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ARCHIV / FRÜHERE AUSGABEN / NR. 1, JANUAR 2008 / LITERATURWISSENSCHAFT
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Juli-Ausgabe mit dem
Themenschwerpunkt:
Literatur und Technik
Der Entfesselungskünstler
Heinz Schla er erklärt die andauernde Faszination von Friedrich
Nietzsches furiosem Stil
Von Oliver Pfohlmann

Vorige Ausgabe mit dem Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Themenschwerpunkt:
Neue Literatur aus
Lateinamerika
O enes Rezensionsforum
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Die nächste Ausgabe
Wer hat noch Angst vor Friedrich Nietzsche? Heinz Schla er jedenfalls nicht. "Warum
fasziniert Nietzsches furioser Stil selbst den Leser noch, der gegen Nietzsches verstiegene Die krisengeschüttelten Jahre
und kompromittierte Ideen immun geworden ist?", fragt der Stuttgarter Germanist. Und nach dem Ersten Weltkrieg bis
macht sich an eine akribische Analyse jener Sprache, die einst so revolutionär und infektiös zum Beginn der NS-Herrschaft
wurden zu einer Glanzzeit der
war, dass sie eine ganze Epoche prägte. Anhand einer kurzen, eher peripheren Textstelle aus deutschsprachigen Literatur.
"Der Fall Wagner" arbeitet Schla er scharfsichtig - oder besser gesagt - hellhörig Merkmale Verlag C. H. Beck

erscheint am 6. August und Besonderheiten von Nietzsches Schreibweise heraus. Inklusive der von ihnen
2020. Wir bitten um evozierten, meist gar nicht bewusst werdenden Wirkungen auf den Leser.

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der Quarantäne. Ein
Corona-Tagebuch
- Die Pest im Mittelalter.
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Seinem Freund Erwin Rohde verkündete Nietzsche einmal, mit dem "Zarathustra" "die
deutsche Sprache zu ihrer Vollendung gebracht zu haben [...]. Mein Stil ist ein Tanz; ein Spiel
der Symmetrien aller Art und ein Überspringen und Verspotten dieser Symmetrien. Das geht
bis in die Wahl der Vokale." In seiner umstrittenen "Kurzen Geschichte der deutschen
Literatur" (2002) hatte Schla er diesen Tanz und seine Folgen für die Literatur der Moderne
noch mit Nichtachtung gestraft. Jetzt heißt es: Nietzsche "lieferte die Ideen, Schlagworte und
Stilgebärden, die zwei, drei Generationen in die euphorische Bereitschaft zur Katastrophe
versetzten". Ernst Jünger hätte darin wohl einen neuen Versuch gesehen, den Seismografen
fürs Erdbeben verantwortlich zu machen.
Mit seinen Schriften, so Schla er weiter, habe Nietzsche die Grenze zur Tat überschreiten
wollen, was seine Nachfolger verwirklichten: "Nietzsche begründete die Epoche des
entfesselten Worts in der deutschen Prosa und - eine Folge dieser Entfesselung - in der
deutschen Geschichte." Wie sehr Nietzsches Sprach- und Denkstil nach 1900 imitiert mit Bücherwerbung
wurden, welche Karriere seine Motive wie die Sehnsucht nach der "Tat" oder einem "Führer" bei literaturkritik.de
machten, belegt Schla er anhand von Textstellen einschlägig Verdächtiger wie Gottfried
Benn, Alfred Rosenberg oder Vertretern des George-Kreises. Seit 1945 sei Nietzsches fatale
Wirkung zu Ende. Seither lasse sich von seinen Werken, außer einem Häu ein französischer
Dekonstruktivisten, niemand mehr irritieren, behauptet Schla er, die Vielfalt der Nietzsche-
Renaissance der letzten Jahrzehnte ignorierend.
In seiner Stilanalyse läuft der Philologe, der sich selbst eines sympathisch sachlichen,
eleganten Stils bedient, zur Hochform auf. Dabei erweist er sich als ein solch "langsamer
Leser", wie ihn sich zumindest der mittlere Nietzsche gewünscht hat: In der "Morgenröthe"
wollte er "tief, rück- und vorsichtig, mit Hintergedanken, mit o engelassenen Türen, mit
zarten Fingern und Augen" gelesen werden. Mit Nietzsche, so Schla er, wurde erstmals
Zweckprosa mit den Mitteln der Poesie und Musik aufgeladen. Die Form stellt sich vor den
Inhalt, um nicht den Verstand, sondern das Gefühl, ja sogar den Körper des Lesers zu
erreichen. Bereits die exzessiv eingesetzte Interpunktion arbeitet den Text zum Notenblatt
um, ahmt Mündlichkeit nach, erzeugt den Eindruck eines gegenwärtigen Sprechers aus dem Bewegende Erinnerungen des
Kanadischen Dichters und
Jenseits, eines Mystagogen, ausgestattet mit einem uneinholbaren Wissensvorsprung und Wissenschaftlers Henry Beissel
mit Führungsqualitäten, denen sich der Leser, dem der Text die Rolle des Schülers und an seine Jugend im
Neophyten zuweist, anvertrauen darf. "Rhythmus, Klang, Bildlichkeit, von Hause aus Mittel nationalsozialistschen
Deutschland - englisch und
der poetischen Sprache, lösen in der zweckgerichteten Prosa vorher unbekannte Reaktionen deutsch
aus: Erstaunen, Faszination, intensive und identi katorische Lektüre, Wiederholung und Verlag LiteraturWissenschaft.de
Einprägung durch auswendig gelernte Zitate, euphorische Weitergabe an andere."
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 Hg. v. Jürgen Wolf und Nietzsche ging es primär um Wirkung. Seine Schriften sollten in Fleisch und Blut seiner Leser
Robin Kuhn übergehen, körperlich-physische Ekstasen auslösen. Ob seine Fassade erregender Formen
Sterbende Kinder sehen keinen
eher banale Inhalte verkleidet, wie Schla er meint, sei dahingestellt. Auch gehört "Der Fall
Neue Romane in Erlkönig
Wagner" zum späten, deutlich vom einsetzenden Größenwahn geprägten Werk Nietzsches. Kleine Literaturgeschichte des
Fortsetzungen:
Wenig überzeugend ist Schla ers Versuch, in Nietzsche einen Verteidiger der von der sexuellen Missbrauchs
- Bettina Johl:
Holunderblüten. Roman
"Zahlenwelt" bedrohten "Wortwelt" zu sehen. Schla er beschreibt diesen problematischen von Christian Milz

