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Ralf T.

Kreutzer

Toolbox
für Marketing
und Management
Kreativkonzepte – Analysewerkzeuge –
Prognoseinstrumente
Toolbox für Marketing und Management
Ralf T. Kreutzer

Toolbox für Marketing und


Management
Kreativkonzepte – Analysewerkzeuge –
Prognoseinstrumente
Ralf T. Kreutzer
Hochschule für Wirtschaft und Recht
Berlin, Deutschland

ISBN 978-3-658-21880-5 ISBN 978-3-658-21881-2  (eBook)


https://doi.org/10.1007/978-3-658-21881-2
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lierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

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Eine Leitidee
Einfach machen!
Einfach machen!
Einführende Worte (bitte lesen!) statt eines
Vorworts, dass niemanden interessiert

Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,


schon diese erste Überschrift soll eines signalisieren:

u Klarheit!

Für mich inzwischen einer der wichtigsten Begriffe im Management und im Leben –
neben der Wertschätzung im Umgang miteinander.
Dieses Werk soll Sie dabei unterstützen, (noch) erfolgreicher in Marketing und
Management zu agieren. Dazu zeige ich kurz und knackig auf, welche Instrumente zur
Unterstützung Ihrer Arbeit hilfreich und wann diese jeweils einzusetzen sind. Hinsicht-
lich des zielorientierten Einsatzes der unterschiedlichsten Instrumente stelle ich im
Coaching und Consulting, aber auch bei Schulungen und in Vorlesungen immer wieder
größere Unsicherheiten fest.
Dabei besteht eine Gefahr, die Paul Watzlawick so schön beschrieben hat:

u Wer als Werkzeug nur einen Hammer hat, sieht in jedem Problem nur einen
Nagel.

Deshalb möchte ich Ihnen viele verschiedene Werkzeuge präsentieren – idealerweise für
jedes Problem das passende Tool.
Zusätzlich – und das stelle ich der Vorstellung der einzelnen Werkzeuge voraus –
zeige ich auf, was heute zu einer guten Präsentation gehört (Kap. 1). Wir alle kennen
Präsentationen, deren Inhalt (vielleicht) gut, deren Vorstellung aber ein Desaster war.
Die Form der Präsentation dominiert hier die Wahrnehmung der (spannenden) Inhalte.
Da wir heute immer mehr präsentieren müssen, häufig auch in Online-Konferenzen und
Webinaren, möchte ich wichtige Erfolgsfaktoren der Kommunikation mit Ihnen teilen.
Dieses erste Kapitel sollten Sie unbedingt lesen. Den Rest des Werkes sollten Sie
zunächst überfliegen, um zu erkennen, welche Methoden präsentiert und bei welchen

VII
VIII Einführende Worte (bitte lesen!) statt eines Vorworts, dass niemanden interessiert

Fragestellungen diese einzusetzen sind. Dann können Sie das Werk immer gerne zu
Hand nehmen, um sich beim Einsatz einzelner Methoden das notwendige Handwerks-
zeug zu erschließen.
Dabei wünsche ich Ihnen nicht nur Erfolg, sondern auch viel Spaß. Denn für mich
gehört der Spaß zum Lernen und Arbeiten unverzichtbar dazu.
In diesem Sinn: gutes Gelingen!

Königswinter – Berlin Ralf T. Kreutzer


August 2018

PS: Ich danke meinem Lektoren-Team von Springer Gabler – Barbara Roscher und
Angela Meffert – wieder für ihren großen Einsatz beim Zustandekommen dieses Werkes!
Inhaltsverzeichnis

1 Präsentationen – Transmissionsriemen Ihres Erfolges. . . . . . . . . . . . . . . . . 1


1.1 Bedeutung von Präsentationen für den eigenen Erfolg. . . . . . . . . . . . . . 1
1.2 Erfolgsfaktoren des Präsentationsstils. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
1.3 Erfolgsfaktoren des Präsentationsinhalts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
1.4 Erfolgsfaktoren einer wertschätzenden Kommunikation. . . . . . . . . . . . . 23
2 Vision – Mission – Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
2.1 Vision und Mission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
2.2 Ziele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
2.3 Zielpyramide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
2.4 Balanced Scorecard. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
3 Konzepte zur Entwicklung von Strategien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
3.1 Vorbemerkung: Vielfalt von strategischen Konzepten. . . . . . . . . . . . . . . 53
3.2 Konzept der kundenorientierten Strategien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
3.2.1 Marktfeldstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
3.2.2 Marktstimulierungsstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
3.2.3 Marktsegmentierungsstrategie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
3.2.4 Marktarealstrategie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
3.3 Canvas-Konzepte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
3.4 Kano-Konzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
3.5 3-Horizonte-Modell. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
3.6 Konzepte zur Markenführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
4 Strategische Analyseinstrumente. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
4.1 Vorbemerkung: Planung des Einsatzes von Analyseinstrumenten . . . . . 95
4.2 PEST- bzw. PESTEL-Analyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
4.3 SWOT-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
4.4 Scoring-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
4.5 Portfolioanalyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
4.6 Benchmarking . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

IX
X Inhaltsverzeichnis

4.7 Wertkettenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136


4.8 Gap-/Lückenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142
4.9 Customer-Journey-Map. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144
4.10 Digital-Maturity-Analyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
5 Prognoseverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
5.1 Trendextrapolation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
5.2 Szenarioanalyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155
5.3 Analogieprognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157
5.4 Delphi-Methode. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158
5.5 Predictive Analytics. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161
5.6 A/B-Testing. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163
6 Kundenwertmodelle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167
6.1 Grundlagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167
6.2 Methoden zur Kundenwertermittlung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170
6.3 Net-Promotor-Score. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182
7 Kreativmethoden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
7.1 Brainstorming und Brainwriting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
7.2 Attribute-Listing. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189
7.3 Design-Thinking . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190
7.4 Lego-Serious-Play. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196
7.5 Mind-Map . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198
7.6 World-Café. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201
8 Innovative Instrumente des Projektmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207
8.1 Scrum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207
8.2 Lean Start-up. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226
9 Budgetierungskonzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237
9.1 Percentage-of-Sales-Method. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237
9.2 Competitive-Parity-Method. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238
9.3 All-you-can-afford-Method. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238
9.4 Objective-Task-Method. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238
10 Strategischer und operativer Marketingplan. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241
10.1 Erstellung eines strategischen Marketingplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241
10.2 Erstellung eines operativen Marketingplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242
11 Instrumente für das Change-Management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247
11.1 Ausgestaltung des Change-Management-Prozesses . . . . . . . . . . . . . . . . 247
11.2 Phasen und Instrumente des Change-Management-Prozesses . . . . . . . . 251

Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269

Sachverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275
Über den Autor

Prof. Dr. Ralf T. Kreutzer  ist seit 2005 Professor für Marketing an der Berlin School of
Economics and Law sowie Marketing und Management Consultant, Trainer und Coach.
Er war 15 Jahre in verschiedenen Führungspositionen bei Bertelsmann, Volkswagen und
der Deutschen Post tätig, bevor er 2005 zum Professor für Marketing berufen wurde.
Prof. Kreutzer hat durch regelmäßige Publikationen und Vorträge maßgebliche
Impulse zu verschiedenen Themen rund um Marketing, Dialog-Marketing, CRM/
Kundenbindungssysteme, Database-Marketing, Online-Marketing, den digitalen Dar-
winismus, Dematerialisierung, digitale Transformation, Change-Management und strate-
gischem sowie internationalem Marketing gesetzt und eine Vielzahl von Unternehmen
im In- und Ausland in diesen Themenfeldern beraten und Führungskräfte auf Middle-
und Top-Management-Ebene trainiert und gecoacht. Prof. Kreutzer ist ein gefragter

XI
XII Über den Autor

Keynote-Speaker auf nationalen und internationalen Konferenzen. Prof. Kreutzer mode-


riert auch World-Café-Formate und weitere interaktive Formen der Gruppenarbeit.
Seine jüngsten Buchveröffentlichungen sind „Die neue Macht des Marketing“ (2008,
zusammen mit Wolfgang Merkle), „Praxisorientiertes Dialog-Marketing“ (2009),
„B2B-Online-Marketing und Social Media“ (2015, zusammen mit Andrea Rumler und
Benjamin Wille-Baumkauff), „Dematerialisierung – Die Neuverteilung der Welt“ (2015,
zusammen mit Karl-Heinz Land), „Digital Darwinism – Branding and Business Models
in Jeopardy“ (2015, zusammen mit Karl-Heinz Land), „Digitaler Darwinismus – der
stille Angriff auf Ihr Geschäftsmodell und Ihre Marke“ (2. Auflage 2016, zusammen
mit Karl-Heinz Land), „Online-Marketing – Studienwissen kompakt“ (2016), „Kunden-
beziehungsmanagement in digitalen Zeitalter“ (2016), „Digital Business Leadership –
Digitale Transformation – Geschäftsmodell-Innovation – agile Organisation – Change-­
Management“ (2017, zusammen mit Tim Neugebauer und Annette Pattloch), „Digitale
Markenführung“ (2017, zusammen mit Karl-Heinz Land), „Praxisorientiertes Marke-
ting“ (5. Aufl. 2017), „Praxisorientiertes Online Marketing“ (3. Auflage 2018), „Social-­
Media-Marketing kompakt“ (2018), „E-Mail-Marketing kompakt“ (2018), „Führung und
Organisation im digitalen Zeitalter – kompakt“ (2018) sowie „Digital Business Leader-
ship, Digital Transformation, Business Model Innovation, Agile Organization, Change
Management“ (2018, zusammen mit Tim Neugebauer und Annette Pattloch).
Abkürzungsverzeichnis

B2B Business-to-Business
B2C Business-to-Consumer
BCG Boston Consulting Group
bspw. beispielsweise
bzgl. bezüglich
bzw. beziehungsweise
CEO Chief Executive Officer
CLV Customer-Lifetime-Value
CRM Customer-Relationship-Management
CRV Customer-Reference-Value
d. h. das heißt
EBIT Earnings before Interest, Tax
EBITDA Earnings before Interest, Tax, Depreciation and Amortisation
EBT Earnings before Tax
F&E Forschung & Entwicklung
ggf. gegebenenfalls
i. d. R. in der Regel
i. S. im Sinne
inkl. inklusive
insb. insbesondere
KPI Key-Performance-Indicator
m. E. meines Erachtens
MVP Minimum Viable Product
NOMS National One-Man-Sample
NPS Net-Promotor-Score
o. Ä. oder Ähnliches
PR Public Relations
ROCE Return on Capital Employed
ROI Return on Investment
ROS Return on Sales

XIII
XIV Abkürzungsverzeichnis

SGE strategische Geschäftseinheit


SGF strategisches Geschäftsfeld
SoA Share of Advertising
SoV Share of Voice
SUV Sport Utility Vehicle
u. a. unter anderem/und andere
u. U. unter Umständen
vgl. vergleiche
WIP Work-in-Progress
z. B. zum Beispiel
z. T. zum Teil
Abbildungsverzeichnis

Abb. 1.1 Folie einer Präsentation für deutsche Gäste in Südkorea. . . . . . . . . . . 11


Abb. 1.2 Wie überzeugend kann eine Anzeige mit
Großbuchstaben sein?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
Abb. 1.3 Negationen in Headlines und Vorträgen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
Abb. 1.4 Emotionale Landkarte – Grundkonzept. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
Abb. 1.5 Emotionale Landkarte zur Verortung von Wörtern . . . . . . . . . . . . . . . 25
Abb. 1.6 Wirkungsmechanismus von Sprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
Abb. 1.7 Sprecher werden in einer emotionalen Landkarte verankert . . . . . . . . 27
Abb. 1.8 Problemfokussierende vs. problemlösende Fragen . . . . . . . . . . . . . . . 27
Abb. 1.9 Gelungener Verlauf eines problemlösenden Gesprächs. . . . . . . . . . . . 29
Abb. 1.10 Persönliche Dialogbilanz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
Abb. 2.1 Hierarchisches Zielsystem eines Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
Abb. 2.2 Visualisierung von Zielbeziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
Abb. 2.3 Grundkonzept der Balanced Scorecard für
ein Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
Abb. 2.4 Marketing-Scorecard für das CRM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
Abb. 3.1 Konzept der kundenorientierten Strategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
Abb. 3.2 Produkt-Markt-Matrix – Ansoff-Matrix. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
Abb. 3.3 Klassisches Schichtenmodell eines Marktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
Abb. 3.4 Raster zur Ausgestaltung der Marktstimulierungsstrategie . . . . . . . . . 58
Abb. 3.5 Positionierungsmodell – Beispiel Möbelmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
Abb. 3.6 Positionierungsmodell – mit Definition einer
Positionierungslücke. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
Abb. 3.7 Ausgestaltungsformen der Marktsegmentierung. . . . . . . . . . . . . . . . . 62
Abb. 3.8 Ausgewählte Kriterien der Marktsegmentierung
im B2C-Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
Abb. 3.9 Ausgewählte Kriterien der Marktsegmentierung
im B2B-Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
Abb. 3.10 Konzept des Kundenbeziehungslebenszyklus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

XV
XVI Abbildungsverzeichnis

Abb. 3.11 Dreiklang der Kundenbetreuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69


Abb. 3.12 Ausgewählte Merkmale zur Beschreibung der
eigenen Interessenten und Kunden im B2C-Markt . . . . . . . . . . . . . . . 71
Abb. 3.13 Entscheidungsfelder der Marktarealstrategie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
Abb. 3.14 Strategien für die internationale Expansion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
Abb. 3.15 Konzept des Business-Model-Canvas. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
Abb. 3.16 Konzept des Platform-Canvas. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
Abb. 3.17 Konzept des Lean-Change-Canvas. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
Abb. 3.18 Kano-Modell der Kundenzufriedenheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
Abb. 3.19 Grundkonzept des 3-Horizonte-Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
Abb. 3.20 3-Horizonte-Modell zur strategischen Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
Abb. 3.21 Schaffung eines Dualismus im Transformationsprozess . . . . . . . . . . . 86
Abb. 3.22 Definition der Markenidentität durch die internen Stakeholder. . . . . . 87
Abb. 3.23 Markenidentitätsansatz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
Abb. 3.24 Entwicklung des Brand-Images im Kopf der Zielpersonen. . . . . . . . . 89
Abb. 3.25 Ganzheitliche Markenführung im digitalen Zeitalter. . . . . . . . . . . . . . 90
Abb. 3.26 Produkt-Marken-Portfolio am Beispiel von Alphabet. . . . . . . . . . . . . 91
Abb. 3.27 Konzept zur Entwicklung von Serviceleistungen. . . . . . . . . . . . . . . . . 92
Abb. 4.1 5-D-Konzept der Marketing-Forschung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96
Abb. 4.2 Makro- und Mikro-Umwelt des Unternehmens. . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
Abb. 4.3 Grundkonzept der SWOT-Analyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
Abb. 4.4 Ergebnis der Stärken-Schwächen-Analyse im
Wettbewerbsvergleich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
Abb. 4.5 Johari-Fenster zu Selbst- und Unternehmensanalyse. . . . . . . . . . . . . . 112
Abb. 4.6 Ausgewählte Fragestellungen eines Audits der
Marketinginstrumente. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
Abb. 4.7 Erweiterter Produktlebenszyklus als Analysekonzept. . . . . . . . . . . . . 114
Abb. 4.8 Grundkonzept der 5-Forces-Analyse von Porter. . . . . . . . . . . . . . . . . 116
Abb. 4.9 SWOT-Matrix – Synthese der externen und internen
Perspektive im Rahmen der SWOT-Analyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
Abb. 4.10 Beispiel einer SWOT-Synthese aus dem Konsumgütermarkt . . . . . . . 121
Abb. 4.11 Scoring-Modell zur Neuproduktbewertung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
Abb. 4.12 Grundkonzept der Portfolioanalyse von BCG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
Abb. 4.13 Unterschiedliche Produktportfolios als Trigger der
Unternehmensentwicklung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
Abb. 4.14 Marktattraktivitäts-Wettbewerbsvorteils-Portfolio. . . . . . . . . . . . . . . . 128
Abb. 4.15 Technologieportfolio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131
Abb. 4.16 Stufenkonzept eines Benchmarkings. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
Abb. 4.17 Grundkonzept einer Wertkette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
Abb. 4.18 System von Wertschöpfungsketten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138
Abb. 4.19 Physische und digitale Wertschöpfungskette. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142
Abb. 4.20 Gap-/Lückenanalyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143
Abbildungsverzeichnis XVII

Abb. 4.21 Touchpoints einer Customer-Journey. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145


Abb. 4.22 Grundkonzept einer Customer-Journey-Map. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145
Abb. 4.23 Digital-Maturity-Modell. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148
Abb. 4.24 Analyseraster zur Bestimmung der digitalen Reife. . . . . . . . . . . . . . . 151
Abb. 5.1 Trendextrapolation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154
Abb. 5.2 Szenarioanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156
Abb. 5.3 Analogieprognose. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158
Abb. 5.4 Delphi-Methode. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159
Abb. 5.5 Grundkonzept des A/B-Testings – Beispiel
Website-Optimierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164
Abb. 6.1 Aufgabe und Stoßrichtungen eines wertorientierten
Kundenmanagements. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169
Abb. 6.2 ABC-Analyse des Kundenstamms. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
Abb. 6.3 Definition von „guten Kunden“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172
Abb. 6.4 Fehlerquellen in der Kundensteuerung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173
Abb. 6.5 Kriterien zur Ermittlung des Kundenwertes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174
Abb. 6.6 Vertrauen in verschiedene Werbeformen –
in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177
Abb. 6.7 Scoring-Modell zur Ermittlung von Kundenwerten
in einem Reisebüro. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178
Abb. 6.8 Verwendete Ansätze zur Kundenwertermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . 179
Abb. 6.9 Kompetenzpyramide zur Kundenwertermittlung. . . . . . . . . . . . . . . . . 179
Abb. 6.10 Individuelles Modell zur Ermittlung des
(Customer-)Reference-Values . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
Abb. 6.11 Kontinuum der Social Influencer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
Abb. 6.12 Grundkonzept des NPS. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182
Abb. 6.13 Einsatz des NPS im Servicesektor. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184
Abb. 7.1 Attribute-Listing zur Entwicklung eines Fachbuches. . . . . . . . . . . . . . 189
Abb. 7.2 Phasen des Design-Thinking-Prozesses. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192
Abb. 7.3 Empathy-Map für eine Persona . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193
Abb. 7.4 Konzept der Mind-Map . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199
Abb. 7.5 Ergebnisse eines Thementisches beim
World-Café „Digitalisierung“ – I. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204
Abb. 7.6 Ergebnisse eines Thementisches beim World-Café
„Digitalisierung“ – II. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205
Abb. 8.1 Unterschiede zwischen klassischem und
agilem Projektmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208
XVIII Abbildungsverzeichnis

Abb. 8.2 Deutliche Veränderungen in der Kompetenzlandkarte. . . . . . . . . . . . . 208


Abb. 8.3 Scrum-Team und weitere Akteure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211
Abb. 8.4 Gesamtablauf eines Scrum-Prozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214
Abb. 8.5 Scrum – Burndown-Chart. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216
Abb. 8.6 Scrum – Kanban-Tafel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223
Abb. 8.7 Scrum – Kartensatz für den Planungspoker. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224
Abb. 8.8 Analyseraster für Innovationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227
Abb. 8.9 Time-to-Market. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228
Abb. 8.10 Theorie des MVP. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229
Abb. 8.11 Praxis des MVP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229
Abb. 8.12 Time-to-Value. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230
Abb. 8.13 Lean-Start-up-Modell. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232
Abb. 8.14 Arten der Preisdifferenzierung als Input für
den Lean-Start-up-Prozess. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233
Abb. 8.15 Grundformen des Vertriebs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234
Abb. 8.16 Aufgaben, die Handelspartner übernehmen können. . . . . . . . . . . . . . . 234
Abb. 10.1 Grobstruktur eines strategischen Marketingplans . . . . . . . . . . . . . . . . 242
Abb. 10.2 Grobstruktur eines operativen Marketingplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243
Abb. 10.3 Idealtyptische Zuordnung von Aktionsbausteinen
eines Marketingplans in Abhängigkeit von den
jeweils erreichten Phasen des Produktlebenszyklus. . . . . . . . . . . . . . . 245
Abb. 11.1 Bausteine des Change-Managements. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248
Abb. 11.2 Matrix der Betroffenheit: Typologie der
wahrgenommenen Veränderungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249
Abb. 11.3 Einordnung verschiedener Change-Auslöser in die
Matrix der Betroffenheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250
Abb. 11.4 Segmentierung der Mitarbeiter bei Change-Prozessen . . . . . . . . . . . . 253
Abb. 11.5 Klassischer Verlauf eines Change-Management-Prozesses. . . . . . . . . 254
Abb. 11.6 4-Zimmer-Konzept des Change-Managements. . . . . . . . . . . . . . . . . . 255
Abb. 11.7 Herausforderungen im Change-Prozess. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257
Abb. 11.8 Einflussfaktoren des Change-Prozesses. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258
Abb. 11.9 Voraussetzungen eines erfolgreichen Change-Managements. . . . . . . . 259
Abb. 11.10 Team-Development-Clock. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261
Abb. 11.11 Haus der digitalen Transformation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265
Präsentationen – Transmissionsriemen
Ihres Erfolges 1

Das menschliche Gehirn ist eine großartige Sache: Es funktioniert


vom Augenblick der Geburt an – bis zu dem Moment, wo man
aufsteht, um eine Rede zu halten.
Mark Twain

1.1 Bedeutung von Präsentationen für den eigenen Erfolg

Sagen, was man denkt. Und vorher was gedacht haben (Harry Rowohlt).

Was zeichnet einen erfolgreichen Manager heute aus?

u Kommunikation – Kommunikation – Kommunikation!

Kommunikation ist für Sie die Voraussetzung, um im und mit Ihrem Team erfolgreich zu
sein. So steigert ein transparenter und zeitnaher Informationsaustausch die Leistun-
gen Ihres Teams nachhaltig. Es bedarf auch der Kommunikation, um Ziele, Erwartungen
und Aufgaben zu formulieren. Gleichzeitig sind Feedback und Dialogschleifen erforder-
lich, um Unklarheiten „on the way“ zu ermitteln und idealerweise zu beseitigen. Dabei
ist es wichtig, frühzeitig die relevanten Stakeholder zu identifizieren, die für die eigene
Karriere und/oder für den Erfolg im eigenen Verantwortungsbereich entscheidend sind.
Nur durch Kommunikation können folglich Teamarbeit und Kooperation erreicht
werden. Sie ist notwendig, um die Anforderungen an das Team und alle eingebundenen
Personen zu definieren. Durch Rückmeldungen werden Erfolge sichtbar oder
Optimierungsbedarf verdeutlicht. Durch eine ehrliche, zeitnahe und konstruktive Kom-
munikation schaffen Sie eine Atmosphäre von Vertrauen und Respekt – unverzichtbar für
einen langfristigen Erfolg im Unternehmen (und im Leben)!

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 1
R. T. Kreutzer, Toolbox für Marketing und Management,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-21881-2_1
2 1  Präsentationen – Transmissionsriemen Ihres Erfolges

Dabei kommt neben der Kommunikation im Team auch der persönlichen Kommuni-
kation face-to-face eine zentrale Bedeutung zu. Während Lob und Anerkennung gerade
auch vor anderen eine positive Wirkung entfalten kann, ist eine korrigierende Kommuni-
kation i. S. eines konstruktiven Feedbacks im Vier-Augen-Kontext besser aufgehoben.
Ich vermeide hier bewusst den Begriff „negatives Feedback“, das lediglich Fehler auf-
zeigt, ohne Ideen für eine Optimierung zu nennen. Zu sagen: „Das war eine schlechte
Präsentation“, ist nie hilfreich. Der so Kritisierte muss dann rätseln, was den Feedback-­
Geber wohl gestört haben mag. Und bei diesem Ratespiel kann er falsch oder richtig lie-
gen. Das sollen Sie aber nicht dem Zufall überlassen.
Wichtig ist an dieser Stelle auch der Hinweis, dass Sie einen solchen Feedback-­
Prozess nicht als Einbahnstraße ausgestalten sollten. Auch Sie als Führungskraft oder
Projektleiter sollte sich dem (konstruktiven) Feedback Ihres Teams stellen. Denn das
Team spricht (untereinander) meist ganz offen darüber, was gut oder schlecht läuft. Des-
halb ist es unverzichtbar, dass Sie dies auch wissen. Nur dann können Sie entsprechend
reagieren und agieren (vgl. zum „blinden Fleck“ auch Abb. 4.5).

u Merk-Box  Feedback ist wie ein Geschenk. Ob man es auspackt oder nicht,
bleibt jedem selbst überlassen.

Dabei gilt: Feedback, das man zunächst aus tiefster Überzeugung ablehnt, trägt häufig
in besonderem Maße wertvolle Wachstumsimpulse in sich – die man zunächst nur nicht
sehen möchte, da sie vielleicht außerhalb der eignen Komfortzone liegen.
Unter Komfortzone versteht man den durch Gewohnheiten definierten Bereich eines
Menschen, in dem sich dieser wohlfühlt und sich sicher bewegen kann. Hier geht es um
Dinge, die man kennt, um Aktivitäten, die man schon „tausendmal“ gemacht hat (Stichwort
„Routinen“) und um Personen, mit denen man regelmäßig verkehrt. Diese Komfortzone ist
bei allen Menschen unterschiedlich ausgeprägt, weil sich jeder Mensch ganz verschiedene
Gewohnheiten zu eigen gemacht hat. Wer bisher eher im Hintergrund gearbeitet hat und
nicht selbst auf der Bühne stand, verfügt über eine andere Komfortzone als derjenige, der
als „Rampensau“ bekannt ist und nichts mehr liebt, als vor großem Publikum aufzutreten.
Wer dagegen erstmalig einen Vortrag halten und dafür seine Komfortzone verlassen
muss, hat seine eigenen Limitierungen zu überwinden, um so seine Komfortzone zu
vergrößern. Das führt zu regelrechten Wachstumsschmerzen – wie bei jedem anderen
Wachstumsprozess auch. Diese zeigen sich bei der Ausweitung der eigenen Komfortzone
durch Ängste, Stress, Anstrengungen – und interne Widerstände, die dazu motivieren,
das Neue doch am besten einfach zu vermeiden.
Allerdings liegen in der sogenannten Wachstumszone genau die Herausforderungen,
an denen der Mensch wachsen kann. Sie wird dann betreten, wenn ein Mensch seine
Komfortzone verlässt und sich auf eine Herausforderung einlässt, für die er noch keine
Sicherheit aufbauen konnte. Das Agieren ist hier schwieriger und verbraucht mehr Ener-
gie, weil man sich neu „justieren“ muss, wenn man eine „terra incognita“ betritt.

Hinter den Grenzen beginnt das Wachstum!


u Merk-Box 
1.1  Bedeutung von Präsentationen für den eigenen Erfolg 3

Die Panikzone sollten wir dagegen vermeiden. Diese wird erreicht, wenn ein Mensch sich
an Aufgaben heranwagt, die so weit vom angestammten Erfahrungshintergrund sowie von
den eigenen Gewohnheiten entfernt sind, dass ein Scheitern sehr wahrscheinlich ist. Des-
halb ist ein stufenweises Lernen angeraten – von der Komfortzone über die Wachstums-
zone, um neue Gewohnheiten und neue Sicherheit zu gewinnen. Dies gilt für Sie – wie
auch für Ihre Mitarbeiter, deren Wachstum Sie als Führungskraft fördern wollen.

u Wie hat es Dale Carnegie so schön formuliert? Schwimmen lernen, aber in lau-
warmem Wasser!

Im Zuge von Feedback-Prozessen – aber auch generell – gilt, auf die Form der Kom-
munikation und dabei auf jedes einzelne Wort zu achten.

u Merk-Box  Ein unbedachtes Wort, einen abgeschossenen Pfeil und eine ver-
passte Gelegenheit kann man nicht zurückholen!

Wer im Hinblick auf ein Führungskräftetraining immer wieder den Ausdruck „Brain-
Wash“ in dem Mund nimmt, wird die dort präsentierten Inhalte für sich und seine
Zuhörer immer mit einem negativen Vorzeichen versehen. Denn auch wenn es ironisch
gemeint ist, bleibt vielfach nur der negative Begriff „Brain-Wash“ im Gedächtnis zurück.
Wenn in einer führenden Zeitung steht, dass Staaten versuchen, Unternehmen Steu-
ern „abzuluchsen“, dann führt auch diese Wortwahl in die Irre. Mit Steuern finanzieren
Unternehmen die harte und weiche Infrastruktur der Länder, auf denen das Geschäfts-
modell – nur scheinbar ganz selbstverständlich – aufsetzen kann.
Statt von „Semesterferien“ spreche ich auch immer von „vorlesungsfreier Arbeits-
zeit“, weil der letztere Begriff den tatsächlichen Aktivitäten viel besser entspricht. Des-
halb sollten wir auf den Einsatz vermeintlich witziger Begriffe für unsere Kunden wie
„Fuzzys“ (so selbst auf einem Telefonmarketingtraining erlebt) verzichten. Auch der im
Tourismus als Abkürzung für Passenger verwendete Begriff „Paxe“ macht nicht wirklich
deutlich, dass es sich dabei um die geschätzten Kunden handelt.
Wer seine IT-Kollegen als „Nerds“, seine Marketing-Kollegen als „Cashburner“
und die Controlling-Kollegen als „Erbsenzähler“ bezeichnet, sollte sich nicht wundern,
dass die Zusammenarbeit nicht richtig klappt. Nicht viel besser ist es, wenn Führungs-
kräfte gegenüber ihren Mitarbeitern die „Frühbesprechung“ als „Frühbeschimpfung“
bezeichnen. Solche Begriffe sind mit einer negativen emotionalen Aufladung versehen –
die schnell auch unser Handeln bestimmt.

u Merk-Box 
Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden Deine Worte!
Achte auf Deine Worte, denn sie werden Deine Taten!
Achte auf Deine Taten, denn sie werden Deine Gewohnheiten!
Achte auf Deine Gewohnheiten, denn sie werden Dein Charakter!
Achte auf Deinen Charakter, denn er wird Dein Schicksal!
Jüdischer Talmud
4 1  Präsentationen – Transmissionsriemen Ihres Erfolges

Für viele Manager ist eine weitere Form der Kommunikation von besonderer Bedeutung:
die Präsentation. Unabhängig davon, auf welcher Hierarchiestufe Sie stehen und wel-
ches Aufgabenspektrum Sie bearbeiten: Immer wieder gilt es, durch Präsentationen
Arbeitsergebnisse vorzustellen. Entweder, um anderen zu überzeugen und als Follower
zu gewinnen, um Kunden zu gewinnen oder schlicht, um den Status quo oder Erkennt-
nisse aus Studien vorzustellen. Dabei gilt:

u Merk-Box  Jeder Präsentator ist ein Verkäufer. Er verkauft zunächst sich selbst,
weil die Akzeptanz von Inhalten, Vorschlägen, Ideen, Konzepten, Ergebnissen
ganz entscheidend von der (wahrgenommenen) Persönlichkeit des Präsenta-
tors abhängt. Erst dann kommt der Inhalt der Präsentation.

An dieser Stelle möchte ich auf ein Zitat von Marshall McLuhan hinweisen: „The
medium is the message.“ Es bringt zum Ausdruck, dass das Medium mit der gesendeten
Botschaft selbst verschmilzt und damit als Einheit wahrgenommen wird. So entsteht eine
symbiotische Beziehung zwischen Sender und Inhalt, die einen großen Einfluss darauf
hat, wie die Botschaft wahrgenommen wird. Bei einer Präsentation ist das Medium der
Präsentator. Dieser sollte sich voll seines eigenen Anteils am Kommunikationsergebnis
bewusst sein.
Es wird immer wieder formuliert, dass ca. 70 bis 80 % der Erinnerung auf die Art
und Weise der Präsentation entfallen (Körpersprache und Tonfall) – und nur 20 bis
30 % auf die Inhalte. Diese Aufteilung sollte uns allen zu denken geben. Warum? Weil
ich in meinem ganzen Berufsleben noch keinen Menschen getroffen habe, der die Vor-
bereitungszeiten für eine Präsentation an diesen Prozentzahlen orientiert:

• 80 % Zeiteinsatz für die Art und Weise, die Inhalte zu präsentieren und
• 20 % für die Inhalte selbst.

Häufig werden eher 99 % der Zeit für die Aufbereitung der Inhalte eingesetzt. Das Gute
daran ist:

u Sie können das ganz einfach ändern. Schließlich sind Sie Ihr eigener Zeit-
manager!

u Merk-Box  Neben der inhaltlichen Vorbereitung einer Präsentation sollten Sie


ein besonderes Augenmerk auf die Art und Weise Ihrer Präsentation legen – und
damit insb. darauf, wie Sie vor den Zuhörern agieren (verbal und nonverbal).
1.2  Erfolgsfaktoren des Präsentationsstils 5

1.2 Erfolgsfaktoren des Präsentationsstils

Man kann nicht nicht kommunizieren (Paul Watzlawick).

