Sie sind auf Seite 1von 16
At NENAD CAMBI zelne Gestaltungselemente zwischen den Werkstiitten ausgetauscht wurden, Diese Lésung muB sich besonders dann empfehlen, wenn man sie vor dem Hintergrund der stilistischen Abhangigkeit wahrscheinlich aller groBen gallienischen Sarkophage von der klassizistischen Formtradition der Werkstatt des Hippolytossarkophags Vatikan sieht. Denn zumindest im Bereich der Sarkophage erweist sich damit die ‘gallienische Renaissance’ als eine Be- wegung, deren Anfinge bis ins frihe 3. Jh. zuriickreichen, Jene ‘Renaissance’ war kein plotzlicher Umschwung, keine bloBe Reaktion, sondern die lange vorbereitete volle Ent- faltung einer der Richtungen, die in der ersten Halfte des 3. Jhs. nebeneinanderher- liefen**’, Diese Verankerung in einer weit zuriickreichenden Formtradition schuf die ent- scheidende Voraussetzung dafiir, daS die Bewegung nach dem einmal erreichten Dutch- bruch schnell eine besondere Kraft gewann. Das Verdienst des Kaisers Gallien mag es dabei gewesen sein, jenen Durchbruch im Wege bewuBter Férderung der klassizistischen Richtung mitherbeigefithrt zu haben. Diskussion: Aus den Referaten ergaben sich Uberlegungen zur Art des Werkstattbetriebes. Die Sarkophagrohlinge, die das bei S. Pietro in Bevagna versunkene Schiff enthielt, waren, wie H. Wiegartz vermutete, fiir eine einzige stadtrémische Werkstatt bestimmt®*; Umfang und Wert der Schiffsladnng lassen erschlieBen, daB diese Werkstatt ein grofer, finanz~ starker Betrieb gewesen ist. Die Uberlieferung, daB sich die Marmorbriiche seit der Zeit des Tiberius in kaiserlichem bzw. staatlichem Besitz befanden, kénnte es nahelegen, auch die Sarkophagproduktion fiir ein staatlich gelenktes Unternehmen zu halten; diese Folge- rung wurde jedoch nicht akzeptiert. Verflechtungen zwischen verschiedenen Stilrichtungen in gallienischer Zeit wurden versuchsweise darauf zuriickgefiihrt, daB eine groBe Werkstatt mehrere Handwerkergruppen in sich vereinigte, deren Produkte ihrerseits werkstatt- maBige Eigenheiten aufwiesen. Diese Annahme ist unter wirtschaftsgeschichtlichen Aspek- ten interessant, tragt aber nach Ansicht der Referenten nicht dazu bei, das im engeren Sinne kunstgeschichtliche Problem der Unterscheidung von Werkstattstilen zu lésen. Anschvijt: Dr. Helmut Jung, Institut far Archdologie der Ruhr-Universitat Bockum, Postfach 2148, ‘D-4630 Bochum ‘Die stapTROIscHEN SARKOPHAGE IN DALMATIEN* von Nenad Cambi Unter den importierten Sarkophagen in Dalmatien sind die attischen bei weitem die zahlreichsten. Das wurde vor langer Zeit von Rodenwaldt festgestellt. Iam war am adriati- schen Ostufer nur cin einziger stadtrémischer Sarkophag bekannt — der friihchristliche, %7 Auf die gleichzeitige Existenz ciner klassi- _gallienische Sarkophage — unter ihnen den Zistischen und einer ‘romischen’ Steérmung in _Jahreszeitensarkophag in New York — in die der ersten Halfte des 3. Jhs. wies schon F.Matz Jahre 220—235. hin (Ein rOmisches Meisterwerk, Ja Esg-H. Vl. H Wiegartz in MéL, Mansel I (1974) 346°. 19 [1958] 1631). Allerdings ging er von einer mit Anm. 7. Chronologie aus, die auf Rodenwaldts An- * Fr sprachliche Oberarbeitung sowie hesondere sitzen aufbaute, d. h., er datierte wichtige Hinweise danke ich H. Jung. ZWEITES SYMPOSION UBER DIE ANTIKEN SARKOPHAGRELIEFS 445 auf dem der Durchgang der Istaeliten durch das Rote Meer dargestellt ist. Von attischen Sarkophagen kannte Rodenwaldt dagegen einige mehr, und er vermutete hier eine Folge der attischen Handelsexpansion®, Die zahlenmaBig starkere Vertretung der attischen Gruppe erklirte sich fiir Rodenwaldt daraus, daB der Sarkophaghandel Athens besonders erfolgreich dort war, wo der attische Handel schon frther guten Absatz gefunden hatte™®, Auch Ward-Perkins hat nun unkingst wieder den genannten frihchristlichen Sarkophag als einziges Beispiel eines aus carrarischem Marmor gefertigten stadtrmischen Sarkophags bezeichnet, der als Importsttick dstlich von Italien gefunden wurde* Wahrend meiner Beschiftigung mit den attischen Sarkophagen in Dalmatien fand ich noch sehr viel mehr Sticke, als Rodenwaldt kannte, Auch die Reihe der von Kallipolitis und Giuliano in ihren Katalogen aufgefiihrten Sticke’ wird nun weit tibertroffen®, Andererseits habe ich auch eine ziemlich groBe Anzahl von Sarkophagen aus stadtrémi- schen Werkstatten gefunden, was mit Hinblick auf die zitierten Meinungen nicht zu er- warten war. Es handelt sich nur um Fragmente, die jedoch deutlich auf die Verbindungen zwischen den stadtrémischen Werkstitten und Dalmatien hinweisen. Trotz des