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Techno-ökonomische Zukunftsperspektiven im
Personenkraftwagenbereich
Kritische Analyse einer Kosten-Nutzen-Untersuchung von
Elektrofahrzeugen und Plug-In Hybriden
Seminararbeit im Bachelorstudiengang
Betriebswirtschaftslehre
an der
Universität Bayreuth
Matr.-Nr.: 1562390
Datum der Abschlusspräsentation: 08.07.2020
Vorgelegt am: Lehrstuhl für Technologie- und Innovationsmanagement
Prof. Dr. Stefan Seifert
Betreuer/in: Mona Kabus
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung ................................................................................................................................ 1
6. Literaturverzeichnis ................................................................................................................ 14
Im Folgenden wird der wissenschaftliche Artikel “Fully electric and plug-in hybrid cars - An
analysis of learning rates, user costs, and costs for mitigating CO2 and air pollutant emissions” von
Martin Weiss, Andreas Zerfass und Eckard Helmers ausführlich erläutert und analysiert. Dabei
wird der wissenschaftliche Artikel in die vorhandene Literatur eingeordnet worauf eine kritische
Auseinandersetzung folgt.
Die Untersuchung begrenzt sich auf den deutschen Personenkraftwagenmarkt in den Jahren 2010
bis 2016. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf Preisentwicklungen, Nutzungskosten und
Emissionsminderungskosten sämtlicher Untersuchungsfahrzeuge. Der Artikel hat unter anderem
das Ziel, politischen Entscheidungsträgern Handlungsempfehlungen für eine erfolgreiche
Elektrifizierung des Personenkraftwagenverkehrs zu geben. Dabei werden Marktbarrieren wie
hohe Preise, ungenügende Ladeinfrastruktur, geringe Reichweiten und lange Ladezeiten
thematisiert (Coffman et al., 2016; Nilsson & Nykvist, 2016). Diese Handlungsempfehlungen
entspringen aus der Diskussion und dem Aufzeigen ineffizienter Maßnahmen aus der
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Vergangenheit und beinhalten entsprechende und konkrete Gegenvorschläge für das zukünftige
Handeln.
Ein Fahrzeug, welches mit einem Verbrennungsmotor und einem oder mehreren Elektromotoren
ausgestattet ist, seine Antriebsenergie aus Kraftstoff und/oder aus elektrischer Energie bezieht und
an einer externen Energiequelle geladen werden kann, wird als Plug-In Hybrid klassifiziert. Hier
wird nicht zwischen den verschiedenen Antriebsarten bei Plug-In Hybriden differenziert.
2.2. Datenerhebung
In diesem Teil der Seminararbeit werden die Methoden der Autoren genannt und beschrieben.
Insbesondere wird die Herkunft der Daten aufgezeigt und für die Untersuchung getroffene
Annahmen begründet.
Um eine möglichst große Datenmenge zu untersuchen, haben die Forscher alle zum Verkauf
stehenden Elektrofahrzeuge und Plug-In Hybride in Deutschland zwischen 2010 und 2016 anhand
einer Internetrecherche zusammengetragen. Wegen des niedrigeren Verkaufspreises wurden
Fahrzeuge mit Batterie-Leasingangeboten ausgeschlossen. Dadurch konnte eine Verzerrung der
Preise unterbunden werden. Daten über Produktionsjahr, Marke, Modell, Fahrzeugtypus und –
größe, sowie Leistung wurden gesammelt, um die Fahrzeuge klassifizieren zu können. Jedem
elektrifizierten Untersuchungsfahrzeug wurde nach der vorherigen Klassifizierung ein passendes
konventionelles Fahrzeug mit Schaltgetriebe zugeteilt. Durch den Ausschluss von Fahrzeugen mit
Automatik-Getrieben entstand eine homogene Datenmenge, da Fahrzeuge mit Schaltgetriebe
untereinander einer geringeren Preisvarianz unterliegen (ADAC, 2016 nach Weiss et al., 2019).