Sie haben es alle schon selbst erlebt: Auf Konferenzen, für deren Teilnahme Sie nicht
nur bezahlt, sondern auch Zeit freigeschaufelt haben, eröffnen Vortragende ihren Part mit
folgenden Statements:

• „Die Präsentation habe ich letzte Nacht noch schnell im Hotelzimmer zusammen-
gestellt.“
• „Meine Folien sind in Deutsch und Englisch. Leider hatte ich keine Zeit für die Über-
setzung.“
• „Eigentlich sollte ich ja über XY sprechen – wie es auch im Programm steht. Ich habe
den Titel und den Inhalt aber noch einmal verändert.“

Wie wertschätzend ist das denn? Da stellt sich einer vor das Publikum und teilt ihm mit,
dass er es nicht ernst nimmt. Sonst hätte er sich ja vorbereitet … und an das gehalten,
was versprochen wurde. Danke dafür!

u Merk-Box  Man vergisst, worum es sich gehandelt hat, aber man vergisst
nicht, wie man behandelt wurde.

Wie viel gelungener ist dagegen eine Einführung, in der Sie sich als Vortragender für die
Einladung bedanken. Sie können auch Ihre Freude darüber zum Ausdruck bringen, dass
Sie Ihre Erkenntnisse, Erfahrungen etc., für deren Gewinnung Sie sich über Wochen,
Monate oder sogar Jahre engagiert haben, mit dem Publikum teilen dürfen.

u Bringen Sie Ihrem Publikum Wertschätzung in Reinform entgegen!

Gleichzeitig sprechen Sie auf diese Weise Emotionen an, die für den Aufbau einer
Beziehungsebene zum Publikum viel wichtiger sind als Zahlen, Daten, Fakten.
Bereits die einleitenden Worte entscheiden in hohem Maße über den Erfolg Ihrer
Präsentation. Diese Worte sollen der Zielgruppe die Einschätzung Ihres Vortrags
erleichtern. Schließlich wollen die Zuhörer möglichst schnell von Ihnen erfahren, ob Sie
etwas Relevantes zu bieten haben. Das bedeutet nichts anderes, als dass Sie zunächst den
Inhalt Ihrer Präsentation bestmöglich verkaufen sollten. Dabei sollten Sie die folgenden
unausgesprochenen Zuhörerfragen beantworten:

• Warum ist Zuhören – gerade bei Ihnen – so wichtig?


• Was können die Zuhörer von Ihrem Vortrag erwarten?
• Was werden die Zuhörer von Ihnen erfahren, was diese ggf. noch nicht wussten?
• Welchen Nutzen können die Zuhörer aus Ihrem Vortrag ziehen?
6 1  Präsentationen – Transmissionsriemen Ihres Erfolges

Deuten Sie es an, ohne schon zu viel zu verraten. Die Spannung muss bestehen bleiben.
Aber dann müssen Sie im Laufe des Vortrags auch liefern. Auch hier gilt:

u You never have a second chance to make a first impression!

Deshalb sollten Sie bei der Vorbereitung eines Vortrags nicht nur sehr viel Wert auf die
ersten Worte legen, sondern auch darauf, wie Sie diese mitteilen. Kommen Sie gehetzt
und noch nicht ganz bei der Sache auf die Bühne, dann wird Ihr Start misslingen. Das
Gleiche gilt, wenn Ihre ersten (entscheidenden) Sätze im Gemurmel der Zuhörer unter-
gehen, weil Sie deren volle Aufmerksamkeit noch nicht gewonnen haben.
Hier eine Empfehlung, die ich von meinem Marketing-Professor gelernt und schon
tausendfach selbst praktiziert habe. Wenn Sie Ihre Vorbereitungen im Raum für den Vor-
trag oder eine Vorlesung abgeschlossen haben, dann stellen Sie sich gut sichtbar vor die
Gruppe und tun Sie nichts anderes, als darauf zu warten, dass die Gespräche im Raum zu
einem Ende kommen. Dabei können Sie wertschätzend Ihren Blick über das Auditorium
schweifen lassen.
Vielleicht müssen Sie 30 s schweigend warten, vielleicht auch eine Minute. Ich musste
noch nie länger als zwei Minuten warten, bis auch bei mehreren Hundert Zuhörern auf ein-
mal absolute Stille einsetzte. Warten Sie dann noch zehn Sekunden, bevor Sie mit Ihrem
Vortrag beginnen. So kann ein gelungener Einstieg in eine Präsentation aussehen. Wenn
Sie das erste Mal so vorgehen, wird es seltsam für Sie sein, schweigend zu warten. Denn
jetzt verlassen Sie gerade Ihre Komfortzone. Aber Sie werden sich daran gewöhnen – und
irgendwann finden Sie es richtig gut. Und schmunzeln über andere, die immer noch gegen
das Publikum anschreien, um sich Aufmerksamkeit für ihren Vortrag zu erkämpfen. Wenn
Sie schreien, werden Sie allerdings nur selten erste Sympathiepunkte erzielen.
Um die Aufmerksamkeit des Publikums schon zu Beginn zu fesseln, gilt es, knackig
in die Präsentation einzusteigen. Hierzu können bspw. folgende Aussagen oder Fragen
dienen, die Sie an den Anfang Ihrer Präsentation stellen:

• Wie haben wir zu handeln, um dem immer stärker werdenden Wettbewerber XY aus
China Paroli zu bieten?
• Wie können Sie die Akquisitionskosten für neue Kunden um 30 % senken?
• Welche überraschenden Erkenntnisse haben wir aus der aktuellen Wettbewerbsana-
lyse gewonnen?
• Auf welchen Wegen greifen uns Start-ups an – und warum haben wir das bisher nicht
bemerkt?
• Welche Unternehmen unserer Branche fielen bereits dem digitalen Darwinismus zum
Opfer – und was können wir dagegen tun, damit wir nicht selbst zum Opfer werden?
• Warum tickt Markenführung im digitalen Zeitalter anders tickt als – und wie können
wir dem Rechnung tragen?
• Warum müssen wir unsere Human-Resource-Strategien überarbeiten, um morgen
noch genügend Mitarbeiter zu haben und zu finden?
• …
1.2  Erfolgsfaktoren des Präsentationsstils 7

Der Einstieg mit einer umfassenden (werbenden) Unternehmenspräsentation ist bei


einem Engagement auf (bezahlten) Konferenzen nicht zu empfehlen. Das Publikum
möchte vielmehr wissen, ob Sie zu diesem Thema – mit Recht – etwas zu sagen haben.
Das sollte schnell deutlich werden.
Man sagt, dass die Einleitung bis zu 50 % des Präsentationserfolgs ausmachen kann.
Auch wenn es nur 20 oder 30 % wären – ein Fokus auf den Einstieg ist auf jeden Fall
wichtig. Ähnliches gilt für den Schluss. Ist es Ihnen auch schon so gegangen, dass Sie
gar nicht bemerkt haben, dass der Vortrag schon zu Ende war? Es entstand eine peinliche
Pause – bis der Vortragende dann die erlösenden Worte spricht: „Das war das Ende mei-
ner Präsentation!“ Auch nicht sehr gelungen … Im Schlussteil sollten Sie den Zuhörern
nochmals verdeutlichen, was die Schwerpunkte Ihrer Präsentation waren und was man
idealerweise behalten sollte:

• Was ist das Takeaway bzw. was sind die Kernbotschaften? Worüber sollen die
Zuhörer auf dem Nachhauseweg sprechen?
• Was sind die Golden Nuggets, die die Zuhörer im Gedächtnis behalten sollten?
• Was ist zu tun?
• Worin bestehen die nächsten Schritte?

Deshalb sollten Sie auf Ihrer letzte Folie nicht nur schreiben: „Vielen Dank für Ihre Auf-
merksamkeit“. Sie können vielmehr formulieren: „Weitere spannende Ideen finden Sie
hier …“ – mit einem Verweis auf einschlägige Bücher, die Sie zum Thema empfehlen.
Auch ein Handlungsappell kann am Schluss Ihres Vortrags sehr wirkungsvoll sein.
Zur Erklärung der Relevanz von Anfang und Ende einer Präsentation können wir
Anleihen bei der Lernpsychologie nehmen. Hier wird mit dem Begriff des seriellen
Positionseffekts die Tendenz bezeichnet, sich in einem Lernzyklus am besten an die ers-
ten Inhalte (Primacy-Effekt) sowie an die letztgenannten Inhalte (Recency-Effekt) zu
erinnern (vgl. Stangl 2017). Deshalb sind nicht nur wohlgesetzte Abschlussworte, son-
dern auch ein souveräner Abgang so wichtig.
Immer wieder erlebe ich es, dass Vortragende nach den letzten Worten in großer Eile
die Bühne verlassen möchten. Das wirkt nicht wirklich souverän. Zunächst kann man
sich am (hoffentlich verdienten) Applaus erfreuen. Diesen in Ruhe entgegenzunehmen,
ist auch ein Zeichen von Wertschätzung. Dann kann man sich ggf. noch den Fragen des
Publikums stellen. Auch hier ist nach der Ankündigung der Möglichkeit, Fragen zu stel-
len, zunächst einmal zu warten, ob welche kommen. Denn zu warten, ist ebenfalls ein
Zeichen von Souveränität und Wertschätzung, weil – je nach Publikum – die erste Scheu
vor dem Fragenstellen überwunden werden muss. Auch hierzu gilt es, Zeit zu geben.
Es heißt, dass der Schlussteil einer Präsentation zu ca. 30 % am Erfolg der Präsen-
tation beteiligt ist. Damit bleiben für den Mittelteil lediglich 20 % übrig.

u Merk-Box  Ein gelungener Ein- und Ausstieg sind für eine Präsentation
erfolgsentscheidend.
8 1  Präsentationen – Transmissionsriemen Ihres Erfolges

Während der Präsentation selbst sollten Sie – natürlich neben den Inhalten – ein
besonderes Augenmerk auf die Körpersprache, die Stimmlage und die Stimmmodulation
legen. Bei der Körpersprache ist bspw. zu prüfen, wie souverän man vor dem Publikum
steht. Versteckt man sich hinter einem Podium, hält sich daran fest und wagt es nicht,
hervorzukommen? Oder kann man souverän das Rednerpult verlassen oder sogar auf der
Bühne hin und her laufen? Wichtig ist, dass Sie nicht wie ein hungriger Tiger auf dem
Podium hin und her laufen – obwohl wir das manches Mal bei US-amerikanischen Red-
nern sehen. Auf mich wirkt das häufig eher wie eine Show-Einlage, die (manches Mal)
vom eher schwachen Inhalt ablenken soll.
Eine besondere Herausforderung besteht darin, während des Vortrags durch das Publi-
kum zu schlendern. Wenn Sie dies zum ersten Mal tun, spüren Sie ein spezielles Energie-
feld Ihrer Zuhörer – und merken gleichzeitig, welche Beharrungskräfte Sie in Ihre
Komfortzone (hinter das Rednerpult) zurückholen möchten.
Eine große Bedeutung kommt auch Ihrer Haltung beim Präsentieren zu. Aus Ihrer
Haltung können die Zuschauer Ihre Sicherheit im Umgang mit dem Thema erkennen.
Dafür ist es wichtig, dass bereits Ihr Weg auf die Bühne mit sicheren und kraftvollen
Schritten erfolgt. Eine persönliche Meinung hierzu: Ich frage mich bei Präsentationen
von Damen immer wieder, wie ein solcher kraftvoller, gut geerdeter Auftritt in High-
Heels gelingen soll.
Auch Ihre Gestik beim Präsentieren ist von Bedeutung. Hält man sich bspw. an
einem Boardmarker fest oder drückt vor Nervosität permanent auf einem Kuli herum?
Am besten legen Sie alles aus der Hand – ggf. mit Ausnahme eines Präsenters. Mit Ihren
Händen können Sie Ihre Ausführungen unterstreichen, Hervorhebungen deutlich machen
oder Aktionen ankündigen. Dabei ist es wichtig, dass Worte und Gestik zusammenpassen
und die gleiche Geschichte erzählen.
Auch wenn manche meinen, es wirke besonders lässig und souverän: Für mich
gehören die Hände beim Vortrag nicht in die Hosentaschen. Bei manchen Sprechern
bleiben sie dort bis zum Ende des Vortrags und vermitteln keinesfalls ein überzeugendes
Bild – höchstens Unhöflichkeit. Wenn Sie Ihre Hände auf der Höhe des Gürtels durch ein
Anwinkeln der Arme positionieren, haben Sie eine ideale Ausgangsposition gefunden,
um mit der rechten oder linken Hand Ihre Ausführungen zu unterstreichen. Sie brauchen
dafür mit Ihren Händen allerdings keine Rautenform zu bilden. Gleichgültig, welche
Gesten Sie einsetzen – Sie müssen zu Ihnen und den präsentierten Inhalten passen.
Das Gesicht wird häufig als Spiegel der Seele bezeichnet. Deshalb sollten Sie ein
besonderes Augenmerk auf Ihren Gesichtsausdruck legen. Denn dort spiegeln sich
Ihre aktuellen Gefühle wider. Wenn Sie mit einem schlechten Gefühl oder mit fehlen-
der Überzeugung in eine Präsentation starten, werden die Zuhörer dies merken. Sind Sie
dagegen Feuer und Flamme für ein Thema, dann wird sich Ihre Begeisterung auf das
Publikum übertragen.
Wie hat Augustinus so treffend formuliert?

Nur wer selbst brennt, kann Feuer in anderen entfachen.


u Merk-Box 
1.2  Erfolgsfaktoren des Präsentationsstils 9

Damit dies gelingen kann und Sie voller Energie und Freude das Podium betreten, soll-
ten Sie Ihren Körper auf Erfolg programmieren – und nicht zu sich selbst sagen: „Das
klappt wahrscheinlich (wieder) nicht!“ Wir alle kennen das Phänomen der sich selbst
erfüllenden Prophezeiung. Durch solche Sätze programmieren wir uns auf Misserfolg.
Deshalb sollten wir es lassen. Warum sagen wir uns nicht besser: „Mein ganzes (Berufs-)
Leben habe ich mich genau auf diese Präsentation vorbereitet“? Was für ein Statement
zu sich selbst! Das muss, kann und wird Sicherheit geben.
Und wenn wir schon das Gesicht als Spiegel der Seele bezeichnen, sollten wir das
folgende Zitat von Teresa von Ávila beherzigen:

u „Tu Deinem Leib etwas Gutes, damit Deine Seele Lust hat, darin zu wohnen.“

Und dies vor allem – aber nicht nur – vor Präsentationen! Damit wir gut gelaunt und
energetisch aufgeladen zum Werk schreiten können.
Zum souveränen Ausdruck gehört auch ein gelungener Blickkontakt zum Publikum.
Aber was ist darunter zu verstehen? Ihr Blick sollte langsam über das gesamte Publikum
gleiten, um alle Zuhörer gleichermaßen (persönlich) anzusprechen. Sind höhere Hierarchien
im Raum anwesend, dann tendieren manche Präsentatoren dazu, diese Personen kontinuier-
lich oder überdurchschnittlich häufig per Blickkontakt zu fokussieren. Dies bekommen alle
anderen Teilnehmer natürlich mit; deshalb können sie sich durch den Vortragenden zurück-
gesetzt fühlen. Deshalb gilt es, die Augen kontinuierlich über das Publikum schweifen zu
lassen, um ggf. auch erste (körpersprachliche) Reaktionen auf die vorgetragenen Inhalte zu
erfassen. Dabei sollten wir eine Falle vermeiden: Personen im Publikum, die nicken, sind
uns natürlich besonders sympathisch. Ungeübte Redner tendieren dann dazu, „Mehr vom
Gleichen“ zu erzählen, um weiterhin diese Zustimmung zu erhalten. So werden wir aber
leicht manipulierbar. Dieses Risikos sollten wir uns bewusst sein!
Ein weiterer häufig gemachter Fehler sollte vermieden werden: Sprechen Sie nicht
zu der Wand, auf der Ihre wunderbaren Folien zu sehen sind. Es gilt zwar: „Ein schöner
Rücken kann auch entzücken“ – er tut es aber selten, weil wir dem Redner doch lieber
ins Gesicht schauen wollen. Deshalb sollte der Redner entweder anhand der Inhalte auf
einem Screen vor ihm oder anhand von Ausdrucken der Präsentation mit Blick zum Pub-
likum seine Inhalte vortragen.
Auch auf Stimmlage und Stimmmodulation ist zu achten. Je nervöser ein Vor-
tragender ist, desto höher wird sein Stimme. Wer ohne Punkt und Komma redet, sig-
nalisiert nicht nur Nervosität, sondern auch mangelnde Wertschätzung gegenüber den
Zuhörern. Monotones Sprechen schläfert selbst den interessiertesten Zuhörer ein. Eine
kraftvolle, laute, deutliche und langsame Sprache fördert dagegen das Verständnis. Hier-
für gibt es sehr lohnenswerte Trainings zur Stimmbildung. Wenn etwas besonders
wichtig ist, können Sie auch leiser werden – weil auch dies ein starkes Signal ist und
Aufmerksamkeit fördern kann.

u Merk-Box  Nervosität bekämpfen Sie am besten mit Üben, Üben, Üben – nicht
mit Betablockern!
10 1  Präsentationen – Transmissionsriemen Ihres Erfolges

Wer wichtige Inhalte präsentiert, sollte dem Publikum Zeit zum Nachdenken und Nach-
empfinden geben. Das gehört zu einer gekonnten Präsentation dazu. Hierzu können Sie
rhetorische Fragen stellen, deren Beantwortung Sie selbst übernehmen. Auch kleinere
Kunstpausen können zum Verständnis beitragen, weil sie wichtige Informationshappen
voneinander trennen. Außerdem wird so beim Vortrag eine Varietät erzeugt, die akusti-
scher Langeweile vorbeugt und die Aufmerksamkeit aufrechterhält.
Scheinbar eine Selbstverständlichkeit – aber leider nur scheinbar: Sprechen Sie in
der Sprache Ihres Publikums. Manche Redner wollen besonders kompetent wirken,
indem sie mit Fremdwörtern um sich werfen, die nur absolute Spezialisten verstehen. So
bauen sie eine Mauer zwischen sich und dem Publikum auf. Wertschätzend ist ein sol-
ches Vorgehen nicht.
Die Wertschätzung fehlt auch, wenn Vorträge einfach nur vorgelesen und nicht vor-
getragen werden. Besonders schlimm ist das, wenn der Text eher für das Nachlesen und
nicht für ein Zuhören geschrieben ist. Dann sind die Sätze zu lang, zu verschachtelt und
damit zu kompliziert, um sie durch Zuhören umfassend zu verstehen.
Im Übrigen gilt, dass sich die meisten Redner im Business-Kontext auch selbst kei-
nen Gefallen mit einer ausformulierten Rede tun. Durch den häufigen Blick aufs
Manuskript geht der Bezug zum Publikum verloren. Auch die Gestik entfällt fast voll-
ständig, weil sich der Sprecher stark auf das Manuskript konzentrieren muss: In welcher
Zeile bin ich denn? Und wehe, man verhaspelt sich, bekommt seine Sätze nicht mehr
zusammen und verliert dann den roten Faden und findet den Wiedereinstieg in die Rede
nicht mehr.
Den meisten Rednern rufe ich zu: „Wenn ihr euer Thema beherrscht, dann braucht
ihr kein ausformuliertes Manuskript als Krücke, um vor Publikum laufen zu können.“
Und sein Thema sollte jeder beherrschen, der aufs Podium geht. Sonst lässt man es lieber
bleiben.

u Merk-Box  Freies Sprechen ist ein Zeichen von Kompetenz. Bei Reden im
Business-Umfeld ist freies Vortragen angesagt. Und das kann man lernen!

Denn ein Manuskript wird zum Korsett, das einem das freie Agieren unmöglich macht.
Und es mindert die Wirkung eines Vortrags ganz massiv – und wird deshalb auch vom
Publikum selten geschätzt!
„In der Sprache des Publikums“ vorzutragen, bedeutet auch, dass man die Charts ent-
sprechend übersetzt. Scheinbar eine Selbstverständlichkeit, aber eben nur scheinbar. Bei
einer Studienreise in Südkorea setzten viele Vortragende Folien in koreanischer Schrift
ein (vgl. Abb. 1.1). Für mich ist das eine Zumutung. Schließlich musste jeder Redner
davon ausgehen, dass kein Teilnehmer der aus Deutschland stammenden Reisegruppe
diese Unterlagen verstehen würde.
Die Relevanz jedes einzelnen Wortes hatte ich schon angerissen. Das gilt natürlich
auch für Vorträge und Präsentationen. Vermeiden Sie Übertreibungen, die Sie zum (ver-
meintlichen) Superstar machen. Auch Suggestivfragen oder Unterstellungen kommen
1.2  Erfolgsfaktoren des Präsentationsstils 11

Abb. 1.1  Folie einer Präsentation für deutsche Gäste in Südkorea

beim Publikum schlecht an. Das Publikum möchte sich auch nicht dumm vorkommen,
indem der Redner sagt: „Für Sie erkläre ich es gerne noch einmal!“ Wenn Sie über-
zeugen wollen, sollten Sie auf Weichmacher-Begriffe wie „vielleicht“, „eigentlich“ und
„eventuell“ verzichten. Auch mit Pauschalierungen und Generalisierungen – wie „immer
so“ oder „hat noch nie geklappt“ – macht man sich selten Freunde, weil solche Aussagen
der komplexen Realität meist nicht gerecht werden.

u Merk-Box  Klare Botschaften benötigen auch Klarheit in der Begrifflichkeit!


Deshalb besser konkret als abstrakt formulieren.

Die Gründe hierfür sind gleichermaßen einfach wie überzeugend: Unser Gehirn kann
keine Inhalte sauber abspeichern, die es nicht versteht. Wenn wir unverständlich kom-
munizieren, wird „Verwirrung“ statt „Inhalt“ gespeichert. Das kann nicht unser Ziel sein.
Deshalb sollten wir unsere Inhalte nicht abstrakt, sondern gehirngerecht und damit mög-
lichst konkret aufbereiten. Dann werden sie verstanden und auch behalten.
Abstrakt wäre: „Unsere Motoren garantieren eine Laufleistung von 800.000 km.“
Konkret – und damit leichter vorstellbar – wäre dagegen: „Mit unseren Motoren schaf-
fen Sie die Strecke Erde – Mond – und zwar hin und zurück. In Summe 800.000 km.“
Klarheit bedeutet auch, dass Sie möglichst auf (unverständliche) Fachbegriffe ver-
zichten. Wenn diese wichtig und unvermeidlich sind, erklären Sie genau, was damit
12 1  Präsentationen – Transmissionsriemen Ihres Erfolges

gemeint ist. Wenn nicht, sollten sie auf diese Fachbegriffe verzichten. Wir halten nur sel-
ten Vorträge vor einem Publikum, das umso begeisterter ist, je unverständlicher unsere
Ausführungen sind. Allerdings scheinen das nicht alle Vortragenden zu wissen. Es gilt:

u Merk-Box  Je mehr Fachbegriffe Sie einsetzen, desto unsympathischer,


unnahbarer und arroganter wirken Sie.

Klarheit bedeutet, auch unbequeme Wahrheiten direkt anzusprechen. Häufig sind ent-
sprechende Erwartungshaltungen schon im Publikum vorhanden, wenn es bspw. um
Stellenabbau oder die Verlagerung von Produktionsstätten geht. Wenn Sie sagen, dass
1500 Mitarbeiter „abgebaut“ werden müssen – und damit 1500 Menschen die Möglich-
keit gegeben wird, ab jetzt „ein selbstbestimmteres Lebens“ zu führen, kommen sich
die Betroffenen veralbert vor. Es gilt stattdessen: „Bloß keinen Zuckerguss auf das set-
zen, was eh nicht gut riecht und schmeckt. Offen und transparent sein und vor allem
erläutern, warum dieser Schritt jetzt notwendig ist“ (Kantowsky 2017, S. 24).
Unterhaltsam, spannend und informativ kann dagegen ein Vortagsstil sein, der punk-
tuell ein Storytelling einsetzt. Wir alle können uns Geschichten viel besser merken
als reine Zahlen und Fakten. Deshalb sollten wir prüfen, ob wir zentrale Botschaften
in kleine Geschichten einbinden können. Dazu kann von konkreten Gesprächen mit
Kunden, Mitarbeitern, Meinungsführer etc. berichtet werden, die bestimmte Punkte
besonders deutlich machen. Auch ausdruckstarke Bilder, überzeugende Vergleiche und
Metaphern tragen zum erfolgreichen Auftritt bei.
Antoine de Saint-Exupéry machte diese sehr schön deutlich: „Wenn Du ein Schiff
bauen willst, dann rufe nicht die Menschen zusammen, um Holz zu sammeln, Aufgaben
zu verteilen und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem gro-
ßen, weiten Meer.“
Wie heißt es so schön? „Repetitio est mater studiorum“ – oder in Deutsch: „Wieder-
holung ist die Mutter des Studierens.“ Das gilt gerade auch für Vorträge, bei denen der
Zuhörer nicht einfach zurückspringen kann, um etwas Interessantes nochmals nachzu-
lesen. Was wichtig ist, können Sie deshalb auch wiederholen. Ich tue das manchmal,
indem ich bspw. eine Golden-Nugget-Liste erstelle, in der die wichtigsten Aussagen
über den ganzen Vortrag gesammelt werden. So bleiben diese immer wieder im Blickfeld
des Publikums – und bieten am Ende eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte.
Gleichsam als Takeaway für das Publikum.

u Merk-Box  Für eine gute Präsentation sollten Sie die Anzahl der Charts an Ihre
Redezeit anpassen. Wenig überzeugend ist es, wenn ein Redner des C-Levels
für einen 45-minütigen Vortrag 295 Charts vorbereitet hat – und diese auch
tatsächlich alle durchklickt (manches Mal 25 hintereinander mit dem Hinweis
„das ist jetzt nicht so wichtig“ oder „das ist jetzt ein bisschen viel“). Viel besser:
Reduzieren Sie die Anzahl Ihrer Charts – orientiert an der verfügbaren Redezeit!
1.3  Erfolgsfaktoren des Präsentationsinhalts 13

Zu einem gelungenen Auftritt gehört auch, dass die Technik funktioniert. Ich habe auf
großen Kongressen schon führende (Media-)Agenturen drastisch scheitern sehen, weil es
ihnen nicht gelungen ist, die Technik zu beherrschen. Dabei lässt sich das alles ganz ein-
fach vorher – ohne Publikum – ausprobieren, wenn man rechtzeitig vor Ort ist. Schade
finde ich es, dass sich dann häufig Damen von Herren helfen lassen müssen, wenn die
Technik nicht funktioniert. Das habe ich schon hundertmal gesehen. Wie souverän wirkt
dagegen eine Sprecherin, die ihre Technik selbst in den Griff bekommt? Und noch ein
Hinweis, der auf leidvollen Erfahrungen als Organisator von Veranstaltungen basiert:
Wer ein Apple-Produkt einsetzt, sollte immer die notwendigen Adapter dabei haben und
nicht davon ausgehen, dass der Veranstalter diese vorrätig hat.
Wie Sie sich vor Publikum verhalten, können Sie selbst nur durch Video-­Trainings
erleben. Hier habe ich die Erfahrung in vielen von mir durchgeführten Trainings-­
Sessions gesammelt, dass die Teilnehmer durch kleine Impulse ihren Auftritt enorm
verbessern können – und alle dafür notwendigen Ressourcen schon in sich tragen. Sie
müssen nur – durch die Ausdehnung der eigenen Komfortzone – ans Tageslicht gebracht
werden (vgl. Abschn. 1.1).
Noch eine Anmerkung sei mir hier erlaubt: Ich erlebe immer wieder, dass Sprecher
die Zuhörer auffordern, nicht mitzuschreiben – mit der Begründung, dass die Folien spä-
ter zur Verfügung gestellt werden. Das ist aus meiner Sicht wenig hilfreich. Ich könnte
auch sagen: Das ist absoluter Unsinn! Wenn ich mir bei Vorträgen Notizen mache, dann
male ich nur ganz selten die Folien ab. Diese lassen sich heute ja auch viel einfacher
abfotografieren. Ich notiere mir viel häufiger, zu welchen Ideen mich der Vortrag anregt,
wo ich ggf. anderer Meinung bin und welche Studien ich auch einmal analysieren sollte.
Deshalb lege ich mir – parallel zum laufenden Vortrag – häufig eine To-do-Liste an, in
der solche Aufgaben gleich notiert werden. Solche Aktivitäten sollten wir nicht bremsen!
Ganz im Gegenteil. Ich bin immer wieder erstaunt, wie wenige Zuhörer sich bei Kon-
gressen tatsächlich Notizen machen. Meine einzige Erklärung: Alle anderen – außer mir –
sind so genial, dass sie alles Vorgetragene behalten, inkl. möglicher Links auf weiter-
führende Inhalte, spannende Zahlen und lehrreiche Zitate. Nur ich muss mir die Dinge
notieren, um sie später für eigene Vorträge, Publikationen oder mein Tagesgeschäft zu
nutzen. Deshalb gehe ich doch auf solche Veranstaltungen und investiere dafür Zeit und
Geld. Warum das viele nicht so halten, hat sich mir noch nie erschlossen.

1.3 Erfolgsfaktoren des Präsentationsinhalts

Wer immer nur in die Fußstapfen eines anderen tritt, wird ihn nie überholen.

Das Wichtigste einer Präsentation ist eine gute Story. Diese kann mit einer Anekdote,
einem spannenden Analyseergebnis oder Ähnlichem beginnen. Wichtig ist, dass beim
Publikum Neugierde auf die kommenden Inhalte geweckt wird. Dazu kann auch ein
Titelbild beitragen, welches idealerweise die Kernbotschaft der gesamten Präsentation
versinnbildlicht.
14 1  Präsentationen – Transmissionsriemen Ihres Erfolges

Wichtig ist bei der Erarbeitung der Story sowie bei der Auswahl des Titelbildes, dass
Sie eine möglichst konkrete Vorstellung von Ihrem Publikum haben.

• Wer wird im Publikum sitzen?


• Welches Vorwissen haben die Zuhörer?
• Welche Erwartungen sind gegeben?
• Mit welchen Widerständen zu meinen Ideen, Vorschlägen, Konzepten etc. ist zu rechnen?
• Welche Hierarchien werden anwesend sein?

Ein (positiver) und für das Zielpublikum spannender Aufreißer sollte folglich am Anfang
stehen, der dann im Mittelteil aufgegriffen, analysiert und vertieft wird. Hierbei ist es
wichtig, dass eigene Argumente idealerweise mit Zitaten von (anerkannten) Dritten oder
durch Studien etc. belegt werden. Hierbei ist immer wieder festzustellen, dass gerade das
Zitieren von Studien – selbst „professionellen“ Redner nicht gelingt.
Wenn eine Studie zitiert wird, sollte deren Quelle auf der entsprechenden Seite der
Präsentation verzeichnet sein. Sonst können Interessierte oder Böse-Meinende während
der Präsentation fragen, wo diese Studie denn zu finden sei. Wer als Vortragender dann
ins Suchen und Schwitzen kommt, weil er die Antwort nicht parat hat, hat (partiell) ver-
loren. Wie souverän wirkt dagegen der Hinweis: „Wer lesen kann, ist klar im Vorteil! Die
Quelle finden Sie hier unten auf meiner Folie.“
Aber damit ist eine Studie noch nicht sauber zitiert, denn auch die folgenden Fragen
müssen – unaufgefordert – schlüssig beantwortet werden (vgl. auch Abschn. 4.1):

• Wer hat die Studie durchgeführt? Können wir dieser Institution trauen?
Diese Angabe ist wichtig, um festzustellen, ob ggf. ein Pro-domo-Effekt vorliegt.
Damit ist das Phänomen gemeint, dass Unternehmen gerne positiv über eigene Leis-
tungen sprechen. Wenn die Deutsche Post bspw. sagt, dass ein Werbe-Mailing die
beste Art der Kundengewinnung ist, dann kann damit das Ziel verbunden sein, eigene
Leistungen besonders gut darzustellen. Das ist zwar legitim; dennoch sollte ein
unabhängiger Sprecher auf die unkritische Übernahme solcher Aussagen verzichten.
Diese positive Herausstellung eigener Leistungen erklärt den Begriff „pro domo“ i. S.
von „für das eigene Haus“. Hier kann auch von einer Hidden Agenda gesprochen wer-
den, weil bei der Ergebnispräsentation „Hintergedanken“ oder „verborgene Motive“
zugrunde liegen, die einer Objektivität der Ergebnispräsentation zuwider laufen.
Stammen Erkenntnisse dagegen von renommierten Marktforschungsunternehmen,
kann von einer höheren Objektivität der Ergebnisse ausgegangen werden. Und die
wahrgenommene Glaubwürdigkeit des Sprechers steigt.
• Wie viele Personen, Unternehmen etc. wurden befragt?
Um den Wert einer Studie zu erkennen, helfen die konkrete Angabe der Stichpro-
bengröße (bspw. n = 1200) und der Hinweis, ob eine Studie repräsentativ ist. In
diesem Fall kann man davon ausgehen, dass die Ergebnisse in der Grundgesamtheit
genauso ausfallen (deshalb „repräsentativ“) wie in der Studie selbst. Diese Angabe ist
ein wichtiger Qualitätsindikator.
1.3  Erfolgsfaktoren des Präsentationsinhalts 15

Wenn Sie bei einer Studie diese Angabe nicht finden, können Sie davon ausgehen,
dass eine Repräsentativität nicht gegeben ist. Hier können Sie folglich nicht mehr
von den Studienergebnissen auf die Gesamtheit schließen. Dann müssen wir bei der
Nutzung der Erkenntnisse vorsichtig sein.
Teilweise wird bei Studien explizit darauf hingewiesen, dass die präsentierten Erkennt-
nisse „nur“ explorativ sind. Dann wurde im Zuge einer Studie versucht, „Neuland“ zu
erkunden und erste Erfahrungen zu sammeln. Das kann genauso wichtig und gut sein.
Sie sollten es nur erwähnen, um in Ihrer Präsentation nicht angreifbar zu sein.
• Wann wurde die Untersuchung durchgeführt?
Häufig gilt: Je aktueller eine Studie ist, desto relevanter sind die dort gewonnenen
Erkenntnisse. Damit wird Aktualität zum weiteren Qualitätsmerkmal, wenn sehr
dynamische Entwicklungen im Mittelpunkt stehen. Wenn eine Studie schon etwas
älter ist, sollte erklärt werden, ob sich die präsentierten Phänomene seither eher
verstärkt oder abgeschwächt haben. Sonst provoziert man entsprechende Fragen
aus dem Publikum, ob denn die „alten“ Aussagen immer noch zutreffen. Auf deren
Beantwortung sollten Sie sich allerdings schon vorbereiten.
• Wo wurde die Untersuchung durchgeführt?
Studienergebnisse, bei denen nicht deutlich wird, ob US-Bürger oder Europäer oder
Deutsche befragt wurden, sind für Vorträge unbrauchbar. Wer aus einer US-Studie in
Deutschland zitiert, sollte zwingend verdeutlichen, warum und was genau aus dieser
Studie für Zuhörer in Deutschland interessant ist. Oft erfolgt nur der Hinweis darauf,
dass dies eine „internationale“ Studie sei. Aber was heißt dann „international“? Sind
nur die USA, Frankreich, Deutschland, Großbritannien, China und Japan gemeint?
Oder wurden tatsächlich Menschen in 200 Ländern befragt?

u Merk-Box  Sie sollten immer zunächst die Herkunft bestimmter Daten


(„Sender“, Art der Erhebung, Umfang der Stichprobe, Zeitraum der Daten-
gewinnung) analysieren, bevor sie Daten „vertrauen“ und diese u. U. für die
Prognose weiterer Entwicklungen oder für die Ableitung von Strategien
heranziehen.

