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Die Frühgeschichte der Oper

Das Madrigal als Experimentierfeld für die Oper

Starker Wandel des Madrigalstils um 1600, entscheidend durch Monteverdi getragen

Madrigal: meist fünfstimmiges weltliches Lied mit anspruchsvollem Text (Liebe,


Naturbeschreibungen)

um 1540 (Arcadelt):

 polyphon
 einstrophig
 keine Wiederholungen von Zeilen, keine Sequenzen

um 1600 (Monteverdi):

 homophon vorherrschend
 Idee: Mensch steht als Einzelperson im Mittelpunkt, deshalb: Entwicklung zur
Geringstimmigkeit (1 oder 2 Stimmen) + instrumentale Begleitung durch Generalbass
 Wiederholungen und Sequenzen erlaubt
 Klare Formen (z.B. ABA, Ritornell, Ostinato) – Erinnerungen des Zuhörers sind leichter
möglich, neue Konzentration auf das Neue zwischen bekannten Teilen liegende
 Stücke werden auch deutlich länger
 neue Art des Umgangs mit der Dissonanz: bewusst eingesetztes Gestaltungsmittel
mit dem Ziel, höchsten Ausdruck zu erreichen
 Madrigal „Cruda Amarilli“ ist Symbol für den Epochenwechsel; Artusi sah darin ein
Musterbeispiel für schlechtes und falsches Komponieren; Monteverdi übertrat nicht
einfach ein paar Regeln; er hob ein Wertesystem aus den Angeln, das
jahrhundertelang Gültigkeit gehabt hatte; die Dissonanz hat bei ihm den selben
Stellenwert wie die Konsonanz; diese Idee beeinhaltete nichts weniger als einen
neuen Kunstbegriff
 Artusi: Vorstellungen von guter Kunst: Musik auf höchstem Niveau nach den Regeln
der Theorie zu verfassen und den Zuhörer zu erfreuen, ihm zu gefallen und ihm die
Möglichkeit zu geben, den Schöpfungsprozess anhand der Regeln nachzuvollziehen
 Monteverdi sah die Aufgabe der Kunst darin, die Zuhörer zu bewegen, zu
erschüttern. Und dafür war jedes Mittel willkommen, selbst wenn es das gezielte
Überschreiten der Regeln bedeutete.

In „Cruda Amarilli“ (1605) bringt Monteverdi den Schmerz mit buchstäblich


schmerzenden Klängen zum Ausdruck – der Text ist Herr über den musikalischen Satz.

„Ohimé, se tanto amate“ (1603)

 Spiel mit dem Wort „ohimé“ = „ach“


 Klärung des Wortes „Tod“:
o entweder ist der richtige, physische Tod gemeint
o oder der „kleine Tod“, der den Liebesakt bezeichnet

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 Laufend wird gegen den Kontrapunkt verstoßen (z.B. im 2. Takt – freier Einsatz,
Dissonanz)
 Dissonanzen werden nicht schrittweise eingeführt, sondern Monteverdi beginnt
sogar damit
 Häufige Sequenzen und parallele Klangketten
 „Minioper“

Madrigalkomödie

 thematisch zusammenhängende Folge mehrerer Madrigale


 vor der Bühne gesungen, auf der Bühne pantomimische Darstellung

Geistliche Oper

Emilio Cavalieri (künstlerischer Oberleiter am Florentiner Hof) förderte die geistliche Oper;
Vorwort zu seiner „Rappresentatione“ (1600):

 Hinweis auf die optimale Raumgröße: 1000 Menschen


 Hinweis auf die richtige Art des Gesangs: „Der Sänger muss eine schöne Stimme
haben, von guter Intonation und Tragfähigkeit. Er soll ausdrucksvoll singen, leise und
laut, ohne Passagenwerk. Vor allem soll er die Worte gut artikulieren, dass sie
verstanden werden, sie mit Bewegungen und Gesten untermalen, die er nicht nur
mit den Händen, sondern auch mit Schritten vollführt – sie sind sehr wertvolle Mittel
zur Erregung des Affekts.“
 Cavalieri greift die Tradition der geistlichen Mysterien auf und setzt als erster das
neue Kompositionsprinzip der Monodie um.

Der Wille der Komponisten nach deutlicher Wirkung wird erkennbar; das ist nicht nur eine
italienische Besonderheit. Michael Praetorius übersetzt 1619 eine Generalbassanweisung
Agostine Agazzaris (von 1607) und verstand die neue Musiksprache als Protest gegen den Stil
der alt-niederländischen Polyphonie. Für ihn verwirklichte sich die neue Kunst, „ …indem
man fast und so viel als möglich ebenso singet, als wenn man sonsten mit einem redete,
welches dann am Besten mit einer eintzigen oder ja mit wenigen Stimmen angehet“, ganz im
Gegensatz zu den alten Motetten, „ …welche voller Fugen und Contrapuncta“ seien.

Intermedien

 Zwischenaktmusiken zu den Komödien im Italien des 16. Jahrhunderts


 Komödien waren meist fünfaktig, deshalb gab es vier Intermedien
 mitunter nur jeweils ein Madrigal oder eine Instrumentalkomposition (hinter den
Kulissen oder vor der Bühne aufgeführt – während der Umbaupausen), bei wichtigen
Ereignissen waren sie äußert kunstvoll gestaltet und bestanden aus mehreren
Liedern, Tänzen und Chören
 berühmt wurden die Intermedien von 1589 am Florentiner Hof (aus Anlass der
Hochzeit von Ferdinand de‘ Medici mit Christine von Lothringen); das Bild von der
Macht der Musik in der antiken Welt wird gezeichnet

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Florentiner Camerata

 Kreis kunstinteressierter Männer um den Grafen Bardi, die über die Kunst
disputierten (ca. 1585 bis 1600)
 in ihrer Absicht, das antike Theater wiederzubeleben, schufen sie die Monodie und
die Gattung Oper
 Monodie: generalbassbegleiteter Sologesang
o Entdeckung des Individuums (kann am besten durch eine einzige Stimme
ausgedrückt werden)
o Notierung dieses Sologesangs um 1600 – war schon lange ausgeführt worden
 1. Oper: „Dafne“ (1598), Gemeinschaftswerk von Peri, Caccini, Cavalieri und anderen
(nur Fragmente erhalten)
 2. Oper: „Euridice“ (1600), Jacopo Peri – aufgeführt zu den Hochzeits-Vorfeiern der
Maria de Medici
 3. Oper: „Euridice“ (1602), Giulio Caccini

Florenz, die Geburtsstadt der Oper, spielte nach den beiden ersten dort aufgeführten Opern
keine besondere Rolle mehr. Gründe:

 Oper drang nicht über die höfische Schicht hinaus; die Stücke hatten immer einen
offiziellen Anlass und kaum einmal einen Nachhall
 Möglichkeiten der Musik waren in den Werken der Komponisten Peri und Caccini
doch weitgehend ungenutzt geblieben

Geburt der Oper am 24. Februar 1607 in Mantua

Weshalb gilt „Orfeo“ von Claudio Monteverdi als erste Oper?

 Aufführung um der Kunst willen (ohne einen besonderen Anlass)


 Erste Oper, die bereits 1607 wiederholt aufgeführt wurde
 Gesamter Reichtum der Musik der Zeit floss in das Werk ein; musikalische Vielfalt:
o Charakterisierende Ouvertüre
o Rezitative
o Arien
o Strophenlieder
o Chöre
o Leitmotive
o Dramatisch motivierte Instrumentation

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