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GARY MOORE

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Gary Moore
* 04. April 1952 † 06. Februar 2011
Gary Moore
Still Got The Blues
ROBERT WILLIAM GARY MOORE
* 4. APRIL 1952 IN BELFAST, NORDIRLAND
† 6. FEBRUAR 2011 IN ESTEPONA, SPANIEN

Ein großer Musiker ist gestorben. Gary Moore hat Spuren in Meisterwerk ,Still Got The Blues‘ und dem Nachfolger ,After
der Rock- und Blues-Szene hinterlassen, seine gitarristische Hours‘ (1992) vielen Größen dieses für die Rock- und Pop-
Handschrift, sein Ton und seine Energie sind jedem Musiker, Musik grundlegenden Genres seinen Tribut zollte.
der das Instrument E-Gitarre kennt, ein Begriff. Gary Moore hat mit diesen „weißen“ Blues-Alben und seinen
Wir haben Garys Karriere im vergangenen Vierteljahrhundert Konzerten einen Boom ausgelöst; er hat den „schwarzen“
durchgehend verfolgt und begleitet, und hier die dabei ent- Blues in die Pop-Kultur der Gegenwart zurückgebracht und
standenen zahlreichen Artikel zusammengestellt – Stories, Albert King, B.B. King, Albert Collins und später auch Peter
Interviews, Equipment-Specials, Testberichte, Workshops und Green (mit ,Blues For Greeny‘, 1995) seinen Rock-Fans als Iko-
Transkriptionen – die alle ab 1986 in Gitarre & Bass erschienen nen der afroamerikanischen Kultur und der Musik unserer Zeit
sind. Sie dokumentieren einen Musiker im Wandel: vom har- vorgestellt. Alleine für diese Phase seines Schaffens hat Gary
ten Rocker, den seine Vorliebe für Balladen zum Blues-Fan Moore bis heute den Respekt des denkenden Teils der Musik-
gemacht haben, und der mit seinem 1990 erschienenen szene. I

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Colosseum II feat. Gary Moore & Neil Murray:
Down To You

JAZZ ROCK
wolfgang kehle

Ende von Tempest aber ‚Strange New Flesh‘. Die sechs Tracks verar-
waren Hisemans Ambitionen beiten Einflüsse von Jazz-Rock-Bands wie
immer noch nicht erschöpft. John McLaughlins Mahavishnu Orchestra
Sein neues Baby nannte er und Art-Rock, der in den frühen 70er-Jahren
zunächst Ghosts: „Ich wurde angesagt war.
von vielen Seiten bedrängt, Gary Moore war bei fünf Tunes maßgeblich
irgendetwas in Richtung an der Komposition beteiligt. Aber im
Colosseum zu machen, Gegensatz zu ausgebildeten Musikern wie
Colosseum II: Jon Hiseman, lehnte aber immer ab. etwa Al Di Meola konnte er keine Noten
Mike Starrs, Don Airey, Gary Irgendwann rief mich Gary lesen und erlernte die zum Teil hochkomple-
Moore, Neil Murray Moore an, wir sollten xen Stücke der Band ausschließlich über sein
Der irische Gitarrist Gary was zusammen machen.“ exzellentes Gehör.
Moore war komplett „Ursprünglich waren noch Das half ihm auch bei der Colosseum II-Ver-
pleite, als ihn der Journa- Graham Bell, Mark Clarke, sion des wunderbaren Joni-Mitchell-Songs
list Volkmar Kramarz – and Duncan Mackay dabei“, ‚Down To You‘, den die charismatische Sän-
heute promovierter erzählt Hiseman weiter. „Sie gerin und Gitarristin für ihr Album ‚Court
Dozent am musikwissen- wurden später durch Mike And Spark‘ (1974) geschrieben hatte. Für
schaftlichen Seminar der Starrs, Neil Murray und Don das episch breite Arrangement von ‚Down
Universität Bonn – Mitte Airey ersetzt. Jedoch unter To You‘ wurde Joni mit einem Grammy in
der 70er-Jahre aus seiner Wohnung in Lon- dem Namen Ghosts wollte uns niemand der Kategorie „Best Arrangement Accom-
don auslöste und mit zu sich nach Deutsch- kaufen. Ich hatte bereits 7000 Pfund in das panying Vocalists“ ausgezeichnet. Beispiel 1a
land holte. Gary, damals gerade Mitte zwan- Projekt investiert und rief Gerry Bron an. Er zeigt Gary Moores wunderbare instrumen-
zig, besaß nichts außer einer 59er Gibson lud uns ins Studio ein. Und sagte: ,Great, I tale Interpretation von Jonis Gesangslinie am
Les Paul Standard, die ihm sein Mentor Peter love it! Aber ihr müsst euch Colosseum- Anfang des Songs. Im Gegensatz zum Origi-
Green verkauft hatte, und einem Vox-AC- something nennen, sonst kann ich das nicht nal, das ohne Drums und Rhythm-Section
30-Combo. Er wohnte einige Monate bei verkaufen.‘“ arrangiert ist, erklingt ‚Down To You‘ in der
Kramarz, als ihn ein Telegramm des Drum- Das Telegramm von Hiseman war für Gary Colosseum-II-Version als Rock-Ballade mit
mers Jon Hiseman erreichte. Hiseman war Moore wohl der Anlass, Deutschland wieder markantem Beat.
bereits mit seiner Formation Colosseum zu verlassen und sich auf Colosseum II zu Gary Moore schmückt die Melodie mit
ziemlich erfolgreich gewesen. Als die Band konzentrieren. Den Winter 1975/76 ver- unzähligen Verzierungen aus, die in der
zerbrach, gründete er das Jazz-Rock-Quar- brachte das neu formierte Quintett in den Transkription bis ins kleinste spielerische
tett Tempest. Dort begann auch die Karriere Londoner Roundhouse Recording Studios, Detail dokumentiert wurden. Und über
eines gewissen Allan Holdsworth. Mit dem und 1976 erschien das Debüt-Album allem thront der singende Ton seiner 59er

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Les Paul, die Moore, wohl aus finanziellen dem Rock-Bereich, daneben spielte er aber
Gründen, mittlerweile verkauft hat. Garys auch filigrane Art-Rock-Fusion bei National
Marshall-Verstärker-Ton auf dem ganzen Health.
Album wäre auch ein äußerst lohnendes Beispiel 1b zeigt Neils Part zu Garys Intro,
Objekt für Udo Pippers „Classic Tone“- in dem schnell klar wird, dass hier ein phan-
Kolumne. Und ich wette, dass viele Gary- tastischer Bassist am Werk ist. Er spielt funk-
Moore-Fans die Musik seiner Colosseum-II- tional, songdienlich und mit sehr viel Tempo, ab Takt 29 indiziert das Ritardando
Phase noch gar nicht kennen. Beispiel gefäl- Bewusstsein für die Macht von Artikulation eine Reduktion des Tempos, dann geht es
lig? Auf youtube kann man unter dem Link und Tonlänge. rubato, also in freiem Tempo weiter, bevor
h t t p : / / w w w. y o u t u b e . c o m / w a t c h ? v = Mit Don Airey war ein weiterer Superstar mit Garys in Achteln absteigender Tonleiter
WtjDigJ_QQI Gary und Colosseum II bei der UK-Rock-Szene in den Reihen von in Takt 35 das Anfangstempo wieder
ihrer Interpretation des von Return To Fore- Colosseum II. Don hat seit einigen Jahren aufgenommen wird. Auch hier besticht
ver inspirierten Tunes ‚Inquisition‘ (vom 77er John Lords vakante Keyboard-Stelle bei wieder Gary Moores makellose Spieltechnik.
Album ‚Wardance‘) zuschauen. Beein- Deep Purple besetzt. Im Grunde seines Her- Diesen Beitrag ergänzen wie immer
druckend. zens ist er aber ein Jazz-Rocker. Er kompo- Audio- und MIDI-Files, zu finden auf
Neil Murray gehört mit Sicherheit zu den nierte den von klassischer Musik inspirierten www.gitarreundbass.de.
meistbeschäftigten Bassisten der britischen instrumentalen Mittelteil von ‚Down To Und ich freue mich auf Gedankenaustausch
Rock-Szene. Die Liste seiner Auftraggeber ist You‘. Beispiel 2 zeigt Gary Moores auf der und angeregte Diskussionen im Talk-Forum
beeindruckend: Whitesnake, Black Sabbath, akustischen Gitarre gespielte Melodie zu der G&B-Website. Kommentare, Fragen,
Brian May Band, Cozy Powell’s Hammer aus Don Aireys Piano-Part, zunächst in festem Lob oder Tadel an wkehle@t-online.de. ■

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gary Moore
L I C H E H A U T
EHR

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G a r y M o o re i s t e i n e r d e r

e i n f l u s s re i c h s t e n Ro c k - G i t a r r i s t e n d e r M u s i k g e s c h i c h t e . O b i m B e re i c h Ro c k - Fu s i o n ,

im klassischen Heavy Metal oder als einfühlsamer Blues-Musiker: Der Mann spielt eine

Le a d - G i t a r re , d i e d e ra r t a t e m b e ra u b e n d w o h l k a u m i rg e n d w o a n d e r s z u h ö re n i s t .

Geboren wurde er in Belfast, am 04. April einer Beinah-Cream-Reunion (lediglich Eric Nobody‘ oder die Instrumentalnummer ,Cut
1952, als Robert William Gary Moore. Seine Clapton fehlte). Mit dem Album ,Around It Out‘ sind allesamt ganz aktuell und sollten
Laufbahn als Musiker begann 1963, als er The Next Dream‘ und der gleichnamigen deswegen natürlich auch mit auf die
eine „Framus Akustikgitarre mit einem Cello- Tournee bewies Moore erneut die ihm zuteil Scheibe.
Körper“ geschenkt bekam – es könnte also werdende Akzeptanz dieser Legenden. In Hast du das Gefühl, dass du hinsicht-
auch das Gitarren-Pendant zu Hofners der zurückliegenden Dekade experimen- lich einiger deiner früheren Blues-Auf-
Beatle-Bass gewesen sein. Jedenfalls war das tierte er auf ,Dark Days In Paradise‘ oder nahmen erst noch reifen musstest,
Instrument damals eigentlich viel zu groß für ,Scars‘ mit einem Stil-Crossover. Sein
den Knirps und hatte zudem Stahlsaiten, die neuestes Album heißt ,Old, New,
der junge Gary kaum herunterdrücken Ballads, Blues‘ und dokumentiert seine
konnte. Mit 14 erhielt er eine original Fender Rückkehr zum Blues.
Telecaster und gründete damit seine erste In einem ungewöhnlich offenen Inter-
Schul-Band. 1970, mit 18 Jahren, stieß er zu view spricht Moore nicht nur über die
Skid Row, einer Band in der Phil Lynott sang. Wiederentdeckung der Telecaster son-
Nach zwei Singles und ebenso vielen Alben dern auch über den spektakulären Ver-
formierte Moore eine eigene Band. Dann kauf seiner Peter Green Les Paul und
folgte er dem Ruf seines ehemaligen Mit- über den leidigen Prozess um die Urhe-
streiters Lynott und ging zu Thin Lizzy, um berrechte an ,Still Got The Blues‘.
1976 von Jazz-Rock-Drummer John Hiseman
zu Colosseum II geholt zu werden. Hier Gary, dein neues Album heißt ,Old,
lernte er zwei Musiker kennen, die in den fol- New, Ballads, Blues‘. Eigentlich ist
genden zwei Jahrzehnten noch des Öfteren damit schon alles über den Inhalt
seine Wege kreuzten: Neil Murray (Bass) und gesagt, oder?
Don Airey (Keyboards). Mit Colosseum II Ja, das stimmt. Es gibt Balladen und
veröffentlichte Moore zwei Alben, wechselte Blues-Songs, darunter einige brand-
jedoch im Januar 1977 abermals zu Thin neue Stücke aber auch Songs, die ich
Lizzy. Noch während der Aufnahmen zu schon einmal in meiner Karriere aufge-
,Black Rose‘ unterschrieb Moore einen Solo- nommen habe und nun in neuen Ver-
Plattenvertrag. Fast zeitgleich wurden ,Black sionen präsentiere. ,Midnight Blues‘
Rose‘ und sein eigenes Album ,Back On beispielsweise war schon auf dem
The Streets‘ mit dem legendären Song Album ,Still Got The Blues‘ und wurde
,Parisienne Walkways‘ veröffentlicht. von mir ebenso neu eingespielt wie ,All
Anschließend gründete er seine Band G- Your Love‘, mit dem ich damals eben-
Force und brachte 1979 das selbstbetitelte falls nicht ganz zufrieden war.
Debüt-Album heraus. Was stimmte beispielsweise mit
In den Achtzigern machte Moore melodi- der ersten Version von ,Midnight
schen Hard Rock und schaffte mit ,Run For Blues‘ nicht?
Cover‘ und dem folgenden ,Wild Frontier‘ Die Originalfassung war eine Demo-Ver-
den endgültigen Durchbruch. Trotz des sion, die wir mit auf die Scheibe pack- 2006
immensen Erfolges überdachte Gary sein ten, weil wir keine Zeit mehr hatten, sie
musikalisches Konzept und kehrte 1990 mit noch einmal neu aufzunehmen. Ich wollte bevor du die bestmögliche Version
geänderter Stilrichtung auf die Bildfläche den Song schon immer mal richtig produ- abliefern konntest?
zurück. Das eingängige Meisterwerk ,Still zieren. Und bei ,All Your Love‘ war mir das Bei ,Midnight Blues‘ war es eigentlich nur
Got The Blues‘ wurde ein Megaseller. Moore Tempo im Nachhinein zu hoch. Ich hatte das der Sound, der mich störte, denn wir nah-
spielte mit Albert Collins, Albert King und Gefühl, das es nicht zum Flair des Stückes men den Song in einem billigen kleinen Stu-
B.B. King, die den Virtuosen demonstrativ passte. Ärgerlich vor allem deswegen, weil dio auf und brachten es in einer Klangqua-
als einen der Ihren akzeptierten. Es folgten mich in den Sechzigern gerade ,All Your lität aufs Album, mit der ich von Anfang an
,After Hours‘, ,Blues Alive‘ sowie ,Blues For Love‘ in seiner Urfassung von John Mayall’s nicht glücklich war. Außerdem habe ich das
Greeny‘, eine Hommage an sein großes Idol Bluesbreakers mit Eric Clapton überhaupt Arrangement etwas erweitert, habe Bläser
Peter Green. zum Blues brachte. Deswegen machte ich integriert und das Stück aufgemöbelt, denn
Zwischenzeitlich kam es mit Jack Bruce und mich noch einmal an die Arbeit. Die neuen es sollte natürlich auch kein Klon der ersten
Ginger Baker unter dem Namen BBM zu Stücke wie ,Gonna Rain Today‘, ,Ain’t Version werden. Der Song hat nun ein geän-

gitarre & bass 07.06 8887


Gary
dertes Solo, einen anderen Gesang, das
Tempo ist langsamer und klingt nun einfach
runder, besser, authentischer. Vor allem Blues‘ aufnahm, kam ich direkt aus der Rock- Rock-Album, auch wenn darauf ebenso
mein Gesang hat sich in den vergangenen musik. Ich hatte davor Hard Rock gemacht Blues-Tracks zu finden waren. Auch dort
Jahren weiterentwickelt und ist heutzutage und musste erst einmal den Übergang zum konnte man meine Vorstellung eines Blues-
sicherlich ein ganzes Stück besser als in den Blues hinbekommen. Viele Leute sagen ja, Albums im 21. Jahrhundert hören. Ich
frühen Neunzigern. Und obwohl ich die- dass dies gerade der Grund für den Erfolg machte die Platte mit einer sehr modern
selbe Gitarre wie damals eingesetzt habe, ist von ,Still Got The Blues‘ war. Die Kombina- klingenden Band, die sowohl von Jimi
der Sound einfach hörbar besser. Das Solo tion aus Blues und harten, lauten Rock-Gitar- Hendrix als auch von Leuten wie Rage
klingt reifer, hat mehr Raum und lässt mehr ren machte das Besondere dieser Scheibe Against The Machine beeinflusst war. Ich