Mein Ziel ist es, dass Sie sich in Zukunft in keiner Präsentation mehr angreifbar machen
durch die schlechte Einbindung von Studien. Denn manchmal sitzen im Publikum ja
auch Konkurrenten um die nächste Promotion oder Wettbewerber um den nächsten Auf-
trag, die Sie vor dem Auditorium auf Glatteis führen wollen. Lassen Sie dies nicht zu!

u Merk-Box  Hüten Sie sich vor mono-kausalen Erklärungsversuchen – in


zweierlei Richtungen. Vermeiden Sie es, komplexe Veränderungen – auch
wenn diese scheinbar durch Studien belegt sind – auf eine einzige Ursa-
che zurückzuführen. Und glauben Sie selbst auch keinen mono-kausalen
Erklärungen, die andere (häufig Politiker) Ihnen präsentieren. Die heutige Welt
ist zu komplex für einfache Lösungen!
16 1  Präsentationen – Transmissionsriemen Ihres Erfolges

Zur gelungenen Präsentation gehört auch, dass Sie jeden einzelnen Begriff Ihrer Prä-
sentation erklären können. Und auch jede Grafik, die Sie ggf. aus der Literatur über-
nommen haben. Immer wieder konnte ich in der Vergangenheit auch in mündlichen
Prüfungen feststellen, dass die in Bachelor- und Master-Arbeiten übernommenen Grafi-
ken vom Probanden nicht erklärt werden konnten. „Hilfreich“ ist hier insb. die Aussage:
„So genau habe ich mir das gar nicht angeschaut.“ Für eine solche Antwort gibt es keine
Sonderpunkte. Auch nicht bei Grafiken oder Schaubildern, die man in seine Präsentation
übernommen hat und selbst nicht erklären kann.

Alles, was auf Ihren Folien steht, müssen Sie in der Tiefe erklären
u Merk-Box 
können!

„Schön“ ist auch immer wieder der Hinweis der Vortragenden, dass diese Folie
Augenpulver darstellt – sprich: für keinen lesbar ist. Wenn der Präsentator bereits
weiß, dass man die Inhalte nicht lesen kann, sollte er eine solche Folie gar nicht erst
präsentieren. Hier sollten Sie vielmehr sagen: „Hier ist die Übersicht – leider schlecht
lesbar – deshalb zeige ich Ihnen die relevanten Daten in Ausschnitten.“
Hilfreich ist auch, wenn Sie für die besonders Interessierten ausreichend Backup-
Folien vorbereiten – bspw. zu Kalkulationen. Niemand sollte sein Publikum mit zu
detaillierten Auswertungen langweilen. Oft reicht das Big Picture aus. Wenn aber doch
Fragen zur genauen Kalkulation kommen, kann man elegant auf die Backup-Seiten
springen und die ausführlichen Rechnungen zeigen.
Um solche Backup-Seiten zu erreichen, sollten Sie aber nicht durch die ganze (ani-
mierte) Präsentation klicken, wie ich es immer wieder beobachten kann. Es geht doch
ganz einfach. Bei PowerPoint-Präsentationen müssen Sie im Präsentationsmodus nur die
Zielseitenzahl (bspw. 29) eingegeben und Enter drücken, schon sind Sie auf der Seite 29.
Und zurück geht es auf gleichem Wege. Wie viele Präsentationen habe ich schon erlebt,
bei denen sich die Vortragenden Klick für Klick in ihren Unterlagen nach vorn und hin-
ten bewegen. Grausam – insb. bei umfassend animierten Präsentationen.
Und wenn niemand nach den von Ihnen liebevoll ausgearbeiteten Backup-Folien fragt
und Sie diese dennoch zeigen wollen, weil viel Arbeit eingeflossen ist, können Sie ent-
sprechende rhetorische Fragen einbinden. Diese können bspw. lauten: Sicher haben Sie
sich gefragt, wie genau wir zu diesen Werten gekommen sind. Die Ergebnisse finden sich
hier in unserem Anhang. Und schon springen Sie kurz auf die Backup-Seite und dann
wieder zurück. Oder: „Wenn Sie sich fragen, welche Experten wir genau befragt haben,
dann finden Sie die Antwort hier auf unserer Backup-Folie“. Sie haben es also selbst in
der Hand, ob wichtige Backups gezeigt werden oder nicht.
Um auch hier elegant agieren zu können, ist es allerdings erforderlich, dass Sie einen
Ausdruck der Präsentation vor sich liegen haben, um die relevanten Seitenzahlen abzu-
lesen. Denn meistens hat man diese nicht im Kopf. Oder die wichtigen Seitenzahlen sind
im Präsentationsmodus für den Vortragenden zu sehen.
1.3  Erfolgsfaktoren des Präsentationsinhalts 17

Ein wichtiges Thema stellt auch die Verwendung von Versalien (Großbuchstaben)
in Präsentationen, aber auch bei Anzeigen, Flyern, Mailings, Plakaten und Online-
Präsenzen dar. Dabei gibt es überzeugende Erkenntnisse über den Einfluss von Versalien
auf die Kommunikationsleistung (vgl. Teuber 2017):

• Wie lesen wir?


Die Augen tasten nur an der Oberseite der Buchstaben entlang. Dabei lesen wir Wör-
ter nicht Buchstabe für Buchstabe, sondern erfassen ein Wort als Ganzes.
• Welche Wirkung haben folglich Versalien?
Lesbarkeit und Lesegeschwindigkeit werden reduziert.
• Warum?
Weil Versalien im Allgemeinen wesentlich regelmäßiger fließen als Groß- und Klein-
buchstaben. Denn: Wörtern in GROSSBUCHSTABEN fehlt eine visuelle Struktur. Da
alles gleich aussieht und es keine Längen nach oben oder unten gibt, wird die Wort-
mustererkennung erschwert.
• Was passiert folglich?
Der Leser muss sich mehr anstrengen und weigert sich daher oft, den Text überhaupt
zu lesen.

Deshalb sollen wir – auch auf Folien – keine Versalien für längere Texte verwenden.
Denn Versalien lassen sich wesentlich schlechter lesen als Mischsatz (Groß- und Klein-
buchstaben). Ein kurzer Test kann die Relevanz dieser Aussagen unterstreichen. Lesen
Sie bitte den folgenden Text (Brandl 2010, S. 29):
„Luat enier Sidtue an eienr elgnhcsien Uvrsnäiett, ist es eagl in wcheler Rhnfgeeloie
die Bstuchbaen in eniem Wrot snid. Das eniizg Whictgie ist, dsas der etrse und der lztete
Bstuchbae am rtigeichn Paltz snid…“
Und jetzt lesen Sie bitte Folgendes:
„DER RSET KNAN TATOL DEIURANCHNEDR SIEN UND MAN KNAN ES
IENRMOMCH ONHE PORBELM LSEEN.“
Sicherlich werden Sie festgestellt haben, dass der zweite Text viel schwerer zu lesen
ist als der erste. Beim ersten Text fällt es uns häufig ganz leicht, den Inhalt – trotz der
durcheinandergewirbelten Buchstaben – richtig zu lesen.
Wenn Sie in Zukunft den Einsatz von Versalien – generell und nicht nur bei Prä-
sentationen – einschränken möchten, sind Auseinandersetzungen mit Agenturen vor-
programmiert. Denn viele Agenturen lieben Versalien. Deshalb sei hier folgende
Empfehlung ausgesprochen:
WENN IHNEN IHRE AGENTUR DAS NÄCHSTE MAL VORSCHLÄGT, AUCH
LANGE HEADLINES ODER SOGAR DEN BODYTEXT IN GROSSBUCHSTABEN
ZU SCHREIBEN, DANN FRAGEN SIE DOCH EINFACH EINMAL NACH, WORUM
ES DER AGENTUR GEHT: UM VERMEINTLICHE SCHÖNHEIT ODER DOCH UM
LESBARKEIT, DAMIT DIE BOTSCHAFT AUCH VERSTANDEN UND GELERNT
WERDEN KANN.
18 1  Präsentationen – Transmissionsriemen Ihres Erfolges

Vor diesem Hintergrund wundere ich mich immer wieder über Anzeigen wie in
Abb. 1.2. Diese 2018 geschaltete Anzeige von Ralph Lauren zeigt im Body-Text nur Ver-
salien – und dann noch in einer Schrift, die zusätzlichen Lesewiderstand aufbaut. Soll
das keiner lesen können? Aber warum schalte ich dann eine solche Anzeige?
Scheinbar eine Selbstverständlichkeit – aber auch nur scheinbar: Auf längere Sätze
oder Lesetext auf Folien sollte man verzichten. Es sei denn, es handelt sich um Defi-
nitionen (sparsam einsetzen) oder zu analysierende Texte. Denn der Vortragende kann
nicht schnell vorlesen wie die Zuschauer lesen. Deshalb sollten Sie möglichst nur Stich-
worte und Strukturen oder sprechende Abbildungen präsentieren, zu denen Sie span-
nende Inhalte ergänzen. Dazu kann es sehr zielführend sein, wenn Sie in der Überschrift
einer Folie deren Inhalt in einem kurzen und knackigen Satz beschreiben. Sie können
dann diese Initialbotschaft im Zuge der Präsentation jeder einzelnen Folie begründen.
Wer dagegen alle Inhalte auf seine Folien schreibt, macht sich als Präsentator über-
flüssig, denn einen Lese-Onkel braucht man dann nicht mehr.

u Merk-Box  Eine gute Präsentationsfolie erkennt man daran, dass sie nicht
selbsterklärend ist.

Deshalb können Sie auch einige Folien so gestalten, dass sich die Zuhörer fragen, was
das Gezeigte eigentlich bedeuten soll. So erzeugen Sie Neugierde und damit Aufmerk-
samkeit. Und diese gilt es, beim Wettbewerb um die Gunst der Zuhörer gegen die unend-
lichen Möglichkeiten von Smartphones, Laptops und Tablet-PCs zu gewinnen.
Unterstützt werden gute Präsentationen durch (sparsame) Animationen. Durch die
Animation gewinnen Sie einen gewissen Einfluss auf die Aufmerksamkeit Ihres Publi-
kums. Denn hier entscheiden Sie als Präsentator, welche Inhalte Sie schon zeigen und
welche noch nicht. Wer eine inhaltsreiche Folie auf einen Schlag präsentiert, überlässt es
dem Publikum, wie damit umgegangen wird. Während der Vortragende vielleicht gerade
Punkt 2 auf der Folie erklärt, erkundet das Publikum ggf. schon die Punkte 7 bis 12.
Wenig zielführend!
Dies gilt in besonderem Maße, wenn Sie bspw. am Schluss einer Präsentation meh-
rere Fragen diskutieren wollen. Zeigen Sie diese Fragen dann alle auf einmal, kann sich

Abb. 1.2   Wie überzeugend


kann eine Anzeige mit
Großbuchstaben sein?
1.3  Erfolgsfaktoren des Präsentationsinhalts 19

jeder auf eine andere konzentrieren. Auch hier gilt, dass der Vortragende lenken soll und
muss. Sonst zerfasert selbst das interessierteste Publikum!
Dabei gilt es, gehirngerechte Animationen einzusetzen. Animationen sollen das Ver-
ständnis durch Abläufe etc. fördern, und nicht das Publikum irritieren. Denn mit jeder
Animation liefern Sie auch einen Subtext mit – eine Botschaft, die nicht verbalisiert,
aber trotzdem übermittelt wird. Wenn sich durch die Animation bestimmte Inhalte auf-
lösen, signalisiert das geringe Relevanz. Auch die Zeitspanne für ein Auftauchen oder
Verschwinden transportiert Wertigkeiten. Diese sollten Sie konsequent auf den Inhalt der
Präsentation abstimmen.

u Merk-Box  Animationen helfen, das Publikum auf die gerade besprochenen


Inhalte zu lenken. Dafür müssen Vortrag und Animation konsequent auf-
einander abgestimmt sein.

Viele – zu viele – Präsentationsfolien zeigen heute noch lange Aufzählungen. Auch


wenn nach wie vor gilt „Menschen mögen Listen“, so sollte sich deren Einsatz primär
auf zu lesende Inhalte – online wie offline – beziehen. Viel spannender und unterhalt-
samer sind in einem Vortrag dagegen Infografiken. Denn Listen zeigen nur selten die
Verbindungen zwischen einzelnen Elementen. Grafiken können das viel besser. Außer-
dem erzeugen innovative Grafiken auch mehr Aufmerksamkeit. Idealerweise versuchen
dann Ihre Zuhörer, die verbal präsentierten Inhalte mit Ihren Grafiken zu verbinden, um
zu verstehen. Genau das, was wir wollen!
Auch das sei hier erwähnt: Vergessen Sie nicht die Seitenzahlen auf Ihren Folien. Sonst
können Nachfragen zu Ihren Folien nicht gezielt gestellt werden. Dann heißt es: „Auf einer
Folie weiter vorne mit einem roten Kasten haben Sie …“ Und schon geht die wilde Suche
nach der Folie los, gerne durchgeklickt von Anfang bis Ende. Außerdem ist die Angabe von
Seitenzahlen einfach gutes Handwerk – wird aber trotzdem immer wieder vergessen.
Ein Klassiker in Präsentationen ist auch der eigene Hinweis auf Fehler, die der Vor-
tragende gerade in seiner Präsentation entdeckt hat. Auch mir geht es so, dass ich dann
gleich sagen möchte: „Oh, hier ist ein Rechtschreibfehler.“ Das Blöde ist nur, dass ich
dann die Aufmerksamkeit des gesamten Publikums auf diesen Fehler lenke, den sonst
vielleicht 50, 70 oder 90 % der Zuhörer gar nicht entdeckt hätten. Aber: Fehler sollte
man nicht selbst fokussieren – es sei denn, sie könnten zu falschen Schlüssen führen.
Dann sind sie zwingend zu korrigieren.

u Merk-Box 
In Präsentationen und Beiträgen sollten Sie darauf achten, dass Sie nicht ver-
sehentlich den sogenannten „Deppenapostroph“ einsetzen. Diesen finden Sie
regelmäßig in Präsentationen Dritter, in Artikeln, auf Plakaten und in Einzel-
handelsgeschäften. Dann lesen Sie von CEO’s, KPI’s oder auch CD’s – wo
eigentlich nur CEOs, KPIs und CDs gemeint waren. So sieht es die deutsche
Grammatik vor! Warum sollten wir auch die englische Form des Genitivs ver-
wenden, wenn wir doch nur den deutschen Plural meinen?
20 1  Präsentationen – Transmissionsriemen Ihres Erfolges

Fehler stellen sich auch häufig ein, wenn deutsche Autoren das Wort „ver-
lieren“ in englische Präsentationen einbringen. Statt „lose“ für „verlieren“
ist dann von „loose“ für „locker“ die Rede. Verwirrungen bei den kundigen
Zuhörern sind dann vorprogrammiert.
Besonders schlimm wurde es, als ein Journalist in einem Beitrag von einer
Win-win- und Loose-loose-Situation sprach. Das Kopfkino läuft an, und man
fragt sich, was hier wohl locker war …
Auch bei Gliederungen sollten Sie den häufig gemachten Fehler ver-
meiden, einen Unterpunkt 1.1 zu benennen, ohne dass es einen weiteren
Unterpunkt 1.2 gibt. In diesem Fall wäre der Inhalt des Oberpunktes 1. mit
dem vom Unterpunkt 1.1 identisch. So etwas darf es aber nicht geben – und
ist doch auch in wissenschaftlichen Fachbüchern oft zu beobachten. Aber bei
Ihnen – spätestens ab heute – nicht mehr!

Bei Präsentation ist auch das Timing nicht zu vernachlässigen. Ich habe schon erlebt,
dass Vortragende für 45 min Präsentation 280 Charts vorbereitet hatten. Ein Vortragender
hat auch einmal gesagt: „In den nächsten zwei Stunden muss ich zunächst diese
180 Folien durchziehen, dann können wir Ihr Fragen besprechen.“ Toll!
Viele – auch ich – tendieren dazu, eher zu viel vorzubereiten, aus Angst, dass die
Inhalte nicht reichen. Das war bei mir zwar noch nie der Fall, trotzdem bereite ich immer
noch zu viel vor. Wenn wir zu den Folien wirklich spannende Inhalte erzählen, benötigen
wir häufig zwei bis drei Minuten pro Folie. Das bedeutet: Für 45 min Präsentation reichen
ca. 15 bis 25 Folien aus. Diese können dann in Ruhe und souverän präsentiert werden.
Wer sich im Vorfeld nicht so gut auf wenige Folien beschränken kann, sollte – wenn
er merkt, dass er aus der Zeit läuft – bestimmte Seiten überspringen. Aber wieder: Bitte
nicht mit einem Durchklicken und der vorgetragenen Erklärung: „Das wollte ich Ihnen
noch zeigen, aber die Zeit reicht nicht.“ Oder: „Diesen spannenden Fall kann ich leider
auch nicht mehr vorstellen.“ Alles schon erlebt.
Viel besser und auch das einzig Tragbare: Springen Sie durch die gezielte Angabe der
Zielseitenzahl auf eine weiter hinten positionierte Folie. Das bekommt kaum einer mit –
und Sie gewinnen kostbare Zeit und bleiben im Timing Ihres Vortrags. Und Sie ver-
meiden beim Publikum das Gefühl, Spannendes zu verpassen, weil der Vortragende seine
Zeit nicht im Griff hat.
Ärgerlich ist es auch bei Gruppenpräsentationen, wenn sich die ersten Gruppen-
mitglieder zu viel Zeit lassen und dann gemeinsam den letzten Präsentator anspornen,
doch schneller zu reden, weil die Zeit abläuft. Außerdem stelle ich häufig fest, dass die
Arbeitsteilung in der Gruppe – zumindest nicht allen – Mitgliedern bekannt ist und
deshalb Irritationen entstehen. Dann kommt es immer wieder zu irritierenden Pausen,
weil niemand mehr weiß, wer als Nächster dran ist. Außerdem sollen bei mehreren Prä-
sentatoren nicht zu viele Wechsel stattfinden. Zum einen wirkt das für die Zuhörer sehr
unruhig. Zum anderen kann es zu den schon genannten Irritationen bei der Arbeitsteilung
führen.
1.3  Erfolgsfaktoren des Präsentationsinhalts 21

Wie Sie Ihren Erfolg bei Präsentationen steigern können, zeigt Ihnen die nach-
folgende Checkliste. Sie hilft ihnen mit Fragen zur Erreichung einer überzeugenden
Präsentation.

Tipps für die Implementierung: Fragen zur Erreichung einer überzeugenden Präsen-
tation
• Vorbereitung des Präsentators
– Welche Zeit setze ich für die Ausarbeitung der Inhalte meiner Präsentation ein?
– Wie viel Zeit verwende ich auf die Vorbereitung meines persönlichen Auf-
tritts bei dieser Präsentation (Stimme, Gestik, rhetorische Fragen etc.)?
• Vorbereitung des Präsentationsstils
– Habe ich einen überzeugenden Einstieg in meine Präsentation – verbal und
visuell?
– Wird durch meine einleitenden Worte deutlich, dass ich etwas Wichtiges zu
sagen habe?
– Mache ich deutlich, dass genau ich der Richtige bin, um heute und hier darü-
ber zu sprechen?
– Verzichte ich bewusst auf eine (langweilige) Unternehmensvorstellung?
– Bin ich darauf vorbereitet, vor dem Publikum so lange zu warten, bis ich die
volle Aufmerksamkeit habe?
– Habe ich mir von Anfang an überlegt, was meine Zuhörer von meiner
Präsentation im Gedächtnis behalten sollen (Stichwort „Takeaway“ bzw.
„Golden Nuggets“)?
– Nutze ich den seriellen Positionseffekt, indem ich wichtige Inhalte an den
Anfang (Primacy-Effekt) bzw. ans Ende setze (Recency-Effekt)?
– Kann ich meine Körpersprache und insb. meine Gestik gezielt einsetzen?
– Welche Haltung möchte ich bei meiner Präsentation ausstrahlen?
– Welchen Gesichtsausdruck möchte ich einsetzen?
– Welchen Blickkontakt zum Publikum möchte ich aufbauen?
– Ist durch meine Vorbereitung gesichert, dass ich nicht zur Leinwand, sondern
zum Publikum sprechen kann?
– Kann ich meine Stimmlage und Stimmmodulation gezielt einsetzen?
– Spreche ich in einer Sprache, die meine Zuhörer verstehen?
– Verzichte ich auf eine ausformulierte Rede?
– Vermeide ich ganz gezielt Übertreibungen, Suggestivfragen und Unter-
stellungen?
– Setze ich Storytelling, Bilder, Vergleiche und Metaphern gezielt ein, um
Inhalte leichter verdaulich zu präsentieren?
– Habe ich im Vorfeld geprüft oder kann dies noch vor meinen Vortrag, dass
die Technik funktioniert?
22 1  Präsentationen – Transmissionsriemen Ihres Erfolges

• Vorbereitung des Präsentationsinhalts


– Kann ich eine gute Story erzählen?
– Trägt das Titelbild meiner Story dazu bei, Neugierde auf meinen Vortrag
­aufzubauen?
– Habe ich eine genaue Vorstellung meines Publikums vor Augen, um die
­Präsentation zielgruppengerecht zu erstellen?
– Wurden die Studien von mir mit Bedacht ausgewählt, um zentrale Aussagen
zu unterstützen?
– Sind alle relevanten Angaben zur Studie auf der jeweiligen Folie zu finden?
Wer hat die Studie durchgeführt?
Können wir dieser Institution glauben?
Wie viel Personen, Unternehmen etc. wurden befragt?
Wann wurde die Untersuchung durchgeführt?
Wo wurde die Untersuchung durchgeführt?
– Sind meine Folieninhalte auf Lesbarkeit ausgerichtet (Verzicht auf „Augen-
pulver“)?
– Verzichte ich konsequent auf Versalien – außer bei Eigennamen und ggf. bei
Kurztexten?
– Habe ich für die interessierten Zuhörer Backup-Seiten vorbereitet?
– Kann ich in meiner Präsentation gezielt vor- und zurückspringen?
– Habe ich auf längere Sätze und viel Lesetext auf Folien verzichtet?
– Setze ich Animationen gezielt ein, um das Verständnis zu fördern und die
Zuhörer zu lenken?
– Nutze ich eher Infografiken als langweilige Listen?
– Habe ich an Seitenzahlen auf den Folien gedacht?
– Ist mir bewusst, dass ich nicht auf Fehler in meinen Folien hinweise, wäh-
rend ich präsentiere?
– Habe ich mein Timing im Blick – und keine Präsentation vorbereitet, für die
ich doppelt oder dreimal so viel Zeit wie vorgesehen benötige?
– Ist für Gruppenpräsentationen eine genau Arbeitsteilung definiert und ein
Zeitmanager bestimmt?

Wenn Sie sich bei der Vorbereitung der nächsten Präsentationen an diesen Fragen orien-
tieren, werden Sie eine höhere Souveränität für den Vortrag gewinnen.
Weitere interessante Impulse vermitteln die Bücher von Bänsch und Alewell (2013);
Kornmeier (2013); Manschwetus (2016); Theisen (2017); Zielinski (2013).
1.4  Erfolgsfaktoren einer wertschätzenden Kommunikation 23

1.4 Erfolgsfaktoren einer wertschätzenden Kommunikation

Fürchte Dich nicht vor dem langsamen Vorwärtsgehen. Aber fürchte Dich vor dem Stehen-
bleiben (Chinesisches Sprichwort).

Ein interessantes Thema in Vorträgen, Präsentationen und Meetings sind Negationen.


Sprecher versuchen, Angst zu nehmen, indem sie bspw. sagen:

• „Das Unternehmen XY wird nicht zerschlagen.“


• „Dieser Kundenverlust ist keine Katastrophe.“
• „Wir haben keine lausige IT.“
• „Wir entlassen nach der Fusion keine 1000 Mitarbeiter.“
• „Es gibt bei uns im Unternehmen keinen Spendensumpf.“
• „Kein Problem!“ (Gerne von Mitarbeitern im Dienstleistungsbereich verwendet.)

Die Vortragenden vergessen dabei, dass kein Mensch in Verneinungen denken dann. Ein
Beispiel gefällig? Denken Sie jetzt nicht an rosa Elefanten! Haben Sie es gemerkt: Wir
können nicht „nicht“ an etwas Gesagtes denken. Was bleibt von den obigen Aussagen
in den Köpfen der Zuhörer hängen? „Zerschlagen“, „Katastrophe“, „lausige IT“, „1.000
Mitarbeiter entlassen“, „Spendensumpf“ und „Problem“.
Solche negativen Erinnerungen können Sie vermeiden, indem Sie ganz einfach sagen:

• „Die Einheit des Unternehmens XY bleibt erhalten.“


• „Diesen Kundenverlust können wir durch andere Projekte gut ausgleichen.“
• „Wir erhalten auch nach der Fusion den momentanen Mitarbeiterstand.“
• „Wir haben die Spenden ordnungsgemäß abgerechnet.“
• „Gerne gemacht“, „Das erledigen wir gerne für Sie“ (Klingt das als Antwort auf den
Wunsch eines Kunden bzw. eines Gastes nicht viel schöner als das zu oft gehörte:
„Kein Problem“?)

Nicht schwierig, oder? Dennoch finden sich immer wieder Headlines in Zeitungen und
auf Präsentationsfolien, die diesen wichtigen Aspekt der menschlichen Kommunikation
vernachlässigen (vgl. Abb. 1.3). Zusätzlich setzen sich solche Aussagen in den Dialogen
des Alltags fest und haben die Tendenz, sich zu verselbständigen.
Es gibt noch weitere Gründe, warum Sie auf solche negativen Botschaften verzichten
sollten:

• Negatives wird immer zuerst wahrgenommen und wird neunmal häufiger fokussiert als
positive Nachrichten. Daher der Spruch der Medienmacher: „Bad news are good news!“
• Gleichzeitig wirken negative Aussagen viel stärker – bis zu zehnmal stärker als positive
Aussagen.
24 1  Präsentationen – Transmissionsriemen Ihres Erfolges

Ä:LUZROOHQ8QLSHU QLFKW]HUVFKODJHQ³
)RUWXP&(23HNND/XQGPDUN

Ä'LH&'8LVWGXUFKGLH1LHGHUVDFKVHQZDKOQLFKWJHVFKZlFKW³
%XQGHVNDQ]OHULQ$QJHOD0HUNHO

Ä,FKELQQLFKWDUURJDQW³
(PPDQXHO0DFURQ

Ä(VJDEQLFKWGDV=LHOGLH)UDNWLRQVIKUXQJ]XGHPRQWLHUHQRGHU
HLQ]XJUHQ]HQ³
%HUQG 5LH[LQJHU
Ä'DV8QWHUQHKPHQLVWQLFKWLQGHU.ULVH³
7RP(QGHUV

Ä'LHVHV*HVHW]LVWNHLQ+DQGVWUHLFKNHLQ6WDDWVVWUHLFK«³
'HQLV 9HUGLQL

Abb. 1.3  Negationen in Headlines und Vorträgen

Deshalb ist auch nachvollziehbar, warum Aussagen, wie sie in Abb. 1.3 zu sehen sind,
mit Vorliebe von Journalisten in die Headlines ihrer Beiträge zu den entsprechenden Vor-
gängen einfließen. Die Aussage von Emmanuel Macron hat es sogar auf das Cover des
Nachrichtenmagazins Der Spiegel geschafft.
Dabei sollten wir uns über eines im Klaren sein: Wenn heute vielfach von „alter-
nativen Fakten“ die Rede ist, dann bleibt bei vielen Lesern und Zuhörern eher der posi-
tiv besetzte Begriff „Fakten“ in Erinnerung. Deshalb sollten wir mit Klarheit benennen,
was der Wahrheit bedarf: Es handelt sich bei „alternativen Fakten“ um nichts anderes als
Lügen, Falschmeldungen etc.
Vor diesem Hintergrund sollten wir alle unsere Worte wirklich auf die Goldwaage
legen. Es lohnt sich. Denn die meisten Wörter sind bei unseren Gesprächspartnern mit
Emotionen verbunden und folglich in einer emotionalen Landkarte verortet. Eine sol-
che Landkarte finden Sie in Abb. 1.4.
In Abb. 1.5 sind in diese emotionale Landkarte verschiedene Begriffe eingeordnet.
Diese lösen bei den Zuhörern mehr oder weniger einheitliche positive oder negative
Emotionen aus. Wir können folglich – durch die Wahl unserer Wörter – die Stimmung
unserer Zuhörer nachhaltig beeinflussen. Mit den in Abb. 1.5 im oberen Bereich zu fin-
denden Begriffen zahlen wir auf eine positive Stimmung ein. Begriffe wie „Projekt“ oder
„Aufgabe“ haben dagegen für viele Menschen einen neutralen Klang. Welche Gefühle
damit ausgelöst werden, ist abhängig von den jeweiligen Assoziationen des Einzelnen.
Im unteren Teil in Abb. 1.5 finden sich dagegen Begriffe, die in hohem Maße nega-
tive Emotionen hervorrufen. Dabei zeigt sich auch, dass ein Wort wie „Challenge“ für
den einen die gesuchte neue Herausforderung sein kann, während der gleiche Begriff
bei einer anderen Person Ängste auslöst, weil die eigene Komfortzone verlassen wer-
den muss. Hier ist unsere Empathie (i. S. von Einfühlungsvermögen) als Sprecher und
Diskussionspartner gefordert, um im wahrsten Sinne des Wortes die richtige Tonlage zu
treffen.
1.4  Erfolgsfaktoren einer wertschätzenden Kommunikation 25

3RVLWLYH
*HIKOH

3RVLWLYH7KHPHQSRVLWLYH:|UWHU

,QIRUPDWLRQHQ 'DWHQ=DKOHQ)DNWHQ

1HJDWLYH7KHPHQQHJDWLYH:|UWHU

1HJDWLYH
*HIKOH

Abb. 1.4  Emotionale Landkarte – Grundkonzept

3RVLWLYH
*HIKOH
/LHEH $QHUNHQQXQJ
JHQLDO
:HUWVFKlW]XQJ %HI|UGHUXQJ

/|VXQJ &KDOOHQJH
*HKDOWVHUK|KXQJ
'DQNH

3URMHNW $XIJDEH
%HIHKO 3UREOHP
)UHLVHW]XQJ
(QWODVVXQJHQ &KDOOHQJH
.QGLJXQJ
6FKXOG
7RG
+DUW],9
$WRPZDIIHQ
.ULHJ

1HJDWLYH
*HIKOH

Abb. 1.5  Emotionale Landkarte zur Verortung von Wörtern


26 1  Präsentationen – Transmissionsriemen Ihres Erfolges

:|UWHU

*HGDQNHQ

*HIKOH6WLPPXQJ

0LPLN*HVWLN3XOV%OXWGUXFN

Abb. 1.6  Wirkungsmechanismus von Sprache

Der hier zugrunde liegende Wirkungsmechanismus von Sprache ist in Abb. 1.6


dargestellt. Es wird deutlich, dass unsere Wortwahl bei den Zuhörern Gedanken aus-
löst. Diese Gedanken wiederum lösen bestimmte Gefühle aus und wirken damit auf die
Stimmung. Diese kann sich dann sogar konkret auf Mimik, Gestik, Puls und Blutdruck
auswirken. Hierzu sollten wir wissen, dass Wörter ganz automatisch „assoziative Ver-
knüpfungen“ im Gehirn aufrufen und dann die damit verbundenen Dateien laden – ver-
bunden mit positiven oder negativen Assoziationen.

u Merk-Box  Wir wecken durch Sprache immer Emotionen. Wörter sind starke
Gefühlstrigger!