fragmenta- rischen Zustandes der Stiicke glaube ich, daB es mir in den meisten Fallen gelungen i die Thematik zu rekonstruieren. Ich méchte hier einen Uberblick tiber die gegenwiirtig bekannten stadtrémischen Sarko- phage Dalmatiens geben, ihre Themen durch Vergleich mit gut erhaltenen Stiicken re- konstruieren und ihre Chronologie bestimmen. Ein solches Vorgehen ist natiirlich immer dann gefahrlich, wenn es sich nur um geringe Fragmente handelt. Dennoch hofie ich, auch in diesen Fallen 2umeist befriedigende Ergebnisse erzielen zu kénnen, Nachdem zt Anfang bereits der Sarkophag mit dem Durchgang der Istaeliten durch das Rote Meer erwihnt wurde, méchte ich meinen chronologischen Uberblick im Widerspruch zum zeitlichen Ablauf zunachst mit einer kurzen Ubersicht itber die stadtrémischen Sarko- phage christlicher Thematik beginnen. I. CHRISTLICHE SARKOPHAGE 1. Sarkophag mit dem Durchgang der Isracliten durch das Rote Meer. Split, Archaologi- sches Museum, Inv. D 175. L 2,22m; B 0,66 m; H 0,56 m. Abb. 119. Der Sarkophag befand sich lange Zeit in der Franziskanerkirche am Spliter Kai. Nach der Tradition waren in ihm bis 1587 die Reliquien des salonitanischen Martyrers Felix aufbewahrt®, Nachdem die Reliquien in einen speziellen Schrein gelegt worden waren und noch einmal etwas mehr als drei Jahrhunderte vergangen waren, wurde der Sarkophag Abbildungsnachweis: Abb. 119. 121140: die Existenz mehrerer attischer Sarkophage Arheoloski muzej, Split. — Abb. 120: Regio- nalni za zaititu spomenika kulture u Splitu. 380 G, Rodenwaldt, RM 57, 1943, 15; ders., Jal 45, 1930, 187. Mo G, Rodenwaldt, RM 57, 1943, 16. > J, B, Ward Perkins, Disputationes Salonitanae 4, 1970, 43. Rodenwaldt war nur eine kleine Anzahl atti- scher Sarkophage aus Dalmatien bekannt. Aus den Briefen, die er an M. Abramié, den da- maligen Direktor des Archologischen Mu- seums von Split schrieb, geht hervor, da er E vermutete, Ex bat Abramié, Nachforschungen anzustellen und darhber im Jahrbuch des Deutschen Archéologischen Instituts zu be- richten, Dazu ist es aber leider nie gekommen, 9 Bei B. G. Kallipolitis, Xpovohoyixh xorérrakis “Gv peTd HUBOAOY KEY TrapaoTécECY ErTKGy capKopéyaoy iis Beonaikis troyiis (1958) Nr. 137. 156, 168. 185 und 190 werden fanf, bei A. Giuliano, I commercio dei sarcofagi attici (1962) einundsechzig Sticke aufgefthrt ® Ich konnte rund hundert Bruchstticke von attischen Sarkophagen feststellen. 4 B, Bulié, BullDalm. 25, 1902, 180 446 NENAD CAMBI Abb. 119, Durchgangssarkophag. Split, Arch. Mus. an das Archéiclogische Museum von Split verkauft. Es besteht einiger Grund fiir die Annahme, dab der Sarkophag aus Salona oder Epetion (Stobret) nach Split kam. Enwahnt sei noch, da der Sarkophag zu den vollstiindigsten und kiinstlerisch reifsten Stlicken der grofen Sarkophaggruppe gleichen Themas gehart. Abb. 120. Hirtensarkophag. Split, Dom 2. Hirtensarkophag. Split, Dom. 1 1,83 m; B 0,87 m; H.0,48 m. Abb. 120. Der Sarkophag war in den mittelalterlichen Altar des Hl, Domnio im Dom von Split eingebaut. Er stammt aus dem 4, Jh. Im Mittelalter dachte man offensichtlich, in ihm sei der genannte Heilige beigesetzt gewesen, Entdeckt wurde der Sarkophag wahrend Restau- rationsarbeiten in der Kathedrale im Jahre 19588, Es handelt sich um einen Sarkophag mit strigilisformigen Riefeln, dessen Mittelfeld von einer hangenden Muschel bekrént wird. In dem Feld steht ein Hirtenknabe mit zwei Schafen. Der Knabe ist mit einer kurzen, gegiirteten Tunica bekleidet. Der Stil des Kopfes — fiir ihn sind das feine ovale Gesicht und der schnende Blick charakteristisch — weist den Sarkophag in die Zeit des sogenannten Schénen Stils™* 3, Fragment: Mannlicher Kopf. Zagreb, Archéologisches Museum, ohne Inv.-Nr. L 0,7 m; BO,11m. Abb. 121 Von dem altesten frithchristlichen Sarkophag in Dalmatien ist nur ein kleines Fragment 8 C. Fiscovié, Bull. Instituta za likovne umjet- 7 Zu diesen stilistischen Charakteristiken vgl. nosti JAZU 6, 2, 1958, 8241 J. Kollwitz, RACrist 39, 1963, 1995. ZWEITES SYMPOSION UBER DIE ANTIKEN SARKOPHAGRELIE 447 Abb, 121. Sarkophagtrag- Abb. 122. Fragment eines dionysi- ment. Zagreb, Arch. Mus. schen Sarkophags. Split, Arch, Mus, erhalten, der Kopf einer biirtigen Gestalt. Der Sarkophag muB ungefihr in konstantini- scher Zeit entstanden sein. II, HEIDNISCHE SARKOPHAGE Unter den importierten stadtrémischen Sarkophagen Dalmatiens sind die heidnischen sehr viel zahlreicher als die christlichen, doch sind die Stiicke nicht so gut erhalten. 1. Fragment eines dionysischen Sarkophags. Split, Archiologisches Museum, ohne Inv.