6 Wärme-Management
zugeführt. Die im Bauelement umgesetzte Energie, die Wärmemenge Q, berechnet sich durch
Integration der Momentanleistung pV nach Gl. (6-2).
t
Wärmemenge Q ĩ pʛt ʜ d t in Ws (6-2)
0
Das Bauteil reagiert auf die zugeführte Wärmemenge Q mit einem Temperaturanstieg. Liegt
die Gehäusetemperatur ˊC über der Umgebungstemperatur ˊA, so erfolgt entsprechend Abb.
6-1 eine Wärmeübertragung vom Bauteil auf die Umgebung. Die Transportmechanismen sind:
Wärmeübertragung / heat transfer Mechanismus
Übertragung kinetischer
Wärm e l e i t u n g He a t cond u c t i n g Energie von Atomen bzw.
Elektronen.
Kon v e k t i o n Co n v e c t i o n Materialtransport (Luft)
Wär m e s t r a h l u n g Radia tio n Strahlung
Wärmeleitung
Die Temperatur steigt solange an, bis sich ein Gleichgewicht zwischen der zugeführten Ener-
gie mit der durch Konvektion- , Leitung und Strahlung abgeführten Energie einstellt. Dann hat
das Bauelement seine stationäre bzw. Beharrungstemperatur erreicht. Bei praktischen Anwen-
88 6 Wärme-Management
dungen sind immer mehrere Komponenten an der Wärmeübertragung beteiligt. Abb. 6-2 zeigt
einen solchen Anwendungsfall, bei dem eine Leistungsdiode D über eine Isolierscheibe I auf
einem Kühlkörper K befestigt ist. Der Kühlkörper stellt den Wärmeübergang zum gasförmigen
oder flüssigen Kühlmedium A her. Das Kühlmedium wird mit einer konstanten Temperatur,
der Umgebungstemperatur ˊA, angenommen.
Isolierung I
Kühlkörper
Siliziumkristall
K
J
Verlustleistung
PV
elektrische
Kühlmedium
Leitungen Gehäuse
A
C
Sperrschicht
Abbildung 6-3
-J -C -K -A
6.2 Das thermische Ersatzschaltbild 89
Der Widerstand Rth,JA beschreibt den Wärmetransport von der Sperrschicht (J) zur Umgebung
(A). Er setzt sich nach Abb. 6-5 aus dem inneren Wärmewiderstand Rth,JC und einem äußeren
Wärmewiderstand Rth,CA zusammen. Die thermischen Widerstände Rth,JC und Rth,CA sind über
den Gehäuseanschluss C verbunden. Die Temperaturen ǑJ, ǑC, und ǑA sind Absolutwerte und
beziehen sich auf 0 °C. In Abb. 6-5 wird ǑA durch eine Spannungsquelle eingestellt. In einer
Simulationsrechnung kann mit dieser Spannungsquelle eine Temperaturänderungen des Kühl-
mediums eingestellt werden.
J Abbildung 6-5
pV Rth,JC ʧ ˊJC
Temperaturen der einzelnen
C Komponenten in Abb. 6-2
Rth,CK ʧ ˊCK
Wärmewiderstände:
K Rth,JC: Sperrschicht-Gehäuse
Rth,KA ʧ ˊKA
Rth,CK: Gehäuse-Kühlkörper
-K -C -J
A Rth,KA: Kühlkörper-Kühlmedium
-A
0 °C Rth,JC + Rth,CK + Rth,KA = Rth,JA
90 6 Wärme-Management
1,0
Abbildung 6-6
0,8
F 0,6 Reduktionsfaktor F
0,4 Einfluss auf der Luft-
geschwindigkeit auf den
0,2
thermischen Widerstand.
F1
0 1 2 3 4 5 6 7 8
Luftgeschwindigkeit in m/s
Für forcierte Kühlung ist die Oberflächenbeschaffenheit des Kühlers praktsich ohne Bedeu-
tung. Im Gegensatz zur reinen Konvektionskühlung, bei der ein bestimmter Rippenabstand
nicht unterschritten werden sollte, muss für eine forcierte Kühlung eine möglichst große
Oberfläche mit entsprechend vielen Rippen vorgesehen werden.