Allerdings wird auch der Redner selbst – und nicht nur seine Wortwahl und Ausführungen –
in einer emotionalen Landkarte abgespeichert. Das heißt: Was für Wörter gilt, gilt auch für
deren Sender. Das führt dazu, dass ich als Sprecher – aber generell auch als Mensch – im
Kopf des anderen als eine „Datei“ mit emotionalem Konto abgespeichert werde. Sie sind
skeptisch? Erinnern Sie sich an Situationen, in denen Sie eine Person nach vielen Jahren
zum ersten Mal wiedergesehen haben? Und können Sie sich noch daran erinnern, dass Sie
zu dieser Person ganz spontan eine emotionale Empfindung hatten? Entweder „positiv“ oder
„ich bin mir nicht ganz sicher“ oder „negativ“ i. S. von „hier ist etwas schiefgelaufen“. Das
genau meine ich! Wir werden als Mensch – unbewusst – von unseren Gesprächspartnern in
einer emotionalen Landkarte abgespeichert, wie in Abb. 1.7 zu sehen.
Selbst wenn wir im ersten Moment nicht mehr genau wissen, wie wir zu unserer
Bewertung gekommen sind: Unsere Intuition sagt uns genau, dass mit diesem Menschen
bspw. „nicht gut Kirschenessen“ ist.
Ein wichtiges Feld für Diskussionen auf allen Ebenen – sowohl im beruflichen Umfeld
wie auch privat – ist die Art und Weise, wie wir Fragen stellen. Durch unsere Erziehung
und Ausbildung wurden wir auf das Stellen problemfokussierender Fragen trainiert. Sie
finden diesen in Abb. 1.8 unten. Es wird nach dem „Warum“ gefragt, wenn Projekte nicht
gewonnen wurden, Fehler eingetreten sind oder sonstige Verluste zu verzeichnen waren.
Es heißt: Wer fragt, führt! Und in diesem Fall „zwingen“ wir unsere Gesprächspartner
durch unsere Fragen dazu, Gründe für deren Verhalten oder Erklärungen für Fehler zu
nennen. Einen nach dem anderen. Anschließend sind wir häufig schlauer, haben aber noch
keine Lösung, wie ein solches Ergebnis in Zukunft vermieden werden kann.
Zu ganz anderen Erkenntnissen können wir gelangen, wenn wir problemlösende
Fragen stellen. Diese finden sich im oberen Teil von Abb. 1.8. Hier motivieren wir
1.4  Erfolgsfaktoren einer wertschätzenden Kommunikation 27

3UREOHPO|VHU 0DFKHU
,GHHQJHEHU 9LVLRQlU
3RVLWLY .RPPXQLNDWRU 0RWLYDWRU 2SWLPLVW

3UREOHPPDFKHU
9RUZUIHPDFKHU
1|UJOHU .ULWLNZLUG PDO
.DWDVWURSKHQ 3DXOH K|KHU
3HVVLPLVW
JHZLFKWHWDOV/RE

Ä'XZLUVWJHEXFKWZLH'XVSULFKVW³

Abb. 1.7  Sprecher werden in einer emotionalen Landkarte verankert

3RVLWLYHU/|VXQJVUDXP
/|VXQJ"/|VXQJ"/|VXQJ"
:LHHUUHLFKHQZLUGDVV«"
:LHN|QQWHHLQH/|VXQJDXVVHKHQ"
:LHN|QQHQZLUEHL,KQHQ]XPÄ3UHIHUUHG6XSSOLHU³ZHUGHQ"
:DVPVVWHQZLUWXQXPYRQ,KQHQEHDXIWUDJW]XZHUGHQ"

:DUXPKDEHQZLUGHQ$XIWUDJQLFKWEHNRPPHQ"
:DUXPEHNRPPHQZLUNHLQHQ7HUPLQ"
:DUXPGUIHQZLUQLFKWSUlVHQWLHUHQ"
:DUXPNODSSWGDVQLFKW"
:DUXP":DUXP":DUXP"

1HJDWLYHU/|VXQJVUDXP

Abb. 1.8  Problemfokussierende vs. problemlösende Fragen

unsere Gesprächspartner, über Verbesserungsmöglichkeiten und Lösungen nachzu-


denken. Aber Vorsicht: Da unsere Gegenüber mit dieser Art der Fragestellung häu-
fig nicht rechnen, müssen wir ihnen Zeit zum Nachdenken geben. Also nicht gleich in
die Sprechpausen hinein weiter reden – sondern Schweigen aushalten. Mein persön-
liches Motto hier lautet: Endure the Silence! Warten zu können, ist unverzichtbar, weil
Ihr Gesprächspartner jetzt über Lösungen nachdenkt und nicht mehr nur darüber, was
warum falsch gelaufen ist. Hierfür hätte er alle relevanten Aspekte parat.

u Merk-Box  Wer die Kraft hat, die richtigen Fragen zu stellen, kann das Kreativ-
potenzial seiner Gegenüber für das Finden von Lösungen nutzen. Deshalb
sollten Sie konsequent problemlösende Fragen einsetzen und auf problem-
fokussierende Fragen weitgehend verzichten.
28 1  Präsentationen – Transmissionsriemen Ihres Erfolges

Diese Leitideen gelten in gleicher Weise für Meetings und sogar für Smalltalk. Hier
können Sie mit Ihrem Einstieg in die Diskussion die (emotionale) Richtung vorgeben.
Nachfolgend zwei Einstiege in eine Diskussion, mit denen Sie zwei ganz unterschied-
liche Diskussionsbilanzen erreichen werden.

• Einstieg 1:
– Ihre letzte Bilanzpressekonferenz war ja auch nicht so toll.
– Leiden Sie auch unter den Auswirkungen des zunehmenden Protektionismus?
– Haben Sie auch auf einen sinkenden Euro spekuliert?
– Fühlen auch Sie sich von China bedroht?
– Ist bei Ihnen der Krankenstand auch so hoch?
– Sind Ihnen auch die Umsätze ebenfalls weggebrochen?
– Welche Produkte laufen bei Ihnen denn besonders schlecht?
– Wer wird Ihr Geschäftsmodell „disrupten“?
• Einstieg 2:
– Ihre Präsentation gestern war sehr überzeugend.
– Ich habe gehört, dass Sie xy als Großkunden gewonnen haben.
– Was läuft bei Ihnen zurzeit besonders gut?
– Welche Ideen haben Sie zur Umsatzsteigerung bei Produkt A?
– Was haben Sie sich für die nächsten Monate vorgenommen?
– Was gibt es auch Ihrer Sicht zu verbessern?
– Bis wann wollen Sie xy erreichen?
– Was ist bei Ihrer digitalen Transformation besonders gut gelaufen?

Sie können davon ausgehen, dass das erste Gespräch eher mühsam in Gang kommt,
weil wir unseren Gegenüber direkt auf die negative Seite ziehen. Im zweiten Fall wird
zunächst einmal eine positive Beziehung und damit Vertrauen aufgebaut – eine Voraus-
setzung, damit sich Menschen in Gesprächen öffnen. Deshalb ist es m. E. eine spannende
Idee, den Einstieg – bspw. in Teambesprechungen – mit einem Bericht über Lösungen
und Leistungen zu beginnen. Hierfür können – standardmäßig für alle regelmäßigen
Meetings – bspw. folgende Fragen als Einstieg zum Einsatz kommen:

• Was gibt’s Gutes zu berichten?


• Was ist fertig geworden?
• Wo sind Sie/wir weiter gekommen?
• Was entwickelt sich gut?
• Wo geht es vorwärts?
• Was ist gut gelaufen?
• Was gibt es zu verbessern?

Ich selbst habe in vielen Meetings mit einem solchen Bericht über Lösungen und Leis-
tungen begonnen – und die Effekte waren erstaunlich. Standen sonst immer Problemen,
1.4  Erfolgsfaktoren einer wertschätzenden Kommunikation 29

Schwierigkeiten, verlorene Kunden etc. im Zentrum, wurde jetzt auf einmal – für alle –
sichtbar, dass (trotz aller Schwierigkeiten) auch viel Positives erreicht wurde. Das ver-
mittelte den Anwesenden Stolz auf das Erreichte – und legte Energie für die Lösung der
nach wie vor bestehenden Aufgaben frei.
Dabei ist mir ein Hinweis besonders wichtig: Es geht hier nicht darum, die Welt rosa-
rot zu malen – denn sie ist es nicht. Es geht aber darum, nicht nur die Probleme zu fokus-
sieren, sondern ebenso sichtbar zu machen, was trotz aller Schwierigkeiten im letzten
Monat, in der letzten Woche oder in den letzten Tagen erreicht wurde. Denn wir alle wol-
len auch stolz auf unsere Leistungen sein und nicht den Eindruck haben (der auch häufig
nicht stimmt), dass nichts gut läuft.

u Merk-Box 
In Meetings, die nur Probleme und ihre Ursachen fokussieren, wird selten die
Energie aufgebaut, die zur deren Lösung notwendig ist. Wesentlich über-
zeugender ist es deshalb, wie folgt vorzugehen:

• Wir stellen offene W-Fragen (Wer? Wie? Wann? Womit? Wofür?)


• Wir sagen, was uns gefällt.
• Wir lösen, statt uns zu ärgern.

Wie ein erfolgreiches, problemlösendes Gespräch im Idealfall aussehen kann, zeigt


Abb. 1.9. Der Einstieg erfolgt über erzielte Erfolge und erarbeitete Lösungen. Dann
kann man sich – mit positiver Energie im Rücken – den aktuellen Aufgabenstellungen

(UIROJH/|VXQJHQ /|VXQJHQ

3UREOHPH$XIJDEHQ

=LHO:HUPLWHLQHP3UREOHP]XXQVNRPPWJHKWPLWHLQHU/|VXQJ

Abb. 1.9  Gelungener Verlauf eines problemlösenden Gesprächs


30 1  Präsentationen – Transmissionsriemen Ihres Erfolges

widmen. Idealerweise wird das Meeting mit Ideen und konkreten Vorschlägen für eine
Lösung abgeschlossen.
Wenn Sie sich in diesem Feld weiterentwickeln möchten, sollten Sie nach wichtigen
Gesprächen eine ganz persönliche Dialogbilanz ziehen – auch nach schriftlichen Dialo-
gen (etwa per E-Mail). Dabei können die folgenden Fragen helfen:

• Konnte ich etwas wertschätzend einbringen?


• Habe ich die Sprache meines Gegenübers getroffen?
• Gab es Sympathiefelder, die uns verbunden haben?
• Wurden Probleme schnell gelöst?
• Gab es gute Ergebnisse?
• Haben wir etwas erfahren, das uns weiter bringt?
• Haben wir einen Konsens erzielt?

Wenn bei dieser persönlichen Dialogbilanz viele „Nein-Antworten“ auftauchen, dann


sollten Sie nicht nach dem „Warum?“ fragen. Viel besser ist es auch hier, das Thema
problemlösend anzugehen, bspw. mit der Frage: „Wie kann ich das nächste Mal
erreichen, dass …?“
Zu welchen Ergebnissen eine solche Dialogbilanz führen kann, zeigt Abb. 1.10.

u Merk-Box  Kommunikation ist ein ganz entscheidender Wertschöpfungs-


faktor – in jeder Situation. Deshalb ist es immer entscheidend, wie wir kom-
munizieren!

Aber warum setzen so viele Menschen nach wie vor eine sehr negative, destruktive
Sprache ein – und zerstören Tag für Tag Wert im privaten Umfeld wie auch in Unter-
nehmen und in der Gesellschaft? Vermeintliche Vorteile einer negativen Sprache
sind, dass viele glauben, sich hierdurch Macht, Einfluss, Aufmerksamkeit und Autorität

Gib Anerkennung. Sage, was Dir gefällt.


Lob und Anerkennung
Kritisiere konstruktiv. sind das „Wasser in
Bedanke Dich.
Lobe. der Wüste“.
Löse ... Löse ... Löse ...

Werte ab. Mache Vorwürfe.


Kritisiere negativ. Beschuldige. Wer negativ über andere
redet, holt sich seine
Mache andere für Deine Fehler verantwortlich. Aufwertung durch eine
Abwertung der anderen.
Klage an ... Klage an ... Klage an ...

Abb. 1.10  Persönliche Dialogbilanz
1.4  Erfolgsfaktoren einer wertschätzenden Kommunikation 31

zu erwerben. Leider gibt der heutige Resonanzboden – insb. in den sozialen Medien –
diesen Menschen zumindest partiell recht. Gleichzeitig versucht mancher, sein eigenes
Selbstwertgefühl durch die Abwertung anderer zu steigern. Zusätzlich kennen wir alle
den Spruch „Angriff ist die beste Verteidigung“. Und Führungskräfte, die bei jedem kri-
tischen Wort gleich zurückschlagen, werden tatsächlich weniger auf Fehlentwicklungen
angesprochen – allerdings zum (langfristigen) Nachteil der Person selbst, aber auch von
Team und Unternehmen.
Doch welche Nachteile einer negativen Sprache müssen die so agierenden Personen
in Kauf nehmen? Zum einen generiert eine solche Sprache in hohem Maße Konflikte,
Streit, Stress, Ärger, Konfrontation, weil häufig keine Lösungen erzielt werden. Schließ-
lich dringt man häufig gar nicht zu den Ursachen vor und kann auch keine Lösungen
gemeinsam erarbeiten. Die Abwertung Dritter kann zusätzlich zu eskalierenden Konflik-
ten führen und die Beziehung insgesamt infrage stellen. Außerdem wirken sich solche
Verhaltensmuster negativ auf Lebensqualität und Wohlbefinden der meisten Beteiligten
aus (vgl. weiterführend Bittner und Kohnen 2012; Bittner und Schwarz 2014).
Zu Ihrer Glaubwürdigkeit als Sprecher gehört auch, Sie sich der Kraft der zwei-
seitigen Argumentation bedienen. Bei Präsentationen, im direkten Verkaufsgespräch
und auch bei der Gestaltung von Werbemitteln ist zu prüfen, ob eine ein- oder zwei-
seitige Argumentation zu wählen ist. Die einseitige Argumentation zählt bspw. nur die
Vorteile der eigenen Lösung, des eigenen Angebots etc. auf. Im Gegensatz benennt eine
zweiseitige Argumentation außer den eigenen Vorteilen auch mögliche Nachteile (etwa
ein höherer Preis, eine größere Komplexität).
Untersuchungen zeigen, dass durch eine zweiseitige Argumentation eine höhere
Glaubwürdigkeit und eine stärkere Beeinflussung von Einstellungen erzielt werden
kann. Schließlich ist kaum eine Lösung ohne Nachteile. Wenn Sie diese Schattenseiten
bzw. Gegenargumente selbst benennen und ggf. schon Möglichkeiten aufzeigen, wie
diesen begegnet werden kann, steht einem erfolgreichen Gesprächsverlauf (fast) nichts
mehr im Wege. Teilweise kann durch die zweiseitige Argumentation ein regelrechter
Immunisierungseffekt erzielt werden, weil es im Nachhinein schwerfällt, die Gesamt-
botschaft zu widerlegen. Das zahlt wiederum positiv auf den Sprecher und seine Inhalt
ein (vgl. Fuchs und Unger 2014, S. 505–508).

Tipps für die Implementierung: Guidelines für eine wertschätzende Kommunikation


• Eine wertschätzende Sprache bedeutet, andere Menschen bewusst und gewollt
aufzuwerten.
– Positive Begründungen werten auf.
– Konstruktive Fragen signalisieren Wertschätzung und Interesse.
• Durch den Einsatz emotional positiv besetzter Wörter wird eine lösungs-
orientierte Gesprächsatmosphäre aufgebaut.
32 1  Präsentationen – Transmissionsriemen Ihres Erfolges

– Kernfrage: Wird das, was ich sage, beim anderen ein gutes oder ein schlechtes
Gefühl auslösen?
– Entscheidend ist nicht alleine das, was Sie sagen, sondern welches Gefühl
Sie beim anderen auslösen.
• Probleme werden angesprochen, um sie zu lösen, nicht allein, um Schuldige zu
finden.
• Es sind die Fragen zu stellen, die in den positiven Lösungsraum führen.

u Merk-Box  Sprache hat Macht! – Sprache ist Macht! Und wir können in jeder
Sekunde entscheiden, wie wir sie einsetzen wollen.

Die Leitidee „mit Wertschätzung zum Erfolg“ ist m. E. auch deshalb hilfreich und
zielführend, weil wir als Menschen – über Alter, Geschlecht und Kulturkreis hinweg – in
hohem Maße von folgenden Zielen geleitet werden:

• Meine Arbeit soll mir Spaß machen.


• Ich will Aufgaben lösen.
• Ich suche positive Emotionen.

Wenn ein Herr X oder eine Frau Y mir immer die Laune verdirbt, nie eine Lösung hat,
immer nur rummäkelt, dann macht mich das immer sauer – und ich werde über Konse-
quenzen zumindest nachdenken.
Die Gesamtheit der hier aufgezeigten Erfolgsfaktoren bietet eine gute Grundlage, um
in Zukunft erfolgreicher kommunizieren zu können.

Tipps zur Implementierung: Erfolgreicher kommunizieren


• Wählen Sie zunächst einen Aspekt aus der Vielfalt der aufgezeigten Punkte
und versuchen Sie, diesen möglichst zeitnah umzusetzen, bspw. die problem-
lösenden Fragen.
• Dabei gilt, dass Sie das neue Verhaltensmuster möglichst mehrfach einsetzen –
idealerweise mit guten Ergebnissen.
• Erst nach und nach wird dieses Verhalten in Ihr Routine-Repertoire übergehen.
• Das setzt eines voraus: Wiederholung.
• Wenn Sie ein Verhaltensmuster neu etabliert haben, können Sie sich den nächs-
ten Punkt von Ihrer To-do-Liste herausgreifen.
• So erweitern Sie spielerisch – und hoffentlich mit guten Ergebnissen – Schritt
für Schritt Ihre Komfortzone.
1.4  Erfolgsfaktoren einer wertschätzenden Kommunikation 33

• Sie können sich bei der Erweiterung Ihrer Komfortzone auch selbst belohnen:
Jedes Mal, wenn Sie eine für sich „rote Linie“ überschritten haben auf dem
Weg zum persönlichen Wachstum, dann belohnen Sie sich, bspw. mit 5 € in
ein spezielles Sparschwein. Nach ein oder zwei Monaten können Sie mit dem
angesparten Betrag Ihre Liebste/Ihren Liebsten zum Essen einladen, einen schö-
nen Wein kaufen oder ein tolles Buch.
• Sie werden merken, solche Motivationsinstrumente wirken auch bei Ihnen.

Neben dem Wissen um die Präsentationsform, den gelungenen Auftritt selbst und eine
wertschätzende und problemlösende Kommunikation geht es natürlich auch um die rele-
vanten Inhalte. Manager brauchen leistungsfähige Werkzeuge, um spannende Erkennt-
nisse zu gewinnen, die in Präsentationen und die weitere Kommunikation einfließen.
Diese werden in den nachfolgenden Kapiteln präsentiert.
Vision – Mission – Ziele
2

Ehrgeiz ist nie bescheiden. Wenn bescheiden zu sein bedeutet,


mittelmäßigen Erfolg zu haben, dann kann ich nur sagen: Das
interessiert mich nicht!
Emmanuel Macron 2017

2.1 Vision und Mission

Jedes Unternehmen sollte über eine Vision und Mission verfügen, die den quantitativen
Unternehmenszielen übergeordnet ist und damit idealerweise sinnstiftend wirkt. Häufig
basieren Vision und Mission auf Kernwerten, zu denen sich das Unternehmen selbst
verpflichtet hat (vgl. zum Nachfolgenden Kreutzer et al. 2017).
Die Unternehmensvision beschreibt in eher allgemeiner Form einen anspruchsvollen
Zukunftsentwurf, der beschreibt, was das Unternehmen langfristig erreichen möchte.

• Audi (2017) formuliert die Vision wie folgt: „Vorsprung ist unser Versprechen. Wir
begeistern durch nachhaltige, individuelle Premium-Mobilität. Basis bleiben unsere
Premium-Fahrzeuge.“
• Facebook (2018) definiert seine Vision so: „Bring the world closer together“.
• IKEA (2017) fasst Vision und Geschäftsidee wie folgt in Worte: „Einen besseren All-
tag für die vielen Menschen schaffen, das ist die IKEA Vision. Unsere Geschäftsidee
lautet: Ein breites Sortiment formschöner und funktionsgerechter Einrichtungsgegen-
stände zu Preisen anzubieten, die so günstig sind, dass möglichst viele Menschen sie
sich leisten können.“

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 35
R. T. Kreutzer, Toolbox für Marketing und Management,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-21881-2_2
36 2  Vision – Mission – Ziele

• SpaceX (2018) sagt: „SpaceX designs, manufactures and launches advanced rockets
and spacecraft. The company was founded in 2002 to revolutionize space technology,
with the ultimate goal of enabling people to live on other planets.“
• Tesla (2018): „Our goal when we created Tesla a decade ago was the same as it is
today: to accelerate the advent of sustainable transport by bringing compelling mass
market electric cars to market as soon as possible.“
• Uber (2017) formuliert: „Uber is evolving the way the world moves. By seamlessly
connecting riders to drivers through our apps, we make cities more accessible,
­opening up more possibilities for riders and more business for drivers.“ Das Vision-­
Statement lautet: „Make transportation as reliable as running water, everywhere, for
everyone.“
• Wikipedia (2017) hat seine Vision für ein Online-Lexikon so beschrieben: „Ziel ist es,
das gesamte Wissen der Menschheit jeder Person frei zugänglich zu machen.“

Bei der Formulierung von Visionen sollten Sie den Kundennutzen sowie den Nutzen
des Unternehmens für die Gesellschaft in den Mittelpunkt stellen. Solche Visionen kön-
nen im Zusammenwirken mit dem aktuellen Stand des Unternehmens eine ­kreative
­Spannung erzeugen, die Führungskräfte und Mitarbeiter gleichermaßen motiviert,
auf die Erreichung der Vision hinzuarbeiten. Dabei können überzeugende Visionen für
ein Unternehmen die folgenden handlungsleitenden Funktionen übernehmen (vgl.
­Hungenberg 2014, S. 419):

• Identitätsfunktion
Die Vision beinhaltet die richtungweisenden Ziele, an denen sich alle Mitarbeiter
eines Unternehmens längerfristig orientieren können.
• Identifikationsfunktion
Die Vision vermittelt den Mitarbeitern den übergeordneten Sinn und Zweck des
eigenen Handelns; hierdurch kann das Zugehörigkeitsgefühl zum Unternehmen ver-
stärkt werden. In diesem Zusammenhang wird heute häufig vom „Purpose“ (für die
„Bestimmung“) bzw. vom „Purpose Quest“ (für die „Sinnsuche“) des Unternehmens
gesprochen.
• Mobilisierungsfunktion
Die Vision motiviert die Mitarbeiter dazu, auf das definierte Zukunftsbild des Unter-
nehmens hinzuarbeiten.

Damit diese Funktionen erreicht werden, sollten Sie die Arbeit an einer Vision nicht
auf externe Berater oder Agenturen verlagern. Diese können und sollen einen solchen
Prozess begleiten und moderieren. Aber die zentralen Inhalte für die Vision des Unter-
nehmens müssen aus der Mitarbeiterschaft selbst kommen. Sonst schmücken die
Visionen als Drucke zwar die Vorstands- und Geschäftsführungsetagen – während die
Mitarbeiter darüber aber eher nur schmunzeln.
2.1  Vision und Mission 37

Bei der Visionsarbeit hat sich der folgende Dreisprung bewährt, der auch als Golden
Circle bezeichnet wird (vgl. Sinek 2011).

1. Why? – Definition des Warum (dies ist der Kern der Vision)
2. How? – Definition der möglichen Umsetzung
3. What? – Definition der angestrebten Produkte und Services

Entscheidend dabei ist, in welcher Reihenfolge diese Fragen im Unternehmen


beantwortet werden. Klassischerweise beginnen viele Unternehmen mit dem „What?“
und zeigen damit eine verengte Produkt- und Serviceperspektive, die häufig nur wenig
Identität und Identifikationsmöglichkeiten bietet. Deshalb sollten Sie die Visionsarbeit
mit dem „Why?“ beginnen, um der zunehmenden Suche nach Sinn und Orientierung
in Wirtschaft und Gesellschaft gerecht zu werden. Dieses Erfordernis wird heute insb.
durch die Generation Y, d. h. die zwischen 1980 und 2000 geborenen Mitarbeiter, in die
Unternehmen hineingetragen (vgl. vertiefend Lischka 2016; Hurrelmann und Albrecht
2016; Kreutzer und Land 2017).
Die Beteiligung der Belegschaft ist auch umfassend gefordert, wenn die Vision
des Unternehmens konkretisiert wird. Dies kann – orientiert an den drei genannten
­Fragen – zunächst durch die bereits angesprochene Unternehmensmission bzw. durch
sogenannte Mission-Statements erfolgen. Dabei werden wichtige Aktivitäten oder
Kernkompetenzen des Unternehmens benannt, die das Unternehmen zur Erreichung der
Vision zugrunde legt. Die Mission gibt – in Verbindung mit der Vision – dem Unter-
nehmen sowohl einen bestimmten Handlungsrahmen als auch eine bestimmte Hand-
lungsrichtung. Mission und Vision stellen damit gleichsam den Startpunkt jeder
Unternehmens- und Marketing-Planung dar. Dieses „Defining the Business“ steht sinn-
vollerweise auch am Anfang jeder Existenzgründung.
Häufig ist es zielführend, in diesem Prozess auch die zentralen Unternehmens-
werte (auch Corporate Core-Values) zu definieren. Auf diesen basiert das gesamte
unternehmerische Tun, wenn diese Unternehmenswerte von der Unternehmensführung
­tatsächlich ernst genommen werden (vgl. auch Paul und Wollny 2014, S. 25–28, 46–60).
Aber auch hier darf die Arbeit nicht mit dem Druck der Plakate und Broschüren für
die Mitarbeiter sowie der Veröffentlichung im Intranet des Unternehmens enden. Viel-
mehr geht es jetzt darum, die gesamte Belegschaft zur Umsetzung von Vision und Mis-
sion sowie zur täglichen Berücksichtigung der Werte im Unternehmen zu motivieren.
Dafür sollten Sie zum einen Schulungen der Führungskräfte initiieren. Die Führungs-
kräfte sollen dann jeweils – orientiert am Train-the-Trainer-Konzept – die Informatio-
nen kaskadierend von Hierarchiestufe zu Hierarchiestufe weiter hinunter tragen. Zum
anderen sollten Sie auch konkrete Maßnahmen anstoßen, damit die Überführung von
Vision und Mission sowie der Unternehmenswerte ins tägliche Handeln gelingt. Bei
diesem Übersetzungsprozess sind die Führungskräfte – wie bereits angesprochen – für
den Dialog mit ihren Mitarbeitern von großer Bedeutung. Der Dialog ist übrigens ein
38 2  Vision – Mission – Ziele

Vision, Mission,
Kernwerte
Unternehmensziele

Umsatz – Gewinn – Marktanteil –


EBITDA – ROI

Ziele von Unternehmensbereichen

Personal – Produktion – Marketing – Vertrieb – Beschaffung

Konkrete Marketing-Ziele

Gewinn – Umsatz – Marktanteil – Brand-Awareness – Wiederkaufraten –


Kosten für die Kundengewinnung – Kundenwerte

Abb. 2.1  Hierarchisches Zielsystem eines Unternehmens

notwendiger Prozess, der nie zu Ende sein wird – wenn man Vision, Mission und Werte
ernst nimmt und diesen im Unternehmen nicht nur eine Alibifunktion zukommt.
Unternehmensvision und Unternehmensmission werden in Summe als Unter-
nehmenszweck bezeichnet, der auf Unternehmenswerten aufbaut. Der Vision und
Mission untergeordnet ist die Festlegung der allgemeinen Erfolgserwartungen an
die unternehmerische Tätigkeit (vgl. Abb. 2.1). Weitere in Abb. 2.1 enthaltene Begriffe
werden später erklärt.

Tipps für die Implementierung


• Vision und Mission sowie die Unternehmenswerte sollten Sie innerhalb Ihres
Unternehmens erarbeiten, wenn diese tatsächlich eine Wirkung auf das Ver-
halten Ihrer Mitarbeiter ausüben sollen.
• Im Zuge des Entwicklungsprozesses können Sie auf externe Begleitung setzen –
die Inhalte müssen Sie allerdings aus dem Unternehmen heraus erarbeiten.
• Damit Vision und Mission im Unternehmen wirken, sollten Sie zunächst die
Führungskräfte darin schulen. Hier ist auch deutlich zu machen, dass es nicht
um eine Mickey-Mouse-Veranstaltung geht, sondern ein echtes Anliegen der
Unternehmensführung verkörpert und vor allem auch die Top-Führungskräfte
voll dahinter stehen.
• Den Führungskräften sollten Sie die Aufgabe übertragen, die Umsetzung von
Vision, Mission und Werten in ihren jeweiligen Verantwortungsbereichen
mit den eigenen Mitarbeitern zu diskutieren, um konkrete Maßnahmen zur
Umsetzung abzuleiten.
2.2 Ziele 39

• Schließlich sollten Sie bspw. am Ende eines Geschäftsjahres prüfen, ob sich


Unternehmen und Verhalten der Mannschaft in die gewünschte Richtung
bewegt haben.
• Wenn die definierten Ziele hier nicht erreicht wurden, sollte das Konsequenzen
haben – sonst nimmt niemand die Guidelines mehr ernst, und sie verschwinden
in der Versenkung.

2.2 Ziele

Viele Unternehmen können sich leicht auf eine Vision und Mission-Statements sowie auf
Kernwerte einigen, weil diese Aussagen häufig noch relativ allgemein und damit wenig
konkret bleiben. Ziele dagegen können und müssen eine Konkretisierung angestrebter
Zustände in der Zukunft sein, um deutlich zu machen, was genau erreicht werden sol-
len (vgl. Abb. 2.1). Sie liefern damit – im unternehmerischen Bereich wie im privaten
Leben – die zentralen Orientierungspunkte für menschliches Handeln.
Bei der Zieldefinition sollten Sie die folgenden Funktionen von Zielen berück-
sichtigen (aufbauend auf Kreutzer 2017a):

• Orientierungs- und Lenkungsfunktion


Ziele definieren, „wohin die Reise gehen soll“. Erst basierend auf Zielen kann ent-
schieden werden, wo welche Ressourcen eingesetzt werden sollen. Bei der Verteilung
knapper Ressourcen, seien es Mitarbeiter, Kapital, Anlagen etc., liefern die definierten
Ziele den zwingend erforderlichen Orientierungsrahmen.
Im Idealfall erreichen Sie durch kraftvolle Ziele eine „konzertierte Aktion“ aller Mit-
arbeiter und Führungskräfte. Dann ziehen alle nicht nur am gleichen Strang, sondern
auch noch in die gleiche Richtung. Nur wenn der Kapitän und die gesamte Mann-
schaft wissen, wohin die Reise gehen soll, können alle Beteiligen die Strategien und
Maßnahmen auf diese Ziele ausrichten.

u Merk-Box  Ohne konkrete Zielsetzung kann kein gerichteter Ressourcenein-


satz erfolgen, weil nicht bekannt ist, was eigentlich erreicht werden soll. Das
gilt für den privaten wie beruflichen Bereich gleichermaßen.

• Kontrollfunktion
Erst durch das Setzen und das schriftliche Fixieren von Zielen schaffen Sie die
Möglichkeit, den Erfolg Ihres Unternehmens zu bewerten – bspw. pro Monat, Quar-
tal oder am Ende eines Geschäftsjahres. Erst durch einen Vergleich zwischen den
angestrebten Zielen und den erreichten Ergebnissen sehen Sie, in welchen Bereichen
Ihr Unternehmen erfolgreich war und in welchen nicht.
40 2  Vision – Mission – Ziele

u Merk-Box  Ohne Zielsetzung können Sie keine Erfolgskontrolle durchführen.


Deshalb heißt es ganz treffend: „You can’t manage what you don’t measure!“

• Motivationsfunktion
Mit Zielen können und sollen Sie Mitarbeiter und Führungskräfte gleichermaßen
motivieren. Dies erreichen Sie vor allem dadurch, dass nicht-monetäre Anreize (etwa
Aufstiegschancen) oder monetäre Belohnungen (wie Provisionen, Tantiemen oder
Gewinnbeteiligungen) an die Erreichung bestimmter Ziele gekoppelt werden. Den
Betroffenen machen Sie so deutlich, dass diese mit ihrem eigenen Verhalten unmittel-
baren Einfluss auf ihre eigene Entwicklung im Unternehmen haben, über das reine
Jahresgehalt hinaus. Je höher Mitarbeiter in der Unternehmenshierarchie angesiedelt
sind, desto größer fällt häufig der variable Anteil des Gehaltes aus. Dieser Anteil
kann sich bei Führungskräften auf 40 bis 80 % des Jahresgehaltes belaufen. Bei einer
Kopplung der Tantieme an den Aktienkurs wird auch ein Mehrfaches des Jahres-
gehaltes erreichbar.

u Merk-Box  Diese Motivationsfunktion setzt allerdings voraus, dass die Ziele


aus Sicht der Mitarbeiter und Führungskräfte realistisch sind. Sonst schlägt
die Motivationsfunktion genau ins Gegenteil um, weil davon ausgegangen
wird, dass auch bei höchstem Engagement eine Zielerreichung nicht möglich
sein wird. Entscheidend ist, dass die Anreize auf eine längerfristig erfolgreiche
Unternehmensentwicklung abzielen und nicht eine kurzfristige Ergebnis-
maximierung fördern.