Zusätzlich wurden folgende Daten von Fahrzeugherstellern oder Dritten (Fachzeitschriften oder
Internet) für alle Pkw gesammelt: Verkaufspreis [EUR], Leistung [kW], Ladekapazität (falls
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verfügbar) [kWh], zertifizierte Verbrauch [kWh/100km; l/100km], CO2 Emissionen [gCO2/km]
und zertifizierte Abgasstandards. Um die realen Fahrzeugpreise zu berechnen, verwenden die
Autoren Informationen über Umsatzsteuersätze von Statista (2017) und die jährlichen
Inflationsraten von Eurostat (2017).
Die Nutzungskosten wurden anhand der Daten des ADACs, (2017 nach Weiss et al., 2019) über
Wartungskosten, Versicherung und Zulassung abgeleitet. Kraftstoff- und Strompreise,
Jahresfahrleistung, Nutzungsdauer und der Verbrauch unter Realbedingungen haben den
Datensatz vervollständigt. Aufgrund der unbekannten Batterielebensdauer (Helmers & Weiss,
2017; Myall et al., 2018), des 6-jährigen Abschreibezeitraumes von kommerziell genutzten Pkws
(BMF, 2017) und der des ADACs (2017) zugrunde liegenden 6-jährigen Testdauer für die
Berechnung der Wartungskosten, bestimmen die Autoren eine Nutzungsdauer der Fahrzeuge von
6 Jahren.
Es wurden insgesamt zwei Sensitivitätsanalysen durchgeführt. Bei einer solchen Analyse wird
untersucht, welchen Einfluss eingehende Modellparameter auf die Ergebnisse haben (Kausche,
2018). Im ersten Fall war der Grund für die Durchführung einer Sensitivitätsanalyse das
Anerkennen der Autoren, dass Fahrzeuge über einen längeren Zeitraum als 6 Jahre genutzt werden
könnten. Für die Sensitivitätsanalyse wurde somit eine längere und realistischere Nutzungsdauer
von 11 Jahren und eine Laufleistung von 150.000km in die Berechnungen miteinbezogen. Dabei
wurden jährliche Wartungs- und Versicherungskosten der 6-Jahres-Variante angenommen und die
mögliche Notwendigkeit eines Batterietausches durch die längere Nutzungsdauer
außenvorgelassen.
Ein weiterer Analyseaspekt der Autoren sind Emissionsminderungskosten. Laut Autoren sind dies
die zusätzlichen Nutzungskosten, die durch die Unterschreitung des Emissionsniveaus
konventioneller Fahrzeuge durch Elektrofahrzeuge und Plug-In Hybride entstehen. Diese
Mehrkosten entstehen dem Konsumenten und wurden von den Autoren in CO2-, NOX- und
Feinstaubminderungskosten unterteilt. Um die CO2- und NOX-Minderungskosten zu berechnen,
wurden folgende Daten verwendet:
2.3. Datenanalyse
In diesem Teil der Seminararbeit wird die Methodenanalyse weitergeführt. Explizit werden hier
mathematische Gleichungen der Autoren beschrieben. Die Gleichungen beinhalten dabei die
Daten und Annahmen, die zuvor bestimmt wurden. Das Ziel der Autoren ist die Durchführung
einer Kosten-Nutzen-Analyse.
Der korrigierte Nominalpreis Pit und die Preisdifferenz ΔPit der Fahrzeuge untereinander bilden
dabei die Grundlage. Unter Zunahme der Leistungswerte [kW] sämtlicher Fahrzeuge und bei
Elektrofahrzeugen zusätzlich der Batteriekapazität [kWh] werden die absoluten Preise relativiert.
Das Ergebnis ist der spezifische Preis [EUR2015/kW; EUR2015/kWh]. Aus den Durchschnittswerten
dieser Faktoren wird darauffolgend eine Nichtlineare Regressionsanalyse durchgeführt. Eine
Nichtlineare Regressionsanalyse ist eine Methode, mit welcher Wachstumsmodelle berechnet
werden können (Backhaus et al., 2016). Die daraus entstandene Funktion stellt die jährliche
kumulierte Fahrzeugproduktion dar (Weiss et al., 2019). Diese Produktionsfunktion wird mit einer
Lernrate potenziert, welche die Minderungsrate der Preise und Preisdifferenzen durch die
Verdopplung der Produktion darstellt (Weiss et al., 2019).