Gary 1990 Peter Green 1980


Pausen. Mir jedenfalls gefällt das weitaus aus. Aber ich selbst sehe das heute nicht möchte nur nicht immer wieder das Gleiche
besser. Irgendwie ist dies die erwachsene unbedingt als positiv an. Ich musste damals machen, sondern neue Dinge ausprobieren
Version einer Jugendsünde (lacht). erst lernen, wie man den Blues wirklich und unterschiedliche Facetten des Themas
Du hast also das Gefühl, dass die spielt. Ich musste erst meinen eigenen aufzeigen. Ich habe nie in meinem Leben
dazwischen liegenden fünfzehn Jahre Sound entwickeln, einen Sound, der purer etwas für andere Leute gemacht, sondern
notwendig waren, um aus dir einen und im wahrsten Sinne des Wortes bluesiger immer nur für mich selbst und meinem eige-
noch besseren Blues-Musiker zu ist, also weniger verzerrt klingt. Als ich ,Still nen Anspruch.
machen? Got The Blues‘ produzierte, hatte ich viele Man kann ,Still Got The Blues‘ nicht repro-
Du darfst ja eines nicht ver- Jahre keinen Blues mehr gespielt und war duzieren, niemand kann das. Es war Anfang
gessen: Als ich ,Still Got The sicherlich auch ein wenig aus der Übung. Ich der Neunziger einfach eine ganz andere
ging einfach ins Studio und machte quasi Zeit. Ich machte ,Still Got The Blues‘ nur
über Nacht ein Blues-Album, ohne zum Spaß und war vollkommen überrascht
mich wirklich intensiv darauf vorberei- vom Erfolg, den die Scheibe hatte. Sie ver-
tet zu haben. Blues aber braucht Zeit kaufte sich millionenfach und schlug natür-
und Reife. Und beides fehlte mir lich hohe Wellen. Ich denke, der Grund des
damals wohl noch. In den vergange- Erfolges liegt daran, dass die Scheibe für
nen sechzehn Jahren hatte ich viel Zeit, viele Leute gerade wegen der starken Rock-
alles zu überdenken, vieles neu zu ler- Einflüsse interessant und akzeptabel war.
nen und als Musiker zu reifen. Speziell ,Pretty Woman‘ und ,Walking By
So wie du dies erzählst klingt es Myself‘ haben genau diese Art von Gitarre,
fast, als ob ,Still Got The Blues‘ die den Blues für Leute aus dem Rock-
ein Flop war. Dabei handelt es Bereich attraktiv machten. Aber die Zeiten
sich um den größten kommerziel- haben sich geändert, ich habe mich weiter-
len Erfolg deines Lebens. entwickelt und habe heute andere
Natürlich war es mein größter Erfolg. Ansprüche. Und dennoch spiele ich auch
Es ist ja auch nicht so, dass ich mit der jetzt noch Stücke wie ,Pretty Woman‘ oder
grundsätzlichen Ausrichtung unzufrie- ,Still Got The Blues‘ mit dem gleichen Sound
den war. Immerhin hieß meine bislang wie damals. Das ist aber auch wieder der
vorletzte Scheibe ,The Power Of The Grund, warum ich die neue Platte aufge-
Blues‘ und hat auch einige Rock-Ele- nommen habe, eben weil ich einige Songs
mente, vor allem, weil ich sie im Trio von damals auf eine etwas andere Art
eingespielt habe. Die Platte klingt sehr machen wollte.
rau, mit Bassist Bob Daisley, der aus Deine experimentelle ,Scars‘-Phase
dem Rockbereich kommt. Und auch mit einer schrofferen Mixtur aus Blues
die ,Scars‘-Scheibe war ein echtes und Rock, zu der auch die Zusammen-

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Gary
arbeit mit Skunk Anansies Bassisten
Cass gehörte, war nur kurzlebig. Wes-
halb eigentlich? Musik mit neuen, modernen Einflüssen. Ich Ich habe das ausschließlich für Phil Lynott
Für mich passt dieses Werk perfekt in die wollte damals wieder mehr Stratocaster getan. Zu seinem Geburtstag sollte in Dub-
Reihe der Scheiben, die ich im Laufe meines spielen. Es machte viel Spaß, brachte meine lin eine Statue enthüllt werden, mit einer
Lebens gemacht habe. Irgendwie ging Wurzeln und die von Jimi Hendrix in einem anschließenden Feier. Man fragte mich, ob
,Scars‘ zurück bis zu einer Zeit, als ich bei- ganz eigenen Sound zusammen, der weder ich nicht zu diesem Anlass ein Konzert mit
spielsweise ,Wild Frontiers‘ aufgenommen Heavy Metal noch normale Rock-Musik war. Thin-Lizzy-Songs geben könnte. Am Tag
habe. Damals habe ich Rock-Musik mit Warum gab es niemals eine Neuauf- nach der Freigabe der Statue war Phils
anderen Spielweisen so kombiniert, wie es lage dieses Konzepts? Geburtstag und das Konzert. Sie engagier-
bis dahin unbekannt war. Wenn man Glück Weil ich anschließend wieder Blues machen ten mich, obwohl sie keinerlei Vorstellung
wollte. Ich habe das Gefühl, dass dies davon hatten, wer mit in der Band sein
besser zu mir passt. ,Scars‘ war gut sollte. Also fragte ich Brian Downey, den ich
und hat viel Spaß gemacht, vor allem sowieso bitten wollte, auf meinem Album zu
die Zusammenarbeit mit Cass und spielen. Brian sagte zu und wir diskutierten,
Darrin (Mooney, Schlagzeug). Aber wen wir noch fragen sollten. Das Problem
letztendlich probiert man etwas ist: Egal wie man es anpackt, es ist immer
Neues aus und wenn es nicht hun- falsch. Denn Thin Lizzy sind und waren stets
dertprozentig funktioniert, macht ein Politikum. Man kann dabei nur verlieren.
man halt in einer anderen Richtung Brian und ich verständigten uns auf Brian
weiter. Obwohl ich dazu sagen muss, Robertson, und als er zugesagt hatte, meinte
dass es vor allem auf der Bühne eine Brian, dass wir auch Scott Gorham fragen
tolle Erfahrung war. Wir spielten mit müssten, damit der nicht beleidigt ist.
ZZ Top und kamen bei den Leuten Zudem bat ich Eric Bell, einen guten Freund,
sehr gut an. Aber ich glaube, dass die der damals die Originalversion von ,Whisky
Fans mich nicht als Mitglied einer In The Jar‘ eingespielt hatte. Im Endeffekt
Band sondern unter meinem eigenen fragte ich all diejenigen Gitarristen, die mei-
Logo sehen wollen. Ein ähnliches nes Erachtens maßgeblich am Sound der
Problem hatte ich ja auch mit BBM. Band beteiligt waren.
Irgendwie wurde diese Konstellation An John Sykes aber hast du nicht
nicht richtig angenommen. David gedacht?
Bowie ging es damals mit Tin Doch natürlich. Aber wir hatten nur eine
Machine ganz ähnlich. Einerseits Stunde Spielzeit und da wären sowieso nicht
wollte er gerne wieder in einer Band alle Thin-Lizzy-Gitarristen zum Zuge gekom-
spielen, andererseits wurde die Sache men. Außerdem: Wenn man John Sykes
von den Zuhörern nur teilweise fragt, muss man auch Snowy White fragen.
akzeptiert. Wenn man einen bekann- Und wenn man Snowy White dabei hat,
ten Namen hat und als Solomusiker muss man auch Midge Ure einladen und so
oder Frontman bekannt geworden weiter und so fort. Der Punkt ist: Ich hatte
ist, dann wollen dich die Leute nun keinen Kontakt zu John Sykes, als er in der
einmal unter eigenem Namen sehen. Band war. Mit Scott Gorham habe ich
Warst du denn selbst mit ,Scars‘ immerhin zusammengespielt, zu Brian
zufrieden? Robertson hatte ich auch lange Jahre Kon-
Ja, absolut. Es war eine wirklich gute takt und Eric Bell habe ich damals bei Thin
Band. Kommerziell blieb die Scheibe Lizzy ersetzt. Wir alle spielten damals ganz
hat, kommt etwas Interessantes dabei hinter meinen Erwartungen zurück – übri- ähnliche Songs. Ich wollte einfach nicht
heraus. Auf ,Wild Frontiers‘ mischte ich Rock gens auch die Tour – aber es hat viel Spaß übermäßig viele Leute mit ins Boot holen,
mit irischem Folk, und setzte für diese spezi- mit den beiden Jungs gemacht. Auf der weil es schon so eine Heidenarbeit war, alles
ellen Sounds einen Fairlight-Synthesizer ein. Bühne waren wir wirklich eine starke Truppe. zu organisieren.
Traditionelle Musik durch moderne Techno- Nach eineinhalb Jahren merkte ich aller- Hast du eigentlich nicht das Gefühl,
logie mit Rock-Musik zu verbinden empfand dings, dass ich wieder zurück zum Blues dass es terminlich etwas unglücklich
ich damals als sehr interessante Idee. Und wollte. Speziell nach der „Monsters Of gewählt ist, die Thin-Lizzy-Tribute-
das Konzept ging ja auch auf. Solche Rock“-Tour in England mit Whitesnake DVD und dein neues Soloalbum fast
Hybride habe ich in meinem Leben des Öfte- wusste ich, dass ich nicht wieder zurück in zeitgleich zu veröffentlichen?
ren gemacht. Ich probiere Dinge aus und die Heavy-Metal-Szene will. Ich war froh, als Und ob ich das unglücklich finde! Ich bin
schaue dann, ob sie funktionieren. Es gibt es zu Ende war. echt sauer auf die Plattenfirma. Die Thin-
meines Erachtens keine Gesetze in der Bist du durch die ,One Night In Dub- Lizzy-DVD hätte vor acht Monaten veröf-
Musik, die man befolgen muss oder die man lin‘-Show, das Thin-Lizzy-Tribute-Kon- fentlicht werden müssen und nicht jetzt erst.
mit solchen Experimenten bricht. Mit der zert, das es jetzt auch auf DVD gibt, Der Plan war, sie im August 2005 herauszu-
,Scars‘-Scheibe ging ich zusammen mit Cass nicht soeben in diese Szene zurückge- bringen, also im Jubiläumsjahr von Phil
zurück bis zu Jimi Hendrix und verband diese kehrt? Lynott. Ich bat die Plattenfirma, die DVD

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nicht zur gleichen Zeit wie ,Old, New, Les Paul auf ,Midnight Blues‘, mit der Peter
RECORDING
Ballads, Blues‘ zu veröffentlichen, aber sie
waren taub. Und jetzt stellst du mir ausge-
rechnet diese Frage! Ich hatte leider keine
auch die Originalversion eingespielt hat.
Dazu kamen einige Stratocaster-Slides auf
,Done Somebody Wrong‘ und eine Strat in
FÜR ALLE!
Kontrolle darüber, sonst hätte ich es verhin- ,I’ll Play The Blues For You‘. Manche Leute
dert, allein Phil Lynott zuliebe. Wie dumm glauben, dass in ,Ain’t Nobody‘ ebenfalls
muss man sein, um so etwas zu machen? eine Stratocaster zu hören ist, in Wirklichkeit

.de
Kommen wir zu deiner neuen Scheibe handelt es sich jedoch um meine eigene
zurück: Wie und mit welchen Gitarren Signature Les Paul.
hast du die neuen Songs aufgenom- Überrascht haben mich vor allem die

ng
men? Telecaster-Sounds in ,Cut It Out‘ und
Das Meiste wurde live eingespielt. ,No Reason To Cry‘. Ich hab dich

rdi
In deinem eigenen Studio? mindestens zehn Jahre nicht mehr
Nein, ich besitze kein eigenes. Zum Glück Telecaster spielen sehen.
(lacht)! Ich gehe lieber zur Arbeit, anstatt ein Du hast Recht. Ich vermute, dass es sogar

co
Studio zu besitzen, das ich nur alle paar noch mehr als zehn Jahre waren. Das letzte
Monate benutze und das ansonsten leer Mal spielte ich eine Tele in dem Stück

dre
steht. Für mich ist das nichts. Ich habe zu ,Moving On‘ auf ,Still Got The Blues‘.
Hause lediglich ein Musikzimmer, in dem ich Damals setzte ich die Telecaster für einen
meine Songs komponieren kann, mit einer Slide-Part ein. Es war diesmal übrigens die-

an
analogen 8-Spur-Machine, auf der ich seit selbe Tele wie seinerzeit, ein sehr schönes
1987 meine Ideen festhalte. Nein, ich nahm 1960er Modell.

nd
in London auf und zwar im Sarm-West-Stu- Wie hast du sie für dich wiederent-
dio, wo ich schon mehrfach gearbeitet deckt?

ou
habe. Übrigens diesmal wieder mit Ian Im letzten Jahr hörte ich erstmals seit lan-
Taylor, der schon bei ,Still Got The Blues‘, gem wieder Songs von Roy Buchanan. Ich
,After Hours‘ oder auch ,BBM‘ dabei war. Ich wusste gar nicht mehr, wie großartig ich ihn

w.s
hatte einige Jahre nicht mehr mit ihm gear- früher immer fand. Er ist einfach fabelhaft.
beitet, deswegen war es ein sehr frisches Daraus entstand der kurzzeitige Wunsch, ein
und spannendes Unterfangen. Ian ist ver- komplettes Album nur mit Telecaster-

ww
antwortlich für den guten Sound der Modellen einzuspielen. Doch dann merkte
Scheibe. Das ganze Werk wurde in nur 18 ich, dass das nicht zu mir passen würde. Die
Tagen eingespielt und gemischt, ohne Pro- Les Paul ist nun einmal mein Instrument. Ein
ben. Wir gingen einfach ins Studio, lernten ganzes Album nur mit einer Tele einzuspie-
die Songs und nahmen zwei Nummern pro len wäre sicherlich unpassend für mich
Tag auf. So waren nach nur fünf Tagen zehn gewesen. Also setze ich sie auf dem neuen
Stücke komplett eingespielt. ,My Love‘ bei- Album nur als zusätzlichen Farbklecks ein.
spielsweise, die Otis-Rush-Nummer mit dem Interessant ist vor allem der etwas
langen Solo, war die erste, die wir im Kasten ungewöhnliche Sound der Tele. Klingt
hatten. Deshalb klingt sie so frisch. Wir nah- irgendwie nicht wie durch einen
men sie live auf und machten dann nur den Marshall-Verstärker gespielt!
Gesang neu. Das Solo beispielsweise ist Mann, du hast ja wirklich gute Ohren. Es
komplett live. Nur ein oder zwei Takes und stimmt, ich habe sie mit einem kleinen Plexi-
fertig war es. Amp aufgenommen, der von Denis Cornell
Eine reife Leistung! entwickelt wurde. Das Ding hat 18 Watt und
Ja, aber – hey Mann! Wir reden hier von passt ganz hervorragend zur Telecaster. Ich
Blues, nicht von einem Yes-Album (lacht). war fast soweit, ein ganzes Album in dieser
Don Airey war auch dabei, er war ebenso bei Kombination aufzunehmen, merkte aber
,Still Got The Blues‘ involviert. Quasi das alte schnell, dass es nicht echt klingen würde,
Team, eine erlesene Mannschaft, die all ihre nicht nach Gary Moore.
Erfahrungen einbrachte. ,Gonna Rain Today‘ Stimmt es, dass du die Peter Green Les
haben wir quasi vom Regieraum aus aufge- Paul mittlerweile verkauft hast?
nommen, ich musste ganz dicht ans Mikro- Ja, das stimmt.
phon gehen und fertig war der Song. Wir Weshalb?
spielten die Nummer zwei, drei Mal durch, Eigentlich möchte ich darüber nicht viel
mischten sie und nahmen sie mit aufs sagen. Denn die Sache war ganz anders
Album. Ein wirklich spontanes Werk. geplant, als sie sich jetzt darstellt. Im Grunde
Und eines, das zwar überwiegend mit genommen sollte der jetzige Besitzer sie gar
Les Pauls aufgenommen wurde, aber nicht haben. Aber als er sie dann doch
zu meiner Überraschung auch mit bekam, posaunte er dies sofort übers
anderen Gitarrenmodellen. Internet hinaus. Ich bin darüber ziemlich
Ja, das stimmt. Die meisten Stücke habe ich sauer.
mit meinen beiden 1959er Les Paul-Model- Aber weshalb hast du sie denn über-
len gespielt. Davon war eine die Peter Green haupt verkauft?

gitarre & bass 07.06


Gary
story matthias mineur
fotos eagle vision, virgin

Ich will ganz ehrlich zu dir sein: Sie


wurde dermaßen kostbar, dass ich sie
nirgendwo mehr mit hinnehmen konnte. Ja, sie macht mich sehr betroffen, zumal sie
Und ich möchte keine Gitarre besitzen, auf so tief in mein Privatleben hineinragt und es
der ich nicht spielen kann. Ich will Gitarren sich ja um eine Gitarre handelt, die mir
nicht wie Kunstgegenstände sammeln und natürlich ans Herz gewachsen war. Er ver-
sie dann in einer Bank deponieren müssen. sprach mir, das alles sensibel zu behandeln,
Hinzu kommt, dass ich mir vor zwei Jahren aber konnte es dann nicht abwarten, um
die Hand verletzte und als Folge dessen viele nach Amerika zurückzukehren und übers
Schulden abzahlen musste, weil die Versi- Internet die Geschichte zu verbreiten.
cherung mich im Stich ließ. Dadurch bekam Wenn ich dich ganz zum Schluss dieses
ich riesige Probleme und brauchte dringend Interviews noch auf ein weiteres für
Geld. Das war der zweite Grund. Ich war ein- dich unschönes Thema ansprechen
fach in der Zwickmühle, weil die Versiche- darf: Wie ist eigentlich der aktuelle
rungsgesellschaft mich hängen ließ und Stand der Urheber-Frage von ,Still Got
mich um meinen Versicherungsschutz The Blues‘? Ein deutscher Musiker
downloaden & abrocken!