Damit die von Ihnen definierten Ziele die Steuerungs-, Kontroll- und Motivations-
funktion erfüllen können, sind mehrere Anforderungen bei der Zielformulierung zu
berücksichtigen. Eine Analyse von Zielen – im privaten wie im geschäftlichen Bereich –
zeigt immer wieder, dass eine ausreichende Präzisierung der Zielsetzung häufig nicht
erfolgt und damit auch keine umfassende Verbindlichkeit der Ziele erreicht werden kann.
Die nachfolgend vorgestellten vier Anforderungen sollten Sie bei der Definition von Zie-
len in jedem Falle berücksichtigen, wenn die Ziele – wie bereits beschrieben – wirken
sollen:

1. Zielinhalt: Was soll erreicht werden?


Zunächst ist das angestrebte Ziel inhaltlich zu konkretisieren. Auf das Ziel Kunden-
zufriedenheit kann man sich im Unternehmen sicherlich leicht verständigen.
– Aber was genau ist damit gemeint und wie soll die Zielerreichung gemessen werden?
– Soll die Messung über den Anteil der „Mehrfachtäter“ in Gestalt von loyalen Kun-
den erfolgen, die dem Unternehmen seit zwei oder drei Jahren die Treue halten?
– Oder über die Höhe der Reklamationsquote, die durch Rücksendung der Produkte
oder durch Anrufe im Customer-Service-Center gemessen wird?
2.2 Ziele 41

– Ist angedacht, eine spezielle Studie zur Kundenzufriedenheit durchzuführen, bei


der eine konkrete Frage nach der Zufriedenheit gestellt wird?
– Ist die Zufriedenheit der eigenen Kunden in Relation zu der bei wichtigen Wett-
bewerbern zu messen?
Es wird deutlich, dass ein Ziel wie „Kundenzufriedenheit“ einer exakten Definition
bedarf, um die steuernden und motivierenden Funktionen zu erreichen.
Ganz ähnlich verhält es sich mit einem Ziel wie Steigerung der Wettbewerbsfähig-
keit. Im Unternehmen können Sie sicherlich schnell Einigkeit über die Wichtigkeit
eines solchen Zieles erreichen. Entscheidend ist jedoch, wie die Wettbewerbsfähig-
keit gemessen werden soll. Hierfür gibt es wieder eine breite Palette von Key-­
Performance-Indicators (KPIs), d. h. von zentralen Kriterien zur Messung der
unternehmerischen Leistung (vgl. vertiefend Krause 2016; Krause und Arora 2010).
Diese Palette umfasst bspw. die folgenden Kriterien:
– Absolute oder relative Marktanteile
– Umsatz
– Umsatz- und Eigenkapitalrentabilität
– Gewinn
– EBIT
– Cashflow
– Produktionskosten pro Stück
– Durchlaufzeit, bspw. für die Herstellung eines Pkws oder für die Entwicklung
einer Innovation
Die Werte dieser Kriterien können Sie mit denen der Konkurrenten vergleichen, um
so die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu ermitteln. So und nicht anders können Sie die
eigene Wettbewerbsfähigkeit ermitteln.
In diesem Kontext sollten Sie zwischen den Zielinhalten „Effektivität“ und „Effi-
zienz“ unterscheiden. Bei der Effektivität geht es um die Frage: „Are we doing the
right things?“ Hier gilt es sicherzustellen, dass eine Maßnahme zum gewünschten
Ergebnis führt; damit geht es um den „Grad der Wirksamkeit“ im Hinblick auf die
Erreichung eines bestimmten Ziel. Bei der Effektivität wird also geprüft, ob eine
Maßnahme oder ein Zwischenziel auf ein übergeordnetes Ziel (bei Volkswagen bspw.
Gewinn oder EBIT) positiv einzahlt.
Bei der Effizienz wird das Wirtschaftlichkeitsprinzip („Grad der Wirtschaftlichkeit“)
und damit die Frage nach der Input-Output-Relation fokussiert. Diese ist unabhängig
davon, ob das Ergebnis dieses Prozesses zur unternehmerischen Zielerreichung bei-
trägt. So konnte man sich bspw. lange fragen, ob der Bau des Fahrzeuges Phaeton
durch Volkswagen zu den „right things“ gehört, wenn durch den Verkauf dieses Fahr-
zeug zu keinem Zeitpunkt ein Gewinn erzielt wurde. Dabei kann die Produktion des
Phaeton in der Gläsernen Manufaktur in Dresden sogar perfekt organisiert sein und
damit dem Effizienzziel: „Are we doing the things right?“ entsprechen.
42 2  Vision – Mission – Ziele

2. Zielausmaß: Wie viel soll erreicht werden?


Bei jedem Ziel sollten Sie auf eine saubere Operationalisierung Wert legen. Dabei
geht es um die Messbarmachung des Zielinhaltes. Nur wenn ein Ziel „messbar“
­formuliert ist, können Sie es sicher ansteuern und kontrollieren. Dabei geht um die
folgenden Fragen:
– Wie viel Umsatz oder Gewinn soll erzielt werden?
– Wie viel Prozent der Kunden sollen mit dem Unternehmen „sehr zufrieden oder
zufrieden“ sein?
– Wie hoch soll der „relative Marktanteil“ sein?
Bei der Definition der angestrebten Zielhöhe ist zwischen Maximierungs- bzw.
Minimierungszielen einerseits und Satisfaktionszielen andererseits zu unterscheiden.
Bei Maximierungszielen gilt es bspw., einen maximal hohen Marktanteil oder einen
maximal hohen Gewinn zu erreichen. Entsprechend wird bei den Minimierungs-
zielen angestrebt, „minimale Produktionskosten“ zu erreichen oder ein Fahrzeug in
möglichst kurzer Zeit zu bauen.
Problematisch an diesen Zielformulierungen ist, dass am Ende des Tages niemand
feststellen kann, ob diese Ziele erreicht wurden. Woran erkennt man, ob wirklich
die niedrigsten Produktionskosten erzielt wurden? Selbst wenn ein Unternehmen
günstiger als alle Wettbewerber produziert, heißt das nicht, schon die geringstmög-
lichen Kosten erreicht zu haben. Und wer kann im Unternehmensalltag darüber ent-
scheiden, ob wirklich der „maximale Gewinn“ erzielt wurde? Eine Steuerungs- und
Kontrollfunktion können Sie folglich mit Maximierungs- bzw. Minimierungsziele
nicht erreichen. Deshalb leidet dann auch die Motivation der so zu bewertenden
Mitarbeiter. Folglich sollten Sie auf die Definition von Maximierungs- bzw.
Minimierungsziele verzichten.
Stattdessen können Sie – viel besser – Satisfaktionsziele formulieren. Das Umsatz-
ziel lautet dann 650 Mio. €. Oder die Produktionskosten für die Grundversion
eines E-Automodells werden auf 22.000 € festgelegt. Bei einem Studium kann das
Satisfaktionsziel heißen, einen Notenschnitt von 1,2 anzustreben. Bei so formulier-
ten Zielen können Sie genau überprüfen, ob diese erreicht wurden. Außerdem kön-
nen Sie dann auch viel wirksamer ermitteln, welche Maßnahmen welchen Beitrag zur
Erreichung eines Ziels geleistet haben.
3. Zeithorizont eines Ziels: Bis wann soll es erreicht werden?
Häufig werden – selbst operational formulierte – Ziele hinsichtlich des Zeithorizonts
nicht präzise definiert. Dann fehlt die wichtige Angabe, bis wann Sie ein bestimmtes
Ziel erreichen wollen. Strategische Ziele (bspw. in Gestalt des Aufbaus einer
Produktionsniederlassung von Bayer in China) weisen häufig einen Zeitbezug von
drei bis fünf Jahren auf. Dann soll – in diesem Beispiel – die Produktionsanlage lau-
fen.
Um strategische Ziele zu erreichen, sind diese auf operative Ziele herunterzu-
brechen. Dabei orientiert man sich meistens am Geschäftsjahr des Unternehmens.
Entsprechend wird definiert, welche Zwischenziele auf dem Weg zur Erreichung
2.2 Ziele 43

des strategischen Ziels innerhalb der nächsten zwölf Monate erfüllt werden müssen.
Zusätzlich können weitere Ziele mit einer kürzeren Zeitspanne versehen werden.
Die Relevanz einer solchen Zeitangabe ergibt sich aus der Kontrollfunktion. Wenn
kein zeitlicher Eckpunkt für ein Ziel definiert wird, wissen die Beteiligten nicht, bis
wann das Ziel erreicht werden soll. Folglich reicht es auch nicht aus, sich als Ziel
eines Bachelor-Studiengangs die Note 1,3 vorzunehmen, ohne zu konkretisieren, ob
dieses Ziel in der Regelstudienzeit oder in acht oder zehn Semestern angestrebt wird.
So ist es empfehlenswert, dass Sie – im Privatbereich wie im Unternehmen – nicht
nur strategische Ziele auf operative Ziele mit Jahresfrist herunterbrechen, sondern
diese weiter als Quartalsziele formulieren. Hier wird häufig auch – bei wichtigen
Zwischenzielen – von Milestones gesprochen, die erreicht werden müssen. Diese gilt
es auf Monats-, Wochen- und/oder Tagesbasis zu konkretisieren, um ein möglichst
effektives Vorgehen zu erreichen.
4. Geltungsbereich eines Ziels: Wo soll es erreicht werden?
Wenn Ihr Unternehmen eine Marktführerschaft anstrebt, dann wirkt dieses Ziel unter-
schiedlich ehrgeizig, je nachdem, ob diese Position in Mecklenburg-Vorpommern,
in Deutschland, in der EU oder auf dem Weltmarkt erreicht werden soll. Das Ziel
ist auch unterschiedlich anspruchsvoll, wenn Sie diese Marktführerschaft für das
gesamte Unternehmen und nicht nur in einem definierten Geschäftsbereich (bspw. bei
Süßwaren im Premiummarkt) anstreben. Folglich müssen Sie bei einer umfassenden
Zielformulierung auch den Geltungsbereich definieren.

u Merk-Box  Zu einer gelungenen Zieldefinition gehört, dass die Ziele präzise


Aussagen zu Inhalt, Ausmaß sowie dem räumlichen und zeitlichen Bezug
treffen. Nur Ziele, die allen genannten Anforderungen gleichermaßen Rech-
nung tragen, unterstützen die unverzichtbare Orientierungs-, Kontroll- und
Motivationsfunktion von Zielen.

Teilweise wird bei den Anforderungen an die Zielformulierung auch von sogenannten
SMART-Zielen gesprochen. Dieses Akronym (Sonderfall einer Abkürzung) setzt sich
aus den Anfangsbuchstaben der folgenden Wörter zusammen, wobei teilweise ver-
schiedene Begriffe verwendet werden:

• Specific (i. S. einer genauen Angabe des angestrebten Ergebnisses) bzw. Stated (i. S.
einer Festschreibung des Zieles)
• Measurable (i. S. einer genauen Messbarkeit der Zielerreichung)
• Achievable (i. S. der Erreichbarkeit der angestrebten Zielhöhe)
• Relevant (i. S. der Relevanz des Zieles für den jeweiligen Kontext) bzw. Realistic
(i. S. einer Übereinstimmung der Vorhaben mit der Realität)
• Targeted (i. S. einer sachlichen Konkretisierung) bzw. Time-Oriented (i. S. einer
zeitlichen Präzisierung)
44 2  Vision – Mission – Ziele

Bis auf die Erreichbarkeit bzw. Realistik sowie die Relevanz von Zielen sind alle
Aspekte durch die von mir bereits beschriebenen Anforderungskriterien abgedeckt.
„erreichbar/realistisch“ und „relevant“ liegen dagegen auf einer anderen logischen
Ebene. Bei diesen Kriterien geht es nicht um eine möglichst präzise Zielformulierung,
sondern um eine Bewertung der Ziele selbst. Dabei stellt sich die Frage, wer die
Erreichbarkeit und Relevanz von Zielen bewerten soll. Schließlich stellen Ziele
angestrebte Zustände in der Zukunft dar, deren Erreichung auch mit den besten
Prognoseinstrumenten nicht vorhergesagt und in ihrer Bedeutung abschließend bewertet
werden kann. Sie können sich leicht vorstellen, dass bei Zielvereinbarungsgesprächen
zwischen einem Vorgesetzten und einem Mitarbeiter nicht leicht Konsens bzgl. der
Realitätsnähe eines Ziels erreicht werden kann, wenn bspw. 40 % des Mitarbeiterjahres-
gehaltes von der Erzielung dieses Zieles abhängen. Das sollten Sie bei einer Orientie-
rung an den SMART-Kriterien berücksichtigen.
Nachfolgend werden wichtige Ziele konkretisiert, damit Sie diese kompetent zur
Unternehmenssteuerung einsetzen können (vgl. vertiefend Krause und Arora 2010).

• EBITDA (Earnings before Interest, Tax, Depreciation and Amortization)


EBITDA misst die Unternehmensrentabilität. Zur Berechnung gehen Sie wie folgt vor:

Das Ziel dieser Berechnung besteht darin, eine international vergleichbare Größe zur
Bewertung der Leistung von Unternehmen zu ermitteln. Da der „Gewinn vor Steu-
ern“ (EBT) kalkuliert wird, haben länderspezifische Steuergesetze keinen Einfluss
auf den ermittelten Wert. Weil der „Gewinn vor Zinsen“ (EBIT) ermittelt wird, bleibt
die Finanzierungsstruktur des Unternehmens unberücksichtigt. Durch die Kalkulation
„Gewinn vor Abschreibungen auf Sachanlagen“ sowie „Gewinn vor Abschreibungen auf
immaterielle Vermögenswerte“ bleiben die unternehmens- und/oder länderspezifischen
Abschreibungsmodalitäten unberücksichtigt.

• EBIT (Earnings before Interest and Tax)


Hier werden nur die Einflüsse der Finanzierung und Besteuerung aus der Ergebnis-
ermittlung herausgerechnet.
• EBT (Earnings before Tax)
Hier wird das Unternehmensergebnis nur um Steuereffekte bereinigt.
• Gewinn
2.2 Ziele 45

• Umsatz
• Absatz (in Mengen, nicht in Werten ausgedrückt)
• Marktanteil
– Absoluter Marktanteil (eigener Anteil am Umsatz bzw. Absatz eines definierten
Gesamtmarktes in %)
– Relativer Marktanteil (eigener Marktanteil dividiert durch den Marktanteil des
größten Wettbewerbers; das Ergebnis hat keine Prozent- oder Wertangabe)
• Return on Investment (ROI)/Kapitalrentabilität
ROI misst, in welchem Umfang das investierte Kapital verzinst wurde. ROI ist damit
eine Messgröße für die Kapitalrentabilität. Zur Ermittlung wird der Gewinn durch das
investierte Kapital dividiert und mit 100 multipliziert.
• Return on Capital Employed (ROCE)/Gesamtkapitalrentabilität
ROCE misst, in welchem Umfang das eingesetzte Kapital verzinst wurde und ist
damit eine Messgröße für die Gesamtkapitalrentabilität. Hierzu wird der Gewinn
durch das eingesetzte Kapital dividiert und mit 100 multipliziert.
• Return on Sales (ROS)/Umsatzrentabilität
ROS misst, wie profitabel der erzielte Umsatz ist. Zur Berechnung wird der Gewinn
durch den Umsatz dividiert und mit 100 multipliziert.
• Marktkapitalisierung (Market Capitalisation/Market Cap)
Die Marktkapitalisierung (auch Börsenkapitalisierung oder Börsenwert) ist der
Gesamtwert der Anteile eines börsennotierten Unternehmens. Er ergibt sich durch die
Multiplikation des Kurswertes der entsprechenden Anteile (hier primär der Aktien)
mit der Anzahl der im Umlauf befindlichen Anteile des Unternehmens. Im Eigen-
bestand befindliche Anteile bleiben bei dieser Berechnung unberücksichtigt.

Diese Auswahl stellt einige der wichtigsten finanziellen Kennzahlen dar, die Sie zur
Unternehmenssteuerung einsetzen sollten.

Tipps für die Implementierung


• Kein Unternehmen kann ohne eine präzise Formulierung von Zielen langfristig
überleben.
• Selbst wenn – auch ich – das Zeitalter des agilen Managements mit einem hohen
Maß an Flexibilität ausrufen, bedeutet das nicht, dass Sie auf knackige Ziele ver-
zichten könnten. Ganz im Gegenteil: Sie müssen genau definieren, in welchen
Geschäftsfeldern Sie im Hinblick auf welche Ziele agil agieren möchten.
• Der Ruf nach Agilität stellt folglich nur scheinbar einen Widerspruch zu präzisen
Zielen dar.
• Ziele entfalten nur dann ihre gewünschten Wirkungen – Orientierung, Motivation,
Kontrolle – wenn Sie diese präzise formulieren.
• Hierzu müssen Sie die Ziele im Hinblick auf Inhalt, Ausmaß, zeitlichen und
räumlichen Bezug konkretisieren.
46 2  Vision – Mission – Ziele

• Und natürlich müssen Sie am Ende des Zielzeitraums prüfen, in welchem Aus-
maß die Ziele erreicht wurden – um dann ggf. Gegenmaßnahmen zu ergreifen
und/oder dem Team für seine Leistungen zu danken.
• Die Zielerreichung sollten Sie mit dem Gratifikationssystem Ihres Unter-
nehmens verbinden, damit es sich für Ihre Mitarbeiter lohnt, sich in die Ziel-
erreichung hineinzuhängen.
• Dabei ist es eine nicht-delegierbare Kernaufgabe jeder Führungskraft, die eige-
nen Mitarbeiter bei deren Zielerreichung zu unterstützen.

2.3 Zielpyramide

Die Gesamtheit der Ziele eines Unternehmens wird häufig in einer Zielhierarchie wie in
Abb. 2.1 dargestellt. Orientiert am Unternehmenszweck und den übergeordneten Unter-
nehmenszielen werden auf der nachfolgenden Ebene bspw. Bereichsziele abgeleitet.
Diese Ableitung kann sich auf die Funktionsbereiche Personal, Produktion, Marketing,
Vertrieb und Beschaffung beziehen. Anschließend können Sie die Ziele – bspw. im Mar-
keting – auf der strategischen und der instrumentalen Basis weiter konkretisieren.
Bei der Ausgestaltung eines solchen Zielsystems müssen Sie berücksichtigen,
dass zwischen den Zielen verschiedener hierarchischer Ebenen eine Mittel-Zweck-­
Beziehung besteht. Das bedeutet bspw., dass die Erreichung eines bestimmten
Marktanteils für ein Produkt oder einen Service dazu beitragen soll, die Ziele des
Marketing-­ Bereichs insgesamt zu erreichen. Die Erreichung der Marketing-Ziele
wie auch der Ziele der anderen Funktionsbereiche zusammen soll wiederum auf die
Erreichung der übergeordneten Unternehmensziele einzahlen. Gleiches gilt für die Ziele
im Bereich Produktion, Beschaffung, Vertrieb etc.
Bei der Definition der Ziele sollten Sie darauf achten, dass die in einer hierarchischen
Beziehung zueinander stehenden Ziele komplementär zueinander sind. Das bedeutet,
dass die Erreichung der Marketing-Ziele zur Erfüllung der Unternehmensziele beiträgt.
Diese Zielkomplementarität (auch Zielharmonie genannt) ist idealerweise auch inner-
halb und zwischen den Zielen der einzelnen Funktionsbereiche sicherzustellen (vgl.
Abb. 2.2, links). Eine solche Zielharmonie besteht bspw. zwischen der „Reduktion der
Produktionskosten“ einerseits und der „Senkung der Verkaufspreise“ andererseits,
genauso wie zwischen der „Steigerung der Werbeaufwendungen“ und der „Erreichung
von Umsatzwachstum“.
Allerdings finden sich in unternehmerischen Zielsystemen – z. T. auch gewollt –
Zielkonflikte (auch als Zielkonkurrenz bezeichnet; vgl. Abb. 2.2, Mitte). Eine solche
Zielkonkurrenz liegt bspw. zwischen den Zielen „Senkung der Kosten im Customer-­
Service-Center“ und „Erhöhung des Servicelevels gegenüber den Kunden“ vor. Ein
Zielkonflikt liegt auch zwischen der „Senkung der Werbeaufwendungen“ und der
2.3 Zielpyramide 47

=LHONRPSOHPHQWDULWlW =LHONRQIOLNW =LHOQHXWUDOLWlW


=LHOKDUPRQLH =LHONRQNXUUHQ] =LHOLQGLIIHUHQ]
=LHO% =LHO% =LHO%

  
  

  

  

  

              
=LHO$ =LHO$ =LHO$

Abb. 2.2  Visualisierung von Zielbeziehungen (Angaben in Millionen €)

„Erhöhung der Kundenbasis“ vor. Solche Widersprüche im Zielsystem können Sie


ganz gezielt definieren, damit die Mitarbeiter über neue Wege der Leistungserbringung
nachdenken und ausgetretene Pfade verlassen.

u Merk-Box  Sie können Zielkonflikte ganz gezielt in Unternehmen einsetzen,


um Veränderungsprozesse anzustoßen und Denkblockaden zu überwinden.
So können Sie ein permanentes „Mehr vom Gleichen“ vermeiden.

Eine Zielneutralität (auch Zielindifferenz genannt) ist gegeben, wenn die Erreichung
eines Zieles keinen Einfluss auf die Erreichung anderer Ziele hat (vgl. Abb. 2.3, rechts).

Finanzperspektive Kundenperspektive
■ Marktanteil (absolut/relativ) ■ Zugang an Neukunden
■ Umsatz ■ Kundenbegeisterung
■ EBIT/EBITDA, Gewinn ■ Kundenloyalität
■ ROI, ROCE, ROS ■ Wiederkaufrate
■ Börsenkapitalisierung ■ Kundenwerte
■ Eigenkapitalquote ■ Weiterempfehlerquote
Unternehmens-
vision

■ Dauer der Auftragsbearbeitung ■ Mitarbeiterzufriedenheit


■ Dauer der Reklamationsbearbeitung ■ Mitarbeiteridentifikation
■ Dauer des Produktionsprozesses ■ Mitarbeiterfluktuation
■ Dauer von Entwicklungsprozessen ■ Mitarbeiterengagement (bspw.
■ Einhaltung von Servicelevels beim Vorschlagswesen)
Prozessperspektive Mitarbeiterperspektive

Abb. 2.3  Grundkonzept der Balanced Scorecard für ein Unternehmen


48 2  Vision – Mission – Ziele

Ein Beispiel hierfür wäre das Ziel „Einführung von Englisch als Unternehmenssprache“.
Bei einer genaueren Analyse dieses Ziels stellt man allerdings fest, dass durch Eng-
lisch als Unternehmenssprache der Einstieg in andere Länder oder das Eingehen von
Kooperationen mit ausländischen Partnern leichter fallen könnte. Dies käme ggf. dem
erreichbaren Marktanteil zugute. Deshalb können Sie davon ausgehen, dass alle Ziele
Ihres Unternehmens – direkt oder indirekt – in einer positiven oder negativen Beziehung
zueinander stehen.

Tipps für die Implementierung


• Die Ziele Ihres Unternehmens sollten Sie in einer Zielpyramide zusammen-
führen.
• Sie können dann systematisch überprüfen, wie diese in einer Ziel-Mittel-Relation
zueinander stehen.
• Hierbei sollten Sie tendenziell Zielkonflikte vermeiden und auf die Erreichung
einer Zielharmonie achten.
• Allerdings können Sie ganz gezielt Zielkonflikte bei der Zielformulierung
„­einplanen“, um bestehende Denk- und Verhaltensmuster aufzusprengen und
Innovation zu fördern.

2.4 Balanced Scorecard

Heute rückt ein Planungs- und Steuerungsinstrument auf Unternehmensebene stärker


in den Mittelpunkt, dass die in Abschn. 2.3 beschriebene Pyramidenform überwindet:
die Balanced Scorecard (vgl. grundlegend Kaplan und Norton 1997; Müller 2017,
S. 71–75; Götte 2017). Es handelt sich bei der Balanced Scorecard um die Zusammen-
führung verschiedener Sichtweisen und Schichten von Unternehmens- und/oder
Bereichszielen. Das führt zu einem mehrdimensionalen Zielrahmen. Dabei ist von
einem Steuerungs-Cockpit des Unternehmens zu sprechen. Neben Zielen der Finanz-
wirtschaft werden zusätzlich – auf der gleichen hierarchischen Ebene – prozess-, ­kunden-
und mitarbeiterbezogene Ziele definiert. Die dort definierten Ziele gilt es, parallel zu
erreichen. Dabei wird es häufig zu Zielkonflikten kommen.
Mit einer Balanced Scorecard stellen Sie sicher, dass gleichzeitig mehrere strategi-
sche Perspektiven berücksichtigt werden, die für die Leistungsbewertung eines Unter-
nehmens bedeutend sind. Denn eine Unternehmensführung allein durch finanzielle
Kennzahlen reicht heute nicht mehr aus.

u Merk-Box  Wie hat Jack Welch, sehr erfolgreicher Ex-Chef von General ­Electric
und jahrelanger Promotor des Shareholder-Values seine einseitige Fokus-
sierung auf diese Finanzkennzahl selbst bezeichnet? Als „blödeste Idee der
Welt!“ (Büschemann 2010)
2.4  Balanced Scorecard 49

Das Attribut „balanced“ bringt bei der Balanced Scorecard zum Ausdruck, dass ein
Unternehmen nur dann langfristig erfolgreich sein wird, wenn es eine „ausgewogene“
Zielerreichung in den unterschiedlichen Leistungsbereichen sicherstellt. Durch die
Balanced Scorecard entwickeln Sie die klassische Zielpyramide (vgl. Abb. 2.1) folglich
zu einem Ziele-Cockpit weiter. Hierdurch tragen Sie gleichzeitig dem Gedanken des
Stakeholder-Konzeptes Rechnung. Orientiert am Stakeholder-Konzept erreicht Ihr Unter-
nehmen sein Gesamtziel erst dann, wenn über alle in der Scorecard definierten Felder
eine ausgewogene Zielerreichung sichergestellt ist.
Durch die Orientierung am Balanced-Scorecard-Konzept können Sie eine Optimie-
rung von Teilbereichen des Unternehmens (bspw. der Finanzkennzahlen) zulasten ande-
rer Bereiche (etwa des Personalsektors oder der Kunden) vermeiden. Die Erreichung
eines „ausbalancierten“ Ergebnisses wird verstärkt, wenn die variablen Bestandteile der
Vergütung breiter Mitarbeiterkreise – und nicht nur des Top- und Middle-Managements –
an die Erreichung der in der Scorecard definierten Ziele gekoppelt werden.
Der Ausgangspunkt bei der Entwicklung einer Balanced Scorecard stellt auch
hier die Vision bzw. die Mission des Unternehmens dar (vgl. Abschn. 2.1 ). Von dieser
werden für die in Abb. 2.3 definierten vier Bereiche Ziele, Kennzahlen bzw. Vorgaben
abgeleitet – orientiert an den folgenden Fragen:

• Finanzperspektive
Wie wollen wir gegenüber unseren Teilhabern (Shareholdern) unsere finanziellen
Erfolge dokumentieren?
• Kundenperspektive
Wie wollen wir messen, in welchem Ausmaß wir bei der Umsetzung unserer Vision
die Kunden überzeugen?
• Prozessperspektive
Wie wollen wir bei welchen Prozessen erfassen, ob diese effizient und effektiv sind?
• Mitarbeiterperspektive
Wie wollen wir ermitteln, ob wir unsere Mitarbeiter von unserer Vision überzeugen
und ob sie tatkräftig und erfolgreich bei deren Umsetzung mitwirken?

In einer solchen Balanced Scorecard definieren Sie die zentralen Unternehmensziele


für ein Geschäftsjahr. Durch den zugrunde liegenden Zielfindungsprozess können Sie
erreichen, dass mehrere unternehmensrelevante Sichtweisen, also bspw. die Kunden- und
die Mitarbeiterperspektive, auf höchster Unternehmensebene simultan berücksichtigt
werden. Quartalsweise oder nach Ablauf des Geschäftsjahres können Sie basierend auf
den hier definierten Zielen überprüfen, welche Bereiche auf Kurs liegen und bei welchen
Handlungsbedarf besteht.
50 2  Vision – Mission – Ziele

u Merk-Box  Beim Einsatz einer Balanced Scorecard wird es immer wieder zu


Zielkonflikten zwischen den verschiedenen Bereichen kommen. Die Balanced
Scorecard leistet hier einen wichtigen Beitrag, diese Konflikte auf der höchs-
ten Unternehmensebene sichtbar zu machen. Diese Konflikte sind von Ihnen
zu thematisieren und zu lösen.

Die innerhalb der Balanced Scorecard aufgezeigten unternehmerischen Teilziele sind


im Planungsprozess mit Maßnahmenprogrammen zu hinterlegen, durch die eine Ziel-
erreichung sichergestellt werden kann. Für jedes Teilziel ist regelmäßig zu überprüfen,
ob das Unternehmen dieses erreichen wird. Gegebenenfalls sind bereits im laufenden
Geschäftsjahr zusätzliche Maßnahmen einzuleiten, um dies zu gewährleisten. Aufgrund
der Dokumentation innerhalb einer Scorecard können mögliche Wechselwirkungen mit
anderen Zielen frühzeitig überprüft werden.
In einer lernenden Organisation werden sowohl bei einer Zielerreichung wie
auch bei einer Zielverfehlung die jeweiligen Ursachen identifiziert und im anschlie-
ßenden Planungsprozess berücksichtigt. Unter Umständen waren Planungsprämissen
unzutreffend, die Wettbewerberaktivitäten über- oder unterbewertet, oder die Markt-
potenziale wurden falsch eingeschätzt.

u Merk-Box  Nur wenn Sie die Erfolgs- und Misserfolgsursachen regelmäßig


ermitteln, dokumentieren und in neue Planungsprozesse einfließen lassen,
verbessern Sie von Planungs- zu Planungsrunde die erzielten Ergebnisse. So
können Sie geschlossene Wirkungskreisläufe aufbauen.

Die Balanced Scorecard auf Unternehmensebene sollten Sie in den zentralen Funktions-
bereichen weiter herunterbrechen, da bspw. auch im Marketing mehrere Ziele
simultan zu berücksichtigen sind. In einer Balanced Scorecard für Marketing können –
abgeleitet aus den übergeordneten Unternehmens- und Marketing-Zielen – für den
Bereich Customer-Relationship-Management (CRM) die in Abb.  2.4 genannten
Kennzahlen dargestellt werden. Die damit verbundenen Ziele sind ebenfalls mit ent-
sprechenden Maßnahmenprogrammen zu hinterlegen. Teilweise kommen im Marketing
auch spezifische Marken-Scorecards bzw. Brand-Scorecards zum Einsatz.
Der Einsatz der Balanced Scorecard zur Steuerung von Unternehmen bzw. von einzel-
nen Funktionsbereichen ist erst auf dem Vormarsch. Ein stärkerer Einsatz von solchen
integrierten Planungs- und Steuerungselementen hilft, auf Unternehmensebene den
ganzheitlichen Blick auf die relevanten Stakeholder zu erlangen und auf funktionaler
Ebene verschiedene Kriterien simultan im Blickfeld zu haben. Hierdurch können Sie
die vielfach kritisierte Silo-Mentalität überwinden. Denn noch zu häufig versuchen Mit-
arbeiter, ihren eigenen Verantwortungsbereich zu optimieren – auch auf Kosten anderer
Unternehmensteile. Wenn Sie die (gesamte) Belegschaft dagegen an der Erreichung von
Zielen einer Balanced Scorecard messen, können Sie ein solches Verhalten einschränken.
2.4  Balanced Scorecard 51

$NTXLVLWLRQVIRNXV .XQGHQIRNXV
Ŷ &RVWSHU,QWHUHVW &3,QDFK Ŷ =XJDQJDQ1HXNXQGHQ
.DQDO$NWLRQ Ŷ 9HUWHLOXQJGHU.XQGHQQDFK
Ŷ &RVWSHU2UGHU &32QDFK :LHGHUNlXIHU
.DQDO$NWLRQ :HLWHUHPSIHKOXQJHQ
Ŷ .XQGHQZHUWLJNHLWQDFK .XQGHQZHUW
$QVSUDFKHZHJ
0DUNHWLQJ

Ŷ 1XW]XQJVTXRWHQYRQ Ŷ 9HUWHLOXQJGHU.XQGHQQDFK
,QIRUPDWLRQVDQJHERWHQ ,QDNWLYLWlW
Ŷ 8PZDQGOXQJVTXRWHQQDFK DEQHKPHQGHP8PVDW]
$UW=HLWSXQNWGHV$QVWR‰HV Ŷ :HFKVOHUUDWH
Ŷ ,QWHUHVVHQWHQSRWHQ]LDO QDFK.DQDO
,QWHUHVVHQWHQIRNXV .QGLJHUIRNXV

Abb. 2.4  Marketing-Scorecard für das CRM

Tipps für die Implementierung


• Mit dem Einsatz von Balanced Scorecards auf Unternehmens- und Bereichsebene
können Sie der häufig noch anzutreffenden Silo-Mentalität entgegenwirken, bei
der einzelne Bereiche – auf Kosten der Gesamtheit – ihre Ressortziele durch-
setzen möchten.
• Dafür ist es wichtig, dass Sie die persönliche Incentivierung der Mitarbeiter mit
der Erreichung aller Ziele einer Balanced Scorecard verbinden.
• Bei der initialen Einführung einer Balanced Scorecard sollten Sie deutlich
herausarbeiten, was Ihr Unternehmen damit anstrebt, um ein echtes Commitment
der Mitarbeiter zu erreichen.
• Bei diesem Change-Prozess können Sie auf Instrumente zugreifen, die in
Kap. 11 vorgestellt werden.
Konzepte zur Entwicklung von
Strategien 3

Kreativität ohne Strategie ist wie der Kanonendonner vor der


Niederlage!

