Sie sind auf Seite 1von 8

AUSBILDUNG – AUSBILDUNG – AUSBILDUNG – AUSBILDUNG

Auf der Jugendministerkonferenz vom 17. bis 18. Mai 2001 in Weimar wurde der
Bericht der Kommission Kindertagesstätten, Tagespflege, Erziehung in der Familie zum
„Lernort Praxis“ in der Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher zur Kenntnis
genommen. Die Jugendministerkonferenz hat beschlossen, dass es notwendig ist, in
den Ländern Formen der Zusammenarbeit der Lernorte „Praxis“ und „Schule“ zu ver-
stärken und weiter zu entwickeln. Damit wird der Mitverantwortung der Jugendhilfe
bei der Weiterentwicklung der Struktur der Ausbildung von Erzieherinnen und Erzie-
hern, wie auf der Jugendministerkonferenz vom Juni 1998 beschlossen, Rechnung
getragen.

Nachfolgend drucken wir den Beschluss der Jugendministerkonferenz vom Mai 2001
sowie den Bericht „Lernort Praxis“ ab.

„Lernort Praxis“ in der Ausbildung der


Erzieherinnen und Erzieher
Den nachfolgenden Beschluss fasste die Jugendministerkonferenz, die am
17./18. Mai 2001 in Weimar stattfand.:

1. Die Jugendministerkonferenz nimmt den Bericht der Kommission Kindertagesstätten,


Tagespflege, Erziehung in der Familie „Der Lernort Praxis in der Ausbildung der Erziehe-
rinnen und Erzieher“ zur Kenntnis. Sie betont die Notwendigkeit, in den Ländern Formen
der Zusammenarbeit der Lernorte „Praxis“ und „Schule“ zu verstärken und weiter zu ent-
wickeln.

2. Die Jugendministerkonferenz bittet die Kultusministerkonferenz, den Kultusministerinnen


und -minister der Länder zu empfehlen, die Ergebnisse des Kommissionsberichtes im Rah-
men der jeweiligen Ausbildungs- und Prüfungsordnungen zu berücksichtigen.

3. Der Beschluss und der Bericht sollen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Protokollnotiz Baden-Württemberg:

Es besteht Einigkeit darüber, dass mit der Zustimmung zu dieser Vorlage die Geeignetheit
anderer Ausbildungen und Fachrichtungen für die darin angesprochenen Aufgaben nicht in
Frage gestellt wird.

95
AUSBILDUNG – AUSBILDUNG – AUSBILDUNG – AUSBILDUNG

Kommission Kindertagesstätten, Tagespflege, Erziehung in der Familie:

– Der „Lernort Praxis“ in der Ausbil-


dung von Erzieherinnen und Erziehern –
Ausgangspunkt konventionellem Unterricht und lernstoff-
bezogenem Lernen sowie von der Trennung
Die Jugendministerinnen und Jugendmini- zwischen schulischer Innenwelt und sozia-
ster haben auf ihrer Konferenz am 25./26. lem Umfeld und hinkommen zu einer Arbeit
Juni 1998 in Kassel im Zusammenhang mit in situationsbezogenen Projekten, einem
der Weiterentwicklung der Ausbildung von forschenden und entdeckenden Lernen in
Erzieherinnen und Erziehern festgestellt, ganzheitlichen Zusammenhängen; die Ver-
dass veränderte Lebenswelten, Familien- mittlung veränderter Lerninhalte und geän-
strukturen und soziale Rahmenbedingun- derter Zielsetzungen muss sich auf die
gen sowie gesteigerte Erwartungen an Gestaltung des Lernarrangements selbst
Erziehung, Bildung und Betreuung die auswirken, indem, bezogen auf die Lebens-
Arbeitsfelder der Erzieherinnen und Erzieher und spätere Berufspraxis der Schülerinnen
in den Einrichtungen und Diensten der Kin- und Schüler, projektorientiert, disziplinüber-
der- und Jugendhilfe entscheidend prägen greifend und kooperativ gelernt wird; Aus-
und dass sich vor diesem Hintergrund auch bildung muss die Prinzipien der pädagogi-
die Anforderungen an die Qualifikation der schen Arbeit zum Grundsatz eigener Unter-
Fachkräfte mit neuer Dringlichkeit stellen. richtsgestaltung machen.
Erzieherinnen und Erzieher müssen in der
Lage sein, die Schlüsselprobleme des durch Gleichzeitig hat die Jugendministerkonfe-
gesellschaftliche Veränderungen geprägten renz festgestellt, dass die Sicherstellung die-
Lebens von Kindern, Jugendlichen und ihren ser Qualifikation nicht alleinige Aufgabe der
Familien zu erkennen, ihre Angebotsstruk- schulischen Ausbildungsstätten ist, sondern
tur darauf auszurichten und im pädagogi- dass die Kinder- und Jugendhilfe in den
schen Prozess angemessen darauf zu rea- praktischen Ausbildungsabschnitten unmit-
gieren. Darüber hinaus gewinnt die Arbeit telbar dazu beitragen muss, die Qualifizie-
mit den Eltern, dem sozialen Umfeld, den rungsziele und -inhalte zu erreichen. In
kooperierenden Diensten und Einrichtungen Anerkennung dieser Verantwortung haben
an Bedeutung. Eine Ausbildung, die auf eine die Jugendministerinnen und Jugendmini-
solche Berufspraxis vorbereiten soll, muss ster der Länder zu den Arbeitsfeldern, Auf-
die Lebensrealität ihrer Klientel ebenso in gabenprofilen und Qualifikationsanforde-
den Blick nehmen, wie die Dynamik des rungen der Erzieherinnen und Erzieher eine
sozialpädagogischen Arbeitsfeldes; sie muss Analyse erstellen lassen und diese der Kul-
sich lösen von einer an Fächern und Wis- tusministerkonferenz für die Neufassung
senschaftsdisziplinen orientierten Qualifika- der Rahmenvereinbarung über die Ausbil-
tion und hinkommen zu einer Orientierung dung und die Prüfung von Erzieherinnen
des Fächerkanons an Verwendungssituatio- und Erziehern zur Verfügung gestellt.
nen in der Berufspraxis; sie muss weg von

