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Das Reflexionsseminar

der Berufspraktischen Studien am Institut Primarstufe

Die vorliegende Broschüre richtet sich an Leitende der Reflexionsseminare.

Sie unterstützt die reflexive Auseinandersetzung der Reflexionsseminarleitenden in Bezug auf die persönliche
Rollengestaltung, ersetzt aber nicht eine Ausbildung in Mentoring/Coaching und/oder ein vertiefendes Selbststu-
dium mit Fachliteratur.

1. Teil: Bedeutung der Reflexionsseminare für den Professionalisierungsprozess


2. Teil: Konzeption und strategische Ausrichtung der Reflexionsseminare am Institut Primarstufe
3. Teil: Eckpunkte der Gestaltung
4. Teil: Literatur
5. Teil: Sammlung von methodischen Bausteinen zur Realisierung von theoriegeleiteter Reflexion, von Fallarbeit
und forschenden Zugangsweisen zum Phänomen des Lernens und Lehrens.

Institut Primarstufe
Abteilung Berufspraktische Studien
Strengelbachstrasse 25B, 4800 Zofingen
Telefon: +41 62 745 56 91
E-mail: praxis.ip.ph@fhnw.ch
Inhalt
Hinweise und Rahmenbedingungen Rahmenbedingungen in Kürze
1. Bedeutung der Reflexionsseminare für
den Professionalisierungsprozess • Für ein Reflexionsseminar (RS) stehen pro
Praxisphase 3 oder 4 ECTS-Punkte oder
1.1. Biographische Selbstreflexion 90 bzw. 120 Arbeitsstunden zur Verfügung.
1.2. Reflexivität im Erfahrungsaufbau aus- Davon werden 28 Stunden für Präsenzver-
gehend vom eigenen Unterrichtshan- anstaltungen und 62 bzw. 92 Arbeitsstun-
deln den für Vor- und Nachbereitung sowie für
1.3. Reflexivität als analytischer Bezug auf die Durchführung und Dokumentation der
Situationen des Lehrens und Lernens Projekte des Forschenden Lernens genutzt.

2. Konzeption der Reflexionsseminare am • Die Reflexionsseminare sind wie folgt do-


Institut Primarstufe tiert:
- Praxisphase 1: Reflexionsseminar Lei-
2.1 Die Funktion der Leitenden der Reflexi- tung Dozierende EW/FD, 3 ECTS-P.
onsseminare - Praxisphase 2: Reflexionsseminar
2.2 Die Organisation der Reflexionssemina- Leitung Dozierende EW, 3 ECTS-P.
re - Praxisphase 3: Reflexionsseminar Lei-
tung Dozierende FD, 3 ECTS-P.
3. Eckpunkte der Gestaltung - Praxisphase 4: Reflexionsseminar
Leitung Dozierende EW/FD Mitarbeit
4. Literatur Praxisexperten, 4 ECTS-P.

5. Anhang

Hinweise

Die Broschüre stützt sich auf folgende Rah-


menpapiere und konkretisiert diese im Hinblick
auf die Durchführung der Veranstaltungen:

- «Rahmenkonzept Berufspraktische Studien»


vom 3.6.2009
- «Grundlagen für die Kommunikation, Strate-
giepapier Berufspraktische Studien Primarstu-
fe» von 2009, verfasst von Stefan Scherer
- «Berufspraktische Studien an der Primarstu-
fe» vom 22.10.10, verfasst von der Leitung Be-
rufspraktische Studien Primarstufe
- «Didaktische Gestaltung der Mentorate und
Reflexionsseminare» vom 27.3.2009, verfasst
von Daniel Wrana und Barbara Ryter Krebs.

Die Idee der angehängten methodischen Bau-


steine («Methodenkoffer») stammt aus dem
Papier «Reflexionsseminare im Studiengang
Sekundarstufe II» vom März 2011, verfasst
von Annamarie Ryter, Philipp Sacher und Jürg Impressum
Marti. Institut Primarstufe
Abteilung Berufspraktische Studien
Strengelbachstrasse 25B, 4800 Zofingen
Verfasst von: Barbara Ryter, Stefan Scherer
Version 1. August 2011

Reflexionsseminar – Berufspraktische Studien Institut Primarstufe – Pädagogische Hochschule Seite 2