betrog. Also musste ich alle Schulden der behauptet doch schon seit Jahren,
Tournee bezahlen und brauchte eine Menge dass der Song von ihm stammt und
Geld innerhalb kürzester Zeit. Und es gab von dir geklaut wurde.
kaum eine andere Möglichkeit, so schnell an Ja, eine wirklich üble Geschichte. Dazu zwei-
so viel Geld zu kommen. erlei: Erstens ist seine Behauptung absoluter
Aber noch einmal zurück zur Gitarre selbst: Quatsch. Zweitens: Ich erzähle dir, wie es
Sie ist so wertvoll, dass man sie nicht einmal tatsächlich war, wenn der Prozess zu Ende
halbwegs angemessen versichern könnte, ist. Ich war Mitte April in Deutschland vor
weil einen die Versicherungsprämie Haus Gericht und warte jetzt auf eine Entschei-
und Hof kosten würde. Und wenn man sie dung. Insofern ist es ein schwebendes Ver-
dann nur alle paar Jahre für lediglich einen fahren, zu dem ich zur Zeit nichts sagen
Song spielt und die Gitarre ansonsten nur kann und darf. Ich war in den frühen Siebzi-
herumliegt, kann das nicht im Sinne des gern in Deutschland auf Urlaub und hatte
Erfinders sein. Ich besaß sie seit meinem dabei Kontakt zu einem Musiker, der jetzt
zwanzigsten Lebensjahr, es ist nur eine behauptet, dass ich damals seinen Song
Schande, dass sie nicht in wirklich gute gestohlen und ihn dann sechzehn Jahre
Hände geraten ist. geheim gehalten habe, um ihn 1990, also
Was heißt das konkret? 16 Jahre später, auf ,Still Got The Blues‘ zu
Sagen wir es mal so: Es war mit der Person, veröffentlichen. Welch ein Blödsinn! In Eng-
die sie von mir bekam, anders abgesprochen. land sagt man dazu: Where is a hit there ist
Mir hat man erzählt, dass sie mittlerweile bei a rit, also: wo ein Hit ist, gibt es sofort auch
einem Typen in Amerika ist. Die Absprachen einen Prozess. Wenn du eine erfolgreiche
waren, dass dieses Thema sehr diskret behan- Scheibe hast, gibt es automatisch Trittbrett-
delt werden sollte. Aber schon einen Tag, fahrer, die sich dranhängen wollen.
MIDI-Files mit Karaoke war gestern. nachdem er die Gitarre besaß, wusste es die Wie lange dauert dieser Fall bereits.
ganze Welt. Es war so, als ob ich meine Hosen Er läuft seit fünf Jahren. Und noch ist ein
vor der ganzen Welt herunterlassen musste. Ende nicht abzusehen. Ich wurde in
jam playalongs Es war wirklich dramatisch. Deutschland vor Gericht gezerrt und muss
Klingt nach keinem besonders guten nun warten, was dabei herauskommt. Ich
sind Musik! Geschäftsgebaren. habe vor Gericht die ganze Wahrheit erzählt,
Ich halte ihn für ein verdammtes Arschloch. mehr kann ich momentan nicht machen.
Hol dir exklusiv produzierte, Und weißt du, was er noch gemacht hat? Aber es ist schon ein riesiges Ärgernis, dass
authentische Playalongs Vor ein paar Wochen hat er den Umhänge- man sich mit solchen Dingen herumschla-
angesagter Songs in professioneller gurt der Gitarre für einige hundert Dollar gen muss. Manchmal verliert man die Lust
Studioqualität! Und schon bist du über Ebay verkauft. Der Typ, der den Gurt am Musikmachen, wenn man sich mit sol-
der Drummer, Gitarrist, Bassist, gekauft hat, wurde betrogen, denn wir chem Mist auseinandersetzen muss.
Sänger, Keyboarder. haben vor dem Verkauf der Gitarre den Gurt Gary, ich hoffe, dass du dich von der-
ausgetauscht. Es war überhaupt nicht mein lei Unwägbarkeiten nicht aus der
originaler Gitarrengurt, den der Typ da über Bahn werfen lässt und uns als fabel-
www.sticks.de/playalongs Ebay angeboten hat. Wir haben vor kurzem hafter Gitarrist noch lange erhalten
jam playalongs Ebay darauf hingewiesen und versuchen bleibst. Vielen Dank für deine Offen-
jetzt die Sache zu regeln. Du siehst, die heit.
Jeder Song dein Auftritt. Geschichte ist noch nicht abgeschlossen Danke für das fundierte Interview. Ich sage
(lacht bitter). dir beim nächsten Mal, wie der Prozess aus-
Welch unschöne Geschichte. gegangen ist. Versprochen. ■

9239 07.06 gitarre & bass


LieblingsPlatten
story stefan woldach foto sanctuary archiv

GARY MOORE
M i t T h i n L i z z y h a t e r Ro c k - G e s c h i c h t e
g e s c h r i e b e n , b e i C o l o s s e u m I I u n d G - Fo r c e
G i t a r re n a k ro b a t i k vo rg e f ü h r t , u n d a u c h a l s
Solokünstler hinlänglich bewiesen, dass
er ein gepflegtes Blues-Solo zu spielen
ve r s t e h t . B e i m B l i c k i n d e n P l a t t e n s c h ra n k
d e s k l e i n e n I re n w e rd e n d a n n a u c h s c h n e l l
die Einflüsse auf Sound und Spielweise
deutlich.

Danach kamen die Beatles und ich begann ihre Lieder zu lernen und
zu lieben. Sie hatten ein tolles Chord-Strumming und tolle Melodi-
en – was mehr braucht ein Song? Bei den Beatles fand ich alles, was
ich lernen wollte. Besonders George Harrison gefiel mir, so wie er im
Kontext eines Songs spielte. Das war einmalig! Er zeigte eine völlig
neue Denkweise, und das war genial. Nimm nur sein Solo in ,Hard
Days Night‘ (1964): Das war für jene Zeit unglaublich schnell ge-
spielt! Viele Gitarristen staunten nur! Oder nimm den ausklingenden
Akkord am Anfang des Songs! Das war alles total innovativ. Er hat da-
mals diese 12saitige Rickenbacker gespielt, wirklich faszinierend. Er
war mein nächster Gitarrenheld.
Dann kamen die Yardbirds, mit Songs wie ,Shapes Of Things‘ und
,Mr. You Are A Better Man Than I‘ (vom Album ,Having A Rave Up‘,
1965) bei denen ich Jeff Beck liebte. Auch er war unglaublich krea-
tiv, mit seinen langen Feedback-Noten, oder wie er in ,Evil Hearted
„Ich habe gerade neulich wieder darüber nachgedacht, welches mei- You‘ seine Gitarre wie eine Sitar klingen ließ. Ich habe ihn leider nie
ne wichtigsten Alben aller Zeiten wären“, erzählt Moore. „Das be- live mit den Yardbirds gesehen, weil ich zu jung war und weil sie nie
ginnt bei den Shadows. Mit der LP ,Out Of The Shadows‘ (1962) hat nach Belfast kamen. Ich mochte sie und all ihre seltsamen Sounds
für mich alles begonnen. Ihr Gitarrist Hank Marvin war mein erster und ihren Vibe. Alle Gitarristen bei uns in Belfast haben damals ver-
Held. Der erste Song, den ich von den Shadows lernte, war sucht so zu spielen wie sie.
,Wonderful Land‘. Damals bekam ich gerade meine erste Gitarre, saß Unmittelbar darauf folgte ein weiterer Meilenstein für mich: Das war
bei uns im Garten und versuchte die Gitarre zu stimmen, um ir- ,John Mayall & The Bluesbreakers‘ mit Eric Clapton (1966). Ein Wahn-
gendwie dieses Lied zu spielen. Eigentlich zupfte ich nur auf einer sinns-Album! Das war ein weiterer wichtiger Punkt für alle Gitarristen
Saite herum. (lacht) Ich ging zu dem Typ, der mir die Gitarre verkauft meiner Generation. Ich erinnere mich noch, wie ich das Album bei
hatte und bat ihn mir zu zeigen, wie man sie stimmt. So fing es an! einem Freund hörte. Ich lag bei ihm auf dem Teppich, als ,All Your
Ich lernte dann so ziemlich alle Songs von Hank Marvin. Und ich lieb- Love‘ abging. Dieser Song hat mein Leben verändert. Die Gitarre
te den Sound seiner Stratocaster, obwohl ich damals nicht mal wus- klang so gespenstig, mit diesem Echo- und Reverb-Sound, so groß,
ste, was für eine Gitarre er da spielte. Aber ich mochte diesen Echo- mächtig und intensiv, es war unglaublich. Eric spielte sich bei jedem
Effekt, das war für mich wie ein Sound von einem anderen Planeten. Song den Arsch ab und zeigte der Welt da draußen, was er kann. In

8458 12.04 gitarre & bass


meine
Live
-Termine
und
Songs
stelle ich
hier online
dem einen Jahr, von den Yardbirds zu den Bluesbreakers, musste er
die ganze Zeit geübt haben, bis ihm die Finger bluteten. Er hat mir
später erzählt, dass er bei John Mayall oft Blues-Platten gehört hat-
te. Aber was er daraus gemacht hat, war unglaublich. Dabei war er
noch so jung! Sein Spiel war rau, emotional und wundervoll. Es gibt
kein besseres Album mit ihm. Alles, was ich am Gitarrespielen liebe,
findet man auf dieser Platte.
Und dann folgte Cream (mit Eric Clapton, Jack Bruce und Ginger
Baker). Ich habe sie in Belfast live gesehen, gerade als ,Fresh Cream‘
(1966) herauskam. Eric spielte damals eine Les Paul über ein
Marshall-Stack. Cream waren eine wirklich tolle Einheit, ein Trio im
wahrsten Sinne. Die Band war mehr als die Summe der einzelnen Mu-
siker. Ich konnte es nicht glauben wie gut sie waren. Ich erinnere
mich noch gut, wie enttäuscht ich war, weil ich früher gehen musste,
um den letzten Bus nach Hause zu bekommen. Ich habe sie ein Jahr
später noch einmal gesehen. Da herrschte allerdings schon ein ge-
reiztes Klima in der Band. Eric ging’s zu der Zeit leider gar nicht gut.
Ich weiß nicht, was er genommen oder getrunken hatte. Jedenfalls
spielte er viel zu laut, konnte sich bei der Ansage nicht erinnern, in
welcher Stadt er gerade spielte und fiel am Ende in seinen Marshall-
Turm. Es war traurig.
Und noch eine Band war absolut großartig: The Who. Ich habe sie Your Music
zu der Zeit von ,Magic Bus‘ (1968) in einem kleinen Ort namens
Lisbune nahe Belfast gesehen. Sie spielten in einem Club namens The Webradio
Top Hat Ballroom. Ich kam zu spät zur Show und es regnete in Strö-
men. Ich hörte von draußen, wie sie ,The Kids Are Alright‘ spielten –
und es war niemand auf der Straße. Alles war wie leer gefegt. Der
ganze Ort war in diesem Laden, um die Band zu sehen. Ich bezahlte
CD-Tipps
10 Shilling Eintritt und sah Pete Townshend, wie er seine Wind- Interviews
mühlenflügel-Show abzog. Die Band war wild und extrem laut. Nach Schwarzes Brett
einem Konzert von The Who hast du danach förmlich gezittert, so- TV-Tipps
viel Adrenalin hattest du im Blut. Für mich waren sie die erste Punk-
Band. Mehr Energie haben die Sex Pistols später auch nicht drauf- Terminkalender
gehabt.
Danach kam dann Jimi Hendrix. Ich habe ihn das erste Mal in einer
TV-Show namens ,Ready, Steady, Go!‘ gesehen. Er spielte Playback
,Hey Joe‘ vom Album ,Are You Experienced‘ (1967) und ich dachte
zuerst: Hey, ein cooler R&B-Sänger! Aber dann spielte er all diese Gi-
tarren-Parts, nahm die Strat vors Gesicht und spielte mit den Zäh-
nen. Trotz Playback zeigte er uns, dass er es könnte, wenn er nur woll-
te. Und wir alle wussten sofort: Oh, oh – there‘s somebody new on
the scene!“ ■

gitarre & bass 12.04


deine Möglichkeiten - dein Portal
Lieblings gary moore &
Gitarren:
seine les paul standard

E i n e M e n g e u n t e r s c h i e d l i c h e r G i t a r re n h a t d e r k l e i n e I re i n

s e i n e r l a n g e n Ka r r i e re g e s p i e l t – J a c k s o n , C h a r ve l , H a m e r,

Fe n d e r, G i b s o n . A b e r w e n n e r e h r l i c h i s t , h ä n g t s e i n H e r z n u r

a n e i n e m I n s t r u m e n t : A n s e i n e r 1 9 5 9 e r Le s Pa u l St a n d a rd .

G e n a u , d i e G i t a r re , d i e e r vo n Pe t e r G re e n g e s c h e n k t b e k a m .

We r d i e s e G e s c h i c h t e n o c h n i c h t k e n n t , b e k o m m t s i e h i e r

vo n G a r y M o o re e r z ä h l t .

Sounds geht. Danach gründete Peter


Green Fleetwood Mac. Ich liebte ihr
erstes Album (,Peter Green’s Fleet-
wood Mac‘, 1968) mit Songs wie ,My
Heart Beat Like A Hammer‘ und ,I’ve
Loved Another Woman‘. Ich habe
Peter damals live gesehen und war so-
fort in seinen Sound vernarrt. Er spiel-
te eine Gibson Les Paul Standard und
hatte nur mit etwas Reverb einen ganz wenn er das wolle. Ich habe Peter später im-
außergewöhnlichen, wundervollen mer wieder mal getroffen, aber er hatte nie
Ton. Und er hatte beim Spielen diese ein Interesse sie wieder haben zu wollen. Es
Aura, als ob er die ganze Zeit von ei- war ihm nur wichtig, zu wissen, dass die Gi-
nem Lichtschein umgeben sei, so ma- tarre jemand besitzt, der sie zu schätzen
gisch war sein Spiel! weiß. Ich habe sie dann bei Colosseum II ge-
Sein Ton wurde zu einem großen Ein- spielt, bei Thin Lizzy und auf meinen Solo-
fluss für mich. Und dann, als ich 20 Alben wie ,Back On The Streets‘ (1979). Es
war, begegneten wir uns in einem ist wirklich eine wundervolle Gitarre.
Club. Ich erzählte ihm, wie toll ich sei- Ich habe inzwischen noch eine weitere ’59er
nen Sound fand und er bot mir an sei- Les Paul, die ich in den späten Achtzigern
ne Gitarre auszuborgen. Er merkte, gekauft habe. Die Gitarre habe ich erst mal
dass dies meine Traumgitarre war. Wir drei Jahre im Koffer liegen lassen, weil sie für
trafen uns also am nächsten Tag im den Heavy-Rock, den ich damals spielte, ein-
story stefan woldach fotos edel archiv

Haus seiner Mutter und er gab mir sei- fach nicht geeignet war. Zu der Zeit spielte
„Es gab damals, als ich ein Teenager war, ne Les Paul. Eine Woche später fragte er ich Charvel, Jackson und Fender. Als ich
nur eine Hand voll Gitarristen, die wirklich mich, ob sie mir gefalle. ,Natürlich‘, ant- dann aber ,Still Got The Blues‘ (1990) plan-
außergewöhnlich waren“, erinnert sich Gary wortete ich. ,Das ist die beste Gitarre der te, habe ich sie mal rausgeholt. Der Titel-
Moore im Interview. „Jeff Beck und Eric Welt! So eine hätte ich auch gerne!‘ Nur Song war dann der erste Track, den ich auf
Clapton, Pete Townshend und Peter Green, konnte ich mir so eine Gibson natürlich ihr gespielt habe. Ich dachte nur: ,Diese Gi-
zum Beispiel. Es war nicht wie heute, wo es nicht leisten. Da bot mit Peter folgenden tarre ist so wundervoll, warum, verdammt
Hunderte von exzellenten Gitarristen gibt, Deal an. Er meinte: ,Okay – verkauf‘ deine noch mal, habe ich sie nicht gespielt?‘
die alle Platten veröffentlichen. Gitarre und was immer du dafür bekommst, Seit dem spiele ich fast nur noch diese bei-
Als junger Musiker hast du dich damals am gibst du mir. Im Gegenzug kannst du meine den Gitarren. Ich liebe sie. Ihre Serienum-
Stil und Sound dieser Gitarristen orientiert Gitarre behalten.‘ Geld bedeutete ihm mern sind auch nicht weit voneinander ent-
und hattest damit – bis heute eigentlich – ei- nichts. Ich verkaufte also meine Gitarre für fernt. Das heißt, sie sind höchstens ein paar
ne tolle Basis, um deinen eigenen Weg zu 110 britische Pfund. Die gab ich Peter. Das Wochen nacheinander gebaut worden. Und
finden. Als Peter Green zu John Mayall in die war lächerlich, im Vergleich dazu, was die trotzdem fühlen sie sich ganz unterschied-
Band kam, nahmen sie das Album ,A Hard Gitarre damals schon wert war. Ganz zu lich an. Jede Gitarre klingt auch anders, eben
Road‘ (1967) auf. Bis heute eines meiner schweigen vom heutigen Wert! Ich bot ihm einmalig. Aber das ist es ja, was Leute wie
Lieblings-Alben, wenn es um Gitarren- an, dass er sie jederzeit zurück haben könne, ich an ihnen so schätzen.“ ■

gitarre & bass 07.04 68185


1
THE
GARY
Von Drum & Bass zu Hendrix

MOORE G a r y M o o re h a t e s s i c h i n s e i n e m

TRIO m u s i k a l i s c h e n Le b e n n u r s e h r s e l t e n

e i n f a c h g e m a c h t . Ko m m e r z i e l l e

Gesichtspunkte spielten für ihn

n i e m a l s e i n e ü b e rg e o rd n e t e Ro l l e .

