwähnten Notizheften mit philosophischen
Aufzeichnungen auch Hefte, in denen er seine Gedanken über
Dichtung festhielt. Aus diesen Notizheften, denphilosophi-
schen und poetischen (von den poetischen hat Hans Eichner in
den »Literary Notebooks« einen Teil veröffentlicht), wählte
Schlegel passende Fragmente aus, mischte sie zu einer bunten
Masse, die vom Feuerwerk der glänzendsten Einfälle funkelt.
Er selbst sah sich mit diesen Fragmenten in der Tradition der
französischen Moralisten und berief sich vor allem auf Nicolas
Chamfort (1741-1794), dessen Aphorismen er bewunderte. Er
sprach. in bezug auf seine eigenen Fragmente von der »Cham-
fortsehen Form« und nannte sie eine »kritische Chamfortade«
(Novalis IV, 491). Schlegel führte damit die Gattung des
Apliorismus in die deutsche Literatur ein.
Mit Reichardt kam es in Berlin bald zu Spannungen: Schle-
gel warf ihm seinen »Berlinism« vor, d. h. seine Nähe zur Ber-
liner Spätaufklärung. (Walzel, 299) Ende November kam es

36
zum Bruch. Mit dem >Lyceum< verlor Schlegel die einzige Zeit-
schrift, in der er damals publizierte. Schon Ende Oktober hatte
er daher begonnen, dem Bruder August Wilhelm konkrete Vor-
schläge zu einer Zeitschrift zu unterbreiten, die er mit ihm zu-
sammen herausgeben wollte. Der Plan war nicht ganz neu.
Während der Bruder jedoch mehr an ein breites kritisches Or-
gan im Stil der Jenaer >Allgemeinen Literatur-Zeitung< dachte,
schlug Friedrich jetzt vor: »ein Journal von uns beyden nicht
bloß edirt, sondern ganz allein geschriehen, ohne alle regelmä-
ßige Mitarbeiter, wo weder Form noch Stoff näher bestimmt
wäre, außer daß alles was ganz unpopulär wäre, oder großes
Werk oder Theil eines solchen wäre, ausgeschlossen bleiben.
[ ... ] Ich sagte zwar, keine regelmäßige Mitarbeiter, weil man
doch nur für sich allein stehn kann. Doch mit der Ausnahme,
daß wir Meisterstücke der höhern Kritik und Polemik aufspü-
ren wo sie zu finden wären. - Ja auch überhaupt Alles, was
sich durch erhabne Frechheit auszeichnete, und für alle andren
Journale zu gut wäre.« (Walzei, 300 f.) Er nannte sofort No-
valis und Schleiermacher als mögliche Beiträger. A. W. Schle-
gel billigte diesen Plan und im Mai 1798 erschien das erste
Stück der neuen Zeitschrift, des >Athenäums<.
Mit dem >Athenäum< konstituierte sich die Frühromantik als
die erste »romantische Schule«, die trotz ihrer Goethe-Vereh-
rung schon von den- Zeitgenossen in deutlichem Abstand von
der Weimarer Klassik gesehen wurde. Romantisch freilich hieß
damals noch alle nachantike Kunst, wie die Antike allein als
klassisch bezeichn!?~ wurde. Und die Romantiker selbst waren
noch weit davon entfernt, sich selbst als solche zu betrachten:
F. Schlegel ging es vielmehr in allen seinen Bemühungen dar-
um, das Klassische und das Romantische, d. h. die Antike und
die Moderne in einer umfassenderen Einheit zu verbinden. Erst
ab ca. 1810 wurden die Romantiker zuerst von ihren Gegnern
so genannt, bis der Begriff sich als Epochenbegriff durchsetzte
und die Schlegels und ihre Freunde als die Begründer dieser
»Schule« galten; die Bezeichnung »Schule« wurde vor allem
durch Heines Schrift über die Romantik (1836) populär. -
Die Organisation des >Athenäums< betrachtete Schlegel als »re-
publikanisch«. Obwohl die literarische Richtung der Zeitschrift
von den Schlegels geprägt wurde, behielten die einzelnen Bei-
träger, die freilich aus dem Freundeskreis sorgfältig ausgewählt
waren, Freiheit genug, ihre Konzeptionen unbeschnitten vorzu-
tragen. Vielfalt war innerhalb bestimmter Grenzen erwünscht.
Auf diese Weise verwirklichte F. Schlegel seine Vorstellungen

37
von »Symphilosophie«: Muster der Zusammenarbeit waren das
Gespräch und der Brief. Zu den Beiträgern zählten neben den
Schlegels selbst vor allem Novalis (mit den »Blütenstaub«-
Fragmenten und den Hymnen »An die Nacht«), Schleierma-
cher, der Naturphilosoph August Ludwig Hülsen (1765-1810)
und mit kleineren Beiträgen Caroline Schlegel und Dorothea
Veit, sowie die Schwester Tiecks Sophie Bernhardi-Tieck und
deren Gatte A. F. Bernhardi. Im Mai 1798 reiste A. W. Schle-
gel nach Berlin, um die dortigen Mitarbeiter persönlich ken-
nenzulernen, im Sommer des gleichen jahres traf man sich in
Dresden. Das »Romantikertreffen« bezeugte hier auch nach
außen die relative Geschlossenheit der Gruppe. Neben den
Brüdern Schlegel und Caroline kamen nach Dresden Novalis
und Hülsen, sowie Fichte und Schelling, die dem Freundeskreis
nahestanden.
Das >Athenäum< erschien in drei jahrgängen zu je zwei Hef-
ten. Obwohl die Zeitschrift in literarischen Kreisen auf lebhaf-
tes Interesse stieß, hatte der Verleger F. Vieweg die erste Auf-
lage mit 1250 Exemplaren zu hoch angesetzt: er konnte nur ei-
nen Bruchteil der mit esoterischer Philosophie und Poesie ge-
füllten Hefte verkaufen. H. Frölich, der den Verlag nach den
ersten bei den Heften übernahm, versprach noch vier weitere
Hefte und dabei blieb es. So markieren die drei jahre des
>Athenäums< die Zeit der sog. Frühromantik, deren Ksthetik in
den Beiträgen der Zeitschrift repräsentativ vertreten ist. Dabei
läßt sich eine deutliche Gewichtsverlagerung vom ersten zum
letzten Heft beobachten, die Schlegel selbst später (1803) so
beschrieb: »Im Anfang der selben [der Zeitschrift] ist Kritik
und Universalität der vorwaltende Zweck, in den spätern Tei-
len ist der Geist des Mystizismus das Wesentlichste.« (KA III,
10) Die wichtigsten Beiträge F. Schlegels, die diese Entwick-
lung reflektieren, sind im ersten jahrgang die »Athenäums-
Fragmente« und der Aufsatz »Ober Goethe's Meister«, im letz-
ten Jahrgang die »Ideen« und das »Gespräch über die Poesie«.
Obwohl Schlegel alle Mitarbeiter des >Athenäums< anfeuerte,
»Fragmente« zu liefern und Produkte des Bruders und Caroli-
nes, sowie von Novalis und Schleiermacher unter seine eigenen
mischte, damit die Masse im Sinne der »Symphilosophie« so
pluralistisch wie möglich erscheine, stammen die 451 »Athe-
näums-Fragmente« der Konzeption und der Hauptmasse nach
von ihm. Sie enthalten neben Kußerungen zu Philosophie und
Politik vor allem seine Literaturtheorie. Berühmt wurde das
116. Fragment, das beginnt: »Die romantische Poesie ist eine

38
progressive Universalpoesie.« (KA II, 182) Die Progressivität
dieser Poesie äußert sich in ihrem Streben, »alle getrennte Gat-
tungen der Poesie wieder zu vereinigen, und die Poesie mit der
Philosophie und Rhetorik in Berührung zu setzen«. Da sie alles
mit allem zu verbinden trachtet, ist sie nie vollendet, stets in
Bewegung, ihrem Wesen nach unendlich und deshalb immer
»Fragment«. Auf diese Weise interpretierte Schlegel den Fich-
teschen Imperativ, daß das Ich, das seinem Wesen nach abso-
lut, d. h. unendlich ist, es auch empirisch sein solle. Nur ver-
stand Schlegel das Ich selbst bloß als einen Teil dieses Prozes-
ses, dessen Ziel nicht das Ich sondern das »Universum« war.
Möglich ist diese Bewegung ins Unendliche der Poesie nur
durch ständige Selbstreflexion. Indem sie »zwischen dem Dar-
gestellten und dem Darstellenden, frei von allem realen und
idealen Interesse auf den Flügeln der poetischen Reflexion in
der Mitte« schwebt, wird diese Reflexion sie »immer wieder
potenzieren und wie in einer endlosen Reihe von Spiegeln ver-
vielfachen«. Und so heißt es am Ende des Fragments: »Andre
Dichtarten sind fertig. [ ... ] Die romantische Dichtart ist noch
im Werden; ja das ist ihr eigentliches Wesen, daß sie ewig nur
werden, nie vollendet sein kann. [ ... ] Sie allein ist unendlich,
wie sie allein frei ist [ ... ] .« (183) - In Analogie zur Tran-
szendentalphilosophie nannte Schlegel die von ihm geforderte
Poesie auch »Transzendentalpoesie« (KA II, 204). Indem sie
den revolutionären Tendenzen der Zeit entsprach, zu denen
Schlegel in einem anderen berühmten Fragment die Französi-
sche Revolution, Fichtes Wissenschaftlehre und Goethes Mei-
ster zählte (KA II, 198), löste sie in sich alle traditionellen Be-
schränkungen und Grenzen auf. Die Mittel, die Schlegel angab,
dieses Ziel zu erreichen, sind »Ironie« und »Witz«. Die Ironie,
weil sie sich »über alles Bedingte unendlich erhebt« (so formu-
liert Schlegel bereits in einem Fragment des >Lyceums<, KA II,
152), der Witz, weil er alles mit allem verbindet: »Witz ist un-
bedingt geselliger Geist, oder fragmentarische Genialität.«
(Auch diese Formulierung stand schon im >Lyceum<, KA II,
148.) Und hier erhielt auch das Fragment als Form seine theo-
retische Rechtfertigung: nur als Fragment vermag ein Werk,
sei es ein philosophisches oder ein poetisches, sich über die
Grenzen, die seine Vollendung setzte, zu erheben, frei zu sein.
- Der Aufsatz über Goethes »Wilhelm Meister«, wie der Les-
sing-Aufsatz ebenfalls unvollendet, zeigt Schlegels Goethe-Ver-
ehrung auf ihrem Höhepunkt und wurde von Goethe selbst
entsprechend geschätzt. (Vgl. Caroline I, 455) Aber Schlegel

39
hatte in den »Fragmenten« den Roman nicht ohne Hintersinn
eine »Tendenz« genannt. Wie seine gleichzeitigen Notizhefte
bezeugen, hielt er den Roman schon damals für »nicht roman-
tisch« (LN, 116). In seiner Besprechung betonte er deshalb alle
Züge des Romans, die der romantischen Theorie entsprechen,
unterstellte Goethe so die eigenen Intentionen. Unter dieser
Voraussetzung ist der Aufsatz eine der großartigsten Arbeiten
Schlegels ..
Während die romantische Theorie im ersten Jahrgang des
>Athenäums< an der Verbindung mit Goethe festhielt, trotz al-
ler Differenzen, die auch hier bereits deutlich sind, das Ge-
meinsame unterstrich, wird die Kluft im letzten Jahrgang ekla-
tant. Im Zentrum von Schlegels »Ideen«, einer weiteren Samm-
lung von Fragmenten, steht der Begriff der Religion. 1799 hat-
te Schleiermacher seine Reden »über die Religion« veröffent-
licht, die den Freundeskreis und auch Schlegel sehr beeindruck-
ten. Schleiermacher versuchte, die durch die Aufklärung in
Mißkredit geratene Religion als »Sinn für das Universum«,
also in deutlicher Analogie zu Vorstellungen Schlegels, neben
der Moral und der Metaphysik neu zu begründen. Zwar kriti-
sierte Schlegel an Schleiermachers Konzeption die Trennung
von Moral und Religion, aber in den »Ideen« heißt es nun in
deutlicher Nähe zu Schleiermacher: »Die Religion ist die allbe-
lebende Weltseele der Bildung.« Und: »Laßt die Religion frei,
und es wird eine neue Menschheit beginnen.« (KA II, 265,
257) Das Streben nach dem Unendlichen erscheint jetzt als Re-
ligion, als die Sehnsucht nach Gott. Ebenso wie Novalis stellte
Schleiermacher in seinen Reden der Fichteschen Philosophie
Spinoza entgegen, den Fichte im Gegensatz zur kritischen Phi-
losophie als den Inbegriff des Dogmatismus verurteilt hatte.
Mit Novalis und Schleiermacher gewann Spinoza in der Ro-
mantik neues Ansehen und die romantische Theorie nahm auch
bei Schlegel stark pantheistische Züge an. Das Streben nach
dem Universum als Reli!gion war es, was Schlegel damals My-
stik nannte. - Das wichtigste Dokument dafür ist schließlich
das »Gespräch über die Poesie« und dessen zentraler Teil, die
»Rede über Mythologie«. Demonstriert das »Gespräch« seiner
Organisation nach auf vorbildliche Weise die Organisation des
»Athenäums« und die Idee der romantischen Poesie überhaupt,
so erklärt diese »Rede«, worum es dabei am Ende ging. Schle-
gel behauptete, es fehle der modernen Poesie »an einem Mittel-
punkt, wie es die Mythologie für die Alten war, und alles We-
sentliche, worin die moderne Dichtkunst der antiken nachsteht,

40
läßt sich in die Worte zusammenfassen: wir haben keine My-
thologie« (KA 11, 312). In deutlicher Anlehnung an Gedanken
des Studium-Aufsatzes (1795) stellte er fest, diese Mythologie
müsse, anders als bei den Griechen, jetzt »aus der tiefsten Tiefe
des Geistes herausgebildet werden«. Der Idealismus, die Philo-
sophie Fichtes, sei die Voraussetzung dafür. Indem die Ent-
wicklung den Idealismus zwinge, »aus sich heraus zu gehn«, er-
hebe sich »aus seinem Schoß ein neuer ebenso grenzenloser
Realismus«, werde der Idealismus auf »indirekte Art« die
Quelle der neuen Mythologie. Zugleich rückte Schlegel Spinoza
mit Homer und Dante »zu den Laren und Hausfreunden jedes
gottbegeisterten Dichters« und verstand nicht mehr, »wie man
ein Dichter sein kann, ohne den Spinoza zu verehren, zu lieben
und ganz der seinige zu werden« (317). Und nicht mehr Grie-
chenland ist die Heimat der Poesie, erstmals wies Schlegel auf
den Orient hin: »Im Orient müssen wir das höchste Romanti-
sche suchen.« (320) Mit dem Blick nach Indien distanzierte sich
Schlegel von den Griechen, von Fichte und Goethe, die bis da-
hin sein Denken bestimmt hatten.
Von November 1798 bis Mai 1799 schrieb Schlegel seinen
einzigen Roman: die »Lucinde«. D. h. er schrieb den ersten
Teil, der nicht fortgesetzt wurde. Das Werk., schon während
seiner Entstehung bei den Freunden umstritten, löste einen
Skandal aus, als es im Herbst 1799 erschien. Im Mittelpunkt
des Romans steht die Liebe von Julius zu Lucinde, und jeder-
mann wußte, daß Schlegel hier seiner Liebe zu Dorothea Veit
ein Denkmal setzte. Nicht nur verherrlichte er ein außereheli-
ches Liebesverhältnis, er tat es dazu auf für die Zeit schockie-
rende Weise: die Liebe von Julius und Lucinde ist nicht rein
platonischer Art, sondern durchaus und entschieden auch sinn-
licher. Den moralischen Anstoß, den Schlegel in der Offent-
lichkeit damit erregte, hat man ihm bis zu seinem Tode nie
mehr ganz verzeihen können. Selbst die Freunde zeigten sich
durch den Roman befremdet. Nur Schleiermacher trat in sei-
nen »Vertrauten Briefen über die Lucinde« (1800) öffentlich
für ihn ein.
Schlegels Absicht war die Darstellung der Liebe als Religion,
die damit als die »wahre Ehe« der konventionellen bürgerli-
chen gegenübergestellt wurde. Indem diese Liebe, die das
»Sterbliche« mit dem »Unsterblichen« verbinden sollte, das
Sinnliche einschloß, trug Schlegel wesentlich zur Emanzipation
der Sinnenwelt bei und wurde später von Gutzkow in diesem
Sinne interpretiert und gepriesen. Mit seinem Roman verstieß

41
Schlegel jedoch nicht nur gegen die damals vorherrschende
Moral, sondern auch gegen die traditionelle Asthetik. Behaup-
tete er in dem »Gespräch über Poesie«, der Roman überhaupt
sei mit der romantischen Poesie identisch (KA 11, 335), so ent-
sprach er dem in der »Lucinde« dadurch, daß er erzählende
Teile neben Briefe, Reflexionen, Abhandlungen und Dialoge
stellte, ohne den Versuch zu unternehmen, die formalen Brüche
zu glätten. Er selbst sah sich damit in der Tradition von Jean
Paul, Laurence Sterne und Diderot, deren Romane er in dem
»Gespräch über die .Poesie« als »Arabesken« und »Grotesken«
lobte und behauptete, »daß solche Grotesken und Bekenntnisse
noch die einzigen romantischen Erzeugnisse unsers unromanti-
schen Zeitalters sind« (KA 11, 329-332). Goethes »Wilhelm
Meister« war kein Vorbild mehr. Mit seiner antiklassischen
Romantheorie gab Schlegel jedoch wichtige Anstöße für den
modernen Roman bis Thomas Mann und Musil.
Schlegel versuchte sich nicht nur in diesem Roman als Dich-
ter: im >Athenäum< veröffentlichte er auch eine Reihe von Ge-
dichten und hat auch später weiter Gedichte geschrieben und
publiziert. Diese Gedichte waren bei den Zeitgenossen z. T.
sehr populär, gelangten jedoch nie über das Stadium ange-
strengter Formübungen hinaus, die Schlegel als weiteres Mittel
benutzte, seine Gedanken mitzuteilen.
Im September 1799 kehrte Schlegel aus Berlin nach Jena zu-
rück, im Oktober folgten ihm Dorothea und Philipp Veit. Da
im gleichen Monat auch Tieck mit seiner Frau nach Jena kam,
war der Freundeskreis im Herbst und Winter 1799 hier fast
vollständig versammelt. Novalis kam aus Weißenfels, Schelling
lehrte an der Universität, selbst Fichte, der Jena im Sommer
wegen des Atheismusstreites hatte verlassen müssen, reiste aus
Berlin herbei. Die Aussicht auf das Zusammenleben mit den
Freunden war jedoch nicht der einzige Grund, der Schlegel
nach Jena zurückgebracht hatte: er hoffte, an der Universität
eine Professur zu erhalten. Im Sommer 1800 bewarb er sich
deshalb um die venia legendi, die ihm im Oktober nach einer
Probevorlesung gewährt wurde. Im Winters em ester 1800/01
hielt Schlegel dann eine Vorlesung über Transzendentalphiloso-
phie. Sie verlief nicht besonders erfolgreich und Schlegel ver-
zichtete im April daher auf die Fortsetzung seiner Lehrtätig-
keit.
Diese Vorlesung über Transzendentalphilosophie ist in der Nach-
schrift eines anonymen Hörers, die losef Körner 1935 erstmals veröf-
fentlichte, nur höchst unvollständig überliefert. Die Bedeutung der

42
Schrift besteht darin, daß sie Schlegels ersten Versuch dokumentiert,
seine Philosophie zusammenhängend darzustellen. Dabei setzte er sic:h
sehr kritisch mit der »Identitätsphilosophie« auseinander. Anders als
in den Publikationen des >Athenäums< hielt er hier gegenüber dem
Spinozismus entschiedener an der »kritischen« Philosophie fest, und
betonte, daß die Welt noch unvollendet sei. (KA XII, 42, 52 f.)
Selbst Gott dürfe nicht als seiend, sondern nur als werdend gedacht
werden. (53 f.)
Werke:
1. Lyceum der schönen Künste
»Ober Lessing«. I, 2 (1797), S. 76-128; KA II, S. 1.00-25.
»Kritische Fragmente«. I, 2 (1797), S. 133-169; KA II, S. 147-63.
2. >Athenäum. Eine Zeitschrift von August Wilhelm Schlegel und
Friedrich Schlegel<, Bde. 1-3 (1798-1800), Berlin: F. Vieweg, ab
Bd.2, Berlin: H. Fröhlich. Erscheinen: 1 Bd. pro Jahr zu 2 Stücken.
Nachdruck: Wiss. Buchg. Darmstadt 1970.
»Fragmente«. I, 2 (1798), S. 3-146; KA II, S. 165-255.
»Ober Goethes Meister«. I, 2 (1798), S. 147-78; KA II, S. 126-46.
»Ober die Philosophie. An Dorothea«. II, 1 (1799), S. 1-38; KA
VIII, S. 41-62.
»Notizen«. II, 2 (1799), Rezension von Schleiermachers »Reden über
die Religion«, S.285-300; Rezension von Tiecks übersetzung des
»Don Quixote«, S. 324-27; KA II, S. 273-81 bzw. S. 281-83.
»Ideen«. III, 1 (1800), S. 4-33; KA II, S. 256-72.
»Gespräch über die Poesie«. III, 1 (1800), S.58-128, Irr, 2 (1800),
S. 169-87; KA II, S. 284-362.
»Ober die Unverständlichkeit«. III, 2 (1800), S.335-52; KA II,
S.363-72.
Mit A. W. Schlegel zusammen verfaßte F. Schlegel die» Vorerinne-
rung« zu Beginn des 1. Bandes, sowie Einleitungen und Erläuterun-
gen zu »Elegien aus dem Griechischen« in I, 1 und »Idyllen aus dem
Griechischen« in III, 2. Von F. Schlegel stammen im >Athenäum< au-
ßerdem sechs Gedichte.
3. Fragmente zur Literatur und Poesie
F. Schlegels Nachlaß enthält 15 Notizhefte mit Fragmenten zur Lite-
ratur und zur Poesie. Sie werden in der Westdeutschen Bibliothek
Marburg und in der Stadtbibliothek Trier aufbewahrt. Ihre Veröf-
fentlichung ist für die KA vorgesehen. Bisher sind drei Marburger
Manuskripte veröffentlicht m: F. Sch., Literary Notebooks
1797-1801, 1957.
4. »Lucinde. Ein Roman«. Entstanden: Nov. 1798 bis Mai 1799.
Erstdruck: 1. Teil, Berlin: H: Frölich 1799, KA V, S.1-82. Bruch-
stücke aus dem Nachlaß: KA V, S. 83-92.
5. »Transzendentalphilosophie«. Vorlesung an der Universität in
Jena: 27. 10. 1800-24. 3. 1801. Erhalten ist die Vorlesung allein in