1. Bedeutung der Reflexionssemina-
re für den Professionalisierungs- 1.1. Biographische Selbstreflexion
prozess Sie dient der Bewusstwerdung von vergange-
nen Erfahrungen und daraus resultierenden
Im Grundlagenpapier «Didaktische Gestaltung subjektiven Deutungen und Konstruktionen
der Mentorate und Reflexionsseminare» (Wra- von Zusammenhängen und Erklärungsmus-
na/Ryter 2009) wird der theoretische Hinter- tern. Im Bereich der Schule bringen alle lang-
grund der Professionalisierungsprozesse in jährige und vielfach emotional aufgeladene Er-
der Lehrerinnen- und Lehrerbildung ausführlich fahrungen mit, die unreflektiert als subjektive
dargelegt. An dieser Stelle soll nochmals die Theorien das Unterrichtshandeln mitsteuern.
Bedeutung der Reflexivität betont werden: Diese «Übervertrautheit» der Unterrichtssitua-
«Professionelles Handeln im Lehrberuf gilt als tionen (Herzog 2001:21) gilt als eines der
nicht vollständig standardisierbar bzw. routini- grössten Hemmnisse beim Aufbau von profes-
sierbar, weil die Situationen, in denen sich die- sionellen Handlungspraktiken. Die Auseinan-
ses Handeln vollzieht, immer wieder neu dersetzung mit eigenen und fremden Deu-
konstelliert sind. Als zentrale Antwort auf diese tungsmustern, welche Entscheidungen beim
Problematik gilt die Kompetenz der Reflexivität Unterrichtshandeln unbemerkt beeinflussen,
(z.B. Reh/Ra-benstein 2005), die verschiedene sollen in den Reflexionsseminaren entdeckt, in
Formen und Ebenen umfasst» (Wrana/Ryter Worte gefasst und damit bearbeitbar gemacht
2009:1). werden.
Aus professionstheoretischer Perspektive gel-
ten antinomische Widersprüche als strukturelle 1.2. Reflexivität im Erfahrungsaufbau
Merkmale von Unterricht (Helsper 1996), die ausgehend vom eigenen Unterrichts-
nicht einfach aufzulösen sind. Berufsprakti- handeln
sches Wissen soll nicht nur über die Vermitt-
lung von Praxiserfahrung weitergegeben wer- Die Expertiseforschung zeigt Wege auf, wie
den, weil dies bei den Studierenden zur Erwar- Kompetenzen des Unterrichtshandelns erwor-
tung führen kann, «dass ein gewünschter Ef- ben und theoretische Zugänge und praktische
fekt entsteht, wenn man es genau so macht, Erfahrungen zu verbinden sind anstatt als Ge-
wie der erfahrene Praktiker, die erfahrene genpole wahrgenommen zu werden: «Profes-
Praktikerin es macht. Dieses Wissen hat eine sionell Handelnde beziehen sich demnach auf
technologische Struktur, ohne allerdings tech- wissenschaftliches Wissen, aber nicht im in-
nologisches Wissen zu sein. Technologisches strumentellen Sinn, sondern in verschiedenen
Wissen ist im Kern ein Wissen, welches von Formen der Reflexion. (...) Die didaktische Ar-
genau definierten Ausgangsparametern mit ei- beit in den Reflexionsseminaren hat die Auf-
nem genau definierten Set von Massnahmen gabe, die produktive Verkoppelung von Wis-
zu einem bestimmbaren Resultat führt, weil die sensbeständen mit Erlebnissen im Praktikum
Prozesse stabilen Zweck-Mittel-Relationen un- zu einem professionellen Erfahrungsaufbau zu
terliegen, die wiederum bekannt und erforscht leiten. Dies ist möglich im Modus des Aufbaus
sind. Nun zeichnen sich pädagogische Situati- von Praktiken der «reflection-on-action» im
onen gerade nicht durch stabile, technologisch Rahmen der Reflexionsseminare mit dem Ziel,
gestaltbare Verhältnisse aus. Dies erfahren die Kompetenz der «reflection-in-action»
Lehrpersonen häufig erst beim Berufseintritt (Schön 1983), des Abwägens und Entschei-
und es kommt dann zum seit Jahrzehnten un- dens und damit der Handlungsfähigkeit in der
tersuchten Phänomen des so genannten Pra- zeitlichen Verdichtung der Handlungssituation
xisschocks» (Rahmenkonzept BPS:2). aufzubauen» (Wrana/Ryter 2009:2).
Als Lösungsansatz bietet sich die Vision eines
«reflective practitioner» an, der reflexiv auf 1.3. Reflexivität als analytischer Bezug
Überraschungen reagiert - während des Han- auf Situationen des Lehrens und Ler-
delns und auch rückblickend auf Unterrichtssi- nens
tuationen (Schön 1983). Was bedeutet die
Forderung nach Reflexivität konkret, welche Reflexivität muss nicht nur biographische
Unterschiede sind zu berücksichtigen? Selbsterkundung bedeuten. Darunter wird
ebenso eine forschende Grundhaltung und die
«systematische und analytische Erkundung
des eigenen Handlungsfeldes verstanden. Die-

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se erfolgt über differenzierte Situationsanaly- ist daher ein Konzept, das auf eine bestimmte
sen und durch theoretische Perspektiven auf Weise auf das Theorie-Praxis-Problem antwor-
pädagogische Prozesse. Forschendes Lernen tet» (ebd.).

2. Konzeption und strategische Ausrichtung der Reflexionsseminare am


Institut Primarstufe

Die Reflexionsseminare der Berufspraktischen Studien am IP sind als Dreh- und Angelpunkt zwischen
Praxisphasen und berufswissenschaftlichen Inhalten konzipiert.

Professionalisierungskonzept der PH FHNW:


Kompetenzorientierung und Reflexivität
Ziel
Reflektierende/r Praktiker/in

Reflexionsseminare Berufspraktische
Studien
Reflexive Sicht auf eigenes und fremdes
Unterrichtshandeln entwickeln, Bewältigungs-
strategien erarbeiten

Ausbildende aus beiden Bereichen

Ausbildung an der PH Ausbildung im Berufsfeld


Spannungs-
felder
Theoretische Zugänge Praktische Erfahrungen
Lesarten entwickeln, Handlungs- und Reflexions-
Wissen und Können aufbauen und kompetenz aufbauen,
vertiefen, Denken unterstützen Praktiken des Unterrichtens
ausprobieren und evaluieren
Ausbildende: Dozierende aus
verschiedenen Disziplinen, Ausbildende:
teilweise mit Erfahrungen im Praxislehrpersonen
Berufsfeld
Kontext
Berufswissenschaften Erweiterter Berufsauftrag:
• Umgang mit Heterogenität
• Erziehungswissenschaft (integrative Schulung)
• Fachwissenschaften • Harmos
• Fachdidaktiken • Ökonomisierung/
Bürokratisierung