6.2 Das thermische Ersatzschaltbild 91
Die Temperaturerhöhung verhält sich umgekehrt proportional zur Wärmekapazität Cth des
Bauelementes. Der Temperaturanstieg bleibt um so kleiner, je größer die zu erwärmende
Masse m ist und je größer die spezifische Wärmekapazität c ist (siehe Tab. 6.1).
Tabelle 6.1 Spezifische Wärmekapazität (Auswahl)
Bezogen auf die gleiche Temperaturdifferenz hat Wasser das größte Wärmespeichervermögen.
Praktisch wird das Bauelement während der Energieaufnahme gleichzeitig durch Strahlung,
Konvektion und Leitung thermische Energie abgeben, so dass sich nach einer gewissen Zeit
eine Beharrungstemperatur einstellt, bei der zugeführte und abgeführte Energie sich im
Gleichgewicht befinden. Die Erwärmung eines Bauteils berechnet sich bei einer konstanten
Leistungszufuhr (PV = konstant) nach Gl. (6-7). In Abb. 6-7 ist der entsprechende Tempera-
turverlauf dargestellt. Der Anfangswert ist ǑA.
t
PV ė
˃
ˊʛt ʜ ŏʛ1 ė e ʜ ʅ ˊA ˃ R thŏC th thermische Zeitkonstante (6-7)
Rth
W
Beharrungstemperatur Abbildung 6-7
Erwärmungsvorgang
ˊ Temperaturanstieg bei
'ˊ konstanter Energiezufuhr.
ˊA
0 t
92 6 Wärme-Management
J
pV Rth,JC Abbildung 6-8
Berücksichtigung der Wärmekapazität
C Ersatzschaltbild mit Wärmekapazität des
Kühlkörpers Cth,K für eine Simulation der
Rth,CK Sperrschichttemperatur ǑJ.
-C -J
A Rth,KA K
-A Cth,K -K
pV
0
t
Ǒ
ǑJ
150.0
°C
100.0
50.0
ǑC
ǑA
0
0 t
Abbildung 6-9 Temperaturverlauf bei pulsierender Verlustleistung pV und schwankender
Umgebungstemperatur ǑA (Tagesgang)
-A
Kontaktfläche A zum Kühlmedium, durch Rippen
und aufgerauhte Oberfläche maximiert.
Abbildung 6-10
Kühlmedium konstanter
Temperatur -A nimmt die
Wärmemenge Q auf
Wird die übertragene Wärmemenge Q auf die Zeit t bezogen, so erhält man mit Gl. (6-9) einen
Ausdruck für den Wärmestrom, der gleich der übertragenen Verlustleistung pV ist.
dQ
Wärmestrom ʱŏAŏʧ ˊ pV in W (6-9)
dt
Mit Gl. (6-10) kann der Wärmewiderstand Rth,KA für den Kühlkörper formuliert werden:
ʧˊ 1 K
Wärmewiderstand des Kühlkörpers R th,KA in (6-10)
pV ʱA W
Rth,KA verhält sich umgekehrt proportional zu der Kühlkörperoberfläche A und dem Wärme-
übergangskoeffizienten ʱ. In Abb. 6-11 sind beispielhaft Kurven für Rth,KA in Abhängigkeit
von der Kühlkörperoberfläche verschiedener blanker Materialien (Stahl, Kupfer, Aluminium)
angegeben. Zusätzlich sind Angaben für verschiedene Materialdicken enthalten.
10
K/W Abbildung 6-11
8
Stahl Wärmewiderstand blanker Kühlbleche in senkrechter
2 mm Anordnung
Rth,KA 6
Al À Der Widerstand Rth,KA sinkt mit zunehmender
4 2 mm
Oberfläche A. Wegen der ungünstigen Wärme-
Cu
1 mm verteilung innerhalb des Kühlkörpers strebt
2 Rth,KA einem Grenzwert zu.
Cu
0 2 mm À Eine weitere Vergrößerung von A ist nur bei
0 100 200 300 cm² 400 einer verbesserten Wärmeverteilung z. B. durch
eine größere Blechdicke (hier: 1 mm ɕ 2 mm)
A
sinnvoll.
