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Widerstand gegen die Energiepolitik in Indonesien
Es ist ein außergewöhnlich sonniger Morgen im Bereits seit mehreren Jahren engagieren sich viele
sonst so smogverhangenen Jakarta. Unter dem Umweltorganisationen und Einzelpersonen in Indo-
Schatten der Bäume an einer der Nebenstraßen nesien gegen den Kohleabbau, der insbesondere seit
des Bundaran HI, des bedeutendsten Kreisver- den späten 2000er Jahren enorme Ausmaße ange-
kehrs im Zentrum der indonesischen Hauptstadt, nommen hat. Die Tagebauförderung hat vor allem in
den Hauptabbaugebieten Kalimantans und Sumatras
hat sich eine Gruppe von Umweltaktivist*innen
zur Zerstörung weiter Landstriche geführt. Dies hat
versammelt. Bislang deuten nur die Straßensper-
Überschwemmungen und Erosion, sowie die Konta-
ren und das enorme Aufgebot an uniformierten
mination von Wasser und Böden zur Folge. Die lokale,
Polizeikräften darauf hin, dass hier schon bald
von der Landwirtschaft lebende Bevölkerung sieht
eine größere Demonstration stattfinden soll.
sich in den Abbaugebieten mit massiven Ernteeinbu-
Nach einiger Zeit des Wartens treffen unter gro- ßen konfrontiert, die ihre Lebensgrundlage in Frage
ßem Jubel mehrere Reisebusse ein, die Demons- stellen. Aktivist*innen, die gegen den Kohleabbau
trierende aus anderen Regionen Javas in die kämpfen, sind dabei immer wieder Repressionen
Hauptstadt bringen. Auch Ibu Sri ist unter den seitens staatlicher und privater Sicherheitskräfte
Reisenden. Sie kommt aus Batang in Ostjava, wo ausgesetzt. Obschon noch immer ein Großteil der in
die Regierung ein neues Kohlekraftwerk bauen Indonesien geförderten Kohle in benachbarte ost-
möchte. Auf die Frage, warum sie nach Jakarta und südasiatische Staaten exportiert wird, wodurch
gekommen ist, sagt sie: »Ich bin hergekommen Indonesien nach wie vor einer der Hauptlieferanten
obwohl ich schon alt bin. Ich bin hergekommen, weltweit ist, kam es in den letzten Monaten zu einer
Neuausrichtung der indonesischen Kohlepolitik. Der
weil uns das Land wegen des Kohlekraftwerks
Einbruch des Kohlepreises im Jahr 2015 und die gerin-
weggenommen wurde. […] Ich möchte Jokowi,
gere Nachfrage Chinas haben die Pläne der indonesi-
dem Präsidenten, den ich gewählt habe, den ich
schen Regierung befeuert, die Kohle nun zunehmend
unterstütze, mitteilen […], lasst uns bitte wieder
zum Ausbau der heimischen Energieversorgung zu
auf unser Land, damit wir Essen für unsere Kin-
nutzen. Entsprechend einem von der indonesischen
der und Enkel beschaffen können.« Regierung Anfang 2016 vorgelegten Energieplan sollen
bis zum Jahr 2019 zusätzliche 35 Gigawatt produziert
Immer mehr Teilnehmende treffen ein und schließ- werden, wovon allein 20 Gigawatt durch Kohleverstro-
lich ziehen etwa 3.000 Menschen durch die von Hoch- mung bereitgestellt werden sollen. Eine zentrale Vor-
häusern gesäumte Thamrin-Straße, um gegen die aussetzung, um dieses Ziel zu erreichen, ist der Bau
Kohle- und Energiepolitik der indonesischen Regie- neuer Kraftwerke in verschiedenen Teilen des Landes.
rung zu protestieren. Unter der Losung »break free
from fossil fuels« hatte ein Netzwerk von Umwelt- und
Menschenrechtsgruppen aus der ganzen Welt für den Auswirkungen des Kohlebooms
Zeitraum zwischen dem 3. und 15. Mai 2016 zu globalen
Aktionstagen gegen die Gewinnung und Nutzung fos- Welche verheerenden ökologischen und sozio-ökono-
siler Energieträger und für den Ausbau regenerativer mischen Folgen dies für die betroffenen Gemeinschaf-
Energien aufgerufen. ten hat, lässt sich im Umfeld der bereits existierenden