Die Professionalisierungsarbeit in den Reflexi- lungsleistung zwischen theoretischen Zugän-


onsseminaren stellt in dem Sinn eine Vermitt- gen und praktischen Erfahrungen dar, die auf

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einem dynamischen Theorie-Praxis-Verständ- dagogischen Handelns zeichnet unterschiedli-
nis basieren. Diese strategische Ausrichtung che «Figuren der Relationierung von Lehrer-
der Reflexionsseminare erzeugt Spannungs- wissen und Lehrerkönnen» (Neuweg 2004). Es
felder, die eine spezifische Dynamik des Theo- können mit Neuwegs Systematik 12 Denkfigu-
1
rie-Praxis-Verhältnisses im Professionalisie- ren identifiziert werden, die den Zusammen-
rungsprozess auslösen sollen: Die Reflexions- hang zwischen Wissen und Können bestim-
seminare stellen sich in den aktuellen Kontext men (2004:2ff). Diese Denkfiguren haben Im-
der Fragen um Profession, Professionalisie- plikationen auf das Beantworten zentraler Fra-
rung und pädagogische Professionalität und gen der berufspraktischen Ausbildung:
den Aufbau entsprechenden Wissens und
Könnens. • Wie wird Wissen zu Können?
• Wie erwerben Studierende Handlungs-
kompetenzen?
Spannungsfeld 1: Erweiterter Berufsauftrag • Welches ist der Professionalisierungsbei-
der Lehrpersonen trag von Praxislehrpersonen?
• Welchen Professionalisierungsbeitrag leis-
Das Berufsfeld verändert sich ständig. Einer- ten die Reflexionsseminare?
seits wird eine wachsende Autonomie der
Schulen angestrebt, andererseits lassen sich Die Anlage des Reflexionsseminars orientiert
seit einiger Zeit Tendenzen zur Bürokratisie- sich, wie weiter oben dargelegt, an der Syste-
rung und Ökonomisierung beobachten, die ih- matik der Reflexionskonzepte, die nach Neu-
rerseits die professionelle Autonomie ein- weg den Differenzmodellen zuzurechnen sind.
schränken. Unterrichten als professionelle Diese messen der Erfahrung eine herausra-
Identität stiftende Kerntätigkeit der Lehrperson gende Bedeutung zu (vgl. Konzeption und zeit-
steht in Konkurrenz mit der Teilnahme an Pro- liche Ausgestaltung der Praktika), verstehen
zessen der Schulentwicklung, interprofessio- sie aber nicht als blosse Einsozialisierung in
neller Zusammenarbeit und der Netzwerkbil- die Praxis. Vielmehr sehen sie Professionali-
dung. Diese Veränderungen zwischen Bil- sierung als «auf Dauer gestelltes Wechselspiel
dungssystem und Gesellschaft beeinflussen von Einlassung auf Erfahrung, Reflexion auf
das Spannungsfeld der Bearbeitung des Theo- Erfahrung und Rückübersetzung in neues
rie-Praxis-Verhältnisses in den Reflexionsse- Handeln und Erfahren» (Neuweg 2004:16).
minaren (vgl. Schwerpunkt Praxisphase 4: Lo-
kale Schule als System und ihre Bezugssys- In Reflexionskonzepten werden die unter-
teme). schiedlichen Wissensformen thematisiert und
miteinander in Beziehung gesetzt. In der refle-
xiven Auseinandersetzung mit Fallbeispielen
Spannungsfeld 2: Erwerb von Handlungskom- soll die Bedeutung des impliziten Wissens, das
petenz in einem komplexen Berufsfeld sich vor allem im Handeln zeigt und ein Teil
des professionellen Könnens darstellt, analy-
Die strategische Ausrichtung der Reflexions- tisch geklärt und in Bezug auf die Kompetenz-
seminare antwortet auf die Komplexität des ziele veränderbar gemacht werden. Die Wis-
Unterrichtes und thematisiert theoriegeleitet sensbasis soll in der Weise angereichert wer-
und erfahrungsorientiert Hilfen zur Bewältigung den, weil «das Können des Experten nicht nur
der Herausforderungen. Dabei interessiert das das schnelle, unbewusste Befolgen der glei-
Dazwischen, die Art und Weise, wie sich pä- chen Regeln ist, die man als Anfänger einmal
dagogische Professionalisierung in theoreti- gelernt hat» (Bromme 1992: 150; vgl. Wis-
scher und in praktischer Perspektive vollziehen
kann. Die Akteure der Reflexionsseminare be-
1
fassen sich sowohl mit pädagogischem Be- Neuweg (2004) unterscheidet sechs Integrationskonzep-
rufswissen, das sich am expliziten bzw. wis- te (Technologie-, Mutterwitz-, Prozeduralisierungs-, Brillen-
, Induktions- und Parallelisierungskonzept) und sechs Dif-
senschaftlichen Wissen orientiert, wie auch mit ferenzkonzepte (Persönlichkeits-, Erfahrungs- und Meis-
dem impliziten Berufswissen, das sich als ela- terlehre-, Anreicherungs-, Interferenz-, konsekutives Drei-
boriertes pädagogisches Können zeigt. phasenkonzept). Einleitend hält er fest: «Welche dieser
Denkfiguren den „wahren“ Zusammenhang zwischen Wis-
sen und Können am ehesten trifft, soll im Folgenden un-
beantwortet bleiben. Allen nämlich wohnen gewisse
Spannungsfeld 3: Unterschiedliche Vorstellung Wahrheitsmomente inne, so dass zwischen ihnen nicht ei-
vom Theorie-Praxis-Bezug gentlich zu wählen, sondern viel mehr zu fragen wäre, wie
und an welchen Stellen sie in einem umfassend gedachten
Konzept von Lehrerbildung zur Geltung gebracht werden
Die Debatte über die Professionalisierung pä- könnten.» (ebd., S. 2)