Je dicker das Material ist, desto besser wird die Wärme innerhalb des Kühlkörpers verteilt und
desto geringer ist der thermische Widerstand. Werden diese Bleche zusätzlich geschwärzt, so
verbessert sich die Wärmeabstrahlung und die Rth,KA-Werte sinken auf ca. 70 %. In der Praxis
besteht bei mehreren Kühlkörpern aber die Gefahr, dass sich die Kühlkörper gegenseitig
aufheizen [20]. Angaben für Rth,KA beziehen sich im Allgemeinen auf freistehende eloxierte
Kühlflächen in senkrechter Ausrichtung mit reiner Konvektionskühlung. Für blanke bzw.
unbehandelte Oberflächen liegen die tatsächlichen Werte dann um ca. 15 % höher, bei hori-
zontaler Ausrichtung verschlechtert sich Rth,KA um 20 % [Angaben: austerlitz-electronic].
94 6 Wärme-Management
Wird der Wärmestrom nach Gl. (6-9) schließlich auf die zur Verfügung stehende Kühlfläche A
bezogen, so erhält man mit Gl. (6-11) die Wärmestromdichte.
1 dQ W
Wärmestromdichte ŏ ʱŏʧ ˊ in 2 (6-11)
A dt m
À Die Wärmestromdichte zeigt die Wirksamkeit eines Kühlverfahrens in Abhängigkeit vom
Kühlmedium auf, welches durch den Wärmeübergangskoeffizienten ʱ beschrieben wird.
À Für einen gegebenen Kühlkörper der Temperatur ˊK erhält man die abführbare Verlust-
leistung durch Multiplikation der Wärmestromdichte des Kühlmittels mit der Kühlkörper-
oberfläche A und der Temperaturdifferenz 'ˊ = (ˊK - ˊA) nach Gl. (6-12). ˊA beschreibt
die Temperatur des Kühlmediums).
À Ohne Temperaturerhöhung kann ein Kühlkörper keine Leistung übertragen!
PV ʱŏʧ ˊŏ A in W (6-12)
6.3 Kühlmedien
Erzielbare Werte für den Wärmeübergangskoeffizienten D und die abführbare Verlustleistung
bei A = 100 cm2 und 'ˊ = 50 K sind in Tab 6.2 angegeben:
Tabelle 6.2 Anhaltswerte für den Wärmeübergangskoeffizienten und die abführbare Leistung
(A = 0,01 m²) bei Luft- und Wasserkühlung
6.3.1 Luftkühlung
Luft ist ein elektrisch isolierendes Kühlmedium und kann in Bezug auf den Kühlkörper ruhend
oder bewegt sein (forcierte Belüftung). Die Luft verteilt die Wärme an die Umgebung. In
einem geschlossenen Raum steigt dadurch die Temperatur des Kühlmediums an (Konvektions-
heizung). Die Temperaturdifferenz 'ˊ ist durch die Verlustleistung gegeben. Damit die
Temperatur des Kühlkörpers nicht unzulässig ansteigt, muss für einen ausreichenden
Luftaustausch gesorgt sein. In geschlossenen Räumen kann z. B. durch einen Wärmetauscher
die Temperatur des Kühlmediums konstant gehalten werden. Damit der Kühlkörper nicht
verschmutzt muss die Kühlluft unter Umständen gefiltert werden. Es kann jedoch auch
günstiger sein, zu einem Flüssigkeitskühlung zu wechseln.