- Nr. B 0,25 m; H 0,24m; D0,19m. Abb. 122. Das Fragment zeigt unter der oberen Randleiste des Sarkophagkastens einen negroiden Knabenkopf. Dieser Kopf kénnte auf eine Darstellung des indischen Triumphs des Diony- sos weisen, In Darstellungen dieses Themas kommen lnliche negroide Figuren hiufig vor. Képfe wie dieser befinden sich gewdhnlich unter der oberen Randleiste, da sie 21 Knaben gehoren, die auf Elephanten, Kamelen oder Panthern reiten®*, Manchmal begegnen negroi- de Figuren auch auf den Darstellungen des curriculum vitae rémischer Feldherren, s0 7. B. auf dem Sarkophag in der Villa Taverna bei Frascati; sie erscheinen dort aber, gemal ihrer Rolle im Gesamtbild, an einer etwas tiefer gelegenen Stelle. Man wird danach mit einiger Sicherheit annehmen diirfen, da das vorliegende Bruchsttick von einem dionysi- schen Sarkophag stammt. 2. Fragment eines Jahreszeitensarkophags. Zagreb, Archiologisches Museum, Inv. 148, Fundort Salona. L 0,35 m; H 0,34 m; D 0,5 m. Abb. 123. Das Fragment ist ein Teil der rechten Ecke eines kleineren Sarkophagkastens, der be- reits in der Antike eine sckundare Verwendung als Tiirschwelle fand®*, Auf der Vorderscite ist ein schwebender Eros dargestellt, der ein — leider nicht erhaltenes — Medaillon trigt. M8, Matz, Die dionysischen Sarkophage, ASR 14, Taf. 1, IV 1 (1968) Taf. 764. Nr. 58.A; ASR IV 2(1968) J. Brunémid, Kameni spomenici hrvatskog na- ‘Taf. 116 Nr. 95; 126 Nr. 100; 127 Nr. 101; 158 _todnog muzeja u Zagrebu (Zagreb 1904—1911) Nr 141 wa. 76 Nr. 148. N. Cambi, VAHDalm. 62, 1960, 9G, Rodenwaldt, Ober den Stilwandel in der 70 Taf. 16, 1 antoninischen Kunst (AbhBerlin 1935, Nr. 3) Abb, 123. Fr ZWEITES SYMPOSION UBER DIE ANTIKEN SARKOPHAGRELIEFS 449 Abb. 128a—h. Sarkophagfragmente, Split, Arch. Mus, Das Oberkirperfragment a ist um 90° zn drehen. Rechts von diesem Eros steht ein anderer, der in der erhobenen Rechten ein Friichtebiindel halt; neben ihm liegt am Boden ein umgeworfener Kob mit Friichten. Man begegnet einem solchen Darstellungsschema bei vielen stadtrémischen Sarkophagen**, 3. Fragment eines Léwenjagdsarkophags. Split, Archéologisches Museum, Inv. E 69. Fundort Salona. B 0,32 m; H 0,35 m; D 0,16 m. Abb. 124. Dieses kleine Fragment, auf dem die Mahne und ein weiteres Stiick vom Vorderteil eines Léwen zu schen sind, stammt wahrscheinlich von einem Liwenjagdsarkophag. Es sind noch Teile der Kleidung eines Reiters wie auch ein Knie desselben erhalten. Zwischen Lowe und Reiter befindet sich das Sttick eines Pferdebeins, das zum Pferd des Jagdherrn gehiren kénnte. Wir haben offensichtlich ein Fragment vom Mittelteil der Kastenfront vor uns, wie z, B, auf den Sarkophagen in Pal. Rospigliosi und Pal. Giustiniani®?, 4, Fragment eines Sarkophags mit Okeanoskopf. Split, Archéologisches Museum, Inv. E 157. Fundort Salona. L 0,79 m; 10,29 m; D 0,15 m, Abb. 125. In der Mitte des Fragments ist ein Okeanoskopf mit wellenihnlichem Bart dargestellt. Dicht an dem Kopf sitzen, jeweils nach auBen gewandt, zwei Sphingen. Dieses Motiv kommt — in Verbindung mit verschiedenen anderen Motiven — auf stadtrémischen Sar- Kophagen unterhalb des Clipeus vor, Es darf zweifellos angenommen werden, da8 das Motiv auBer der dekorativen Funktion auch einen symbolischen Sinn hatte, Das Frag- ment kénnte zu einem Meerwesensarkophag gehdren®®, %1G. M. A. Hantmann, The Season Sarcophagus %* K, Schauenburg, AA 1975, 2804. in Dumbarton Oaks, Dumbarton Oaks Studies gy, Ir (1951) Abb. 536 ale A. Vaccaro Melucco, StudMisc 11, 1963/64 % Vgl, 2. B, A. Rumpf, Die Meerwesen, ASR V1 (1966) Taf. 5, 12; 10, 23. (1939) Taf, 8 Nr. 29; 11 Nr. 32. 33; 13 Nr. 36. 450 NENAD CAMBI Abb. 129 und 130. Sarkophagrag- ment. Ansichten der Vorder- und Schmalseite, Split, Arch. Mus. 5. Fragmente eines Totenmahlsarkophags. Split, Archologisches Museum, Inv. D 446. Fundort Salona. MaBe des gréften Fragments: L 0,58m; H 0,50 m; D 0,14m, Abb. 126 bis 128a—c. f. g. Auf einem besonders schénen ment ist die Totenmahlszene dargestellt (Abb. 127), Die Szene ist um so interessanter, als sie verhaltnismaBig selten auf stadtrémischen Sarko. phagen begegnet**, Von den auf der Kline liegenden Figuren der Verstorbenen ist hier nur ein Ellenbogen erhalten (Abb. 127 und 128c); doch erscheint auf einem anderen Fragment, das nur aus einer alten Aufnahme bekannt ist, der Brustteil der Mannerfigur (Abb. 1284) Hinter den Figuren hiingt ein Parapetasma, und ein schwebender Eros triigt eine Girlande. Unterhalb von diesem befindet sich ein zweiter Eros, der auf der Kline sitzt. Merkwiirdiger- weise haben die