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Lehrbuch
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Erster Band
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Leipzig G\
Verlag von Wilhelm Engelmann
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1902
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den Professoren
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m dankbarer Erwiderung.
Vorwort zur ersten A.uflage.
Meinen Zuhörern von jetzt und früher und Allen, die sonst zur '
Annahme bereit sind, übergebe ich statt einer einfachen Fortsetzung
des Grundrisses den Anfang eines Lehrbuchs, das den besonderen Teil
des gemeinen deutschen Strafrechts wesentlich in der Beschränkung
auf das Strafgesetzbuch darstellen will. Auf des Reiches Sonder-
gesetze bin ich nur eingetreten, wo ich diefs zur Ergänzung für
lillumgänglich hielt.
Zwei ganz verschiedene Bedürfnisse drängten mich zu dieser
Arbeit. Ueber das eine habe ich mich lange hinweggetäuscht. Will
ich den allgemeinen Teil in meinem Handbuche so fördern , wie es
meine wissenschaftliche Natur verlangt, so mufste der besondere Teil
mir vorher noch viel mehr zu eigen werden, als er es mir vorher
schon gewesen war.
Aber auch der akademischen Jugend gegenüber empfand ich das
Bedürfnis, ihr grade diesen fast überreichen besonderen Teil, der in
der Vorlesung zu kurz kommen mufs , gedruckt in die Hand zu
geben, - und zwar nicht in der allzu knappen Form des Heftes,
das die Zweifel bannt, das Verwickelte umgeht, die Schwierig-
keiten einzuebnen sucht.
Diese Darstellullgsart ist das glückliche Vorrecht des mündlichen
Vortrages. Ein Buch soll Anderes und mehl' geben. Mehr: nemlich
nicht nur das Einfache, sondern auch das Verwickelte, nicht nur den
anscheinend sicheren Besitz , sondern auch die Aufdeckung seiner
Unsicherheit. Anderes: nicht an erster Stelle den Stoff, sondern die
individuelle Anschauun~ seines Darstellers.
Einleitung.
§ 1. 1. Die Aufgabe . . . . . . . . . 1- 4
§ ~ Ir. Die Anlage. . . . . . . . . . 4- 8
II!. Die Architektur der Verbrechenstatbestände 8-19
§ & 1. Der Hauptgegensatz der Formen 8- 9
§ ~ 2. Das einfache Verbrechen . . . . . 9-15
§ ~ 3. Das zusammengesetzte Verbrechen. . 15-19
§ ~ IV. Der fragmentarische Charakter des Stoffs und seine Rück-
wirkung auf die Gesetzesauslegung . . . . . . . 20-22
I
stellten Tatbestände. '. . . 281-284 § 108. 1. Der Nachdruck und die unbefugte Auffühmng nach
§U b. Der einfache Diebstahl . . . . . . . . 285-294 dem Gesetze v. 11. Juni 1870 . . . . . . . . 470-478
§~ c. Die geschärften Diebstähle. . . . . . . . . 295-305 2. Die Verletzungen der Urheberrechte nach dem Ge-
§ 109.
§~ d. Die privilegirten Diebstähle und Unterschlagungen 305-311 setze v. 19. Juni 1901 . . . . . . . . . . . 478-489
§n e. Der Raub . . . . . . . . " ... 311-315 B. Die strafbare Nachbildung . . . . . . . . . . 489-493
I
§~ C. Die widerrechtliche Enteignung. Die Verringerung von 1. Die Nachbildung von Werken der bildenden Kunst 489-491
§ 110.
Immobilien. . . . . . . . . . . . . . . . 316 § 1U. 2. Die Nachbildung von Photographien . . . . 491-492
§~ D. Der sog. Futterdiebstahl als Verbrauchsanmafsung. 316-317 3. Die Nachbildung von gewerblichen Mustern und
§ 112.
n.
.
§m Die Pfandkehr . . . . . . . . . . . . . 317-321 Modellen . . '. . . . . . . . . . . . 492-493
§~. IH. Die Gebrauchsanmafsung. . . . . . . . . . . . 321-'322 C. Die strafbaren Verletzungen der Erfinderrechte 494-498
§~ IV. Die Verbrechen wider fremde Okkupationsrechte . . . 322-HH3 § H3. 1. Die Patentverletzung . . . . . . . . . . 494-497
§~ V. Die Verletzungen ausschliefslicher Verbrauchsrechte an ~ 114. 2. Die Benutzung von Gebrauchsmustern . . . 497-498
Energieen : die Entziehung elektrischer Arbeit. . . . . 334-337 X. Die Verbrechen wider Güter wirtschaftlichen Vermögens-
VI. Die Verbrechen gegen das Eigentum und die übrigen Ver- -wertes . . . . . . . . . . . . . . . . . : . 499-516
mögensrechte 337-413 1. Die Kreditgefährdung . . . . . . . . . . . . . 499
tU
A. Der Betl'Ug. . . . . . . . . . . . . . . . .
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . .
337-371
338-339
I § 115.
§ 116. 2. Der Verrat und die Verwertung voil Betriebsgeheim-
nissen. . . . . . . . . . . . . . . . . . 499-504
§~ 1. Der einfache, der geschärfte u. der gemilderte Betrug 339-·367 - :I § 117. 3. Die sog. Verbrechen des unlauteren Wettbewerbes 505-516
§~ 2. Der sog. Versicherungsbetl'Ug . 368-369
§~ 3. Der Kursbetrug 370-371
§~ B. Die Erpressung 371~381
I. Quellenregister . 517-523
C. Die Hehlerei . . 381-395 H . Sachregister 524-545
§ ~ Einleitung . . . 381-382
§ ~ 1. Die sog. Personenhehlerei 383-385
§ m. 2. Die sog. Sachenhehlerei 385-395
§~ D. Die Untreue . . . . . . 395-404
§~ E. Die Vermögensgefährdung durch Glücksspiel 404-413
VII. Die Verbrechen wider obligatorische Pflichten . 413-445
§ u Die Voraussetzungen ihrer Strafbarkeit 413-415
§ ~ A. Der Bruch des He uervertrags. . . . . 415-416
§ 9~ B. Die Vereitel,ung der Zwangsvollstreckung 416-420
C. Der Bankrott und die Konkursverbrechen , 420-445
§ 97. Einleitung . . . . . . . '. . . . . 421-425
§ 98. 1. Der betrügliche und der einfache Bankrott 425-441
§ 99. 2. Die Gläubigerbegünstigung . . . 441'--443
§ 100. 3. Die Fallitenbegünstigung 444
§ 101. 4. Der Stimmverkauf des Konkursgläubigers 445
VIII. Die Ausbeutungs verbrechen. . . 445-461
§ 102. Vorbemerkung............. 445-446
S 103. 1. Die Ausbeutung Minderjähriger . . . . . 446-448
§ 104. 2. Die Ausbeutung durch Verleitung zu Börsenspe kulationen 448-449
§ 105. 3. Der Wucher. . . . ' . . . . . . . . . . . . . 450,- 460
§ 106. 4. Die Uebertretungen der §§ 360 n. 12 u. 367 n. 16 des
StrGB's und das Vergehen des Art. 4 des Wucher-
gesetzes v .. 19. Juni 1893. . . . . . . . . . . . 460~461
·:3:36 § 83. Die Entziehung elektrischer Arbeit.
Einleitung zum Betruge. 337
widerrechtliche Verbrauch der Energie durch elie ordnungsmäfsigen
Leiter straflos, also beispielsweise die Verwendung fremder elektrischer von 3 M. bis 1000lVl. oder auf Gef. von 1 T. bis zu 2 J. zu erkennen 1.
Kraft zu Heilzwecken unter Benutzung der Elektroden des Verbrauchs- Versuch straflos. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein.
berechtigten \ ebenso wie die Benutzung fremder elektrischer Lampen Die Absicht mufs dahin gehen, den Verbrauchsberechtigten durch
und der Verbrauch durch Verwendung von Transmissionen, die an Zerstörung oder Abspeicherung der Energie ohne Verwendung der-
elektrisch betr~ebene Maschinen angebracht werden. Ja, auch Der- selben um sein Verbrauchsrecht zu bringen. Die Absicht einer Schä-
jenige geht straflos aus, der wider den Vertrag fi.ber Entnahme eines digung in ökonomischem Sinne wird nicht verlangt 2.
bestimmten Quantums jener Energie gegen eine Pauschalsumme das Höchst auffällig erscheint hier das Verlangen, die Handlung müsse
mehrfache Quantum auf ordnungsmäfsigem Wege entnimmt. Auch in der Absicht der Schädigung begangen werden. Wenn Jemand elek-
die Zerstörung vorhandener Energie durch Kurzschlufs, der anders trische Kraft ableitet lediglich aus Scherz oder Mutwillen, er die
als durch einen ordnungswidrigen Leiter herbeigeführt wird, trifft das Rechtswidrigkeit der Ableitung noch so klar einsieht und die Masse
. Gesetz nicht 2. abgeleiteter Energie noch so grofs ist, - soll er straflos bleiben?
So unvollständig schützt das Gesetz seiner falschen Analogie mit Ich halte diefs für unzulässig und identifizire Absicht mit Vorsatz,
dem Diebstahl zu Liebe. messe also der Absicht hier eine etwas andere Bedeutung bei als
unter 1.
5. Das Delikt verlangt Vor s atz. Der Täter mufs wissen, Ein Meisterstück ist das Gesetz v. 9. April 1900 nicht geworden.
dafs er rechtswidrig fremde elektrische Arbeit entzieht. Auf das
Erfordernis, dafs die Entziehung durch einen nicht ordnungsmäfsigen
Leiter geschieht, braucht sich die Wissenschaft aber nicht mit zu VI. Die Verbrechen gegen das Eigentum und die übrigen Ver-
erstrecken. Diefs Strafbarkeitsmerkmal steht unabhängig von der mögensrechte.
Ansicht des Täters.
Ä.. Der Betrug.
H. Wird nun diese Entziehung seitens des Täters "i n der Ab-
sie h t" begangen, GB ~§ 263~265. Vgl. §§ 275 n.3. 276. 352. 353. 363, 1 u. 2. 364. Ges., betr.
die Erwerps- und Wirtschaftsgenossenschaften, Fassung v. 20. Mai 1898, ~ 152
1. um "d i e e lek tri s ehe Ar bei t sie h I' e eh t SIV i cl I' i g Abs. 2 u. 3. Invalidenversicherungsgesetz, Fassung v. 19. Juli 1899, §§ 182, 2.
zuzuei gn en", so tritt Gef. v. 1 T. bis 5 J. Ull d Geld von :3 M. 183. - Vgl. auch BGB § 123. - l:)ch 96. 97. M 94. 95. WV 150-153. Li 139.
bis 1500 M. oder eine dieser beiden Strafen ein. Neben Gef. ist Ehr- 140. HIl S. 333-i:l85. HZ II 67-76. Me 125. - Köstlin*, Abh. S. 119ff.-
verlust zulässig.. Der Versuch ist strafbar. § 13. Merkel * bei RH S. 750 ff.; IV S. 432 ff.; ders. bei HRLex I S. 345 ff. -
Cucumus, Ueber das Verbrechen des Betrugs. Würzburg 1820.,--- Stel'nberg,
Wie das Wort "fremd", so wird auch das Wort "zueignen" hier De crim. stellionatus. Diss. Dorpat (?) 18i:18. - Es ehe r, Die Lehre von dem
in vollständig anderem Sinn gebraucht als bei Unterschlagung, Dieb- strafbaren Betruge und von der Fälschung. Zürich 1840. - Gei b, ANF 1840
stahl und Raub, und zwar in zwei ganz verschiedenen Bedeutungen. S. 97 fr.; 195 ff. - T e m m e, Die Lehre vom strafbaren Betruge nach Preufs.
Die Absicht der Zueignung bedeutet hier die Absicht, die elektrische Rechte. Berlin 1881. - Kästlin, Z f. Civilr. u. Prozefs. N. F. XIV. XV (1857)
S. 294ff., 46 ff. - Ortloff, Lüge, Fälschung und Betrug. Jena 1862. - Freund,
Energie nicht notwendig zu gleichem Zwecke wie der Verbrauchs- Lug und Trug unter den Germanen 1. Berlin 1863. - Me r k e I *, Die Lehre
berechtigte , aber doch zur Leistung von Arbeit zu verwenden, ob vom strafbaren Betruge. 1. Abth. Leipzig 1867. - Gr y z i e ck i, Studieu über
freilich zur Arbeit im eigenen oder in fremdem Interesse, erscheint den strafbaren Betrug. Lemberg 1870..- v. Ziegler, Ueber den Betrug beim
gleichgültig, oder aber die elektrische Energie aozuspeichern, Ulll sie Vertragsabschlufs. München 1870 (wesentl. ci vilistischl. - P fi zer, StrHZ 1873
S. 273ff. - Ders., Betrug beim Spiel, GS 1889 S. 3i:17 ff. - Möller, Gründer-
eventuell zur Verwendung an Dritte zu überlassen. prozesse. 2. Auf!. Berlin1876. - Haager, GS 1ti7.5 S. 561 ff. - Zimmermann,
Das Vergehen vollendet sich wie das unter 2 mit dem Augen- GS 1877 S. 120 ff. - Feige, GA XXVI (1878) S. 303 ff. - Waag, GS 1879
blicke, in welchem die Energie sich von der Anlage oder Einrichtung S. 241 ff. - v. Spesshardt, Der· Versichernngsbetrug~ im RStrGB. Würzburg
trennt. 1885. - Kohler, Treue und Glauben im Verll:ehr. .tlerlin 1893. - Rommel,
Der Betrug. Leipzig 1894. - Rimpau, Ueber die Strafbarkeit des Betrugs nach
Wird aber gelt. Rechte bei Mangel der Identität des Getäuschten und des Geschädigten.