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sensforschung, u.a. Polanyi 1966, Shulman Es geht in den Reflexionsseminaren deshalb
1991, Bromme 1992). auch darum, die Handlungskompetenz der
Studierenden aufzubauen: Durch theoriegelei-
Auch im Berufsfeld zeigen sich heterogene tete und erfahrungsorientierte Impulse unter-
Vorstellungen über Bezüge von theoretischen stützen die Reflexionsseminarleitenden die
Lehrveranstaltungen und praktischen Erfah- Studierenden beim Bewältigen von konkreten
rungen. In der Öffentlichkeit wird die politische Praxissituationen. Beachtet werden dabei nicht
Diskussion darüber oft polarisierend geführt. nur das eigene Lehren, sondern auch die op-
Die Etikettierung der Entwicklung der Pädago- timale Förderung des Lernens und die Ent-
gischen Hochschulen als «Verakademisierung wicklung der Schülerinnen und Schüler.
des Lehrerberufs» zum Beispiel wendet sich
einseitig gegen die theoretischen Teile der Mit diesem Verständnis und der damit verbun-
Ausbildung und erschwert eine differenzierte denen Konzeption der Reflexionsseminare
Auseinandersetzung mit dieser komplexen werden zwei Fehler vermieden: einerseits eine
Problematik. Überbewertung und Idealisierung der Rationa-
lität und Reflexivität durch explizites Lernen,
Was bedeutet dieses komplexe Spannungsfeld andererseits ein holistisch-intuitiver Überhang
für die Arbeit in den Reflexionsseminaren? In zu impliziten Vorurteilen und impliziter Blind-
der Zusammenarbeit in den Reflexionseminar- heit aufgrund von Routinisierung (vgl. Neuweg
Teams (Studierende, Praxislehrpersonen, Se- 1999: 344ff., kritisch zum Modell des Fertig-
minarleitende) begegnen sich Menschen mit keitserwerbs nach Dreyfus/Dreyfus 1989).
differenten Vorstellungen über anzustrebende Diese beiden Fallen lassen sich theoretisch
Theorie-Praxis-Bezüge, teilweise verunsichert umgehen, wenn die reflexive Steuerung des
von der aktuellen öffentlichen Debatte. (unterrichtlichen) Handelns auf eine Vernet-
zung von «diskursivem und praktischem Be-
2
Die Aufgabe der Leitenden der Reflexionsse- wusstsein» (Giddens 1984) zielt, denn das
minare besteht darin, die Logik der Ausbildung praktische Handwerk greift vor allem, aber
an der PH FHNW, die sich, wie in den ersten nicht nur, auf implizites Wissen zurück, das
beiden Kapiteln dargelegt, am Konzept der Re- diskursive auf explizites Wissen.
flexivität orientiert, gegenüber Studierenden
und Praxislehrpersonen aufzuzeigen und in- Für die Arbeit im Reflexionsseminar bedeutet
haltlich zu vertreten, ohne die anderen Kon- diese Relativierung des Primats der Reflexivi-
zepte abzuwerten. Aus der Perspektive der tät im Weiteren, dass «die Pädagogik einmal
Reflexivität ermöglichen Leitende der Reflexi- anerkennen (muss), dass es dieses Bedürfnis
onsseminare den Studierenden eine konstruk- nach Technologie gibt und dies für Novizen
tiv-kritische Bearbeitung der unterschiedlichen (die wir in den Praktika selbst konstituieren)
Theorie-Praxis-Vorstellungen. Reflexionssemi- auch die erste Stufe professioneller Sicherheit
3
narleitende, Studierende und Praxislehrperso- darstellt.» Auf dem Hintergrund dieser Lesart
nen treten in einen Dialog und lernen vonei- kann die Komplexität, Vielfalt, Reichhaltigkeit
nander. und Widersprüchlichkeit, d.h. die gesellschaft-
liche Strukturiertheit des Berufsfeldes mit sei-
Relativierend kann angemerkt werden, dass nen Praktiken, im Rahmen der Ausbildung nur
das Ziel des reflektierenden Praktikers nicht ausreichend verstanden werden, wenn die Ak-
gleichgesetzt werden darf mit den Möglichkei-
ten der Studienanfänger: Professionsspezifi- 2
sche Reflexion baut auf einer Handlungskom- «Was die Handelnden über ihr Handeln und die entspre-
chenden Handlungsgründe wissen – ihre Bewusstheit
petenz auf, die am Anfang der Ausbildung (knowledgeability) als Handelnde – ist ihnen weitgehend in
nicht vorausgesetzt werden kann, und dient der Form des praktischen Bewusstseins präsent. Dieses
der permanenten Weiterentwicklung und Be- praktische Bewusstsein (practical consciousness) umfasst
gründung des Handelns im Berufsalltag. Als all das, was Handelnde stillschweigend darüber wissen,
wie in den Kontexten des gesellschaftlichen Lebens zu
Novizen müssen sich die Studierenden zuerst verfahren ist, ohne dass sie in der Lage sein müssten, all
immer auch in der neuen Rolle bewähren, dem einen direkten diskursiven Ausdruck zu verleihen.
«zum gelingenden Handeln gehört daher we- ( ) In erster Linie vom praktischen Bewusstsein getragen,
sentlich auch die Fähigkeit, ganz bei der Sa- treibt die Routine einen Keil zwischen den potentiell explo-
siven Inhalt des Unbewussten und die reflexive Steuerung
che zu sein» (Neuweg 2004:18), was sich des Handelns, die Handelnde entwickeln» (Giddens 1984,
nicht immer mit einer zu erlernenden reflexiven S. 36f.). Deshalb ist eine bewusste Gestaltung von Trans-
Haltung verträgt. formationsleistungen für eine gelingende Professionalisie-
rung relevant.
3
Forneck 2008: Thesen zur Lehre an der Pädagogischen
Hochschule FHNW. Internes Papier.