43
der unvollständigen Nachschrift eines anonymen Hörers, die Josef
Körner 1927 entdeckte. Das Manuskript, das Körner der Universi-
tätsbibliothek Bonn übergab, wird dort heute vermißt. Erstdruck die-
ses Manuskriptes in: F. Sch., »Neue philosophische Schriften«, 1935;
S.115-221; KA XII, S.1-105.
Literatur:
1. Eine gute Einführung in die Athenäums-Zeit gibt trotz ihres Alters
und trotz gewisser Vorurteile gegenüber Schlegel immer noch: R.
Haym, Die romantische Schule, 1870, Nachdruck: 1961. Die umfas-
sendste und materialreichste Darstellung speziell der Athenäumsjahre
gibt: A. Schlagdenhau//en, Frederic Sch. et son groupe. La Doctr;ne
de l'Athenaeum (1798-18.00), 1934.
2. Zu Sch.'s Zeitschriften vgl.: H. H. Houben (Hg.), Zeitschr. der
Romantik (Veröffent!. d. dt. Bibliogr. Gesellsch.), 1904, Nachdruck:
1969, über das >Ath.<, Sp. 1-13. ]. Bobeth, Die Zeitschr. der Ro-
mantik, 1911, Nachdruck: 1970, über das >Ath.<, S. 33-80. C. Gaß-
ner, F. Sch. in seinen Zeitschr., Diss. Innsbruck 1962. H. G. Ziegler,
F. Sch. als Zeitschr.-Hg. Eine Studie zum literarischen Leben der
Goethezeit, Diss. Berlin (FU) 1968. P. Hocks und P. Schmidt, Litera-
rische und politische Zeitschr. 1789-1805, 1975, über das >Ath.<,
S.110-14. Speziell zum Athenäum siehe: H. v. Müller, Drei
Zeitschr. der Romantik, Philobiblon 4 (1960), S. 146-64. C. HohoJf,
Anfang und Wirkung literarischer Zeitsehr. Ober die ,Horen< und
>Athenäum<, in: C. H., Schnittpunkte. Ges. Aufsätze, 1963,
S.102-10. M. Blanchot, L'Athenaeum, NRF 12 (1964), S.301-13.
E. Behler, Athenäum. Die Geschichte einer Zeitschr., in: Athenäum,
Nachdruck 1970, Bd.3, Nachwort. M. Stoljar, Athenaeum. A Criti-
cal Commentary, 1973.
3a) Die im ,Athenäum< entwickelte Literaturtheorie stand seit je im
Zentrum der F. Sch.-Forschung. Außer den in dem Kap. Materialien
bereits genannten Arbeiten siehe zur Einordnung Sch.'s in die Ge-
schichte der Ästhetik: P. Szondi, Antike und Moderne in der Ästhe-
tik der Goethezeit, in: P. S., Poetik und Geschichtsphilosophie I, hg.
von S. Metz und H.-H. Hildebrandt (stw 40), 1974, über Sch.,
S 99-148. Und: P. Szondi, Von der normativen zur spekulativen
Gattungspoetik, in: P. S., Poetik und Geschichtsphilosophie II, hg.
von W. Fietkau (stw 72), 1974, über Sch., S. 112-51. Zur Darstef-
lung von Sch.'s Theorie siehe außerdem: A. O. Lovejoy, On the
Meaning of >Romantic< in Early German Romanticism, MLN 31
(1916), S.385-96; 32 (1917), S.65-77. F. Gundol/, F. Sch.'s ro-
mantische Schriften, JbFDH (1927), S.28-120. O. Mann, Der junge
F. Sch. Eine Analyse von Existenz und Werk, 1932. P. Reif!, Die
Ästhetik der deutschen Frühromantik, Urbana 1946. H. Hugo, An
Examination of F. Sc.h.'s »Gespräch über die Poesie«, Monatshefte 40
(1948), S.221-31. R. Immerwahr, The First Romantic Aesthetics,
MLQ 21 (1960), S. 3-26. W. Brüggemann, F. Sch. y su conception

44
de la literature corno quintaesencia dei arte romantico, Filologia Mo-
derna (Madrid) 4 (1964), S.241-64. L. Rohmer, F. Sch.: über die
Unverständlichkeit, in: L. R., Der deutsche Essay, 1966, S.152-66.
K. Peter, F. Sch.'s ästhetischer Intellektualismus. Studien über die pa-
radoxe Einheit von Philosophie und Kunst in den Jahren vor 1800,
Diss. Frankfurt 1966. H. N. Mennemeier, Unendliche Fortschreitung
und absolutes Gesetz. Das Schöne und das Häßliche in der Kunst-
auffassung des jungen F. Sch., WW 17 (1967), S. 393-409. E. Beh-
ler, The Origins of the Romantic Literary Theory, Colloquia German-
ica (1968), S. 109-26. A. Nivelle, Frühromantische Dichtungstheo-
rie, 1970. j. Schillemeit, Systematische Prinzipien in F. Sch.'s Litera-
turtheorie. Mit textkritischen Anmerkungen, JbFDH (1972)
S.137-76. L. P. WesseIl, The Antinomie Structure of F. Sch.'s >Ro-
manticism<, SiR 12 (1973), S.648-69. U. Klein, Der Beitrag F.
Sch.'s zur Entwicklung der frühromantischen Kunstanschauung, WB
20 (1974), S.80-101. R. Heine, Transzendentalpoesie. Studien zu F.
Sch., Novalis und E. T. A. Hoffmann, 1974.
b) Das Verhältnis der romantischen Literaturtheorie zur Antike und
Sch.'s eigenen Griechenstudien behandeln: j. Jakobiec, F. Sch.'s Ent-
wicklungsgang vom Klassizismus zum Romantismus, 1907. A. Deni-
seIle, F. Sch. als romantischer Theoretiker und die Antike, 1930. A.
Emmersleben, Die Antike in der romantischen Theorie. Die Gebrüder
Sch. und die Antike, 1937. F. Hiebel, The Modern View of Hellas
and German Romanticism, GR 29 (1954), S. 31-39.
c) Zu dem für Sch.'s Literaturtheorie zentralen Begriff der Ironie sie-
he folgende Spezialstudien: F. Brüggemann, Die Ironie als entwick-
lungsgeschichtliches Moment, 1909. F. Ernst, Die romantische Ironie,
Diss. Zürich 1915. K. Friedemann, Die romantische Ironie, Zeitschr.
für ~.sthetik und allg. Kunstw. 13 (1918/19), S.270-82. R. Jancke,
Das Wesen der Ironie, 1929. A. E. Lussky, Tieck's Romantic Irony,
with special Emphasis upon the Influence of Cervantes, Sterne und
Goethe, Chapel Hili 1932, über Sch., S.45-91. O. Walzel, Methode?
Ironie bei F. Sch. und bei Solger, Helicon 1 (1938), S.33-50. P. Ro-
thenhäusler, Ironie, Witz und Fragment im Schaffen F. Sch.'s, Dt.
Rds. 71 (1948), S. 135-46. H. E. Hass, Die Ironie als literarisches
Phänomen, Diss. Bonn 1950. R. Immerwahr, The Subjectivity or Ob-
jectivity of F. Sch.'s Poetic Irony, GR 26 (1951), S.173-91. P.
Szondi, -F. Sch. und die romantische Ironie, Euph. 48 (1954),
S.397-411, jetzt auch in: P. S., Satz und Gegensatz, Sechs Essays,
1964, S.5-24. B. Allemann, Ironie und Dichtung, 1956, 2. Aufl.
1969, über Sch., S.55-82. I. Strohschneider-Kohrs, Die romantische
Ironie in Theorie und Gestaltung, 1960, über Sch., S. 7-91; 21977.
Dies., Zur Poetik der deutschen Romantik Ir. Die romantische Iro-
nie, in: H. Steffen (Hg.), Die deutsche Romantik. Poetik, Form und
Motive, 1967, S.75-97. R. Immerwahr, Romantic Irony and Ro-
mantic Arabesque Prior to Romanticism, GQ 42 (1968), S.665-85.
F. N. Mennemeier, Fragment und Ironie beim jungen F. Sch. Versuch

45
der Konstruktion einer nicht geschriebenen Theorie, Poetica 2 (1968),
S.348-70. B. Heimrich, Fiktion und Fiktionsironie in Theorie und
Dichtung der deutschen Romantik, 1968, S.47-67. E. Behler, Die
Theorie der romantischen Ironie im Lichte der handschriftlichen
Fragmente F. Sch.'s, ZfdPh 88 (1969), Sonderheft, S. 90-114. Ders.,
Klassische Ironie, romantische Ironie, tragische Ironie. Zum Ursprung
dieser Begriffe, 1972. H. Prang, Die romantische Ironie, 1972.
Zu anderen Begriffen Sch.'s siehe: E. Lewalter, F. Sch. und sein
romantischer Witz, Diss. Leipzig 1917. F. Ingerslev, Genie und sinn-
verwandte Ausdrücke in den Schriften und Briefen F. Sch.'s, 1927.
O. Zelter, Bildung, Universalität und verwandte Begriffe in F. Sch.'s
Jugendschriften, Diss. Frankfurt 1933. L. Dieckmann, The Metaphor
of Hieroglyphics in German Romanticism, Comp. Lit. 7 (1955),
S. 306-12. Dies., F. Sch. and Romantic Concepts of the Symbol, GR
34 (1959), S.276-83. K. K. Polheim, Studien zu F. Sch.'s poetischen
Begriffen, DVjs 35 (1961) S.363-98. D. E. Starr, Der Begriff des
Symbols in der deutschen Klassik und der Romantik. Unter besonde-
rer Berücksichtigung von F. Sch., Diss. New York Univ. (New
York) 1962. C. Menze, Der Bildungsbegriff des jugen F. Sch., 1964.
N. A. Busch, The Chief Metamorphoses of F. Sch.'s Concept of My-
thology, Diss. Univ. of Wash. (Seattle) 1965. P. de Man, Allegorie
und Symbol in der europäischen Frühromantik, in: Typologia Litte-
rarum, Festsehr. für M. Wehrli, 1969, S.403-26. A. Klein, Temi e
motivi mistici nell'estetica di F. Sch., Rivista de Estetica 17 (1972),
S.5-23.
d) Zur Form des Fragments siehe: F. H. Mautner, Der Aphorismus
als literarische Gattung, Zeitsehr. für Ästhetik 27 (1933), S. 148 ff.
A.-H. Fink, F. Sch., Maxime und Fragment. Grenzmöglichkeiten ei-
ner Kunstform. Zur Morphologie des Aphorismus, 1934, S.53-71.
H. Krüger, Studien über den Aphorismus als philosophische Form,
1956. F. N. Mennemeier, Fragment und Ironie beim jungen F. Sch.
Versuch der Konstruktion einer nicht geschriebenen Theorie, Poetica
2 (1968), S. 348-70.
e) Zu sprachtheoretischen überlegungen siehe: H. Nüsse, Die
Sprachtheorie F. Sch.'s, 1962. S. C. Schaber, The Atrophied Word.
Scepticism toward Language and the Structure of Romantic Thought
in Novalis and F. Sch., Diss. Princeton 1967.
f) Die Literaturtheorie Sch.'s ist in vieler Hinsicht identisch mit sei-
ner Romantheorie. Speziell zur Romantheorie siehe folgende Arbei-
ten: W. Meinhardt, Die Romantheorie der älteren Romantik unter
besonderer Berücksichtigung F. Sch.'s, Diss. Göttingen 1955. W.
Bausch, Theorien epischen Erzählens in der deutschen Frühromantik,
1964. H. Schanze, F. Sch.'s Theorie des Romans, in: R. Grimm
(Hg.), Deutsche Romantheorien. Beiträge zu einer historischen Poetik
des Romans in Deutschland, 1968, S.61-80. R. Immerwahr, Die
symbolische Form des »Briefes über den Roman«, ZfdPh 88 (1969),

46
Sonderheft, S.41-60. W. A. v. Schmidt, Berührungspunkte der Ro-
mantheorien Herders und F. Sch.'s, GQ 47 (1973), S. 409-14.
Zu Sch.'s Auseinandersetzung mit der Gattungsproblematik über-
haupt und mit anderen Gattungen vgl.: K. H. Niedrig, Die Lust-
spieltheorie F. Sch.'s - ihre Stellung und Wirkung in der Romantik,
Diss. Heidelberg 1951. P. Szondi, F. Sch.'s Theorie der Dichtarten.
Versuch einer Rekonstruktion auf Grund der Fragmente aus dem
Nachlaß, Euph. 64 (1970), S. 181-99. O. Mann, F. Sch. als Begrün-
der der Philosophie der Tragödie und des Tragischen, in: K. W. Jo-
nas (Hg.), Deutsche Weltliteratur. Festg. für J. A. Pfeffer, 1971,
S.45-72.
g) Ein Aspekt der Literaturtheorie Sch.'s ist die Literaturkritik. Ihn
behandeln: H. Henel, F. Sch. und die Grundlagen der modernen lite-
rarischen Kritik, GR 20 (1945), S. 81-93. V. Lange, F. Sch.'s Literary
Criticism, Comp. Lit. 7 (1955), S. 289-305. R. Wellek, A History
of Modern Criticism 1750-1950, 1955, über Sch., Bd. 11, S.5-35.
K. A. Horst, Der zyklische Kritizismus F. Sch.'s, Merkur 12 (1958),
S.970-80. H. Eichner, F. Sch.'s Theorie der Literaturkritik, ZfdPh
88 (1969) Sonderheft, S.2-19. H. D. Weber, Eine Theorie der Lite-
raturkritik. Die falsche und die berechtigte Aktualität der Frühro-
mantik, 1971.
h) Die Auseinandersetzung und Interpretation der Literatur der Ver-
gangenheit und der eigenen Gegenwart zeigt Sch. nicht nur als Lite-
raturkritiker sondern auch als Literaturhistoriker. Diesen Aspekt der
Literaturtheorie untersuchen: V. Santoli, Philologie, Geschichte und
Philosophie im Denken F. Sch.'s, in: V. S., Philologie und Kritik,
1971, S.82-101 (zuerst ital., Civilta moderna 2 [1930], S. 117-39).
M. Groben, F. Sch.'s Entwicklung als Literaturhistoriker und Kriti-
ker. Ein Beitrag zu einer künftigen Biographie, Diss. Köln .1934. F.
Finke, Die Brüder Sch. als Literaturhistoriker, Diss. Kiel 1961. H.
Eichner, F. Sch.'s Werdegang als Literaturhistoriker, KA VI, Einlei-
tung, S. XIII-XX. Ders., F. Sch.'s Stellung in der Geschichte der
Literaturwissenschaft, ebd., S. XXXI-XL VII. L. M. Gustafson, The
Development of F. Sch.'s View of the History of Literature, Diss.
Columbia Univ. (New York) 1962. E. Klin, F. Sch. als Litearturhi-
storiker, Germanica Wratislaviensia 12 (1968), S.15-47. A. Huys-
sen, Die frühromantische Konzeption von übersetzung und Aneig-
nung. Studien zur frühromantischen Utopie einer deutschen Weltlite-
ratur, 1969, über Sch. bes. S. 105-25. K. Sagara, »Wissenschaft der
Literatur«. Gedanken aus F. Sch.'s Nachlaßschriften, Doitsu Bungaku
47 (1971), S. 33-43.

In bezug auf einzelne Epochen und Autoren siehe:


Zu Shakespeare: H. Schanze, Shakespeare-Kritik bei F. Sch., GRM
46 (1965), S.40-50. U. Klein, Die Entwicklung frühromantischer
Kunstanschauung im Zusammenhang mit der Shakespearerezeption

47
durch F. and A. W. Sch. im letzten Jahrzehnt des 18. Jh., Diss. Ber-
lin (Humboldt) 1972.
Zu Spanien und Portugal: H. Flasche, F. Sch. und die Romania. I. F.
Sch. und Portugal, Dvjs. 32 (1958), S.417-47. H. Juretschke, Fe-
derico Sch. Una interpretaci6n a la luz de la edici6n crftica des sus
obras, con especial consideraci6n de sus relaciones hispanicas, Filo-
logfa Moderna 13 (Madrid) (1973), S. 191-304.
Zur Aufklärung: H. Schanze, Romantik und Aufklärung. Untersu-
chungen zu F. Sch. und Novalis, 1966.
Zu Frankreich: E. R. Curtius, F. Sch. und Frankreich, in: E. R. C.,
Krit. Essays zur europ. Lit., 1950, 2. Aufl. 1954, S.86-99. D. E.
Starr, F. Sch. und die französischen Schriftsteller seiner Zeit, Studies
in Germanic Languages and Literature (1967), S.127-38. A. Rühle-
Gerstel, F. Sch. und Chamfort, Euph. 24 (1922), S. 809-60.
Zu Lessing: B. Bolle, F. Sch.'s Stellung zu Lessing, 1912. J. Krüger,
F. Sch.'s Bekehrung zu Lessing, 1913. K. Sagara, Das Lessing-Bild F.
Sch.'s, Doitsu Bungaku 40 (1968), S. 42-51. D. Behler, Lessing's Leg-
acy to the Romantic Concept of the Poet Priest, Lessing Yearbook
4 (1972), S. 67-93.
Zu Herder: W. A. v. Schmidt, Die Widerspiegelung Herderscher
Gedanken im Werk F. Sch.'s, Diss. Univ. of Wash. (Seattle) 1968.
Ders., Der Literaturbegriff bei J. G. Herder und F. Sch., Archiv für
Kulturg. 55 (1973), S. 462-67. Ders., Berührungspunkte der Roman-
theorien Herders und F. Sch.'s, GQ 47 (1973), S. 409-14.
Zu Goethe: K. S. Galabo/f, Die Stellung F. Sch.'s und der anderen
deutschen Romantiker zu Goethes »Wilhelm Meister« im Lichte des
Urmeisters, 1917. J. Körner, Romantiker und Klassiker. Die Brüder
Sch., in ihren Beziehungen zu Schiller und Goethe, 1924. H. Grunik-
ke, Das Goethebild F. Sch.'s, Diss. Hamburg 1952. M. Gerhard, Goe-
thes ,geprägte Form< im romantischen Spiegel. Zu F. Sch.'s Aufsatz
»über Goethes Meister«, in: On Romanticism. Studies in Honor of
E. H. Zeydel, 1956, S.29-46 (jetzt auch in: M. G., Leben im Ge-
setz, 1966, S.64-78). R. Immerwahr, F. Sch.'s Essay »On Goethes
Meister«, Monatshefte 59 (1957), S.1-21. H. Hatfield, Wilhelm
Meisters Lehrjahre and ,Progressive Universalpoesie<, GR 36 (1961),
S.221-29. J. Müller, Das Goethebild in F. Sch.'s Literaturtheorie,
in: Festschr. für H. Besseler, 1961, S.517-28 (jetzt auch in: J. M.,
Neue Goethe-Studien, 1969, S.263-79). C. Heselhaus, Die Wilhelm
Meister-Kritik der Romantiker und die romantische Romantheorie,
in: H. R. Jauß (Hg.), Nachahmung und Illusion, Poetik und Herme·
neutik I, 1964, S. 113-27. R. Stelzmann, Goethe, F. Sch. und Schlei-
ermacher, Eine verhüllte Kritik im »Walpurgisnachtstraum«, Herrigs
Archiv 203 (1967), S. 195-203. H. Kunisch, F. Sch. und Goethe, in:
H. K., Kleine Schriften, 1968, S.189-204. A. B. Wachsmuth, Zwei
Kapitel zu dem Problem Goethe und die Romantik. I. Die 16. Wie-
ner Vorl. F. Sch.'s und Goethes Erwiderung; 2. Das Dämonische,

48
Goethe, Jb. d. Goethe G. 30 (1968), S.1-42. T. Seki, F. Sch.'s Re-
zension "über Goethes Meister«, Goethe Jb. (Tokio) 15 (1973): Jap.
mit deutscher Zusammenf.
Zu Schleiermacher: W. Dilthey, Leben Schleiermachers, 1870, 2.
Aufl. 1922, S. 240 ff. J. Körner, Einleitung zu: F. Sch.'s "Philosophie
der Philologie«, Logos 17 (1928), S. 1-16. I. Yasuda, über die An-
fänge der deutschen Romantik. F. Sch. und Schleiermacher, Doitsu
Bungaku 25 (1958), S.11-17. H. Patsch, F. Sch.'s "Philosophie der
Philologie« und Schleiermachers frühe Entwürfe zur Hermeneutik.
Zur Frühgeschichte der romantischen Hermeneutik, Zeitschr. für
Theologie und Kirche 63 (1966), S. 434-72.
Zu Tieck: R. Flatter, Sch. und Sch.-Tieck, in: R. F., Triumph der
Gnade. Shakespeare Essays, 1956, S. 70-83.
4. Folgende Arbeiten beschäftigen sich mit der »Lucinde«: I. Rouge,
Erläuterungen zu F. Sch.'s Lucinde, 1905. H. Meyer-Benfey, F. Sch.'s
Lucinde, in: H. M.-B., Welt der Dichtung, 1962, S.106-19; zuerst
in: Mutterschutz 2 (1906), H. 5. J. Körner, Die Urform der Lucinde,
Das lit. Echo 16 (1913/14), S. 950-54. Ders., Neues vom Dichter
der »Lucinde«, Preuß. Jb. 183/84 (1921), S.309-30 und 37-56. P.
Kluckhohn, Die Auffassung der Liebe im 18. Jh. und in der Roman-
tik, 1922, 3. Aufl. 1966, S.343-463. W. Paulsen, F. Sch.'s Lucinde
als Roman, GR 21 (1946), S.173-90. J.-J. Anstett, Lucinde: Eine
Reflexion. Essai d'Interpretation, EG 3 (1948), S.241-50. H. H.
Borcherdt, Der Roman der Goethezeit, 1949, S.421-35. S. Steffen-
sen, To Forskellige Tolkninger af F. Sch.'s »Lucinde«, Festschr. für
L. L. Hammerich, 1952, S.222-29. G. Beckers, Die Apotheose
schöpferischen Müßiggangs in F. Sch.'s »Lucinde« in ihrer Beziehung
zu Georg Büchners »Leonce und Lena« und Kierkegaard, in: G. B.,
Versuche zur dichterischen Schaffensweise deutscher Romantiker,
1961, S.18-28. H. Eichner, KA V, Einleitung, S. XVII-LXIX. I.
Yasuda, Schleiermachers Rezension über F. Sch.'s Lucinde, Doitsu
Bungaku 29 (1962), S.50-58. L. Marcuse, Jena 1799. Hundertfünf-
zig Jahre deutsche Entrüstung, in: L. M., Obszön. Geschichte einer
Entrüstung, 1962, S.63-115. c. Hohoff, Lucinde und die Theorie
der Liebe, in: C. H., Schnittpunkte, 1963, S.123-32. E. Klin, Das
Problem der Emanzipation in F. Sch.'s »Lucinde«, WB 9 (1963),
S.76-99. K. K. Polheim, Nachwort zur Reclam-Ausg., 1964,
S. 110-17. H. Slessarev, Die Ironie in F. Sch.'s »Idylle über den
Müßiggang«, GQ 38 (1965), S.286-97. R. Stelzmann, Goethe, F.
Sch. und Schleiermacher. Eine verhüllte Kritik im »Walpurgisnachts-
traum«, Herrigs Archiv 203 (1967), S. 195-203. K. K. Polheim, F.
Sch.'s Lucinde, ZfdPh 88 (1969) Sonderheft, S.61-90. E. Middell,
Liebe, Revolution und Romantik, Nachwort zur Reclam Ausg. (Leip-
zig), 197.0, S.253-74. P. Lacone-Labarthe, L'Impresentable, Poeti-
que 21 (1975), S.53-95. E. Hudgins, Nicht-epische Strukturen des
romantischen Romans, 1975. T. Tomita, Neubewertung der »Lu-

49
cinde«, Doitsu Bungaku 41 (1974) H. 72 (Jap. mit deutscher Zu-
sammenf.). M. K. Flavell, Women and Individualism. A Re-Exami-
nation of Sch.'s »Lucinde« and Gutzkow's ,. Wally die Zweiflerin«,
MLR 70 (1975), S.55Q-66. G. Mattenklott, Der Sehnsucht eine
Form. Zum Ursprung des modernen Romans bei F. Sch., erläutert an
der »Lucinde«, in: D. Bänsch (Hg.), Zur Modernität der Romantik.
Literaturwissenschaft und Sozialwissenschaften 8, 1977, S. 143-166.
5. Außerliterarische Zusammenhänge. Das Verhältnis Sch.'s zur Fran-
zösischen Revolution behandeln: A. Müller, Die Auseinandersetzung
der Romantik mit den Ideen der Revolution, DVjs. (1929) Sonder-
heft; Romantische Forschungen, S.243-333. W. Weiland, Der junge
F. Sch. oder Die Revolution in der Frühromantik, 1968. E. Behler,
Die Auffassung der Revolution in der Frühromantik, in: Essays in
European Lit. In Honor of L. Dieckmann, 1972, S. 191-215. H. J.
Heiner, Der Topos .goldenes Zeitalter< beim jungen F. Sch., in: P.
Jehn (Hg.), Toposforschung. Eine Dokumentation, Respublica Litera-
ria, 1972, S. 293-314. C. Krüger, Georg Forsters und F. Sch.'s Beurtei-
lung der Französischen Revolution als Ausdruck des Problems einer
Einheit von Theorie und Praxis, 1974. R. Brinkmann, Frühromantik
und Französische Revolution, in: Deutsche Lit. und Franz. Rev. Sie-
ben Studien von R. Brinkmann u. a.• 1974, S. 172-191. H. Schlaffer,
F.Sch. über Georg Forster. Zur gesellschaftlichen Problematik des
Schriftstellers im nachrevolutionären Bürgertum, Literatursoziologie,
1974, H, S. 118-38.
Vgl. außerdem: H. Hofe, F. Sch. and the New World, PMLA 76
(1961), S.63-67.