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Durch den Einbezug der genannten Aspekte entsteht eine Funktion, welche die kumulierte
Produktion sämtlicher untersuchten Fahrzeuge darstellt. Mit Hilfe dieser Funktion stellen die
Autoren eine Gleichung auf, welche die erforderliche kumulierte Herstellungsmenge von
Elektrofahrzeugen und Plug-In Hybriden zur Erreichung einer Preispariät mit konventionellen
Fahrzeugen berechnen lässt.
Um die Nutzungskosten zu berechnen, verwenden die Autoren eine Funktion, welche die
entstehenden Kosten der Nutzungsdauer und Jahresfahrleistung gegenüberstellt. In die
entstehenden Kosten fließt der absoluten Preis [EUR2015], die jährlichen Unterhaltungskosten,
die Jahresfahrleistung [km], der realer Strom- oder Kraftstoffverbrauch pro 100 km [kWh/ 100
km; I/100 km], der Strom- oder Kraftstoffpreis [EUR2015/kWh; EUR2015/l] und die
Nutzungsdauer ein (Weiss et al., 2019). Das Ergebnis ist ein Quotient, der angibt wie viel das
untersuchte Fahrzeug pro km kostet.
Für die Berechnung von NOX- und Feinstaubpartikelminderungskosten werden dabei folgende
Aspekte berücksichtigt:
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(i) Distanzabhängige NOX- und Feinstaubemissionen unter realen Bedingungen
(ii) Emissionen bei Stromerzeugung bei Elektrofahrzeugen und Plug-In Hybriden
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Plug-In Hybriden zeigen die Werte weniger starke Entwicklungen. Dies kann auf die kleinere
Diskrepanz zwischen Plug-In Hybriden und konventionellen Fahrzeugen zu Anfang des
Untersuchungszeitraums zurückgeführt werden. Hier wurden Lernraten im Preis von 6 ± 1% und
Lernraten bei Preisdifferenzen 37 ± 2% festgestellt. Die absoluten Preisdifferenzen zwischen Plug-
In Hybriden und konventionellen Fahrzeugen sinkt von 182 ± 11 EUR2015/kW in 2011 auf eine
annähernde Parität von 20 ± 38 EUR2015/kW. Hieraus wird eine Wettbewerbsfähigkeit hinsichtlich
des Preises von Plug-In Hybriden gegenüber konventionellen Fahrzeugen suggeriert.
Die Autoren stellen die Annahme auf, dass unter einer anhaltenden Preisstabilität konventioneller
Fahrzeuge aus dem Jahr 2016 und der Fortführung der Lernraten bei Elektrofahrzeugen und Plug-
In Hybriden, mit der Produktion von 7 ± 1 Millionen Elektrofahrzeugen und 5 ± 1 Millionen Plug-
In Hybriden eine Preisparität mit konventionellen Fahrzeugen erreicht werden kann.
Die Nutzungskosten von Elektrofahrzeugen sind dabei konstant. Plug-In Hybride und
konventionelle Fahrzeuge werden im Durchschnitt teurer. Zerfass (2017 nach Weiss et al., 2019)
nimmt an, dass die Nutzungskosten durch die Vergrößerung der Fahrzeuge und durch die
Steigerung der Leistung beeinflusst werden. Diese Markttendenz führt zu höheren Verbräuchen
und schließlich auch zu höheren Nutzungskosten (Zerfass, 2017 nach Weiss et al., 2019). Es fällt
zudem auf, dass die Nutzungskosten von Plug-In Hybriden deutlich höher sind als die von Elektro-
oder konventionelle Fahrzeugen. Dies kann laut Autoren darin begründet sein, dass Plug-In
Hybride durchschnittlich höhere Preise, mehr Leistung und einen höheren Verbrauch aufzeigen.
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In allen drei Untersuchungseinheiten wurde festgestellt, dass Elektrofahrzeuge und Plug-In
Hybride ein Potenzial zur Emissionsminderung gegenüber konventionellen Fahrzeugen
vorweisen.
Die Autoren haben bei der Untersuchung der CO2-Minderungskosten keinen durchgängigen Trend
feststellen können. Dies ist unter anderem dadurch begründbar, dass vier verschiedene Szenarien
(siehe Kapitel 2.3) zur Berechnung der CO2-Minderungskosten verwendet wurden, welche jeweils
Schwerpunkte auf unterschiedliche Aspekte gelegt haben und deswegen verschiedenartige
Ergebnisse liefern. Zudem ist die Methodik laut Autoren anfällig für Fälle, in denen die CO2-
Einsparung niedrig war. In diesen Fällen resultierten hohe CO2-Minderungskosten, was zu
Verzerrungen führen kann.