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teure an der Pädagogischen Hochschule und 2.2 Organisation der Reflexionsseminare
im Berufsfeld, also die Professoren, Dozieren-
den, Praxislehrpersonen und Studierenden, Die Reflexionsseminare sind immer einer Pra-
kooperieren. Es ist die zentrale Aufgabe des xisphase zugeordnet und sollten nicht zeitlich
Bereichs Berufspraktische Studien und der Re- verschoben studiert werden. Sie orientieren
flexionsseminarleitenden im Besonderen, die- sich inhaltlich an den Akzenten der jeweiligen
se notwendige Vernetzungsarbeit zu fördern Praxisphase:
und zu koordinieren. Wissen und Können der
Akteure im Praxis- und Berufsfeld und an der Praxisphase Inhaltlicher Akzent der
Hochschule müssen sich ergänzen, damit die Praxisphase und des
Ausbildung den Anforderungen des Berufs ge- Reflexionsseminars
recht werden kann. Praxisphase 1 (Tages- Lehrende und Lernende
praxis und Blockprakti- als Akteure im Unterricht
kum) (inkl. Berufseignungsab-
klärung)
2.1 Funktion der Leitenden der Reflexions- Praxisphase 2 (speziel- Klassenführung und He-
seminare (RS) le Regelung des Refle- terogenität
xionsseminars für das
Die Leitenden der Reflexionsseminare über- Blockpraktikum in der
nehmen die Ausbildungsverantwortung für Romandie)
Präsenzveranstaltungen, Selbststudienanteile Praxisphase 3 (speziel- Fachbezogenes Lehren
und Studienleistungen der Studierenden – al- le Regelung des Refle- und Lernen in der Schu-
leine in Praxisphase 1, 2, 3 und im Team in xionsseminars für das le
Blockpraktikum im Aus-
Praxisphase 4.
land)
Praxisphase 4 Die lokale Schule als
Die Leitenden der Reflexionsseminare besu- System und ihre Be-
chen die Studierenden im Blockpraktikum. In zugssysteme
der Regel besuchen sie jedes Tandem an ei-
nem Halbtag, beobachten das Unterrichtshan- Kleingruppen
deln der Studierenden und führen eine Nach-
besprechung durch. Diese soll an den Besuch Reflexionsseminare sind keine klassischen
anschliessen und die Reflexivität der Studie- Seminare, in denen professionsspezifisches
renden ins Zentrum stellen: Die Studierenden Wissen vermittelt wird. Dies würde eine
formulieren als erste ihre Eindrücke, Erkennt- Kursgrösse von 12-14 Studierenden nicht legi-
nisse und offene Fragen. Die Leitenden der timieren. Sie sind der Ort, an dem die Studie-
Reflexionsseminare und die Praxislehrperso- renden eigene Fragestellungen und Fallbei-
nen nehmen die Impulse auf, fragen nach spiele einbringen, sich getrauen, über schwie-
Konkretisierungen, Fachbegriffen oder Be- rige Situationen zu sprechen, aktiv mitdenken
gründungen und ermuntern die Studierenden, und gemeinsam mit den Leitenden der RS und
Verbindungen zu theoretischen Konzepten und Mitstudierenden theoriegeleitet nach Hand-
professionellen Praktiken herzustellen. lungsalternativen suchen, damit in einen Dia-
log des «reflection-on-action» (Schön 1983)
Die RS-Leitenden der ersten Praxisphase eintreten. Sie sind auch der Ort, wo Praxispro-
übernehmen Mitverantwortung bei der Abklä- jekte konzipiert, ausgewertet und forschende
rung der Berufseignungsabklärung. Die Lei- Zugänge zu Aspekten von Unterricht aufge-
tenden der RS koordinieren den Praxiseinsatz gleist werden.
der Studierenden und fungieren als erste An-
lauf- und Auskunftsstelle für die ihnen zugeteil- Die Kleingruppe ermöglicht es, die Studieren-
ten Praxislehrpersonen und Studierenden. Bei den individuell herauszufordern und sie zu er-
auftretenden Problemen moderieren sie Kon- mutigen, unreflektiert übernommene Praktiken
fliktgespräche und suchen nach einvernehmli- des Lernens und Lehrens in Frage zu stellen.
chen Lösungen. Sie informieren die zuständi-
gen Stellen und können nach Bedarf die Zeitliche Positionierung
Standortverantwortlichen bzw. den Leiter der
Berufspraktischen Studien beiziehen. In den Die Reflexionsseminare finden während der
Manualen finden sich allgemeine Formulare für Semester statt und umfassen je 28 Präsenz-
die Anleitung der Reflexion. Diese können lektionen 4. Die Reflexionsseminare 2-4 finden
spezifisch auf die thematischen Akzente der hauptsächlich in dem Semester statt, das an
einzelnen Praxisphasen bezogen oder situativ
ergänzt werden. 4
Für Flexstudierende gelten spezielle Regelungen.