4. Die Konversion (1801-1808): Paris, Köln

Was den Schlegel-Kreis in den Athenäumsjahren zusammen-


hielt, war die überzeugung, für eine große gemeinsame Sache
zu wirken. Obwohl die Freunde sich für diese Sache, die Her-
aufkunft eines neuen u~d besseren Zeitalters, im Rahmen von
Philosophie und Poesie einsetzten, wußten sie sich in überein-
stimmung mit dem politischen Geschehen der Französischen
Revolution. Die Analogie von politischem und intellektuellem
Fortschritt verlieh ihrem Wirken gesellschaftliche Relevanz,
rechtfertigte den Ästhetizismus der Zeit, an dem sie partizi-
pierten, die philosophische Spekulation und die poetische
Hoffnung. Der enttäuschende Ausgang der Revolution, daß sie
in Deutschland nicht stattfand und in Frankreich in die
Machtpolitik Napoleons mündete, blieb deshalb nicht ohne
Wirkung auf den Freundeskreis. Ohne die gesellschaftliche Le-
gitimation, das Bewußtsein, der Avantgarde der Geschichte an-

50
zugehören, erschlaffte die Spannung, die die Gruppe verbun-
den hatte. Nicht nur erstarb das Interesse, das >Athenäum<
fortzusetzen; die Gruppe selbst löste sich auf. Dieser Vorgang
hatte eine Reihe äußerer Anlässe. Am 25. März 1801 starb No-
valis. Die aufgetretenen sachlichen Differenzen zwischen F.
Schlegel und Schleiermacher, sowie die Platon-Ausgabe, die
beide zusammen geplant hatten und für die Schlegel seinen Teil
schuldig blieb, belastete das Verhältnis zu dem Berliner
Freund. Die· Ehe A. W. Schlegels und Carolines zerbrach über
Carolines Liebe zu Schelling, den sie 1803 heiratete. Dorothea
Veit und Caroline vertrugen sich nicht; dies und A. W. Schle-
gels Toleranz gegenüber der ihm untreuen Caroline führte zur
Entfremdung der Brüder. Im Sommer 1800 verließ A. W.
Schlegel Jena und ließ sich im Februar 1801 in Berlin nieder.
Diese Situation bildete die Voraussetzung für die Entwick-
lung F. Schlegels, die 1808 mit der Konversion zum katholi-
schen Glauben endete. Dieses Ereignis, die Konversion, die
schon unter den Zeitgenossen Schlegels als Sensation galt -
obwohl Schlegel keineswegs der einzige war, der damals zum
Katholizismus konvertierte, vielmehr einem Trend entsprach,
dem der Graf Stolberg, Adam Müller, Zacharias Werner u. a.
ebenso gefolgt waren und folgten - blieb bis heute die um-
strittenste Tatsache in Schlegels Leben. 1927 beschrieb Benno
von Wiese den Streit der Meinungen so: »Entweder sieht man
das Wesentliche des Schlegelschen Lebens [ ... ] in jener Phase,
die wir bisher verfolgt haben; dann wird man eine solche
Wandlung [die Konversion] als Ermüdung, als ein Nicht-zu-
Ende-Gehn, als eine Erschlaffung [ ... ] ansehen und die Zeit
nach der Konversion als Zeit des abgedankten, kapitulierten
Schlegel betrachten [ ... ]. Oder aber man betrachtet den Ent-
wicklungsgang bis zur Konversion als Mißverständnis, als
Nicht-zu-sich-selber-gekommen-sein, als Kette jugendlicher Ir-
rungen, die in der Erkenntnis des wahren Gottes und in der
Unterwerfung unter diese Erkenntnis erst zu ihrem eigentlichen
Gehalte kommt.« (v. Wiese, 54) von Wiese selbst schloß sich
der ersten Meinung an. Die von Josef Körners Untersuchungen
und Interpretationen ausgehende Forschung glaubt inzwischen,
diese Alternative zu vermeiden, indem sie die innere Logik in
Schlegels Entwicklung nachzuweisen sucht. Der Widerspruch
in dieser Entwicklung, das Krgernis der Konversion, soll keines
sein. Wie weit jedoch die Konversion tatsächlich nur frühere
Entwicklungen fortsetzte, und wie weit sie Abbruch und Neu-
einsatz war, ist auch heute noch eine offene Frage.

51
Schlegel selbst interpretierte seinen übertritt zum Katholi-
zismus ebenfalls als kontinuierlichen Prozeß. (VogI. KA XVIII,
Einleitung, XII) Tatsächlich standen die Konvertiten mit ihrer
Abkehr von der eigenen Vergangenheit, der Preisgabe wesentli-
cher Positionen der Aufklärung, damals nicht allein und be-
trachteten deshalb ihre Konversion als konsequenten Abschluß
einer allgemeineren Entwicklung. Auch war der Ausgang der
Französischen Revolution nicht der einzige Grund dafür. Die
Enttäuschung über die Revolution schloß am Ende des 18. Jh.s
bereits die Erfahrung der sich ankündigenden Massengesell-
schaft, der Ohnmacht des Individuums in einer von den Geset-
zen des Marktes bestimmten Welt mit ein. Der allgemeine ge-
sellschaftliche Wandel, in dem die Erfahrung der politischen
Machtlosigkeit schließlich nur ein Moment war, erklärt, war-
um damals selbst Fichte und ebenso Schelling, Tieck und A. W.
Schlegel sich der Religion zuwandten. A. W. Schlegel gestand
Schelling 1809 in einem Brief, daß er von »verderblichen Irr-
thümern« zu »ehemals verworfnen überzeugungen« zurückge-
kommen sei; der Grund dafür liege »in einer Reaction gegen
unsre bisherige Bildung, über deren Nichtigkeit uns die Welt-
begebenheiten die furchtbarsten Aufschlüsse gegeben haben«
(Krisenjahre II, 68). Im Falle F. Schlegels ist davon auszuge-
hen, daß sich gerade um 1800 verschiedene Tendenzen in seiner
Entwicklung überlagerten. Dem Pantheismus, der die letzten
Stücke des >Athenäums< beherrschte, stehen in den "Philosophi-
schen Lehrjahren«, aber auch in der Jenaer Vorlesung über
Transzendentalphilosophie Xußerungen gegenüber, die den mo-
ralischen Rigorismus Kants und Fichtes im Sinne des Panthe:s-
mus zwar auf das >Universum< ausdehnen, am Kritizismus aber
insofern festhalten, als sie das Widersprüchliche der Welt, ihr
Negatives, stärker betonen, als dies im >Athenäum< der Fall ist.
Der Bruch mit dem Pantheismus mochte dem Katholiken
Schlegel daher als die Wiederaufnahme und Fortsetzung von
kritischen Intentionen erscheinen, die der Pantheismus nur
überdeckte. Aber die ehemals aufklärerische Position, die Mo-
ral als Kritik, verkehrte sich in ihr Gegenteil, sobald ihre For-
derungen sich ins Universale steigerten und ihre Erfüllung des-
halb von Gottes Gnade abhing. Nur insofern ihm dieser Selbst-
widerspruch seines Katholizismus nicht bewußt wurde, konnte
Schlegel die bruchlose Kontinuität seiner Entwicklung behaup-
ten. Der Eifer, mit dem er der Kirche diente und deren Dog-
men verfocht, wirkt bisweilen wie der Versuch, dieses Bewußt-
sein mit Gewalt zu unterdrücken.

52
Die Stationen auf Schlegels Weg zur Konversion hießen Paris
und Köln. In Jena konnte Schlegel sich nach dem Scheitetn
seiner Hoffnung auf einen Lehrstuhl an der Universität finan-
zell nicht mehr halten. Im April 1801 folgte er seinem Bruder
nach Berlin, konnte aber auch hier nicht mehr Fuß fassen. So
entstand der Plan, nach Paris zu gehen. In Paris lockte die
Möglichkeit, auf europäischer Ebene kulturpolitisch zu wirken
(er wollte dort eine internationale wissenschaftliche Akademie
gründen), lockte die Hoffnung auf Vorlesungen, die dem fran-
zösischen Publikum die neuste deutsche Philosophie und Dich-
tung bekannt machen sollten, und lockten schließlich die
Schätze der Nationalbibliothek, vor allem deren persische und
indische Manuskripte. Am 17. 1. 1802 brach Schlegel von Ber-
lin auf. Die Reise ging über Dresden und Leipzig, wo er mit
dem Verleger Wilmans den Vertrag für seine nächste Zeit-
schrift, die >Europa<, abschloß, nach Weimar. Am 29. 5. ließ
Goethe hier Schlegels Trauerspiel »Alarcos« uraufführen. Das
Drama ist eine peinlich mißlungene Nachahmung Calderons,
die Schlegel in der zweiten Hälfte von 1801 geschrieben hatte.
Die Weimarer Aufführung endete mit einem glatten Durchfall.
Ende Juli 1802 kam Schlegel mit Dorothea in Paris an. Sei-
ne neue Zeitschrift >Europa< (1803-1805) eröffnete er mit ei-
nem Bericht von seiner Reise: »Reise nach Frankreich«, in dem
er diese Reise, seinen Aufenthalt und seine Pläne in Paris phi-
losophisch zu rechtfertigen suchte. Im letzten Teil dieses drei-
teiligen Reiseberichts entwickelte er eine neue Geschichtsphilo-
sophie, in der er nicht mehr die Griechen der Moderne, son-
dern Asien Europa konfrontierte. Während Schlegel in Europa
einen »inneren organischen Zwiespalt« entdeckte, der sowohl
physikalische - er meinte klimatische (Nord-Süd) - wie histo-
rische Ursachen besitze, fand er im Orient »alles in Einem«
(KA VII, 73), und reflektierte in Paris, dem Mittelpunkt Euro-
pas über die Vereinigung des auf diesem Kontinent Getrennten.
Der Unterschied des »Klassischen und Romantischen« (74) er-
schien ihm dabei nur symptomatisch für die allgemeine Zerrüt-
tung Europas, die gerade jetzt ihr »Äußerstes« erreicht habe.
Die »wahre Revolution« müsse deshalb aus dem Orient kom-
men, die politische Revolution der Franzosen und die philoso-
phische der Deutschen wiesen zwar in die richtige Richtung,
seien aber von vornherein zum Scheitern verurteilt. (76) Damit
motivierte Schlegel seine europäisch gedachten Pariser Pläne
ebenso wie seine wissenschaftlichen Unternehmen, das Studium
orientalischer Sprachen (Sanskrit und Persisch) und Philoso-

53
phie und die Vorlesungen über deutsche Philosophie und Dich-
tung, die er jedoch hauptsächlich vor deutschen Emigranten
und Reisenden hielt. - Diese Studien ebenso wie diese Vorlesun-
gen markieren den Beginn seiner von nun an immer mehr hi-
storischen Arbeiten. Geldlich brachten ihm seine Tätigkeiten so
wenig ein, daß er auch in Paris auf die Dauer nicht bleiben konn-
te. Die >Europa< war trotz aller Bemühungen um Popularität
nicht der erhoffte finanzielle Erfolg. Isoliert und ohne Möglich-
keit, seine Pläne zu realisieren, fühlte er sich zunehmend un-
glücklich in der fremden Stadt und wartete darauf, nach
Deutschland zurückkehren zu können.
Die Möglichkeit dazu bot sich schließlich durch die Brüder
Sulpiz und Melchior Boisseree (1783-1854 bzw. 1786-1851).
Die reichen Kaufmannssöhne aus Köln, die einige Zeit in Paris
verbrachten, hatten Schlegel aufgesucht und dieser hatte für sie
in der Folge eine Reihe von Privatvorlesungen gehalten, die zu
seiner Haupteinnahmequelle geworden waren. Als die Brüder
nach Köln zurückkehrnen, forderten sie Schlegel auf, sie zu be-
gleiten. Kurz vor dem Aufbruch fand am 6. April 1804 in Pa-
ris noch die Trauung zwischen Schlegel und Dorothea Veit
statt. In Köln hoffte Schlegel erneut auf einen Lehrstuhl. Aber
die Neu~ründung der Kölner Universität, die von Napoleon
geschlossen worden war, kam damals nicht zustande. Trotzdem
setzte Schlegel seine in Paris begonnene Vorlesungstätigkeit
fort, öffentlich als Professor »3. l'ecole superieure« und privat,
jetzt aber vor einem größeren Hörerkreis. Die groß an gelegten
Vorlesungen, die in Hörernachschriften erhalten sind, behan-
delten die Geschichte der Literatur, die Entwicklung der Philo-
sophie, die »Universalgeschichte«, die Logik und die deutsche
Sprache. In ihnen erwies sich Schlegel als ein Kulturhistoriker,
dessen Kenntnisse sich auf fast alle Bereiche der Geisteswissen-
schaften erstreckten.
Diese Vorlesungen bezeugen jedoch auch Schlegels Wendung
zum Katholizismus, die inzwischen stattgefunden hatte. Sie
läßt sich bis in die Pariser Jahre zurückverfolgen. Dokumen-
tiert wird sie etwa durch philosophische Notizen, die in Paris
aufgezeichnet wurden und im Zusammenhang mit dem Stu-
dium Jakob Böhmes bei der Lösung philosophischer Probleme
die Offenbarung über die Vernunft stellen. In Köln notierte
Schlegel 1805: »Eine gründliche Kritik der Vernunft dürfte
grade auf das entgegengesetzte Resultat führen als die Kanti-
sche; nicht daß die trancendente Idee ein Schein sei, der aus

54
der Natur der menschlichen Vernunft entspringe; sondern daß
sie als über die menschliche Vernunft hinausgehend, ihr durch
Offenbarung mitgeteilt, von ihr aber sehr bald misverstanden
sei.« (KA XIX, 46) Neben solchen philosophischen überlegun-
gen spielte auch die Begegnung mit der christlichen Malerei im
Louvre eine Rolle. In der >Europa< stellte Schlegel sie im Un-
terschied zur antiken Plastik als spezifisch christliche Kunst
vor und leitete damit die Ablösung der Plastik durch die Male-
rei als wesentliche Kunstgattung der Romantik ein. Mit den
Brüdern Boissert:e kam er in Köln zudem in eine ausgesprochen
katholische Umgebung, in der vor allem die mittelalterliche
Architektur und Kunst geschätzt wurden. Auf Reisen durch
Frankreich, Holland, das Rheinland und die Schweiz weckte
Sulpiz Boisseree Schlegels Sinn für die Gotik und die katholi-
sche Vergangenheit. Auch an der Sammlung mittelalterlicher
Kunst, die die Brüder damals anlegten, nahm Schlegel regen
Anteil. Diese Einflüsse blieben nicht ohne Wirkung: die Kon-
version, der sich auch Dorothea anschloß, fand dann am 16.
April 1808 in Köln statt.
Außer an den Aufsätzen, die in der >Europa< erschienen, und
an seinen Vorlesungen arbeitete Schlegel in Paris an einer drei-
bändigen Lessing-Ausgabe. In den Einleitungen und Kommen-
taren preist er wiederum den »Philosophen« Lessing, aber auch,
was er jetzt dessen »Religion« nannte. In Köln arbeitete Schle-
gel außer an seinen Vorlesungen hauptsächlich an dem 1808 er-
schienenen Buch »über die Sprache und Weisheit der Indier«.
Hier verarbeitete er seine in Paris erworbenen Kenntnisse der
indischen Philosophie und Sprache. Zugleich findet in diesem
Buch Schlegels erste öffentliche Abrechnung mit dem Pantheis-
mus statt. (Vgl. KA VIII, 229, 243 ff.) - Kurz bevor Schlegel
Köln noch im April 1808 verließ, schrieb er fünf Beiträge für
die neugegründeten Heidelberger >Jahrbücher der Literatur<. In
diesen Beiträgen, besonders in drei ausführlichen Rezensionen
von Werken Adam Müllers, Fichtes und Stolbergs, wandte er
sich erstmals öffentlich gegen seine eigene Vergangenheit. In-
dem er sich zum katholischen Glauben bekannte, verwarf er
die »Religion« des >Athenäums< als Ästhetizismus, dem es »im
Innern kein rechter Ernst« sei (KA VIII, 70), und forderte:
»Diese ästhetische Träumerei, dieser unmännliche pantheisti-
sche Schwindel, diese Formenspielerei müssen aufhören; sie
sind der großen Zeit unwürdig und nicht mehr angemessen.«
(KA III, 156 f.)

55
Werke:
1. »Charakteristiken und Kritiken«. Von A. W. Schlegel und F.
Schlegel, Bd. I, Königsberg (bei F. Nikolovius) 1801. Der Band ent-
hält Neuabdrucke der Aufsätze aus >Lyceum< und >Athenäum<, dazu
den Abschluß des Lessing-Aufsatzes: S.221-81; KA II, S.
397-416.
2. »Alarcos. Ein Trauerspiel in zwei Aufzügen«. Entst.: Sommer bis
Mitte Dezember 1801; Urauff.: 29. 5. 1802 in Weimar; Erstdruck:
Berlin (bei J. F. Unger) 1802; KA V, S. 221-62.
3. >Europa. Eine Zeitschrift. Herausgegeben von Friedrich Schlegel<,
Bde. 1-2 (1803-1805), Frankfurt1M: F. Wilmans. Erscheinen:
Bd. 1 bis Bd. 2, Heft 1: 1803; Bd. 2, Heft 2: 1805. Nachdruck: Wiss.
Buchg. Darmstadt 1973.
»Reise nach Frankreich«. I, 1 (1803), S. 5-40; KA VII, S. 56-79.
»Literatur«. I, 1 (1803), S. 41-63; KA UI, S.3-16 (Es handelt sich
um eine übersicht über »die wichtigsten literarischen Erscheinungen
sowohl im Fache der Wissenschaft als der Kunst«.)
»Nachricht von den Gemälden in Paris. An einen Freund in Dres-
den«. I, 1 (1803), S. 108-57; KA IV, S. 9-47.
»Vom Raphael«. I, 2 (1803), S. 3-19; KA IV, S.48-60.
»Beiträge zur Geschichte der modernen Poesie und Nachricht von
provenzalischen Manuskripten. An A. W. Schlegel«. I, 2 (18.03), S.
49-71; KA III, S. 17-37.
»Nachtrag italienischer Gemälde«. II, 1 (1803), S.96-116; KA IV,
S.61-78.
»Zweiter Nachtrag alter Gemälde«. II, 2 (1805), S.1-41; KA IV,
S.79-115.
»Dritter Nachtrag alter Gemälde«. II, 2 (1805), S. 109-45; KA IV,
S. 116-52.
4. »Lessings Gedanken und Meinungen aus dessen Schriften zusam-
mengestellt und erläutert von Friedrich Schlegel«, 3 Teile, Leipzig (in
der Juniussischen Buchhandlung) 1804. Die Bände wurden nur
schlecht verkauft; der Restbestand erschien unter verändertem Titel
1801 noch einmal: »Lessings Geist aus seinen Schriften, oder dessen
Gedanken und Meinungen, zusammengestellt und erläutert von
Friedrich Schlegel«, 3 Teile, Leipzig (bei J. C. Hinrichs) 1810. Schle-
gels Texte: KA III, S. 46-102.
5. Vorlesungen
Geschichte der europäischen Literatur. Privatvorl., Paris: 25. 11.
1803-11. 4. 1804; mit wenigen Veränderungen öffentl. Vorl., Köln
28. 6. 1804-18. 9. 1804. Von bei den Vorlesungen sind Manuskripte
erhalten, die mit großer Wahrscheinlichkeit Abschriften der Origi-
nalmanuskripte Schlegels sind. Sie stammen von den Brüdern Sulpiz
und Melchior Boissen\e und deren Freund Johann Baptist Bertram.
Ort des Pariser Manuskripts: Universitätsbibliothek Bonn; des Köl-
ner Manuskripts: Stadtarchiv Köln. Erstdruck: KA XI, S. 1-185.

56
Geschichte der Literatur der alten und neuen Zeit und Geschichte
der griechischen Philosophie. PrivatvorI., Paris; 25. 11. 1803-11. 4.
1804; mit Veränderungen und ohne die »Geschichte der griechischen
Philosophie«, Köln: 18. 6. 1804-18. 9. 1804; beide Vorlesungen s'nd
überliefert in Nachschriften von Sulpiz und Melchior Boisserck Ort
des Pariser Manuskripts: Universitätsbibliothek Bonn, des Kölner
Manuskripts: Stadtarchiv Köln. Erstdruck: vorgesehen für KA XV.
Die Entwicklung der. Philosophie in zwölf Büchern. PrivatvorI.,
Köln: begonnen ca. Mitte Juni 1804, unterbrochen von Sept. 1804 bis
März 1805, danach fortgesetzt. Erstdruck: »F. Sch.'s philosophische
Vorlesungen aus den Jahren 1804 bis 1806. Nebst Fragmenten vor-
züglich philosophisch-theologischen Inhalts. Ausdem Nachlaß des
Verewigten«, hg. v. C. J. H. Windischmann, 2 Bde., Bonn 1936/37,
Bd. I, S. 231-507, Bd. II, S. 1-396. Der Druck beruht auf Manu-
skripten, von denen eines in der Handschrift J. B. Bertrams erhalten
ist; Ort: Universitätsbibliothek Bonn. Neudruck der Windischmann-
schert Ausgabe: KA XII, S. 107-480, XIII, S. 3-175.
Propädeutik und Logik. öffentI. VorI., Köln: ca. Nov. 1805 bis Aug.
1806. Erstdruck: »F. Sch.'s philosophische Vorlesungen aus den Jah-
ren 1804 bis 1806. Nebst Fragmenten vorzüglich philosophisch-theo-
logischen Inhalts. Aus dem Nachlaß des Verewigten«, hg. v. C. J. H.
Windischmann, 2 Bde., Bonn 1836/37, Bd. I, S.1-230. Der Druck
beruht auf Manuskripten, von denen zwei, das eine in der Hand-
schrift M. Boisserees, das andere in der J. B. Bertrams, erhalten sind.
Ort: Stadt archiv Köln. Neudruck der Windischmannschen Ausgabe:
KA XIII, S. 177-384.
Ober Universalgeschichte. PrivatvorI., Köln: Winter 1805/06. Ma-
nuskript, Handschrift S. Boisseree: Universitätsbibliothek Bonn. Erst-
druck: F. Sch., »Cours d'histoire universelle. Premiere Edition du
manuscrit inedit avec introduction et notes«, hg. v. J. J. Anstett, Tre-
voux 1939. Neudruck: KA XIV, S. 1-257.
Ober deutsche Sprache und Literatur. PrivatvorI., Köln: 12. 6.
1807-21. 8. 1807. Manuskript, Nachschrift von S. und M. Boisseree:
Stadtarchiv Köln. Erstdruck: vorgesehen für KA XV.
6. »Briefe auf einer Reise durch die Niederlande, Rheingegenden, die
Schweiz und einen Teil von Frankreich«. Erstdruck: Poetisches Ta-
schenbuch für das Jahr 1806, hg. von F. Schlegel, Berlin bei F. Un-
ger, 1806, S. 257-390; KA IV, S. 153-204.
7. Heidelbergische Jahrbücher der Literatur
Rezensionen von:
»Sammlung deutscher Volkslieder mit einem Anhange flamländischer
und französischer, nebst Melodien«, hg. von Büsching und v. d. Ha-
gen, Berlin 1807. Heidelb. Jahrb. der Lit., Abt. für Philosophie, Hi-
storie, Literatur und Kunst I, 1 (1808), S. 134-42; KA III,
S.103-108.