Die Autoren haben herausgefunden, dass die CO2-Minderungskosten bei Elektrofahrzeugen über
den Untersuchungszeitraum sinken. Bei einer ganzheitlichen Betrachtung der Wirkungskette vom
Bohrloch bis zum Rad, der sogenannten „Well-to-Wheels-Analyses“ (EC, 2016) steigen die CO2-
Minderungskosten von Elektrofahrzeugen um einen Faktor von 1,3 bis 2,6 im Vergleich zu den
zertifizierten Abgaswerten (Weiss et al., 2019). Die CO2-Emissionen bei der Batterieherstellung
erhöhen den Median der CO2-Minderungskosten von Elektrofahrzeugen zusätzlich um 20 bis 34%
(Weiss et al., 2019). Die beiden letzten Szenarien beleuchten hier die Schwachstellen der
Elektrofahrzeuge. Durch eine ganzheitlichere Untersuchung verliert das Elektrofahrzeug eindeutig
an CO2-Minderungspotenzial.
Im Vergleich dazu fanden die Autoren heraus, dass Plug-In Hybride im Szenario der zertifizierten
Abgasemissionen sinkende CO2-Minderungskosten aufweisen, wobei beim Szenario der realen
Straßenemissionen kein durchgängiger Trend erkannt werden konnte. Über die gesamte
Wirkungskette haben Plug-In Hybride im Vergleich zu konventionellen Fahrzeugen ein geringeres
CO2-Minderungspotezial. Dieses Ergebnis bedeutet, dass Plug-In Hybride durch ihre indirekten
Emissionen im Vergleich zu konventionellen Fahrzeugen teilweise eine schlechtere CO2-Bilanz
haben.
Eine Sensitivitätsanalyse der Autoren unter der Annahme einer Stromzusammensetzung aus
mehrheitlich erneuerbaren Energien und Emissionen in Höhe von 131g CO2/kWh anstatt 707g
CO2/kWh lässt die CO2-Minderungskosten unter der ganzheitlichen Betrachtung um 60% sinken.
Eine weitere Sensitivitätsanalyse unter Annahme einer Nutzungsdauer von 11 Jahren und 150.000
km Laufleistung ergibt ähnliche Einsparungspotenziale. Der Strommix und die Nutzungsdauer
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sind somit von großer Bedeutung für das CO2-Minderungspotenzial von elektrifizierten
Fahrzeugen.
In der zweiten Einheit der Untersuchung der Emissionsminderungskosten haben die Autoren
herausgefunden, dass elektrifizierte Fahrzeuge im Vergleich zu konventionellen Fahrzeugen ein
NOX-Minderungspotenzial haben. Elektrofahrzeuge zeigen in dem Untersuchungszeitrum
fallende Minderungskosten wobei sich bei Plug-In Hybriden kein einheitlicher Trend erkennen
lässt. Die Autoren haben herausgefunden, dass bei Elektrofahrzeugen zwischen 2010 und 2016
eine robuste Abwärtsentwicklung der NOX-Minderungskosten stattgefunden hat. Die Werte sind
in dem Jahr 2016 um 76% auf 1,8 x 106 EUR/t NOX bei Benzin-Fahrzeugen und um 48% auf 3,0
x 105 EUR/t NOX bei Diesel-Fahrzeugen gesunken. Diese Zahlen zeigen das NOX-
Einsparpotenzial von Elektrofahrzeugen im Vergleich zu konventionellen Fahrzeugen.
Eine Sensitivitätsanalyse unter der Annahme einer Nutzungsdauer von 11 Jahren und 150.000 km
führt zu einer weiteren Reduktion um die Hälfte, was das vorherige Ergebnis bestätigt. Wird
allerdings ein ganzheitlicherer Ansatz gewählt, der die Stickoxid-Emissionen der
Batterieproduktion miteinbezieht, stoßen Elektrofahrzeuge in den Jahren 2014 und 2016 und Plug-
In Hybride im Allgemeinen mehr NOX als konventionelle Fahrzeuge aus (Weiss et al., 2019). Zu
diesen Ergebnissen könnte neben den NOX-Emissionen bei der Batterieherstellung zusätzlich der
Einfluss von vergleichsweise hohen NOX-Emissionen von Diesel Plug-In Fahrzeugen führen.