2. die Entziehung inder Absicht begangen, "einem r Diss. Tübingen 1892. - Friedsam, Der Begriff der Thatsache im § 263 des
Reichsstrafgesetzbuchs. Diss. München 189i:1. - G u m bel, Der Betrugs-
Andern rechtswidrig Schaden zuzufügen", so ist auf Geld p'a,ragl'aph u. seine Ergänzung durch das Gesetz zur Bekämpfung des unlauteren
Wettbewerbes. Diss. Tübingen 1897. - Fuld, Betrug und Betriebsschädigung;
1 Richtig Kohlrausch, a. a. O. S.501, gegen Kahl, D. Jur.-Ztg. V S. 33. R
GS LVI 1899 S. 206 ff. - Mi ehe l, Der strafbare Betrug im Civilrecht. Breslau
2 Gut über diese ganze Lücke Ko hlra us eh a. a. O. S. 500 ff. l~1
:1 Auch diese Absicht der Zueignung ist etwas wesentlich Anderes als 1 Die übermäfsige Differenz der Strafen sub 1 und 2 dürfte wieder auf die
die Zueignungsabsicht bei den Aneignungsverbrechen. Denn letztere bedeutet falsche Analogie mit Diebstahl und Sachbeschädigung zurückzuführen sein.
nichts als den Aneignungsvorsatz. Hier aber wird ein Absehen auf ein Ziel 2 Das Gegenteil wäre strafrechtlich schwer erträglich. Wird mehr Energie
verlangt, welches jenseits der Vollendung liegt, und diese Absicht murs die erzeugt als geJjraucht -- und diefs kommt nicht selten vor, wenn starke Wasser-
Entziehungshandlung ausgelöst haben. kräfte zu ihrer Erzeugung zur Vel'fligung stehen -, so bedeutet der widerrecht-
liche Verbrauch keinen ökonomischen Schaden.
Binding,~Strafrecht. Besonderer Teil. 1. 2. Aufi. 22
338 § 84. Einleitung zum Betruge. § 85. Der einfache, der geschärfte und der gemilderte Betrug. 339
1898. - Raschke, Der Betrug im Civilrecht. Berlin 1900. - Rotering, GA
XLVII 1900 S. 416 ff. - Gross, Der Raritätenbetrug. Berlin 1901. !- Ueber sehr bald pafste man das Objekt dem Mittel an und konstruirte ein
gewinnsüchtige Absicht s. auch Birkmeyer bei HRLex II S. 180 ff.; über den Recht auf Wahrheit, das die Täuschung verletze. Erst
Vorsatz Binding, Normen II S. 559 ff.; über den Versuch Thomsen, Z f. StrRW üie Erkenntnis der Undenkbarkeit eines solchen Rechtes führte zu
XVI 1896 S. 751 ff.; über die Vermögensbeschäd. Stenglein, GS XL 1888 S. 81 ff.; richtigerer Erfassung des spezifischen Angriffsobjekts für den Betrug
Referate (von v. Spiefs und Kienitz) GS XLIII 1890 S. 321 ff.; Schlesinger, und gab den Anstofs zu seiner Trennung von d.en mit ihm gar nicht
Vermögensschädigung bei Betrug. Diss. München 1894 (wenig förderlich I): über
die Unterdrückung- wahrer Tatsachen H ei 1b ro nn e 1', Der tiegriff der "Unter- verwandten Fälschungen.
drückung wahrer Thatsachen" beim Betruge, Diss. München 1898; . über die Be- 11. Da die eee über Betrug fast nichts enthielt, war die frühere
handlung der falschen Angaben u. der Verschweigungen im Lebensversicherungs- gemeinrechtliche Theorie und Praxis wesentlich auf das römische Recht
vertrag K ö ni g unter diesem Titel. Bem 1889; über die angeblich b.etrügeriscbe gewiesen. Soweit Tatbestände, die heute Betrug darstellen, nicht auf
Benutzung von Retourbilletfln de Jonge, Die Unübertragbarkeit der Retour-
billete. :F'reiburg i. Br. 1888; dagegen v. Bar, GS XL 1888 S. 481 ff.; dagegen den Titel des crimen falsi oder des furtum verfolgt werden konnten,
de Jonge, Retourbillet und kein Ende. Berlin 1889; über neue Betrugsformen wurden sie in der Kaiserzeit mit dem crimen extraordinarium stellio-
Hilse, GS XLVI 1892 S. 118 ff.; über blinde Passagiere Westrum, Mag. f. d. natus verfoJgbar (TD 47, 20). Diese Strafklage war die kriminalisirte
R. VII (1887) S. 222 ff. j Zw i tz e r s, Der blinde Passagier. Diss. Gött. 1896; actio doJi, sie griff also Platz weg e n alle rar g 1ist i g her bei-
C on tz en, Die strafrecht!. Behandlung des. blindeu Passagiers. Diss. Hildesheim
1899; über die Stellung der Defraudation zum Betrug Weiske, RLex s. v. geführten rechtswidrigen Benachteiligungen Anderel;
Defraudation IU S.264ff.; Meisel, Jur. Blätter. Wien 1881 N. 47; Schwaiger, a,n ihre.m Vermögen, aber nur, insoweit dieselben nicht
GS XLIX 1894 S. 401 ff.: Ho n e m an n, Defraudation und Betrug. Berlin 1894; andere Strafklagen begründetenI. Die Behandlung dieses
Behr, GS LIV 1894 S. 220 il; Kaulla, Die reehtliche Natur der Defraudation crimen extraordinarium in den Quellen ist aber die denkbar dürftigste.
öffentlicher Abgaben. Diss. Stuttgart 1897; Web er *, GS LVIII 1901 S. 1 ff.
161 ff. - Vgl. auch Thümmel, Der Begriff des Schmuggels, Z f. StrRW XII IH. Die Erweiterung des Betruges auf den täuschenclen Angriff
1892 S. 784 ff. wider alle möglichen Rechte, wie sie sich in manchen unserer früheren
,; 1.
§ 84. Einleitung. Strafgesetz bücher findet, hat glücklicherweise für uns nur noch ge-
schichtliche Bedeutung 2.
1. Zwei wesentlich verschiedene Verbrechensgruppen hat die
römische wie die germanisch-deutsche Gesetzgebung ungenügend zu § 85. 1. Der einfache, (ler geschärfte uml der gemilderte Betrug 3 •
scheiden gewufst und defshalb mit einander verwirrt: den Be t r u g
und die F ä I s ch u n g sv erb I' e ch en. In dem zur Scheidung der Betrug ist die vorsätzlich rechtswidrige Schädigung
Verbrechenstypen so unfähigen römischen Strafrechte kann das nicht fremder Vermögensrechte durch Täuschung eines Ver-
überraschen, in dem deutschen fäHt es auf. Aber auch in ihm ist die füg u n g sb e r e c h t i g t e n i n der A b s ich t r e c h t s w i cl I' i ger
Verwirrung hartnäckig. Sie :findet sich nicht nur in eee A. 113, wo
unter dieselbe Strafe gestellt wird, wer "höfslicher und geverlicher 1 S. Gr, 1 § 5 a. E. - U 1p. in 13 § 1 D Stellion. 47, 20: Stellionatum autem
weiss mass, wag, gewicht, specerey oder ander kauffmannschaft felscht", obici posse his, qui dolo quid fecerunt, sciendum est, scilicet si aliud crimen non
sie reicht vielmehr tief bis in die Gel'\etzgebung des 19. J ahrhunclerts sit quod obieiatur: quod enim in privatis indiciis est de dolo actio, hoc in crimi-
llibus stellionatus persecutio; ubicumque igitu1" titulus criminis deficit, illi'c stelli-
hinein, u n cl z war er sc he i n t der wen i gau s g e prä g t e Be t r u g onatus obiciemns. S. auch Rofshirt., Gesell. u. Syst. d. deutsch. Strafrechts III
meist als ein Anhängsel der gewichtigeren Fälschungs- 8.48 ff.; Ortloff a. a. 0., bes. H. 166 ff. (zum Teil bedenklich).
fäll e. Diese geschichtliche Verwirrung führte zur dogmatischen Ver- 2 Noch 0 r t 10 ff a. a. O. S. 889 ff. spricht sich energisch gpgen die Be-
schmelzung. Der Fälschung wie dem Betruge gemeinsam ist das schränkung des Betrugs auf die Vermögensrechte aus und stützt seine Ansicht
mit der Autorität von sechs deutschen Strafgesetzbüchern. Vgl. auch Scllle-
Mittel der ab sie h t li ehe n W a h I' he i t s u nt erd I' Ü c k u n g, der
Täuschung. Es dient beim Betrug zur Vermögensbeschädi- ,~ singer, Vermögensschädigung, bes. S. 15 ff., und Grofs, Raritätenbetrug, bes.
S. 156 ff. Sehr übel S. 157. 160. 161. Vgl. den~. S. li:l8: "Der Betrug ist kein
gun g, bei den Fälschungen angeblich zum Angriff "auf die Grund- Paragraph im Strafgesetz, Cl' hildet ein Kapitel in demselben." Wir wollen
lagen der pubJica :fides" . oder, um an Stelle dieser Phrase einen hoffen, dafs wir auf die alte "Kapitel"-Auffassung nie mehr zurückgreifen!
3 Der $rOf8e wissenschaftliche Fortschritt in der Erkenntnis des Betrugs ist
Gedanl{en zu setzen, auf die Echtheit oder den Wahrheits- vor Allen Köstlin und M.erkel zu dankeil. Leider hat sich nachher die Auf-
gehalt von Beweismi tteln oder BegJaubigungszeichen 1 • fassung wiedc'; sehr abgeflacht. Das Wesen des widerrechtlichen Ver-
Grade bei der Fälschung aber war das Angrifl'sobjekt schwer zu fassen, mögensvorteils - besonders von Merkel klargestellt - ist in nicht zu er-
das Mittel dagegen augenfällig. Sahen die Italiener das Wesen des wartendem Maafse verkannt und verwischt worden, im Anschlufs daran auch
die Natur der Handlung des Getäuschten, deren unmittelbar schädigende IÜ'aft
falsum in einer dolosen veritatis mutatio (ursprünglich immitatio 2) aufgegeben wurde; in demselben Augenblick war die relative Identltät des Ge-
in praejudicium alterius, so erkannte das endende 18. Jahrhundert, täuschten und des Geschädigten nicht mehr haltbar, und die feste Grenze zwischen
dafs die Fälschung eine Benachteiligung Dritter nicht erfordere, und dem Betrug und den Aneignungsverbrechen, besonders der Unterschlagung, geriet
ins \VH.nken. Es sind diefs ebensoviel Rückschritte von dem Ziel, das Merkel
erreicht h:tt. Dazu kommt aber ein ·Weiteres. Die treffliche Schrift von Hart-
1 8. darüber Lehrbuch 1. Auf!. Ir 1 S. 102 ff. mann, Deber den rechtlichen Begriff des Geldes (ßrallnschw. 18tl8) , worin der
2 S. Weismann, Z f. StrRW XI S. 56 Note 138. Verf. besonders auch gegen v. Savignys Lehre über diesen Gegenstand (Oblig.
22*
11&7"0"------------.. .
340 § 85. Der einfache, der geschärfte und der gemilderte Betrug.