beiden Eroten ganz verschiedene Frisuren. Auf einer alten Aufnahme er- scheint noch ein dritter Kopf (Abb. 1281), Wahrscheinlich gehdrt zu dem Sarkophag auch cin Fragment, das einen bekrinzten Madchenkopf mit vollen Wangen zeigt (Abb. 127) Die vollen Wangen und die auf den Lippen sichtbaren Spuren lassen erraten, da8 das Madchen auf der Flote bkist, die auf dem oben genannten gréBeren Bruchstiick erhalten ist (Abb. 127). Hinter dem Kopf des Madchens erkennt man noch den oberen Teil eines Gesichts, doch ist es nicht méglich zu sagen, ob es zu einer mannlichen oder weiblichen Figur gehirte. Die untere Hilfte des Gesichts erscheint noch auf einer alten Photographie (Abb. 128b), ist jetzt aber verloren. Die Totenmahlsarkophage zeigen sowohl Manner wie Frauen als Flstenspieler?, Von der Lautenspielerin, die bei solchen Szenen gewéhnlich auf einem geflochtenen Stuhl sitzt, ist leider nichts erhalten. 56, Himmelmann, Typologische Untersuchun- __sammelt. gen an romischen Sarkophagrcliefs des 3. und 7 Vgl. ebenda Taf. 26 (Frau). 30 (Mann) 4, Ths. n. Chr. (1973) 454. hat 42 cke ge: ZWEITES SYMPOSION UBER DIE ANTIKEN SARKOPHAGRELIEFS 451 ‘Dem Motiv und den einzelnen Figuren nach steht der Sarkophag dem aus Sassari nahe; es begegnet dort nur ein Eros mehr, auch ist der auf der Kline sitzende Eros bekleidet! Im Ubrigen kommt unserem Exemplar grofe Bedeutung zu, da es — meines Erachtens dem Archetypus besonders treu folgt. Abb. 131. Fragment eines Saulensar- Abb. 132. Fragment eines Meleagerjagdsar- Kophags. Insel Kologep, Pfarrhaus kophags. Split, Arch. Mus, 6, Fragment einer linken Sarkophagecke, Split, Archaologisches Museum, Inv. D 449. Fundort Salona. Vorderseite: B 0,33m; H0,90m; D0,18m. Schmaksite: B 0,25 m; 0,88 m; D 0,18 m. Abb. 129 und 130. Auf der Vorderseite ist eine weibliche gegirtete Gestalt erhalten, bei der allerdings der Kopf und ein groBer Teil des Oberkdrpers fehlen. Die Schmalseite zeigt die Reste einer mannlichen Gestalt mit Sandalen, Diese hilt in ihrer Linken entweder eine Buchrolle oder den Saum eines Palliums. Ich glaube, daf es sich hier um die Darstellung eines Philosophen handelt, wobei fiir die Vorderseite dann wohl an beiden Ecken als Musen deutbare weib- liche Gestalten anzunehmen sind™ 7. Fragment eines Siulensarkophags. Insel Koloéep. Pfarrhaus. Fundort Kirche der Hl. Sergios und Bachos auf der Insel Kologep. L 0,55 m; H0,59 m; D 0,8 m. Abb. 131. Auf diesem Fragment sind awei Figuren in einem Interkolumnium dargestellt. Ein mit einem Pallium bekleideter Mann sitzt auf einem Stuhl und halt in der Linken eine gedffnete Buchrolle, wihrend er mit der Rechten den — leider nicht erhaltenen — Kopf stiitzte. Links von ihm steht cine Gestalt mit gekreuzten Beinen, Sehr wahrscheinlich handelt es sich um eine Muse, die eine Palla trigt™. Thr linker Arm ist gegen den Mann ausgestreckt. Der nicht erhaltene Kopf war auf die rechte Hand gestiitzt. Die Szene mit einer aus einer Buchrolle lesenden Figur gehért zum typischen Bildbestand der Philosophensarkophage®*! 388 Ebenda Taf. 30. dargestellt, wie z, B, auf dem Marsciller Sarko. 8 Vgl. N. Himmelmann, in Festschr. F. Matz phag: vgl. M. Wegner, Die Musensarkophage, (1962) Taf. 38, 1 (Der Sarkophag eines gallieni- ASR V 3 (1966) Beil. 5b Nr. 53. schen Konsuls). a8 HL Wiegartz, [leinasiatische Siulensarkophage, %0 In dieser Stellung wird gewohnlich Polyhymnia __TstPorsch 26 (1965) 1104. Taf. 23. wo aa is 452 NENAD CAMBI Abb. 133, Fragment vom Deckel eines Mele- agerjagdsarkophags. Split, Arch. Mus. Das Fragment wurde fiir den Bau des Tkonostasisgiebels einer frithromanischen Kapelle auf der Insel Kologep verwendet, 8, Fragment eines Meleagerjagdsarkophags. Split, Archologisches Museum, Inv. D 448. Fundort Salona. GréBtes Fragment: L 0,53 m; H 0,28 m; D 0,7 m. Abb. 128. 132—134. Die zahlreichen Fragmente, von denen jedoch ein Teil verschollen ist, stammen wahr- scheinlich vom Kasten und vom Deckel des Sarkophags. Zum Glitck existieren zwei alte Aufnahmen, die es uns erméglichen, das Sarkophagrelief mit gewisser Sicherheit als Darstel- lung der Kalydonischen Jagd zu identifizieren (Abb. 128. 