In der dritten Einheit der Untersuchung von Emissionsminderungskosten haben die Autoren
herausgefunden, dass Elektrofahrzeuge im Vergleich zu konventionellen Fahrzeugen in der Lage
sind Feinstaubemissionen zu mindern. Im Untersuchungszeitraum sinken die
Feinstaubminderungskosten von Elektrofahrzeugen um 92% von 3,3 x 104 EUR/1017 auf 2,7 x 103
EUR/1017 im Vergleich zu konventionellen Benzin-Fahrzeugen und um 58% von 3,5 x 105
EUR/1017 auf 1,5 x 105 EUR/1017 bei konventionellen Diesel-Fahrzeugen. Die Autoren vermuten,
dass aufgrund der vielen Benzinfahrzeuge ohne Feinstaubfilter die Feinstaubminderungskosten
von Elektrofahrzeugen im Vergleich zu Dieselfahrzeugen höher ausfallen. Eine
Feinstaubminderung von Plug-In Hybriden gegenüber konventionellen Fahrzeugen konnte nicht
erkannt werden. Somit zeigen Elektrofahrzeuge ein höheres Feinstaubeinsparpotenzial als Plug-In
Hybride.
Die Gesamtheit der Ergebnisse aus der Kosten-Nutzen-Analyse lässt die Autoren zu der
Schlussfolgerung kommen, dass der Fokus der Automobilindustrie und der politischen
Entscheidungsträger nicht unbedingt auf Kosteneinsparungen, sondern auf den
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Rahmenbedingungen für elektrifizierte Fahrzeuge liegen sollte. Explizit thematisiert die
Handlungsempfehlung der Autoren den Abbau der Risikoaversion und der Aufbau von
Kundenerfahrungswerten. Dies kann laut der Autoren durch das Angebot attraktiver Leasing-
Verträge, verlängerter Garantien, verbesserter Ladeinfrastrukturen und Rücknahmeoptionen
realisiert werden.
Bei der Untersuchung der Preisspezifischen Lernraten fanden sie heraus, dass Elektrofahrzeugen
gegenüber konventionellen Fahrzeugen im Durchschnitt einen höheren Preis aufweisen. Diese
Ergebnisse stimmen mit einer Vielzahl von Forschungen überein (Delucchi & Lipman, 2001;
Safari, 2018; Weiss et al., 2012). Die Autoren haben auch herausgefunden, dass diese
Preisdifferenz durch Lernraten im Preis von 23 ± 2% bei Elektrofahrzeugen und 6 ± 1% Plug-In
Hybriden und durch Lernraten in der Preisdifferenz von 32 ± 2% beziehungsweise 37 ± 2% sinken.
Im Vergleich zu vorhandener Literatur übersteigen diese Werte die Ergebnisse von Lernraten bei
Elektrofahrzeugen von 9 ± 2% (Safari, 2018). Dabei ist zu bemerken, dass die Batterie den größten
Kostenfaktor eines Elektroantriebes ausmacht (Safari, 2018) und somit Lernraten der Batterien
mit denen der Fahrzeugpreise zusammenhängen könnten. In dem Zusammenhang zeigen frühere
Studien Lernraten von 17% (Nagelhout & Ros, 2009). Ein weiterer Grund für die Diskrepanz
könnte die Auswahl der Untersuchungsfahrzeuge sein. Hierbei wurden ausschließlich in
Deutschland verkaufte Elektrofahrzeuge untersucht und es wurden günstigere Fahrzeuge mit
Batterie-Leasingverträgen ausgeschlossen.
Die Ergebnisse der Autoren bezüglich der Lernraten im Preis von 6 ± 1 % und 37 ± 2% in der
Preisdifferenz von Plug-In Hybriden lassen sich in der vorhandenen Literatur in ähnlicher Weise
wiederfinden. Eine frühere Untersuchung von Weiss et al. (2012), bei der ebenfalls Lernraten von
Elektrofahrzeugen und Plug-In Hybriden untersucht wurden, zeigen sich Ergebnisse für die
Lernraten von Plug-In Hybriden im Preis von 7 ± 2% und in der Preisdifferenz von 23 ± 5%.