96
AUSBILDUNG – AUSBILDUNG – AUSBILDUNG – AUSBILDUNG

Besonders begrüßenswert ist, dass die Kul- gemeinsamen Verantwortung von Schule
tusministerkonferenz auf ihrer 161. Amt- und Praxis für die Ausbildung von Erziehe-
schefkonferenz am 27./28. Januar 2000 rinnen und Erziehern zu gewährleisten, ist es
nunmehr eine neue Rahmenvereinbarung erforderlich, dass der Dialog zwischen Kul-
zur Ausbildung und Prüfung von Erzieherin- tus- und Oberster Landesjugendbehörde,
nen und Erziehern beschlossen hat, in der – als ein Vertreter der Abnehmerseite der Kin-
unter ausdrücklichen Verweis auf den der- und Jugendhilfe, auf Länderebene fort-
Beschluss der Jugendministerkonferenz vom gesetzt wird. Vor dem Hintergrund der
25./26. Juni 1998 mit Blick auf das berufli- Komplexität der Jugendhilfepraxis sowie
che Anforderungsprofil von Erzieherinnen angesichts der zu bewältigenden neuen
und Erziehern – die mit der Ausbildung Anforderungen muss sich von einem zu eng
angestrebten Qualifikationen beschrieben gefassten Aufgaben- und Zuständigkeits-
und als Bezugspunkt für den gesamten Aus- denken gelöst werden. Die Umsetzung der
bildungsprozess bestimmt werden. Darüber neuen Rahmenvereinbarung in Ausbil-
hinaus wird – der Komplexität und Vielge- dungs- und Prüfungsordnungen sollte des-
staltigkeit sozialpädagogischer Praxis Rech- halb in partnerschaftlicher Zusammenarbeit
nung tragend – auf die Festlegung von von Kultusseite und der Seite der Obersten
Fächern verzichtet; stattdessen werden Landesjugendbehörden erfolgen.
Lernbereiche sowie methodisch-didaktische
Grundsätze vereinbart, die ein ganzheitli-
ches Lernen ermöglichen sollen. Mit dieser Grundsätze für die Ausbildung
Rahmenvereinbarung wird der Praxis als
Bezugspunkt der Ausbildung eine größere Die Obersten Landesjugendbehörden emp-
Bedeutung beigemessen und auch eine stär- fehlen daher, folgende Grundsätze bei der
kere Mitverantwortung bei der inhaltlich- Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern
fachlichen Gestaltung der Ausbildung zuer- zu berücksichtigen:
kannt.
1. Aus der Sicht der Obersten Landesju-
Die mit der neuen Rahmenvereinbarung gendbehörden brauchen die Erzieherin-
festgeschriebene gemeinsame Verantwor- nen und Erzieher, die zukünftig fähig sein
tung von Schule und Praxis für die Ausbil- sollen die Praxis zu gestalten, Erfahrun-
dung von Erzieherinnen und Erziehern kann gen sowohl aus dem „Lernort Schule“ als
nur dann verantwortungsvoll wahrgenom- auch aus dem „Lernort Praxis“. Die
men werden, wenn die strikte Zweiteilung Kompetenzen, die die Erzieherinnen und
der Ausbildung, bei der theoretisches Wis- Erzieher in der Praxis brauchen, können
sen nur in der Schule und praktische Erfah- keineswegs alle in der fachschulischen
rungen nur in der Praxis vermittelt werden, Ausbildung angemessen erworben wer-
zu Gunsten eines sich ergänzenden Mitein- den. Wichtige Lernerfahrungen brau-
anders überwunden und eine Neubestim- chen den „Lernort Praxis“. Umgekehrt
mung des Verhältnisses der Lernorte Schule sind für eine nicht nur auf passive Anpas-
und Praxis vorgenommen wird. Dies gilt es sung abzielende Ausbildung Erfahrungen
auch bei der Umsetzung der neuen Rah- im „Lernort Schule“ unabdingbar.
menvereinbarung in Ausbildungs- und Prü-
fungsordnungen auf Länderebene zu be- 2. Für die Praxis bedeutet das, will sie sich
rücksichtigen. Um die Wahrnehmung der dauerhaft als ein unverzichtbarer Partner