§ 85. Der einfache, der geschärfte und der gemilderte . Betrug. 341
Bereicherung des Täters oder eines Dritten. So auch
genau GB § 263; Strafe: Gef. von 1 T. bis 5 J. und fale Geld von ErpI'essung! Sie gehen in deI' Tat aufRechtsraub aus: der
3 M. bis 3000 M. wie Ehrverlust; bei MU kann ausschliefslich auf Betrogene oder Genötigte soll sein Recht verlieren,
die Geldstrafe erkannt werden. Der Betrug gegen Angehörige (GB der Betrüger oder Erpresser will es erwerben oder
§ 52, 2), Vormünder oder Erzieher ist nur auf Antrag zu verfolgen. wenigstens sein8'r Pflicht ledig werdeni. Mögen jener
Der Antrag ist rücknehmbar. Die Bestimmung des § 247 Abs. 3 gilt Rechtsverlust und dieser Rechtserwerb anfechtbar sein, so ist trotzdem
analog auch für den Betrug 1. ~' . zunächst ein Rechtszustand geschaffen, der dem früheren widerspricht
Träte bei dem Betrug und der ihm nahe verwandten. Erpressung und doch formell besteht 2.
heute noch wie nach früherem gemeinem Rechte die Vollendung erst 1. Die Betrugshandlung ist als Mittel T ä u s ch u n g, als Ursache
mit Erlangung des rechtswidrigen Vermögensvorteils ein, so würde der ersten Wirkung Sc h ä d i gun g, als Ursache der zweiten Be-
die Gleichheit im Aufbau des Tatbestandes bei diesen Verbrechen re ich e run g. Sie hat drei Objekte, zwei, die sie angreift, ein drittes,
einerseits, bei Unterschlagung, Diebstahl und Raub andrerseits noch das sie auf Kosten des zweiten vermehren will.
schärfer hervorleuchten. 1. Sie greift an fremdes VermÖgen, einerlei, wem es ge-
Ihrer aller Wesen besteht in der strafbaren Vermögens- hört, aber nicht gefafst als formlose Wertmasse, auch nicht als Ein-
umkehrung 2 • An einer Stelle heben sie den rechtlichen Vermögens- heit aller Vermögensrechte desselben Inhabers, noch weniger als die
zustand auf, um aus der Substanz dieses rechtswidrigen Schadens Summe der Vermögenswerte, die er faktisch beherrscht. "Vermögen"
J
anderwärts einen rechtswidrigen Nutzen zu schaffen. Defshalb liegt bezeichnet die Summe aller Vermögensrechte derselben Person, und
bei allen der Nachdruck auf der "widerrechtlichen Bereiche- nur einem oeler mehreren bestimmten davon gilt der
r u n g". Sofort wird klar, dafs es sich um die Grundeigenschaft aller be t r ü g e ri s c he All griff. Diese Rechte können sein private oder
dieser Delikte und nicht um das unbedeutende Strafbarkeitsmerkmal öffentliche 3, Eigentum, jura in re aliena, Rückbehaltungs- oder Forde-
des gewinnsüchtigen Motives handelt. Diefs würde auch vorliegen, ,,-~o.\
§ 85. Der einfache, der geschärfte und der gemilderte Betrug. 340
348 §85. Der einfache, der geschärfte und der gemilderte Betrug.
liegen, oder nicht weifs, dafs sie vorliegen 1. Wenn das GB in § 263 der Gläubiger ist: denn bei diesem Rechtsgeschäft gerirt er sich als
Vorspiegelung falscher die Entstellung und die Unter- Gläubiger und profitirt nic.ht nur untätig von fremdem Irrtum, sondern
spielt die falsche Rolle, die jener Irrtum ihm zuweist, uncl die mit-
drückung wahrer Tatsachen zugesellt, so ist das nur eine bestimmend ist für die Handlung des vermeintlichen Schuldners 1.
scheinbare Vermehrung der Mittel. Denn die entstellte wahre Tat- InKonsequenz dieser Ansicht würde ich auch Betrug annehmen, wenn
sache ist eine falsche, und die Unterdrückung einer wahren Tatsache Jemand einen früher absichtlich erregten Irrtum später bei anderem
ist die Vorspiegelung ihres Nichtgeschehenseins, also wieder die Vor- .>~~ Anlasse geflissentlich benutzt, um den Getäuschten auszubeuten 2 •
spiegelung einer falschen Tatsache, im Gewande der unterlassenen
Mitteilung der wahren 2. Treffend hebt defshalb Olshausen zu 3. Die Vorspiegelung falscher Tatsachen mufs die
§ 263 n. 13 hervor, dafs die Frage, wann Jemand durch Unter- Erzeugung oder elie Fortdauer eines Irrtums über diese
drückung wahrer Tatsachen täuschen könne, sich allein nach den Tatsachen bei dem zu Täuschenden bewirkt haben 3 • Das
Grundsätzen der Kommissivdelikte durch Unterlassung beantworten Gesetz spricht richtig von Erregen oclerUnterhalten cles
lasse a. Ganz falsch wäre, zu sagen, wenn er die Rechtspflicht der I I' I' t ums. Letzteres ist mehr als Bestärken unb besteht in dem
Mitteilung hatte 4. Diese murs vorhanden sein 5, reicht aber nicht tätigen Abhalten von der Erkenntnis des richtigen Sachverhaltes.
aus 6. Der Zeuge, der sich des Zeugnisses weigert, damit der Richter Wenn also das wahrheitswidrige Verhalten auf keines Anderen Vor-
sein Wissen nicht zur Entscheidung verwerte, täuscht denselben nicht, stellung gewirkt hat, so fehlt jede Möglichkeit der Betrugsannahme 4.
auch nicht durch Unterdrückung wahrer Tatsachen. Wol aber täuscht 1 Man vergegenwärtige sich nur, dafs der Empfänger _l'egelmäfsig jiber den
er ihn, wenn er die ganze Wahrheit zu sagen versprochen hat und Empfang seiner Schuld quitt.iren wird. Richtig K ö s tl in, Z XIV S. 416 ff. i
nun wichtige Tatsachen verhehlt; nicht minder täuscht - anscheinend dagegen Merkei, Abh. II S 183.184; ders. bei HH HI S. 756; wol auch
durch Verschweigung der Mängel -, wer diese verdeckt und sie da- Hälschner II S. 267. Zutreffend RG Iv. 15. März 1880; ferner - nur nicht
durch unerkennbar macht, selbst wenn er diefs noch vor Fassung des ?- ~ bezüglich des Vorteils - RG Irr v. 18. März 1889 (E I S. 314/5; XIX S. 161 ff.).
betrügerischen Vorsatzes getan hat 7; defsgleichen, wer wissentlich Nicht einwandfrei IV v. 26. Jan. 1894 (E XXV S. 9.5 ff.).
2 A. M. RG IV v. 21. Juni 1898 (E XXXI S. 208 ff., bes. S. 210 unten). S.
ein indebitum annimmt, ohne zu sagen, dafs er nicht oder nicht mehr aber z. B. den Fall bei Grors , Raritätenbetrug S. 246. - Der Versuch Heil-
bronners a. a. 0., bes. S. 28 ff., aus der "Entstehungsgeschichte" des Preufs.
StrGB § 241 u. des RStrGB § 263 u. aus den "Motiven" den Beweis zu führen,
1 S. den hübschen Fall bei G r 0 f s, Raritätenbetrug S. 35, wo ein Kauf- dafs der Betrug des § 263 stets eine näufsere TätiO'keit" im' Gegensatz zum
lustiger bei einer Auktion einer wertvollen chinesischen Vase durch einen Blei- "blofsen Schweigen" verlange, ist zurückzuweisen. 'Der ganze Gegensatz ist
stiftstrich einen Sprung anfälscht. m. E. falsch gedacht. Olme> täuschendes Handeln kein Betru0'. Wie weit aber
2 Defshalb ist eine scharfe 8cbeidung zwischen Vorspiegelung falscher und jene Täuschung die Maske der Untätigkeit annehmen kann, darüber sagt § 263
Unterdrückung wahrer Tatsachen ganz unmöglich. Letztere mufs sich. stets auch keine Silbe. Der Motivenkultus erreicht hier seinen Höhepunkt; "Nachdem aber
als erstere auffassen lassen. So z. B., wenn eier Offizial- sich als Wahlverteidigor die Motive selbst ein solches Erfordernis aufstellen, darf davon .n ie und nimmer
gerirt. RG I v. 28. April 1881 (E I V S. 227 fi'.). Wer in der Absicht, elen Gläu- abgegangen ... werden." (!) Die Entscheidungen, die nachher H. selbst S. 32 ff.
biger über elie Person des Schuldners zu täuschen, nicht mitteilt, dars er es sei, trifft, sind meist. richtig. · .
der das Darlehn erhalten hat, spiegelt vor, dafs er Nichtschuldner sei, will damit 3 Vgl. Merkei, Abh. II S. 174ff. Der Betrüger kann sich natürlich zur
frei werden von einer Rechtspflicht auf Kosten des Gläubigers und versucht Tüuschullg eines Schuldigen oder Getäusehten als einer Mittelsperson bedienen.
diesen jedenfalls zu betrügen .. Fehlgehend trotz der apodiktischen Redeweise S. auch RG I v. 25. Sept. 1884 (E XI S. 249). .
RG III v. 10. Okt. 1892 (E XXIII S. 244 ff.; richtig die erste Instanz). Gradezu ~ Wer durch Täuschung des Schaffners' oder eines sonstigen Kontrolbeamten
eine Apotheose der Illoialität ist der Satz: "Der Schuldner ist rechtlich nicht ver- mittels eines falschen oder abgelaufenen oder auf einen andern Namen lautenden
pflichtet, das Bestehen der Schuld einzugestehen; er ist befugt, vom Gegner Billets als Fahrgast die freie odcr zu billige Fahrt erlangt, begeht zweifellos
Beweise zu erwarten und bis zu deren Erbringung zu leugnen." Betrug. Hat er sich schweigend unter die Fahrgäste gesetzt, so liegt darin gegen-
3 Ders. Ans. Fr a n k zu ~ 263 II 3.
4 So lautct die regelmäfsi$e Antwort, auch die des RG. Richtig dagegen \ über dem.revidirenden Schaffner die stillschweigende Versicherung, er sei mit
dem nijtigen Billet versehen. Hat er sich unter der Bank des Wagens verborgen,
Merkei, Abh. rr S. 138; GryzIecki, Betrug, bes. S. 48; Hälschner II S.259. und findet eine Revision der Fahrgäste im Wagen statt, so hat er
5 Ist sie noch nicht begründet, so kann Schweigen noch nicht als Unterdrückung den Kontrolbeamten in den falschen Glauben gesetzt, es sei Niemand sonst im
wahrer Tatsachen betrachtet werden. RG IV v. 5. Febr. 189.5 (E XXVII S. 1 ff.). -Wagen, der mitfahren wolle, und Betrug ist verübt. Wenn aber gar keine
G Fälschlich liirst Rom m e 1, Betrug S. 38. 43, jede rechtliche und sogar jede Täuschung konkurrirt _ unrichtig behauptet Friedsam a. a. O. S. 68 ff., sie
moralische Pflicht der Mittcilung genügen. konkurrire nie! ,der Schaffner etwa im Einverständnisse ist, oder der blinde
7 Gut Me l' k e1. Abh II B. 158 unten: "Die Lüge des Objekts ist daher Passagier sich unbemerkt auf die Puffer des 'Wagens setzt oder in einen leeren
im Zweifel zugleich Li~ge Dessen, der dasselbe, den verborgenen Mangel dolos Kohlenwagen legt, so fehlt Betrug. Richtig v. Liszt S. 455; Contzen,Die
verschweigend, veräufscrt." Beachtlich RG III v. 28. Nov. 1889 (E XX H. 144 ff.). strafrechtliche Behandlung des blinden Passagiers. Hilclesh. 1899; Fr a n k zu
Die wissentlich vertragswidrige Leistung ist Betrug, wenn ihre Kontrakt- § 263 V 5; im Wesentlichen auch Zwitzers, Der blinde Passagier. Gött. 1896;
märsigkeit behauptet oder der Defekt absichtlich verdeckt ist (zu weitgehend zu allgemein 01 s hau sen zu § 263 n. 2 a und die dort Angeführten, sowie n. 26
R omm el, Betrug S. 24). Sieht die falsche der echten Leistung an siCh zum Abs. 3. Ygl. auch Itommel, Betrug S. 45 ff., wo Falsches und Richtiges sich
Verwechseln. ähnlich, so murs die Behauptung der Kontraktmäfsig~eit hinzu- mischt. Ganz unrichtig die Behandlung der Frage bei Schlesinger, S. 80. 81.
kommen. DIese kann aber auch durch Fordern der vollen GegenleIstung ge- Unrichtig auch der Ausgangspunkt Kohlers, Treue und Glauben S. 50. Die
schehen. S. einerseits RG I v. 10. Jan. 1887 (RSpr IX S. 15) und andererseits Judikatur des RG ist zu gleichgültig gegen das Fehlen des Täuschungsmomentes.
RG III v . 5. Juli 1886 (E XIV S. 310 ff.).
'I
350 § 85. Der einfache, der geschärfte und der gemilderte Betrug. § 85. Der einfache, der geschärfte und der gemilderte Betrug. 351
Da[s der Irrtum schwer zu vermeiden war, ist nicht von Nöten, viel- 4. Der Irrtum des Getäuschten mufs - entsprechend
mehr genügt jeder Kausalzusammellhang zwischen der des Betrügers Willen - , sei' s alle in, sei' s als ein erd e l'
täuschenden Handlung und der vorhaudenen Täuschung!. ausschlaggebenden Fakto ~ren, ihn zu einem Handeln
War der Getäuschte verpflichtet, sich nicht täuschen zu lassen - wie mi t verm ö g en sre c h tl i ch er Wir k ung be stimm t haben.
Der Be t I' U ger f 0 r 0. e I' t Kau s a 1z usa m m e n h a n g z w i s ehe n
'.
beispiels weise der Proze[srichter dem einseitigen Partei vorbringen
meist den Glauben versagen mufs -, war er aber säumig in jener dem Irrtum des Getäuschten und seiner Handlung .