6.3 Kühlmedien 95
6.3.2 Wasserkühlung
Wasserkühlung wird allgemein als indirekte Kühlung eingesetzt. Das Wasser dient zum
Wärmetransport zwischen dem Lüftkühler und dem aktiven Bauelement und muss über eine
Pumpe umgewälzt werden. Abb. 6-12 zeigt den Aufbau einer Wasserkühlung für ein Halblei-
terbauelement. Das Bauelement überträgt die Wärme mit einem angekoppelten Wärmetauscher
auf das Wasser. Es gibt auch Leistungsbauelemente, deren Gehäuseboden selbst als
Wärmetauscher ausgeführt ist. Derzeit kann eine Verlustleistung von über 4 kW pro Bau-
element (IGBT) abgeführt werden. Wichtig ist eine turbulente Strömung im Wärmetauscher
um das für die Wärmeübertragung ungünstige Strömungsprofil einer laminaren Strömung zu
vermeiden. Die Wärmekapazität solcher Kühlsysteme ist allerdings sehr gering, so dass bei
Ausfall des Wasserkreislaufs die Leistung sofort abgeschaltet werden muss. Bedingt durch den
geschlossenen Wasserkreislauf mit einem Wasser-Luftkühler ist die Rücklauftemperatur des
Kühlwassers mindestens 3 K höher als die Umgebungstemperatur ˊA. Die abführbare Leistung
ist durch die Differenz von Hin- und Rücklauftemperatur (ʧˊ) und dem Volumenstrom des
Kühlmediums gegeben.
Wärmetauscher Kühlluft ( ˊA )
Pumpe
Kühlwasser
Tank Rücklauf
6.3.3 Siedekühlung
Zum Verdampfen einer Flüssigkeit wird eine bestimmte Wärmemenge, die Verdampfungs-
wärme r benötigt. Bei der Siedekühlung wird diese Wärmemenge dem Verdampfer von der
Wärmequelle (als Verlustleistung) zugeführt. Wird dieser Dampf anschließend in einem
Kondensator durch Abkühlung wieder verflüssigt, so wird die Verdampfungswärme als Kon-
densationswärme an den Kondensator abgegeben. Es findet durch den Phasenübergang des
Kühlmediums ein Wärmetransport vom Verdampfer zum Kondensator statt (Kühlschrank-
Prinzip). Der Wärmetransport zum Kühlkörper setzt eine Temperaturdifferenz zwischen
Verdampfer und Kühlkörper von bis zu 5 K voraus. Der Verdampfer hat einen kleinen Quer-
schnitt, wie er durch die Bauteilgeometrie vorgegeben ist, und der Kondensator eine große
Oberfläche AK, so wie es zur Wärmeabgabe an die Kühlluft erforderlich ist. Als Siedemittel
kann z. B. Wasser eingesetzt werden. Der erforderliche Siedepunkt der Flüssigkeit wird über
den Innendruck der Wärmeleitung eingestellt. Die Heatpipe hat einen sehr hohen Wärme-
übergangskoeffizienten, welcher im Bereich 5000 W/m²K < Į < 10000 W/m²K liegt. Wird in
96 6 Wärme-Management
die Wärmeleitung, die in Abb. 6-13 als „Heatpipe“ bezeichnet wird, eine elektrische Isolierung
eingebaut, dann muss auch das Siedemittel elektrisch isolierend sein.
Kondensator
Wärmezufuhr Abbildung 6-13
dampfförmig
Isolator Prinzip des Heatpipe-Kühlkörpers
À Das Bauelement ist wie auf
Kühlmittelkreislauf einem normalen Kühlkörper
montiert.
Verdampfer
À Der Wärmetransport erfolgt
flüssig durch den Phasenwechsel des
Kühlbleche mit der Kühlmediums
Oberfläche AK
Eine andere Ausführung der Siedekühlung zeigt Abb. 6-14. Bei der Siedebadkühlung taucht
man die zu kühlenden Bauelemente mit einem Siedekörper (Verdampfer) vollständig in das
isolierende Siedemittel ein. Der Wärmetransport erfolgt auch hier über den Phasenwechsel des
Siedemittels mit einem Temperaturgefälle von nur wenigen Kelvin. Die Oberfläche des Kon-
densators AK hat eine gleichmäßige Temperaturverteilung und wird so groß gewählt, wie es für
eine Luftkühlung erforderlich ist [15, 17]. Der Wärmetransport von der Verlustleistungsquelle
zum Kühlkörper erfolgt bei der Siedekühlung (im Gegensatz zur Wasserkühlung) ohne
zusätzliche Pumpen.