97
AUSBILDUNG – AUSBILDUNG – AUSBILDUNG – AUSBILDUNG

in den Prozess der Weiterentwicklung der sind durch ihren jeweiligen Aufgabenbe-
Ausbildung von Erzieherinnen und Erzie- reich, ihre Zielgruppe und auf Grund des
hern einbringen, dass sie sich selbst pädagogischen Konzeptes in der Lage,
zunehmend als ein Lernort begreift, der insbesondere folgende Lernerfahrungen
eine differenzierte Auseinandersetzung zu ermöglichen oder zu vermitteln:
mit den am „Lernort Schule“ erworbenen
Kenntnissen in konkreten Handlungssi- • Umsetzung ganzheitlicher Arbeits-
tuationen ermöglicht und sich dafür qua- ansätze, die der Komplexität der
lifiziert. Für den „Lernort Schule“ hinge- Jugendhilfepraxis Rechnung tragen;
gen heißt das, die Praxis als einen Lernort
wahrzunehmen, der für die Überprüfung • Umsetzung der erlernten interdiszi-
der vorwiegend theoriegeleiteten Bear- plinären Arbeitsformen, der verschie-
beitung praxisnaher Fragestellungen denen Konzepte, Methoden und
unverzichtbar ist und anerkennt, dass der Medien der sozialpädagogischen
Erwerb beruflicher Handlungskompetenz Arbeit in den pädagogischen Tages-
nur in sinnstiftenden und praxisbezoge- ablauf;
nen Kontexten möglich ist.
• praktische Gestaltung der Arbeit mit
3. Im Rahmen der Ausbildung von Erziehe- Kindern und Jugendlichen, Erwachse-
rinnen und Erziehern entspricht der nen, Institutionen und Einrichtungen;
„Lernort Praxis“ dem Einsatzfeld dieser
Berufsgruppe. Als vorrangiges Einsatz- • nachvollziehbare Konzeptionsent-
feld gilt der gesamte Bereich der Kinder- wicklung und Umsetzung im Hinblick
und Jugendhilfe mit den Arbeitsfeldern auf die betroffene Zielgruppe und die
Kindertagesbetreuung, Hilfen zur Erzie- Besonderheiten des Umfeldes sowie
hung und Jugendarbeit/Jugendsozialar- eine entsprechende Angebotsgestal-
beit/erzieherischer Kinder- und Jugend- tung;
schutz. Die praktischen Erfahrungsräume
für die Schülerinnen und Schüler sind die • Sicherheit bei der Beobachtung, dem
Praxisstellen, die aus den Einrichtungen Erkennen des Entwicklungsstandes
und Diensten dieser Arbeitsfelder als des Kindes/Jugendlichen, bei der
geeignet ausgewählt wurden. Sie bilden Analyse der Situation, Lebenswirklich-
den „Lernort Praxis“ im Rahmen der keit und Umfeld des Kindes/Jugendli-
Ausbildung. chen, der angemessenen Handlungs-
weise;
4. Der „Lernort Praxis“ trägt eine große
Verantwortung für die Umsetzung der • Einüben von planerischer, didakti-
im „Lernort Schule“ erworbenen Kennt- scher, kommunikativer und diagnosti-
nisse. Darüber hinaus soll er den Schüle- scher Kompetenz;
rinnen und Schülern persönliche und pro-
fessionelle Sicherheit und Stabilität ver- • Kennenlernen von partizipativen For-
mitteln sowie zentrale Schlüsselkompe- men der innerbetrieblichen Organisa-
tenzen stärken. Als geeignet ausgewähl- tion und der Partizipationsmodelle in
te Praxisstellen sind unverzichtbar für die der Arbeit mit den Kindern, Jugend-
Realisierung der Ziele der Ausbildung. Sie lichen und Eltern;