Ebenfalls findet sich die allgemeine Erkenntnis der annähernden Preisparität (Weiss et al., 2019)
bei Bubeck et al. (2016) und Weiss et al. (2012) wieder.
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Zudem haben die Autoren unter der Annahme einer anhaltenden Preisstabilität konventioneller
Fahrzeuge aus dem Jahr 2016 und der Fortführung der Lernraten bei Elektrofahrzeugen und Plug-
In Hybriden prognostiziert, dass mit der Produktion von 7 ± 1 Millionen Elektrofahrzeugen und 5
± 1 Millionen Plug-In Hybriden eine Preisparität mit konventionellen Fahrzeugen erreicht werden
kann. Ähnliche Prognosen wurden in früheren Untersuchungen von Weiss et al. (2012)
durchgeführt. Dabei wurde berechnet, wie hoch die benötigte Produktionsmenge von
Elektrofahrzeugen ist, um eine Preisparität mit Plug-In Hybriden und konventionellen Fahrzeugen
zu erreichen. Der Wert von 50 Millionen beziehungsweise 80 Millionen benötigten
Elektrofahrzeugen, um eine Preisparität mit Plug-In Hybriden beziehungsweise konventionellen
Fahrzeugen zu erreichen, überschreitet den Wert von Weiss et al. (2019) um ein Vielfaches. Ein
plausibler Grund für die Abweichung könnte die damalige Unterschätzung des großen Fortschritts
im technologischen Lernen bei Elektrofahrzeugen sein (Weiss et al., 2019).
In der Untersuchung der Autoren hinsichtlich der Nutzungskosten war über den
Untersuchungszeitraum kein einheitlicher Trend zu erkennen. Es stellte sich jedoch heraus, dass
Elektrofahrzeuge und konventionelle Fahrzeuge ähnlichen Nutzungskosten unterliegen und Plug-
In Hybride höhere Nutzungskosten aufweisen. Dies wurde in einer früheren Untersuchung von
Delucchi & Lipman (2001) thematisiert. Delucchi & Lipman (2001) behaupten, dass
Batterieherstellungskosten auf 100 USD/kWh sinken müssen und eine verlängerte Nutzungsdauer
von 12 Jahren oder mehr notwendig ist, damit Elektrofahrzeuge eine Wettbewerbsfähigkeit
erreichen können. Die verlängerte Nutzungsdauer wird von den Autoren in einer
Sensitivitätsanalyse berücksichtigt und deren Ergebnis der annähernden Nutzungskostenparität
stimmt mit den Prognosen von Delucchi & Lipman (2001) überein. Zudem liegen die
Batteriepreise im Jahr 2019 bei durchschnittlich 156 USD/kWh (IEA, 2020), welches annähernd
der Bedingung von Delucchi & Lipman (2001) entspricht.
In dem letzten Teil der Untersuchung wurden Emissionsminderungskosten berechnet. Dabei haben
die Autoren festgestellt, dass Elektrofahrzeuge und Plug-In Hybride durchschnittlich ein Potenzial
zur Emissionsminderung gegenüber konventionellen Fahrzeugen vorweisen. Dieses Potenzial
wurde in einer Studie von Chen et al. (2018) bestätigt und mit 50% CO2-Minderungspotenzial von
Elektrofahrzeugen gegenüber konventionellen Fahrzeugen quantifiziert. Die Ergebnisse der
Autoren für die CO2-Minderungskosten variieren je nach Szenario für die Fahrzeuge beider
Klassen. Ramachandran & Stimming (2015) bestätigen mit ihrem Ergebnis aus ihrer “well-to-
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wheel-analyses” diese Abhängigkeit des Testszenarios. Laut REN21 (2020) hängt das Ergebnis
an dem Anteil erneuerbarer Energien beim Aufladen ab.