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das jeweilige Blockpraktikum im Zwischense- ten Praxisphase das gesamte Berufsfeld von
mester anschliesst. Dies ermöglicht die reflexi- Lehrpersonen der Primarstufe. Das Reflexi-
ve Bearbeitung der Praxiserfahrungen. Das onsseminar findet 8-10 Mal statt in der Regel
erste RS dagegen beginnt parallel zur Tages- dreistündig während des Frühlingssemesters
praxis während des ersten Semesters und um- unmittelbar vor der Diplomierung. Dozierende
fasst nach dem Blockpraktikum nur noch 2 Sit- der PH leiten mit entsprechend qualifizierte
zungen im zweiten Semester. Dies erfordert Praxislehrpersonen zusammen ein Reflexions-
methodisch ein etwas anderes Vorgehen, weil seminar mit 12-14 Studierenden, besuchen
die meisten Studierenden noch kaum über Un- und beurteilen die Studierenden und beraten
terrichtserfahrung verfügen und im analyti- und begleiten sie bei ihren Praxisprojekten.
schen Bezug auf Situationen des Lernens und
Lehrens erst geschult werden müssen (Kon- Studienleistungen
kretisierungen vgl. Bausteine im Anhang).
Neben der aktiven Mitarbeit wird in allen Re-
Die Setzung der Reflexionsseminare variiert in flexionsseminaren Selbststudium und eine
Bezug auf die zeitliche Abfolge mit berufswis- schriftliche Dokumentation verlangt:
senschaftlichen Modulen und ermöglicht damit
unterschiedliche Theorie-Praxis-Bezüge: Die Selbststudium Dokumentati-
erziehungswissenschaftlichen Seminare mit onsauftrag
der Thematik der Klassenführung und Hetero- Praxis- Grundlage der Be- Lernporträt einer
genität finden teilweise erst nach dem Block- phase rufspraktischen Schülerin/eines
1 Studien 5 Schülers
praktikum und damit gleichzeitig zu den Refle-
xionsseminaren statt. Die Studierenden erle- Praxis- Reader Klassen- Klassenführungs-
ben und reflektieren die Unterrichtssituationen phase führung und Hete- konzept
zuerst individuell, die Erfahrungen werden im 2 rogenität
RS aufgenommen, mehrperspektivisch in der
Praxis- Langfristige Pla- Entfaltung von
Gruppe analysiert und mit wissenschaftlichen phase nung 2 Lerngegenstän-
Modellen und Erkenntnissen relationiert. 3 Umgang mit Hete- den über längere
Gleichzeitig werden in der Erziehungswissen- rogenität Zeit
schaft in Lehrveranstaltungen weitere Aspekte Fachdidaktische
von Lernsteuerung und Umgang mit Hetero- Konzepte
genität thematisiert. Das dritte Blockpraktikum
dagegen absolvieren die Studierenden erst, Praxis- Hintergrundlitera- Praxisprojekt
wenn die fachdidaktische Ausbildung abge- phase tur zum Praxispro-
schlossen ist, verfügen also bereits über be- 4 jekt
rufswissenschaftliche Konzepte, wenn sie auf
der Zielstufe unterrichten. Im Reflexionssemi-
nar kann anschliessend die Umsetzung von Bezug zu Mentorat und Portfolio
fachdidaktischen Inhalten (z.B. thematischen
Unterrichtseinheiten) in den Praktika reflektiert Die Leitung der Reflexionsseminare wechselt
werden. nach jeder Praxisphase, sodass sie die Beglei-
tung des individuellen Professionalisierungs-
Diese Abfolge gilt nur für die Studierenden, die prozesses und dessen Dokumentation nicht
die Kurse alle in der vorgeschlagenen Abfolge leisten kann. Dies obliegt den Mentorierenden
belegen. Durch die Modularisierung gibt es in (nur im ersten Semester werden die beiden
jeder Kursgruppe Studierende mit unterschied- Rollen von der gleichen Person übernommen).
lichen Vorkenntnissen. Diese Heterogenität gilt Aktivitäten aus dem Reflexionsseminar können
es für mehrdimensionale Zugänge zu Theorie im Portfolio dokumentiert werden, wenn die
und Praxis zu nutzen. Studierenden diesen Fokus selbst wählen. Es
gibt keine Aufträge aus dem RS für das Portfo-
Es besteht auch die Möglichkeit, 1-2 Reflexi- lio.
onsseminare während des Blockpraktikums
durchzuführen und so von der zeitlichen Nähe
zwischen Erfahrungen im Unterricht und ange- 3. Eckpunkte der Gestaltung
leiteter Reflexion in der Gruppe zu profitieren.
«Die begleitenden Reflexionsseminare (...)
Co-Leitung Reflexionsseminar 4
5
Grunder et al.(2010): Unterricht verstehen, planen, ge-
Die Studierenden erschliessen sich in der letz- stalten, auswerten.