98
AUSBILDUNG – AUSBILDUNG – AUSBILDUNG – AUSBILDUNG

• kritische Reflexion von Einstellungen, der Ausbildungsverordnung verpflich-


Haltungen, pädagogischen Zielen und tend vorgeschrieben ist, erscheint als eine
Arbeitsformen im Team. geeignete Möglichkeit. Dabei sollte sei-
tens der Kinder- und Jugendhilfe darauf
geachtet werden, dass alle drei Arbeits-
felder entsprechend vertreten sind.
Rahmenbedingungen für die – In den Ländern sollten Rahmenbedin-
Ausbildung gungen geschaffen werden, die die Ent-
wicklung eines Curriculums erlauben, das
Aus der Sicht der Obersten Landesjugend- die Lernorte „Schule“ und „Praxis“ im
behörden sind für die Neubestimmung des Grundsatz als gleichwertig anerkennt
Verhältnisses der Lernorte Schule und Praxis und ihre gemeinsame Verantwortung für
als Voraussetzung für die Wahrnehmung die Ausbildung von Schlüsselqualifikatio-
der gemeinsamen Verantwortung bestimm- nen für die pädagogische Arbeit ange-
te Rahmenbedingungen erforderlich, die bei hender Erzieherinnen und Erzieher unter-
der Umsetzung der neuen Rahmenverein- stützt.
barung in Ausbildungs- und Prüfungsord- – Zur Vertiefung des gegenseitigen Ver-
nungen auf Länderebene berücksichtigt ständnisses sollten gemeinsame Fortbil-
werden sollten: dungen von den am „Lernort Schule“
tätigen Lehrkräften und den in die Aus-
– Unabhängig davon, ob die Ausbildung bildung einbezogenen Vertreterinnen
ein- oder zweiphasig ist, ist sie nicht allei- und Vertreter des „Lernortes Praxis“ ver-
nige Aufgabe der schulischen Ausbil- einbart werden.
dungsstätten. Die Obersten Landesju- – Die Ausbildung zur staatlichen anerkann-
gendbehörden stehen mit in der Verant- ten Erzieherin/zum staatlich anerkann-
wortung, für die Sicherstellung der Qua- ten Erzieher ist als Breitbandausbildung
lifikation in der gesamten Ausbildung zu konzipiert. Ausgehend von dem Berufs-
sorgen. Die Ausbildung ist ein gemeinsa- bild von Erzieherinnen und Erziehern
mes Anliegen sowohl der Obersten können diese in den klassischen Arbeits-
Schulaufsicht als auch der Obersten Lan- feldern der Kinder- und Jugendhilfe: Kin-
desjugendbehörden. dertagesbetreuung, Hilfen zur Erziehung
– Um die Wahrnehmung der gemeinsa- und Jugendarbeit/Jugendsozialarbeit/er-
men Verantwortung von Schule und Pra- zieherischer Kinder- und Jugendschutz,
xis zu gewährleisten, sollten in den Aus- aber auch in Arbeitsfeldern außerhalb
bildungs- und Prüfungsordnungen der der Kinder- und Jugendhilfe zum Einsatz
Länder fest verankerte Strukturen ge- kommen. Solche Arbeitsfelder ergeben
schaffen werden, die den beständigen sich in der Kindertagesbetreuung in den
Austausch und wechselseitigen Bezug Kindertageseinrichtungen – Krippe, Kin-
zwischen den Lernorten gewährleisten. dergarten, Hort –, bei den Hilfen zur
Die Einrichtung eines Beirates am „Lern- Erziehung in der sozialen Gruppenarbeit,
ort Schule“, der – wie im Land Hessen – sozialpädagogischen Familienhilfe, Erzie-
aus Lehrkräften der Schule und berufser- hung in einer Tagesgruppe, Heimerzie-
fahrenen sozialpädagogischen Fachkräf- hung, sonstige betreute Wohnformen,
ten, die die Kinder- und Jugendhilfe sozialpädagogischen Einzelbetreuung,
selbst benennt, zusammengesetzt und in Inobhutnahme und der Frühförderung.