E r s t i e g b e i T h i n L i z z y e i n u n d ve r l i e ß

d i e i r i s c h e Ku l t - B a n d t ro t z g ra n d i o s e r

Re s o n a n z e n w i e d e r, e r m a c h t e a l s

S o l o k ü n s t l e r m i t H a rd ro c k - A l b e n w i e

, Ru n Fo r C ove r ‘ ( i n k l . d e r S m a s h - H i t s

,Out In The Fields‘ und ,Empty

Ro o m s ‘ ) , , Wi l d Fro n t i e r s ‘ ( u n ve rg e s -

s e n : , O ve r T h e H i l l s A n d Fa r A w a y ‘ )

u n d , A f t e r T h e Wa r ‘ g l ä n z e n d e E r f o l g e

u n d ve r l i e ß d i e S z e n e d e n n o c h

w i e d e r, a l s s i e i h n z u l a n g w e i l e n

begann. Ungeachtet eines Millionen-

erfolges mit seinem Blues-Debüt

, St i l l G o t T h e B l u e s ‘ m u s s t e e r l a n g e

kämpfen, um die Anerkennung seiner

Idole B.B. King, Albert King oder

Pe t e r G re e n z u b e k o m m e n . A u c h d e m

B l u e s k e h r t e e r z w i s c h e n z e i t l i c h w i e d e r d e n R ü c k e n u n d ve r s u c h t e s i c h a u f

, A D i f f e re n t B e a t ‘ a l s M i t t l e r z w i s c h e n m o d e r n e n R h y t h m e n u n d a r c h a i s c h e n

Ro c k - G i t a r re n k l ä n g e n . D i e s e r Ve r s u c h s c h e i t e r t e , s ow o h l m u s i k a l i s c h w i e a u c h

k o m m e r z i e l l . J e t z t w a g t M o o re e i n e n w e i t e re n ü b e r ra s c h e n d e n N e u a n f a n g m i t

f ü r i h n u n g e w o h n t e n s t i l i s t i s c h e n D i re k t i ve n .

4234 09.02 gitarre & bass


Gemeinsam mit Ex-Primal-Scream-Schlag- Gary Moore, einem der besten Gitarristen seinem Bereich ganz eigenständig ist. Inso-
zeuger Darrin Mooney und dem früheren überhaupt, in den Proberaum. Ich sagte zu fern war Cass natürlich ideal für uns.
Skunk-Anansie-Bassisten Cass Lewis hat Gary Gary: „Bitte schicke mir ein paar Songs, da- G&B: Auch weil er einen ganz eigenen
Moore ein Trio gegründet, das auf seinem mit ich mich vorbereiten kann.“ Er ließ mir Sound spielt.
ersten Album ,Scars‘ auf den Spuren von Jimi eine CD mit zehn bis zwölf Stücken zukom- Moore: Genau (lacht). Er rückte mit einem
Hendrix wandelt. Dass Moore momentan men. ganzen Arsenal an Fußpedalen an und spiel-
zufrieden wie lange nicht mehr ist, konnten G&B: Welche Songs hast du dir vorher te mit einer Menge abgefahrener Sounds.
wir bei einem Gespräch in Hamburg sehen, draufgeschafft? Lewis: Dabei war ich beim ersten Mal ja
als er sich in Gemeinschaft mit Bass-Mann Lewis: Hmh, lass mich überlegen. Es waren noch vorsichtig. Für meine Verhältnisse ha-
Lewis unerwartet fröhlich und selbstironisch ,Pretty Woman‘, ,Still Got The Blues‘, ,Fire‘, be ich mich ja noch ziemlich zurückgehal-
zeigte und gleichzeitig genaue Auskunft ,Walking By Myself‘, ,Cold Black Night‘ und ten, hahaha!
über seine Sichtweise der Dinge gab. Auch einige andere. Gary sagte: „Ler-
Lewis erwies sich als temperamentvoller und ne ein paar der Stücke, den Rest
kurzweiliger Gesprächspartner, der unüber- des Tages werden wir dann eh
sehbar stolz ist, nun zur Band von Moore zu jammen.“ Aber ich lernte natür-
gehören. Vorhang auf für ein Interview, bei lich jede einzelne Note und be-
dem Gary Moore vermutlich so viel gelacht reitete mich sorgfältig vor, zu-
hat wie in den gesamten vergangenen zehn mal es einen Heidenspaß mach-
Jahren nicht. te, das Material einzustudieren.
Außerdem musste ich mich erst
G&B: Gary, wie kam die aktuelle Trio-Beset- wieder ans Bass-Spielen gewöh-
zung zustande? nen. Als ich dann im Proberaum
Moore: Nach der letzten Tour unterhielt ich mit Gary und Darrin stand, war
mich mit meinem Schlagzeuger Darrin es, als ob wir seit Jahren zusam-
Mooney über die Möglichkeiten, ein Trio im men Musik machen.
klassischen Stil zu gründen. Ich fragte ihn, Moore: Stimmt, die Vibes
ob er einen guten Bassisten kennt. Darrin stimmten vom ersten Augen- Gary Moore und Cass Lewis
hatte als Drummer von Primal Scream eini- blick an. Es war sofort eine rich-
ge Shows zusammen mit Skunk Anansie ge- tige Band. G&B: Hattest du Zukunftspläne, nachdem
spielt, und Cass war ihm dabei aufgefallen: G&B: Cass, warst du nervös? ihr Skunk Anansie aufgelöst hattet?
Darrin meinte, dass Cass einer der besten Lewis: Na und ob. Ich meine: Immerhin ist Lewis: Nein, um ganz ehrlich zu sein. Ich
Bassisten sei, die er jemals gesehen habe. Ich es Gary Moore! brauchte eine Pause. Ich war seit fünfzehn
wusste damals zwar, dass sich Skunk Anansie Moore: Ich war ebenfalls sehr nervös, denn Jahren auf Tour und wollte unbedingt eine
aufgelöst hatten, kannte ihn aber nicht per- ich wusste ja gar nicht, auf was ich mich da Auszeit nehmen. Ich machte Photos, malte
sönlich. Also kümmerte sich unser Manager einlasse. Außerdem bin ich ja eher ein ein wenig und erholte mich. Das Interessan-
darum, einen Kontakt herzustellen. Ich tele- schüchterner Typ. Leute, die mich kennen, te daran: Nach einem Jahr, gerade als ich an-
fonierte einige Male mit Cass, wir stellten wissen, dass ich nicht so schnell mit Frem- fing, mir Gedanken über meine Zukunft zu
fest, dass wir ganz ähnliche musikalische den warm werde. Aber am Ende der Session machen, also gerade als ich das Gefühl hat-
Vorlieben haben, dass er z. B. ebenfalls auf war ich total zufrieden und mir klar darüber, te, ich könnte mal wieder Musik machen,
Thin Lizzy steht. Es gab eine Menge Ge- dass dies die perfekte Konstellation ist. rief mich Gary an. Welch ein glücklicher Zu-
meinsamkeiten. Also trafen wir uns in unse- Lewis: Ich wusste, dass nach mir noch an- fall. Meine Mutter sagte erst neulich zu mir:
rem Proberaum und jammten. Die Idee war, dere Bassisten vorspielen würden, aber ich Gott lächelt dir immer zu! (lacht) Dies Ge-
ein Trio nach Art von Hendrix‘ „Band Of hatte ein sehr gutes Gefühl. Ich fuhr nach fühl habe ich tatsächlich.
Gypsys“ zusammenzustellen, nur mit einem Hause, meine Freundin fragte mich: „Und? G&B: Gary, du hast Metal gespielt und der
etwas moderneren Anstrich. Die Proben ver- Wie ist es gelaufen?“ Ich antwortete: „Gut, Szene den Rücken gekehrt, bist als Blues-
liefen sehr verheißungsvoll, außerdem konn- sehr gut sogar. Ich glaube, ich habe den Musiker durch unterschiedlich erfolgreiche
ten wir bei einem Benefizkonzert im Januar Job.“ und akzeptierte Phase gegangen, hast mit ,A
in der Londoner Royal Albert Hall testen, ob Moore: Ich wusste sofort, dass Cass der Different Beat‘ nach der Blues-Ära völlig
es auch auf der Bühne funktioniert. Es war Richtige ist. Wir hätten uns die anderen Kan- neue Schritte gewagt und tauchst jetzt
eine tolle Erfahrung und zeigte, dass wir gut didaten gar nicht mehr anschauen müssen. plötzlich mit einem ganz unerwarteten
zusammenpassen. G&B: War es für dich wichtig, einen Bassis- Sound auf. Ein Neuanfang?
G&B: Cass, warst du überrascht, als du einen ten mit einem anderen Background als aus Moore: Ja, könnte man so sagen. Es ist für
Anruf von Gary Moore bekamst? dem traditionellen Blues zu finden? Oder mich ein völlig neuer Ansatz, auch wenn ich
Lewis: Ja natürlich. Ich war total verblüfft, hättest du eigentlich jemanden bevorzugt, schon ganz früher Rock-Musik mit ähnlichen
aber in einer uneingeschränkt positiven Wei- der aus der gleichen Schule wie du kommst? Attitüden gemacht habe. Aber dies hier ist
se. Ich hatte seit etwa einem Jahr, seit dem Moore: Nein, denn ich wollte ja etwas Neu- neu, frisch, sehr inspirierend und hat der-
Ende von Skunk Anansie, nicht mehr Bass es anfangen. Wenn man in einer Dreierkons- maßen viele Facetten, dass man immer wie-
gespielt und plötzlich fragte mich Gary, ob tellation spielt, ist es besonders wichtig, dass der etwas Neues entdeckt. Es gibt die Hen-
ich zu einer Jam-Session in seinen Probe- jeder eine eigene starke Persönlichkeit hat. drix-Attitüden, den Blues-Background, die
raum kommen könnte. Ich sagte: „Ja, natür- Wenn du zu viert spielst, mit Keyboards und Drum & Bass-Elemente, es gibt langsame
lich kann ich das, ich freue mich schon so weiter, kommt es mehr auf die Arrange- Balladen, die Soul in sich tragen, aber es sind
drauf.“ Aber im Hinterkopf hatte ich natür- ments, auf die Song-Strukturen an. Aber als immer unüberhörbar wir drei. Hör dir ,Ball
lich: Oh, ich habe seit einem Jahr nicht mehr Trio, als Band, die viel jammt und viele & Chain‘ an, der Song ist so typisch für uns.
Bass gespielt und jetzt soll ich gleich mit Freiräume lässt, ist es wichtig, dass jeder in Alles, was wir ausdrücken wollen, findet sich

gitarre & bass 09.02 4443


THE

GARY
MOORE Moore: Nein, etwa die Hälfte hatte ich
schon geschrieben, die andere Hälfte ent-
musgitarren live mit uns ein und nahm an-
schließend noch einige wenige Overdubs

TRIO stand im Studio. Wir hatten lediglich einen


Monat Zeit, aber es flutschte nur so.
vor. Chris Tsangarides, der eine lange ge-
meinsame Geschichte mit Gary hat, wusste
G&B: Wenn ich mich richtig erinnere, hast immer genau, was zu tun war. Überhaupt
du seit den Achtzigern, seit der Zusammen- war es urkomisch, wie Chris und Gary mit-
arbeit mit Neil Carter, nicht mehr mit ande- einander kommunizieren. Es ist wie Pat &
ren Musikern komponiert. Patachon, das reinste Comedy.
Moore: Du hast ein wirklich gutes Ge- G&B: Kannst du beschreiben, welches die
dächtnis! Das letzte Mal war zu Zeiten von wichtigsten Versatzstücke deiner Metal- bzw.
,Empty Rooms‘ und ,After The War‘. Du deiner Blues-Ära waren, die nun auf ,Scars‘
weißt ja, dass ich nicht unbedingt der of- zusammenfließen. Welche Elemente haben
fenste und kommunikativste Mensch bin. überlebt?
G&B: Hast du all die Jahre nach jemandem Moore: Eine sehr gute Frage! Um mit der
Passenden gesucht? Blues-Ära anzufangen, denn hier ist die Ant-
Moore: Nun, ich war halt immer auf mich wort besonders leicht: Meine ganze Einstel-
allein gestellt, mit Ausnahme von der Zu- lung zur Musik und zu meiner Gitarre, mei-
sammenarbeit mit Jack Bruce. Vorne ich, ne Anschlagtechnik, mein Sound sind sehr
hinten die Band. So habe ich gearbeitet, und vom Blues geprägt. Zwar kommt dieser
es hat ja auch funktioniert. Sogar BBM (Bru- Hendrix-Effekt hinzu, etwas, das die Leute
ce, Baker, Moore) war keine richtige Band, bisher bei mir nicht erwartet hatten, aber
sondern eher mein Projekt. auch der ist nicht allzu weit von meinen
G&B: Ursprünglich war die BBM-Scheibe Wurzeln entfernt. Meine Metal-Ära ist dage-
doch auch als dein Soloalbum geplant, gen eher unbedeutend für das, was wir jetzt
oder? machen. Vielleicht erinnert das Riff von ,Rec-
Moore: Ganz genau. Es wurde erst später zu tify‘ an alte Spielweisen, aber sonst?
einem Trio umfunktioniert, aber eigentlich G&B: Cass, hast du etwas ganz Spezielles
war es ebenfalls Gary Moore plus Band. Ich von Gary gelernt?
habe ehrlich gesagt lange auf eine Situation Lewis: Ich lerne jeden Tag, jede Minute,
in diesem Stück wieder. Vieles ist neu für gewartet, wie sie sich nun darstellt: Mit Leu- und deshalb besonders auch von Gary. Kon-
mich, aber ich denke, dass Leute, die sich ten in einem Raum zu sitzen und einfach zu kret? Hm, vielleicht, wie man auf der Bühne
mit meiner Karriere auskennen, eine Menge jammen, um zu schauen, was dabei heraus- besser auf seiner Seite bleibt, da man sich
Typisches wiederentdecken. Es gab in der kommt. Glück? Zufall? Es war wohl einfach sonst nicht mehr hört. (lacht) Ich meine:
Vergangenheit ja Kritiker, die bemängelten, der richtige Zeitpunkt, um es passieren zu Gary spielt irrsinnig laut, aber mir ist es egal.
dass die Gitarre bei mir immer unbedeuten- lassen. Ich bin sehr glücklich damit. (lacht laut los)
der würde. Hör dir das neue Album an, dann G&B: Das hört man der Scheibe an, die sehr Moore: Cass spielt ohrenbetäubend laut,
verstehst du, wie wichtig die Gitarre für lebendig und frisch klingt. Wie habt ihr das aber mir ist es egal. (brüllendes Gelächter
mich noch immer ist. Album produziert, wie diese lebendige At- der beiden)
G&B: Allerdings ist dieses Hendrix-Feeling mosphäre konservieren können? Lewis: Wir beide machen einen Höl-
relativ neu für dich, oder? Lewis: Ich war es gewohnt, als Rhythmus- lenalarm. Das verhindert, dass man sich all-
Moore: Ja, könnte man so sagen. Ich sprach sektion so zu arbeiten. Ich mag es nicht, auf zu weit auf die andere Seite traut ... Ich ha-
mit Cass oft darüber, welchen Weg diese komplett fertige Drum-Tracks zu spielen. Ich be eine Menge über den Blues erfahren. Ich
Band verfolgt und wir waren uns einig, dass habe schon immer meine Parts zusammen hatte ihn vorher noch nie gespielt und konn-
Hendrix ein Orientierungspunkt ist. Ich merk- mit dem Schlagzeuger eingespielt, und Gary te von Gary viel lernen. Über Walking-Bass-
te schon auf der letzten Tour, dass ich wieder ist nun wirklich das Paradebeispiel, dass dies lines, über Groove. Diese Sachen passen per-
mehr Stratocaster spielen wollte, was ich jah- auch mit einer zusätzlichen Gitarre funktio- fekt zu meinem Bass-Spiel, denn ich bin sehr
relang nicht getan hatte. Das war für mich niert. Es passierte zum Beispiel, dass wir den Groove-orientiert, ebenso wie Gary. Es ist die
ein Wendepunkt. Ich experimentierte sowohl Song ,Ball & Chain‘ in einem kleinen De- perfekte Kombination mit ihm. Ich lerne je-
mit cleanen Sounds als auch mit richtig ag- mostudio, in das uns unser Produzent Chris den Tag etwas Neues. Was es konkret auf
gressiven Gitarrenklängen. Ein anderer wich- Tsangarides einige Mikro gebracht hatte, diesem Album war? Hm, keine Ahnung, es
tiger Einfluss waren all diese Nu-Rock-Bands, um die Session fürs Gedächtnis festzuhalten, ging alles so schnell, ich muss erst einmal
die Fuzz-Gitarren und all dieses Zeugs für sich einprobten und später, als wir im Studio den Abstand gewinnen.
entdeckt haben, verbunden mit den Grunge- Song noch einmal aufnehmen wollten, fest- G&B: Gary, ist Groove für dich seit der
Vorgaben. ,Stand Up‘ ist dafür ein gutes Bei- stellten, wir gut die Demoversion klang. Al- ,A Different Beat‘-Ära wichtiger geworden?
spiel. Das originale Riff kam von Cass. Er spiel- so schenkten wir uns eine weitere Studio- Moore: Ja sicherlich, Groove ist ganz allge-
te es auf dem Bass und ich übernahm es auf aufnahme, sondern nahmen die Demoversi- mein in der Musik wichtiger geworden. ,A
der Gitarre. Wir jammten damit herum, aus on fürs Album. Sie war allerdings mehr als Different Beat‘ war ja in kommerzieller Hin-
dem Bass-Riff wurde ein Gitarren-Riff, ein an- fünfzehn Minuten lang und musste etwas sicht kein erfolgreiches Album. Aber es war
deres Bass-Riff kam hinzu und so entstand ein gekürzt werden. wichtig für mich. Ich fragte mich all die Jah-
aufregender Song. Es ist eine interessante Mi- Moore: Das ging uns ja fast mit jedem Song re, warum es im Drum & Bass keine Gitarren
schung, alte Sounds mit neuen Einflüssen zu so. Zu lang waren sie nahezu alle (lacht laut gibt? Nachher wusste ich es dann – hahaha-
verbinden. los). ha! Ja, so entstand ein Album, das manch-
G&B: Entstand das gesamte Material in der Lewis: So oder ähnlich haben wir eigentlich mal funktionierte, manchmal aber eben
neuen Band-Konstellation? immer gearbeitet. Gary spielte die Rhyth- überhaupt nicht. Bei House-Sachen war es