Reflexionsseminar – Berufspraktische Studien Institut Primarstufe – Pädagogische Hochschule Seite 8


sind Veranstaltungen, welche die Möglichkeit len Studierenden, die besprochenen Themen
bieten, das biografisch geprägte und häufig vertraulich zu behandeln (Fallgeschichten).
implizite Handlungs- bzw. Erfahrungswissen
der Studierenden zu den verschiedenen The- Aufgaben der Reflexionsseminarleitenden
menschwerpunkten bewusst und damit auch
bearbeitbar zu machen, mit wissenschaftli- «Die Leiterin, der Leiters des Reflexionssemi-
chem Wissen zu konfrontieren und anzurei- nars
chern sowie alternative Handlungspläne zu er- • moderiert den Erfahrungsaustausch unter
arbeiten, die wiederum in der Praxis erprobt den Studierenden zu den Praktika;
werden können. Sie werden als Fallwerkstät- • stellt relevante Bezüge zu berufswissen-
ten organisiert, in denen Situationen und Fall- schaftlichen Konzepten und Theorien her;
beispiele aus der Praxis reflektiert und relevan- • führt Fallbesprechungen durch;
te theoretische Bezüge herausgearbeitet oder • koordiniert und unterstützt die Studierenden
in denen Lernarrangements und Unterrichts- bei ihren Projekten zum Forschenden Lernen;
reihen systematisch geplant und ausgewertet • unterstützt die berufliche Problemlösekompe-
werden. In den Reflexionsseminaren werden tenz der Studierenden;
die beiden Ebenen der Wissenschaft und Pra- • ist verantwortlich für die Berufseignungsab-
xis bewusst verknüpft und integriert. Dabei klärung in Zusammenarbeit mit der Praxislehr-
werden die jeweiligen thematischen Schwer- person des ersten Praktikums» (Rahmenplan
punkte unter Bezugnahme auf erfahrungsbe- BPS 2009:15).
zogene und theoretische Hintergründe der er-
ziehungswissenschaftlichen und fachdidakti- Rollenklarheit
schen Ausbildung reflektiert und bearbeitet»
(Rahmenkonzept BPS: 8). «Trotz einer Beratungshaltung agieren Leiten-
de im Rahmen einer Institution und qualifizie-
Wege und Inhalte ren die Studierenden. Darin unterscheidet sich
das Setting klar von einer freiwilligen Beratung
Inhalte und Formen orientieren sich an den oder einem Coaching. Studierende sind zwar
Kompetenzen und Interessen der Gruppenteil- Expertinnen/Experten für ihr eigenes Leben,
nehmenden sowie an den aktuellen Heraus- als Lehrpersonen jedoch meist Beginnende.
forderungen in den verschiedenen Handlungs- Die Dozierenden ( ) verfügen in der Regel
feldern der Studierenden. Weder verantworten über deutlich mehr Unterrichtserfahrung. Diese
die Leitenden die Auswahl und Gestaltung al- Rahmenbedingungen sind einzubeziehen,
leine noch sollen diese beliebig zusammen- dennoch kann über Hierarchiestufen hinweg
gestückelt werden. menschlich auf gleicher Höhe kommuniziert
werden. De facto übernimmt die Leitung im
Auswahlkriterien können sein: Reflexionsseminar unterschiedliche Rollen. Es
ist daher zentral, diese Rollen und den Wech-
- persönliche Betroffenheit der Studie- sel der Rollen in den verschiedenen Phasen
renden zu reflektieren und zu deklarieren.
- grundlegende, bedeutsame Situatio-
nen aus dem Unterrichtsalltag Moderation: Die Dozierenden leiten die Dis-
- Veranschaulichungen zu kontrovers kussion, den Prozess, ohne eigenes fachbe-
geführten Diskursen zogenes Expertenwissen einzubringen. Sie
- politisch aktuelle Kontroversen schaffen einen geeigneten Rahmen, sodass
Studierende ihr spezifisches Fachwissen ein-
Leitung der Reflexionsseminare bringen können.

Die Leitung der Reflexionsseminare arrangiert Experte/Expertin: Dozierende übernehmen


Lernanlässe, in denen Studierende ihre Erfah- dort, wo es thematisch sinnvoll ist, auch
rungen und offenen Fragen aus Praxis und die Expertenrolle. Sie leisten einen konkreten
Lehrveranstaltungen thematisieren können. Input aus ihrem spezifischen Fachgebiet (Er-
Sie bringt Impulse ein, die Studierende zum ziehungswissenschaften, Fachdidaktik, Bera-
Nachdenken anregen können, setzt sich für tungskonzepte etc.) als eine mögliche Refe-
ein offenes Gesprächsklima ein und ermutigt renzdisziplin unter anderen.
die Teilnehmenden, sich aktiv zu beteiligen Beratung: Dozierende fördern mit Fragetechni-
und anderen Einblick in ihr Erleben zu geben. ken und Beratungsmethoden Klärungsprozes-
Sie geht mit der Heterogenität der Studieren- se bei Fallgebenden und den anderen Teil-
den verantwortungsvoll um. Sie fordert von al- nehmenden, stärken die Ressourcen der Teil-