Pflicht, so hat er ehen die Irrtum verursachende Kraft der Täuschung Dieser und mit ihm der Betrug entfällt, wenn die Handl ung
gewähren lassen, statt sie zu coupiren, und grade durch die pflicht-
. zwar dem Willen des Täters entspricht, aber
widrige unterlassung dem Betrüger die Herstellung des Kausal- a. g a n z u n a b h ä n gig g e s tell t ist von cl e m vi elle ich t
zusammenhangs ermöglicht 2. erzeugten Irrtum. So in den tausenrl Fällen, wo Jemand, ohne
auf die Lügen der Bettler, Marktschreier, Wahrsager u. s. w. zu achten,
Vgl. RG I Y. 20. Juni 1881; II Y. 13. März 1888; IV Y. 20. Okt. 1893; III v. ihnen Geld giebt, um sie los zu werden 1 oder um sich ein Vergnügen
11. Juni 1894 (EIV S.295ff.; XVII S.217ff.; XXIV S.318ff.; XXVS.412ff.).- zu machen oder um seine Neugierde zu befriedigen, wo Jemand den
U ebrigens murs man sich daI'über klar werden, daf~ sich hier die Wege scheiden. Kauf geschlossen oder das Darlehen gegeben hätte, auch wenn er dem
Wer zum Betrug . eine ökonomische Schädigung fordert, wird das Mitfahren deI.' lügnerischen Vorgeben keinen Glauben geschenkt hätte. "Es hat auch
blinden Passagiere für irrelevant erklären: Post oder Eisenbahn wären doch
gefahren, und Ihre Betriebskosten sind durch die Mitfahrt ja kaum erhöht. Nur einen Reiz, auf eine witzige Weise geprellt zu werden" 2;
wer in der Verletzung des Forderungsrechts - auch abgesehen vom ökonomischen h. oder ihren Grund zwar hat in einem Irrtume
Erfolge - schon eine Schädigung erblickt, darf hier auf Betrug zukommen. des Handelnden, den aber der Täter weder erzeugt
1 "Weder für das Strafrecht noch für das Civilrecht gilt der Grundsatz, no c h u nt e l' halt e n hat. Wer den bestehenden Aberglauben nur
dars der dolus des Verletzenden durch die culpa des Verletzten purgirt werde" :
Merkei, Abh. II S. 261. ausbeutet, wie die[s die Wahrsager, Kartenschläger , Zeichendeuter,
2 Die Frage, wie weit durch Täuschungen im Prozesse ein Betrug verübt die Händler mit sog. Sympathiemitteln III eis t tun, betrügt nicht, ob-
werden kann, ist ungem ein streitig. S. darüber auch Friedsam a. a. O. S. 48 ff. gleich das Eintreten auf den fremden Wahn diesen wol bestärken wird 8.
und neuerdings Mich e I, Der strafbare Betrug im Civilrecht. Breslau 1898. D enkt Der Betrug entfällt des Weiteren, wenn die schädigende Handlung
man zunächst an den Civilprozefs, so ist unbestritten, dars die eine Partei durch
täuschende Vorspiegelung der andern zu einem Vergleiche, Verzichte oder zu des Getäu.schten gar .nicbt durch den Willen des nachher Bereicherten
nachteiliger Anerkennung bewogen und so betrogen werden, kann .. Der Streit ausgelöst worden ist, sei's, dafs dieser getäuscht hat, ohne
beginnt, wenn der Richter als getäuscht und die Partei als benachteiligt erscheint. es zu wollen, in Folge davon vom Getäuschten Vermögensobjekte
Köstlin, Abh. S. 149. 150, leugnet die MöO'lichkeit eines Betl'Ugs im Prozesse übertragen erhalten und nachdem beschlossen hat, davon zu profitiren,
durch Täuschung des Richters überhaupt, sel~st wenn die Partei falsche Beweise
vorlegt. Ebenso Kohler, Treue und Glauben S. 50. - Merkel , Abh. Ir S. 18516 sei's, dafs 0. erG e t ä u sc h t e sie h 0 h n e Zu tun des s p ä t e l'
u. 283 ff. , erkennt sie an und ganz besonders, wenn falsche Beweismittel benutzt
sind. Ebenso offenbar Hälschner II S. 207/8 Durchaus richtig auch Meyer die Täuschung diese Wirkung übt, so sehe ich nicht ein, was am Betruge fehlen
S . 583. Ungenau Gryziecki, Betrug S. 77 ff. Die konstante Praxis des RG soll. Es ist nicht wahr, dafs durch die Pflichtwidrigkeit des Richters, zu glauben,
lehnt die Annahme einer Täuschung des Richters durch einseitiges Partei- was er nicht glauben sollte, der Kausalzusammenhang zwischen Täuschung und
vorbringen ab, - in sehr. achtungswertel' Betonung der Richterpflicht, aber wol Irrtum unterbrochen wird. Auch ist nicht wahr, daCs der Richter einseitigem
in Verkennung der richtigen Auffassung des Kausalzusammenhangs und jedenfalls Parteivorbringe'n stets nur pflichtwidrig glauben könnte. Warum dürfte das
in scharfem Widerspruch zu der vom RG selbst adoptirten falschen Kausalitäts- Schöffengericht dem Privatkläger nicht glauben, der, um möglichst grofse Burse
theorie. Denn daCs das falsche Parteivorbringen eine Bedingung der richterlichen herauszuschlagen, Schmerzen simulirt, die er nie erlitten hat? Mir will scheinen,
Täuschung' bilden, diese also" verursachen" kann, dürfte nicht zu leugnen sein . diese Ansicht würde bereitwilliger aufgenommen, wenn erst einmal der Begriff'
Uebrigens handelt es sich nicht entfernt allein um Richter oder der B eweisa ussage schärfer herausgearbeitet und sie insbesondere auch aus dem
andere Beamten, auch Private können die Rech tspflich t haben , weiten Kreise der Parteivorbringen klarer ausgesondert worden wäre. S. Lehr-
sich nicht täuschen zu lassen. Wie RG so v. Liszt S. 458; Olshausen buch II IS. 109 ff.
zu § 263 n. 40. 41; beachtlich dagegen Rommel, Bet.rug S.55. 56. S. auch Frank Wie man sich aber auch zu dieser Frage stellen mag, interessant bleibt
zu § 263 V 3. - Vgl. RG III v. 25. }<'ebr. 1880; II Y. 8. Juni 1880; III v. 23. Febr. be.im Betruge durch Täuschung der Richter die Bestimmung der Vollendung.
u. v. 30. Dez. 1881; I v. 26. Sept. 1887; I v. 12. Mai 1880; IV v. 5. Jan. 1897; II v. Regelmäfsig tritt sie mit der Rechtskraft des Urteils ein. So auch Mi c hel
24. J an. 1899 (E I S. 227 ff.; II S. 91 ff.; III S. 392 ff·.; V S. 321 ff.; XVI S. 193 ff.; a. a. O. S. 42. Ist das Urteil für vorläufig vollstreckbar erklärt, dann aber mit
XX S. 391 ff.; XXIX .S. 291 ff.; XXXII S. 1 ff.). - Wol aber erkennt RG die dieser Vollstreckbarkeit und nicht erst mit vollzogener Leistung. S. aber
Möglichkeit betrügerischer Täuschung des Richters durch falsche Bescheinigungs- Michel S. 42. .
oder Beweismittel und durch echte Beweismittel unwahren Inhaltes an : RG Ir v. • 1 Dagegen ist das Betteln unter kausaler Vorspiegelung von Not oder Ge-
8. Juni 1880; . IIr Y. 18. Dez. 1880; II v .. 28. Dez. 1886; I v . 26. · Sept. 1887 (E II brechen natürlich Betrug. RG I Y. 4. Juli 1881; III v. 26. Mai 1882 (E IV.
S. 91 ff.; IU S. 169 ff.; XV S. 132; XVI S. 193 ff.). Diesen Standpunkt vertret.en S. 352/3; VI S. 360/1). .
im Wesentlichen auch Friedsam a. a. O. S. 48 ff. und Michel, Der strafbare 2 So treffend Merkel, Abh. II S. 232. - Nicht uninteressant RG IV v.
Betrug im Civilproz efs, s. bes. S. 16, der aber den RG v. 25, Febr.1880 und 22. Mai 1896 (E XXVIII S. 38617).
v. 31. Dez. 1881 entgegentritt. - Ich selbst schliefse mich durchaus Merkel, " Ortloff, a . a. O. S. 251, möchte hier seheiden, ob der Kartellschläger den
Hälschner und Meyer an. W'enn ein Partei vorbringen darauf angelegt ist, Kunden aufsucht oder dieser jenen. Sehr abweichend B ayr. S tr. G.B. v. 1813
den Hichter zu täuschen und zum nachteiligen Urteile zu bestimmen, und wenn A. 263 VI.
352 § 85. Der einfache, der geschärfte und der gemilderte Betrug.
§ 85. Der einfache, der geschärfte und der gemilderte Betrug. 353
Bereicherten getäuscht und sich dadurch bewogen gesehen
hat, diesem Vorteile zuzuwenden. Wer einen alten Schimmel Schädigung einem Dritten zu Gute kommen soll, darf sie nicht ein-
für einen wertvollen Araber ansieht und dafür eiben übertriebenen fache Sachbeschädigung, sie murs vielmehr nachteilige Ver-
Preis bietet, den betrügt der Verkäufer nicht, wenn er den Preis äu[serung oder Aufgabe von Rechten (nicht auch von
nimmt und ihm dafür da/! Pferd giebt.
5. Diese Handlung des Getäuschten murs sich als rechtliche Aneignung, also regelmäl'sig eine Unterschlagung der-
unmittelbare Schädigung seiner eignen oder der seiner selben, falls nicht der Verkauf nur die Konsequenz einer früher schon volle
zogenen Aneignune; zieht.
Verfügungsgewalt unterworfenen Vermögensrechte dar- 2. Gerirt SIch der Nichteigentümer bewufst als Eigentümer,
stellen, und diese Schädigung murs erin Folge seines so wird er den Käufer über sein Recht der Uebertragung reo-el-
I I' l' turn s ver k e n n e n 12. So bedarf der Betrug Ka usalzusammen_' mäfsig täuschen. Ja, wir wollen uns einen so gewissenhaften Käufer den'ken,
hangs zwischen der vorhandenen TäUSchung und der dafs er auf das Geschäft nie eingetreten wäre, hätte er auch nur geahnt, dafs
. der Verkäufer mit fremden Sachen handle. Er glaubt nun, des Verkäufers Sache
schädigenden Handlung. Wenn der Getäuschte die Handlung zu kaufen. Er wird dann - von § 935 einstweilen abo-esehen -
bewu[st vornimmt auch für den Fall, da[s sie ihn oder den Vertretenen a. Eigentümer, wenn er in dem Augenblic'ke, wo er das Eigentum
eventuell schädigen wird, so ist dieser Kausalzusammenhang unter- erwerben würde, guten Glaubens ist und den Besitz von dem Veräufserer erlangt
brochen, und der vollendete Betrug entfällt 84. SoUte diebetrügJiche . hat. Dann erscheint er nicht geschädigt: denn ihm ist der Vertrag erfüllt. Der
Verkäufer aber hat auch keinen widerrechtlichen Vermögensvorteil erlangt: denn
Täuschung statt zum Nachteil des Getäuschten zu dessen Vorteil aus- der Kaufpreis ist ja Aequivalent für den Eigentumserwerb, den der Käufer dem
schlagen, sollte sie vieI1eicht seinen guten Glauben erzeugen und iHn Verkäufer daIlkt. Daran wird auch durch BGB § 816, bez. § 823 Abs. 1, wonach der
so in den Stand setzen, Eigentum an fremder Sache zu erlangen, so bisherige Eigentümer den Kaufpreis herausverlangen kann, nichts geändert. Denn
fehlt nicht nur vollendeter, sondern auch versuchter Betrug 5. Da die der Verkäufer und nicht der frühere Eigentümer hat den Anspruch auf den Kauf-
preis. Es liegt also kein Betrug vor, - auch kein solcher, bei dem der
Geschädigte und der Getäuschte auseinanderfallen. Nur verschärft sich der
1 Gut RG UI v. 22. Jan. 1888 (E VIII S. 13): Zum Betrug gehört, "dafs die Schaden des früheren Eigentümers. Erst hatte er ledi&"lich den Besitz, jetzt hat
Handlung des Getäuschten, welche dire1;:t oder indirekt (?) dem Betrüger Gewinn, er auch das Eigentum verloren. - Der Käufer aber WIrd .
dem Betrogenen Schaden vermitteln soll, sich als eine Disposition über Ver- b. Ni eh te i gen t ü m er, wenn die Täuschung so durchsichtig war, dafs
mögensrechte
werte an Stelle darstellt".
der Rechte. Sehr oft aber treten anderwärts die Vermögens_ sein Irrtum auf grober Fahrlässigkeit beruht. Dann ist er natürlich ge-
schädigt, - dann liegt Betrug vor. BGB §§ 932.933.934.
2 Der Vereinfachung der Darstellung halber gehe ich im Folgenden vo n c. Diese beiden Entscheidungen sub a u. b treffen auch dann zu, wenn
dem Normalfall der Selbstschädig'ung aus. Uebrigens ist zu beachten, seitbns des Uebertragenden Geld oder Inhaberpapiere übertragen werden,
dafs der Getäuschte auch handlungsunfähig , seine Tat also auch nichtig sein die ihm nicht gehören, und die dem Eigentümer gestohlen, verloren oder
kann. Ist ein Wahnsinniger geschädigt und durch die TäUschung zur Vornahme sonst abhanden gekommen sind, SOWIe wenn verlorene und gestohlene
der Veräufserung, die er in ihrer :finanziellen Nachteiligkeit erkennt, bestimmt Sachen im Wege öffentlicher Versteigerung veräufsert werden. BGB
worden, so schliefst die Einwilligung des Verletzten den Betrug nicht aus. Es § 935. Anders aber fäIlt die Entscheidung,
sind diefsS.die
genügt. oben S. 341 Fälle,
seltenen Note 1.Worin zum Betrug eine tatsächliche Bereicherung d. wenn anderweite Sachen, die dem Eigentümer "gestohlen worden,
verloren gegang·en oder sonst abhanden gekommen", veräufsert werden. Denn
8 Diefs eventuelle Wollen der Selbstbeschädigung ist etwas ganz Anderes als dann verschafft auch der gute Glaube des Erwerbers diesem nicht das Eigentum.
das Bewufstsein Von der Möglichkeit der Unwahrlieit des Vorgespiegelten. Trotz Er ist also geschädigt, und Betrug liegt vor, - natürlich nur unter der
dieses Zweifels
Rommel, liegt
Betrug I::l. Betrug
62. vor, wenn der Irrtum bestimmend wirkt. S. auch Voraussetzung täuschenden Verhaltens des Veräufserers. BGB ~ 935.