4454 09.02 gitarre & bass


einfacher, bei so manch anderen Grooves Dynamik, die sich durch die Stücke zieht. G&B: Du selbst hattest diesbezüglich auch
schier unmöglich. Ich hätte damals einen Manchmal geht’s halt nicht nur um den nicht immer das richtige Rhythmusgefühl,
guten Schlagzeuger und einen guten Bassis- Groove, sondern vielleicht um den Text oder oder?
ten gebraucht, mit denen man Dinge hätte die Melodie oder aber um die Gitarre. Es än- Moore: Nein sicherlich nicht. Es gab zwar
ausprobieren können. Vielleicht wären dann dert sich von Song zu Song. Alles ist wich- Leute aus der Szene, die mich für das Album
einige Tracks besser geraten, als das, was ich tig. Wenn man sich nur auf den Groove kon- gelobt haben, weil ich trotz der Gitarre den
zu Drum-Loops gespielt hatte. Das konnte zentriert, verliert der Song seinen Ausdruck. Songs Freiheiten gelassen habe. Aber ich
teilweise nicht funktionieren. Grooves sind G&B: Gary, hat sich dadurch dein Gitarren- muss zugeben, dass manche Dinge nicht au-
insgesamt viel wichtiger als früher. In den spiel geändert? tomatisch aus dem Bauch herauskamen. So
Sechzigern war alles auf Gesang und Melo- Moore: Er verändert sich immer ein wenig, mancher Groove war nicht mein Ding. Die
dien abgestimmt, Gitarrensoli gab es quasi ohne aber grundsätzlich neue Ansätze zu bil- Big-Beat-Dinge fielen mir leichter, denn sie
noch gar nicht. Dann kamen Clapton und den. Ich arbeitete mit Jack Bruce und mus- sind dem Rock-Feeling eher verwandt.
Hendrix und die Gitarren wurden wichtiger. ste mein Spiel forcieren, weil es sein Bass G&B: Warst du enttäuscht?
Heutzutage ist alles eine einzige große Mix- vorgab. Ich galt als Blues-Gitarrist und die Moore: Na ja, es war wohl etwas naiv zu
tur unterschiedlicher Stile. Metal vermischt Leute dachten damals vermutlich: Weshalb glauben, dass man auf der Scheibe mit
sich mit HipHop, Aerosmith spielen mit Run macht dieser verdammt Blues-Arsch so’n Loops und Studio-Technologie einen sehr
DMC (,Walk This Way‘) usw. Ich finde das Alarm? (lacht laut) Ich dachte darüber nach speziellen Sound erzeugt, der sich dann an-
sehr gut, es macht die Sache interessanter, und wurde dadurch bewusster bei dem, was schließend problemlos auf die Live-Situation
als wenn der Schlagzeuger nur dafür da wä- ich spiele. Vielleicht ist dies der ganz große umsetzen lässt. Das musste ich lernen. Aber
re, im timing zu bleiben. Alte Sachen wer- Unterschied zu früher. Ich weiß was ich tue genau dies ist ja das Spannende an all die-
den mit neuen vermischt, moderne Bands und warum ich etwas spiele. Auch ,A Diffe- sen Versuchen, andere Welten zu erforschen.
können unterschiedliche Stile spielen, ver- rent Beat‘ war diesbezüglich eine wichtige Man lernt, man macht Abstriche und kommt
mischen Metal mit Drum & Bass und Hip- Lektion, weil man zu bestimmten Drum- zu überraschenden Resultaten. Manches
Hop. Die Zukunft von Musik liegt in dem Hy- Loops nicht einfach blind drauf los spielen macht Spaß, manches frustriert einen, aber
brid unterschiedlicher Stile. Ich finde das konnte sondern sich genau überlegen mus- es ist niemals langweilig! ■
sehr spannend. ste, was man auf welche Art dazu spielen
Lewis: Dennoch ist die Atmosphäre von kann. Ich finde es nicht schlimm, dass ,A Dif-
Musik noch immer sehr wichtig. Ich denke, ferent Beat‘ nicht so richtig funktionierte. Es story matthias mineur
genau diese Kombination findet man auf un- ist wichtig für mich, Dinge auszuprobieren, fotos sanctuary archiv mineur
serem neuen Album. Plus ein großes Maß an um mich weiterzuentwickeln.
GARY B L U E S
Z U M
Z U R Ü C K

MOORE
D a f l i r t e t e d e r f l i n k e I re z u l e t z t h e f t i g m i t d e m Ze i t g e i s t , g a b s i c h n a c h w e r t k o n s e r va -

t i ve n B l u e s - We r k e n u n d a n a c h ro n i s t i s c h e n Ro c k - P ro j e k t e n w i e B B M u n d C o l o s s e u m I I

p l ö t z l i c h r i c h t i g h i p : M i t g re l l g r ü n e m F l e e c e - J ä c k c h e n u n d s m a r t e r S k a t e r- B r i l l e o u t e t e

s i c h d e r M e i s t e rg i t a r r i s t p l ö t z l i c h a l s A u s k e n n e r u n d Fa n d e r Lo n d o n e r D r u m N ’ B a s s

S c e n e u n d k o k e t t i e r t e m i t Ko n t a k t e n z u d e n D a n c e f l o o r-

H e ro e n vo n U n d e r w o r l d . Z u g l e i c h a t t e s t i e r t e M r. M o o re d e m

Ro c k d i e St e r b e u r k u n d e u n d e r h o b C l u b - Ku l t u r u n d D a n c e -

f l o o r z u w i c h t i g s t e n I m p u l s g e b e r n f ü r z u k ü n f t i g e Tre n d s & S o u n d s . D a s d e m o n s t r i e r t e

e r d a n n a u c h g l e i c h s t o l z a u f , D a r k D a y s I n Pa ra d i s e ‘ . K l e i n e r We r m u t s t ro p f e n : D a s

A l b u m w u rd e e i n v ö l l i g e r F l o p. We n n d a s k e i n G r u n d i s t , d e n B l u e s z u b e k o m m e n . . .

7677 04.01 gitarre & bass


Kleiner Trost: Auch die Londoner Drum-N’- ich habe zu viele Noten gespielt und dazu
Bass-Szene entwickelte sich eher zu einem auch noch wie ein Rock-Gitarrist geklungen.
interessanten Phänomen, als zu einem Style Und zu guter Letzt glaube ich, heute meinen
mit Massenakzeptanz. Was der mutige Mr. Sound gefunden zu haben. Ich bin, gerade
Moore den Turntable-Akrobaten im Hier & was das betrifft, heute viel zufriedener.
Jetzt voraus hat, sind sein Erfahrungsschatz G&B: Also: Was glaubst du, gibt Gary Moore
und eine treue, wenn auch momentan leicht dem Blues – und was gibt er ihm?
verwirrte Fan-Gemeinde. Und natürlich Moore: Hmm – wenn ich spiele, gebe ich
noch etwas enorm Wichtiges: Die eigenen einfach alles! Und dafür bekomme ich auch
Wurzeln, die man immer wieder begießen etwas zurück: Der Blues gibt mir ein gutes
kann. ,Back To The Blues‘ heißt Garys neue Gefühl. Wenn du den Blues nicht respek-
Platte. tierst, kriegst du auch nichts zurück. Außer-
G&B: Ich schätze, du bist du mit diesem dem klingst du wie ein lascher Scherz. Ich
Album ein weiteres Mal an einem künstleri- kenne eine Menge Leute, die meinen, den
schen „Crossroad“ angekommen. Blues verstanden zu haben. Täuscher, Blen-
Moore: Nicht wirklich. Der Blues ist für der, die auch noch glauben, wirklich ernst-
mich wie nach einem langen Tag nach Hau- haft zu sein. Aber ich werde jetzt keine Na-
se zu kommen. Der Blues ist immer für mich men nennen, falls du vor hast, mich zu fra-
da. Ich schaue dann nur noch, wohin er gen.
mich treibt. Ich habe in der letzten Zeit wie- G&B: Schon OK. Aber du könntest uns ein
der verstärkt Blues-Musik gehört und ge- paar Namen und Alben von Künstlern nen-
spielt. Ich brauchte also nur in mich hinein- nen, die dich und dein Spiel nachhaltig be-
zuhören und mir war klar, welchen Weg ich einflusst haben.
gehen musste. Moore: Gern. Gute Frage, denn ich finde es
G&B: Bei unserem letzten Treffen zu ,A Dif- wichtig, dass die Kids heute über bahnbre-
ferent Beat‘ hattest du noch ganz eupho- chende Platten Bescheid wissen, und das
risch mit Beats, Loops und Sounds experi- Zeug kennen lernen, mit dem alles angefan-
mentiert. Wer ist konservativer: Dein Publi- gen hat. Am wichtigsten war für mich John
kum, dass dieses Experiment nicht akzeptiert Mayalls ,Bluesbreakers With Eric Clapton‘
hat oder Gary Moore, der sich auf bekann- ,1966. Das ist das Album, welches die Gitar-
tes Terrain zurück zieht? risten meiner Generation wohl am nachhal-
Moore: Ganz klar: mein Publikum! Hahaha! tigsten beeinflusst hat. Diese Platte hat mich
Egal, welcher Künstler es ist, das Publikum völlig umgehauen! Claptons Sound war so
reagiert immer gleich – es will einfach nicht, umwerfend! Aus heutiger Sicht klingt das si-
dass man sich verändert. Ich kann das ak- cherlich banal, aber damals gab es nichts
zeptieren, denn als ich ein Teenager war, Vergleichbares. Die Art, wie er das Intro von
wollte ich auch nicht, das Eric Clapton ,All Your Love‘ spielt (der Opener des Al-
jemals was anderes spielt. Natürlich verste- bums, ein Otis-Rush-Cover), ist bis heute ei-
he ich, dass er sich künstlerisch verändert ner der wichtigsten Musikmomente meines
hat und verändern musste. Das gilt für uns Lebens. Dann sicherlich das erste Fleet-
alle. Sonst würden wir immer und immer wood-Mac-Album mit Peter Green. Ich liebe
wieder die gleiche Platte aufnehmen. Aber es, weil es so einfach, warm und organisch
wenn du etwas Neues ausprobierst und das klingt. Ich liebe Peters emotionales, leiden-
kommerziell nicht akzeptiert wird, hast du schaftliches Spiel und seinen natürlichen
am Ende hoffentlich wenigstens etwas Sound. Es spielt keine überflüssigen Noten.
gelernt, was du für deine nächsten Platten Einfach genial und wunderschön. Eine wei-
nutzen kannst. tere große Platte ist ,Born Under A Bad Sign‘
G&B: Was bedeutet das also am Beispiel von von Albert King. Er sollte ein Maßstab für je-
,Back To The Blues‘? den Gitarristen sein, der sich für die alten
Moore: Ich denke, ich spiele den Blues heu- Blues-Klassiker interessiert. Seine Phrasie-
te anders. Ich habe an meinen Phrasierungen rungen, sein Sound und vor allem sein Tu-
und an meinem Rhythmusspiel gearbeitet. ning waren absolut ungewöhnlich! Aber das
Wenn du zuvor mit anderen Rhythmen gear- werde ich dir nicht verraten, hahaha! Ich ha-
beitet hast, beeinflusst dich das natürlich. be viele Versionen über seine Art der Stim-
Außerdem habe ich mich jetzt gut zehn Jah- mung gelesen und noch mehr Mutmaßun-
re intensiv mit dem Blues beschäftigt und bin gen gehört. Aber ich habe mal mit ihm ge-
heute einfach weiter, als damals. ,Still Got spielt und mein Guitar-Tech hat unsere
The Blues‘ hat mir viel Spaß gemacht. Aber Instrumente versorgt. Er schrieb sich die

gitarre & bass 04.01 8777


Victims Of The Future (1983)

Dark Days In Paradise (1997)


Live At The Marquee (1987)
Back On The Streets (1978)
Corridors Of Power (1982)

Still Got The Blues (1990)


D i s c o g r a f i e

Back To The Blues (2001)


Blues For Greeny (1995)
Run For Cover (1985)

After The War (1988)


Wild Frontier (1987)

After Hours (1992)


Blues Alive (1993)
gary MOORE
Stimmung von Alberts Gitarre auf. Ich weiß
also, wie er wirklich gespielt hat. Albert hat
immer versucht, dieses Tuning geheimzu-
halten. Und das mache auch ich. Ach ja –
und natürlich B.B. King: Ich liebe sein Live-
Album ,Blues Is King‘. Da hörst du, woher
Peter (Green) seine Einflüsse her hat. Was ich
an ihnen allen am meisten schätze, ist die
Tatsache, dass sie einen eigenen Sound, ei-
ne ganz eigene Stimme entwickelt haben.
G&B: Auch du besitzt einen Sound mit Wie-
dererkennungswert, obwohl du diesmal
nicht Les Paul spielst, sondern eine semiaku-
stische ES-355.
Moore: Stimmt, obwohl auf einigen Tracks
auch meine Les Paul zu hören ist. Nun, ich
liebe diese Gitarre. Sie ist von 1960 und ich
besitze sie jetzt seit fünf Jahren. Aber es ist
das erste Mal, dass ich sie auf einem Album
einsetze. Ich wollte ihren Sound erleben und
bin froh, dass ichs probiert habe. Denn die
355 klingt doch ziemlich anders als die Les
Paul: wärmer, klarer, direkter.
G&B: Inwiefern haben Instrument und
Sound dein Spiel beeinflußt?
Moore: I think I played somehow ... big! Die G&B: Ich hatte dich beim letzten Mal ge- ten verkauft und hatte eine Menge Freihei-
355 ist ein großes Instrument, aber sehr fragt, was du in den letzten Jahren aus dei- ten. Man vertraute mir. Aber inzwischen sind
komfortabel zu spielen. Wenn du sie um- ner Sicht zum Genre des Blues beigetragen viele neue Leute im Business, die mich of-
hängst, fühlst dich regelrecht geborgen und hättest. Deine Antwort hieß: Lautstärke. Was fensichtlich nicht mehr wollten. Um ehrlich
umarmt. Das gibt dir Sicherheit. Und sie be- würdest du heute sagen? zu sein: Ich war auch ganz froh drüber. Heu-
lohnt dich: Immer, wenn du etwas Nettes Moore: Lautstärke und Ton. Schau: Das ist te wird von Künstlern erwartet, dass sie tun,
auf ihr spielst, singt sie für dich! Hahaha! momentan auch der große Unterschied zwi- was ihnen gesagt wird. Musik wird designed
Und wenn du ihre Bässe bemühst, bringst schen Amerika und Europa: Die dort drüben und veröffentlicht, um verkauft zu werden
du die Dielen zum vibrieren. Sie hat fast die haben Lautstärke, wir haben Ton! (lacht) und nicht, damit Musiker etwas ausdrücken
Qualitäten eines Cellos. Eine großartige Gi- G&B: Vielleicht mal abgesehen von den oder fühlen dürfen.
tarre. Zur Zeit suche ich gerade eine zweite! Bluesern. Du hast drüben unter anderem mit G&B: Ist bitter, aber leider Realität.
G&B: Und wie sieht es in der Live-Situation B.B. King und Albert King gespielt. Könntest Moore: Ja, aber das ändert sich auch wie-
bei diesem Instrument mit Feedback-Proble- du dir auch ein Elefantentreffen mit bri- der. Ein gutes Zeichen ist immerhin die
men aus? tischen Kollegen, wie Eric Clapton, Peter Rückkehr des Rock. Das hörst du jetzt übe-
Moore: Ach was, kein Problem. Alles eine Green oder Jeff Beck vorstellen? rall, mit Bands wie Limp Bizkit, Korn und all
Sache der Kontrolle. Deshalb fummle ich Moore: Hey – Jeff kannst du übrigens eine dem Zeug. Das ist zwar nicht meine Welt,
auch immer die ganze Zeit am Volume-Reg- Nachricht zukommen lassen. Ich hatte ge- aber ich finde es wichtig, weil es da richtige
ler herum. Aber viele Leute kommen nicht plant, dass er auf einem Track des Albums Gitarren, Bass und Schlagzeug gibt.
mal mit meiner Les Paul klar. Alle meine Gi- mitspielt. Wir sind sogar zusammen zu ei- G&B: Letztes Mal warst du noch der Über-
tarren pfeifen. Man muss sie beherrschen. nem Jeff-Healey-Gig gegangen und haben zeugung, die wichtigsten Impulse und In-
G&B: Hattest du durch die ES-355 auch zusammen gejammt. Aber dann passierte novationen kämen aus der Dance-Szene,
konkrete Vorstellungen, was Sound und nichts. Er hat sich nicht mehr gemeldet. Al- dort läge die Zukunft.
Atmosphären dieses Albums betrifft? so: Fuck you Jeff, thanks a lot! Aber meine Moore: Ich weiß, ich hätte lieber den Mund
Moore: Ich hatte die Vision ein Album ein- großen Idole sind sowieso eher Jimi Hendrix, halten sollen! Hahaha! Die Drum-N’-Bass-
zuspielen, das auf so wenigen Takes, wie Eric Clapton und Peter Green. Mal sehen, ob Szene starb ziemlich schnell wieder. Weißt
möglich basiert. Ich wollte einfach keine das was wird! du warum? Weil wir Weißen nicht dazu tan-
Overdubs, und das haben wir auch erreicht. G&B: Übrigens: Warum hast du eigentlich zen können! Hahaha! Wir können prima zu
Wir haben die Songs als Band eingespielt deine alte Plattenfirma verlassen? Die House-Music tanzen, aber Drum N’ Bass ka-
und ganz „basic“ im Übungsraum aufge- müsste doch eigentlich von einem neuer- pieren wir nicht. Die meisten denken, sie
nommen. Wir haben uns in einem Büro ne- lichen Blues-Album begeistert sein? müssten zu den schnellen Beats zappeln und
benan einen kleinen Kontrollraum einge- Moore: Um ehrlich zu sein: Die waren von erkennen nicht den Halftime-Groove, der
richtet und einfach losgelegt. Songs, wie meiner letzten Platte angepisst. Ich hab ein- darunter liegt. Schade.
,Stormy Monday‘ und ,Drowning In Tears‘ fach nicht das Album abgeliefert, das sie er- G&B: Vielen Dank für das Gespräch! ■
sind First Takes. warteten. Ich habe gute zehn Millionen Plat- story stefan woldach fotos cmm