In der zweiten und dritten Einheit der Untersuchung der Emissionsminderungskosten haben die
Autoren herausgefunden, dass elektrifizierte Fahrzeuge ein NOX- und
Feinstaubminderungspotenzial haben. Die Einsparungen sind jedoch gering und haben
demzufolge hohe Emissionsminderungskosten. Ebenso haben die Autoren herausgefunden, dass
durch moderne Katalysatoren eine kosteneffizientere Abgasnachbehandlung stattfinden kann.
Diese Annahme des Einsparpotenzials und der Kosteneffizienz findet sich in der Studie von Dhal
et al. (2017) wieder, in der eine Reduktion von NOX von bis zu 100% und von Rußpartikel bis zu
84% durch Abgasnachbehandlungssysteme gefunden wurde. Eine kostengünstige
Emissionsreduktion durch die Implementierung dieser Systeme stellt demzufolge ein großes
Potenzial dar.
5. Kritische Auseinandersetzung
Nachdem der wissenschaftliche Artikel hinsichtlich der Forschungsfrage, Methodik und
Ergebnisse erläutert und in die Literatur eingeordnet wurde, wird der Artikel anhand dieser
Aspekte im Folgenden kritisch diskutiert.
Insgesamt wird die Forschungsfrage nach einer Kosten-Nutzen-Analyse durch die Ergebnisse und
die Auflistung von Handlungsempfehlungen bezüglich der Überwindung von Marktbarrieren
hinreichend beantwortet. Die Durchführbarkeit der Handlungsempfehlungen wird dabei jedoch
nicht beurteilt. Kritisch zu sehen sind dabei beispielsweise Rücknahmeangebote von Herstellern.
Die Kontrollierbarkeit der dadurch möglicherweise entstehenden Kosten wurde von den Autoren
nicht berücksichtigt.
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Die ausgewählten Methoden führen mehrheitlich zu qualitativ hochwertigen Ergebnissen, welche
eine Beurteilung der aktuellen Lage erlauben. Die getroffenen Annahmen zur Bereinigung des
Datensatzes von Ausreißern erscheint plausibel. Dabei ist zu betonen, dass insbesondere die
Untersuchung der Preise und Preisdifferenzen in Methodik und Ergebnissen eindeutig war. Dies
ist dem verschuldet, dass wenige Variablen verwendet werden und ebenso wenige Annahmen
getroffen werden mussten. Fragwürdig ist die Relevanz von Preisdifferenzen zwischen den
Fahrzeugen, da die berechneten Preise pro kW ähnliche Ergebnisse zeigen aus denen ähnliche
Schlussfolgerungen gezogen werden können.
Die beiden anderen Methoden sind aufgrund ihrer zugrundeliegenden Annahmen anfälliger für
einseitige Interpretationen der Ergebnisse. Eine Sensitivitätsanalyse relativiert dies, indem sie
andere Annahmen als Eingangsparameter berücksichtigt. In dem Szenario der längeren
Nutzungsdauer und Laufleistung werden jedoch keine möglicherweise anfallenden Kosten für
einen Batteriewechsel berücksichtigt (Weiss et al., 2019). Der Grund dafür ist laut Autoren das
Fehlen von Daten bezüglich der Batterielebensdauer.
Zudem ist die Gleichung für die Berechnung von Emissionsminderungskosten laut Autoren dafür
anfällig, zu gegensätzlichen Ergebnissen zu führen. Ergebnisse können demzufolge durch
Eingangsparameter beeinflusst werden und sind somit nur schwer interpretierbar.
Insgesamt zeichnet die Untersuchung der Autoren ein positives Bild hinsichtlich der
Elektrifizierung von Pkws. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass nur ein Zusammenspiel
vieler Faktoren zu einer erfolgreichen Elektrifizierung des Verkehrs führt. Konsumenten,
Fahrzeughersteller und politische Entscheidungsträger sind dazu verpflichtet eine gemeinsame
Lösung zu finden, die alle gleichermaßen besserstellt.
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6. Literaturverzeichnis
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7. Eidesstattliche Erklärung
Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig verfasst und keine anderen als die
von mir angegeben Quellen und Hilfsmittel benutzt habe. Alle Stellen, die wörtlich oder
sinngemäß aus veröffentlichten oder nicht veröffentlichten Schriften entnommen wurden, sind als
solche kenntlich gemacht. Die Arbeit hat in gleicher oder ähnlicher Form noch keiner anderen
Prüfungsbehörde vorgelegen.
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