99
AUSBILDUNG – AUSBILDUNG – AUSBILDUNG – AUSBILDUNG

In der Jugendarbeit geht es um Tätigkei- Anforderungen an die Lernorte


ten in Jugendfreizeiteinrichtungen, Kin-
der- und Jugendprojekten und sozial- Für die Umsetzung dieser Grundsätze for-
pädagogisch betreuten Spielplätzen. Zu mulieren die Obersten Landesjugendbehör-
den Arbeitsbereichen der Jugendsozial- den für den „Lernort Schule“ und den
arbeit zählen die Schulsozialarbeit, die „Lernort Praxis“ folgende Anforderungen
berufspädagogischen Ausbildungsange- im Sinne von Qualitätsmerkmalen:
bote und die Betreuungstätigkeiten in
Jugend- und Lehrlingswohnheimen, so- 1. Qualitätsmerkmale des „Lernortes
wie für ausländische Jugendliche. In dem Schule“
Arbeitsbereich des erzieherischen Kinder-
und Jugendschutzes geht es um Maß- – der „Lernort Schule“ öffnet sich gegenü-
nahmen zur Prävention vor Sucht und ber der Praxis als ein Lernort;
Gewalt, um Verkehrserziehung, Medien- – der „Lernort Schule“ kooperiert mit dem
schutz und Medienkompetenzvermitt- „Lernort Praxis“ bei der Entwicklung des
lung. Arbeitsbereiche und Einrichtungen schulbezogenen Curriculums;
außerhalb der Jugendhilfe können sein: – der „Lernort Schule“ entwickelt gemein-
Eingliederungshilfe nach BSHG, z. B. sam mit dem „Lernort Praxis“ die für die
Werkstätten für Behinderte oder Heime Ausbildung relevanten Ziele, Themen
für geistig und/oder körperlich behinder- und Schwerpunkte;
te Kinder und Jugendliche, aber auch – der „Lernort Schule“ erstellt gemeinsam
Kinderkrankenhäuser, Förderschulen, mit dem „Lernort Praxis“ einen Ausbil-
Sonderschulinternate und Frauenhäuser. dungsplan für die Schülerinnen und
In den Ausbildungs- und Prüfungsord- Schüler in den praktischen Ausbildungs-
nungen der Länder sollte sichergestellt abschnitten;
werden, dass die Schülerinnen und – zwischen dem „Lernort Schule“ und dem
Schüler während ihrer gesamten Ausbil- „Lernort Praxis“ finden regelmäßige Ab-
dung praktische Fähigkeiten (Kenntnisse sprachen über den Leistungsstand der
und Fertigkeiten) in mindestens zwei der Schülerinnen und Schüler statt;
genannten klassischen Arbeitsfelder er- – der „Lernort Schule“ holt zur Feststel-
werben können. lung der Berufsfähigkeit der Schülerin-
– In den Ausbildungs- und Prüfungsord- nen und Schüler die Beurteilung des
nungen der Länder sollte sichergestellt „Lernortes Praxis“ ein;
werden, dass der Erwerb praktischer – der „Lernort Schule“ beteiligt geeignete
Fähigkeiten am „Lernort Praxis“ glei- Vertreterinnen und Vertreter des „Lern-
chermaßen relevant für den erfolgrei- ortes Praxis“ an den Prüfungen;
chen Abschluss der Ausbildung ist wie – der „Lernort Schule“ hat Interesse an der
der Erwerb von Kenntnissen am „Lernort Mitarbeit von erfahrenen Praktiker(n)/
Schule“. In diesem Zusammenhang soll- innen Erzieher(n)/innen und Sozialpäd-
te auch sichergestellt werden, dass ein agog(en)/innen im Unterricht;
Vertreter/eine Vertreterin des „Lernortes – Lehrkräfte hospitieren in dem „Lernort
Praxis“ als Mitglied in den Prüfungsaus- Praxis“ und können dort z. B. beratend
schuss gewählt wird. mitwirken;
– der „Lernort Schule“ übernimmt Mitver-
antwortung für die Weiterentwicklung