7897 04.01 gitarre & bass


Les Paul
Gary Moore
GIBSON
E s g a b i n d e r Ve rg a n g e n h e i t s c h o n e i n i g e H e r s t e l l e r, d i e G a r y M o o re e i n e

S i g n a t u re - G i t a r re a u f d e n Le i b g e s c h n e i d e r t h a b e n , d o c h j e t z t h a t a u c h

G i b s o n e n d l i c h z u g e s c h l a g e n . S c h o n i m m e r z ä h l t e z u G a r y s Fa vo r i t e n e i n e

5 9 e r Le s Pa u l , d i e e r 1 9 7 0 vo n Pe t e r G re e n e r w a r b, u n d d i e s c h o n d a m a l s

d u r c h i h re n ve rd re h t m o n t i e r t e n H a l s - H u m b u c k e r a u f f i e l .

Mitte der 70er hatte ich das Glück, diese Übersicht


Gitarre ganz aus der Nähe betrachten und
hören zu dürfen. Damals spielte ich mit Fabrikat: Gibson
Modell: Les Paul Gary Moore
meiner Band als Opener für Collosseum II,
Herkunftsland: USA
wo Gary mit eben dieser Paula, an der da- Typ: Solidbody E-Gitarre
mals noch die beiden inzwischen ersetzten Mensur: 630 mm
Poti-Knöpfe fehlten, und einem alten Vox Hals: Mahagoni, eingeleimt, Palisan-
AC-30 seine spielerischen Fähigkeiten unter der-Griffbrett ohne Binding,
Beweis stellte. 22 Jumbo-Bünde
Halsform: D, rund, 59-er Profil
Halsbreite: Sattel: 43,05
XII. Bund: 52,60 (mm)
k o n s t r u k t i o n Halsdicke: I. Bund: 21,00
Selbige Gitarre diente als Vorlage für die V. Bund: 22,00;
neue Les-Paul-Gary-Moore, bei der aller- XII. Bund: 24,35 (mm)
dings gänzlich auf Bindings verzichtet wur- Korpus: Mahagoni, einteilig, 18 mm
de. Auf diese Weise kommt die kontrast- Riegelahorndecke, zweiteilig
Oberflächen: Decke: Lemon Burst,
reich geriegelte, 18 mm dicke und gewölb-
Korpus/Hals: Transparent; hochglän-
te Ahorndecke ein Stück weit auch an den zend poliert
Zargen zur Geltung. Die Lemon-Burst- Tonabnehmer: 2 × Gibson Burst
Lackierung, die dem ausgeblichenen Origi- Bucker (basiert auf 57 Classic Hum-
nal nachempfunden wurde, zeugt, wie bucker, PAF), Hals-PU reversed mon-
auch alle anderen Oberflächen, von tadel- tiert
Bedienfeld: 1 × Dreiweg-PU-Schalter,
loser Arbeit. Komplettiert wird der Body
2 × Volume, 2 × Tone
von der aktuellen Tune-o-matic-Brücke mit Steg/Vibratosystem: Tune-o-matic-
Stop Tailpiece, den rückseitigen Abdeckun- Bridge, Stop Tailpiece
gen, einem soliden Montageblech für die Hardware: verchromt
Michael Dommers

Klinkenbuchse und Vintage-Gurtpins. Die Mechaniken: Gibson Deluxe


vom Namensgeber signierte Schlagplatte (Kluson Style), 14:1
Saitenlage: E-1st: 1,4
(goldfarbener Aufdruck) findet man im kö-
E-6th: 1,7 (mm)
nigsblau gefütterten Luxuskoffer. Entspre- Gewicht: 4,05 kg
chende Montageschrauben suche ich, Vertrieb: Musik & Technik
ebenso wie die Bohrungen in der Gitarre, D-35041 Marburg
vergebens. Na ja, muss auch nicht. Preis: ca. DM 5990,– inkl. Koffer
Der eingeleimte Hals besitzt das typische
runde D-Profil der 59er Les Pauls, relativ beitende Gibson-Deluxe-Vintage-Mechani-
massig aber dennoch handlich. 22 Jumbo- ken erlauben in Verbindung mit den gleit-
Bünde (2,25 × 1,35 mm) bevölkern das freudigen Sattelkerben stressfreies Stim-
wunderschön gezeichnete, binding-freie men.
Palisander-Griffbrett. Wenngleich per- Die Schaltung ist klassisch, als Pickups kom-
fekt eingesetzt und mit leichter Wöl- men „Burst Bucker“ zum Einsatz. Es handelt
bung abgerichtet und poliert, geben sich dabei um zwei identische, für diese Gi-
die recht unkomfortabel bearbeiteten tarre leicht modifizierte 57-Classic-Hum-
Enden der Bunddrähte Anlass zu Kritik. bucker mit PAF-Aufkleber auf der Untersei-
Perfektion lassen hingegen Aus- und te. Die Spulen besitzen etwas lockerere
Abrichtung des Sattels erkennen. Die Wicklungen als üblich und haben auch kein
obligatorische Glocke, die ebenfalls Wachsbad genommen. Wie bei Garys Ori-
Gary Moores Schriftzug trägt, deckt den ginal ist der Zebra-Hals-Humbucker um
Zugang zum Halsjustierstab ab. Präzise ar- 180° verdreht montiert.

126
721 03.01 gitarre & bass
p r a x i s
Schon bei der ersten Kontaktaufnahme stel-
le ich fest, dass die GM erheblich leichter als
meine eigene Standard ist, um genau zu
sein 600 Gramm. Das wohl proportionierte
Halsprofil liegt komfortabel in der Hand,
während sich beim Entlanggleiten die recht
hohen und etwas eckigen Bünde an der
Griffbrettkante bemerkbar machen.
Schon unplugged zeigt die Gary-Moore-
Paula ein kraftvolles, voluminöses, ausge-
glichenes und obertonreiches Klangbild,
direkte, lebendige Ansprache und flinke
Tonentfaltung. Die sehr guten Schwin-
gungseigenschaften der verwendeten Höl-
zer spiegeln sich in einem langsam und
kontinuierlich ausklingenden Sustain wider.
Sensibel reagiert die GM auf Ausdrucksstär- Güte, wie die Gitarre singt! Wer sich ein we- risten ein wirklich erstklassiges Instrument
ke und jede spieltechnische Feinheit. So nig mit Gary Moores Spieltechniken aus geschaffen, welches sich durch vorzügliche
nimmt auch schon die Art und Intensität kennt, weiß, welch breite Klangpalette der Klang- und Schwingungseigenschaften, ho-
des Anschlags starken Einfluss auf die Ton- Mann allein mit variablem Anschlag er- hen Spielkomfort und, abgesehen von den
bildung. Kurz und gut, die Gitarre spielt zeugt. Genau diese Qualitäten bietet auch nicht optimal verrundeten Bunddrähten,
sich beinahe von selbst. die GM Les Paul, entsprechendes spieleri- tadellose Verarbeitung auszeichnet. ■
Die Burst Bucker liegen leistungsmäßig im sches Potenzial vorausgesetzt: Beim Steg-
Bereich der alten PAF-Humbucker und lie- PU reicht der Sound von bissig und aggres-
fern in Verbindung mit der Gitarre klanglich siv bis zu seidig säuselnd, wobei einzelne PlusPlus
exakt das, was man von einer derartig kon- Töne gerne in ihre Obertöne umkippen.
zipierten Les Paul und speziell vom Testmo- Genau das Gegenteil macht der Hals-
• Sounds
dell erwartet. Grundsätzlich gibt die GM ei- Bucker wie z. B. beim Intro von „Still got the • Schwingungs-
nen samtig singenden Ton von sich, der be- Blues“: ein unglaublich weicher und war- eigenschaften
stens vom Sustain unterstützt wird. mer Lead-Sound mit scheinbar endlosem • Bespielbarkeit
Während der Hals-PU im Clean-Betrieb ei- Sustain. So sensibel wie die Gitarre auf fa- • Verarbeitung
nen warmen, bluesigen und luftig transpa- cettenreiches Spiel reagiert, agieren die Vo- • Ansprache, Tonent-
renten Sound abgibt, weiß der Steg-PU mit lume-Regler, die eine feinfühlige Steuerung faltung & Sustain
• Qualität der Klanghölzer
kraftvollen Bässen, durchsetzungsfreudigen von Lautstärke und Verzerrungsgrad erlau-
Mitten und klaren, offenen Höhen zu gefal- ben.
len. Abhängig von der Anschlagsintensität
kann er jedoch auch bissig zupacken. Las-
Minus Minus
sen wir den (Röhren-)Amp mal kräftig zer- r e s ü m e e
ren und dem Sustain mit Hilfe der entste- Mit der Les-Paul-Gary-Moore hat Gibson in • nicht optimal verrundete
henden Kompression freien Lauf. Meine Zusammenarbeit mit dem Ausnahmegitar- Bunddrähte

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gitarre & bass 03.01 82127
1
G e s c h w i n d i g k e i t s re k o rd e n
I n f r ü h e re n J a h re n r ü t t e l t e d e r f l i n k e I re o f t u n d g e r n a n
chen Cutaway und Headstock
und gab sich selten zufrieden, bis nicht alle 64stel zwis
e s e h e m a l i g e n S k i d - Row - u n d
a u s g e re i z t w a re n . D o c h k a u m h a t t e m a n d i e S o l o a l b e n d
gelegt, demonstrierte er mit
T h i n - L i z z y - G i t a r r i s t e n i n d e r S c h u b l a d e „ H a rd Ro c k “ a b
l o ve r s t e h t . N a c h e h e r
beseelter Hingabe, was er unter einem soliden Blues-So
um II, flirtet der inzwischen
k o n s e r va t i ve n I n t e r i m s p ro j e k t e n , w i e B B M u n d C o l l o s s e
n A l b u m s i s t P ro g ra m m :
4 7 j ä h r i g e j e t z t m i t d e m Ze i t g e i s t . D e r Ti t e l s e i n e s n e u e
k D a y s I n Pa ra d i s e ‘ d e z e n t
, A D i f f e re n t B e a t ‘ . Wi e s c h o n a u f d e m l e t z t e n We r k , D a r
Dancefloor umgehört.
a n g e d e u t e t , h a t s i c h d e r k l e i n e S a i t e n a k ro b a t a u f d e m
DANCEFLOOR GUITAR

Story: Stefan Woldach


Fotos: edel

4014
G A R Y M O O R E 10.99 gitarre & bass
hier kann ich mich
G&B: Dub-, House- und Jungle-Beats: Ein Album wie dieses, hätte
wohl kaum jemand von dir erwartet. Genießt du es, deine Fans zu
verblüffen?
Gary: Ich mache das ja nicht vorsätzlich, ich versuche nur neue
austauschen
Herausforderungen zu finden. Als Musiker mußt du es für dich und mein
spannend halten, anstatt dich zu wiederholen. Auch in der Ver-
gangenheit habe ich immer versucht, neue Wege zu finden: Mit
,Wild Frontier‘ brachte ich irische Folklore und Rock zusammen, mit
,Still Got The Blues‘ bin ich dann zu meinen Wurzeln zurückgekehrt.
Und auch dieses Album war wieder Neuland für mich.
Netzwerk
G&B: Worin lag die Herausforderung?
erweitern
Gary: Mein Gitarrenspiel mit modernen Beats zu mixen, mit Mu-
sik, die aus der britischen Dance-Szene kommt: HipHop, Dub, Jun-
gle oder Drum & Bass, Rhythmen, die der Rock-Welt fremd sind.
G&B: Es scheint, als hättest du dich fleißig auf der Londoner Club-
Szene umgehört ...
Gary: Stimmt. Denn das Album sollte genau dieses Flair besitzen.
Diesen Vibe, den du in London überall spürst. Ich habe in den letz-
ten drei Jahren viele Dance-Platten gekauft und Kontakte zu Musi-
kern, wie den E-Z-Rollers, geknüpft. Von ihnen stammt auch der
Drum-Loop von ,I Can t Help Myself‘. Sie haben den Song am En-
de übrigens auch spontan remixt.
G&B: Beim letzten Gespräch erwähntest du, gerne mal mit Profes-
sor Stretch (von Underworld) arbeiten zu wollen. Hat’s inzwischen
geklappt?
Gary: Ja, wir haben eine Single mit dem Titel ,Always There For
You‘ aufgenommen. Er war auch der erste Drum & Bass-Künstler,
den ich kennenlernte. Er ist unheimlich talentiert und hat für einen
Haufen Leute gearbeitet.
G&B: Wie kamst du mit den Jungs der Club-Szene klar?
Gary: Es war toll und sehr einfach, mit ihnen zu arbeiten. Wenn du
respektierst, was sie machen, erhältst du auch von ihnen Respekt.
Außerdem stehen sie auf Gitarren-Sounds, weil die eher unge-
wöhnlich für ihr Genre sind.
G&B: Du hast kürzlich gesagt, die interessantesten Einflüsse kämen
derzeit aus dem HipHop und der Dance-Szene. Interessant, denn
viele Gitarristen ignorieren diese Stile, weil es dort kaum Gitarren
gibt.
Gary: Nun, hör dich doch um: Die spannendsten Projekte der letz-
ten Jahre in England stammen aus dem Dance-Bereich. Schau dir
dagegen die Pop-Szene an: Nur Acts, wie die Spice Girls oder Boy-
Groups! Das finde ich nicht gerade inspirierend.
G&B: Aber es gibt doch auch eine Menge guter englischer Gitar-
ren-Bands! Bands & Musiker
Gary: Sicher, ich mag auch Bands wie Catatonia oder Pulp. Aber
BritPop wäre für mich nicht adäquat gewesen.
G&B: Hatten die Beats einen Effekt auf deine Spielweise? persönliches
Gary: Sicher. Jeder neue Rhythmus ist inspirierend für dein Spiel. Profil
Ich könnte es jetzt nicht analysieren, aber wenn du zu einem Drum
& Bass-Beat spielst, mußt du eine Menge Raum lassen, weil rhyth- Blog
misch so viel passiert. A damn’ lot of busy beats! Wenn du dagegen
zu einem entspannten HipHop-Beat spielst, kannst du eine Menge Wettbewerbe
Noten unterbringen, weil du Platz hast.
G&B: Auch Steve Hackett und Jeff Beck haben auf ihren letzten Al- Forum
ben mit modernen Beats experimentiert.
Gary: Nun, Steves Album kenne ich nicht, aber Jeffs habe ich neu-
lich gehört. Bei ihm überrascht mich sowieso nichts. Er probiert im-
mer etwas Neues, und das finde ich gut. Denn es verlangt Rück-
grat, etwas zu wagen, anstatt den Fans immer den gleichen alten
Scheiß vorzusetzen.
G&B: Das birgt jedoch auch die Gefahr, daß die Fan-Basis der Ent-
wicklung nicht folgen kann oder will.
Gary: Mit diesem Risiko mußt du leben. Immer, wenn du neue
Freunde findest, verlierst du auch welche. Du kannst es nie allen