57
»Goethes Werke«, 1.-4. Bd., Tübingen 1806. Heidelb. Jahrb. der
Lit., Abt. für Philosophie, Historie, Literatur und Kunst I, 2 (1808),
S. 145-84; KA III, S. 109-44.
»Vorlesungen über die deutsche Wissenschaft und Literatur« von
Adam H. Müller, 2. vermehrte und verbesserte Auf!., Dresden 1807.
Heidelb. Jahrb. d. Literatur., Abt. Philosophie, Historie, Literatur
und Kunst I, 2 (1808), S. 226-44; KA III, S. 145-58.
Drei Schriften Fichtes: »über das Wesen des Gelehrten«, Berlin 1806,
»Die Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters«, Berlin 1806, »Die
Anweisung zum seligen Leben, oder auch die Religionslehre«, Berlin
1806. Heidelb. Jahrb. d. Literatur, Abt. für Theologie, Philosophie
und Pädagogik I, 1 (1808), S. 129-59; KA VIII, S. 63-85.
»Geschichte der Religion Jesu Christi« von F. L. Graf zu Stolberg,
Hamburg 1806/1807. Heidelberg. Jahrb. d. Lit., Abt. für Theologie,
Philosophie und Pädagogik I, 2 (1808), S.266-90; KA VIII,
S.86-104.
8. »aber die Sprache und Weisheit der Indier. Ein Beitrag zur Be-
gründung der Altertumskunde, Heidelberg (bei Mohr und Zimmer)
1808; KA VIII, S. 105-433.
Literatur:
1. Zum »Alarcos« siehe: B. M. Blok, Romantisches in F. Sch.'s Trau-
erspiel »Alarcos«, 1931. W. Paulsen, F. Sch.'s »Alarcos« und die Um-
bildung der Frühromantik, MLN 56 (1941), S.513-21. H. Eichner,
F. Sch.'s »Alarcos« in the Light of his Unpublished Notebooks,
MLN 71 (1956), S.119-22. Ders., KA V, Einleitung,
S. LXXI-LXXXI. ]. Mittenzwei, A. W. Sch.'s Vokal-Farbleiter und
ihre Auswirkungen auf F. Sch.'s Drama Alarcos, in: J. M., Das Mu-
sikalische in der Literatur, 1962, S.118-20. ]. J. Anstett, Apropos
d'Alarcos, EG 20 (1965), S. 151~0.
2. Zur >Europa< siehe die beim >Athenäum< bereits genannte Litera-
tur. H. H. Houben (Hg.), über die >Eur.<, Sp. 27-44, 438. J. Bobeth,
über die >Eur.<, S.117-30. HockslSchmidt, über die >Eur.<>
S.121-25. Außerdem: E. Behler, Europa. Die Geschichte einer Zeit-
schrift, Nachwort zum Nachdruck der Zeitschrift, 1973. Und: H.
Eichner, KA III, Einleitung, S. XIV-XXV (enthält ein kommentier-
tes Inhaltsverzeichnis der Zeitschr.)
3. über Sch.'s Pariser Pläne siehe: P. Reboul, F. Sch. a Paris. Pro-
jet d'y constituer une Academie Allemande, Revue des sciences hu-
maines (1952), S. 27 H. Vgl. auch E. R. Curtius, F. Sch. und Frank-
reich, in: E. R. C., Krit. Essays zur europ. Lit., 1950, 2. Auf!. 1954,
S.86-99.
4. Zu Sch.'s Religion und seiner Konversion siehe die bereits im
Kap. Materialien 5b genannte Literatur. Außerdem: W. Glawe, Die
religionsphilosophischen Ansichten F. Sch.'s, 1905. ]. Körner, F. Sch.'s
katholisches Glaubensbekenntnis?, Hochland 15 (1917/18), S. 350 H.
H. Schrörs, Zu F. Sch.'s Konversion in Köln, Annalen des Hist. Ver-

58
eins für den Niederrhein 107, 1923. A. 'V. Martin, Das Wesen der ro-
mantischen Religiosität, DVjs. 2 (1924), S. 367-417. F. Boesmiller,
Der ältere F. Sch. in Beziehung zur Philosophie seiner Zeit, zur My-
stik und katholischen Lehre, Diss. München 1929. M. Trabert, F.
Sch.'s Weg von der romantischen zur christlichen Anthropologie,
Diss. Bonn 1936. H. Kalthofj, Glauben und Wissen bei F. Sch., 1939.
G. Schäfer, Zur Konversion von F. und Dorothea Sch., Begegnung 2
(1947), S.235-38. K. A. Horst, Ich und Gnade. Eine Studie über F.
Sch.'s Bekehrung, 1951. G. Brenning, Geist, Leben, Inneres. Studien
zur Sprache und zum Weltbild des älteren F. Sch., Diss. Berlin 1954.
J. B. Siemens, F. Sch. als Vorläufer christlicher Existenzphilosophie,
Scholastik 30, 2 (1955), S. 161-84. E. Behler, Der Wendepunkt F.
Sch.'s. Ein Bericht über unveröffentlichte Schriften Sch.'s in Köln
und Trier, Phi!. Jb. 64 (1956), S. 245-71. U. Wienbruch, Das univer-
selle Experiment. Eine Untersuchung zum Verständnis der Liebe bei
F. Sch., Diss. Köln 1964. W. A. 'V. Schmidt, Mythologie und Urof-
fenbarung bei Herder und F. Sch., Zeitschr. f. Religion und Geistesg.
25 (1973), S.32-45. S. A. Malsch, The Image of Martin Luther in
the Writings of Novalis and F. Sch. The Speculative Vision of His-
tory and Religion, 1974. Vg!. ebenso die für die Zeit von 1819-29
genannte Lit. H, 6, 2.
5. Zu Sch.'s literarischer Tätigkeit vg!.: E. Jenisch, F. Sch. und die
Heidelb. Jahrbücher, Euph. 23 (1920/21), S.595-603. E. Klin, F.
Sch. als philologischer Anreger (1802-1808), Germanica Wratisla-
viensia 11 (1967), S.83-103. Ders., F. Sch.'s Begriff der Kritik
(1802-1808), ebd. 13 (1969), S.19-33. M. Schuller, Ein früher Li-
teraturbrief F. Sch.'s aus Paris, Poetica 6 (1972), S. 87-102.
6. Zu den kunsthistorischen Arbeiten siehe: U. Häusgen, F. Sch.
als Kritiker der bildenden Kunst, Diss. Freiburg 1958. H. Eichner, KA
IV, Einleitung.
7. Zu den orientalischen Studien: G. Höpfner, Die indischen Stu-
dien F. Sch.'s im Zusammenhang seines Denkens, Diss. Breslau 1921.
R. Gerard, L'Orient et la pensee romantique allemande, 1963. A. L.
Willson, A Mythical Image. The Ideal of India in German Romanti-
cism, 1964, über Sch., S. 199-220. U. Struc-Oppenberg, Quellenstu-
die!) zu F. Sch.'s übersetzungen aus dem Sanskrit, 1965. Dieselbe, Zu
F. Sch.'s Handschriften seiner übersetzungen aus dem Sanskrit,
Zeitschr. d. dt. Morgen!. Gesellsch. 118,2 (1968), S. 325 H. Dieselbe,
Zu F. Sch.'s orientalischen Studien, ZfdPh 88 (1969), Sonderheft,
S. 114-32. Dieselbe, KA VIII, Einleitung, S. CLXXXVII-
CCXXVIII. E. Behler, Das Indienbild der deutschen Romantik, GRM
49 (1968), S. 21-37.

59
5. Österreich ische Politik (1808-1818): Wien, Frankfurt

In die Kölner Jahre fällt auch F. Schlegels Bekanntschaft


mit der französischen Schriftstellerin Anne Germaine de Stael-
Holstein (1766-1817). Auf ihrer Deutschlandreise, auf der
Frau de Stael Material für ihr Buch »De l'Allemagne« (1810)
sammelte, hatte sie 1804 in Berlin A. W. Schlegel kennen- und
schätzengelernt. A. W. Schlegel begleitete sie daraufhin als Ge-
sellschafter und Erzieher ihrer Kinder nach Cop pet, wo Frau
de Stael, seit Napoleon sie aus Frankreich verbannt hatte, am
Genfer See wohnte. F. Schlegel verbrachte hier im Oktober
und November 1804 ca. acht Wochen. Schon damals hielt er
Frau de Stael private Vorlesungen über deutsche Philosophie
und setzte seinen Unterricht im November 1806 auf Frau de
Staels Schloß Acosta in der Normandie fort. Als A. W. Schle-
gel im Dezember 1807 zusammen mit Frau de Stael nach Wien
reiste, dort im April 1808 seine berühmten Vorlesungen über
die »Geschichte der dramatischen Kunst und Literatur« hielt
und mit vielen einflußreichen Personen der Kaiserstadt in Be-
rührung kam, ja vom Kaiser selbst empfangen wurde, bemühte
er sich, auch für seinen Bruder einen neuen Wirkungskreis zu
erschließen. F. Schlegel hatte in Köln begonnen, sich mit der
österreichischen Geschichte zu beschäftigen und arbeitete an ei-
nem Drama über Kar! V., das freilich nie zustande kam. Im
März 1808 schrieb er seinem Bruder nach Wien: »Uebrigens
bin ich auch darin ganz Deiner Meinung daß ich jede Stelle in
Oesterreich als Anfang, wenn es nur ausführbar und möglich
wäre, annehmen würde. Denn es ist doch der einzige Staat in
der Welt, wo ich mich mit voller Neigung anschliessen kann.«
(Krisenjahre I, 526 f.)
Sein Interesse für österreich hatte neben religiösen vor allem auch
politische Gründe. Als Schlegel 1802 nach Paris zog, erschien ihm
diese Stadt als der Mittelpunkt Europas, von hier hoffte er, werde die
Vereinigung der europäischen Staaten ausgehen. Bereits in dem Repu-
blikanismus-Aufsatz von 1796 hatte er als Voraussetzung des »ewi-
gen Friedens« den »universellen Republikanismus« (KA VII, 22) ge-
fordert, dem alle Staaten ohne Ausnahme angehören müßten. Dem
»Mystizismus« des Athenäums entsprechend und in deutlicher Anleh-
nung an Novalis' »Die Christenheit oder Europa« setzte Schlegel
1802 auf die Religion als einigendes Band der Staaten; das Mittelal-
ter diente> wenn auch zunächst nur allgemein und vage, als Vorbild.
Daß die Erneuerung Europas von Frankreich ausgehen könnte, war
damals ein naheliegender Gedanke. 1801 endete der zweite Koali-
tionskrieg gegen Frankreich mit dem Frieden von Luneville: Frank-

60
reich und damit die Idee der Revolution hatten sich gegenüber den
alten Mächten behauptet, eine friedliche Synthese von Altem und
Neuem in Europa schien möglich. Während seines Pariser Aufenthal-
tes wurde Schlegel jedoch zunehmend skeptischer: die Franzosen und
insbesondere Napoleon, seit 1799 erster Konsul der Republik, hielt er
immer weniger für geeignet, dieses Ziel zu fördern. Seit der Kaiser-
krönung Napoleons am 2. Dezember 1804 äußerte er sich abfällig
über Napoleon. - An die Stelle Frankreichs trat österreich als die
Macht, die Europa wieder vereinigen sollte. Seit 1807 finden sich in
Schlegels Notizheften Aufzeichnungen, die das österreichische Kaiser-
tum als das »wahre« dem falschen Napoleons gegenüberstellen. Die
Idee einer neuen Ordnung Europas leitete Schlegel jetzt konkret hi-
storisch aus der österreichischen bzw. deutschen Geschichte ab: ,.Das
wahre Kaisertum muß wiederhergestellt werden. Aber es kann und
muß dies bei keiner andern Nation als bei der deutschen, also öster-
reich.« Und: »Die österreichische Verfassung ist eben noch die einzi-
ge germanisch freie - ein edles Bündnis der Völker, wo jedes das
bleibt, was es ist und sein soll. Darum wird diese Verfassung auch so
sehr mißkannt, weil sie auf eine solche germanische Idee gegründet
ist. - Eine solche germanisch freie und ständisch gesetzliche christli-
che Universalmonarchie ist ja eben die Idee des Kaisertums.« (Zitiert
nach Behler, Monographie, 107) Die überhistorische Idee des »wah-
ren« Kaisertums stand von da an im Zentrum von Schlegels politi-
schem Denken. Daß sie in der mittelalterlichen Geschichte historisch
konkret fixiert sein sollte, führte zu seinem Engagement für öster-
reich.
Der Umzug von Köln nach Wien fand im Frühsommer 1808
statt; seit Juni war Schlegel in Wien. Nach anfänglichen
Schwierigkeiten hatte er sich im November so weit etabliert,
daß Dorothea ihm nachfolgen konnte. Mit Hilfe der gesell-
schaftlichen Verbindungen, zu denen A. W. Schlegel den Weg
gebahnt hatte, versuchte er, eine Stelle zu erhalten. Zu seinen
frühesten Bekannten und Freunden in Wien zählten der Gene-
ralvikar der Redemptoristen-Kongregation Clemens Maria
Ho/bauer (1751-1820) und der Historiker Joseph Hormayr
(1782-1848). In den Wiener Archiven setzte Schlegel sein
Studium der österreichischen Geschichte fort und bereitete sich
auf eine Reihe von öffentlichen Vorlesungen vor, die er nach
dem Vorbild seines Bruders halten wollte. Zu den Vorlesungen
kam es zunächst nicht, da österreich am 9. April 1809 Frank-
reich den Krieg erklärte. Dafür erhielt Schlegel endlich eine fe-
ste Stellung: am 29. März konnte er dem Bruder berichten, daß
er »mit dem Range und Gehalt eines Hofsecretärs in österrei-
chischen Diensten« stehe (Krisenjahre, H, 22).
Während des Feldzuges gegen Napoleon war Schlegel dem

61
Stab des Erzherzogs Karl zugeteilt. Seine Aufgabe bestand dar-
in, eine Armeezeitung herauszugeben, die vom 24. 6. bis zum
16. 12. 1809 unter dem Titel >Osterreichische Zeitung< erschien.
Aus dieser Zeitung, die während der Besetzung Wiens durch
die Franzosen das offizielle Presseorgan der österreichischen
Regierung war, ging nach dem Feldzug im März 1810 der
>Osterreichische Beobachter< hervor, den Schlegel ebenfalls
während des ersten Jahres redigierte. Unter seiner eigenen Ver-
antwortung entstand freilich nur das Feuilleton. Seine journali-
stische Tätigkeit brachte Schlegel 1809 in die unmittelbare
Nähe des Kampfgeschehens. Die Schlachten bei Aspern und
Wagram erlebte er als Augenzeuge und folgte der geschlagenen
österreichischen Armee im Juli nach Ungarn. Er nutzte die Ge-
legenheit zum Studium der ungarischen Sprache und knüpfte
Kontakte zu ungarischen Gelehrten.
Im Oktober 1809 schlossen Osterreich und Frankreich den
Frieden von Schönbrunn; Anfang 1810 kehrte Schlegel aus
Ungarn nach Wien zurück. Nun hielt er seine Vorlesungen
»über die neuere Geschichte«. Er las zweimal wöchentlich vom
19. 2. bis zum 9. 5. 1810 und zwar, wie vorher schon sein Bru-
der, vor einem z. T. hochadligen Publikum. Am 30. 5. berichte-
te er S. Boisseree: »Es war mir doch bei dem Anfang etwas
bang, da ich an zwanzig Herzoginnen und Fürstinnen auf der
Liste hatte [ ... ]. Ich hatte 162 Subskribenten, außer den Frei-
billets.« (S. Boisseree I, 78) Während Dorothea gleich zu Be-
ginn der Vorlesungsreihe von dem »großen Beifall« berichtete,
mit dem das Publikum die Vorlesungen aufnehme, liegt von
dem Regierungsvertreter J. M. Armbruster, der die Vorlesun-
gen zu überwachen hatte, ein recht unfreundlicher offizieller
Bericht vor. Demnach nahmen die Zuhörer daran Anstoß, daß
die Vorlesungen »sehr orthodox« waren und Schlegel der Be-
sorgnis, anzustoßen, öfters selbst die historische Wahrheit auf-
opferte. (Körner, S. 497 f.) Als Buch erschienen die Vorlesun-
gen im Frühjahr 1811. Das Buch war ein großer Erfolg; selbst
Goethe äußerte sich positiv und meinte, das »Parteiliche« falle
ihm wenig auf. (Goethe, Werke, Sophien Ausg. IV 22, S. 155)
Schlegel verfolgte mit seinen Vorlesungen ein politisches
Ziel. Die »vaterländische« Geschichte hob er von den germani-
schen Sitten und Einrichtungen an höchst vorteilhaft von allem
Fremden ab. I!ll Zentrum seiner Ausführungen stand jedoch die
Idee des »wahren« Kaisertums. Sie gehe auf Karl den Großen
zurück: »Gesetzgeber aber für alle folgenden Zeiten, und für
das ganze abendländische Europa ist er [Karl der Große] be-

62
sonders durch die Art geworden, wie er das Verhältnis zwi-
schen dem Staat und der Kirche bestimmte, und ein Band zwi-
schen bei den knüpfte, welches Jahrhunderte hindurch die
Grundlage der Verfassung gewesen, und selbst, nachdem es
zum Teil verändert worden, doch bis auf die neuesten Zeiten
von der wesentlichsten Wirkung geblieben ist.« (KA VII, 201)
Und: »Hier zeigt sich in der Tat zuerst das Ideal, welches dem
europäischen Staaten- und Völkersystem zum Grunde liegt; das
Ideal eines rechtlichen Bandes, eines freien Vereins, welches
alle Nationen und Staaten der gebildeten und gesitteten Welt
umschlänge, ohne daß die Einheit, die freie und eigentümliche
Nationalentwicklung jeder einzelnen Nation aufgeopfert wür-
de.« (208) Anders als Novalis, der in »Die Christenheit oder
Europa« das Mittelalter um seiner Idealität willen der histori-
schen Wirklichkeit deutlich entrückte, versuchte Schlegel, das
Ideal gerade in der Wirklichkeit selbst nachzuweisen. Zwar
gab er zu, daß diese Wirklichkeit auch im Mittelalter dem Ide-
al nicht immer entsprach (S. 205); um ihre Vorbildlichkeit
trotzdem behaupten zu können, besonders um das harmonische
Zusammenwirken von Kaiser und Papst zu beweisen, hat er sie
daher an unzähligen Stellen beschönigt und entstellt. Den
Habsburgern wurde zur Pflicht gemacht, Europa unter ihrer
Herrschaft zu vereinigen und damit zu restaurieren, was seit
der Reformation und Karl V. immer mehr verloren gegangen
war. Der Kampf gegen Napoleon, in dessen Person sich nach
Schlegel alle Gefahren der Neuzeit am entschiedensten aus-
drückten, erhielt so eine umfassende historische Motivation.
Diesem Zusammenhang verdankten Schlegels Vorlesungen denn
auch ihre größte Wirkung.
In den folgenden Jahren, in denen Schlegel vergeblich hoff-
te, mit weiteren politischen Aufgaben betraut zu werden, wid-
mete er sich der Herausgabe seiner dritten Zeitschrift, dem
>Deutschen Museum< (1812-1813) und einer zweiten Reihe
von Vorlsungen, diesmal über die »Geschichte der alten und
neuen Literatur« (1812). Das >Deutsche Museum< entstand in
der Nachfolge des >Vaterländischen Museums<, das Friedrich
Perthes 1810/11 in Hamburg herausgegeben hatte und das, als
Hamburg 1810 französisch wurde, sein Erscheinen einstellen
mußte. Aufgabe des >Vaterländischen Museums< war es, in einer
Zeit, in der große Teile Deutschlands unter französischer Herr-
schaft standen und sowohl Preußen wie österreich völlig be-
siegt waren, wenigstens auf kulturellem Gebiet ein deutsches
Nationalbewußtsein aufrecht zu erhalten. Schlegel übernahm

63
diese Aufgabe ausdrücklich für sein >Deutsches Museum<. Zu
den Beiträgern gehörten A. W. Schlegel, Adam Müller, Matthias
Claudius, Jean Paul, die Brüder Grimm, Zacharias Werner, de
la Motte-Fouque, Wilhelm von Humboldt, Frau de Stael,
Theodor Körner, Graf Stolberg und Joseph Görres. Die Beiträ-
ge handeln von Philosophie, Dichtung, Architektur, Gemälden,
von Religion, Geschichte und ökonomie. War der Horizont
der Zeitschrift einerseits beschränkt auf deutsche Angelegenhei-
ten, so schloß er andererseits jetzt Wissensgebiete ein, die im
>Athenäum< und in der >Europa< noch nicht berührt worden
waren. Auffällig sind die vielen Beiträge über die deutsche
Vergangenheit, besonders das Mittelalter. - Die Vorlesungen
»Geschichte ·der alten und neuen Literatur«, die vom 27. 2. bis
zum 20. 4. 1812 zweimal wöchentlich wiederum vor einem er-
lesenen Publikum stattfanden, bezeugen Schlegels umfassende
Kenntnisse der Weltliteratur. Von Griechenland und Rom über
Persien und Indien, die germanische Literatur und das Mittel-
alter, über Italien, Spanien, Portugal, England und Frankreich
verfolgte er die Entwicklung der Literaturgeschichte bis in die
eigene Gegenwart, wo er die »welthistorische Bedeutung der
deutschen Literatur« betonte. Dabei wies er jeweils auf die Zu-
sammenhänge der Literatur mit der politischen Geschichte, mit
Religion und Philosophie hin. Auch mit diesen Vorlesungen
verfolgte er ein politisches Ziel. Die Buchausgabe von 1815 ist
Metternich gewidmet. Und Schlegel schrieb, es sei sein »vor-
züglichster Wunsch«, »der großen Kluft, welche immer noch
die literarische Welt und das intellektuelle Leben des Menschen
von der praktischen Wirklichkeit trennt, entgegen zu wirken,
und zu zeigen, wie bedeutend eine nationale Geistesbildung oft
auch in den Lauf der großen Weltbegebenheiten und in die
Schicksale der Staaten eingreift« (KA VI, 4).
Die zwölfte Vorlesung, die Schlegel separat im >Deutschen
Museum< vorabdruckte, besitzt programmatischen Charakter.
Anläßlich der spanischen Dichtung erklärte er, was er jetzt un-
ter »romantisch« verstand. Demnach beruht das »eigentümliche
Wesen des Romantischen« »auf dem mit dem Christentum und
durch dasselbe auch in der Poesie herrschenden Liebesgefühle,
in welchem selbst das Leiden nur als Mittel der Verklärung er-
scheint« (KA VI, 285). In diesem Sinne aber, so behauptete
Schlegel, »sollte wohl alle Poesie romantisch sein«. Diesem
Poesiebegriff zufolge ist also auch etwa Homer »durchaus ro-
mantisch«. Schlegel suchte demnach in allen Literaturen das in
seinen Augen eigentümlich Christlich-Poetische auf, so daß das

64
Christentum und besonders das katholische Christentum als das
Wesen aller wahren- Poesie erscheint, das dann in der eigentlich
katholischen Kunst des Mittelalters am reinsten zum Aus-
druck kommt. Mit diesem Poesie begriff wandte er sich jetzt
gegen den Roman, den er, weil er sich zu eng an das »wirkli-
che Leben« anschließe, nun eine »verfehlte Gattung« nennt.
(275) Cervantes habe noch einen poetischen Roman schreiben
können, weil das »wirkliche Leben« in Spanien damals »noch
mehr ritterlich und romantisch« (274) gewesen sei. Dies treffe
aber auf die »prosaische Wirklichkeit« der modernen Welt
nicht mehr zu, in der das Poetische, falls es in ihr doch noch
auftrete, mit dem »Polizeiwidrigen« (275) zusammenfalle. Da-
her empfahl Schlegel »die indirekte Vorstellung der Wirklich-
keit und Gegenwart«: »Die schönste Blüte des jugendlichen Le-
bens und der höchste Schwung der Leidenschaft, die reiche
Fülle einer klaren Weltanschauung, lassen sich leicht in die
weiter oder enger umgrenzte Vergangenheit und Sage einer
Nation verlegen, gewinnen da einen ungleich freiern Spiel-
raum, und erscheinen in reinerem Lichte.« (275) Damit lehnte
Schlegel die realistische Kunst insbesondere des Romans ab, die
im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts so wichtig werden
sollte. Auch seine Asthetik zeigt damit, wie sehr, was einmal in
die Zukunft wies, jetzt an die Vergangenheit fixiert blieb.
Im Juni 1812 begann Napoleon seinen Feldzug gegen Ruß-
land, Ende 1812 kehrt die geschlagene französische Armee aus
Rußland zurück. Im Frühjahr 1813 hoffte Schlegel an der Pla-
nung der Neuordnung Europas nach Napoleons Fall beteiligt
zu werden, im Oktober war er mit Verfassungsentwürfen für
das zukünftige Deutschland beschäftigt. (Walzei, 545) Wäh-
rend des Wiener Kongresses stand er mit vielen namhaften Per-
sönlichkeiten in Verbindung - genannt seien: der Freiherr von
Stein, Friedrich von Gentz, Wilhelm von Humboldt, Varnha-
gen von Ense und der Baron von Gagern - und arbeitete mit
an den Entwürfen des »Deutschen Kommittees«, das sich mit
der Konstitution des »Deutschen Bundes« befaßte. Schlegel en-
gagierte sich für die Wiederherstellung des Kirchengutes in
Deutschland, was ihn in engen Kontakt mit den Vertretern des
Papstes brachte, besonders mit dem Nuntius Severoli und dem
Kardinal-Staatssekretär Consalvi. So eng waren diese Kontakte
mit den Vertretern der katholischen Kirche, daß die österrei-
chische Regierung ihn vorübergehend von der Polizei beobach-
ten ließ. Der Papst dankte Schlegel für seinen Einsatz mit dem
Christus-Orden. - Außer für die Katholischen Kirche stritt