um zwei Liebende auf den Gegensatz - Fantasie und Literatur versus Naturwissenschaft, Ökonomie, Demokratie - als
Simone Frieling über alle
Spuren Hölderlins einen seit der Romantik fortlebenden deutschen Topos -, um ihn dann selbst Nobelpreisträgerinnen
- Richard M. Weiner: Das fortzuschreiben: Für Schla er ist das Ende des Kommunismus gleichbedeutend mit dem für Literatur

Tagebuch eines "endgültigen Sieg der Zahl über das Wort", was der Germanist o enbar mit ambivalenten Textwerkstatt Stefan Jäger
Denkcomputers Gefühlen zur Kenntnis nimmt. Ohne Nietzsches Leistung jedenfalls hätte sich die Wortwelt für Lektorat, Redaktion und E-
"nicht so lange, so großartig und mit so katastrophalen Folgen gegen die Zahlenwelt Book
- Heide Tarnowski: 2017
mit 74. Ein behaupten können." Seltsam: Nietzsche mag Handel und Demokratie verachtet haben, aber Roboter, künstliche Intelligenz und
der Roman Aufstand der
Tagebuchroman auch Naturwissenschaften und Mathematik? Das wäre neu.
Denkcomputer (mit Video) des
Physikers Richard M. Weiner
- Thomas Anz (Hg.): "Es
Ähnlichkeiten des Film-Erfolgs
geht nicht um Christa
Downsizing (2017) mit einer Idee in
Wolf." Der Literaturstreit
Heinz Schla er: Das entfesselte Wort. Nietzsches Stil und seine Folgen. Weiners Roman Das Miniatom-
im vereinten Deutschand Projekt (2006)
- Bernd-Jürgen Fischer: Carl Hanser Verlag, München 2007.
Die geliebte Schwester:
Robert de Montesquiou 224 Seiten, 19,90 EUR. Schillers Schwägerin Caroline
und Marcel Proust ISBN-13: 9783446209466 und ihr Roman Agnes von
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Letzte Änderung: 21.11.2016 - 18:43:48
Erschienen am: 20.12.2007
Lesungen: 7696
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