3.1 Vorbemerkung: Vielfalt von strategischen Konzepten

In der Managementliteratur wird Ihnen eine Vielzahl von strategischen ­Konzepten


präsentiert. Besonders wichtige Autoren solcher Konzepte sind u. a. Porter (1999,
2004), Kotler und Keller (2015) und Becker (2013). Statt Sie allerdings mit vielen ver-
schiedenen Ansätzen zu konfrontieren, präsentiere ich im Folgenden genau einen Ansatz,
der sich in Forschung, Lehre und Unternehmenspraxis bestens bewährt hat.
Das von Becker (2013) konzipierte Konzept der kundenorientierten Strategien
kann für die Planung eines Start-ups genauso verwendet werden wie für die Analyse
der Geschäftsmodelle etablierter Unternehmen. Außerdem können Sie auf Basis die-
ses Konzeptes Wachstumsstrategien für Ihr Unternehmen ableiten. Und das Schöne
dabei ist, dass sich die Überlegungen der anderen genannten Autoren in das Konzept von
Becker nahtlos integrieren lassen. Sie versäumen somit nichts, wenn Sie sich auf dieses
eine Konzept „einlassen“.
Zusätzlich wird in diesem Kapitel das Konzept Business-Canvas vorgestellt, das Sie
wunderbar zur inhaltlichen Ausgestaltung der kundenorientierten Strategien einsetzen
können. Das Kano-Konzept kann zusätzlich helfen, die strategische Positionierung zu
schärfen wie auch die Umsetzung inhaltlich auszugestalten.
Welche besonderen Herausforderungen Sie in Ihrer Strategiearbeit heute leisten ­müssen,
präsentiere ich Ihnen anhand des 3-Horizonte-Modells. Zusätzlich werden spannende
Konzepte zur (digitalen) Markenführung erläutert.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 53
R. T. Kreutzer, Toolbox für Marketing und Management,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-21881-2_3
54 3  Konzepte zur Entwicklung von Strategien

3.2 Konzept der kundenorientierten Strategien

Um strategische Unternehmens- und Marketingziele zu erreichen, müssen Sie diese auf


verschiedene Schritte herunterbrechen und damit konkretisieren. Denn vielfach kön-
nen anspruchsvolle Ziele nur durch Programme erreicht werden, die auf längere Sicht
angelegt sind und damit eine Grundausrichtung der Unternehmensaktivitäten
­fixieren. Häufig haben solche Programme, die als Strategien bezeichnet werden, eine
Laufzeit von mehreren Jahren. Strategien werden im Rahmen der strategischen Planung
erarbeitet und festgeschrieben (aufbauend auf Kreutzer 2017a; vgl. auch Schneider 2013,
S. 105–166).
Beim maßgeblich durch Becker (2013) geprägten Ansatz der kundenorientierten
Strategien stellen Sie nicht die Wettbewerber, sondern die Kunden in den Mittelpunkt
Ihrer strategischen Konzeption. Damit setzen Sie konsequent auf eine marktorientierte
Unternehmensführung. Hierbei werden vier miteinander verwobene Entscheidungs-
ebenen herangezogen, auf denen Sie Entscheidungen bzgl. der angestrebten strategi-
schen Position treffen müssen (vgl. Abb. 3.1). Im Zuge der Marktfeldstrategie geht es
zunächst um die Frage, was Ihr Unternehmen anbieten soll („Was?“). Im Rahmen der
Marktsegmentierungsstrategie legen Sie mit „Wer?“ die Zielgruppe Ihrer Aktivitäten
fest. Mit der Marktstimulierungsstrategie bestimmen Sie, wie die Zielpersonen zum
Kauf der eigenen Leistungen motiviert werden sollen („Wie?“). Schließlich legen Sie
durch die Marktarealstrategie fest, wo Ihr Unternehmen tätig sein möchte („Wo?“).

3.2.1 Marktfeldstrategie

Der Kern der Marktfeldstrategie ist die von Ansoff (1966) entwickelte Produkt-
Markt-Matrix (auch Ansoff-Matrix genannt; vgl. Abb. 3.2). Orientiert an den ­Kriterien
„Produkte“ (hier sind auch Serviceangebote eingeschlossen) und „Märkte“ mit den
jeweiligen Ausprägungen „bestehende“ und „neue“ können vier Felder identifiziert
­werden, in denen sich ein Unternehmen bewegen kann. Hier können Sie definieren,
in welchen Marktfeldern Ihr Unternehmen tätig sein möchte. Das Feld „bestehende

Abb. 3.1   Konzept der


Marktfeld- Marktstimulierungs-
kundenorientierten Strategien strategie strategie
„Was?“ „Wie?“

Kundenorientierte
Strategien

Marktsegmen- Marktareal-
tierungsstrategie strategie
„Wer?“ „Wo?“
3.2  Konzept der kundenorientierten Strategien 55

­ rodukte/Märkte“ sollten Sie dabei als Ausgangspunkt der Strategieentwicklung ­nutzen.


P
Die Pfeile in Abb. 3.2 kennzeichnen die möglichen Richtungen Ihrer Expansions-
strategie.
Bei der Marktdurchdringungsstrategie in Abb. 3.2 verfolgen Sie das Ziel, den
bereits bearbeiteten Markt mit dem vorhandenen Produktprogramm noch stärker zu
penetrieren. Zur Erreichung dieses Vorhabens gibt es unterschiedliche Ansatzpunkte:

• Erhöhung der Verwendungsrate des Produktes bzw. von Services beim Kunden
• Förderung der (kritisch zu betrachtenden) künstlichen Obsoleszenz bzw. Veralterung
von Produkten durch den Einbau von Sollbruchstellen
• Vergrößerung der Verkaufseinheiten, um den Umsatz pro Kaufakt zu erhöhen
• Abwerbung von Kunden der Wettbewerber
• Gewinnung von bisherigen Nicht-Verwendern

Zum Ziel der Steigerung von Gewinn, Umsatz, Absatz und/oder Marktanteil tragen auch
alle Formen von Werbung und Verkaufsförderung bei, die die vorhandenen Produkte und
Dienstleistungen stärker im bestehenden Markt verankern sollen. Dagegen benötigen
Sie hier keine zusätzlichen Ressourcen für die Forschung & Entwicklung (F&E), da nur
bereits vorhandene Produkte und Services stärker vermarktet werden sollen.
Im Zuge der Produktentwicklungsstrategie geht es um die Frage, wie das
bestehende Angebotsprogramm im bisher bearbeiteten Markt ausgeweitet werden kann.
Dies kann durch die Weiterentwicklung bestehender Produkte/Serviceangebote,
durch die Ausweitung der Angebotspalette u. a. erfolgen. Hierfür sind häufig zusätz-
liche Ressourcen für Marketing-Forschung, F&E, Produktionsanlagen etc. bereitzu-
stellen. Hier und bei den weiteren Ansatzpunkten der Marktfeldstrategien können viele
der in Kap. 4 beschriebenen Methoden zum Einsatz kommen.
Im Zuge der Marktentwicklungsstrategie können Sie zwei zentrale Ansatzpunkte
identifizieren, um mit den bestehenden Produkten neue Märkte zu erschließen:

Abb. 3.2   Produkt-Markt- 3URGXNWH


Matrix – Ansoff-Matrix. EHVWHKHQGH QHXH
(Quelle: In Anlehnung an
QHXHEHVWHKHQGH

Ansoff 1966)
0DUNWGXUFKGULQJXQJV 3URGXNWHQWZLFNOXQJV
VWUDWHJLH VWUDWHJLH
0lUNWH

0DUNWHQWZLFNOXQJV 'LYHUVLILNDWLRQV
VWUDWHJLH VWUDWHJLH
56 3  Konzepte zur Entwicklung von Strategien

• Gewinnung bisher nicht abgedeckter Absatzräume im Kernabsatzgebiet


Hierzu gehört u. a. das Schließen von weißen Flecken, d. h. von Regionen im bis-
herigen Kernabsatzgebiet, die aufgrund der bestehenden Dichte an Vertriebsstätten
bisher nicht erreicht wurden. Hierzu sind zusätzliche Vertriebsinvestitionen zu tätigen.
• Erschließung von funktionalen Zusatzmärkten („Funktionserweiterungen“)
Um neue Märkte zu gewinnen, können Sie auch die Produkteignung erweitern. Dies
kann dadurch gelingen, dass ein für eine bestimmte Zielgruppe entwickeltes Pro-
dukt werblich für weitere Kundengruppen angeboten wird (bspw. Kinderschokolade
oder Penaten-Produkte für Erwachsene). Die in den 1930er Jahren von HARIBO
vorgenommene Positionierung „HARIBO macht Kinder froh“ wurde Mitte der
1960er Jahre um den Zusatz „und Erwachsene ebenso“ ergänzt, um sich auch die-
sen Zielmarkt für das bestehende Produktprogramm zu erschließen (vgl. Haribo
2018). Hierfür sind neben Investitionen in die Marketingforschung auch zusätzliche
Kommunikationskampagnen zu entwickeln.

Mit einer Diversifikationsstrategie erfolgt der Eintritt Ihres Unternehmens mit neuen
Produkten/Serviceangeboten in neue Märkte. Dabei können folgende Varianten unter-
schieden werden:

• Horizontale Diversifikation
Bei dieser Strategie ergänzen Sie das bestehende Produkt-/Serviceprogramm um ver-
wandte Angebote auf der gleichen wirtschaftlichen Leistungsstufe (deshalb „hori-
zontal“). Dabei wird eine tendenziell gleiche Abnehmerschaft angesprochen. Ihr
Unternehmen agiert folglich weiterhin auf der gleichen Wirtschaftsstufe, sodass m. E.
oft keine echte Diversifikation vorliegt, sondern eher eine Erweiterung des Produkt-
programms (sprich: die bereits beschriebene Produktentwicklung).
Eine echte horizontale Diversifikation liegt dagegen vor, wenn ein Herrenausstatter
bspw. auch Damenbekleidung ins Angebot aufnimmt oder ein Automobilhersteller des
mittleren Preissegments zusätzliche Modelle im Premium-Segment anbietet. Auch hier
bleibt das Unternehmen zwar auf der gleichen Wirtschartstufe (Handel bzw. Hersteller)
aktiv, steigt aber in neue Kundensegmente ein.
• Vertikale Diversifikation
Bei dieser Variante integriert Ihr Unternehmen vor- oder nachgelagerte Produktions-
und/oder Vermarktungsstufen und vergrößert so die Wertschöpfungskette Ihres
Unternehmens. Von einer Rückwärtsintegration wird gesprochen, wenn eine – aus
Kundensicht betrachtet – dem eigenen Tätigkeitsfeld rückgelagerte Produktions-
stufe integriert wird. Ein Beispiel hierfür ist der Einstieg in die Rohstoffproduktion
durch ein Chemieunternehmen, das diese Leistungen bisher bei einem Lieferanten
eingekauft hat. Eine Vorwärtsintegration liegt vor, wenn eine auf dem Weg zum
Kunden liegende Wirtschaftsstufe integriert wird. Wenn Sie als Produktionsunter-
nehmen eigene stationäre Vertriebsstätten oder Onlineshops aufbauen, setzen Sie diese
­Strategie um.
3.2  Konzept der kundenorientierten Strategien 57

• Laterale Diversifikation
Bei dieser Form handelt es sich um eine Diversifikation im engeren Sinne, weil Sie
damit einen Vorstoß in völlig neue Produkt- und Marktbereiche anstreben. Hier
besteht kein sachlicher Zusammenhang der neuen Aktivitäten mit Ihrem bisherigen
Tätigkeitsschwerpunkt. Diese Variante ist für Ihr Unternehmen meist mit den größ-
ten Risiken verbunden, weil Sie im neuen Tätigkeitsfeld nicht auf bestehende
Erfahrungen zurückgreifen können. Während es vor zehn bis 20 Jahren noch „in
Mode“ war, weit über die Grenzen der eigenen Kompetenzfelder zu expandieren, kon-
zentrieren sich Unternehmen heute eher auf das Kerngeschäft und verkaufen die nicht
dazu passenden Aktivitäten.

Tipps für die Implementierung: Marktfeldstrategie


• Die Produkt-Markt-Matrix liefert Ihnen ein perfektes Instrument, um über
verschiedene strategische Optionen zur Weiterentwicklung des Angebots-
programms Ihres Unternehmens systematisch nachzudenken.
• Das Konzept können Sie dabei gleichermaßen für Produkte wie Services
­einsetzen.
• Auch wenn das Konzept sehr „einfach“ aussieht, ist es für die Strategiearbeit
gut geeignet und sollte von Ihnen regelmäßig zur gedanklichen Stimulierung
eingesetzt werden.

3.2.2 Marktstimulierungsstrategie

Während es bei der Marktfeldstrategie darum geht, in welchen Produkt-Markt-Kombi-


nationen Ihr Unternehmen tätig sein möchte, legen Sie mit der Marktstimulierungs-
strategie fest, wie die Marktbeeinflussung und -steuerung und damit die „Stimulierung
der Zielpersonen zum Kauf“ erfolgen soll. Um diese angestrebten Positionierung im
Markt zu definieren, ist ein Blick auf die allgemeine Aufteilung von Märkten zu werfen.
Klassischerweise kann von dem in Abb. 3.3 dargestellten Schichtenmodell ausgegangen
werden. Hier lassen sich die Premium- von den Markenkäufern und die Promotion-
von den Handelsmarken-, No-Names- und Preiskäufern unterscheiden.
Für Sie stellt sich die Frage, auf welche dieser Segmente das eigene Angebot aus-
zurichten ist. Dies ist eine strategische Entscheidung, weil sie auf viele weitere Hand-
lungsfelder des Unternehmens ausstrahlt. Die Bandbreite reicht von der dominanten
Präferenzstrategie (auch Premiumstrategie) über die Mittellagenstrategie zur domi-
nanten Preis-Mengen-Strategie. Entscheidend für die Positionierung ist die von Ihnen
angestrebte „relative“ Position im Markt. Denn mit dieser Strategie definieren Sie die
preis- und qualitätsbezogene Positionierung im Wettbewerberumfeld (vgl. Abb. 3.4).
Wichtig ist, dass bei der Ausgestaltung der „relativen Qualität“ nicht die Produkt- bzw.
Dienstleistungsqualität alleine, sondern der gesamte Auftritt Ihres Angebots zu bewerten
ist, bspw. die Ausgestaltung der Online- und Offline-Präsenzen sowie die Servicequalität.
58 3  Konzepte zur Entwicklung von Strategien

■ Höchste Preis-Qualitäts-Lage
- Premiumkäufer
- Extrem hohes Anspruchsniveau Top-
Markt
■ Obere Preis-Qualitäts-Lage
- Markenkäufer
- Hohes Anspruchsniveau Oberer Markt

■ Mittlere Preis-Qualitäts-Lage
- Promotion-, z.T. Handelsmarkenkäufer Mittlerer Markt
- Mittleres Anspruchsniveau

■ Untere Preis-Qualitäts-Lage
- Handelsmarken-/No-Names Unterer Markt
bzw. Preiskäufer
- Niedrigeres Anspruchsniveau

Abb. 3.3  Klassisches Schichtenmodell eines Marktes

Dominante
Hoch

(Marktpotenzial wird
Präferenzstrategie/
nicht ausgeschöpft)
„Premiumstrategie“
Relative Qualität
Mittel

Mittellagenstrategie/
„Mittelklassestrategie“

Dominante Preis-
Niedrig

(Übervorteilung der
Mengen-Strategie/
Kunden)
„Economy-Strategie“

Niedrig Mittel Hoch


Relativer Preis

Abb. 3.4  Raster zur Ausgestaltung der Marktstimulierungsstrategie

Bei der Kombination „relativ hohe Qualität und relativ niedriger Preis“ schöpfen Sie
das vorhandene Marktpotenzial nicht aus (vgl. Abb. 3.4). Dieser Ansatz kann allerdings
eine Zwischenstrategie zur Erschließung eines neuen Marktes sein, wenn sich Ihr Unter-
nehmen bzw. Ihr Angebot noch keiner positiven Reputation erfreut. Die Gegenposition
„relativ niedrige Qualität und relativ hoher Preis“ kann kein langfristig erfolgreiches
Agieren Ihres Unternehmens in Wettbewerbsmärkten sicherstellen und sollte deshalb
vermieden werden.
In jeder Branche können Sie die relativen Positionen von Anbietern – orientiert an der
Abb. 3.4 – feststellen.
3.2  Konzept der kundenorientierten Strategien 59

• Eine Economy-Strategie wird bspw. von den Lebensmittel- und Fashion-Discountern


(Aldi, Lidl; kik, NKD, Primark, Takko) umgesetzt. Auch die Low-Cost-Carrier (Ryanair,
Easyjet, Eurowings) praktizieren diese Strategie.
• Eine Mittellagenstrategie finden Sie bei Edeka, Rewe, aber auch bei Lufthansa.
• Eine Premiumstrategie wird von den Mode-Luxusmarken und bspw. vom KaDeWe
umgesetzt. Auch Audi, BMW, Lexus, Mercedes und Porsche legen ihren Maßnahmen
diese Strategie zugrunde.

Welche relative Position Sie im Markt anstreben, ist das Ergebnis von strategischen Ent-
scheidungen im Unternehmen und leitet sich damit aus der Unternehmensvision bzw. der
Unternehmensmission ab (vgl. Kap. 2).
Um diese angestrebte strategische Position zu bestimmen, können Sie verschiedene
Positionierungsmodelle einsetzen. Diese Modelle können Sie dabei nicht nur auf
Unternehmens-, sondern auch auf Produktebene einsetzen. Hierbei ist es oft ­sinnvoll,
wenn Sie über die in Abb. 3.4 definierten Kriterien „relativer Preis“ und „relative
Qualität“ hinausgehen und marktspezifische Kriterien für das Positionierungsmodell
­
definieren. Die auszuwählenden Kriterien sollten dabei aus Kundensicht relevant sein
(vgl. Abb. 3.5).
Durch ein solches Modell können Sie zunächst eine Analyse des Status quo eines
bestimmten Marktes vornehmen. Dabei wird die relative Position verschiedener Unter-
nehmen bzw. Marken in einem bestimmten Markt leichter verständlich. So können Sie
auch die Erfolge oder Misserfolge verschiedener Unternehmen und Marken besser ver-
stehen. Außerdem kann es gelingen, bisher nicht abgedeckte Marktsegmente zu identi-
fizieren. Schließlich bietet ein Positionierungsmodell eine gute Ausgangsposition, um
Hoch

Schreiner
Individualsierungsgrad

Möbelhändler
vor Ort
Niedrig

Preiseinstieg Wertigkeit Hochwertig

Abb. 3.5  Positionierungsmodell – Beispiel Möbelmarkt


60 3  Konzepte zur Entwicklung von Strategien

Hoch

Anbieter C
Anbieter A
Anbieter F
Serviceorientierung

Anbieter D
Anbieter H

Anbieter G Anbieter E
Anbieter B

Positionierungs-
Niedrig

lücke
Niedrig Preisniveau Hoch

Abb. 3.6  Positionierungsmodell – mit Definition einer Positionierungslücke

eine angestrebte Positionierung im Markt (Zielposition) im Umfeld der bereits etablier-


ten Unternehmen bzw. Marken zu definieren.
Ein weiteres Positionierungsmodell zeigt Abb. 3.6. Hier wurden wiederum andere
Kriterien für die Analyse des Marktes herangezogen. In diesem Beispiel wird deutlich,
dass Sie durch ein solches Modell auch Positionierungslücken finden können, die bisher
von keinem Wettbewerbsanbieter bedient wurden.

u Merk-Box 
Es sind Ihre konkreten Entscheidungen, die das Vorgehen im Markt bestimmen.
Dabei kommt einer Aussage von Porter (1996, S. 70) überragende Bedeutung zu:
„Strategy is making trade-offs in competing. The essence of strategy is
choosing what not to do.“

Tipps für die Implementierung: Marktstimulierungsstrategie


• Sie sollten sich für Ihr Unternehmen genau überlegen, welche relative Markt-
position Sie anstreben.
• Diese Zielposition hat Auswirkungen auf alle anderen Bereiche des Unter-
nehmens bis hin zur Auswahl des einzusetzenden Personals, um eine
angestrebte Position zu erreichen (qualifizierte Servicekräfte für eine Premium-
positionierung vs. preisgünstige 400-€-Kräfte, um die Kostenführer bei einer
Economy-Strategie zu erreichen).
3.2  Konzept der kundenorientierten Strategien 61

• Bei dieser Entscheidung müssen Sie Trade-offs in Kauf nehmen. Das bedeutet,
dass Sie bei einer Premiumstrategie zwangsläufig auf viele Kunden aus dem
„Markt der Mitte“ verzichten müssen. Wenn Sie auf eine Economy-Strategie
setzen, ist der ROS (Return-on-Sales/Umsatzrentabilität) pro Produkt niedrig –
hier muss es die Masse bringen.
• Wer – wie AirBerlin – gleichzeitig Billigflieger und attraktiv für Geschäfts-
reisende sein möchte, muss zwangsläufig scheitern. Deshalb müssen wir diese
Trade-offs aushalten.
• Sie können Positionierungsmodelle ganz individuell für die Analyse auf Unter-
nehmens- und Markenebene einsetzen – abhängig von Ihrem Analyseziel.
• Dafür sollten Sie die relevanten Positionierungskriterien aus einer Kunden-
perspektive auswählen.
• Mithilfe von Positionierungsmodellen können Sie auch gut angestrebte Positionen
im Markt visualisieren.

3.2.3 Marktsegmentierungsstrategie

Im Zuge der Marktsegmentierung zerteilen Sie den Markt in einzelne Segmente (i. S.
klar abgegrenzter Untergruppen von Zielobjekten, bspw. Personen oder Unternehmen).
Diese können von Ihnen dann jeweils als eigener Zielmarkt angesehen und unterschied-
lich bearbeitet werden. Die Aufteilung des Marktes wird als taxonomische Markt-
segmentierung bezeichnet („Taxonomie“ steht für „Einordnung“). Hier ist die Frage zu
beantworten, nach welchen Kriterien und in welche Segmente der Markt aufgeteilt wer-
den soll. Im Zuge der managementorientierten Marktsegmentierung entscheiden Sie
darüber, welche der gebildeten Segmente Sie mit Ihrem Angebot ansprechen möchten.
Dabei ist auch festzulegen, ob nur ein oder ggf. mehrere Segmente mit unterschiedlichen
Angeboten angesprochen werden sollen. Die grundlegenden Entscheidungsmöglich-
keiten, die im Rahmen der Marktsegmentierung bestehen, zeigt Abb. 3.7.
Beim undifferenzierten Marketing wird der Gesamtmarkt mit einem spezifisch aus-
gestalteten Marketing-Diamanten abgedeckt. Dieser Marketing-Diamant setzt sich aus
den folgenden Handlungsfeldern zusammen (vgl. vertiefend Kreutzer 2017a):

• Produkt- und Programmpolitik


• Kommunikationspolitik
• Distributionspolitik
• Preis- und Konditionenpolitik
• Personalpolitik

Wenn Sie bei der Ausgestaltung des Marketing-Diamanten nur eine Ausprägung vor-
nehmen, die für den Gesamtmarkt zum Einsatz kommt, liegt eine Massenmarktstrategie
62 3  Konzepte zur Entwicklung von Strategien

Undifferenziertes Differenziertes Konzentriertes


Marketing Marketing Marketing

Marketing- Marketing-
Mix 1 für Mix 1 für
Segment 1 Segment 1

Segment 4
Marketing-
Ein Marketing-

Segment 2

Marketing-
Mix 4 für

Mix 2 für
Mix zur
Abdeckung des
Gesamtmarktes
Marketing-
Mix 3 für
Segment 3

Abb. 3.7  Ausgestaltungsformen der Marktsegmentierung

vor. Diese können sich meist nur Unternehmen „erlauben“, die eine monopolartige
­Situation im Markt erreicht haben – sei es aufgrund des Fehlens von Wettbewerbern oder
aufgrund einer dominierenden Marktstellung. In den wettbewerbsintensiven Branchen
finden Sie heute eine solche Vorgehensweise kaum noch vor.
Ein differenziertes Marketing liegt vor, wenn Sie für alle oder für eine Vielzahl der
definierten Segmente des Marktes unterschiedliche Marketingansätze einsetzen. Dabei
richten Sie Ihre Aktivitäten auf unterschiedliche Marktsegmente aus (bspw. Privat-
personen und Unternehmen als Kunden). Dafür wird auch der Marketing-Diamant
unterschiedlich ausgestaltet. Ein Beispiel hierfür stellt die Accor-Hotelgruppe dar, die
eine Vielzahl von unterschiedlichen Angeboten und Marken für verschiedene Segmente
anbietet.
Beim konzentrierten Marketing wird aus den identifizierten Marktsegmenten meist
nur eines für die Bearbeitung ausgewählt. Montblanc ist ein Beispiel hierfür, weil es sich
mit seinen Angeboten alleine auf das Luxussegment konzentriert.
Um Ihre Akquisitionsmaßnahmen zielorientiert auszugestalten, kommt zunächst die
akquisitionsorientierte Segmentierung zum Einsatz. Dabei definieren Sie, welche
Kunden- bzw. Marktsegmente bei Ihrer Akquisition im Mittelpunkt stehen sollen. Im
Online-Marketing wird dabei von Targeting gesprochen (vgl. Kreutzer 2018a).
Für die Segmentierung im B2C-Markt haben sich verschiedene Gruppen von
­Kriterien bewährt, die Sie in unterschiedlicher Kombination zur Beschreibung Ihrer
Zielkunden einsetzen können (vgl. Abb. 3.8). Die demografischen und psychografischen
Merkmale beschreiben die generelle Lebenssituation und verhaltensbeeinflussende Fak-
toren. Zusätzlich kann ermittelt werden, welche Kriterien Anhaltspunkte liefern, wie eine
Ausgestaltung der Marketinginstrumente zur Kundengewinnung erfolgen sollte. Meist ist
deshalb ein kombinierter Einsatz dieser Kriterien zielführend.
Im B2B-Markt können Sie Zielunternehmen im Zuge der akquisitionsorientierten
Segmentierung zunächst anhand von Makrokriterien selektieren – orientiert am
3.2  Konzept der kundenorientierten Strategien 63

Demografische Psychografische Marketing-Diamant-


Kriterien Kriterien bezogene Kriterien

Geschlecht Persönlichkeitsmerkmale Produktebene


Soziale Orientierung Qualitäts-/Marken-
Familienlebenszyklus Risikofreude/-scheu orientierung
Alter Entscheidungsverhalten Ver- bzw. Gebrauchs-
Familienstand intensität
Haushaltsgröße Lifestyle, geprägt durch Verbundkaufverhalten
Haushaltsstruktur Werte Anbieterloyalität
Aktivitäten Preisebene
Soziale Schicht Interessen Preisorientierung/
Bildung Meinungen -bewusstsein
Beruf Preisschwellen
Einkommen Bonität
Werteorientierung Distributionsebene
Subkultur Einkaufsstätten-
präferenzen
Geografische Merkmale Online-/Offline-Affinität
Wohnortgröße Distributorloyalität
Region Kommunikationsebene
Kaufkraftniveau Informationsquellen
Stadt/Land Informationssuch-
Infrastrukturdichte verhalten
Personenebene
Qualifikationsniveau
Serviceorientierung

Abb. 3.8  Ausgewählte Kriterien der Marktsegmentierung im B2C-Markt

Angebotsfokus des anbietenden Unternehmens. Diese Klassifizierung können Sie im


folgenden Schritt durch die Berücksichtigung von Mikrokriterien verfeinern. Es gilt,
die Relevanz des eigenen Angebotes für die Zielunternehmen zu konkretisieren. Die
Marketing-Diamant-bezogenen Kriterien kommen analog wie im B2C-Markt zum Ein-
satz (vgl. Abb. 3.9).
Auf Basis einer solchen Zielgruppendefinition können Sie zielgruppenrelevante
Zeitschriften, Zeitungen, Plakatflächen, Online-Plattformen wie auch TV- und
Radio-Sender für werbliche Botschaften auswählen oder auch die Dienstleistungen
von Adressverlagen für Consumer- oder Business-Adressen in Anspruch nehmen (vgl.
­vertiefend Kreutzer 2016).

u Merk-Box  Im Zuge der akquisitionsorientierten Segmentierung definieren


Sie das „Beuteraster“ für Ihre Akquisitionsmaßnahmen.

Um dieses für Ihre eigenen Mitarbeiter, aber auch für eingebundene Agenturen etc.
leichter begreifbar zu machen, können Sie das sogenannte Persona-Konzept einsetzen.
Personas sind fiktive Archetypen, die die Zielgruppe repräsentieren und ihnen ein
„Gesicht“ geben. Sie werden beschrieben wie echte Personen. Personas verfügen über
64 3  Konzepte zur Entwicklung von Strategien

Marketing-Diamant-
Makrokriterien Mikrokriterien
bezogene Kriterien

Gründungsjahr Strategische Ausrichtung Produktebene


Innovationsführer/-folger Qualitäts-/Marken-
Branche Regionaler, nationaler, orientierung
internationaler Fokus Ver- bzw. Gebrauchs-
Unternehmensgröße intensität
Umsatz Vorhandensein von Verbundkaufverhalten
Mitarbeiter bedarfskonkretisierenden Anbieterloyalität
Faktoren
Einkaufsvolumen Fuhrpark Preisebene
F&E-Abteilung Preisorientierung/
Rechtsform Werbeabteilung -bewusstsein
Personalabteilung Preisschwellen
Standort Bonität
Bonität
Distributionsebene
Führungkräfte/Entscheider Einkaufsstätten-
präferenzen
Buying-Center-Struktur Online-/Offline-Affinität
Gatekeeper Distributorloyalität
Entscheider
Beeinflusser Kommunikationsebene
Einkäufer Informationsquellen
Nutzer Informationssuch-
verhalten

Personenebene
Qualifikationsniveau
Hierarchische Position
Serviceorientierung

Abb. 3.9  Ausgewählte Kriterien der Marktsegmentierung im B2B-Markt

eine Lebensgeschichte, Hobbys, eine Lebensphilosophie sowie einen Namen und einen
Bild. Anhand der jeweiligen Persona sind bspw. die folgenden Fragen zu beantworten:

• Würde Sabine (47) das Produkt nutzen?


• Wie viel wäre sie bereit, dafür auszugeben?
• Welche Features bringen Sabine den größten Nutzen?
• Wo würde Sabine das Produkt kaufen?
• Über welche Medien würde sich Sabine über das Angebot informieren?
• Welche Alternativen würde Sabine in ihrem Entscheidungsprozess anschauen?
• Etc.

Bei der Entwicklung einer Persona können Sie sich an folgenden Schritten orientieren
(vgl. Pruitt und Adlin 2006, S. 48–52):
3.2  Konzept der kundenorientierten Strategien 65

• Familienplanung
Zunächst definieren Sie ein Team, das Daten innerhalb und außerhalb des eigenen
Unternehmens sammelt, um Probleme und Bedürfnisse der definierten Zielsegmente
zu identifizieren. Ergebnis dieser Phase sind Rohdaten für die weitere Persona-­
Entwicklung.
• Schwangerschaft
Nach der ersten Planungsphase entscheiden Sie, wie viele Personas in welchem
Detaillierungsgrad entwickelt werden. Zusätzlich legen Sie den Zeithorizont und die
Art der Implementierung im Unternehmen fest. Herzstück dieser Phase ist die Ent-
wicklung der Persona mit allen relevanten Beschreibungen, die in einem Gründungs-
dokument (vgl. Tab. 3.1) zusammengefasst werden sollten.
• Geburt und Reife
Damit die Personas in die Planungsprozesse einfließen, entwickeln Sie flankierende
Kommunikationsmaßnahmen für das eigene Team, damit die Sinn- und Ernsthaftig-
keit des Persona-Einsatzes verstanden werden.
• Erwachsenenleben
Das Erwachsenenleben ist die Spanne der Nutzung der Persona im Unternehmen.
Bei der Entwicklung von Produkten und Services sowie von Werbemaßnahmen sind
immer wieder Fragen der folgenden Art zu stellen: „Würde Sabine dieses Feature nut-
zen?“ oder „Wohin würde Michael jetzt klicken?“ Wichtige Anwendungen sind auch
Walk-Throughs, Nutzerszenarien und Style-Boards, die Sie mit Personas durchführen,
um sich mit dem „Leben“ der Persona immer stärker vertraut zu machen.
• Rente
Auch Personas müssen in diesen dynamischen Zeiten auf ihre Relevanz überprüft
werden. Wenn die eingesetzten Personas die Zielgruppen nicht mehr treffend genug
abbilden, sind sie in Rente zu schicken. In dieser Phase sollten Sie die folgenden
­Fragen beantworten, um den Einsatz des Persona-Konzepts zu verbessern: War die
Persona effektiv? Welche Lektionen wurden für das nächste Persona-Projekt gelernt?
Welche Personas sollen für das nächste Produkt oder die Weiterentwicklung von
Servicestrategien eingesetzt werden?