65
Schlegel aber vor allem für die Restauration des altdeutschen
Kaisertums. Metternich benutzte ihn wie auch andere nord-
deutsche Schriftsteller, die damals für österreich wirkten, in
norddeutschen Zeitungen für die österreichische Politik zu wer-
ben. Schlegel publizierte in diesem Zusammenhang eine Reihe
von Artikeln im >Hamburgischen Correspondenten<, der damals
führenden Zeitung Norddeutschlands. In diesen Artikeln wer-
den seine politischen Interessen, die mit denen Metternichs
durchaus nicht immer übereinstimmten, deutlich. Während
Metternich die Vorteile der österreichischen Monarchie, die be-
kanntlich auch außerdeutsche Gebiete einschloß, im Sinne hat-
te, propagierte Schlegel die Wiederherstellung des altdeutschen
Kaisertums als den einzigen Weg, »die Eintracht und Ruhe in
Deutschland dauerhaft zu erhalten« (KA VII, 420).
Trotz dieser politischen Differenzen schickte Metternich
Schlegel 1815 als Legationsrat der österreichischen Gesandt-
schaft an den Bundestag nach Frankfurt. Schlegels abweichen-
de Interessen führten jedoch bald zum Konflikt mit den Vor-
gesetzten, insbesondere mit dem Leiter der Gesandtschaft, dem
Grafen Buol-Schauenstein. Schlegel erkannte, daß der »Deut-
sche Bund«, den er anfangs begrüßt hatte, seinen Vorstellungen
in keiner Weise entsprach. So verlor er bald jedes Interesse an
der Bundespolitik; hinzu kam freilich, daß er Büroarbeiten, die
zu seinen Pflichten gehörten, haßte. Mehr und mehr wich er
deshalb in sein Engagement für die Kirchenpolitik aus. Dazu
bot sich in Frankfurt unmittelbar Gelegenheit. Die Stadt hatte
vom Wiener Kongreß ihre Unabhängigkeit erhalten und be-
mühte sich um eine entsprechende Verfassung. Dabei agierte
Schlegel auf der Seite der Katholiken, die als Minorität einen
schweren Stand hatten. Dies brachte ihn in Verbindung mit
dem Kreis um J. F. H. Schlosser auf Stift Neuburg. - Im
September 1818 beschied Metternich Schlegel schließlich zu-
rück nach Wien, und beendete damit Schlegels politische bzw.
diplomatische Karriere. Von Februar bis August 1819 durfte
Schlegel den Kaiser und Metternich zwar noch als Kunstsach-
verständiger auf eine Italienreise begleiten. Aber eine amtliche
Stelle erhielt er nicht mehr.
Werke:
1. Vorlesungen
Metaphysique. Privatvorl. Schloß Acosta bei Aubergenville: Nov.
18.06 bis April 1807 in franz. Sprache. Erstdruck nach einem Ms. in
der Bonner Universitätsbibliothek von der Hand J. B. Bertrams und
S. Boisserees in: F. Sch., Neue philosophische Schriften, 1935,

66
5.240-59; das Originalmanuskript der Vorlesung, das erst nach
1945 gefunden wurde, befindet sich im Besitz der Görres-Gesell-
schaft; es ist die Vorlage für den Druck der Vor!. in KA XIII,
5.385-426.
»Ober die neuere Geschichte«. Offent!. Vor!., Wien: 19. 2.- 9. 5.
1810. Erstdruck: Wien (bei K. Schaumburg und Comp.) 1811; KA
VII, S. 125-407.
»Geschichte der alten und neuen Literatur«. Offent!. Vor!., Wien: 27.
2.-30. 4. 1812. Erstdruck: Wien (bei K. Schaumburg und Comp.)
1815; KA VI.
2. »Friedrich Schlegels Gedichte«. Berlin (bei J. E. Hitzig) 1809.
Neueste Auflage. Wien (bei B. P. Bauer), 2 Bde., 1816; KA V.
3. Österreichische Zeitung und Österreichischer Beobachter
>Österreichische Zeitung<. 24. 6.-16. 12. 1809, zweimal wöchentlich;
Verlagsort: Gaunersdorf, ab. 9. 8. Ofen.
>Der Österreichische Beobachter<. Erste Nr.: 2. 3. 1810. Sch. redigier-
te nur den 1. Jg., wurde Anfang 1811 als Redakteur von J. A. Pilat
abgelöst. Wichtig sind 32 Beilagen des Feuilletons der Zeitung unter
Sch., Verlagsort: Wien.
a) Politik und Geschichte:
über eine merkwürdige Verteidigungsschrift der französischen
Grundsätze: OZ 1809, 5.102-104; 5.116-20; KA VII, 5.84-96.
- über die neue Wiener Preßfreiheit: OZ 1809, S. 107-108; KA
VII, 5.96-99. - Joh. v. Müllers Testament: OZ 1809, 5.139-40;
KA VII, 5.99-101. - Vierundzwanzig Bücher Allgemeiner Ge-
schichte besonders der europäischen Menschheit durch Johannes von
Müller: OB 1810, Beilage 15, 16; KA VII, 5.102-109. - Hormayrs
Taschenbuch für die vaterländische Geschichte: OB 21. 1. 1811; KA
VII, S. 109-13. - über Fox und dessen historischen Nachlaß: OB
1810, Beilage 20, 24; KA VII, S. 113-18. - über Hormayrs öster-
reichischen Plutarch: OB 1810, Beilage 19,23; KA VII, S. 118-24.
b) Literatur:
»Fundgruben des Orients«: OB 1810, Beilage 1; KA IH,
5.159-63. - Winckelmanns »Sämtliche Werke«: OB 1810, Beilage
1; KA IU, S. 163-64. - Hormayrs »Osterreichischer Plutarch«:
OB 1810, Beilage 1; KA IH, S. 164-65. - über ein arabisches Ma-
nuskript: OB 1810, Beilage 1; KA III, S. 165-166. - Goethes
»Wahlverwandtschaften«: OB 1810, Beilage 1; KA UI, 5.166. -
Theater (Schillers »Braut von Messina«; Werners »Attila«; Kleists
»Käthchen von Heilbronn«): OB 1810, Beilage 3; KA In,
S.166-70. - Theater (Frau v. Weißenthurns Lustspiel »Es spukt«):
OB 1810, Beilage 6; KA In, S.170. - Theater (Schillers Bearbei-
tung von Picards »Der Neffe als Onkel«): OB 1810, Beilage 7; KA
In, 5.170-71. - Theater (Frau Bethmann; »Phädra«; »Hamlet«;
»Die Quälgeister«): OB 1810, Beilage 9; KA III, S.171-74. -
Theater (Schillers Bearbeitung von Shakespeares »Macbeth« u. a.):

67
öB 1810, Beilage 10; KA IH, S. 174-75. - Ober Liebe und Ehe in
Beziehung auf Goethes "Wahlverwandtschaften«: OB 1810, Beilage
11; KA IH, S.176-77. - Literarische Ostermesse 1810: OB 1810,
Beilage 11; KA IH, S. 177-78. - Hartmanns Erscheinung. Aus
Collins »Rudolph von Habsburg« : OB 1810, Beilage 12; KA IH,
S. 178-80. - Theater (Goethes »Jery und Bätely«): OB 1810, Beila-
ge 12; KA 111, S. 180-81. - »Egmont« von Goethe: öB 1810, Bei-
lage 13; KA 111, S. 181-82. - »Der Liebe Luftgewebe« Lustspiel
von J. L. S. Bartholdy: OB 1810, Beilage 14; KA III, S. 182-83. -
Brandes (gest. 13. 5. 1810): OB 1810, Beilage 14; KA 111,
S. 183-84. - Theater (Schillers» Wilhelm Tell«): OB 1810, Beilage
15; KA 111, S.184-86. - Meiners (gest. 1. 5. 1810): OB 1810, Bei-
lage 15; KA 111, S.186-88. - Wilkins' Grammatik der Sanskrit-
Sprache: OB 1810, Beilage 17; KA 111, S. 188-92. - Theater
(Henrys Ballett »Wilhelm Tell«; Goethes »Egmont«): OB 1810, Bei-
lage 18; KA 111, S.192-93. - Ober vaterländische Gedichte: OB
1810, Beilage 19; KA 111, S.194-95. - Gedichte von Ulrich von
Hutten und einigen seiner Zeitgenossen: OB 1810, Beilage 20; KA
111, S.195-99. - Altdeutsche Gedichte von der Tafelrunde: OB
1810, Beilage 30; KA 111, S.200-201. - Fortschritte der Bühne:
OB 12. 1. 1811, 2. 2. 1811; KA III, S. 201-11. - Theater (Shake-
speares »Macbeth«; Hoftheater-Taschenbuch; Ballett »Der Faßbin-
der«): OB 22. 1. 1811; KA 111, S.211-12. - Taschenbuch auf das
Jahr 1811: OB 26. 1. 1811; KA IH, S.213-14. - »Axel und Wal-
burg«. Eine Tragödie von Ohlenschläger: OB 5. 2. 1811; KA IH,
215-16. - Theater (Picards »Alkade von Molorido«): OB 7. 2.
1811; KA IH, S.216-17. - »Gleims Leben« von Körte: OB 8. 2.
1811; KA III, S. 217-19.
4. ,Deutsches Museum hg. von Friedrich Schlegel<, Bde. 1-4, Wien
(Camesinasche Buchhandlung) 1812-13. Erschienen: 2 Bde. pro
Jahr, pro Bd. 6 Hefte. Nachdrucke: Hildesheim 1973, Wissenschaftl.
Buchg. Darmstadt 1975.
a) Literatur:
»Vorrede«. 1,1 (1812), S.1-4; KA III, S. 220-21.
»(Jber nordische Dichtkunst. Ossian. Die Edda,Sigurd und Shake-
speare«. 1,2 (1812), S. 162-94; KA In, S.221-49.
»Nachtrag über Shakespeare«. 1,5 (1812), S. 439-51; KA 111, S.
249-58.
»(Jber die deutsche Literatur. Antwort des Herausgebers.« 11, 9
(1812), S. 260-83; KA III, S. 258-73.
»(Jber ein österreichisches Idiotikon. Anmerkung des Herausgebers«.
11, 10 (1812), S. 343-47; KA III, S. 273-76.
»(Jber die unmusikalische Beschaffenheit der deutschen Sprache. Ant-
wort des Herausgebers«. 11, 12 (1812), S.536-45; KA 111,
S.276-82.
»Vorrede« (zum 2. Jg.). III, 1 (1813), S. 3-14; KA III, S. 282-87.

68
»Ein teutsches Wort gegen die .. unteutschen Kunstausdrücke. Zusät-
ze des Herausgebers«. III, 2 (1813), S. 128-39; KA III, S. 287-94.
»Heyne, biographisch dargestellt von Heeren«. IV, 8 (1813),
S. 177-85; KA III, S.294-301.
»Literatur« (über Maler Müllers Werke). IV, 9 (1813), S.247-52;
KA III, S. 301-4.
»An die Leser«. IV, 12 (1813), S. 541-42; KA III, S. 305.
b) Philosophie und Theologie:
Uber F. H. Jacobi: Von den göttlichen Dingen und ihrer Offenba-
rung. I, 1 (1812), S. 79-98; KA VIII, S.441-58.
»Der Philosoph Hamann«. 111, 1 (1813), S.33-37; KA VIII, S.
459-61.
c) Kunst:
»Schloß Karlstein bei Prag«. 11, 10 (1812), S.357-65; KA IV, S.
207-12.
»Aussichten für die Kunst in dem österreichischen Kaiserstaat«. I, 3
(1812), S. 248-87; KA IV, S. 213-32.
5. Andere Aufsätze
Ober Alba. Vaterländische Blätter für den österreichischen Kaiser-
staat Nr. 50, 28. 10. 1808, S. 382-84; KA VII, S. 80-83.
Ober F. C. Weise: Die Architektonik aller menschlichen Erkenntnis-
se. Wiener Allg. Lit. Ztg. Nr. 26, 30. 3. 1813, Sp. 410-14; KA VIII,
S.462-65.
Ober J. C. F. Meister: über die Gründe der hohen Verschiedenheit
der Philosophen im Ursatze der Sittenlehre. Wiener Allg. Lit. Ztg.
Nr. 68, 24. 8. 1813, Sp. 1073-81; KA VIII, S. 466-73.
6. Während des Wiener Kongresses im >Hamburgischen unparteii-
schen Correspondenten:
Schreiben aus Wien vom 17. 9. 1814: über die großen Gegenstände
des Kongresses, He 78, 30. 9. 1814; KA VII, S.408-9. - Schreiben
aus Wien vom 1. 10. 1814: über die Bedeutung des Kongresses, He
86, 14. 10. 1814; KA VII, S. 409-10. - Schreiben aus Wien vom
15. 10. 1814: Zum Gang der Verhandlungen, He 92, 25. 10. 1814;
KA VII, S. 411-12. - Schreiben aus Wien vom 22. 10. 1814: über
die Tätigkeit des deutschen Kommittees, He 96, 1. 11. 1814; KA VII,
S.412-13. - Schreiben aus Wien vom 27. 10. 1814: über das ver-
worfene Projekt zu einer deutschen Konstitution, He 99, 5. 11.
1814; KA VII, S. 413-14. - Schreiben aus Wien vom 7. 11. 1814:
über die uneingeschränkte Glaubensfreiheit und die vollkommene
Gleichstellung der Religionsparteien, He 104, 15. 11. 1814; KA VII,
S.414-15. - Aus einem Schreiben aus Wien vom 15. 12. 1814:
über die Wünsche und Forderungen der katholischen Kirche in
Deutschland, He 127, 24. 12. 1814; KA VII, S.415-17. - Schrei-
ben aus Wien vom 28. 12. 1814: über die im Deutschen Kommittee
stattgefundenen Diskussionen, He 3, 6. 1. 1815; KA VII, S.417-18.

69
- Schreiben aus Wien vom 6. 1. 1815: über den Frieden zwischen
England und Amerika, He 9, 17. 1. 1815; KA VII, S.419. -
Schreiben aus Wien vom 9. 1. 1815: Ein neuer österreichischer Kon-
stitutionsentwurf, He 9, 17. 1. 1815; KA VII, S.420. - Schreiben
aus Wien vom 27. 2. 1815: über die deutschen Angelegenheiten, He
37, 7. 3. 1815; KA VII, S.420. - Schreiben aus Wien vom 3. 3.
1815: über die weitere Ausarbeitung der deutschen Konstitutionsan-
gelegenheit, He 40, 11. 3. 1815; KA VII, S.421-22. - Schreiben
aus Wien vom 7. 6. 1815: Zur Einigkeit über die deutsche Bundesak-
te, He 95, 16. 6. 1815; KA VII, S.425-26. - Schreiben aus Wien
vom 9. 6. 1815: Zur Unterzeichnung der Bundesakte, He 97, 20. 6.
1815; KA VII, S.426-27.
7. Während des Frankfurter Bundestages
Den deutschen Bundestag betreffend, Frankfurter Ober-Postamts-
Ztg. 335, 2. 12. 1815; KA VII, S.428. - Anmerkung zum Bericht
über die Rückgabe der Bibliotheca Palatina, Frankfurter Ober-Post-
amts-Ztg. 79, 19. 3. 1816; KA VII, S.428-30. - Zu den Anträgen
und Forderungen der katholischen Gemeinde Frankfurts, He 66, 24.
4. 1816; KA VII, 430. - Zu dem Grundgesetz über die landständi-
sche Verfassung des Großherzogturns Weimar, He 93, 11. 7. 1816;
KA VII, S.431-32. - Zum Frankfurter Konstitutionsentwurf, He
116, 20. 7. 1816; KA VII, S. 434-35. - Zur Abstimmung über den
Frankfurter Konstitutionsentwurf, OB 215, 2. 8. 1816; KA VII, S.
435-36. - Zur Veröffentlichung der kurhessischen Landtagsver-
handlungen vom Jahre 1816, He 131, 16. 8. 1816; KA VII,
S.436-37. - Zu Fievee: über Staatsverfassung und Staatsverwal-
tung, He 158, 2. 10. 1816, Beilage; KAVII, S.437-38. - über
den prophetischen Bauern Adam Müller, OB 1816, S. 728; KA VII,
S.438-39. - Vom Main, 1. 3. 1817: über das Verhältnis der Wie-
ner Kongreßbeschlüsse zur Wirksamkeit des Deutschen Bundes, Allg.
Ztg. 69, 10. 3. 1817, 70, 11. 3. 1817; KA VII, S.439-42. - Schrei-
ben aus Frankfurt vom 15. 3. 1817: Zum bisherigen Gang der Bun-
desverhandlungen, He 46, 21. }. 1817; KA VII, S.442-43. -
Frankfurt, 16. 3. 1817: über die Wirksamkeit des Bundes, Allg. Ztg.
40, 29. 3. 1817, Beilage; KA VII, S.443-46. - Schreiben aus
Frankfurt vom 19. 3. 1817: Zum Gang der Bundesversammlung, He
48, 25. 3. 1817; KA VII, S.446-47. - Vom Main, 25. 5. 1817; Zur
deutschen Verfassungsfrage, Allg. Ztg. 74, 10. 6. 1817, Beilage; KA
VII, S.447-50. - Schreiben aus Frankfurt vom 1. 6. 1817: Zu den
Protokollen der deutschen Bundesversammlung, He 91, 7. 6. 1817;
KA VII, S.450-52. - Frankfurt: Zur offiziellen Sammlung der
Protokolle des Deutschen Bundes, He 93, 11. 6. 1817; KA VII,
S. 452. - über einige der neuesten Angriffe auf die katholische Kir-
che, Allg. Ztg. 87, 10. 7. 1817, Beilage; KA VII, S.452-56. - Vom
Main, 15.7. 1817: Zum bisherigen Verlauf der Bundesverhandlungen,
Allg. Ztg. 96, 29. 7. 1817, Beilage; KA VII, S.456-61. - Aus ei-
nem Schreiben aus Frankfurt vom 19. 10. 1817: Zur wahren deut-

70
schen Nationaleinheit, He 173, 29. 10. 1817; KA VII, S. 462-63. -
Frankfurt, 4. 12. 1817: Zu den Ausschreitungen auf der Wartburg,
Allg. Ztg. 347, 13. 12. 1817; KA VII, S.463-64. - Frankfurt, 5.
12. 1817: Zu den öffentlichen Urteilen über den Bundestag, Allg.
Ztg. 346, 12. 12. 1817; KA VII, S.464-65. - Aus einem Schreiben
aus Frankfurt vom 14. 12. 1817: Zum Burschenfest auf der Wartburg
und zum Bayerischen Konkordat, He 202, 19. 12. 1817; KA VII,
S. 466. - Preßfreiheit, Deutsche Staatsanzeigen, hg. von Adam Mül-
ler, Bd. II, Leipzig 1817, S. 599-601; KA VII, S.466-67. - Aus
einem Schreiben aus Frankfurt vom 11. 1. 1818: Zu einem organi-
schen Gesetz über die Preßfreiheit, He 10, 17. 1. 1818; KA VII,
S.467-68. - Vom Main, 22. 2. 1818: Zum Thema Preß freiheit,
Allg. Ztg. 66, 7. 3. 1818; KA VII, S. 468-69.
8. Veröffentlichungen zur Stellung der Juden
über Aktenstücke, die Verbesserung des bürgerlichen Zustandes
der Israeliten betreffend, öB 61, 2. 3. 1815; KA VII, S.470-74. -
Zum Dekret des Lübecker Senats zur Vertreibung der Juden, öB
142, 21. 5. 1816; KA VII, S.475. - Zu den Rechten und Ansprü-
chen der Frankfurter Judenschaft in der Frankfurter Verfassung, öB
208, 26. 7. 1816; KA VII, S.475-77. - Spuren verloren geglaubter
Stämme Israels in Amerika, Conversationsblatt 71, 15. 6. 1820, 72,
17. 6. 1820; KA VII, S.477-82.
Literatur:
1. über das Verhältnis Sch.'s zu Frau de Stael: P. de Pange, A. W.
Sch. und Frau von Stael. Eine schicksalhafte Begegnung, 1940. über
Sch.'s Verhältnis zu österreich und zu Metternich siehe: H. v. Srbik,
Metternich. Der Staatsmann und der Mensch, 1925, Bd. I, bes.
S.510-12, 517-20. H. Eichler, F. Sch. 1808-1815, Diss. Wien
1927. R. L. Jamison, F. Sch. and Metternich (1809-1819). A Study
in Political Romanticism, Diss. Univ. of Wash. (Seattle) 1969. über
Sch.'s Zeit am Bundestag in Frankfurt informiert: ]. Bleyer, F. Sch.
am Bundestage in Frankfurt. Ungedruckte Briefe F. und Dorothea
Sch.'s nebst amtlichen Berichten und Denkschriften aus den Jahren
1815 bis 1818, 1913.
2. Sch. als Journalist: L. Geiger, F. Sch.'s journalistische Anfänge
in Wien, Jb. d. Grillparzerges. 16 (1906), S.295-310. H. Eichler,
Zur Vorgeschichte des ,österreichischen Beobachters<, Jb. d. Grillpar-
zerges. 28 (1926), S.170-81. J. J. A. Bertrand, F. Sch. Las confe-
rencias de Viena, Clavileno 5, 26 (1954) S. 10-13. J. Foit, Die pu-
blizistische Tätigkeit F. Sch.'s in Wien, Diss. Wien 1956. M. Lunzer-
Lindhausen, F. Sch. als Publizist der österreichischen Regierung im
Kampfe gegen Napoleon, Publizistik 5 (1960), S. 202-11. E. Behler,
KA VII, Einleitung, S. XL V-LXXVIII, eII-CX, CXIX-CXLII,
H. Eichner, KA IH, Einleitung, S. XL VI-LXVI (enthält ein kom-
mentiertes Inhaltsverzeichnis der Beilagen zum ,österreichischen Be-
obachter< von 1810).

71
3. Zur Philosophie, insbesondere zur Staatsphilosophie s. Kap. Ma-
terialien 5c. Zur Literaturgeschichte s. die im Zusammenhang mit der
Literaturtheorie in den Athenäumsjahren angeführte Literatur. Zu
Sch.'s Geschichtsschreibung und Geschichtsphilosophie s. die für die
Zeit 1819-29 genannten Arbeiten. Zu Sch.'s Verbindungen nach Un-
garn vgl.: O. Winter, Ungarn und die deutsche Philologie am An-
fang des 19. Jh. (Auszüge aus einer ungarisch erschienenen Abhand-
lung J. Bleyers), Euph. 18 (1911), S.726-41, über Sch., S.727-38.
Zur Aufnahme der Vorlesungen über die »Geschichte der alten und
neuen Literatur« siehe: f. Baxa, F. Sch.'s Vorlesungen über die Ge-
schichte der alten und neuen Literatur im Urteile der Wiener Polizei-
hofsteIle, Der Wächter 8 (1?25126), S. 354-59.
4. Zur Lyrik: E. Wienecke, Patriotismus und Religion in F. Sch.'s
Gedichten, 1913. W. Janas, F. Sch.'s Gedichte 1800-1810, Diss.
Wien 1931. f.-f. Anstett, F. Sch.'s »Hieroglyphenlied«, Festschr. für
H. H. Borcherdt, 1962, S.303-14. H. Eichner, KA V, Einleitung,
S. LXXXIII-CVrrI. W. Kraft, Augenblicke der Dichtung. Kritische
Betrachtungen, 1964, S. 60-63.
5. Zum >Deutschen Museum< siehe die beim >Athenäum< genannten
Schriften H. H. Hauben (Hg.), über das >Dt. Mu.<, Sp. 216-52. J.
Bobeth, über das >Dt. Mu.<, S.261-86. Außerdem: E. Behler, Das
Deutsche Museum. Geschichte einer Zeitschrift, Nachwort zum
Nachdruck, 1975. H. Eichner, KA III, Einleitung,
S. LXVI-LXXXVII (enthält ein kommentiertes Inhaltsverzeichnis).