134). In der Deckelmitte befand sich ein Medaillon, wie aus einem Rest des Rahmens auf dem groften Fragment des Deckels zu ersehen ist (Abb. 133). Auf diesem Fragment sieht man rechts einen Knaben mit einer Spitzamphora. Er begegnet oft auf Meleagersarkophagen, wo er in den Zusammen- hang der Mahlvorbereitung nach der Jagd gehért. Der kahle Kopf eines Greises mit Vollbart und der Kopf einer anderen Figur kénnte auf Mahlteilnehmer zu beziehen sein (Abb. 134). Ich vermute also, daB auf dem Deckel die Mahlvorbereitung und das Mahl selbst dargestellt waren, Entsprechende Szenen kommen wiederholt anf Sarkophagen mit der Kalydonischen Jagd vor", Die zum Deckel gehdrende Figur, die einen langen geraden Gegenstand halt, bleibt allerdings ungedeutet (Abb. 132). Auf dem Sarkophagkasten war sehr wahrscheinlich die Kalydonische Jagd dargestellt. Den Beleg bietet meines Erachtens ein Kopf, der alle charakteristischen Ziige des Meleager- kopfes aufweist (Abb. 128d)**, In der Szene, die der Jagd vorausgeht, sieht man auf einigen Sarkophagen den Kopf des Meleager auf dieselbe Seite gewandt, Als Beispiel sei der Sar- kophag im Kapitolinischen Museum genannt***, Méglich ware allerdings auch, daB wir ein Fragment aus der Jagdszene vor uns haben. Dann miifite es der Kopf des Jagers sein, der gewohnlich rechts vom Eber steht und nach links blickt. Meleager ist in dieser Szene nach rechts gewandt. Manchmal findet man eine gewisse Ahnlichkeit zwischen den Gesichts- aiigen dieses Jagers und des Meleager®*. Auch der Frauenkopf, dessen Frisur jener der Géttin Artemis ahnelt, kommt auf den Sarkophagen mit der Kalydonischen Jagd vor (Abb. 128e)**", Der Kopf ist allerdings nach links gewandt, so daB weniger Atalante als Artemis in Frage kommt, Noch andere Fragmente sprechen ftir die Deutung auf den Melea- germythos, z. B. das mit dem Kécher (Abb. 128h. i). Am wichtigsten sind allerdings die 9 Lj. Karaman, Iz koljevke hrvatske proilosti __Meleagerképfe. (1930) Abb. 116, 9 Vgl. G. Koch, Meleager, ASR XII 6 (1975) pee Taare trial 0 Vgl, ebenda Taf. 24 Nr. 17. 18. %4 Vgl. alle bei G. Koch, ASR XII 6, abgebildeten *” Vgl. ebenda Taf. 18 Nr. 12; 44 Nr. 156. ZWEITES SYMPOSION UBER DIE ANTIKEN SARKOPHAGRELIEFS. 453 Abb. 134, Sarkophagfragmente. Split, Arch. Mus. Fragmente mit der speergreifenden Hand des Meleager (Abb. 134a) und dem Eberkopf (Abb, 1344). SchlieBlich ist denkbar, daB das Fragment mit dem Kopf eines bartigen Mannes, vielleicht des Oineus (Abb. 128g), 2u dem Sarkophag gehirte. Die Fragmente miissen noch weiter untersucht werden. Da viele Bruchstticke fehlen, ist es jetzt nicht leicht, alle Einzelheiten festzustellen, Es besteht aber die Méglichkeit, a8 manche fehlenden Stiicke noch gefunden werden, 9. Hippolytossarkophag. Split, Archiologisches Museum, Inv. D 29. Fundort Salona. 12,34 m; B 0,86 m; H1,5m. Abb. 135—137. Der schon lange bekannte Sarkophag wurde in Salona (Manastirine) neben dem Sarko- phag mit dem Guten Hirten gefunden. Er ist ein Produkt der stadtrémischen Werkstiitten, gearbeitet von Bildhauern, die entweder aus dem Osten kamen, oder deren Entwicklung unter dstlichem KinfluB stand. Jedenfalls glaubt man an dem Sarkophag neben attischen auch kleinasiatische Zage wahrzunchmen. Seiner Darstellung nach gehdrt der Sarkophag zur Gruppe der dreiszenigen Hippolytos- sarkophage (liebeskranke Phadra; Uberreichung des Briefes an Hippolytos; Theseus er- halt die Nachricht vom Tod der Phadra und des Hippolytos). Auf der rechten Schmalseite ist Hippolytos mit einem Pferd dargestellt, auf der linken ein sitzender Philosoph. Thema- tisch stehen sehr nahe die Sarkophage im Louvre**, in der Villa Giustiniani-Massimo, %88C, Robert, Einzelmythen, ASR IIT 2 (1904) Taf. 51 Nr. 161, Vgl. auch G. Rodenwaldt, Jat 55, 1940, 50ff. Abb. 10. NENAD CAMBI 454 kophag. Split, Arch. Mus, Abb. 135. Hippolytossa 2 ANTIKEN SARKOPHAGRELIEFS 455 Abb. 138. Sarkophagiragment. Abb. 139. Sarkophagfragment, Split, Arch. Mus, Zagreb, Arch. Mus, Rom* und im Thermenmuseum*?, 10. Fragment: Minnlicher Kopf. Split, Archdologisches Museum, ohne Inv, Salona. B 0,9 m; H 0,14_m. Abb. 138. Fiir die Identifizierung des biirtigen Kopfes finden sich keinerlei Anhaltspunkte, r. Fundort 11, Fragment einer mannlichen Figur. Zagreb, Archiologisches Museum, Inv, 159, Fund- ort unbekannt, L 0,11 m; H 0,16 m; D 0,85 m, Abb, 139. Erhalten sind der Kopf und ein Teil des Oberkérpers einer mannlichen Figur im Halb- profil, auBerdem der Rest eines Parapetasmas. Fine Identifizierung der Figur ist nicht miglich. IL. CHRONOLOGIE, ‘Auf die Hinweise zur Thematik der importierten stadtrémischen Sarkophage Dalma- tiens soll nun der Versuch einer chronologischen Einordnung folgen. In derselben Weise, in der durch den fragmentarischen Erhaltungszustand der Sarkophage die thematische Identifizierung erschwert ist, ergeben sich natiirlich auch Schwierigkeiten fiir die Be- stimmung der Chronologie. Es ist praktisch unméglich, die tektonische Struktur der Sarko- phage zu verfolgen oder einen Vergleich mit anderen Exemplaren des jeweiligen Themas anzustellen, Auszunehmen sind hier allerdings zwei Stiicke: der in Fragmenten erhaltene Totenmahlsarkophag und der Hippolytossarkophag. Meines Erachtens gehdrt der erst- genannte an den Anfang, der zweite dagegen ans Ende seiner thematischen Reihe Von allen hier erwahnten Sarkophagen ist stilistisch der dlteste jener mit der Darstellung des Okeanoskopfes (Abb. 125). Im Gesicht des Okeanos, und das betrifit besonders Mund, 39 Robert a. 0. Taf. 51 Nr. 162, s10 B, Andreae, L’art de l'ancienne Rome (1973) Abb. 616. 