Freilich, dill regelmäfsige Deutung dieser Ausnahmebeatimmung mufs dem
4 Analog sind die Fälle zu beurteilen, wo der Getäuschte noch nicht ge- Kriminalisten die gröfsten Bedenken erwecken, selbst wenn der Besitzverlust
leistet hat, nun die TäuSchung erkennt und doch leistet, statt . die ihm nach Civil- o hn e Willen des unmittelbaren Besitzers dem w i d er seinen Willen gleich ge-
recht zuständigen Mittel zur Abwendung des Schadens zu gebrauchen. Beachtlich steIlt, wenn die freiwillige Besitzaufgabe seitens des geschäftsunfähigen und
Gryziecki,
von Betrug S. 129. Für die Bestimmung der Vollendung ist dieser Punkt
Wichtigkeit! bescbränkt geschäftsfähigen Besitzers als Nichtaufgabe, die durch Nötignng oder
Erpressung erlangte Besitzübertragung als Nichtübertragung desselben betrachtet
5 Zu BGB §§ 932-935. Es ist hier die Stelle, die strafrechtliche Rück- wird. Vgl. BGB § 123 und Planck, Kommentar zu § 935 (Sachenrecht S. 188.
wirkung des BGB §§ 932-935 in Kürze zu beleuchten. (Doch sei zuvor darauf 189). M. E.wi1'd lüe1' dem ganz äufserlichen Moment der freiwilligen Aufgabe
hingewiesen, dars was zu diesen Paragraphen gesagt wird, analog gilt auch für des faktischen Habens eine Bedeutung beigelegt, die ihr nicht zukommen sollte.
BGB §§ 405 ff.; 1032; 1207 und HGA § 366.) Frülier beging Der einen Betrug, Es ist ja nicht wahr, dars diese Besitzaufgabe stets eine freiwillige ist. Ich
der wissentlich eine fremde Sache als seine eigene verkaufte oder vertauschte und mufs beispielsweise meine Sachen dem Handwerker zur Reparatur geben, - ich
in Folge davon dem getäuschten Teile Eigentum nicht übertrug. Soweit nach dem mag wollen oder nicht; ich m u Cs vor meiner Reise meine Papiere auf die Bank
frÜheren HGB A. 306 der bona :fide Erwerbende Eigentum erlangte, so weit lag bringen, weil ich sonst ihre diebliehe Enteignung zu fürchten habe. Und wenn
aber kein Betrug Vor. InZWischen hat der Grundsatz des HGB A. S06 durch BGB nun Handwerker und Bank sie unterschlagen, so sollen die Sachen dem Eigen-
§ 932 in seinem Geltungsß"ebiet eine bedeutende Erweiterung erfahren. Ich lasse \ tümer nicht wider Willen abhanden gekommen sein? Hat er den unmittelbaren
in der .Folge alle die Fälle aufser Betracht, wo der Tmdent Eigentümer zu sein
glaubt, und fasse nur die ins Auge, wo er weils, dafs er es nicht ist. Der Ein- -I Besitz nicht wider seinenWilIen verloren? Das einzig Billige und Ver-
nünftige wäre, die unterschlagenen Sachen den 9:estohlenen gleich
fachheit halber erlaube ich mir aUch, nUr vom Verkaufsgeschäfte zu sprechen. zu stenen. Und icb hane die Auslegung d .e s BGB § 9S.5 in diesem
Nun liegt 1. in dem wissentlichen Verkauf einer fremden Sache Sinne für durchaus zulässig. Das Citat "Hand wahre Hand!" imponirt
- Bofem er nicht ausnahmsweise rechtlich gestattet ist _ stets eine wider- mir nicht. Der alte Satz ist in absolut andersartigen Verhältnissen entstanden
und darf eine widerstrebende Gegenwart nicht zwingen wollen. Der Kriminalist
360 § 85. Der einfache, der geschärfte und der gemilderte Betrug. § 85. Der einfache, der geschärfte und der gemilderte Betrug. 361
Es ist also ohne jede Rücksicht auf den Wert der Gegenleistung Aber leicht wird von rechnerischem Standpunkte aus für Gefährdung
geschädigt, wer ein Bauerngut statt eines Wirtshauses, ein Solinger erklärt, was rechtlich Schädigung ist, so der Kr e d i t b e t r u g 1, ins-
statt eines englischen Messers u. s. w. u. s. w. gekauft hat, - stets '('i' besondere die Z ec h p l' elle l' e i. Der Wirt schliefst mit dem Zechenden
unter der Voraussetzung, dafs die Vorspiegelung der falschen Eigen- ein Zug-um-Zug-Geschäft, und ihm wird nicht die sofortige Bezahlung,
schaft bestimmend oder mitbestimmend für den Abschlufs des Vertrags also ist er geschädigt: ihm wird der Zeit nach nicht, was er zu fordern
gewirkt hat 1. Wer sich gegen Hagelschlag auf eine einmal im Jahre hat, auc.h wenn der Preller Willen und Mittel hat, ihn später zu
zu zahlende feste Prämie versichern will und durch die Täuschung befriedigen 2 3.
des Agenten bewogen wird, einer Gesellschaft auf Gegenseitigkeit bei- g. .Wie die ganze Betrugl:lhandltl.llg so m u fs au c h die s e
zutreten, die aufseI' der Prämie auch noch Nachschüsse fordert, ist Vermögensbeschädigung zum rechtswidrigen Vorsatze
durch den Agenten geschädigt: denn er hat das Recht, zu verlangen, zur e ehe nb ars ein. Das Bewufstsein der Möglichkeit ihres Ein-
dafs die Gesellschaft das ganze Risiko gegen die feste Prämie über- trittes genügt nicht 4, wol aber der sogenannte eventuelle Vorsatz der
nehme; sie hat sie aber nur gegen zwei Verpflichtungen des Ver- Schädigung. .
sicherten, die zur Zahlung der Prämie und die. zur Zahlung des h. Der Be t l' U g, obgleich er mehr ist als nur vorsätzliche
Nachschusses, übernommen 2. Schädigung durch Täuschung, vollendet sich de lege lata mit
Wird Jemandem aber Anderes geleistet, als er zu fordern hat, cl er Schädigung. Diese tritt ein bei der Aufgabe von Forderungen,
etwa .Efsfett" statt Schmalz, er erkennt und behält es, so genehmigt bei der Uebernahme von Schulden, bei der Veräufserung gegen illu-
er die Leistung und ist dann nicht geschädigt. Es wird sich diefs oft sorische ideale Aequivalente mit dem Rechtsgeschäft selbst, selten
ereignen bei einem Kaufmann, der gute Gelegenheit zum Verkauf der später, wenn sich nämlich das Aequivalent nicht sofort als illusorisch
falsch gelieferten Waare weifs. Aber diese Möglichkeit, ja sogar der erweist 5. Bei den zweiseitigen Rechtsgeschäften aber ist zu scheiden.
Vollzug des günstigen Verkaufs beweist allein nichts gegen den ent- Soll der Getäuschte zu einem für ihn nachteiligen Vertrage bestimmt
standenen Schaden, sondern nur für seine Aufhebbarkeit, also für die werden, so bedeutet der Abschlufs des Vertrags auch den Eintritt
Möglichkeit, Ersatz zu schaffen B. ZU diesem Mittel zu greifen ist des Schadens: denn er verschafft dem Geschädigten weniger Rechte
aber der Benachteiligte nie verptlichtet. . I( oder mehr Pflichten, als er erwarten darf; ebenso, wenn der Vertrag
d. Der S eh ade n b l' aue h t k ein d aue l' n der sei n z u ü!haltlich nicht ungünstig ist, aber der eine Teil von vornherein nicht
sollen 4. Die Absicht späterer Ersatzleistung schliefst den Betrug zu leisten beabsichtigt 6. Soll aber der Gegenteil erst durch minder-
nicht aus.
e. Der Schaden mufs nach den Grundsätzen des Strafbeweises I Sehr wenig befriedigend Schlesinger a. a. O. S. 77ff.
in Gewifsheit gesetzt sein. Wahrscheinlichkeit desselben genügt nicht 2 Will sich Jemand durch Täuschung ein Darlehn verschaffen, und täuscht
zur Verurteilung wegen Betruges. er nicht über seinen Willen und seine Fähigkeit zur Rückzahlung, so fehlt selbst
f. Eine Vermögensgefährdung läfst den Rechts- dann Betrug, wenn letztere hinterher unmöglich wird und .der Entleiher diefs
bestand in takt und stellt defshalb keine S chäd i gun g dar 5 • hätte voraussehen können. Merkei, Abh. I! S. 124/5; ders. bei HH IU S. 762.
S Wer sich durch Täuschung des Gläubigers die Stundung seiner Schuld
erschleicht, wird frei von einer heute drückenden Verpflichtung und erwirbt
1 Bei den Tauschgeschäften über G.rundstücke kommt es dem Tauschenden, prinzipiell damit auf Kosten des Gläubigers einen Vorteil, auf den er kein Recht
der sich auf dem bieherigen GnlJldstücke nicht halten kann, oft nur darauf an, hat (s. auch RG .IH v. 2. Febl'. 1881; E III S. 332/3), er leistete denn dem
ein gleichwertiges Grundstück zu erhalten: die Qualität ist ihm sonst gleich- Gläubiger für die Prolongation das von diesem verlangte Aequivalent. Die
gültig . . Die Täuschung über die Natur des eingetauschten Grundstücks kann Schädigung des Gläubigers besteht in der Aufgabe eines fälligen Rechtes gegen
dann bedeutungslos werden. einen ganz oder teilweise solventen Schuldner. Ist dieser zur Zeit der Prolongation
2 Seine Zustimmung zu diesen Darlegungen hat Lammasch, Schweiz. Z ganz mittellos, so ist der Schaden des GläubiO'ers schon vorher vorhanden, also
f. Strafr. IX S. 507, erklärt. ' durch sie nicht verursacht, und somit fehlt J3etl'ug; ja, die Prolongation kann
a Gut RG I v. 20. Okt. 1881 (E V S. 137 ff.). . geschehen in stillem Hinblick auf künftige Zahlungsfähigkeit, also grade nicht
4 Richtig K ö s t I in, Abh. S. 156. S. auch RG I v. 20. Okt. 1881 (E V in betrügerischer Absicht. Ist der Schuldner aber zurZeit der Stundung nicht
&~ . .; mittellos, so liegt in der ohne Aequivalent erlangten Stundung stets eine Schä-
5 Richtig im Prinzip Olshausen zu § 263 n. 18 a. E. A. Ans. Köstlin, digung des Glänbigers, sowie eine rechtswidrige Bereicherung des Schuldners,
Abh. S. 152 fi·.; M el' kel, Abh. Ir S. 242 ff., der aber den Kreditbetrug vom Be- und der Betrug setzt durchaus nicht den Nachweis voraus, "dafs .durch die
truge scheiden und unter selbständige Strafdrohung ziE}hen möchte. De IE}ge lata Stulidung die Zlll' Zeit ihrer Erteilung noch vorhandene Einbringlichkeit der
etwas schwankend ders., bei HH III S. 762/3. - Gryzi ecki, Betrug S. 104 ff., Forderu!1~ vereitelt oder vermindert oder beziehentlich in höherem Grade ...
verneint, dafs der Kreditbetrug Betrug sei; er sei blofs Gefährdung, nicht Schä- gefährdet s~i". A. M. RG II! v. 9. Juni 1887 (E XVI S. 160).
digung. Hälschner l! H. 252 ff. will nur die Gefährdung, welche eine Wert- 4 Unrichtig RG I v. 6. Dez. 1880 und v. 25. Sept. 1884 (E III S. 144; XI
minderung bedeutet, als ausreichend ansehen, findet aber eine solche im K!'edit- S. 247). Richtig RG II! v. 21. Dez. 1881; Il v. 29. März 1889 und y. 8. Dez. 1893
bet.rug nicht. 0 I s hau sen dagegen (ZU § 263 n. 20) sieht in diesem echt'ln (Eventualdolus genüO't). S. E V S. 277 ff.; XIX S. 90 ff.; XXV S. 5 ff.
Betrug, wenn "in der Tat eine den Wert der Forderung mindernde Gefährdung r, Es wird kolle'ktirt für ein Concert, was der Künstler vielleicht halten will,
derselben eingetreten ist". So auch RG I!r v. 22. Febr. und v. 8. Nov. 1883 vielleicht auch nicht.