6. Das Spätwerk (1819-1829): Wien

Die letzte Periode seines Lebens (1819-1829) verbrachte


Schlegel - abgesehen von gelegentlichen Reisen: 1820, 1822,
1825 nach Schloß Feistritz in der Steiermark, 1824 und 1828
nach Dresden, 1827 nach Augsburg und 1825 und 1827 nach
München - relativ zurückgezogen in Wien. Mit seiner früh-
zeitigen Pensionierung fand er sich nur schwer ab. Sie war je-
doch die Voraussetzung für seine späten Arbeiten. Bei diesen
handelt es sich vor allem um die Herausgabe seiner vierten
Zeitschrift, der >Concordia< (1820-23), um die Edition seiner
gesammelten Werke (1822-25) und um das Triptichon seiner
drei letzten Vorlesungszyklen: die »Philosophie des Lebens«
(1827), die »Philosophie der Geschichte« (1828) und die »Phi-
losophie der Sprache und des Wortes« (1828/29).
Schon während der Frankfurter Jahre hatte Schlegel eine
Zeitschrift mit dem Titel »Concordia« geplant. Der gesamt-
deutsche Aspekt sollte hier mehr als der katholische im Vor-

72
dergrund stehen. Als Mitarbeiter waren sowohl Protestanten
- darunter sein Bruder August Wilhelm und selbst Schleier-
macher - wie Katholiken vorgesehen. Das Unternehmen, für
das Schlegel im Oktober 1817 bereits Vorankündigungen ver-
schickt hatte, scheiterte am Einspruch Metternichs. Frei von
amtlichen Rücksichtnahmen, griff Schlegel den Plan nach sei-
ner Pensionierung wieder auf. Jetzt trat der katholische Aspekt
deutlich in den Vordergrund. Als Mitarbeiter gewann Schlegel
damals wichtige Vertreter des wissenschaftlichen und politi-
schen Katholizismus, darunter Adam Müller, Franz Baader,
earl Ludwig Haller, Franz Bucholtz und Zacharias Werner.
Die >Concordia<, die in sechs Heften erschien, die ersten fünf in
rascher Folge 1820, das letzte nach längerer Pause erst 1823,
wurde damit zum zentralen Organ der Wiener Romantik. Zu
den bedeutendsten Beiträgen zählen zwei Aufsätze von Schle-
gel selbst: »Signatur des Zeitalters«, Schlegels wichtigster Bei-
trag zur politischen Romantik nach 1814/15, und »Von der
Seele«, die erste kurze Darstellung wesentlicher Gedanken sei-
ner Spätphilosophie.
Fünf Jahre nach dem Wiener Kongreß erschien Europa unter
der Herrschaft der Restauration Metternichs alles andere als
ruhig. Schlegel, der in seinem Aufsatz »Signatur des Zeitalters«
diese Unruhe näher zu bestimmen suchte, sah ihren Grund frei-
lich nicht in der politischen und geistigen Unterdrückung aller
fortschrittlichen Kräfte; als Grund für die Unruhe der Zeit
nannte er vielmehr die »Krise«, für die die Französische Revo-
lution ein Symptom war und die trotz des äußeren Friedens,
den der Wiener Kongreß gebracht hatte, noch keineswegs über-
wunden sei. Das übel sitze tiefer als die Politiker vermuteten,
reiche weiter zurück als 1789. Es sei, so Schlegel, »in der ge-
samten Basis der zivilisierten Staaten von Europa vorhanden«
(KA VII, 489). Schlegel verurteilte die Neuzeit insgesamt und
plädierte für die Wiederherstellung des mittelalterlichen Stän-
destaates. (527) Gegen das »Repräsentativsystem und das gan-
ze Konstitutionswesen« der Liberalen empfahl er die »ständi-
schen Einrichtungen« als »die beste Stütze der monarchischen
Ordnung, und als ein sicheres Befestigungsmittel der bürgerli-
chen Ruhe« (535). Nur so sei neben dem äußeren auch der in-
nere Frieden Europas zu restaurieren.
In dem Aufsatz »Von der Seele« entwickelte Schlegel erst-
mals zentrale Gedanken seiner 1827 dann in vollem Umfang
dargestellten »Philosophie des Lebens«. Die »Krise« der Zeit
führte Schlegel hier auf einen »inneren Zwiespalt« zurück, der

73
die intellektuellen Fähigkeiten des Menschen, Verstand und
Willen, Vernunft und Einbildungskraft, voneinander trenne.
(KA VIII, 599-603) Religionsphilosophische Spekulation soll
das historische übel erklären: »Möglich ist dieser Zwiespalt al-
len frei erschaffenen Geistern, wirklich aber wird er nur in
denjenigen, die sich selbst verkehrt und von ihrem Ursprung
abgewandt haben.« (601) Das gilt freilich für die Menschheit
insgesamt und der Grund des übels fällt in diesem Zusammen-
hang mit dem Sündenfall selbst in eins. Schlegel verliert sich in
abenteuerliche Fantasien über die »Reinheit des Leibes«, die es
wieder herzustellen gelte. (613)
Die >Concordia< stieß auf Ablehnung nicht nur bei Prote-
stanten und Liberalen, sondern auch bei Metternich und dessen
Umgebung. Hier waren es freilich weniger Schlegels eigene Ar-
beiten, die Anstoß erregten, als vor allem Adam Müllers Auf-
satz »Die innere Staatshaushaltung; systematisch dargestellt
auf theologischer Grundlage«. Müller befürwortete in diesem
Aufsatz die Leibeigenschaft, griff zugleich aber, in revolutio-
närem Gegensatz zu seinem eigenen Konservatismus, das Pri-
vateigentum von Grund und Boden an. Ober die Reaktion
Metternichs und der Wiener Gesellschaft auf die exzentrischen
und in sich widersprüchlichen Vorstellungen Müllers und auf
die >Concordia< insgesamt, informiert besonders ein Brief von
Friedrich Gentz an Müller, in dem Gentz von Metternichs Be-
mühungen, »Europa zusammen zu halten«, schreibt und dann
fortfährt: »Wenn dieser Mann nun klagt, daß man ihn von al-
len Seiten verläßt, daß die, auf welche er am meisten gezählt
hatte, sich in excentrische Abwege verlieren, daß man ihm,
statt reeller Hülfe, phantastische Vorschläge, statt wirksamer
Schriften die Concordia darbietet etc. - verdienen diese Kla-
gen nicht einige Rücksicht?« (Müllers Lebenszeugnisse II, 393)
Auf entschiedene Ablehnung stieß die >Concordia< jedoch auch
bei A. W. Schlegel. Rückblickend schrieb er dem Bruder 1828:
»Als ich die Concordia las, fiel ich wie aus den Wolken; vieles
darin erfüllte mich mit der höchsten Indignation.« (Walzei,
657) Der Zwiespalt, der sich zwischen den Brüdern hier auftat,
wurde nicht mehr überbrückt und führte 1828 auch zur öffent-
lichen Distanzierung August Wilhelms von Friedrich.
So beschränkte sich der Umgang und die Wirkung Schlegels
mehr und- mehr auf einen engen Kreis Gleichgesinnter. Außer
den Aufsätzen in der >Concordia< veröffentlichte Schlegel zur
gleichen Zeit Aufsätze über eine Schrift J. G. Rhodes, die sich
mit Fragen der Offenbarung beschäftigt (1819), über Bernhard

74
von Clairvaux (1819), Angelus Silesius (1820) und - zum
drittenmal in seinem Leben - über Jacobi (1822). In all diesen
Aufsätzen ging es ihm um die Darstellung der »sittlich lebendi-
gen und christlichen Philosophie« und zwar nach »den Grund-
sätzen des reinen Spiritualismus, wie dieser von Anfang in der
Offenbarung gegeben und durch alte heilige überlieferung be-
glaubigt und erhalten [ ... ] ist« (KA VIII, 585). In dem Auf-
satz über Jacobi hob er diesen »Spiritualismus« von der bishe-
rigen Philosophie, -die in Kant, Jacobi, Fichte und Schelling
(Hegel betrachtete er nur als einen »nachgeäfften Fichte«, des-
sen »abstrakte Verzerrungen« bloß »Widerwillen« erregten
[KA VIII, 595]) ihre Vollendung erlebt habe, ab. Die »vier
großen Systemhäupter«, so Schlegel, blieben »im Zwiespalt und
Gegensatz von Verstand und Willen, von Vernunft und Phan-
tasie« befangen (KA VIII, 593), fänden nicht zur entscheiden-
den Synthese. Immer noch dachte Schlegel in den Kategorien
der »absoluten« Philosophie des Idealismus, die in der Auflö-
sung von Gegensätzen ihr Wesen hat. Indem jedoch sein Mysti-
zismus oder »Spiritualismus« das »Absolute« der Philosophie,
die Synthese, nicht mehr mit Hilfe des Gedankens zu begrün-
den suchte, sondern im Rahmen der katholischen Tradition mit
dem religiösen Erleben, trat an die Stelle der »Wissenschaft«
Kants und Fichtes die der Scholastik. Und - im Zwischenbe-
reich von Wissenschaft und damaliger Mode - Magnetismus,
Telepathie, das Entziffern von Hieroglyphen, die Zahlensym-
bolik: das Erleben sollte auf diese Weise sowohl stimuliert wie
erforscht werden. Von diesen Bemühungen zeugt vor allem der
grotesk verstiegene Briefwechsel mit Christine von Stransky
(1785-1865). Schlegel hatte die Dame 1809 in Wien kennen-
gelernt; seit 1821 wechselte er mit ihr, die in Augsburg wohnte
und die er seine »theure Seelenschwester in Christo« (Stransky
I, 24) nannte, lange Briefe, die das Irrationale und Abwegige
seiner Vorstellungen deutlich zum Ausdruck bringen.
Von 1822 bis 1825 widmete sich Schlegel der Edition seiner
»Sämtlichen Werke«. 16-18 Bände waren geplant, nach 10
Bänden blieb die Ausgabe wegen Schwierigkeiten innerhalb des
Verlages, mit denen Schlegel nichts zu tun hatte, stecken.
(Walzei, 643) Für dieses Unternehmen überarbeitete Schlegel
seine früheren Arbeiten im Sinne seiner jetzigen Ansichten und
ließ Schriften, mit denen er sich nicht mehr glaubte identifizie-
ren zu können, weg. Dazu gehörten u. a. die >Athenäums<-
Fragmente und die »Lucinde«. - In den letzten beiden Jahren
seines Lebens meldete sich Schlegel nach mehrjähriger Pause

75
noch einmal zu Wort und zwar mit drei Vorlesungszyklen, in
denen er seine Philosophie erstmals in umfassender Form mit-
teilte. Hier formulierte er das Ergebnis seiner »philosophischen
Lehrjahre«. Freilich: auch dieses Unternehmen blieb Fragment;
Schlegel hatte vier weitere Vorlesungszyklen geplant, die er in
München, Bonn und Berlin veranstalten wollte. Den ersten Zy-
klus, die »Philosophie des Lebens«, trug er zweimal wöchent-
lich vom 26. 3. bis zum 31. 5. 1827 in Wien vor; den zweiten,
die »Philosophie der Geschichte« vom 31. 3. bis zum 30. 5.
1828 ebenfalls in Wien; und den dritten, die »Philosophie der
Sprache und des Wortes« vom 5. 12. 1828 bis zu seinem Tod in
Dresden.
Jeder der drei Vorlesungszyklen stellt die wesentlichen Ge-
danken der Spätphilosophie Schlegels, nur unter jeweils ande-
rem Aspekt dar. Alle drei kreisen sie um den Begriff des »Le-
bens«. Während die Philosophie bisher entweder »allerlei meta-
physische Luftgebäude oder dialektische Hirngespinste« bilde-
te, oder sich »in die Erde verirrt, und gewaltsam in die äußere
Wirklichkeit eingreifend, da alles nach ihren Ideen neu gestal-
ten und reformieren« wollte, liege der »rechte Weg« der Philo-
sophie zwischen »diesen beiden Abwegen« »in der Mitte«,
denn: »die eigentliche Region der Philosophie ist eben die des
geistigen inneren Lebens zwischen Himmel und Erde« (KA X,
4). Das »Leben«, so wird deutlich, meint allein das geistige Le-
ben des Menschen, das von der Bewußtseinswelt des Idealismus
sich aber dadurch unterscheidet, daß es durch seinen Bezug auf
Gott aus der »toten« Abstraktion befreit und einen neuen,
»wahren« Realismus darstellen soll. Auch hier aber blieb Schle-
gel den idealistischen Denkschemata verhaftet. Bezeichnend ist
daher etwa, wie er in der neunten Vorlesung der »Philosophie
des Lebens« Vernunftphilosophie und Naturphilosophie gegen-
einander setzt und behauptet, die »wahre« Philosophie müsse
»beide Elemente« »in sich aufnehmen und in einem allgemeine-
ren Sinne und Geiste für ihr höheres Ziel verwenden«. Dann
erst sei die Philosophie des Lebens eine »wahre Gottes-Philoso-
phie« (KA X, 167). Während die Art des Denkens demnach
auch hier vom Idealismus bestimmt bleibt, nahm Schlegels Phi-
losophie als »Gottes-.Philosophie« eine neue Qualität an: an die
Stelle der logischen Entwicklung bei Kant und Fichte trat das
eher willkürliche Assozieren von Bildern und Vorstellungen,
deren Oberzeugungskraft schließlich allein vom Glauben ab-
hängt. Deshalb ist der oft predigthafte Duktus der Schlegel-
schen Rede der Sache selbst nicht äußerlich: die esoterische

76
Wahrheit dieser Vorlesungen bedarf der Gemeinde, die an sie
glaubt.
Obwohl Schlegels Lehre mit der kirchlichen durchaus nicht im-
mer übereinstimmte, er am Ende sogar und mit Grund befürch-
tete, bei Katholiken Anstoß zu erregen (Stransky II, 145 f.),
nahmen seine Ausführungen doch immer wieder von der Bibel
und dem kirchlichen Dogma ihren Ausgang. So basiert die ge-
samte »Philosophie der Geschichte« auf der Genesis, der Ver-
treibung aus dem Paradies. Kains Brudermord eröffnete nach
Schlegel die Geschichte, in der seither gute und böse Mächte
miteinander ringen. (KA IX, 38) Was in der »Philosophie des
Lebens« als der »Zwiespalt des Bewußtseins« dargestellt wur-
de, erscheint hier als Ursache der Geschichte und die »Rück-
kehr zu dem göttlichen oder Gott gemäßen Willen« als deren
Ziel. (34) Ist die Geschichte jedoch derart vom Sündenfall de-
terminiert, so fällt es schwer, in ihr einzelne Perioden zu unter-
scheiden, Entwicklung und Fortschritt auszumachen. Tatsäch-
lich stellte die Geschichte sich Schlegel einzig dar als Fort-
schritt des Verfalls. Aus der Tatsache, daß dieser in der Gegen-
wart ein Maximum erreicht habe, schloß er auf die Nähe der
Erlösung. Knüpfte er damit an die eschatologischen revolutio-
nären Vorstellungen vor 1800 an, so wird deutlich, daß die
Revolution, die er damals noch historisch konkret im Zusam-
menhang der aktuellen Politik begriff, jetzt nur noch durch ei-
nen Eingriff Gottes möglich war. Die Zurücknahme des Sün-
denfalls liegt nicht mehr in der Macht des Menschen.
Wie nicht anders zu erwarten, lösten die Vorlesungen Zu-
stimmung bei Gesinnungsfreunden, Ablehnung bei all denen
aus, die wie Tieck in Schlegels abenteuerlichem Mystizismus
eine »Verstandeszerrüttung« zu erkennen glaubten (Tieck-
Schlegel Briefe, 191). Die Wirkung der Vorlesungen innerhalb
der katholischen Kirche des 19. Jh.s ist noch kaum untersucht.
(Vgl. Behler, KA X, Einleitung LXVIII f.) Fest steht, daß die
katholische Orthodoxie sich nach Schlegels Tod allgemein ge-
gen den romantischen Versuch wandte, den Glauben mit Hilfe
des Idealismus zu modernisieren.
Schlegel starb an einem schweren Schlaganfall am frühen
Morgen des 12. Januar 1829 in Dresden, wo er seine Vorlesun-
gen über die Philosophie der Sprache hielt. Noch am Abend
vorher hatte er an diesen Vorlesungen gearbeitet. In Dresden
wurde er auch beerdigt.

77
Werke:
1. ,Concordia. Eine Zeitschrift, herausgegeben von Friedrich Schle-
gek 6 Hefte, Wien (bei J. B. Wallishausser) 1820-23. Erscheinen:
Heft 1-5, 2. Hälfte 1820, Heft 6, Aug. 1823. Nachdruck: Wiss.
Buchg. Darmstadt 1967.
"Vorrede«: Heft 1 (1820), S. 1-2; KA III, S. 331-32.
»Signatur des Zeitalters«: Heft 1 (1820), S.3-70, Heft 3 (1820),
S. 164-90, Heft 6 (1823), S. 343-398; KA VII, S.483-596.
»Entwicklung des innern Lebens. I. Von der Seele«: Heft 4/5 (1820),
S. 197-223; KA VIII, S.597-616.
»Entwurf einer neuen christlichen Legenden-Sammlung«: Heft 4/5
(1820), S. 304-307; KA III, S. 306-308.
"Ober Lamartines religiöse Gedichte«: Heft 4/5 (1820), S.307-16;
KA III, S. 308-22.
2. Andere Aufsätze
J. G. Rhode: Ober den Anfang unserer Geschichte und die letzte Re-
volution der Erde: Wiener Jb. der Lit. 8 (1819), S.413-68; KA
VIII, S. 474-528.
»Von der wahren Liebe Gottes und dem falschen Mystizismus. Ein
Nachtrag zu dem hei!. Bernhardus«: Olzweige 103, 24. 12. 1819,
S. 419-29,104,29. 12. 1819, S. 431-36; KA VIII, S. 529-45.
»Anfangspunkte des christlichen Nachdenkens. Nach den Sprüchen
des Angelus«: ölzweige 19, 8. 3. 1820, S.77-83, 20, 11. 3. 1820,
S.85-95, 45, 7. 6. 1820, S.193-200, 46, 10. 6. 1820, S.201-208,
47, 14.6. 1820, S. 209-214; KA VIII, S. 546-84.
"Ober Jacobk Wiener Jb. der Lit. 19 (1822), S. 169-80; KA VIII,
S.585-96.
»Vorwort .. zu H. J. Schmitt: Harmonie der morgenländischen und
abendländischen Kirche: Wien 1824; KA VIII, S. 617-24.
»Vorrede .. zu J. P. Silbert: Dom heiliger Sänger oder fromme Gesän-
ge der Vorzeit: Wien und Prag 1820; KA III, S. 323-27.
»Auszug aus einem Schreiben aus Rom vom 23. 4. 1819«: öB 7. 5.
1819; KA IV, S. 233-36.
»Ober die deutsche Kunstausstellung zu Rom, im Frühjahr 1819, und
über den gegenwärtigen Stand der deutschen Kunst in Rom«: Wiener
Jb. der Lit. 7 (1819), S. 1-16; KA IV, S. 237-62.
»Die heilige Cäcilia von Ludwig Schnorr«: Archiv für Geschichte,
Statistik, Lit. und Kunst 14, 28. 3'. 1823, S.197-99; KA IV,
S.263-67.
3. Vorlesungen
»Philosophie des Lebens«. 15 öffend. Vor!. Wien: 26. 3.-31. 5. 1827.
Erstdruck der ersten drei Vor!.: Wien (bei C. Schaumburg und
Comp.) 1827; aller Vor!.: Wien (bei C. Schaumburg und Comp.)
1828; KA X, S. 1-307.
»Philosophie der Geschichte«. 18 öffend. Vor!. Wien: 31. 3.-30. 5.
1828. Erstdruck: Wien (bei C. Schaumburg und Comp.) 1829; KA IX.

78
»Philosophische Vorlesungen insbesondere über Philosophie der Spra-
che und des Wortes«. 10 öffentI. Vor!., der Text bricht mitten in der
10. Vor!. ab. Dresden: 5. 12. 1828 bis zum Tod. Erstdruck: Wien
(bei C. Schaumburg und Comp.) 1830; KA X, S. 309-534.
Literatur:
1. Zur >Concordia< s. die beim >Athenäum< genannte Lit. H. H.
Hauben (Hg.), über die >Con.<, Sp. 355-68. }. Bobeth, über die
>Con.<, S.287-306. Außerdem: E. Behler, Concordia. Die Gesch'chte
einer Zeitschrift, Nachwort zum Nachdruck, 1967. Gentz' Brief an
A. Müller, in dem die Aufnahme der Zeitschr. in der Wiener Gesell-
schaft geschildert wird, s.: f. Baxa (Hg.), Adam Müllers Lebenszeug-
nisse, 1966, Bd. II, S.389-95.
2. Zur Spätphilosophie, wie sie sich in der >Concordia< und dann
in den Schriften bis zum Tod, insbesondere in den drei letzten Vor-
tragszyklen, darstellt, s. die im Kap. Materialien 5b und für die Jah-
re 1801-1808 (unter 4) bereits genannte Lit. Außerdem: f. Eckardt,
Zwei unbekannte Arbeiten F. Sch.'s, Hist.-Po!. B!. f. d. kath.
Deutsch!. 146 (1910), S. 765 ff. (es handelt sich um »Von der wahren
Liebe Gottes« und »Anfangspunkte christlichen Nachdenkens«). G.
Müller, Einführung zu: F. Sch., Von der Seele, 1927. R. Feifel, Die
Lebensphilosophie F. Sch.'s und ihr verborgener Sinn, 1938. W. und
E. Gößmann, Das christliche Geschichtsbewußtsein F. Sch.'s, in: The-
o!. in Gesch. und Gegenw., Festschr. für M. Schmaus, 1957,
S.861-98. E. Behler, Zur Theologie der Romantik. Das Gottespro-
blem in der Spätphilosophie F. Sch.'s, Hochland 52 (1959/60),
S. 339-53. V. Verra, Pensiero, linguaggio e dialogo nella »Philoso-
phie der Sprache und des Wortes« de F. Sch., in: R. Bubner u. a.
(Hg.), Hermeneutik und Dialektik. H. G. Gadamer zum 70. Geb.,
1969, Bd. II, S.97-114. J.-f. Anstett, Mystisches und Okkultisti-
sches in F. Sch.'s spätem Denken und Glauben, ZfdPh. 88 (1969)
Sonderheft, S. 132-50. Ders., KA IX, Einleitung. E. Behler, KA
VIII und X, Einleitungen. H. Schlaf/er, F. Sch. Geschichtsphiloso-
phie der Restauration, in: H. Sch., H. Sch., Studien zum ästhetischen
Historismus, 1975, S.48-54.
3. Zu Staat und Politik: W. Schreckenberg, F. Sch.'s »Signatur des
Zeitalters«, Die neue Ordnung 1 (1946/47), S.332-51. Zur späten
Umarbeitung früherer Werke: B. Minssen, Der ältere F. Sch. Unter-
suchungen auf Grund der Umarbeitung der Geschichte der alten und
neuen Literatur von 1822, 1939.