456 NENAD CAMBI Nasenlécher und Augen, finden sich keinerlei Spuren einer Bohreranwendung. Der Sarko- phag kann also vor den sogenannten spatantoninischen Stilwandel datiert werden, ungefihr um das Jahr 17087, Einen Glticksfall stellt es dar, daB im Jahre 1908 zu Suéurac bei Salona in der Krypta eines Mausoleums die Reste dreier Sarkophage gefunden wurden (Fragmente des Toten- Abb, 140, Fragmente von Sarkophagdeckel, Split, Arch. Mus, mahl- und des Meleagersarkophags und Eckstiick mit der Gestalt eines Philosophen). Bei welcher Gelegenheit und unter welchen Umstanden es zum Fund kam, ist leider nicht be- kannt. Einige wenige Angaben, die sich auf die gemeinsame Auffindung bezichen, enthalt das Inventar »De des Archtiologischen Museums von Split. Die Eintragungen stammen leider nicht von F. Bulié, der gewohnlich umfangreiche Anmerkungen machte. Der Fund wurde auch nicht, wie sonst iiblich, in der Muscumszeitschrift registriert. Immerhin féhrt jedoch allein schon die Tatsache, daB die betreffenden Fragmente zusammen gefunden wurden, zur Méglichkeit eines gegenseitigen Vergleichs und der Feststellung einer relativen Chronologie. Ich vermute, daB die drei Sarkophage einer einzigen Familie gehérten und héchstens von zwei Generationen benutzt wurden. Hinsichtlich der absoluten Chronolo- gie bietet — abgesehen von den stilistischen Eigenheiten — die leider ohne Kopf ethaltene Frauenbitste mit contabulatio ber der Brust einen Anhalt (Abb. 140b), Die Biiste gehdrte wahrscheinlich zum Deckel eines der in der Krypta in Fragmenten gefundenen Sarkophage. Die mit einem breiten Brustband versehene Tracht kam in Dalmatien kurz vor der Mitte des 3. Jhs. auf, Die Priifung der vorgefundenen Fragmente ergibt, daB die Képfe, die auf den drei Sarkophagen begegnen, einen gemeinsamen Stil vertreten, Dies bezieht sich besonders auf die Art, in der die Augen und Augenbrauen modelliert sind. Die Augen- brauen sind fein ausgearbeitet und — ohne besondere Betonung der Haare — leicht hervor- gchoben. Auch die Augenlider weisen cine feine Formung auf, doch sind sie etwas dicker, besonders das obere. Fir die Angabe der Pupille ist eine halbkreisférmige Eintiefung ge- wahlt. In der Darstellung der Haare verrat sich eine Kombination von Bohr- und MeiGel- arbeit. Bei der Mehrzahl der Képfe herrscht allerdings die Bohrarbeit vor, wahrend andere liberwiegend Meifelarbeit zeigen. Flir die Ausftihrung der Gewandfalten wurde der Bohrer kaum verwendet. st Dieselbe Meinung vertrat auch Prof. B. An- 8 Vgl, den salonitanischen Marmorsarkophag, reac in der Diskussion wihrend des Sarko- auf dem cin Ehepaar dargestellt ist (F. Bulié, phag-Symposions in Bochum, BullDalm. 30, 1907, 99 Taf. 12). ZWEITES SYMPOSION OBER DIE ANTIKEN SARKOPHAGRELIE! cS 457 Auf Grund des Vergleichs der zu den drei Sarkophagen gehdrenden Fragmente méchte ich annehmen, da der Sarkophag mit der Darstellung des Totenmahls relativ der alteste ist. Hingewiesen sei auf die barocke Formgebung, den Unterschied 2wischen den beiden Erotenkpfen auf dem Hauptfragment, das Hervortreten der Gestalten aus dem Hinter- grund, selbst wenn es sich wie bei den genannten beiden Eroten um Nebenfiguren handelt. Auf die Frage der absoluten Datierung bezogen sind die Unterschiede allerdings ziemlich unbedeutend, so daB alle drei Sarkophage als Werke der dreifiiger oder vierziger Jahre des 3. Jhs. gelten kinnen. Angesichts der Art, wie Kleidung und Bewegung wiedergegeben sind, kénnte man bei dem Eckfragment mit der Darstellung eines Philosophen von einer gewissen Erstarrung sprechen, Daraus lieBe sich der SchluB ziehen, daB das Fragment etwas spiiter entstanden ist. Dies wiirde mit der Popularitat des Philosophenthemas, wie sie seit der gallienischen Zeit zu beobachten ist, tibereinstimmen™®, Besondere Bedeutung kommt zweifellos der Tatsache zu, daB der Totenmahlsarkophag mit ziemlicher Sicherheit als das alteste Beispiel ftir die Darstellung des Themas auf stadt- rémischen Sarkophagen anzusehen ist. Innerhalb