(E VIII S. 68 ff.; IX S. 168 fi'.). S Hier ist aber wie in manchen andern Fällen die Möglichkeit
~
§ 85. Der einfache, der geschärfte und der gemilderte Betrug. 363
362 § 85. Der einfache, der geschärfte und der gemilderte Betrug.
er ein Recht hat, oder wer befreit wird von einer Pflicht
wertige Leistung geschädigt werden, dann tritt der Schaden durch trotz geschehener Unterleistung. Geldwert braucht
definitive Annahme der Leistung ein. Hat jedoch der Getäuschte, der Vorteil nicht zu haben!.
bevor er seinerseits leistete, die Anfechtbarkeit des Vertrags wegen -< b. Der V 0 I' t eil bi I d e t das G e gen teil ab ge w an d t e n
dolus der Gegenseite erkannt und doch geleistet, so hat er sich selbst
geschädigt, und es fehlt vollendeter Betrug. Nachteils2. Denn Nachteil ist Rechtsverlust oder Pflichten-
6. Der Schaden des Geschädigten. soll sich - rich- vermehrung, - aber freilich nur für Den, der keine Rechtspflicht zu
tiger der Getäuschte soll ihn - nach "Absicht" des ihrer Erduldung hatte 8. Andernfal1s sinel sie ja nur Rechtspflicht-
Täters in einen rechtswidrigen Vermögensvorteilfür erfüllung, und diese bedeütet nie einen Nachteil. Ver wundersam
den Täter oder einen Dritten (s. oben I 3) verwandeln!. erscheint die Behauptung, es sei die Absicht des Berechtigten, sich
Sonach entfällt der strafbare Betrug, wenn der Täter dieser Absicht einen Prozefs zu sparen, auf Erlangung eines Vorteils gerichtet. Die
ermangelt, es also bei der Schädigung durch Täuschung bewenden tatsächliche Notwendigkeit desl Prozefsgangs ist ein Unglück, seine
lassen will. So, wenn falsche Autografen, Manuskripte, Antiken ge- Vermeidung etwas Anderes wie ein Vorteil' . .Wer ein gutes Recht
fertigt werden, lediglich um Kritiker zu vexiren. hat, das er im Prozefs schwer beweisen kann, sichert sich durch
a. Vor t eil ist je der ein sei. ti ge Er wer bei n e s Erlangung "on Beweisurkunden - auch wenn er sie durch Täuschung
Rechts und jede einseitige Befreiung von einer Rechts.., erlangt -- nur gegen einen Nachteil, nicht aber gewinnt er einen
pflicht 2. Nicht entfernt stellt sich jede Verbesserung Vorteil. Erstreitet er doch nur gerichtliche Anerkennung seines
der Vermögenslage und nur sie als Vorteil im Rechts- Rechtes! Ganz anders, wenn das Recht nach Bestand oder Umfang
si n n e da r. Mag ich Pfandrechte oder Bürgschaften für gute oder zweifelhaft ist und sein Inhaber diefs weifs und sich nun doch durch
schlechte Forderungen gewinnen, so wird mir im Rechtssinne ein Täuschung volle aufserprozessuale Befri.edigung oder Beweisurkunden
Vorteil; werde ich darum gebracht, so habe ich in beiden Fällen für den ganzen Umfang der Forderung verschafft. Dann liegt Betrug vor,
Schaden. Bessern sich die Verhältnisse meines Schuldners, so dafs .fal1s das Recht nicht oder nicht im geltend gemachten Umfange bestand.
ich, hoffen kann, die ihm geliehenen 1000 M. wieder zu erhalten, so c. Der Vorteil murs "rechtswidrig", d. h. vom ob-
mindert i:\ich mein Risiko: ich gewinne ökonomisch, aber nicht j),uistisch ~. jektiven Vermögensrechte mifsbilligt sein. Nicht das
einen Vorteil. Wird mir durch Täuschung des Pflichtigen geleistet, Mittel der Erlangung macht ihn je rechtswidrig, sondern er ist diefs
worauf ich ein gutes Recht habe 8, so gewinne ich keinen Vorteil 4 ; objektiv und macht seinerseits das Mittel ' zu einem verbotenen.
zahle ich, was ich schulde, so erdulde ich keinen Nachteil. V 0 it eil Nichts ist verkehrter als die Behauptung, jeder Vor-
aber trägt davon, wem mehr geleistet wird, als worauf teil sei rechtswidrig, auf den der Erlangende kein
Recht habe 5 • Niemand hat ein Recht, beschenkt zu werden; ver-
gegeben, durch tatsächlich bewährte Sinnesänderung ein voll- pflichtet sich ihn} aber Jemand zur Schenkung, so erhält er einen
endetes Verbrechen unsichtbar zu machen. - In den häufigen Fällen Vorteil; nicht minder, wer jagdfreie Tiere okkupirt oder ein ihm vom
der Aufgeldprellereien, in welchen sich Jemand als Dienstbote vermiethet in der Schu1dner für eine schon bestehencl.e Forderung angebotenes Pfand
Absicht, nicht anzutreten, vollendet sich der Betrug mit Zahlung des Mieth- annimmt. In allen diesen Fällen wird der Vorteil, obg1eich ein
pfennigs, einerlei, ob der Preller seinen rechten Namen genannt oder verschwiegen
hat (a. M. Olshausen zu ~ 263 n. 39). subjektives Recht darauf nicht besteht, mit voller Billigung des
1 Grade bei Handhabung dieses Requisites zeigt sich die Verflachung der Gesetzes erworben: er ist ein rech tmäfsiger. Etwas anders beim
richtigen Betrugsauffassung. Weitaus am tiefsten hat es M er k e I gefafst. S. Hurenlohn, bei der Beute des Bettlers, des Hazardspielers. Jener wird
Abh. II S.90ff.; sehr gut auch Hälschner Il S. 273ff. und Olshausen zu
§ 263 n. 45; im Prinzip richtig auch D Ö r r, Ueber das Objekt ... S. 76 ff.;
sehr verkannt ist es von Gryziecki S. 139 fl'. wie von Rommel, Betr. S.65ff. 1 Die gegenteilige Ansicht darf als die herrschende bezeichnet werden.
Falsch auch Meyer, 4. Aufl., S. 697 n. 7. Bei v. Liszt, 6. Aufl., S. 442, stand 2 Auch das wird in kaum glaublicher Weise verkannt. S. z. B. Rommel,
wirklich der für v. L. so ungemein charakteristische Satz, "rechtswidrig" sei auch Betrug S. 70. 76.
"die ganze überaus grofse lind praktisch hochwichtige (!) Gruppe der dem Recht fY 3 Mög!ich ist, dafs der Täter einen Nachteil von sich abwenden will, indem
gleichgültigen Vermögensvorteile" . Er ist jetzt weggefallen! Ganz unklar er eine zu Unrecht - etwa auf Grund eines Meineides - ih:n auferlegte Leistungs-
Simonson, Vorteil S. 38 ff. pflicht abzuwenden sucht. RG II v. 12. Nov. 1889 (E XX S. 56 ff.).
2 Es sei mir diese abgekürzte Bezeichnung für Erwerb und Befreiung ohne 4 Beachtlich RG III v. 80. April 1881 und v. 11. Dez. 1882 (E IV S. 167 ff.;
Gegenleistung oder Leistung gestattet. . VII S. 378 ff.).
S Im Gegensatz zu einem anfechtbaren, mit Defekt behafteten. 5 Das ist auch die ständig wiederholte, ihm viel zu oft nachgesprochene
4 In einer guten, bei uns eingereichten, aber ungedruckt gebliebenen Dis- Definition des RG. S. z. B. UI v. 17. Dez. 1881 (E V S. 352 ff.). Der Versuch in
sertation (Engelmann) war mir eingewendet, ich betrachte es demgemäfs nicht RG I v . 7. Jan. 1895 (E XXVI S.354), sie zu rechtfertigen, ist völlig mifslungen.
als Vorteil, wenn ich durch Täuschung dahin wirke, das Vermögen meines Mitten in der Deduktion wird der Begriff des subjektiven Rechts mit dem des
Schuldners zu vermehren,. damit er mich bezahlen könne, ich bezeichnete ihn objektiven vertauscht. Jeder "Vermögenserwerb, dem das (seil. objekt.) Recht die
z. B. als kreditwürdigen Menschen und verschaffte ihm dadurch ein Darlehn. Anerkennung versagt", läuft gegen dieses; aber eine grofse Anzahl von Rechts-
Allein ich gewinne hier Zahlung durch Täuschung und Schädigung des Darlehns- erwerben wird gemacht, ohne dafs ein (subjekt.) Recht auf den Erwerb bestünde.
gebers : gegen diesen aber fehlt mir alles Recht!
I:.
364 § 85. Der einfache, der geschärfte und · der gemilderte Betrug. § 85. Der einfache, der geschärfte und der gemilderte Betrug. 365
ohne das Recht, aber nicht wider es erworben; der Ertrag des Bettels 7. für die Sch uldseite des Betrugs: sie besteht in dem
wird durch verbotene Handlung, aber doch zu vollem Rechte erworben; Vorsatze rechtswidriger Bereicherung mittels Täuschung
die Beute des Spielers ist l:echtswidrig, denn er mufs sie herausgeben: und nicht aus dem Vorsatze rechtswidriger Schädigung, zu dem eine
und grade das ist das wichtigste Symptom des rechtswidrigen Ver~ weitergehende Absicht tritt 1. Auch sie ist ganz einheitlich und nicht
.mögensvorteils, da[s das Gesetz einen Anspruch auf seine Aufhebung dua-listisch. Da die rechtswidrige Bereicherung mittels Täuschung
gewährt J. Defshalb liegt aber auch in der durch List oder Nötigung nur durch die Schädigung geschehen kann, sos c h 1i e ft der Vor-
erlangten Erfüllung einer Naturalobligation nie ein rechtswidriger satz der Bereicherung den der Schädigung notwendig
Vermögensvorteil. ins ich. Mehr aber als diesen Vorsatz und etwa zu verlangen, die
Bei Betrug wie E r p l' e s s u n gc h ara k t~ r i sir t sich der Sucht nach dem Vorteil müsse das alleinige oder hauptSächliche Motiv
rechtwidrige Vermögensvorteil durch das Doppelte: er der ganzen Handlung gebildet haben, ist vom Gesetz nicht geboten
wird vom Bereicherten erlangt ohne Recht und zugleich und unrichtig, weil zu schweren Ungerechtigkeitel1 führend 2. Danach
auf Kosten der rechtlich anerkannten Vermögenslage würde straflos bleiben, wer lediglich zu dem Zwecke, einen angeblichen
eines Andern, durch Verwandlung des rechtswidrigen Kenner zu blamiren, ihm eine meisterhaft gefälschte Handschrift als
Schadens in rechtswidrigen Nutzen 2 • Daraus erhellt: im echt für teures Geld verkaufte. Das aber wäre tief bedauerlich 3!
Vorteil des Einen murs enthalten sein, worum der Andere gekommen Die Absicht des Täters, die ihm durch den Betrug erwachsende
ist. Man kann clie[s Erfordernis als das der S toff gl eie h h e i t von civilistische Verbindlichkeit dauernd zu vereiteln, welche sich etwa
Schaden und Nutzen bezeichnen 8. durch Angabe eiiles falschen Namens oder Domizils, durch Vorspiege-
d. Die se l' l' e c h t s w i d l' i g e V 0 l' t eil b l' aue h t w e der lung nicht vorhandener Solvenz, durch Erzeugung eines kaum erkenn-
vom T ä t ern 0 c h vom D r i t t e n er I a n g t zu sei n. Wird er es . baren Irrtums betätigt, ist kein Essentiale des Betrugsvorsatzes 4 5.
aber, so setzt sicht der Betrug bis zu diesem Zeitpunkte des voll~
endeten Delikts fort. Der vollendete Betrug stellt sich de lege lata IH. Unter geschärfter Strafe steht der Betrug im wiederholten
als ver s u c h t e r e eh t s w i d l' i g e B e r eie her u n g dur c h v 0 11- Rückfall. Ihn trifft Zhs von 1 J. bis 10 J. und zugleich obligatorisch
endete rechtswidrige Schädigung dar. Geld von 150 M.bis 6000 M., bei MU Gef. von 3 Mon. bis 5 J.,
e. Diese Erkenntnis führt auch zur rechten Deutung der woneben fak. Geld von 3 M. bis 3000 M. - GB· § 245 findet hier
vom Gesetz geforderten Absicht. Sie ist gerichtet auf Voll- analoge Anwendung.
endung des Bereicherungsdelikts und bedeutet nichts
Anderes wie den Vorsatz desselben 4 • Es wäre eine ganz 1 Völlig verkannt von Ortloff, Lüge, Fälschung und Betrug S. 442 ff.
falsche Auffassung, den Betrug des § 263 als durch die Bereicherungs- 2 S. auch RG- III v. 13. Mai 1895 (E XXVII S. 217 ff.).
.absicht qualifizirte Vermögens beschädigung zu betrachten~ Er ist a Welche Infamieen bei der ge_genteiligen Auffassung straflos ausgehen,
durchaus einheitlich und zwar als Bereicherungsverbrechen gedacht. dafür höchst lehrreich RG IV v. 28. Sept. 1886 (E XV S. 9 ff.). Die begründete
Daraus ergiebt sich Revision ward verworfen! .