Bei der Arbeit mit Personas kann das in Tab. 3.1 dargestellte Gründungsdokument
eingesetzt werden.
Die anhand dieses Gründungsdokuments erarbeiteten Ergebnisse sollten Sie doku-
mentieren und mit einem Foto versehen. Bei allen Maßnahmen der akquisitorischen Seg-
mentierung sollten Sie diese Personas als Zielpersonen vor Augen haben (vgl. vertiefend
Kreutzer et al. 2017, S. 136–137).
Neben diesen, primär zur Produkt-/Service-Entwicklung sowie zur Akquisition not-
wendigen Zielgruppendefinition ist für die bereits gewonnenen Interessenten und
Kunden eines Unternehmens eine transaktionsorientierte Segmentierung durchzu-
führen. Der Unterschied zur akquisitionsorientierten Segmentierung (i. S. der ­Definition
des „Beuterasters“) besteht darin, dass Sie vielfach bereits Transaktionsdaten bzgl.
66 3  Konzepte zur Entwicklung von Strategien

Tab. 3.1  Persona-Gründungsdokument. (Quelle: In Anlehnung Pruitt und Adlin 2006, S. 230–234)


Merkmal Ausprägung
Identifizierende Details
Name Typischer Name für die Alterskohorte (ggf. basierend auf
einer Online-Recherche bei der Gesellschaft für deutsche
Sprache unter
http://gfds.de)
Alter Typisches Alter
Tag-Line Slogan, Lebensmotto oder eine häufig getätigte Aussage
Zitat (zum Produkt/Service) Aussage mit Bezug zum Produkt/Service, für das diese
Persona geschaffen wurde, bspw. über Qualität, Nutzung
oder besondere M
­ erkmale des Angebots
Familie Herkunftsfamilie der Persona: Eltern, Geschwistern,
evtl. auch zum „Clan“ gehörige weitere Personen mit
­prägendem Einfluss
Familienstand Eigene familiäre Situation, bspw. in Partnerschaft lebend,
verheiratet, geschieden, Single
Wohnort Aktueller geografischer Lebensmittelpunkt (Stadt/Land,
Großstadt/Kleinstadt etc.)
Rollen und Aufgaben
Unternehmen Bezeichnung des Arbeitgebers oder Benennung der
­selbstständigen Tätigkeit
Position Rolle am Arbeitsplatz, bspw. hierarchische ­Einordnung,
Verantwortungsbereich
Typische Aktivitäten Aktivitäten und Arbeiten, die die Persona regelmäßig
ausführt und die für das Produkt bzw. die Dienstleistung
relevant sein könnten
Wichtige atypische Aktivitäten Aktivitäten und Arbeiten, die man der ­Persona zunächst
nicht „zutrauen“ würde, bspw. besonders seltene ­Hobbys,
Extremsportarten, gesellschaftliches oder politisches
Engagement
Herausforderungen, Schmerzpunkte Anforderungen, denen sich die Persona in ihrem Beruf
bzw. in ihrem täglichen Leben stellen muss
Verantwortlichkeiten Zuständigkeiten im Beruf und Alltag
Interaktion mit anderen Personas, Kontakte mit anderen Personas im Rahmen der beruf-
Systemen und Produkten/Services lichen Tätigkeit oder des Alltags, die eine besondere
Bedeutung für das Produkt bzw. das Serviceangebot
haben; Beschreibung von Systemen und Produkten/­
Dienstleistungen, die für die Rolle der Persona wichtig sind
Ziele
Lebensziele kurz-, mittel- und Ziele in materieller und geistiger Beziehung, ggf. nach
­langfristig zeitlicher Dimension geordnet

(Fortsetzung)
3.2  Konzept der kundenorientierten Strategien 67

Tab. 3.1   (Fortsetzung)
Merkmal Ausprägung
Ziele in Bezug auf das Produkt bzw. Ziele, die mit dem Produkt bzw. der Dienstleistung erreicht
die Dienstleistung werden (sollten)
Arbeitsbezogene Ziele Ziele im Beruf
Grundsätzliche Lebensziele, Fundamentale angestrebte Ziele, Wünsche, Hoffnungen,
­Sehnsüchte Erwartungen
Fähigkeiten und Wissen
Allgemeine Computerkenntnisse Know-how und Nutzungsintensität von Hard- und
und Online-Nutzung ­Software
Fachgebiete Expertise in einem oder mehreren Fachgebieten
Häufig genutzte Produkte/Dienst- Im Einsatz befindliche Produkte bzw. nachgefragte
leistungen ­Dienstleistungen für Beruf und Alltag
Spezialkenntnisse Besonderes Wissen, bspw. in Bezug auf Beruf und im
privaten Bereich
Wissen über Wettbewerber Kenntnis von Alternativen zu den angebotenen Produkten
bzw. Dienstleistungen
Kontext
Ausstattung Ausrüstung, bspw. beruflich oder privat ­relevante Technik,
Materialien, Hilfsmittel
„A day in the life“-Beschreibung Darstellung eines typischen Tages der Persona; dieser
„typische Tag“ muss in der Gänze nicht der Realität ent-
sprechen, sondern umfasst die relevanten, häufig wieder-
kehrenden und damit typischen Tätigkeiten und Kontakte
Spezifische Nutzungsorte Orte, an denen das zu entwickelnde ­Produkt eingesetzt
bzw. die zu erarbeitende D
­ ienstleistung in Anspruch
genommen wird
Haushalt und Typische Aktivitäten in Freizeit und Urlaub
­Freizeitbeschäftigungen
Beziehungen zu anderen Personas Benennung der Personas, die nicht zum Berufsleben,
­sondern zum persönlichen Alltag gehören
Psychografie und persönliche Details
Charakterzüge Beschreibung der Persönlichkeit anhand mensch-
licher Eigenschaften (Ehrlichkeit, Treue, Neugierde,
­Abenteuerlust etc.)
Werte und Einstellungen Überzeugungen in Bezug auf Politik und Religion
Ängste, Hindernisse, Ärgernisse Emotionale Zustände, die das Denken und Fühlen der
Persona prägen
Persönliche Artefakte (Auto, Beschreibung von Gegenständen, die für die Persona
­Spielereien) besondere Bedeutung in Bezug auf das zu entwickelnde
Produkt bzw. die zu konzipierende Dienstleistung haben
68 3  Konzepte zur Entwicklung von Strategien

der Beziehung zwischen Ihrem Unternehmen und Ihren Interessenten bzw. Kunden vor-
liegen haben. Hier bietet sich für Sie die spannende Möglichkeit, diese Transaktions-
daten bei der Segmentierung der bereits gewonnenen Interessenten und Kunden zu
nutzen.
Den Hintergrund hierfür stellt das Konzept des Kundenbeziehungslebenszyklus dar
(vgl. Abb. 3.10). Hier sollten Sie zwischen den folgenden drei Phasen unterscheiden:

• Interessentenmanagement
• Kundenbindungs-/Kundenentwicklungsmanagement
• Rückgewinnungsmanagement

Die Relevanz des in Abb. 3.10 gezeigten Konzepts liegt darin, dass sich die Interessen-
lage und somit auch der Informationsbedarf von Personen – seien es Konsumenten
oder Repräsentanten von Unternehmen – in den verschiedenen Phasen deutlich unter-
scheiden. Außerdem strebt Ihr Unternehmen in Abhängigkeit der erreichten Phase bzgl.
dieser Personen auch andere Ziele an.
In der Phase des Interessentenmanagements geht es Ihnen primär darum, Personen
oder Unternehmen für die eigene Leistung zu interessieren (fokussierte ­Akquisition).
Um einen Dialog mit den Zielpersonen aufbauen zu können, sollten Sie frühzeitig in
die Gewinnung von Kontaktdaten einsteigen (bspw. die postalische Adresse, die
E-Mail-Adresse, eine Telefonnummer oder einen WhatsApp-Kontakt). Dann k­önnen
Interessenten, bspw. im Rahmen eines Interessenten-Dialog-Programms, durch
­
eine stufenweise Kommunikation zum Kunden entwickelt werden (vgl. weiterführend
­Kreutzer 2016, S. 81–155; Wirtz 2016).
Beziehungsintensität
(z. B. Kundenwert)

(Degenerationsphase)

Anbahnungs- Sozia- Gefähr- Wachstums- Gefähr- Reife- Gefähr- Kündi- Revitalisierungs-


phase lisierungs- dungs- phase dungs- phase dungs- gungs- phase Zeit
phase phase phase phase phase Abstinenz-
phase

Interessentenm- Kundenbindungs-/Kundenentwicklungs- Rückgewinnungs-


anagement management management

Abb. 3.10  Konzept des Kundenbeziehungslebenszyklus. (Quelle: In Anlehnung an Stauss


2000, S. 16)
3.2  Konzept der kundenorientierten Strategien 69

Beim Interessenten- wie beim Kundenmanagement sollten Sie sich um Antworten


auf die folgenden Fragen bemühen:

• Welche Personen oder Unternehmen wurden als Interessenten und Kunden gewonnen?
• Welche Merkmale weisen diese Gruppen auf?
• Wurden diejenigen erreicht und zum Handeln motiviert (sei es Informations-
abforderung oder Kauf), die im „Beuteraster“ beschrieben wurden?

In der Phase des Kundenbindungs-/Kundenentwicklungsmanagements – d. h. nach


einem erfolgten Kauf – gilt es für Sie, die Kunden umfassend mit dem Angebot und dem
dahinter stehenden Unternehmen vertraut zu machen, um so ggf. einen Folgekauf zu
fördern. Hier sollten Sie Antworten auf die folgenden, für die weitere Kundenbetreuung
sowie für die Neukundengewinnung zentralen Fragen finden:

• Welche der angesprochenen Personen, Personengruppen bzw. Unternehmen sind als


Käufer aktiv geworden?
• Welche Erst- und Folgeumsätze wurden getätigt?
• Welcher Warenkorb mit welchen Deckungsbeiträgen wurde nachgefragt?
• Welche Kaufmuster lassen sich erkennen?
• Aus welchem Einzugsgebiet kommen die Kunden?
• Welche Sortimentsteile werden von Kunden aus welchem Einzugsgebiet nachgefragt?
• Welche Gewinnungswege führen zu welcher Kundenwertigkeit (bspw. bzgl. der
Umsatzhöhe und Einkaufsstättentreue; vgl. vertiefend Kap. 6)?
• Welche Akquisitionsquoten sind bei personalisierter Ansprache (bspw. über Mailings) im
Vergleich zur unpersonalisierten Ansprache (bspw. über per Zeitung verteilte Coupons)
zu erreichen (vgl. vertiefend Kreutzer 2016)?

Um den Wert der Kunden (auch Kundenwert) für Ihr Unternehmen zu steigern, soll-
ten Sie den Dreiklang der Kundenbetreuung einleiten (vgl. Abb. 3.11). Im Zuge
des More-Sell versuchen Sie, eine Kundenloyalität aufzubauen, damit der Kunde dem
Produkt bzw. der Dienstleistung oder dem Anbieter i. S. des betreuenden Handels-
unternehmens treu bleibt und „mehr vom Gleichen“ erwirbt. Hierzu tragen die unter-
schiedlichsten Kundenbindungssysteme bei (vgl. vertiefend Kreutzer 2016, S. 159–208).

Abb. 3.11   Dreiklang der 8S6HOO


Kundenbetreuung
&URVV6HOO
6WR‰ULFKWXQJHQ
GHV.XQGHQ
PDQDJHPHQWV
0RUH6HOO
70 3  Konzepte zur Entwicklung von Strategien

Beim Cross-Sell können Sie versuchen, den Käufer eines Produktes bzw. den Nutzer
eines Angebotes zum Erwerb weiterer Leistungen des eigenen Unternehmens zu moti-
vieren. Dies kann durch verschiedene Ansprachen, etwa per Telefon, Mailing, E-Mail,
Push-Nachrichten, Mitteilung in den sozialen Medien oder – sowohl im B2C- wie im
B2B-Markt – durch den persönlichen Verkauf erfolgen. Beim Up-Sell schließlich geht es
um den Versuch, einen Kunden zum Erwerb höherwertiger und damit meist auch rendite-
stärkerer Leistungen zu motivieren.
Cross- und Up-Sell-Maßnahmen können nur eingesetzt werden, wenn Ihr Unter-
nehmen über ein entsprechendes Angebot verfügt. Ein-Produkt-Unternehmen sind
deshalb an dieser Stelle gefordert, orientiert an der Ansoff-Matrix (vgl. Abb. 3.2) fest-
zustellen, welche Formen der Produktentwicklung für das eigene Unternehmen nutzbar
gemacht werden können, um einen Kunden, der aus der eigenen Produktpalette „heraus-
zuwachsen“ droht, auch weiterhin betreuen zu können.
Für ein solches Vorgehen benötigen Sie eine Vielzahl von Informationen, die im Zuge
eines CRMs gewonnen werden. Nur dann können Sie eine transaktionsorientierte
­Segmentierung durchführen. Um eine Betreuung der Kunden zu ermöglichen, die
sich an deren Kundenwert orientiert, sollten Sie im Rahmen der Akquisition bzw. der
Kundenbetreuung möglichst viele der in Abb. 3.12 genannten Informationen gewinnen
(vgl. weiterführend Kreutzer 2016).
Anhand dieser Kriterien können Sie ermitteln, in welchen Segmenten Ihr Unter-
nehmen mit seinen Angeboten besonders erfolgreich war. Genau in diesen Segmenten
sollten weitere Kunden gesucht werden, solange keine einschneidenden Veränderungen
innerhalb der strategischen Festlegungen vorgenommen werden. Neukunden in ganz
anderen Segmenten gewinnen zu wollen, stellt dagegen eine oft wesentlich teurere
Alternative dar. Schließlich haben sich die zu diesen Segmenten zugehörigen Personen
bisher – aus ganz bestimmten Gründen – nicht vom Angebot angesprochen gefühlt.
­Deshalb müsste viel passieren, um deren Interesse dennoch zu gewinnen.

u Merk-Box  Bei der Neukundengewinnung sollten Sie sich – bei sonst unver-
änderten Bedingungen – auf ähnliche Kunden konzentrieren wie bisher. Die
Leitidee hierzu lautet: eigene Stärken verstärken!

Damit Sie einer unkritischen, zu umfassenden Sammlung von Informationen über


Kunden und Interessenten vorbeugen, können Sie anhand der folgenden Schlüsselfragen
prüfen, auf welche Merkmale Sie im Zuge einer fokussierten Informationsbeschaffung
besonderen Wert legen sollten:

• Hilft dieses Merkmal, das gegenwärtige oder zukünftige Potenzial eines Kunden zu
bewerten (Stichwort „Kundenwert“; vgl. Kap. 6)?
• Ist geplant, eine Marketingmaßnahme an diesem Merkmal auszurichten?
• Besteht eine Möglichkeit, die Aktualität dieses Merkmals in regelmäßigen Abständen
zu überprüfen, um eine möglichst korrekte Ansprache des Kunden sicherzustellen?
3.2  Konzept der kundenorientierten Strategien 71

$GUHVVXQG
$NWLRQVGDWHQ 5HDNWLRQVGDWHQ
3URILOGDWHQ
 $GUHVVHLQNO9RUQDPHQ  $QVSUDFKH)RUPXD  $QODJHGDWXP
JJI7LWHO  $QJHERWV0DLOLQJV  *HZLQQXQJVZHJ HWZD
 7HOHIRQ)D[1XPPHUQ  0LWJOLHGVFKDIWVDQJHERW 0DLOLQJ&RXSRQ2QOLQH
(0DLO$GUHVVH6RFLDO %DQQHU)UHXQGVFKDIWV
0HGLD.RQWDNWH  (LQODGXQJHQ]X(YHQWV ZHUEXQJDQJHPLHWHWH
LGHDOHUZHLVHPLW  =XOHLWXQJYRQ&RXSRQV $GUHVVH
3HUPLVVLRQ]XU  (0DLO$QVW|‰H  *HWlWLJH8PVlW]H LQNO
HQWVSUHFKHQGHQ 6RUWLPHQWVVFKZHUSXQNWH
.RQWDNWDXIQDKPH  ( 1HZVOHWWHU
 $QUXIH  .DXIYHUKDOWHQ XD
 *HEXUWVGDWXP$OWHU 6FKQlSSFKHQMlJHU
 )DPLOLHQVWDQG+DXVKDOWV  $QVSUDFKH]HLWSXQNW &RXSRQ1XW]HU
JU|‰H  8PWDXVFKYHUKDOWHQ
 ,QWHUHVVHQVJHELHWH  .DXINDQDO SUlIHULHUWH
 +DXVKDOWVHLQNRPPHQ )LOLDOHRQOLQHRIIOLQH
 +DXVKDOWVDXVVWDWWXQJ  =DKOXQJVDUW %DU]DKOXQJ
.UHGLWNDUWH)LQDQ]LHUXQJ
 %RQLWlW (LQKDOWXQJYRQ
=DKOXQJVYHUSIOLFKWXQJHQ
 )DQLQHLQHPVR]LDOHQ
1HW]ZHUN)ROORZHUEHL
7ZLWWHU:KDWV$SS
.RQWDNWHWF

Abb. 3.12  Ausgewählte Merkmale zur Beschreibung der eigenen Interessenten und Kunden im


B2C-Markt

Durch eine Ausrichtung der Informationsbeschaffung an diesen Fragen vermeiden Sie,


dass mit hohen Kosten Daten erhoben und verwaltet werden, die keine Relevanz für
das Unternehmen aufweisen oder für die keine geeigneten Pflegemechanismen existie-
ren. Erfahrungsgemäß reichen bei den Profildaten häufig fünf bis sieben Merkmale aus,
um eine Differenzierung der Interessenten- und Kundenbetreuung – orientiert an den
Erkenntnissen der Aktions- und Reaktionsdaten – über mehrere Jahre sicherstellen zu
können (vgl. weiterführend Kreutzer 2016).
Bei der Informationsgewinnung und -nutzung ist darauf zu achten, dass Sie die
relevanten Aspekte des Datenschutzes berücksichtigen. Dies gilt sowohl für das Ein-
holen der erforderlichen Erlaubnisse (Permissions) wie auch für die Datennutzung selbst.
Beim Einholen dieser Permissions muss die Zielperson bspw. über den Zweck der Spei-
cherung und eine ggf. vorgesehenen Nutzung und/oder Übermittlung aufgeklärt werden
(vgl. vertiefend Blind und Stumpfrock 2018).
Im Mittelpunkt der letzten Phase des Kundenbeziehungslebenszyklus steht das
Rückgewinnungsmanagement (vgl. Abb. 3.10). Idealerweise wird im Zuge einer
Kündigungsprävention oder einer Churn-Prevention versucht, aus der Analyse des
Verhaltens eines Kunden auf eine mögliche Kündigungs- oder Wechselabsicht zu schlie-
ßen. „Churn“ ist ein Kunstwort, welches sich aus den Begriffen „Change“ und „Turn“
72 3  Konzepte zur Entwicklung von Strategien

zusammensetzt. Voraussetzung für Gegenmaßnahmen ist auch hier das Vorhandensein


von Kundenadressen und weiteren Informationen, etwa über Umsätze oder Reaktionen
auf Ansprachen per Mailing, E-Mail oder Push-Nachrichten.

u Merk-Box  Sie sollten sich nur um die Rückgewinnung der Kunden kümmern,
die einen relevanten Kundenwert für Ihr Unternehmen erzeugen (vgl. Kap. 6).

Tipps für die Implementierung: Marktsegmentstrategie


• Die akquisitionsorientierte Segmentierung ist für eine gezielte Neukunden-
gewinnung unverzichtbar und stellt einen Pflichtbestandteil jedes Briefings für
Agenturen dar.
• Personas sollten Sie gezielt einsetzen und allen entsprechenden Maßnahmen
zugrunde legen, um eine Relevanz Ihrer Angebote für die Zielgruppen sicherzu-
stellen.
• Wenn Sie über Daten Ihrer Interessenten und Kunden verfügen, sollten Sie
diese im Zuge der transaktionsorientierten Segmentierung einsetzen. Hierdurch
können Sie innerhalb Ihrer Interessenten und Kunden besonders interessante
Teilsegmente erkennen, die differenziert zu bearbeiten sind.
• Wichtig ist, dass Segmentierungen keinen Selbstzweck darstellen, sondern dem
Unternehmen ein profitables Wachstum ermöglichen sollen.
• Deshalb sollten Sie regelmäßig prüfen, ob die definierten Segmente für Ihre
profitable Unternehmensentwicklung noch gültig sind.

3.2.4 Marktarealstrategie

Im Zuge der Marktarealstrategie definieren Sie in Ergänzung zu den Entscheidungen


bzgl. Marktfeld, Marktstimulierung und Marktsegmentierung, welches räumliche Gebiet
Sie abdecken möchten. Ansatzpunkte für Ihre Entscheidung zur Definition Ihrer räum-
lichen Expansion finden sich in Abb. 3.13.
Die Entscheidung, welches Marktareal Sie bedienen wollen, wird in hohem Maße
durch Ihre Unternehmensziele und die vorhandenen Ressourcen beeinflusst. Auch die
Wettbewerbssituation und die wirtschaftliche Entwicklung in den bisherigen Schwer-
punktmärkten wirken sich auf dieses Entscheidungsfeld aus. Zur Fundierung dieser
Entscheidung können Sie verschiedene der in Kap. 4 definierten Analyseinstrumente
­einsetzen.
Für eine internationale Expansion stehen Ihnen verschiedene Strategien zur Ver-
fügung, die in Abb. 3.14 überblicksartig dargestellt sind. Diese Expansionsstrategien
können danach unterschieden werden, welcher Anteil des Kapitals sowie des Manage-
ments zur Durchführung der Strategie jeweils im Herkunfts- bzw. im Gastland eingesetzt
wird (vgl. vertiefend zu den unterschiedlichen Strategien Keegan und Green 2017;
3.2  Konzept der kundenorientierten Strategien 73

Stadtteil Unter-
Einzugsgebiet Stadt
nehmen
lokal

einer Stadt Ballungsgebiet


Mehrere
Ballungsgebiete Mehrere
Bundesländer
Bundesland
regional

Region Deutschland,
Europa
Norddeutschland Schweiz

Deutschland,
Schweiz,
Frankreich, Europa/
national

Deutschland Spanien
Amerika
West-
Europa Welt

national international global

Abb. 3.13  Entscheidungsfelder der Marktarealstrategie


Kapital-/Managementanteil im Herkunfsland

Export
hoch

Lizenzierung Strategische
Allianzen
Kontrakt-
produktion

Franchising

Joint
Venture
Direkt-
Produktions-
investition
niederlassung
niedrig

Tochter-
gesellschaft
niedrig hoch

Kapital-/Managementanteil im Gastland

Abb. 3.14  Strategien für die internationale Expansion

­ ollensen 2017; Berndt et al. 2016). Beim Export wird bspw. weiterhin im Heimat-
H
markt produziert, und andere Märkte werden mit oder ohne Einbindung von Partnern
versorgt. Durch eine Lizenzierung wird einem anderen Unternehmen gegen Entgelt das
Recht eingeräumt, bspw. bestimmte Produkte für einen ausländischen Markt zu produ-
zieren und zu vermarkten.
74 3  Konzepte zur Entwicklung von Strategien

Bei der Kontraktproduktion wird dem ausländischen Partner das produktions-


technische Know-how geliefert, teilweise verbunden mit einer Abnahmegarantie. So
können Sie als internationalisierendes Unternehmen den Qualitätsstandard und die
Mengen steuern, ohne selbst im Ausland Produktionskapazitäten aufzubauen. Eine weit
verbreitete Strategie zur internationalen Expansion ist das Franchising. Die genannten
Vorgehensweisen sind Beispiele für strategische Allianzen, weil Partner – auf einer
vertraglichen Basis – längerfristig zusammenarbeiten, ohne dass es zu einer Kapitalver-
flechtung zwischen diesen kommt.
Die Umsetzung der nachfolgend genannten strategischen Konzepte geht mit deut-
lich höheren Investitionen im Gastland einher. Diese werden als Direktinvestition (auch
Foreign Direct Investment) bezeichnet. Dies kann bereits beim Franchising der Fall
sei, wenn im Gastland bspw. eine eigene Franchisezentrale zur Steuerung der Franchise-
partner aufgebaut wird. Beim Joint Venture bauen zwei oder mehrere Unternehmen
gemeinsam ein neues Unternehmen auf, ohne ihre Selbstständigkeit aufzugeben.
Eine eigene Produktionsniederlassung und der Aufbau einer Tochtergesellschaft
stellen weitere Formen dar, um sich langfristig in einem Zielland zu engagieren. Zur
Beschleunigung des Expansionsprozesses können u. U. bereits im Gastland tätige
Produktionseinheiten oder ganze Unternehmen erworben werden, um so einen besseren
Zugang zu den Märkten zu finden. Es wird von Akquisitionen bzw. beim Zusammen-
schluss von zwei oder mehr Unternehmen von Mergern gesprochen (abgeleitet von
„to merge“ für „fusionieren“ bzw. „zusammenführen“). Häufig werden im Zeitablauf
­mehrere der beschriebenen Strategien eingesetzt, um die sich entwickelnden Märkte
immer umfassender bedienen zu können.

Tipps für die Implementierung: Kundenorientierte Marketingstrategien


Wenn Sie für Ihr Unternehmen die kundenorientierten Marketingstrategien ein-
setzen, sind – aufeinander abgestimmte – Festlegungen in diesen vier Bereichen
vorzunehmen:

• Marktfeldstrategie
• Marktstimulierungsstrategie
• Marktsegmentierungsstrategie
• Marktarealstrategie

So stellen Sie sicher, dass Sie über ein konsistentes strategisches Konzept verfügen,
um Ihre Unternehmensziele zu erreichen.
3.3 Canvas-Konzepte 75

3.3 Canvas-Konzepte

Um Ihre Strategiearbeit zu unterstützen, können Sie verschiedene Canvas-Konzepte


einsetzen. Der Begriff „Canvas“ steht für „Leinwand“ bzw. „Arbeitsfläche“ und unter-
streicht einen wichtigen Aspekt dieser Tools: die Visualisierung. Entscheidend bei den
nachfolgenden Konzepten ist, dass Sie durch diese Ansätze strategisch relevante Frage-
stellungen leichter visualisieren können – und damit einfacher diskutierbar machen.
In diesem Kontext kommt dem Business-Model-Canvas die größte Bedeutung zu
(vgl. Osterwalder und Pigneur 2010). Dieses Modell können Sie als konzeptionelle
Vorlage für die Dokumentation und Weiterentwicklung bestehender sowie für die Ent-
wicklung neuer Geschäftsmodelle und Positionierungen verwenden. Hierzu erarbeiten Sie
eine visuelle Landkarte, die die verschiedenen strategischen Elemente eines Geschäfts-
modells umfasst und auch zur Ausgestaltung der kundenorientierten Strategien beitragen
kann (vgl. Abschn. 3.2). In Abb. 3.15 sind neun Elemente („Bausteine“ oder „Building-
Blocks“) zu sehen, die im Zuge der Strategieentwicklung mit Inhalt zu füllen sind.
Die einzelnen Bausteine des Canvas-Modells sind wie folgt zu verstehen:

• Wichtige Partner
Unternehmen schaffen Käufer-Lieferanten-Beziehungen, um die eigenen Prozesse zu
optimieren und/oder um Risiken des Geschäftsmodells zu reduzieren. Hierzu gehören
auch das Eingehen von strategischen Allianzen sowie die Gründung von Joint Ven-
tures – auch mit strategischen Wettbewerbern. Hier stellt sich für Sie die Frage, mit
welchen (strategischen) Partnern Sie (in Zukunft) zusammenarbeiten möchten.
• Schlüsselaktivitäten
Bei diesem Baustein legen Sie gemeinsam mit Ihrem Team fest, welches aus Ihrer
Sicht die wichtigsten Aktivitäten entlang Ihrer unternehmerischen Wettschöpfungs-
kette sind, um Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Die Wertkettenanalyse liefert hierfür
wichtige Impulse (vgl. Abschn. 4.7).
• Schlüsselressourcen
Zu den unternehmerischen Schlüsselressourcen gehört alles, was im Kern zur Schaf-
fung von „Wert für den Kunden” notwendig ist. Die dabei angesprochenen Ressour-
cen können Mitarbeiter, finanzielle Mittel, Patente, Produktionsanlagen etc. umfassen.
Hier untersuchen Sie, welches die wichtigsten Ressourcen zur Anreicherung und
Weiterentwicklung Ihres eigenen Geschäftsmodells sind.
• Leistungsversprechen
Mit dem Leistungsversprechen (auch Value-Proposition) werden die Produkte und
Dienstleistungen bezeichnet, die das Angebotsportfolio Ihres Unternehmens aus-
machen. Wichtig ist dabei, dass sich Ihre Value-Proposition hinsichtlich Neuigkeits-
grad, Performance, Kundenorientierung, Preis-Qualität-Relation und Convenience
idealerweise deutlich von den Wettbewerberangeboten unterscheidet. Hier stellt sich
die zentrale Frage, welche (weiteren) Erwartungen die Kunden an Ihr Unternehmen
76 3  Konzepte zur Entwicklung von Strategien

Wichtige Partner Schlüsselaktivitäten Leistungsversprechen Kundenbeziehungen Kundensegmente

Schlüsselressourcen Vertriebskanäle

Kostenstrukturen Erlösstrukturen

Abb. 3.15  Konzept des Business-Model-Canvas. (Quelle: Nach Osterwalder und Pigneur


2010, S. 44)

haben oder wodurch für diese ein zusätzlicher Mehrwert geschaffen werden kann.
Dieser Baustein ist eng mit der Marktfeld- und der Marktstimulierungsstrategie ver-
bunden (vgl. Abschn. 3.2.1 und 3.2.2).
• Kundensegmente
Sie müssen als Unternehmen genau definieren, auf welche Kundensegmente sich das
Angebot ausrichten soll. Eine saubere Markt- und Kundensegmentierung sind hier
eine wichtige Erfolgsvoraussetzung. Dabei können Sie auch die schon vorgestellten
Persona-Konzepte einsetzen (vgl. zur Marktsegmentierungsstrategie Abschn. 3.2.3).
• Kundenbeziehungen
Das Überleben und damit der Erfolg Ihres Unternehmens hängen in entscheidendem
Maße von der Fähigkeit ab, lang anhaltende und profitable Kundenbeziehungen auf-
zubauen. Dabei kommt der Ermittlung des Kundenwertes eine zentrale Bedeutung zu
(vgl. Kap. 6).
• Vertriebskanäle
Sie können Ihren Kunden eine Value-Proposition über verschiedene Kanäle kommu-
nizieren und Ihre Leistungen bereitstellen. Hier ist zu entscheiden, in welcher Form
dies am besten gelingen kann (bspw. online und/oder offline) – idealerweise ver-
bunden mit zusätzlichem Mehrwert für den Kunden.
• Kostenstrukturen
In der Kostenstruktur Ihres Unternehmens schlagen sich alle bereits beschriebenen
Faktoren nieder. Die Kostenstruktur hat auch einen deutlichen Einfluss darauf, welche
Art von Marktstimulierungsstrategie zum Einsatz kommen kann. Wenn Sie eine Eco-
nomy-Strategie umsetzen möchten, müssen Sie gleichzeitig eine Kostenführerschaft
3.3 Canvas-Konzepte 77

anstreben. Wer dagegen auf eine Premiumstrategie setzt, muss nicht so nachhaltig auf
eine Kostenoptimierung setzen, sondern sich verstärkt um die Differenzierung des
eigenen Angebots bemühen, bspw. durch Top-Service, Top-Design und überragende
Materialqualitäten (vgl. vertiefend Abschn. 3.2.2).
• Erlösstrukturen
Im Einkommensstrom schlägt sich der Erfolg oder Misserfolg Ihres Unternehmens
nieder. Hier ist bspw. kontinuierlich zu prüfen, welche Gewinne und Verluste mit wel-
chen Kundensegmenten und Angeboten erzielt werden können. Auch hierfür sind die
Kundenwertmodelle von Relevanz (vgl. Kap. 6).

Das Ziel der Arbeit mit einem Business-Model-Canvas besteht darin, durch die Ana-
lyse der verschiedenen Bausteine zunächst das bestehende Geschäftsmodell in der Tiefe
zu verstehen. Gleichzeitig können Sie neue Ideen für deren Ausgestaltung entwickeln.
Hierfür ist es hilfreich, wenn verschiedene Teams parallel an den unterschiedlichen
Bausteinen arbeiten. Anschließend können die (neuen) Elemente des Geschäftsmodells
diskutiert werden. Es handelt sich somit auch um ein wichtiges Werkzeug zur Ent-
wicklung von Geschäftsmodellinnovationen.