Reflexionsseminar – Berufspraktische Studien Institut Primarstufe – Pädagogische Hochschule Seite 9


nehmenden und machen Kompetenzen der Combe, A./ Helsper, W. (Hrsg.): Pädagogische
Teilnehmenden für die Gruppe nutzbar. Professionalität. Frankfurt a. M., 521-569.
Herzog, Walter & von Felten, Regula (2001):
Vertretung der Institution: In dieser Rolle setzt Erfahrung und Reflexion. Zur Professionalisie-
die Leitung Massstäbe für die Mitarbeit und rung der Praktikumsausbildung von Lehrerin-
Präsenz im Seminar, sie verordnet und korri- nen und Lehrern. Beiträge zur Lehrerbildung,
giert die Studienleistungen und prüft, ob diese 19(1), 17 - 28.
dem geforderten Standard entsprechen. Bei Herzog, W. & von Felten, R. (2001). Von der
schwerwiegenden Bedenken im Hinblick auf Erfahrung zum Experiment. Angehende Lehre-
die Verletzung der Standesregeln (LCH) bei rinnen und Lehrer im reflexiven Praktikum. Bei-
einer Person ist die Leitung auch bei persönli- träge zur Lehrerbildung, 19(1), 29-42.
chen Fallbesprechungen von der Schweige- Neuweg, G. H. (1999). Könnerschaft und im-
pflicht entbunden, resp. hat sogar Meldepflicht. plizites Wissen. München: Waxmann.
Sie deklariert das zu Beginn des Seminars Neuweg, G. H. (2004). Figuren der Relationie-
prinzipiell und im Einzelfall vorgängig mit den rung von Lehrerwissen und Lehrerkönnen. In:
Betroffenen» (Ryter/Sacher/Marti 2011:13). Hackl, B., Neuweg, H.-G. (Hrsg.): Zur Profes-
sionalisierung pädagogischen Handelns. Ar-
Aufgabe der Studierenden beiten aus der Sektion Lehrerbildung und
Lehrerbildungsforschung in der Österreichi-
Sie unterzeichnen in der ersten Sitzung einen schen Gesellschaft für Forschung und Ent-
Vertrag, in dem sie sich verpflichten, die ange- wicklung im Bildungswesen, 1-27. Münster.
sprochenen Themen vertraulich zu behandeln. Polanyi, M. (1966). The Tacit Dimension. Gar-
den City, New York: Doubleday. (Deutsch: Im-
Sie beteiligen sich aktiv und übernehmen Mit- plizites Wissen. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1985).
verantwortung für Inhalte und Lernarrange- Radtke, F.-O. (1996): Wissen und Können -
ments. Grundlagen der wissenschaftlichen Lehrerbil-
dung. Opladen: Leske + Budrich.
Sie bringen eigene Ideen ein und präsentieren Reh, S.; Rabenstein, K. (2005): «Fälle» in der
in der Regel pro Reflexionsseminar eine inte- Lehrerausbildung. Schwierigkeiten und Gren-
ressante Situation aus der Praxis, die sich aus zen ihres Einsatzes. In: Journal für Lehrerin-
ihrer Sicht lohnt, in der Gruppe analysiert zu nen- und Lehrerbildung, 4, 47 - 54.
werden. Scherer, St. (2007). Theorie-Praxis-Pro-
fessionalisierung in der Ausbildung von Lehrkräf-
Das Reflexionsseminar ist eine obligatorische, ten – ein Modell. In: Seminar 4/2007,127 - 137.
beruflich orientierte Veranstaltung und keine Schneider Verlag Hohengehren.
Therapiesitzung. Fallbeispiele aus dem Prakti- Schön, Donald A. (1983): The reflective practi-
kum sind oft verknüpft mit persönlichen Über- tioner. Basic Books: New York.
zeugungen, Handlungs- und Deutungsmus- Shulman, L. S. (1991): Von einer Sache etwas
tern. Die Studierenden bestimmen selbst, wie verstehen: Wissensentwicklung bei Lehrern.
viel sie von ihrem persönlichen Erleben preis- In: Terhart, E., Unterrichten als Beruf,145 -
geben wollen. 160. Köln.

Literatur: Anhang
4. Literatur
Deppermann, Arnulf (2007): Gespräche
Bromme, R. (1992). Der Lehrer als analysieren. Eine Einführung. VS.Gudjons,
Experte: Zur Psychologie professionellen Wis- Herbert/Pieper, Marianne/Wagener, Birgit
sens. Bern: Huber. (1999): Auf meinen Spuren. Hamburg:
Dreyfus, L., Dreyfus, S.E. (1987). Künstliche Bergmann und Helbig.
Intelligenz. Von den Grenzen der Denkma- Schelle, Carla; Rabenstein, Kerstin; Reh,
schinen und dem Wert der Intuition. Reinbeck Sabine (Hrsg.) (2010): Unterricht als
b. Hamburg: Rowohlt. Interaktion. Ein Fallbuch für die Lehrerbildung.
Giddens, A. (1984). Die Konstitution der Ge- Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt.
sellschaft. Frankfurt, New York: Campus. Schlee & Mutzek (Hrsg.) (1996). Kollegiale
Helsper, Werner (1996): Antinomien des Leh- Supervision. Heidelberg: Schindele.
rerhandelns in modernisierten pädagogischen Schulz von Thun, Friedemann (2003):
Kulturen. Paradoxe Verwendungsweisen von Praxisberatung in Gruppen.Weinheim: Beltz.
Autonomie und Selbstverantwortlichkeit. In:

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