~ A. M. Me r k e 1, Abh. II S. 280 ff.; recht bedenklich der s. auch bei HH
III S. 767 ~ 771. Me r k e 1 mufs auf diesen Punkt grofses Gewicht legen wegen
1 K atz, GS 1879 S. 443, definirt: "Rechtswidrig ist der Vermögensvortheil, smner Lehre von der Subsidiarität des Strafzwanges gegenüber dem Civilzwange.
dessen Objekt man nicht auf civilrechtlichem Wege durch Klage erlangen kann"; Der sog. kriminelle Betrug mufs also ein Plus über den sog. Civilbetrug hinaus
Frank zu § 253 IV 2, vgl. zu !\ 263 IV 3 c, rechtswidrig sei er erst dann, "wenn enthalten. Allein auch hier scheitert diese Lehre wieder. Uebrigens ist Merkel
er von dem Gewährenden im Wege des Rechts zurückvedangt werden kann". an diesp.mPunkte stark beeinflufst von .Escher, Betrug S.153ff., der das. auch
Letztere Bezeichnung ist besser, da sie die civilprozessuale Klage eliminirt. lehrt , die Strafe dürfe nur eintreten, wo "b. die civilrechtlichen Mittel nicht
2 Erlangt Jemand einen Vorteil wider das Recht, etwa eine Transport- ausreichen, den Lädirten schadlos zu halten", und der die betriigliche Absicht
leistung, die ihm wegen der Gefährlichkeit der Waaren ganz hätte versagt werden auch darauf gehen lassen wjll, "den Andern an seinem Vermögen so zu be-
sollen, aber gegen bezahlte Fracht, so bereichert er sich nicht aus fremdem einträchtigen, dafs er vom Civilrichter nicht schadlos gemacht werden kann".
Schaden. S. den interessanten Fall RG I!I v. 8. Nov. 1883 (E IX S. 168 tl·.). 5 Grofse Zweifel sind darüber entstanden, wie weit der Betrug mit andern
a Merkei, Abh. II S. 118, verlangt, die Objekte von Nachteil und Gewinn Verbrechen , welche gleich ihm auf Erlangung eines rechtswidrigen Vermögens-
·müfsten identisch sein. Geleugnet von RG I v. 7. April 1881 (RSpr. S. 202/3), vorteils gerichtet sind oder des Mittels der Täuschung sich zu bedienen pflegen,
wo diese Ident.ität grade vorhanden ist, von RG IV v. 23. März 1888 (E xvn idealiter konkuniren kann. Olme auf diese zum Teil sehr schwierige Frage
S. 266). Dem Gerichte beistimmend RommelS. 93. näher einzutreten, öemerke ich, dafs ich für möglich halte ideale Konk u rr e nz
~ Vgl. darüber Normen I S. 218 ff.; II S. 596ff. Olshausen zu § 263 n.49 des Betrugs mit o-ewinnsüchtiger Urkundenfälschung des GB § 268,
erkennt die terminologische Zu lässigkeit dieser Deutung an, will aber doch die mit der Münzfälsc\ung der §§ 146.147.150, mit dem Bettel des §361 n.4,
Absicht hier im Sinne des Motivs nehmen. Durchaus treff·end bezeichnet O. als dagegen für unmöglich halte eine solche mit Unterschlagung, Erpressung,
pra~tis.ches Resulta~ seiner Auffassung:. den Ausschlufs des sog. e:ventuellen Dolus Versicherungsbetrug, der Ausgabe falschen, als echt empfangenen
bezughch der Bereicherung. Daran halt auch RG !II v. 13. -Mal 1895 (E ]L'CVII Geldes (§ 148), der Gebührenüberhebnng des § 352, aber auch mit dem
S. 219) fest. S. aber gleich unten S. 365 Note 2. . Ebenso RG und natürlich v. Li s z t täuschenden Feilhalten verdorbener, nachgemachter und ver-
S.456. Richtig Geyer, Grundrifs II S.59, wol auch Merkel bei HH III fälschter Nahrungsmittel nach § 10 n. 2 des Gesetzes v. 14. Mai 1879. Vgl.
S. 772 n. 1. mein Lehrbuch (1. Aufl.) II 1 S. 285/6.
366 § 85. Der einfacne, der geschärfte und der gemilderte Betrug. § 85. Der einfache, der geschärfte und der gemilderte Betrug. 367
IV. Erheblich milder als selbst der einfache Betrug - nemlich Nun ist ein Doppeltes möglich:
nur mit Geld von 1 M. bis 150 lVI. - wird nach dem Ge setz, be t r. 1. Der Arbeitgeber unterläfst die Verwendung aus
die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, Fassung L ä s si g k e i t. Er verschleppt die Zahlung. Hier fehlt ihm nicht das
v. 20. Mai 1898§ 152, 2 u. 31, Derjenige bestraft, der Bewufstsein, dafs er zur Zeit die Arbeiter schädigt und sich widerrechtlich
1. als Nichtmitglied einer solchen Genossenschaft die Legitima- bereichert: er beschwichtigt sich aber mit seiner Absicht, die Zahlung
tion eines Mitgliedes zu unbefugter Waarenentnahme aus dem Konsum- nachzuholen. Diesem Tatbestande vor Allem gilt die Strafdrohung (Geld
verein benutzt oder "auf andere Weise zu unbefugter Waarenausgabe von 3 M. bis 300 M. oder Haft, "falls nicht nacll anderen Gesetzen eine
zu verleiten unternimmt"; höhere Strafe verwirkt ist") im I n val i den ver sie her u n g s g e set z
2. als Mitglied einem Dritten seine Legitimation zum Waaren- § 182, 1;
kauf in solchem Verein zum Zwecke unbefugter Waarenentnahme 2. in der Absicht, es definitiv zu unterlassen. Damit
überläfst. Eine zur Täterschaft erhobene Beihülfehandlung ! ist aber die Absicht, die Arbeiter sowie den Versicherer zu schädigen,
unauflösbar verbunden, ebenso zugleich die Absicht, sie h einen rechts-
Es handelt sich hier meist um kleine Schädigung des Vereins widrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, auch wenn er vielleicht den
und kleine rechtswidrige Bereicherung seitens des Käufers 2. Willen hat, diesen einem Dritten zuzuwenden. Denn zu seinen. Gunsten
An h an g. Ein dem Betrug nah stehendes Bereicherungsdelikt ent- haben ja die Arbeiter auf einen Teil ihres verdienten Lohnes verzichtet.
halten das Krankenversicherungsgesetz, Fassung v. 10. April 1892, Ich kann defshalb die Fassung der beiden Gesetze: "in der Absicht, sich
§ 82\ und das Invalidenversicherungsgesetz, Fassung v. 19. Juli oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen,
1899, § 182: die Einbehaltung von Lohnabzügen, die der ode l' die berechtigte Gemeinde-Krankenversicherung oder Krankenkasse zu
Arbeitgeber zu Versicherungszwecken gemacht hat. Nach schädigen" (Ges. v. 10. April 1892 § 82 b), "oder die Versicherungsanstalt
beiden Gesetzen sollen die Arbeitgeber auch die Versicherungsbeträge für oder die Versicherten zu schädigen" (Ges. v. 19. Juli 1899 §182, 2)
ihre Arbeiter ·vorleisten, sind aber dann berechtigt, bei· den Lohnzahlungen nicht ganz korrekt finden.
den Arbeitern den auf sie entfallenden Versicherungsbetrag in Abzug zu Beide Gesetze drohen Gef. von 1 J. bis 5 J. und fak. Geldstrafe von
bringen. Die Arbeiter also sind beitragspflichtig, der Arbeitgeber aber soll 3 M. bis 3000 M. und fak. Ehrverlust. Bei MU kann nach § 82 bund
ihre Zahlung an den Versicherer vermitteln (s. RG Iv. 17. Juni 1897; m ufs nach § 182, 2 allein auf die Geldstrafe erkannt werden. Die Strafe
E XXX S. 161 ff.). Nur auf diesem Wege dürfen die Arbeitgeber den ist in dem älteren Gesetze ganz, in dem jüngeren fa~t ganz die des Be-
auf die Versicherten entfallenden Betrag wieder einziehen. Wenn sie nun truges (s. oben S. 340). Bezüglich des nach dem Ges. v. 19. Juli 1899
aber die abgezogenen Beträge nicht zu Versicherungszwecken ·verwenden, strafwürdigen Subjektes s. auch § 183 desselben Gesetzes.
sondern für sich behalten, so begehen sie keine Unterschlagung, weil, sel 1)st Die erforderte Absicht ist hier wie beim Betruge identisch mit dem
wenn sie die Beträge baal' in der Kasse haben, diese ihr Eigentum bilden. rechtswidrigen Vorsatze. S. RG II v. 26. Jan. 1894 (E XXV S. 104 ff.).
Sie schädigen aber widerrechtlich die Arbeiter dadurch, dafs sie ihnen einen Wer diers anerkennt, murs zur Verurteilung nach den einschlagenden Ge-
Teil des wolverdienten Lohns abziehen und sie nicht dafür versichern; sie setzen auch dann kommen, wenn der Arbeitgeber aus Mangel an Baar-
bereichern sich widerrechtlich durch diesen Schaden, und sie schädigen den mitteln die Verwendung der Beträge zu Versicherungszwecken definitiv
Versicherer, indem sie dessen Anspruch auf Zahlung des Versicherungs- unterläfst. S. auch Ges. v. 10. April 1892 § 53 Abs. 3; v. 19. Juli 1899
betrages nicht erfüllen. Der Tatbestand der Erlangung eines rechtswidrigen § 142 Abs. 4. Diers ist auch der konsequent festgehaltene Standpunkt des
Vermögensvorteils durch Schädigung Dritter ist also gegeben. RG. S. II v. 20. März 1894; IV v. 26. Nov. 1895; Iv. 17. Juni 1897
Nun kann der Arbeitgeber schon bei der Lohnauszahlung die Absicht (E XXV S. 194 ff.; XXVIII S. 5 ff.; XXX S. 161 ff.).
haben, die abgezogenen Beträge nicht ihrem Zwecke gemäfs zu verwenden.
Wenn der Arbeitgeber durch Täuschung des Arbeiters in der Absicht
Ueber diese Absicht wird flr meist schweigen. Da aber die Arbeiter ver-
pfli eh tet sind, sich diese Abzüge machen zu lassen, so wird die stillschweigend rechtswidriger Bereicherung diesen bestimmt, sich höhere als die gesetzlich
gemachte Vorspiegelung, dars der Einziehende die Gelder zu Versicherungs- berechtigten Abzüge machen zu lassen, so be t r ü g t er (Ges. v. 10. April
t 1892 § 82 und Ges. v. 19. Juli 1899 § 181 n.1 finden wegen ihrer Sub-
zwecken benutzen werde, nicht kausal für ihr Verhalten. Der s haI b li e g t
selbst dann kein Betrug .vor. Noch weniger, w.enn er erst nach sidiarität darauf keine Anwendung). Verbindet sich damit die Absicht, die
gemachtem Abzug beschliefst, diese Summe nicht für ihren Zweck zu ver- rechtmäfsig gemachten Abzüge einzubehalten, so dürfte Konkurrenz von
wenden. Es e II tf ä 11 tal so bei die s e r w i der I' e eh t 1ich e n Be- Betrug und verbotener Einbehaltung anzunehmen sein.
1'eicherung die Täuschung als das notwendige Mittel. Wird die Untreue ihrem Wesen nach gesetzgeberisch
ausgebaut, so dürfte diese ELnbehaltung als zu ihrem Ge-
biete gehörig erscheinen: der Arbeitgeber mifsbraucht
1 GBI. 1898 S. 84314.
2 Ueber einen hervorgehobenen Fall des einfachen Betrugs im Börsengesetz seine Stellung als Bevollmächtigter.
v. 22. Juni 1896 § 91 s. unten § 92 a. E. S. 404.
.1\
368 § 86. Der sog. Versicherungsbetrug. § 86. Der sog. Versicherungsbetrug. 369
§ 86. 2. Der sog. Versichernngsbetrng. gewillt ist, die Forderung geltend zu machen unter der
täuschenden Vorspiegelung, er sei der Berechtigte
GB § 265. S. die Literatur vor § 84 und Meves, StrRZ S. 405 ff.
oder fordere als dessen Vertreter: also durchaus nicht nur
Nach Vorbild allein. des preufsischen Strafgesetzbuchs hat das der Versicherte 1 2.
deutsche den sog. Versichernngsbetrng nicht zur Brandstiftung, U. Schitl'sversichernngsbetrng. Sein Objekt ist jedes See-
sondern zum Betrug gestellt, - freilich in einer Weise, die viel oder Binnenwasser-Schiff, das als solches oder in seiner Ladung oder
Zweifel ungelöst läfst. ' seinem Frachtlohn versichert ist.