100
AUSBILDUNG – AUSBILDUNG – AUSBILDUNG – AUSBILDUNG

und Sicherung von Qualitätsstandards in Qualifizierungsmaßnahme absolviert


der sozialpädagogischen Praxis, durch wurde.
Etablierung gemeinsamer Gremien für – Der Träger achtet darauf, dass der Perso-
eine vernetzte Professionalisierung bei- nalschlüssel in den Einrichtungen einge-
der Lernorte, wie Arbeitskreise, sozial- halten wird, um zu gewährleisten, dass
pädagogische Zentren etc. Schülerinnen und Schüler während ihrer
praktischen Ausbildungsabschnitte i.d.R.
nicht ohne Anleitung tätig werden und
2. Qualitätsmerkmale des „Lernortes Schülerinnen und Schüler nicht als Ersatz
Praxis“ für eine sozialpädagogische Fachkraft
eingesetzt werden.
Folgende Anforderungen an die Träger von – Der Träger stellt sicher, dass die Einrich-
Praxiseinrichtungen, die Praxisstellen und tung über eine schriftliche pädagogische
die Praxisanleitung sind zu stellen: Konzeption verfügt.
– Zur Konzeption der jeweiligen Einrich-
– Der „Lernort Praxis“ hat Verantwortung tung muss es gehören, sich selbst als ein
für die Weiterentwicklung und Sicherung „Lernort“ zu definieren und zwar im
von Qualitätsstandards in der sozial- doppelten Sinne; das Team der Einrich-
pädagogischen Praxis. Der Träger sollte tung versteht sich selbst als eine lernen-
den Zusammenhang zwischen Qualitäts- de Organisationseinheit; dieses Selbst-
sicherung der pädagogischen Arbeit und verständnis wiederum ist die Vorausset-
der Qualifizierung der Praxis als Lernort zung dafür, dass sich die Einrichtung
anerkennen. auch als ein „Lernort“ für andere öffnet;
– Die Ausbildung von Nachwuchskräften die Einrichtung versteht sich dann selbst
ist eine wichtige Personalentwicklungs- als ein „Lernort“ innerhalb von Ausbil-
aufgabe und gehört in besonderem dung, wenn sie ein Interesse sowohl an
Maße zur Verantwortung der Träger. Weiterentwicklung der sozialpädagogi-
– Der Träger sollte dafür sorgen, dass die schen Praxis als auch an der Förderung
Einrichtungen zur Wahrnehmung von eines qualifizierten Nachwuchses hat.
Aufgaben im Rahmen der Ausbildung ein – Es muss die Bereitschaft zur Entwicklung
ausreichendes Zeitbudget zur Verfügung umfassender Beziehungen zum „Lernort
gestellt bekommen, weil nur so eine Kon- Schule“ vorliegen, die die generelle Be-
tinuität in der Zusammenarbeit zwischen reitschaft zur Mitwirkung am Ausbil-
den Lernorten gewährleistet werden dungsprozess einschließt; insbesondere
kann. muss die Bereitschaft vorliegen,
– Der Träger sollte in diesem Zusammen- • bei der Entwicklung des schulbezoge-
hang die Fort- und Weiterbildung, die nen Curriculums mitzuarbeiten;
Fachberatung sowie die Supervision für • sich an Projekten oder dem schuli-
eine wichtige Voraussetzung halten. schen Unterricht zu beteiligen;
– Der Träger sollte Mittel zur Qualifizie- • einen Ausbildungsplan für die Schüle-
rung von berufserfahrenen Fachkräften rinnen und Schüler in den praktischen
für die Anleiterinnentätigkeit zur Verfü- Ausbildungsabschnitten gemeinsam
gung stellen und mit dafür Sorge tragen, mit dem „Lernort Schule“ zu erstellen;
dass vor einer Anleitungstätigkeit auch • dem „Lernort Schule“ regelmäßig
eine entsprechende Fortbildung bzw. eine Rückmeldung über den Lei-

101
AUSBILDUNG – AUSBILDUNG – AUSBILDUNG – AUSBILDUNG

stungsstand der Schülerinnen und nimmt. Sie sorgt dafür, dass den Schüle-
Schüler zu geben; rinnen und Schülern Fachkräfte zur Seite
• die Berufsfähigkeit der Schülerinnen gestellt werden, die über eine mindestens
und Schüler nach geklärten und be- zweijährige, einschlägige Berufserfah-
nannten Kriterien zu beurteilen; rung verfügen und für die Anleitung
• sich an Prüfungen zu beteiligen. besonders qualifiziert sind. Dabei ist
wesentlich, dass den Fachkräften, die die
– In Anerkennung der Zuständigkeit des Anleitung übernehmen, im Rahmen der
Trägers ist es für ein Gelingen der Ausbil- Dienstplangestaltung ein entsprechen-
dung unabdingbar, dass auch die Ein- des Zeitbudget für die Qualifizierung die-
richtungsleitung Verantwortung für die ser Aufgabe durch den Besuch von Fort-
Schülerinnen und Schüler während der bildungen und für diese Tätigkeit zur
praktischen Ausbildungsabschnitte über- Verfügung gestellt wird.

102

Das könnte Ihnen auch gefallen