Tipps für die Implementierung: Business-Model-Canvas


• Business-Model-Canvas stellt ein einfaches und hoch wirksames Tool dar, mit
dem Sie das bestehende Geschäftsmodell analysieren können.
• Unter Einsatz des Business-Model-Canvas können Sie auch systematisch neue
Ideen für den Strategieprozess gewinnen.
• Das entsprechende Arbeitsblatt stellen Sie für interne Workshops zur Verfügung.
Nach einer kurzen Einweisung können verschiedene Teams an der Ausfüllung
arbeiten.
• Wichtig ist, dass sich die Teams aus Mitarbeitern aus verschiedenen Unter-
nehmensbereichen und Hierarchiestufen zusammensetzen. Das Motto lautet
hier: „Diversity is key!“
• Dabei müssen sich die hierarchisch höher angesiedelten Manager etwas zurück-
halten, damit sie mit ihrem Wirken den Kreativprozess weder stören noch
(ungewollt) in eine bestimmte Richtung lenken.
• Die im Team erarbeiteten Ergebnisse werden anschließend im größeren Kreis
präsentiert und diskutiert.
• Hierdurch können Sie neue strategische Ansätze ermitteln oder eine Bestätigung
für bereits umgesetzte Konzepte gewinnen.

Im digitalen Zeitalter kommt Plattform-Konzepten, wie sie bspw. Uber, Airbnb, aber
auch Amazon, Check24, Flixbus und andere einsetzen, eine zunehmende Bedeutung zu
(vgl. vertiefend Kreutzer und Land 2015, 2016; Müller 2017, S. 186–190). Deshalb wird
nachstehend ein spezielles Platform-Canvas präsentiert (vgl. Abb. 3.16).
78 3  Konzepte zur Entwicklung von Strategien

=LHOHGHU3ODWWIRUP 6FKOVVHODNWLYLWlWHQ /HLVWXQJVYHUVSUHFKHQ .XQGHQVHJPHQWH ([WHUQH


6WUDWHJLH 3ODWWIRUPEHWUHLEHU
L6*HIlKUGHU
XQVHUHV
*HVFKlIWVPRGHOOV

6FKOVVHOUHVVRXUFHQ 9HUWULHEVNDQlOH

3DUWQHUIUHLQHHLJHQHJHPHLQVDPH3ODWWIRUPHQ .RVWHQXQG(UO|VVWUXNWXUHQ

Abb. 3.16  Konzept des Platform-Canvas

Der Einstieg in die Nutzung dieses Platform-Canvas erfolgt, indem Sie zunächst die
möglichen Ziele einer Plattformstrategie herausarbeiten. Ein Unterschied zu dem vor-
genannten Business-Model-Canvas besteht darin, dass Sie anhand dieses Canvas bereits
existente externe Plattformbetreiber identifizieren, die Ihr Geschäftsmodell gefährden
könnten. Zusätzlich ist zu prüfen, welche Partner für den Aufbau einer eigenen bzw.
einer gemeinsamen Plattform infrage kämen.

Tipps für die Implementierung


• Mit dem Platform-Canvas können Sie die Analyse auf mögliche Bedrohungen
durch bereits etablierte oder im Aufbau befindliche Plattformen ausrichten.
• Gleichzeitig starten Sie einen Kreativprozess, um mögliche Ziele einer eigenen
oder mit Partnern zu entwickelnden Plattform zu ermitteln.
• Schließlich wird auch geprüft, welche potenziellen Partner für eine ent-
sprechende Lösung von Interesse wären.
• So behalten Sie auch bei solchen Bedrohungen das Heft in der Hand.

Auch für ein weiteres Aufgabenfeld können Sie ein Canvas-Konzept einsetzen: für die
digitale Transformation. Jedes Unternehmen steht – früher oder später sowie mehr oder
weniger umfassend vor der Frage, wie die Transformation ins digitale Zeitalter erfolgen
soll (vgl. vertiefend Kreutzer und Land 2016; Kreutzer et al. 2017; Kreutzer 2018b). Ein
wichtiges Werkzeug hierfür stellt der in Abb. 3.18 präsentierte Lean-Change-Canvas
dar. Mit diesem Tool können Sie die zentralen Handlungsfelder eines ­Change-Prozesses
thematisieren und wichtige Bremser und Förderer identifizieren (vgl. weiterführend
Kap. 11) (Abb. 3.17).
3.3 Canvas-Konzepte 79

Dringlichkeit Ausgangssituation Vision Kommunikation Involvierte im


(drei Gründe, (Strategie, Schlüssel- (Kernaussage, die die (nach innen und Change-Prozess
warum Change ressourcen) Zielrichtung des außen)
notwendig ist) Unternehmens Betroffene
definiert)

Handlungsfelder Erfolgskriterien
Fähigkeit der (Methoden des Schlüssel- (Change wird erreicht, Beteiligte/Akteure
Organisation, den Change- verhaltensweisen wenn …)
Change Managements)
umzusetzen

Notwendige Investments Erreichbare Ergebnisse


(Personal, Budget; Commitment von Top-/Middle- (Profit, Wachstum, Stolz, Moral, Wachstumspotenzial)
Management)

Abb. 3.17  Konzept des Lean-Change-Canvas. (Quelle: In Anlehnung an Canvanizer 2018)

Kunde ist
zufrieden
Leistungsanforderungen
о artikuliert
о spezifisch
Begeisterungsanforderungen о messbar
о artikuliert
о spezifisch
о messbar

Anforderungen Anforderungen
nicht erfüllt Zeit erfüllt

Basisanforderungen
о implizit
о selbstverständlich
о nicht artikuliert
о offensichtlich
Kunde ist
unzufrieden

Abb. 3.18  Kano-Modell der Kundenzufriedenheit. (Quelle: In Anlehnung an Berger et al. 1993, S. 26)

Tipps für die Implementierung: Lean-Change-Canvas


• Den Lean-Change-Canvas sollten Sie zeitnah einsetzen, um festzustellen, w
­ elche
Herausforderungen das digitale Zeitalter für Sie und Ihr Unternehmen mitbringt.
• Selbst wenn Sie schon einen Change-Prozess gestartet haben oder sich gerade
in einem solchen befinden, kann dieser Canvas für Sie zu neuen und zusätz-
lichen Erkenntnissen führen.
• Die Zielgruppe für diesen Canvas sind das Top- und Middle-Management,
weil hier in besonderem Maße über die strategische Ausrichtung des gesamten
Unternehmens gesprochen wird.
80 3  Konzepte zur Entwicklung von Strategien

3.4 Kano-Konzept

Zur Ausgestaltung der Marktstimulierungsstrategie (vgl. Abschn. 3.2.2) kann Ihnen das


Kano-Modell wichtige Hilfestellung liefern (aufbauend auf Kreutzer 2017a). Mit die-
sem Konzept können Sie ermitteln, welche Bedeutung die unterschiedlichen Leistungen
Ihres Unternehmens bei der Erzielung von Kundenzufriedenheit zukommt. Um dies zu
erreichen, untersuchte Kano die Beziehung zwischen der Erfüllung unterschiedlicher
Kundenanforderungen und der Erzielung von Kundenzufriedenheit (vgl. Berger et al.
1993). Es wurde deutlich, dass ein Teil der Kundenanforderungen keinen oder nur einen
geringen Einfluss auf die Kundenzufriedenheit hat (vgl. die untere Kurve in Abb. 3.18).
Die Nichterfüllung derartiger Anforderungen, die als Basisanforderungen bezeichnet
werden, führt zwar zur Unzufriedenheit, deren Erfüllung aber nicht zu Zufriedenheit
oder Begeisterung. Kunden setzen eine Erfüllung dieser Basisanforderungen folglich
voraus. Deren Nichterfüllung führt zu Unzufriedenheit, deren Erfüllung selbst wird als
selbstverständlich hingenommen, ohne nachhaltig auf die Zufriedenheit einzuzahlen. Zu
diesen Basisanforderungen zählen bei Flugreisen bspw. die Sicherheit der Flugzeuge und
dass man am gebuchten Zielort ankommt. Bei Büchern wird bspw. erwartet, dass sich
die Blätter beim mehrfachen Durcharbeiten eines Buchs nicht aus der Bindung lösen. Ist
dies der Fall, steigt die Kundenzufriedenheit aber nicht an.
Leistungsanforderungen bewertet der Kunde nach dem Prinzip „je mehr, desto
besser“. Ein Mehr an erfüllten Leistungsanforderungen steigert die Zufriedenheit (vgl.
die mittlere Linie in Abb. 3.18). Hierzu zählen bei Flugreisen bspw. eine höherwertige
Verkostung auch in der Economy-Class oder die Gratisauswahl von Zeitungen und Zeit-
schriften. Bei einem Lehrbuch kann dies eine Online-Plattform sein, auf der weitere
wichtige Lehrinhalte bereitgestellt werden.
Erst die dritte Kategorie in Gestalt der Begeisterungsanforderungen kann beim
Kunden Begeisterung auslösen, weil hier Leistungen erbracht werden, die nicht erwartet
wurden. Werden solche Leistungen häufig erbracht, besteht allerdings die Gefahr, dass
diese zu Leistungsanforderungen mutieren und dann ebenfalls erwartet werden (vgl. die
obere Kurve in Abb. 3.18). Bei einem Lehrbuch könnte die tagesaktuelle Bereitstellung
von einschlägigen Artikeln, Videos, Fallstudien etc. zu Begeisterung führen – so lange,
bis auch dies als selbstverständlich angesehen wird und damit zur Leistungsanforderung
geworden ist.

Tipps für die Implementierung: Kano-Konzept


• Die besten Ergebnisse erzielen Sie, wenn Sie Workshops unter Einsatz des
Kano-Konzepts durchführen, zu denen Sie entweder die besonders wichtigen
Kunden, einen Querschnitt Ihrer Kunden oder Wunschkunden einladen.
• Sie können selbst – oder besser über einen externen Moderator – die Kunden
nach ihren Basis-, Leistungs- und Begeisterungsanforderungen befragen.
3.5 3-Horizonte-Modell 81

• Die Ergebnisse sind mit einer Metaplantechnik für alle sichtbar zu erfassen und
zu dokumentieren. So fördern Sie auch den kreativen Austausch.
• Zielführend ist es, wenn Mitarbeiter des Unternehmens (bspw. aus den
Bereichen Marketing und Vertrieb) – idealerweise zuhörend – an diesen Work-
shops teilnehmen.
• Sie werden häufig überrascht sein, welche (neuen) Leistungen bereits
Begeisterung bei den Kunden auslösen würden.
• Vielfach entwickeln die Kunden häufig Ideen, die einfach nur genial sind.
• Gleichzeitig werden häufig auch eklatante Lücken im Wissen der Kunden über
die Leistungen des Unternehmens sichtbar. Das heißt, dass Unternehmen viel-
fach schon wichtige Leistungen erbringen – die Kunden dies aber bisher nicht
mitbekommen haben.
• Derartige Customer-Insights und Anregungen liefern häufig Material für viele
Monate kreative Arbeit.

3.5 3-Horizonte-Modell

Um den strategischen Handlungsdruck in Ihrem Unternehmen zu ermitteln, sollten Sie


das 3-Horizonte-Modell einsetzen (vgl. Abb. 3.19; Baghai et al. 2000, S. 5–17; Blank
2015; orientiert an Kreutzer et al. 2017, S. 77 f.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass für
eine umfassende kreative Erneuerung von Produkten, Services und Geschäftsmodellen
nicht nur eine strategische Verankerung im Top-Management und (digitales) Wis-
sen in der gesamten Organisation notwendig sind, sondern auch zusätzliche Rahmen-
bedingungen, um Erfolge zu erzielen. Durch das 3-Horizonte-Modell können Sie prüfen,
wie durchgreifend das eigene Geschäftsmodell zu hinterfragen und ggf. zu überarbeiten
oder sogar abzulösen ist (vgl. vertiefend Schallmo et al. 2017). Wichtige Erkenntnisse
für dieses Konzept können Sie durch die Digital-Maturity-Analyse gewinnen (vgl.
Abschn. 4.10).
Die relevanten Inhalte der auf verschiedenen Horizonten angesiedelten Geschäfts-
modelle gestalten sich wie folgt (vgl. Abb. 3.20):

• Horizont-1-Geschäftsmodelle
Die Horizont-1-Geschäftsmodelle beschreiben den aktuellen Status eines Unter-
nehmens. Das heute existierende Geschäftsmodell wird abgebildet und ausgeführt.
Die dabei entstehenden Erträge und Cashflows stehen im Zentrum der Betrachtung.
Sie sind nicht zuletzt auch Voraussetzung dafür, dass Innovationsaktivitäten finan-
ziert werden können. Dieses Kerngeschäft soll ggf. erweitert und/oder verteidigt wer-
den. In diesen reifen Geschäftsmodellen gilt es, durch inkrementelle Verbesserungen
an Prozessen, Produkten und/oder Dienstleistungen Wachstum zu erhalten und
Profitabilität zu sichern.
82 3  Konzepte zur Entwicklung von Strategien

Innovationshöhe

Horizont 3: Neue disruptive


Geschäftsmodelle

Horizont 2: Neue Geschäftsmodelloptionen in


bestehenden Märkten

Horizont 1: Optimierung bestehender Geschäftsmodelle

Zeit

Abb. 3.19  Grundkonzept des 3-Horizonte-Modells. (Quelle: In Anlehnung an Baghai et al. 2000,


S. 5; Blank 2015)

6WUDWHJLVFKHU)LW
]ZLVFKHQ8PZHOW
XQG6WUDWHJLH +RUL]RQW +RUL]RQW +RUL]RQW

=HLW
+HXWH
+RUL]RQW± 0DQDJHUVLFKW +RUL]RQW± 8QWHUQHKPHUVLFKW +RUL]RQW± 9LVLRQlUH6LFKW
‡ +HXWLJHU)RNXVGLHDNWXHOOH ‡ %HZXVVWVHLQEHUGHQSHUVSHNWL ‡ +LQWHUJUXQGQHXH3DUDGLJPHQLQ
6WUDWHJLH YLVFKHQ 1LHGHUJDQJYRQ+RUL]RQW GHU%UDQFKH
‡ 6LHIXQNWLRQLHUWJXWELV $NWLYLWlWHQ ‡ +RUL]RQW$NWLYLWlWHQHUVFKHLQHQ
9HUlQGHUXQJHQLQGHU8PZHOW ‡ (QWZLFNOXQJYRQOHLVWXQJVIlKLJHQ ODQJHDOV]XHKUJHL]LJXQG
]XP1LHGHUJDQJIKUHQ± .RQ]HSWHQGLH+RUL]RQW$NWLYLWlWHQ LQQRYDWLY
LPPHUQXUHLQH)UDJHGHU=HLW DEO|VHQN|QQHQ ‡ +RUL]RQW,QQRYDWLYHQN|QQHQDOV
(QDEOHU IUGLHVH$NWLYLWlWHQ
ZLUNHQ

Abb. 3.20  3-Horizonte-Modell zur strategischen Analyse

• Horizont-2-Geschäftsmodelle
Die Horizont-2-Geschäftsmodelle entwickeln Optionen für Geschäftsmodellinnovationen
in Bezug auf relevante Märkte der bestehenden Horizont-1-Geschäftsmodelle. Neue, dar-
aus erwachsende Geschäftsmodellinitiativen werden oft mittels erheblicher Investitionen
aufgebaut. Bereits jetzt können diese Geschäftsmodelle initiale Erträge erzielen, obwohl
deren geschäftlicher Höhepunkt oft erst in vier bis fünf Jahren erreicht sein wird.
3.5 3-Horizonte-Modell 83

• Horizont-3-Geschäftsmodelle
Die Horizont-3-Geschäftsmodelle sind hochinnovativ (häufig auch disruptiv) und stel-
len Ansätze für vollkommen neue Geschäftslogiken dar. Um solche Geschäftsmodelle
zu entwickeln, kann eine vertiefende – und über das bisherige Tagesgeschäft hinaus-
gehende – Analyse einzelner Unternehmensfähigkeiten oder Kundengruppen erfol-
gen. Zusätzlich ist zu prüfen, welche ganz neuen Aktivitäten für das Unternehmen
lukrativ sein könnten (vgl. zu dieser Marktfeldstrategie Abschn. 3.2.1). Hier werden
strategische Optionen für disruptive Veränderungen erforscht und Ideen in konkrete
Modelle übergeführt.

Das 3-Horizonte-Modell zeigt die unterschiedlichen Reichweiten der Geschäftsmodell-


innovationen. Horizont-1-Geschäftsmodelle stellen bestehende Geschäftslogiken dar,
deren Ausführung im Fokus der bestehenden Organisation steht und für die vor allem
inkrementelle (digitale) Optimierung relevant sind. Dies kann bspw. die Verbesserung
des Kundenservices durch eine Verstärkung des Serviceteams sein. Oder es wird ein
CRM-System eingeführt, um die Kundenbetreuung eines E-Commerce-Unternehmens
zu verbessern. Die Innovationshöhe bleibt hier relativ gering. Auf diesem Horizont ver-
bessern Sie im Kern nur das bestehende Geschäftsmodell in Teilbereichen. So können
Sie bestehende Wettbewerbsvorteile absichern und/oder ausbauen.
Zusätzlich ist zu analysieren, ob Ihr Unternehmen – gleichzeitig – auch an Horizont-2-
und Horizont-3-Geschäftsmodellen arbeitet. Dabei liegt die Betonung auf gleichzeitig!
Hierzu können Sie nicht-digitale Horizont-1-Geschäftsmodelle erstmals in eine digitale
Welt überführen.

u Merk-Box 
Das 3-Horizonte-Modell lenkt Ihre Aufmerksamkeit auf eine besondere strate-
gische Herausforderung. Während auf der Horizont-1-Ebene das Tagesgeschäft
bearbeitet wird, muss Ihr Unternehmen parallel auf den Horizont-Ebenen 2
und 3 aktiv sein, um die Zukunft erfolgreich gestalten zu können.
Dafür hat sich in der Managementsprache der Begriff Ambidextrie (in Eng-
lisch „Ambidexterity“) für „Beidhändigkeit“ eingebürgert. Es geht schlicht
darum, heute sowohl das Tagesgeschäft zu meistern als auch die Zukunft auf
den Horizonten 2 und 3 zu gestalten. Denn das digitale Zeitalter führt zum
immer schnelleren Entstehen und Niedergang von Geschäftsmodellen.

Deshalb sollten Sie im Zuge des 3-Horizonte-Modells analysieren, ob in Ihrem Unter-


nehmen auch auf den Horizonten 2 und 3 bereits neue Geschäftsmodelle im Einsatz bzw.
in der Entwicklung sind. Während die Erfolgsrelevanz von Geschäftslogiken auf der
ersten Horizont-Ebene noch durch klassische geschäftsrelevante Metriken (wie Umsatz-
veränderung, Kundenzufriedenheitsindizes oder die Anzahl neugewonnener Kunden)
messbar ist, können diese Kenngrößen für Horizont-2- und Horizont-3-Modelle nicht,
nicht alleine oder nicht sofort genutzt werden. Hier geht es oftmals zunächst um das
84 3  Konzepte zur Entwicklung von Strategien

Generieren allgemeiner Lerneffekte, die durch iteratives Testen und den inkrementel-
len Aufbau neuer Leistungsangebote entstehen (vgl. Kreutzer et al. 2017, S. 78 f.).

u Merk-Box  Wenn Sie sich das 3-Horizonte-Modell zunutze machen, sollten Sie
sich über eines im Klaren sein: Im Zuge einer digitalen Transformation kann es
keine einheitliche Organisationsstruktur geben, die sowohl der reibungslosen
Abwicklung des Kerngeschäftes als auch der Generierung von (radikalen) digi-
talen Innovationen optimal dient.

Um durchgreifende kreative Erneuerungen von Produkten, Services und Geschäfts-


modellen zu erreichen, werden nicht nur eine strategische Verankerung im Top-­
Management und digitales Wissen in der gesamten Organisation benötigt (vgl. hierzu die
Digital-Maturity-Analyse in Abschn. 4.10). Es ist auch zu prüfen, ob Ihr Unternehmen
die Rahmenbedingungen schafft, damit neue Geschäftsmodelle, Produkte, Services etc.
Raum greifen können. Govindarajan und Trimble (2010, S. 10–14) haben hierfür das
nachfolgende Denkkonzept entwickelt, das Sie Ihrer Analyse zugrunde legen können
(vgl. Kreutzer et al. 2017, S. 101–110):

• Die Mehrheit der (etablierten) Unternehmen ist heute nur sehr eingeschränkt auf
die Entwicklung von bahnbrechenden Innovationen vorbereitet, die ggf. sogar das
eigene Geschäftsmodell, eigene Produkte und Dienstleistungen ganz oder partiell
infrage stellen. Das Herzstück dieser Unternehmen stellt vielmehr eine sogenannte
Performance-Engine dar. Diese entspricht gleichsam einem Motor, dessen Daseins-
zweck darin besteht, verlässlich und mit möglichst hohem Wirkungsgrad die defi-
nierten Produkte und Dienstleistungen in der gewünschten Qualität zu definierten
Kosten – häufig in hohen Stückzahlen – zu erzeugen. Hier ist an die Fließbänder
bei Volkswagen und Audi, aber auch an die Fertigungsstraßen bei BASF, Henkel und
­Unilever zu denken. Bei der Performance-Engine sind Stabilität, Vorhersehbarkeit,
Routine und Null-Fehler-Toleranz die dominierenden Erfolgsfaktoren.
• Die Performance-Engine dominiert dabei meist das gesamte Unternehmen. D ­ eshalb
werden alle Aktivitäten, die dem bekannten Muster zuwiderlaufen und die damit
für Unsicherheit und Ineffizienz sorgen, abgeblockt, zeitlich und/oder ressourcen-
mäßig unterversorgt oder sogar gänzlich abgestellt. Diese Verhaltensmuster sind
aus der Sicht der Performance-Engine kein ungewolltes Fehlverhalten, sondern die
Absicherung des eigenen Erfolgsmodells.
• Dieser Performance-Engine ist ein eher netzwerkartig organisiertes Konzept gegen-
überzustellen, welches viel schneller auf Veränderungen der Umwelt reagieren kann –
und darf. Hierfür kann der Begriff der Innovation-Engine eingesetzt werden. In die-
sem Bereich können – unabhängig vom Kerngeschäft des Unternehmens – innovative
digitale Projekte mit radikalem und/oder disruptivem Charakter entwickelt werden.
Die zentralen Leitideen sind Systemoffenheit, Fehlertoleranz und die Suche nach
3.5 3-Horizonte-Modell 85

zukünftigen strategisch wertvollen Geschäftsmöglichkeiten – unabhängig und unbe-


einflusst von der eigenen Performance-Engine.
• Eine Innovation-Engine braucht nicht zwingend innerhalb der eigenen Organi-
sation eingebunden sein – darf es sogar oft nicht. Denn die Nähe zum operativen
Geschäft kann sich als kontraproduktiv für digitale Transformationsaktivitäten heraus-
stellen. Es hat sich vielmehr vielfach bewährt, eigene Innovation-Center für diese
Aufgabenstellung zu etablieren. Auch die Gründung von und/oder die Beteiligung
an eigenständigen digitalen Unternehmen kann den notwendigen kreativen Frei-
raum schaffen. Eine so konzipierte Innovation-Engine wäre mit der heutigen Orga-
nisation zunächst nur relativ lose verbunden. Die Verknüpfung der entsprechenden
Investitionen bestünde primär auf gesellschaftsrechtlicher Ebene.
• Innerhalb der Innovation-Engine können verschiedene Aufgabenfelder definiert
werden. Hier kann bspw. am Aufbau einer digitalen Plattform zur Realisierung eines
neuen Geschäftsmodells für eine neue Zielgruppe gearbeitet werden – ohne dass bei
jedem Schritt geprüft werden muss, ob man damit eigene bisherige Aktivitäten kanni-
balisiert. Außerdem können „smarte“ und vernetzte Produktes mit tiefer Verankerung
in digitale Applikationen entwickelt werden, die als „digitale Versionen“ der bis-
her vertriebenen Produkte und Serviceangebote aus dem analogen Bereich obsolet
machen können.

Dazu bedarf es der Auflösung des organisatorischen Dilemmas. Ihre Aufgabe ist es, im
Zuge dieser Analyse festzustellen, ob es bereits den gewünschten Dualismus gibt: Auf
der einen Seite steht das „hierarchisch-mechanistisch gegliederte Managementsystem
des heutigen operativen Handelns“ (i. S. der Performance-Engine). Auf der anderen Seite
finden sich „verstärkt evolutionär und netzwerkartig organisierte Strukturen, um erfolg-
reiches Innovationshandeln zu unterstützen“ (i. S. der Innovation-Engine). Hier wird
nochmals die Relevanz des Begriffs „Ambidextrie“ sichtbar.
Ihre Aufgabe besteht darin festzulegen, inwieweit die bestehende Organisation lang-
fristig in Richtung einer dualen Organisation mit den in Abb. 3.21 beschriebenen Teilen
weiterzuentwickeln ist (vgl. Kotter 2014, S. 20–24).
Dabei gilt es sicherzustellen, dass eine Verknüpfung von Performance- und Inno-
vation-Engine nicht nur punktuell gegeben ist, sondern eine partnerschaftliche
Zusammenarbeit zwischen beiden Bereichen existiert. Eine Erfolgsvoraussetzung für
diese Zusammenarbeit besteht darin, dass alle Mitarbeiter der beiden Engines die Rele-
vanz der jeweils anderen erkennen und diese wertschätzen. Erst dann wird die Auf-
gabenteilung zwischen Performance- und Innovation-Engine in ihrer Bedeutung
für das längerfristige Überleben Ihres Unternehmens nachvollziehbar. So entstehen in
der Innovation-Engine neue Geschäftsideen, die für die nachhaltige Unternehmensent-
wicklung unverzichtbar sind. Eine Voraussetzung dafür ist allerdings die Bereitstellung
der Finanzmittel, die durch die Performance-Engine generiert werden.
Wie andere Unternehmen ihre Innovation-Engine organisiert haben, um sich bewusst
von der Kern-DNA des jeweiligen Unternehmens zu lösen, sehen Sie hier:
86 3  Konzepte zur Entwicklung von Strategien

3HUIRUPDQFH(QJLQH ,QQRYDWLRQ(QJLQH
KLHUDUFKLVFKVWUXNWXULHUWHU2UJDQLVDWLRQVWHLO QHW]ZHUNRULHQWLHUWHU2UJDQLVDWLRQVWHLO

Ŷ :RKOGHILQLHUWHXQGEHZlKUWH$EODXI  XQG Ŷ $XI$JLOLWlW ,QQRYDWLRQXQG6FKQHOOLJNHLW 


$XIEDXRUJDQLVDWLRQ DXVJHULFKWHWH$UEHLWVRUJDQLVDWLRQ
Ŷ 0DQDJHPHQWGHVRSHUDWLYHQ*HVFKlIWV± Ŷ 0DQDJHPHQWYRQ3URMHNWHQPLWUDGLNDOHP
RULHQWLHUWDQGHQ$QIRUGHUXQJHQQDFK GLVUXSWLYHPJJINDQQLEDOLVLHUHQGHP
9HUOlVVOLFKNHLW(IIL]LHQ]XQGQXOO)HKOHUQ &KDUDNWHU
Ŷ 9HUlQGHUXQJHQILQGHQSULPlULP=XJHYRQ Ŷ 2IIHQKHLW)HKOHUWROHUDQ])OH[LELOLWlWXQG
LQNUHPHQWHOOHQ6FKULWWHQGDU 6FKQHOOLJNHLWDOV]HQWUDOH$QIRUGHUXQJHQ

:LFKWLJ+LHUZLUGKHXWH GDV*HOGYHUGLHQW :LFKWLJ+LHUZLUGPRUJHQ GDV*HOGYHUGLHQW

Abb. 3.21  Schaffung eines Dualismus im Transformationsprozess

• Axel Springer Verlag: Plug & Play Accelerator GmbH, Berlin und Silicon Valley
• BASF: BASF New Business GmbH, BASF Venture Capital GmbH, Ludwigshafen
• Boehringer Ingelheim: Labor BI X
• Deutsche Telekom: Hubraum, Berlin
• IKEA: Space 10, Kopenhagen
• Merck: Innovation Center, Darmstadt
• Microsoft: Microsoft Accelerator, San Francisco – Berlin
• Procter & Gamble: Clay Street Project, Cincinnati

Eines haben alle diese Innovation-Engines gemeinsam: Sie sind meistens – auch räum-
lich – losgelöst von den Konzernzentralen und können (weitgehend) eine kreatives und
kulturelles Eigenleben führen und eine eigene DNA entwickeln. So können neue Ideen
wachsen, selbst wenn sie die bestehenden Geschäftsaktivitäten (langfristig) bedrohen
bzw. disrupten können (vgl. auch Poguntke 2016).

If we don´t create the thing that kills us – somebody else will!


u Merk-Box 

Tipps für die Implementierung: 3-Horizonte-Modell


• Bevor Sie das 3-Horizonte-Modell zur Anwendung bringen, sollten Sie es
zunächst einmal im Unternehmen vorstellen. Für viele Ihrer Gesprächspartner
könnte es noch „Neuland“ darstellen.
• Zeigen Sie auf, warum jedes Unternehmen gut beraten ist, auf allen Horizonten
gleichzeitig tätig zu sein (Stichwort: Ambidextrie).
• Prüfen Sie, ob der digitale Transformationsprozess in Ihrem Unternehmen über-
haupt schon begonnen hat – und wenn ja, auf welcher Ebene er steht.
• Meistens werden Sie feststellen, dass sich die Transformationsaktivitäten auf
den Horizont 1 konzentrieren und nur teilweise auf Horizont 2 ausstrahlen.
3.6  Konzepte zur Markenführung 87

• Der größte Handlungsbedarf besteht darin, das Unternehmen in seiner


Strategiearbeit auch auf Horizont 3 auszurichten.
• Hierfür sollten Sie das Denken in Performance- und Innovation-Engine in
Ihrem Unternehmen etablieren.
• Versuchen Sie, für Ihr Unternehmen eine Innovation-Engine zu starten, um
auch in Zukunft erfolgreich tätig sein zu können.

3.6 Konzepte zur Markenführung

Den Ausgangspunkt der Markenführung stellt für Sie die Definition der Markenidentität
dar. Dies ist die Kernaufgabe für die internen Stakeholder (vgl. Abb. 3.22; aufbauend auf
Kreutzer und Land 2017, S. 48–52). Die Markenidentität ist folglich das „Selbstbild der
internen Stakeholder“. Die für den Markenaufbau verantwortlichen Mitarbeiter eines Unter-
nehmens definieren im Rahmen der Markenführung, wie die Marke nach außen hin wirken
soll. Dieser Prozess kann sich an folgenden Kriterien und Fragen orientieren:

• Woher kommen wir? – unsere Herkunft


• Was können wir? – unsere eigenen Kompetenzen
• Woran glauben wir? – unsere unternehmerischen Werte

9LVLRQ
:RKLQZROOHQZLU"

3HUV|QOLFKNHLW
:LHWUHWHQZLUDXI"
:DVWXQZLU"
/HLVWXQJHQ

:HUWH 9HUVSUHFKHQHLQHV
:RUDQJODXEHQZLU" 0DUNHQQXW]HQV

.RPSHWHQ]HQ
:DVN|QQHQZLU"
7DWVlFKOLFKHV
0DUNHQYHUKDOWHQ

+HUNXQIW
:RKHUNRPPHQZLU"

Abb. 3.22  Definition der Markenidentität durch die internen Stakeholder. (Quelle: Orientiert an


Burmann et al. 2015, S. 43)
88 3  Konzepte zur Entwicklung von Strategien

• Wie treten wir auf? – unsere unternehmerische Persönlichkeit


• Was tun wir? – unsere eigenen Leistungen
• Wohin wollen wir? – unsere Vision

Die so definierten markenspezifischen Leistungen sind von Ihnen anschließend in ein


Markennutzungsversprechen und ein Markenverhalten zu übersetzen.
Zum Aufbau der Markenidentität können Sie auch auf den in Abb. 3.23 präsentierten
Markenidentitätsansatz zugreifen. Orientiert an der eigenen Markenkompetenz (Wer bin
ich?) werden auch hier verschiedene Fragen aufgeworfen, die eine Konkretisierung der
Markenidentität im Hinblick auf vier Bereiche ermöglichen (vgl. Burmann und Meffert
2005a, S. 51–66, 2005b):

• Was biete ich an? Markennutzen


• Wie biete ich an? Markentonalität
• Wie trete ich auf? Markenbild
• Welche Eigenschaften habe ich? Markenattribute

Der in Abb. 3.23 dargestellte Markenidentitätsansatz kann als Checkliste genutzt werden,


um die Markenidentität auf- bzw. auszubauen.

0DUNHQQXW]HQ
:DVELHWHLFKDQ"

)XQNWLRQDOHU1XW]HQ
3V\FKRVR]LDOHU1XW]HQ
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0DUNHQWRQDOLWlW
KDEHLFK"

(LJHQVFKDIWHQGHU 3HUV|QOLFKNHLWV
0DUNHQ
$QJHERWH PHUNPDOH
.RPSHWHQ]
%H]LHKXQJVPHUNPDOH
(LJHQVFKDIWHQGHV :HUELQLFK"
(UOHEQLVVH
8QWHUQHKPHQV
&'0HUNPDOH
'HVLJQ+DSWLN
*HUXFK*HVFKPDFN
.ODQJ
6RQVWLJH(LQGUFNH

0DUNHQELOG
:LHWUHWHLFKDXI"

Abb. 3.23  Markenidentitätsansatz. (Quelle: Nach Esch et al. 2005, S. 211)


3.6  Konzepte zur Markenführung 89

Im Zuge des Aufbaues einer Marke-Kunden-Bezi