79
In. ZUR WIRKUNGSGESCHICHTE
Am bekanntesten wurde F. Schlegel als Theoretiker der ro-
mantischen Literatur. In seiner Jugend war er das Haupt eines
Freundeskreises, der zunächst in Anlehnung an Goethe und
Schiller, dann gegen diese eine neue, eben die romantische Lite-
ratur repräsentierte. Die Wirkung der Gedanken Schlegels auf
die Freunde, darunter vor allem der Bruder August Wilhelm
Schlegel, Novalis, Schleiermacher und Tieck trug wahrschein-
lich mehr zu ihrer Verbreitung bei als Schlegels eigene Publika-
tionen. Außer dem einen Buch »Geschichte der Poesie der
Griechen und Römer« (1798) veröffentlichte Schlegel damals
nur Aufsätze, die, abgesehen von den drei, die er in dem Band
»Die Griechen und Römer« (1797) zusammenfaßte, in literari-
schen Zeitschriften mit einem sehr speziellen und daher kleinen
Leserkreis erschienen. Das >Athenäum< und die >Europa<, Schle-
gels eigene Zeitschriften, hatten trotz ihrer geringen Auflage
von Anfang an Absatzschwierigkeiten. So blieb die unmittelba-
re Kenntnis von Schlegels Arbeiten zunächst auf eine Elite von
Literaten beschränkt. Hier allerdings zählte Schlegel von etwa
1795 an zu den am meisten diskutierten und einflußreichsten
Autoren. So nimmt es nicht wunder, daß auch Jüngere wie
Brentano und später Eichendorff wenigstens vorübergehend
stark unter seinem Einfluß standen. Weiteres Aufsehen erregte
einzig das Erscheinen der »Lucinde«, das Schlegel moralisch in
Verruf brachte. Positiv bewertete die »Lucinde« außer Schlei-
ermacher und Fichte später Gutzkow, der an ihr die Emanzi-
pation der Sinne pries.
Europäische Wirkung übten Schlegels Gedanken hauptsäch-
lich durch die Vermittlung seines Bruders August Wilhelm aus,
vor allem durch dessen Berliner und Wiener Vorlesungen
»über dramatische Kunst und Literatur« (1801/02 bzw. 1808).
In diesen Vorlesungen gelang es der deutschen Romantik erst-
mals, den bisher so engen Rahmen ihrer Wirksamkeit zu spren-
gen und vor ein größeres Publikum zu treten. Möglich war dies
in Wien durch die Propaganda, die Frau de Stael damals in
den Salons der adligen Gesellschaft für A. W. Schlegels Vorle-
sungen machte. Der große Erfolg dieser Vorlesungen bei dieser
Gesellschaft führte zu ihrer übersetzung ins Französische
(1813), Englische (1815) und Italienische (1817). Auf Grund
der intellektuellen Abhängigkeit A. W. Schlegels von F. Schle-
gel, waren es daher vor allem dessen Gedanken, die auf diese
Weise in Europa bekannt wurden. Im gleichen Jahr wie die

80
übersetzung der Vorlesungen erschien in Frankreich auch Frau
de Staels Buch »De l'Allemagne« (1810), in dem F. Schlegel
neben A. W. Schlegel als Vertreter der neusten deutschen Lite-
ratur vorgestellt wurde. In Frankreich stand der Name Schle-
gel in den zwanziger Jahren für die Opposition gegen den
Klassizismus (»hommes selon Boileau et selon Schlegel«, zit. bei
Körner, Botschaft, 69) und inspirierte Autoren wie Stendhal
und Hugo. In England machte sich vor allem Coleridge Schle-
gelsche Gedanken zu eigen. Aber offenbar nicht nur er: 1819
dachte der Verleger der Vorlesungen bereits an eine zweite
Auflage, die dann allerdings erst 1840 zustande kam. Inzwi-
schen waren in den USA viermal Raubdrucke der englischen
übersetzung erschienen. In Amerika läßt sich der Einfluß
Schlegelscher Gedanken vor allem bei Poe nachweisen. Vor der
übersetzung der Vorlesung ins Italienische hatte bereits Sis~
mondis Schrift »De la litterature du Midi de l'Europe« (1813),
die das deutsche Original ausführlich zitiert, auf Schlegel auf-
merksam gemacht. Die Wirkung Schlegels ist dann besonders
bei Manzoni deutlich. Im Osten fanden die Schlegelschen Ge-
danken vor allem in Rußland begeisterte Anhänger. 1824 las
Puschkin die französische übersetzung der Vorlesungen und
machte sich deren Argumente gegen den Klassizismus zu eigen.
Schewyrjew erklärte: »Bei uns vollbrachte August Schlegel
zum Teil dasselbe, was Lessing in Deutschland tat, d. h. er be-
freite uns von der Herrschaft der Gallier.« (Zit. bei Körner,
Botschaft, 74.) Khnlich wirkte Schlegel in Polen. Polnische
Theoretiker wie Osinski und Brodzinski beriefen sich auf ihn,
Mickiewicz stand unter Schlegels Einfluß. 1830 erschien eine,
allerdings Fragment gebliebene polnische übersetzung der Vor-
lesungen. Auch in den skandinavischen Ländern verbreitete
sich Schlegels Ruhm. Der Einfluß bzw. die Kenntnis seiner
Vorlesungen ist bei den Dänen H eiberg, Öhlenschläger sowie
Kierkegaard nachweisbar, ebenso bei den Schweden Hammar-
sköld und Atterbom. In Upsala erschien ein billiger und leicht-
beziehbarer Nachdruck der deutschen Ausgabe.
Keine andere Schrift sorgte für die Verbreitung der Gedan-
ken F. Schlegels so sehr wie die Wiener Vorlesungen seines
Bruders, auch seine eigenen Wiener Vorlesungen »Geschichte
der alten und neuen Literatur«, die er 1812 nach dem Vorbild
der Vorlesungen seines Bruders ebenfalls vor einem illustren
Publikum hielt, nicht. Obwohl auch diese Vorlesungen über-
setzt und selbst in amerikanischen Zeitschriften besprochen
wurden, erfolgte die positive Rezeption von Schlegels Gedan-

81
ken im Ausland vornehmlich unter dem Namen seines Bruders.
- Auf scharfe Kritik stieß die romantische Literaturtheorie
und .Ksthetik in Deutschland außer bei den Berliner Aufklärern
hauptsächlich bei Hegel. In seiner ».Ksthetik« wandte er sich
namentlich gegen F. Schlegel, dessen »Ironie« er vorwarf, daß
sie »die Konzentration des Ich in sich« darstelle, »für welches
alle Bande gebrochen sind und das nur in der Seligkeit des
Selbstgenusses leben mag« (Werke 12, 102). Die Dichtung, die
aus dieser Lehre hervorgehe, sei nichts als »krankhafte Schön-
seligkeit und Sehnsüchtigkeit« (ebd. 103). Diese Kritik über-
nahm Kierkegaard, indem er in seiner Dissertation » Ober den
Begriff der Ironie« Schlegel eitlen Subjektivismus vorwarf. In
seiner Schrift »Entweder/Oder« gestaltete er diesen Subjekti-
vismus in dem »Tagebuch des Verführers« und hob davon seine
eigenen Moralvorstellungen positiv ab.
Nach der Konversion verlagerte sich der Wirkungskreis
Schlegels: wie in seinen eigenen Produktionen trat auch im öf-
fentlichen Bewußtsein der Literaturtheoretiker Schlegel immer
mehr in den Hintergrund. Während der neue, der »politische«
Schlegel zunächst eine gewisse Berühmtheit im Zusammenhang
mit den Befreiungskriegen gegen Napoleon erlangte und wäh-
rend des Wiener Kongresses mit vielen einflußreichen Persön-
lichkeiten verkehrte, bei denen er für seine Vorstellungen von
der Zukunft Deutschlands warb, schränkte sich seine Wirkung
nach 1815 zunehmend auf die katholische Wissenschaft, Litera-
tur und Kunst ein. Der Ruhm des Schlegelsehen Namens sorgte
freilich noch bis zur Mitte des Jahrhunderts zumindest für den
Verkauf seiner Werke. Die von ihm selbst 1822-25 veranstal-
tete Gesamtausgabe erfuhr nach dem Bericht des Verlegers und
Herausgebers der zweiten Ausgabe fünf Auflagen und ließ
noch 1846 die erweiterte zweite Ausgabe wünschenswert er-
scheinen. Auch die beiden 1836/37 von Windischmann heraus-
gegebenen philosophischen Bände hatten noch einen guten Ab-
satz. Aber schon zu Lebzeiten wurde Schlegel von den Zeitge-
nossen mehr und mehr nur noch als Repräsentant der katholi-
schen Partei und der päpstlichen Interessen in Deutschland ge-
sehen. Und diese Einschätzung prägte das Bild, das man sich
im 19. Jh. von ihm machte. Charakteristisch und von langan-
dauernder Wirkung war und ist in diesem Zusammenhang das
Portrait, das Heine in der »Romantischen Schule« (1836) mal-
te: »Der arme Fr. Schlegel, in den Schmerzen unserer Zeit sah
er nicht die Schmerzen der Wiedergeburt, sondern die Agonie
des Sterbens, und aus Todesangst flüchtete er sich in die zit-

82
ternden Ruinen der katholischen Kirche.« (Sehr. III, 408) Hei-
ne erkannte freilich die literaturhistorischen Leistungen selbst
des katholischen Schlegel noch an. (Vgl. III, 410 f.) Die libera-
le Literaturgeschichtsschreibung des späteren 19. Jh.s dagegen
ließ auch diese nicht mehr gelten.
Erst als gegen Ende des Jahrhunderts im Protest gegen den
mit brutaler Gewalt sich durchsetzenden Kapitalismus und die
dadurch bewirkte Verdinglichung aller Lebensverhältnisse, ge-
gen den Triumph der Naturwissenschaften und des durch sie
geförderten technischen Fortschritts die Frage nach alternati-
ven Werten immer dringlicher gestellt wurde, erwachte mit
dem Interesse für die Romantik erneut auch das für Schlegel.
Dilthey knüpfte bei seiner Neubegründung der Geisteswissen-
schaften an Gedanken der Romantik an und würdigte in sei-
nem Schleiermacher-Buch (1870) in diesem Zusammenhang
ausdrücklich auch die Verdienste Schlegels. Es war vor allem
der junge genialische Schlegel, den dann auch Ricarda Huch in
ihrem Romantik-Buch (1899/1902) feierte. Die romantische
Literaturtheorie lieferte wesentliche Impulse für den modernen
Roman und übte einen nicht geringen Einfluß aus auf die Ro-
mantheorie des jungen Georg Lukacs (1914/15). Durch Ricar-
da Huch wurde Thomas Mann auf die Romantik und den ju-
gen Schlegel aufmerksam, in Musils Notizen finden sich Ex-
zerpte aus den Lyceums-Fragmenten. - Nach 1945 entdeckte
die Literaturwissenschaft die Aktualität Schlegels im Zusam-
menhang mit ihrer Neubesinnung auf das spezifisch Ksthetische
der Literatur: Schlegel erschien als Ahne des New Criticism.
Ob Schlegel hier tatsächlich eine Wirkung ausübte, oder ob in-
teressierte Literarhistoriker die Verbindung erst im Nachhinein
knüpften, sei dahingestellt.

Frau de Stael, De l'Allemagne, London 1813.


G. W. F. Hegel, Sämtl. Werke, Jub. Ausg. hg. von H. Glockner, Bd.
12 (Vorl. über Ksthetik I), 1964, S. 100-106.
S. Kierkegaard, Ges. Werke, Düsseldorf-Käln 1956 ff. Entwe-
der/Oder, 1. Teil (Tagebuch des Verführers), 1. Abt.; über den
Begriff der Ironie, 31 Abt.
H. Heine, Die romantische Schule (1836), Sämtliche Schriften, hg.
von K. Briegleb, Bd. III, München 1971, S. 357-504, über Sch.,
S. 374-76, 407-11.
W. Dilthey, Leben Schleiermachers, 2. Aufl. hg. von H. Mulert, Ber-
lin-Leipzig 1922, über Sch., S. 240 ff.
R. Huch, Die Romantik. Ausbreitung, Blütezeit und Verfall,
1899/1902, Tübingen 1951, über Sch., S. 18-31,47 H.

83
T. Mann, vgI. die Unterstreichungen in seinem Exemplar von R.
Huch, Blütezeit der Romantik, Leipzig 1899, im T. Mann Archiv.
Eine Notiz dazu zit. bei T. J. Reed, T. Mann. The Uses of Tradi-
tion, Oxford 1974, S. 129 f.
G. Lukacs, Die Theorie des Romans. Ein geschichtsphilosophischer
Versuch über die Formen der großen Epik, entst. 1914/15, Erst-
druck: Zeitschr. für Ksthetik und Allg. Kunstwissensch. 1916. Als
Buch zuerst: Berlin 1920.
R. Musil, Ges. Werke in Einzelausg.: Prosa, Dramen, späte Briefe,
hg. von A. Frise, Hamburg 1957, Exzerpte aus den Lyceums-Frag-
menten, S. 721 f.
Zur Wirkung der »Lucinde.,:
F. Schleiermacher, Vertraute Briefe über F. Sch.'s Lucinde, Lübeck
und Leipzig 1800 (anonym).
J. B. Vermehren, Briefe über F. Sch.'s Lucinde zur richtigen Würdi-
gung derselben, Jena 1800 (anonym).
L. F. Huber, Rez. in: Allg. Lit. Ztg., Jena 7. 5.1800, Sp. 297-300.
Anonym, Drei Briefe an ein humanes Berliner Freudenmädchen über
Lucinde von Sch., FrankfurF und Leipzig 18·00.
K. Gutzkow, Vorrede zur Neuausgabe von Schleiermachers »Ver-
traute Briefe«, Hamburg 1835.
L. Wienbarg, Lucinde, Schleiermacher und Gutzkow, in: L. W., Ks-
thetische Feldzüge, hg. von W. Dietze, 1964, S. 272-80.
Literatur:
Ober Sch.'s Verhältnis zu Goethe und Schiller informiert: ]. Körner,
Romantiker und Klassiker. Die Brüder Sch. in ihren Beziehungen zu
Schiller und Goethe, 1924, Nachdruck (Wiss. Buchg.) 1971. über
Sch.'s Verhältnis zu anderen Zeitgenossen vgI.: E. Berend, Jean Paul
und die SchI., Euph. 20 (1913), S.83-86. P. Böckmann, Die roman-
tische Poesie Brentanos und ihre Grundlagen bei F. Sch. und Tieck.
Ein Beitrag zur Entwicklung der Formensprache der deutschen Ro-
mantik, JbFDH (1934/35), S.56-176. J. P. Bauke, Christian Gott-
fried Körner und F. Sch. Ein unbekannter Kommentar Körners zu
Sch.'s Frühschriften, JbFDH (1963), S.15':"43. W. A. v. Schmidt,
Die persönlichen Beziehungen zwischen Herder und F. Sch., AfK 51
(1969), S.318-35. A. R. Schmitt, Wielands Urteil über die Brüder
Sch. Mit ungedruckten Briefen des Dichters an Carl August Böttiger,
JEGP 65 (1966), S.637-61. D. W. Schumann, F. Sch.'s Bedeutung
für Eichendorff JbFDH (1966), S.336-83. T. Riley, Das Verhältnis
des jungen Eichendorff zu F. Sch. in Wien, Aurora 32 (1972),
S.24-29.
Zur Wirkung der »Lucinde., vgl.: P. Kluckhohn, Die Auffassung der
Liebe in der Literatur des 18. Jahrhunderts und in der deutschen Ro-
mantik, 1922, 31966, S.414-24; 435-63; 566 f. W. Pfeiffer-Belli,
Antiromantische Streitschriften und Pasquille (1798-1804), Euph.
26 (1925), S. 602-630. H. Eichner, KA V, Einleitung,

84
S. XL VI-LV. L. Marcuse, Jena 1799. Hundertfünfzig Jahre deut-
sche Entrüstung, in: L. M., Obszön. Geschichte einer Entrüstung,
1962, S. 63-115.
Ober A. W. Sch.'s Wiener Vorlesungen und deren europäische Wir-
kung: J. Körner, Die Botschaft der deutschen Romantik an Europa,
1929. H. D. Dahnke, A. W. Sch.'s Berliner und Wiener Vorlesungen
und die romantische Literatur. Zum Problem einer europäischen Ro-
mantik, WB (1968), S.782-95. Dazu auch: E. Behler, Kritische Ge-
danken zum Begriff der europäischen Romantik, in: E. B. u. a., Die
europäische Romantik, 1972. Einzelstudien zu Sch.'s Wirkung in Eu-
ropa und Amerika: H. v. Hofe, F. Sch. and the New World, PMLA
76 (1961), S. 63-67. G. N. G. Orsini, Coleridge and Sch. Reconsid-
ered, Comp. Lit. 16 (1964), S. 97-118. H. Marquardt, Henry
Crabb Robinson und seine deutschen Freunde. Brücke zwischen Eng-
land und Deutschland im Zeitalter der Romantik, 1964, I, S. 121. M.
Franr;on, Note on F. Sch. and Gerard de Nerval, Romance Notes
(Univ. of N. C.) 8 (1966), S. 38-42. H. B. Schilling, Die Bedeutung
der Brüder Sch. für die amerikanische Literaturkritik, 1815-1833.
Eine Untersuchung englischer und amerikanischer Zeitschriften, Diss.
Berlin (FU) 1970. G. R. Thompson, Poe and >Romantic Irony<, in: R.
P. Veler (Hg.), Papers on Poe. Essays in Honor of J. W. Ostrom,
Springfield, Ohio (Wittenberg Univ.) 1971, S. 28-41.
Ober Sch.'s Wirkung innerhalb der katholischen Kirche des 19.
Jahrhunderts vgl.: K. Werner, Geschichte der katholischen Theologie,
München und Leipzig 1889, S. 414 H.
Ober Sch.'s Wirkung im 20. Jahrhundert: H. Henel, F. Sch. und
die Grundlagen der modernen literarischen Kritik, GR 20 (1945),
S. 81-93. K. K. Polheim, Spätzeiten als Frühzeiten, WW 11 (1961),
S.74-82. R. Grimm, Strukturen. Essays zur deutschen Literatur,
1963 (Hinweis auf Musil). K. K. Polheim, Die Arabeske. Ansichten
und Ideen aus F. Sch.'s Poetik, 1966, S.213. P. B. Herminghouse, F.
Sch. and Thomas Mann. The Romantic Novel in Theory and Practi-
ce, Diss. Washington Univ. (St. Louis) 1967. D. f. Behler, The Ro-
mantic Theory of the Novel and its Implications for Thomas Manns
»Zauberberg«, Diss. Univ. of Wash. (Seattle) 1970. H. C. Seeba,
Wirkungsgeschichte der Wirkungsgeschichte. Zu den romantischen
Quellen (F. Sch.) einer neuen Disziplin, Jb. Int. Germ. 3 (1971),
S.145-67. J. Härisch, Selbstbeziehung und ästhetische Autonomie.
Versuch über ein Thema der früh-romantischen Poetologie und Mu-
sils »Mann ohne Eigenschaften«, Euph. 69 (1975), S. 350-61.

85
IV. ZUR FORSCHUNGSGESCHICHTE

F. Schlegel, der schon zu Lebzeiten wegen seines kritischen


Temperaments einerseits und seines Katholizismus andererseits,
wegen seines politischen Engagements zuerst für und dann ge-
gen die Französische Revolution umstritten war, blieb es bis
heute. Gilt allgemein, daß die Beurteilung der Vergangenheit
von den Interessen der Gegenwart geprägt wird, so gilt dies
ganz besonders für die Romantik und hier wiederum besonders
für Schlegel. In den ideologischen Auseinandersetzungen des
19. und 20. Jh.s spielte die Romantik eine zentrale Rolle und
kann unabhängig davon kaum noch betrachtet werden. Auch
die F. Schlegel-Forschung ist von diesen Auseinandersetzungen
bestimmt, auch dort, wo sie ausdrücklich auf Objektivität und
Interesselosigkeit pocht. Schlegels Werk provozierte und pro-
voziert di~ Parteinahme, und das bezeichnet bis heute seine
Aktualität.
Die liberale Literaturgeschichtsschreibung des 19. Jh.s hatte
in der Nachfolge Hegels und wie Heine die Romantik gegen-
über der Klassik stets abgewertet. Daher begann die eigentliche
Romantik-Forschung und damit auch die F. Schlegel-For-
schung erst, als am Ende des Jahrhunderts im Gegenzug gegen
die rasch fortschreitende Industrialisierung Deutschlands und
- auf dem Gebiet der Wissenschaft - gegen den herrschenden
Positivismus die Romantik neu entdeckt wurde. 1870 erschien
Wilhelm Diltheys »Leben Schleiermachers«, in dem Schlegel als
Jugendfreund Schleiermachers eine wichtige Rolle spielt, im
gleichen Jahr veröffentlichte Rudolf Haym seine »Romanti-
sche Schule«. Beide Werke halten an der liberalen Position des
19. Jh.s fest, versuchen jedoch, sie mit philosophischen und
wissenschaftlichen Ergebnisse des Idealismus und der Romantik
zu vermitteln. Beide Werke behandeln daher nur den jungen F.
Schlegel, beide betonen den Einfallsreichtum und das Zukunft-
weisende seiner Werke, aber zugleich auch das Unfertige und
Paradoxe seines Wesens, das ihn statt zur Vollendung in den
Schoß der Kirche geführt habe. DiJthey: »Friedrich Schlegel,
der Genosse der Verkündiger freier Individualität, der in ih-
rem Rechte bis zum übermut geschwelgt hatte, in die Hand ei-
nes katholischen Priesters sein ererbtes Recht freien Denkens
zurückgebend, unkräftig seitdem frei zu forschen und zu le-
ben.« (Leben Schleiermachers, 242) Unter dem Eindruck dieses
»liberalen« Schlegel-Bildes, das nur den zwar brillanten aber
unreifen jungen Schlegel gelten ließ und die spätere Entwick-

86
lung ignorierte, veröffentlichte Jacob Minor 1882 die Jugend-
schriften Schlegels und Oskar Walzel 1890 die Briefe an Au-
gust Wilhelm. Und auf der Basis dieser Publikationen erschie-
nen die ersten Einzeluntersuchungen zu Schlegels Leben und
Werk von dem Franzosen Isaak Rouge (1904) und von Garl
Enders (1913); beide behandeln ausschließlich den jungen
Schlegel, das Problematische, d. h. Paradoxe seines Wesens steht
im Vordergrund.
Für ein neues Schlegel-Bild setzten sich nach dem ersten
Weltkrieg vor allem Heinrich Finke (1918), der damalige Prä-
sident der Görres-Gesellschaft, sowie der Prager Germanist Jo-
sef Körner ein. Zunehmend trat der spätere Schlegel ins Zen-
trum des Interesses. Mit der Neuveröffentlichung schwer zu-
gänglicher Texte und der Entdeckung wichtiger Teile des
Nachlasses, sowie mit seinen ausführlich kommentierten Brief-
Ausgaben schuf Körner die Voraussetzungen für das Studium
des »ganzen« Schlegel. Im Gegensatz zu den Arbeiten vor 1914
und solchen, die auch in den zwanziger Jahren noch in deren
Nachfolge entstanden (vgl. Benno von Wiese [1927)), erschien
die Konversion jetzt nicht mehr als Selbstpreisgabe, sondern,
im Gegenteil, als die notwendige Konsequenz und die Erfül-
lung dessen, was in Schlegels Jugend so verheißungsvoll begon-
nen hatte. Körner (1935): »Leicht mag das letzte Verständnis
von Jung-Friedrichs Reden und Ringen überhaupt erst dann
sich ergeben, wenn man ihm, statt es in der eignen Dumpfheit
zu belassen einen Bezug schafft auf das geklärte Denken der
(katholischen) Männlichkeit. Denn lange verdeckten und ver-
wirrten - darüber hat der späte Schlegel oft genug gekla:gt -
die Bildungseinflüsse einer geistrnächtigen Gegenwart ihm Weg
und Willen, verzögerten den Durchbruch seines wahren We-
sens.« (Neue phil. Sehr., 8) Und Körner polemisierte gegen die
»borniert liberalistischen Zeitläufte«, welche nur »über die Vor-
stellung ein- und geradlinigen Geschichtsverlaufs verfügten«
und denen deshalb »die Umkehrung des seit Mittelalter-Ab-
bruch üblichen Wandels vom Kirchenglauben zur Denkfreiheit
als Tat oder Schicksal eines geistigen Bankrotteurs gelten«
mußte (ebd., 7). Dieses neue Schlegel-Bild, das bewußt gegen
das Diltheys und Hayms entworfen wurde, fand Unterstüt-
zung und Bestätigung durch die Neuveröffentlichung von
Schlegels »Anfangspunkte christlichen Nachdenkens« (1917),
der »Signatur des Zeitalters« (1920, 2. Aufl. 1924) und »Von
der Seele« (1927). Günter Müller, der Herausgeber dieser letz-
ten Schrift betonte ausdrücklich: »Die Auffassung von Schle-

87
gels Entwicklung zum katholischen Kulturforscher als einer zu-
sammenhängenden Ausbildung von bereits in den Anfängen
potentiell vorhandenen Formen unverhohlen auszusprechen, ist
wissenschaftlich Recht und Pflicht zugleich.« (Ein!.,
XXXVIII) Fanny Imle trieb diese Forschungsrichtung auf die
Spitze. Sie verfolgte in ihrem Buch die Entwicklung Schlegels
»Von Kant zum Katholizismus« und erklärte im gleichen Jahr
1927, daß diese Entwicklung »mit Allgewalt« dorthin drängen
mußte, »wo sich di" Offenbarungswahrheit und sakramentale
Liebeshingabe der Gottheit unversehrt und ungeschmälert
durch die Jahrtausende erhält bis ans Ende der Zeit - zur ka-
tholischen Kirche ... « (F. v. Sch.'s Entwicklung, 3).
So spiegelte die Forschung mit ihrer liberalen Ausrichtung
vor und ihrer konservativen nach dem Ersten Weltkrieg den
Zwiespalt wider, der schon Schlegels Leben charakterisiert hat-
te. Und nicht weniger deutlich reflektierte sie die Geschichte
der bürgerlichen Wissenschaft, deren Wandlung vom Liberalis-
mus des 19. Jh.s zum Konservatismus der 20er Jahre. Die Ab-
lehnung der eigenen Gegenwart stand nicht nur im Zentrum
des Schlegelschen Spätwerkes, sondern motivierte auch die
konservative Forschung, die sich mit diesem Werk beschäftigte.
Freilich: ebenso wie der spätere Schlegel selbst, auf den sie sich
beriefen, glaubten diese Forscher, den ,;Widerspruch in Schlegels
Entwicklung und damit auch den der Forschung in eine höhere
Einheit aufzuheben. Mit einem Schlegel-Bild, das die innere
Kontinuität in Schlegels Entwicklung beweisen wollte, wurde
nicht nur die .Problematik und das Widersprüchliche in Schle-
gels Leben und Werk verdeckt, sondern auch die Problematik
der eigenen Position. Wie Schlegel selbst im Alter die Werke
seiner Frühzeit umgeschrieben oder ignoriert hatte, damit sei-
nen Entwicklungsgang als bruchlose Einheit stilisierend, so er-
scheint das Schlegel-Bild dieser Forscher ohne die Risse und
Narben, die die Geschichte in Schlegels Leben hinterlassen hat-
te. Indem die Forschung Schlegel so den Spannungen der Ge-
schichte entrückte, setzte sie selbst sich über die Geschichte hin-
weg und verschleierte mit dem Argument der Objektivität das
Interesse, das ihr Urteil bestimmte.
Seit dem Zweiten Weltkrieg steht die F. Schlegel-Forschung
im Zeichen der Kritischen Friedrich-Schlegel-Ausgabe, die auf
der Basis des von J. Körner erarbeiteten Schlegel-Bildes seit
1958 von Ernst Behler herausgegeben wird. Als Mitherausgeber
wirken an der Ausgabe vor allem Jean-Jacques Anstett und
Hans Eichner mit. In den umfangreichen Einleitungen und