Das Verbrechen begeht, wer in betrügerischer Absicht 1. Die Tat besteht in dem vorsätzlich rechtswidrigen Sinken-
eine gegen Feuersgefahr versicherte Sache in Brand oder Strandenmachen des Schiffs.
set z tod e r ein S chi ff, we 1ehe s seI bs t 0 cl erd e s sen Lad u n g 2. Bezüglich der Ab sie h t und des T ä tel' s gilt das zn I 3
oder Frachtlohn versichert ist, sinken oder stranden und 4 Gesagte.
m a c,h t. Strafe: Zhs von 1 J. bis 10 J. und obligo Geld von 150 IVI. IU. Mag , der eine oder andere Tatbestand verwirklicht sein,
bis 6000 IVI., bei MD Gef. von 6 Mon. bis 5 J. und fakult. Geld von regelmäfsig stellt er sich als eine stritfbare Vorbereitungs-
3 M. bis 3000 IVI. Versuch natürlich s.trafbar. Das Gesetz h an d lu n g zum Be tr u g dar 3 • . Indessen kann die Täuschung des
ist ein Mischgesetz, doch können seine beiden Tatbestände sich mit Agenten durch den Brandstifter schon begonnen haben, während
Bezug auf dasselbe Objekt - das versicherte Schiff; vg1. HGB §§ 778. letzterer seine Branderregung noch fortsetzt 4. Beachtet man nun,
779 - in einer Handlung verbinden: dann liegt nicht Konkurrenz, dafsdie §§ 306. 308 U. 323 zu § 265 im Verhältnisse der Alternativität
sondern' nur ein Verbrechen vor. stehen (s. Gr. I § 25 und Handbuch I S. 350. 352), dafs also § 265
I. Brandversichernngsbetrng. trotz seiner schweren Strafdrohung nur die leichteren Fälle · der
1. Objekt ist jede gegen Feuersgefahr formell Brandstiftung und der Schiffsstrandung trifft, dafs ferner der Ver-
gültig versicherte Sache, einerlei, wem sie gehört, bei wem sicherungsbetrug dem echten Betrug im Gesetz unmittelbar folgt und
sie zu ihrem wahren oder vielleicht übertriebenen Werte versichert mit ihm unter der Deberschrift des Betrugs steht, so dürfte der
ist, und ob an ihr auch echte Brandstiftung (§§ 306 U. 308) begangen Schlufs gerechtfertigt sein, dafs, wie sonst wol die Strafdrohung an
werden kann. Ist das Objekt auch gegen Explosion versichert, wie das versuchte Verbrechen, sie cliefsmal schon an die Vorbereitungs-
denn die Brandversicherungs - Gesellschaften die Gasexplosion dem handlLmg geknüpft sei,- aber in der Absicht, dafs sie mit~
Brande gleich achten, so steht der Annahme nichts im Wege, die gelten solle auch dem später folgenden versuchten
Gleichstellung des § 311 solle nach dem Willen des Gesetzes auch oder vollendeten Betruge. Nur dann ergiebt _sich ein ver-
auf die Fälle des § 265 Anwendung finden. Sollte der Gegenstand nünftiges Verhältnis von Betrug und Versicherungsbetrug: die Strafe
nur gegen Explosion versichert sein, so schiede er zur Zeit noch aus des letzteren enthält die des ersteren für den Fall seiner Begehung mit 5.
dem Kreise der tauglichen Objekte des Versicherungsbetruges aus.
2. Die Ta t be s t e h tin vor s ä tz li ehr e eh t s w i d I' i ger 1 Dieser Punkt wird meist ungenau behandelt. Fftr den Versicherten als
In br a n d set z u n g, welche auch durch Erregung einer Explosion alleiniges Subjekt V. Spefshardt a. a. O. S.36. Weiter gehend Kohler,
erfolgen kann, am Objekte S. 1 und vollendet sich ' nach Analogie der Studien I S. 130, der auch den Gehftlfen (s. folgende Note) z,um Täter rechnet.
Brandstiftung. Sie mufs verübt sein Ebenso wol Meyer, 4. Aufi., S. 714. Richtig V. Liszt S. 460; Olshausen zu
§ 265 n. 4.
3. in betrügerischer Absicht. Diese Absicht bestimmt 2 Wer im Auftrag des Forderungsberechtigten den Brand legt, um ihm den
sich generell nach § 263, speciell nach § 265 als die Ab sie h t des Betrug zu ermöglichen, ist nicht Täter, sondern Gehiilfe zum Verbrechen des
. Täters, durch bewufst rechtswidrige Geltendmachung ~ 265. Wenig genau RG IV v. 9. Dez. 1892 (E XXIII S. 352 ff.); falsch I V.
der Versicherungsforderung den Versicherer zu schä- 30. Jan. 1893 (das. S. 426 ff.): auch der Gehiilfe zum Betrug besitze »betrügerische
Absicht". Die besitzt er grade nicht!
digen und sich oder einen Dritten rechtswidrig zu be- \II~I 3 Da sie zum selbständigen Verbrechen erhoben ist, kann sie auch strafbar
reichern. Die Absicht bedeutet hier ·nur den Vorsatz künftiger versucht werden.
Begehung eines Betrugs, dem die Brandstiftung als Mittel dienen 4 Wer den Betrug durch die Strafe des § 265 nicht als mitgetroffen ansieht,
soll. Daraus erhellt hätte in diesem Falle nicht Real-, sondern Idealkonkurrenz zwischen Betrug und
dem Tatbestand des§ 265 anzunehmen.
4. T ä tel' k a n n nur Der sei n, der zur Z e i t der Tat 5 So auch Merkel bei HH III S. 780. 781 und ausführlicher Hälschner II
bel' e eh t i g t ist, die Ver sie her u n g s summ ein e i g n e m 0 der S.279. Richtig auch Frank zu § 2651. A. M. (für Realkonk.) Meier S. 588;
des von ihm Vertretenen Namen einzufordern, oder V. Spefshardt a. a O. S. 67 ff.; Olshausen zu § 265 n.6 U. RGI V. 21. Jan.
1888 (E XVII S. 62 ff.). - Ich würde dann aber unbedenklich folgern, dafs, wenn
richtig erwartet, cliefs nach der Tat zu werden!, und aus § 265 wegen vollendeten oder versuchten Betrugs gestraft wird, diefs Rück-
fall im Sinne des § 264 begründe. Ist eine Brandstiftung des § 306 oder eine
1 Der Erbe des totkranken Versicherten steckt das Haus an, um später das Strandung des § 323 zu betrügerischen Zwecken verübt und der Betrug nachher
Geld zu erheben. begangen worden, so konkurrirt er mit jenen Verbrechen realiter.
Binding, Strafrecht. Besonderer Teil. I. 2. Aufi. 24
'>
§ 87. 3. Der Kursbetrug. Dritten einen durch den künstlichen Kursstand ermöglichten rechts-
widrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. Die Absicht ist auch hier
Börsengesetz v. 22. Juni 1896 §§ 75 1• 76. Li 140. S. S te n g lei n, N eben- nur der Vorsatz künftiger Begehung eines Betruges 1. Am nächsten
gesetze. 2. Aufl. Supplement S. 47 ft.
liegt der Gedanke, dafs der Täter durch An- oder Verkauf der mit
I. Dem Versicherungsbetrug zum Teil analog, zum andern Teil künstlichem Kurs ausgestatteten Papiere Verkäufer oder Käufer
sehr verschieden von ihm ausgestaltet ist der Kursbetrug des schädigen und sich bereichern will. Es ist aber auch möglich, dafs
,Börsengesetzes v. 22. Juni 1896 § 75. , er durch Verpfändung der Papiere sich ein gröfseres Darlehen oder
Ihn beg e h t , wer i n b e tr ü g e ri s c her A b sie h tau f der Aktiengesellschaft, deren Direktor er ist, neue Aktienzeichner
Täuschung berechnete Mittel anwendet,' um auf den gewinnen will.
Börsen- oder Marktpreis von Waaren oder Wertpapieren 3. Auch hier taucht wie beim Versicherungsbetruge die Frage
einzuwirken. ~trafe: Gef.von 1 T.bis 5J. und zugleich Gela von auf, wie diese Vorbereitungshandlung zum Betruge sich zu diesem
3 1\'1. bis 15000 M. Ehrverlust fakultativ. Bei MU kann auf die selbst verhält, wenn sie bis zu ihm fortschreitet. Mir scheint, sie sei
Geldstrafe allein erkannt werden. § 75, 1. u. 2. hier anders zu beantworten. Es handelt sich hier um eine Vor-
1. Den Kern des Delikts bildet anders wie beim Versicherungs- bereitungshandlung, die sich als eine Gefährdung des ganzen Markt-
betrug nicht eine Sachbeschädigung im w. S., sondern ein e T ä u- oder Börsenverkehrs in den künstlich beeinflufsten Waarenoder Wert-
sch un g s h andl un g zu ganz b esonde rem Z we cke. Denken papieren darstellt. Der Versicherungsbetrug bereitet eine einzige
wir uns den Tatbestand des § 75, der sich als ein coupirtes Erfolgs- Schädigung vor: die des Versicherers. Diese individuelle Beziehung
verbrechen darstellt 2, zu Ende, so gestaltet er sich zum v 0 I' sät z- fehlt dem Kursbetrug. Er läfst ganz unbestimmt, wer und wie viele
lich rechtswidrigen Steigen- oder Fallenmachen oder seinem Urheber zum Opfer fallen sollen. Er erscheint defshalb nicht
Behaupten des Börsenkurs- oder Marktpreisstandes von ,~ 'l
entfernt in dem gleichen Maafse als Vorbereitung ein es konkret
Waaren oder Wertpapieren durch Täuschung. Wenn das bestimmten Betruges, in dem er nachher aufgehen könnte. Es können
Gesetz die Anwendung "auf Täuschung berechneter Mittel" verlangt, ja Dutzende betrogen werden. Und so steht der Kursbetrug
so ist diefs pleonastiRch: die Handlung mufs sich stets in der Gestalt zu den durch ihn vorbereiteten, nachher wirklich zum
der Vorspiegelung falscher Tatsachen 1. w. S. vollziehen a. Es können Vo llz u g e ge ko rom enen Betrügereien im V erhäl tni s de I'
diefs konkrete Tatsachen sein, um bestimmte Papiere in falschem Lichte realen Konkurrenz.
erscheinen zu lassen; es sind aber auch solche allgemeiner Natur 11. Dem Kursbetrug an Strafbarkeit gleich gestellt wird durch
tauglich - Kriegs- oder Friedensgerüchte , Nachrichten von Nieder- § 75, 3, wer in betrügerischer Absicht wissentlich un-
lagen, VOm Tode eines Monarchen - , die den Kursstand überhaupt wahre Angaben iri Prospekten der in § 38 bezeichneten
beeinflussen. Art oder in öffentlichen Kundgebungen macht, durch
Mit der Täuschung aber zu dem Zwecke, ihr eine Einwirkung welche die Zeichnung oder An- oder Verkauf vO ,n Wert-
auf den Kursstand zu verschaffen, ist de lege lata das Vergehen schon papieren he.rbeigeführt werden soll. Es liegt hier die An-
vollendet. Sei n e n Ver s u c h hat das Ge set z mit S t I' a fe fertigung einer echten Privaturkunde unwahren Inhaltes in betrüge-
verschont. Der Redakteur des Blattes, der wissentlich die un- rischer Absicht vor . Versuch straflos 2.
wahren Mitteilungen in sein Blatt aufnimmt, kann Täter oder Mit-
täter des Kursbetruges sein, wenn auch er in betrügerischer Absicht § 88. B. Die Erpressung.
handelt. Fehlt ihm diese, so macht ihn die Kenntnis der Unwahrheit I.:.,
derselben und ihrer vermutlichen Wirkung noch nicht zum Gehülfen : GB §~ 253-256. Vgl. § 339. Vgl. BGB § 123. - Sch 94. M 94. 96. WV
er mufs aufserdem wissen oder annehmen, dafs der Einsender in be- 140. 141. Li 141. H!I S, 532-537. H2 II 110. 111. Me 123. - Merkel bei
RH!II S. 724ff.;IV S. 416ff.- Köstlin, Abh. S. 407ff. - Wahlberg bei
trügerischer Absicht handelt. HRLex I S. 743. 744. - Glaser, Abh. I S. 148 ff, - Hartmann, Lehre von
2. Dieses Kerndelikt mufs jedoch "in betrügerischer der Erpressung. Dorpat 1859. - Villnow, Raub und Erpressung. , Breslau
Ab s ich t" begangen sein, d. h. in der Absicht, sich oder einem 1875. -:- v. Wächter, GS 1875 S. 161 ff. -- v. Buri, GS 1877 Beilageheft
S. 55 ff. - DerB-, GS 1878 Beilageheft S. 3 ff. - Kat z, GS 1879 S. 424 ff. -
Glasenapp, Ueber den metus accusationis, Arch. f. civil. Praxis LXV (1882)
1 Die Bestimmung des § 75 ist eine Erweiterung des HGB A. 249 d s. 2 in S. 258 ff. - Clotterboke, Afpersing u. Afdringing. Utrecht 1888. - Siegel,
der Fassung v. 18. Juli 1884: "Mit Gef. bis zu einem Jahre und zugleich mit
Geldstrafe bis zu 10000 M. wird bestraft: 2. wer in betrügerischer Absicht auf
Täuschung berechnete Mittel anwendet, um auf den Kurs von Aktien einzuwirken." 1 S. oben S. 365.
Ehrverlust zulässig. Bei MD ausschliefslich Geldstrafe. Diese Bestimmung des 2 Die interessante Kursgefährdung durch übermäfsig bezahlte Beeinflussungen
alten RGB's ist aber durch das Börsengesetz § 81 v. 1. Jan. 1897 an aufgehoben. des'Börsenpreises seitens der Presse in § 75 dieses Gesetzes darf nicht Täterscliaft
2 S. oben S. 12. oder Beihülfe zum Kursbetrug sein, sonst würde § 76 anwendbar. Grade defs-
3 S. oben S. 345 ff. halb liegt sie aufserhalb des Kursbetruges und bleibt hier zur Seite.
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