Das Ziel oder die gewünschte Wirkung – dabei sein, so wie andere auch
Wer in der Stiftung Tannacker lebt, soll möglichst kompetent und möglichst gesund an normali-
sierten Lebenssituationen teilhaben können. In den Lebenssituationen, in denen die Menschen mit
einer Beeinträchtigung einbezogen sind, also teilhaben, sollen und können sie mitwissen, mitent-
scheiden, mittun und miterleben. Damit das möglich wird, muss das Umfeld sich entsprechend
verhalten, muss ein Klima schaffen, in dem das Teilhaben, das Dabeisein gefördert und begünstigt
wird. Aber auch die Bewohnerinnen und Bewohner selber müssen durch eine stetige Entwicklung
ihren Teil dazu beitragen. Um diese Entwicklung zu ermöglichen, schenken wir elf Bereichen
besonders grosse Beachtung.
Verstehen, nicht urteilen
Mit dem Konzept der Funktionalen Gesundheit sind die Probleme, die nur durch eine Verhaltens-
änderung gelöst werden können, nicht einfach verschwunden. Zuerst erfassen wir die gesamte
Lebens- und Entwicklungssituation eines Menschen. Mit der Landkarte lassen sich zentrale Aspekte
der menschlichen Entwicklung und ihr Zusammenwirken abbilden und beschreiben. Landkarte
nennen wir sie, weil sich so eine aktuelle Lebens- und Entwicklungssituation wie auf einer Landkarte
ausbreiten lässt. Um dann im wahrsten Sinne des Wortes auf Entdeckungsreise zu gehen. Die Arbeit
mit der Landkarte eignet sich zum Analysieren, Ergründen und Beeinflussen von unerwünschtem
Verhalten oder Entwicklungen.
Kommunikation
Die professionellen Begleitpersonen der Stiftung Tannacker achten darauf, dass sie mehr mit als über
die Bewohnerinnen und Bewohner reden. Damit bekommt die Kommunikation eine noch grössere
und zentralere Bedeutung, als sie ohnehin schon immer hatte. Das Kommunizieren, in welcher Form
auch immer, ermöglicht einem Menschen, seinen Willen und seine Gefühle auszu-drücken und
mitzuteilen. Ist der Wortschatz genügend gross und die Sprache verständlich, gelingt dies auch. In
allen anderen Fällen wird eine Kommunikation, die aus verschiedenen Kommunika-tionsformen
besteht und damit die Abhängigkeit von einer Form verringert, angestrebt.
Aktivitäten
Aktivitäten sind von zentraler Bedeutung. Sie brauchen stets einen Ort, an dem sie durchgeführt
werden können. Möglichst kompetent bei möglichst normalisierten Lebenssituationen dabei zu sein,
setzt in den meisten Fällen Aktivitäten voraus. Diese können sehr unterschiedlich sein (vom
Einschalten eines Fernsehgerätes bis zur Teilnahme an einem Marathonlauf). Weil Aktivitäten von
grosser Bedeutung sind, müssen wir alles tun, um diese nicht zu verhindern, oder, noch besser, alles
dafür tun, um diese zu ermöglichen. Wer sich eine Aktivität zutraut, erhält von uns das Ver-trauen.
Wir suchen nach Lösungen, diese zu ermöglichen. Das kann durch Hilfe beim Üben oder auch durch
Anpassungen im Raum sein.
Räume - Ort der Aktivität und Teilhabe
Aktivitäten sind von zentraler Bedeutung. Sie brauchen stets einen Ort, wo sie durchgeführt werden
können. Diese Orte nennen wir Räume oder noch präziser Teilhaberäume. Dabei sind nicht nur die
Räume in Häusern gemeint. Auch andere Räume wie zum Beispiel der Teilhaberaum „Wald“. Es ist
nicht damit getan, Räume benutzen zu können. Entscheidend ist
- welche Aktivitäten Räume zulassen, zu welchen Aktivitäten sie die Bewohnerinnen und Bewohner
einladen;
- welches Wissen und welche Fähigkeiten für eine sinnvolle und kompetente Nutzung der Räume
wichtig sind;
- welche differenzierte und individuelle Hilfe zur Verfügung steht respektive durch die Professio-
nellen geleistet wird.
Die Menschen mit einer Beeinträchtigung sollen nicht geheilt werden. Sie sind nicht krank, sie
sind anders.
Sie sollen die Möglichkeit haben, sich zu entwickeln.
Ihre Lebens- wie auch das Entwicklungsalter werden berücksichtigt.
Willensäusserungen werden ernst genommen.
Es wird mehr mit ihnen, als über sie gesprochen.
Die Kommunikation ist wichtig.
Rechte und Pflichten sind selbstverständlich.
Sie wohnen und leben in der Stiftung Tannacker, nicht die Professionellen.
Die privaten Räume werden als solche geachtet.
Wertschätzung ist nicht nur ein Wort, sie wird gelebt.
Selbstbestimmung und Eigenverantwortung werden unterstützt.
Es wird Wert auf gemeinsames Tun gelegt.
Die agogischen Dienstleistungen sind nicht an Beziehungen gebunden.
Agogik ist somit nicht in erster Linie Beziehungsarbeit. Agogik ist Aktivitätsarbeit, in der Aktivität
entsteht die Beziehung zwischen den Menschen mit einer Beeinträchtigung und den Professio-
nellen.
Die Professionellen sind nicht zuständig für die Aktivität, sondern für die Hilfe, die es braucht,
damit die Aktivität für Menschen mit einer Beeinträchtigung möglich wird.
Nicht der Mensch mit einer Beeinträchtigung wird „normalisiert“, sondern die Umgebung so
gestaltet, dass er ein möglichst normales Leben führen kann.