gitarre & bass 10.99 2441


deine Möglichkeiten - dein Portal
Recht machen. Und das solltest du auch Gary: Neee, dafür bin ich zu alt! Vermutlich dann so verfremdet, daß die Gitarre wie ein
nicht versuchen. Wenn du ein Album auf- würden mich die Kids nur schief anschauen Keyboard klang. Die Soli sind natürlich Live-
nimmst, muß es nur einem Menschen gefal- und denken: Was zum Teufel, will denn der Takes. Dafür habe ich meist eine Paul Reed
len: Dir! Typ hier? Smith und meine 59er Les Paul benutzt. (Die
G&B: Mal abgesehen davon: Du hast mit G&B: Auf ,Dark Days In Paradise‘ hattest du „Ex“ von Peter Green; d. Verf.)
,Fire‘ einen Song von Jimi Hendrix gecovert. verstärkt Wert auf deinen Gesang, und we- G&B: Dann bist du also weg von der puri-
Was glaubst du, hätte er von deiner Version niger auf Gitarrensoli gelegt. Diesmal reißt stischen Les-Paul/Marshall-Philosophie, die
gehalten? du wieder ein paar recht sportive Soli ab ... du in den letzten Jahren favorisiert hattest?
Gary: Ich hoffe, er hätte sie gemocht. Ich Gary: Weil ich auch Freiraum dafür hatte! Gary: Stimmt. Ich wollte diesmal eine Men-
habe ja nur den Drum-Sound moderner an- Außerdem habe ich mich in den letzten zwei ge Sounds einsetzen und habe viel mit ei-
gelegt, um ein Jungle-Flair zu erreichen. Für Jahren wieder zunehmend mit der Gitarre nem Zoom-Multi-Effektgerät experimen-
mich ist dieser Song eine Brücke von den beschäftigt. tiert. Meinen alten 50-Watt-Marshall-Head
60ern, zu dem, was heute passiert. Hendrix G&B: Hast du dich dabei von der Les Paul habe ich natürlich immer noch, aber diesmal
war seiner Zeit weit voraus. ,Gypsy Eyes‘ verabschiedet? ,Worry No More‘ klingt nach habe ich einen Marshall-JCM2000-Prototyp
klingt für mich wie ein Vorläufer der heuti- einer Strat. und einen Johnson-Millenium-Amp benutzt,
gen House-Beats, mit der Bass-Drum-Figur Gary: Das ist richtig. Ich wollte einen der sehr warm klingt und über eine Menge
und der HiHat im Offbeat. Und als ich das Vi- twangy Sound, weil der am besten zu die- Sustain verfügt. Ich habe alles eingesetzt,
deo ,Making of Electric Ladyland‘ sah, mit sem Drum-Loop paßte. Aber ich bin nicht was mir unter die Finger kam.
den ganzen Kids, die dort tanzten, hat mich zur Strat zurück gekehrt. Die meisten Songs G&B: Wer hat dir bei der Produktion des Al-
das stark an die Raves der 90er erinnert. entstanden auf einer Semiacoustic, einer bums geholfen?
Wenn du so willst, war Hendrix auch der Gibson ES 355. Gary: Rodger King, ein Programmer und
Vorläufer des Rap, wenn du seinen Sprech- G&B: Außerdem hast du eine Menge ver- Keyboarder, der auch für Steve Hackett ar-
gesang bei einigen Songs betrachtest. schiedener Sounds benutzt ... beitet (...schau mal an! d. Verf.) und neben-
G&B: Mal nebenbei: Warst du eigentlich je Gary: Ich habe viele Spuren eingespielt, ge- bei Dance-Tracks und Remixe macht. Es war
bei einem Rave? sampelt, in den Computer geladen und großartig, mit ihm zu arbeiten. Denn ob-
wohl er sehr jung ist, kennt er sich be-
stens auf der englischen Blues-Szene
aus. Er verstand sofort, worauf ich hin-
aus wollte.
G&B: Zu ,Dark Days In Paradise‘ mein-
test du, das Album wäre eine Station auf
der Suche nach einem neuen Ziel. Bist
du mit diesem Album deinem Anspruch
ein Stück näher gekommen?
Gary: Das ist ’ne gute Frage. Ich glau-
be, daß ich nicht noch ein Album wie
dieses aufnehmen werde. Die nächste
Platte wird mit Sicherheit anders klin-
gen.
G&B: Gibst du uns einen Hinweis?
Gary: Es wird wieder ein puristischeres
Album werden, das zumindest in Rich-
tung Blues gehen wird.
G&B: Du wirst im November auf Tour
kommen. Wie willst du ,A Different Beat‘
live umsetzen?
Gary: Nun, bis jetzt haben wir ,Surren-
der‘ und ,Can’t Help Myself‘ geprobt. Ei-
nige Songs sind schwer umzusetzen,
aber die ersten Ergebnisse klingen schon
ziemlich gut. Man muß ja nicht alles so
spielen, wie auf dem Album. Viele Bands
haben ihren Songs auf der Bühne eine
neue Seite verliehen, die mindestens ge-
nausogut, wenn nicht spannender war.
G&B: Also: Wirst du Programmer, B-
Boys und DJs mit Turntables dabei ha-
ben?
Gary: Klar! Und ich werde beim Gitar-
respielen breakdancen! Dann würde ich
vermutlich von meinen Fans gesteinigt
– hahaha! ■

4234 10.99 gitarre & bass


S T I L L

GOT THE

T O N E . . .

TE XT & FOTOS: STE PHA N N E U M E I E R


G A R Y M O O R E : D A S L I V E - E Q U I P M E N T
Egal ob Blues, Rock oder Pop – Gary Moores gend befinden sich auf einem Pedalbord die schmiede verließen. Als Ersatz steht ein Seri-
Gitarre hinterläßt auf jedem musikalischen folgenden Geräte: en-Modell bereit.
Terrain ihre unverwechselbare Handschrift. • Arion HU 8500 Stage-Tuner Daran angeschlossen sind zwei 4× 12"-
Der Ton macht hier die Musik – und das bei • Ibanez TS-10 Tube Screamer Classic Marshall-Cabinets mit 35-Watt-Celestion-
einem absolut überschaubaren Equiment- • Vox Reissue Wah – der alte Trick, um nach- Lautsprechern, die mit einem Custom-Front-
Fuhrpark. geschaltet einen intensiveren Filter-Effekt grill à la Bluesbreaker-Combo ausgestattet
Zusammen mit seinen hochkarätigen musi- zu erreichen, anstelle die Verzerrung zu be- sind.
kalischen Mitstreitern Guy Pratt (b, voc), einflussen. Zur Abnahme werden ein Electro-Voice RE-
Gary Husband (dr) und Magnus Fiennes • Ibanez PC-10 DualChorus/Flanger 20 und ein AKG-409-Mikrophon verwendet.
(kb), die ihn schon auf dem aktuellen Album • Ibanez DDL-20 Digital-Delay Für den Song ,Business As Usual‘, vom aktu-
,Dark Days In Paradise‘ unterstützen (s. G&B • Boss DSD-3 Digital-Sampler/Delay ellen Album ist ein akustischer Gitarren-
06/97), präsentierte Gary Moore live einen • Boss RV-3 Digital-Reverb/Delay Sound gefragt. Hierzu schaltet Moore auf
abwechslungsreichen Querschnitt seiner • Boss LS-2 Line-Selector ein Trace-Elliot-TA-200S-Combo und spielt
bisherigen Laufbahn – von Hard ’n’ Heavy • Marshall Kanal-Umschalter eine ’82er „Fender Reissue 60s Strat“, die
über Blues bis zum aktuellen Song-Material, • Boss Power-Supply neben EMG-Tonabnehmern am Steg mit ei-
das zwischen BritPop-Anklängen und Drum • Ein Volume-Pedal auf der Bühne dient ihm nem Piezo-System von Mike Christian aus-
& Bass-Atmosphären ganz neue Seiten des zur Lautstärkekontrolle seines persönli- gerüstet ist. Auf den Piezo-Pickup braucht
Ausnahme-Gitarristen zeigt. chen Keyboard-Monitors – eine Marshall Gary Moore allerdings noch nicht einmal
2× 12"-Box, die neben ihm steht. Das zurückzugreifen, die EMGs und der Trace-El-
macht dem Mann am Monitor-Mixer die liot-Amp allein reichen, um einen ausge-
P E D A L B O A R D Arbeit auf der Bühne leichter. sprochen brillant-schimmernden Klang zu
Gary Moores Live-Setup gestaltet sich effizi- produzieren. Dieser Combo wird über D.I.
ent und sparsam: zwei verschiedene Amps, abgenommen.
einige vorgeschaltete Effekt-Pedale, das A M P S & C A B I N E T S
war’s schon. Als Verstärker setzt Gary Moore in erster Li-
Als Klangpurist war er noch nie ein Freund nie das neue Marshall-JCM-2000-Top in G U I T A R S
von Wireless-Systemen; nach wie vor läuft 100-Watt-Ausführung ein – einer der ersten Folgende Gitarren hatte Gary Moore auf sei-
sein Gitarren-Signal über Kabel. Nachfol- Prototypen, die die britische Traditions- ner letzten Tour mit auf der Bühne:

6676 12.97 gitarre & bass


G A R Y M O O R E : D A S L I V E - E Q U I P M E N T

• 60er Gibson ES 355; (die Semiacoustic • Arion Stage Tuner


kommt vor allem bei den neuen Songs • Marshall The Guv’nor, Verzerrer
zum Einsatz) • Boss BE-5 für Chorus-Sounds
• Gibson ES 335 (als Ersatzgitarre für die ES Guy Pratt ist treuer Trace-Elliot-Endorser und
355) verwendet ein AH400-SMX-Top, das die Fir-
• Fender Reissue 60s Stratocaster ma mit einer neuen Modifikation ausgestat-
• Fender Floyd Rose Classic Strat (mit HSS- tet hat – der Sound soll nun röhriger und
Tonabnehmerbestückung der Marke Di- wärmer klingen.
Marzio) An Boxen verwendet er eine 4× 10"-Cabinet
• Die Nr. 1 unter seinen „Paulas“ ist eine Gi- (Modell 1048H mit integriertem Horn), so-
tarre, die Ashly Pangborn vor etwa fünf wie eine reguläre 1048 T ohne Hochtontrei-
Jahren nach dem Vorbild der legendären ber, beide ebenfalls von Trace-Elliot.
’59er Les Paul von Peter Green anfertigte. Der Bass wird über ein Electro-Voice PL-20
Gary Moore erwarb Greens Les Paul etwa und den Pre-EQ des Amps abgenommen. ■
1970. Typisch ist das honiggelbe „Un-
burst“-Finish mit dem über die Jahre ver-
blichenen Rot-Farbton. Ursprünglich be-
saß die Gitarre auch einen „reversed“
D I E G I TA R R E N - U N D B A S S - KO L LE K T I O N Neck-Pickup wie das Original. Neuerdings
sind wegen Einstreuungsproblemen EMG-
Tonabnehmer (58er- und 89er-Modelle)
eingebaut.
• Ein echtes Schätzchen ist die 59er Les Paul,
die den Gänsehaut-Ton von ,Still Got The
Blues‘ lieferte. Ende 1989 erwarb Gary
Moore dieses Sammlerstück für 8000 bri-
tische Pfund in England.
• Ebenfalls im Gepäck ist eine „Silver Flake“-
Les-Paul aus dem Gibson-Custom-Shop,
die auf dem Cover von ,Dark Days In Para- G U I TA R T E C H G R A H A M L I L LE Y M I T
G A R Y S S I LV E R F L A K E L E S PA U L
dise‘ zu sehen ist. Bleischwer liegt das In-
strument in den Händen; der Grund dafür
ist das besonders gewichtige Mahagoni-
Holz des Korpus, welches nach Gibson
Spezifikation als „Patton Grade“ bezeich-
net wird. Dieses Instrument kommt auf der
Bühne allerdings selten zum Einsatz.
• Sämtliche Gitarren sind mit Dean Markley-
Saiten der Stärke .010 bis .052 bespannt
D I E S E ’ 5 9 E R PA U L A H AT D E N B LU E S und regulär auf A=440 Hz gestimmt. Als
Picks verwendet Gary 1,2 mm „Extra Hea-
vy“-Plectrums aus Fender-Fabrikation.
Trotz aller Kraft, mit der er spielt, halten sie
Ewigkeiten. Für die Slide-Soli auf den
Songs ,One Good Reason‘ und ,Cold Wind KO M PA K T: DA S B Ü H N E N - D E S I G N D E R TO U R
Blows‘ setzt er Glas-Bottlenecks ein. Bei
,Like Angels‘ greift er statt dessen auf ei-
nen Schraubenzieher zurück.

G U Y P R A T T / B A S S
Guy Pratt spielt seine bewährten Status-
Fünfsaiter-Bässe, die er schon bei Pink Floyd
und Power Station im Gebrauch hatte – ein
Fretless-Modell ist dabei und ein bundiertes
Instrument. Beide Instrumente sind mit
Trace-Elliot-Saiten der Stärke .040 bis .125
bespannt.
Ein kleines Pedalboard ist mit folgenden
Geräten bestückt: DI E BOTTLE N ECK-AUSWAH L:
G U Y P R AT TS S E T U P • Ernie-Ball-Volumenpedal SCR EW- U N D G L A S S-SLI DE S

6896 12.97 gitarre & bass


G a r y M o o re h a t e i n e n e u e P l a t t e a u f g e n o m m e n – u n d d i e Ü b e r r a s c h u n g i s t
GARY MOORE
g e l u n g e n . H i e ß e s n a c h e r s t e n Ve r l a u t b a r u n g e n d e r P l a t t e n f i r m a , M o o re w ä re
H AT E I N E N E U E
z u m H a rd ro c k z u r ü c k g e k e h r t , i s t b e i m D u rc h h ö re n d e r d re i f ü r d i e M e d i e n
P L AT T E A U F G E -
N O M M E N . . . f re i g e g e b e n e n S o n g s d a v o n w e n i g z u b e m e r k e n . A b e r n a c h B l u e s i m e n g e re n
S i n n e k l i n g t d i e M u s i k a u c h n i c h t m e h r. Wa s i s t p a s s i e r t ?