des bisher bekannten Materials tauchte das Thema nicht vor der gallienischen Epoche auf, Um so mehr muB bedauert werden, daB die Behandlung des Themas auf unserem Sarkophag wegen des schlechten Erhaltungs- mustands nicht besser verfolgt werden kann. Zwei Fragmente, die nicht in der genannten Krypta gefunden wurden, weisen eine groBe stilistische Ahnlichkeit mit den von dort stammenden Stiicken auf. Gemeint sind das Frag- ment mit dem negroiden Kopf (Nr. 1 Abb, 122) und das mit dem Haupt eines birtigen Mannes (Nr. 10 Abb. 138); beide Fragmente gehiren ebenfalls der Zeit vor der Mitte des 3. Jhs. an. Etwas spiiter entstand der durch ein Bruchstiick vertretene Léwenjagdsarkophag (Nr. 3 Abb. 124), Er gehdrt zu den jiingsten Exemplaren seiner Gruppe®, Die schematisierte Mahne des Léwen, die mittels tiefer, beinahe parallel laufender Bohrrillen wiedergegeben ist, weist schon auf eine Entstehung im letzten Viertel des 3, Jhs. Bei dem Fragment eines Jahreszeitensarkophags (Nr. 2 Abb. 123) ist auf die Wieder- gabe des Haares bei den Eroten — ausschlieBlich durch zahlreiche runde Bohrlécher — und auf die starre und ungeschickte Bewegung der Figuren hinzuweisen. Hier verrit sich nicht nur eine mindere Qualitit der Bildhauerarbeit, sondern auch der spezifische Stil der Tetrarchenzeit. Der Sarkophag kénnte in den achtziger Jahren des 3. Jhs. entstanden sein. Kleinasiatisch beeinfluBte Siulensarkophage begegnen in Rom in groBerer Anzahl nach der Mitte des 3. Jhs.*¥. Das Fragment aus Dalmatien (Nr. 7 Abb. 131) legt mit seinen star- ren und groben Gewandfalten die Vermutung nahe, daB es bereits aus dem letzten Viertel des 3. Jhs. stammt. 38 Zu den Sarkophagen mit Philosophenthema vgl. G. Rodenwaldt, Jal 51, 1936, 1024. und N. Himmelmann, in Festschr. F, Matz (1962) passim (Der Sarkophag eines gallienischen Konsuls). Eine abweichende Meinung vertritt R, Turan, Les sarcophages romains & repré sentations dionysiagues (1966) 103, der betont, daB diese Sarkophage nicht ausschlieBlich der gallienischen Epoche angehoren, sondern schon gegen 230 vorkommen, S'1N, Himmelmann, Typologische Untersuchun- gen an rdmischen Sarkophagreliefs des 3. und 4, Jhs. n. Chr. (1973) 19. % Dieses Exemplar aus Dalmatien steht dem Sarkophag im Camposanto zu Pisa sehr nahe; vgl. A. Vaccaro Melucco, StudMise 11, 1963/64 (1966) Taf. 17, 39, °H. Wiegartz, Kleinasiatische phage, IstForsch 26 (1965) 1841. Siulensarko- 458 NENAD CAMBI — NIKOLAUS HIMMELMANN Beim Hippolytossarkophag schlieBlich bieten neben den stilistischen Elementen auch die Fundumstinde einen Anhalt fr die Datierung. Der Sarkophag wurde zusammen mit dem Guten Hirten-Sarkophag im Korridor auf der Nordseite der Basilika zu Manastirine in Salona gefunden*”, Allem Anschein nach standen die beiden Sarkophage urspringlich in der Memoria Nr. VII, von wo sie spater entiernt wurden. Angesichts der Tatsache, dab sich der Memorienkranz um das Grab des Martyrers Domnio erst in der Zeit gegen 313 zu entwickeln began, méchte man ungern annehmen, da die Memoria Nr. VIT vor dem Jahr 320 errichtet wurde. Vergleicht man andererseits den Hippolytossarkophag mit den Stiicken im Louvre, in der Villa Giustiniani-Massimo und im Thermenmuseum, die das ‘Thema in gleicher Weise behandeln, so ist man geneigt, das salonitanische Exemplar ftir das zeitlich letzte in der Serie zu halten. Bei ihm wird das Prinzip der Isokephalie konse- quent durchgehalten, der Art, daB die sitzenden Eckfiguren dieselbe Hohe wie die stehen- den Gestalten erreichen, obwohl die Stiihle nicht wie bei den anderen drei Sarkophagen auf Postamenten ruhen. Beriicksichtigt man weiterhin die dichte Aufreihung der Figuren, die Steifheit und schematische Anlage der Gewanddrapierung, die gleichformige Wiedergabe des Haares mittels tiefer, sichelartiger Bohrlécher, so kann an der spiteren Entstehung dieses von orientalischen Einflissen mitgepragten Stiickes kaum ein Zweifel sein. Das voll von der Tendenz zur transzendierenden Darstellung erfafite Relief kann meines Erachtens nicht vor dem Jahre 300 entstanden sein, ein Ansatz, der tbrigens schon vor langer Zeit wiederholt vertreten wurde, Die stilistischen Beobachtungen stimmen danach mit den Folgerungen aus den Fund- umsttinden iiberein; es muB ja ohne weiteres denkbar erscheinen, daB der Sarkophag etwa zehn Jahre vor der Unterbringung im Mausoleum gearbeitet wurde. Zam Schlu8 ist noch einmal mit Nachdruck festzuhalten, daB die insgesamt vierzehn stadtrmischen Sarkophage (einschlieGlich der drei christlichen) einen klaren Beweis {tir den durchaus vorhandenen