88
Kommentaren der Ausgabe sowie in zahlreichen Aufsätzen, die
die Herausgeber veröffentlichten, betonen sie ebenfalls wie
Körner die Kontinuität in Schlegels Entwicklung. Dabei spielt
die Auswertung des Nachlasses eine wichtige Rolle. Während
Anstett im Sinne seines 1941 publizierten Buches über Schlegels
Religion nachzuweisen versucht, daß der Katholizismus des
späteren Schlegel in den Werken und Aufzeichnungen des jun-
gen Revolutionärs bereits angelegt war - vgl. dazu auch Alois
Demp! (1958) -, unterstreicht Behler hauptsächlich die »le-
bensphilosophischen« Elemente, die Schlegel mit Nietzsche,
Bergson und Dilthey verbinden sollen. So steht Schlegel in die-
ser Interpretation weniger am Ende einer Entwicklung, der
Aufklärung, als am Anfang der Philosophie des 19. Jh.s. Behler
sieht bei dem katholischen Schlegel den Beginn der Geisteswis-
senschaften und bringt ihn deshalb in unmittelbaren Zusam-
menhang mit Dilthey. Zwangsläufig setzt auch er den Akzent
auf den späten Schlegel, versucht jedoch, indem er Schlegels
»Lebensphilosophie« aus ihrer starren Dogmatik und oft gro-
tesken Verstiegenheit herauslöst, ihn im Sinne eines modernen
und liberalen Katholizismus vorzustellen. - Von Anstetts und
Behlers katholischen Interpretationen unterscheiden sich die
Eichners dadurch, daß sie sich im engeren Bereich der Literatur
auf die Literaturkritik, das literarisch Handwerkliche konzen-
trieren. In der Darstellung der Schlegelschen Literaturtheorie
und der Analyse einzelner Begriffe berühren sich Eichners Ar-
beiten dabei mit denen Karl Konrad Polheims (bes. 1966),
Raymond Immerwahrs und Raimund Belgardts (1969).
Gegenüber der konservativen Interpretation Schlegels, die
im Umkreis der KA gepflegt wird, betonen andere Interpreten
den Zusammenhang Schlegels mit dem 18. Jh. und der Aufklä-
rung. Auch diese Forscher wenden sich gegen die Interpreta-
a
tion Schlegels la Dilthey und Haym, gegen die Betonung also
des Subjektivistischen in Schlegels Frühwerk. Wie bereits Wal-
ter Benjamin (1919), in seiner Dissertation über den Begriff der
Kunstkritik versuchen sie vielmehr, den »objektiven«, d. h. ge-
setzmäßigen und rationalen Charakter von Schlegels Denken
auch und gerade in den >Athenäums<-Jahren nachzuweisen und
damit dem Vorwurf des Willkürlichen und bloß Genialischen
entgegenzutreten. Dabei beschränken sich diese Forscher jedoch
auf die Ästhetik. Indem sie deren reflexiv·e Elemente herausar-
beiten, bringen sie sie außer mit der Aufklärung meist auch in
Verbindung mit entsprechenden Theoremen im 20. Jahrhun-
dert. Genannt seien in diesem Zusammenhang Klaus Briegleb

89
(1962), Helmut Schanze (1966), Eberhard Huge (1971), Franz
Norbert Mennemeier (1971) und zuletzt Heinz Dieter Weber
(1973). Die Frage, in welchem Verhältnis die progressive Äs-
thetik des jungen Schlegel zu dem Konservatismus des späteren
steht, bleibt in diesen Arbeiten unbeantwortet, da sie den spä-
teren Schlegel nicht mehr behandeln.
Als Aufgabe für die künftige F. Schlegel-Forschung ließe
sich nach den zahlreichen Studien zur Geistesgeschichte, Ästhe-
tik und Poetik Schlegels vor allem die Untersuchung der sozia-
len Abhängigkeit des Schlegelschen Werkes nennen. Soziologi-
sche Studien zu Schlegel gibt es bisher nicht. Auch ideologie-
kritische Arbeiten sind selten. Ein Versuch in dieser Richtung ist
Hans-Joachim Heiners (1971) »wissenssoziologische« Interpre-
tation von Schlegels »Ganzheitsdenken«. Die unmittelbare
Verbindung des jungen Schlegel zur Französischen Revolution
zeigt Werner Weiland (1968); die Arbeit beschränkt sich je-
doch auf das Aufzählen von Zitaten, die auf diesen Zusam-
menhang zielen. Klaus Peter (1973) weist auf »materialisti-
sche« Elemente in Schlegels Philosophie um 1800 hin, wobei er
die Analogie und Differenz von Schlegels Idealismuskritik zu
der Schellings untersucht. Neuerdings stellt Jochen Hörisch
(1976) die Affinität von Schlegels Philosophie mit der Kriti-
schen Theorie Horkheimers und Adornos fest. - Andere Auf-
gaben der künftigen Forschung ließen sich nennen, vor allem
eine umfassende Biographie. Josef Körner hatte eine solche ge-
plant, aber bis heute ist das biographische Material an oft nur
schwer zugänglichen Stellen verstreut und kaum ausgewertet.
Die Forschungsgeschichte gerade zu F. Schlegel zeigt jedoch,
wie wenig die Forschung forschungsimmanenten Kriterien folgt,
wie sehr sie im Gegenteil von historisch bestimmten Inter-
essen gelenkt wird. Diese aber lassen sich kaum vorhersagen.
Literatur:
J. Körner, Das Problem F. Sch. Ein Forschungsbericht, GRM 16
(1928), S.274-97. Ders., Marginalien, Kritische Beiträge zur geistes-
geschichtlichen Forschung, 1. Folge, 1950, S.51-56, 80-87. E. J.
Maier, Die F.-Sch.-Forschung. Geschichte und Kritik, Diss. München
1953. E. Behler, Der Stand der F.-Sch.-Forschung, ]bDSG 1 (1957),
S.253-89. Ders., Neue Ergebnisse der F.-Sch.-Forschung, GRM 39
(1958), S.350-65. H. Eichner, F. Sch. und wir. Deutsche Rds. 84
(1958), S.646-56. E. Behler, Der Wandel unseres Sch.-Bildes: Hun-
dert Jahre Sch.-Forschung, in: E. B., F. Sch., (Rowohlt Bildmonogra-
phien) 1966, S.150-60. V. Deubel, Die F.-Sch.-Forschung
1945-1972, DVjs. 47 (1973) Sonderheft Forschungsreferate,
S.48-181.

90
PERSONENREGISTER
(Gilt nur für den Textteil)

Adorno, Theodor W., 90 Consalvi, Ercole, 65


Anstett, Jean-Jacques, 4 f., 14, Cramer, Johann Andreas, 20
88 f. Custine, Adam Philippe, 24
Armbruster, Johann Michael, 62
Atterbom, Per Daniel Amadeus, Dalberg, Kar! Theodor v., 22
81 Dante Alighieri, 21, 41
Dempf, Alois, 2, 14, 89
Baader, Franz, 73 Diderot, Denis, 42
Batteux, Char!es, 20 Dilthey, Wilhelm, 13, 83, 86 f., 89
Baxa, Jakob, 14
Beliler, Ernst, 4 f., 8, 12-15, 77, Eichendorff, Joseph v., 80
88 f. Eichner, Hans, 4 f., 12 f., 36, 88 f.
Belgardt, Raimund, 13, 89 Enders, Car!, 87
Benjamin, Walter, 13, 89 Ernst, Char!otte (geb. Schlegel),
Bergson, Henri, 89 20, 24f.
Bernhard v. Clairvaux, 74 f. Ernst, Ludwig Emanuel, 20
Bernhardi, August Ferdinand, 38
Bernhardi-Tieck, Sophie, 38
Bertram, Johann Baptist, 2 Ferdinand IH., 19
Böhme, Jakob, 54 Fichte, Johann Gottlieb, 17, 28-
Böhmer, Caroline, s. C. Schlegel 30, 38-42, 52, 55, 75, 80
Böhmer, Johann Franz Wilhelm, Finke, Heinrich, 2, 87
23 Folwartschny, Helmut, 14
Boileau, Nicolas, 81 Forster, Georg, 16, 24, 30
Boisseree, Sulpiz und Melchior, Fouque, Friedrich de la Motte, 64
2,54 f., 62 Frölich, Heinrich, 38
Braun, Johann Wilhelm, 2
Brentano, Clemens, 80 Gärtner, Kar! Christian, 20
Briegleb, Klaus, 13, 89 Gagern, Hans Christoph v., 65
Brodzinski, Kazimierz Maciej GelIert, Christian Fürchtegott, 20
Jozef, 81 Gentz, Friedrich v., 65, 74
Bucholtz, Franz v., 73 Görres, Joseph, 64
Bürger, Gottfried August, 22 Goethe, Johann Wolfgang, 18,22,
Buol-Schauenstein, Karl Rudolf 26, 28, 35, 37, 39-42, 53, 62,
v., 66 80
Grimm, Jakob und Wilhelm, 64
Calder6n de la Barca, Pedro, 53 Gutzkow, Kar!, 41, 80
Carl August, Herzog v. Weimar,
28 Habermas, Jürgen, 16
Cervantes, Miguel de, 65 Haller, Carl Ludwig v., 73
Chamfort, Nicolas, 36 Hammarsköld, Lars, 81
Claudius, Matthias, 64 Hardenberg, Friedrich v., s. No-
Coleridge, Samuel Taylor, 81 valis
Condorcet, M. J. A. N. C. de, 27 Haym, Rudolf, 13, 86 f., 89

91
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich, Lederbogen, Friedrich, 14
17, 26, 29, 75, 82, 86 Lerch, P., 13
Heiberg, Peter Andreas, 81 Lessing, Gotthold Ephraim, 17,
Heine, Heinrich, 37, 82, 86 36, 55, 81
Heiner, Hans Joachim, 14,90 Levin, Rahei, 35
Hemsterhuis, Franz, 22, 30 Longard, Franziska v., 2
Hendrix, Gerd Peter, 15 Lukacs, Georg, 83
Herder, Johann Gottfried, 22, 26 Lypp, Bernhard, 14
Herz, Henriette, 35
Herz, Marcus, 35 Mann, Thomas, 42, 83
Heyne, Christian Gottlob, 21 f. Manzoni, Alessandro, 81
Hölderlin, Friedrich, 17, 29 Meinecke, Friedrich, 14
Hörisch, Jochen, 14, 90 Mendelssohn, Moses, 35
Hofbauer, Clemens Maria, 61 Mennemeier, Franz Norbert, 13,
Homer, 41, 64 90
Horkheimer, Max, 90 Metternich, Klemens v., 64, 66,
Hormayr, Joseph v., 61 73f.
Huch, Ricarda, 83 Michaelis, Johann David, 23
Hülsen, August Ludwig, 38 Mickiewicz, Adam Bernard, 81
Hufeland, Gottlieb, 28 Minor, Jakob, 4, 87
Huge, Eberhard, 13, 90 Müller, Adam, 51, 55, 64, 73 f.
Hugo, Victor, 81 Müller, Günther, 87 f.
Humboldt, Wilhelm v., 64 f. Muilman, Henry, 22
Musil, Robert, 42, 83
Imle, Fanny, 14, 88
Immerwahr, Raymond, 89 Napoleon Bonaparte, 60 f., 63,
65,82
Nicolai, Friedrich, 35 f.
Jacobi, Friedrich Heinrich, 30, 75
Niethammer, Friedrich Imma-
nuel,27
Kant, Immanuel, 17,22,27,29, Nietzsche, Friedrich, 89
75 Novalis (Friedrich v. Harden-
Karl V., 60, 63 berg), 17 f., 23, 25f., 29 f.,
Karl der Große, 62 37f., 40, 42, 51, 60, 63, 80
Karl, Erzherzog von österreich,
62 öhlenschläger, Adam Gottlob, 81
Kierkegaard, Sören, 81 f.
Klang, Ignaz, 14 Paul (Richter), Jean, 42, 64
Klin, Eugeniusz, 13 Perthes, Friedrich, 63
Klinger, Friedrich Maximilian, 22 Peter, Klaus, 14, 90
Klopstock, Friedrich Gottlieb, 22 Poe, Edgar Allan, 81
Kluckhohn, Paul, 14 Polheim, Kar! Konrad, 13, 89
Körner, Christian Gottfried, 23 Puschkin, Alexander, 81
Körner, Josef, 2, 10, 14, 42, 51,
87-90 Rabener, Gottlieb Wilhelm, 20
Körner, Theodor, 64 Rasch, Wolfdietrich, 7
Koselleck, Reinhart, 16 Rehberg, August Wilhelm, 23, 29
Kuhn, Annette, 15 Rehberg, Caroline, 23

92
Reichardt, Johann Friedrich, Severoli, Antonio Gabriele de, 65
27 f., 30, 35 f. Shakespeare, William, 21 f., 26
Reinhold, Kar! Leonhard, 28 Silesius, Angelus, 75
Reiss, Hans, 14 Sismondi, Jean Char!es Leonard
Rhode, J. G., 74 de, 81
RothermeI, Otto, 14 Socrates, 25
Rouge, Isaak, 87 Spinoza, Benedictus de, 22, 30,
Rousseau, Jean Jacques, 27 40 f.
Stael-Holstein, Anne Germaine
Schanze, Helmut, 90 de, 60, 64, 80 f.
Schelling, Friedrich Wilhe1m Jo- Stein, Kar! Freiherr V., 65
seph, 17, 29, 38, 42, 51 f., 75, Stendhal (Marie Henri Beyle), 81
90 Sterne, Laurence, 42
Schiller, Friedrich, 18, 22f., 26- Stolberg, Friedrich Leopold Graf
29, 35, 80 zu, 51, 55, 64
Schlagdenhauffen, Alfred, 13 Stransky, Christine V., 75
Schlegel, August Wilhe1m, 2, 19-
25, 27-29, 35-38, 51 f., 60-62, Tieck, Ludwig, 35 f., 42, 52, 77,
64, 73 f., 80 f. 80
Schlegel, Car! August, 20
Schlegel, Caroline, 23 f., 27, 38, Varnhagen v. Ense, Kar! August,
51 35,65
Schlegel, Charlotte, s. Ch. Ernst Veit, Dorothea, s. D. Schlegel
Schlegel, Christoph, 19 Veit, Simon, 35
Schlegel, Dorothea, 1 f., 4 f., 22, Vieweg, Friedrich, 38
35, 38, 41 f., 51, 53-55, 61 f. Volpers, Richard, 14
Schlegel, Henriette, 20 Voltaire, Francois Marie (Arouet),
Schlegel, Johann Adolf, 19 f. 22
Schlegel, Johann August, 21
Schlegel, J ohann Elias, 20 WalzeI, Oskar, 13, 87
Schlegel, Johann Friedrich, 20 Weber, Heinz Dieter, 13,90
Schlegel, Johann Heinrich, 20 Weiland, Werner, 90
Schlegel, Johanna Christine Erd- Werner, Zacharias, 51, 64, 73
muthe (geb. Hübsch), 19 Wieland, Christoph Martin, 22
Schlegel, Moritz, 21 Wiese, Benno V., 14, 51, 87
Schleiermacher, Friedrich, 35, Wilmans, Friedrich, 53
37 f., 40 f., 51, 73, 80 Winckelmann, Johann Joachim,
Schlosser, Johann Friedrich Hein- 22, 25 f.
rich, 66 Windischmann, Car! Josef Hiero-
Schmid, K. C. E., 28 nymus, 2, 82
Schmitt, Carl, 14 Wirz, Ludwig, 14
Schütz, Christian Gottfried, 28

93
SAMMLUNG METZLER

M 1 Raabe Einführung in die Bücherkunde


M 3 Meisen Altdeutsche Grammatik 11: Formenlehre
M 4 Grimm Bertolt Brecht
M 5 Moser Annalen der deutschen Sprache
M 6 Schlawe .Literarische Zeitschriften 1885-1910
M 7 Weber/Hoffmann Nibelungenlied
M 8 Meyer Eduard Mörike
M 9 Rosenfeld Legende
M 10 Singer Der galante Roman
M 12 Nagel Meistersang
M 13 Bangen Die schriftliche Form germanist. Arbeiten
M 14 Eis Mittelalterliche Fachliteratur
M 15 Weber/Hoffmann Gottfried von Straßburg
M 16 Lüthi Märchen
M 17 Wapnewski Hartmann von Aue
M 18 Meetz Friedrich Hebbel
M 19 Schröder Spielmannsepik
M 20 Ryan Friedrich Hölderlin
M 22 Danzel Zur Literatur und Philosophie der Goethezeit
M 24 Schlawe Literarische Zeitschriften 1910-1933
M 25 Anger Literarisches Rokoko
M 26 Wodtke Gqttfried Benn
M 27 von Wiese Novelle
M 28 Frenzel Stoff-, Motiv- und Symbolforschung
M 29 Rotermund Christian Hofmann von Hofmannswaldau
M 30 Galley· Heinrich Heine
M 31 Müller Franz Grillparzer
M 32 Wisniewski Kudrun
M 33 Soeteman Deutsche geistliche Dichtung des 11. u. 12. ]h.s
M 34 Taylor Melodien des Mittelalters I: Darstellung
M 35 Taylor Melodien des Mittelalters 11: Materialien
M 36 Bumke Wolfram von Eschenbach
M 37 Engel Handlung, Gespräch ·u. Erzählung. Faksimiledruck
M 38 Brogsitter Artusepik
M 39 Blanckenburg Versuch über den Roman. Faksimiledruck
M 40 Halbach Walther von der Vogelweide
M 41 Hermand Literaturwissenschaft und Kunstwissenschaft
M 43 Glinz Deutsche Syntax
M 44 Nagel Hrotsvit von Gandersheim
M 45 Lipsius Von der Bestendigkeit. Faksimiledruck
M 46 Hecht Christian Reuter
M 47 Steinmetz Die Komödie der Aufklärung
M 48 Stutz Gotische Literaturdenkmäler
M 49 Salzmann Kurze Abhandlungen. Faksimiledruck
M 50 Koopmann Friedrich Schiller I: 1759-1794
M 51 Koopmann Friedrich Schiller II: 1794-1805
M 52 Suppan Volkslied
M 53 Hain Rätsel
M 54 Huet Traite de l'origine des romans. Faksimiledruck
M 55 Röhrich Sage
M 56 Catholy Fastnachtspiel
M 57 Siegrist Albrecht von Haller
M 58 Durzak Hermann Broch
M 59 Behrmann Einführung in die Analyse von Prosatexten
M 60 Fehr Jeremias Gotthelf
M 61 Geiger Reise eines Erdbewohners i. d. Mars. Faksimiledruck
M 62 Pütz Friedrich Nietzsche
M 63 Böschenstein-Schäfer Idylle
M 64 Hoffmann Altdeutsche Metrik
M 65 Guthke Gotthold Ephraim Lessing
M 66 Leibfried Fabel
M 67 von See Germanische Verskunst
M 68 Kimpel Der Roman der Aufklärung (1670-1774)
M 69 Moritz Andreas Hartknopf. Faksimiledruck
M 70 Schlegel Gespräch über die Poesie. Faksimiledruck
M 71 Helmers Wilhelm Raabe
M 72 Düwel Einführung in die Runenkunde
M 73 Raabe Einführung in die Quellenkunde
M 74 Raabe Quellenrepertorium
M 75 Hoefert Das Drama des Naturalismus
M 76 Mannack Andreas Gryphius
M 77 Straßner Schwank
M 78 Schier Saga
M 79 Weber-Kellermann Deutsche Volkskunde
M 80 Kully Johann Peter Hebel
M 81 Jost Literarischer Jugendstil
M 82 Reichmann Germanistische Lexikologie
M 83 Haas Essay
M 84 Boeschenstein Gottfried Keller
M 85 Boerner Tagebuch
M 86 Sjölin Einführung in das Friesische
M 87 Sandkühler Schelling
M 88 Opitz Jugendschriften.- Faksimiledruck
M 89 Behrmann Einführung in die Analyse von Vers texten
M 90 Winkler Stefan George
M 91 Schweikert Jean Paul
M 92 Hein Ferdinand Raimund
M 93 Barth Literarisches Weimar. 16.-20. Jh.
M 94 Könneker Hans Sachs
M 95 Sommer Christoph Martin Wieland
M 96 van Ingen Philipp von Zesen
M 97 Asmuth Daniel Casper von Lohenstein
M 98 Schulte-Sasse Literarische Wertung
M 99 Weydt H. ]. Chr. von Grimmelshausen
M 100 Denecke Jacob Grimm und sein Bruder Wilhelm
M 101 Grothe Anekdote
M 102 Fehr Conrad Ferdinand Meyer
M 103 Sowinski Lehrhafte Dichtung des Mittelalters
M 104 Heike Phonologie
M 105 Prangel Alfred Döblin
M 106 Uecker Germanische Heldensage
M 107 Hoefert Gerhart Hauptmann
M 108 Werner Phonemik des Deutschen
M 109 Otto Sprachgesellschaften des 17. Jahrh.
M 110 Winkler George-Kreis
M 111 Orendel Der Graue Rock (Faksimileausgabe)
M 112 Schlawe Neudeutsche Metrik
M 113 Bender Bodmer! Breitinger
M 114 Jolles Theodor Fontane
M 115 Foltin Franz Werfel
M 116 Guthke Das deutsche bürgerliche Trauerspiel
M 117 Nägele J. P. Jacobsen
M 118 Schiller Anthologie auf das Jahr 1782 (Faksimileausgabe)
M 119 Hoffmeister Petrarkistische Lyrik
M 120 Soudek Meister Eckhart
M 121 Hocks!Schmidt Lit. u. polit. Zeitschriften 1789-1805
M 122 Vin~on Theodor Storm
M 123 Buntz Die deutsche Alexanderdichtung des Mittelalters
M 124 Saas Georg Trakl
M 126 Klopstock Oden und Elegien (Faksimileausgabe)
M 127 Biesterfeld Die literarische Utopie
M 128 Meid Barockroman
M 129 King Literarische Zeitschriften 1945-1970
M 130 Petzoldt Bänkelsang
M 131 Fischer Karl Kraus
M 132 Stein Epochenproblem »Vormärz« (1815-1848)
M 133 Koch Das deutsche Singspiel
M 134 Cltristianscn Fritz Reuter
M 135 Kartschoke Altdeutsche Bibeldichtung
M 136 Koester Hermann Hesse
M 138 Dietz Franz Kafka
M 140 GrosccIose/Murdoch Ahd. poetische Denkmäler
M 141 Franzen Martin Heidegger
M 142 Ketelsen Völkisch-nationale und NS-Literatur
M 143 Jörgensen Johann Georg Hamann
M 144 Schutte Lyrik des deutschen Naturalismus (1885-1893)
M 145 Hein Dorfgeschichte
M 146 Daus Zola und der französische Naturalismus
M 147 Daus Das Theater der Absurden i. d. frz. Lit.wissenschaft
M 149 Ludwig Arbeiterliteratur in Deutschland
M 150 Stephan Literarischer Jakobinismus in Deutschland
M 151 Haymes Das mündliche Epos
M 152 Widhammer Literaturtheorie des Realismus
M 153 Schneider A. v. Droste-Hülshoff
M 154 Röhrich-Mieder Sprichwort
MISS Tismar Kunstmärchen
M 156 Steiner Georg Forster
M 157 Aust Literatur des Realismus
M 158 Fähnders Proletarisch-revolutionäre Literatur
M 159 Knapp Georg Büchner
M 160 Wiegmann Geschichte der Poetik
M 161 Brockmeier Franrois Villon
M 162 Wetze! Romanische Novelle
M 163 Pape Wilhelm Busch
M 164 Siegel Die Reportage
M 165 Dinse/Liptzin Jiddische Literatur
M 166 Köpf Märendichtung
M 167 Ehert Historische Syntax d. Deutschen
M 168 Bernstein Literatur d. deutschen Frühhumanismus
M 169 Leibfried/Werle Texte z. Theorie d. Fabel
M 170 Hoffmeister Deutsche u. europ. Romantik
M 171 Peter Friedrich Schlegel
M 172 Würffe! Das deutsche Hörspiel
11 173 Petersen Max Frisch
M 174 Wilke Zeitschriften des 18. Jahrhunderts I: Grundlegung
M 175 Wirke Zeitschriften des 18. Jahrhunderts ll: Repertorium

J. B. METZLER

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