STILL GOT
T H E GROOVE
R Ü C K B L I C K : Die Karriere des nen einzigartigen Gitarrenstil, wenngleich eher traditionellen Sounds. Es war eine gute
Gitarristen und Sängers Gary Moore (* 04. dies bei den Aufnahmen nicht im Vorder- Verbindung dieser beiden Welten.
April 1952) begann Anfang der Siebziger; grund stand, denn ,Dark Days In Paradise‘ ist G&B: Einige der Grooves erinnerten mich an
die erste nennenswerte Station des irischen alles andere als ein Gitarren-Album. Gary Dancefloor und Easy Listening...
Musikers hieß Skid Row. 1973 erschien ein Moore geht mit der Zeit und das auf seine Gary: Ja, das kommt von den Loops, die
Solo-Album unter dem Titel ,Grinding eigene Art. Die Songs sind überwiegend ru- sehr oft in der heutigen Musik anzutreffen
Stone‘. Ein Jahr später schloß sich Moore higer Natur und werden des öfteren mit vie- sind. Ich habe in den letzten Jahren viel ver-
Thin Lizzy an, 1975 wechselte er zu Colos- len Streichern unterlegt. Am auffälligsten ist, schiedene Musik gehört. Ich habe wirklich
seum II, und 1977 stieg er dann wieder bei berücksichtigt man Moores frühere Alben, alles gehört: von Reggae, Dancemusic,
Thin Lizzy ein, wo er das Album ,Black Rose das Arbeiten mit angesagten Drum-Grooves Drum & Bass Music, Jungle und Dub. Auch
(A Rock Legend)‘ mit einspielte. Seither ver- und -Beats, von Dancefloor bis Jungle. TripHop, wie z. B. Massive Attack, und was
öffentlichte er hauptsächlich unter eigenem Kommen wir zum Interview. Mit langen sonst noch aus der Bristol-Szene kommt.
Namen diverse Soloalben, auf denen er sich Haaren und im silbernen Samthemd sitzt Wirklich alles, außer 80er-Rock, denn daran
einen Ruf als einer der virtuosesten Rock-Gi- Gary Moore auf dem Sofa eines Londoner bin ich nicht mehr interessiert – und ich war
tarristen erwarb. Stilistisch bewegte sich Hotelzimmers. Sichtlich vergnügt und es auch nicht mehr seit Beginn der 90er
Moore im Hardrock-Terrain, wobei er schon selbstbewußt erzählt er über sein neues Al- (schmunzelt). Für mich persönlich bedeutet
immer einen Sinn für schmachtvolle Balla- bum und ist zum Scherzen aufgelegt. Also, es nichts mehr. Es bedeutet anderen Leuten
den besaß. Zu den größten Hits aus der je- Gary, zur Sache! Wieso, weshalb, warum? noch etwas. Ich habe die Rhythmen von
ner Phase gehören ,Empty Rooms‘ und sei- Und wie hast du’s diesmal gemacht... heute genommen, die so viel interessanter
ne Version von ,Friday On My Mind‘. sind. Sie erzeugen in dir den Wunsch, dich
1990 erschien dann das Wende-Album ,Still zu ihnen zu bewegen, sie sind nicht sta-
Got The Blues‘, und Gary Moore frönte . . . I M S T U D I O ? gnierend. Die Rhythmen von heute sind sehr
fortan dem Blues. Nach einem weiteren Stu- Gary: Die anfänglichen Aufnahmen haben lebendig. Ich denke, es ist besser, als es eine
dio-Album, einer Live-Platte und einer Com- wir konventionell live eingespielt. Die ersten lange Zeit war.
pilation, gab es zuletzt mit ,Blues For Greeny‘ Songs, die wir spielten, waren ... – du hast
ein Tribut-Album an Peter Green, die vor- erst drei Stücke gehört, oder? Es ist eine
läufig letzte Platte in diesem Genre. Schande, denn auf dem Album ist eine Men-
Zwischenzeitlich entstand zusammen mit ge Abwechslung, und wenn du das nicht D R E I S O N G S
Jack Bruce und Ginger Baker das Album gehört hast, ist es schwierig, darüber zu re- G&B: Laß uns mal über die drei Songs der
,Around The Next Dream‘, das BBM-Projekt den. Einige der Tracks sind Band-orientiert, Vorabkassette reden. ,One Good Reason’
hielt aber auch nicht besonders lange. (Wei- die neueren Songs gegen Ende entstanden klingt für mich von den Beatles inspiriert.
tere Informationen zu Gary Moore befinden mehr durch Programmieren. Insgesamt wur- Gary: Ja, dieser Eindruck kommt zweifellos
sich in den G&B-Ausgaben 4/86, 12/91 und den ungefähr 70 Prozent des Albums von durch die Streicher. Als Jugendlicher war ich
7/95.) der Band eingespielt. ein großer Beatles-Fan. Die letzten Jahre sind
Zurück in die Gegenwart. Die Produktion Den Song ,Afraid Of Tomorrow‘ haben wir ja wie ein Anniversary der Beatles, sie sind
des neuen Albums ,Dark Days In Paradise‘ in einer Weise aufgenommen, in der ich es ein dickes Beatles-Ding. Wenn du die Strei-
begann bereits im September ’95. Bei den noch nie gemacht hatte. Wir hatten einen cher wegnimmst, klingt es nicht mehr wie
Aufnahmen mit dabei war Pink-Floyd-Tour- Drumloop auf dem Computer und ich spiel- die Beatles. Wir haben einfach dieses Sixties-
Bassist Guy Pratt, Schlagzeuger Gary Hus- te alle Rhythmus-Gitarren dazu, eine nach Element hinzugefügt, und ich finde, es paßt
band spielte bereits die wenigen neuen der anderen. Gegen Ende habe ich improvi- sehr gut in den Song. Das Stück ist dyna-
Stücke auf Moores ,Ballads & Blues‘-Album siert und einige Rhythmus-Variationen ge- misch sehr gut, denn es beginnt sehr soft,
mit ein. Für das Programming waren Magnus spielt. Dann hat Magnus die Parts zu einem und du bekommst einen großen Schrecken,
Fiennes und Phil Nicolas verantwortlich. Arrangement im Computer zusammenge- wenn die ganze Band reinkommt. Und dann
Chris Tangaridis hat die erste Hälfte des Al- schnitten. Es war sehr gut für mich, so zu ar- geht es wieder runter – da sind ups und
bums produziert, Andy Bradfields (Every- beiten, denn ich konnte sofort hören, wie downs. Wenn du die Strings wegläßt, ist der
thing But The Girl) war Co-Produzent der sich das Arrangement sofort entwickelte. Song darunter ziemlich rough und heavy.
übrigen Songs. Mit der Technik haben wir den First-Take der Die Gitarren sind sehr dirty, aber ich denke,
Angesteckt von den musikalischen Entwick- Rhythmus-Gitarre eingefangen. Wenn du et- die zwei Sachen funktionieren sehr gut zu-
lungen der letzten Zeit ist Moores neues Al- was mehr als einmal spielst, kannst du nicht sammen.
bum ziemlich abwechslungsreich, geradezu beurteilen, was du gemacht hast. Du bist zu G&B: Das Slide-Solo klingt sehr entspannt...
zeitgemäß ausgefallen. Die besten Beispiele nahe dran. Wenn jemand den Gitarren-Part Gary: Ja, ich hab’s nur einmal gemacht, ha-
hierfür sind der frische (BritPop-)Rocker nimmt, den du nur einmal gespielt hast, und haha! Sehr viele Sachen auf der Platte sind
,One Fine Day‘, und das mit Jungle-Beats un- vor deinen Augen in Stücke zerlegt, dann so. Ich war nicht ärgerlich, wenn nicht alles
terlegte ,Always There For You‘. Recht hörst du, daß etwas passiert. perfekt war. Ich wollte die Vibes einfangen.
schräg klingt – für Moore-Verhältnisse – G&B: Aber die Basics wurden live einge- Ich nahm einfach meine Telecaster, stöpsel-
,Afraid Of Tomorrow‘; der Midtempo- spielt... te sie ein und spielte das Solo. Ich wußte
Schmachtfetzen ,Where Did We Go Wrong?‘ Gary: Ja, aber wir haben auch viele Drum- schon vorher, was ich spielen wollte. Das So-
hingegen klingt wieder typisch(er). Zu den loops benutzt, zusammen mit den echten lo ist bluesig, aber auch melodisch, du
gelungensten Tracks der Platte gehört das Drums. kannst es singen. Ich habe es einmal eine
zehnminütige ,Business As Usual‘, diesmal Wir haben die ganze Zeit mit Clicktrack ge- Oktave tiefer und dann ein Oktave höher ge-
im konventionellen ternären Beat. spielt und dadurch konnten wir später Se- spielt – und das war’s.
Gesamteindruck: Eines wird auf jeden Fall quencer und Drumloops darunterlegen. Wir G&B: ,One Fine Day‘ könnte von der Struk-
klar, oder besser gesagt wieder einmal be- waren in der Lage, viele zeitgenössische tur auch auf einem Oasis- oder Blur-Album
stätigt: Gary Moore besitzt immer noch ei- Sounds zu benutzen, zusammen mit den zu finden sein.

gitarre & bass 6.97 8337


GARY
MOORE I c h h a b e d i e R h y t h m e n v o n h e u t e g e n o m m e n , d i e s o v i e l i n t e re s s a n -
t e r s i n d . S i e e r z e u g e n i n d i r d e n Wu n s c h , d i c h z u i h n e n z u b e w e g e n ,
s i e s i n d n i c h t s t a g n i e re n d .

4014 6.97 gitarre & bass


Gary: Auf einem Blur-Album?! Mein Gott, spielten wir eine big version mit fetten Gi- kehr zu dieser einfachen Art und Weise des
wirklich? Ich habe Blur noch nicht richtig tarren, die nach Jimi Hendrix klangen. Gitarrespielens...
gehört. Schließlich sind wir bei der Album-Version
G&B: Oder sagen wir, es klingt nach Brit- gelandet, denn sie paßt am besten zum Rest
Pop. der Platte. Z U M S C H L U ß . . .
Gary: Ich denke das kommt durch die G&B: Was machst du neben der Musik?
strummy Gitarren. Aber ich nehme das als Gary: Puuh – Spaß haben, hahaha! Dieses
ein Kompliment, denn ich mag sehr viel von G I T A R R E N & T I P S Album hat viel Zeit in Anspruch genommen,
dieser Musik. Oasis mag ich eigentlich sogar G&B: Wie hast du diesmal an deinen Gitar- denn es wurde an verschiedenen Orten auf-
sehr. Es war interessant, wie wir zu diesem ren-Linien gearbeitet? genommen. Wir fingen hier an, gingen nach
Stück die Gitarre aufgenommen haben. Wir Gary: Ich habe nicht wirklich daran gear- Barbados, kamen wieder zurück und sind
haben einen Velocity-Amp von Trace Elliott beitet. Bei diesem Album stehen die Songs schließlich wieder in Barbados gelandet.
genommen, ihn in ein Flightcase gesteckt, im Vordergrund; die Gitarre findet ihren Dann waren wir fünf Monate in Frankreich
und haben am anderen Ende des Cases ein Platz im Song. Es ist kein Gitarren-Solo-Al- und einige Wochen in Italien. Wir kamen am
Mikro plaziert, um diesen, wie du es nennst, bum. Ende in Miami an – das war eine wirklich lan-
BritPop-Sound zu bekommen. Ich habe eine G&B: Welche Gitarren spielst du im Mo- ge Reise.
Gibson ES 345 benutzt, die ich auf der Plat- ment? G&B: Und warum dieser Aufwand?
te sehr viel gespielt habe. Es ist ein cleaner Gary: Neben dieser (Gibson ES) 345 aus Gary: Das hatte verschiedene Gründe.
Vintage-Sound, sehr Sixties-mäßig, aber den 60ern und der Telecaster benutze ich Wenn du das Land verläßt, mußt du nicht so
nicht so fett. Dann habe ich einige sehr meine alte pinkfarbene Strat und Akustik- viele Steuern zahlen. Außerdem wollte ich
dreckige Gitarren als Overdubs eingespielt, gitarren von Lowden. Zu meinen Haupt- schon immer mal eine Platte an verschiede-
und am Schluß kam dieses indisch klingen- verstärkern zählt immer noch mein alter nen Orten aufnehmen.
de Intro hinzu. Ich denke, das war die glei- Marshall, der eigentlich ein Bassverstärker G&B: Wie sehen deine weiteren Aktivitäten
che Gitarre, nur mit mehr Distortion. Ich ist. Er war ursprünglich lila – irgend jemand aus?
glaube, das war der Bonneville-Amp von hat ihn mal schwarz angemalt. Gary: Diese Sache hat mich anderthalb Jah-
Trace, den ich sehr gerne spiele, und den ich G&B: Wir sieht es mit Effekten aus? re beschäftigt, und im Moment versuche
viel benutzt habe. Ich benutze auch immer Gary: Ich habe ein Voodoo Vibe von Roger ich, einen Monat lang davon Abstand zu ge-
noch meine Marshalls, aber ich habe auf die- Mayer, ein WahWah und einen Tubescrea- winnen.
ser Platte ziemlich viele neue Sachen einge- mer eingesetzt. Hall usw. kamen vom Pult. G&B: (grinst) Ach, noch eine Frage: Wieso
setzt. G&B: Was kannst du jungen Musikern und hast du eigentlich kein weiteres Blues-Album
G&B: In ,I Found My Love In You‘ sind Gitarristen, auch was ihren Umgang mit Ef- aufgenommen?
Dancefloor-Einflüsse zu hören... fektgeräten betrifft, für einen Rat geben? Gary: Hahaha!! ■
Gary: Ja, da steckt auch R&B und HipHop Gary: Ich weiß es nicht. Ich bin sicher, ich
drin. habe diese Frage schon einmal beantwortet,
G&B: Und ein wenig Soul... hahaha! Ich ändere jedesmal meine Ant-
Gary: Ja, ich glaube schon. Ich habe diese wort, genauso wie du darüber deine An- D I S C O G R A F I E
Musik immer gemocht. Das Stück ist nicht sichten ständig änderst. Nun, mach was du Gary Moore Solo
so weit von meinen früheren Balladen wie wirklich willst und versuche du selbst zu Grinding Stone (1973)
,Separate Ways‘ und solchen Sachen ent- sein! Es ist großartig, die verschiedensten Back On The Streets (1979)
fernt. Es hat diesen 90er-Rhythmus, wird Einflüsse zu absorbieren, aber am Ende des Corridors Of Power (1982)
aber schließlich zu einem melodischen Tages solltest du nach dir selbst klingen – Dirty Fingers (1984)
Song. das ist die schwierigste Sache von allen. Victims Of The Future (1984)
G&B: Denkst du, daß dein neues Album dei- Wenn du verschiedene Gitarristen anhörst, We Want Moore (1984)
ne gesamte musikalische Karierre zusam- wirst du sicher gute Ideen erhalten, aber ver- Run For Cover (1985)
menfaßt? suche nicht, so zu werden wie sie. Finde dei- Wild Frontier (1987)
Gary: Vielleicht nicht das ganze Album. Es nen eigenen Sound. Das ist sehr wichtig, After The War (1989)
faßt eine Menge meiner Einfüsse zusam- nicht nur das Spielen. Es gibt eine Tendenz, Still Got The Blues (1990)
men... Die Einflüsse kommen nicht nur von daß die Leute, wenn sie zu viele Effekte be- After Hours (1992)
den Sachen, die ich früher gemacht habe, nutzen, manchmal zuviel zwischen sich Blues Alive (1993)
sondern von der Musik, die ich in den letz- selbst und das packen, was schließlich aus Ballads & Blues (1994)
ten zwei Jahren gehört habe. Als einzigen den Lautsprechern kommt. Versuche eine Blues For Greeny (1995)
der Songs würde ich ,Cold Wind Blows‘ als guten Sound nur mit der Gitarre und dem Dark Days In Paradise (1997)
einen Blues-Track bezeichnen. Er hat einen Amp zu erreichen, bevor du beginnst, Effek- Gary & Skid Row
amerikanisch-indianischen Drumbeat und te zu benutzen. Ich denke, das ist sehr wich- Skid (1970)
dazu eine Sitar und zwei Slide-Gitarren. Al- tig. Wenn du auf diese Weise keinen guten 34 Hours (1971)
lerdings ist es nur eine Art von Blues. Ich Sound hinbekommst, dann wirst du auch Alive & Kicking (1976)
konnte keine Blues-Nummer auf die Platte keinen guten Sound mit diesen ganzen Pe- Gary & G-Force
stecken, denn sie hätte nicht gepaßt. Ein dalen und Rack-Teilen erzielen. Der Sound G-Force (1980)
normaler, straighter Blues hätte nicht seinen muß von dir kommen. Gary & BBM
Platz in dieser Musik gehabt. G&B: Ich denke, daß heute viele junge Around The Next Dream (1994)
,Cold Wind Blows‘ spielten wir in drei ver- Bands diesen Weg wieder gehen.
schiedenen Versionen. Angefangen haben Gary: Ja, es geht wieder dahin zurück. Viel
wir mit einem Shuffle, aber das war wie al- von dieser L.A.- und Shredding-Schule ist STORY BY ARND MÜLLER
les, was ich vorher gemacht habe. Dann fast weggestorben, und es gibt eine Rück- FOTOS: VIRGIN

gitarre & bass 6.97 2441


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Top Ten
Gary Moore: One Day/With Love

D en großen Durchbruch hatte Gary Moore mit


,Still Got The Blues‘, und er verhalf der Les
Paul und Vintage Amps mit zu ihrem Revival. We-
spielt werden ausschließlich Grundtöne bzw. die Bass-
töne der Voicings (also z. B. bei C/G das G).
wie seine Lines über A7b13 (HM V) und E7alt ein-
drucksvoll zeigen. Neben seiner Technik (die alleine
nicht viel wert wäre) macht ihn vor allem sein her-
niger bekannt ist, daß er schon in Jon Hisemans vorragendes Gehör zu einem Ausnahmemusiker.
Formation „Colloseum II“ (auf dem Album ,Strange With Love Daß er mit Noten und Theorie nicht viel am Hut hat,
New Flesh‘, von 1976) mit dem Jazzrock flirtete und zeigt, daß man kein Diplom braucht, um ein guter
durch sehr gefühlvolles und melodisches Spiel auf- An dieser Ballade ist Garys Solo auf der akustischen Musiker zu sein. Genauso klar ist aber, daß Noten-
fiel. Nylon-String besonders interessant (Abb. 6). Wegen festigkeit, harmonisches Wissen und Technik noch
Auf der Compilation-CD ,Ballads & Blues 1992 – 1994‘, des langsamen Tempos habe ich „alla breve“ notiert, niemandem geschadet haben. Ausnahmen bestäti-
die sich in den deutschen CD-Charts plazieren konn- was bedeutet, daß die halben Noten Zählzeit sind. gen die Regel.
te, finden sich neben Klassikern wie ,Empty Rooms‘ Das Tempo liegt bei etwa 90 bpm für die Viertelno-
und ,Still Got The Blues‘ auch drei neue Stücke, von ten. Gary zeigt hier, daß er auch Jazz spielen kann, Wolfgang Kehle ■
denen zwei in diesem Workshop vorgestellt werden.

One Day

Diese Ballade basiert, wie auch ,Still Got The Blues‘,


auf Quintfall-Changes. In Abb. 1 findet sich eine
Übersicht des Songs mit Akkordsymbolen und fort-
laufenden Taktnummern, die in den folgenden Tran-
skriptionen für die nötige Orientierung sorgen.
Außerdem sind die Griffdiagramme der Akkorde in
der Strophe abgedruckt. Diese werden im Stück von
den Keyboards gespielt, können aber in einer Band
auch von der Gitarre übernommen werden. Wer die
Komposition genauer studieren will, kommt an den
Akkorden, die zum Teil nicht ganz einfach zu grei-
fen sind, nicht vorbei.
In Abb. 2 ist das Gitarrenthema abgedruckt. Unüber-
hörbar ist hier eine Les Paul im Einsatz, der Neck-
Pickup ist eingeschaltet und der Tone-Regler wurde
kräftig zurückgedreht.
Abb. 3 besteht aus der Transkription der Rhythmus-
gitarre zum Thema/Refrain. Diesmal ist der Bridge-
Pickup der Paula eingeschaltet, und der Volume-Reg-
ler nur soweit aufgedreht, daß eine sanfte Verzerrung
entsteht. Die Arpeggien sollen ausklingen und wer-
den nahe am Steg angeschlagen.
Für die in Abb. 4 abgedruckte Rhythmusgitarre zur
Bridge gilt, was oben schon zu Abb. 3 gesagt wurde.
In Abb. 5 sind die Noten für das bluesige Gitar-
rensolo zu finden. Auch hier ist wieder der Bridge-
Pickup im Einsatz. Der Hinweis „Bend“ bei Zählzeit
1 in Takt 53 besagt, daß das C am 13. Bund der H-Saite
gegriffen und um eine Terz nach oben zum E hoch-
gezogen wird. Das E wird dann auf den letzten bei-
den Sechzehnteln der Zählzeit 2 zunächst um einen
Ganzton zum D und dann weiter zurück zum Aus-
gangspunkt C heruntergelassen, ohne noch einmal
anzuschlagen. Der Bass wurde nicht extra notiert. Ge-

144 G&B
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