stadtrémischen Import nach Dalmatien bieten. Obwohl der Absatz der stadtrémischen Werkstiitten nicht so gro8 war wie jener der attischen (bisher wurden etwa 100 Fragmente attischer Sarkophage gefunden), war er doch nicht unbedeu- tend, und es kann mit einiger Sicherheit erwartet werden, daB noch weitere Sticke zum Vorschein kommen. Die von Rodenwaldt und Ward Perkins zur Frage des stadtromischen Imports vertrete~ nen Meinungen erweisen sich als nicht linger haltbar. Indem Klargestellt ist, daB ein solcher Import durchaus existierte, entfallen auch die Griinde, die zur Erklirung des zahlenmaBig stirkeren attischen Imports vorgebracht wurden. Es ist jetzt nach anderen Griinden hier- fiir zu suchen, Die attischen Lieferungen haben den Umfang des rémischen Imports nicht beeinfluBt; denn wiire dies der Fall gewesen, so hiitte sich die Anzahl der stadtrdmischen Sarkophage nach dem Jahr 270, dem ungefahren Endpunkt der attischen Produktion, deutlich er- hohen miissen. Statt dessen ist der stadtrémische Import sogar geringer geworden. Der von Ward Perkins gegebene Hinweis auf Transportschwierigkeiten wird durch die Zahl der importierten Sticke entkraftet. Die Griinde mitssen woanders liegen. Die stadtrémischen Werkstiitten haben wahrscheinlich von vornherein kein besonderes Interesse an der Aus- fuhr gehabt; noch weniger werden sie an der Eroberung von Markten in den Provinzen 377 R. Egger, Forschungen in Salona IT (1926) 30.81. W. Altmann, Architectur und Ornamentile 378 5. A. Riegl, Die spitrémische Kunstindustrie der antiken Sarkophage (1902) 111. C, Robert, nach den Funden in Osterreich-Ungarn (1900) nzelmythen, ASR TIT 2 (1904) 202. ZWEITES SYMPOSION UBER DIE ANTIKEN SARKOPHAGRELIEFS 459 interessiert gewesen sein, wo sie in der Lage waren, ihre Erzeugnisse ohne besondere’ An- strengungen bereits zu Hause abzusetzen, Nahere Aussagen wird man tiber die Handel probleme allerdings erst dann machen kénnen, wenn die Produktion der Werkstatten in ihrer Gesamtheit erforscht wird. Schaut man auf die geographische Verbreitung der stadtrémischen Sarkophage in Dalmatien, so fallt auf, daB mit Ausnahme von drei Fragmenten alle in Salona, der rémi- schen Provinzhauptstadt, gefunden wurden. Auch die anderen Gruppen importierter Sarkophage kommen am haufigsten in Salona vor, das sich innerhalb Dalmatiens als der groBte Besteller dieser luxuridsen Erzeugnisse erweist. Die chronologischen Beobachtungen fiihren zu dem Ergebnis, da8 die stadtrémischen Sarkophage bereits in der zweiten Halfte des 2. Jhs. nach Dalmatien importiert wurden, d. h, ungefiihr fiinfzig Jahre nach der Aufnahme ihrer Produktion, und daB die Lieferungen am Ende des 4. Jhs., unmittelbar vor der Produktionseinstellung, aufhérten. Diskussion Zor Erginzung der im Referat zusammengestellten Reihe stadtrémischer Sarkophage von der Ostktiste der Adria wies N. Himmelmann auf 2wei Sticke aus Durazzo in Istanbul hin®"®, Er schlug vor, die weibliche Figur auf dem Eckfragment Nr. 6 als Dienerin in einer Mahiszene zu deuten; die Zahl der bekannten Totenmahlsarkophage hitte sich demnach um ein weiteres Beispiel vermehrt. Anschrift: Dr. Nenad Cambi, Arheoloshi Musej, Post. pret, 15, YU-58 000 Split EINIGE BUKOLISCHE DARSTELLUNGEN DES 4. JHS. N. CHR. von Nikolaus Himmelmann Zusammenfassung™ Noch bis vor kurzem war die Forschung geneigt, in den vor allem ftir die Sarkophagkunst des spiten 3. Ths. so bedeutsamen Hirtenszenen christliche Vorstellungen zu entdecken. Insbesondere die Figur des Schaftragers, des im Anschlu8 an Johannes X 11 sogenannten Guten Hirten, galt als eine christliche Gestalt xat’ &oxt\v. Th. Klauser war es, der dem- gegentiber in den 60er Jahren nachwies, dal der Gute Hirte auch in der Spatzeit nicht aut christliche Zusammenhiinge beschrinkt ist. Um die Verwendung des Typus gleichermafen im heidnischen wie im christlichen Bereich 2u erkkiren, schlug Klauser eine Deutung des Guten Hirten als Allegorie der Menschenliebe, der Philanthropie, vor. Er fand damit in der Forschung iiberwiegend Zustimmung. Indessen zeigt sich, daB diese Deutung bei einer Be- trachtung, die mehr auf den Zusammenhang mit den ‘ibrigen bukolischen Darstellungen schaut, nicht zu halten ist. In vielen Fallen steht der Gute Hirte anderen Gestalten des bukolischen Bereichs gegeniiber, wobei es sich ofiensichtlich um gleichgewichtige Figuren 379 Mendel I Nr. 4f. Abh, der Rheinisch-Westfalischen Akademie 380 Zusammenfassung des Referats durch H. Jung. der Wissenschaften in Dusseldorf. Eine ausfuhrliche Fassung erscheint in den

Das könnte Ihnen auch gefallen